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Full text of "Rheinisches Museum für Philologie"

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Rheinisches  Museum 


für 


PHILOLOGIE 


ilcrauHpregehen 


Franz  Buecheler  und  August  Brinkmann 


Nene  Folge 
Dreiandsechzigster  Baud 

Mit  einem  Bildnis  Franz  Bücbelers 


Frankfurt  am  Main 

J.  I).  SauorländerB  Verlajf 
1908 


Verzeichniss  der  Mitarbeiter 

von  Band  XXXV— LXIII  und  ihrer  Beiträge  von  Band  XLV  an 


Adami,  F.,  in Frankfurt-M.  (58, 157) 
Ahrens,  H.  L.,  in  Hannover  f 
Amsel,  G.,  in  Bensberg 
Apelt,  0.,  in  Jena  {49,  59.  50,  394. 

53,  621.  55,  9) 
Arnim,  H.  v.,  in  Wien 
Asbach,  J.,   in  Düsseldorf  f 
Asmus,  R.,   in  Freiburg  i.  B.  {63, 

627) 
Assmann,   E.,   in  Berlin  (60,  637) 
Aubert,    L.  C.  M.,    in    Christiania 
Aufrecht,  Th.,  in  Bonn  f 
Ausfeld,  Α.,  in  Heidelberg  f  (50,357. 

52,  435.  557.    55,  348.    56,  517. 

61,  636) 

Bannier,  W.,  in  München  (54, 544. 

55,  479.  61,  202.  63,  423) 
Bartholomae,     Chr  ,      in     Giessen 

(45,  151) 
Barwinski,   B.,   in   Deutsch  -  Krone 
Basiner,  0.  v.,  in  Warschau  (60,614) 
Bauer,  Α.,  in  Graz  (53,  168) 
Baunack,  J.,   in  Leipzig 
Becher,  F.,  in  Berlin  f  (45,  318.  47, 

639.  55,  481) 
Beck,  J.  W.,  in  Amsterdam  (62, 631) 
Beloch,  J.,  in  Rom  (45,  465.  555. 

49,  111.  50,  250.  54,  414) 
Bergk,  Th.,    in   Bonn   f 
Bethe,  £.,  in  Leipzig  (46,511.  47, 

bll.   48,  91.  355.  484.    55,  414. 

62,  326.  438) 

Bickel,  E.,  in  Greifswald  (60,  190. 

317.  505.  63,  392) 
Biese,  Α.,  in  Neuwied 
Birt,  Th.,  in  Marburg  {45,  491.  46, 

152.  50,  31.  161.  51,  70. 153.  240. 

468.  491.  506.  52  Suppl.  54,40. 

201.   59,  407.  62,  488.  63,  39) 
Bischoff,  £.  F.,  in  Leipzig  (53,  328. 

54,  9.  55,  488) 

Bissing,    Fr.  W.  v.,    in    München 

(59,  160) 
Blase,  F.,  in  Halle  f  (47,  269.  53, 

283.  54,  33.  55,  91.  341.  62,  102. 

265) 
Boae,   M.,  in  Alkmaar  (62,  61) 


Boehme,  J.,  in  Hamburg 

Boor,   C.  de,    in  Breslau  {45,  477. 

47,  321) 
Bornecque,   H.,   in  Lille  (58,  371) 
Brandis ,   C.  G.,   in  Jena  (51,  109) 
Brandt,  S.,  in  Heidelberg  (47,  390) 
Breysig,  Α.,  in  Berlin  f  (55,    157. 

565.  56,  55) 
Brinkmann,  Α.,  in  Bonn  {51,  273. 
441.  52,  632.   54,  93.  56,  55.  57, 
482.   58,  640.   59,  159.  317.    60, 
159.  630.  61,  117.  634.  62,  625. 
63,  304.  618.  631) 
Bröcker,  L.  0.,  in  Hamburg  f 
Brugmann,  E.,  in  Leipzig  (53,  630. 

62,  634) 

Brugmann,  0.,  in  Leipzig  (50,  478) 
Bruhn,  E.,  in  Frankfurt  a.  M.  (45, 

273.  48, 628.  49,  168) 
Bruns,  J.,  in  Kiel  f  (45,  138.  223) 
Buecheler,  F.,  in  Bonn  f  {45,  159. 
161.  321.  46,  159.  233.  632.  48, 
84.  320.  631.  49,  175.  5t  153. 
325.  471.  638.  52,  302.  391.  55, 
166.  205.  54,  1.  484.  55,  1.  5^, 
154.  321.  57,  315.  321.  5β,  317. 
453.  624.  59,  34.  320.  321.  638. 
60,  317.  6ί,  140.  307.  308.  472. 
625.  62,  154.  327.  476.  554.  640. 

63,  152.  190.  316.  321.  479) 
Buermann,  Η.,  in  Berlin 
Buettner,  R.,  in  Gera  (55,  121) 
Bugge,  S.,  in  Christiania  f 
Bunte,  B.,  in  Leer 

Buresdi,  K.,  in  Athen  f  (4β,  193. 

47,  329.  49,  424) 
Burnet,  J.,  in  St.  Andrews  (62, 312) 
Busche,  K.,  in  Leer  (55,  299) 
Busolt,  G.,  in  Göttingen 
Busse,  Α.,  in  Berlin  (49,  72) 
Bywater,  J.,  in  Oxford 
Cauer,  F.,   in  Elberfeld  (46,  244. 

50,  348) 
Cauer,  P.,  in  Münster  (47, 74.  61,232) 
Cholodniak,  J.,   in  St.  Petersburg 
Christ,  W.,  in  München   f 
Chri8ten8en,H.,  in  Hamburg  (54, 134) 


195785 


IT 


Verzeiohniee 


Cichorius,  C,  in  Breslau  {63,  197) 

Cohn,  L.,  in  Breslau 

Conway,  R.  J.,  in  Manchester  {49, 

480) 
Corssen,  P.,    in   Dt. -Wilmersdorf 

{51,  226) 
Crönert,  W.,  in  Göttingen  {53,  585. 

54,593.  56,607.  57,285.  58,308. 

6i,414.  630.  62,  123.  311.  380. 

479.  620.  63,  161) 
Crusius,  0.,  in  München  (45,  265. 

46,  318.    47,  61.    48,   152.  299. 

49,  299.  51,  544) 
Curtius,  E.,   in  Berlin  f  {50,  373) 
Darbishire,  H.  D.,  in  Cambridge  f 
Daub,  Α.,  in  Freiburg  i.  Br.  f 
Dechent,    H.,   in   Frankfurt   a.  M. 
Deecke,  W.,  in  Mülhausen  i.  E.  t 
Degering,  H.,  in  Berlin  {57,  8) 
Deissmann,  Α.,  in  Berlin  {60,  457) 
Deiter,  H.,  in  Hannover 
Deiters,  P.,  in  Coblenz  {56,  587.  59, 

565) 
Dessauer,  H.  f  (56,  416) 
Deubner,  L.,  in  Königsberg  {59, 473) 
Diehl,  E.,  in  Jena  {54,  172.  58,  246. 

62,  390) 
Diels,  H.,  in  Berlin  {46,  617.    49, 

478.  56,  29) 
Dieterich,  Α.,  in  Heidelberg  f  (46, 

25.  48,141.  275.  55,191.  56,77) 
Dieterich,  K.,  in  Leipzig  {59,  226. 

60,  229) 
Dietze,  J.,  in  Hamburg  (49,  21) 
Dittenberger,  W.,  in  Halle  f  (47, 

324) 
Doerpfeld,  W.,  in  Athen  {51,  127) 
Domaszewski,  A.  v.,  in  Heidelberg 

{45, 1.  203.  46,  599.  47,  159.  207. 

48,  240.   342.  49,  612.  53,  638. 

54,  158.  311.    55,  318.    57,  506. 

58,  218.  382.  538.  59,  302.  479. 

60,  158) 
Dragendorff,  H.,  in  Frankfurt  a.  M. 

(51,  281) 
Drerup,  E.,  in  München  {51,  21) 
Duemmler,  F.,  in  Basel  f  (45,  178) 
Duhn,  F.  V.,  in  Heidelberg 
Duncker,  Α.,  in  Kassel  f 
Dyroff,  Α.,  in  Bonn  (50,  481.    63, 

587) 
Dziatzko,  K.,  in  Göttingen  f  (45, 639. 

46,  47.  349.    47,  634.    49,   559. 

54   497.  55   104) 
Egenolff,  P.,  in  Heidelberg  f  (56, 284) 
Ehrlich,  H.,  in  Berlin  (62,  321  (65, 

107.  636) 
EUis,  R.,  in  Oxford 


Elter,  Α.,  in  Bonn  (46, 112.  47, 130. 

629.  61,  267.  63,  472.  640) 
Engelmann,  R.,  in  Klewienen  {63, 

465) 
Enmann,  Α.,  in  St.  Petersburg  (57, 

517) 
Enthoven,   L.,  in  Strassburg  i.  E. 

{46,  480.    48,  472) 
Eskuche,  G.,  in  Stettin  (45, 236. 385) 
Pabricius,    E.,    in  Freiburg  i.  Br. 

{46,  337.  589.  48,  448.  51,  456) 
Faltin,  G.,  in  Neu-Ruppin  t 
Flach,  H.,  in  Hamburg  f 
Foerster,   R.,  in  Breslau  {49,  167. 

168.  481.    50,  66.  640.    51,  481. 

52,  144.  296.  298.    53,  547.    55, 

139.  435) 
Foerster,  Wilh.,  in  Rheydt 
Fränkel,  Α.,  in  Zabem 
Fränkel,  M.,  in  Berlin  f  (47,473.  56, 

233.  423.  480.  640.  57,  152.  534) 
Fränkel,  S.,  in  Breslau  (51,  328) 
Frederking,  Α.,  in  Worms  {46,  144. 

52,  449) 

Freudenthal,  J.,  in  Breslau  f 
Frick,  C,  in  Höxter   {46,  106) 
Friederich,  B.,  in  Hannover 
Friedländer,  L.,  in  Strassburg  i.  E. 

(62,  488) 
Friedländer,  P.,  in  Berlin  (62,  73) 
Friedrich,  G.,  in  Schweidnitz  (62, 

366) 
Fries,  C,  -in  Berlin  (54,  555.  55, 18. 

57,  265.  58,  115.  59,  200) 
Fritze,    H.  v.,   in  Herlin  {55,  588) 
Fri^sche,  R.  Α.,  in  Giessen  (57,363) 
FrÄiner,  W.,  in  Paris  (47,  291) 
Fuchs,   R.,    in   Dresden    {49,   532. 

50,  576.    51,  164.  52,  377.  634. 

53,  496.  58,  67) 

Fuhr,  K.,  in  Berlin  {50,  304.    51, 

45.  164.  57,  422) 
Furtwängler,  Α.,  in  München  t  {57, 

252) 
Qalland,  C,  in  Strassburg 
Gardthausen,  V.,    in    Leipzig    {45, 

612.  46,  619.  50,  311) 
Geizer,  H.,  in  Jena  f  {^^  1^51)  . 
Gercke,  Α.,  in  Greifswald  (47,  319. 

48,  41.  54,  404.  62,  116.  170) 
Gilbert,  H.,  in  Meissen  {51,  471) 
Gilbert,  W.,   in  Grimma  (59,  628. 

60,  151) 
Gloeckner,  F.,  in  Staremberg 
Gloel,  H.,  in  Wetzlar  (47,  136) 
Goebel,  E.,  in  Fulda  f  {53,  628.  58, 

153) 
Goetz,  G.,  in  Jena 


der  Mitarbeiter. 


Gomperz,  Th.,  in  Wien  (63,  624/5) 
Gothein,  M.,  in  Heidelberg  [63,  475) 
Graf,  E.,  in  Quedlinburg  (46,  71) 
Graffunder,  P.,  in  Schöneberg  [60, 

128) 
Groeger,  M.,  in  Hirschberg  {59, 1) 
Gundermann,  G.,  in  Tübingen  (45, 

361.    46,  489.    59,  145.  148.    62, 

157) 
Gurlitt,  L.,  in  Steglitz  {56,  596.  57, 

337) 
Gutschmid,  A.  v.,  in  Tübingen  f 
Haeberlin,  C,  in  Göttingen  (45,  21. 

311.  62,  154) 
Hagen,  H.,  in  Bern  t 
Haussen,  F.,  in  Santiago 
Härder,  Chr.,    in  Neuniünster  (48, 

433) 
Harmon,  A.  M.,  in  Rom  (62,  159) 
Hart f eider,  K.,  in  Heidelberg! 
Hauler,  E.,  in  Wien  (54,  161) 
Heerdegen,  F.,  in  Erlangen 
Hefermehl,  E.,  in  Berlin  {61,  283) 
Heidtmann,  G.,  in  Pfaffendorf 
Heinze,  R.,  in  Leipzig  (45,497) 
Heisenberg,  Α.,  in  Würzburg  (58, 

427) 
Heibig,  W.,  in  Rom  (55,  55.  58,  500) 
Heldmann,  C,  in  Rinteln  {52, 299) 
Helm,  R.,  in   Steglitz  (52,  177.  54, 

111.  56,  340) 
Hendrickson,  G.  L.,  in  Chicago  {59, 

478) 
Hense,  C,  in  Freiburg  i.  Br.  (62, 

313) 
Hense,  0.,  in  Freiburg  i.  Br.  (45, 

541.   47,  219.  49,  174.     50,  140. 

53,  318.   55,  222.    56,  106.  305. 

59,  170.  61,  1) 
Heraeus ,    W. ,    in    Offenbach    (54, 

156.  305.  56,  462) 
Hertling,  G.  v.,  in  München 
Hertz,  M.,  in  Breslau  f 
Herwerden,     H.    van,    in    Utrecht 

{58.  138.  59,  141.  329.   60,  106. 

449.  454.  61,  591.  63,  1) 
Hettner,  F.,  in  Trier  f 
Heyderaann,  H.,  in  Halle  f 
Heylbut,  G.,  in  Hamburg 
Hiemer,  K.,  in  Stuttgart  (62,  229) 
Hildebrandt,   P.,    in  Wilmersdorf- 
Berlin  (59,  23«) 
Hildebrandt,  R.,  in  Magdeburg  (60, 

560.  61,  567) 
Hiller,  E.,  in  Halle  f 
Hirschfeld,  G.,  in  Königsberg  t 
Hirechfeld,   0.,    in  Charlottenburg 

(51,  470.  474.  475.  52,  294) 


Hirzel,  R.,  in  Jena  (45,  419.  47, 

359) 
Hoefer,  U.,  in  Saarbrücken  (59, 542. 

61,  480) 
Hoerschelmann,  W.,  in  Dorpat  f 
Hoffmann,  E.,   in  Wien  f  (50,  90. 

484.  486.  51,  320.  52,  99) 
Hoffmann,  0.,  in  Breslau  (56,474) 
Holwerda,  J.  H.,  in  Leiden  {55,  476. 

55,  511.  59,  532) 
Holzapfel,  L.,  in  Giessen 
Hosius,  C,  in  Greifswald  (46,  287. 

577.  47,462.  48,380.  50,286.  51, 

197) 
Hoyer,  R.,  in  Saarbrücken  {53,  37) 
Huelsen,    Chr.,   in  Rom    (45,  284. 

49,  379.  629.  62,  328.  63,  633) 
Hug,  Α.,  in  Zürich  f 
Ihm,  M.,  in  Halle  (45,  622.  639.  46, 

323.  371.  494.  621.  47,  312.  48, 

635.  479.  49,  247.  316.  479.    50, 

191.  367.  51,  315.  473.  638.    52, 

129.  143.  205.  454.  459.  633.  53, 

165.  495.  56,  148.  635.   57,  316. 

61,  543.  62,  156.  323.  63,  319) 
Ilberg,  J.,  in  Leipzig  (45,  111.    47, 

489.  51,   165.  466.  52,  591) 
Immisch,  0.,  in  Giessen  (46,  488. 

613.    48,  290.  512.  52,  126.  54, 

313) 
Jacoby,  F.,  in  Kiel  (58,  459.  461. 

59,  63.  60,  38.  320.  463) 
Jahn,  P.,  in  Berlin  (58, 391.  60,  361. 

63,  79) 
Jahnke,  R.,  in  Lüdenscheid  (47, 460) 
Jan,  C.  V.,  in  Strassburg  f  (46, 557) 
Jeep,   L.,  in  Königsberg  [51,  401. 

5<2,  213) 
Judeich,  W.,  in  Jena   (47,  53.  62, 

295) 
Jungblut,  H.,   in  Frankfurt  a.  M. 
Kaerst,  J.,  in  Würzburg  (5^,  42. 519) 
Kaibel,  G.,  in  Göttingen  f 
Kakridis,  Th.,   in  Athen  (57,  463. 

59,  626) 
Kalbfleisch,  K.,  in  Marburg  (51, 466. 

53,  160) 
Kalkmann,  Α.,   in  Berlin  f 
Kallenberg,   H.,    in  Berlin   (62,  9. 

63,  260) 
Karo,  G.,  in  Athen  {48,  311) 
Kekule  von  Stradonitz,  R.,  in  Berlin 
Keller,  0.,  in  Prag  {61,  78) 
Kiderlin,  M.,  in  München  f  {46,  9) 
Kirchner,  J.  E.,  in  Berlin  (46, 488. 

47,550.  55,380.  57,476.  59,294. 

61,  344) 
Klatt,  M.,  in  Berlin  (45,  335) 


ΤΙ 


VeneiobniM 


Klebe,  Ε.,  in  Marburg  (45,  436.  47, 

1.  515) 
Klein,  J.,  in  Bonn  f 
Klotz,  Α.,  in  Strassburg  {56,  429. 

639.  59,  373) 
Knaack,  G.,   in  Stettin  f  (4β,  632. 

49,  310.  476.  526.  57,  166.  205. 
58,  152.  59,  313.  60,  14ί5.  320. 
61,  135) 

Koch,  J.,  in  Grunewald 
Kock,  Tb.,  in  Weimar  f  {45,  50.  46, 
299.    48,  208.  579.   4P,  162.  176. 

50.  140) 

Koehler,  U.,  in  Berlin  f  (46,  1.  53, 

485.  491) 
Koepp,   F.,  in   Münster  (48,    154. 

485.  50,  268) 
Koerte,  Α.,  in  Giessen  (45,  172.  5^, 

168.  333.    53,  160.    55,  131.  57, 

625.   5ö,  616.   60,  388.   425.  6J, 

476) 
Koerte.  G.,  in  Göttingen  (53,  239) 
Kopp,  Α.,  in  Berlin 
Korsch,  Th.,  in  St.  Petersburg 
Krascheniunikoff,  M.,  in  Dorpat  (48, 

634) 
Krause,   S..   in  Budapest  {58,  627) 
Kroll,   W.;  in    Münster    {47,  457. 

599.  50,  636.   52,  286.  338.  569. 

53,  574.    56,  304.    58,  552.    60, 

307.  552.  6J,  636.  62,  86) 
Krumbacher,   K.,  in  München 
Krumbholz,  P.,  in  Weimar  (50,  205. 

52,  237) 
Kuebler,    B.,    in    Gr.-Lichterfelde 

(45,  485.  46,  324) 
Kuhnert,   E. ,  in    Greifswald    (49, 

37) 
Kunze,  R.,  in  Leipzig  {53,  159.  56, 

333.  57,  437.  58,  126) 
Itandgraf,    G.,    in    Bayreuth    (56, 

310) 
Lange,  K.,  in  Tübingen 
Lattes,  E.,  in  Mailand  f  (4^,  317. 

57,  318) 
Lehmann,  P..  in  Braunschweig  (60, 

624.  61,  107) 
Lehnert,    O.,    in   Giessen  {55,  112. 

60,  154) 
Leo,  F.,  in  Göttingen  (52,  509.  55, 

604) 
Lewy,  H.,  in  Mülhausen  i.  E.  (48, 

398.  472) 
Lietzmann,   H.,   in  Jena  {57,  634) 
Lindsay,  W,   M.,    in   St.   Andrews 

(57,  196) 
Lipsius,  J.  H.,  in  Leipzig  {63,  157) 
Litt,  Th.,  in  Cöln  (59,  603) 


Loeschcke,  Gerh.,  in  Bonn  (59, 451. 

60,  594.  61,  34) 
Loewe,  G.,  in  Göttingen  f 
Lohmeyer,  K,  in  Brüssel  (58,  467) 
Lommatzsch,  £.,  in  München  (52^ 

303) 
Luckenbach,  H.,  in  Donaueschingen 
Ludwich,    Α.,    in  Königsberg   (45, 

11.  46,  139.  59,  42j 
Luebbert,  E.,  in  Bonn  f 
Lueddecke,  K.,  in  Emden  (52,  628) 
Luetjohann,  Chr.,  in  Greifswald  t 
Lugebil,    K.,    in   St.  Petersburg   f 
Halchin,  F.,  in  Rostock  (53,  493) 
Mangold,  K..  in  Jena  (57,  259) 
Manitius,  M.,  in  Dresden  {45,  153. 

316.  485.   46,  150.  493.  622.  47, 

465.  Suppl.  48,  313.  474.  49,  170. 

50,   152.  315.   641.   51,   160.  52, 

131.  305.  53,  393.    54,  293.    56, 

462.  57,  392.  59,  588. 597.  60, 202) 
Marcks,  J.  F.,  in  Putbus  (56%  141) 
Marstrander,   C ,    in    Kristiansand 

{62,  108) 
Martini,   E.,    in    Leipzig   {52,  348. 

55,  612.  62,  273) 
Marx,    F.,    in  Bonn  (46,  420.  606. 

636.    47,  157.  50,  321.    61,  145. 

62,  619) 
Mau,  Α.,  in  Rom 
Meier,  P.  J.,  in  Braunscbweig 
Meier,  R.,  in  Leipzig  {61,  178) 
Meiser,   K.,   in  München  {63,  635) 
Meister,  R.,  in  Leipzig 
Meister,  R.  M.  E.,  in  Leipzig  (63, 

559) 
Mendelssohn,  L.,  in  Dorpat  f 
Menge,  P..  in  Pforta  {61,  306) 
Mercati,  G.,  in  Rom  (62,482) 
Mess,  A.  V.,  in  Bonn  (53,  482.  56, 

167.    58,  270.   61,  244.  3(i0.    63, 

370.  488) 
Meyer,  E.,  in  Berlin 
Mollat,  G.,  in  Kassel 
Mülder,  D.,  in  Hildesheim  {59,  2.^6) 
Müllenbach,  E.,  in  Bonn  f 
Müller,   C.  Fr.,   in   Kiel    (46,  320. 

50,  301) 
Müller,  C.  F.  W.,  in  Breslau  f  (51, 

480.   53,  121.    54,  381.  526.    55, 

312.  635) 
Müller,  H.  J.,  in  Berlin 
Müller,  K.  K.,  in  Jena  t 
Münscher,  K.,  in  Ratibor  {54,  248) 
Muenzel,  R.,  in  Hamburg 
Münzer,  F.,  in  Basel  (53,  596.  61, 19. 

62,  161) 
Hake,  B.,  in  Dresden  f 


der  Mitarbeiter. 


ΤΠ 


Natorp,  P.,  in  Marburg 

Nomethy,  G.,  in  Budapest  {61, 139. 

305    62y  482.  63,  632) 
Nestle,  Ε  ,  in  Maulbronn  {63,  639) 
Neuhaue,  0.,  in  Königsberg  {56, 272. 

57,  474.  610) 
Neumann,    K.  J.,    in    Strassburg 
Niedermann,  M.,  in  Zug  (52,  505. 

60,  458.  459) 
Niese,  B.,  in  Halle 

Nilsaon,  M.  P.,   in  Lund  (60,  161. 

63,  313) 
Nissen,  H.,  in  Bonn   {45,  100.  47, 

161.  49,  1.  275.  58,  231) 
Noack,   F.,    in  Tübingen  {48,  420) 
Norden,   E.,   in  Berlin    {48,  348. 

529.    49,  194.    54,  466.   56,  473. 

61,  166) 

Oder,  E.,  in  Berlin    (45,  58.  212. 

637.  48,  1.  51,  52.  311) 
Oehmichen,  G.,  in  München  {46,  99) 
Osthoff,  H.,  in  Heidelberg 
Otto,  Α.,  in  Breslau  f 
Overbeck,  J.,  in  Leipzig  f 
Oxe,  Α.,  in  Krefeld  (59,  108) 
Papadopulos-Kerameus,  Α.,  in  St. 

Petersburg  (46,  160.  161) 
Patzig,  E.,  in  Leipzig 
Paucker,  C.  v.,  in  Keval  f 
Paul,    L.,   in  Dresden  f  (54,  602. 

57,  76) 
Pelka,  W,,  in  Königsberg  i.  P.  (61, 

620) 
Peppmüller,  R.,  in  Halle 
Pemice,  E.,  in  Greifswald  {46,  495. 

626) 
Peter,  H.,  in  Meissen  (57,  231) 
Petersen,  E.,  in  Haiensee  (50,  453. 

60,  462.  62,  536) 
Pfleiderer,  E.,  in  Tübingen  f 
Pflngk-Harttung,    J.  v.,  in  Berlin 
Philippi,  Α.,  in  Dresden 
Piasberg,    0.,    in  Rostock   {53,  66. 

640.  54,  144.  638) 
Pokrowskij,  M.,  in  Moskau  (52, 425. 

61,  185.  62,  325.  63,  406) 
Pomtow,    H.,    in  Berlin  (49,  577. 

627.  51,  329.  560.  52,  105) 
Preuner,  E.,  in  Berlin  {49, 313.  362) 
Prott,  H.  V.,  in  Athen  f  (52, 187. 

53,  460) 

Rabe,   H.,    in  Hannover    (47,  404. 
48,  147.    49,  625.   50,  148.  241. 

54,  632.  55,  154.  58,  209.  61, 
633.  62,  247.  559.  63,  127.  235. 
419.  512) 

Radermacher,  L.,  in  Münster  {47, 
48, 622.  49, 163. 50, 137. 475.  569. 


51,  314.  463.  596.   52,  13.  412. 

624.  634.  53,  497.  54,  285.  351. 

374.  638.  55,  149.  482.  56,  139. 

i^02.  57,  137.  158.  278.  314.  478. 

640.  58,  315.  316.  546.  636.  59, 

311.  525.   60,241.  315.  584.  61, 

629.  63, 312.  445.  531) 
Radinger,  K.,  in  Innsbruck  (58,  294) 
Reeder,  J.,  in  Kopenhagen  {57,  449. 

61,  m.  511.  65,  495) 
Rassow,  H.,  in  Bremen  f 
Reitzenstein,  R.,  in  Strassburg  {63, 

605) 
Reuse,  F.,  in  Wesel  (54, 446. 56, 369. 
57, 559.  6Ö,  144.  61, 304.  408.  635. 

62,  591.  63,  58) 

Ribbeck,  0.,  in  Leipzig  f  (45,  146. 

147.  313.   46,  331.  333.  47,  597. 

628.  49,  472.  Ä),  277.  314.  558) 
Ribbeck,  Wo.,  in  Berlin  f 
Riese,  Α.,  in  Frankfurt  a.  M.  (51, 

637.  55,  316) 
Riess,  E.,  in  New-York  (45,307.  49, 

177) 
Ritterling,  E.,  in  Wiesbaden  (58, 

476.  633.  59,  55.  186) 
Roemer,  Α.,  in  Erlangen  (61,313. 

63,  341) 

Rohde,  E.,  in  Heidelberg  f  (48,  110. 

49,  623.  624.  50,  1.  600) 
Röscher,  W.  H.,  in  Dresden  (53, 169. 

639) 
Rossbach,  0.,   in  Königsberg  (46, 

311.  45,592.  52, 1.  53,  167.  629. 

54,  277.  55,  641.  57,  473) 
Rossberg,  K.,  in  Hildesheim 
Ruehl,  F.,  in  Königsberg  (46,  146. 

426.   47,  152.  460.   48,  565.  49, 

256.    50,  141.  53,  324.  635.  54. 

152.  316.  56,  508.  634.  61,  352. 

473.  628.  62, 1.  309.  421.  65, 158) 
Ryssel,  V.,  in  Zürich  f  (48,  175.  51, 

1.  318.  529) 
Sabbadini,  R  ,  in  Mailand  (62,  316. 

63,  224) 
Scala,  R.  v.,  in  Innsbruck  (45, 474) 
Schaefer,  Α.,  in  Bonn  f 
Schanz,  M.,  in  Würzburg  (50,  114. 

54,  19.  55,  86) 
Scheer,  E.,  in  Saarbrücken 
Schenkl,  H.,  in  Graz  (61,  554) 
Schepss,  G.,  in  Speier  f  (48,  482) 
Schickinger,  H.,  in  Linz  a.  D.  (60, 

639) 
Schlee,  F.,  in  Landsberg  (46,  147) 
Schlossmann,  S.,   in  Kiel  (59,  346. 

630) 
Schmid,  W.,  in  Tübingen  (48,  53. 


YerzeichniBS 


626.  49, 133. 50,308. 310. 52, 446. 

57,  624.    59,  320.  512.    61,  480) 
Schmidt,  Β.,  in  Freiburg  i.  Br.  (55, 

477.  62,  151) 
Schmidt,   J.,  in   Königeberg  f  (45, 

148.  157.  318.  482.  599.  640.  46, 

77.  334.  47,  114.  325) 
Schmidt,  0.  E.,  in  Würzen  (47,  241. 

52,  Üb.  53,  209.  55,  385) 
Schmidt,  W.,  in  Helmstedt  t  (55, 

625) 
Schmitt-Hartlieb,    M.,    in    Rheydt 

(61,  634) 
Schmitz,  W.,  in  Köln  f 
Schneider,  R.,  in  Duisburg  (52, 447. 

59,  580) 
Schoell,  F.,  in  Heidelberg  (50, 155. 

51,  381.    53,  511.    55,  489.    57, 

48.  159.  312) 
Schoell,  R.,  in  München  f 
Schoene,  Α.,  in  Kiel  (46,  153) 
Schoene,  H.,  in  Basel  (52,  135.  53, 

432.  54,  638.  57,  627.  58,56) 
Schoenemann,  J.,  in  Frankfurt  a.  M. 
Schroeder,  P.,  in  London 
Schubert,  R.,  in  Königsberg  (53, 98. 

56,  543) 
Schulten,  Α.,  in  Erlangen  {50,  489. 

56,  120.  187.  57,  632) 
Schultess,  F.,  in  Hamburg  (57, 465) 
Scbulthess,  0.,  in  Bern  (57,  157) 
Schulze,  E. ,  in  Homburg  v.  d.  H. 
Schulze,  K.  P.,  in  Berlin  (53,  541) 
Schulze,  W.,  in  Berlin  (48,  248) 
Schumacher,  K.,  in  Mainz 
Schwabe,  L.,  in  Tübingen  f 
Schwartz,  E.,  in  Göttingen 
Schwarz,  W.,  in  Bochum  (48,  258. 

49,  353.   51,  636.  52,  463) 
Seeck,  0.,  in  Münster  (46, 154.  48, 

196.  602.  49,  208.  630.  55,  319. 

56,  227.  477.  631.   61,  144.  554. 

62,  489.  63,  267.  476) 
Seume,  H.,  in  Hannover 
Siebourg,  M.,  in  M.-Oladbach  (57, 

301.  62,  638) 
Sieglin,  W.,  in  Berlin 
Simson,  B.,  in  Freiburg  i.  Br. 
Skutsch,  F.,    in  Breslau    (47,  138. 

48,  303.  51,  478.  54,  483.  55,272. 

56,  638.  60,  262.  61,  605) 
Solmsen,  F.,  in  Bonn  (5i,  303. 53, 137. 

54,  345.  495.  55,  310.  56, 475. 497. 

57,  328.  58,  598.  5P,  161.  481. 
eo,  148.  492.  636.  61,  491.  62. 
318.  329.  636.  65,  329) 

Sommer,  F.,  in  Basel  (56,  636) 
Sommer brodt,  J.,  in  Breslau  f 


Sonnenburg,    F.,    in    Münster  (59, 

506.  62,  33) 
Sonny,  Α.,  in  Kiew 
Speyer,  J.  S.,  in  Leiden  (47,  638) 
Sprengel,  J.  G.,  in  Frankfurt  a.  M. 

(46,  54) 
Stachelscheid,  Α.,  in  London 
Stahl,  J.  M.,  in  Münster  (46,  2.o0. 

481.  614.    48,  157.    4d.  620.    50, 

382   566.  51,  157.  306.   53,  322. 

54,  150.  494.  55,  152.  160.  57,  1. 
62,  478.  615.  65,  152.  626) 

Stangl,  Th.,  in  Würzburg 

Stein,   H.,  in  Oldenburg  (54,  M\. 

55,  531.  56,  627) 

Stengel,  P.,  in  Berlin  (52,  399) 

Stephan,  Gh.,  in  Kalk 

Sternkopf,  W.,  in  Dortmund  (47, 468. 

57,  629) 
Steup,  J.,  in  Freiburg  i.  Br.  (55,308. 

56,  443.  58,  529) 
Stich,  J.,  in  Zweibrücken 
Strack,  M.  L.,  in  Giessen  (53,  399. 

55,   161) 
Sudhaus,  S.,  in  Kiel  (48, 152.  321. 

552.  56, 37.  307.  58, 481   60,  574. 

61,  2S   65,283.  481) 
Süss,  W.,  in  Giessen  (63, 12) 
Sundwall,  J.,  in  Helsingfors  (60, 1.^)0) 
Susemihl,  F.,  in  Greifswald  f  (40, 

326.  49,  473.  53,  448.  485.  62(). 

54,  631.  55,  574.  50,  313) 
Swoboda,H.,  inPrag  (45, 288. 46, 497. 

4P,  321.  55,  460) 
Szanto,  E.,  in  Wien  f 
Szelinski,   V.,   in   Berlin   (58,  471. 

59,  149.  316.  477.  635) 
Teichmüller,  F.,  in  Wittstock  (58, 

436) 
Teichmüller,  G.,  in  Dorpat  t 
Thielscher,  P.,  in  Kiel  (62,  46.  485. 

05,311) 
Thomas,  E.,  in  Berlin  (54,  313) 
Thouret,  G.,  in  Schöneberg 
Thulin,  C.,  in  Luleä  (60,  256.  63, 

254) 
Thurneysen,  R.,  in  Freiburg  i.  Br. 

(55,  484.  56,  161) 
Tiedke,  H.,  in  Berlin 
Tittel,  K.,  in  Leipzig  (56,  404.  00, 

297.  0J,311) 
Toepffer,    J.,    in  Basel  f  (45,  371. 

49,  225) 
Traube,  L.,  in  München  f  (47,  558. 

48,  284) 
Trieber,  C,  in  Frankfurt  a.  M. 
Tümpel,  C,  in  Neustettin  (46,  528 

636) 


der  Mitarbeiter. 


Onger,  G.  F.,  in  Würzburg  f 
Urlichs,  H.  L.,  in  München 
Ürliche,  L.,  in  Würzburg  f 
Usener,  H.,  in  Bonn  f  (47,  154.  414. 
49,461.  50,  144.  55,329  55,  286. 
311.   321.   480.    56,  1.  145.  174 
305.  312.  481.  640.  57, 171.  177. 
320.  58,1.  161.  321.  59,  623.  625. 
60,  1.  465) 
"Velsen,    F.    v.,    in   Sulzbach    a.  S. 

{63,  155) 
Viertel,  Α.,  in  Göttingen 
Vliet,  J.  van  der,  in  Utrecht  f 
Vogel,   F.,  in  Fürth 
Voigt,  G.,  in  Leipzig  f 
Voigt,  M.,  in  Leipzig  f 
VoUgraff.  W.,  in  Utrecht  {61,  149. 

63,  319) 
Vollmer,  F.,  in  München  (46,  343. 

51,  27.  54,  165.  637.  55,  520.  61, 
481) 

Wachsmuth,  C,  in  Leipzig f  (45, 476. 

46,  327.  329.  465.  552.  52,  137. 

140.  461.  56, 149.  150.  215.  318. 

59,  471) 
Wackernagel,  J.,  in  Göttingen  {45, 

480.  48,  299.  51,  304) 
Wagner,  R.,  in  Dresden  {46,  378. 

618) 
Wagner,  R.  J.  Th.,  in  Leipzig  (60, 

448) 
Weber,  H.,  in  Weimar  f 
Weber,  H.,  in  Frankfurt  a.  M.  {51, 

630) 
We<;klein,  N.,  in  München  {58, 159) 
Weege,  F.,  in  Rom  (62,  550) 
Wegehaupt,  H.,  in  Cuxhaven  {58, 

638) 
Weise,  0.,  in  Eisenberg 
Weizsäcker,  P.,  in  Calw 
Wellmann,  E.,  in  Berlin 
Wendland,  P.,  in  Breslau  (49,  309. 

52,  465.  53,  1.  56,  113) 
Werner,  J.,  in  Lenzburg 
Wessner,  P.,  in  Halle  a.  S.  {52,  69. 

62,  203.  339) 
Westerburg,  E.,  in  Barmen  f 
Weyman,  C.,  in  München  (45,  320. 


47, 640.  50, 154.  51,  327.  52,  302. 

53,  316) 
Wiedemann,  Α.,  in  Bonn 
Wilhelm,   Α.,    in  Athen  (52,  296. 

56,  571) 
Wilhelm,    F.,    in  Ratibor  (57,  55. 

599.  59,  279.  61,  91.  62,  601) 
Willers,  H.,  in  Bonn  (60,321.  62, 

133) 
Winterfeld,  P.  v.,  in  Berlin  f  {55, 

481.    57,  167.  549.    58,  48.  363. 

60,  31) 
Woelfflin,  E.,  in  Basel  (47, 640.  48, 

312.  49,  270.    50,  152.  320   53, 

327.  57,  318) 
Woerpel,  G-,  in  Marburg  (57,  311. 

460) 
Wolters,  P.,  in  München  (58,  154. 

154.  59,  158) 
Wotke,  C,  in  Wien 
Wünsch,  R.,  in  Königeberg  (4Ö,  91. 

5i,  138.  52,  144.  55, 62.  232.  56, 

392.  57,  468) 
Zacher,  K.,  in  Breslau  f  (45,524) 
Zangemeister,  K.,  in  Heidelberg  f 

(57,  166.  168.  169) 
Zamcke,  E.,  in  Leipzig 
Ziebarth,  E.,  in  Hamburg  (51,  632. 

55,   635.    54,  488.    55,  501.  56, 

157) 
Ziegler,   K.,   in  Breslau  (60,  273. 

417.  63,  239) 
Ziehön,  J.,  in  Frankfurt  a.  M.  (50, 

643.  51,  162.  589.  5;2,  293.  449. 

450.  55,  270) 
Ziehen,  L.,  in  P'rankfurt  a.  M.  (51, 

211.  54,  321.   57,  173.  498.   59, 

391.  eo,  454) 
Zielinski,   Th.,    in    St.  Petersburg 
Zilles,  W.,  in  Bonn  {62,  54) 
Zimmermann,  Α.,  in  München  (45, 

493    50,  159.    52,  458.  54,  495. 

55,  486.  487.    56,  320.    57,  636. 

58,  316.  e;8,  486) 
Zingerle,  Α.,  in  Innsbruck 
Zingerle,  J.,  in  Innsbruck  (48,  299) 
Zitelraann,  E.,  in  Bonn 
Zurborg,  H.,  in  Zerbst  f 


Berichtigungen   werden    erbeten.      Für  mehrere  sind  wir  Herrn 
Prof.  Dr.  R.  Klussmann  in  München  zu  Dank  verpflichtet. 


Inhalt 


Seite 

Zu  Franz  Büchelers  Gedächtnis I 

Corinnae  quae  sapersunt.     Scripsit  GuilelmusCrönert...  161 

Euripideum.     Von  H.  Rabe 419 

Zur  Komposition  der  altattischen  Komödie.     Von  W.  Süss..  12 
Zur  Kritik  und  Exegese  der  Frösche  des  Aristophanes.     Von 

A.  Roemer 341 

Ein  dorisches  Komödienbruchstück.     Von  F.  Solmsen 329 

Die  Perikeiromene.     Von  S.  Sudhaus 283 

Die  Abfassungszeit  der  Alexandra.     Von  demselben 481 

Die  Platon-Handschrift  Q.    Von  H.  R  abe 235 

Alkidamas  und  Piaton  als  Gegner  des  Isokrates.  Von  H.  Ränder  495 

Die  Hellenika  von  Oxyrhynchos.     Von  A.  v.  Mess 370 

Textkritisches  zu  Diodor  in  Anlehnung  an  die  Excerpta  Vati- 

oana.    Von  H.  Kallenberg 260 

Plutarchstndien.     Von  K.  Ziegler 239 

Lncianea.    Scripsit  H.  van  Herwerden   1 

Aus  Rhetoren-Handschriften.  5.  Des  Diakonen  und  Logotheten 
Johannes  Kommentar  zu  Hermogenes  TT€pl  μ€θό6ου  öcivo- 
τητος.  6.  Weitere  Textquellen  für  Johannes  Diakonos. 
7.  Georgios.    8.  Konstantin  Laskaris  und  der  Christophoros- 

Kommentar.    Von  H.  Rabe 127.  512. 517. 526 

Die   Homer-Metaphrasen    des   Prokopios    von    Gaza.     Von  A. 

Brinkmann 618 

Johannes   des   Mildtätigen  Leben  des   heiligen  Tychon.    Von 

demselben 304 

Motiv  und  Persönlichkeit.     Von  L.  Radermaoher 445.  531 

Panaitios  und  die  attische  Stoikerinschrift.    Von  G.  Giohorius  197 

Die  epische  Zerdehnung.     Von  H.  Ehrlich 107 

Die  Beziehungen  der  älteren  attischen  Uebergabe-  und  Rech- 
nungsurkunden zu  einander.    Von  W.  Bannier 423 

Eideshelfer  im  griechischen  Rechte.     Von  R.  M.  E.  Meister  559 

Hellenistische  Beiträge.    Von  F.  Re u s s 58 


Inhalt 


XI 

Seite 


Buchwesen  und  Bauwesen:  Trajanssäule  und  delphische  Schlan- 
gensäule.    Von  Th.  Birt 39 

Das  G8.  Gedicht  CatuUs  und  seine  Stellung  in  der  Geschichte 

der  Elegie.    Von  A.  v.  Mess 488 

Vergil  und  die  Ciris.     Von  P.  J ahn 79 

Diu  Inselfahrt  der  Ciris.     Von  R.  Reitzenstein   605 

De  epitaphio  benecae.     Scripsit  E.  Bickel ...  392 

Das  Leben  des  Dichters  Porphyrius.    Von  0.  Seeck 2ίί7 

Bencius  Alexandrinus  und  der  Cod.  Veronensis  des  Ausonius. 

Von  R.  Sabbadini 224 

Caesars  Anticato  und  Ciceros  Cato.     Von  A.  Dyroff 587 

Eine  altfaliskische  Vaseninschrift.     Von  C.  Thulin 254 

Saturnier  des  Tuditanus  cos.  625/129.     Von  F.  Bücheler...  321 

Prosopographica.     Scripsit  idem 190 

Nochmals  in-  privativnm  im  Lateinischen.  VonM.  Pokrowskij  406 

Das  Mosaikrelief.     Von  R.  Engelmann 465 


Miseellen 

Kritisch -Exegetisches 

Zu  Fragmenten  des  Euripides.     Von  J.  M.  Stahl 626 

Zu  Herodot  II  16.     Von  Th.  Gomperz 624 

Methana  bei  Thukydides     Von  J.  M.  Stahl 152 

Zur  Textkritik  von  Julian.  Or.  IV.     Von  R.  Asmus   627 

Zu  Julians  IV.  Rede.     Von  A.  Brinkmann 631 

Procopiana.     Scripsit  F.  Buecheler 152 

Zu  Horaz  Serm.  Π  1,  86.     Von  F.  v.  Velsen 155 

Tibulliana.    Von  G.  Nemethy 632 

Manilius  I  25-29.    Von  P.  Thielecher    311 

Zu  Valerius  Flaccus.     Von  J.  H.  Lipsius 157 

Der  Titel  von  Statins'  Silvae.     Von  M.  Gothein 475 

Zu  Juvenal  15,90.    Von  K.  Meiser 636 

Q.  Curtius  über  den  indischen  Kalender.     Von  F.  Rühl  ....  158 

Litter  arhistorisohes 

Canius  a  Oadibut  und  Livius  Poenus.    Von  A.  Elter 472 

Zusatz  zu  S.  472.    Von  demselben 640 


zn  Inhalt 


Seite 


Grammati  ach -Etymologisch  es 

König  OgygOB.     Von  H.  Ehrlich    ...  63ß 

ώς  6μο(ως  und  Verwandtes.     Von  L.  Radermacher 312 

Zur  lat.  Seemannssprache.     Von  F.  Buch eler 479 

Antiquarisch-Epigraphisches 

Das  Alter  der  neolithischen  Kultur  in  Kreta.  Von  W.  Vollgraff  319 

Zu  Ζβύς  Καταιβάτης.    Von  Μ.  Ρ.  Nils  son 313 

War  Archimedes  von  königlichem  Geblüte ?  Von  Th.  Gomperz  025 

Stöcke  mit  Schlangenhaut  (zu  S.  54).     Von  Eb.  Nestle 039 

Zum  Stadtrecht  von  Bantia.     Von  F.  Buch  eler 316 

Givitas  Baesarensis.     Darenus.     Von  M.  Ihm 319 

Ein  Vers  des  Martial  und  eine  stadtrömische  Grabschrift.   Von 

Ch.  Huelsen G33 

Die  Quinquennalfeiem  des  Licinius.     Von  0.  Seeck 47G 


LUCIANEA 

Notnlae  critirae  ad  novae  editionie  Lnciani  Teubnerianae  quam 
curat  Nile  Νίΐέη  vol.  I  faec.  1  Cf.  mea  Plutarchea  et 
Lnciatieaj  Traiecti  ad  Rhenum  apud  I.  L.  Beyers  1877,  cap.  III 
et  Mnemoeynes  vol.  VII  n.  s. 


Phafaris  I  3  extr.  Merito,  ni  fallor,  poet  έκράτησα  expunxi 
verba  τής  έπΐχ€ΐρήα6ως,  male  repetita  ex  antecedentibus,  nam 
Κράτησα  hie  eignificat  ένίκησα. 

6  (ρ.  5,  27).  Ancipitis  est  iudieii,  utrura  cum  Fritzscbio  pro 
ήπώντο  corrigendum  sit  αΐτιώνται,  an  mecum  verbum  alt  delen- 
dam  et  αΐτιώνται  mente  repetendum  ex  antecedentibue.  Imper- 
fectum  tolerari  nequit. 

9.  αύθις  γάρ  υμάς,  ώ  Δελφοί,  συμβούλους  καλώ,  πότερον 
dμeιvov  [είναι  del.  Dindorf]  αδίκως  άποθανεΐν  ή  άοίκιυς  σώ- 
ίειν  τον  έπιβεβουλευκότο. 

Reoeptam  oportnit  aut  certe  commemoratam  probabilem 
Madvigii  coniecturam  δικαίως  (poseis  etiam  ένοίκως)  (Τώ^ειν. 
Vide  ipea  antecedentia. 

10,5.  Procul  dubio  legeiidum  τίνες  <π)όθεν  καταπεπλεύ- 
κασιν,  ut  iam  Homerus  dixit  τις  πόθεν  εΤς  ανδρών; 

PluUaris  II  13.  εΐ  5'  υμάς  αυτούς  δοκιμαστός  και  έΕε- 
ταστάς  επιστήσετε  τοις  άναθήμασιν,  όκνώ  μή  άπορήσωμεν 
τών  δοκιμασθησομένων  έτι,  ούδενός  υπομένοντος  ύπόδικον 
αυτόν  καθιστάναι  .  .  Nonne  manifestum  est  me  recte  emendasse 
ύπομενουντος? 

Bacchus  1.  φασιν  ούτω  καταφρονήσαι  αύτοΟ  τά  πρώτα 
τους  ανθρώπους  τους  έκεϊ,  ώστε  καταγελάν  έπιόντος,  μάλλον 
h\  έλεεΐν  τήν  τόλμαν  αύτίκα  μάλα  συμπατηθησομένους  υπό 
τών  έλες>άντων,  εΐ  άντιτάΕαιτο. 

Rectiesime  me  iudioe  ita  Codices  omnes,  quia  sensus  est: 
ύ  aciem  contra  instruaisset,  ut  mox  in  cap.  3  τάς  γυναίκας  έπα- 

Ehein.  Mo«,  t  PhUol.  M.  F.  LXIII.  1 


i  van  Berwerden 

φήσ€ΐν  αύτοΐς,  ci  πλησίον  γ  έ  ν  ο  t  ν  τ  ο,  ai  appropinquasseni.  Per- 
peram  vero  editor  Cobeto  obeecatus  edidit  άντιτά^οιτο,  (li) 
instntcturus  esset, 

2.  Silenum  L.  vocane  πάνυ  πιθανόν  τίνα  συνταγματάρχην 
ironiee  loqui  videtur  pro  άττίθανον,  improbabilem,  Cf.  Ady.  in- 
doctam  22  απίθανος  οΰτω  Ιυτ(ράφος, 

3.  ρ.  26,  5.  ήμιστρατιώτην  δλλον.  Probabilior  est  Hart- 
mani,  in  quam  et  ipse  incidi,  coniectnra  ήμ(τραγον  δλλον, 
quam  andaeior  Ed.  Schwartzii  eanpicio,  recepta  ab  editore  ήμκΠίν 
τρατο€ΐ6ή  δνθρωπον.     Ad  δλλον  cf.  Srcpov  2,  9. 

Hercules  4.  κα\  o\  άγορηταΐ  ταιν  Τρώων  τήν  όπα  τήν 
λ€ΐριΟ€σσαν  δφίδσιν,  €ύανθή  τίνα*  λβίρια  γαρ  καλβιται,  cl 
Τ€  μέμνημαι,  τά  δνθη. 

Ultima  yerba  confirmant  gennina  esse  verba  τήν  λ6ΐριΟ€(Τααν, 
qnae  nt  epuria  eiecit  ΝΙΙέη  obeecntne  Schwartzio.  Qnae  darananti 
aimnl  delenda  forent  verba  λ€(ρια  — δνθη. 

7.  Probavi  Beiini  conieotnram  Mnem.  VII  381. 

β.  καΐ  6  Έρως  6  σός,  ώ  Τήΐ€  ποιητά,  έσιοών  μ€  ύπο- 
πόλιον  <τό)  γένειον  χρυσοφαέννων  ei  βούλεται  πτερύγων 
fj  0€τοις  παραπ€τέσθω. 

Quamvis  lenieeima,  parnra  probabilis  videtur  recepta  a 
Dindorfio  correctio  άήταις  pro  f|  άετοΐς,  sab  qua  ecriptnra 
latere  aane  poteet  τα  ρ  Ο  Ol  ς,  qnod  propoeitnm  ab  E.  Scbwartzio 
comprobat  editor.  Quia  tamen  ipsa  Baochylidis  verba  citari 
videntur,  expectatur  potius  vox  aliqua  poetica  menaurae  ^-  .,  at 
faerit  v.  c: 

Χρικτοφαίν |νων  τιτερύγων  Ι  άμίλλαις. 
Cf.  Aeech.  Prom.  129.  —  In  vicinia  conieci  τήν  ήλΐκίαν  [κα\  τό 
γήρας]  τήν  (pro  τό)  έμαυτου. 

EUctrum  6.  De  rariore  aignificatione  vocis  σκιά  imago 
(aqua)  repercussa,  cf.  Demonax  22.  Fallebar  olim  coniciens 
€ΐκοΟς  pro  σκιάς. 

Musca  4.  απάντων  γ€ύ€ται  πλην  έλαΐου'  θάνατος  γάρ 
αυτή  τούτο  πΐ€ΐν:  Variant  libri  in  πΐ€Ϊν,  ποΐ€Ϊν,  πίν€ΐν.,  omittit 
cod.  Marc.  93*»,  coniprobante  Sommerbrodtio,  cni  adetipnlor.  In 
anteoedentiban  HURptotavi  verba  τήν  μυΐαν  ϋστ€ρον  Mnem.  ρ.  381. 

8.  ή  μίλιττα  ούχ  ήκιστα  μυίαις  |καΙ  άνθρώποις]  εργά- 
ζεται. Manifeetiim  cmblcnia  notavi  1.  ].,  nfd  poRt  Hercherum,  ut 
nunc  me  docet  editor.  Mct'  άνθ^^Κιπους  infelix  ent  coniectura. 
—  De  0.  9  of  1.  1.  nbi  exponui,  oiir  Niiii|>«*ota  hubnam  verba  ovbk 
ήγ€ϊταΙ  τι  αίσχρόν  ποΐ€ΐν. 


Lucianea  3 

10,  4.  Verba  κατά  τό  αυτό  άμφοτέρας  ante  editorem 
2  jwe  damnavi  1. 1.  ρ.  38 

Nigrinus  6.  έγώ  hk  βουλοίμην  fiv,  €l  οΙόν  τ€,  αυτών 
<ίκουσαι  τών  λόγιυν  ovbk  γάρ  ούόέ  καταφρονεΐν  αυτών 
<3Τμαι  θέμις,  αλλως  τ€  ei  και  φίλος  και  περί  τα  δμοια  έσπου- 
^ακώς  ό  βουλόμενος  άκούειν  εΐη.  Perperam  post  ουδέ  γάρ 
^nm  Schwartzio  lacunam  etatait  editor,  nam  nulla  eet  neceseitudo 
-verborum  ovbk.  —  θέμις  cum  eequentibus.  Quin  recte  iam  Madvig 
€ppov€iv  e  φθονεΐν  depravatum  es^e  perepexerit,  equidem  nullus 
<}abito.  Sententia  requirit  huiasniodi  quid:  ούόέ  γάρ  ούόενός 
Οοι  φθονβΐν  αυτών,  οϊμαι,  θέμις,  neque  enim  ullam  earum 
(ratioDUin)  invidere  tibi  fas  est, 

7  extr.  και  γάρ  τοι  κατά  τον  κιυμικόν  ώς  αληθώς  έγκατέ- 
λιπέν  τι  κέντρον  τοις  άκούουσιν. 

Dubito  an  Lucianus  cum  Enpolide  fr.  94  scripeerit  τό 
κέντρον. 

12  extr.  ήρεμα  τε  μεθαρμόττουσι  και  παραπαιοαγωγοΟσι 
κα\  προς  τό  καθαρό  ν  τής  διαίτης  μεθιστασιν. 

Huius  loci  est  τό  καθ  άρε  ι  ο  ν,  nam  opposita  notio  est  τό 
πολυτελές,  et  idem  fere  valet  quod  τό  λιτόν. 

13,  16.  ό  hi  άκούων  &  ήν  μεταίυ  έπαώεύετο.  Mnem. 
1.  Ι.  pro  δ  ήν,  quae  Cobet  et  Dindorf  expungebant,  restitui  vo- 
cnlam  iterativam  άν,  qua  frequentissime  Atticorum  more  nti  solet 

Lucianus.     Cf.  ipsa  antecedentia.    Föns   erroris  fuit  lectio   arche- 

H 
typi  AN. 

21  extr.   6  5'  έστηκεν  παρέχων  εαυτόν  είς  πλείω  χρόνο  ν 

έεαπατώμενον.     In  Plutarcheis  et  Lucianeis  ρ.  69,  coli.  Pro- 

meth.   1  extr.,  requirebam  έΗαπατησόμενον.    Sciiptor  Atticue 

dedisset  έζαπατάν. 

22,  21.  πόσα  μέν  έμφαγόντες,  πόσα  hk  παρά  γνώμην 
έμπιόντες.  Cf.  Epicharmue  ap.  Athen.  VI  263  Α  πολλά  κατα- 
φαγών,  πόλλ'  έμπιών. 

23,  12.  όταν  —  τους  πυλώνας  ϊιυθεν  έμπλήσιυσιν  καΐ 
προσειλθόντες  ώσπερ  δέσποτας  προσείπιυσιν.  Locum  de 
vitio  mihi  auepectum  tentavi  Mnem.  p.  87  coniciendo  aut  προελ- 
θόντας  όψέ,  coli.  Menippo  cap.  12,  aut  προσελθόντες,  ώσπερ 
(εΐώθασι),  δέσποτας,   coli.  Soran.  β.  Gall.  9. 

24,  Ιδ.  έπισημότερον  bi  τών  δλλιυν  άπό  του  σχήματος  και 
φανερώτερον.  Genuina  lectio  videtur  γεραρώτερον,  vene- 
rabiliorcm,     Fortasee  φανερώτερον  liuc  devenit  ex  25  init. 


4  van  Berwerdeu 

30,  5.  Fateor  me  non  intellegere  verba  ίνα  μή  άπολαύσιικΤι 
τής  σφ€τίρας  αληθείας. 

37,7.  Plut.  et  Luc,  ρ.  68  άτενώς  έτόζευσε  conieci  pro 
άτεχνώς. 

38.  13.  ούκοΟν  κα\  αυτός  ήμΐν  έραν  ομολογείς;  Lege 
mihi  tarn  antecedentia  quam  eequentia,  et  dabis  mihi  obscurnm 
esee  έραν,  qnod  vide  ne  eit  perversum  gloseema,  eubstitatura  pro 
genaina  lectione  νο(Τεΐν,  quäle  quid  contextus  postulare  videtur. 

Demonax  1  extr.  legatur  f\  ληστός  ^καθ^αιραιν,  quae  eol- 
lemnis  in  re  de  qua  hio  agitur  est  locutio. 

23.  ίπου  προς  τήν  άρτόπιυλιν  και  όψει  με  δια  μιας  έπψ- 
οής  κα\  μικρού  του  φαρμάκου  πείθοντα  αυτήν  οοΟναι  μοι  τών 
δρτων,  αΐνιττόμενος  τό  νόμισμα  άις  τά  ϊσα  τή  έπψοή 
ουνάμενον. 

Nondum  me  paenitet  olim  verba  αΐνιττόμενος  —  ουνά- 
μενον  tribuieee  interpreti,  nam  stipes  eit  oportet,  qni  hoc  voluieee 
Demonactem  non  nitro  intellegat.  Accedit  qnod  ea  verba  contra 
aententiam  iunguntur  cum  verbis  £που  —  και  δψει.  Lucianus 
ealtem  dediseet:  τών  fipTUJV  είπε  bi  ταύτα,  αΐνιττόμενος  κτέ. 
Quicumque  genuinum  ducit,  sie  locnm  expleto. 

40.  εϊθε  <τε,  έφη,  Έλληνα  μάλλον  ή  Τιυμαϊον  πεποίη- 
κ  ε  ν.  Miror  e«litorem  in  textu  retinuieee  absurdum  Perfectum 
pro  Plusquamperfecto    πεποιήκει(ν) ,    quod  iam  restituit  Bekker. 

De  oeco  4  extr.  ές  hi,  ouTU)  καλόν  χωρίον  ουκ  οΐώμεθα 
κα\  άκλήτους  αύτάς  έλθεϊν; 

De  hoc  loco  idem  valet,  aoloecum  enim  coniunctivum  esse 
videntes  Schaefet*  et  Bekker  trium  librorum  leotionem  οΐόμεθα 
(certa  coniectura  reetituendam)  iam  reddiderunt  Luciano.  Quid 
quaeeo  prodeet  Grammatica,  ei  spernunt  ipsi  editoree? 

1 7,  25.  έλεγχων  γάρ  ούτος  γε  ό  φθονερώτατος,  φσπερ  δν 
εϊ  τις  πανοπλίαν  καλήν  ένούς  έπειτα  φεύγοι  πρό  τών  άλλων, 
επισημότερος  ων  όειλός  άπό  τών  οπλών. 

FortaBee  praeetat  έπισημότερον  vel  έπισημοτέρως, 
iungendum  cum  verliis  άπό  τών  δπλων,  cum  sit  magis  conspicue 
ignavus  propier  arma, 

30.  'Οδυσσεύς  hi  μετά  ταύτα  όήθεν  μεμηνώς,  δτε 
συστρατεύει  τοις  Άτρείόαις  μη  θέλων.  Sine  seuRu;  nam  quo 
tempore  iam  militabat  U.  non  ampliue  simulabat.  Emendavi  άτε 
συστρατεύειν.   Cf.  var.  lect. 

Patriae  encomium  β.  άλλ'  ούν  έκάστω  νομίίεσθαι  πα- 
τρψον  h\a  τήν  πρώτη  ν  άπό  τοΟ  τόπου  θέα  ν. 


Luoianea  5 

Quia  άπό  του  τόπου  refertur  ad  άπό  τής  πατρίδος  in 
antecedentibus  (Mnem.  ρ.  387),  iure  requirebam  άπό  ^τούτου^ 
του  τόπου  aut  άπό  του  τόπου  <τούτου>. 

8,  16.  ώς  ουκ  δν  —  έπώ€ΐΗάμ€νος  iam  ego  correxi  1.  1., 
coli.  Soloec.  2  extr. 

Verae  historiae  I  6.  ήμίραν  ουν  και  νύκτα  ο ύρ ίψ  πλίοντβς 
ίτι  τής  γης  υποφαινόμενης  ου  σφόδρα  βιαίως  άνηγόμεθα,  τής 
έπιούσης  δέ  δμα  ήλίιμ  άνίσχοντι  δ  τε  άνεμος  έπεόίδου  κτέ. 

Quia  βιαιιυς  άνάγεοθαι,  vehementer  in  altam  evehi  obecure 
dictam  videtor,  olim  conieci  βιαίψ  (πν\  =  πνεύματι\  coli.  §  9 
άνήχθημεν  ου  σφόδρα  βιαίψ  πνεύματι  et  Navig.  7  άπά- 
ραντας  ου  πάνυ  βιαίψ  πνεύματι.  FortaBse  tarnen  vulgatara 
aatie  tnentnr  verha  antecedentia  (c.  5)  προς  μέγαν  και  βίαιο  ν 
πλοΟν  έκρατυνάμην. 

9.  άλλ'  δνω  μετίιυρον  έΕηρτημένην  (bc.  τήν  ναυν)  άνεμος 
έμπεσών  τοις  ιστίοις  ίφερεν  κολπώσας  τήν  όθόνην.  ut  eequentis 
Yocabuli  gloeeema  expnnxi  olim  ävu). 

11.  \στου  ϊκαστοντών  πτερών  μακρότερον  και  παχύτερον 
φ^ρουσι.     Requirebam  et  requiru  φόρου  σι. 

16,  11.  άνδρες  κυνοπρόσωποι  έπ\  βαλάνων  πτερωτών 
μαχόμενοι.  Pleramque  in  tali  re  Lucianne  more  attico  URurpat 
praepoeitionem  άπό,  velut  infra  V.  H.  Π  37,  11;  38,  3. 

19,  18  γενομένης  δις  εκκλησίας  τή  προτεραία  μέν 
ούδ^ν  παρέλυσαν  τής  οργής,  τή  ύστεραίςι  δέ  μετεγνωσαν. 
Cobet  postalabat  προτέρςι  et  ύστέρςι. 

21,  5.  Requirebam  et  requiro:  και  ό  μέν  ήΕίου  <με>  μεϊ- 
ναί  τε  παρ'  αύτφ  κα\  κοινωνεΐν  τής  αποικίας,  ύπισχνούμενος 
δώσειν  προς  γάμον  τόν  έαυτου  παϊδα. 

Νοη  addito  pronomine,  contra  sententiam  ex  antecedentibus 
aadiendum  foret  ημάς.     Cf.  Mnem.  p.  344. 

22,  14.  Modo  gennina  siut  verba  δτι  παρ'  έκείνοις  άντ\ 
γαστρός  κυος>ορεΐ,  quae  interpolatori  tribui  1.  1.,  cum  Mehlero 
ineerendum  est  κνήμη.  —  Ibidem  22  ut  glossema  expuli  verba 
male  abundantia  όχεύουσι  κα\. 

25,  10.  τους  οφθαλμούς  περιαιρετούς  ίχουσι.  Νοη 
eet  haeo  Graeoa  oratio.    Correxi  γάρ  έΗαιρετους.    Cf.  1. 1.  345. 

26.  κάτοιττρον  μίγιστον  κείται  υπέρ  φρίατος  ού  πάνυ 
βαθμός.     Monui  expectari  ipeum  contrarinm:  καΐ   πάνυ!  βαθέος. 

29  extr.  μαλακώς  ένδιδόντος  του  πνεύματος.  Vix 
eraeee  pro  μαλακόν. 


6  van  Herwerden 

80,  10.  όρώμεν  [θηρία  καΙ]  κήτη  πολλά  μέν  και  δλλα,  Ιν 
5έ  μίγιστον  απάντων.     Reote  ita  iam  Mehler. 

34,  21.  και  δρνεα  bi  θηρεύομεν  τα  είσπετόμενα,  και 
ίώντος  Ιχθυς  άγρεύομεν  έΕιόντες  εΙς  τά  βραγχία  του  θηρίου. 

Mirum  bercle,  ei  pieces  mop'itws  captassent.  Proposai  ^τούς^ 
είσνέοντας  Mnem.  ρ.  345,  ubi  cur  in  proximis  oam  tribus 
libris  αλμυρά  abesse  malim  indicavi. 

II  4,  5.  ανθρώπους  —  δπαντα  ήμϊν  προσεοικότας  .  .  ., 
πλην  τών  ποδών  μόνον  ταύτα  γάρ  φέλλινα  εϊχον.  Permire 
dictum  pro  τούτους  —  φελλίνους.  Num  forte  peripbrastice  L. 
scripsit  πλην  <τά^  τών  ποδών?  Νοη  minus  haereo  in  sequen- 
tibus  έθαυμάσαμεν  oöv  Ιδόντες  ου  βαπτιίομίνους  (τους  Φυλ- 
λόποοας),  nihil  enim  minus  mirandnm;  qnare  conieci:  ^ούκ^ 
έθαυμάσαμεν.  Ceterum  reote  fortasse  alii  praetulernnt  v.  1.  έθαυ- 
μάΖομεν. 

6,  11.  Requiro  ήκούσαμεν  ώς  ή  μέν  νήσος  εϊη  <ή>  τών 
Μακάριυν  προσαγορευομένη. 

10,  2.    Lectionem  πολυπραγμοσύνης  probabam  Μη.  346. 

12,  2.  (vs.  11)  εισίγάρ  ώσπερ  σκια\  όρθαί,  ου  μέλαιναι. 
Cur  addatur  όρθαί  ηοη  optime  perspiciens,  quaero  num  forte 
Lucianus  dederit  sine  interpunctione:  είσι  γάρ  ώσπερ  σκια\  6päv 
ου  μελαιναι. 

14,5.  διακονούνται  bi  και  παραφέρουσιν  έκαστα  οΐ 
άνεμοι  πλην  γε  του  οίνοχοεϊν 

Variant  libri  in  παραφέρουσιν,  διαφέρουσιν,  περίφέρουσιν 
quorum  verborum  praesertim  ultimum  est  conviviale.  Vid.  v.  e. 
Conviv.  13  et  Dial.  Mar.  II  2.  Nullum  vero  apte  iungi  poteet 
cum  verbis  πλην  γε  του  οίνοχοεϊν,  pro  quo  saltem  του  οΤνου 
requireretur.  Haec  causa  fuit  cur  verba  κα\  .' .  .  φέρουσίν 
Luciano   abiudicarem  Mn.  346. 

18,  17.  όρχεϊσθαι  bk  πολλάκις  υπό  μ^θης  άνιστάμενον 
καΐ  παροινεΐν.  Suspectum  habebam  υπό  μέθης  in  codioe  D  (ap. 
Frz.)  omissa  et  incertae  sedis  in  reliquis,  itemque  ve.  19  βρθίον, 
quod  abest  a  libris  AC  (ap.  Frz.)  superscriptum.  in  F  (ap.  Nili- 
nium)  et  facile  interpolari  potuit  ex  Hesiodo.  Neutrum  tarnen 
additum  oifendit.  Mox  (p.  181,  2)  requirebam  έλλεβορίσείε  pro 
έλλεβορίση  (sive  -σει),  quod  placuit  etiam  Sommer brodtio,  cui 
tribuit  N.,  ^t  certum  videtur.    Cf.  Mn.  346  sq. 

19.  μίσγονται  μέν  αναφανδόν  πάνταιν  ορών  των  καΐ 
γυναιΗι  και  αρρεσι.     Interpreti   tribuo   verba  πάντιυν  όρώντων. 


Luoianea  7 

20,  14.    fjv  γάρ  τις  τραφή  κατ'  αύτου  έπενηνεγμένη. 
V.  1.  άπ€νην€τμένη  recte  praeferebat  Cobet. 

22,  13.    πάλην  μέν  ένίκησεν  Κάρανος  ό  άφ'  Ηρακλέους 
Οδυσσέα  περί  του  στεφάνου  καταγιυνισάμενος. 

Deleatnr  manifeetum  emblema  περί    του    στεφάνου,    quod 
/ortaeee  aliquie  adscripsit  propter  capitis  finem. 

25.  p.  187,  1  έπιμανώς  άγαπώσα.  In  bac  optima  lectione 
nemo  haerebit,  qni  noverit  paflsim  apad  Lncianum  et  seriores 
verbum  αγαπάν  prorsue  idem  valere  quod  έράν.  Vide  Nileni 
notalam. 

Ibidem  κα\  δή  ττοτέ  υπ  έρωτος  και  αμηχανίας  έβου- 
λεύσαιΌ  ό  Κινυρας  άρπάσας  τήν'Ελίνην  -—  έόόκει  bk  κάκείνη 
τούτα—  οϊχεσθαι  άπ  ι  όντα  ς  ίς  τίνα  ταιν  επικειμένων  νήσων 

lensii  coniecturam,  quam  affert  editor,  άρπάσαι,  non  intel- 
lego,  nisi  forte  voluit  simul  mutnre  interpunctionem :  Έλένην. 
ibOK€\  hk  —  ταύτα*  οϊχεσθαι  κτέ.,  quod  nemini  facile  persuadebit. 
Si  haeeit  in*  plurali  άπιόντας,  quidni  potius  reposuit  άπιόντα, 
quod  severior  qaidem  grammatica  poetulat,  nee  tamen  videtur 
neceeearium.     Conetrnctio  est  κατά  σύνεσιν  quae  vocatur. 

Ibidem  11  ώς  οέ  έοόκει  αύτοϊς,  έτέλουν  τήν  επιβουλή  ν. 
Huius  loci  eat  επιβολή  ν,  inceptum,  propositum,  Nullas  enim 
Cinjrae  et  Helena  parabant  insidias  Menelao  {Plut.  et  Luc,  p.  86). 
—  Praeterea  vero  malim,  ut  in  tali  re  Graece  dici  eolet,  <^και) 
έτέλουν. 

26,  3.  έλεγον  o\  σκοποί  καθοράν  τήν  ναυν  πολύ  άπέ- 
χουσαν.  Cur  probanda  videatur  ν.  Ι.  ου  πολύ  dixi  Mnem. ρ.  347. 
Otioea  est  editoris  coniectura  οο(πω  .  .  .)  πολύ. 

28,  7.  παρήνεσε  bi,  ει  καί  ποτέ  άφικοίμην  ες  τήνοε  τήν 
γήν,  μήτε  πυρ  μαχαίρςι  σκαλεύειν  μήτε  θερμούς  έσθίειν  μήτε 
παιΜ  υπέρ  τά  όκτωκαίοεκα  ίτχ\  πλησιά^^ειν. 

Necessaria  est  ν.  1.  καί,  εϊ  ποτέ,  deinde  vero  aut  legen- 
dam  παιοι  ύπεροκτωκαιοεκέτη,  aut  post  έτη  inserendnm 
γεγονότι. 

Praeterea  praeoepta  Pythagoraea  μήτε  πυρ  μαχαίρςι  σκα- 
λεύειν κτέ.  faciunt  ut  snspicer,  non  Rbadamanthyn  fuiese  sub- 
iectum  verbi  παρήνεσε,  sed  ipsum  phiiosophum,  quem  affuiese 
ecimae  ex  cap.  24  extremo,  itaque  corrigendum  esse :  παρήνεσε 
bk  και  (Πυθαγόρας),  εϊ  ποτέ  κτέ. 

33,  ρ.  195,  2.  είσιόντι  bk  εΙς  τήν  πόλιν  έν  bdtx^  μέν  έστι 
τόΝυκτφον.  £  constanti  analogia  Noctis  templum  dici  oportet 
Νυκτεϊον. 


8  van  Herwerden 

35,  14.  λύσας  την  επιστολή  ν  άνβγίγνιυσκον  τά  γεγραμ- 
μίνο.     Malebam  τάτ<τ>€τραμμίνα. 

46,  ρ.  206,  3.  Ύδαμαροία.  λαβοΟσαι  V  oöv  ημάς  α\ 
γυναΐκβς  έκαστη  προς  εαυτή  ν  άπήτ6ν  καΐ  Εένον  έποΐ€Ϊτο. 

Iure,  ni  fallor,  postulabam  (ίνα)  έκαστη,  commendane  eimnl 
y.  1.  οιαλαχουσαι,  quam  vis  vulgatam  sanam  eese  posee  non 
oegem. 

Ibidem  p.  201,  1.  θαλαττίους  τυναϊκ6ς  Όνοσκ€λέας 
προσαγορευομίνας.  Similiter  ρ.  208^  11  ταϊς  Όνοσκελίαις. 
Cum  Mehlero  requiro  Όνοσκ€λίοος  et  Όνοσκελίσιν. 

Ad  den  da  (ex  repetita  lectione). 

Phalaris  II,  4.  ών  μέν  oöv  ?ν€κα  ήκομεν,  τ  αυτά  έστιν* 
δ  hi  Τ€  προς  υμάς  έπίστ€ΐλ€ν  *«*. 

Sic  editor,  vulgo  ταύτα,  quod  utpote  in  uno  codice  enper- 
Bcriptum,  parum  oertnm  est.  Praestiterit  <τά06> ,  nihil  enim 
praeter  pronomen  deeet  sententiae. 

3,  27.  καίτοι  άναγκαϊον  <δν>.  Participio  vix  opue,  quia 
audire  licet  όναγκαΐόν  έστι. 

11,  21.  άλλήκτοις  ταϊς  όδύναις  έχόμ6νος.  Revoca 
άληκτο ις,  illnd  enim  poetici  cet  eermonis 

PhalarisW  1,  12.  Placet  hodieqne  quod  olim  snaei  δικαιό- 
τατης pro  δικαίας.  Contra  temere  υμάς  expunctnm  eese 
arbitror  c.  2  init. 

5,  24.  μισθόν  κομίσασθαι  τής  εύσεββίας  τό  κ€κρίσθαι  μηδέ 
του  άνατιθέναι  ΑΗιος.  Optime  ΑΗιος  baberet,  «i  cobaereret  cum 
Norainativo  c.  Inf.,  sed  Acc.  c.  Inf.  postulat  SHiov,  ut  bene 
correctum  est  in  cod.  U  m.  2.     lam  olim  monui. 

Hippias  1,  10.  ψάλαι.  Quidni  potius  probamus  aliue 
codicis  lectionem  ψήλαι,  formam  legitimam,  quam  nemo  facile 
librariuB  in  eequiorem  erat  refingendns? 

8,  13.  έν  ή  παϊδας  τους  πρό  αύτου  άπίφηνεν.  Imo 
αύτοΟ. 

6,  4.  Expectatur:  οΤκος  —  <έν>στηναί  τ€  και  έγκαθί- 
ίβσθαι  (malim  έγκαθ^ίεσθαι)  προσηνίστατος  και  έμβραδυναι 
άβλαβέστατος  και  έγκυλίσασθαι  ώφελιμώτατος. 

8,  4.  Recte  τήν  delevit  Ε.  Schwartz ;  coniectura  editorie 
τίνα  duri  quid  habet  propter  articulum  in  fleqiientibue  (τήν  obov). 

Hercules  2  init.  τών  Ελλήνων  θεών.  Quantociue  revo- 
oanda  optima  omnium  librorum  lectio  Έλληνίων.  Vid.  Stephani 
Theeaurue  ed.  Dind.  8.  v.  Έλλήνιος. 


Lucianea  9 

3,  18.  ού  γάρ  ?χων  ό  ίιυγράφος  δθ€ν  έΕάψ€ΐ€  τ  αϊ  ς 
σβίραις  τας  [τών  δεσμών]  αρχάς.  Longe  meline  intellego 
lacobeii  coniecturam,  ταΐς  σβίραις  esee  ineiticia  Fortasee  etiam 
praeatat:  τάς  σείρας  [τάς  των  δεσμών  αρχάς],  coli.  νβ.  7 
δεσμά  bl  είσιν  α\  σειραί.  Ε.  Sohwartz  fortasee  intellegi 
volebat  τώ  ν  σειρώντός  αρχάς,  eed  dnriseimus  est  datiyas  sie 
Qanrpatns  nee  habet  colorem  graecum.  Prorsus  incerta  est 
bnius  loci  correctio. 

Eledr.  1,  7.    Nnllam  video  caneana  cur  vocnla  γάρ  deleatur. 

2,  17.    πότε  δη  pro  δέ  mea  ent  emendatio. 

Musca  I  5.  Melius  intellegam :  έπτ^ρωται  δέ  ού  κατά  ταυτά 
τοις  άλλοις,  ών  (pro  ώς)  τοις  μέν  <γ(γνεται>  άπανταχόθεν 
κομάν  του  σώματος,  τοις  hl  ώκυπτ^ροις  χρήσθαι,  άλλα  κτέ. 

3,  θ.  έσφίγμένη  reqniro  cum  Scbwartzio,  sed  nihil  opus  τή 
εντομή  inserere  post  αυτή. 

5,  17.   άνδρίαν.    Reotins  alii  codd.  άνδρείαν. 

8,  14  <α\)  αΤγες.    Nihil  opus  articulo. 

Nigrinus^,  3.  τήν  έαυτου  γνώμην  διηγεϊσθαι.  Aptius 
videtur  έΕηγεϊσθαι,  eaponere  quam  διηγεϊσθαι,  narrare.  Saepius 
verba  confunduntur. 

9,  1.  τής  σκηνής  ττόρριυ  ποι  κάθηται.  Imo  που.  — 
6/7.     Verba  ό  ποιητής  ϊσιυς  temere  suspectat  editor. 

12, 15.  ούτος  όνήρ  ού  παύσεται  κτέ.  β  Fritzschii  coniectura 
pro  άνήρ,  nee  improbo,  quamquam  memoria  dignum  est  apud 
Platonem,  qui  saepius  hac  formula  utitur,  similiter  in  ea  con- 
stanter  Codices  exhibere  spiritum  lenem. 

19,  5.  Malim  άλλ'  άτεχνώς  δεϊ  τόν  Όδυσσία  μιμησάμενον 
παραπλεϊν  αυτά,  μή  <δέ>  δεδεμίνον  τώ  χεϊρε  κτέ. 

28,  2.  ?να  δέ  και  αυτός  εΤδον,  δς  [και]  γευσάμενος  τών 
παρ'  έκείνοις  κακών,  —  ώς  αυτόν  άφίκετο.  Vix  genuinum 
est  alterum  και. 

31,  73.  Verba  τραγψδίαις  τε  και  merito  suspecta  Ε. 
Scbwartzio  et  ipse  quondam  notavi,  sed  ubi,  non  memini. 

Oemonax  34,  24.  διά  τίνα  αΐτίαν  άποκλείουσι  τους  βαρ- 
βάρους. Qnia  non  antecedit  de  mysteriis  mentio,  dura  est  hie 
omissio  verborum  τών  'Ελευσίνιων  aut  similium ;  quam  vis  eara 
duritiem  mitiget  vox  πρόρρησις. 

42,  7.  λουόμενος  pro  λούμενος  non  ipsius  Luciani,  sed  libra- 
riorum   est  error. 

66,4.  Non  όδμή,  sed  οσμή  vera  lectio  videtur.  Cf.  v.l. 
et  V.  H.  II  5,  7. 


10  van  Herwerden 

De  oeco  1,3.  Malim  κάννήζασθαι  ήόύν  pro  Kai  νή- 
εασθαι. 

6,7.  τό  τών  φωτατωγών  έλ6ύθ€ρον.  Ingen ίοββ  Ε. 
Scbwartz  ε\λη8€ροον  apricum,  at  quomodo  id  convenit  sequeo- 
tibus  καΐ  προς  ώραν  έκάστην  eO  έχον?  Apricatio  enim  bieme 
iaoanda,  molesta  aestate. 

6, 17.   συνδέουσα]  συνοοΟσα? 

7,  1.  [οΙκία].  Facio  onm  editore  oertam  banc  emendationem 
esse  neganti.  Eet  enim  ea  vox  b.  I.  tarn  egregie  absurda,  ut 
nemo  facile  eam  de  suo  eeset  adscripturue.  Nee  tarnen  conici  potest 
ή  hi  T€  σώφρων,  οΤμαι,  χρυσφ  μέν  κτέ.,  nisi  deleto  eodem 
verbo  νβ.  8. 

17,  4.    atbpet  φΐυτί  oum  ν.  1.  ä'ibpi.    Corrigendum  dibptu 

17, 10.  ώστ€  τίς  μηχανή  μή  ούχΙ  πάντως  ίλαττον  έρ€ΐν 
αυτόν  κτέ.  Malim  παντός  ?λαττον,  quovis  deierius.  Έλαττον 
Hellen  ist  ice  ^  ήττον. 

20,  25.  τουτέων  psendionice  pro  τούτων.  lUnd  enim  femi- 
nini  est  generie. 

26,  17.  κατά  bi  τόν  μίσον  τοϊχον  δνω  τής  άντίθυρος 
'Αθηνάς  ναός  πεποίηται.  £.  Scbwartzii  coniectnra  όνεψγώς 
όντ)  θϋρας  peccat  contra  sermonem  Oraecnm,  qni  poetnlaret 
άντΙ  τοΟ  Κ6κλ€ΐσθαι.  Suspicor  legendum  eese  τις  άμφ(θυρος 
Verba  ή  θ€Ος  λ(θου  λευκού  κτέ.  ηοη  epectant  Deae  eimulacram 
aliqnod  templo  inclnsam,  sed  ipeam  Deam  Pereeam  scnto  tegen- 
tem  (o.  25,  1 4),  et  verba  κατά  —  πεποίηται  faciunt  parentbeain. 

Verae  historiae  I  11,  10.  o\  bi  Ίππόχυποι  ούτοί  είσιν 
άνδρες  έπΙ  γυπών  [μεγάλων]  όχούμενοι  καΐ  καθάπερ  ϊπποις 
τοις  όρνέοις  χρώμενοΓ  μεγάλοι  γάρ  οΐ  γΟπες  καΐ  ώς  έπίπαν 
τρικέφαλοι.     Νοη  dubitavi  expellere  ineptnm  emblema. 

11,  14.  νεώς  γάρ  μεγάλης  φορτίοος  Ιστου  ίκαστον  των 
πτερών  μακρότερον  κο\  παχύτερον  φέρουσι.  Graecitae  postulat 
φοροΟσι. 

20,  22.  Malim  δπλα  bk  μη<κέτι>  έπίφέρειν  τοις  Ήλιώ- 
ταις,  ut  antecedit  νβ.  19  και  μηκέτι  ές  τήν  σελήνην  έσβάλ- 
λειν,  sed  nequaquam  probahiliter,  ut  editori  videtur,  E.  Scbwarte 
poet  illa  verba  supplet  τους  Σεληνίτας  μηδέ  τοις  Σεληνίταις 
τους  Ήλιώτας.  Nam  verba  συμμαχεϊν  bk  τή  αλλήλων  de  Solie 
et  Lunae  incolit  ultro  intellegitnr,  et  quidquid  ante  ea  ineeritur 
male  abundat. 

28,  19.  έν  αριστερή  παρήειμεν  τόν  ήλιον,  έν  χρψ  τήν 
γήν  παραπλέοντες.    Verba  τήν  γήν  abesee  malim. 


Lucianea  1 1 

Π  5,  15.  UKTT6  και  ά^ό  των  κλάδων  κινουμένων  Τ€ρπνά 
και  συν€χή  μέλη  άπ6συρίί€το,  έοικότα  τοις  έπ'  έρημίας 
αύλήμασι  των  πλαγίων  αυλών. 

Νοη  magie  hodie  quam  olim  intellego,  qaid  volens  scriptor 
in  deserto  addiddrit,  neqae  igitur  me  paenitet  veteris  conieotarae 
έρα<Τμ{οις,  amoenis. 

20,  7.  Όμήρψ  τ  φ  ποιητή.  Cf.  28,  14.  "Ομηρον  τόν 
ποιητή  ν.  Utrobique  mireris  non  mero  nomine  proprio  con- 
tent am  fnieae  soriptorem. 

30,  13.  ταϊς  μέν  ουν  δλλαις  (νήσοις)  ου  προσέσχομ€ν, 
ης  bi  έπέβημ€ν,  TOiabe  ήν.  Fortasee  reote  editor  haec  verba 
integra  eese  negat  in  adn.  critica.  Siraplicieeima  et  leniseima 
corrigendi  ratio  fiierit :  ή  b  έ  <€">,  f\  ς  έπέβημβν,  TOiabe  ήν,  i.  e. 
ή  bi  πέμτΓτη. 

40,3.  έπέπλεεν.  Reeipienda  faerat  vel  potias  revocanda 
quattnor  libromm  lectio  έπέπλεΐ. 

45,  4.    ούτοΙ  γαρ  και  ναΟται  κα\  νή€ς  ήσαν. 

Neecio  an  praestet  αύτοΙ  (=s^  ο\  αύτοΙ),  i.e.  δμα. 

Traiecti  ad  Rb.  Η.  van  Her  werde  η. 


ZUR    KOMPOSITK)N    DER    ALTATTISCH] 
KOMOEDIE 


T. 

Die  beiden  Grandelemente  der  altattiechen  Komödie,  Δ 
und  lo«e,  burleske  Scenen,  die  in  Zielinski  und  Poppelrei 
ibre  Interpreten  gefunden  haben,  hat  H.  E.  Sieckmann  einer 
neuten  Prüfung  unterzogen  ^  Noch  nicht  genügend  beac 
scheint  mir  zu  sein  das  Verbältniss  dieser  Eunstformen  zu  < 
βιυμολόχος,  der  lustigen  Person,  die  zu  allem,  was  gesoh 
oder  gesagt  wird,  die  komische  Folie  darstellt,  alles  ironii 
sich  selbst  nicht  ausgenommen.  Zielinski  selbst  fand  eine  sol 
Rolle  im  Agon  vertreten ^.  Er  sah,  dass  fast  überall  den  bei 
Kämpfern  eine  dritte  Person  beigesellt  war,  die  ihre  Debatte 
witzigen  Zwischenbemerkungen  begleitete.  Duobus  litiganti 
tertius  gaudet.  Ueber  das  ήθος  dieser  Rolle  hat  er  sich 
näheren  nicht  ausgesprochen.  Mir  scheint,  dass  durch  eine 
nauere  Verfolgung  dieses  πρό(Ιιυπον  ein  eigenthümliches  L 
auf   die    gesammte   Komposition  der    altattischen    Komödie    f 

Folgende  Leitsätze  setze  ich  meinen  Ausführungen 
γνώμονας  voraus: 

I.  Die  Wirksamkeit    der    Rolle    des    Bomoloohus    erstn 
sich  über  den   eigentlichen  Agon    hinaus    auf    alle    jene  See: 
die  sich    um    ihn    gruppiren    und  mit   ihm  gleiches  Wesen 
gleiche  epirrhematische  Komposition  haben. 

Π.  Ebenso  ist  diese  Rolle  zu  fassen  in  dem  Prolog 
betreffenden  Komödien,  mit  dem  sie  in  einem  organischen 
sammenhang  steht.  Der  aristophanische  Prolog  fliesst  aus 
innersten   Anlage   des  Spiels    und    ist   weit   davon  entfernt,    s 


*  De  comoediae  atticae  primordiis.     Göttinger  Dies.  1906. 
3  Gliederung  der  altatt.  Kom.  p.  118. 


Zur  Komposition  der  altattischen  Komödie  13 

loser  Wahl  oder  einer  Bednfiussung  durch  die  Praxis  der 
Tragödie^    sein  Leben  zu  danken. 

III.  Die  Beobachtung  der  Komposition  des  Prologe  und  der 
Stellung  dee  Bomolochns  in  der  Oekonomie  des  Stücke  trifft 
mit  den  Ergebnissen  von  Zielinski  und  Poppelreuter  zusammen 
und  führt  zu  weiteren  Konsequenzen. 

Da  ich  an  anderer  Stelle^  versucht  habe,  die  Rolle  dieser 
Inetigen  Person  aus  den  aristophanischen  Komödien  heraus- 
zuheben, beschränke  ich  mich  hier  auf  die  Resultate  und  einige 
Zusätze  zu  dem  dort  Gesagten. 

In  dem  Wespen agon  vermieste  Zielinski  eine  solche  Rolle. 
Die  Ausnahme  ist  nur  scheinbar,  da  Xanthias  wohl  bei  der  De- 
batte im  engeren  Sinn  schweigt,  sonst  aber  überall  dieses  Amtes 
waltet.  £r  haranguirt  zusammen  mit  einem  Mitsklaven  durch 
klownhafte  Späese,  die  weder  mit  dem  Stück  noch  untereinander 
zusammenhängen,  und  durch  persönliche  Anzapfungen  das  Publi- 
kum. Der  Mitsklave  ist  πρόσωπον  προτατικόν.  Xanthias  da- 
gegen ist  prologus  des  Stückes  und  Lustigmacher.  Seine  Witze 
and  lustigen  Geschichtchen  sind  nicht  mit  dem  Maassstab  der 
Logik  zu  messen;  so  ist  179  sqq.  zu  Unrecht  von  van  Leeuwen 
aU  ein  intempestive  commemoratum  verdächtigt  worden.  Eher 
möchte  man  demselben  Gelehrten  beipflichten  in  der  Zuweisung 
voD  187^  sqq.  an  Xanthias,  der  einen  ganz  ähnlichen  Witz  auch 
205  sq.  macht.  Wenn  aber  hier  dem  Sprecher  Phiiokleon  unter 
dem  Bauche  des  Esels  scheint 


1  Das  ist  die  Meinung  von  Frantz,  De  comoediae  atticae  prolog^is. 
Straaeb.  Dies.  1891.  Dessen  Ausführungen  halte  ich,  soweit  sie  die 
alte  Komödie  angehen,  für  verfehlt.  Die  skurrilen  Scenen  wird  jetzt 
nach  Poppelreuter  niemand  mehr  für  ein  jüngeres,  der  Tragödie  ent- 
lehntes Element  halten  (p.  3)  Falsch  ist,  dass  beide  Sklaven  in  Wespen 
und  Rittern  nach  dem  Prolog  verschwinden  (p.  11).  Wie  aus  der  Parabase 
die  Komödie  erwachsen  konnte,  ist  mir  ganz  unverstandlich  (p.  4  sqq.). 
Positiv  ist  das  Hervorgehen  von  Prolog  und  skurrilen  Scenen  aus  der 
Tragödie  durch  nichts  bewiesen.  Denn  dass  sich  hier  vor  allem  Paro- 
diemng  der  Tragödie  findet,  hat  seinen  einfachen  Grund  in  dem 
Charakter  dieser  beiden  Theile,  der  dem  Wortwitz,  auch  wenn  er  gar- 
nichte  mit  dem  Thema  zu  thun  hat,  Gelegenheit  zur  Entfaltung  gicbt. 
Gut  beobachtet  ist  (p.  5),  dass  oft  in  dem  Prolog  die  ganze  Handlung 
beschlossen  ist.  Das  wird  aus  dem  Wesen  des  Spieles  zu  erklären  sein, 
kann  aber  nicht  für  tragischen  Ursprung  sprechen. 

'  De  personarum  antiquae  comoediae  atticae  usu  atque  origine. 
Giestener  Diss.  1905  p.  55  sqq. 


14  δΰββ 

ομοιότατος  κλητήρος  €Τναι  ιηυλ(ψ, 
80  ist  (1α8  παρ'  ύπόνοιαν  ane  der  Sphäre  dei  Alten  hanuw  ge- 
sagt, nnd  man  tnuss  ebeneoweoig  die  grieebiacbe  Spraebe  mit 
einem  Wort  κλητήρ  =  asinua  clitellarius  wie  die  ariatophaniacbe 
Komik  mit  einer  Vergleichang  des  κλητήρ  mit  dem  Esel,  deren 
ratio  dunkel  bleiben  müeete,  beflchweren. 

Genau  entsprechend  ist  der  Aufban  der  Kitt  er.  Der  so- 
genannte Demoethenes  haranguirt  mit  einem  Miteklaven,  der  mit 
V.  154  für  immer  die  Bühne  verläset,  das  Pabliknm.  £r  ist 
prologus  und  Luetigroacher  des  Stücks.  Ifan  beachte  die 
witzigen  απροσδόκητα  in  der  ersten  Unterhaltung  mit  dem 
Wursthändler  (zB.  Eq.  167.  176)  und  besondere  213  sqq.  Auf 
den  Einwand  des  Wursthändlers,  ob  er  denn  auch  geeignet  sei, 
den  8taat  zu  lenken,  antwortet  er: 

213.   φαυλότατον  ίργον.    τοΟΘ'  δπερ  ποιείς  ποί€ΐ, 
τάραττ€  καΐ  χόρ6€υ'  όμου  τά  πράγματα 
δπαντα,  κα\  τόν  οήμον  ad  προσποιοΟ 
ύπογλυκαίνων  ^ηματίοις  μαγειρικοΐς, 
τά  5'  δλλα  σοι  πρόσεστι  δημαγωγικά  κτλ. 
Der  Vers  215  hat  Auslöse  erregt,  und  man  hat  versucht,  ihn  tn 
beseitigen    oder    zu    versetzen.     Und    doch  passt  ύπογλυκαίνων 
nicht  zu   den   verwnrstelten   πράγματα,    sondern   grade   zu  dem 
δήμος.     Der  Vers    muss   ebenso    wie   219,    den  man   auch   ver- 
dächtigt   hat   und   der  das   Gesagte   zusammenfasst,    seine  Stelle 
behalten.     Grade    das    burleske  Nebeneinander    von    eigentlichen 
und  uneigentlichen  Ausdrücken  bildet  ein  Uauptcharakteristikum 
dieser  Bomolochusrolle,   die  hier  auch  besonders  im  Agon  wirk- 
sam ist.     In  der  Scene    nach   dem  Agon   sind    dem  Demosthenee 
zunächst  die  Verse  464  und  470  zu  geben  ^.      Auch  hier  hat  das 
Verkennen   der    eigenthümlichen    ratio    des   Bomolochus    zu  Irr- 
thümern    veranlasst,    und    man   hat  allgemein,     soviel  ich   sehe, 
ganz  unbegründeterweise  den  Vers  464  in  die  Rede   des  Wurst- 
händlers   hineingeschoben.     Dem.  giebt    nach  seiner  Weise    eine 
Kritik  der  Worte  des  Kleon,  in  denen  sich  Handwerkerausdrucke 


^  Dass  sie  der  Chor  nicht  sprechen  kann,  erj^iebt  sich  schon  aus 
der  ganzen  Rolle  des  Dem.  Zum  UeberHuss  hat  noch  Sieckmann  die 
Zuweisung  an  D.  als  nöthig  erwiesen  (1.  I.  p.  54  sqq.)  durch  ein  metri- 
sches Gesetz:  1.  chorum  atticum  tantum  tetrametros  in  usu  habuisse 
(seil,  in  dialogo),  2.  scenaro  positam  ante  parabusin  tautum  trimetros 
pati,  3.  nulla  in  fabula  illo  ipso  loco  ohorum  inveniri. 


Zur  Komposition  der  altattiecben  Komödie  15 

^ebänft  fanden.     £r  bedauert,    daee  dabei   der  Wagenmacber  zu 
kurz  gekommen  aei: 

οΤμοι,  σύ  V  ού6έν  il  όμαΕουργοΟ  λέτ€ΐς; 
Niebts  weiter  als  eine  lustige  Bomolochie,  wie  eine  solche  auob 
den  Worten  des  Wurstbändlers  angehängt  wird,  dessen  Tropus 
χ<λλκ€ύ€ται  belobigt  wird.  Mit  Oel  wird  sobliesslicb  der  ab- 
gehende Wursthändler  gesalbt,  damit  er  nicht  etwa  die  λαβάς, 
sondern  nach  einem  uns  wohl  jetzt  nicht  mehr  befremdenden 
Gebrauch  des  Dichters  die  6ιαβολάς  fliehen  könne.  Wenn  dann 
Dem.  denselben  ermahnt,  6άκν€ΐν,  6ιαβάλλ€ΐν,  τους  λόφους 
κατ€(Τθ(€ΐν,  so  ist  durchaus  6ιαβάλλ€ΐν  zu  halten  und  nicht  mit 
schlechten  Codices  καταβάλλ€ΐν  zu  schreiben,  aus  demselben 
Grund,  der  uns  oben  die  Verse  215  und  219  gegen  die  Angriffe 
derer,  die  alles  glatt  und  eben  machen  wollen,  schützen  Hess. 

Die  Oekonomie  der  Vögel  weist  einige  Aenderungen  auf, 
die  die  Struktur  dieses  Dramas  straffer  erscheinen  lassen,  ohne 
das  Wesen  des  Spiels  zu  berühren.  Statt  eines  Sklaven  tritt 
ein  Begleiter  auf,  schon  im  Vorspiel  mit  einer  der  Parteien  des 
Agons  vereinigt.  Seine  Rolle  als  prologus  und  interlocntor  ist 
genau  der  des  Xanthias  und  Demosthenes  entsprechend,  nur  noch 
auegeföhrter  und  reichlicher  bemessen. 

Die  gleiche  Anlage  hatte  der  Hyperbolos  des  Piaton, 
wie  aus  fr.  166.  167  Κ  sehr  gut  ersichtlich. 

Die  Ly  eist  rata  hat  ihren  weiblichen  Hanswurst  in 
Kalonike,  deren  Zwischenbemerkungen  höchst  unparteiisch  über 
Männer  wie  Weiber  niedergehen.  Ich  hebe  hier  535  sqq.  aus 
dem  Agon  heraus.     Auf  die  Worte  den  πρόβουλος 

σοί  τ\  ώ  κατάρατε,  σιωπώ  'γώ 

καΐ  ταΟτα  κάλυμμα  φορούση 

π€ρΙ  τήν  κεφαλήν;  μή  νυν  ίφην 
antwortet  Lysistrata:   Ist  dieses  das  Hinderniss, 

παρ'  Ιμοϋ  τουτί  τό  κάλυμμα  λαβών 

ίχε  καΐ  περίθου  περί  τήν  κεφαλήν 

κ^τα  σιώπα. 
Εβ  folgt  aber  noch  eine  Fortsetzung: 

καΐ  τουτονγΐ  τόν  καλαθίσκον. 

κ^α  Εαίνειν  ΕυΖαισάμενος 

κυάμους  τρώγων* 

πόλεμος  ΙΛ  γ^αιΕΙ  μελήσει. 
Dam  hier  eine    neue  Person  redet,    zeigt    nicht  nur  der  voraus• 
gehende  Abeohlnee   in  Form   und  Inhalt,    sondern  auch  die  Be* 


16  Süsg 

obaohtang,  d&ee  Lysietrata  eine  an  die  Worte  des  Probnlen  eich 
eng  anschliessende  Konsequenz  zieht,  das  Folgende  dagegen  eine 
der  Sache  fernliegende,  komische,  parodieche  Ueberbietnng  der 
Spende  and  der  daran  geknüpften  Folgerung  darstellt.  Die  Za- 
Weisung  an  Kalonike  wird  sicher  gestellt  durch  die  parallele 
Anlage  des  άντίπνιγος  599  sqq.  Hier  wird  dem  Probulent 
ähnlich  wie  372  der  Chorfuhrer  ώ  τύμβ€  angeredet  wird,  ge- 
rathen,  sich  begraben  zu  lassen. 

Συ  bi  6ή  τί  μαθών  ουκ  αποθνήσκεις; 
Χιυρίον  εστίν,  σορόν  ώνήσει, 
μελιτοΟτταν  έγώ  καΐ  bx]  μάζιυ, 
λαβε  ταυτί  και  στβφάνιυσαι. 

Den  zweiten  Vers,  den  auch  die  Scholien  so  lasen,  hat,  loviel 
ich  sehe,  niemand  versucht  zu  halten.  Die  zahlreichen  Ter- 
besserungsYorschläge  haben  grade  die  Pointe  gröblich  semtört 
Denn  ich  sehe  nicht  ein,  was  hier  verderbt  sein  soll  und  warum 
wir  mit  der  neuesten  Clarendonausgabe  hier  ein  resignirtei 
Kreuzlein  setzen  sollen,  wohl  aber  würden  viele  der  vor- 
geschlagenen Lesarten  den  Gedanken  an  gänzliche  Zerrüttung 
des  Textes  nahelegen. 

£8  will  ja  Lysietrata  gar  nicht  zB.  sagen,  dass  es  an  der 
Zeit  sei,  einen  Sarg  zu  kaufen,  sondern  jenes,  dass  alle  Be- 
dingungen zum  Begrähniss  reichlich  vorhanden  sind.  Vor  allem 
ist  ein  Platz  da,  daran  fehlt  es  nirgends,  einen  Sarg  wirst  du 
dir  leicht  kaufen  können,  den  Honigkuchen  backe  ich  dir  noch, 
und  zum  Bekränzen  bekommst  du  das  hier.  Man  spürt  die 
Variirung,  die  offenbar  beabsichtigt  ist.  Dass  diese  Inter- 
pretation richtig  ist,  beweisen  die  folgenden  Worte,  die  ja  auch 
den  Gedanken  voraussetzen,  dass  alles  bereit  ist: 

603    καΐ  ταυτασί  bd£ai  παρ'  έμου 

και  τουτονγι  λαβε  τον  στεφανιών 

του  bei;  τί  ποθείς;  χώρει  *ς  τήν  ναΟν 

ό  Χάρων  σε  καλεϊ, 

σύ  bi  κωλύεις  άνάγεσθαι. 
Hier,  wo  durch  die  Auedruckeweise  des  Verses  603  das  Sprechen 
einer  weiteren  Person  sicher  steht,  hat  man  des  Guten  gar  nicht 
genug  thun  können  und  gleich  im  nächsten  Vers  eine  γυνή  β'  einge- 
führt, der  man  sogar  dadurch  Kredit  zu  verschafFen  suchte,  dass  man 
λαβε  als  Schülion  strich  und  ein  neues  παρ'  έμου  an  das  Ende  der  Zeile 
setzte.    Man  weiss,  wie  albern  oft  Scholiasten,  wie  unverständig  oft 


Zur  Komposition  der  attaitiscben  Komödie  17 

Abschreiber  in  maiorem  gloriam  coniecturae  cüinedam  sind.     Von 
einer  solcben  γυνή  β'  ist  auch  nicht  die  leiseste  Spar  zu  finden. 
Vielmehr   spricht   γυνή  α'  —  und  das    ist  Kalonike  —  603—607. 
hhwieriger   ist    zu    sagen,     was    denn     für    Ausstattungsstücke 
Ealonike  noch  hinzugiebt.     Mit  den  ταύτας,  über  dessen  Deutung 
die  Scholien  schwanken,  mögen  ταινιαι  gemeint  sein,  was  dnrch 
die  ähnliche  Stelle  Eccl.  1032  empfohlen  wird.    Es  liegt  aber  nahe, 
auch    an  Thätlichkeiten    (πληγάς)    und   bei    dem    folgenden  Vers 
etwa  an  einen   erneuten  Wasserguss  zu    denken,    was    auch    die 
Entrostung  und  Drohung    des    πρόβουλος  gut  motiviren   wurde. 
Frösche    und    Plutus    zeigen    das    gewohnte    Bild:    Herr 
«od  Diener   eröffnen   das   Stück,    dem    letzteren   fällt    die    Rolle 
dei    Spassmachers     zu.      Ja     die    Eingangsverse     des     ersteren 
Stfteks   lehren   uns,    dass   der   Sklave,    der  dem    auf  irgend  ein 
AlMBteoer   ausziehenden  Herrn    das  Gepäck   trägt  und    schlechte 
"^Hie   reiset,     eine    typische,     der    attischen    Bühne    durchaus 
gewohnte    Figur     ist.       Wir    müssten     das     auch    ohne    dieses 
MidrSckliche      Zeugnies      aus     der     aristophanischen     Komödie 
teblieeeen,  und  die  Entwicklung  der  Rolle  liegt  deutlich  vor  uns. 
Wie  immer   bisher,    erlischt   sie    nach   der   Parabase,    eine    auf- 
fillige  Erscheinung,    für    die    wir    den    Grund     noch    einsehen 
werden.     Der  Dionysos  vor  der  Parabase  ist  in  seinem  etwas  an 
den  Poltron    geraahnenden    ήθος    deutlich    abgehoben    von    der 
'^omolochos-Rolle   des  X.,    die  in   gewohnten  Bahnen   geht.     Ich 
wbe  nur    den  Vers  308    heraus,    wo    X.    auf  die  Aussage    des 
Herrn,  er  sei  vor  Furcht  erbleicht,  sagt:    öb\  bk  οείσας  ύπερε- 
'νρρίασίν  σου.     Wer    hier    errötete    vor  Furcht,    ist    in    alter 
ind  neuer  Zeit   viel    gefragt  worden.     Die  Scholien  lassen  einen 
Bliek  thnn  in  die  Polemik  des  Demetriue  Ixion  gegen  Aristarch, 
'^ii  oft  auch    anderwärts.     Vulgata  opinio   scheint  zu  sein,    der 
Dionysoepriester,   der  10  Verse  vorher  genannt  ist,   sei  gemeint, 
^on  ihm    weise  Eock,    dass   er  ex   officio  ein   weingerötetes  Ge- 
eicht haben    muss.     Ich    zweifle  nicht,    dass    der    πρωκτός  des 
Wonysos    gemeint    ist,     dem    hier    etwas    Menschliches,     allzu 
^ensohliches  passirt,   wie  gewöhnlich  den  aristophanischen  Helden 
im  Ängenblick    der   Gefahr.     Πυρρός    wird    das    gedachte  Kind 
der  Furcht  auch  Eccl.   1061,  Equ.  900,   Eccl.  329  genannt,    und 
eelbet  Hippocrates  mahnt    von    ihm  (progn.  p.  40,  9)  ύπόττυρρον 
ÖTTU)  και  μή    λίην  ουσώοες.     So    befindet    sich    der    den  Herrn 
desavooirende  πρωκτός  in  einem  komischen  Gegensatz  der  Farbe 
XU  dem  Gesicht  desselben. 

BheiB,  Mas.  f.  PhUoI.  N.  F.  LXUI.  2 


18  Süss 

Dasselbe  Bild  im  Platns.  Man  siebt  an  Beispielen  wie 
160  —  180,  189  sqq.  sebr  bübsoh,  wie  Kario  die  ernsten  Be- 
merkungen des  Herrn  durcb  seine  Bomolocbie  würzt.  £8  ist 
nicht  des  Dichters  Schuld,  der  das  ήθος  beider  Rollen  auf  das 
genaueste  von  einander  abgehoben  hat,  wenn  wir  hier  in  den 
Ausgaben  beiden  sowohl  Schimpf  als  £rnst  zugemessen  sehen. 
Dem  lästigen  interlocntor  wünschen  die  Choreuten  279 
6ιαρρατ€ίης,  ώς  μόθων  €Τ  καΐ  φυσ€ΐ  κόβαλος. 
Dennoch  weisen  diese  beiden  Komödien  wesentliche  Aenderungen 
auf,  die  uns  zeigen,  wie  die  alte,  typische  Oekonomie  des  Spielee 
allmählich  zersetzt  wird.  Wir  erwarten,  dass  die  Hauptperson 
in  einen  Streit  verwickelt  wird,  in  dem  dem  Sklaven  oder  Be- 
gleiter Gelegenheit  geboten  ist,  seine  BomolochusroUe  fort- 
zusetzen. £r  fehlt  in  keinem  der  beiden  Stücke,  aber  in  den 
Fröschen  kommt  er  erst  nach  der  Parabase,  wo  dem  Xantbias 
sein  Stündchen  geschlafen  hat  und,  wie  sich  noch  zeigen  wird, 
eine  veränderte  Oekonomie  des  Spieles  eintritt,  im  Plutus  sehen 
wir  zu  unserem  P^retaunen  grade  im  Agon  den  Kario  nicht,  an 
seiner  Stelle  einen  tertius,  den  Blepsideroos,  dessen  Rolle  jedoch 
nur  ganz  schwach  angedeutet  iet. 

Bei  den  bisherigen  Analysen  haben  wir  mit  Absicht  nur 
einige  bestimmte  Komödien  herausgegriffen  und  auch  von  diesen 
nur  die  ersten  Teile  bis  zur  Parabase  berücksichtigt.  Dieses 
Verfahren  wird  sich  durch  eine  recensio  der  noch  übrigen  jetzt 
rechtfertigen. 

Mit  Absicht  haben  wir  auch  den  Frieden  unberücksichtigt 
gelassen,  da  er  eine  von  den  bisher  betrachteten  Stücken  grund- 
verschiedene Anlage  aufweist.  Darüber  kann  freilich  kein  Zweifel 
sein,  dass  das  Vorspiel  mit  seinen  2  Sklaven,  deren  einer 
prologus  ist,  mit  seinen  klownhaften  Spässen  usw.  aufs  Haar  den 
Anfangsscenen  der  Ritter  und  Wespen  gleicht.  Doch  damit  ist 
die  Aehnlichkeit  erschöpft.  Der  prologus  bleibt  nicht  auf  der 
Bühne,  er  begleitet  seinen  Herrn  nicht  bei  seiner  Himmelfahrt, 
ja  das  ganze  Vornpie!  steht  mit  der  Oekonomie  des  folgenden 
Stücke  in  absolut  keinem  Zusammenhang.  Müssig  ist  die  Frage, 
ob  der  Diener,  der  nach  der  Parabase  auftaucht,  der  οίκίτης 
α  oder  β'  ist.  Der  Dichter  braucht  einen  Diener  des  Trygaios 
nnd  findet  ihn,  gleich  viel,  ob  er  einer  jener  beiden  oder 
vielleicht  ein  dritter  ist.  Man  würde  jedoch  weit  fehlen, 
wenn  man  glauben  würde,  Bomolocbie  gehe  deshalb  diesem 
Stücke    ab.       Handelte    es    sich     bei     den      bisher    behandelten 


Zur  Komposition  der  altattiscllien  Komödie  19 

Drmmeo  darum,  daes  eine  Nebenperson  eine  ernst  za  nehmende 
Aktion  oder  Debatte  glossirte,  so  finden  wir  bier,  nnd  damit 
treten  wir  in  eine  nene,  völlig  und  grundsätzlich  von  der  bisher 
betrachteten  Praxis  verschiedene  Oekonomie  des  Stückes  ein,  die 
Hauptperson  selbst  als  den  Bomolocbus,  an  den  die  Aussen- 
welt,  die  ernst  genommen  sein  will,  herantritt,  um  ihrer  Maske 
entkleidet  zu  werden.  Schon  in  der  ersten  Scene  mit  dem 
Sklaven  erkennt  man  deutlich,  daes  nicht  dieser,  sondern  grade 
Trygaios  der  Bomolochue  ist,  an  den  Fragen  gestellt  werden  zu 
keinem  anderen  Zweck,  als  daes  er  Gelegenheit  zu  grotesken 
Antworten  habe.  Ebenso  steht  es  mit  der  Unterredung  mit  den 
Töchtern.  Man  vergl.  v.  96  sqq.  107  sq.  119  sqq.  137  sqq. 
142  sq.  [dieser  Vers  ist  zu  denen  zu  zählen,  die  das  Tragen  des 
Phallos  durch  den  Schauspieler  beweisen]  145.  Parodie  der 
Tragödie,  Obscönitäten  und  witzige  άπροσοόκητα  mischen  sich 
hier  in  seltsamer  Weise.  Der  folgende  komische  Monolog  ist 
mit  den  gleichen  Ingredienzen  gewürzt.  Beachtenswert  darin  ist 
die  Wendung  zu  den  Zuschauern  am  Anfang  und  die  Apostro- 
phirung  des  gefährlichen  χέΙ\ϊ)ν  έν  TTetpaiei  παρά  ταΐς  πόρναις. 
Derartiges  fiel  ja  grade  bei  den  bisher  behandelten  Stücken  der 
Nebenperson  zu  und  musste  ihr  bei  ihrem  Verbältniss  zum 
Spiel  zufallen.  Eine  komische  Zerstörung  der  Illusion  sohliesst 
die  Scene  (v.  173  sqq.): 

οΐμ'  ώς  b^boiKa  κούκέτι  σκώτττων  λέγω, 
ώ  μηχανοποιώ,  πρόσεχε  τόν  νουν  ώς  έμέ, 
ή6η  στρίφει  τι  πνεΟμα  περί  τόν  όμφαλόν, 
κεΙ  μή  φυλάΕει,  χορτάσω  τόν  κάνθαρον. 
Dem  Hermes  tritt  er  zunächst  als  Dümmling  entgegen,  und  der 
Witz,  μιαρώτατος  als  seinen  Namen  zu  nennen,   weil  ihn  H.  so 
angeredet,    wäre    eines    Eulenspiegel    würdig  186  sq.      Das  Ge- 
bahren  des  Πόλεμος  begleitet  er  mit  Bemerkungen  a  parte,  die 
die  Worte    dieses    άλαΖών    unterstreichen    oder   ins   Lächerliche 
kehren.     Vgl.  238  sqq.^  244.  248.  251.  253.  257.  258  (der  mit 


1  Diese  Verse  haben  zu  den  absurdesten  Erklärungen  Anläse  ge- 
geben.   Der  Πόλεμος  wird  genannt  241  ό  δεινός,  ό  ταλαύρινος,  ό  κατά 

τοΐν  σκελοΐν Man  hat  erklärt   qui  ad    affligenda  crura  tendit, 

oder  ein  έστώς,  βεβηκώς  ergän/.t  oder  κατάζ  gelesen  und  an  den 
lahmen  Tyrtaios  gedacht  (1).  Der  Wahrheit  näher  kam  van  Leeuwen, 
der  τιλ&ν  ποιών  ergänzte.  Es  ist  aber  vielmehr  τιλών  dazu  zu  denken, 
und  der  Witz  beruht  auf  der  oben  geschilderten  Wirkung  der  Furcht, 


20  Süss 

G.  Hermann  und  fast  allen  Editoren  dem  Trygaios  zu  geben  iet) 
271  sqq.  285  sqq.  Zweimal  findet  wiederum  die  gewohnte  Haran- 
guirnng  der  Zuschauer  statt,  die  ώ  ττονήρ'  ανθρωπιά  angeredet 
werden  263  sqq.  276  sqq.  Zu  deren  Belustigung  dient  auch 
289  sqq.  Die  Parodos  behandelt  kein  anderes  Thema  als  die 
Frage,  ob  der  Chor  tanzen  darf.  Die  Schlussrede  des  Trygaioi 
zeigt  die  üblichen  άπροσοόκητα  eingestreut.  Mit  dem  Erscheinen 
des  Hermes  beginnt  wieder  eines  jener  Duette  zwischen  Sprecher 
und  Bomolochus,  wie  sie  uns  diese  Komödie  zum  ersten  Male 
zeigt.  Dem  άπόλαιλας  des  Gottes  hält  er  lächerliche  Einwen- 
dungen entgegen  364  sq.  363.  369.  374.  Ihm  gehört  auch  grade 
402  ohne  Zweifel,  wie  auch  die  Soholien  als  selbstverständlich 
annahmen:  παρ'  ύπόνοιαν.  έπαιΕεν  bi  ώς  του  ΈρμοΟ  χαίροντος 
ταΐς  κλοπαΐς.  Dem  Hermes  will  er  schliesslich  die  tolle  Ge- 
schichte von  den  Intriguen  des  Helios  und  der  Selene  aufbinden 
406  sqq.  Ueber  die  Vertheilung  der  Verse  483  sqq.  sind  die 
Kritiker  getheilter  Ansicht.  Die  Scholien  bemerken  sehr  gut : 
buo  πρόσωπα  ταΟτά  φησιν,  ών  ό  μέν  εοχεται,  δ  bi  £τ€ρος 
ακόλουθα  τή  ευχή  καταρώμενος  λίγει.  Durch  die  Untersuchung 
von  Sieckmann  steht  fest  aus  metrischen  Erwägungen,  daes  der 
Chor,  der  ja  auch  reichlich  durch  seine  Thätigkeit  in  Anspruch 
genommen  ist,  nicht  an  den  Versen  Theil  hat.  Denn  sein  κορυ- 
φαίος spricht  nicht  in  jambischen  Trimetern.  Die  Meisten  (Dohree, 
Zielinski,  Mazon  u.  a.)  legen  nun  die  Worte  des  Scholiasten  sehr 
gekünstelt  so  aus,  als  apreche  Hermes  zu  jedem  Fluch  des  Try- 
gaios die  ersten  Worte  gleichsam  als  Thema.  Dadurch  ist  die 
Ausdrucksweise  hier  unnatürlich  zerrissen  worden,  besondere  im 
Vers  445.  In  der  Vertheilung  von  van  Leeuwen,  die  auch  die 
Clarendonausgabe  hat,  vermag  ich  irgend  welche  ratio  überhaupt 
nicht  zu  erblicken.  Beer  Hess  gar  den  Trygaios  alles  von  431 
bis  zu  dem  luchhe  in  Vers  453  sprechen^.  Man  hätte  die  tref- 
fende Bemerkung  des  Scholiasten  nicht  ignoriren  dürfen,  nur  geht 
sie  dahin,  dass  Hermes  das  vollkommen  ernst  gehaltene  Gebet 
spricht  und  um  Wohlfahrt,  Segen  und  Frieden  bittet,  wie  ja  auch 
die  Chorenten  es  gewünscht  hatten  (v.  428  sqq.).  Trygaios  da- 
gegen verwünscht  als  lustige  Folie  dazu  alle  die,  die  das  Gegen- 


die  auch  diesem  schreckhaften  Helden  hier  παρ'  ύπόνοιαν  zuletzt  an- 
gehängt wird.    So  sclieinen  es  auch  die  Scholien  verstanden  zu  haben. 
^  cf.  Sieckmann  1.  1.  p.  55  sq.     Beer,  Zahl  der  Schauspieler  b.  A. 
p.  157. 


Zar  Komposition  der  altattisohen  Komödie  21 

Aeil    betreiben.     Er    fällt   auch  439/40  mit  dem  bei  der  Bomo- 

\oebie  fant  stehenden  Eingang  μα  Δ(α  oder  νή  Δ(α  ein.    Bei  der 

durcbeichtigren  Struktur  der  Stelle  kann  kein   Zweifel  sein,   daes 

dem  Hermee  433  — 438  zu  geben  ist  und  dem  Trygaioe  die  paro• 

ditcbe  Fortsetzung,  die  ja  durchweg  komii^ch  gehalten  ist. 

Wohl  zu  beachten  ist,  dass  Trygaioe  eich  mit  der  Sache 
eelbet  gar  nicht  zu  schaffen  macht.  Er  legt  erst  Hand  an,  von 
dem  Chor  ausdrücklich  aufgefordert  469.  Aber  es  ist  auch  da- 
Baeh.  Fortwährend  stösst  er  auf  komische  Widerstände,  die  auch 
dnrch  ein  entsprechendes  Spiel  mögen  zum  Ausdruck  gekommen 
lein.  Ansprechend  ist  die  παρεπιτρ(Χφή,  <lie  Mazon  zu  den 
Versen  470  sqq.  des  Trygaioe  giebt:  Trygie  veut  faire  du  zÄle, 
il  etint  une  corde,  tire  avec  une  ardeur  aifectie,  et,  en  s'arc- 
bontant,   heurte  du  pied  un  choreute.     II    chancelle    et    tombe^. 


^  Essai  8ur  la  composition  d.  c.  d.  A.  p.  85.  van  Leeowen  wird 
durch  die  molestiesima  quaestio  beunrahigt,  quomodo  Trygaeue  et 
MercuriuB,  qui  ante  lovis  aedee  vereari  iam  finguntur,  una  cum  choreotis 
finie  protrahere  possint  Pacera  ex  antro  terrestri,  und  kommt  zu  einer 
|»M  grondlosen,  dem  Text  (469)  gradezu  zuwiderlaufenden  Vers- 
•btlieilaDg.  Die  Stelle  479  sq.  bereitet  der  Interpretation  Schwierigkeiten. 
Trji^iof  sagt: 

dp'  οΐσθ'  οσοι  γ'  αυτών  ίχονται  τοΟ  Εύλου, 
μόνοι  προθυμοΟντ'.  άλλ'  ό  χαλκ€ύς  ούκ  έψ. 
^κmλnd  wird  wohl  mehr  in  dem  χαλκ€ύς  mit  Zielinski  Kleon 
•eheo,  der  648  sqq.  als  tot  vorausgesetzt  wird.  Diese  Annahme 
>^Qtzt  sich  nur  auf  ein  völliges  Verkennen  der  Stelle  Eq.  461  sqq., 
von  der  wir  oben  gesprochen  haben  als  einer  unbefangenen  Bomo• 
H'chie  des  Demosthenes,  der  die  schönen  Schmiedeaosdruoke  des 
^onthändlers  belobigt.  Auch  bei  dieser  unmöglichen  Interpretation 
Wiebe  das  Verhältniss  des  Kleon  und  der  Gefangenen  von  Sphakteria, 
die  man  verstanden  hat,  merkwürdig  dunkel.  Man  hat  verkannt:  1.  dass 
«n  icherzhafter  Gegensatz  von  Εύλον  und  χαλκός  vorliegt;  2.  dass  der 
Aotdmck  £χ€σθαι  τινός  nicht  zu  den  Gefangenen  passt,  wohl  aber, 
*i«  «och  προθυμ€ΐσθαι,  hier  zu  der  Thätigkeit  der  Choreuten  gehört 
'vrI.  V.  .'iOI.  von  den  mitwirkend  gedachten  Thebanern  έντ€θθ€ν  έχομένοις 
^^wOv  fXK€T€  und  ßlO  für  προθυμεϊσθαι,  wie  auch  301,  437,  417, 
*»oen  Vers,  den  van  Leeuwen  nicht  zuletzt  wegen  der  oben  angezoj^enen 
^»oleitiiiima  quaestio  sogar  für  unecht  erklärt  hat);  3.  dass  zwischen 
Umachos,  dem  Poltron,  der  aus  erzbewehrtem  Haus  tritt  (1072  Ach.), 
Qod  dem  χαλκ€ύς  eine  geistige  Verwandtschaft  besteht,  zu  der  auch 
dii  von^Aristophanes  oft  wegen  ihrer  Abneigung  gegen  ^  den  Frieden 
mitgenommenen  Waffenschmiede  gehören.  Das  ζύλον,  an  das  Hand 
"gelegt  wird,  kann  Jnur  [hier  in  der  Situation  liegen.  Ich  zweifle 
oicht,  dass  die  μοχλοί  gemeint  sind,  cf.  299  und  307 


22  SÜ88 

Auf  die  Frage,  warum  denn  die  8ache  nicht  vorwärt•  gehe, 
weise  er  die  Widerstände  zn  nennen^  Lamachos  and  die  Argeier 
(473—477).  Aher  die  Spartaner  helfen  doch  wacker  mit?  Da 
ist  wieder  ein  χαλκ€ύς  im  Weg  und  die  Unf&higkeit  der  Megarer, 
so  dass  schliesslich  der  Chor,  denn  nur  er  kann  484  sprechen, 
zu  erneuter  Kraftaufwendung  auffordert.  Bei  der  Begrüssung 
der  ΕΙρήνη  durch  Trygaios  finden  wir  wiederum  tolle  onpcxTbd- 
κητα  zusammengestellt  528  sqq.  Von  Hermes  aufgefordert, 
haranguirt  er  mit  hissigen  Bemerkungen  einige  der  Zuschauer• 
Es  ist  dies  die  der  Figur  des  Bomolochus  eigenthttmliche  παρά- 
βασις  €ΐς  τους  θεατάς.  Von  Vers  660  ab  f&llt  es  wiederum 
dem  Hermes  zu,  im  Ernst  die  Segnungen  des  lange  entbehrten 
Friedens  zu  preisen  und  das  bisherige  Regiment  zu  geisseln. 
Trygaios,  ganz  im  Geiste  seiner  Rolle,  steuert  kleine  Geschieht- 
chen  aus  seiner  Erfahrung  bei,  führt  den  Kleon  gründlich  ab  und 
streut  Witze  auf  Hyperbolos,  Sophokles  und  Kratinos  in  das 
Drama  ein,  mit  dem  sie  rein  gar  nichts  zu  thun  haben.  Zum 
ersten  Mal  können  wir  in  dieser  Komödie  die  geheimnissvolle 
Grenzscheide  der  Parabase  überschreiten,  obne  etwas  Neues  vor- 
zufinden. Denn  Trygaios  spielt  seine  alte  Rolle  ruhig  weiter  als 
Hauptperson  und  doch  lustiger  Beobachter  alles  dessen,  was 
geschieht  und  gesagt  wird.  Eine  nicht  grade  schmeichelhafte 
Wendung  an  die  Zuschauer  (819  sqq.)  eröffnet  das  Spiel  von 
neuem.  Das  erste  Gespräch  mit  dem  Diener  hat  keinen  anderen 
Zweck,  als  dem  Trygaios  Gelegenheit  zu  geben,  recht  viele 
Himmlische  und  Sterbliche  mit  seinen  Witzen  zu  trefi^en.  Sie  zu 
entfesseln,  ist  der  Sklave  eingeführt.  Irgend  welche  sonstige 
Bedeutung  hat  dieses  πρόσωπον  nicht.  Diese  Partie  ist  geladen 
mit  Obscönitäten  gröbster  Art,  in  die  auch  die  Himmlischen 
hineingezogen  werden,  denen  das  πορνοβθ(Τκ€Ϊν  nachgesagt  wird 
—  bei  van  Leenwen  soll  der  arme  Τρίβαλλος  der  Sündenbook 
sein  — ,  und  die  in  diesem  Zusammenhang  typischen  Tropen  aus 
der  Gymnastik  werden  in  frühlicher  Ausführlichkeit  abgehandelt. 
Es  folgen  jene,  seit  Poppelreuter  oft  charakterisirten  losen  Scenen. 
Es  genüge,  über  sie  hier  zn  konstatiren,  dass  die  Bomolochie  den 
einzelnen,  auftretenden  Personen  gegenüber  genau  mit  der  gleichen, 

πρΙν  μοχλοίς  καΐ  μηχαναίσιν  €(ς  τό  φώς  άν€λκύσαι. 
Τέκτον€ς  und  δημιουργοί  hatte  man  ja  2β1)  sq.  herbeigerufen.    Sic  stellt 
Trygaios  in  einen  komischen  Gegensatz  zu  dem  χαλκ€ύς,  der  den  Stören- 
fried abgiebt. 


Zur  Komposition  der  altattischen  Komödie  23 

eigeotbömlicheo  ratio  arbeitet,  wie  im  ersten  Theil.  Erwähnt  sei 
die  dieees  Mal  sehr  ausgedehnte  παράβασις  €ΐς  τους  θεατός  in 
dtB  Versen  877  sqq. 

Genan  dieselbe  Oekonomie  des  Stücke  weisen  nun  die 
Aebarner  anf.  Die  Anlage  der  losen  Scenen  nach  der  Para- 
bue  ist  seit  Poppelreuter  bekannt,  aber  in  dem  Theil  vor  der 
Ptrabase  ist  Dikaiopolis  ganz  in  gleicher  Weise  Hauptperson  wie 
der  Trvgaios  des  Friedens,  der  mit  jener  eigenthümlichen,  ans 
Ironie  und  Naivität  wunderlich  gemischten  ßomolochie  alles,  was 
an  ibn  herantritt,  zu  Falle  bringt,  so  die  άλα2Ιον€ία  der  fremden 
Gesandten,  des  Rnripides,  des  Lamachos.  Sehr  beachtenswerth 
itt,  dass  er  an  den  beiden  Stellen,  an  denen  er  ernst  spricht, 
366  eqq.  496  sqq.,  völlig  aus  seiner  Holle  heraustritt.  Hier 
redet  der  Dichter  deutlich  pro  domo.  Wer  das  noch  nicht  an 
dem  ganzen  Charakter  der  Stellen  merkt,  muss  es  aus  den  auf 
die  Tbätigkeit  des  Komödienf^clireibers  gehenden  Ausdrücken, 
die  ja  gar  nichts  mit  Dikaiopolis  zu  thun  haben,  nothwendig 
•eblieaeen.  Ich  verweise  nur  auf  377  sqq.  bia  την  πίρικΤι 
«ϋμψοίαν  δπαθον,  496  άνδρες  ώ  θεώμενοι,  499  τρυγψοίαν 
«οίων  und  vieles  andere  mehr,  was  nur  dem  Dichter  zukommt. 
£«  iet  die  uns  gewohnte  παράβασις  εΙς  τους  θεατάς,  und  dass 
tt  icrade  das  Kasperle  ist,  durch  dessen  Mund  der  Dichter  redet, 
kian  nach  allem,  was  über  seine  Stellung  in  dem  Stück  sich  er- 
geben bat,  nicht  mehr  Wunder  nehmen.  Hier  muss  nun  noch 
wwihnt  werden,  dass  hier  eine  Form  des  Prologe  begegnet, 
^  organisch  mit  dem  Stück  zusammenhängt.  Die  Hauptperson 
^tt  einfach  anf,  sagt:  der  und  der  bin  ich,  so  ist  die  Lage, 
lod  nun  können  die  einzelnen  Scenen  sich  aneinanderreihen. 
Knen  prologus  im  engeren  Sinn  kann  diese  Person  natürlich 
■iebt  sprechen.  Sie  ist  ja  nur  eine  Form,  die  das  gebotene,  viel- 
fMtaltige  Material  durchdringen  soll.  Nach  der  Parabase  skizzirt 
Kaeperle  wiederum  mit  einigen  Worten  die  Lage,  und  wiederum 
■önnen  sich  die  losen  Scenen  aneinanderreihen  (719  sqq.). 

Dieselbe  Art  des  Vorspiels  zeigen  die  Wolken,  und  sie 
fcbören  auch  thatsächlich  zu  der  Gruppe  des  Friedens  und  der 
Aebarner.  Die  Hauptperson  Strepsiades  durchdringt  mit  ihrer  Bomo- 
iochie  das  Drama.  Sie  wird  dem  gelehrten  Narren  gegenüber- 
fcftellt,  eine  wunderliche  Mischung  des  stupidus  mit  seiner  ehr- 
forcbts vollen,  von  des  Gedankens  Blässe  noch  nicht  angekränkelten 
Seben  und  des  pfiftig  überlegenen  εΐρων.  Ebensowenig  bildet 
bier,  wie  in  den  Ach.  und  im  Frieden,  die  Parabase  eine  Scheide- 


24  Süss 

wand.  Ein  Theil  jener  loeen  Soenen  setzt  ja  einfach  das  Gegen- 
spiel dottore  -  Polcinella  fort  Zu  Unrecht  hat  man  die  lose 
Struktur  dieser  Scenen,  in  denen  man  ein  πέος-Motiv  and  ein 
Wanzenmotiv  vorfand,  der  Ueberarbeitung  aufs  Konto  geschrieben. 
Man  wird  grade  im  Gegentheil  darin,  dass  hier  auf  weite  Strecken 
des  Dramas  das  Duett  zwischen  den  beiden  gleichen  Personen 
gespielt  wird,  weitere  Personen  aber  spärlicher  als  sonst  ab- 
gefertigt werden,  eine  Fortentwicklung  zu  einer  Art  von  Hand- 
lang gewahren»  die  über  das  lose  Easperlespiel  hinausweist.  Und 
diese  Entwicklung  hat  denn  auch  in  der  That  die  Oekonomie 
des  Easperlespieles,  wie  sie  in  Acharnern,  Frieden  und  in  den 
Wolken  vorliegt,  verändert.  Eine  fortlaufende  Handlung  vertilgt 
nicht  mehr  eine  Hauptperson  als  bomolochus,  die  als  Nerv  die 
einzelnen  Soenen   zusammenhält. 

Gleichwohl  hat  der  Dichter  auch  hier  nicht  auf  diese  Rolle 
verzichtet.  In  den  Thesmophoriazusen  stellt  er  den  so- 
genannten Mnesilochus  dem  Euripides,  der  wie  der  Sokrates  der 
Wolken  mit  der  Aetherphilosophie  des  Apolloniaten  ausstaffirt 
ist,  und  dem  Agathon  und  dessen  stilgemässen  Diener  gegenüber 
und  läset  ihn  auch  bei  der  Thesmophorienfeier  die  gewohnte 
komische  Folie  sein. 

Ebenso  verfügt  der  Blepyros  der  Ecclesiazusen  über 
das  Rtist/.eug  dieser  Rolle,  wie  es  aus  Haranguiren  der  Zuschauer, 
παρ  ύπόνοιαν  Sprechen,  eingestreuten  Histörchen,  Eulenspiege- 
leien, a  parte  Reden,  komischem  Verdrehen  der  Worte  usw.  be- 
steht. Von  den  Sklaven  oder  Begleitern,  die  das  Spiel  im  Geist 
ihrer  Rolle  eröffnen  und  dann  als  appendices  mitgeführt  werden 
im  Agon,  führt  kein  Weg  zu  diesen  beiden  Personen.  Man  ver- 
steht, dass  sie  die  durch  die  Kunstentwicklnng  bei  Seite  ge- 
schobenen  Hauptpersonen   sind. 

Jene  Nebenpersonen  sahen  wir  am  Ende  des  ersten  Theiles 
ihre  Rolle  einbüssen,  es  erübrigt  daher,  die  Oekonomie  der 
zweiten  Theile  jener  Dramen  zu  betrachten.  In  allen  Fällen  ver- 
ändert sich  mit  einem  Male  jählings  die  Anlüge  des  Spiels.  Die 
Ritter  wiederholen  ihren  Agon  noch  einmal,  doch  nicht  mehr 
Demosthenes,  sundern  Demos  spielt  den  lachenden  Dritten.  Die 
Frösche  führen  ihren  Agon  erst  im  zweiten  Theil  ein,  doch 
Dionysos  ist  der  interlocutor  comicus,  und  aus  dem  Poltron  des 
ersten  Theils  ist  etwas  ganz  anderes  geworden.  Radikal  ist  auch 
die  Aenderung  in  den  Vögeln  und  Wespen.  Der  mürrische 
Philokleon,  der  wacker  seine  Sache  verfochten   hat,  wird  ebenso 


Zar  Komposition  der  altattisohen  Komödie  25 

wie  Peithetairoe  zn  einer  Pereon,  die  anf  der  Stufe  des  Dikaio- 
poh's  ond  Trygaios  steht.  Die  losen  Scenen  dieser  beiden  Ko- 
Bddien  bat  man  seit  Poppe! reuter  mit  Recbt  mit  denen  der 
icbarnei',  der  Wolken  and  des  Friedens  verglichen.  Beacbtens- 
werth  ist  der  fadenscheinige  and  unbegrtindetd  Auftrag,  mit  dem 
Evelpides  Av.  838  fortgeschickt  wird.  Er  ist  überflüssig,  da  nan 
bei  völlig  veränderter  Oekonomie  des  Dramas  der  ernste  Kämpe 
deeAgons  die  Rolle  des  Spassmachers  übernimmt.  In  der  letzten 
erbtltenen  Komödie  des  Dichters,  dem  Pia  tos,  finden  wir 
wiederum  dasselbe  Umlenken  in  die  andere  Kompositionsweise, 
dieees  Mal  aber  ist  Herr  and  Sklave  an  der  Verspottung  der 
ivftretenden  Personen  betheiligt. 

So  haben  sich  uns  zwei  Grandtypen  klar  und  deutlich  ab- 
geioDdert:  Das  eine  Spiel  zeigt  ans  eine  Hauptperson,  die  als 
BoDoIochas  eine  Seihe  von  sehr  lose  zusammenhängenden  Scenen 
nnrnmenhält,  das  zweite  läset  eine  Debatte  vor  unseren  Augen 
atitehen,  bei  dem  eine  dritte  Person,  der  Sklave  oder  Begleiter 
der  einen  Partei  als  lustiger  Zwischenredner  assistirt.  Dieselbe 
PenoD  fanden  wir  in  einem  Vorspiel  mit  einem  πρόσαητον  προ- 
ταπκόν  vereinigt  zu  klownbaftem  Spiel  und  zum  Sprechen  des 
Prologos.  Dieser  Querschnitt  durch  die  Dramen  des  A.  steht  in 
tilerengstem  Zusammenhang  mit  der  Frage  der  Komposition  der 
>lt«ttiechen  Komödie,  da  ja  die  Erkenntniss  der  Anordnung  der 
Bomolochie  uns  die  Nerven  des  komischen  Spieles  frei  legen  muss. 

II. 
Wir  kehren  nun  zu  den  im  Eingang  erwähnten  Ergebnissen 
▼OD  Poppelreuter  und  Zielinski  zurück.  Scharf  heben  sich  die 
^iden  Elemente  der  altattischen  Komödie  voneinander  ab:  Der 
^gon  hat  'epirrhematische  Gliederung  und  lässt  den  Chor  als 
Qithandelnd  erscheinen,  daher  die  kanonische  Abfolge  von  ψοή, 
'«ίτακ€λ6υσμός,  επίρρημα,  [ττνϊγος],  άντψοή,  άντικατακελευσμός, 
^€πιρρημα,  [άντίτινιγος].  Das  liegt  im  Wesen  seiner  auf 
^veitheiinng  und  Parallelismus  begründeten  Anlage.  Sein  Metrum 
i<t  der  Langvers.  Umgekehrt  folgen  die  losen  Scenen  des 
^«perlespiels  'episodisch'  aufeinander,  unterbrochen  von  den 
StMima  des  nicht  betheiligten  Chors.  Ihr  Metrum  ist  der  Tri- 
»eter.  Die  von  Sieckmann  (p.  13  sqq.)  entdeckte  Praxis,  wonach 
Personen  Wechsel  nie  im  Langvers,  sondern  nur  im  Trimeter 
«irkiert  wird,  findet  hierin  ihre  einfache  Erklärung:  der  Lang- 
vers ist  Metrum  des  Agons,    der  feststehendes  Personarium  von 


20  SÜ88 

drei  Personen  hat,  von  denen  keine  aueecheiden,  lu  denen  keine 
Linzukommen  kann.  Daher  liegt  ein  Personen wechse]  dem  Wesei^ 
dieses  Spieles  ebenso  fern,  wie  er  mit  der  Anlage  des  in  Trimeterrx 
vor  sich  gehenden  burlesken  Spiels  auf  das  innigste  zasamroen— 
hängt. 

Der  Unterschied  war  zu  dentlich,  als  dass  er  hätte  ignorirfc 
werden  können.     So    bildete    sich  eine  yulgata  opinio,    die    sick^ 
auf  einige  Stücke,  wie  etwa  die  Wespen  und  Vögel  stützte,  wo- 
nach die  kanonische  Form   der  altattischen  Komödie  einen  Agon 
vor  und  burleske  Scenen  hinter  der  Parabase  erheischt.    In  Wirk- 
lichkeit waren  freilich  nur  zwei  Urformen  des  komischen  Spielee 
nachgewiesen,  und  dabei  hätte  man  sich  beruhigen  können.    Denn 
jener  postulirten   kanonischen  Form    steht   gar   vieles   im  Wege. 
Zunächst  weisen   ja  zwei  Komödien,    die  Ritter  nnd  die  Fröeohe 
einen  Agon  grade   hinter  der  Parabase   auf.     Viel   schwerer    hat 
jedoch  die  Frage  die  Forscher  bedrückt,    warum    denn   so  viele 
Komödien,    wie    Acharner,    Frieden  u.  a.,  in    ihrem    ersten  Theil 
keinen  Agon   hatten.     Zielinski   hat   mit  seinen  Versuchen,    hier 
überall  Ueberarbeitung  nachzuweisen,  wenig  Beifall  gefunden.    Ja 
gesetzt  selbst,    eine  solche  Neuauflage  lasse  sich  in  allen  diesen 
Fällen  erweisen,  so  bliebe  es  doch  höchst    auffällig,    dass   grade 
immer   der  Agon  das  Opfer    der   retractatio    geworden    ist,    Qnd 
auch  für  das  entstandene   neue  Stück  besteht  die   Frage,    warum 
es    denn    jenes    kanonischen   Theiles    entbehrt.      Auch    die  Vor- 
stellung von  dem   Frieden  als  einem  Weihefestspiel,  seltsam  und 
unerhört  in  der  Geschichte  der  Komödie,  wird  wohl  nur  wenige 
Anhänger    zählen.     Sehr    matt  aber  ist  das,  was  Mazon  zur  Er- 
klärung dieser  von  jener  Voraussetzung  aus  allerdings  seltsamen 
Erscheinung  beibringt.    In  den  Acharnern,  meint  er  (1. 1.  p.  23  sqq. 
33),    haben  wir  keinen  Agon,     weil    die    durch    zahlreiche  Mies- 
erfolge aufs  änsserste  erbitterten   Athener  eine  geregelte  Debatte 
über   das  Thema  Krieg  oder  Frieden   gar  nicht   ertragen  hätten. 
So   biete   der  Dichter  lieber  'des    tableaux  bouffons'  als  'precan- 
tions  oratoires\    um    die    spröde,    dem    nervösen    Publikum    un- 
bequeme Wahrheit  durch  Lachen  einzuschmuggeln. 

Grade  umgekehrt  läuft  der  Beweis  desselben  Gelehrten  bei 
dem  Frieden  (1.  1.  p.  87).  Das  Publikum  des  Jahres  421  ist  nach 
ihm  von  einem  solchen  Heisshunger  nach  Frieden  erfüllt,  dass 
eine  Debatte  über  Krieg  oder  Frieden  ear  keinen  Sinn  mehr  hat. 
Die  Fadenscheinigkeit  dieser  Argumente*  ist  leicht  zu  erkennen. 
Gesetzt    selbst,    alle   Prämissen  Mazons   über   die  Stimmung   des 


Zur  Komposition  der  alt  attischen  Komödie  27 

Tketterpablikiime  der  Jahre  425  und  421  seien  riohtig  —  es 
VieMo  eich  aber  sehr  vielee  anführen,  wae  mindestens  ebenso 
itidihaltig  für  die  entgegengesetzte  psychische  Verfasenng  etwa 
d«  Atheoera  vom  Jahre  425  spräche  — ,  so  bleibt  die  Frage: 
Warom  mosflte  denn  das  Thema  des  Agons  in  beiden  FKllen  die 
Htoptfrage :  Krieg  oder  Frieden  sein  ?  Mehr  als  alles  dieses  aber 
ift  ein  anderes  zu  beachten :  Niemand,  der  die  überwältigende 
Vieht  der  alten,  hergebrachten  Form  in  dem  ganzen  Bereich 
tttiker  Konstthätigkeit  erkannt  hat,  wird  sich  zu  der  Annahme 
Tentehen  können,  es  habe  einmal  ich  weiss  nicht  was  für  ein 
poetiiche«  Taktgefühl  oder  eine  gewisse  diplomatische  Rückdicht• 
Mbne  aof  die  Stimmungen  des  Tages  eine  durch  die  Kunst- 
tndition  geheiligte,  noch  in  voller  Blüthe  stehende  Form  gesprengt. 

Gerade  so  angreifbar  ist  das,  was  das  Fehlen  des  Agons 
m  ersten  Theil  der  Wolken  erklären  soll.  Zielinski  weist  die 
Selinld  der  für  diese  Komödie  ja  bezeugten  Ueberarbeitung  zu 
nd  glaubt  von  357  an  die  Spuren  eines  verloren  gegangenen 
ifota  zwischen  Strepsiades  und  Sokrates  annehmen  zu  dürfen. 
MuoD  (1. 1.  p.  53)  spricht  sich  gegen  diese  Vermuthung  aus.  £r 
rilint  gradezn  den  logischen  Fortgang  der  Scenen  und  die  Ge- 
MbloMenheit  der  Entwicklang  in  diesem  Theile  des  Stückes, 
Bilge,  die  schwer  zu  erklären  wären,  wenn  hier  die  Reste  eines. 
Ml  weiss  nicht  warum,  ausgeschiedenen  Agons  an  die  πάροοος 
ttgeklebt  wären.  Seine  eigene  Beantwortung  der  Frage  ist  frei- 
lieb wiederum  höchst  angreifbar.  Er  meint,  die  Wolken  böten 
Uer  keinen  Agon,  weil  ja  das  Thema  der  Bekehrung  des  Strep- 
iitdes  gar  kein  neues  sei  und  aus  der  πάρο6ος  fortgesetzt  werde. 
Eine  offenbare  petitio  principii.  Denn  warum  hat  sich  denn  der 
IKehter  das  Thema  vorweggenommen,  warum  hat  er  Licht  ein 
Benet  angeschlagen  oder  das  alte,  welches  nach  der  Meinung  der 
beiden  Gelehrten  offenbar  trefflich  zu  einem  Agon  passte,  von 
eisern  neuen  Gesichtspunkt  aus  formulirt? 

Wohl  zu  beachten  aind  aber  sekundäre  Erscheinunfren.  die 
*icb  in  diesen  Komolien  zugleich  mit  dem  Fehlen  de«  .^gons 
«eigen.  Der  ganze  erste  Theil  der  Acharner  besteht  mit  Aus- 
■tbme  4er  πάροδος  naturlirb  ond  d-tr  Verse  2^4  »qq..  die  unten 
eine  sehr  natürliche  Erklämr.g  finden  werden,  aus  Scenen  in 
jtnbiscbeii  Trimetem.  Dieae  boeb«t  auffällige  Erftcheir.nng  er- 
klirt  Sieckmann  (t.  i  par.  Ii>  damit.  da«4  fortwähren  ier  Personen- 
^echeel  in  dea  eiLzeinen  BÜ-Jerr.  hier  den  Gehr»»jeh  der  vereu* 
loigi  verbiete  and  de»  janbiaeken  Trimeter   r.otb  »endig   mzrMt. 


28  Süts 

Aber  offenbar  sind  hier  nur  2  Symptome   zoeammengestellt,    inm 
Hintergrund  aber  bleibt  die  alte  Frage  bestehen. 

Ebenso  wie  in  den  Acbarnern  steht  es  im  Frieden.  Dio 
Parodos  ist  hier  mehr  ein  Gespräch  zwischen  dem  Chor  nnA 
TrygaioR.  Mazon  sagt  von  ihr  Ml  n*y  a  pas  ici  de  gronpements 
symitriqnes  d'anoane  sorte.'  Doch  ist  er  auch  am  den  Omnd 
nicht  verlegen:  ^a  joie  du  choenr  est  trop  vive  poar  se  sonmettre 
k  nn  ordre  qnelconque.'  Warum  nicht  grade  so  gut  das  Gegen— 
theil  anführen :  die  Gefährlichkeit  der  Situation,  auf  die  Trygaio• 
beständig  hinweist,  verbiete  hier  die  Entfaltung  der  üblichen 
Formen  in  Tanz  und  Gesang?  Der  Parabase  fehlt  grade  ein 
charakteristisches  Sttick.  'Elle  n'a  pas  Täpret^  de  la  parabaae 
des  Gnepes:  le  ton  en  est  an  contraire  plus  spirituel  et  plus  gai 

qu'agressif  et  satirique II  n'y  a  pas  d'allusions  politiquee; 

les  parties  de  la  parabase  qui  leur  sont  en  ginoral  riservies, 
les  ipirrh^mes,  n*existent  meme  pas'  (Mazon  pag.  90).  Die  me- 
trische Anlage  des  Friedens  ist  nun  durchaus,  wie  auch  die  der 
Aoharner,  auf  Trimeterscenen  basiert.  An  allen  Stellen,  an  deoei 
der  jambische  Trimeter  verlassen  ist  (383  sqq.,  426  sqq.  u.a.),  liegt 
derselbe  Grund  vor  wie  bei  Ach.  284  sqq.,  der  sich  im  weiteres 
Gang  unserer  Untersuchung  herausstellen  wird.  Eine  seltsame  Inter- 
pretation hat  das  Stück  601  —705  durch  Mazon  erfahren  (1. 1.  p.  86). 
Man  wollte  darin  freilich  nicht  einen  Agon,  aber  doch  ein 
Surrogat  für  einen  solchen  sehen  und  stellte  601.  602  (troch.  Tetr.) 
als  κατακ€λ€υσμός  einem  jambischen  Trimeter  657  als  άντικατα- 
Κ€λ€υσμός  entgegen.  Die  Rede  des  Hermes  603—650,  die  47 
trochäische  Tetrameter  enthält  — -  der  Grund  für  die  Wahl  dieses 
Yersroasses  wird  sich  später  herausstellen  —  sollte  als  επίρρημα 
den  47  jambischen  Trimetern  658 — 705  entsprechen.  So  ist  dem 
Stoffe  zu  Gunsten  einer  Theorie  Gewalt  angethan  worden.  Mazon 
muss  selbst  zugeben,  dass  auch  nicht  der  Schatten  einer  Debatte 
zu  erkennen  ist,  dass  gar  keine  Entsprechung  unter  den  einzelnen 
Theilen  stattfindet,  dass  die  Metra  ganz  ungewöhnlich  bei  einem 
Agon  sind.  Dieser  άγων  άναγώνιστος  erinnert  in  bedenklicher 
Weise  an  das  Lichtenbergische  Messer  ohne  Scheide,  dem  auch 
die  Klinge  fehlt.  Es  trifft  sich  höchst  eigenthümlich,  das8  gerade 
das  Mazonsche  όντετηρρημα  Sieckmann  in  ganz  andere  Beleuch- 
tung rückt  (1.  1.  pag.  31).  Er  hält  die  skurrilen  Scenen,  die  er 
mit  der  opinio  vulgata  hinter  der  Parabase  vorfindet,  für  urattisch, 
die  Parabase  für  eine  Art  πάροοος  dazu,  und  sucht  nun  nach 
einem  Prolog  für  dieses  Spiel.    Davon  sieht  er  Reste  gerade  hier 


Zur  Komposition  der  altattiechen  Komödie  99 

in  diesem  Stück.  Wir  sahen  oben,  dase  Trygaioe  sofort  nach 
derParabaee  dae  Spiel  wieder  aufnahm  mit  einer  Wendung  an  die 
Zuebaoer  und  einer  kurzen  Sk'izzirung  der  Lage.  Legt  man  also 
Wirt  auf  einen  Prolog  für  jenen  Theil,  eo  siebt  man  in  diesem 
Stiek  einen  bei  der  ganzen  Anlage  der  Komödie  höchst  ange- 
menenen.  Charakteristisch  aber  ist  die  Art  der  Auffassung  des 
Stückes  658 — 705  dafür,  wie  nach  einem  vorgefassten  Schema 
die  xerstfickelten  Glieder  bald  so,  bald  so  benannt  werden.  Es 
frigt  sich  nur  sehr,  ob  der  Organismus  auch  wirklich  so  funktio- 
airt  und  ob  die  Glieder  wirklich  so  nach  Angabe  der  aufge- 
klebten Zettel  ineinandergreifen.  Ein  vorurtheilsfreier  Blick  wird 
ii  f.  658  sqq.  nichts  weiter  finden  als  eine  gewöhnliche  Trimeter- 
leeie,  wie  wir  ihrer  so  viele  fanden,  in  der  dem  Trygaios  durch 
tiii^  Fragen  Gelegenheit  gegeben  wird,  einige  Witze  über  Kleo- 
ijBos,  Simonides,  Sophokles  und  Kratinos  an  den  Mann  zu  bringen  ^ 
Meioee  Erachtens  hat  bei  dieser  Frage  das  Bestreben,  beide 
Kenpositionsformen,  deren  Entdeckung  wir  Zielinski  und  Poppel• 
mter  danken,  nun  auch  in  jeder  einzelnen  Komödie  vorzufinden, 
Diheil  und  Verwirrung  angerichtet.  Einen  Schlüssel  zur  Erkennt- 
■in  des  wahren  Sachverhalts  ei halten  wir  durch  die  oben  ver- 
nekten  Analysen  der  Stöcke  nach  der  Art,  wie  sie  den  Bomo- 
bekoi  in  der  Oekonomie  des  Spieles  unterbringen,  und  mit  dieser 
Tedinik  sahen  wir  auch  die  Gestaltung  des  Prologs  auf  das  engste 
verknüpft.  Man  erkennt,  dass  jene  auf  Grund  des  genannten 
Prisiips  gewonnene  Scheidung  inhaltlich  auf  das  engste  mit  den 
Ergebnissen  von  Zielinski  und  Poppelreuter  zusammenhängt.  Nur 
der  Umfang  und  die  Unterbringung  der  beiden  typischen  Kunst- 
fonneo  steht  zur  Debatte.  Denn  jene  erste  Kompositionsweise, 
tie  dtrin  besteht,  eine  Hauptperson,  ausgestattet  einzig  und  allein 


1  Mit  Ach.  572—652  steht  es  genau  ebenso.  Dieses  Stück  ist, 
Veit  eotfemt,  ein  Prolog  für  den  2.  Theil  zu  sein,  eine  der  skurrilen 
Trimeterscenen,  aus  denen  diese  Komödie  zusammengesetzt  ist.  Einen 
^log  bat  auch  der  2.  Theil  nach  der  Parabase,  soweit  er  überhaupt 
denen  bedarf,  in  der  kurzen  Skizziruag  der  Lage  durch  die  weiter 
fortgeführte  Hauptperson,  und  zwar  einen  eeiuer  Anlage  sehr  ange• 
■Müenen.  Beachtenswertb  bleibt  trotzdem  und  soll  ausdrücklich  hervor• 
g^ben  werden,  dass  Stücke  wie  die  Wespen  und  Vögel,  die  ein  mix• 
tno  compositum  von  Agon  und  losen  Scenen  darstellen,  sich  eines 
nlcfaen  Trimeterstnckchens  vor  der  Parabase  bedienen.  Das  ist  der 
Mort«!  der  Komposition  oder,  um  es  mit  Mazon  zu  benennen, '  le  trait 
d'anioQ  entre  les  denz  moities  de  la  oomedie.* 


30  Süss 

mit  dem  ήθος  der  Bomolochie,  darob  kaleidoskopiech  wechselnde 
einzelne  Scenen  darcbzaführen  und  ihr,  wie  das  in  der  Natnr 
des  Spiele  liegt  ^  auch  den  Prolog  und  die  Möglichkeit,  mit 
dem  Zueohauer  zu  verhandeln,  zu  geben,  entspricht  der  Anlage, 
die  man  seit  Poppelreuter  nach  der  Parabase  anzunehmen  ge- 
wohnt ist.  Aber  was  in  aller  Welt  nöthigt  uns  denni  di••• 
Kompositionsform  nur  hinter  der  Parabase  anzusetzen? 

DaM  Dikaiopolis  den  Lamachos  vor  der  Parabase  epirrhema- 
tisoh  und  nach  der  Parabase  episodisch  verulke,  kann  kein  Mensch 
behaupten.  £s  ist  ja  genau  dieselbe  ratio  in  beiden  Fällen,  mit 
der  dies  geschieht.  Ebensowenig,  dass  eine  Scene  wie  die  mit 
Euripides  oder  den  fremden  άλα2[όν€ς  nicht  auch  ohne  die  ge- 
ringste technisch-ökonomische  Verschiebung  nach  der  Parabase  ein- 
gesetzt werden  könne.  Ebenso  wird  klar  geworden  sein,  dass  die 
Beden,  die  der  Dichter  den  Dikaiopolis  pro  domo  halten  lässt,  gar 
nichts  mit  dem  άγων  zu  thun  haben,  sehr  gut  aber,  wie  auch  die 
bftufigen  παραβάσεις  €(ς  τους  θβατάς,  zu  seiner  Kasperlerolle  paRsen. 
Im  Agon  hätte  ja  derartiges  grade  von  dem  tertius  gaudens,  der 
mit  dem  Publikum  in  Kontakt  stehenden  Nebenperson,  gesprochen 
werden  müssen.  Allüberall  die  gewohnten  Trimeterepisodien.  Diese 
'tableaux  bouffons*  stehen  ja  gar  nicht  als  '^pricautions  oratoires' 
des  taktvollen  Dichters,  sondern  sie  und  nichts  anders  will  diese 
Kompositionsweise.  Am  allerwenigsten  ist  es  dem  Dichter  ein- 
gefallen, sie  für  einen  Agon,  sei  es  bei  der  ersten,  sei  es  bei 
einer  zweiten  Bearbeitung,  zu  substituiren.  Und  einen  solchen, 
so  fügen  wir  nunmehr  hinzu,  hätte  der  Dichter  nicht  einmal 
hier  einführen  können.  Nicht  aus  taktvoller  Rücksicht  auf 
den  Charakter  eines  Weihefestspieles,  nicht  aus  diplomatischem 
Eingehen  auf  diese  oder  jene  Tagesstimmung,  sondern  ans 
einem  viel  tieferen,  zumal  für  den  antiken  Dichter  absolnt 
zwingenden  Grunde  heraus,  der  im  Wesen  dieser  Kunstform 
liegt.  Jeder,  der  glaubt,  es  habe  einmal  ein  Agon  zwischen 
Dikaiopolis  und  Lamachos,  Trygaios  und  Hyperbolos  oder  Pole- 
roos,  zwischen  Strepsiades  und  Sokrates  bestanden  oder  auch  nur 
bestehen  können,  mö^e  versuchen,  einen  solchen  nachzudichten 
oder  zu  paraphraHJren.  Er  wird  es  nicht  thun,  ohne  auf  das 
gröblichste  das  ήθος  beider  Rollen  zu  zerstören.  Führt  uns 
doch  diese  Kunstform  das  ewig  »ich  wiederholende  und  doch 
stets  junglebendige  Duett  vor  zwiRchen  einer  ernsten,  oft  allzu 
ernsten  Person  und  dem  Bomolochus,  an  dem  aller  Ernst  und 
alles  Erhabene  abfliesst,  wie  das  Wasser  an  der   Ente. 


2ur  Komposition  der  altattisolieQ  Komödie  dl 

In  dentliohem  Gegensatz  dazu  steht  die  Agonkomposition. 
Hier  werden  zwei  Thesen,  vertreten  von  zwei  Parteien,  gegen- 
einander abgewogen.  Eine  dritte  Person  steht  als  tertius  gaudens 
dabei.  Sie  ist  im  Grunde  unbetheiligt,  redet  a  parte,  zieht  die 
Zuschauer  herein  und  unterhält  das  Publikum,  ehe  sieh  die 
eigentliche  Debatte  ausspinnt,  ihr  kommt  es  nach  ihrer  ganzen 
Rolle  auch  zu,  den  Prolog  im  engeren  Sinne  des  Wortes  zu 
sprechen.  Die  DHrstellung  eines  solchen  Kampfspieles  ist  nur 
massiger  Ausdehnung  fähig.  Sie  füllt  den  ersten  Teil  bis  zur 
Parabase.  Im  zweiten  Theil  kann  uns  der  Dichter  ein  erneutet 
Streitepiel  bieten,  und  das  ist  in  den  Rittern  geschehen.  Es 
kann  aber  auch  mit  einem  jähen  Umschlag  der  Oekonomie  das 
Kasperlespiel  im  Style  der  Acharner  sich  ansetzen.  Das  ist  in 
Wespen,  Vögeln,  Plutos  geschehen,  die  das  Bild  eines  wunder- 
lichen Ιππέλαφος  bieten,  das  oben  skizzirt  wurde.  Von  hieraus 
postulirte  man  ganz  allgemein  Agon  im  ersten,  burleske  Scenen 
im  zweiten  Theil.  Man  erkennt,  dass  es  unmöglich  ist,  sich 
einen  Agon  in  die  Acharner  eingeführt  zu  denken.  Das  hätte 
eine  in  Prolog,  Bomoloohie,  Metrik,  Inhalt,  Beschränkung  der 
Personen  auf  drei  und  anderem  veränderte  Komposition  zur  Vor- 
aussetzung gehabt. 

III. 
Der  Unterschied  der  beiden  Spiele,  deren  Wesen  und  ge- 
legentliche Verkoppelung  wir  beobachtet  haben,  ist  der  denkbar 
grösste.  Ausser  dem  gelegentlich  darüber  Bemerkten  fügen  wir 
noch  einiges  darüber  hei.  Der  Agon  setzt  drei  πρό(Τιυπα  vor- 
ans,  da  wir  in  dem  ßomolochus  einen  integrierenden  Bestandtheil 
sehen  müssen,  das  Kasperlespiel  wird  in  seinem  πρωτότυττον 
mit  zwei  Rollen  ausgekommen  sein,  da  die  Oekonomie  des  Stückes 
seiner  bunten  πολυπρο(Τιυπία  ungeachtet  doch  diese  ist,  dass 
immer  eine  Person  nach  der  anderen  abgefertigt  wird.  An  dem 
Frieden  und  den  Acharnern  sieht  man  gelegentlich,  wie  eine  dritte 
Person  hier  müseig  und  überflüssig  dabeisteht.  Ein  weiterer 
übersehener  Unterschied  ist  darin  zu  erkennen,  dass  die  an  das 
selbst  vollkommen  typisch  gehaltene  Kasperle  herantretenden 
Figuren  durchweg  Typen  sind,  gelehrte  Narren,  Poltrons,  alte 
Vetteln  etc.  Der  Bomolochus  glossirt  sie,  im  Grunde  a  parte 
zu  den  Zuschauern  gewendet.  Umgekehrt  weisen  die  Kämpen 
des  Agons  wohl  kaum  irgend  welche  Typisirung  auf.  Oft  sind 
es  frostige  Allegorien.     Die  Energie  ihrer  Rollen  geht  ganz   in 


32 


Süss 


der  Saobe  auf,  der  eie  dienen.  Diese  Festetellnng  ht  wi< 
weil  der  Begriff  Typenkomödie  eine  Rolle  spielt  in  der  1 
naoh  dem  Urapmng  der  Komödie,  zngleich  auch  deshalb, 
man  auch  von  hier  aus  erkennt,  welche  Ungeheuerlichkeit 
Standpunkt  der  RoHenführung  aus  ein  gelehrter  Narr  als  I 
gegen  einen  Hanswurst,  ein  miles  gloriosus  gegen  ein  Kas 
ist.  Sie  sollen  ja  ihr  bekanntes  ήθος  nur  entfalten,  aber 
nicht  zu  einem  Resultate  kommen.  £ine  Handlung  im  mod• 
Sinne  des  Wortes  liegt  nicht  vor.  Eine  solche  hat  eigei 
auch  der  Agon  nicht,  denn  während  der  Debatte  stockt 
kommen  der  äussere  Fortgang  des  Spieles.  Immerhin  ist  zi 
achten,  dass  dadurch,  dass  die  Debatte  durch  eine  ecen 
bataille,  um  einen  treffenden  Ausdruck  Mazon^H  zu  gebrau 
oder  durch  eine  epirrhematisch  komponirte  Disputscene 
geleitet  wird,  diese  Form  jedenfalls  einem  Handlungs-  un 
triguenstück  näher  steht  als  die  andere,  wenn  man  über] 
diesen  für  die  altattische  Komödie  fremden  Maassstab  an 
will.  Das  Verhältniss  ist  also  grade  umgekehrt,  nie  es  gei 
hin  dargestellt  zu  werden  pflegt.  Damit  hängt  dann  auc 
sammen,  dass  das  Agonspiel  geschlossener  ist  und  beschr 
Zeitdauer  hat,  das  burleske  Spiel  dagegen  jederzeit  abbr 
oder  auch  bis  ins  Endlose  fortgesetzt  werden  kann. 

Den  Gegensatz  veranschaulicht  die  folgende  Uebersicl 


Agon 
Debatte  über  2  Thesen 

burleske  Scenc 

Inhalt 

komisches  Due 

bomolochus 

Nebenperson 

Nebenperson 

~H  ~ 

unmöglich 

gehen  in  der  Sache  auf 

gesühloBsen 

btischränkt 

Langvers 

epirrhematisch 

handelnd 

in  die  epirrh.  Komp. 
einbezogen 

Hauptperson 

prologus 
Sohauspielerzahl 

Hauptperson 
2 

Pereonenwecheel 

unbeschränkt 

Personen 

Typen 

Handlun^r 

unbeschränkt 

Zeitdauer 

unbeschränkt 

VersmasB 

jambische  Trimt 

Komposition 

episodisch 

Chor 

Zuschauer 

Chorpartieen 

Stasima 

Zar  Εοτηροβϋΐοη  der  altattischen  Komödie  33 

Der  eigentliche  Nerv  des  Easperleepiels  besteht  sonach  in 
da  Duett  όλαΐών  —  βιυμολόχος.  Hiermit  mag  man  den  la- 
piton  Satz  des  tractatns  Coislinianns  vergleichen  (p.  52  E.) 
ί|θτ)  κωμψοίας  τά  τ€  βιυμολόχα  και  τα  εΙρωνικά  καΐ  τα  των 
Ααΐόνων^.  Nach  einer  kurzen  Skizzirnng  der  Lage,  die  die 
HAOptperson  giebt,  taucht  ein  άλα2[ών  auf^  dessen  Worte  und 
Tbaten  in  ridiculam  partem  glossirt  und  umgebogen  werden. 
El  kann  ein  dottore  sein,  wie  ihn  Athenaeus  an  jener  kostbaren 
Stelle  (XIV  p.  621  d.  e.)  schon  für  die  ältesten  dorischen  Spiele 
bezeugt  und  wie  er  bei  Aristophanes  in  den  im  wesentlichen 
gleich  gezeichneten,  mit  der  dunstigen  Philosophie  des  Apollo- 
aiaten  versehenen  Personen  Sokrates*,  Euripides,  Meto  erscheint. 
Oder  er  föllt  unter  den  Typ  Capitano,  wie  Lamachos,  schliesslich 
kion,  wie  im  Plutus  und  in  den  Wespen,  eine  Vettel  abgefertigt 
Verden,  die  Runzeln  im  Gesicht,  keinen  Zahn  mehr  im  Mund 
uid  doch  noch  ach  so  viel  Lust  im  Herzen  hat  zu  Wein  und 
liebe.  Auch  einen  'kanonischen'  Schluss  für  ein  solches  Easperle- 
spiel  getraue  ich  mir  aus  dem  Ausgang  der  Acharner,  des 
Friedens  und  der  burlesken  Scenen  der  Vögel  und  Wespen  zu 
cniiren.  Hier  wird  überall  am  Schlüsse  gezecht,  geschmaust 
^  Hochzeit  gehalten,  natürlich  von  der  Hauptpereon  selbst. 
IHe  eandidae  puellae  des  Mahles  sind  in  Frieden  und  Vögel  im 
^de  dürre,  allegorische  Schemen,  die  nähere  Ausführung 
^  Stellen  aber  hat  reichlich  Fleisch  und  ßlut.  Man  erkennt, 
vtheile  ich  recht,  gerade  an  diesen  beiden  Momenten,  wie  ein 
^ter  Komödienbrauch  den  Dichter  zur  Einführung  dieser  frostigen 


*  Diese  Doktrin  geht  wohl  auf  Aristoteles  zurück.  Vgl.  Eth. 
^'ic.  H  p.  1108  a  21.  Für  peripatetischen  Ursprung  des  Traktate 
vrI•  Arndt,  de  ridiculi  doctrina  rhetorica,  Bonner  Dies  1904  p.  8  sqq. 
ttodKayser,  De  veterum  arte  poetica.  Leipziger  Diss.  1906.  Der  Unter- 
«Aied  von  ctpuiv  und  βωμολόχος  ist  nach  Rhet.  ΠΙ  p.  1419  b  8  nur 
en  solcher  des  Tons  und  der  Nuance.  Für  die  aristophanischen  Per- 
»nen  mit  ihrer  geheimnisvollen  Mischung  von  Dümmling  und  dpujv 
^  er  belanglos.  Ein  wichtiges  Element  der  vielberufenen 'mimischen* 
Technik  der  Dialoge  Platos  (vgl.  Reich,  Mimus  I  p.  380  sqq.)  ist  m.  E. 
P^e  in  dem  auch  hier  wirksamen  Gegenspiel  άλαΣυϋν  —  ctpuiv  zu 
«"kennen. 

'  Die  viel  behandelte  Frage  nach  dem  Grunde  der  Abbiegung, 
ie  eich  der  Dichter  in  der  Zeichnung  des  S.  erlaubt  hat,  wird  auch 
101  dem  Leben  der  Posse  und  der  komödischen  Technik,  nicht  aus 
*Q<wärti  liegenden  Motiven  und  Tendenzen  heraus  zu  beantworten  sein. 
Einen  Versuch  in  diesem  Sinne  habe  ich  gemacht  1.  1.  p.  8  sqq. 
UMla.  Mim.  f.  PhlloL  N.  F.  hXJU,  3 


84  SU88 

Figuren  veranlaeet.  Hans-warsts  Hochzeit  und  ein  wackerer 
ScbmauB  dabei  mag  der  übliche  Ausgang  dieses  Spieles  gewesen 
sein  ^.  £s  ist  wie  ein  Nachhall  dieses  Brauches,  wenn  am  Ende 
der  £cclesiazusen  noch  einmal  Blepyros  auftritt  aus  keinem 
anderen  Grunde,  als  dass  wir  erfahren,  auch  er  wird  zum  £8ββΒ 
gehen.  Daes  es  Blepyros  ist,  hätte  man  nach  den  klaren  Worten 
der  Magd,  die  nur  auf  Praxagora  passen,  und  denen  des  Chore,  der 
ihr  hier,  d.  h.  vor  dem  Hause  des  Blepyros,  zu  warten  räth,  nicht 
bezweifeln  dürfen.  Schon  875  hatte  er  vorgegeben,  so  bald  alt 
möglich  zum  Mahle  zu  gehen,  auch  ohne  seine  Habe  deponiert 
zu  haben.  Doch  das  Völkchen  kann  es  aus  seinem  Munde  nie 
genug  hören,  und  nun  hat  ihn  gar  das  CJnheil  betroffen,  dass 
alle  anderen  vor  ihm  zum  Schmause  kommen.  So  praeetiert 
Kasperle  am  Schluss  des  Spiels  noch  einmal  die  wackere  Triae 
seiner  Qualitäten. 

Die  Agonpartieen  weisen  auf  ein  Spiel  ganz  anderer  Art. 
Das  deutsche  Drama  in  der  Zeit  des  Mittelalters  und  der 
Benaissance,  das  Streitspiel  etwa  bei  Hans  Sachs,  gewisse  alte 
Volkslieder  bieten  Parallelen  für  diese  Form,  in  der  zwei 
Themen  gegeneinander  abgewogen  werden.  Für  unseren  Geschmack 
liegt  etwas  Frostiges  in  derartigen  Disputen.  Das  rege  Interesse 
des  Volkes  an  dieser  Kunstform  mag,  so  weit  es  nicht  der  Er- 
ledigung des  Themas  selbst  und  der  Sache  galt,  aus  der  behag- 
lichen Genugthuung  dessen  zu  erklären  sein,  der  als  tertins 
gaudens  einem  Hader  um  den  Primat  beiwohnt.  Aristophanes 
hat  diese  Form  zum  Organ  dessen  gemacht,  was  Aristoteles  die 
ιαμβική  Ibia  nennt.  Die  eigentliche  Debatte  wächst  hier  aus 
weniger  ausgeführten  Disputen  und  Kampfscenen  heraus  wie 
Blüthe  aus  Blatt  und  Stengel.  Die  Grenze  zwischen  eigentlichem 
άγων  und  Disputscene  ist,  da  beide  gleich  komponirt,  schwer 
zu  ziehen.  So  sieht  Zielinski  in  Eq.  303 — 410  einen  regelrechten 
Agon,  was  Sieckmann  (1.  1.  p.  15)  leugnet.  Mir  scheint  dieser 
Streit  um  den  termiuus  technicus  müseig  zu  sein.  Vor  dem 
Disput  sehen  wir  die  eine  Partei  in  einer  Art  von  Vorspiel  mit 
dem  Bomolochus  und  Prologus  vereinigt.  Eine  ältere  Form  führt 
ihn  zuerst  mit  einem  πρόσωπον  προτατικόν  auf  die  Bühne,  doch 


^  Allerliebst  ist,  von  diesem  Gesichtspunkt  aus  betrachtet,  die 
Note  van  Leeuweus  (Ausgabe  des  Friedens  p.  1):  üxor  (seil.  Trygaei) 
obiisse  fiugitur,  novam  enim  uxorem  iustis  nuptiis  sub  fabulae  finem 
ducit  Oporam. 


Zur  Eomposition  der  altattischen  Komödie  35 

auch  in  diesem  Falle  folgt  nicht,  jäh  geschieden  davon,  die  Dar- 
ftellong  des  Streites,  sondern  allmählich  ziehen  die  Parteien  anf, 
ud  es  kommt  unter  steter  Assistenz  des  tertius  zur  Entladung. 
Bd  diesem  Spiel  ist  zu  scheiden  zwischen  prologus  im  engeren 
Sinn  und  Vorspiel.  Hier  hat  eine  expositio  thematis  in  ganz 
aoderem  Maass  Sinn  als  bei  dem  Easperlespiel,  wo  mit  der  Yor- 
stellong  des  Kasperle  eigentlich  alle  Voraussetzungen  gegeben 
nnd.  Trotzdem  wir  nun  in  einem  Falle  dieses  Sklavenvorspiel 
der  ganz  anders  angelegten  Komödie  des  Friedens  vorgesetzt 
fanden,  zweifle  ich  nicht,  dass  es  ursprünglich  nur  der  Agon- 
komödie  angehört.  Hier  ist  es  organisch  und  bringt  ausserdem 
Doch  den  prologus,  den  man  erwartet,  gesprochen  von  der  un- 
betheiligten,  mit  dem  Zuschauer  in  Kontakt  stehenden  Rolle.  Bei 
dem  Kasperlespiel  ist  es  ein  ganz  unverständliches  hors  d'oeuvre, 
da  ja,  was  an  Vorbemerkungen  nöthig  ist  —  und  das  ist  sehr 
wenig  —  viel  besser  die  Hauptperson  selbst  giebt.  Dieses 
Sklavenvorspiel  nun  erwähnt  Aristophanes  als  nicht  nur  üblich, 
mdern  sogar  bis  zum  Ueberdruss  abgedroschen.  Was  er  aber 
darüber  sagt,  lässt  uns  erkennen,  dass  er  selbst  sich  vollkommen 
in  den  Bahnen  seiner  Zunftgenossen  bewegt.  Denn  ob  die 
Sklaven  Nüsse  unter  die  Zuschauer  werfen  (Vesp.  58  sq.)  oder 
inutwie  das  Publikum  durch  Witze  und  Anreden  haranguiren, 
te  ist  für  die  ratio  dieser  Stelle  ganz  gleichgültig.  Hierher 
giiort  auch,  was  Pax  742  von  den  Sklaven  gesagt  wird,  die 
nuk  witzelnd  über  die  Schläge  unterhalten,  die  sie  bekommen 
kaben.  Der  Anfang  der  Kitter  liegt  nahe.  Besonders  beachtens- 
werth  ist,  dass  in  diesem  Zusammenhang  von  (Τκώπτειν  und 
βωμοΧοχεύματα  άγεννή  geredet  wird^ 

Noch  eine  Bemerkung  zum  Schluss.  Nirgends  im  Laufe 
enserer  Untersuchung  haben  wir  von  dem  Chor  geredet,  nirgends 

^  Diese  Sklaven  nennt  die  Wespenstelle  me^arisch.  Sind  unsere 
Auirdhrungen  richtig,  so  ist  das  πρωτότυπον  des  Agon  auf  dorischem 
^oden  za  suchen  Diese  Konsequenz  ist  denn  auch  nicht  zu  scheuen. 
Epicharms  Γά  καΐ  θάλασσα  und  Λόγος  καΐ  Λογίνα  können  nicht  anders 
denn  als  solche  Streitspiele  gedacht  werden.  Viel  zu  weit  geht  Sieckmann 
nnt  der  Annahme,  alle  epicharmischeu  Stücke  seien  Agone  und  nichts 
weiter  gewesen.  Dagegen  spricht  fr.  171,  das  nur  in  zwei  burleske 
Scenen  mit  einer  Hauptperson  als  Bomolochus  aufgelöst  werden  kann, 
dagegen  auch  die  für  Epioharm  feststehende  Figur  des  Parasiten 
(cf.  Athen.  VI  p.  235  E.  sqq.).  Der  ebenfalls  an  der  Wespenstelle  me- 
garisch  genannte  Fresser  Herakles,  den  auch  die  Stelle  im  Frieden  er- 


3β  Süss 

haben  wir  den  attischen  κώμος  oder  die  phallophoriechen  Um- 
züge oder  die  EinzeUprecher  bemüht,  dass  sie  uns  eine  Erklärung 
böten  für  die  Analyse  der  beiden  Spiele.  loh  denke,  wir  sind 
auch  so  ausgekommen,  und  alles  erklärte  sich  ungezwungen  aus 
dem  Wesen  des  Spieles  selbst.  Die  'dorische  Komödie,  sie  mag 
in  Megara,  in  der  Peloponnes  oder  auf  Sizilien  gespielt  haben, 
bediente  sich  ja  der  gleichen  Formen  des  Spieles,  wenn  nicht 
alles  täuscht,  und  nirgends  hören  wir  da  etwas  von  einem  Chor. 
Ja  noch  mehr.  Hätten  wir  an  irgend  einer  Stelle  oder  gar 
schon  am  Anfang  unserer  Untersuchung  von  jenen  stimmungs- 
vollen Dingen  geredet,  so  wäre  sofort  alles  unklar  und  unver- 
ständlich geworden.  Denn  warum  nicht  lieber  an  den  Chor  die 
einzelnen  Typen  des  Kasperlespieles  herantreten  lassen,  warum 
nicht  ihn  zum  tertius  gaudens  des  Agons  machen?  Jene  weihe- 
volle Stimmung,  die  sich  des  Hörers  bemächtigt,  wenn  er  von 
der  gemeinsamen,  dionysischen  Wurzel  des  komischen  und  des 
tragischen  Spieles  hört,  wird  theuer  erkauft.  £r  tauscht  mystisches 
Halbdunkel,  in  dem  nur  irrlichternde  Hypothesen  leben  können, 
ein  gegen  sein  klares  Verständniss. 

Denn  es  ist  nun  einmal  ein  unvollziehbarer  Gedanke,  dass 
die  zwei  Elemente  Chor  und  Bomolochus  gerade  bei  ihrer  gleichen 
Stellung  in  der  Oekonomie  des  Dramas,  nach  der  sie  mehr  Inter- 
preten als  Acteurs  sind,  nach  der  sie  für  den  Dichter  beide  pro 
domo  reden  können,  nach  der  sie  παραβαίνου(Τΐν  €ΐς  τους 
θεοτάς,  organisch  aus  derselben  Wurzel  sollten  entsprungen  sein. 
Von  diesem  Gesichtspunkt  aus  gewinnt  die  Thatsache,  dass  an 
mehreren  Stellen  der  Ritter,  des  Friedens  und  der  Ecclesiazusen 
Handschriften  oder  Editoren  Verse,  die  dem  Bomolochus  zu- 
gehören,    dem  Chor    zugetheilt  haben,  psychologisches    Interesse. 

wähnt,  führt  zu  einer  dritten  Spielform,  die  als  solche  nichts  weder 
mit  Agon  noch  burleskem  Kasperlespiel  zu  thun  hat,  zur  mythologischen 
Parodie.  Wiederum  steht  der  Weg  zu  Epicharra  oflen.  Seine  Eiu- 
führuDg  in  den  Vögeln  unter  den  Typen  im  Kasperlespiel  zeigt  die 
Möjflichkeit  eiuer  Verschmi^lzung  auch  mit  dieser  Gattung.  Keineswegs 
aber  liejft  für  uns  die  Noth wendigkeit  vor,  w^egen  der  Verschiedenheit 
der  Spiele  das  eine  den  Attikern,  das  andere  den  Dorero  zu  geben, 
also  mit  Zielinski  den  Agon  den  Attikern,  das  burleske  Spiel  den 
Dorern,  oder  mit  Sieckmann  dieses  den  Attikern,  jenes  den  Dorern. 
Ich  glaube  alliTdings,  dass  für  alle  3  Gattunjiren,  für  Streitspiel,  mytho- 
logische Parodie  und  Hanswurstkomödie  die  πρωτότυπα  auf  dorischem 
Boden  gewachsen  sind. 


Zur  Kompoeition  der  altattischen  Komödie  87 

Jene  reinliche  Scbeidnng,  die  ecbon  Eoerte  (Arch.  Jahrb.  YIII 
1893  p.  61—93)  nnd  Bethe  (Prolegomena  zur  Gescb.  d.  Tb. 
p.  48  sqq.)  für  Chor  nnd  Sobanspielerpartieen  auf  Grund  einer 
ganz  andersartigen,  arcbäologiecb  und  philologisch  basierten 
Argumentation  für  die  altattische  Komödie  gefordert  haben,  ist 
eine  zwingende  Notbwendigkeit. 

Der  Best  jeglichen  Zweifele  an  diesem  Sachverhalt  muss  ver- 
schwinden, wenn  es  gelingt,  nicht  nur  die  αίτια  der  altattischen  Ko~ 
mödie  klarzulegen,  sondern  auch  ihre  γέν€(Τΐς  zu  verfolgen.  Das  ist, 
glaube  ich,  möglich  an  der  Hand  der  werthvollen  Analysen,  die 
Sieckmann  von  den  Chorpartien  gemacht  bat  (1.  1.  p.  39  sqq.). 
Uns  interessirt  davon  folgendes: 

1.  Die  Metra  der  Chorlieder  gehören  dem  γένος  ^ιπλάσιον 
an,  umgekehrt  sind  Anapaeste  das  Charakteristikum   des  Agons. 

2.  Die  cantica  der  Komödie  sind  Systeme,  denen  Langverse 
eingelegt  sind. 

3.  In  den  dem  Agon  nahestehenden,  d.  h.  den  epirrhematiscb 
komponirten  Theilen  zeigt  sich  ein  auffälliges  Bestreben  des 
Dichtere,  ein  anderes  Maass  zu  wählen  in  den  Langversen  des 
Chors  als  in  denen  des  folgenden  Dialogs.  S.  erklärt  das  damit, 
dass  der  Unterschied,  der  ursprünglich  zwischen  den  dem  γένος 
bmXa(Tiov  angehörigen  Langversen  des  Chors  und  den  anapaesti- 
schen  Langversen  des  Agons  bestand,  auch  hierher  übertragen 
worden  sei. 

4.  Der  attische  κώμος  kennt  keine  Trimeter.  Daher 
nimmt  sein  κορυφαίος  zunächst  an  den  Trimeterscenen  gar  nicht 
Tbeil.  Im  Frieden  beobachten  wir,  wie  er  seine  Langverse  in  die 
Trimeterscenen  einstreut.  Von  den  Vögeln  ab  bedient  er  sich 
dann  gelegentlich  auch  der  Trimeter. 

Hier  haben  wir  alles,  was  wir  brauchen.  Deutlich  sehen 
wir,  dass  nicht  die  Schauspielerpartieen  sich  nach  dem  Chor  ge- 
richtet haben,  sondern  gerade  das  umgekehrte  Verbältniss  vorliegt. 
In  den  Trimeterscenen  ist  der  Chor  Zuschauer  und  singt  seine 
Stasima  zwischen  ihnen,  die  man  geradezu  eliminiren  könnte, 
ohne  dem  Gang  des  Spieles  zu  schaden,  von  dem  sie  toto  genere 
verschieden  sind.  Hier  können  wir  nun  auch  das  oben  gegebene 
Versprechen  einlösen  und  die  Stelle  Ach.  284  sqq.  erklären, 
damit  nicht  etwa  jemand  in  dieser  einzigen  Stelle  dieser  Komödie, 
die  im  Langvers  abgefasst  ist,  einen  Agon  oder  ein  Surrogat 
dafür  erblickt:  Hier  int  eben  die  einzige  Stelle,  wo  Dikaiopolis 
mit  dem  Chor  Zwiesprache  hat,  mit  dem  eine  solche  nur  auf  der 


.^  δ  α  SB  Zur  Κ ora Position  der  alUttisehen  Komödie 

Basis  der  ihm  geläufigen  Langverse  möglich  ist.  Hoohintereesant 
ist  nun  die  Beobachtung,  auf  die  wir  oben  schon  verwiesen,  dass 
im  Frieden  "hur  da  und,  was  ebenso  wichtig  ist,  immer  da,  wo 
der  κορυφαίος  sich  an  dem  Gespräch  betheiligt,  das  Metmm  so- 
fort zu  den  Langversen  abbiegt,  oft  mitten  in  einer  Scene.  So 
finden  auch  die  Langverse  dieser  Komödie  eine  höchst  einfache 
Erklärung. 

Eine  vollkommen  verschiedene  Haltung  beobachtet  der 
Chor  im  Agon.  Hier  wird  er  in  den  Kampf,  die  Zweitheilnng 
und  den  Parallelismus  hereinbezogen.  Wie  er  es  thut,  hat  Zielinski 
gelehrt.  Von  Sieckmann  lernen  wir,  mag  auch  seine  ErklSmng 
im  Einzelnen  auf  Widerstand  stossen,  dass  der  fundamentale 
Unterschied  von  Chor  und  Dialog  auch  hier  deutlich  durchblickt 

Toll  genug  ging  es  bei  den  γοναί  von  Frau  Κιυμψ^ία  her. 
Wir  können  die  Fehltritte  nicht  ungeschehen  wünschen,  da  sie 
einen  so  stattlichen  Ausgang  genommen.  La  recherche  de  la 
paternito  n'est  pas  interdite. 

Giessen.  Wilhelm  Süss. 


BÜCHWESEN  UND  BAUWESEN: 

TRAIANSSÄULE  UND  DELPHISCHE 

SCHLANGENSÄULE 


Ich  habe  kürzlich  über  Trajanssäule,  jonischen  Fries  nnd 
Verwandtee,  auch  über  die  Tholos  von  Epidauroe  Ansichten  auf- 
gestellt oder  Vermuthungen  geäussert,  die  mir,  wenn  sie  sich 
bewähren,  nicht  unwichtig  scheinen  und  die  ich  möglichst  zu 
befestigen  bestrebt  sein  muss.  Ich  möchte  daher  im  Nachfolgenden 
noch  einige  Anmerkungen  zusammenstellen,  die  vielleicht  zu  ihrer 
Sicherung  mit  beitragen  können,  so  geringfügig  sie  sind. 

Es  handelt  sich  um  den  Einfluss  derAnschauung  des 
Buches  und  der  Dinge  des  Seh  rif  t  wesens  auf  die 
antike  Architektur,  insbesondere  auf  die  Schmuckformen 
derselben;  die  mit  einem  Buch  umwickelte  Trajans-  und  Marcus- 
eäule  ist  nur  ein  vereinzelter  Zeuge  dieses  Einflusses. 

An  sich  liegt  darin,  einen  solchen  Einfluss  anzuerkennen, 
nichts  geradezu  Verfängliches,  wenn  schon  ich  gerne  zugestehe, 
dass  in  modernen  Architekturformen  vom  Buch  hergenommene 
Motive  sich  schwerlich  finden  lassen.  Das  liegt  zum  Theil  an 
der  Buchform  selbst,  die  nun  seit  1500  Jahren  nichts  als  eine 
kastenartige  Masse  von  gehefteten  Blattlagen  im  Einbanddeckel 
herzeigt.  Dazu  kommt,  dass  wir  heute  im  Erfinden  so  viel 
nüchterner  geworden  sind.  Nur  da,  wo  etwa  an  Bauten  oder 
Denkmälern  Inschriften  anzubringen  sind,  werden  heute  gelegent- 
lich als  Träger  der  Inschrift  frei  schwebende  Blätter  oder  Bogen 
verwandt,  bei  denen  es  jedoch  meistens  fraglich  ist,  wie  weit  sie 
aus  der  wirklichen  Anschauung  des  Lebens  stammen. 

Wie  anders  hat  die  Rolle,  ein  Convolut  von  10  bis  100 
Fuss  Länge,  mit  dem  man  seit  dem  6.  oder  5.  Jhd.  vor  Chr. 
täglich  umfing,  auf  die  Phantasie  des  Alterthums  einwirken 
müssen!  Man  kann  sagen:  das  Buch  umfasste  damals  die  Welt. 
Denn  der  Himmel  selbst  war  nach  Auffassung  des  Euripides 
frg.  508  N.  wie  des  lesaias  34,  4  eine  aufgerollte  Buchrolle,  in 
die   Gott  schreiben  kann;  der  Erdkörper  aber  eine  geeohloseene 


40  Β  i  r  t 

Rolle:  έτυλ{χθη  ώς  βιβλίον  ή  γη  (FrageD  dee  Bartholomäat, 
Nachr.  der  Gott.  G.  W.  1897  S.  16);  γενήσεται  ώς  χαρτίον  ή  γη 
(Tiechendorf  Apocalypeee  apocryphae,  Johannesapocal.  ρ.  15). 
Redet  Plato  Tim.  p.  40  Β  von  der  Umdrehnng  der  Erde  um  ihre 
Achse  mit  den  Worten  γην  ειλλομίνην  ττερί  τόν  ττόλον,  βο  gleicht 
anch  diese  Drehhewegnng  dem  Wickeln  eines  Convolnts^  dem 
εΤλημα  ^. 

Kein  Wnnder,  dass  derartige  Vergleiche  dem  Griechen,  der 
die  ihn  umgehende  Welt  mit  lehhaftesten  Sinnen  betrachtete, 
auch  bis  ins  Einzelne  begleitet  haben.  Macht  es  der  Südländer 
doch  noch  heute  so.  Bei  Hamilton,  Reisen  in  Kleinasien  (Deutsche 
Ausgabe  I  S.  505)  lese  ich^  dass  da  ein  Berg  von  schwärzlichem 
Gestein  vom  Volk  des  Landes  Karadewit,  d.  h.  das  Tintenfass  ge- 
nannt wird. 

Wem  fällt  dabei  nicht  gleich  das  Nildelta  ein?  Die  Alten 
lehren,  dass  das  Schriftwesen  ihm  den  Namen  gab.  Die  An- 
schauung stammte  vom  gleichnamigen  Buchstaben  (Plin.  n.  bist. 
V  48  u.  sonst). 

Wer  Ortsnamen  wie  Bhodos,  PyxoSj  Seriphos  betrachtet, 
gewahrt,  dass  sie  von  Pflanzen  hergenommen  sind;  Rhodos  ist 
die  Rose,  Pyxos  der  Bux,  Seriphos  die  gleichnamige  Pflanze^; 
so  hat  die  phönicische  Stadt  Byblos  einen  Namen,  der  aus  dem 
Semitischen  abgewandelt  ist.  Aber  die  Abwandlung  wurde  von 
den  Griechen  unter  dem  Triebe  der  Volksetymologie  vorgenommen, 
muthmasslich  unter  Einfluss  der  homonymen  Stadt  am  Nil  in 
ünterägypten,  und  der  Stadtname  bedeutete  für  sie  die  Papyrus- 
pflanze  oder  auch  das  Buch  selbst,  βύβλος'. 

Die  Heerestruppe,  die  säulenartig  marschirt,  muss,  wenn 
sie  sich  zur  Schlacht  aufstellt,  in  breiter  Front  sich  auseinander- 
ziehen. Diese  Entwicklung  der  Truppenmasse  heiset  lateinisch 
technisch  explicare  aciem.  Das  Wort  stammt  wieder  vom  Buch- 
wesen. Das  Heer  wird  eben  entrollt  und  aufgewickelt.  Auch 
volvere  selbst  erscheint  in  diesem  Sinn;  Livius  schreibt  22,29,5 

^  Für  die  Kreiebewegung,  die  um  ein  Centrum  oder  um  eine 
Achse  geht,  braucht  Plato  sonst  regelmässig  ατρέφ€αθαι. 

«  Vgl.  De  halieuticis  S.  45  f. 

•  Daher  die  antiken  Erklärungen,  bei  Oroe  (Reitzenstein,  Gesch. 
der  griech.  Etymologika  S.  329) :  Βύβλος  πόλις  Φοινίκης  αρχαιότατη, 
€ΐρηται  bi  6τ\  τά  έν  αυτή  τιθέμενα  βιβλία  άσηπτα  διαφυλάττεται;  da- 
neben die  zweite,  dass  Isis  dort  ihr  βυβλινον  διάδημα  abwarf  άπό  τής 
bf  τφ  Νείλφ  φυομένης  βύβλου  έν  ^λεσιν. 


Boohweeeo  α.  Bauwesen:  Trajanesanle  u.  delphische  Sohlangensäule    41 

volvefUes  arhem  eanglobati  restare  für  die  kreisförmige  Aufstellung, 
die  nach  allen  Seiten  Front  macht;  dasselbe  ibid.  4,28,3.  Die 
Griechen  aber  gingen  hierin  voran:  άνατττύσσειν  τήν  φάλαγγα 
steht  bei  Xenopbon  Cyrop.  VII  5,  5;  έ£€λ{(Τ(Τ€ΐν  von  den  Legionen 
bei  Plutarch  Otho  12.  Wo  bildlich  vom  Aufrollen  geredet  wird, 
ist  telbetverständlioli  die  Rolle  selbst  das  Muster. 

Daher  aber  auch  die  cornua  des  Buchs,  cornua,  κέρατα, 
lind  die  Flügel  der  Schlachtreihe;  cornua  sind  ebenso  die  un• 
beechriebenen  verdickten  Endblätter  der  offenen  Rollen.  Die 
Analogie  der  Sohlachtreihe  mit  dem  Buch  ist  also  auch  hierin 
festgehalten^,  und  sie  ist  damals  gewiss  jedem,  der  so  sprach, 
bewusst  gewesen. 

Umgekehrt  liegt  der  Sachverhalt  im  folgenden  Fall,  und 
damit  nähern  wir  uns  den  Dingen  des  Bauwesens,  dem  Hause, 
dem  Zelt.  d<üet  hiess  semitisch  die  Thüre;  dairon  ist  aber  nach 
wahrscheinlioher  Annahme  die  όέλτος  der  Griechen  entlehnt,  die 
nicht  mehr  Thür,  sondern  eine  Gruppe  von  Schriftzeilen,  eine 
Schriftcolumne,  einerlei  auf  welchem  Material,  bedeutete.  Dass 
auch  sonst  Schriftspalten  'Thtiren,  Thore'  hiessen,  ist  *  Buchrolle' 
S.  210,  1  in  Anschluss  an  L.  Blau  Zum  althebr.  Buchw.  S.  116 
gezeigt.  Das  Gemeinsame  der  Thür  und  der  Schriftseite  war 
dreierlei.  £rstlich  die  Form  des  Rechtecks;  sodann  die  That- 
sache,  dass  man  auch  wirklich  die  Thürflächen  zum  Schreiben 
benutzt  hat  (5  Mos.  6,  9  u.  11,  20).  Was  sich  einprägen  sollte, 
schrieb  sich  der  Bewohner  eben  auf  seine  Thür.  Drittens  aber 
war  sie  wie  die  Brieftafel  transportabel,  und  zwar  nicht  nur  die 
Zeltthür,  sondern  auch  die  Uausthür.  Es  bestand  im  Orient  die 
Sitte,  dass,  wer  zur  Miethe  wohnte,  seine  eigene  Thüre  mitbrachte 
und,  wenn  er  auszog,  sie  wieder  mit  sich  nahm^. 

Wir  brauchten  einmal  eine  Geschichte  der  Thür.  Die  be- 
schriebene und  die  mit  Bildschmuck  versehene  gehören  eng  zu- 
sammen.  Beide  entsprachen  der  Buchseite,  des  geschriebenen 
und  des  Bilderbuchs. 

Was  von  der  Thür  galt,  konnte  nun  auch  von  der  Haus- 
wand gelten.  Der  Römer  nennt  das  Einzelblatt  im  Rollenbuch 
pagina,  von  pangere  'zusammenfügen';  denn  jedes  Blatt  ist  aus 
Streifen  des  Papyrus  zusammengefügt.  Von  demselben  Verbal- 
stamm   leitet    sich    auch   compages,    der  Bau,    als    Füg  werk    be- 


1  'Buchrolle'  S.  235. 

-  Dziatzko,  Unter  Buchungen  z.  antiken  Buchwesen  S.  11. 


42  Birt 

trachtet,  repagtdum^  Yereohluesbalken  und  anlepagmentum^  der 
vorspringende  Theil  der  Wandbekleidung  oder  Pfosten,  her. 
Lauter  Ausdrücke  der  Bantechnik.  Dagegen  ist  pagina  eigent- 
lichster Terminus  des  Schriftwesens  geblieben,  und  es  ist  ledig- 
lich üebertragung,  wenn  wir  gelegentlich  von  den  paginae 
der  Thürflügel,  valvae  (Plin.  16,  225),  oder  von  den  paginae  = 
tabidae  als  Platten  des  Fussbodens  (Pallad.  6,  11)  lesen. 

Daraus  ergiebt  sich,  dass  auch  compaginare  in  seiner  Grund- 
bedeutung nur  das  Zusammenkleben  der  Bnchseiten  bedeutete  ^ 
und  dass,  wo  das  Wort  für  compingere  eintritt,  wiederum  ein 
Einfluss  der  Sprache  des  Buchwesens  auf  die  des  Bauwesens  vor- 
liegt; erst  im  Spätlatein  scheint  dies  einzutreten.  Das  Glossar 
*AfFatim'  erklärt  einfach  compaginavit  caniuncait  (Corp.  gl.  lat 
IV  496,  42);  compaginare  pontem  schreibt  Ammianus  Marceil.  30, 
10,  2;  compaginatio  ähnlich  Ambrosius  zu  Psalm  37  §  29. 

So  ist  nun  endlich  auch  pagina  selbst  damals  zum  Aus- 
druck für  die  Innenwand  eines  Thermenbaus  oder  einer  Kirche, 
Basilika,  geworden.  Bei  Sidonius  Apoll,  epist.  II  2,  7  liest 
man:  inierior  pariäum  facies  solo  levigati  caementi  candore  con- 
tenta  est;  non  hie  per  nudam  pictorum  corporum  pulchritudinem 
turpis  prostat  historia  ....  nihil  Ulis  paginis  impressiim  re- 
perietur  quod  non  vidisse  sit  sanctius;  und  epist.  II  10,  3:  ecdesia 
nuper  eastructa  Lugduni  est  .  .  .  fiuius  igitur  acdis  extimis  .... 
Carmen  inscripsi  trochaeis  triplicibus  ....  namque  ab  hexametris 
eminentium  poetarum  Constanfii  et  Seeundini  vicinantia  altari 
basilicae  latera  clarescunt,  quos  in  hanc  paginam  admitti  nostra 
quam  maxime  verecundia  vetaf.  Klar  ist,  dass  in  beiden  Fällen 
der  Tropus  dadurch  erleichtert  ist,  dass  es  sich  um  bemalte  oder 
mit  Versen  beschriebene  Wände  handelt ;  die  Wände  glichen  den 
beschriebenen  oder  bemalten  Seiten  des  Lesebuchs  und  des  Bilder- 
buche. 

Man  könnte  geneigt  sein  hiermit  weiter  einen  Ausspruch  zu 
vergleichen,  der  unter  des  Euripiiles  Namen  überliefert  wird, 
Eurip.  frg.  dub.   1130  X.: 

τΓοϊος  b'  δν  οίκος  τβκτόνων  ττλασθβις  υττο 
bέμaς  τό  θείον  ττεριβάλοι  τοίχων  πτυχαΐς; 
Die  Gottheit  wird  eingeschloseen  in  die  'Falten  der  Wände  .    Das 
Verb  π€ριβάλλ€ΐν  wird  auch  sonst  vom  Ziehen  von   Umfassungs- 
mauern gehraucht,  Polyb.  4,  65,  1 1 ;  5,  20,  Γ».    Die  'Falten  der  Wände' 

1  'Buchrolle   S.  6. 


Bachm•  en  η.  Bmmreeni :  Trajanssiole  u.  delphieebe  Sdilangensinle     43 

aber  erinnein  vne  an  die  *  Falten  des  Bncbes',  ßißXuiv  πτυχαί, 
▼on  denen  wir  bei  Aeeebyl.  Hiket.  947,  und  δΑτου  πηιχαί,  von 
denen  wir  bei  £anp.  fr|r.  M)8  lesen.  Α  neb  bier  also  die  Wände 
als  paginae.  Docb  ist  diese  Interpretation  nicbt  zwingend,  nnd 
der  Vergieicb  konnte  gewiss  ancb  von  den  Falten  eines  Gewandes 
bergenommen  sein.  Denn  die  Wände  eines  Bauwerks  beissen 
χιτών  bei  Herodot  7,  189  und  bei  Xenopbon  Symp.  4,  38. 

TJm  so  bestimmter  geboren  die  (Τελ{δ€ς  bierber;  znnäcbst 
die  σελίδες  der  Tbolos  von  Epidanros. 

Der  Rnndban  der  Tbolos  ist  ein  hobler  Steincylinder.  Solch 
ein  Cjlinder  konnte  wohl  scbon  selbst  dazn  einladen,  ihn  mit 
einem  anfreebt  stehenden  geschlossenen  χαρτίον  zu  vergleichen,  mit 
dem  man,  wie  wir  S.  40  sahen,  ja  ancb  die  Gestalt  des  cylinder- 
förmigen  Erdkörpers  verglich.  Es  ist  daher  merkwürdig,  dass 
im  Sonterrain  der  Tbolos  von  Epidanrus  concentriscbe  Maner- 
ringe  sich  gefanden  haben,  deren  Zweck  schwer  zu  erklären.  Es 
ist,  als  steckte  da  ein  Cylinder  im  anderen.  Auch  das  konnte 
den,  der  bildlich  zn  denken  gewohnt  war,  an  eine  gewickelte 
Rolle  gemahnen.  In  Epidanrns  wird  nun  aber  in  den  insobrift- 
lich  erhaltenen  Akten  der  Ausdruck  (Τελίδες  auf  den  Säulen- 
umgang angewandt ,  der  die  Tbolos  umgab.  Sein  Grundriss 
zerfiel  in  52  concentriscbe  Abtheilungen,  und  diese  52  Abthei- 
lungen des  Fussbodens  werden  dort  (Τελίοες  genannt  ^.  (Τελ(ς  ist 
in  der  Litteratur^  sonst  ausschliesslich  nur  die  pagina^  die  Buch - 
Seite;  und  ein  Gompartiment  im  Grundriss  jener  Rundhalle 
glich  in  der  That  der  Buchseite  einer  offen  daliegenden  Rolle, 
einer  Rolle,  die,  statt  grade  gestreckt  aufgerollt  zu  liegen,  im 
£ü-eise  rund  um  den  Fues  des  Cylinders  gezogen  liegt.  Man 
vergleiche  übrigens  die  pagina  als  Platte  im  Fuesboden,  die  ich 
oben  aus  Palladius  6,11  angeführt. 

Eine  andre  bautechnische  Uebertragung  desselben  Terminus 
lernen  wir  sodann  noch  aus  den  Lexikographen  kennen.  Sie 
betrifft  den  Schiffsbau.  Nach  Photios  und  Hesycb,  die  ge- 
roeinsamer Quelle  folgen,  sind  (Τελίοες  die  Scheidewände  der 
Zwischenräume  im  Schiff,  τα  μετοΕύ  όιαφράγματα  τών  οιαστη- 
μάτιυν  τής  νεώς,  und  der  Grammatiker  fügt  selbst  hinzu,    dass 

1  *Buchrolle•  S.  214. 

'  Mit  Absehung  der  Glossographen.  üebrigens  ist  nach  Hesych 
σ€λ(ς  die  Schriftspalte,  καταβατόν  βιβλίου,  nach  Suidas  der  unbeschrie- 
bene Theil  zwischen  den  Spalten :  τό  μέσον  ΉΪιν  δύο  καταβατών  dTpaqwv 
τυγχάνον. 


44  Birt 

der  Ansdruck  dem  Buchwesen  eutlehnt  sei:  καθάπβρ  κα\  έν  τοις 
βιβλίοις  τα  μ€τα£ύ  τών  παραγραφών.  Εβ  sind  gleicheam  die 
IntercolamDien  im  Raderraum,  in  denen  die  Baderbänke  sich 
befinden  ^. 

Liest  man  endlich  bei  Bekker  Anecd.  p.  62,  28,  dass  es 
aoch  im  Theater  σ€λίΟ€ς  gab  (σελις  βιβλίου'  λέγεται  bi  και 
σελις  θεάτρου),  so  darf  nach  Analogie  der  Rundhalle  in  £pi- 
daurne  angenommen  werden,  daee  damit  nicht  etwa  die  ein- 
zelnen Sitzreihen  oder  Ränge,  sondern  dass  die  cunei  des  Zu- 
Bchauerraumes  gemeint  sind.  Denn  die  cunei  stehen  in  derThat 
rund  um  die  Orchestra  wie  Seiten  nebeneinander. 

Und  es  giebt  noch  eine  zweite  Beziehung  zwischen  Buch 
und  Theat erbau,  die  dazu  dient,  die  eben  ausgesprochene  An- 
sicht zu  empfehlen.  Die  offene  Rolle  ergab,  wenn  sie  zwischen 
den  Händen  herabhing,  ein  Halbrund,  das  man  mit  dem  des 
Theaters,  sei  dies  nun  wirklich  ein  Halbkreis  oder  ein  Drei- 
yiertelkreis,  vergleichen  konnte.  Die  £ndtheile  der  offenen  Rolle 
aber  hiessen  cornua ;  es  waren  dies  die  erste  und  letzte  Seite  des 
Buchs  (oben  S.  41);  cornua  hiessen  ganz  ebenso  auch  die  £nd- 
theile  des  Zuschauerraums;  vgl.  Plinius  nat.  bist.  36,  117.  Die 
Endtheile  im  Zuschauerraum  sind  aber  die  äussersten  cunei  des- 
selben. Demnach  sind  es  thatsächlich  die  cunei,  die  den  (Τελί^ες 
im  Buch  entsprechen. 

Sehen  wir  uns  weiter  um,  so  hiess  das  aus  zwei  Balken 
gefügte  Kreuz,  an  dem  man  die  Verbrecher  kreuzigte,  Tau; 
man  sah  darin  eben  den  Buchstaben  Τ  (tau  Gallicufn  Vergil 
Catal,  2,4)^.  Just  so  nannte  man  auch  die  Rundbank  oder  das 
Hemicyclium  Sigma;  die  Halbrundform  glich  eben  wieder  dem 
Buchstaben  C:  ein  Einfluss  der  Anschauung  der  Schriftzeicheu, 
den  wir  vorhin  schon  im  'Delta*  des  Nil  wahrgenommen  haben. 
Das  Gewölbe  hiess  sodann  nicht  nur  καμάρα;  man  nannte  es 
auch  άψίς  nach  dem  Kreisrund  des  Rades,  auch  ψαλίς  nach  der 
Ringform  des  Griffs  der  Scheere.  So  sehr  dürstete  die  Phantasie 
nach  Vergleichen,  die  die  Kunstformen  irgendwie  an  Dinge  des 
Alltags  anknüpften.  Spätgriechisch  aber  heisst  dasselbe  Gewölbe 
endlich  auch  εϊλημα,    davon  ειληματικός  und  είλητός  *  gewölbt*. 


*  Vgl.  Pollux  I  8H,  wo  α^λμα  von  σελίς  deutlich  unterschieden 
wird,  während  die  Iliasscholien  zu  TT  1  (έϋσσέλμοιο)  beide  Termini 
gleichsetzen  und  σ€λ{ς  als  καθέδρα  τοΰ  έρέτου  bezeichnen  (vgl.  Eustath. 
p.  1041,  27  u.  σ€λιδώματα,  schol.  Apollon.  Rhod.  1,  528). 

3  Vgl.  Kaibei-Bücheler  Rhein.  Mus.  44  S.  316. 


Buchwesen  n.  Bauwesen:  Triganssänle  u.  delphische  Sohlangensanle     45 

Man  stelle  βίλητόν,  είλητάριον^,  ένείλημα  "die  Bachrolle'  daneben. 
Wir  sind  damit  wieder  beim  Buche.  Ein  Tonnengewölbe  ist  ein 
halbierter  Hohlcylinder,    der  von  innen  geschant  wird. 

So  weit  die  Nachweise,  die  dem  Sprachgebrauch  der  Alten  selbst 
entnommen  sind.  £&  beginnt    hiemach  das  Gebiet  der  Hypothese. 

Zunächst  das  jonisohe  Capitell.  Es  handelt  sich  für 
uns  natürlich  nicht  um  die  Frage,  woher  <Iie  Griechen  seine  Form 
entlehnt  haben;  wir  fragen  nur,  was  die  Griechen  unter  dieser 
Form  sich  dachten.  Vitruv  hat  für  das,  was  wir  'Voluten'  nennen, 
den  Namen  aufgebracht:  voltUa,  das  Gerollte^,  die  schneckenartig 
eingerollte  Ranke  (ίλιΕ).  Zu  dieser  Bezeichnung  scheint  wenig 
zu  passen,  dass  Vitruv  III  3,  5 — 8;  IV  1,  12  die  jonischen  Capitelle 
eapitula  puivinata  nennt  und  ein  Kissen,  pulvinus  (τύλη),  in  der 
Volute  erkannte.  Denn  ein  Kissen,  auch  ein  Polster,  ist  kein 
fpiralisches  Convolut,  und,  wenn  es  ja  vorkam,  dass  man  die 
Kiesen  rollte,  so  war  das  doch  gewiss  nicht  das,  wodurch  sie 
als  Kissen  kenntlich  wurden^.  Zum  Veretändniss  muss  man  sich 
gegenwärtig  halten,  dass  sich  der  Römer  gewöhnt  hatte  jede 
Schwellung,  id  quod  iurgef,  wie  Erderhöhungen,  Gartenbeete  mit 
dem  pulvinus  zu  vergleichen.  Auf  das  Capitell  angewandt,  wird 
demnach  mit  diesem  Ausdruck  nicht  die  Rollung,  sondern  nur 
die  Schwellung  des  Volutenkörpers  angezeigt.  Dabei  ist  nun 
aber  überdies  von  Vitruv  das  verbindende  bandartige  Glied  voll- 
ständig ignorirt,  das  nicht  ursprünglich,  aber  in  der  entwickelten 
Kunst  regelmässig  von  einer  Volute  zur  anderen  hinüberführt 
und  für  die  Sache  ganz  wesentlich  und  charakteristisch  geworden 
ist.  In  der  That  geht  das  wachsende  Bestreben  der  Bildner  im 
Alterthum  dahin,  im  jonischen  Capitell  die  beiden  Volutenkörper 
organisch  zu  verbinden,  dh.  eine  in  zwei  Theilen  aufgerollte 
Rolle  nachzuahmen,  wie  sie  im  täglichen  Leben  allen  geläufig 
war.      Die    Nachahmung    ist    oft    so    getreu    wie   nur  möglich  1 

»  Vgl.  Wattenbach,  Schriftwesen »  S.  112  u.  151. 

*  Das  Feminin  voluta  wird  nicht  durch  Suppiirung  von  pars  zu 
erklären  »ein,  sondern  ist  ein  Versuch  das  Feminin  fXiE  (Athen,  p.  206  B) 
nachzubilden ;  ikil  gilt  übrigens  auch  vom  gewickelten  Papier,  so  Plut. 
Lysander  19. 

^  Mich  wundert,  dass  Neuere  dem  folgen;  Seniper  II  S.  441  redet 
wirklich  im  Hinblick  auf  das  jonische  Capitell  von  einem  'aufgerollten 
and  aufgebundenen  Kissen*.  An  dem  Fu^gergrabmal  in  St.  Ulrich  zu 
Augsburg  kann  man  übrigens  sehen,  wie  ein  Teppich  zu  einer  Rolle 
eingerollt  wird  und  als  Kopfkissen  dient;  aber  dies  ist  eben  ein  Teppich, 

*' Buchrolle   S.  135. 


46  Birt 

Rollencapitell,  Dicht  Poletercapitell,  wäre  die  passendere  Be- 
zeichnung. Es  ist  dabei  müesig  zu  fragen,  was  denn  die  Rolle 
da  oben  am  Kopf  einer  Säule  bezweckt  hat.  Was  bezweckt  der 
Igel  oder  έχΐνος  als  solcher  am  Kopf  der  dorischen  Säule?  Was 
bezwecken  in  gleicher  Höhe  die  Astragalen,  das  sind  Knöchel 
oder  Würfel,  die  den  Rundstab  bilden?  Die  Astragalenschnur 
hält  gleichsam  die  Säule  zusammen.  Aber  dazu  genügte  die 
Schnur  ohne  die  Knöchel.  Was  bezweckte  gar  das  Tympanon 
oder  die  Pauke,  womit  man  das  Giebelfeld  des  Tempels  bezeich- 
nete? Alles  dies  sind  kümmerliche  Gleichnisse,  aus  zufälliger 
und  zum  Theil  auch  nur  ganz  schattenhafter  Aehnlicbkeit  auf- 
gegriffen. Beim  jonischen  Capitell  ist  dann  aber  die  einmal 
wahrgenommene  Aehnlicbkeit  gelegentlich  absichtlich  gesteigert 
worden.  Und  was  dabei  den  Künstlern  vorschwebte,  kann  schliess- 
lich nur  die  in  zwei  Hollungen  auseinander  gezogene  Buchrolle 
(Motiv  VI)  gewesen  sein.  £s  liesse  sich  sonst  nur  an  die  wol- 
lene Binde  denken,  die  man  als  Tempelschmuck  zu  verwenden 
pflegte  \  Aber  Wolle  hielt  sich  nicht  in  dieser  Weise  von  selbst 
als  Convolut  zusammen;  die  Charta  that  es^. 


Abb.  1.  Abb.  2. 

Ich  sehe  manchen,  der  dies  mit  Achselzucken  liest  und 
denkt,  ich  sei  auf  die  Buchrolle  so  sehr  versessen,  dass  ich  sie 
überall  zu  finden  glaube.  Solchen  Bedenklichen  halte  ich  zwei 
weitere  Beispiele  entgegen,  die  der  Kleinkunst  angehören  und 
einen  Zweifel  nicht  zulassen.  In  einem  silbernen  Toilettenkasten 
im  British  Museum,  bei  Daremberg-Saglio,  Dict.  fig.  1176,  haben 
sich  vier  Pomadenbüchsen  gefunden,  die  die  Cylinderforni  der 
Buchrolle  zeigen*.  Vor  allem  aber  denke  ich  an  Heftnadeln, 
Fibulae,  deren  Querbalken  unter  dem  Büji^el  ebenfalls  geradezu 
eine  Buchrolle  ist.  Ich  fand  zwei  Beispiele  solcher  Fibeln  in 
München,  und  gebe  sie  hier  in  Abbildung  wieder:  Abb.  1  im 
Nationalmuseum,  röm.  Abth.  Tisch  9  Nr.  1477;  Abb.  2  im  Anti- 

1  aaO.  S.   125  f.  «  aaO.  S.  42;  176;   189. 

3  Vgl.  aaÜ.  S.  24«,  4. 


Bucbweeen  u.  Baawesen:  Trajanssäole  u.  delphische  Schlangensäule      47 

qnarimn  Saal  IV  Pult  5  Nr.  597.  Bei  letzterem  Exemplar  ist  die 
Wickelung  der  Rolle  sogar  deutlich  zu  erkennen.  Zwischen 
grosser  Kunst  und  Kleinkunst  kann  keine  Grenzlinie  gezogen 
werden;  diese  Fibeln  scheinen  mir  also  besonders  nützlich,  um 
zu  zeigen,  wie  thatsächlich  die  Anschauung  der  Buchrolle  die 
Schmuckformen  beeinflusst  hat. 

Belangreicher  ist  die  Frage  nach  dem  Wandschmuck  des 
jonischen  Frieses  und  seinem  Ursprung  und  Sinn.  Man 
nannte  ihn  6ιά2Ι(υμα,  auch  ίώνη  (Pausanias),  den  'Gürter.  Denn 
wie  ein  Gürtel  zog  er  sich  rings  um  den  Körper  des  Tempel- 
baue. Aber  die  Erfindung  ist  nicht  aus  der  Nachahmung  des 
Gürtels  geflossen.  Es  gilt  zu  erklären,  dass  dieser  gleichmäs^ig 
langgezogene  Streifen  stets  Bilder  trägt.  Denn  das  gehörte  zu 
seinem  Wesen.  Wer  würde,  nach  allem  Voraufgeschickten, 
noch  sich  wundern,  wenn  ein  Zeuge  des  Alterthums  uns  sagte, 
was  ich  ansetze,  dass  auch  dieser  Fries  nichts  war  als  ein 
in  Stein  übertragenes  aufgerolltes  Rollen  buch  mit  Bild-Erzäh- 
lung? Hätte  Semper  dereinst  auf  die  Bedeutung  der  Papyrusrolle 
im  ägyptischen  und  im  entwickelten  griechischen  Culturleben 
Acht  gegeben,  er  hätte  nicht  blos  vom  Einflnss  der  'Textrin'  auf 
den  Wandflächenschmuck  geredet,  oder  vielmehr,  er  hätte  die 
Papyrusrolle  in  den  Begriff  der  Textrin  mit  aufgenommen.  So 
gewiss  Polygnotische  Malereien  im  Prinzip  aufgehängte  Teppiche 
nachahmten,  so  unmöglich  scheint  diese  Annahme  für  den  Streifen- 
fries. Der  Aegypter  ging  damit  voran,  derselbe  Aegypter,  der 
auch  seine  Säulen  oftmals  dem  Papyrusschilf  nachbildete.  Denn 
auch  die  bandartig  gestreckten  ägyptischen  Friese  verrathen  sich 
m.  E.  vielfach  deutlich  als  Nachbildungen  solcher  ausgespannten 
Bilderbücher,  die  man  im  täglichen  Leben  als  Papyrusrollen  in 
den  Händen  hielt  und  in  denen,  wie  auf  den  Friesen,  Beischriften 
die  Figuren  begleiteten  und  erläuterten.  Sie  wurden  imitirt  wie 
die  Teppiche  und  so  gleichsam  an  die   Wand  gehäng.t. 

In  der  Decoration  der  Trajanssäule  steigert  sich  dann 
aber  der  Realismus,  und  ein  Verkennen  ist  nicht  mehr  möglich. 
Denn  von  den  bei  Griechen  und  Römern  üblichen  Schmuckfriesen 
unterscheidet  sie  sich  dadurch,  dass  sie  nun  endlich  auch  das 
Buch,  die  Rolle  selbst,  die  als  Vorlage  dient,  mit  abbildet  und 
als  solche  deutlich  erkennen  lässt.  Das  Trajansmonument  zeigt 
die  Buchrolle  als  Relief  ansteigend  um  die  Säule  gewickelt. 

Semper  wusste  schwerlich  etwas  von  der  Benutzung  der 
PapyrusroUe  als  Bilderbuch  bei  den  Griechen  und  Römern.     Er 


4β  Birt 

konnte  mko  für  die  Tnjmnssäale  bei  aller  Umsieht  nieht  mm 
riebt i^en  Schloit«  gelansren.  Doch  wird  es  Pdieht  sein,  auf  seine 
Hjrpothese  mit  einem  Wort  zurück  ζ  akom  men  ^. 

Zur  pompösen  Ansscbmücknng  von  Aussen  wänden  wurden 
in  Rom  bei  Sif'geefeeten  und  äbnlichen  Anlässen  Gemälde  tob 
grossem  Flächenamfang  verwendet,  die  ad  hoc  angefertigt,  also 
ihrem  ephemeren  Zweck  entsprechend  auch  selbst  vielfach  woU 
nur  ephemer  waren.  Werden  ans  solche  Bilder  als  τήνακες, 
icMae  bezeichnet,  so  folgt  daraas  gewiss  nicht,  dass  sie  auf 
Holz  gemalt  waren  -.  Sidonias  Apollinaris  schildert  carm.  22, 158  ff. 
ein  Wandgemälde,  das  Mithridates,  der  Cyzicas  belagert,  nnd 
daneben  den  Entsatz  der  Stadt  darstellte.  Dies  könnte  ein  Nach- 
klang der  Gemälde  sein,  die  einst  Pompejos  für  seinen  Triamph- 
zag  malen  liess'.   Aach  der  Leichenwagen  Alexanders  des  Groeseik 

^  Hierauf  wurde  ich  von  competenter  Seite  hingewiesen. 

'  3Iit  vollem  Recht  hat  dies  schon  Semper  I  S.  293  betont.  Be:a 
Beidem,  iKvos  wie  tabula,  vergass  man  oft  die  Grundbedeutung  de^ 
Wortes  gänzlich  und  verstand  darunter  nicht  den  Trager  der  MalereE. 
sondern  die  Malerei  selbst,  einerlei,  auf  welchem  Steffe  sie  anfg^etra 
war.  Das  lässt  sich  schon  aus  dem  Obigen  erschliessen,  aber  überdies 
auf  mehrfachem  Wege  beweisen.  Hesych  s.  v.  σκυτάλαι  definirt  di 
gewundenen  σκυτάλαι  als  πίνακ€ς:  also  wurden  die  letzteren  auch 
wickelt.  Die  Ehekontrakte  hiessen  ständig  tabulae  nuptiaies  ode^s 
einfach  tahulae;  sie  werden  auf  den  £hesarkophagen  aber  durctez 
weg  als  Papyrusrolle  dargestellt,  und  Belege  für  den  τdμoς  CrrpaqK)^^ 
auf  Charta  haben  sich  noch  erhalten  (Buchrolle  S.  67).  Die  geogri^^ 
phischen  Karten  heissen  ständig  πίνακες  (Plut.  Theseus  1 ;  Strabo  C^ 
p.  71 ;  tabula  Cic.  ad  Att.  6,  2.  3) ;  aber  sie  waren  meistens  geroll^^ 
wie  die  tabula  Peutingeriana  es  ist,  und  bestanden  gleichfalls  ent^ 
weder  aus  Charta  oder  aus  Membrane,  nicht  aber  aus  Holz  (yg^E 
Buchrolle  S.  28>5,  2).  Weiter  heisst  in  der  Litteratur  irivoE  auch  da-«^ 
'Schriftenverzeichniss*,  wie  zB.  das  des  Aristoteles  (Plut.  Sulla  26)  ode^ 
das  des  Plutarch;  dh.  πίναζ  bedeutete  hier  einfach  'Tabelle*.  Solche 
Schriftenverzeichnisse  standen  aber  natürlich  in  den  Büchern  selbst^ 
also  wieder  auf  Charta.  Auch  Testamente  heissen  femer  tabulae;  wen^^ 
aber  Eumenes  das  Testament,  das  er  geschrieben,  zerreisst  (κατ^σχια-  ^ 
Plut.  Eum.  Ifi),  so  deutet  dies  wieder  auf  Charta  hin.  Muthmaaslicf^ 
gehört  auch  hierher,  dass  es  in  den  Schriften  über  Taktik  eingelegt^ 
Schlachtpläne  gab,  die  Plutarch  Philopoimen  c.  4  als  τάς  iiii  τοΐς  πιν^^ 
κιδίοις  διαγραφάς  (των  τακτικών  θεωρημάτων)  bezeichnet;  und  aa^^ 
der  πίναΕ  des  liitos,  den  ich  bei  Reitzenstein  Poimandres  S.  104  ' 
wähnt  finde,  scheint  Gemälde  und  Text  vereinigt  zu  haben. 

3  Appian  Mithrid.  117;  vgl.  K.  Purgold,  Arch.  Bemerkungen.. 
Claudian  und  Sidonius,  1878,  S.  119  f. 


Bachwesen  u.  fiauweaen:  Trajansaäule  u.  delphieohe  Sohlangensäule     49 

war  in  dieser  Weise  geschmückt,  und,  nähert  sich  die  Rekon- 
struktion dieses  Wagens,  wie  sie  unlängst  Bulle  überzeugend  ge- 
geben^, dem  Thatsächlichen,  so  hatten  auch  diese  Bilder  die 
Form  des  Streifenfrieses  oder  eines  offen  ausgespannten  Rollen- 
bnchs.  Im  Hinblick  hierauf  hat  man  nun  beispielehalber  an- 
genommen, dass  Triumphbögen  interimistisch  aus  Holz  hergestellt 
und  mit  derartigen  bunten  Schildereien  behängt  worden  seien; 
daraus  seien  dann  die  steinernen  monumentalen  Triumphbögen 
der  Römer  mit  ihrer  Reliefbildnerei  hervorgegangen.  Das  ist  nicht 
bewiesen  und  nicht  beweisbar.  Noch  weniger  aber  und  in  keinem 
Fall  lässt  sich  für  die  Trajans-  und  Marcussäule  an  einen  derarti- 
gen Ursprung  glauben.  Semper,  Der  Stil  Bd.  I  S.  295  wollte  ihre 
Decorationsweise  von  den  mit  allerlei  Bildwerk  geschmückten 
thurmartigen  Scheiterhaufen  und  von  den  Gemälden  ableiten,  die 
bei  Triumphen  auf  hohen  GcKtellen,  πήγματα,  per  Achse  zur 
Schau  herumgefahren  wurden.  Josephus  schildert  Bell.  lud.  VII 
141  f.  solchen  Wagen,  der  beim  jüdischen  Triumph  des  Vespasian 
und  Titus  Verwendung  fand.  Die  Gestelle  waren  da  theils  mit 
Goldteppichen  umzogen  (περιβέβλητο),  theils  mit  einer  Darstellung 
der  gesammten  Eriegsereignisse,  die  in  viele  Abtheilungen  zerfiel 
(6  πόλεμος  μεμερκτμένος),  aus  welcher  Nebeneinanderstellung 
übrigens  zu  entnehmen  ist,  dass  diese  Darstellungen  selbst  mit 
Teppichen  nichts  zu  thun  hatten;  sie  waren  entweder  auf  Charta 
oder  auf  Leinwand  gemalt.  Semper  folgerte  nun :  *der  Figuren- 
fries, der  an  dem  Schafte  jener  Säulen  (des  Trajan  und  Marcus) 
sich  hinaufwindet,  ist  dann  auch  weiter  nichts  als  monumentale 
Dnrohbildung  des  Motives,  das  in  den  gemalten  Leinwandnm- 
würfen  jener  Pegmata  vorlag,  und  konnte  sich  daher  auch  in 
Streifen  um  die  cylindrisohe  Oberfläche  der  Säule  herumwickeln 
lassen.' 

Hier  ist  Ungleiches  mit  Ungleichem  gleichgesetzt.  Eine 
göttertragende  Rhrensäule  hatte  mit  Scheiterhaufen  und  mit  jenen 
Pegmata  nichts  zu  thun.  Nur  im  Zusammenhang  der  Geschichte 
der  göttertragenden  Säule  selbst,  wie  ich  sie  aaO.  S.  277  ff. 
skizzirt  habe,  kann  die  des  Trajan  ihre  Erklärung  finden.  Diese 
Geschichte  lehrt  aber,  dass  sie  von  vornherein  monumental, 
weil  gottesdienstlich,  gewesen  und  also  auf  alle  Fälle  von  den 
blossen  Decorationsbauten,  die  etwa  aus  der  Nachahmung  ephe- 
merer Schaugerüste  entstanden,  streng  zu  sondern  ist.     Man  ver- 


1  Bulle  im  Jahrb.  d.  arch.  Inst.  21   (1906)  S.  54. 
BlMin.  Mus.  t,  Philol.  N.  F.  LXIIL 


50  Birt 

gleiche  nur  gleich  die  reliefgesohmückte  grosse  Juppitersäule  in 
Mainz.  Da  kann  niemand  an  solche  triumphale  Schanstellung 
von  Bildern  denken.  An  der  Trajanssänle  wie  an  der  Jnppiter- 
eänle  haben  die  Reliefs  gottesdienstlichen  Werth.  Der  religiöse 
Zweck  solcher  Sänlen  ist  vor  allem  zam  Verständniss  wichtig. 
£r  erhellt  schon  genugsam  aus  den  Standbildern,  die  sie  trugen. 
Denn  wie  Juppiter  so  stand  Trajan  apotheosirt  auf  seiner  Säule ; 
er  war  Gott;  ebenso  Marc  Aurel.  Die  Basis  eines  Götterbildes 
aber  ist  ein  Heiligthum.  Nur  als  Heiligthtimer  können  Marcus- 
nnd  Trajanssäule  aufgefasst  werden. 

Derjenige,  der  hierfür  noch  ein  weiteres  Zeugniss  braucht, 
sei  an  die  Porphyrsäule  erinnert,  die  Verbrannte  Säule ,  die 
Constantin  der  Grosse  errichtete.  Auch  sie  trug  hoch  oben  sein 
eigenes  Standbild  in  der  Gestalt  des  Apollon-Helios  und  ent- 
sprach insofern  der  Trajanssäule  durchaus.  Von  ihr  aber  be- 
richtet uns  Philostorgios  II  1 7,  dass  die  Christen  vor  ihr  opferten 
nnd  dem  Constantin  ευχάς  darbrachten  ώς  θεψ.  Diese  Mit- 
theilung ist  von  Werth ;  denn  darin  verräth  sich  eben  die  sakrale 
Bedeutung,  die  solche  Monumente  dem  Volk  gegenüber  in  An- 
spruch nahmen,  und  dies  Zeugniss  steht  nicht  allein.  Auch 
dem  Julius  Cäsar  wurde  nach  seiner  Ermordung  vom  Volk  auf 
dem  Forum,  wie  Sueton  c.  85  erzählt,  zum  Zeichen  seiner  Ver- 
göttlichung eine  columna  von  fast  20  Fuss  Höhe  errichtet,  und 
bei  ihr  wurde  geopfert,  in  Rechtsstreitigkeiten  Gelübde  gethan 
und  Eid  geleistet.  Diese  beiden  Geschehnisse,  die  über  300  Jahre 
auseinander  liegen,  sind  sachlich  identisch;  sie  führen  auf  das- 
selbe. Auch  dieTrajans-  und  die  Marcussäule,  die  den  vergöttlichten 
Kaiser  auf  ihrem  Scheitel  trugen,  haben  zu  ihrer  Zeit,  wie  sich 
von  selbst  ergiebt,  den  gleichen  sakralen  Zweck  gehabt  und 
müssen  für  die  Frömmigkeit  des  Volks  der  Hauptstadt  zeitweilig 
denselben  religiösen  Mittelpunkt  gebildet  haben. 

Ist  nun  aber  die  Trajanssäule  ein  gottesdienstliches  Monument 
gewesen,  so  kann  das,  was  an  ihr  aufgehängt  ist,  nur  Gegen- 
stand einer  Weihung  sein.  Denn  nur  Gegenstände  der  Weihnng 
wurden  an  solchen  Säulen  befestigt. 

Dieser  Gegenstand  ist,  wie  jeder  sieht,  seiner  Form  nach 
kein  'Pinax',  sondern  ein  Buch.  Und  dies  Buch  verherrlicht  des 
Gottes  Thaten.  Das  ist  sein  Inhalt.  Da  der  Inhalt  des  Buchs 
bekannt  gegeben  werden  sollte,  so  niusste  sein  Inneres  aufgerollt 
erscheinen,  und  es  wurde  deHhalh  von  unten  nach  oben  um  die 
Säule  gewickelt.    So  that  sich   die  Bilderfolge  auf.    Man    wickle 


BoohweMD  α.  Bauwesen:  Trajanesäule  α.  delphische  Schlangeneäule     51 

die  Joeuarolle  etwa  um  einen  Eirchenlenohter  und  man  hat 
daaeelbe. 

Ein  um  eine  Sänle  gewickeltes  Bach!  Das  Motiv  der  Jap- 
pitersäule  in  Mainz  ist  damit  verändert,  und  es  ist  dadurch  erst 
sinnvoll  geworden.  Eine  Idee  liegt  zu  Grunde.  Diese  Idee  war  neu 
und  doch  nicht  ganz  neu.  Denn  das  nämliche  Prinzip  zeigt  schon 
die  delphische  Schlangensäule  in  Constantinopel.  Sie  ist 
für  die  Trajanssäule  der  wichtigste  Vorgänger ;  und  in  ihr  stellt 
sich  uns  nun  die  Nachahmung  der  ^Skytale',  des  spartanischen 
Geheimbriefes  dar,  der  spiralisch  ansteigend  um  den  Stock  ge- 
wickelt wurde.  Die  gewickelte  Skytalö  ist  das  einzige,  was  uns 
das  antike  Leben  als  Analogie  zur  Schlangensäule  und  zur  Trajans- 
säule darbietet.  Die  Nachahmung  scheint  mir  wiederum  augen- 
fällig. Auch  dies  also  ein  Einfluss  des  Buch-  und  Schriftwesens 
auf  die  Kunst  der  Griechen,  der  im  selben  5.  Jahrhundert  v.  Chr. 
statt  hatte,  in  dem  auch  der  jonische  Fries  zur  Entwicklung  kam. 

Für  die  Trajanssäule  wurde  das  Motiv  des  geweihten  Buches 
deshalb  beliebt,  weil  sie  den  Mittelpunkt  der  von  Trajan  gestifteten 
Bibliothek  bildete.  Das  Motiv  der  Säule  muss  aus  der  zu- 
gehörigen Bibliothek  erklärt  werden,  und  es  erklärt  sich  aus  ihr 
auf  das  einleuchtendste. 

Auch  sie  ist  dabei  von  der  spartanischen  Skytale  beeinflusst. 
Das  Charakteristische  der  Skytale  war,  dass  die  Ränder  des  in 
Spiralen  ansteigenden  Riemens  hart  aneinander  liegen  mussten, 
Bo  dass  von  dem  Stab  selbst,  der  als  Träger  diente,  nichts  zu 
sehen  war. 

Diesem  Prinzip  folgt  die  Trajanssäule  ebenso  sorgfältig  wie 
die  Schlangensäule. 

Das  beiden  Monumenten  Gemeinsame  ist  überdies,  dass  sie 
Ruhmesdenkmäler  sind  und  hier  in  Bildern,  dort  durch  Schrift- 
worte die  Erinnerung  an  erfolgreiche  Eriegserlebnisse  festhalten, 
eine  Botschaft  des  Sieges. 

Die  Spartaner  wickelten  ihre  Botschaften  oder  Briefe  als 
weissen  Lederriemen  um  den  Stab.  Das  war  die  *  Skytale'.  Auf 
der  Trajanssäule  ersetzt  die  Buch  rolle  den  Riemen  in  Ueber- 
einstimmung  mit  Plutarch  Lys.  19,  der  bei  seiner  Beschreibung 
der 'Skytale'  statt  vom  Riemen,  ausdrücklich  vom  βιβλίον  redete*. 
An  der  Schlangensäule  ersetzt  ihn  endlich  die  Schlange,  und 
zwar  drei  Schlangen,  die  jedoch  eng  in  einander  gewunden  sind, 


t  'Buchrolle    S.  275. 


62  Β  ί  r  t 

als  w&ren  sie  eins^.     Auf  den    unteren  Spiralen  dieser  Schlange 
steht  da  ansteigend  die  Schrift. 

Alles  dies  ist  anderen  Orts  eingehender  von  mir  ausgeführt'. 
Ich  habe  aber  versäumt  die  Frage  zu  stellen,  warum  hier  grade 
die  Schlange  erscheint,  warum  der  Riemen  der  Skytale  in  den 
Schlangenkörper  verwandelt  ist? 

Diese  Frage  ist  um  so  berechtigter,  da  das  eigenartige 
Motiv,  um  das  es  sich  handelt,  so  viel  ich  weiss,  auf  keinem 
andern  Monument  wieder  vorkommt.  Es  ist  augenscheinlich  früh 
veraltet. 

Eine  sichere  und  vollkommen  einleuchtende  Auskunft  ver- 
mag ich  nun  freilich  nicht  zu  geben,  und  es  muss  uns  der  Ver- 
gleich der  Thatsache  genügen,  dass  Schlangen  sich  eben  häufig 
um  Stäbe  und  Baumstämme  schlingen.  Dies  Motiv  wurde  nach- 
geahmt; da  die  Schlange  jedoch  Schrift  tragen  sollte,  hat  der 
Künstler  zugleich  an  die  für  ihn  gewiss  naheliegende  Anschauung 
des  spartanischen  gewickelten  Briefes  angeknüpft  und  ihre  Win- 
dungen deshalb  auf  das  engste  zusammengerückt,  was 
genau  dem  Prinzip  der  Skytale,  keinegswegs  aber  der  Art  ent- 
spricht, wie  man  sonst  Schlangen  in  solcher  Situation  abbildete. 
Denn  die  Windungen  der  Schlangen  zeigen  sonst  überall  mehr 
oder  weniger  breiten  Zwischenraum. 

Um  dies  Aneinanderrücken  zu  erreichen,  wurden  daher  drei 
Schlangen  nüthig.  Die  Zwischenräume,  die  zwischen  den  Win- 
dungen der  einen  Schlange  offen  stehen,  werden  immer  von  den 
zwei  übrigen  ganz  ausgefüllt.  Die  Aufgabe  ist  damit  gelöst: 
der  Stab  ist  vollkommen  zugedeckt. 

Oben  lief  das  Thiergewinde  in  drei  Köpfe  aus.  Die  Schlangen- 
leiber aber  sind  so  geschickt  an  einander  gelegt,  dass  der  minder 
achtsame  Betrachter  in  ihnen  nur  eine  einzige  Schlange  zu  er- 
kennen glaubt.  So  ging  es  nicht  nur  mir,  sondern  schon  dem 
Herodot,  der  in  seiner  Beschreibung  9,  81  getrost  von  einer  ein- 
zigen τρικάρηνος  δφις  redet,  so  wie  dann  auch  Pausanias  X  13,9 
eben  nur  von  einem  οράκων  weiss. 

Dazu  kommt  nun  endlich,  dass  die  Windungen  dieser  drei- 
einigen Schlange  von  links  nach  rechte  ansteigen.  Häufiger  sieht 
man  auf  den  Bildwerken,  dass  Schlangen  sich  von  r.  nach  1.  um 

*  Die  Art,  wie  der  DreifusR  selbst  mit  der  Schlangensäule  ver- 
bunden war,  ist  noch  nicht  sicher  ermittelt.  Man  wird  uuch  das 
Lysikratesdenkmal  in  Athen  zu  vergleichen  haben. 

a  aaü.  S.  274—282. 


Buchwesen  α.  Bauwesen:  Trajanssäule  u.  delphisohe  Scblangensäale     53 

Stämme  oder  Altäre  schlingend  Es  Hesse  sich  denken,  dass 
dies  hier  vom  Künstler  der  Schrift  zu  liebe  so  angeordnet  worden 
ist.  Denn  die  Schrift  läuft  von  1.  nach  r.  Die  Nameninschriften 
waren  dann  also  von  vornherein  beabsichtigt. 

Der  Spartanerkönig  Pausanias  hatte,  wie  Thukydides  I  132 
erzählt,  ohne  officiellen  Auftrag  und  eigenmächtig  {\h\Cf)  auf  den 
Sockel  des  von  den  Griechen  gemeinsam  errichteten  Monumente 
ein  Ruhmesepigramm  gesetzt,  das  nur  ihn  selbst  nannte.  Dies 
widersprach  aber  dem  Willen  der  Lakedämonier;  sie  tilgten  da- 
her diese  Inschrift  und  Hessen  vielmehr  auf  den  Schlangenkörper 
selbst  unter  der  üeberschrift  Toibe  τον  πόλεμον  έπολέμεον  die 
Namen  der  an  der  Schlacht  von  Platää  betheiligten  Staaten  oder 
Städte  graviren.  Das  war  loyal;  dies  Hchuldeten  sie  ihren 
Bundesgenossen^.  Es  ist  aber  bezeichnend,  dass  gerade  die  Spar- 
taner dies  thaten.  Sie  hatten  die  Führung;  sie  hatten  die  Ini- 
tiative. Wer  wird  zweifeln,  dass  sie  auch  die  Erfindung  des 
Monumentes  selbst  vorwiegend  beeinflusst  haben?  Es  >varen  ja 
eben  die  Spartaner,  die  sich  damals  im  Leben  der  Skytale  als 
Schriftträgers  für  Kriegszwecke  bedienten.  So  ist  die  delphische 
Schlangensäule  das  geworden,  was  sie  ist:  eine  künstlerische 
Umgestaltung  der  Skytale  der  Spartaner.  Die  letzte  der  Kriegs- 
botschaften,  die  sie  brachte,   war  die   Botschaft  vom  Siege. 

Als  dann  der  Gebrauch  der  Skytale  einging  oder  seine  Be- 
deutung verloren  hatte,  was  muthmasslich  früh  geschah,  verlor 
auch  das  Motiv  der  delphischen  Schlangensäule  Zweck  und  Sinn. 
Es  hat  daher  in  der  Kunst  zunächst  nicht  weiter  gewirkt. 

Schlange  und  Stab!  Wir  erinnern  uns,  dass  beide  ja  auch 
sonst  in  naher  Beziehung   stehen,    und  jedem,    der    eine  sparta- 


1  Vgl.  zB.  Baumeister  Denkm.  Nr.  745;  636;  981;  148;  152; 
auch  Nr.  3  ( Abraxasgemme ;  der  Abdruck  der  Gemme  ergab  hier  das- 
selbe); oder  Röscher  Myth.  Lex.  I  S.  634  ff.;  2602;  II  S.  83;  287  u.a. 

^  Fabricius  im  Jahrbuch  d.  arch.  Inst.  I  S.  182  sagt:  'Erst  nach- 
dem das  delphische  Weihgeschenk  längst  vollendet  war,  haben  die 
Lakedämonier  sich  in  Folge  der  Anmassung  des  Pausanias  dazu  ent- 
schlossen, die  Namen  der  Mitkämpfer  nachträglich  auf  dem  Denk- 
male zu  verzeichnen*.  Das  ist  nicht  zu  erweisen.  Es  kann  von  vorn 
herein  ihre  Absicht  gewesen  sein  sie  zu  verzeichnen.  Ja,  dies  erscheint 
Dothwendig.  Der  ruhmsüchtige  und  eigenmächtige  König  hatte  dies 
willkürlich  unterlassen.  Tür  die  Namenliste  war  ein  schmaler,  aber 
hoher  Platz  nöthig'  (Fabricius).  Das  ist  richtig.  Die  Schlangenwin- 
dongen  waren  für  sie  bestimmt. 


54  Birt 

nisohe  Skytale  sab,  mnes  allemal  die  Erinnerung  an  solchen 
schlangenamwandenen  Stock  gekommen  sein,  wie  ihn  die  bild- 
lichen Darstellnngen  des  Aeklepioe  uns  zeigen  und  wie  ihn  α.  a. 
Cicero  de  divin.  II  62  schildert. 

Moses,  Aron  und  die  ägyptischen  Wunderthäter  verwan- 
delten Stöcke  in  Schlangen;  s.  Exodos  4,4  und  gar  7,  12,  wo 
wir  lesen:  καΐ  κατίπιεν  ή  (4άβ6ος  ή  'Ααρών  τάς  εκείνων  ράβ- 
δους. So  gab  es  nun  auch  eine  Schlange,  die  bei  den  Griechen 
gradezu  'Stock* ,  Skytale^  hiess.  Die  Schlange  Skytale  kennt  noch 
Plutarch  und  setzt  ihren  Namen  als  bekannt  voraus  (Crassus  32). 
Nikander  aber  lehrt  Ther.  384,  dass  der  Name  sich  aus  ihrer 
Gestalt  erklärte.  Denn  er  vergleicht  dort  diese  σκυτάλη  mit  der 
Schlange  άμφίαβαινα,  welche  letztere  sich  nach  dem  Schwanz- 
ende zu  nicht  verdünnte,  sondern  stockartig  oben  und  unten  gleich 
dick  war;  die  (Τκυτάλη  unterschied  sich  von  ihr  nur  durch 
noch  grössere  Dicke  und  Länge. 

Ueber  die  Schlangenhaut,  nicht  der  σκυτάλη  selbst, 
aber  der  ihr  verwandten  όμφίσβαινα,  erfahren  wir  sodann  noch 
Folgendes.  Aelian  nat.  anim.  8,  8  sagt,  dass,  wenn  die  Haut 
dieser  Schlange  um  einen  Stab  (βακτηρία)  geschlungen  wird 
(περικειμένην),  allerlei  sonstige  gefährliche  Thiere  dadurch  ver- 
scheucht und  vertrieben  werden.  Und  der  Scholiast  zu  Nikander 
Tber.  376  erzählt  dem  entsprechend:  έκοείραντες  την  όμφί- 
σβαιναν  τιθίασιν  έν  ^άβοψ  το  δέρμα  αύτης,  όταν  έΕφχωνται 
έπΙ  ίργον  (οΐ  όροιτύττοι).  Die  Holzbrecher  oder  Steinbrecher  in 
den  Bergen  häuteten  also  diese  Schlange  und  wickelten  ihre 
Haut  um  einen  Stab,  auch  dies  augenscheinlich  zu  apotropäi- 
sohem  Zweck,  und  zogen  damit  zur  Arbeit. 

Ich  möchte  demnach  glauben,  dass  aucb  durch  die  An- 
schauung solcher  um  Stäbe  gewickelten  Schlangenhäute,  wie  sie 
hier  bezeugt  ist  und  wie  das  Leben  sie  darbot,  die  Erfindung 
des  in  Constantinopel  anfgestellten  delphischen  Monumentes  mit 
beeinflusst  worden  ist;  um  so  mehr,  da  auf  demselben  der 
Sohlangenkörper  selbst  ziemlich  flach  ausgearbeitet  ist^  und,  ob- 


^  Fabricius  aaO.  S.  18δ:  'DieSchlangenleiber  sind  da,  wo  sie  am 
it&rksten  sind,  augenscheinlich  etwas  platt  gedrückt*.  F.  folgert  daraus, 
dass  sie  fest  an  die  innere  Stütze  gepresst  zu  denken  seien.  Ich 
glaube  nicht,  dass  die  Natur  der  Schlange  dies  hergiebt.  Es  bat  viel- 
mehr eine  ebenere  Seh  reib  fläcbe  gewonnen  werden  sollen.  Eine 
Schlange,  die  sich  windet,  wird  nicht  gepresst. 


BuchweseD  u.  Bauwesen :  Trajanssäule  u  delphische  SohlangeDsäule     55 

schon  er  ohen  in  drei  Sohlangenköpfe  mit  aufgesperrtem  Rachen 
anelief,  doch  vielleicht  yorauegeeetzt  werden  kann,  dase  er  nur 
eine  Schlangenhaut  bedeuten  eollte.  Denn  dieser  Schlangenkörper 
trägt  Schrift,  als  wäre  er  ein  Riemen  oder  ein  Papieretreifen. 
Das  paeete  doch  nicht  zum  lebenden  Thier.  Dagegen  läset  sich 
einigermassen  wahrscheinlich  machen,  dass  auf  Schlangenhaut  im 
Alterthum  auch  wirklich  geschrieben  worden  ist.  Die  jüdischen 
Phylakterien  oder  Textstreifen  mit  Perikopen  wurden  u.  a.  auf 
Hühnerhant,  ja,  auch  auf  Fischhaut  geschrieben.  L.  Blau,  Zum 
althebräischen  Buchwesen  S.  32 ,  folgert  hieraus,  dass  damals 
ebenso  auch  Schlangenhaut  zu  demselben  Zweck  Verwendung 
gefunden  haben  müsse  ^  Sodann  meldet  Malcbos  bei  Zonaras 
Bd.  III  S.  256  Dind.  (S.  130  ed.  Büttner- Wobst),  dass  in  Con- 
stantinopel  im  5.  Jhd.  n.  Chr.  eine  Homerrolle  von  j  120  Fuss 
Länge  sich  befunden  hat,  die  aiie  δράκοντας  ίντερον  bestand. 
£s  war  das  Renommirstück  der  grossen  Bibliothek,  die  damals  in 
Constantinopel  verbrannte.  Zwar  ist  έντερον  keine  Haut,  und  es 
muss  hier  ein  abenteuerliches  Missveretändniss  vorliegen.  Die 
Vorstellung  aber,  dass  Schlangen  zum  Schriftwesen  in  Beziehung 
stehen  konnten,  ist  im  Alterthum  jedenfalls  vorhanden^ gewesen. 

Die  um  einen  Stock  gewickelte,  beschriebene  Haut  der 
όμφίσβαινα  kam  demnach  dem  gewickelten  Brief  der  spartani- 
schen Ephoren  vollständig  gleich.  Die  delphische  Schlangoisäule 
selbst  wird  m.  £.  durch  alles  dies  verständlicher.  Die  Schlange 
hatte  auch  an  ihr,  wenn  wir  Aelian  und  dem  Nikanderscholiasten 
folgen,  apotropäischen  Zweck ;  sie  bedeutete  auch  hier  Glück 
und  Heil  oder  hielt  alles  Uebel  der  Stätte  fern,  auf  der  sie 
errichtet  war. 

Warum  an  der  Trajanssäule  statt  der  Schlange  oder  des 
Riemens  das  Buch  erscheint,  ist  vorhin  erklärt.  Weil  dies  ein 
Buch  war,  und  zwar  ein  als  Weihgeschenk  aufgehängtes  offenes 
Buch,  mussten  die  Bilder,  die  seinen  Inhalt  ausmachen,  realistisch 
bis  zum  Haupt  der  Säule,  dh.  bis  zur  letzten  Seite  des  Buchs 
geführt  werden,  wohin  in  Wirklichkeit  kein  Auge  reichte.  Die 
obersten  Streifen  wurden  aus  diesem  Grunde  bedeutend  ver- 
grössert.    Viel  praktischer  oder  naiver  wurde  die  Schlangensäule 


^  G.  Kropatscheck,  De  amuletorum  apud  antiquos  usu  (1907)  hilft 
nicht  weiter,  der  S.  26  f.  als  Beschreibstoffe  für  Phylakterien  nur 
Metallplatten,  Charta,  δέρμα  όαίνης  u.  ä.  beibringt;  die  vipera  selbst 
erscheint  dort  als  Amulet  S.  23,  aber  nicht  als  Tezttrager. 


56  Β  i  Γ  t 

verwendet;  da  setzte  man  die  Namenliste  der  Staaten  lediglich  aaf 
die  untersten  Windungen,  von  der  dritten  bis  zur  dreizehnten,  dh. 
nur  so  weit  wie  das  Auge  reichte,  und  machte  sich  keine  Sorgen 
darum,  daes  die  oberen  Tbeile  leer  und  unbenutzt  blieben.  Denn 
das  Auge  drang  nicht  mehr  dorthin.  Vorbildlich  ist  die  Trajans- 
Säule  dann  weiterhin  für  die  Marcussäule  in  Rom  gewesen. 
Auch  an  der  Marcussäule  ist  das  Buch  als  solches  deutlich  ab- 
gebildet. Es  ist  hier  wie  dort  ein  Bilderbuch.  Von  späteren 
Nachahmungen  sei  zunächst  die  Bern  ward  sä  ule  in  Hildes- 
heim, aus  dem  11.  Jahrhundert,  erwähnt.  Sie  weicht  in  dop- 
pelter Hinsicht  von  ihrem  Vorbild  ab^  Erstlich  sind  hier  die 
Ränder  des  Rollenbuchs  nicht  mehr,  wie  dort,  naturalistisch  oder 
in  der  Weise  behandelt,  dass  die  rauhe  und  unebene  Beschaffen- 
heit der  Ränder  der  Charta  sich  wahrnehmen  lässt;  sondern  eine 
vorstehende  scharfkantige  Leiste  trennt  hier  spiralisch  ansteigend 
die  Windungen  des  Reliefstreifens,  welche  Leiste,  wenn  man  eich 
das  Relief  hinwegdenkt,  an  und  für  sich  sinnwidrig  und  absurd 
erscheint.  Zweitens  läuft  die  Bilderfolge  hier  nicht  von  1.  nach 
r.,  wie  die  Natur  des  Buchs  es  mit  sich  brachte,  sondern  von 
r.  nach  l.  Den  letzteren  Umstand  könnte  man  daraus  erklären 
wollen,  dass  die  Bernwardsäule  eine  so  viel  geringere  Höhe  hat. 
Während  jeder  Vernünftige  die  Betrachtung  der  Trajanssäule 
naturgemäss  von  unten  beginnt,  sollte  sie  bei  der  Hildesheimer 
Säule  vielleicht  von  oben  anfangen.  Thut  man  das,  so  läuft  auch 
hier  die  Bildererzählung  von  1.  nach  r.  Doch  erweist  sich  dies 
faktisch  als  unmöglich. 

Aber  auch  schon  in  Constantinopel  gab  es  solche  Spiral- 
säulen; ich  meine  die  des  Theodosius  auf  dem  Tauros  und  die 
des  Arkadius  auf  dem  Xerolophos  dortselbst,  über  die  u.  a. 
Strzygowski  im  Jahrbuch  VIII  (1893)  S.  230  ff.  gehandelt  hat«, 
Kaisermonumente,  die  jetzt  zerstört,  doch  bis  ins  15.  u.  18.  Jahr- 
hundert noch  aufrecht  gestanden  haben  und  die  also  den  Hildes- 
heimer Künstler  beeinflusst  haben  könnten.  Und  in  der  That  ist 
das  ursprüngliche  Buchmotiv  nun  schon  in  diesen  Nachbildungen 
der  TrajansHäule  verkannt  und  entstellt  worden.  Wenigstens  über 
die  Säule  des  Arkndius  sind  wir  durch  Zeichnungen  hinlänglich 
unterrichtet.  Auch  auf  ihr  lief  das  Relief  zwar  richtig  von  1. 
nach  r.,  und  auch  auf  ihr  waren  die   oberen  Spiralen,  um  besser 

1  'Buchrolle•   S.  21)1. 

2  Ergänzendes  Th.  Reinach  Rev.  et.  prr.  18%  S.  78  ff. ;  vgl.  Ober- 
hummer bei  Pauly-Wissowa  R.  E.  IV  S.  1>ϊ58  u.  i»%. 


Bachweeen  α.  Bauwesen :  Trajanssäule  α.  delphische  Schlangens'aule      57 

geeehen  zu  werden,  betrHchtlich  vergröeeert.  Die  Windungen 
des  Reliefe  jedoch  waren  hier  echon  durch  eine  vorstehende 
Leiste  von  einander  abgetrennt  ^  grade  so  wie  auf  der  Bernward- 
eänle.  Auf  der  Theodosiuseäule  aber  zog  die  Spirale  sich  gar 
wie  auf  der  Bernwardsäule  sinnwidrig  von  r.  nach  1.  empor, 
falls  nämlich  einer  Zeichnung*  zu  trauen  ist,  die  Ducange  (Con- 
etmntinop.  ohrist.)  i.  J.  1680  veröffentlicht  hat  und  die  auf  sie 
bezogen  wird*.  Wenn  da  der  Zeichner  die  Windungen  des  Reliefs 
der  gewaltigen  Säule  auf  sechs  reduzirte  und  sie  auch  viel  zu 
steil  ansteigen  liess,  so  verräth  sich  darin,  dass  er  sehr  flüchtig 
und  obenhin  und  nur  andeutend  gearbeitet  hat.  Gleichwohl  wäre 
schwer  zu  glauben,  dass  er  auch  noch  die  Richtung  der  Streifen 
verändert  habe.  Wir  haben  also  zu  folgern,  dass  in  der  Hildes- 
heimer  Bernwardsäule  sich  thatsächlich  ein  Einfluss  Constanti- 
nopels  auf  die  westeuropäische  Kunst  des  11  Jhds.  verräth.  Auch 
jene  die  Windungen  des  Reliefs  abtrennende  Leiste  ist  vielleicht 
schon  an  der  Theodosiussäule    vorhanden  gewesen. 

Ich  fuge  schliesslich  noch  zwei  Notizen  hinzu,  die  ich  bei 
Pseudo-Godinus  περί  αγαλμάτων  (Scriptores  originum  CPolitanarum 
ed.  Preger  Bd.  II)  finde,  üeber  Constantin  den  Grossen  wird 
daselbst  S.  178  mitgetheilt:  in  Constantinopel  war  ein  vergoldetes 
Kreuz  auf  einem  κίων  aufgestellt:  έποίησεν  hk  Ις  τόν  κίονα 
έκεϊνον  Ιστορίας  τάς  έαυτου  dv2Iwbouq  κα\  γράμματα  Ρωμαία 
τα  €σχατα  σημαίνοντα.  Hier  erscheinen  die  Thaten  Constantin  β 
als  Relief  an  einer  Säule,  gewiss  einer  Spiralsäule  ^ 

Ebenda  heisst  es  dann  noch  S.  169  f.  vom  Kaiser  Phokas, 
der  602 — 610  angesetzt  wird:  έκεΐσε  γαρ  (im  Διίττττιον  zu 
Constantinopel)  κα\  buo  κίονας  bia  ψηφίδων  χρυσών  Κωνσταν- 
τίνου καΓΕλένης  Ιστόρησεν.  Auch  dies  also  Columnae'historiatae'. 
Das  Relief  hatte  sich  an  ihnen  aber  nunmehr  im  7.  Jhd.  in  Gold- 
mosaiken  verwandelt. 

So  viel  von  den  Beziehungen  des  Buchwesens  zum  Bau- 
wesen der  Alten,  die,  wie  mir  scheint,  geeignet  sind  sich  gegen- 
seitig zu  erläutern  und  zu  bestätigen. 

Marburg,  im  Juli   1907.  Th.  Birt. 

*  S.  die  Abbildungen  im  Jahrbuch  aaO.  Nr.  1  (nach  Sandys), 
Nr.  7  (nach  Melchior  Lorch)  und  Nr.  10  (PVagmentstück  eines  Relief- 
etreifene).  Auch  darin  zeigt  sich  übrigens  eine  Verkennung  des  Motive, 
dass  der  (z.  Th.  erhaltene)  unterste  Streifen  der  Arkadiussänle  horizontal 
verlief  statt  anzusteigen :  ib.  Abb.  5. 

«  aaO.  Abb.  8.  •  Vgl.  Reinach  aaO.  S.  74  Nr.  2. 


HELLENISTISCHE  BEITRAGE 

(Forteetzung  von  Band  LXII  S.  591) 

3.  Eleitarobos. 
Eine  nene  Welt  mit  dem  Reiebthum  und  der  Pracht  des 
Oriente  war  den  Griechen  durch  die  Eroberungen  Alexandere  er- 
BcbloBsen  worden,  die  Berichte  darüber  erecbienen  den  in  der 
Heimatb  Gebliebenen  als  Märchen  aus  einem  Wunderlande.  £e 
blieb  nicht  aus,  dass  sie  mit  phantastischen  Zusätzen  ausgeschmückt 
wurden  und  dass  ihre  Verfasser  bald  als  Lügner  in  Misscredit 
kamen.  Als  typischen  Vertreter  dieser  rhetoriscb-unzuverläseigen 
Geschichtsschreibung  hat  man  sich  gewöhnt,  den  Verfasser  einer 
Alexandergeschichte,  Kleitarchos,  zu  betrachten,  und  um  eine  An- 
gabe als  unglaubwürdig  hinzustellen,  genügt  es,  sie  als  kleitarchisch 
zu  bezeichnen.  Plinius  (N.  H.  X  70)  nennt  ihn  zwar  einen  ge- 
feierten Schriftsteller,  und  als  eifrige  Bewunderer  und  Leser  seiner 
Geschichte  lernen  wir  durch  Cicero  (de  leg.  I  2  und  ad  famil.  II 
10,  3)  den  Historiker  Sisenna  und  Caelius  Rufus  kennen,  zahl- 
reicher aber  sind  die  Stimmen,  welche  ihn  verurtheilen  und 
schwere  Vorwürfe  gegen  ihn  erheben.  So  wirft  ihm  Cicero 
(Brutus  c.  II)  vor,  er  habe  die  Erzählung,  nach  der  Themistokles 
durch  Trinken  von  Stierblut  den  Tod  gesucht  habe,  deshalb  ge- 
wählt, weil  sie  die  Möglichkeit  zu  rhetorischer  Ausschmückung 
geboten  habe,  und  seine  Nachahmung  seitens  Sisennas  erscheint 
ihm  als  kindisches  Unternehmen,  das  selbst  im  Falle  des  Gelingens 
zu  keinem  rühmlichen  Ziele  führe.  Schwerer  noch  wiegt  der  Vor- 
wurf Quintilians  (X  1,  75),  der  sein  Talent  zwar  anerkennt,  seine 
Glaubwürdigkeit  aber  sehr  geringschätzt  (fides  infamatur).  Sorg- 
losigkeit oder  lieirhtgläubi^keit  wird  ihm  selbst  bei  Curtiue 
(IX  5,  21)  vorgehalten,  obwohl  wir  bei  dioKem  ihn  doch  in  erster 
Linie  benutzt  Neben.  Tadel  erfuhr  Kleitarch  auch  von  Poeei- 
donioB  (Strabo  VII  p.  lilK'i)  weisen  der  l^esehreibung  der  Flutb,  die 
an   der   Küste    Indiens    dan    Heer    Alexanders    überraschte,    τοο 


Hellenistische  Beiträge  59 

Strabo  (XI  p.  491,  vermuthlicb  auch  nach  Poeeidonios),  dass  er 
die  Landenge  zwischen  Schwarzem  und  Caepischem  Meere  als 
von  diesen  überfluthet  darstelle,  von  Demetrios  (de  eloc.  §  304), 
dass  er  bei  der  Beschreibung  eines  bienenähnlicben  Insekte  sich 
in  Ausdrücken  ergehe,  als  ob  es  sich  um  einen  wilden  Stier  oder 
um  den  erymanthischen  Eber  handele,  ein  Vorwurf,  den  in 
gleicher  Schärfe  Longin,  de  suhl.  3,  2,  erhebt:  και  τίνα  των 
Καλλισθένους  δντα  ούχ  υψηλά,  άλλα  μετέωρα*  και  ίτι  μάλλον 
τά  Κλειτάρχου*  φλοιώοης  γάρ  άνήρ  και  φυσών  κατά  τόν  Σοφό• 
κλεα  σμικροΐς  μέν  αύλίσκοισι,  φορβειας  b*  άτερ.  Selbst  wenn 
uns  diese  Urtbeile  nicht  überliefert  wären,  so  genügten  schon 
die  erhaltenen  Fragmente,  um  uns  von  Eleitarchs  Alexander- 
geschichte ein  wenig  günstiges  Urtheil  gewinnen  zu  lassen. 
Unter  den  Autoren,  welche  von  dem  Verkehr  Alexanders  mit 
der  Amazonenfürstin  Thalestris  fabelten,  fehlt  Kleitaroh  nicht,  ja 
er  lässt  sie  sogar  vom  Thermodon  zu  den  Caspischen  Pässen  einen 
Weg  von  mehr  denn  6000  Stadien  zurücklegen  (Strabo  XI  505). 
In  gleicher  Weise  hat  er  es  auch  nicht  verschmäht,  die  Er- 
zählung vom  Feldzuge  des  Dionysos  gegen  Indien  zu  wieder- 
holen und  weiter  auszuschmücken  (Schol.  Apoll.  Rhod.  II  404). 
Obwohl  Ptolemaios  Lagi  nach  eigenem  Zeugniss  an  dem  Sturme 
auf  die  Mallerstadt  gar  nicht  betheiligt  war,  wird  ihm  von 
Kieitarch  doch  die  Rettung  Alexanders  zugeschrieben  (Curt.  IX 
5,  21).  Auf  ihn  beruft  sich  endlich  auch  Plinius  (H.  N.  III  9) 
für  die  Angabe,  welche  unter  den  Gesandtschaften,  die  Alexander 
in  Babylon  aufsuchten,  eine  Abordnung  der  Römer  aufzählte. 
Von  geringer  Werthschätzung  zeugt  es  ferner,  dass  Arrian  der 
Ueberliefernng  Eleitarchs  an  keiner  Stelle  gedenkt  und  selbst 
für  die  Nachricht  von  der  römischen  Gesandtschaft  in  Babylon 
sich  nicht  auf  ihn,  sondern  auf  Aristos  und  Asklepiades  beruft 
(VII  15,  5).  Arrian  hat  ihn  wohl  gar  nicht  eingesehen,  und  ein 
Gleiches  dürfte  auch  für  Strabo  gelten,  der  ihn  zwar  viermal 
citirt,  aber  gerade  da,  wo  er  über  die  Nachrichten  der  Alexander- 
scbriftsteller  berichtet,  kaum  Notiz  von  ihm  nimmt.  Bei  dieser 
Sachlage  ist  wohl  die  Frage  berechtigt,  ob  wir  Eleitarchos  für 
einen  Zeitgenossen  Alexandere  halten  dürfen,  worauf  die  An- 
gabe hei  Diog.  Laert.  II  113  führt,  die  ihn  zu  einem  Schüler  des 
Megareneers  Stilpo  macht,  oder  ob  wir  ihn  in  eine  spätere  Zeit 
setzen  müssen,  wofür  der  Charakter  seiner  Ueberliefernng  spricht. 
Erstere  Ansicht  hat  Schwartz  (Pauly-Wissowau.d.  W.  Aristobulos) 
vertreten,  für  die  zweite  habe  ich  mich   (Rh.  Mus.  57  S.  582  ff.) 


60  Heu  88 

ausgeeprochen,  aber  mit  meinen  Aufstellungen  Widerepruch  erfahren 
von  A.  Ruegg,  Beiträge  zur  Erforschung  der  Quellen  Verhältnisse 
in  der  Alexandergeschichte  des  Curtius.  Basel  1906.  Eine  er- 
neute Behandlung  der  Frage  dürfte  daher  angezeigt  erscheinen. 
Wie  Ruegg  annimmt,  liegt  die  kleitarchsche  Tradition  bei 
Diodor,  Justin  und  Curtius  vor,  bei  keinem  jedoch  direkt  und 
bei  allen  in  verschiedenen  Stadien  der  Ueberarbeitung ;  Diodor  hat 
eine  Quelle  benutzt,  in  der  neben  Kleitarch  eine  nniversal- 
griechische  Geschichte  zu  Rathe  gezogen  und  die  gute  f  arriansche*) 
und  die  kleitarchsche  Tradition  in  einander  gearbeitet  waren; 
Justins  Vorlage  war  eine  Weiterbildung  dieser  Diodorquelle,  in 
die  von  neuem  Stücke  der  guten  Tradition  Aufnahme  gefunden 
hatten,  Curtius  liegt  eine  Darstellung  zu  Grunde,  in  der  zur 
justinschen  Quelle  ein  dritter  Einschlag  aus  der  arrianschen 
üeberlieferung  hinzugekommen  war.  Die  Voraussetzung  Bueggs 
ist  indessen  irrig,  indem  er  als  Eigenthümlichkeit  der  Bearbeitung 
behandelt,  was  schon  dem  Original  angehörte.  Für  die  Theil- 
nähme  Kleitarohs  an  Alexanders  Feldzug,  beruft  er  sich  auf 
Diodors  Worte  II  7,  3  ώς  φησι  Κτησίας  ό  Κνίδιος,  ώς  1)έ 
Κλείταρχος  και  τών  υστ€ρον  μετ  *Αλ€ΕάνΙ)ρου  διοβάντων  €ΐς 
τήν  Άσίαν  τινές  ανέγραψαν,  die  er  interpretirt :  Der  Comparativ 
υστ€ρον  drückt  offenbar  eine  zeitliche  Relation  zu  Ktesias  aas, 
das  ganze  zweite,  dem  Kleitarchos  coordinirte  Subject  führt 
nur  den  schriftstellerischen  Begriff  des  Kleitarch  nach  Zeit  und 
Competenz  näher  aus,  ist  also  nur  eine  verallgemeinernde  Appo• 
sition.  Denn  das  ist  sicher,  dass  Kleitarch  nicht  vor  den  τών 
υστ€ρον  μετ'  'AXcEavbpou  ί>ιαβάντυϋν  gelebt  hat"  Indessen  wird 
nicht  Kleitarch  durch  υ(Ττ€ρον  mit  Ktesias  in  Vergleich  gestellt, 
sondern  die  τινές  τών  ί>ιαβάντων,  und  es  ist  eine  ganz  unbe- 
wiesene Annahme,  dass  der  mit  και  angefügte  Zusatz  nur  eine 
verallgemeinernde  Apposition  sei.  Eine  zweite  unbewiesene  An- 
nahme geht  dahin :  Kleitarch  sei  imstande  gewesen,  die  ihm  von 
seinem  Vater  Dinon  überlieferten  oder  aus  eigenem  Studium  be- 
kannten Zahlen  des  Ktesias  für  Babylon  zu  corrigiren;  daraus, 
dasH  gerade  er  für  diese  Correctur  bei  Diodor  citirt  werde,  er- 
gebe sich,  dass  er  selbst  Babylon  besucht  und  gesehen  habe. 
Ktesias  gab  den  Umfang  der  babylonischen  Mauer  auf  360  Sta- 
dien an,  Kleitarch  berechnet  ihn  auf  365  Stadien  und  bemerkt 
dazu:  και  προστιθεασιν  δτι  τών  icJuüv  ήμερων  €ΐς  τόν  ένιαυτόν 
ούσών  έφιλοτιμήθη  τόν  ϊσον  αριθμόν  σταόίυϋν  ύποστήίΤασθαι. 
Das  ist   nicht  eine   auf   Autopsie    beruhende    Correctur,    soDdem 


Hellenistisohe  Beiträge  ßt 

die  thöriobte  Combination  eines  Mannes,  dem  die  Kenntniss  des 
babylonischen  Zahlensystems  abging.  Kleitarohs  Theilnahme  an 
Alexanders  Feldzug  lässt  sich  aus  Diodors  Worten  ganz  und  gar 
nicht  herauslesen,  sie  nehmen  im  Gegentheil  ihn  aus  der  Zahl 
der  Theilnehmer  aus.  Diodor  oder  seine  Quelle  hat  entweder 
neben  Eleitaroh  auch  die  Berichte  von  Theiinehmern  an  dem 
Erobemngsznge  des  Macedonenkönigs  eingesehen  oder,  was  wahr- 
scheinlicher ist,  den  Hinweis  auf  diese  aus  Eleitarch  entnommen. 
Nicht  stichhaltiger  sind  die  Argumente,  mit  denen  Ruegg  zu  erweisen 
sucht,  dass  die  Veröffentlichung  des  kleitarchschen  Werks  der 
Abfassung  von  Ptolemaios'  Geschichte  vorausgegangen  sei:  'Denn 
dass  Ptolemaios  überhaupt  von  seiner  Abwesenheit  sprach,  ist 
schon  ein  indirecter  Beweis  seiner  Kücksichtnahme  auf  die  klei- 
tarchsche  Version;  er  corrigirt  offenbar,  nur  dann  hat  es  Sinn, 
von  seiner  Abwesenheit  zu  sprechen.*  Die  Kritik,  welche  an 
der  Nachricht  von  der  Rettung  Alexandere  durch  Ptolemaios 
geübt  wurde,  lautete  folgendermassen :  Curt.  IX  δ,  11  Ptolemaeum, 
qui  postea  regnavit,  huic  pugnae  adfnisse,  auctor  est  Clitarchus 
et  Timagenes.  Sed  ipse,  gloriae  suae  non  refragator,  afuisse 
missum  in  expeditionem  memoriae  tradidit,  Arrian  VI  11,  8  τό 
6έ  μίγιστον  πλημμέλημα  τών  συγΓραψάντων  τα  άμφι  *Αλέ- 
Eavbpov  έκ€Ϊνο  τίθεμαι  έγωγε.  ΤΤτολεμαΐον  γαρ  τόν  Λάγου 
ίστιν  οί  ανέγραψαν  Ευναναβήναί  τ€  Άλ€Εάνί>ριυ  κατά  τήν 
κλίμακα  όμου  ΤΤευκέστφ  και  ύπερασπίσαι  κειμένου  και  έπΙ  τφ- 
b€  Σιυτηρα  έπικληθήναι  τόν  ΤΤτολεμαϊον  καίτοι  αυτός  Πτολε- 
μαίος άναγέγραφεν  ούοέ  παραγενέσθαι  τούτψ  τψ  έργιμ*  άλλα 
στρατιας  γαρ  αυτός  ηγούμενος  άλλας  μάχεσθαι  μάχας  καΐ 
προς  δλλους  βαρβάρους.  Der  Schriftsteller,  der  diese  selbst  im 
Wortlaute  übereinstimmende  Correctur  vorgenommen  hat,  ist 
nicht  Ptolemaios,  sondern  ein  anderer,  der  die  Ungereimtheit  der 
in  Umlauf  gesetzten  Nachricht  aus  dem  damit  in  Widerspruch 
stehenden  Berichte  des  Lagiden  erweist.  Man  hat  für  den  Namen 
Soter  abweichende  Erklärungen  vorgebracht:  nach  Paus.  I  8,  6  be- 
grüssten  die  Rhodier  im  Jahre  304  v.  Chr.  Ptolemaios  als  σιυτήρ,  in 
Aegjpten  ist  der  Name,  wie  Niese  ausführt  (Geschichte  der  griechi- 
schen und  macedonischen  Staaten  II  S.  1 13  A.  3)  vor  dem  Jahre  261 
n.  Chr.  nicht  nachweisbar,  doch  wurde  Ptolemaios  schon  im 
Jahre  283/2  von  seinem  Sohne  als  Πτολεμαίος  σωτήρ  consecrirt 
(Komemann  Klio  I  S.  67  ff.).  Jedenfalls  ist  es  unter  diesen  Um- 
ttiDden  miselich  anzunehmen,  der  Träger  dieses  Namens  habe 
gegen  Kleitarchs  Darstellung  polemisirt.     Kleitarch   hat,  so  heisst 


62  Reuee 

es  bei  Ruegg  weiter,  in  Alexandrien  gelebt  nnd  deshalb  das 
Bedürfniss  gehabt,  Ptolemaios  zu  verherrlichen.  Der  Beweis 
wird  mit  dem  Zeagnise  Philodems  geführt:  Rhetoric.  I  180  ed. 
Sudhaus  άλλα  και  πολύ  ίγγειον  τών  Ρητορικών  σοφιστών  έν  ταϊς 
μεταφοραΐς  άνεστράφησαν  ei  μη  τις  αρα  τών  άπάντιυν  ώς  *Αλκι- 
οάμας,  *Ητησίας,  Κλείταρχος,  Άλ€Εανί>ρ€ύς  Δημήτριος.  Während 
hier  ΆλβΕαν^ρεύς  zu  Δημήτριος  bezogen  ist,  hat  Sudhaas  im 
index  Κλ€ίταρχος  ΆλβΕανορβύς,  aber  ein  alexandrinischer  Rhetor 
Demetrios  ist  ans  Diog.  Laert.  Υ  84  bekannt,  und  ein  unter- 
scheidender Zusatz  ist  beim  Namen  Δημήτριος  eher  am  Platze 
als  bei  Kleitarch. 

Lässt  sich  also  aus  den  von  Ruegg  beigebrachten  Zeug- 
nissen die  Zeit  Eleitarchs  nicht  bestimmen,  so  müssen  wir  uns 
nach  anderen  Angaben  umsehen,  die  einen  Schluss  auf  dessen 
Lebenszeit  gestatten.  Kleitarchs  Vater  war  der  Historiker  Dinon, 
dem  für  die  persische  Geschichte  Cornelius  Nepos  (Conon  c.  5) 
das  grösste  Vertrauen  entgegenbringt.  Uebereinstimmungen  in 
der  Ueberlieferung  von  Vater  und  Sohn  lassen  sich  nachweisen, 
wie  zB.  in  der  Erzählung  vom  Ende  des  Themistokles  (Plnt. 
Them.  c.  27).  Hingewiesen  sei  auch  auf  Diod.  XVII  5,  5  οΰτος 
b'  fjv  υΙός  Άρσάνου  του  Όστάνου,  δς  ήν  αδελφός  ΆρταΗίρΗου 
του  Περσών  βασιλεύσαντος.  Ostanes  wird  als  jüngerer  Brnder 
des  Artaxerxes  in  Plut.  Artax.  c.  1.  5.  22  genannt,  und  wir  dürfen 
diesen  Namen  gewiss  bei  Dinon  (c.  22)  voraussetzen,  da  Ktesias 
(b.  Müller  Ctesiae  fragm.  S.  55)  diesen  Namen  nicht  hat:  Άρτό- 
στης  und  ΌΕένορας  (Plut.  Art.  e.  1  ΌΕάθρης).  Auf  Dinon  geht 
weiterhin  zurück:  Plut.  Artax.  27  έΕήκοντα  bi  κα\  τριακόσιαι 
παρετρέφοντο  κάλλει  ί>ιαφέρουσαι  παλλακίδες  (vgl.  Müller  F.H.G. 
II  S.  92  fr.  17),  eine  Angabe,  der  wir  auch  bei  Eleitarch  wieder 
begegnen :  Curt.  III  3,  24  tum  regiae  pellices  trecentae  et  sexa- 
ginta  vehebantur;  VI  6,  8;  Justin  12,  3,  10  inter  paelicam  regi- 
arum  greges  electae  pulchritudinis  nobilitatisque  noctinm  vices 
dividit;  Diod.  XVII  77,  6  τάς  παλλακίδας  όμοίιυς  τφ  Δαρ€ΐψ 
περιήγετο,  τον  μέν  αριθμόν  οοσας  ουκ  έλάττους  πλήθει  τών  κατά 
τον  ένιαυτόν  ήμερων,  κάλλει  bk  διαπρεπείς.  So  kann  an  der  Be- 
nutzung der  Περσικά  Dinons  durch  seinen  Sohn  nicht  gezweifelt 
werden,  leider  gewinnen  wir  damit  aber  keinen  Anhaltspunkt  zur 
Bestimmung  der  Lebenszeit  des  letzteren,  da  uns  über  das  Leben 
Dinons  gar  keine  Nachricht  überliefert  ist.  Aus  der  Erwähnung 
des  Ochus  in  fg,  30  hat  man  geschlossen,  dass  seine  Geeohiohte 
bis  zur  Vernichtung  des  Perserreiches  geführt  gewesen   sei   und 


Hellenietiaohe  Beiträge  63 

er  selbst  zur  Zeit  Alexanders  gelebt  habe,  indeesen  der  Vergleich 
von  frg.  15  δς  γέ  φησι  και  &λα  *Αμμωνιακόν  άπ'  ΑΙγυπτου  άνα- 
π€μτΓ€σθαι  βασιλ€ΐ  κα\  ύδωρ  έκ  τοΟ  Νείλου  (desgl.  frg.  16  bei 
Plut.  Alex.  c.  36)  mit  Arrian  III  4,  3  γίγνοντοι  bk  και  δλες 
αυτόματοι  έν  τψ  χωρίψ  τούτψ  ορυκτοί*  και  τούτων  ίστιν  οΟς 
ές  ΑϊγυτΓΓον  φέρουσι  των  \€ρίων  τινές  του  "Αμμωνος*  επει- 
δή γαρ  έπ'  Αϊγυπτον  στέλλονται  ές  κοιτίδας  πλεκτάς  έκ  φοίνικος 
έσβαλόντες,  δώρον  τψ  βασιλεΐ  άποφέρουσιν  ή  ει  τψ  αλλψ  macht 
es  mir  höchst  wahrscheinlich,  dass  Dinon  bereite  von  der  Ueber- 
lieferung  der  Alexanderschriftsteller  abhängig  ist.  Gleichen  Ur- 
sprungs könnte  auch  die  Angabe  über  die  Nebenweiber  des 
Perserkönigs  sein,  die  wir  gleichlautend  bei  Dikaiarch  (Müller  II 
fg.  18)  lesen:  δς  (Δαρείος)  περί  τών  δλιυν  πολέμων  τριακοσίας 
πεντήκοντα  περιήγετο  παλλακάς,  ώς  \στορεϊ  Δικαίαρχος  έν  τρί• 
τψ  περί  του  τής  Ελλάδος  βίου.  Trifft  diese  Vermuthung  zu, 
dann  dürfte  die  Theilnahme  seines  Sohnes  an  Alexanders  Feld- 
zügen ausgeschlossen  sein. 

Auch  die  Lehrer  Eleitarchs  werden  genannt:  nach  Diog. 
Laert.  II  113  trat  er  aus  der  Schule  des  Megarensers  Stilpo,  der 
im  Jahre  807  y.  Chr.  noch  lebte,  in  die  des  Aristoteles  aus 
Kyrene.  Ich  habe  Rh.  Mus.  57  S.  594  diese  Nachricht  ange- 
zweifelt, und  auch  Natorp  (Pauli- Wissowa  u.  d.  Artikel  Aristoteles 
Nr.  20)  hält  den  als  Geschichtschreiber  Alexanders  bekannten 
Kleit«rch  nicht  für  identisch  mit  Stilpos  Schüler  Kleitarch. 
Wenig  läset  sich  ferner  KleiUrchs  frg.  23  (Plin.  H.  N.  III  9) 
entnehmen:  Theophrastus  primus  externorum  aliqua  de  Romanis 
diligentios  scripsit:  nam  Theopompus,  ante  quem  nemo  mentionem 
habuit,  Urbem  dnmtaxat  a  Gallis  captam  dixit;  Clitarchus  ab  eo 
proximus,  legationem  tantum  ad  Alexandrnm  missam.  Nach 
dieser  Mittheilung,  müsste  man  Theopomp  und  Kleitarch  früher 
ansetzen,  als  Theophrast,  sie  steht  ferner  in  Widerspruch  mit  der 
Erklärung  des  Dionjs  von  Halikamass,  dass  Hierouymos  von 
Kardia  zuerst  die  römische  Geschichte  kurz  behandelt  und  dann 
in  Timaios  einen  Nachfolger  gefunden  habe  (άρχαιολ.  I  6),  und 
läset  sich  auch  nicht  mit  Hellanicos  fr.  127,  Damastes  frg.  8  und 
den  Angaben  des  Aristoteles  bei  Dion.  Hai.  I  72  und  Plut.  Cam. 
22  vereinigen.  So  bestimmt  daher  auch  die  Nachricht  ab  eo 
proximns  lautet,  dürfen  wir  ihr  dennoch  nicht  trauen,  wenn 
andere  Indizien  sie  als  verdächtig  erscheinen  lassen.  In  der  an- 
geführten Stelle  Philodems  wird  Kleitarch  hinter  Hegesias  ge- 
nannt.    Beziehungen    zwischen    der   Ueberlieferung    beider    sind 


84  Reues 

offenbar  vorhanden,  wenn  sie  auch  in  Einzelheiten  von  einander 
abweichen,  beide  geben  übereinstimmende  Erzählungen  über  die 
Kämpfe  bei  Gaza:  HegesiaB  bei  Müller  Scr.  rer.  Alex.  Magni 
S.  141  fr.  3  und  Curtius  IV  6,  14  ff.,  weshalb  Müller  Ab- 
hängigkeit Eleitarchs  von  Hegesias  annimmt.  Trifft  diese  An- 
nahme zu  und  hat  Philodem  die  namhaft  gemachten  Autoren 
nach  der  zeitlichen  Reihenfolge  geordnet,  dann  ist  Kleitarch 
jünger  gewesen  als  Hegesias.  Dieser  ist  naoh  Cicero  Brut.  c.  83 
jünger  gewesen  als  Charisius  und  Demochares,  von  denen  der 
letztere  280/79  v.  Chr.  noch  gelebt  hat,  aber  vor  271/70  v.  Chr. 
gestorben  ist  (Niese  I  S.  386,  Droysen  II  S.  334). 

Mit  grösserer  Sicherheit  als  für  Hegesias  lässt  eich  für 
Timaios  der  Nachweis  führen^  dass  er  vor  Kleitarch  geschrieben 
hat.  Ruegg  findet  bei  Diodor  und  Curtius  Einflüsse  eines  nach- 
kleitarchschen  Autors.  So  wird  Diod.  X7II  23  an  die  Auflösung 
der  makedonischen  Flotte  eine  Bemerkung  über  das  gleiche  Ver- 
fahren des  Agathokles  in  Afrika  geknüpft,  die,  wie  die  indirekte 
Rede  beweist,  nicht  von  Diodor  selbst  herrühren  kann.  Auf 
Einflüsse  des  Timaios  oder  Duris  werden  die  Nachrichten  über 
die  Unterstützung  der  Tyrier  durch  die  Karthager  und  die  Auf- 
nahme der  tyrischen  Frauen  und  Kinder  in  Karthago,  welche  bei 
Diodor,  Justin  und  Curtius  sich  flnden,  zurückgeführt.  Da  Ruegg 
Kleitarch  zum  Zeitgenossen  Alexanders  macht,  so  sieht  er  eich 
genöthigt,  zwischen  ihm  und  Diodor  eine  Secundärquelle  einzu- 
schieben, in  welche  diese  Beziehungen  zur  westgriechiechen  Ge- 
schichte aufgenommen  waren,  doch  wird  diese  Annahme  hin- 
fällig, wenn  sich  Angaben,  wie  die  hervorgehobenen,  bei  Kleitarch 
selbst  nachweisen  lassen.  Bekanntschaft  mit  Timaios  wird  bei 
dem  Verfasser  der  Alexandergeschichte  kaum  abzuweisen  sein. 
Dafür  spricht  zunächst  Clem.  Alex,  in  Strom.  I  p.  145  Sylb. 
άπό  τούτου  (d.  i.  Herakliden Wanderung)  έπΙ  Εύαίνετον  Αρχοντα  έφ' 
ου  φασιν  ΆλέΕανορον  €ΐς  την  'Ασίαν  ί>ιαβήναι,  ώς  μέν  Φανίας  ?τη 
επτακόσια  ί>έκα  πέντε,  ώς  bk  "Εφορος  επτακόσια  τριάκοντα  πέντε, 
ώς  be  Τίμαιος  και  Κλείταρχος  οκτακόσια  €Ϊκοσι,  ώς  οέ  Ερατοσθέ- 
νης επτακόσια  έβδομήκοντα  (vgl.LabueurinHermee42S.529A.  1). 
Das8  Timaios  vor  Kleitarch  genannt  wird,  mag  zufällig  und  ohne  Be- 
deutung sein,  aber  Timaios  hat  ein  eigenes  chronologiachea  Syetem 
geschaffen,  das  Kleitarch  benutzt  zu  haben  scheint.  Indem  er  das 
Archontendatum  für  Alexanders  Uebergang  nach  Asien  gab, 
fügte  er  den  Abstand  dieses  Factums  von  der  Herakliden- 
Λvanderung  unter  Zugrundelegung  des    Timäischen   Schemas   M^ 


HellenisÜBohe  Beiträfife  65 

leitete  doch  der  Feldzag  des  Herakliden  Alexander  auch  eine 
neue  Wanderung  von  nnermeeelichen  Folgen  ein.  Bekannteobaft 
mit  Timaioe  verräth  ferner  eine  Partie,  für  welche  Bnegg  nach- 
kleitarchechen  Ursprung  für  ausgemacht  ansieht.  Timaioe  (Diodor) 
erwähnt  wiederholt•  das  Opfer  von  Knaben,  das  in  Karthago  dem 
Kronos  (Baal)  gebracht  worden  sein  soll:  Diod.  XIII  86,  3 
μετά  bk  ταύτα  \κέτ€υ€  τους  θ€θύς  κατά  τό  πάτριον  ίθος  τψ 
μέν  Κρόνψ  παϊδα  σςκχγιάσας,  τψ  bi  ΤΤοσεώώνι  πλήθος  iepeiiwv 
καταποντίσας,  XX  14,  Justin  18,  C,  12;  19,  1,  10;  Sobol. 
Find.  Pyth.  II  3;  Plut.  Apophthegm.  175.  Darauf  nimmt  Klei- 
tarch  Bezug:  Suidas  Σαροάνιος  γελως.  Kai  φασιν  άλλοι  τβ 
και  Κλείταρχος,  έν  Καρχηδόνι  έν  ταϊς  μεγάλαις  εύχαϊς  παΐδα 
ταϊς  χερσι  του  Κρόνου  επιτίθενται  (scr.  έπιτιθέναι  oder  έπιτιθέντας 
bezw.  έπιτεθέντα),  —  ϊορυταιδέ  χαλκούς  προβεβλημένας  ίχων  τάς 
χείρας,  ύφ'  φ  κρίβανος  —  ?πειτα  ύποκάειν*  Τόν  bk  συνελκόμενον 
υπό  του  πυρός  {)οκεΐν  γελάν,  womit  offenbar  die  Schilderung  bei 
Diodor  XX 14, 6  fjv  bi  παρ'  αύτοϊς  άνοριάς  χαλκούς  έκτετακώς  τάς 
χείρας  ύτττίας  έγκεκλιμένας  έπι  γήν  ώστε  τόν  έπιτεθέντα  των 
παώίιυν  άποκυλίεσθαι  καΐ  πίπτειν  εϊς  τι  χάσμα  πλήρες  πυρός. 
Kleitarch  wird  bei  Suidas  mit  Timaios,  Demon  und  SeilenQs  (έν  τφ 
δευτέρψ  περ\  Συρακούσας)  zusammengenannt,  deshalb  hat 
Müller,  weil  von  Athenaios  mehrfach  die  Grlossographen  Seilenos 
und  Kleitarchos  zusammengestellt  werden,  die  angeführte  Notiz 
dem  Glossographen  Kleitarch  zugewiesen:  Scr.  rer.  Alex.  S.  74  Λ. 
quae  probabiliter  sunt  glossographi,  etsi  eiusdem  rei  mentionem 
data  occaaione  inicere  potuit  bistoricus.  Ob  die  Historiker  und 
der  Glossograph  Kleitarchos  von  einander  zu  trennen  sind  oder 
nicht,  läset  sich  nach  den  erhaltenen  Fragmenten  nicht  ent- 
icheiden,  doch  haben  wir  es  bei  Suidas  zweifellos  mit  dem 
Historiker  zu  thun,  da  in  der  von  ihm  abhängigen  Ueberlieferung 
gelegentlich  der  Belagerung  von  Tyros  die  karthagische  Sitte 
eine  Bolle  spielt:  Curt.  lY  4,  23  saorum,  quod  equidem  diis 
minime  cordi  esse  crediderim,  multis  saeculis  intermissum  repe- 
tendi  auctores  quidam  erant,  ut  ingenuus  puer  Saturno  immo- 
laretur:  quod  sacrilegium  verius  quam  sacrum  Carthaginienses  a 
conditoribus  traditum  usque  ad  exoidium  urbis  suae  fecisse 
dicuntur.  Woher  die  Bemerkung  über  die  Dauer  dieser  Sitte 
stammt,  lässt  sich  nicht  erkennen,  die  gleiche  Angabe  hat  Dion. 
Hai.  I  38  (ώσπερ  έν  Καρχηοόνι,  τέως  ή  πόλις  οιέμεινε),  sie 
wird  Curtius  anderswoher  bekannt  gewesen  sein.  Das  aber  darf 
doch  wohl  den   Worten   des  Curtius    mit    Sicherheit    entnommen 

n.  Mus.  f.  Phllol.  N.  F.  LXIII.  5 


66  Heass 

werden,  daee  die  unter  Eleitarcbe  Namen  von  Snidas  überlieferte 
Nachricht  dem  Hietoriker  angehört.  Der  Timäische  Charakter, 
den  Buegg  der  Vorlage  Diodors  zusprechen  will,  muee  daher 
echon  dem  Original  d.  i.  Kleitaroh  eigentbttmlioh  gewesen  sein, 
die  aus  ihm  angeführten  Worte  haben  wahrsoheinlicb  in  eeiner 
Erzählung  von  der  Belagerung  der  Stadt  Tyroe  gestanden  und 
gestatten  nicht  den  Seh  Ines  Rueggs  auf  einen  Autor  *der  bei 
Curtius  von  einem  gewissermassen  synoptischen  Standpunkte  aus 
die  Geschichte  des  griechischen  Ostens  und  Westens  zugleich 
betrachtet.  Es  liegt  daher  auch  kein  Grund  vor,  die  Mittheilungen 
über  die  Apollostatue  bei  Diodor  XVII  41,  8  und  46,  6,  sowie 
bei  Curt.  IV  3,  21  Eleitarch  abzusprechen,  wenn  wir  auch  das 
Gleiche  bei  Timaios  lesen:  Diod.  XIII  108,  4  εχόντων  bk  τών 
Γ€λώ(υν  έκτος  της  πόλεως  'Απόλλωνος  ανδριάντα  χαλκοΟν 
σφόδρα  μέγαν,  συλήσαντες  αυτόν  απέστειλαν  εΙς  τήν  Τύρον 
τούτον  ο\  μέν  Γελώοι  κατά  τόν  του  θεού  χρησμόν  άνέθηκαν, 
ο\  bk  Τύριοι  καθ'  δν  καιρόν  ύστερον  ύπ'  'Αλεξάνδρου  του 
Μακεδόνος  έπολιορκουντο,  καθύβριίον  ώς  συναγωνιίόμενον  τοις 
πολεμίοις•  *  Αλεξάνδρου  δέ  έλόντος  τήν  πόλιν,  ώς  Τίμαιος 
φησι,  κατά  τήν  όμώνυμον  ήμέραν  και  τήν  αυτήν  ώραν,  έν  ή 
Καρχηδόνιοι  τόν  'Απόλλωνα  περί  Γέλα  ν  έσύλησαν,  συνέβη 
τιμηθήναι  θυσίαις  καΐ  προσόδοις  ταΐς  μεγίσταις  ύπό  τών  Ελλή- 
νων. Wenn  Curtius  IV^  3,  22  erklärt,  die  Statue  sei  aus  Syracus 
geraubt  worden,  dann  mag  er  selbst  die  Schuld  an  diesem  Irr- 
thum  vielleicht  tragen,  doch  ist  auch  ein  Irrthum  Kleitarchs  nicht 
ausgeschlossen,  ebensowenig  wie  bei  dem  Anachronismus  in 
§  20,  der  Agathokles'  afrikanischen  Feldzug  in  dasselbe  Jahr 
verlegt,  wie  die  Belagerung  von  Tyros. 

Hat  Kleitaroh  erst  nach  Timaios  seine  Alexandergeschichte 
geschrieben,  dann  wird  uns  auch  eine  Bemerkung  erklärlich,  die 
sich  Diod.  XVll  113,  2  findet:  Γαλατών  J)v  τότε  πρώτον  τό 
γίνος  ίγνώσθη  παρά  τοις  Έλλησιν.  Kelten  waren  den  Griechen 
längst  bekannt,  schon  Dionys  I.  hatte  den  Spartanern  keltische 
Söldner  zu  Hilfe  geschickt  (Diod.  XV  70,  1),  keltische  Söldner 
standen  im  Dienste  der  Karthager  (XVI  73,3);  von  den  Kelten 
unterschied  man  aber  die  nach  KleinaRien  eingedrungenen  Gallier 
als  Γαλάται,  vgl.  Soltau,  Kato  und  FolybioR  in  Wochenschr.  f. 
kl.  Phil.  1S88  S.  37G  und  Siegwart,  Höin.  Fasten  und  Annalen 
bei  Diodor  in  Klio  VI  S.  341  tT.  Diodors  Worte  nehmen  also 
direkt  Bezug  auf  die  Angriffe  der  Kelten,  welche  278  n.  Chr. 
Griechenland  bedrohten  und  im  folgenden  Jahre  nach  Kleinasien 


HelleDiatiiolie  BeitriLge  67 

übereetzten,  and  sind  erst  nach  dieser  Zeit  niedergeeohrieben 
worden.  Sie  auf  Rechnung  Diodors  zu  setzen,  dazu  liegt  am  so 
weniger  Anläse  vor,  als  die  gleiche  Noliz  auch  bei  Ärrian  steht: 
VII 15,  4  ών  τά  ονόματα  κα\  τάς  σκευάς  τότ€  πρώτον  όφθήναι 
προς  Ελλήνων  τ€  και  Μακ€ΐ)όνιυν.  Wie  Herodot  (II  33;  IV  49), 
Plato  (leg.  1 637  d),  Xenophon  (Hellen.  VH  1,  20.  31),  kennen  auch 
Ephoros  (fr.  39.  43.  44),  Aristoteles  (Plut.  Cam.  c.  22),  Ptole- 
maioe  (Arrian  I  4,  6)  nur  Kelten,  Timaios  (fr.  37),  Duris  (Diod. 
XXI 6, 1),  Phjlarch  (frg.  11)  dagegen  ist  schon  der  Name  Gralater 
geläufig,  und  ihnen  schliesst  sich  Eleitarch  an,  dessen  Alexander- 
geschiohte  auch  aus  diesem  Grunde  nicht  vor  den  1(Ττορ(αι  des 
Timaios  veröffentlicht  sein  kann. 

Eine  von  den  Schriftstellern  der  Alexanderzeit  abweichende 
üeberlieferung  vertritt  Kleitaroh  auch  in  der  Erzählung  von  der 
Amazonenkönigin  Thalestris.  Strabo  XI  S.  505  berichtet  über 
den  Umgang  Alexanders  mit  dieser  (τ€κνοποιΐας  χάριν)  und  knüpft 
daran  das  Urtheil,  dass  diese  Erzählung  nicht  unbestritten  sei, 
dase  vielmehr  grade  die  wahrheitsliebenden  unter  den  Schrift- 
stellern nichts  darüber  berichteten,  und  dass  die,  welche  davon 
redeten,  nicht  übereinstimmten.  *Kleitarch  sagt*,  so  fährt  er  fort, 
'Thalestris  sei  von  den  Caspischen  Pforten  und  vom  Thermodon 
her  zu  Alexander  gekommen,  es  sind  aber  von  den  Caspischen 
Pforten  bis  zum  Thermodon  mehr  als  6000  Stadien.*  In  dem, 
was  diesen  Worten  vorausgeht  und  folgt,  haben  wir  es  mit  Aus- 
lassungen des  Eratosthenes  zu  thun,  wie  ich  Rh.  Mus.  57  S.  568  ff. 
dargethan  habe,  in  diese  sind  aber  die  Eleitarch'schen  Angaben 
von  Strabo  selbst  oder  vielleicht  von  einer  benutzten  Mittelquelle 
eingefügt  worden,  da  sie  in  Widerspruch  stehen  mit  den  voraus- 
gehenden Worten  Strabons:  ^Themiscyra,  die  Gegenden  um  den 
Thermodon  und  die  darüber  liegenden  Gebirge  eignen  alle  den 
Amazonen  zu  und  sagen,  sie  seien  von  da  vertrieben  worden. 
Wo  sie  aber  jetzt  sind,  davon  reden  nur  wenige  und  zwar  ohne 
Beweis,  und  ohne  Glauben  zu  verdienen.*  Aristobulos  und  Ptole- 
maios  haben  die  Amazonen  gar  nicht  erwähnt  (Arrian  VII  13,  3), 
nach  anderen  hat  der  Satrap  Mediens  Atropates  in  Ekbatana  dem 
Makedonenkönige  100  Frauen  als  Amazonen  zugeführt  und  dieser 
sie  zwar  aus  dem  Lager  entfernen  lassen,  aber  ihrer  Königin 
zugesagt,  οτι  αυτός  f^Eei  προς  αυτήν  παιδοποιησόμενος.  Hier- 
nach darf  man  wohl  voraussetzen,  dass  die  Amazonen  des  Atro- 
pates in  dessen  Satrapie  zu  Hause  gewesen  sind.  Als  Nach- 
barinnen   der  Choraemier    und  Kolcher    werden    die    streitbaren 


68  Heu  86 

Frauen  von  PharaHmanee  bei  Arrian  17  15,  8  bezeichnet.  Auch 
Kieitarch  hat  bei  Curtius  VI  5,  24  u.  25  diese  Anschaaung  fest- 
gehalten (vgl.  VI  4,  17),  wenn  er  erklärt,  das  Volk  der  Ama- 
zonen sei  Hyrkanien  benachbart  and  Thalestris  habe  die  Stämme 
zwischen  Phasisfluss  und  Kaukasosgebirge  beherrscht,  hält  aber 
zugleich  die  Vorstellung  von  ihren  Wohnsitzen  am  Thermodon 
fest:  Amazonum  circa  Thermodonta  Themiscyrae  incolentinm 
campos.  So  erscheint  denn  Thalestris,  die  παώοποΐΐας  ένεκεν 
zu  Alexander  kommt,  bei  Diodor  XVII  77,  1.  2  als  Königin  des 
Landes  zwischen  Thermodon  und  Phasis  und  muss  bei  Justin 
12,  3,  5  einen  Weg  von  35  Tagen  zurücklegen,  um  zu  Alexander 
zu  gelangen,  was  aufs  beste  mit  der  von  Strabo  auf  6000  Sta- 
dien bemessenen  Wegstrecke  harmonirt.  Wenn  aber  das  Eleitarch- 
oitat  bei  Strabo  aus  dem  Amazonenexcurs  des  Eratosthenes  aus- 
zuscheiden ist,  dann  wird  man  auch  Plutarch  Alex.  46  nicht  mit 
Kaerst  Benutzung  des  Eratosthenes  seitens  Plutarchs  annehmen 
dürfen,  wie  ich  aaO.  S.  370  gethan  habe,  sondern  Fränkel  bei- 
stimmen müssen,  der  ^Die  Quellen  der  Alexanderhistoriker*  S.  63  ff. 
die  Annahme  Kaersts  verwirft.  Als  zweiten  Alexander  Hess  sich 
Pompeius  gern  feiern  (Plut.  Pomp.  e.  46  oi  κατά  πάντα  τψ 
ΆλεΕάνορψ  παραβάλλοντες  αυτόν),  selbstredend  .durfte  auch  in 
seinen  asiatischen  Kriegen  der  Zusammenstoss  mit  den  Amazonen 
nicht  fehlen  (Plut.  Pomp.  35  έν  ταύτη  τή  μάχη  λέγονται  και 
Αμαζόνες  συναγωνίσασθαι  τοις  βαρβάροις  άπό  τιυν  περί  τόν 
θερμώδοντα  ποταμόν  καταβασαι).  Theophanes,  der  mit  Pom- 
peius den  Feldzug  machte,  Hess  zwischen  den  Albanern  und 
Amazonen  die  skythischen  Gelen  und  Legen  wohnen  (Strabo  XI 
5,  1  u.  Plut.  aaO.),  Metrodorus  von  Skepsis  und  Hypsikrates 
versetzten  den  Frauenstaat  an  die  nördlichen  Abhänge  des  Kau- 
kasos  (Strabo  aaO.).  Die  Historiker  des  Pompeius  knüpften  hier- 
mit an  die  Alexanderhistoriker  an  und  so  mag  durch  sie  auch 
die  Version  Kleitarchs  weitergegeben  sein,  wie  wir  sie  bei  Justin 
42,  3,  7  lesen:  Albanis  vicinae  Amazones  sunt,  quarum  reginam 
Thalestrem  concubitum  Alexandri  petisse  multi  auctoree  sunt, 
vgl.  AppianMitbrid.  103  εϊτε  τι  έθνος  έστιν  αύτοΐς  (Άλβανοϊς) 
γειτόνευαν  αί  Άμαίόνες. 

Ueber  das  Caspisohe  Meer  hat  Plin.  N.  H.  VI  13,  15  An- 
gaben Kleitarchs  erhalten,  aus  denen  ich  Rh.  Mus.  57  S.  582  auf 
seine  Abhängigkeit  von  der  durch  Eratosthenes  zur  allgemeinen 
Geltung  gebrachten  Theorie  des  Patrokles  schlieesen  zu  dürfen 
glaubtCi   der  im  Dienste   des  Seleukos  I.  und  Antiochoe  I.  jenes 


Helleniatieohe  Beiträge  69 

Meer  befubr  und  erforschte.  Nachdem  ich  diese  Beeinflussang 
des  Alexanderhistorikers  durch  einen  SchriftsteUer,  der  frühestens 
nm  280  v.  Chr.  geschrieben  haben  kann,  festgestellt  hatte,  sachte 
ich  weiter  aooh  die  Sparen  des  Nearchos,  Onesikritos,  Aristo- 
balos,  Polykleitos  and  Megasthenes  in  der  Kleitarch 'sehen  üeber- 
lieferang  nachzuweisen.  Hiergegen  wendet  sich  Rnegg  S.  83 
A.  257:  'Es  ist  ganz  deallich,  dass  nur  Cartius  and  Platarch, 
aber  weder  Diodor  noch  Kleitarch  anter  dem  Einflüsse  des  Pa- 
trokles  stehen,  and  es  if>t  deshalb  nicht  richtig,  mit  Reass  zu 
schliessen,  Kleitarch  habe  erst  nach  Patrokles  geschrieben.  Aus 
der  Uebereinstiramang  zwischen  Anschauungen  des  Polyklit  und 
Klitarch  darf  man  aber  nichts  über  gegenseitige  Abhängigkeit 
Bohliessen,  weil  die  gleichen  Anschauungen  überhaupt  allen  ersten 
Alexanderhistorikem  eigen  waren:  man  glaubt  wirklich  dort  im 
Osten  an  der  Grenze  Europas  und  Asiens  angelangt  zu  sein 
(Arrian  IV  1.  15;  Plut.  Alex.  45;  Justin  ΧΠ  5;  Curtiüs  VII 
6,  11.  12;  7,1 — 5).  Man  darf  ebenso  wenig  auf  Grund  blosser 
Thatsachencongruenzen  auf  ein  Abhängigkeitsverhältniss  zwischen 
Nearoh,  Onesikrit,  Kleitarch  in  den  indischen  Schilderungen 
schliessen.*  Was  die  letztere  Erklärung  betrifft,  so  können  That- 
sachencongruenzen gewiss  bestehen,  ohne  dass  dadurch  Abhängig- 
keit des  einen  Schriftstellers  voq  dem  anderen  bewiesen  wird, 
anders  aber  wird  das  Verhältniss,  wenn  Kleitarch  nach  Patrokles 
geschrieben  hat  und  damit  aus  der  Reihe  der  Theilnehmer  an 
Alexandere  Feldzügen  gestrichen  werden  muss.  Abhängigkeit 
des  einen  von  dem  anderen,  braucht  man  aber  weder  aus  Curtius 
und  Plutaroh,  noch  aus  Diodor  zu  erweisen,  sie  ergiebt  sich  aus 
dem  unter  Kleitarchs  Namen  durch  Plinius  erhaltenen  Fragmente. 
Herodot  betrachtete  das  Caspische  Meer  als  Binnenmeer:  I  202 
f|  bi  Κασπίη  έστιν  έτίρη  έπ'  έυϋυτής  (vgl.  Aristot.  meteor.  II 
1,  10),  und  der  gleichen  Anschauung  giebt  bei  Diodor  XVIII  5,  2 
Hieronjmos  von  Kardia  Ausdruck :  bi'  ής  (ΤΤαρθυαίας)  συμ- 
βαίνει π€ριέχ€σθαι  τήν  Ύρκανίαν  θάλατταν  οδσαν  καθ'  έαυτήν. 
Einer  anderen  Auffassung  huldigten  auch  die  ersten  Alexander- 
historiker nicht,  nur  dachten  sie  an  einen  Zusammenhang  des 
Hyrkanischen  Meeres  mit  der  Maiotis.  Dies  spricht  Strabo  XI 
509  ausdrücklich  aus:  'Man  hat  von  diesem  Meere  dem  Alexander 
zu  Ehren  viel  Lügenhaftes  vorgebracht.  Da  es  nämlich  anerkannt 
war,  dass  unter  allen  Flüssen  der  Tanais  die  Grenze  zwischen 
Asien  und  Europa  bilde,  das  Stück  aber  vom  Meere  bis  zum 
Tanais  einen  grossen  Theil  von  Asien  ausmache,  das  den  Make- 


70  R  β  η  β  8 

doniern  nicht  anterworfen  war,  so  sann  man  auf  ein  Mittel,  daes 
sich  wenigstens  die  Sage  verbreitete,  Alexander  habe  anoh  über 
diese  Gegenden  geherrscht,  daher  zogen  sie  die  Mäotisohe  See, 
in  die  der  Tanais  fällt,  mit  dem  Caspischen  Meer  in  eins  zu- 
sammen, indem  sie  auch  das  letztere  einen  See  nannten,  und 
behaupteten,  beide  seien  durch  Gänge  mit  einander  verbunden, 
und  eines  sei  ein  Theil  des  anderen.  Polyklit  führt  auch  Be- 
weise an,  daes  dies  Meer  ein  See  sei,  denn  es  ernähre  Schlangen 
und  habe  süssliohes  Wasser.  Daes  es  aber  nichts  anderes  als 
die  Mäotische  See  sei,  folgert  er  daraus,  daes  der  Tanais  sich  in 
dasselbe  ergiesse.'  Auch  Arrian  denkt,  wo  er  Aristobulos  folgt, 
nur  an  ein  Binnenmeer ;  III  29,  2  il\r\a\  bk  ό  *ΩΗος  €ΐς  τήν 
μεγάλην  θάλασσαν  τήν  καθ'  Ύρκανίαν  und  III  30,  7,  spricht 
sich  aber  sofort  anders  aus,  sobald  er  sich  mit  den  geographi- 
schen Anschauungen  des  Eratosthenes  bekannt  gemacht  hat :  V  5,  4 
τήν  Ύρκανίαν  θάλασσαν  και  ταύτην  κόλπον  οδσαν  τής  μεγάλης 
θαλάσσης.  V  26,  1;  VII  16,  2  πόθος  γαρ  είχεν  αυτόν  κα\  ταύτην 
έκμαθεϊν  τήν  θάλατταν  τήν  Κασττίαν  τε   και  Ύρκανίαν  καλου- 

μένην ου  γάρ  ηω  έΕηύρηντο   α\   άρχαΐ   τής    Κασπίας 

θαλάσσης,  vgl.  Eratosth.  III  Β  68  (Berger)  bei  Strabo  XI  507. 
An  den  Zusammenhang  mit  der  Maiotis  glaubt  Alexander  bei 
Plut.  Alex.  c.  44  und  hält  es  für  eine  όνακοττή  τής  Μαιώτώος 
λίμνης,  aber  die  wirkliche  Natur  des  Meers  war,  wie  Plutaroh 
irrthümlich  behauptet,  schon  viele  Jahre  vor  Alexanders  Feldzng 
von  den  Physikern  erkannt  worden,  denen  τό  Ύρκάνιον  πέλαγος 
καΐ  Κάσπιον  όμου  προσαγορευόμενον  als  der  nördlichste  der 
vier  aus  dem  äuseeren  Meer  ine  Land  eingreifenden  Meerbusen 
galt.  Das  entspricht  genau  der  Karte  des  Eratosthenes :  Strabo  II 
S.  121  μεγίστους  1)έ  (κόλπους)  τεσσάρας*  ών  6  μεν  βόρειος 
Κασπία  καλείται  θάλαττα,  di  b'  *  Υρκανίαν  προσαγορεύουσιν. 
Die  Vorstellungen  der  ersten  Alexanderhistoriker  über  das  Caepische 
Meer  und  ihre  Correctur  durch  Eratosthenes  (II  C.  23  Berger 
bei  Strabo  XI  S.  510)  lesen  wir  ferner  Curt.  VI  4,  18  quidam 
Caspium,  quidam  Hyrcanium  appellant,  Strabo  Π  ρ.  74  τής 
Κασπίας  θαλάττης  εϊτε  *Υρκανίας.  Eratosthenes  hat  mit  der 
Ansicht,  daes  das  Caepische  Meer  geschlossen  sei,  vollständig 
gebrochen:  'Der  zweite  Theil  von  Asien  beginnt  beim  Caepischen 
Meer,  wo  der  erste  endigte,  ebendasselbe  heisst  auch  das  Hyr- 
kanische.  Es  ist  dies  ein  Busen,  der  sich  vom  Ozean  gegen 
Süden  hinzieht,  anfangs  ziemlich  schmal,  wie  er  aber  weiter  nach 
innen  vorsohreitet,    dehnt   er   eich   immer  mehr  aus,  am  meieten 


Hellenietische  Beitrage  71 

gegen  die  Winkel,  wohl  auf  5000  Stadien.  Von  dem  Eingange, 
der  schon  ans  unbewohnte  grenzt,  bis  zu  diesem  Winkel  mag 
es  wohl  etwas  mehr  sein*  usw.  (Berger  lil  Β  68;  Plinius  VI  15), 
aber  den  Broob  hat  nicht  er  vollzogen,  sondern  Patrokles,  der 
die  schon  von  Alexander  geplante  Erforschung  des  Hyrkaniechen 
Meeres  im  Auftrage  der  beiden  ersten  Seleukiden  ausführte  (Plin. 
Π  57  =  Berger  Π  Α  12  und  Plin.  VI  21).  Patrokles  dachte  sich 
das  Hyrkanische  Meer  als  einen  Busen  des  grossen  Weltmeers, 
dessen  Eingang  von  der  südlichsten  Küste  an  6000  Stadien  ent- ' 
fernt  sei  und  den  man  von  Indien  aus  zu  Schiffe  erreichen  könne 
(frg.  3  bei  Strabo  Π  S.  74,  frpr.  4  bei  Strabo  XI  518),  und  setzte 
seine  Grösse  der  des  pontischen  Meeres  gleich :  frg.  7  bei  Strabo 
XI  S.  508  δς  και  πάρισον  ηγείται  το  πέλαγος  τοΟτο  τψ  ΤΤον- 
τικψ.  Damit  vergleiche  man  das  Fragment  Kleitarchs:  Plin. 
N.  H.  VI  13,  15  Irrumpit  Scythico  oceano  in  aversa  Asiae,  plu- 
ribus  nominibus  accolarum  appellatum,  Caspio  et  Hyrcanio.  Non 
minus  hoc  esse  quam  Pontum  Euxinum  Clitarchus  putat,  und 
man  wird  der  Schlussfolgerung  sich  nicht  entziehen  können,  dass 
Kleitarch  sich  die  Erpjebnisse  der  Entdeckungsfahrt  des  Patrokles 
zu  eigen  gemacht,  mithin  nach  derselben  sein  Werk  über  Alex- 
ander geschrieben  hat.  Noch  auf  einem  anderen  Wege  gelangen 
wir  zu  dem  Ergebniss,  dass  Kleitarch  die  Anschauungen  des 
Patrokles  getheilt  hat.  Strabo  XI  1  S.  490  sieht  die  Gegenden 
am  Tanais  als  eine  Halbinsel  an,  ihre  westliche  Seite  wird  vom 
Tanais,  der  Maiotis  bis  zum  Bosporos  und  den  Küstenländern 
des  Euxeinos,  ihre  nördliche  vom  Ozean  bis  zur  Mündung  des 
Caspischen  Meeres  und  ihre  Östliche  von  diesem  Meere  bis  zu 
den  Grenzen  Albaniens  und  Armeniens  begrenzt.  Die  Breite 
dieses  Striches  setzt  er  von  Meer  zu  Meer  auf  3000  Stadien  an. 
Wenn  er  dann  fortfährt :  ol  b'  έπι  τοσούτον  συνατατόντ€ς  τόν 
ισθμόν  έφ'  δσον  Κλ€ίταρχος,  έπίκλυστον  φήσας  il  έκατέρου 
του  πελάγους,  oOb*  6ν  λόγου  ά£ιοϊντο,  so  darf  man  daraus  ge- 
wiss echliessen,  dass  er  über  die  Beschaffenheit  und  die  Grenzen 
dieses  Striches  keine  abweichende  Ansicht  hatte,  so  wenig  wie 
Poseidonios,  der,  wie  Strabo  fortfahrt,  die  Breite  auf  1500  Sta- 
dien bestimmte.  Neu  ist  die  Mittheilung,  dass  Caspisches  und 
politisches  Meer  die  Halbinsel  überschwemmten,  sie  kehrt  wieder 
Cart.  ly  4,  19  longeque  agit  fluctus  et  magna  parte  exaestuans 
stagnat.  Idem  alio  coeli  statu  recipit  in  se  fretum  eodemque 
impeto,  quo  effusum  est,  relabens  terram  natnrae  suae  reddit. 
Kleitarch  repräsentirt  nicht   das    geographische  Wissen   der  2jeit 


72 


Reuse 


Alexanders,  sondern  das  einer  späteren  Zeit,  die  dnroh  Patroklee' 
Fahrten    angeregt    die    früheren    Vorstellungen    vom    Caspisclien 
Meere    umgestaltet    hat.     Wenn    sich  aber  in  den  von  ihm    ab- 
geleiteten   Berichten    auch   Stücke    der    ersten  Alexandere chrift- 
steller    finden,    so    geht   man  mit  der  Vermuthung  gewiss  nicht 
irre,  dass  auch  diese  durch  ihn  übermittelt  sind.     Wie  weit  dies 
der  Fall  ist,  lässt  eine  Zusammenstellung  der  Berichte  bei  Curtius, 
Plutarch  und  Diodor  erkennen  : 
Curtius  VI  4,  18  ff. 
Mare  Gaspium  dulcius  ceteris  in- 
gentis  magnitudinis  serpentes  alit : 
piscium   in    eo  longe   diversus   ab 
aliis  color  est.    Quidam  Gaspium, 
quidam  Hyreanium  appellant,    alii 
sunt ,    qui    Maeotim   in    id   cadere 
putent,    et    argumentum    afferunt 
aquam,  quod  dulcius  sit  quam  ce- 
tera maria:  infuso  paludis  humore 
mitescere.  Α  septentrione  ingens  in 
litus  mare  incumbit  longeque  agit 
fluctus  et  magna  parte  exaestuans 
stagnat.    Idem  alio  caeli  statu  re- 
cipit   in    se   fretum   eodemque  im- 
petu,    quo   effasum    est,    relabens 
terram  naturae  suae  reddit.  Et  qui- 
dam credidere,  non  Gaspium  mare 
esse,   sed    ex  India   in  Hyrcaniam 
cadere,   cuius  fastigium,    ut   supra 
dictum   est,    perpetua    valle   sum- 
mittitur. 

Am  genauesten  hat  Gartius  den  geographischen  Exours 
wiedergegeben,  Diodor  begnügt  sich  damit,  nur  die  ersten  Poly- 
kleitos  entnommenen  Angaben  Kleitarchs  mitzutheilen.  Diese 
kehren  in  allen  Berichten  wieder,  sie  haben  sicher  in  der  ge- 
meinsamen Urquelle  gestanden.  Ist  das  aber  mit  Polykleitos 
der  Fall,  dann  wird  man  auch  da,  wo  auffallende  Berührungen  mit 
Nearchos,  Aristobulos,  Onesikritos  und  Megasthenes  zu  Tage 
treten  (Rh.  Mus.  57  S.  587  ff.),  Benutzung  dieser  durch  Eleitarch 
nicht  abweisen  dürfen.  Auf  andere  Anzeichen  für  spStere  Ab- 
fassung der  kleitarch'schen  Alexandergeschichte  habe  ich  aaO. 
8.  584  aufmerksam  gemacht  und  ich  kann  sie  daher  hier  ttber- 


Diodor  XVII  75,  3 
μέχρι  τής  Κασπίας  θαλάτ- 
της,  ήν  Ύρκανίαν  τινές  όνο- 
μάίουσιν  έν  ταύττ|  bi  φασι 
πολλούς  μέν  και  μεγάλους 
δφεις  γεννασθαι,  ΙχθΟς  bi 
παντοδαπούς  πολύ  τή  XpocfL 
τών  παρ'  ήμϊν  διαλάττοντας. 
Plut.  Alex.  c.  44 
και  πελάγους  Ιοών  κόλπον 
ουκ  έλάττονα  μέν  τοΟ  Πόν- 
του φανέντα,  γλυκύτερον  bk 
τής  άλλης  θαλάττης,  σαφίς 
μέν  ovbkv  ίσχε  πυθέσθαι 
περί  αύτου,  μάλιστα  bk  εί- 
κασε τής  ΜοιώτΛος  άνακο- 
πήν  εΤναι.  Καίτοι  τους  γ€ 
φυσικούς  ουκ  ϊλοθε  τάληθές 
κτλ. 


HelleDistische  Beiträge  73 

gehen.  Wenn  icb  aber  dort  angenommen  habe,  KleitArche  Zeit 
eei  nach  280  y.  Chr.  anzneetzen,  so  glaube  ich  jetzt  bei  diesem 
Ergebniss  nicht  stehen  bleiben  zu  dürfen,  sondern  diese  noch 
weiter  herabrücken  zu  müssen.  Eratosthenes  hat,  wenn  ich  nicht 
irre,  Kleitarch  nicht  gekannt,  wohl  ist  aber  das  umgekehrte  der 
Fall  gewesen.  Sicher  stammt  ans  Eratosthenes  die  Bemerkung 
bei  Curtius  VI  4,  18  et  argumentum  afferunt  aqnam  quod  dul- 
cior  sit,  die  auf  Polykleitos  zielt  und  in  der  gleichen  Form  bei 
Eratosthenes  wiederkehrt:  Strabo  XI  S.  509  ΤΤολύκλ€ΐτος  bi 
κα\  πίστεις  προσφέρεται  περί  του  λίμνην  eTvai  την  θάλατταν 
ταύτην  6φ€ΐς  τε  γάρ  έκτρέφειν  και  υπόγλυκυ  εΤναι  το  öbiüp. 
Noch  genauer  ist  der  Wortlaut  des  Eratosthenes  bei  Strabo  in 
dem,  was  er  über  den  Tanais  schreibt,  erhalten:  ebendas.  και 
προσέθεσαν  τούτω  πίστιν,  ώστ'  εϊη  Τάναις,  δν  εϊρηκεν  6  Πο- 
λύκλειτος. Da  auch  Diodor  und  Plutarch  die  von  Polykleit 
hervorgehobenen  Eigenthümlichkeiten  des  Meeres  berichten,  so 
sind  diese  nicht  erst  durch  Eratosthenes'  Vermittlung  in  die  Quelle 
des  Curtius  gelangt,  sondern  haben  schon  einen  Bestandtheil  der 
Vorlage  Diodors  gebildet.  Weiter  führt  uns  der  Umstand,  dass 
in  dem  Kleitarchfragment  bei  Plinins  für  das  Caspische  Meer 
sowohl  dieser  Name  als  auch  der  Name  Hyrkanisches  Meer  an- 
gegeben wird :  pluribus  nominibus  accolarum  appellatum,  Caspio 
et  Hyrcaoio.  Auch  hier  liefert  uns  Diodor  XVII  75,  3  μέχρι 
τής  Κασπίας  θαλάττης  ήν  Ύρκανίαν  τινές  όνομάίουσι  die 
Bestätigung,  dass  seiner  Quelle  beide  Namen  geläufig  waren, 
genau  so  in  der  Vorlage  des  Curtius  (VI  4,  18)  und  Plutarch 
(Alex.  0.  44).  Herodot  kennt  nur  ein  Caspisches  Meer  (I  202, 
203;  IV  40),  und  diese  Bezeichnung  ist  die  ältere.  Bei  den 
ersten  Alezanderhistorikern,  nicht  bei  Eratosthenes,  wie  Kiepert 
(Alte  Geographie  S.  67  Α .  2)  meint,  erscheint  zuerst  der  Name 
ή  Ύρκανίο  θάλαττα,  der  auch  bei  Polyb  noch  in  ausschliesslichem 
Gebrauohe  ist.  So  erklärt  es  sich,  dass  Arrian  nur  von  einem 
Hjrkanisohen  Meere  spricht  (III  29,  2;  30,  7  u.  ö.)  und  erst 
da,  wo  er  offenbar  Eratosthenischer  Gelehrsamkeit  folgt,  auch 
daneben  den  anderen  Namen  benutzt  (VII  16,  2.  3).  Erst  eine 
spätere  Zeit  griff  auf  diesen  wieder  zurück,  um  ihn  fast  aufs- 
echlieeslich  zu  verwenden,  und  Eratosthenes  mag  es  wohl  gewesen 
sein,  der  dazu  die  Anregung  gegeben  hat  (Schol.  Apoll.  Hhod. 
II  1 247  τα  hi  καλούμενα  Καυκάσια  Ερατοσθένης  φησι  πλησίον 
εΓναι  τής  Κασπιανής  θαλάσσης),  doch  hat  er,  wie  Kleitarch, 
beide  Namen  zugleich  gebraucht:    Strabo  VI  1  S.  507  άπό  τής 


74  Beuse 

Κασττίας  θαλάττης  ....  καλείται  b'  η  αύτη  θάλαττο  και  Ύρκα- 
νία,  vgl.  Strabo  II  S.  74  u.  121,  Plin.  VI  21  (Berger  II  A.  12) 
in  Hyrcanium  mare  et  Caspium.  Ebenso  hat  er  es,  wie  wir 
sahen,  auch  mit  dem  Namen  Bactra  und  Zariaspa  gehalten.  In 
den  aus  Kleitarchos  stammenden  Darstellungen  war  der  Name 
Zariaspa  geschwunden;  wenn  dies  auch  für  die  Bezeichnung  ή 
Κασπία  θάλαττα  nicht  der  Fall  ist,  so  ist  diese  doch  mit  Vor- 
liebe gewählt  worden  (Curt.  III  2,  8;  Vil  3,  19,  21  u.  ö.). 
Noch  ein  dritter  Name  scheint  durch  Eratosthenee  Aufnahme  in 
die  historisch-geographische  Literatur  gefunden  und  so  auch  an 
Kleitarch  gelangt  zu  sein,  es  ist  der  Name  Paropanisos.  Nach 
dem  Vorgange  Dikaiarchs  (frg.  55  bei  Müller  II  S.  251)  Hess 
er  einen  Gebirgszug  die  οΙκουμένη  in  eine  nördliche  und  südliche 
Hälfte  theilen  (so  auch  Aristobulos  bei  Arrian  III  28,  5  und 
Hieronymus  von  Kardia  bei  Diodor  XVIII  5,  2):  üeber  diesen 
Gebirgszug  erhalten  wir  an  zahlreichen  Stellen  Aufschlues: 
Strabo  IIS.  67  u.  68;  XI  490;  XV  688  f.  την  Ίνδικήν  πβριώρι- 
K€V  άττό  μέν  τών  δρκτυϋν  του  Ταύρου  τα  ίσχατα*  άπό  τής 
Άριανής  μίχρι  τής  έώας  θαλάττης,  δπ€ρ  ο\  έπιχώριοι  κατά  μέρος 
ΤΤαροττάμισόν  τ€  και  Ήμωί>όν  και  Ίμαόν  και  άλλα  όνομάΐουσι. 
Arrian  Anab.  V  5,  2  ff.;  6,  1;  Ind.  II  2  KaXierci  bfc  ού  ΤαΟρος 
ίτι  έν  τή  γή  ταύτη,  άλλα  άρχεται  μέν  άττό  θαλάττης  ό  Ταύρος 
της  κατά  Παμφύλους  τ€  και  Λυκίην  και  Κίλικας,  παρατείνει 
bk  ίστ€  έτΓΐ  την  προς  ?uü  θάλατταν,  τέμνων  τήν  Άσίην  πασαν  * 
άλλο  bi  άλλη  καλ€€ται  το  ουρος.  τή  μέν  Παραπάμισος,  τή  bi  Ήμιυ- 
0ός  •  άλλη  bk  Ίμαόν  κληΐίεταικαι  τυχόν  άλλα  και  άλλα  έχει  ούνόματα, 
Ind.  5,  10;  6,  4;  Curt.  VII  3,  19.  Gegen  die  Begleiter  Alexanders, 
die  das  Paropanisosgebirge  Kaukasos  nannten,  polemisirte  Era- 
tosthenee und  legte  ihnen  das  Bestreben  unter,  Alexander  zu 
schmeicheln,  als  ob  er  auch  den  Kaukasos  überstiegen  habe,  an 
den  Prometheus  angeschmiedet  gewesen  sei :  Arrian  V,  5,  3  ff., 
Ind.  II  2,  4;  4,  10;  6,  4;  Strabo  XI  505;  511  τά  ί>'δρη  Μακε- 
δόνες μ€ν  άπαντα  τά  έφεΕής  άπό  'Αρίων  Κάυκασον  έκάλεσαν 
παρά  bi  τοις  βαρβάροις  τά  τε  άκρα  και  του  Παροπαμίσου  τά 
προσβόρεια  και  τά  Ήμιυοά  και  τό  Ίμαον  και  άλλα  τοιαύτα 
ονόματα  έκάστοις  μερεσιν  έπίκειτο,  XV  087;  688.  Arrian  hat 
III  ΙίΟ  U.  30,  IV  22,  4  Aristobulos  benutzt  und  daher  immer 
den  Namen  Kaukasos  gewühlt;  erst  nachträglich  ist  er  auf  die 
Auslassungen  des  Eratosthenes  aufmerksam  geworden  und  hat 
daher  V  5,  1  eine  KntRohuhligung  für  nothwendig  gehalten, 
dafür  dass  er   immer  den    Namen    Kaukasos    gebraucht    hat  uod 


HaUeoieiisohe  Beiträge  75 

Dooh  weiter  gebraucht.  Letzteres  mag  er  aae  Bequemlichkeit 
gethan  haben,  da  er  ja  die  gleichen  Quellen  weiter  benutzt  und 
diese  ihm  immer  wieder  nur  den  Namen  Kaukasos  angeben.  Vor 
Eratosthenes  ist  der  Name  Paropanisos  nicht  nachweisbar,  dieser 
scheint  ihn  aber,  wie  man  aus  seiner  Polemik  schliessen  darf, 
immer  verwandt  zu  haben,  wenn  wir  auch  in  seinen  Frag- 
menten öftere  auf  die  von  Späteren  eingcRCtzte  Namensform  Kau- 
Κ(ΚΤθς  stossen.  Ebenso  consequent  haben  die  Schriftsteller  vor 
ihm  diesen  geschrieben:  Aristobulos  (Arrian  III  28,  5  u.  6; 
V  9,  4),  Megasthenes  (frg.  13),  Patrokles  (frg.  1),  Hieronymus 
V.  Kardia  (Diodor  XVIII  3,  8;  5,  2;  6,  1),  Deimachos  (frg.  1), 
vgl.  Plut.  Demetr.  c.  7,  Justin  12,  5,  9;  13,  4,  21,  Curt.  IV 
5,  5;  V  4,  5;  VI  5,  25;  VII  3,  19;  4,  22;  VIII  9,  3,  ebenso 
Polyb.  X  48,  4;  XI  34,  10;  Agatharchides  fr.  15  u.  a.  Bei 
Apollodor  frg.  117  lesen  wir  ΤΤαροπάμισσος,  er  ist  von  Era- 
tosthenes abhängig,  wie  aus  frg.  110  Γαυγάμηλα  zu  ersehen  ist. 
Hat  nun  Eratosthenes  den  Namen  Paropanisos  zur  Geltung  ge- 
bracht, dann  ist  die  Bekanntschaft  mit  ihm  nicht  abzuweisen  für 
die  Quelle  Diodors:  XVII  83,  1  μ€το  bt  ταύτα  παρελθών  τον 
Καύκασον  κατεστρατοπίοευσεν,  ΰ  τίνες  ΤΤαροπάμισον  δρος 
προίΤαγορεύουσι  und  des  Curtius :  VII  4,  30  Ipsa  Bactra,  regi- 
onis  eins  caput,  sita  sunt  sub  monte  Paropamiso.  Für  Curtius 
wird  die  Annahme  der  Benutzung  des  Eratosthenes  ausserdem 
durch  ein  Fragment  des  Greographen  bestätigt:  Berger  III  Β  63 
(Strabo  XI  513)  Βοκτρίους  b'  Ιπ  ολίγον  (άντικ€Ϊσθαι  τή  Ίνοική)* 
τό  γάρ  πλίον  τψ  ΤΤαροπαμίσψ  παροκεϊσθαι.  Wieder  sind  wir 
zum  gleichen  Resultate  geführt  worden:  Die  Kleitarchsche  üeber- 
lieferung  hat  zwar  den  von  den  Alexanderschriftstellern  in  Um- 
lauf gebrachten  Namen  festgehalten,  weil  dies  auch  von  anderen 
(Polyb,  Agatharchides)  geschehen  ist,  lässt  uns  aber  erkennen, 
da98  die  Eratosthenische  Correctur  ihr  nicht  fremd  geblieben  ist. 
Im  Rhein.  Mus.  57  S.  584  hatte  ich  auch  aus  der  Erwähnung 
der  Stadt  Hekatompylos  bei  Diodor  XVII  57  und  Curt.  VI  2,  15 
auf  spätere  Abfassung  des  Kleitarchschen  Werkes  geschlossen,  da 
sie  von  Appian  Syr.  c.  37  als  Gründung  Seleukos'  I  bezeichnet 
werde.  Eratosthenes  ist  sie  bekannt  (Berger  III  Β  20  b.  Strabo 
XI  S.  514),  gewiss  auch  als  τό  των  ΤΤαρθυοίων  βασίλειον 
(Strabo  ΧΙ  S.  514),  vgl.  Plin.  VI  17  Hecatompylos  Parthiae 
Caput,  VI  21  Hecatompylon  Parthorum  (Polyb.  X  28,  7  Έκοτόμ- 
πυλον  ή  κ€ΐται  έν  μέατ)  τή  ΤΤαρθυήνη).  Ruegg  (S.  81)  will 
daraus,  dass  Diodor  die  Stadt  nach  Hyrkauien,  Curtius  aber  nach 


7β  KeU88 

Parthien  verlegt,  ein  besooderee  loteresse  des  Letzteren 
für  die  Parther  erweisen,  indessen  ist  Diodor  (XVII  105,  7) 
die     Landschaft     Parthien     auch     bekannt,     aber     er     hat     sie 

XVII  75,  1  nicht  von  Hyrkanien  geschieden,  wofür  wir 
den  Grand  bei  Strabo  lesen:  XI  S.  514  ή  bk  ΤΤαρθυα(α 
πολλή  μέν  ουκ  έστΓ  συνετέλει  γουν  μετά  τών  Ύρκονών  κατά 
τά  Περσικά  και  μετά  ταύτα  τών  Μακεδόνων  κρατούντων  έπ\ 
χρόνον  πολύν.     So  mag  es  sich  auch  erklären,  dass  nach    Diod. 

XVIII  3,  3  Phrataphernes  Hyrkanien  und  Parthien,  nach  XVIII 
39,6  Philipp  nur  Parthien  zugewiesen  wird  (vgl.  XIX  29,  2) 
und  dass  nach  XVIII  5,  4  das  Hyrkanische  Meer  von  Parthien 
umschlossen  wird.  Verfehlt  ist  es  daher  auch,  dass  der  neueste 
Herausgeber  Diodors  an  der  letzten  Stelle  <καΙ  Ύρκανία)  ein- 
schiebt. Spuren  des  Eratosthenes  hat  bei  Curtins  schon 
Fränkel  (S.  23)  angenommen,  und  ich  habe  (Rh.  Mus.  S.  586) 
einzelne  Stellen  bei  Curtius  besprochen,  an  denen  *man  geneigt 
sein  könnte,  Benutzung  des  Eratosthenes  anzunehmen^  wenn  ich 
auch  damals  eine  solche  nicht  für  wahrscheinlich  hielt  und 
deshalb  die  Uebereinstimmung  in  anderer  Weise  zu  erklären 
suchte.  Da  sich  nun  aber  in  anderen  Pnnkten  die  Darstellung 
des  Curtius  als  beeinflusst  durch  die  Geographie  des  Eratosthenes 
erwiesen  hat,  so  wird  man  auch  an  den  früher  hervorgehobenen 
Partien  die  Abhängigkeit  von  diesem  zugeben  müssen,  so  III  1, 
13;  V  1,  13;  VII  3,  19—22. 

Aus  der  Bekanntschaft  mit  Eratosthenes  folgt  freilich  noch 
nicht  die  unbedingte  Gewissheit,  dass  Kleitaroh  nach  Eratosthenes 
geschrieben  habe,  sie  wäre  auch  erklärlich,  wenn  Diodor  eine  Be- 
arbeitung Kleitarchs  ausgeschrieben  hätte,  deren  Verfasser  sich 
eratosthenische  Anschauungen  zu  eigen  gemacht  hatte.  Indeeeen 
die  Uebereinstimmung  beschränkt  sich  nicht  auf  geographische 
Eigenthümlichkeiten,  sie  tritt  uns  auch  in  der  Erzählung  ent- 
gegen. Ueber  die  Annahme  der  persischen  Tracht  durch  Alez- 
ander hat  sich  Eratosthenes  ausgesprochen,  und  seine  Angaben 
sind  in  der  Plutarch  zugeschriebenen  Schrift  de  Alex,  fortuna 
aut  virt.  erhalten:  I  c.  8  ΆλίΕανδρος  ού  τήν  έσθήτα  προσήκατο 
τήν  Μηοικήν,  άλλα  τήν  ΤΤερσικήν  εύτελεστέραν  οδσαν  τά  γάρ 
ίΕαλλα  και  τραγικά  του  βαρβαρικού  κόσμου  τταραιτησάμενος, 
οίον  τιάραν  και  κάνουν  και  άναΕυρίοας,  έκ  του  Μακεδόνικου 
και  Περσικού  τρόπου  μεμιγμίνην  τινά  στολήν  έ(ρόρ€ΐ,  καθάπ€ρ 
Ερατοσθένης  ιστόρηκεν,  doch  beisst  es  Plnt.  Alex.  45,  wo 
gleichfalls  diese  Mittheiliingen  vorliegen,  richtiger:  έν  μέΟΓψ  τινά 


Hellenistieche  Beiträge  77 

τής  Πβρσικής  κα\  τής  Μηδικής  μιλάμε νος,  wie  der  charakteri- 
eirende  Zusatz  beweist.  Was  hier  berichtet  wird,  ist  theil weise 
in  die  Darstellang  Diodors  übergegangen:  XVII  77,  5  eTra  τό 
T€  ΤΤερσικόν  οιάόημο  nepUOeio  καΐ  τόν  διάλευκον  ivibv  χιτώνα 
και  τήν  ΤΤ€ρσικήν  2ώνην  καΐ  ταλλα  πλην  τών  άναΗυρΛιυν  καΐ 
τοΟ  κάνουος,  womit  Plut.  Alex.  51  aus  der  Erwiderung  des 
Kleitos  die  Worte  o1  τήν  ΤΤερσικήν  2ώνην  και  τόν  διάλευκον 
αοτου  χιτώνα  προ<Τκυνή<Του<Τΐν  zu  vergleichen  sind.  Weniger 
genau  ist  Eleitarchs  Schilderung  bei  Justin  Xli  3,  8—10  und 
Curtius  VI  6,  4  erhalten,  doch  entschädigt  dafiir  die  Metzer 
epitome,  wo  wir  in  §  2  lesen :  diadema  et  tunicam  mesoleucon 
et  caduceum  et  zonam  Pereicam  ceteraque  ornamenta  regia  omnia 
quae  Dareus  habuerat.  Darauf  dass  τιάρα,  κάνδυς  und  άνα- 
ζυρίόες  bei  £ratosthenes  und  Eleitarch  ausgenommen  werden, 
darf  man  m.  £.  besonders' Gewicht  legen,  da  die  Aufzählung  der 
einzelnen  Stücke  nach  einer  litterarischen  Quelle  vorgenommen 
zu  sein  scheint.  Auf  diese  yermuthung  führt  Xenoph.  Cyrop, 
Vlil  3,  13  προυφαίνετο  ό  Κύρος  έφ'  δρματος  όρθήν  ίχων  τήν 

τιάραν    και  χιτώνα  πορφυρουν  μεσόλευκον και  περί 

τοις  σκέλεσιν  άναΕυρίδας  ύστινοβαφεϊς  καΐ  κάνουν  όλοπόρφυ- 
ρον  είχε  bk  και  διάβημα  περί  τή  τιάρςι.  Dass  Kleitarch  ein- 
gehender über  die  persische  Tracht  geschrieben  hat,  erfahren 
wir  aus  dem  Schol.  Aristoph.  Av.  487  (frg.  9  a)  näOi  γάρ  ΤΤέρ- 
σαις  έ£ήν  τήν  τιάραν  φορεϊν.  άλλ'  ουκ  όρθήν,  ώς  Κλείταρχος 
έν  τή  δεκάτη  κτλ.,  das  Müller  mit  Recht  als  ein  Stück  der  Er- 
zählung von  der  Nachahmung  der  Perser  durch  Alexander 
ansieht. 

Von  neuem  hat  sich  bestätigt,  dass  Kleitarch  jünger  ge- 
wesen ist,  als  Patrokles,  hinzugekommen  ist  die  Wahrscheinlich- 
keit, dass  er  später  anzusetzen  ist,  als  der  von  Agatharchides 
wegen  seines  Stils  heftig  getadelte  Hegesias,  nachgewiesen  ist  in 
deinen  Fragmenten  die  Bekanntschaft  mit  Timaios,  dargelegt  die 
Beeinflussung  der  auf  ihn  zurückgehenden  Ueberlieferung  durch 
die  geographischen  Theorien  des  Eratosthenes;  alles  dies  trifft 
zusammen,  um  die  Gewissheit  zu  ergeben,  dass  die  Alexander- 
geschichte Kleitarchs  einer  von  des  Makedonenkönigs  Zeit  ver- 
hältnissmässig  weit  abliegenden  Zeit  angehört.  Dieser  Erkenntniss 
entspricht  es  auch,  dass  aus  älterer  Zeit  keine  Bezugnahme  auf 
sein  Werk  überliefert  ist,  dass  Sisenna  und  Poseidonios  die 
ersten  sind;  bei  welchen  uns  diese  bezeugt  ist.  Daraus  erklärt 
sich  ferner  die  Geringschätzung,  welche  Strabo    und  Arrian  ihm 


78  Reuse  Hellenietieche  Beiträge 

angedeihen  lassen.  Nimmt  man  dazu  die  Beschaffenheit  des  In- 
halts and  der  Form,  wie  wir  sie  nach  den  angeführten  Zeug- 
nissen und  nach  den  erhaltenen  Fragmenten  uns  vorzustellen 
haben,  dann  wird  man  sich  nicht  bedenken,  das,  was  v.  Wila- 
mowitz  (Griecli.  Litteratur  des  Altertums  S.  104)  von  der 
Alexandergeschichte  des  Curtius  erklärt,  auf  die  in  erster  Linie 
in  ihr  benutzte  Quelle  selbst  zu  übertragen:  'inhaltlich  gehört 
es  ganz  in  die  spätere  hellenistische  Zeit,  formell  eigentlich  auch.* 
Cöln.  Fr.  Beuss. 


VERGIL  UND  DIE  CIRIS 


Ich  habe  zq  der  üirisfrage  im  Hermes  37  S.  161  ff.  Stellung 
genommen.  Seitdem  ist  daza  viel  Neaes  vorgebracht  worden. 
Ich  habe  gesucht,  dies  Neue  unbefangen  zu  prüfen,  habe  mir 
namentlich  weit  über  Ganzenmüller  hinausgehende  Sammlungen 
angelegt.  Da  ich  es  nicht  auf  £rzielung  eines  von  mir  ge- 
wünschten Resultats  abgesehen  hatte,  habe  ich  nach  diesen 
Sammlungen  auf  alle  Möglichkeiten  hin  untersucht.  Anfange 
hatte  ich  so  zusammengestellt,  dass  die  unzweifelhaft  Aelteren, 
Lucrez  und  Catull  usw.,  oben  standen,  Ciris  und  Yergil  neben 
einander,  weil  das  als  das  methodisch  Richtigste  erschien.  Dabei 
ergab  sich  kein  bestimmtes  Resultat.  Oft  schien  die  Benutzung 
älterer  Vorbilder  für  Priorität  Yergils  zu  sprechen,  nicht  selten 
aber  auch  für  das  Gegenteil,  sodass  ich  einen  Gedanken,  auf  den 
ich  hier  zurückkommen  werde,  nicht  loszuwerden  vermochte. 
Darauf  stellte  ich  die  Ciris  auf  die  eine  Seite,  Yergil  und  die 
Yorgänger  auf  die  andere,  und  siehe  da  —  alles  war  in  schönster 
Ordnung,  ganz  unzweifelhaft  die  Ciris  ein  blosses  Conglomerat 
von  Vergilstellen  usw.  Man  sah,  dass  der  Dichter  der  Cirie 
ängstlich  alles,  was  Yergil  über  die  Sage  bringt,  verwertet  hat. 
Man  sah,  wie  der  Nachtreter  sich  förmliche  Sammlungen  vergi- 
lischer  Ausdrücke  angelegt  hat.  Nun  schrieb  ich  mir  noch  unter 
dem  Strich  Properz,  Tibull  und  Ovid  hinzu;  es  war  noch  schöner: 
ich  hätte  sogleich  noch  einige  Spätere  dazuschreiben  können. 
Aber  gerade,  dass  alles  so  schön  ging,  machte  mich  stutzig.  Am 
besten  konnte  man  die  Ciris  also  erklären  aus  allen  möglichen 
Dichtern  eines  grossen  Zeitraums.  Aber  hat  nicht  Ovid  vielleicht 
umgekehrt  die  Ciris  benutzt?  Durch  dies  Bedenken  ergab  es  sich 
als  wünschenswert,  die  Zusammenstellungen,   für  die  eine  zuver- 


80  Jabn 

lässige  Ordnung  nicht  zu  finden  war,  zunächst  nicht  zu  yer- 
öffentlichen,  sondern,  von  Ovid  ausgehend;  die  ganze  Frage  vor- 
erst einmal  nachzuprüfen. 

Für  Ermittelung  der  Priorität  genügt  eine  Tabelle  nicht. 
Ich  gebe  daher  zwei*  Zuerst  eine  nach  der  Reibenfolge  der  Verse 
bei  Ovid  met.  VIII,  dann  eine  nach  der  Reihenfolge  der  Verse 
in  der  Ciris.  In  Tabelle  I  *Ovid  und  Ciris'  gehen  die  Worte 
Ovids  voran,  die  der  Ciris  folgen  in  Klammern  ( — )  hinterher, 
oder  es  sind  auch  nur  die  betrefiPenden  Verse  der  Ciris  in  Klam- 
mem vermerkt,  z.  B.  (128);  in  Tabelle  Π  stehen  die  Worte  der 
Ciris  voran,  die  entsprechenden  Stellen  Ovids  in  Klammern.  Da- 
bei ist  wörtliche  Uebereinstimmung,  sowie  solche  in  Versschltissen 
u.  a.  durch  den  Druck  hervorgehoben.  Es  ist  auch  an  sich  ganz 
Unwichtiges  mit  verglichen;  denn  bei  Vergleichungen  muss  man 
eher  zu  viel  als  zu  wenig  geben.  Der  aufmerksame  Leser  wird 
die  wichtigeren  Parallelen  leicht  herausfinden;  in  Tabelle  Π  sind 
sie  zudem  meist  auch  wörtlich  aufgeführt.  Die  Tabellen  so  ein« 
zurichten,  dass  man  weder  Ovid  noch  die  Ciris  selbst  zur  Hand 
zu  nehmen  braucht,  hätte  zuviel  Raum  erfordert.  Uebrigene 
findet  man  ja  in  Tabelle  II  die  Cirisworte  zu  Tabelle  I  und  in 
Tabelle  I  die  Worte  Ovids  zu  Tabelle  II.  Auf  die  wichtigsten 
Punkte  ist  nach  Schluss  der  Tabellen  verwiesen.  Zu  Tabelle  II 
sind  die  in  Betracht  kommenden  Worte  älterer  Dichter  und  Vergile 
vermerkt;  Tabelle  I  soll  nur  die  Möglichkeit  bieten,  sicher  zu 
ermitteln,  ob  Benutzung  des  einen  durch  den  andern  überhaupt 
vorliegen  muss. 

Tabelle  I  Ovid  (und  Ciris). 

6—10  «X*  C.  103—125  +  499—501  u.  a. 
6  Minos  (111)  . .  litora  (103)  vaetat  (111)  praetemptatque  sui 
(115  Cretaea  .  .  sagitta)  vires  Mavortis  in  urbe  (110)  Älcathoiy 
(106),  quam  Nisua  (112)  habet,  cui  splendidus  (387)  (ostro  (387) 
inter  Äonoratos  (500)  medioque  (499  +  122)  (^in  vertice)  (501  + 
122  -f  319)  {canos  (320)  crinis  (122)  inhaere^ai  (122)  magni 
fiducia  (380)  regni  (122  ff.,  bes.  124).  12.  schwankendes  Kriege- 
glück  (358  f.). 

14-20 'X'G.  107—109  +  172—176  u.  a. 
14  ^MfTis  (173)  erat  vocalibus  (107)  addt/a  moris  (172),  in 
quibus  auratam  prolee  Letoia  (109)  fertur  deposuiese  lyram  (107): 
saxo  5onuß  (109)  eius  inhaesit   (108).     saepe)   (172)  illuc  eolita 


Vergil  und  die  Ciris  81 

est  (172/6)  ^a8cendere>  (172)  filia  Nisi  (411)  et  petere  exig^Qo 
re^onantia  (108.  109)  saxa  (108)  lapiWo  (108),  tum  cum  pax  esset, 
hello  quoque  (172)  saepe  (172.  174)  eolebat  [Vereecblase  B.  1,20] 
speäare  (176)  ea  illa  fl75)  rigidi  certamina  Martis  (176  -f  358). 
^^  Sie  kannte  schon  Cydoneas  (299)  {phaireiras  (299  -f  160). 
23  ante  alios  (110  u.  ö.).  24  sat  est  (455).  24  fiF.  nach  ihrer 
Meinung  Minos  sehr  schön  (429  ff.).  28  adductis  .  .  lacertis  (450 ; 
aber  Wortlaut  nach  A.  9,402  u.  a.).  33  purpureusque)  (382  u,  ö.) 
35  vix  san^e  (345)  virgo  Niseia  (390  4-  343  u.  ö.)  compos  mentis 
(345)  erat.     36  f.  felix  .  .  felicm  (27  f.).     39  gradus  (152). 

40-43  ~C.  172—176 
40  turrihns  e  summis  (175  +  173)  in  Gnosia  (299)  mittere 
corpus  [Catal.  11,  49]  castra  (s.  o.  176)  vel  aerat^s  (222)  hosti 
(420)  recludere  portas  (222  +  208).  [portas  recludere  stammt 
aus  Prop.  IV  19,  24  Nise,  tuas  portas  fraude  reclusit  amor] 
43  candiday  (121)  Oidaex  (300)  specfam  (176)  tentoria  (176) 
regis.  47  (deponere}  (11).  51  ο  ego)  (424).  51  pennis  lapsa 
(per  auras  (538  f.).  52  Gnosiaci  (299)  .  .  castriB  (176)  regis. 
53  dote  [aus  Prop.  IV  19,  23].  54  tantum  patriae  ne  posceret 
arces  (Gegensatz  418  ff.)  .  .  pereant  potius  sperat&  (431)  cu&tZia 
(438  ff.  -f  209  u.  231)  quam  sim  proditione  potens  (Gegensatz 
418  ff.).  56  f.  [Prop.  IV  19,  28].  61  [nach  Prop.  IV  19,  24]. 
65  quis  enim  (oft).  66  immitem  (420).  68  dotalem  [s.  o.  Prop. 
4,  19,  23].  69  verum  volle  parum  est  (13  Lesart  der  Handschrr.). 
69  aditus  (custodia)  servat  (207  f.).  70  genitor  (261).  71  in- 
felix)  (167  u.  ö.).  71  voU  (84).  75  quodcumque  obstaret  (amori 
(180).  78  crine  (paferno  (386),  illa  mihi  est  auro  (177)  pretio- 
sior  (177),  (illa  beatam  (445)  purpura  (320)  me  vofiqne  (s.  o.  84) 
mei  factura  potentem.     81  nutrix  (anders). 

83-85  ~  C  232  f.  +  209  ff. 

83  prima  quie»  (233)  aderat,  qm  (232  f.)  curis  (232)  feasa 
(232)  diurnis  pectora  (232)  somnus  habet.  84  tha^amos  (217) 
taeiturn&  (209)  {paternos  (216  -f  386)  intrat  (209  ff.).  85  na(fa 
(306)  parentem  (cf.  235  u.  360)  crioe  suum  spoliat  (386  f.) 
86  praedaque  poti^fa  nefanda  (323)  fert  secum  spolium  ^ceKeris 
(323).  88  per  medioB  hostee  (264).  88  meriti  fiducia  tanta  est 
(β.  ο.  380). 

90— 92~C.  410  ff. 

90  suasii  amor  facinus.  (427  -f  437)  proles  (411)  ego  (411) 
Nisi  (411)  Scylla)  (410J  tibi  trado  (420)  patriaeque  (419)  me(osque 

KbeiJL•  Mut.  t  Philol.  N.  F.  LXUI.  6 


82  Jahn 

penates  (419).    93  purpureum  crinem  (382  +  52).     94  pairium  . . 
Caput  (386).     94  scelerata  (52).     100  monstrnm  (57). 

102-103  ~  C.  459-461 
10J2   classis  (459)    retinacula   (459)  solvi  (459)  iuesit  et  aeratae 
impleri  iremige)  (461  +  111)  puppes.     105  (418  ff.). 

109— 112  ~C.  418  ff. 

109  0  patriae  (428)  praelate  (428)  meae,  praelate  parenti 
(419—428).  HO  itnmitis  (420),  cuius  vidor'm  (425)  nostrum  et 
scelus  (427)  et  meritum  eet.  11J2  spes  (431).  115(24  [nach 
Catull,  Vergil,  TibullJ.  125  ex'ige  (poenas),  (74)  Nise  pater) 
(191).  (gaudete)  .  .  moenia  (195.  197.  200). 
127-180  ~C.  418  ff.  8.  0. 

127  namfateor  (55),  merui  et  sum  digna  perire  (418/20).  sed 
tarnen  (421)  ex  UUb  (421)  äliquis  (422),  quoB  (423)  impia  laesi, 
(424)  me  perimat  (421  +  423).  cur  qui  v/cieti  (425  +  427  anders) 
crimine  nostro,  insequeris  crimen  (427)?  scelus  (427  andere)  etc.  131 
te  vere  {coniuge  digna  eet  (509).  133  f.  Minoe  soll  hören  (415).  134  an 
inania   (venti  (404  ff.  +  Catull  64,  142.   164.  59)    verba   ferunt. 

142-144 'x-C.  389  f. 

142  per  (390)  freta  (390)  longa  irahsiT  (390).  144  Gnosia- 
caeque  haeret  (389)  comes  invidiosa  carinae  [nachProp.  IV.  19,26]. 
145  ut  vidit  (430).  145  in  (auras)  (589  f.).  146  et  modo  /actus 
erat  fulvis  haliaeeios  aus  (528).  150  pluma  fuit  etc.  (502  ff.). 
150  vocatur  Ciris  (488)  et  a  (488)  tonso  (382)  est  hoc  nomen 
(488)  adepta  {capillo  (382). 

Tabelle  II.    Ciris  (und  Ovid). 

11  (deponere)  morem  nach  Cat.  76,  13  deponere  amorem. 
(47).  13  modo  sit  tibi  velle  libido  (Hdschrr.)  (69).  27  felia:  i\L• 
dies,  felix  et  dicitur  annus.  felices  qui  cf.  G.  2,  490  felix  qui  po- 
tuit  .  .  fortunatue  et  ille  .  .  qui  (36  f.).  52  hanc  pro  purpureo 
poenam  scelerata  capillo*..  solvens  cf.  G.  1,405  et  pro  purpureo 
poenam  dat  Scylla  capillo.  A.  2, 576  sceleratas  sumere  poenas  (93  f.) 
55  nam  verum  faieixmur  cf.  B.  1,  31  und  Catal.  11,  11  namque 
fatebor  enim;  cf.  auch  Catal.  7, 12  (127).  57  von  Scylla  wionÄ^rö 
(100).  74  €a;egit . .  poenas.  Die  RedenKart  hat  Vergil  nicht  (125). 
84  votomm  (71)  (und  80).  103  ilifora)  (6  ff.),  106  Älcafhoi) 
(6  ff.),  110  urbem  (6  ff.),  111  populator*  Minos  (6  ff.),  112  Nin 
(6  ff.),    115  Attica  Cretaea   sternebat   rura  sagitta  (6  ff.  sui  Ma- 


Vergil  und  die  Giris  83 

vortie).  AIbo  103—115  (6  ff.)•  ^07  Q.  citbaraeMl6),  röce8(14), 
lapis  (16  und  18),  recrepat  (18),  soniin  (16),  Phoebi^  (15).  Also 
107-109  (14  ff.).  110  u.a.  ante  alias  (23).  111  (remige)  (103). 
1J21  Candida)  die  Stelle  nach  Catull  64,  308  β.  η,,  wo  auch  Can- 
dida) (43).  1J23  at  roeeus  media  Burgebat  vertice  crinis^  cuiue 
qaam  servata  diu  natura  fuiseet,  tarn  patriam  incolumem  Nie!  re- 
^numque  futurum,  cf.  Cat.  64,  309  s.  o.  at  roseo  niveae  reeidebant 
vertice  vittae.  Cat.  64,  350  (und  A.  4,  698)  vertice  crinee.  A.  10, 
187  cuiue  olorinae  surgunt  de  vertice  pinnae.  A.  2,  88  dum  etabat 
regno  incolnmis.  (8  eplendidus  oetro  [β.  C.  387]  inter  bonoratos 
[500]  medioqne  in  vertice  [β.  aucb  499  ff.]  crinis  inbaerefca/  magni 
fidncia  [380]  regni,)  152  gradum  (39).  167  u.a.  infelix)  virgo 
nacb  Calvus  lo  (71). 

17 J2  saepe)  redit  patrios  (ascendere)  perdita  muroe.  Das 
Besteigen — conacendere  —  des  hohen  Standpunkts,  Ausblicken  und 
Klagen  gebt  auf  Catull  64,  124  —  130  zurück.  (17  saepe)  illuc 
solita  est  (ascendere)),  aeriasque  faeit  causam  se  visere  /urres 
(14  turrisj,  saepe  etiam .  . .  sedibus  ^  ex  altis  caeli  speculatur 
amorem,  castrA  ^  ^rospeciaf  crebris  lucentia  flammis  cf.  Cic.  Progn. 
6,  1  und  3  saepe  etiam  pertriste  canit  —  iacit  ore  quercllae. 
Ferner  saepe  -  saepe  etiam  G.  1,316  — 322,  cf.  365.  3,132,  409,  Catal. 
11,  47  und  49.  cf.  A.  2,  460  ff.  turrim  —  altis  sedibus.  A.  10, 
3  ff',  sideream  in  sedem  .  .  unde  .  .  .  castraque  Dardanidum  ad- 
epectat.  Ferner  A.  9,  167.  11,  209.  1,  90.  (19  saepe  solebat 
spectare  ex  illa  —  Turm^  —  rigidi  certamina^  Martis).  (40  tur- 
ribus^  e  summis.)  (43  spectauB  tentoria*  regis).  (52  castris 
insistere  regis).  177  beim  Weben  carum  non  respicit  aurum 
(79).  180  ubi  enim  rubor,  obstat  {amori  (75).  191  Nise  pater^ 
(126).  195  ff.  gaudete  .  .  {gaudete}  volucres  .  .  puellae  Dau- 
liades  gaudete  nach  Catull  64,  22  ο  .  .  heroes  salvete  .  .  salvete  .  . 
vos  .  .  vos  .  .  teque  adeo.  Dort  sind  sonst  noch  eine  Reihe 
Lnkrezstellen  zum  Ausdruck  benutzt.  (126  (gaudete)  . .  moenia). 
Also  191— 200  (I2b).  207  (custodia)  etc.  (09).  208  fonbus(41). 
209  cubili  (55).  209  tacito  (84).  216  f.  patrium  .  .  thalami  (84). 
222  marmoreo  aeratuB  stridens  in  limine  cardo  cf.  A.  1,  448 
aerea  .  .  limina  .  .  aere  .  .,  foribus  (zu  208)  cardo  stridebat  aenis. 
(41  aerafAB  .  .  portas).  231  cubile  (55).  232  tempore  quofessaB 
mortalia  pectora  ct/ras,  quo  rapidos  etiam  requiescunt  flumina  cur- 
eus.  Nacb  Cat.  64,  72  pectore  curas,  illa  tempestate  .  .  quo  ex 
tempore.  Cat.  68,  15  und  113  tempore  quo,  cf.  A.  9,80  u.a.  Vers- 
schluss  pectora  curas  bei  Lukr.  und  Vergil.      cf.  G.  1,  123  curis 


84  Jahn 

acuens  xnortalia  corda.  A.  3,  56  und  A.  4,412  mortalia  pectora 
cogis.  A.  4,  522  ff.  nox  erat  et  placidam  carpebant  feesa  eoporem 
Corpora  per  terras.  Calvus  lo:  Sol  quoque  perpetuos  meminit 
requiescere  cureus.  B.  8,  4  et  mutata  βαοβ  reqniernnt  flumina 
cursus.  (83  prima  quies  aderat,  $wa  curis  fessa  diurnie  pectora 
Bomnus  habet.)  ^35  mae8<fa  parenüs  und  360  <m.  parentem  nach 
Lukr.  1,  99  resp.  Cic.  Arat.  fr.  32,  3.  (85  na<ia  parentem.)  261 
genitor  (70).  264  medih  ex  hostihns  cf.  A.  6,  111  (88).  299 
Gnosia^  .  .  Bpicula*  cf.  A.  5,  306,  auch  B.  10,  59.  A.  7,  497.  A. 
9,  606.  A.  11,  773.  A.  12,  858.  (22  Cydoneaeque*  pharetras^ 
mit  Benutzung  Vergils).  (52  Gnosiaci),  300  DictaeeLB.  Das 
hängt  dort  mit  305  Dictynnam  zusammen  (43).  306  (nata)  (85). 
319  (verfice)  cf.  A.  2,  682  (9).  320  purpura  vom  Haar  (80), 
(^canos  nach  Cat.  64,  350  (9).  323  (nefandnm  nach  Cat.  64.  397 
(86).  343  ff.  virginiR  . .  iusani  pectoris^  cf.  A.  5,  816  hie  ubi. . 
permulsit  pectora  dictis  (35  f.).  358  belli  certamina  schon  Lakr. 
und  Catull  64,  394  (20  cerlamina  Martis^  nach  A.  12,  73  und 
790).  Zum  schwankenden  Kriegeglück  (12  f.).  380  tanta  est  in 
parvo^  fiducia  crine  cavendi  (10  ariim  .  .  magni^  fiducia  regni 
8.  auch  zu  124).  (88).  382  ua.  in/rpMrettmgwe  (93).  382  ton- 
dere  {capillxim  (151).  386  (paterno  (78)  (84).  386  f.  (85  f.). 
386  capiti  . .  paterno  (94).  387  Haar  florens  .  .  (ostro  (8).  389 
BuepenssL  (145).  390  per  mare^  caeruleum  trahitnr  (142  per 
freta^  longa  trahair).  404  ff.  Sie  wendet  sich  an  (^venti  nach 
Cat.  64,  164.  59.  142.  (134  f.  an  inania  iventi  verba  ferunt  nach 
denselben  Catull versen).  410  ff.  410  Scylla)  (91).  411  ego  (90) 
sum  Nisi  (90)  .  .  filia  (90)  .  .  419  (^patriam  car(o5gwe  penates 
hostibus  addixi.  Lukr.  3,  85  patriam  carosque  parentes  prodide- 
runt,  eine  Stelle,  an  die  sich  auch  G.  2,  495  ff.  vielfach  anlehnt. 
Dort  514  patriam  parvosque  penates,  cf.  A.  8,  543.  (91  tibi  trado 
(i^ainaeque  mQ(^osque  penates),  Α\βό  410— 420  {90  f.).  411  Nisi 
filia  (17).  415  audiB  (133).  418  ff.  Ich  habe  mein  Vaterland 
verraten  (54  Gegensatz  dazu).  421  ff.  Er  belohnt  sie  schlecht 
(105).  419  patriam  (cf.  auch  109).  420  hostibus  (41).  420 
immiti  (66)  (HO).  418  non  equidem  me  alio  possum  contendere 
dignam  supplicio  (127  merui  et  sum  digna  perire).  428  tene  ego 
plus^  patrio  dilexi^..  regno  (109  0  pa/riae  praelate^  meae, 
praelate  parenti).  424  ο  egoy  (51).  425  te  . .  Victore  hätte  ich 
alles  andere  eher  geglaubt,  iam,  iam  sceltis  omnia  vicit.  (110  quo 
fagis  immitis,  cuius  vidorid,  nostrum  et  scelus  et  meritnm  est). 
(90),     Also  4^5—4^8(109—11).     429  ff.  Verliebteein  in  Minoe' 


Vergil  ond  die  Ciris  85 

Schönheit,  433  forms,  nach  Catall  64,  175  t  malus  . .  forma  (24  fiP.). 
430  ut  vidi,  ut  perii  etc.  =  B.  8,  41  nach  Theocrit  3,  42  reep. 
2,  82.  (145  ut  vidit).  431  speravl  nach  Cat.  64,  140  non  haec 
mieerae  eperare  iubebas,  eed  connbia  laeta.  (55  sperat^  cubilia 
auch  wohl  nach  CatuU).  (112  speB).  438  ff.  Sie  hat  die  Ehe 
erhofft;  nach  verschiedenen  Catullstellen  (55  s.  o.  zu  431); 
speciell  das  Bett.  445  Qlla  becUae  (79).  450  adductis.,  bracchia^ 
nodie  (28  adductis  lacertis  ^  nach  Vergil  s.  I.  Tabelle).  455  sit 
sat'iB  hoc  (24).  459  resoluia,  ab  litore  classis  . .  .  remnB  (102  classis 
retinacula  solvi .  .  remige).  488  esset  ut  in  terris^  facti  ^  de^  ftontine 
Ciris,  cf.  A.  1,  367  facti  de  nomine  Byrsam  (150  vocatnr 
Ciris  et  a^  tonso  *  est  hoc  nomen  adepta  capillo^).  499  tum  qua 
ee  medijim  capitis  discrimen  agebat,  ecce  repente  velut  patrios 
imitatus  hmiores  puniceam  ^  concussit  apex  Qn  vertice)  cristam. 
G.  2,  74,  auch  zu  C.  216  zu  vergleichen,  nam  qua  se  medio). 
Sonst  cf.  A.  10,  270.  2.  68->.  A.  6,  779  vertice  cristae  et 
pater  ipse  suo  superum  iam  signat  honore  —  auch  zu  C.  269. 
A.  5,  601  patrium  servavit  honorem.  B.  10,  24  agresti  capitis 
Silvanus  honore.  A.  9,  732.  12,493.  370.  Lukr.  2,  632.  (8  splen- 
didus  ostro  ^  inter  honorsitoB  medioqne  (in  vertice)  canos  crinis 
inhaerebat,  β.  zur  Orientierung  Tabelle  I.).  50J^  at  mollie  varioe 
intexens  pluma  colores  marmoreum  volucri^  vestivit  tegmine  corpus. 
(150  pluma  fuit;  plum'iB  in^  avem  mutata  etc.).  509  (coniuge 
digtinm  (131).  5J28  ^ecitque  in  terris  häliaeetos  ales  ut  esset 
(146  et  modo  /actus  erat  fulvis  häliaeetos  alis).  539  (per  auras 
—  die  ganze  Stelle  =  G.  1,  406  ff.,  ebenso  540  ad  auras  (51)  (145). 

Aus  Tabelle  I  'Ovid  und  Ciris*  wird  jedenfalls  klar,  dass 
gegenseitige  Benutzung,  nicht  etwa  nur  Kenntnies  gleicher  griechi- 
scher resp.  lateinischer  Quellen  vorliegt.  Auf  gleiche  Anfänge 
wie  Älcaihoif  Nise  paier,  die  aus  dem  Griechischen  übernommen 
sein  könnten,  lege  ich  kein  Gewicht.  Aber  anders  steht  es  mit 
den  Versschlüssen  79  {iUa  heatam  =  Ciris  445  {illa  beatae  und  131 
(.coniuge  digna  est  =  Ciris  509  {coniuge  dignum.  Sonst  beachte  man 
besonders  6  ff.,  14  ff.,  35  virgo  Niseia  =  Ciris  390  Niseia  virgo, 
40  ff.,  51  0  ego  ter  felix  «^  Ciris  424  ο  ego  .  ,  crudelis,  83  f.,  90  ff., 
102f.,  126  gaudete,  127  ff.,  140,  150  f.  und  die  sonstigen  für  den 
Umfang  der  ovidiscben  Fabel  sehr  grossen  Uebereinstimmungen  in 
Worten  und  Verestellen. 

Aus  Tabelle  II  Ciris  und  Ovid'  ergiebt  sich,  wer  von  beiden 
der  Benutzer  ist.     leb  mache  zuvor  auf  folgende  Erwägung  auf- 


8β  Jahn 

merksam.  Nehmen  wir  an,  a)  die  Cirie  habe  die  Priorität  vor 
Vergil  oder,  b)  sie  etamme  von  Vergil  oder  einem  gleichzeitigen 
Dichter,  bo  echeidet  die  Priori tätefrage  für  Ovid  aus,  er  ist  durch 
Tabelle  I  einfach  als  Benutzer  erwiesen.  Es  bleibt  nur  für  diese 
Sache  noch  zu  erwägen  der  Fall  c),  dass  die  Ciris  Vergil  be- 
nutzt hat;  nur  in  diesem  Falle  könnte  ja  die  Priorität  Ovids 
überhaupt  in  Frage  kommen.  Nun  beachte  man  aber,  wie  sich 
in  der  Ciris  Schritt  für  Schritt  der  Ausdruck  entweder  aus  den 
älteren  Dichtern  erklärt  oder  sich  eng  an  Vergil  anschliesst, 
während  Ovid  abseits  steht.  Dieser  benutzt  Catull  zwar  auch 
(s.  zB.  unter  404  und  431),  aber  nur  gelegentlich  —  aus  Erinnerung; 
andere  der  Cirisdichter:  der  hat  ihn  studiert. 

121  f.  stammen  Candida),  -ebat,  sowie  <i;er/ice>,  was  alles  Ovid 
auch  hat,  aus  Catull,  Ovids  magni  fiducia  regni  bedeutet  offenbar 
einen  Auszug  aus  der  Ciris.  S.  auch  zu  172.  195  erklärt  sich  gau- 
dete,  das  auch  Ovid  hat,  wieder  aus  Catull.  Ferner  s.  auch  zu  232  f. 
und  300.  232  f.  ist  besonders  auch  auf  quies  bei  Ovid  dem 
requiescere  der  andern  Dichter  gegenüber  zu  achten.  320  stammt 
(canoSf  das  auch  Ovid  hat,  aus  Catull.  Ebenso  steht  es  um  323 
(ficfandum.  419  steht  Ovid  Lukretius  und  Vergil  ferner  als  die 
Ciris.  432  stimmt  forma  mit  Catull,  Ovid  hat  formosus.  430  ut 
vidi  etc.  =  B.  8,  41,  Ovids  ut  vidit  rührt  aus  vielleicht  unbewusster 
Erinnerung  an  die  Cirisstelle  her.  490  lehnen  sich  honor,  medio 
in  vertice  an  Vergil  an.  528  fecitque  in  terris  haliaeetos  ales  ut 
esset  weisen  schwerlich  auf  Ovid  146  et  modo  factus  erat  fulvis 
haliaeetos  alis  zurück,  sondern  deutlich  Ovid  auf  die  Cirisstelle 
u.a.m.  Zudem  sieht  jeder  schon  aus  Tabelle  1,  dass  die  Ciris  Ovid 
in  verhältnissmäsRig  viel  freierer  Weise  benutzt  haben  müsste, 
als  sie  erweislich  Catull  und  Lukretius  (und  bei  betr.  Annahme 
Vergil)  ausgebeutet  hat.  Interessant  ist  übrigens,  wie  auch  Ovid 
alles  benutzt,  was  er  über  Ciris  bekommen  konnte,  zB.  Properz. 
Siehe  Genaueres  unter  'Properz  und  Ciris*.  Ovid  hat  demnach, 
meine  ich,  unsere  Ciris  gekannt  und  für  seinen  Zweck  sehr  auf- 
merksam (schwerlich  nur  einmal)  durchgelesen.  Ich  stelle  die 
1.  Frage:  Ist  dies  erwiesen  oder  nicht?  Dass  sich  bei  Ovid 
auch  sonst  zahlreiche  Parallelen  zur  Ciris  finden,  setze  ich  als 
bekannt  voraus.  Darauf,  ob  sie  sich  aus  Benutzung  des  einen 
Dichters  durch  den  andern  erklären,  kann  ich  hier  nicht  eingehen. 


Vergil  und  die  Cirie  87 

Wie  stehen  die  Elegiker  zur  Ciris?   Zniiächet  Propertins. 

Von  Properz  kommen  bekanntlich  zwei  Stellen  ii\^  Betracht. 
Diese  von  Anfang  an  miteinander  in  Verbindung  zu  setzen,  ist 
methodisch  grundfalsch,  geradeso  falsch,  als  wenn  man  Sagen- 
varianten bei  Vergil  oder  gar  bei  Ovid  ausgleichen  wollte. 

Propert.  IV  19,  21  —  28  giebt  eine  kurze  Inhaltsangabe  einer 
offenbar  seinen  Zeitgenossen  genau  bekannten  Erzählung  über  die 
Scylla.  Es  ist  gar  kein  Anläse  vorhanden,  von  vornherein  zu 
behaupten,  es  könne  nicht  auf  das  uns  vorliegende  Gedicht  an- 
gespielt sein.     Also  vergleichen  wir  doch  einmal! 

Prop.  IV  19,  21  tuque  ο  Minoa  venumdata^  Scylla  (figura^ 
(C.  430  ut  vidi,  ut  perii  =  B.  8,  41.  C.  432  von  Minos:  forma 
Tel  sidera  fallas  etc.  Die  Schönheit  dort  nach  Cat.  64,  175  f. 
C.  56  Versschluss  (figura)  iondens  purpuresL  (C.  382  purpureumque 
parat  rursus  tondere  capillum  cf.  0.  52)  regna  paferna  (C.  122 
crinis,  cuius  quam  servata  diu  natura  fuisset,  tam  patriam  inco- 
lumem  Nisi  regnumque  futurum  +  C.  386  s.  u.  capiti  Scylla  est 
inimica  paterno)  coma  (C.  387  s.  o.  tum  coma  Sidonio  florens  de- 
ciditur  ostro;  man  beachte,  dass  Tib.  I  4,  63  auch  purpurea  coma 
hat.)  hanc  igitur  dotem  ^  [von  Ovid  53  und  68  ausgenutzt]  virgo 
(C.  71  und  167  infelix  virgo  nach  Calvus,  so  öfter  noch  virgo 
allein  von  Scylla)  desponderat  (hosti?  (C.  185  crinem  de  vertice 
sectnm  furtimque  arguto  detonsum  s.  o.  mitteret  hosti.  namque 
haec  condicio  miserae  proponitur  una,  wobei  man  detonsum,  haec 
condicio,  (hosti  beachten  möge,  +  419  patriam  .  .  hostibus  ad- 
dixi.)  .Vtse)(l91  Nise  pater)  tuas  portas  (C. 208  +  222)  fraude(cf.C. 
207  das  vergebliche  Wachehalten;  etwas  anders  C.  355  und  378  fal- 
lacia)  Teclxxsit  Amor,  (191  Nise  pater,  cui  direpta  crudeliter  urbe  vix 
erit  una  sedes).  [von  Ovid  41  —  recludere  portas  —  ausgenutzt.] (C. 437 
omnia  vicit  Amor.)atvoeinnuptaefelicius^  uritetaedas*:  (cf.  C.438ff. 
8.  0.  unmittelbar  hinter  omnia  vicit  Amor,  besondere  prouuba  nee 
castus  accendet  pinus  honores  und  445  coniugis  atque  tuae,  quae- 
cumque  erit  illa,  beatae.  In  der  Ciris  stammt  der  Gedanke,  wenn 
er  sie  nicht  heiraten  wolle,  so  könnte  sie  wenigstens  die  Gattin 
bedient  haben,  aus  Cat.  64,  158  ff.)  pendet  Cretaea  (C.  115  Cretaea 
sagitta)  /racta  puella^  rate^  (C.  389  tum  suspensa  novo  ritu  de 
navibus  altis  per  mare  caeruleum  trahitur  Niseia  virgo  +  417 
vincta  tot  adsiduas  pendebo  ex  ordine  luces?  C.  189  von  Ciris 
puellam)  [Ovid  hat  den  Properzvers  nachgeahmt:  144  Gnosiaoae- 
qne  haeret  comes  invidioea  carinae.]    non  tarnen  immerito  Minos 


88  Jahn 

eedet  arbiter  Orci,  Victor  erat  quamvis,  aequae  in  hoste  fuit 
(Gegensatz  zu  Cirie'  Klage  418:  £e  ist  gerecht,  te  yero  Victore 
etc.  Dort  auch  hostibus.  Die  Betrachtung  non  tarnen  etc.  kann 
sehr  wohl  Properz  aus  sich  heraus,  ohne  dass  sie  in  seiner  t^uelle 
gestanden  hätte,  machen.)  [Ovid  lehnt  sich  101  leges  captis 
instissimus  auctor  hostibus  imposuit  wieder  an  Properz  an.] 

Von  der  Verwandlung  der  Scylla,  die  hier,  gerade    wie   in 
unserer  Ciris,  Nisus  gegenüber  in  den  Vordergrund   gerückt  ist, 
ist  nicht  die  Rede.    Darüber  siebe  zur  zweiten  Properzstelle.   Auf 
üebereinstimmungen  wie'purpurn^  'Haare*,  'scheeren',  'Schönheit' 
usw.  kommt  nicht  viel  an.     Ausdrücke    dafür  mussten   in  jedem 
Gedicht    über  Scylla    vorkommen.      Aber    venumdata    entspricht 
vortrefflich  dem  zu  Vergil  —   und  das  ist  für  die  Prioritätsfrage 
wichtig  —  stimmenden  ut  vidi,  ut  perii.  Das  Abschneiden  des  vater- 
lichen regnum  entspricht  genau  dem  Schicksalsspruch  in  der  Ciris. 
Dabei '  ist    für   die  Priorität   wichtig   die  Parallele  A.  2,  88  dum 
stabat   regno   incolumis,   und   ferner,   dass   der  Ausdruck  C.  124 
patriam    incolumem  regnumque    futurum  C.  330   ähnlich  wieder- 
kehrt: sed  patris  incolumi  potius  denubere  regno,    übrigens   dort 
iiicolumi  potius  =  A.  12,  39.    Properz  im  Zusammenhang  tondens, 
Haar,  hanc  dotem,  bosti  als  Versscbluss :  Ciris  im  Zusammenhang 
detonsum,  Haar,  baec  condicio,    bosti  als  Versscbluss.     Niemand 
wird  sagen:  namque  haec  condicio  weise  auf  Properz  zurück,  viel- 
mehr weisen  dessen  Worte  banc  igitur    deutlich    auf  Worte  wie 
in  der  Ciris  zurück.     Ferner  die  Macht  des  Amor:  auch  metrisch 
entsprechen  sich  trotz  der  verschiedenen  Versarten   fraude  reclnsti 
Amor   und   in  Ciris   omnia  vic^^  Amor,  dort,  was  wichtig  ist  =• 
B.  10,  69.     Die  Beziehung  zwischen  der  Properz-  und  der  Cirie- 
stelle    ist    zweifellos.     Dadurch    aber,    dass    die  Ciris   zu   Vergil 
stimmt,    ist,    wie    wir  auch    über    das  gegenseitige    Verhältnies 
denken,    klar,    dass  Properz    der  Nachahmer   ist.     Man    beachte 
auch  das  Tempus!     Dazu    kommen    die  Betrachtungen    über    die 
Hochzeitsfackel     in    Ciris    und     bei    Properz;    das    felicius    de• 
Letzteren  entspricht  dem  beatae  der  Ciris.     Dabei  ist  zu  beachten, 
dass    die  Ciris    den  Gedanken    sicher    aus  CatuU    hat.      Endlich 
noch  Properz:  pendet  tracta  rata  und  Ciris:  suspensa  de  navibue 
trabitur!     Wichtig    ist   auch    folgender  Umstand.      Properz    sagt 
hintereinander:     1.    at    vos,    innuptae    felicius    urite    taedas: 
'J.  pendet  Cretaea  tracta  puella  rate.     Beides  findet   sich   in    der 
'Klage'   der  Ciris,  1.  V.  417,  2.  V.  438  ff. 

Vers    15   erwähnt    übrigens   Properz    die    Geschichte    der 


Verg^l  und  die  Cirie  89 

Myrrha,  die^von  Cinna  behandelt,  Cir.  237  ff.  berührt  wird.  Das 
Gedicht,  auf  das  Properz  anspielt,  dae  damals  noch  ziemlich  neu 
war,  hatte  jedenfalls  —  wenn  wir  zunächst  vom  Schluss  ab• 
eehen  —  denselben  Inhalt,  die  Episode  über  das  Glück  der  Gattin, 
oft  denselben  Wortlaut  und  mehrfach  dieselben  Yersschlüsse  wie 
unsere  Ciris,  die  jedenfalls  von  Ovid  schon  benutzt  werden 
konnte.  Der  Vorsicht  halber  gebe  ich  etwas  weiter  unten  noch 
eine  Tabelle  II  'Ciris  und  Properz'. 

Prop.  V  4,  39)  1.  quid  mirum  in  patrios  Scyllam  saevifcse 
capillos  candidaque  in  saevos  inguina  versa  canes,  2.  prodita  quid 
mirum  fraterni  cornua  monstri,  cum  patuit  lecto  stamine  torta  via? 

Nr.  2  spielt  auf  das  Hauptmuster  unserer  Ciris,  CatuU  64, 
an,  cf.  besonders  101  {monstrum^  111  vanis  iactantem  cornua 
ventis,  113  errabunda  regens  teuui  vestigia  filo,  ne  labyrintheis 
e  flexibus  egredientem  etc.,  181  respersum  iuvenem  fraJterna  caede 
secuta.  Hier  können  wir  zugleich  in  interessanter  Weise  kontrollieren, 
wie  Properz  einen  Auszug  aus  einem  unzweifelhaft  älteren  Gedichte 
giebt.     Man  vergleiche  dazu  die  obige  Zusammenstellung! 

In  Bezug  auf  Nr.  1  könnte  man  zunächst  sagen :  So  hat  das 
Gedicht  geschlossen,  auf  das  Properz  IV  anspielt.  Wir  sahen, 
dies  Gedicht  hatte  Inhalt,  Episoden,  Wortlaut  mit  unserer  Ciris 
gemeinsam.  Sollte  wirklich  Properz  ein  solches  Gedicht,  nur  mit 
andrem  Schluss  vorgelegen  haben,  bald  darauf  dann  unsere  Ciris 
entstanden  sein?    Nötig  ist  eine  solche  Annahme  keineswegs. 

Die  hier  erwähnte  Sagenvariante  ist  die  Cir.  59  ff.  verworfene. 
Nr.  1  könnte  daher  als  blosser  Hinweis  auf  B.  6,  74  aufgefasst 
werden.  Aber  Nr.  2  weist  auf  ein  ganzes  Gedicht  hin,  und  ferner, 
der  Hexameter  erklärt  sich  aus  Vergil  nicht,  stimmt  dagegen  vor- 
züglich zu  unserer  Ciris.  C.  321  quae  tenuis  (patrio)  spes  sit 
suspensa  ifiapillo.  Zu  saevisse  cf.  C.  386  ergo  iterum  capiti 
Scylla  est  inimica  paterno,  sonst  382  parat  .  .  tondere  (capillum, 
172  {patrios)^  216  (patrium).  Ich  meine,  Prop.  V  4,  39  erklärt 
eich  aus  B.  6  und  Ciris  zusammen.  Die  in  der  Ciris  verworfene 
Sagen  Variante  wird  B.  6  in  den  Vordergrund  gestellt.  Die  Verse 
aus  B.  6  und  Ciris  waren  gleichlautend,  also  lag  für  Properz  eine 
Vermischung  sehr  nahe.  Wir  sehen,  irgend  welche  Nötigung, 
wegen  Prop.  V  4  anzunehmen,  das  Gedicht,  auf  das  sich  Prop.  IV 
19  bezieht,  habe  anders  geschlossen  als  die  uns  erhaltene  Ciris, 
liegt  nicht  vor.  Das  Gedicht,  auf  das  Properz  anspielt,  mues 
damals  bekannt  und  beliebt  gewesen  sein. 


90  Jahn 

Ciris  (und  Properz).  Zweite  Tabelle, 

nötig,   um    klarzustellen,    ob  etwa  (umgekehrt)    in  Cirie  Properz 

benutzt  ist. 
Cirie  51  hanc  pro  purpureo  poenam  scelerata  capillo  «^  G.  1,405 
et  pro  purpureo  poenae  dat  Scylla  capillo  (22  purpurea .  .  coma]. 
56  membra  figura  (21  Scjlla  figura).  59  Candida  euccinctam 
latrantibus  inguina  monstris  Dulichias  yexaese  ratee  et  gnrgite  in 
alto  deprensos  nautae  canibus  laceraeee  marinis  =  B.  6,  74 — 76 
bis  auf  deprensos.  (V  4,  40  candidaque  in  saevos  inguina  versa 
canes.)  71  resp.  167  infelix  virgo.  virgo  noch  öfter.  «^  B.  6,  47 
und  52,  dort  wörtlich  aus  Calvus  lo :  ah  virgo  infelix.  (23  virgo). 
115  Attica  Cretaea  sternebat  rura  sagitta  cf.  Δ.  9,  6G6  sternitur 
omne  solum  telis  (26  Cretaea  . .  rate).  122  roseus  . .  crinis,  cains 
quam  servata  diu  natura  fuisset,  tam  patriam  incolumem  Niei 
regnumque  futurum  cf.  A.  2, 88  dum  stabat  regno  incolumis.  roseus 
nach  Catull  64,  309.  (22  tondens  purpurea  regna  paterna  coma). 
172  (pafrios}  . .  muros  (V  4,  39  (patrios)  . .  capillos.)  185  crinem 
de  vertice  sectum  furtimque  arguto  detonsnm  mitteret  bosti. 
namque  haec  condicio  miserae  proponitur  una.  Catull  64,  350  a 
vertice  crines.  A.  4,  698  vertice  crinem  abstulerat.  Catull  99,  15 
quam  quoniam  poenam  misero  proponis  amori.  (22  tondens  pur- 
purea regna  paterna  coma.  hanc  igitur  dotem  virgo  desponderat 
hosti!)  189  puellam  von  Scylla.  (26  puella  von  Scylla).  191  Nise 
pater,  cui  direpta  crudeliter  urbe  vix  erit  una  sedes.  Catull  62,  24 
quid  faciunt  hostes  capta  crudelius  urbe?  cf.  A.  2,  746  aut  quid 
in  eversa  vidi  crudelius  urbe?  (24  Nise,  tuas  portas  fraude 
reclusit  Amor).  207  f.  und  222.  (24  s.  soeben).  216  (pafrium)  .  . 
limen  . .  (V  4,  39  patrios  .  .  capillos).  321  quae  tenuis  (patrio}  spee 
sit  suspensa  (capillo  (V  4,  39  in  patrios  Scyllam  saevisse  capillos). 
355  ff,  und  378:  Sie  täuscht  den  Vater  (24  etwas  anders:  tuas 
portas  fraude  reclusit  Amor).  382  purpureumque  parat  rursne 
tondere  capillum,  Catull  64,  275  purpureaque).  (22  tondens  pur- 
purea regna  paterna  coma).  (V  4,  39  in  patrios  Scyllam  saevisse 
capillos).  386  ergo  iterum  capiti  Scylla  est  inimica  paterno,  tum 
coma  Sidonio  florens  deciditur  ostro.  (22  tondens  purpurea 
regna  paterna  coma;  coma  hat  schon  Catull  zB.  66,  93.)  (V  4,  39 
quid  rairum  in  patrios  Scyllam  saevisse  capillos?)  389  suspensa 
novo  ritu  de  navibus  altis  per  mare  caeruleum  trahitnr  Niseia 
virgo  (26  pendet  Cretaea  tracta  puella  rate).  Eben  dazu  417 
vincta  tot  adsiduas   pendebo  ex  ordine  luces.     Für  diese  letzten 


Vergil  und  die  Ciris  91 

Stellen  382—389  ist  zu  beachten,  dase  wir  die 'Quelle*  der  Ciris 
überhaupt  nicht  kennen;  diese  Dinge  musRten  in  ihr  vor- 
kommen. Man  kann  daher  nicht  behaupten,  Ciris  habe  hier  Sache 
und  Worte  aus  Properz.  418  flP.  Ich  habe  es  verdient,  aber  von 
dir  nicht  erwartet,  speciell  4J^5  te  .  vero  victore  (28  non  tarnen 
immerito  Minos  sedet  arbiter  Orci,  victor  erat  quamvis,  aequus 
in  hoste  fuit.)  419  patriam  carosque  penates  [cf.  Lukr.  und  Vergil 
s.  Tabelle  U  über  Ovid.]  hostibus  .  .  addixi  (23  haue  igitur  dotem 
virgo  desponderat  hosti?)  430  ut  vidi,  ut  perii,  ut  me  malus 
abstulit  error,  non  equidem  ex  isto  eperavi  corpore  posse  tale 
malum  nasci,  forma  vel  sidera  fallas.  cf.  B.  8,  41  ut  vidi,  ut  perii, 
ut  me  malus  abstulit  error  nach  Theoer.  3,  42  resp.  2,  82.  Catull 
64,  175  nee  malus  hio  celans  dulci  crudelia /orma consilia  . .  hospes; 
140  non  haec  miserae  sperare  iubebas,  cf.  154,  wo  Theseus  ein 
Ungeheuer  genannt  wird.  (21  tuque  ο  Minoa  venumdata  Scylla 
figura.)  437  omnia  vicit  Amor  =  B.  10,  69  (24  tuas  portas 
fraude  reclusit  amor.)  438  non  mihi  iam  pingui  sudabunt  tempora 
myrrha,  pronuba  nee  castos  accendet  pinus  honores,  nee  Libys 
Assyrio  sternetur  lectulus  ostro  .  magna  queror,  me  ne  illa  qui- 
dem  communis  alumnam  omnibus  inieota  tellus  tnmulabit  arena. 
mene  inter  matres  ancillarisque  maritas,  mene  alias  inter  famu- 
larum  munere  fungi,  coniugis  atque  tuae,  quaecumque  erit  illa* 
beatae  non  licuit  gravides  penso  devolvere  fusos?  Es  ist  be- 
sonders wichtig,  dass  der  Gedanke  hier  aus  Catull  64,  139  ff. 
stammt,  also  sicher  nicht  aus  Properz.  Man  beachte  die  be- 
treffenden hier  mit  andren  zusammen  aufgeführten  Stellen;  A.  4,  166 
and  7,  319  pronuba  Inno  resp.  Bellona.  A.  7,  71  castis  adelet  dum 
altaria  taedis.  Cat.  61,  15  pineara  quate  taedam.  Dorther  stammt 
der  Gedanke  von  den  casti  honores.  Cat.  68, 143  nee  tamen  illa 
mihi  dextra  deducta  paterna  fragrantem  Assyrio  venit  odore  do- 
mum.  Cat.  64,  163  purpureave  tuum  consternens  veste  cubile. 
Assyrio  cf.  G.  2,  465  und  Culex  62.  Cat.  64,  164  sed  quid  ego 
ignaris  nequiquam  conqueror  auris?  Cat.  64,  153  neqne  iniecta 
tamulabor  mortua  terra.  A.  4,  620  sed  cadat  ante  diem  mediaque 
inhumatus  arena.  Cat.  64,  160  attamen  in  vestras  potuisti  ducere 
sedes,  quae  tibi  iueundo  famularer  serva  labore,  nachher  Be- 
dienung der  Gattin.  A.  4,  550  auch  von  der  Ehe:  non  licuit 
thalami  expertem  sine  crimine  vitam  degere.  non  licuit)  auch 
A.  5,  82.  G.  4,  348  carmine  quo  captae  dum  fusis  mollia  pensa 
devolvunt,  dort  Situation  nach  Theoer.  24,  74.  Catull  64  Schalt- 
▼ers  currite  fusi.  (25  at  vos  innuptae  felicius  urite  taedas  unter 


92  Jahn 

EriDDerang  an  die  oben  angeführten  Stellen  Cat.  61,  15  and  A.  7, 
71,  wo  von  taedae  die  Rede  ist.) 

Ich  meine,  durch  diese  Tabelle  wird  jeder  Gedanke  daran, 
dass  etwa  nicht  Propertiue  die  Ciris,  sondern  Ciris  Properz  be- 
nutzt hat,  beseitigt.  Hätte  der  Ciris-Dichter  aber  nach  Properz 
gedichtet,  so  hätte  es  für  ihn  sehr  nahegelegen,  so  gut,  wie  es 
Ovid  thut,  den  grossen  Dichter  zu  eitleren.  Properz  giebt,  wie 
es  schon  Tabelle  I  zeigte,  eine  Inhaltsangabe  eines  in  allen 
kontrollierbaren  Punkten  der  Ciris  gleichen  Gedichtes.  Er  muss 
dies  Gedicht  (gerade  wie  Ovid  die  Ciris  selbst)  ziemlich  hoch  ein- 
geschätzt haben. 

Ein  Gedicht  über  denselben  Gegenstand  citirt  auch  Tibuli  I 
4,  63 :  carmine  1.  purpurea  est  Nisi  coma,  2.  carmina  ni  eint,  ex 
umero  Pelopis  non  nituisset  ebur.  Mit  2.  spielt  Tibuli  allerdings 
nicht  auf  ein  kürzlich  entstandenes  lateinisches  Gedicht,  speziell 
dies  Thema  betreffend,  an;  auch  nicht  auf  ein  ihm  speciell  be- 
kanntes griechisches:  vielmehr  auf  kurz  vorher  gedichtete  Verse 
Vergils.  G.  3,  7  wird  unter  den  besonders  besungenen  und 
deshalb  jedermann  bekannten  Sagenstoffen  erwähnt:  umeroque 
Pelops  insignis  eburno.  Durch  die  Art  der  Erwähnung  des  Sagen- 
stoffes dort  erklärt  sich  die  Art  der  Anführung  hier.  Nun  könnte 
man  sagen:  Gerade  wie  Tibuli  mit  2.  an  einen  Vergilvers,  nicht 
an  ein  Gedicht  erinnert,  so  thut  er  es  auch  mit  1.  Er  meint  die 
bekannten  (jetzt  so  viel  besprochenen)  Verse  G.  1,  404  —  409,  deren 
erste  diesen  Gegenstand  berühren:  apparet  liquido  sublimis  in 
aere  Nisus  et  pro  purpureo  poenas  dat  Scylla  capillo.  Es  steht 
aber  mit  dieser  Stelle  anders  als  mit  der  obigen.  Wer  nur  diese 
Verse  vor  sich  hatte,  konnte  schwerlich  sagen;  carmine  etc.;  da- 
gegen ging  das  bei  der  andern  Stelle,  da  sich  dort  Vergil  selbst 
auf  bekannte  carmina  beruft.  Weshalb  soll  Tibuli  nicht  wie 
Properz  im  V.  Buche  auf  ein  ihm  bekanntes  Gedicht  über  die 
Nisusgeschichte  neben  Vergil  anspielen?  Cir.  52  hanc  pro  pur- 
pureo poenam  scelerata  capillo  .  .  solvens.  382  purpureumque  ca- 
pillum.  387  tum  coma  Sidonio  florens  deciditur  ostro.  Zu  Tibuli 
62  aurea  nee  superent  munera  Pieridas  cf.  Cir.  94  ff.  Pieridee  .  . 
munere,  woran  Erinnerung  vorliegen  könnte. 

Ich  stelle  jetzt  die  zweite  Frage.  Ist  erwiesen,  dass  Tibuli 
und  Properz  ein  etwa  in  Vergils  Frühzeit  veröffentlichtes  Gedicht 
über  Scylla  gekannt  haben,  das  in  allem,  was  wir  darüber  er- 
mitteln können,  unserer  Ciris  glich,  oder  ist  es  nicht  erwiesen? 
Dazu  die  Nebenfrage.    Wird  als  erwiesen  angenommen,  dass  Ovid 


Vergil  und  die  Ciris  93 

die  Girie  gekannt  hat,  iet  dann  nicht  mehr  als  wahrscheinlich, 
dasB  das  von  den  Elegikern  citirte  der  Ciris  so  sehr  gleichende 
Gedicht  eben  unsere  Ciris  gewesen  ist,  oder  ist  das  nicht  mehr 
als  wahrscheinlich? 

Ich  bemerke,  dass  es  auch  sonst  zwischen  Ciris  einerseits 
und  den  Elegikern  anderseits  zahlreiche  Parallelen  gibt. 

Skntsch  hat  darauf  hingewiesen,  dass  die  Ciris  viel  weniger 
und  namentlich  viel  weniger  ausgedehnte  Parallelen  zu  der 
zweiten  Hälfte  der  Aeneis  bietet  als  zu  den  ländlichen  Gedichten 
und  zu  der  ersten  Hälfte.  Er  hat  versucht,  dafür  eine  Erklärung 
zu  geben,  die  nicht  die  einzig  mögliche  ist.  Nach  meinen  Zu- 
sammenstellungen kann  daran  kein  Zweifel  sein,  dass  Bukolika, 
Georgika,  sowie  die  Bücher  Δ.  1  —  3  (im  letzteren  die  Meerfahrt) 
wirkliche,  das  heisst  auf  Benutzung  der  einen  Dichtung  in  der 
andern  beruhende,  Parallelen  geben.  Alle  Versanfänge,  Vers- 
echlüsse,  Versstellen,  etwa  wie  longo  post  tempore,  und  gleichen 
Ausdrücke  gehören  nicht  noth wendig  dazu.  Fänden  sich  nun 
in  den  spätem  Büchern  gar  keine  wirklichen  Parallelen,  so  könnte 
man  darauf  kommen,  der  Cirisdichter  hätte  nur  die  früheren  Teile 
der  Aeneis  gekannt,  die  späteren  nicht  —  gleichviel  ob  das  nach 
dem,  was  über  die  Herausgabe  der  Aeneis  überliefert  ist,  wahr- 
scheinlich ist  oder  nicht.  Fänden  sich  sehr  wenige  und  un- 
bedeutende wirkliche  Parallelen,  so  könnte  man  daran  denken, 
dass  der  Cirisdichter  die  früheren  Bücher  und  Werke  Vergils  aus- 
nutzt, Vergil  wieder  sich  später  gelegentlich  an  ihn  anlehnt.  Das 
würde  aber  Herausgabe  der  einzelnen  Bücher  der  Aeneis  für  sich 
voraussetzen :  eine  missliche  Annahme. 

Am  besten  ist  es,  wir  stellen  die  scheinbaren  wirklichen 
Parallelen  —  unter  Ausschluss  der  Versschlüsse  etc.  —  zwischen 
Ciris  und   A.  4  — 12  zusammen. 

Aus  A.  4  zeigt  die  Verliebtheit  der  Dido  manche  Aehnlich- 
keiten  mit  der  der  Scylla.  Zu  C.  163  f.  cf.  A.  4,  1  f.  und  4  venis, 
igni,  infixi,  pectore.  Zu  C.  165  cf.  A.  4,  101  <ossa  furorem.  Zu 
167  cf.  A.  4,  68  ff.  infelix,  tota,  vagatur,  urbe  +  A.  4;  SOOff.totam 
per  urbem  bacchatur,  qualis  Thyias. 

Aus  A.  5    ist  nichts  anzuführen. 

Aus  A.  6  scheint  Vers  290  in  Beziehung  zu  stehen  zu  C.  213  f. 
subita,  (formidine),  ferrum.  Vergil  tibersetzt  dort  Od.  11,  43  und 
48.  Aber  schon  A.  3,  259  findet  sich  subita  formidine  (auch  ai  cf.  C). 
Ob  aber  ferrum  und  subita  formido  nicht  schon  früher  gegenüber- 


94  Jahn 

gestellt  worden  sind,  ist  wohl  zweifelhaft.  Zu  A.  6,  405  ei  te  nulla 
movet  tantae  pietatie  imago  brauchte  an  und  für  sich  C.  263: 
nil  quo  falsa  tarnen  lateat  pietatie  imago  nicht  in  unmittelbarer 
Beziehung  zu  stehen;  nämlich  A.  9,294  und  A.  10,824  steht  der- 
selbe Versschluss  und  noch  animum  resp.  mentem  wie  C.  262. 
Aber  A.  6,  604  und  C.  261  genitor.  Der  unmittelbar  sich  an- 
schliessende Vers  A.  6,  406  at  ramum  hunc,  aperit  ramum,  qni 
veste  latebat,  weist  frappante  Aehnlichkeit  mit  C.  280  (vorher  405 
mit  263)  auf:  aut  ferro  hoc;  aperit  ferrum,  quod  veste  latebat. 
So  ist  hier  zwischen  A.  6,  404—6  und  C.  261—3  und  280  eine 
wirkliche  Parallele  vorhanden.  Was  bei  Vergil  zusammensteht, 
ist  in  der  Ciris  auseinandergezogen.  Ganz  ähnlich  steht  es  mit 
A.  6,  760 — 780.  A.  6,  760  ille  vides  pura  iuvenis  qui  nititur 
hasta  <v»  C.  268  ille  vides  nostris  qui  moenibus  adsidet  hostis. 
A.  6,  780  et  pater  ipse  suo  superum  iam  signat  honore  entspricht 
dem  folgenden  Vers  C.  269  quem  pater  ipse  deum  sceptri  donavit 
honore,  aber  auch  C.  500  f.  ecce  repente  velut  pafrios  imitatns 
honores  puniceam  concussit  apex  in  vertice  cristam,  nämlich  A.  6, 
779  geht  vorher  viden  (cf.  vides)  ut  geminae  stant  vertice 
cristae.  Der  Versschluss  findet  sich  zwar  noch  A.  9,  732  und 
A.  12,  493,  auch  andere  Vergilstellen  zeigen  Beziehungen.  Trotz- 
dem ist  kein  Zweifel,  dass  A.  6,  760  und  779  —  80  wirkliche  Pa- 
rallelen zu  C.  268  f.  und  500  f.  sind.  Hier  sind  bei  Vergil  die  Verse 
auseinandergerissen,  in  der  Ciris  aneinandergerückt.  In  Bezug  auf 
A.  6  ist  daher  kein  Zweifel,  dass  es  zur  Ciris  in  direkter  Be- 
ziehung steht. 

A.  7,  64  laurus  .  .  huius  apes  summum  densae  mirabile 
dictu  obsedere  apicem  <^  C.  120  nam  capite  a  summo  regis  mi- 
rabile dictu  Candida  caesarie  florebant  tempora  lauro  ....  ver- 
tice. Zur  Cirisstelle  sind  noch  eine  Menge  Vergilstellen  heran- 
zuziehen, aber  nur  hier  sind  summum  und  mirabile  dictu  ver- 
bunden, dazu  laurus  und  apex.  Ganz  sicher  ist  die  Beziehung 
A.  7,  373  bis  uhi  nequiquam  dictis  experta  Latinum  contra  stare 
indet  penitiisque  in  viscera  lapsum  serpentis  furiale  malum  . .,  da  irrt 
sie  wütend  durch  die  Stadt,  wie  der  Kreisel  läuft,  381  fertur 
zu  C.  181  atque  uhi  nulla  malis  reperit  solacia  tantis  tabidulamque 
videt  lahi  per  viscera  mortem  .  .  184  fertur  in  Raserei.  Man 
beachte  beidemal  das  etwas  entfernte  fertur.  Schon  vorher  C.  164 
penifus  concepit  in  ossa  furorem,  was  nach  CatuU  64,  91  ff.  ge- 
arbeitet ist:  concepit  corpore  flammam  funditus.  Catulls  funditne 
ist  in  Ciris  durch  penitus  ersetzt,  was  auf  die  Vermutung  führen 


Vepgil  und  die  Ciris  95 

kann,  daes  es  dadurch  nach  Yergil  ersetzt  ist.  Aber  nehmen 
wir  etwa  an,  die  Ciris  habe  die  Priorität,  so  erklärt  eich  die 
Sache  gerade  so  gut.  An  wirklichen  Beziehungen  zwischen  Ciris 
und  A.  7  ist  jedenfalls  kein  Zweifel. 

A.  8  bietet  nichts   Wichtiges. 

A.  9,  294  atque  animum  strinxit  patriae  pietatis  imago  cf. 
Ciris  262  f.  animus  und  pietatis  imago.  siehe  oben  unter  A.  6,  405. 
A.  9,  481  tune  ille  senectae  sera  meae  requies,  potuisti  linquere 
solam,  crudelis.  C.  285  ff.  crudelis  .  .  senectae . . .  mei  spes  una 
sepulcri  .  .  potui. 

A.  10,  270  ardet  apex  capiti  cristisque  a  yertice  flamma  cf. 
C.  501  puniceam  concussit  apex  in  yertice  cristam.  Es  giebt  für 
die  Cirisstelle  noch  mehr  Parallelen  bei  Yergil.  A.  10,  824  et 
mentem  patriae  subiit  pietatis  imago  s.  o.  zu  A.  6,  405.  A.  10,  844 
canitiem  multo  deformat  pulvere,  cf.  C.  284  intonsos  multo  deturpat 
pulvere  crines.  Sudhaus  hat  richtig  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass 
intonsos  und  pulvis  in  Ciris  sehr  ungeschickt  sind.  Nähme  man  aber 
den  jungen  Vergil  als  Verfasser  der  Ciris  an,  so  ergäbe  sich  kaum 
eine  Schwierigkeit.  Bekanntlich  sind  wie  diese  beiden  Stellen 
noch  A.  12,99  foedare  in  pulvere  crines  und  A.  12,  Gll  canitiem 
immnndo  perfusam  pulvere  turpans  nach  CatuU  64,  224  canitiem 
terra  atque  infuso  pulvere  foedans  gebildet.  Man  kann  die  Worte 
der  Ciris,  die  ja  übrigens  CatuU  G4  überaus  stark  ausbeutet,  restlos 
ans  den  drei  Vergil versen  erklären,  ebensogut  aber  auch  A.  10,  844 
aus  Ciris  H~  CatuU,  abgesehen  von  der  Möglichkeit,  dass  andere 
Dichter  die  Sache  ähnlich  behandelt  haben. 

Wichtig  ist  A.  11,567  non  illnin  tectis  ullae,  non  moenibus 
urbes  acoepere  .  .,  pastorum  et  sölis  eaegit  montibus  aevam  cf. 
C.  510  numquam  iZ2am  posthaec  oculi  videre  suorum . .  513  ntUlae 
illam  sedes  .  .  518  incultum  solis  in  rupibus  ealgit  aevom.  Es 
können  zur  Ciris  hier  noch  ein  Menge  Vergilverse  herangezogen 
werden.  Dass  aber  eine  wirkliche  Parallele  vorliegt,  ist  wahr- 
scheinlich. 

A.  12,  39  incolumi  potius  und  C.  330  incolumi  potius  scheinen 
-ebenso  wirkliche  Parallelen  zu  sein,  beidemal  handelt  es  sich  ja 
um  ganz  ähnliche  Dinge.  A.  12,  611  ist  schon  unter  A.  10,  844 
behandelt. 

Sichere  Parallelen  geben  nach  obigen  Ausführungen  ausser 
den  Bukolika,  Georgika  und  A.  1—3,  auch  A.  6,  7  und  fast  sicher 
11,  wahrscheinliche  auch  A.  4.  10.  und  12. 

Da  nach  dem,  was  über  die  Herausgabe  der  Aeneis  bekannt 


96  Jahn 

ist,  es  mieslicli  ist,  an  wecbselseiti^e  Benutzung  zn  denken,  eo 
wird  man  die  sämtlichen  Parallelen  unter  demselben  eesicbtspunkt 
zu  betrachten  haben,  dass  nämlich  entweder:  1.  der  Cirisdichter 
den  ganzen  Vergil  gekannt  hat,  oder  2.  dass  Yergil  bis  in  seine 
spätesten  Jahre,  in  denen  er  schon  sehr  berühmt  war,  den  Ciris- 
dichter, wo  er  nur  irgend  konnte,  citirte,  oder  aber  3.  dass  die 
Parallelen  solche  sind,  wie  sie  sich  zwischen  den  verschiedenen 
Büchern  Vergils  finden,  dh.  dass  Vergil  der  Verfasser  ist.  1  scheint 
ausgeschlossen,  wenn  wirklich  Tibull  und  Propertius  unsere  Ciris 
vorgelegen  hat.  2  anzunehmen,  dazu  könnte  ich,  der  ich  als 
Obtrectator  Vergils  gescholten  worden  bin,  mich  nur  im  äussersten 
Notfalle  bequemen.  Hat  Vergil  dies  Gedicht  so  stark  auch  zu 
den  kleinsten  Kleinigkeiten  ausgebeutet  —  es  sind  viel  mehr,  als 
bisher  bekannt  war  —  so  wird  er  es  auch  mit  andern  so  gemacht 
haben.  Dann  aber  bleibt  für  ihn  gar  nichts  mehr  übrig.  Selbet- 
verständlich  will  ich  mit  diesen  paar  Worten  nicht  etwa  Skutsch 
widerlegen;  ich  will  sein  hochverdienstliches  Buch  überhaupt 
nicht  widerlegen,  sondern  nur  die  Aufmerksamkeit  auf  noch 
weitere  Möglichkeiten  lenken.  Ich  möchte  daher  vorschlagen, 
so  sehr  ich  deshalb  Angriffe  befürchte,  die  Möglichkeit  3  wenigstens 
einmal  in  Erwägung  zu  ziehen,  und  zwar  ohne  vorgefasstes  Ur- 
teil. Dass  bisher  ganz  stichhaltige  Gründe,  auf  die  ich  nicht 
sofort  erwidern  könnte,  dagegen  vorgebracht  sind,  leugne  ich. 
Mit  Berufung  auf  Autoritäten,  die  die  Sache  nicht  untersucht  haben, 
ist  nichts  getan.  Dass  auch  grosse  Dichter  sogar  während  ihrer 
Blütezeit  schwächere  Dichtungen  verfasst  haben,  weiss  jeder  aus 
der  Litteraturgeschichte.  Auch  hat  man  jetzt  oft  bei  Beurteilung 
Vergils  und  der  Ciris  mit  zweierlei  Maass  gemessen.  Ich  leugne 
aber  nicht,  dass  möglicherweise  in  Zukunft  ganz  stichhaltige  Be- 
weise gegen  die  Annahme  vorgebracht  werden  können.  Ich 
schwärme  auch  keineswegs  für  die  Annahme  —  gerade  so  wenig 
wie  ich  für  die  Annahme  einer  solchen  Arbeitsweise  Vergils,  wie 
sie  sich  durch  meine  Untersuchungen  ergeben  hat,  geschwärmt 
habe.  Aber  man  muss  versuchen,  auf  allen  Wegen  zur  Wahrheit 
zu  kommen,  selbst  wenn  sie  einem  nicht  genehm  ist.  Persönlich 
habe  ich  in  dem  Jahre,  während  dessen  ich  mich  zuletzt  mit  der 
Ciris  beschäftigt  habe,  fortwährend  zwischen  den  verschiedensten 
Möglichkeiten  geschwankt  und  auf  alle  hin  untersucht,  ohne  den 
Wunsch,  dies  oder  jenes  Resultat  zu  finden. 

Ein  Gedicht,  für  das  keine  Ueberlieferung   vorliegt,    einem 
bestimmten  Dichter  zuzuweisen,  selbst  wenn  alle  Indizien  zusammen- 


Vergil  und  die  Giris  Θ7 

träfeo,  würde  iob  nicht  wagen.  Hier  aber  liegt  in  den  vitae  des 
Yergily  wie  allgemein  bekannt  ist,  eine  solche  Ueberlieferang  vor. 
Ob  sie  an  und  für  sich  unanfechtbar  ist,  weise  ich  nicht.  Aber 
wir  sahen  —  Ovid  kennt  und  schätzt  die  Ciris,  Tibull  und  Properz 
anscheinend  ebenso,  Tibull  weist  auf  ein  Gedicht  über  die  Nisus- 
sage  als  einem  Gedicht  Vergils  ebenbürtig  hin.  Nun  kommen 
noch  eine  ganze  Reihe  von  Momenten  hinzu.  Ich  befürchte; 
sehr  viele  Fachgenossen  haben  kein  deutliches  Bild  davon,  wie 
Vergil  sich  selbst  citirt,  wie  er  immer  wieder  dieselben 
Verse,  Schlüsse,  Anfänge,  Verbindungen  usw.  bringt.  Ich  mache 
darauf  aufmerksam,  dass  der  Cirisdichter  aus  Lucretius,  Catull 
usw.,  so  stark  er  sich  an  letzteren  anechliesst,  keinen  ganzen  Vers 
bringt,  aus  Vergil  aber  Verse  und  Verskomplexe.  So  benutzt 
sich  aber  Vergil  fortwährend  selber,  gerade  diese  Verse  und  Vers- 
komplexe,  die  er  mit  der  Ciris  gemeinsam  hat,  legen  den  Gedanken, 
die  Ciris  sei  von  ihm,  besonders  nahe.  Sowie  wir  uns  mit  diesem 
Gedanken  befreunden,  erscheint  uns  die  Ciris  schon  in  anderem 
Lichte.  Denken  wir  uns,  für  die  Georgika  wäre  Vergils  Autor- 
schaft nicht  überliefert,  seine  anderen  Dichtungen  gäben  auch 
keinen  sichern  Anhalt  dafür;  stellte  man  dann  in  der  Weise,  wie 
man  es  jetzt  für  die  Ciris  thut,  die  Georgika  mit  'Vergil*  zu- 
sammen, so  erhielte  man  das  Eesultat,  dass  der  Georgikendichter 
Vergil  in  geradezu  unverschämter  Weise  ausgeplündert  hat,  wie 
man  das  auf  Grund  ebensolcher  Zusammenstellungen  jetzt  vom 
Cirisdichter  behauptet.  Ich  bitte  an  die  folgende  dies  Ver- 
hältnis bezeichnende  Tabelle  keinen  zu  strengen  Maassstab  an- 
zulegen. Ich  habe  natürlich  eine  Stelle  ausgewählt,  wo  sich 
auch  sonst  bei  Vergil  vorkommende  Verskomplexe  finden,  für 
die  Kleinigkeiten  würde  man  an  andern  Orten  mehr  finden. 
Vollständigkeit  ist  nicht  beabsichtigt;  ich  habe  zwar  eigene 
Sammlungen  über  die  Selbstbenutzung  Vergils,  aber  diese  er- 
eeböpfend  zu  gestalten,  ist  eine  überaus  anstrengende  Arbeit.  Die 
Arbeit,  noch  über  Ganzenmüller  hinaus,  die  Vergleichung  von 
Ciris,  Vergil  usw.  durchzuführen,  ist  mir  zwar  gelungen,  aber  sie 
hat  mich  gänzlich  ermattet.  Den  Stellen  aus  Georgika  IV  sind  hier 
auch  Stellen  aus  den  Georgika  1 — 3  gegenübergestellt  worden, 
als  wenn  nur  G.  IV    zweifelhaft'  wäre. 

158  namque  aliae)  auch  G.  4,96  und  G.  2,  10. 

159  intra  saep(fa  domorum  cf.  A.  11,  882    inter  iu(ta  do- 
morum. 

162  aliae  spe<w  gmtis  adultos  educunt  fetus),  aliae  puris- 

BlMln.  Mos.  f.  Phttol.  N.  F.  LXIU.  7 


98  Jalin 

8im<a  nieUe  stipani  et)  liquido  (disiendtmt  necfare  cellas,  dann  167 
aut  onera  accipiunt  venienium  aut  agmine  facto  ignavom  fucos 
pecus  α  praesepibus  arcent,  fervet  opus  redolentque  thymo  fragrantia 
mella.  Δ.  1,  430— 436  kehren  die  durch  Druck  hervor- 
gehobenen Worte  wieder.  Auseerdem  sind  zu  430  f.  die 
Worte  aestafe  laborem  zu  vergleichen  (156).  Man  sieht,  drei  Veree 
sind  wörtlich  wiedergegeben,  die  andern  mit  kleinen  Abwei- 
chungen, of.  Ciris  und  Vergil.  Ferner  G.  3,  73  spem  .  .  gentis, 
B.  1, 15  spem  gregfs.  G.  3,473  spewque  gregemque  eimul  cunetam- 
que  ab  origine  gentem.  Zu  163  f.  cf.  101  f.  mella..  liquide.  Zu 
161  cf.  57  mella  tenacia.,  (Zu  disteniiunt  cf.  3, 124.)  (Zu  praeeepibue 
cf.  3, 495).  Zu  167  (agmine  facto  und  185  mane  ruunt  portis 
A.  1,  82  venti  velut  (agmine  facto  y  qua  data  porta,  ruunt. 
169  fervet  ojous  cf.  A.  4,  407  opere  omnis  semita  fervet. 

171  alii)  taurin</5  follibus  auras  accipiunt  redduntque,  älii 
stridentia  tingunt  aera  lacu;  gemit  impositis  incudibus  Aetna.  Uli 
iiiter  sese  niagn<rt  vi  bracchia  tollunt  in  niimerum  versantque  te- 
naci  forcipe)  ferrum.  A.  8,449  —  453  kehren  die  durch  den 
Druck  hervorgehobenen  Worte  wieder.  Siehe  die  Be- 
merkung zu  162.  Zu  173  cf.  G.  3,  133  gemit  area,  ferner  G.  1,  472 
{oTnac(ibns  Aetnam.  175  in  numerum  schon  B.  6,  27.  Zu  175 
cf.  A.  12,  404  pren8<a/iwe  tenaci  forcipe  ferrum. 

176  non  aliter)  auch  G.  1,  201  und  A.  12,  723.  Ferner 
zu  si  parva,  licet  componere  magnis  cf.  B.  1,  23  sie  parv'iB  com- 
ponere  magna  solebam. 

177  Cecropias  apescf.  270  Cecropinuique  thymum(nnd  B,  1,54). 
Zu  177  amor  cf.  205  amor . .  habendi  auch  A.  8,  327. 

180  at  fessae  multa  referunt  se  nocte  minores  +  186  vesper 
ubi  (e  pastu)  tandem  decedere  campis  admonuit  of.  A.  7,700  cum 
sese  (e  pastu")  referunt, 

181  f.  arbuta,  .  .  salices.  Β  3,  82  f.  arbutuB  und  sälia  zu- 
sammen. Salix  für  Bienen  auch  B.  1,  54  f.  casiae  für  Bienen 
G.  2,  213  und  4,30. 

18J2  glauc&e  saliceB  cf.  B.  2,  13  glauoa  frondentia  fronde 
salicta. 

184  Omnibus  una  quies  operum,  labor  omnibus  uwue  cf.  A.  10, 
182  mens  omnibus  una  sequendi. 

185  mane  ruunt  portis  s.  o.  cf.  A.  1,  82  qua  data  porthy  ruunt 
of.  G.  4,  78  erumpMM^  portis.  G.  3,  304  ruuntqne  efiFusi  (oarcere) 
ourrus. 


Vergil  und  die  Ciris  Öd 

186  vesper  uhi  e  pastu)  tan  dem  decedere  campis  admonoit. 
cf.  G.  4,  434  vesper  ίώι  e  pastu).  G.  1,  381  e  pastu  decedens,  cf. 
Ciris  und  Yergil.  Kommt  so  etwas  in  der  Ciris  vor,  so  ist  man 
geneigt  zu  sagen,  der  Cirisdichter  habe  zwei  Vergilstellen  conta- 
miniert,  zB.  Ciris  59  ff.  scheinbar  contaminiert  aus  B.  6,  74  ff.  + 
G.  4,  421  deprensis  . .  nautis. 

187  Corpora  curani  cf.  Δ.  3,  511  corpora  curamus.  (s.  u. 
190  und  diese  Stelle). 

188  fit  sonitus)  schon  G.  4,  79. 

189  post  ίώί  tarn)  cf.  G.  2,  367  inde  uhi  tarn), 

190  fessosque  sopor  ruus  (occupat  artus.  cf.  A.  2,  253  sopor 
fessos  complectitur  (artus.  A.  3,511  fessos  sopor  Inrigat  (artus 
A.  7,  446  subitus  tremor  (ßccupat  artus,  A.  11,424  tremor  (occu- 
pcU  artus.  Hier  würde  man  für  Ciris  wieder  an  Sammlungen 
denken. 

191  nee  vero)  Vergil  häufig,  α  stabulis  auch  G.  4,  14. 
(pluvia)  impendente  cf.  G.  1,365  (vento)  impendente. 

198  nee  corpora  segnes  in  Veverem  solvunt  cf.  A.  11,736  at 
non  in    Vener em  segnes. 

201  ore  legunt)  cf.  G.  4,  17  ore  ferunt).  sufficiunt,  cf.G.  3.65. 

203  saepe  etiam)  auch  G.  1,  84.  322.  365.  G.  3, 132  und  4,  42 
u.a.     duris  . .  in  cotihns  schon  B.  8,  43. 

204  animam . .  dedere  cf.  G.  3,  495  animaB  . .  reddunt.  suh 
fasce  auch  G.  3,  347. 

205  tanfus  amor)  an  derselben  Versstelle  G.  2,  301  und  G. 
3,  112.    Sonst  A.  11,  323.  A.  2,  10.  A.  6, 133,  cf.  auch  G.  4,  177, 

208  (muUosque  per  annos  auch  Α .  1,31.  cf.  Α.  9,  85  multos 
dilecta  per  annos  und  ähnlich  A.  2,  715. 

210  (et  ingens  auch  G.  2,  65  und  80. 

211  Zu  den  Orientalen  cf.  G.  2, 136. 

212  mens  omnibus  una  est  cf.  A.  10,  182  mens  omnibus  una 
sequendi. 

213  (et  omnes  sehr  häufig  bei  Vergil. 

218    (pulchramqiie   petunt   per    volnera    mortem ,    ebenso 

A.  11,  647,  cf.  A.  9,  401  (et)  pulchram  properet  (per  volnera 
mortem. 

222  terrasque  tractusque  maris  caelnmque  profimdum  auch 

B.  4,  51.  219  ff.  cf.  die  Erörterung  A.  6,  724  ff.,  speciell  zu  223 
(binc)  pecudes  armenta  (viros),  genus  (omne  ferarum  A.  6,  728 
inde  hominum  pecui^umque  genus  vitaeque  volantum.  Ferner 
G.  3,  480  et  genus  omne  neci  pecudxim  dedit,  (jomne.f^r^rufnj    . 


100 


Jalm 


Im  folgenden  kann  ich  eine  ganz  neue  Beobachtang  vor- 
legen. Kein  lateinieches  Gedicht  weist  auf  beechränktem  Raum 
80  massenhaft  Parallelen  zu  der  einem  Messalla  gewidmeten  Ciris 
auf  als  Catalept.  11,  das  ebenfalls  einem  Messalla  gewidmet  ist, 
speoiell  in  den  Versen  47 — 53,  und  femer  Catal.  12. 


Catal.  11 

47  saepe  Qrucem)  adver8<o> 
perlabens  sidere<e  pontum?  sae- 
pe) mare  audendo  yincere,  saepe 
hiemem?  saepe  etiam)  densos 
immittere  corpus  in  hostes,  com- 
munem  beUi  nee  itinuisse  (oder 
metnisse)  deum?  nunc)  celeres 
Afros,  periurae  milia  gentis, 
aurea  nunc  rapidi  ftumina  adire 
Tagi?  nunc  cdiatn  ex  αΙι)Λ  bel- 
lando  quaertre  gentem? 

(cf.  Ovid  Met.  Θ,  40  in  Qnosia 
mittere  corpus  castra.  CatuU. 
29,  19  amnis  aurifer  Tagns.) 

Dazu  kommen  noch  etwa 
Parallelen. 

1 1  namque  fatebor  enim  (wört- 
lich =  B.  1,  31). 

23  felicem  ante  alias. 

39  multa  .  .  donavit  .  •  prae- 
mia. 

64  hoc  satis  est  (cf.  B.  10,  70 
haeo  sat  erit). 

Catal.  12 

2  aUius)  et  caeli  sedtbus  ex- 
tulerat. 


5  hie  (grave  servUium)   tibi 
iam  Romane,  ferebat. 


Ciris 
76  ipsa  (trucem)  mult^o)  mi- 
sceret  sanguin<e  pontum,  (459 
labitur  .  .  classis.)  172  saepe) 
redit  .  .  174  saepe  etiam),  358 
nuncy  tremere  instantis  heUi 
certamina  dicit  commufiemque 
funere  deum^  nunc)  regis  ami- 
eis  .  .  362  nunc  etiam)  oonficta 
dolo  mendacia  turpi  invenit  et 
diyom  terret  formidine  cives, 
nunc  alia  ex  a/t>i8,  nee  desunt 
omina  quaerit 


folgende    an    sich    unbedeutende 
55  nam  verum  fateamur. 

27  felix  illa  dies,  ante  alios 
häufig  in  Ciris. 

93  magna  mihi  •  .  tribuistis 
praemia. 

455  sit  satis  hoc. 


7  altius)  ad  magni  •  .  sidera 
mundi. 

175  sedibus  ex  aUis  caeli  spe- 
culatur  amorem  (die  hdschr. 
Lesart  ist  also  ganz  richtig  1) 

291  tarn  (grave  servitium), 
tam  duros  passa  labores.  (cf. 
Propert  I  5, 19  tam  grave  ser- 
vitiumX) 


Vepgil  und  die  Cirie  101 

9  tale  deae)  nnmen,  tcUi  mor-  35  tak  deae)  velam  sollemni 
talia  nu^/u  fallax  momento  bora  tempore  portant,  tali  te  vellem, 
dedit.  invennm  doctieeime,  xKtu, 

Auf  die  Wiederholung  derselben  Wörter  in  aufeinander- 
folgenden Versen  in  Catal.  11  ist  längst  aufmerksam  gemaobt 
worden.  Sie  zeigt  sieb  genau  so  in  der  Ciris,  wo  mögliebst  ein 
Gedanke  immer  zweimal  wiedergegeben  wird.  Catal.  11.  1  pauca 
mihi,  2  pauc»  mihi.  3  victor,  4  victor.  4  qua,  4  qua.  6  ut, 
6  ut.  10  quid,  10  quid.  11  maxima,  12  maxima.  15  carmina 
quae,  16  carmina  quae.  21  certatira  .  .  divi,  22  certatim  divae 
usw.  Cirie  zB.  286  ff.  286  ο  .  .  iterum,  287  ο  iterum.  288  aut, 
289  aut.  291  tarn,  291  tam.  295  te  .  .  Britomarti,  296  te  Bri- 
tomarti;  oder  428  ff.  428  tene  ego,  429  tene  ego.  433  me  non, 
435  me  non.  433  dives,  434  dives.  437  vieit,  437  vinceret. 
So  gebt  es  durch  das  ganze  Gedicht  hindurch.  Catal.  12  Vergil 
abzusprechen,  liegt  schwerlich  ein  Grund  vor.  Weshalb  soU 
Catal.  11  nicht  yon  Vergil  stammen  ?  Weshalb  kann  Messalla 
nicht  Meliboeus  und  Moeris  aus  Vergils  Bucolica  entnommen 
haben?  Nach  der  üeberlieferung  sind  die  Catalepten  von  Vergil; 
Catal.  11  und  Ciris,  beide  an  Messalla  gerichtet,  und  dazu  Catal.  12 
stammen  offenbar  von  einem  und  demselben  Dichter.  Stützt 
nicht  gleichsam  ein  Gedicht  die  Echtheit  des  andern? 

Ich  stelle  nun  die  Frage.  Ist  bewiesen  oder  nicht,  daes 
die  Messallagedichte  Ciris  und  Catal.  11,  sowie  Catal.  12  den- 
selben Verfasser  haben  ?  Ist  ein  stichhaltiger  Grund  vorhanden, 
Catal.  11  und  12  dem  Vergil  abzusprechen?  Bejaht  man  die  erste 
Frage  und  verneint  die  Zusatzfrage,  so  ist  man  genöthigt,  Vergil 
als  Verfasser  der  Ciris  anzuerkennen. 

Aus  der  Einleitung  der  Ciris  geht  keineswegs  hervor,  dass 
ihr  Verfasser  ein  älterer  Politiker  war,  der  ein  Jngendwerk  mit 
Umänderungen  veröffentlichte,  oder  dergleichen.  Diese  Einleitung 
ist  nämlich  ein  Conglomerat  von  Einleitungen  und  XJeberleitungen 
älterer  Dichter.  Darauf  kann  ich  hier  im  einzelnen  nicht  ein- 
gehen. Ftir  unsere  Frage  kommt  zunächst  in  Betracht,  was  vario 
iactatum  laudis  amore  irritaque  expertum  fallacis  praemia  vulgi 
bedeutet.  Die  Früheren  haben  dazu  schon  richtig  Catull65,lff. 
angeführt;  daraus  stammt  etsi  me  und  nachher  Vers  9  non  tamen, 
also  die  Satzkonstruktion,  und  ferner  der  Tonfall :  etsi  me)  adsi- 
da<o>  confec</Mm>  cura  dol(ore.  cf.  etsi)  (me)  vari<o)  iacta</!4iH>  laudis 
am<ore.    Auch  die  Musenfrüchte  (cf.  10)  kommen  dort  vor.    Aber 


102  Jahn 

daneben  ist  die  üeberleitung  Laor.  I  921  ff.  verwendet,  an  die,  wae 
man  besondere  beachten  möge,  eich  die  Üeberleitung  G.  III  284  ff. 
ganz  eng  anschliesst.  Dort  heiset  es:  sed  acri  percussit  thyreo 
laudis  epee  magna  meum  cor,  et  eimul  incueeit  suavem  mi  in 
peotne  (amorem  musarnm,  quo  nunc  inetinotne  mente  vigenti 
avia  I^eridnm  peragro  (loca  nullius  ante  trita  eolo):  iuvat  integroe 
aocedere  fontes  atque  haurire:  iuvatque  novos  decerpere  flores, 
ineignemque  meo  capiti  petere  inde  coronam,  un^e  priue  nulli 
yelarint  tempora  Mueae.  Dorther  stammt  laudis  (ατηοτβ,  das  hat 
auch  den  Anlaes  zu  3  suavee  zunächst  gegeben,  auch  dort  gab 
ee  Blumen  wie  im  κήπος  Vers  3  und  4.  Ebenso  erklärt  eich 
aus  dieser  Stelle  Vers  8  et  (placitum  paucis  ausa  est  ascendere 
collem),  entsprechend  6.  3,  292  inyat  ire  iugis,  qua  nulla  priorum. 
Hier  ist  allerdings  der  collis  der  Sophia  gemeint.  Ferner  erklärt 
eich  daraus  der  Schluss  der  geeammten  Einleitung  94  ff.,  wo  der 
Dichter  die  Pieridee  anruft,  für  die  er  stets  floree  in  Bereitechaft 
hält.  Jedenfalle  iet  dadurch  festgestellt,  dass  laudis  amor  sich 
auf  die  Dichtkunst  bezieht.  Vers  2  betrachtet,  wie  sich  das  in 
der  Ciris  durchgängig,  aber  auch  bei  Vergil  oft  findet,  die  Sache 
von  einer  zweiten  Seite.  Ich  habe  den  amor  laudis,  ich  habe 
aber  auch  schon  Beifall  geerntet  (cf.  bei  Lucret.  coronam).  Man 
vergleiche  etwa  G.  4,  205  tantus  amor  florum  et  generandi  gloria 
mellis,  wo  gloria  nicht  ^Euhmsucht*  bedeutet.  'So  gross  ist  der 
Ehrgeiz,  so  gross  auf  der  andern  Seite  der  Ruhm.'  cf.  Θ.  3,  112 
von  Pferden  tantus  amor  laudum.  laudis  amor  auch  A.  5,  394. 
7,496.  9,  197.  Ich  weise  noch  darauf  hin,  dass  Catal.  11,61 
laudem  aspirare,  humilis  adire  camenas  verbunden  ist. 

Die  Verse  43  ff.  besagen  nur:  Soweit  bin  ich  noch  nicht, 
um  dir  ein  Lehrgedicht  nach  Lukrez'  Muster  (das  er  natürlich 
ebenso  wenig  beabsichtigt,  wie  Vergil  G.  3  das  Gedicht  zu  Ehren 
Oktavians)  zu  widmen,  so  empfange  denn  dies  Jugendwerk !  Die 
Einleitung  wird  wohl  zuletzt  geschrieben  sein,  weiter  geht  daraus 
nichts  hervor.  Wie  denkt  man  sich  denn  die  Rückkehr  des  alten 
Politikers  zu  seinem  Jugendwerk?  Der  Verfaeeer  der  Einleitung, 
eowie  dee  Gedichtee  selber  ist  ein  noch  junger  Mann,  der  sich 
schon  etwas  in  der  Dichtkunst  versucht  hatte.  Ein  älterer  Mann 
hätte  wohl  schwerlich,  nachdem  er  in  seiner  Jugend  die 
Ciris  fertig  gebracht,  dies  Sammeleurium  von  entlehnten  Ein- 
leitungen vorgeeetzt.  Wenn  Vergil  einige  der  Catalepten  u.  dergl. 
echon  verfaeet  hatte,  konnte  er,  zumal  wenn  er  die  Auedrücke 
entlehnte,  von  laudie  amor  und  von  inrita  praemia  fallacie  volgi 


Vergil  und  die  Ciris  103 

eprecben;  letztere  fanden  sich  selbstverständlicb  auch  schon  bei 
einem  Früberen.  Ein  Beweis  für  Vergils  Autorschaft  ist  das 
nicht,  aber  die  Benutzung  derselben  Lukrezstelle  bei  Vergil  und 
dem  Cirisdichter  giebt  zu  denken. 

Nämlich  an  einer  ganzen  Reihe  von  Stellen  haben  Vergil 
und  die  Ciris,  die  überhaupt  die  gleichen  Muster  benutzen,  an 
genau  die  gleichen  Stellen  ihrer  Vorgänger  sich  angelehnt,  etwa 
folgen  dermassen.  Cat.  62,  24  sagt:  quid  faciunt  host  es  capta 
cmdelius  urbe?  An  ihn  lehnt  sich  deutlich  an  Cir.  191  dire^pto 
crudeliter  urbe,  ebenso  deutlich  A.  2,  746  aut  quid  in  eversa 
vidi  (crudelius  urbe?  Dabei  sind  beide  Stellen  unter  einander 
nicht  abhängig.  Natürlich  darf  man  nicht  jeden  Vereschluss  an- 
führen, der  sich  etwa  einerseits  bei  Lucrez  oder  Catull,  ander- 
seits bei  Vergil  und  in  der  Ciris  findet,  sidera  mundi  und  der- 
gleichen. Cir.  127  Cecropiae  et  tereti  nectebant  dente  cicadae. 
Den  Versen  126/7  parallel  sind  A.  1,  492.  4,  139.  5,  313.  7,  815. 
10, 138.  Aber  teretis  und  cicadae  sind  dort  nicht  verbunden, 
wohl  aber  Lucr.  IV  58  cum  fereth  ponunt  tunicas  ae8ta(/e  cicadae 
und  V  803  folliculos  ut  nunc  fereÜB  ae8ta<ie  cicadae  lincunt.  Der 
erstere  dieser  Verse  hat  Vergil  G.  2,  75  vorgeschwebt  et  tenu<w 
ramp<tin^  tunicas).  Cir.  142  f.  et  exfra  procedit  longey  <wafrum 
comitumque  catervam,  nach  Lucr.  1,72  +  2,628  (matrem  comitumque 
eatervas,  A.  11,478  magna  mairum  regina  (.caterva,  A.  2,40. 
370.  5,  76  comitante  caterva.  Hier  steht  Ciris  Lucrez  näher. 
Cat.  64,  86  ff,  sind  in  der  Ciris,  sowie  von  Vergil  auch  unabhängig 
▼on  einander  ausgebeutet,  daneben  liegt  scheinbar  Benutzung  des 
einen  durch  den  anderen  vor.  Dort  hunc  simul  ac)  (12  quae  simul 
aey)  concepit  corpore  flammam  fnuaifus  .  .  imis  .  .  (medullis)  .  . 
\furores.  Danach  Ciris  163  f.  quae  simul  ac)  .  .  peniiws  concepit 
(in  ossa)  {furorem\  aber  auch  A.  7,  356  per(cepf/  pectore  flam- 
ffkifH  und  A.  4,  90  quam  simul  ac)  .  .  nee  famam  obstare  (furori. 
Sowohl  in  Ciris  als  bei  Vergil  ist  der  oatullische  Versanfang  in 
gleicher  Weise  abgeändert.  Ferner  A.  4,  66  est  mollis  flamma 
medulloB  etc.  Cir.  300  Dictaeas  ageres  ad  (gramina)  nota  capellas 
nach  Dirae  91  capellae,  mollia  non  iterum  carpetis  (pabula)  nota. 
Danach  auch  Β  1,  77  non  me  pascente  capellae  (florentem  cytisum 
et  salices)  carpetis  amaras.  Die  Vergilstelle  und  die  Cirisstelle 
haben  keine  Beziehungen  zu  einander.  Lucr.  III  85  nam  iam 
eaepe  homines  (patriam  c&rosque  parentes  prodiderunt.  An  diese 
Stelle  und  ihre  Umgebung  lehnen  sich  G.  2,  495  ff.  vielfach  an, 


104  Jahn 

dort  514  hino  (patriam  ^arvosgue  pen&tes  eustinet.  Aber  auch 
Cirie  bat  Locrez  unmittelbar  benutzt:  419  quod  sie  (pafriam 
carosque  pena^e^  bostibas  .  .  addixi.  Die  Situation  in  der  Cirie 
steht  dem  lucreziecben  prodiderunt  näher  als  die  Vergile.  Wäre 
der  Cirisdichter  Nachahmer  Vergile,  so  müseten  wir  sagen,  er 
habe  die  Vergiletelle  benutzt  und  dann  auch  ihr  ihm  bekanntes 
Muster.  Aber  die  Situation  zeigt,  dass  Lukrez  zuerst  heran- 
gezogen sein  muss,  nicht  Vergil.  Cat.  64,  17  nudato  (corpore 
nympha%  sah  man  Thetis  begleiten.  Ciris  hat  daraus  435  ge- 
macht, non  florentes  aequali  corpore  nymphae  konnten  sie  zurück- 
halten, dabei  nymphae  in  der  griechischen  Bedeutung.  A.  1^  71 
sunt  mihi  bis  septem  praestanti  (corpore  nymphae  geht  ohne  Be- 
ziehung zur  Ciris  auf  Catull  zurück.  CatoU  64,  35  desertiür  Gieros 
. .  linquvint  Phthiotica  tempe.  Danach  sowohl  Cir.  463  deserii . .  Isth- 
mon  .  .  473  linquituT  .  .  Delos,  als  A.  11,  902  deserit  obsessos 
colles,  nemora  aspera  linquit  ohne  gegenseitige  Beziehung.  Zu  535 
hat  Skutsch  festgestellt,  dass  der  Cirisdichter  auch  den  Griechen 
Arat  benutzt  hat,  ebenso  wie  Vergil  das  thut.  £s  sind  dies  nur 
einige  Beispiele,  die  zeigen,  dass  Vergil  und  der  Cirisdichter 
nicht  nur  dieselben  Lieblingsdichter,  sondern  auch  dieselben  Lieb- 
lingsstellen  in  ihnen  hatten.  Am  leichtesten  erklärt  sich  das, 
wenn  Vergil  und  der  Cirisdichter  ein  und  dieselbe  Person  waren, 
ein  strikter  Beweis  dafür  ist  es  nicht. 

Ich  fasse  zusammen.  Ich  behaupte  nichts  Bestimmtes,  bitte 
nur  folgende  Punkte  hintereinander  ohne  Rücksicht  auf  ein 
Endresultat  in  Erwägung  zu  ziehen,  jeden  besonders  für  sich: 

1.  Hat  Ovid  die  Ciris  gekannt?  2.  Spielen  Tibull  und  Properz 
auf  die^Ciris  an?  3.  Aus  welcher  Zeit  kann  die  Ciris  spätestens 
herrühren,  wenn  wirklich  Ovid,  Tibull  und  Properz  sie  gelesen 
haben?  4.  Stammt  die  an  einen  Messala  gerichtete  Ciris  yon 
demselben  Verfasser  wie  Catal.  11  und  12?  5.  Liegt  nicht  für 
Ciris  sowohl  wie  für  Catal.  11  und  12  eine  gewisse  üeberliefe- 
rung  vor,^  des  Inhalte,  sie  stammten  von  Vergil  ?  Wird  nicht, 
falls  wirklich  etwa  Cat.  11  und  12  und  Ciris  denselben  Verfasser 
haben,  die  Ueberlieferung  dadurch  gestützt?  6.  Lassen  in  An- 
betracht der  scheinbaren  Entetebungszeit  der  Ciris  die  in  allen 
Bücbern^jVergils  sich  findenden  wirklichen  Parallelen  zur  Ciris 
die  Möglichkeit  zu,  dass  wechselseitige  Benutzung  vorliegt,  oder 
schliessen/sie  sie  nicht  vielmehr  aus?  Dazu  7.  Kann  die  all- 
mähliche Abnahme   der   sichern  und  unsichern  Parallelen  in  der 


Vergil  und  die  Ciris  105 

"ift  nicht  daraae   erklärt   werden,   daee  Vergils    Interesee   fiir 
■Tngend werk  eich  allmählich  verrinererte?  7.  Liegen  gewichtige 

«iimde  vor,  Vergil  die  Ciris  ahzaeprechen ?  Man  komme  nns  nicht 
i.iit  Argumenten  solcher  Art,  wie  sie  früher  dazu  geführt  hahen, 

lern  Dichter  so  und  so  viele  unzweifelhaft  echte  Veree  ahin- 
^prechen  oder  den  Dichter  zu  corrigiren.  a)  Kann  man  nach  den 
für  G.  IV  gegebenen  Zusammenetellungen  daraus,  dass  Ciris  und 
Vergil  ganze  Versgruppen,  Verse  usw.  gemeinsam  haben,  noch 
schliessen,  in  Ciris  sei  Vergil  nachgeahmt?  Spricht  nicht  viel- 
mehr gerade  dieser  Umstand  für  Autorschaft  Vergils,  ohne  sie 
freilich  zu  beweisen?  b)  Spricht  die  Einleitung  wirklich  gegen 
die  Autorschaft  Vergils?  c)  Spricht  die  Anlehnung  an  dieselben 
griechischen  und  lateinischen  Dichter  und  an  die  gleichen  Stellen 
aus  ihnen  nicht  für  die  Autorschaft  Vergils?  d)  Erklären  sich 
nicht  viele  Unsreschicklichkeiten  in  der  Ciris,  daneben  aber  das 
Auftauehen  vieler  Schönheiten  in  ihr  am  bequemsten  so,  dass 
man  sie  für  ein  noch  etwas  unreifes  Jugend  werk  eines  gross 
veranlagten  Dichters  hält?  Kann  man  nicht  annehmen,  dass  Vergil 
flieh  gelegentlich  später  selbst  einmal  verbessert  hat? 

Nochmals,  ich  behaupte  keineswegs,  die  Ciris  sei  von  Vergil, 
aber  ich  behaupte,  es  muss  genauer  als  bisher  geprüft  werden, 
ob  das  nicht  der  Fall  sein  kann.  Nur  so  viel  möchte  ich  aus- 
sprechen, dass  ich  trotz  eifrigen  Suchens  unüberwindliche 
Schwierigkeiten  für  Lösung  der  Frage  in  dem  besprochenen  Sinne 
nicht  gefunden  habe,  selbst  nicht  in  der  von  Sudhaus  angeführten 
Stelle  C.  473  «v*  A.  III  73  ff.,  die  mir,  ebenso  wie  Sudhaus,  schon 
seit  Anfang  der  Erörterung  für  die  Abhängigkeit  des  Ciris'lichters 
zu  sprechen  schien.  Aehnliche  Stellen  giebt  es  noch  mehrere. 
Die  grossen  Verdienste  aller  Hauptbetheiligten  würde  es  nicht 
im  geringsten  schmälern,  wenn  sich  schliesslich  ein  solches  Re- 
sultat ergäbe;  im  Gegentheil,  beide  Parteien  hätten  so  zu  sagen 
Recht  gehabt;  sie  hätten  nur,  wie  ich  auch,  eine  Möglichkeit 
nicht  ernstlich  genug  in  Betracht  gezogen.  Ganz  ernstlich  hat 
sie  doch  wirklich  keiner  von  den  Streitenden  in  Betracht  gezogen, 
trotzdem  die  Stellungnahme  Drachmanne  und  Vollmers  das  wün- 
Bchenswerth  gemacht  hätte.  Vergil  könnte  in  unsern  Augen  nur 
gewinnen,  wenn  die  Ciris  sich  als  ein  Jugendwerk  von  ihm,  etwa 
aus  der  Eklogenzeit,  herausstellte,  seine  dichterische  Fähigkeit 
hätte  sich  dann  nach  mehr  Seiten  hin  bekundet,  als  man  meist 
geneigt  ist,  ihm  zuzutrauen.  Ich  könnte  noch  sehr  viel  zu  dieser 
Frage  vorbringen,  möchte  aber,  ehe  ich  aufbaue,  erst  das  Urtheil 


106  Jahn  Yergil  and  die  Ciris 

der  Sachverständigen  über  die  Fundamente  hören  ;  sie  mtiesen 
erst  ganz  genau  untersucht  werden,  besonders  die  Pfeiler  Properz- 
Tibull  und  Gatal.  11  und  12.  Sind  diese  nicht  haltbar,  so  kann 
das  Gebäude  vielleicht  noch  anderweitig  gestützt  werden,  aber 
die  nöthige  völlige  Sicherheit  fehlt. 

Berlin.  Paul  Jahn. 


DIE  EPISCHE  ZERDEHNUNG 


In  dem  Streit  über  Wert  oder  Unwert  unserer  Homertiber- 
lieferang  darf  der  Frage  der  epischen  Zerdebnung  eine  grand- 
eätzliche  Bedeutung  zugesprochen  werden.  Erweist  die  Tradition 
eich  in  diesem  Falle  als  zuverlässig,  so  bat  sie  unser  Vertrauen 
gewonnen;  wir  haben  zur  Skepsis  allerwege  ein  Recht,  wenn 
wir  wahrnehmen,  dass  die  Sprachform  der  Handschriften  sich 
hier  von  der  Urform  der  Gedichte  entfernt.  Seit  Jacob  Wacker- 
nagels Abhandlung  freilich  (Bezzenbergers  Beiträge  IX  (1878), 
259  flF.)  sind  viele  mit  ihrem  Urtheil  fertig.  Für  sie  steht  es 
fest,  dass  dem  alten  Homer  Zerdehnungsprodukte  wie  όρόω 
όρόωντες  fremd  waren ;  an  ihrer  Stelle  standen  tiberall  die  offenen 
Formen:  opau)  όράοντες;  erst  in  jüngerer  Zeit  drangen  aus  der 
lebendigen  Sprache,  die  inzwischen  zur  Kontraktion  fortgeschritten 
war,  die  Zusammenziehungen  όρώ  όρώντες  in  den  Vers  ein;  sie 
nun  wurden  dem  gestörten  Rhythmus  zuliebe  von  den  Rhapsoden 
künstlich  zu  opou)  όρόωντες  verunstaltet.  Ohne  der  Wacker- 
nagelschen  Theorie  eine  entschiedene  Absage  zu  ertheilen,  hat 
dann  0.  A.  Danielsson  'Zur  metrischen  Dehnung  im  älteren 
griechischen  Epos'  (Upsala  1897)  p.  64  ff.  den  Versuch  unter- 
nommen, die  ältere  Anschauung  von  neuem  zu  wenigstens  be- 
dingter Geltung  zu  bringen,  wonach  das  Wesen  der  Erscheinung 
in  einer  Yokalassimilation  bestand,  όρόιυ  bildet  die  Stufe,  in 
die  όράω  eintrat,  ehe  Kontraktion  zu  όρώ  erfolgte,  ebenso  steht 
opouKTa  in  der  Mitte  zwischen  όράουσα  und  όρώσα,  έλααν  in 
der  Mitte  zwischen  έλαειν  und  έλαν.  Dies  Prinzip  macht  nur 
eine  geringe  Zahl  der  überlieferten  Formen  verständlich:  nach 
Danielseon  hat  sich  daher  bisweilen  Assimilation  mit  nachträglicher 
Distraktion  verbunden :  όράϋίμι  —  όρόψμι,  όράοντες  —  όρόωντες, 
όράεις  —  όράςις  etc.  Und  für  eine  dritte  Kategorie  gilt  reine 
Diektaeis:  δρώωσι  aus  &ρώσι,  μνώοντο  aus  μνώντο.  Ansprechend 
in  ihrem  ersten  Theile,  leidet  die  Theorie  an  einem  Zuviel  von 
Voraoeeetznngen  und  behauptet  vor  der  einheitlichen  Auffassung 


108  Ehrlich 

Wackernagels  keinerlei  Vorzüge.  Wir  stehen  daher  jetzt  vor 
der  Frage:  ist  Wackernagels  Theorie  auch  vom  heutigen  Stand- 
punkte unseres  Wissens  durchführbar?  Konkret  ausgedrückt:  ist 
es  überall  möglich,  die  distrahirten  Bildungen  (όρόιυσι)  durch 
ihre  Grundformen  (opaoucTi)  zu  ersetzen,  so  dass  diese  jenen 
metriech  gleichwertig  sind?  Es  lassen  sich  Thatsachen  aufzeigen, 
die  zu  verneinender  Antwort  zwingen. 

TT  188  hatten  Aristophanes  und  Aristarch  φώως  bk  (^ans 
Licht'),  die  Lesart  des  Venetus  A.  Für  die  unbefangene  Be- 
trachtung besteht  kein  Zweifel,  dass  diese  Schreibung  die  einzig 
überlieferte  ist,  dass  Zenodot  πρό  φόως  bk  nur  e  coniectura  aus 
Τ  118  eingeführt  hat.  So  Wackernagel;  anders,  aber  nicht  tiber- 
zeugend Nauck  Aristophan.  Byz.  p.  56,  W.  Schulze  Quaest.  £p. 
p.  206.  Nun  lässt  sich  heute  nicht  mehr  die  Ansicht  festhalten, 
dass  φώιυς  bk  an  die  Stelle  von  *φαος  bk  *φέως  6έ  getreten 
sei.  Das  Griechische  kennt  nur  einen  Stamm  φ&ος;  die  Dehnung 
in  φ&ία  (π  15  ρ  39  τ  417)  ist  metrisch  begründet,  Schulze  a.  0., 
Danieleeon  p.  9.  Wollte  man  aber  φδος  bk  für  φώως  6έ  in  den 
Text  einsetzen,  so  ginge  das  Yersmass  in  die  Brüche. 

Den  Aorist  φαάνθη  hat  Wackernagel  konsequenterweise  zu 
φαείνω  gezogen,  nicht  zu  φαίνιυ;  φαάνθη  stände  also  für  *φάνθη 
^φαένθη;  ob  er  recht  daran  gethan  hat,  ist  zu  bezweifeln,  φαείνω 
sondert  sich  bei  Homer  seiner  Bedeutung  nach  mit  voller  Deutlich- 
keit von  φαίνω.  Es  ist  ein  intransitives  Activum  und  heieet 
seinem  Ursprung  gemäss  (φαεινός)  ^leuchten',  hat  also  noch  nichts 
von  dem  verblassten  Sinne  des  primären  Yerbums  φαίνΐϋ  an- 
genommen: τ  2  wird  es  von  der  Sonne  gebraucht,  σ  308  von 
λαμπτήρες,  σ  343  von  einem  persönlichen  Subjekt  (Odysseus). 
Erst  Spätere  verwendeten  beide  Präsensbildungen  unterschiedslos. 
Es  ist  aber  augenfällig,  dass  φαάνθη  nicht  auf  die  Gebrauche- 
weise von  φαείνο)  eingeschränkt  ist,  sondern  in  sich  die  Be- 
deutungen des  primären  Verbnms  vereinigt:  φάανθεν  Α  200 
Meuchteten  wie  φαίνομαι  Β  456  θ  561,  φαάνθη  Ρ  650  *  wurde 
sichtbar*.  Im  Einklang  mit  dieser  Beobachtung  steht,  dass  auch 
ein  Compositum  έΕεφαάνθην  auftritt,  welches  nur  auf  έκφαίνω 
bezogen  werden  kann:  έΕεφαάνθη  μ  491  'kamen  zum  Vorschein*, 
Δ  46S  'wurden  sichtbar  ,  έΕεφάανθεν  Τ  17  'leuchteten'.  Ν  276  squ. 
ει  γαρ  νΟν  παρά  νηυσι  λεγοίμεθα  πάντες  άριστοι 
ές  λόχον,  ίνθα  μάλιστ'  άρετη  οιαείοεται  άνορών, 
?νθ'  δ  τε  όειλός  άνηρ,  δς  τ'  άλκιμος,  έΕεφαάνθη. 
Es  pflegt  an  den  Tag  zu  kommen*.    Vgl.  Selon  fr.  1  27  (von  Zeus): 


Die  epische  Zerdehn ang  109 

aUi  b'  oö  i  λίληθ€  διαμπερές,  δστις  άλιτρόν 

θυμόν  ίχει,  πάντως  V  ές  τέΚος  έΗεφάνη. 

Aber  Wackernagel  selbst  hat  durch  spätere  Untersachangen 
seine  eben  bekämpfte  Meinung  widerlegt.  Zeitschr.  f.  vgl.  Sprachf. 
30,304  bemerkter  zutrefifend :  '-ην  ist  wesentlich  intransitiv  und 
gehört  daher  in  einzelnen  Fällen  zu  einem  ^activen  präsens: 
έρρύην  .  .  .  Wesentlich  anders  -θην.  Dieses  bildet  niemals 
den  aorist  eines  activums.  Aber  gerade  umgekehrt  als 
bei  -ην,  ist  beziehung  zum  medium  unverkennbar.'  Diese  Er- 
kenntniss  hätte  ihn  dazu  führen  müssen,  φαάνθη  zu  φαίνομαι 
zu  stellen,  nicht,  wie  es  p.  313  geschieht,  zu  ψαείνιυ.  £b  ergiebt 
eich  demnach,  dass  φαάνθη  aus  φάνθη  entstanden  sein  muss;  aber 
diese  Grundform  kann  nie  im  Texte  gestanden  haben,  da  sie 
nicht  das  metrische  Aequivalent  der  Dehnform  bildet. 

Schwierigkeiten  bereitet  Wackernagel  der  Superlativ  φαάν- 
τατος  (ν  93),  der  nicht  mit  φαεινός  verknüpft  werden  kann. 
Brugmann  (Griech.  Gramm.  ^  p.  195)  hat  geglaubt,  dass  bisweilen 
im  Griechischen  ein  Zusammenhang  zwischen  Komparativ  und 
Verbum  hergestellt  ist :  cf.  Ιθύντατα  Σ  508 :  Ιθύνιυ ;  ebenso  dem- 
gemäss  φαάντατος  zu  φαείνιυ(?)  φαάνθη.  Indessen  über  die 
morphologische  Struktur  von  Ιθύντατος  sind  wir  seither  durch 
0.  Uoffmann  (Fhilol.  60,  17  fif.)  aufgeklärt  worden.  Diese  Bil- 
dung ist  nicht  anders  zu  beurtheilen  als  φίλτερος  φίλτατος  βέλ- 
τερος  φέρτερος:  abzuleiten  aus  *φΐλτότερος  -τότατος  *βελτό- 
τερος^  *φερτότερος  von  verlorenen  Positiven  ♦φίλτός  (of.  Φιλ- 
τόδαμος),  *βελτός  *φερτός.  Ιθύντατα  ging  demnach  hervor  aus 
^ίθυντότατα  auf  Grund  desselben  Gesetzes,  das  von  zwei 
gleichanlautenden  Silben  eine  schwinden  Hess,  und  setzt  ein 
*1θυντός  *grade  gerichtet*  voraus  (cf.  Ιμερτός  υφαντός  etc.).  Εβ 
ist  aber  Hoff  mann  nicht  entgangen,  dass  der  gleichen  Erklärung 
auch  φαάντατος  untersteht:  aus  ^φααντότατος,  Positiv  *φααντός; 
das  ist,  füge  ich  hinzu,  ein  lautliches  Produkt  aus  φαντός  'sicht- 


1  Auch  möchte  ich  att.  άβέλτερος  *dumm'  auf  ^άβελτότερος  zu- 
rückfahren und  auf  einen  verlorenen  Positiv  *Α-β€λτος  *  untüchtig'  be- 
ziehen; doch  bleibt  unklar,  weshalb  sich  die  Komparativform  durch- 
gesetzt hat.  —  Homerisch  έπασσύτερος  'nacheinander',  das  von  Sonne 
(Zschr.  f.  V.  Spr.  13,  422)  und  Brugmann  (Rhein.  Mus.  53,  (>30  ff.)  aus 
*έπ•αν-σύτ€ρος  hergeleitet  wird,  beruht  wohl  im  letzten  Grunde  auf 
*έπ-αν-συτό-τ€ρος  zum  Positiv  *έπ-άν-συτος;  vgl.  έπισσυτ^ρη  *  όρμητικω- 
τ^ρα.   ταχεία,  (συν)τομ(υτέρα  Uesych  aus  ♦έπισσυτοτέρη   zu   έπ(σσυτος. 


110  Ehrlich 

bar  (cf.  δφαντος  φαντ-άίομαι),  aber  der  Vers  gestattet  nicht 
die  Einsetzung  von  φάντατος. 

Ist  es  damit  entschieden,  dass  auch  solche  Vokale  von  der 
Zerdehnung  betroffen  wurden,  die  nicht  durch  Kontraktion  ent- 
standen sein  können,  so  wird  diesem  Sachverhalt  vollends  Wacker- 
nagele Theorie  nicht  gerecht.  Wenn  wir  uns  aber  gewisser, 
lautphysiologischer  Grundthatsachen  erinnern,  so  eröffnet  sich 
uns  ein  anderer  Weg  zum  Verständniss  der  gesammten  Erschei- 
nung. Mit  den  Ausdrücken  der  Vokalkürze  und  -länge  bezeichnet 
der  Sprachgebrauch  Begriffe,  für  die  ein  Gegenbild  in  so  schroffer 
Abgrenzung  in  dem  lebendigen  Idiom  nicht  existirt.  Das  Ohr 
des  Sprachforschers  hört  Abstufungen,  die  der  streng  logischen 
Klassifikation  widerstreben.  So  kann  es  sein,  dass  in  der  Sprache 
Homers  gewisse  Vokale  auf  Grund  näher  zu  bestimmender  Eigen- 
schaften die  normalen  zweimorigen  Längen  an  Zeitdauer  über- 
trafen. Eine  Bedingung,  von  der  es  nahe  liegt  ihr  Auftreten 
abhängig  zu  denken,  ist  die  Eontraktion.  Ja,  trägt  der  kon- 
trahirte  Vokal  einen  Zirkumflex,  einen  Accent  also,  der  seinem 
musikalischen  Charakter  nach  sich  aus  zwei  Tönen  zusammen- 
setzt, so  wird  leicht  der  Eindruck  der  Mehrsilbigkeit  erzeugt 
werden.  Eines  festen  Zeitmasses  freilich  ermangelten  gewiss 
auch  solche  Längen  nicht.  Wenn  nun  die  epische  Technik  sich 
der  Freiheit  erfreut,  dem  überdehnten  Laut  —  man  mag  ihn, 
wenn  man  will,  als  Ueberlänge  bezeichnen  —  beliebig  drei-  oder 
yiermorige  Geltung  zu  gewähren  (φως  —  φόιυς  —  φώιυς),  so 
reicht  das  sprachliche  Moment  zur  Erklärung  nicht  aus.  Die 
Möglichkeit  aber,  einen  Vokal  über  das  ihm  zustehende  Mass  zu 
verlängern,  gewährt  der  Gesang.  Dass  die  Homerischen  Lieder 
gesungen  wurden,  lehren  sie  uns  selber^.  Zwar  frühzeitig  schon 
(etwa  mit  Hesiod)  muss  die  musikalische  Vortragsweise  der  dekla- 
matorischen das  Feld  geräumt  haben ;  trotzdem  ist  für  die  gene- 
tische Betrachtungsweise   der  Homerische  Vers  ein  Gesangsvers. 

Gehen  wir  dazu  über,  die  individuellen  Bedingungen  der 
Ueberdehnung  festzustellen,  so  ergiebt  sich: 

I.   Mehr  als  zweimorige  Längen  sind 


1  Cf.  Chamaileon  bei  Athen.  XIV  (520  C;  Welcker,  Epischer  Cykl. 
338  ff.,  Bergk,  Griech.  L.  1,492,  R  Westphal,  Griech.  Rhythmik  p.  39. 
Irrig  noch  Dresig,  De  rhapsodis  (Lips.  1734)  p.  50,  Nitzsch,  De  bist. 
Hom.  faec.  II  p.  124  ff.  —  Zum  obigen  Kretschmer,  Gramm,  d.  griech. 
Yaeeninschr.  S.  121  A.  2. 


Die  epische  Zerdehnang^ 


111 


Α)  zirkumflektirte  Kontraktionsvokale  jeder  Art  in  geechloe- 
eener  Silbe, 

B)  zirkumflektirte  Kontraktionsvokale  auch  in  offener 
Silbe,  wenn  in  ihnen  ein  langer  Vokal  oder  ein  Diphthong  auf- 
gegangen iet. 

Die  Dehnung  geschieht  in  der  Weise,  dass  der  Länge  ein 
kurzer  oder  —  der  weniger  häufige  Fall  —  ein  langer  Vokal 
gleicher  oder  ähnlicher  Qualität  vorgeschlagen  wird,  der  den 
Akut  erhält.  Dass  für  φΐυς  φόως  oder  φώιυς,  aber  nie  φοιος 
erscheint,  liegt  klar  in  der  Aussprache  der  zirkumflektirten  Silbe 
begründet. 

Sind  wir  uns  nunmehr  der  sprachlich-musikalischen  Doppel- 
natur der  epischen  Zerdehnung  bewusst  geworden,  so  bleibt  uns 
nur  übrig,  für  ihre  Darstellung  durch  die  Schrift  eine  Tabelle 
aufzustellen.  Wir  stellen  in  eine  Kolumne  I  die  Vokalgruppe, 
welche  die  Grundlage  des  Kontraktionsvokale  (U)  bildet,  und 
drücken  durch  die  Zeichen  i^  (IH)  und  i__i  (IV)  die  Drei-  und 
Viermorendehnung  aus. 


Gnindform 

Kon- 
traktions- 
produkt 

- 

- 

ά€,  ά€ΐ,  αη,  εα 

a 

&ä 

άά 

άει,  άη 

* 

&α 

ää 

άο.  αου,  άω 

(ii 

όιυ 

ώω 

άοι 

ψ 

όψ 

ώοι 

άον(τ) 

ων(τ) 

όων(τ) 

ώον(τ) 

€€V 

€tV 

^€ΐν 

— 

€13 

ή 

— 

ήη 

η€ 

ή 

έη 

ήη 

01J 

ot 

όψ 

— 

001 

οΐ 

όψ 

— 

οου 

οΟ 

όιυ 

— 

οον(τ) 

οΟνίτ) 

όιυν(τ) 

ώον(τ) 

Diese  Darstellung  durch  die  Schrift  bietet  einiges  Auf- 
fallende aus  dem  Bestreben  heraus,  dem  Sprach  laut  möglichst 
nahe  zu  kommen.  In  bestem  Einklang  mit  unseren  Voraus- 
setzungen stehty  daes  das  Ergebniss  der  Verbindungen  oij  und  ooi, 


112  Ehrlich 

im  Attischen  ein  Eurzdiphthong,  bald  nach  erfolgter  Eontraktion 
noch  ein  Laat  von  längerer  Dauer  ist,  der  durch  (ο)ψ  dargestellt 
wird.  Wenn  ou  und  ouv  in  οιυ  und  ou)V  statt,  wie  man  er- 
wartet, in  oou  und  oouv  zerlegt  werden,  so  ist  vielleicht  der 
Schluss  zulässig,  dass  man  im  zweiten  Theil  der  Silbe  einen 
Vokal  von  etwas  weniger  als  zwei  Moren  Dauer  hörte;  erschien 
zu  seiner  Bezeichnung  u)  geeigneter  als  ou,  so  muss  wohl  über- 
haupt der  lange  offene  o-Laut  (das  ist  ω)  an  absoluter  Zeitdauer 
hinter  dem  geschlossenen  ou-Vokal  zurückgeblieben  sein.  Die 
Yiermorendehnung  der  Diphthonge  ψ  UJV  ouv  ist  in  der  Schrift 
eine  Vereinigung  von  langem  Vokal  mit  Eurzdiphthong:  ιυοΐ  ιυον. 
Hier  ist  ο  wohl  ein  Uebergangslant  dunkler  Färbung,  mit  dem 
man  im  Gesänge  von  dem  eilbischen  Element  u)  zu  dem 
unsilbischen  ι  (dh.  j)  und  ν  hin  überschritt. 

Auch  die  Periode  der  Lyrik  kennt  Schreibungen,  die  der 
Vokalzerlegung  im  Gesang  ihren  Ursprung  verdanken :  of. 
Κρ€ήτη  =  Κρήτη  Archilochos  fr.  175  (Steph.  Byz.  s.  v.),  άάνθο  = 
δνθα,  'ein  Ohrgehänge'  Alkman  fr.  120  (An.  Par.  IV  84,  18), 
πύυρ  =  πυρ  Simonides  fr.  59  (s.  Wackernagel  Indog.  Forsch.  II 
149  ff.).  Besonders  bekannt  ist  das  Beispiel  der  delphischen 
Hymnen  mit  Musiknoten,  die  Φοιοϊβον  ώόαεϊσι,  ταούρων  u.  dgl. 
bieten  (Crusius,  Die  delphischen  Hymnen  p.  93  ff.). 

Im  übrigen  meiden  lambus,  Elegie^  und  Melik  die  Zer- 
dehnung  im  Homerischen  Sinne,  und  das  ist  begreiflich.  Wir 
wissen  es  nicht,  ob  die  εύρεται  der  antiken  Litteraturgeschichte, 
die  Archilochos,  Mimnermos,  Kallinos  es  wirklich  waren,  die 
eine  metrisch-musikalische  Form  neu  prägten.  Was  wir  aber 
unbedenklich  als  ihr  Werk  betrachten  dürfen,  das  ist  ein  neuer 
Kunststil,  der,  gesättigt  an  altepischen  Elementen,  sich  weder 
ängstlich  landschaftlicher  Einflüsse  erwehrt  noch  es  uns  zu  ver- 
bergen vermag,  dass  die  sprachliche  Entwicklung  fortgeschritten 
ist.  Die  epische  Distraktion  hat  jetzt  ihr  Leben  ausgelebt.  Für 
diese  alte  Zeit  hatte  eben  der  Buchstabe  noch  nicht  seine  trüge- 
rische Macht,  war  nur  ein  Surrogat  des  sinnlichen  Klanges.    Um 


^  Die  daktylische  Dichtung  meidet  die  Zerdehnung  nicht  durch- 
aus: Άριστοφόωντα  Archiloch.  fr.  17  i  B.*  δηριόυυσιν  Theognis  v.  995, 
φόως  Simon,  fr.  102 1  παμφανόωντα  Ibykos  fr.  8  (eine  daktylische 
Reihe);  inschriftlich  ist  die  Erscheinung  zuerst  belegt  durch  ΔΑΜΟΦΟΟΝ 
Kaib.  epigr.  7(>1  (Aegina,  1.  Fl.  d.  5.  J.  v.Chr.),  Ιην  Hecht. ion. Inechr. 
175  4(5.  J.). 


Die  epische  Zerdehnung  118 

900  vor  Chris  tue  hörte  and  epraoh  der  ioniRche  Sänger  Laute 
von  einer  Eigenart,  die  ihm  das  Recht  gab,  ihnen  im  Veree 
Zweisilbenwerth  zu  übertragen,  um  700  hatten  sie  diese  Eigenart 
der  Aussprache  eingebüsst;  damit  war  die  Möglichkeit  entschwun- 
den, ihnen  den  früher  gewährten  Vorzug  weiter  einzuräumen. 

Schon  unter  den  alten  Gelehrten,  die  ja  der  Aera  des  Volks- 
gesanges  so  fern  standen,  konnte  über  manche  Einzelfragen  der 
epischen  Zerdehnung  eine  Meinungsverschiedenheit  entstehen. 
Nach  Herodian  zu  Ζ  269  lasen  Aristarch  und  Ptolemaios  Aska- 
lonites  in  εύχετάασθαι  das  zweite  α  kurz,  während  andere  es 
lang  massen;  derselbe  Herodian  verlangt  aber  zu  Φ  467,  dass 
in  δηριαάαθων  der  α- Laut  an  zweiter  Stelle  gedehnt  gesprochen 
werde.  Man  sieht,  dass  die  Alexandriner  ihre  Entscheidung 
lediglich  auf  Grund  ihrer  grammatischen  Theorien  trafen.  Aber 
auch  schon  der  Rhapsode  konnte,  wie  wir  uns  nicht  verhehlen 
dürfen,  in  der  Aussprache  der  Dehnvokale  schwanken,  dem  die 
Distraktion  nichts  als  ein  traditioneller  Bestandtheil  des  epischen 
Stiles  war,  ohne  dass  er  ihr  Wesen  noch  zu  fassen  wusste. 

Zum  einzelnen! 

Zirkumflektirte  Betonung  hat  der  Eontraktionsvokal  vor  der 
Zerdehnung  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Belege;  Aus- 
nahmen sind  selten: 

οηριαάσθιυν  Φ  467  (für  δηριάσθιυν) 
έψιαάσθιυν  ρ  530 
Ισχαναάσθω  Τ  234 
άντιοώντιυν  (Imper.)  Ψ  643 
είσοροώση  ψ  239 
βύχετοφμην  θ  467  =  ο  181 
γελώων  υ  347  (f.  γίλων). 

Der  letzte  Fall  wird  allerdings  von  Joh.  Schmidt  Die  Plural- 
bildungen d.  indog.  Neutra  p.  142,  dem  Brugmann  Griech.  Gr.  ^ 
306  beistimmt,  abweichend  beurtheilt.  Während  man  γελόω 
(φ  105),  γελόωντες  (σ  40  υ  374),  γελώοντες  (σ  111  υ  390)  zu 
Τελάΐυ  ziehen  muss,  würde  nach  Schmidt  aus  γελώΐϋν  eine  zweite 
Präsensbildung  γελώιυ  =  *τελώσ-^ιυ  folgen.  Mir  erscheint  dieser 
Ausweg  nicht  unbedenklich.  Ansätze  wie  πειναιυ  &ιψαω  1&ρώιυ 
werden  durch  das  vereinigte  Zeugniss  mehrerer  Dialekte  gestützt, 
aber  weder  ist  ein  Aorist  *γελϋϋσαι  (wie  Ιορώσαι)  zu  belegen; 
noch  hat  das  Attische  auch  nur  Spuren  einer  Abwandlung  γελώ 
*γελψς    *τελψ  (=  *γελώ€ΐς  *γελώει)  bewahrt.     loh  fahre    des- 

Bheia.  Mo«,  f.  Phllol.  N.  F.  LXIII.  Ö 


114  Ehrlich 

halb    γελώων  auf  γέλων  =  γέλαον  zurück;    die  unregelmäeeige 
Zerdehnang  ist  das  Wagniee  eines  jüngeren  Rhapsoden. 

Entgegen  der  aufgestellten  Regel  ist  zweimal  auch  ein 
Kontraktionsvokal  in  offener  Silbe  distrahirt,  obgleich  in  ihm 
zwei  Kürzen  vereinigt  sind: 

1.  αύτοχόωνος  Ψ  826 

=  ♦αύτοχώνος  =  *αύτοχόανος  (Schulze  Quaest.  Ep.  250 
squ.,  Mangold  C.  St.  6,  202) 

2.  άστυβοώτης  Q  701 

=  *άστυβώτης  =  *άστυβοατης  (Verf.  Zschr.  f.  vergl.  Spr. 
40,  356  flF.). 

Beide  Formen  stehen  in  anerkannt  späten  Büchern.  Uebri- 
gens  gilt  von  ihnen  das  Gleiche  wie  von  sämmtlichen  übrigen 
Füllen  gesetzwidriger  Zerdehnung  (abgesehen  von  γελιίκιιν):  sie 
waren  durch  ihren  trochäischen  Anlaut  in  kontrahirter  Gestalt 
—  und  die  Eontraktion  war  um  900  abgeschlossen^  —  nicht 
für  den  Vers  brauchbar;  wenn  also  die  Dichter  vom  Gewöhn- 
lichen abwichen,  so  handelten  sie  unter  einem  gewissen  Zwange. 

In  einigen  Fällen  ist  scheinbar  ein  Vokal  in  eine  Folge 
von  Länge  +  Kürze  aufgelöst.  Zum  Beweise  lässt  sich  in  erster 
Linie  Zenodots  Lesung  Ε  263.  323  AiveiuiO  anführen,  die  in  der 
That  eher  in  den  Text  aufgenommen  zu  werden  verdient  als  die 
Vulgata  Aiveiao.  Dieses  Gebilde  gleicht  meines  Erachtens  seiner 
Entstehung  nach  anderen  seltsam  zwitterhaften  Produkten  der 
Sängersprache;  ich  meine 

ναιεταώσης  (α  404) 

ναιεταώση  (Γ  387) 

ναιεταώσας  (Β  648  θ  574) 

[ναιετόιυσαν  Ζ  415  Aristarch  wohl  richtig;  η  116  steht 
jetzt  τηλεθόιυσαι]. 


*  Mit  den  formae  integrae  in  Mangolds  Sammlung  (Curt.  Stud. 
6,  206)  steht  es  folgendermassen.  Auszuscheiden  sind  die  Aeolismen 
διψάω  und  πεινάω  mit  naturlangem  α.  Für  sich  stehen  die  Wurzel- 
verba  λάω  vdui  (άενάοντα)  φάω  (έπι)χράω:  überall  waren  die  Vokale 
einmal  durch  F  getrennt,  und  in  solchem  Falle  verzögert  sich  häufig 
der  Eintritt  der  Kontraktion.  Ihre  Erhaltung  verdanken  ihrer  metrisch 
nützlichen  Form:  άοιδιάω  ναιετάω  τηλεθάω  εΐαελάων  έ^ελάων  κατε- 
σκ(αον  γοάοιμεν  -άοιεν  κραδάων  πίραον  ύλάω;  denn  durch  Zusammen- 
ziehnng  der  Vokale  entstanden  Trochäen  (ναιετώ)  und  lamben  (πέρων). 
ούταε  (χ  35Γ))  und  Ιλάονται  (Β  550)  hielten  sich  unter  dem  Einfluss  von 
οΓ»τα  und  Υλανται.     Für  sich  stellt  nur  άναμαιμΰει. 


Die  epische  Zerdehniing  lln 

Gemeinsam  ist  diesen  Formen  der  spondeiscbe  Ausgang, 
und  das  ist  kein  Zufall;  ναΐ€τώσης  etc.  war  für  den  Vers  nicht 
verwendbar,  ebenso  wenig  —  des  Akutes  wegen  —  durch  Zer- 
debnung  verwendbar  zu  machen.  Gerade  ναιετάιυ  gehört  aber 
zu  den  Verben,  die  das  Epos  dem  Metrum  zuliebe  traditionell 
in  unkontrahirter  Gestaltung  bewahrte:  ναιετάιυν  etc.  In  der 
Psyche  des  Homerischen  Sängers  lagen  also  nebeneinander  die 
ihm  mundgerechte  Form  ναΐ€τώσης  und  die  nur  gedächtniss- 
mässig  fortgepflanzte  ναΐ€Ταούσης :  das  Ergebniss  war,  dass  sich 
beide  zu  ναιεταώ(Της  vermischten.  Der  Dichter  des  Buches  Ε 
hat|  zu  dem  Nominativ  Αΐνείας  einerseits  den  äoliscben,  also 
traditionellen  Genetivausgang  -ao  (v.  305,  559,  564),  andrerseits 
den  echt  ionischen  -U)  (v.  534):  in  Alveiuio'  kontaminirte  er 
Αΐνείαο  und  Αΐνείω. 

Wenn  man  sich  versucht  fühlt  πρώονες  aus  πρώνες  ent- 
stehen zu  lassen,  so  zeigt  Danielsson  (aO.  p.  67  n.  1),  dass  um- 
gekehrt πρών  (Ρ  747)  aus  *πρώ(Ρ)ιυν  Gen.  -(Ρ)ονος  herzu- 
leiten ist. 

äel=  α  =  άά  (a)  oder  aä  (b). 
a)  -άεσθε  =  άσθε  :  όρϋοσθε 

-δεσθον  =  ασθον  :  δηριάασθον 

-δεσθαι  =  ασθαι :  αΐτιάασθαι. 
Der  Inf.  Perf.  Med.  zu  έοάην  lautet  π  316  οεο&ασθαι; 
man  erwartet  *οεδά(Τθαι;  zu  dieser  unmetrischen  Form  schuf 
der  Rhapsode  δεοαα(Τθαι  hinzu  nach  dem  Muster  von  Doppel- 
heiten  wie  δγοσθαι :  άγάοσθαι  u.  dgl.  m.  Uebrigens  aber  be- 
steht auch  die  Möglichkeit  οε-όάασθαι  aus  οεδάσθαι  *οε-δά6σθαι 
als  Inf.  Aor.  Med.  zu  fassen. 

-άεσκε(ν)  =  άσκε(ν) :  γοάασκεν 

-άεσκον  =  -ασκον  :  ισχανάασκον  ^ 

1  Schwerlich  richtig  stellt  Schulze  QE.  add.  ad  p.  299  in  diesen 
Znsammenhang  den  Genetiv  ΤΤ€τ€ώο ;  denn  korrekter  scheint  Α ristarchs 
Lesart  ΤΤ€τ€φο;  Grundform  ist  *ΤΤ€τήοιο  wie  zu  ΤΤην€λ^ψο  *ΤΤην€λήοιο; 
der  Nom.  ΤΤ€τηός  (ΤΤετεώς)  verhält  sich  zur  Nebenform  ΤΤβτής  aus 
*ΤΤ€τηης  wie  Λ^σχ€ως  zur  Variante  Λεσχής  (cf.  Immisch  Rhein.  Mus. 48, 
290  (F.),  femer  wie  tliessal.  Έρμαυος  zu  'Ερμής. 

2  ααται  ('er  sättigt  sich*)  war  falsche  Lesart  Hes.  Scut.  1  Ol :  jetzt 
acrai.  ασσατε  hat  zu  άσαι  'sättigen  Solon  (bei  Aristot.  Pol.  Ath. 
1.5, 2K.)  geneuert  an  Stelle  des  allein  sprachgemässen  ασοτ€:  Anknüpfung 
bot   ihm    das  Nebeneinander    von    άάααχ    und    δσαι  zum  Präsens  adw 


116  Ehrlich 

b)  ήτήασθε  (€  122) 
ύπεμνάασθε  (χ  38) 
μνάασθαι  (α  39) 

ά€ΐ  =  ά 
in  -άειν  =  -αν  :  (ei  ist  unechter  Diphthong)  έλάαν 

άη  =  ά 
in  -δηται  =  -αται :  μηχανάαται  Hesiod  Ορρ.  241 

€α  =  α 
in  νηπιάας  aus  νηπιάς,  *νηπΐ€ας  zum  Nora.  *νηπΐ€η:  'die  un- 
gewöhnliche Kontraktion  von  €ά  zu  ä  ist  eine  Folge  der  post- 
vokalischen  Stellung*  (Danielsson  p.  65  n.  1)• 

άει  =  ςΐ  =  Sa 
in  -άεις  =  -ςίς  :  έάςις 
-ά€ΐ  =  α  :  Ισχανδςι 

&η  =  ςΐ  =  άςι  (a)  oder  αςι  (b) 

a)  in  -άης  =  -^ς  :  έάςις 

b)  in  -δη  =  •ςΙ :  μνάςι  μενοινήςί  (Τ  164) 

αο  =  ώ  =  όω  (a)  oder  ώω  (b) 

a)  in  φάος  =  φώς  =  φόιυς 

b)  in  φώως 

άιυ  =  Ol  =  όυυ  (a)  oder  ώιυ  (b) 
a  /  in  -au)  =  -uj  =  ou) :  άντιόιυ 

-ötuv  =  -uiv  =-.  -ouüv  :  καγχαλόιυν.  θόιυκος  =  att.  θώκος 
aus  *θάΡα)Κθς  neben  θακος  aus  *θάΡάκος  (Verf•  Zschr. 
f.  vergl.  Spr.  40,  398) 
b)  -Ätu  :  μενοινώιυ 

-διυν  :  μαιμώυυν 
zu  μαιμάιυ  (μαιμώσι  Ν  78). 

αου  =  ώ  =  όιυ  (a)  oder  ώιυ  (b) 
a)  -άουσα  =  ώσα  :  μητιόιυσα 
-δουσι  =  ώσι :  €ΐσορόιυσι 
-άου  =  ώ  :  άλόΐϋ  (Imper.) 
Gen.  *Αθόιυ  aus  *Άθάου  zum  Nom.  **Άθάος  =  att.  "Αθως. 


'verblenden  ;  vergl.  Wackernagel  Indog.  Forsch.  II  150.  Ueber  φ€ρ- 
σ€φάασσα  (Orakel  bei  Arietot.  mirah.  aiific.  c.  liW  p.  843  b)  siehe  Verf., 
Zschr.  f.  vergl.  Spr.  39,  562  ff'. 


Die  epische  Zerdehnung  117 

θόιυσα  (α  71),  Name  einer  Nymphe,  geht  auf  *θάουσα 
zurück;  cl'.  Ίπποθών  -θώντος  Herodian  II  73233  (=  Choer. 
78,  3),  in  einem  epischen  Fragment  distrahirt  zu  Ίπποθόων 
bei  demselben  II  915  21;  von  diesem  Eigennamen  geht  aus  der 
Name  der  attischen  Phyle  Ίπποθωντίς  Meisterhans  Gramm,  d. 
att.  Inschr.*  22.  Zu  Grunde  liegt  ein  Participium  *θάΡων 
*θδΡοντος  in  dem  Sinne  'wunderbar,  staunenswerth'  (zu  θαύμα.) 

b)  -αουσα  :  ήβώωσα,  μαιμώωσα 
-άουσι :  πάρα•  ύποδρώωσι 

αον(τ)  =  ών(τ)  =  όων(τ)  (a)  oder  ώον(τ)  (b) 
a)  -&οντος  -ι  -α  -€ς  -α  -ας  -ε  =  -ώντος  etc.  :  παμφανό- 
ωντος  etc. 

Hierher  gehören  die  Eigennamen: 
Δηικόιυντα  Ε  534 
Δημοκόιυντα  Δ  499 

ΊπποκόοΛττα  Κ  518  (Ίττποκόωντος  Herod.  V  60  aus  epischer 
Quelle) 

Λαοκόων  in  der  Ιλίου  ΤΤέρ(Τις  des  Arktinoe, 

dazu  der  Kurzname  Κόων  Λ  248  Τ  53  -vi  Λ  256. 

Die  Eontraktioneformen  Δηικών  und  Λαοκών  überliefert 
Herodian  mon.  II  91 5 10  ff.,  ebenda  werden  die  gleichgebildeten 
Namen  *Αθηνακών  und  echlieeelich  Καλλικών  aufgefuhrt.  Καλ- 
λικών  war  der  Name  eines  Mannes  von  sprichwörtlicher  Verworfen- 
heit. Wenigstens  Kallimachos  fr.  227  und  Euphorien  fr.  156 
nennen  ihn  so  (an  diesen  Stellen  der  dietrahierte  Genetiv  Καλ- 
λικόωντος).  Es  scheint  aber,  als  ob  im  Yolksmund  schon  früh 
aus  Καλλικών  durch  begriffliche  Assoziation  mit  den  nicht  minder 
verrufenen  Κίλικες  ein  Κιλλικών  geworden  wäre:  so  heisst  er 
nach  den  Handschriften  dem  Aristophanes  Frieden  363  (dazu  die 
alexandrinischen  Scholien).  Leute  seines  Schlages  nannte  man 
daher  nach  Hesychs  Notiz  s.  Δημοκλεΐοαι  Κιλλίκωνες  (frag,  comic. 
adesp.  71  111  412  K.:  eine  Kurzform  wie  Ήράκων  zu  Ηρακλής). 
Das  Element  -κόων  -κών  pflegt  auf  ein  Präsens  *κόω  =  Koetu 
bezogen  zu  werden.;  s.  Usener  Rhein.  Mus.  53,  354.  Indessen 
ist  aus  der  sprachlichen  Ueberlieferung  kaum  ein  Anhalt  für  einen 
Rolchen  Verbalstamm  zu  entnehmen.  In  der  Inschrift  von  Olympia 
N.  7  (Ende)  suchte  man  einen  Optativ  κοΐ  oder  κψ;  Kirchhoff 
ergänzt  aber  wohl  richtig 

(1)ΐνα)κοι  V  έν  τρίτ]ον  αΤ  τι  ένποιοΐ  αΤ  τ'  έίαγρέοι. 


118  Ehrlich 

Euphorion  fr.  87  hat  εύρυκόωσα  .  .  Κητώ;  die  Deutung  des 
Beiwortes  war  schon  im  Alterthum  strittig;  cf.   Hesych 

εύρυκόιυσα*  εύρυνόμος  ή  πολυάστερος  νύΕ  ή  μεγάλη  ή 
πολλά  κοιλώματα  έχουσα.  Um  den  wirklichen  Sinn  des  Adjektivs 
festzustellen,  darf  man  die  Glosse  εύρυκόας*  μεγαλόνους,  μέγα 
ισχύων  (ebenfalls  bei  Hesych,  ohne  Quellenangabe)  nicht  ohne 
weiteres  verwerten;  denn  es  ist  leicht  möglich,  dass  erst  die 
jüngere  Kunstsprache  die  Maskulinform  zu  εύρυκόΐϋ(Τα  hinznschuf 
und  mit  willkürlicher  Bedeutung  belegte.  Weiter  wird  aus  *κόιυ 
άμνοκών  'Dummkopf  (Aristophanes  Ritter  264)  abgeleitet.  Eine 
solche  humoristische  Augenblickebildung  darf  man  nicht  durch  die 
Lupe  des  Etymologen  betrachten,  -κών  ist  als  ein  Quaei-Snffix 
von  den  Namen  des  Typus  Καλλικών  herübergenommen  ;  so  prägt 
die  Umgangssprache  nach  Ίππ-ασος  ein  κραύγ-ασος  ^Schreihals*, 
so  gewinnt  das  Lateinische  aus  Eigennamen  wie  Pomp-ejus  ein 
Suffix  -eßis  und  bildet  damit  Schimpfworte  wie  legulejtis;  so  steckt 
in  unserem  Dummerjahn,  Lüderjahn  der  Vorname  Johann, 

Ausschlaggebend  für  unsere  Auffassung  des  Elementes  -κόιυν 
muss  sein,  dass  Λαοκόων  in  ältester  Gestalt  ΛαΡοκάΡων  lautet; 
denn  Λ  Α  ΡΟΚ  ΑΡΟΝ  steht  auf  einer  archaischen  Dreifuseinschrift 
bei  Priscian  I  22  und  VI  69  nach  den  besseren  Handschriften.  Ein 
Participiuni  *καΡων  *καΡοντος  zu  καίιυ  καΰσαι  folgt  aus  λυχνο- 
κώσα  λυχνοκαυτοΟσα*  ούτως  Τηλεκλείοης  Photioe  (λυχνοκώσαν  * 
λυχνοκαυστουσαν  Hesych)  =  Telekl.fr.  59  FCAIp.  223  Κ.;  -κώσα 
geht  auf  *καουσα  zurück  nach  attischer  Lautregel,  das  Wort 
braucht  also  nicht,  wie  man  vermuthet  hat,  dorisch  zu  sein. 
Dieses  *καΐϋν  (in  intransitiver  Verwendung:  'strahlend,  leuchtend, 
hervorleuchtend )  finde  ich  auch  in  den  Namen  auf  -κόιυν  etc. : 
zu  diesem  Stamm  ferner  Ναυσικα(Ρ)α.  εύρυκόωσα  Veithin  leuch- 
tend') eignet  eich  ebensowohl  zu  einem  Epitheton  der  vuS  (Hesych) 
wie  der  Meergöttin  Κητώ. 

-άονται  =  -ώνται :  αιτιόωνται 
-άοντο  =  -ώντο  :  ήγορόιυντο. 
Κόων  be  Ξ  2οΓ)  Ο  28 
aus    Κών    *Κάον    zum    Nominativ    *Κάος  =  att.  Κώς    (cf.  die 
Dehnform   Κώυυς  bei  Herodian  I  403  25). 

b)  -άοντες  -α(ς) :  γελώοντες,  ήβώοντες  ήβώοντα 
-άοντο  :  μνώοντο  'sie  bewarben  sich'  λ  288 
von  μνα(Τθαι,    das   nach  Osthoffs    überzeugender  Deutung  Zechr. 
f.  vergl.  Spr.  26,  326  auf  *βνασθαι  zurückgeht  (Stamm  *μνα-  = 


Die  epische  Zerdehnung  119 

*ßvä-  zu  böot.  ßava'Weib')^  Streng  geechieden  ist  bei  Homer 
von  dem  Kontraktnm  μνασθαι  'sich  bewerben*  μνώομαι  *ge• 
denken'  (zu  μίμνημαι  etc.),  gleicher  Bildung  mit  τρώω  (φ  293) : 
hierzu  das  Imperfekt  (έ)μνώοντο  Β  686  Λ  71  TT  697.  771,  das 
Participium  μνιυομένψ  b  106  -ομέναι  ο  400,  -όμενοι  λ  117  ν  178. 
Erst  der  Dichter  des  Hymnus  auf  den  Pythischen  Apollo 
richtete  Verwirrung  an.  Da  für  ihn,  einen  rezitirenden  Rha- 
peoden,  μνώοντο  ^sie  gedachten  und  μνώοντο  ^sie  bewarben  sich' 
in  der  Aussprache  zusammenfielen,  brauchte  er  auch  μνωόμενος 
in  dem  Sinne  'sich  bewerbend'  (v.  31  nach  Wolffs  sicherer  Her- 
stellung: bei  Homer  μνώμενος  λ  117  ν  378). 

άοι  =  ψ  =  όψ  (ά)  oder  ώοι  (b) 
a)  -άοιτε  =  ψτε  :  όρόψτε 
-άοιεν  =  ώεν  :  τρυγόψεν 
-άοιο  =  ώο  :  αιτιόψο 
•άοιτο  =  ώτο  :  μηχανόψτο. 
Hierher    auch   γαλόψ  (Nom.  Fl.)  Χ  473.      Die    attische    Flexion 
γάλως    γάλω   (Herodian    περί    παθών   Π  234  ι  ff.  =  EM  229  θ) 
führt  auf  ein  Paradigma  *γάλαΡος  *ταλαΡου.   γαλόψ  also  gleich 
*Τθλαοι2,  γαλόψ  (Dat.  Sg.)  Γ  122  gleich  ♦γαλψ  *γαλάψ,  γαλόων 
(Gen.  PI.)  Ζ  378,  Ω  769  gleich  ♦γαλών  »γαλαων  (lat.  gWs  demnach 
aus  *glävös   gegen  Solmsen   Stud.  z.  latein.  Lautgesch.  107  ff.) 
b)  -αοιμι:  ^ρώοιμι,  ήβώοιμι 
-αοι :  ήβώοι  Hesiod  Ορρ.  698. 
βεν  =  εΐν  =  ίειν. 
Seit    Georg   Curtius    bei    Renner    in    seinen    Studien   1,  32 
Schreibungen   wie    βαλέειν  aus  missverständlicher  Transskription 
eines  echt  homerischen  ΒΑΛΕΕΝ  =  βαλέεν  erklärt  hat,  hat  man 
es  allgemein   aufgegeben,   sie   sprachlich   zu    interpretiren.     Hin- 
weggesehen   wird    ebenso   über  den  offenkundigen  Parallelismus, 
der   zwischen    -έειν  und  -ααν  besteht,    wie   über   die  Thatsache, 
dass  ein   unbetontes   EE   zB.  m  έχειν  =  *ίχεεν   niemals   zu  εει 


1  Was  H.  Hirt,  Der  indogerm.  Ablaut  p.  12  gegen  Osthoffs  Ety- 
mologie einwendet,  verfangt  nicht.  Nach  H.  ist  für  ein  *βνδ  =  *μνδ 
im  Griechischen  kein  Platz,  weil  aus  dieser  Grundform  γυνή  entwickelt 
sei.  Aber  υ  gebt  bisweilen  auch  auf  €,  ο  zurück:  auf  ο  in  νύζ,  övuS, 
auf  €  in  κύκλος  (=  sanskr.  cakra).  Es  hindert  also  nichts,  γυνή 
slavisch  zena  'Weib'  gleichzusetzen. 

3  Eher  Proparoxytonon  als  in  Abweichung  von  der  Betonung 
des  Attischen  Paroxytonon. 


120  Ehrlich 

entstellt  ist.  Aber  die  Zerdehoung  des  zirkumflektirten  Kon- 
traktionevokale €1  (gesprochen  als  geschlossener  e-Laut)  in  ge- 
echlossener  Silbe  ist  durchaas  regelrecht. 

wird  belegt  durch  den  Konjunktiv  μ€νοινήη(Τι,  Aristarcbs  allein 
richtige  Lesung  0  82:  -ήΓ)(Τΐ  demnach  distrahirt  aus  -η(Τι  -έησι 
(zum  Indik.  μενοινίιυ  μενοίνεον  Μ  59). 

η€  =  ή  =  έη  (a)  oder  ήη  (b). 

Das  Imperfekt  des  verbum  substantivum  lautet  bei  Homer 
in  älterer  Form  ήεν,  daraus  wird  durch  Zusammenziehung  ήν, 
aus  ήν  durch  Zerdehnung  a)  ίην  (78  mal). 

b)  ήην  (Λ  808    τ  284    ψ  316    tu  343). 

ίησθα  (Χ  435  π  420  ψ  175)  neben  11  maligem  ήσθα  iet 
eine  Neubildung  der  jüngeren  Rhapsodik  in  Nachahmung  der 
Zweiheit  ίην :  ήν. 

oq  =  ψ  =  όψ. 

Bei  Hesiod  Opp.  479  ff.  wird  der  Annahme,  die  in  der 
Form  ei  bi  κεν  ήελίοιο  τροπής  άρόψς  χθόνα  biav .  .  aue- 
gesprochen ist,  eine  andere  y.  485  entgegengestellt:  εΐ  bi  κεν  δψ' 
όρασης,  .  .  Damit  ist  klar,  dass  άρόψς  Konjunktiv  sein  muss, 
folglich  für  άροΐς  =  όρόης  eingetreten  ist. 

Mit  άρόψς  vergleicht  sich  bei  Homer  σόψς  I  681  σόψ 
1  424.  Es  wird  nicht  zwecklos  sein,  die  verwirrende  Vielheit 
der  nominalen  und  verbalen  Ableitungen  dieses  Stammes  zu 
überblicken. 

Zwei  Adjektivstämme  treten  von  alters  in  unterschiedsloser 
Verwendung  auf:  bei  Homer 

1.  σώς  ε  305  (Handschriften  und  Aristarch)  π  131  Ν  773 
Χ  332  (hier  in  Hebung)  aus  *(ΤαΡος. 

2.  σό(Ρ)ος:σόον  Α  117  (σών  Aristarch)  θ  246  TT  252 
Ρ  367i(aoov  und  σάον  hier  Aristarch).  σόοι  Α  344  Ε  531  Ο  563 
b  98  σόα  ν  364  Q  382  σόη  Ο  497.  Da  also  σόος  ein  durch- 
geführtes Paradigma  hat,  βο  wird  schon  dadurch  die  ältere  Mei- 
nung als  unwahrscheinlich  gekennzeichnet,  wonnach  der  Akkusativ 
σάον  sich  zu  (Τόον  assimilirt  hätte.  Hiniu  kommt,  dass  der 
stammhafte  o- Vokal  auch  in  andern  Dialekten  wiederkehrt:  ein 
Herofl  heiset  Ευσους  =  ♦Εοσοος  (Hesych),  auf  Kephallenia  lebt 
ein  Εύσοΐδας  (Hoffmann  Epigr.  Graec.  Nr.  288 1),  ein  mythischer 
König  von  Sparta  heisst  Σόος  (Plato  Kratyl.  p.  412  B),  Theokrit 
hat  111  24  und  IV  45    ούσσοος  'unselig'.      Dass   ΣΟΟΣ    Styra 


Die  epische  Zerdehuung  121 

IGA  372  Nr.  357  Σόος,  nicht  Σώος  bedeutet,  ist  sicher;  denn 
wenn  man  dem  Ionischen  (Τώος  imputirt  hat,  um  daraus  (Τόος 
durch  Vokalktirzung  ableiten  zu  können,  so  ist  darauf  hinzu- 
weisen, dass  die  Herodotüberlieferung  kein  Recht  dazu  giebt: 

σόον  Π  181  σώο ν  CP 

σόοι   V  96  AB  r  σώιοι  CP  σώοι  d 
„      VIII  39  σώιοι  CP 

σόα    IV  124  ABR  σώα  CPd 

σόιυνΠ  121  β)  AB',  σώων  cett.  nur  σώαι  Ι  66  alle. 

Daneben  σώς  124  III  124  IV  76.  Im  Altattischen  ist  die 
Flexion  σώς  σα  σών  (aus  ♦σαος  *σαη  *σαον)  üblich;  bereits 
im  5.  Jahrhundert  ν.  Chr.  taucht  σώος  auf  (ohne  ι  snscriptum 
Herodian  11420a8):  σδον  =  σώον  CIA  1,  36,  9  426  ν.  Chr. 
σώον  Lysjas  Rede  7,  17  u.  dgl.  m.  Am  nächsten  liegt  die  An- 
nahme, daes  zunächst  in  einzelnen  Casus,  die  durch  die  Ver- 
schmelzung von  Stamm  und  Suffix  zu  undeutlich  charakterisirt 
schienen,  die  Endung  von  neuem  antrat:  neben  σών  stellte  sich 
σώον,  neben  σώς  σώ-ος,  der  nun  als  Stamm  empfundene  Komplex 
σω-  wurde  dann  durchgeführt.  Klar  erkennbar  ist  der  Vorgang 
am  Femininum  σώα  Xen.  Hell.  VII,  4,4;  hier  umkleidete  sich 
συϋ-  mit  dem  Suffix,  wie  man  es  aus  σ-α  abstrahirte;  wäre 
σώος  etwas  Altes,  so  würde  die  attische  Lautregel  ein  Femini- 
num σώη  fordern,  wie  es,  ionisiert  ans  gemeingriechischem  σώα, 
erst  bei  Babrius  94  s  belegt  ist. 

Als  Nominalstamm  kennen  wir  drittens  σωής  Ancient  Greek 
Inscript.  of  the  Brit.  Mus.  III,  CCCCXXXV  7. 

Verbale  Bildungen  sind  folgende: 

1.  ein  bindevokalloses  Präsens  ^σαομι  ist  zu  erschliessen 
aus  der  makedonischen  Glosse  bei  Hesych  σαυτορία*  σωτηρία* 
Άμ€ρία(ς)  =  *σαο-τορία  (dazu  Hoffmann  Die  Makedonen  p.  11), 
ebenso  aus  σαοστρεΐ  GDI  1460;  denn  *σαο-στρο- (  =  σώστρο-) 
verhält  sich  zu  *σαο-μι  genau  wie  έλα-στρέω  zu  £λα-μι  und 
♦βοαστρέω  =  βωστρέω  zu  *βόα-μι  (Zehr.  f.  vgl.  Spr.  40,  356  ff.). 
Sehr  früh  ist  aber  *σίΐθ-μι  durch  Uebertritt  in  die  thematische 
Flexion  (cf.  έλάιυ  βοάιυ)  zu  σαόω  umgeformt:  σαοΟσι  Tyrtaios 
fr.  11 18  σαοΐ  Theogniö  868  σαοϊ  (Optat.)  Diogenes  Laertios  Anth. 
VII 109  und  sonst  in  der  poetischen  Litteratur  (Schulze  a.  0.  398 
n.  1  Stellen).  Zu  diesem  Präsens  gehört  der  Aorist  έσαιυ•ν:  σάω 
(Ind.)  TT  363  θ  238;  (Impr.)  ν  230  ρ  595. 

2.  σώυϋ  aus  *σώΡΐϋ:  σώοντες  ι  430  σώ€σκον  Θ  363,  das 
Participinm  *σωοντ-   in  Δημοσώντος  Thasos  Recht.  Inschr.  77  β 


V2'2  Ehrlich 

ΊΗ[ρο](Τώντος  Eretr.  206  b  2β.  ύώω  erweitert  eich  einerseits  zu 
*σΐϋ-ίΖ!ω  =  att.  σψίιυ  dor.  σοίίω  (mit  einzeldialektischer  Vokal- 
kürzuDg),  andrerseits  zu  ΟωάΙ'Ο)  im  Dorischen:  σιυά60€Γ  παρα- 
τηρ€Ϊ^  σωγάσαΐ"  σώσαι  =  σιυΡάσαι  Hesych.  Dass  im  Attischen 
das  Fat.  bereits  im  5.  J.  atuuj  geschrieben  wird,  darf  uns  nicht 
veranlassen,  es  an  dorisch  (JiJjaZiX)  anzuschliessen,  da  Schwund 
des  ι  vor  Vokal  zur  selben  Zeit  auch  sonst  nachzuweisen  ist 
(λώον  θιυαν  Blass  Ausspr.  des  G-riech.  ^  p.  45). 

3.  Von  σόιυ  nur  wenige  Formen:  σΟ€ΐς•  σώ2!εις,  σοΟταΓ 
σώζεται  aus  *σΟ€ται  bei  Hesych,  dazu  bei  Homer  der  Konjunktiv 
σόιυσι  I  393  σόη  Ι  424  σόης  Ι  681.  An  den  letzten  beiden 
Stellen  las  Aristarch  σοψ  (Τοψς,  danach  Handschriften  σοω(ς), 
σοοΐ(ς).  Es  duldet  wohl  keinen  Zweifel,  dass  σόψς  (Τόψ  —  dies 
die  richtige  Betonung  —  zunächst  aus  *(Τθϊς  *σοϊ  zerdehnt  und 
aus  (Τόης  (Τόη  entstanden  sind.  Die  Lesart  (Ταψς,  die  Aristarch 
in  einer  seiner  Ausgaben  bevorzugte,  ist  nur  als  handschriftliche 
Korruption  aus  σόψς  erklärbar. 

001  =  Ol  =  όψ 
-ooiev :  οηιόψεν 

οου  =  ου  =  όιυ 
-όουσι:  άρόωσι 
-οοντ  =  ούντ  =  όιυντ  (a)  oder  ώοντ  (b) 

a)  -όοντ  =  ουντες :  οηιόωντες.  όοντο  =  ουντο :  δηιάωντο, 
έστρατόιυντο  κατηπιόωντο  οεΕιόωντο  (h.  V  16). 

b)  -οοντ- :  ύπνώοντας  Q  344  =  ε  48  =  ω  4  zu  ύπνόιυ, 
έττικυρτώοντε  Hes.  Scut.  234  (gegen  Schulzes  Ansatz  ♦ύπνώΐϋ  s. 
Danielseon  aO.  71  ff.). 

Hiermit  wäre  ein  Ueberblick  über  das  Material  der  zer- 
dehnten Kontraktioneformen  gewonnen.  Es  wurde  aber  oben 
gezeigt,  dass  auch  solche  Vokale  der  Distraktion  unterliegen 
konnten,  die  nicht  durch  Kontraktion  entstanden  waren;  es  wäre 
nach  den  Bedingungen  zu  suchen,  die  den  Vorgang  ermöglichten, 
φαάντατος  nun  erinnert  auffällig  an  άκρααντος  (Β  138  β  202 
τ  565)  =  άκραντος  wie  φαάνθη  an  κεκράανται  (b  116  ο  116), 
κεκρααντο  (b  132);=  κέκρανται  κεκραντο.  Bei  dem  Verbum 
κραίνω  Vollenden''^  tritt  ja  Zerdehnung  auch  sonst  auf: 

^  παραληρεί  wohl  versehentlich  citiren  Lobeck  Rhem.  23,  Schulze 
QE.  813  n.  3. 

2  Von  κραίνυυ  'vollenden*  scheide  κροίνω  'herrschen  θ  391  und 
Sp.;  vergl.  κρείιυν  'Herrscher*  κοίρανος  aus  *κόρι;ανος,  Κρόνος. 


Die  epische  Zerdehuung  V2i\ 

έκραίαινεν  Ε  508 

έπεκραίαινε  Β  419  Γ  302 

κρήηνον  Α  41.  504 

έπικρήηνον  Α  455  θ  242  Π  238 

κρηήνατ'  γ  418  ρ  242 

κρηήναι  Ι  101 
(daneben   κρήνον  V  115    κρήναι  €  170  έπικρήν€ΐ€  Ο  599    κραί- 
νουύχ  *8ίβ  vollenden'  τ  567). 

DanielseoD  Upeal.  areekrift  1888  ρ.  34  flP.  konetruirt  zur  Er- 
klärung ein  Prä§en§  *κρααίνυϋ,  das  etymologisch  zu  κάρα  κραα- 
τος  gehören  würde.  Aber  mit  diesem  Ansatz  geräth  man  in 
Schwierigkeiten,  κραίνω  ist  nicht  aus  •κρααίνω  deutbar;  da 
κράατος  aus  κραατος  metrisch  gedehnt  ist  (Zschr.  f.  v.  Spr. 
38,  86),  wäre  von  diesem  Stamm  nur  ein  Verbum  *κρααίνω  ab- 
zuleiten, und  auch  der  Aorist  κρηήναι  bliebe  unaufgeklärt.  Im 
allgemeinen  ist  zu  bemerken,  dass  andere  Mundarten  diesen  Dehn- 
formen  nichts  Gleichartiges  an  die  Seite  stellen.  Hesych  hat 
έττικραάναι  *  τη  κεφαλή  έπινευσαι,  und  obgleich  die  Glosse  sich 
zwischen  έττικρανής  und  έττίκρανος  schiebt,  will  Danielsson  nicht 
ändern;  aber  vergleicht  man  EM  361?:  έττικράναΓ  τη  κεφαλή 
έπινεΟσαι  und  Suidas:  έπικραναι*  τή  κεφαλή  κατανευσαι,  so 
erscheint  eine  entsprechende  Korrektur  bei  Hesych  unausweich- 
lich; M.  Schmidt  verweist  gut  auf  Aischyl.  Suppl.  606:  Ζευς 
έπέκρανεν  τέλος.  So  kommt  man  zu  der  Ansicht,  dass  κράανον' 
τέλεσον  bei  Hesych  eine  künstlich  dorisirte  Nachbildung  des 
epischen  Aoristes  κρήηνον  ist,  die  auf  das  Konto  späterer  Dich- 
tung entfällt.  Mein  Erklärungsversuch  sieht  demnach  davon  ab, 
κραίνω  etymologisch  mit  κάρα  zu  verknüpfen ;  ich  denke  viel- 
mehr an  die  Wurzel  von  lat.  creare  (sanskrit  kar  machen  ). 
Auszugehen  ist  meines  Erachtens  davon,  dass  neben  der  gewöhn- 
lichen Futurbildung  κρανώ  (κρανέεσθαι  schon  I  626)  bei  Aischylos 
Agamemnon  1339  noch  eine  zweite  steht:  έπικρανεΐ.  Ich  folgere, 
κραίνω  entstand  nicht  aus  *Kpiiy;uj,  sondern  aus  *κραν^(υ.  ^κράν^ω 
führte  durch  Vorklingen  des  j  zunächst  zu  'hcpöivuj,  dann,  da 
Langdiphthonge  vor  nachfolgendem  Konsonanten  im  Griechischen 
verkürzt  wurden,  zu  κραίνω.  Dieser  Kürzungsprozess  kann  sich 
aber  nicht  lange  vor  der  Entstehung  der  Homerischen  Gedichte 
abgespielt  haben;  denn  Voraussetzung  für  die  Zerdehnung  zu 
κραιαίνω  ist,  dass  noch  in  der  epischen  Sprache  der  Diphthong 
in  κραίνω  auf  Grund  seines  Ursprungs  eine  längere  Zeitdauer 
hatte  als  etwa  in  Ιαίνω  λειαίνω.    Auch  in  *α-κραν•τος  *κί-κράν- 


124  Ehrlich 

ται  erlitt  der  Vokal  der  zweiten  Silbe  gesetzliche  VerktirzuDg; 
wieder  aber  wirkt  die  alte  Länge  nach  in  den  Messungen  άκρα- 
αντος  κεκράανται.  Der  Aorist  zu  *κρίν->ΐϋ  lautete  *ί-κράν-σα 
*£κραννα:  da  vv  im  Ionischen  mit  Ersatzdehnung  zu  ν  verein- 
facht wurde,  so  erhält  damit  die  Yokallänge  der  Stammsilbe  (ä, 
ionisch  η)  einen  Zeitwerth  von  insgesammt  etwa  drei  Moren; 
also  auch  die  Ueberdehnnng  zu  κρηήναί  ist  sprachlich  gerecht- 
fertigt. Eine  analoge  Deutung  ist  fdr  φαίνω  mit  Ableitungen 
nahegelegt:  wir  müssen  als  Präsens  nicht  ''^φαν-^'ω,  sondern 
*φάν->ιυ  zu  Grunde  legen,  φαάνθη  auf  *φαν-θη,  φαάντατος  auf 
*φαν•τατος  zurückführen  *. 

Es  wäre  nun  noch  eine  andere  Kategorie  von  Fällen  der 
Zerdehnung  ins  Auge  zu  fassen:  £ης  =  ής  TT  208,  δου  =  θδ 
β  325  α  70  h.  Αρ.  156,  ίεις  =  €Ϊς  Hesiod  Theog.  145.  Der 
Zerdehnung  unterlagen  also  auch  zirkumflektirte  Mono- 
syllaba. 

Einige  Belege  werden  sich  hinzufügen  lassen.  Der  Vers 
UJ  299  lautet  richtig,    wie   Schulze   Quaest.  Ep.  p.  416  darlegt: 

ποΟ  bt  νηυς  2στηκ€. 
Schulze  zieht  den  Vers  unter  die  ακέφαλοι ;  aber  ein  Defekt  der 
ersten  Senkung  ist  schwerlich  zulässig  (Zschr.  f.  v.  Spr.  40,  399); 
ich  lese  νηυς  zweisilbig  als  νίηυς. 

Ebenso  schwankt  ja  ΤΡΠ^ζ  (Gen.  γρηός)  bei  Homer  zwischen 
ein-    und    zweisilbiger    Geltung   (vergl.  Zschr.   f.  v.  Spr.  38,  67 
mit  n.  l):  eine  Deutung  stand  aus.     Einsilbig  finden  wir: 
Τρηυς  τ  346  uj  389 
ΤρηΟ  τ  383  χ  411. 
Zweisilbig  ist  τρηος  in  folgenden  Versen: 

ώς  άρ'  έφη,  γρηυς  bt  β  377  τ  361.  386;  σ  185  τ  503 
Χ  433. 

έστι  b€  μοι  τρηος  ττυκινά  φρ€σι  μήΟ€*  ίχουσα  τ  353 

την  τρηυς  χείρεσσι  τ  467 

ίν  bk  γυνή  Σικελή  τρηυς  πίλεν  ω  211 

τρηυς  b'  αύτ'  άττεβη  χ  495 

τρηυς  b'  εΙς  ύττερψ'  άνεβήσετο  ψ  1 

τρηυς  μέν  κείουσα  ψ  292. 


*  Auch  morphologisch  sind  die  Bildungen  *Kpav,;ui  *φαχ;ω  klar 
verständlich;  es  sind  Derivate  aus  Nominalstämmen  *Kpdvo-  *φονο-; 
vgl.  la(vu) :  Ιανοτλ^φαρος  Zschr.  f.  v.  Spr.  40,  364,  aus  dem  Indischen 
turanyati  'eilig  sein    zu   turana  'behende',   bhuranyati  'rührig  sein'  zu 


Die  epische  Zerdehnung  125 

Für  die  bisher  aufgeführten  Stellen  ist  die  Annahme  der 
Zerdehnung  (τρήπ^ζ)  ohne  weiteres  zuläeeig;  einen  Anstose  be- 
reiten drei: 

τρήυς  Άττειραίη  η  8 

δρσο  τρήυ  παλαιγενίς  χ  395 

οΤσε  θί€ΐον  γρήυ  κακών  δκος  χ  481. 

Man  darf  aber  wohl  vermuthen,  daes  zu  einer  Zeit,  wo  die 
Distraktion  nicht  mehr  recht  lebendig  war,  die  Sänger  ΤΡΠ^ζ  i^ 
Versstellungen  wie  β  377  nicht  zerdehnten,  sondern  falschlich  in 
Τρή-υς  auflösten;  so  konnte  sich  die  Vorstellung  bilden,  dass 
γρηυς  γρηΟ  beliebig  mit  τρή^ς  γρήυ  wechsele. 

Zum  Genitiv  λάος  aus  *λααος  lautet  der  Nominativ  λαας, 
der  Akkusativ  λάαν,  obwohl  man  λαας  λααν  erwartet.  Auch 
diese  Messungen  sind  vielleicht  metrisch  begründet,  λαας  άναι- 
bf\ς  (Δ  521  λ  598),  μείΖΙονα  λααν  (Η  268  ι  537}  kann  man  er- 
klären wie  Δάρδανος  άνήρ,  ήίρα  πουλύν:  auf  Komplexe  von 
Adjektiv  und  Substantiv  finden  die  Gesetze  metrischer  Dehnung 
Anwendung,  wie  sie  für  einheitliche  Wortkörper  gelten  (Zschr. 
f.  V.  Spr.  40,  393  ff.).  Aus  solchen  Verbindungen  hätte  sich  dann 
λαας  λααν  zu  freierem  Gebrauche  losgelöst: 

δσσον  τ'  έττΐ  λααν  ϊησιν  Γ  12, 

φέρε  λααν  όείρας  Μ  453 

λάαν  fivtu  ώθεσκε  λ  596 

δς  μιν  λααν  ίθηκε  ν  163. 

Dagegen  in  den  Versen 

άρττάΕας  λααν  φίρεν  Μ  445 

λααν  βαστάζοντα  λ  594, 

λααν  γάρ  μιν  ίθηκε  Β  319 
ist  möglicherweise  nicht  λααν,  sondern  λααν  zu  akzentuieren; 
mit  zerdehntem  λααν  ~  λαν  aus  ♦λααν  vergleiche  man  ήην  φώως 
etc.:  ursächlich  wirkende  Momente  sind  hier  Einsilbigkeit  und 
Akzent.  Das  Ergebnis  dieser  Auseinandersetzungen  formuliere 
ich  dahin  (vgl.  p.  75  ff.): 

bhurana  'rührig*;  der  Stamm  κρανο-  liegt  vielleicht  vor  in  ούτόκρονος 
Aischylos  fr.  295  N.2  (BA  4ti7  9  EM  173  84  Hesych);  nahe  steht  sanskrit 
karana  'machend'.  Auf  * bhUnos  =  griech.  *φάνός  geht  zurück  irisch 
ban  'weiss*,  ^bhänjö  =  griech.  φαίνω  wird  gesichert  durch  niittelhochd. 
biienen  neuiiiederl.  hoeiien  'bohnen,  poliren*  aus  urgemiaiiisch  *bönjan\ 
8.  Fick*  II  1<'>4.  In  Ablautsverhältniss  stehen  *φαν^ω  *φανός  zu  alba- 
nesisch  b^ii  'ich  mache*  =  *Wirinjo,  bere  'gemacht' =  */>Λαηοίί. 


12β  Ehrlich  Die  epische  Zerdehnung 

II.  Zerdehnt  werden  aach 

A)  urgriechieche  Langdiphthonge  (öi  äv)  in  antekonsonan- 
tiecher  Stellung, 

B)  durch  Ereatzdehnnng  dreimorig  gemachte  Vokale  (κρηήναι), 

C)  zirkumflektirte  Monosyllaba. 

Somit  hat  eich  unsere  Grundanechaunng  bewährt;  die  epische 
Zerdehnung  ist  kein  auf  dem  Boden  der  Rhapsodik  eingepflanztem 
Treibhausgewächs,  sondern  eine  im  Sprachzustande  des  ältesten 
ionischen  Dialektes  begründete  und  für  diesen  Spracbzustand 
charakteristische  Erscheinung. 

Berlin.  Hugo  Ehrlich. 


AUS  RHETOREN-HANDSCHRIFTEN 

5.    Des  Diakonen   und  Logotheten  Johannes 
Kommentar  zu  Hermogenes TTepi  μεθόδου  δεινότητος^. 

Mai*  veröffentlichte    den    Anfang    einer    Schrift   Ιωάννου 
διακόνου  της  μεγάλης  εκκλησίας*  ΤΤερΙ  τής  έΕ  αρχής  καΙ  μίχρι 


^  Die  ausserordentliche  Arbeiteerleichterung,  welche  mir  in  der 
Vaticana  liebenswürdigst  gewahrt  ist,  ermöglicht  es  mir,  den  Bericht 
über  diesen  Fund  und  seinen  werthvollsten  Inhalt,  Dichter-  und  Pro- 
säikerfragmente,  schnell  zu  veröffentlichen.  Dem  Präfekten  Pater  Ehrle 
und  dem  Monsignore  Mercati  spreche  ich  auch  an  dieser  Stelle  meinen 
Dank  aus. 

2  Nova  Patr.  Bibl.  6,  2,  542  f.  Migne  120,  1291  f.  Mercati, 
stets  freundschaftlich  hülfbereit,  hat  mir  ans  Mais  Papieren  heraus- 
gesucht, was  tur  Auffindung  seiner  Hss.  führte.  Vat.  696  (12.— 13.  Jh. ; 
viele  Bl.  ergänzt,  13.  Jh.),  Titel  (ohne  Namen):  Έκ  τής  έδ  όρχής  καΐ 
μέχρι  τέλους  οΙκονομίας  τοΟ  θ€οΟ  βίς  τόν  δνθρωπον  Ιστορία  έπ(υφ€λής, 
καΐ  περί  τής  χριστιανικής  πολιτείας  δπως  συνέστη,  καΐ  κατά  πάντων 
των  αΙρετικών;  Anf.:  Τίς  ό  σκοπός  τφ  θ€φ  τής  πρώτης  τοΟ  ανθρώπου 
κλάαεως  καΐ  τής  δευτέρας  αοτοΟ  αναπλάσεως  διά  τοΟ  υΙοΟ.  [?]πώς  μέν 
ό  θεός  διά  αγαθότητα  μό[  ]  τόν  νοητόν  εΐτα  καΐ  αίσθητόν  κόσμον  παρ- 
ήγαγε καΐ  οτε  τό  τελευταΐον  δημιουργήσας ;  Schluss  f.  195r:  καΐ  τΦν 
καθεξής;  nur  1.  Buch.  Dieser  Hs.  gleicht,  ohne  aus  ihr  zu  stammen: 
Vat  1945  (v.  J.  1650).  —  2  Bücher  enthält  Vat.  1426  (Batiffol,  L'ab- 
baye  de  Rossano  S.  93 :  15.  Jh.;  Mercati  sicher  richtig:  16.  Jh.),  f  288v 
Schreiberverse :  ΤόΟ  Δάδα  πατρί  βίβλος  εΙμΙ  τοΟ  πάνυ  κτλ. ;  Titel :  ΤΤερΙ 
τής  έΕ  αρχής  καΐ  μέχρι  τέλους  οΙκονομίας  τοΟ  θεοΟ  εΙς  τόν  δνθρωπον 
—  κατά  πασών  των  αίρετηκών  (so) ;  dann  luhaltsübersicht  vom  I.Buch: 
α'.  ΚαΙ  (so)  τίς  ό  σκοπός  τφ  θεφ  κτλ.  bis  σΗγ'.  ΤΤερΙ  τής  φλογίνης 
(>ομ<ραίας  κτλ.;  Anf.  f.  296  ν  (neue  üeberschrift) :  ΤΤερΙ  τής  έΗ  αρχής  καΐ 
μέχρι  τέλους  —  διά  τοΟ  υΙοΟ  αύτοΟ.  Κεφ.  α'.  "Οπως  μέν  ό  θεός  δι* 
αγαθότητα  μόνην  τόν  νοητόν  εΐτα  καΐ  αίσθητόν  κτλ  ;  das  2.  Buch 
(Index  α'  bis  σγ')  bricht  im  letzten  Kapitel  ab.  Batiffol  S.  93  bemerkt 
richtig,  dass  die  von  ihm  S.  158  abgedruckto  Subscriptio  (Zoilo  28  steht 


128  Rabe 

τΛους  οικονομίας  του  θεού  εΙς  τον  άνθριυπον  κτλ.  und  be- 
I  merkte  dazu:  Όαίαβ  aetas  band  ultra  Peellum^  quem  alicnbi 
lobannee  laudat,  adsurgit'.  Die  Gleicbsetzung  mit  dem  neuen 
Hermogenes-Erklärer,  dessen  Bekanntschaft  mir  Vat.  gr.  2228 
vermittelt  bat,  ist  bei  der  Verscbiedenbeit  des  Stoffes  überhaupt 
nicht  zu  erwägen,  solange  ein  direktes  Zeugniss  fehlt.  Mit  dem 
Hagiographen  ist  auch  nichts  anzufangen;  Vat.  825  (13.  Jb.) 
f.  73 :  (μηνΐ  άττριλλίψ  Δ'.)  Ιωάννου  διακόνου  της  του  θεού 
μεγάλης  εκκλησίας  και  ^ήτορος  λόγος  εις  τόν  βίον  τοΟ  έν  άγίοις 
ττρό  ημών  Ιωσήφ  του  υμνογράφου  (+  883?),  Migne  105,  939  f., 
der  hatte  das  όφφίκιον  des  βήτωρ,  wir  haben  es  mit  einem 
λογοθέτης  zu  thun.  Und  so  hat  es  an  der  Hagia  Sophia  natür- 
lich noch  viele  des  Namens  Jobannes  gegeben ;  über  den  Her- 
mogenes-Erklärer weiss  ich  nichts  weiter;  dass  er  auch  TT.  Ιοεών 
erklärt  bat,  folgere  ich  aus  der  Verweisung  f.  431  (u.  S.  138) 
nicht  ohne  weiteres. 

Vaticanus  gr.  2228  [früher  Column.  67],  Papier-Hs.  des 
14.  Jb.,  23X15  cm,    508  Bl.  [in  2  Bänden],     f.  1:    Vorsatzblatt 


αϊτών)  des  Συμ€ών  τοΟ  Βουλκαράμου  θρφμα  ν.  J.  6721  (=  1213)  ans 
der  Vorlage  stammt;  aber  die  Eopfnotiz  (Bat.  S.  93)  gebort  zu  Diony- 
8108  Areiopagites ;  die  lange  Subscriptio  dazu  (f.  130r;  v.  J.  6720)  ist 
Batiffol  entgangen,  und  seine  Bezeichnung  der  Hs.  'Historia  novi  Adam 
de  Nil  Doxapatri'  erklärt  sich  daher,  dass  er  den  Titel  des  <Job.)  Dox. 
f.288v  übersehen  hat.  Ehrbard  (Krumbacber,  B.  L.-G.«  209)  bemerkte, 
dasB  die  von  Mai  mitgetheilte  Kapitelüberschrift  übereinstimmt  mit 
einer  im  Matrit.  0  1  (16.  Jh.),  über  dessen  Inhalt  Miller,  Catalogue  des 
Mss.  grecs  de  Madrid  S.  29f.,  ausführlich  berichtet;  natürlich,  denn 
Vat.  1426  und  Matr.  0  1  enthalten  dasselbe  Werk  in  2  Büchern,  beide 
stammen  aus  einer  Hs.  des  S.  Salvatore- Klosters  in  Messina  (1848  yer- 
brannt?  In  dem  freilich  sehr  summarischen  Inventarium  von  1563, 
S.  128  Batiffol,  wird  die  Hs.  nicht  erwähnt).  Das  Interessanteste  aber 
ist  die  Subscriptio  des  Matr.:  es  ist  dieselbe,  wie  im  Vat.  1426,  nur 
sind  die  von  Symeon  handelnden  Verse  mit  dem  Datum  (Z.  12— 22  Bat.) 
ausgelassen!  —  Eine  kurze  Fassung  (vielleicht  aber  einige  Citate  zu- 
gefügt; Psellos  mehrfach  citirt),  3  Bücher,  hat  Vat.  1768  (16.  Jh.): 
Ιωάννου  διακόνου  τής  μ€γάλης  εκκλησίας.  Τ(ς  ό  σκοπός  τφ  θβφ  τής 
πρώτης  τοΟ  άνθρωπου  πλάσεως  καΐ  τής  δευτέρας  αναπλάσεως  διά  τοΟ 
υΙοΟ  τοΟ  θεοΟ;  Anf.:  οτι  ό  θεός  δι'  αγαθότητα  μόνην  τόν  νοητόν  καΐ 
αισθητόν  κόσμον  παρήγαγε;  Schluss  des  3.  Buchs:  τό  il  αύτοΟ  κινού• 
μενον.  Wohl  aus  dieser  Fassung  nahm  Leo  Allatius  die  Bemerkung 
D(i  Ps?llis  S.  21  (bei  Fabricius,  Hibl.  gr.  V  2,  1.  Aufl.);  dass  er  aber 
auch  Vat.  1426  und  1945  kannte,  soho  ich  aus  einem  eigenhändigen 
Vermerk  im  Vat.  194.0. 


Aus  Hhetoren*Hand8chriften  129 

(Anfang  eines  Briefes  Urbans  [IV.?]  an  die  orientalischen  Patri- 
archen). 

f.  2r:  Ιωάννου  του  ΔοΗαπατρή  ^ητορικαι  όμιλίαι  €ΐς  τά  του 
*ΑφθονίουΤΤρογυμνάσματα;  Anf.:  τοις  έκ  των  ποιητικών,  W ΙΙ81 ; 
Schluss^  f.  113 ν:  τό  έΕής  [Aph.  56.  27]•  έκλελοιπότων  γάρ  τών 
μοιχών  τό  λοιπόν  (άντι  του  ίκτοτε*)  ουκ  αμφισβητήσει  τις, 
δτου  γίγονε  παις.  Dann  f.  114 r:  εΙς  τό  'ή  μέν  οΰν  οιαίρεσις 
αυτή  τής  εΙσφοράς  τοΟ  νόμου*  [vgl.  W  II  559,  9]  καΐ  τ&ΚΚα 
οπίσω  πρό  δύο  φύλλων;  Anf.:  \στέον  δτι  έν  μέν  τή  περιστάσει, 
Schlnss  f.  114ν:  θέσις  συμβουλευτική  έστιν,  ό  bi  νόμος  δικα- 
νικός. 

f.  15  ν  und  f.  16  waren  unbeschrieben;  da  ist  später  (15.  Jh.) 
tbeils  unter  Ausnutzung  des  Randes  untergebracht:  του  σοςΜΧΐ- 
τάτου  και  λογιωτάτου  κυροΟ  Μαξίμου  τοΟ  Πλανούδη  *  προλεγό- 
μενα τής  Ρητορικής,  WV  212— 216*21  δέ  ό  πανη|. 
f.  115  r:  'Ερμογένους  Ρητορικής  προλεγόμενα  έν  τψ  ΤΤερι  στά- 
σεων βιβλίω,  WVII  34-49. 

f.  117 ν:  (ohne  üeberschrift)  τήν  ^ητορικήν  τέχνην  κτλ.,  W  ΥΠ 
49-51. 

f.  118 ν:,  του  Ψελλού  σύνοψις  εΙς  τό  ΤΤερι  τών  στάσεων   τής 
Ρητορικής  διά  πολιτικών  στίχων  W  III  687 —689,  28. 
f.  119r:  προλεγόμενα  τών  Στάσεων,  W  V  222—230. 
f.  121  r:  πώς  έπιγνωσόμεθα  τάς  στάσεις,  W  V  231. 
f.  1 22  Γ :   έκλογαι  σχολίων  κατ'   επιτομή  ν  ΙΙ  άνεπιγράφου  εΙς 
τό  ΤΤερΙ  στάσεων  Ερμογένους;   Anf.:   'πολλών   βντων*.    τών 
τήν  ^ητορικήν  όρισάντων  ο\  μέν  έπι  τό  χείρον  ο\  δέ   προς  τό 
μειΖον  απέκλιναν    μεθ'  ών  και  Πλάτων  τήν  ^ητορικήν  έκωμφ- 
δησε  κτλ.,  W  VII  106,9;  Schlnss  f.  190  ν:   άπό  τών  εναντίων 
άπολογήσεται   W  VII 690,  24;  τέλος  σύν  θεψ  τών 'Ερμογένους 
Στάσεων. 

f.  190  ν:  διαίρεσις  προοιμίων  καθ'  Ερμογένη  μετά  μικρας 
έπικρίσεως  και  έρανος  τών  παρά  διαφόρων  κατά  μέρος  μνημονευ- 


1  Der  fehlt  im  Laur.  57,  5  und  daher  bei  Walz.  Auch  die  Lücke 
II  411,  9  ist  aus  dem  Vat.  auszufüllen;  das  Geometres-Gitat  τό  μετρίοις 
oi  μέν  dvTl  Toö  προσήκουσιν,  ό  bi  Γεωμίτρης  έπΙ  ταπεινοΐς  καΐ  μέτριοι - 
τέροις  καΐ  ταιτεινοτέροις  φρονήμασιν  steht  darin  (Rh.  Mus.  62,  564  Anm.;. 
Die  Fassuug  des  Vat.  scheint  vielfach  von  der  des  Laur.  abzuweichen 
(wenn  auch  nicht  so  wie  Vat.  901);  die  Dox.-Scholien  im  Vat.  sind  nicht 
nomerirt:  der  Aph.-Text  steht,  soweit  ich  nachprüfte,  vollständig  in 
Form  von  oft  sehr  langen  Lemmata  innerhalb  des  Kommentars. 

2  τό  λοιπόν  άντΙ  τοΟ  fehlt  im  Οχ.  misc.  268. 

Bbein.  Mus.  t  Philol.  N.  F.   LXIII.  ^ 


ISO  Rabe 

θέντιυν  άποσημείωσίς  τ€  καΐ  biatpcaig  τφν  ΤΤερΙ  εύρέσβιυς  τεσ- 
σάρατν  τόμων.  Schemata^. 

f.  192  r:  του  Ψελλού  εΙς  τό  ΤΤερι  ευρέσεως  τής  Ρητορικής  b\ä 
στίχων  πολιτικών,  W  III  689,  29—698,  1. 
f.  194  r:  Ιωάννου  του  ΔοΕαιτατρή  εΙς  τό  ΤΤερι  ευρέσεως  Ερμο- 
γένους βιβλίον,  Anf.:  τής  του  ΤΤερΙ  ευρέσεως  βιβλίου  αρχόμενοι 
συν  θεφ  έΕηγήσεως;  Schluss  f.  313r:  άπό  του  ούοαμου;  von 
f.  310  ν  π.  προτροπής  an  sind  die  Lemmata  nicht  eingetragen, 
f.  314  r— 315  war  frei  geblieben;  von  spätrer  Hand  (15.  Jh.): 
έπεί  ol  άπό  τής  θεοσώστου  πόλεως  Πηγών  Μονεμβασιώται  είσΐν 
άποτεταγμένοι  bxa  χρυσοβούλλου  κτλ. 

f.  316  r:  Ιωάννου  του  ΔοΗαπατρή  ερμηνεία  εΙς  τό  ΤΤερι  των 
Ιδεών  *  Ερμογένους 2;  Anf.:  ώσπερ  έν  ταϊς  εΙς  τάς  λοιπάς  τής 
Ρητορικής  πραγματείας  πονηθείσας  (βο)  ήμϊν  έΕηγήσεσι;  Schluee 
f.  419  ν:  (Hermog.-Worte,  397,  31  Sp.)  λόγου  του  πολιτικού, 
τέλος  συν  θεώ  τών  Ίοεών. 

f.  420  r:  Ιωάννου  του  διακόνου  κτλ.  β.  u.  S.  133,  bis  f.  503  r. 
f.  503  ν:  ύπόθεσις  ΤΤερι  τών  έν  Χερρονήσψ;  Anf.  ό  λόγος 
ούτος  υπέρ  Διοπείθους  εϊρηται;  Schluss:  τοις  Έλλησιν  έπι- 
βουλεύοντος,  Saappe-Baiter  Ι  530. 

f.  503  ν:  Δημοσθένους  λόγος  ΤΤερΙ  τών  έν  Χερρονήσψ;  Schluss 
fehlt,  f.  508  ν  μέντοι  πολλω  πάνυ  τών  |,  §  68 ;  dazu  Scholien. 

Die  Sammlung  ist  also  spät  zusammengestellt;  in  der  Abeicht, 
einleitende,  den  Ueberblick  erleichternde  uud  erklärende  Schriften 
zu  allen  Theilen  des  Hermogenes-Corpus  zu  vereinigen,  sind  Stücke 
verschiedenartiger  Herkunft  aneinandergereiht,  aus  Psellos  TT.  ^ητ. 
sind  gar  2  Abschnitte  ausgewählt  und  an  den  passenden  Stellen 
untergebracht. 

Je  weniger  Material  man  kennt,  um  so  blendendere  Hypo- 
thesen lassen  sich  in  die  Welt  setzen;  direkten  Gewinn  pflegt 
die  Wissenschaft  von  solchen  Luftgebilden  nicht  zu  haben.  Bei 
den  Hermogenes-Scholien  ist  also  besondere  Vorsicht  geboten. 
Zu  TT.  μεθ.  &ειν.  kenne  ich  erst  wenige  Kommentar• Hss.,  ich 
kann  daher  nur  einige  vorläufige  Bemerkungen   machen. 

Der  Johannes -Kommentar   bringt    uns  vor  Gregor^,    dessen 


1  Ohne  die  Anhängsel  auch  Vat.  110  (Kl  Jh.):  ohne  Titel  Vat. 
901  (13.— 14.  Jh.). 

*  Zu  Rh.  Mus.  t>2, 581  Anm.  1;  ό  Σικελιώτης  wird  oft  von  Dox. 
citirt. 

^  So  bezeichne  ich  bis  auf  weiteres  die  W  VlI  1090  f.  gedruckte 
Fassung.    —    Gerber  (Quae  in    commentarüs   a  Qregorio  Corinthio   in 


Aus  Rhetoren-Handschriftexi  131 

Vorlage  war  er  aber  nicht.  Jobannee  spricht  oft  von  Vorgängern, 
ihre  Namen  nennt  er  nicht.  So  voll  von  Gelehrsamkeit  eeine 
Scholien  sind,  in  seiner  Quelle  wird  noch  mehr  gestanden  haben; 
das  zeigt  wohl  schon  das  Scholion  (11.  Jh.)  des  Amhr.  523,  das 
ich  8^40  Anm.  neben  der  Johannes-Fassung  mittheile;  dass  wir 
da  den  Inhalt  fast  ganz  auch  noch  aus  anderen  Quellen  kennen, 
fällt  nicht  ins  Gewicht. /Femer  lesen  wir  bei  Gregor  1183,9 
eine  Hypothesis,  welche  bei  Johannes  fehlt;  nun  erscheint  gerade 
die  grosse  Zahl  von  Hypotheseis  zu  Rednern  und  Dramatikern 
eharakteristisch  für  die  beiden  Kommentare  zu  TT.  μ€θ.  bciv.; 
da  darf  man  wohl  schliessen,  dass  die  Hypothesis  bei  Gregor  \ 
aus  der  gleichen  Vorlage  stammt,  wie  die  übrigen,  die  also  nicht 
Johannes*  Kommentar  war.  Kleinigkeiten  haben  wenig  Werth,  zB. 
Gregor  1184,13:  Μένανδρος  ό  ^ήτιυρ  έττιμερί2[υϋν  τους 'Ολυν- 
θιακούς λόγους  τούτο  το  σχήμα  ύττοσιώττησιν  κίκληκε  λίγων 
κτλ.,  Johannes:  τούτο  το  (Τχήμα  ύττοσιώπησιν  Μένανδρος  κέ• 
κληκεν  ό  ^ήτωρ  λέγων  κτλ.  Gregor  1236,  16:  τοιούτα  και  τά 
του  Άχιλλέως  Τατίου  του  τά  κατά  την  Λευκίππην  γράψαντος, 
bei  Johannes  fehlt  Τατίου;  bei  solchen  Abweichungen  ist  schon 
eher  zu  erwarten,  dass  sie  bei  Ausbeutung  der  Hss.  verschwinden. 
Den  Namen  Gregors  trägt  auch  ein  kurzes  Bruchstück, 
über  dessen  Text  Walz  aus  Vat.  141  (14.  Jh.),  Ambr.  738  (16.  Jh.), 
Taur.  236  (16.  Jh.)  Mittheilungen  macht.  Ich  habe  Vat.  141  (g) 
zu  Johannes  verglichen,  die  Uebereinstimmung  geht  so  weit,  dass 
der  Verdacht  nahe  liegt,  das  Stück  ginge  auf  den  Johannes- 
Kommentar  zurück.  Aber  zu  erweisen  ist  das  noch  nicht.  Ebenso 
wenig  kann  man  jetzt  schon  sagen,  ob  das  Mehr,  welches  Laur. 
56,  1  (14.  Jh.;  bei  Studemund,  Anecd.  13:13.  Jh.;  Walz:  'Med.  1') 
gegen  andere  Gregor-Hss.  aufweist,  erst  ans  dem  Johannes -Kom- 
mentar geflossen  ist. 

Gregor  scheint  anfangs  noch  eine  zweite  Quelle  benutzt  zu 
haben.  Von  den  alten  Pariser  Scholien  habe  ich  zu  TT.  μεθ.  b£iv. 
nur  in  Pc  die  dem  Kommentar  W  VII  1090 — 1139  entsprechen- 
den untersucht;  doch  kenne  ich  von  dem  anderen  P-  Zweige 
Pal.  23(13.  Jh.),  der  Pa  nahe  steht,  aber  nicht  aus  ihm  stammt.  Die 
P-Scholien  sind  zu  TT.  μεθ.  beiv.  dürftig;  dass  sie  nicht  auf  Johannes 
gehen,    zeigen   schon    die    beiden    zur  Ueberschrift:    μεθό6ου'''] 


y 


Hermogenem  scriptis  vetustiorum  commentariorum  vestigia  deprehendi 
poseint,  Kiel  1891)  bat  versucht,  nur  aus  Walz'  Angaben  ein  Urtbeil 
über  die  Hss.  zu  gewinnen;  das  geht  nicht. 


133  Habe 

σημείιυσαι,  δτι  τοΟτό  έστιν  (1092,  20)— λί£€ΐυς  (1093, 2)•  δεινό- 
τητα bfcvöv  (1092, 11;  δλλuJςfehltP)  — έτ€χνολότησ€ν(1092,20), 
and  δεινότητας*]  τί  μέ\  έστι  δβινότης  (1091,  13)  — (1092,  2) 
π€ρΙ  την  ίννοιαν  το  σχήμα  μέν  γάρ  λαειυς,  ή  bk  μέθοδος 
εννοίας;  von  denen  fehlt  das  erete  (1092, 1 1  — 1093, 2)  bei  Jobannee, 
bei  Ghregor  stehen  eie  beide,  in  veränderter  Reihenfolge  zueammen- 
gearbeitet.  —  Zu  Herrn.  426,  4  hat  Gregor  1096—1097  eine 
Umppe  von  Scholien,  die  echon  in  der  Anknüpfung  durch  δλλιυς 
und  εΙς  τό  αυτό  die  Yerechiedenheit  ihres  Ursprungs  anzeigen; 
von  denen  war  das  zweite,  1096,8-^12,  selbst  schon  ein  Sammel- 
scholion,  dessen  zweite  Hälfte  eben  aus  dem  unmittelbar  vorher 
1096, 1  f.  mitgetheilten  genommen  war,  und  die  erste  Hälfte  war 
auch  schon  dagewesen :  1093,  20,  vgl.  Johannes  u.  S.  134, 16.  Von 
den  übrigen  Scholien  dieser  Gruppe  findet  sich  nur  das  erste, 
1096,1—8,  bei  Johannes,  nur  das  dritte,  1096,13—1097,12, 
in  P.  Cnd  so  geht  es  durch:  P-Scholien  (ich  glaube  nach  Pal.  23 
die  Ρ  -  Gruppe  beurtheilen  zu  dürfen)  und  Johannes-Scholien 
Bchliessen  sich  nicht  völlig,  aber  doch  fast  ganz  aus.  Auch  zu 
TT•  μ€θ.  b€iv.  bringt  Ρ  ausser  technischen  Bemerkungen  in  erster 
Linie  dem  unmittelbaren  Verständniss  des  Textes  dienende  Er- 
klärungen; dagegen  ist  im  Johannes-Kommentar  jeder  Anlass 
benutzt,  von  der  niederen  Erklärung  abzuschweifen  auf  andere 
Gebiete,  besonders  das  der  Litteraturgeschiohte.  Gregor  —  oder 
wer  der  Urheber  der  Scholiensammlung  W  VII  war  —  schrieb 
m.E.  Ρ  (in  der  uns  vorliegenden  Fassung)  und  die  Johannes- Vor- 
lage, dazu  wohl  noch  eine  nicht  reichhaltige  Quelle  zusammen; 
aber  die  Johannes -Vorlage  war  ihm  zu  ausführlich;  die  langen 
Citate  wurden  durch  και  τα  έ£ής  gekürzt. 

Ich  mache  diese  orientirenden  Bemerkungen  mit  allem  Vor- 
behalt; ich  durfte  nicht  warten,  bis  die  Durchforschung  des 
ganzen  Materials  mich  in  den  Stand  gesetzt  hätte,  die  eigentliche 
Quellenuntersuchung  zu  führen,  denn  die  werth vollen  Citate  dieses 
Kommentars  mussten  den  Mitforschem  sofort  mitgetheilt  werden. 
Jetzt  schon  an  die  Veröfi^entlichung  des  umfangreichen  Textes 
zu  denken,  wäre  voreilig;  ich  gebe  den  Anfang  als  Textprobe, 
dann  unter  Verweisung  auf  W  VII  eine  durchaus  summarische 
Uebersicht;  da  ich  den  Johannes-Kommentar  habe  photographieren 
lassen,   kann  ich  stetP  nähere  Auskunft  geben. 

Das  Zeichen  +  zeigt  an,  dass  Johannes  mehr  giebt ;  die  Blatt- 
zahl der  He.  gilt  nur  ungefähr,  ich  setze  sie  zu  Beginn  des 
ersten  Scholion  oder  der   ersten  neuen  Soholienreihe  des  Blattes. 


Aoi  Rhetoren-HaDdscbrifben  133 

Ιωάννου  διακόνου  και  λογοθέτου  τής  μεγάλης  εκκλησίας 
εΙς  το  TTepl  μεθόδου  δεινότητος  Ερμογένους. 

Κεφάλαιον  πρώτον. 

Ή   πάσα  σπουδή   καΐ   ό   σκοπός   έστι   τψ  Έρμογενει 

δ  οιδάΕαι  ημάς  έν  τψ  ΤΤερι  μεθόδου  δεινότητος,  πώς  τεχνικώς 

ίν  λόγψ  μεθοδεύσομεν  ϊκαστον,  ών  χρήίομεν,  ήγουν  σχημάτων 

ή  άλλων  χρησίμων  είς  ^ητορείαν.    χρή   δέ  είδεναι,   δτι   και 

ό   τεχνικός   περί    μεθόδου    δεινότητος   διαλαμβάνων    χρήται 

και    αυτός    τή   οοση    μέν   δεινότητι,    μή    φαινομέντ)    δε*  διό 

10  και   ουδέ   ^ςιδίως    έστι    καταληπτός ,    άλλο    φαίνεται    άπλα 

λέγων,     λανθάνει    δέ    τήν    των    άναγινωσκ:'ντων   διάνοιαν. 

ή  δέ  μέθοδος  αυτή  έλλειψις  τής  δεινότητας  έστιν  έν  εκείνη 

γάρ  τάς  λέ^ις  και  τά  λοιπά  έδίδαΗε,   τήν  δέ  μέθοδον  παρ- 

ήκεν.    ει'.έναι  δέ  δει,  δτι   τό  δεινόν  σημαίνει  τρία,  τό  φο- 

16  βερόν  και  καταπληκτικόν,  οίον  [Hom.  Γ  172] 

^αίδοΐός  τέ  μοι  έσσί,  φίλε  έκυρέ,  δεινός  τε\ 
τό  μέγα  και  Ισχυρόν,  ώς  τό  [Eurip.  Hec.  377] 
'δεινός  χαρακτήρ  κάπίσημος  έν  βροτοϊς 
έσθλόν  γενέσθαι', 
»  και  τό  ακριβές   και   έπιτήδειον,    ώς    ό  Θεόκριτος   είπε   τόν 
Σιμωνίδην  οοτω  λέγων  [16,  44] 

*εί  μή  δεινός  αοιδός  <ό)  Κήιος  αιόλα  φωνέων 

βάρβιτον  ές  πολύχορδον   έν  άνδράσι  θήκ'  ονομαστούς. 

δεινότης  oöv  ενταύθα  λέγεται  τό  εΙς  δέον  και  κατά  καιρόν 

25  ταϊς  τής  Ρητορικής  Ιδέαις  χρήσθαι,   (τ\  γε  μήν  και  τοις  του 

πολιτικού  λόγου  μέρεσι.    τί  μέν  ουν  έστι  δεινότης,  ύπέγραψεν 

'Αριστείδης  έν  τψ  ΤΤερι   πολιτικού   λόγου,    έ£  ου   και  πολλά 

ό  'Ερμογένης   έν  ταϊς  Ίδέαις    έσφετερίσατο  *  ώρίσατο   γάρ 

ειπών  [Π  497,  δ  Sp.]  'δεινότης  εστίν,   δταν   τις  χρήσιμόν   τΐ 

30  πόρρωθεν    έαυτψ    προδιοικήται,    [498,  3]  και    τό   πόρρωθεν 

άνελεϊν  τό  άντιπϊπτον  αύτψ' .    μέθοδος  δέ  έστι  διοίκησις  και 

ποιος  σχηματισμός,  κατ'  έΗαίρετον  μέν  ή  περί  τήν  έννοιαν, 

έστι  δέ  και  περί  τά  άλλα.    τυγχάνει  δέ  μέρος  τής  φρονήσεως 

V  S  Vaticanus  gr.  2228;  G  =  Gregor  W  VII  1090-1349 ;  g  =  Vat. 

141 :  τοΟ  κορ(νθου  εις  τό  περί  μεθόδου  δεινότητος  έΕήγησις. 

3  fehlt  g  4  einige  G-Hse.  beginnen  ebenso;  ή  π.  σπ.  καΐ  fehlt  g 
Γι.  β  τεχν.  καΐ  έλλόγιυς  g  9  μέν  fehlt  g  10  ού  j).  g  ||  καταληπτικός  V, 
ebenso  Vindob.  16,  den  ich  durch  die  Güte  der  Verwaltung  der  Wiener 
Hofbibliothek  1906  in  Hannover  ansehen  konnte  ||  φαίν.  μέν  άπλΑ  g 
12  τής  δειν.  ί\λ.  g  1δ  ώς  τό  (sUtt  otov)  g  21  λέγω  g  22  αοιδός 
κεΐος  Vg  23  fehlt  g  24  δεινότητα  .  .  λέγ€ΐ  g  25  χρήσθαι  (δέαις  g 
29.  .30  πόρρ.  χρήσιμόν  τι  g     30  καΐ  τφ  π   V      33  τής  fehlt  g 


134  Rabe 

ή  6€ΐνότης  *  ή  γάρ  φρόνησις  διαιρείται  εΙς  τέσσαρα,  €{ς  φρό- 
νησιν,  €ΐς  άγχίνοιαν,  εΙς  σύνεσιν,  εΙς  δεινότητα'  και  φρόνησις 
μέν  έστι  δύναμις  ψυχική  παρασκευαστική  τών  εις  εύδαι- 
μονίαν  επιτηδείων,  άγχίνοια  bi  έστιν  ευστοχία  έν  άσκίπτψ 

5  χρόνψ  του  μίσου,  σύνεσις  bi  έστι  τό  μετά  σκίψειυς  εΙπεΐν 
τι,  δεινότης  bi  έστι  τό  στοχάίεσθαι  καιρού  και  τόπου  και 
προσώπου  και  έν  καιρώ  μέν  λαλεϊν,  έν  καιρψ  bi  σιγαν. 

'Αρχή  του  κειμένου. 
[Herrn.  Π  426,  3  Sp.]  'παν  μέρος  λόγου.*    τούτο  ώσπερ  προ- 

10  θεωρία  έστιν  άπό  τοΟ  [426,  21]  'πάσης  λέΗεως'. 

[426,  3]  'ευρηται  μέν  έπι  μηνύσει  πράγματος*,  πράγμα  εν- 
ταύθα τό  καθόλου  λέγει  δηλουν  τόπον  ή  χρόνον  ή  πρόσωπον, 
πρώτον  ^έ  διδάσκει,  προς  τί  χρήσιμα  τα  μέρη  τοΰ  λόγου 
'καιρού'  τυχόντα,   τουτέστιν  έπιτηδειότητος,    καΐ  τί  δύναται 

15  έν  αύτψ  ήθους  προσθήκη,  καιρού  δέ  τυχόντα  εΤπε  καλώς, 
διότι  τα  ονόματα  φύσει  τεθεϊσθαι  ο\  έ£ω  ύπενόησαν.  ό  γουν 
Πλάτων  φησιν  έν  Κρατύλψ  [383  Α]  Όύ  τούτο  εϊναι  όνομα, 
δ  δν  τίνες  συνθεμένοι  καλεϊν  καλώσι,  τής  αυτών  φωνής 
μόριον  έπιφθεγγόμενοι,  άλλ'  ορθότητα  <τινα>  τών  ονομάτων 

90  πεφυκέναι  και  Έλλησι  και  βαρβάροις  τήν  αυτήν  δπασι',  βαρ- 
βάρους ώς  οΐμαι  τους  Εβραίους  καλών,  είθ'  έεής  πάλιν 
λέγει  [390  D]  *τέκτονος  μέν  άρα  ίργον  έστι  τό  ποιήσαι  πη- 
δάλιον  έπιστατουντος  κυβερνήτου,  εΐ  μέλλοι  καλόν  εΓναι  τό 
πηδάλιον'.   'νομοθέτου    δέ    γε    ώς  έοικεν  όνομα   έπιστάτην 

35  ίχοντος  διαλεκτικόν  άνδρα,  εΐ  μέλλοι  καλώς  όνομα  τεθή- 
σεσθαι*.  'κινδυνεύει  άρα  ου  φαυλον  είναι,  Έρμόγενες,  ώς  σύ 
οϊει,  ή  του  ονόματος  θέσις  ουδέ  φαύλων  ανδρών  ουδέ  τών 
τυχόντων,  καΐ  Κρατύλος  αληθή  λέγει  λέγων  φύσει  τα  ονό- 
ματα εΓναι   τοις   πράγμασι  καΐ  ου  πάντα   δημιουργόν  εΓναι 

30  ονομάτων,  άλλα  μόνον  έκεϊνον  τόν  αποβλέποντα  προς  τό  τή 
φύσει  όνομα  δν  έκάστω',  otov  [396  CJ  τψ  ούρανψ  ορθώς  φησι 
τό  όνομα  κεϊσθαι  διά  τό  άνω  όραν  ποιεϊν,  και  [397  D]  θεούς 
παρά  τό  θέειν,   δ  έστι  τρέχειν,  τους  έν   ούρανψ   φωστήρας 

8—10  fehlt  g  9  G  1093,  3  10  άρχεται  δέ  diro  G;  sonst  ist 
μέχρι  statt  άπό  erforderlich  11  G  1093,  15  ||  Lemma  πον  μέρος  — 
πράγματος  g  12  τό  δηλοΟν  Gg  13  μέν  (statt  δέ)  g  1ί>  έπενόησαν  g 
18  τις  συνθέμ€νοςϊν;  vrb.  aus  g  19  μόρια  g  ||  τινά  g  Plat.  ||  τών 

λόγιυν  g  21  'Εβραίους  auch  g  ^  22  άρα  fehlt  g  ||  ποιοΟν  g  2«i  ώ 
Έρμ.  €Ϊναι  ού  9aOXov*Plat.  '^2Η  επιτυχόντων  Plat.  29.  30  ονομάτων 
€ΐναι  Plat.'  30  ονόματος  g  ||  εΙς  τό  Plat.  31  άνθρώπψ  Λ';  vrb.  aus  Gp 
32  κεϊσθαι  τό  όνομα  g       33  παρά  τοΟ  V ;  oder  άπό  τοΟ  ?  ||  τουτέστι  g 


Aus  Rhetoren-Hftndschriften  135 

κ€κλήσθαι  φησί,  τάς  τ€  έν  άνθρώποις  προσηγορίας  μ€τά 
τίνος  διανοίας  τ€θ€Ϊσθαι,  τόν  μέν  'Έκτορα  [393  Α]  €ΐπών 
κεκλήσθαι  άπό  τοΟ  ^χειν  καΐ  κρατεΐν  bxa  τό  βασιλέα  είναι 
τών  Τρώιυν,  τόν  bi  Άγαμίμνονα  [395  Α]  bia  τό  άγαν  μίνειν 
5  και  τοις  οόζασι  π€ρ\  τών  Τρώιυν  εύτόνιυς  κα\  καρτερώς 
παραμίνειν,  τόν  bi  Όρίστην  [394  Ε]  bxä  τό  όρεινόν  καΐ 
άγριον  κα\  θηριώοβς  του  τρόπου,  και  τόν  μέν  Άτρία  [395  Β] 
bxä  τό  άτηρόν  γεγονίναι  τό  ήθος,  τόν  bk  ΤΤίλοπα  [395  C] 
οίον  τίνα  ου  τά  πόρριυ  άλλα  τά  έγγυς   όρώντα.    ταύτα  καΐ 

10  τά  τοιαύτα  μυρία  άν  ευροις  είρημένα  παρά  ΤΤλάτιυνι,  φύσ€ΐ 
τ€θ€ΐσθαι  άλλ'  ου  θίσει  τοις  πράγμασι  τα  ονόματα  πειριυ- 
μένψ  όιοάσκειν. 

[426,  4]  'καιρού  bk  Ιοίου  τυχόν' .    δύναται  και  οϋτιυ  νοεϊσθαι 
τό  *  καιρού  τ€  Ιοίου  τυχόν'  άντι  του  περιστάσεως  τίνος  μερικής 

16  [τόν  bk  Τάνταλον  ταλάντατόν  τίνα  φησι  bia  tu  περί  αότόν 
δυστυχήματα  σημαίνειν]  παραπεσούσης  και  χρείας,  εΐ  λεχθή 
τι  όνομα  σημαίνον  τι  ibia2!ov  κατά  τόν  Όμηρικόν  Όουσσία 
Οδτιν  εαυτόν  έπιτηδείιυς  καλίσαντα  *  κα\  γάρ  καιρού  ίτυχεν, 
οίον  [ι  410]  'εΐ  μέν  br\  οοτις  σε  βιάΖεται*  φασιν  οΐ  Κύκλωπες. 

20  [426,  4]  *6  bk  καιρός  κατά  ήθους  προσθήκην  γινόμενος  Ibiav 
οιάνοιαν  έργάίεται'.  ήθους  προσθήκη  γίνεται,  δταν  μή,  έφ' 
ης  κείται  σημασίας  ή  λίΗις,  ταύτη  χρησώμεθα,  άλλ'  έφ'  ής 
αύτοι  bia  του  έμφαινομένου  ήθους  παρ'  ημών  και  της  δια- 
θέσεως  βουλόμεθα  ταύτην  παραλαβεϊν  και   προς    τό    ibiov 

35  μεταγαγεϊν  βούλημα  bia  τής  άποδηλουμίνης  έμφάσειυς.  ήθος 
bi,  ή  επιείκεια  κα\  ή  αφέλεια  και  ή  έν  τούτοις  ούσα  είριυνεία 
ποιεί,  ό  bk  σχετλιασμός  κατά  ήθους  προσθήκην  γινόμενος 
έΕαλλάττει  τήν  σημασίαν,  οίον  [Demoeth.  19,  113]  'αυτός  ών, 
οϊμαι,  θαυμάσιος  στρατιώτης,  ώ  Ζευ'•  τό  γάρ  θαυμάσιον  έν- 

30  ταυθα  έν  tiD  σχετλιασμώ  τόν  oύbεvός  λόγου  fiiiov  σημαίνει. 
εlbίvαι  bi  χρή,  ώς  του  ήθους  κυρίως  εϊbη  τέσσαρα,  επιεί- 
κεια, fj  εναντίον  ή  σφobpότης  και  ή  ακμή,  άλλ'  ή  μέν  ακμή 
κατά  τάς  εννοίας,  ή  bέσφobpότης  καΐκατά  άλλα*  ή  αφέλεια, 
ή  εναντίον  σεμνότης  *  τό  αληθές  καΐ  έvbιάθετov,  και  τέταρτον 

1  φασί  V  2  €Ϊπ[ιυ]ν  V  8  άτειρή,  mg.ml  άττιρόν,  g  13  G 
1096,  1 II  τ€  g  ||  καΐ:  vgl.  134,  16  f.  15  τόν- 16  σημαίνειν  [Crat.  395  Ε] 
gehört  hinter  9  όρώντα,  vgl.  G;  fehlt  g  16  π€ριπ€σούσης  g  17  ση- 
μαίνει V;    vrb.  aus  g         20  γενόμενος  g   (ebenso    einige   Herm.-Hss.) 

α 

21  G  1097.  18  ||  22.  23  έφ'  οΐς  αοτή  g  23  έκ  (statt  καΐ)  g  2δ  ύπο- 
δηλούμενης  V  26  ή  (vor  έν)  fehlt  g  32  ή  (vor  σφοδρ.  und  ακμή) 
fehlt  g         32  τάς  fehlt  g        33  κατά  τά  άλλα  g 


lae  Rabe 

βαρύτης,  ής  μέθοδος  ή  elpuiveia.  f)  bi  γλυκύτης  έπίτασίς  έστι 

τής^  άφελβίας. 
f.  420  ν:    1099  ann.  1.      1099,  26—1101,2    (mit  ann.    6.   21). 
1101,  9—17  (mit  ann.  23.  24).     IIOI,  18—1103,  16. 
f.421r:  1105,31—1109,1.  1109,  11— 1110,  7(  +  ).  1110,17«— 23. 
f.  422:  1112,6—1113,3.  1117,31—1118,12.  1119,1—1122,5. 
1124,7-10;  13-1126,1. 

f.423:1126,24-1128,15.1131,25— 1132,  20. 1133,2  3— 1134,18. 
f.  424:  1136,15— 23;  11 37,4— 5(  +  );  1136,  23—26.  vgl.  1139,  5*; 
21  (+).  1140, 13— 19(+).  1141,  9—19.  23-1142,  5.  20— 28(+). 
f.  425:   1143,  16— 1144,  14  (  +  ). 

f.  425  v:  [zu  Herrn.  428,  16  τεκμήριον  κτλ.]  Ιστέον  b^,  ύις  ό 
μέν  Θουκυδίδης  άοιαφόραις  έχρήσατο  τοις  όνόμασιν,  ο\  hl 
παλαιοί  διαφοράς  ήμϊν  ενός  έκαστου  τούτων  παραδβοώκοοιν. 
αύτίκα  Λογγΐνος  έν  τη  κατ'  αυτόν  Ρητορική  τάδε  περί  αυτών 
διεΕίρχεται,  περί  παραδείγματος  μεν  λίγων  [vgl.  Αηοη.  Ι  2.  209> 
12  Sp.'H.]  'παράδειγμα  έστιν  άπόδειζις    διά    τίνος   διηγήσεως 

όμοιας  και  γνωρίμου  τω  άμφισβητουμένω  (τό  άμφίσβητουμενον 

οι 
V)  και   άγνοουμίνω    πράγματι*   οίον,    έάν    εϊπη  (εϊπη  V)  τις. 

πολεμεϊ  Φίλιππος  και  τοις  προδιδοΟσιν  αύτω  τάς  πόλεις  αυτών, 
δεήσομαι  παραδείγματος,  έάν  άμφιγνοώσί  (-γνώσι  V)  τίνες  και 
ένδοιά21ωσιν,  δτι  και  τον  Λασθένην  και  τον  Εύθυκράτη  και  τους 
άλλους  προδότας  έλαύνων  και  προπηλακίΐων  διατελεί*  παρά- 
δειγμα μέντοι,  κάν  έτερον  βασιλέα  f\  τύραννον  τά  αυτά  ποιοΟντα 
f\  ποιήσαντα  διε£ίω  γνωρι2[όμενον  τοις  άκούουσι.'  και  του  μέν 
παραδείγματος  ορισμός  έστιν  ούτος*  παράδειγμα  έστιν  άπό- 
δειΕις  διά  τίνος  διηγήσεως  όμοιας  και  γνωρίμου  τώ  άμφισβη- 
τουμένω πράγματι,  ώς  ίχει  και  τό•  *τόν  τοΟ  Δημοσθένους  δρα 
μοι  βίον'  αγνοουμένου  γάρ  του,  εΐ  άρα  οΐ  πονουντες  άρετη 
περιστέφονται,  δείκνυμεν  τούτο  διά  του  παραδείγματος,  τό  δέ 
σημεϊον  ούτως  όρίΖονται  [Αηοη.  Ι  2.  211,  22  Sp.-H.]  'σημεϊόν 
έστι  πράγμα  f\  πάθος  συμβεβηκός,  άφ'  οΰ  τό  Ζητούμενον  τεκμαι- 
ρόμεθα  γεγονέναι  ή  μη',  οίον  σημεϊον  λέγομεν  του  νοσεϊν  τό 
πυρέττειν  κτλ.  τεκμήριον  δέ  έστι  σημεϊον  άλυτον,  δ  και  άναγ- 
καϊον  καλείται  κτλ. 


^  τής  fehlt  g 

2  V  hier  (ebenso  oben  S.  133,  3):  κ€φάλαιον  πρώτον:  Pc,  Pal.  23, 
Vat.  104  setzen  α'  neben  Herrn.  426,  20. 

3  V:    κεφάλαιον    δεύτερον,   dann  Lemma  Herm.  427,13 — 14;    ß' 
auch  Pc,  Pal.  23,  Ambr.  523,  Vat.  104. 

*  V  am  Rande:  κεψάλαιον  τρίτον. 


Aus       Rhetoreii*Hand8chriften  137 

f.  426:   1145,24^  f.;  dann  von  Ο  abweichend;   +. 

f.  427r:    vgl.  1151.    Job.  +;   *τήν  μέν    άσίλγειαν'•    τούτο  έν 

προοιμίοις    κείται  του  Κατά  Meibiou  .  .  .  ίστι  hi  ή  ύπόθβσις 

του  λόγου    αδτη•   έορτήν  ήγον  ο\  *  Αθηναίοι  κτλ.   vgl.  Sauppe- 

Baiter  Ι  660.     f.  427  ν  (1152,  14):    ή    οέ    ύπόβεσις    του    TTepi 

στεφάνου  τοιαύτη  εστίν  ήοη   μέν  κατά  πολλά  μίρη  το  τείχος 

τοις  Άθηναίοις  πεποίηκεν  —  ψηφίσεται,  vgl.  Sauppe-Buiter  Ι  57.3. 

[Herrn.  429,16]  'ή  δέ  έπενθύμησίς  έστιν  ενθύμημα  έπιφερό- 

μενον,  δ  μή  προστεθέν   μέν  ου  ποθείται,  προστεθέν   οέ   το 

πάν  ιυφελει.'     όρΐίεται  κάνταυθα  την  έπενθύμησιν  κα\  φησιν 

είναι  ταύτην  ενθύμημα  τοις  προτίροις  νοήμασιν  έπιφερόμενον, 

β  ουπερ  ού  προστεθίντος  μέν  ου  γίνεται  ίήτησις,  προστεθεντος 

οέ  μέγα  τφ   λόγψ  όφελος,     οίον   φησ\ν  ή   Σαπςκυ  [fr.  137 

P.L.G.*  III 133]  δτι  'τό  άποθνήσκειν  κακόν  ο\  θεοί  γάρ  ουτιυ 

κεκρίκασιν  άπίθνησκον  γάρ  άν,  είπερ  ην  καλόν  τό  άποθνή- 

σκειν\    και  πάλιν  Όύ  bei  σε  όημηγορεΐν  τό  γάρ  όημηγορεϊν 

10  πράγμα  σφαλερόν  και  έπίφθονον  *  εί  μέν  ούν  τά  5ίκαια  λέγεις, 

ο\  άνθρωποι  σε  μισήσουσιν,  έάν  οέ  τά  άοικα,  ο\  θεοΓ.     και 

πάλιν  Όύ  οεϊ  τάς  ευτυχίας  τάς  έκ  τών  θεών  5ιοομένας  άπο- 

οέχεσθαι 

πολλοίς*  γάρ  *6  όαίμιυν  ού  κατ'  εΰνοιαν  φίρων 
16  μεγάλα  bibuKTiv  ευτυχήματ',  άλλ'  ίνα 

τάς  συμφοράς  λάβωσιν  επιφανεστέρας', 
και  πάλιν  Διοκλής  κατηγορών  του  νόμου,  έπει  έθορύβησαν 
αύτώ  τίνες  είπόντι,  δτι  ο\  νόμοι  όέονται  νόμου  του  οιορθώ- 
σοντος,  *και  γάρ  ό\  ίχθύες  αλός'  εΐπεν.  ίτι  και  ταύτα  θεό- 
•io  φραστος  έΕ  επαγωγής  ενθύμημα  κεκληκε'  προθεις  γάρ  νόημα 
σκληρόν  bOKoOv  τό  'πάντες  τους  σοφούς  τιμώσΓ  και  εΙπών 
εις  πίστιν  τούτου  τό  'Πάριοι  γουν  Άρχίλοχον  καίπερ  βλάσ- 
φημον  βντα  τετιμήκασιν'  έπηγαγε  'και  Χϊοι  "Ομηρον  ουκ  όντα 
πολίτην  και  Μιτυληναϊοι  Σαπςκυ  καίπερ  γυναίκα  ούσαν  και 
35  Λακεοαιμόνιοι  Χίλιυνα  τών  γερόντων  εποίησαν  ήκιστα  φιλό- 
λογοι βντες  και  Ίταλιώται  ΤΤυθαγόραν  και  Λαμψακηνοι  Άνα- 
Ηαγόραν  Ηένον   όντα  ίθαψαν    και  τιμώσιν  ίτι  και  νυν*  καΐ 

1  G  1153,  17  (gekürzt)  «  fg.:  vgl.  Arist.  Rhet.  Β  2'Λ.  1398b 
28  fg.  9  1399  a  21  (Upcia  oök  βία  χτλ  )  10  ^άν  .  .  λέγης  Arist. 
14  1399  b  16;    Nauck  fr.  adesp.  82  17  Άνδροκλής  Arist.  1400  a   10 

20  Anfang  auch  bei  Wimmor  fr.  »»2,  lll  178;  vgl.  Arist.  1398  b  11  — 19|| 
ενθυμήματος  V  ||  προσθβΐς  V 


^  V  am  Rande:  Δ'. 


138  Rabe 

δτι  '* Αθηναίοι  τοις  Σόλιυνος  νόμοις  χρησάμενοι  εύοαιμόνησαν 
και  Λακεδαιμόνιοι  τοις  Λυκούργου  και  θήβησιν  δμα  ο\  ττρο- 
στάτοι  φΐλόσοφΟί  έγένοντο  και  εύοαιμόνησεν  ή  πόλις'.  ταύτα 
γουν  κα\  τά  τοιαΟτα  μή  προστεθέντα  μέν  ου  ζητούνται,  έάν 
5  bk  προστεθώσι,   κατασκευάίουσι  τόν    προτεθέντα   νουν   και 

ποιουσιν  Ισχυρόν  και  σχεόόν  όναμφίβολον. 
f.  428  ν:  1154, 19-1155,  8  (  +  ;  1155,3:  δπερ  Στησίχορος  εΐπεν 
έν  Λοκροϊς,  vgl.  Ariet.  Rhet.  U  21).    1155,  9—1156,  17(  +  ). 
f.  429 v:    1156,17—20  (4-,    bes.   über    επιχείρημα,    ενθύμημα, 
παράδειγμα,  εΐκών  udgl.). 

f.  430r:  vgl.  1159,  14 1  f.  1160,5-8;  vgl.  1161,  18  (  +  ,  τούτο 
έν  τψ  πρώτψ  των  'Ολυνθιακών  κείται  .  .  .  ή  οέ  ύπόθεσις  του 
πρώτου  'Ολυνθιακού  έστιν  αοτη*    πόλις   ήν  έπι  θρςίκην  [so]  f^ 
"Όλυνθος  κτλ.,  vgl.  Sauppe-Baiter  Ι  505);  vgl.  1161,  27- 1162,  9 
(.  .  και  τούτο  έκαλεϊτο  έιυλοκρασία  παρά  τό  (του  V)  έν  τή  ?ψ 
έπιχεϊσθαι  αυτόν.    κα\  ταύτα  μέν  ευρον   έν  πολλοίς   τών   βι- 
βλίων* έγώ  bi  νομί2Ιω  πεποιήσθαι  μάλλον  τό   βνομα    υπό   του 
^ήτορος  άπό  τών  εώλων,  &  έστιν  άρχαϊα*  πράγματα  γάρ  αρ- 
χαία συγκεράσας    6  ΑΙσχίνης  και  ψυχρά  και  μάταια  και  ανω- 
φελή και  ανίσχυρα  κατηγόρησεν  αυτού).    1162. 12  —  1163, 10  ( +). 
f.  431:  1165,  30-1 16η,  6.     1166,11  (ταύτα  έν  τω  Κατά  Τιμο- 
κράτους  κείνται '  εύρήσεις  bl  την  ύπόθεσιν  έν  τψ  περί  σχημά- 
των γοργότητος  κτλ).    1166,18—1168,13  mit  Anm. 
f.  432:  1169,23-26.  19-21.  1170,31—1171,  1;  15  —  18.  1170, 
15—28.     1171,22—26.     1172,  1—12  (-f).    1173,11— 15;  15- 
22.    1174,22  f.     1173,22—1174,1.     1175,3—11. 
f.  433:  1175,  20— 1176,  5  (  +  ).  1176,5-13.   1177,15-1178,7. 
9—1179,2(4").    1181,17-27.   1184,13-1185,8. 
f.  434:  vgl.   1181,28  f.   1186,10—11  (Die  Hypothesie  1183,9  f. 
fehlt  bei  Job.).  1186, 16  — 1 190,  11. 
f.  435:   1190,12-1192,15.   19—1195,12. 
f.  436:   1195,13—1198,  10. 

f.  437:    1198,11—1201,2.   1201,3  (Job.:   περί  τούτου   ίήτει  τό 
τριακοστόν    κεφάλαιον-.     έκεϊ   γάρ    οιεΕοοικώτερον   ή    \στορία 

4  προσθ^ντα  V  ||  Ζητών  V ;  vrb.  aus  G 

^  V:  κ€φάλαιον  πέμπτον:  weitere  Kapitelzahlen  feblon  in  V. 

2  Zu  Herrn.  4Γ>2,  14  f.,  in  den  Ausiraben  als  32.  pezälilt,  in  Pc 
und  Pal.  23:  λα':  aber  Urb.  loÜ  (11.  Jh.;  gleicher  Richtunp  wie 
Ambr.  523):  λ'.  Als  α  zählt  (auch  in  P;  das  2.  Kap.  der  Ausiraben; 
das  6.  (das  einzige  mit  bi  angeknüpfte)  zahlt  in  Ρ  als  €',  in  der  anderen 


Ans  Rhetoren-Handschriften  139 

παραοοθήσβται  αυτά  τά  'Hpoborcio  ήμΐν  [so]  τιαρατιθίντος  μου' 
τέως  bi  νυν  πεΖαϊς  \έϊεα\  κτλ.:  vgl.  G  1201,  4  f.;  bei  Job.  wird 
f.  491  r  das  Versprechen  eingelöst,  bei  G  nicht) —  1202,  7. 
f.  438:  1202,8—1206,10. 
f.  439:  1206,11-1209,8. 

f.  440:  1209,9-1210,19  (  +  ).    1210,20-1214,5. 
f.   441:    1214,  6-23    (Citat  +).     24-1216,18   (das  Hekataios- 
Citat  echiieeet:  γελοίοι  ώς  έμοι  φαίνονται  eiöiv), 
f.  442:  1216,19-1218,9  (Citat  1217,  5 +).    1218,10—1219,26 
(Citat +).  1220,1—18  (Citat +). 

f.  443:  1220,  26— 1221,  6  (Citat +  ).  1221,  7- 1222,  7  (Citat +). 
1222,8-1224,4. 

f.  444:   1224,4—1227,5  (Citat  1224,18+). 
f.  445:  1227,12-1230,28. 

f.  446:  1227,28-31  [=  Herrn.  436,  29-437,  4],    die  Erklärung 
fehlt  bei  Job.  (aber  der  Schreiber  hat  11 — 12  Zeilen  dafür  frei- 
gelassen) und  bei  G   1227,32—1232,29  (Citat  1232,23  +). 
f.  447:  1232,30—1233,4  (Citat +).  1233,5—1236,9. 
f.  448:  1236,10—1240,1. 

f.  449:  1240,3—1242,  17  (Citat  1242,11  -f-).  1242,  19-1244, 10. 
f.  450:  1244,  11  —  1247,  24  (1245,  23  Πορφύριος  έν  τφ  flepi 
'Ομηρικών  Ζητημάτων.    Citat  1247, 18  +). 

f.  451:  1247,  25— 1248,  3(  +  ).  1248,  4— 1250,  ann.  37  (Citat +). 
f.  452:   1250,  13—1253,  26. 
f.  453:  1254,  1—1258,18  (Citat  1257,11  +). 
f.  454:  1258,  18—26.     1259,  11—1260,  6.     1158,  26-1259,  9. 
1261,4(+). 

f.  455:  1261,4—30.  1262,1—1263,18. 
f.  456:   1263,18—1266,2  (Citat  1266,2+). 
f.  457:  1266,3-1269,26. 

f.  458:  1270,  1—1273,  4  (Citate  1271,  10  +.  1272,  26  +. 
1273,4+). 

f.  459  Γ :  άλλα  και  Αριστογείτων  έν  τψ  Κατά  Ύπερίοου  λόγψ 
ουτιυ  ς)ησί•  'περί  μέν  oöv  του  παρανόμου  Ικανά  (και  ins.G  1272,20) 
τά  ειρημίνα  έν  τψ  παρόντι,  ει  (έάν  G)  μη  τι  ύστερον  άναμ- 
νησθαι'.  εΤτα  μετ'  ολίγον  (ολίγα  G)  ώσπερ  άναμνησθεις  πάλιν 
φησίν  Ό\  γάρ  έπιβουλεύοντες  τη  οημοκρατίςι  ησυχίας  μέν 
οοσης  κατά  την  πόλιν  και  του   δήμου  αθορύβως  και  ασφαλώς 

Klasse  (Ambr.,  Urb.,  Vat.  104)  aber  ist  es  kein  besonderes  Kap.,  sondern 
Schlusstheil  des  vorhergehenden.  Meistens  fehlen  überhaupt  die  Kapitel- 
zahlen. 


140  Habe 

πολιτευόμενου  (όμενοι  V)  άναγκάίονται  <μηοέν  ine.  G)  παρα- 
Kiv€iv,  άλλ'  έπακολουθεϊν  τοις  νόμοις  ^  έν  6έ  τψ  πολ^μψ  ^ςιοίιυς 
πολλάς  προφάσεις  και  παραούσεις  (παραλύσεις  V ;  vrb.  Brink- 
mann) εύρισκουσι,  φόβους  επισείοντες  τοις  άνθρώποις  και  λέγον- 
τες, ώς  ουκ  ενδέχεται  σώΤεσθαι  τά  τής  πόλεως  πράγματα,  έάν 
τις  πάντί)  λίαν  εύλαβώς  και  όκνηρώς  γράφΐ)  βουλόμενος  (φοβού- 
μενος ?)  τάς  τών  (τών  del.  ?)  παρανόμων  γραφάς  *  πολλάκις  τε  γάρ 
τό  τψ  δήμω  προς  τόν  πόλεμον  συμφέρον  υστερεί  τών  καιρών, 
έμποί)ΐ2όμενον  ύπό  τών  έν  τοις  νόμοις  κωλυμάτων,  οεϊ  bi  τόν 
αγαθόν  σύμβουλον  έκατέρων  τούτων  την  οιαφοράν  θεωρεϊν,  και 
δταν  μέν  ειρήνην  άγωμεν,  περί  πλείονος  <ποιεϊσθαΓ?'^  τά  τών 
νόμων,  όταν  b'  εΙς  πολεμικούς  κινδύνους  καταστώμεν,  τοΟζτο) 
σκοπεϊν,  δπως  παντι  τρόπω  σώσομεν  (σώσωμεν  V)  ήμος  αυ- 
τούς, τοιούτοις  λόγοις,  ώ  5νορες  'Αθηναίοι,  τό  πλήθος  έΕαπα- 
τώσι  και  πείθουσιν  έάν  αυτούς  παράνομα  γράφειν  *  &  και  παρά 
τούτων  (τούτου?)  νυν  έστι  πεπραγμένα.' 
f.  459:  1273,5-12.  13-15  (+).  21-1274,9  (viel  +). 
f.  460,  461:  1274,10-1276,12  (viel  +). 
f.  462:   1276,18-1277,  3  (+).  4-14. 

ό*  hi  Εύρύβατος  παλίμβολος  γέγονεν  άνήρ,  ώς  'Αριστοφάνης 
£ν  τινι  τών  οραμάτων  φησιν  [fr.  184.  Kock  III  435j 

'ήδη  τις  υμών  εΤδεν  Εύρύβατον  Δία;' 
ό  5έ  'Αριστοτέλης  έν  πρώτω  ΤΤερι  δικαιοσύνης  [fr.  84  Roee^] 
τάδε  φησι  περί  αύτου  (αυτών  V),  κλέπτην  μέν  αυτόν  γενέσθαι, 
άλόντα  δέ  έπ'  αύτοςκυρω  δεθήναι  και  δημοσίςι  φυλάττεσθαΓ 
κάκεϊθεν  τους  φυλάττοντας  έπιθυμουντας  ι-ντα  V)  θεάσασθαι, 
δπως  διά  τών  τοίχων  ανιών  εΙς  τάς  οΙκίας  παρίοι,  λύσαντας 
αυτόν  έπιδείκνυσθαι  παρακαλεϊν.  τόν  (δ  V)  δέ  τάς  τε  έγκεν- 
τρίδας  υποδησάμενον  και  τους  σπόγγους  λαβόντα  άναβήναί  τε 
ρήίστα  και  τόν  όροφον  της  οικίας  έΕελεϊν  (έΕελθεϊν  Vat.  104,  vgl. 

1  Das  Folgende  fehlt  bei  G 

2  Scholiondl.  Jh.)  Ambr.  52;ί  f.  2i)Jv:  Εύρυβάτου  *πραγμα]  Αρι- 
στοφάνης Δαιδάλψ  ύιτοθέμενος  τόν  Δία  είς  πολλά  εαυτόν  μ€ταβάλ• 
λοντα  καΐ  πανουργοΟντα  φησΙν  'ήδη  τις  υμών  clöcv  Εύρύβατον  Δία;' 
*Έφορος  |ί'Γ.  ΙΟΟ]δέ  λ^γ€ΐ  Έφ^σιον  αυτόν  γεγον^ναι,  πεμφθ^ντα  bi  μετά 
χρημάταιν  ^ίςΤΤβλοπόννησον  ύπό  Κροίσου  έπΙ  Γενικού  μίσθωσιν  αύτομολήσαι 
προς  ΚΟρον.  'Αριστοτέλης  δέ  έν  τψ  α'  TTcpl  δικαιοσύνης  κλέπτην  αυτόν 
γεγονέναι  φησίν  άλόντα  δέ  έπ'  αύτοφιύρψ  δεθήναι  καΐ  φυλάττεσθαι 
δημοσίςΐ'  κάττειτα  τους  φυλάσσοντας  έπιθυμήσαι  —  φεύγοντα  (Ab- 
weichuogen  von  V:  λύσαντας  τέ;  τόν  δέ  statt  ό  δέ;  έΕελόντα  άχρι 
περιήιεσαν;  οπιυς  κατιόντα  είδοιεν).     Vgl.  G  127  7,  Vy  f. 


Aus  Hhetoren-Handsohrifteii  141 

Sueton),  €ΐτα,  έν  δσψ  περιήεσαν  οι  φύλακες  έτίριυθι,  δπιυς 
καταλάβοιεν  κατιόντα,  οϊχεσθαι  φεύγοντα.  δλλοι  W  φασιν 
δνορα  τούτον  Έφέσιον  είναι  και  λαβόντα  χρήματα  παρά  Κροί- 
σου, ώστε  στρατιάν  συναγαγεϊν  εΙς  τόν  im  Πέρσας  πόλεμον, 
προόότην  γενόμενον  έγχειρίσαι  Κύρψ  τά  χρήματα  *  και  εντεύθεν 
τους  πονηρούς  Εύρυβάτας  καλεϊσθαι.  εΙκός  bk  όμου  ταύτα 
άληθεύειν  (αληθεύει  V)•  πολλών  γάρ  Εύρυβατών  και  πανούργων 
γενομένων  άλλοις  άλλα  έπράττετο,  ώς  μέμνηται  και  Εύφορίιυν  * 

'ήο'  δσα  (δσσα?)  προτέροισιν  άείοεται  Εύρυβάτοισιν/ 
f.  462ν:   1278,4—1279,5    mit  Anm.  9.    Vgl.   1279,  6—1280,5. 
f.  463  :  1280,  5—1281,  8  (  +  ).     Dann:  τραγικοί  κτλ.  β.  u.  S.  150 
Anm.     1281,9-18.  1282,9—11.  1281,26—1282,8.  1282,11— 
16(+).  17—1283,9(4-). 

f.  464  :  1283,  9—1284,  22  (+ ).  Dann :  Ιστέον  οέ,  ώς  έν  τώ  πρώτψ 
τίτλψ  του  όγοόου  βιβλίου  τών  νόμων  [Basil.  Ι  ρ.  32G  Η.]  τάοε  6 
νομοθέτης  περί  του  ήταιρηκότος  οιέΕεισΓ  *  κωλύεται  υπέρ  άλλων 
συνηγορεϊν  και  6  ήταιρηκώς,  ει  μη  κατά  βίαν  ή  ληστών  ή  πολε- 
μίων  πέπονθεν    υπέρ   έαυτου   οέ    ου    κεκώλυται'.    ίστιν   ουν 
ειπείν,  δτι,  εΐ  μέν  θέλει  συνηγορεϊν  αυτός  έαυτώ,  ού  κεκώλυται, 
εΐ  5έ  μή  θέλει,  οοτέον  τούτψ  συνήγορον.    1285,1 — 1287,4. 
f.  465:  1289,17-25.    1287,26—1290,5.  6— 1291,  9  (  +  ).    ^ 
f.  466:  1291,10—1292,9.  21—25. 
[Herrn.  445,22]   *ή  οέ  αυτή    και  του  παραφράίειν  μέθοδος* 
ή  γάρ  την  τάζιν   μεταβάλεις,  ήπερ  εκείνος  έχρήσατο,  ή  το 
μέτρον.    ειπερ  εκείνος  bia  μακρών,  ταύτα  έν  βραχέσι  λέγεις 
συνελών  ή  τό  εναντίον' .    ώσπερ  έν  μελέταις  ή  έν  άλλη  λογο- 
6  γραφίςι  έστι  σοι  τά  αυτά  μέν  λέγειν,  λανθάνειν  οέ  ύπολλάτ- 
τοντα  την  τάΕιν  ή  τά  συνεσταλμένα  έκτείνοντα  και  τά  εκτε- 
ταμένα συστέλλοντα,    ούτω  και  δταν  παραφράΖης  τινά  νουν 
άλλότριον  ήγουν  μεταβάλλ^ς  από  του   ασαφέστερου  έπ\  τό 
σαφέστερον,  ώσπερ  ό  Θεμίστιος  τών  του  'Αριστοτέλους  πολλά, 
10  τά  Φυσικά,  τήν  ΤΤερι  ψυχής  πραγματει'αν,  τήν  'Αποδεικτική ν, 
ίνθα  πή    μέν.  τήν   τά£ιν   ύπαλλάσσει  ή  τά   συνεστραμμένα 
αναπτύσσει,    τούτο  ποιεϊ  και  Σώπατρος  έν  ταΐς  Μεταβολαΐς 
αύτοΰ  και  μεταποιήσεσι  τών  Δημοσθενικών  χωρίων 

1  G  1293,  26  (stark  gekürzt)  13  Lücke  von  8  Zeilen  V ;   G  : 

ώς  μεταιτοιών  γάρ  τό  [Dem.  18,  GO]  'πλεονέκτημα,  (b  Ανδρες  'Αθηναίοι, 
μέγα  (ητήρεβ  Φιλίππψ*,  έκτεταμ^νον  öv  παρά  τύ>  ^ήτορι,  δρα  πώς  κατά 
«€pio6ov  αυνεσταλμένως  εκφέρει*  'τό  τών  προδοτών  πλήθος  ώς  άλλο 
τι  πλεονέκτημα  Φιλίππψ  γενόμενον,  άπατη  καΐ  φιλοτιμίςι  πολλούς  κτη- 
σαμένψ,   οόδέ  καθελεΐν  ^τι  τόν  Φίλιππόν   τινι  τών  'Ελλήνων  ένδέδωκε. 


143  Habe 

του  γένους,  κα\  τό  μίγιστον  πλεονέκτημα  rtSiv  'Ελλήνων 
ύφείλετο,  κωλύειν  εκείνον  μέγαν  γινόμενον.*  —  εύκτικώς  συνά- 
γιυν  τον  νουν  εΐπε•  'εϊθε  μοι  μόνος  έπολίμει  Φίλιππος,  μη 
φάλαγγα   προδοτών   κατά   των    Ελλήνων   συσκευασάμενος . 

5  εϊθε  τής  των  προδοτών  επικουρίας  κατά  πόλεις  έχήρευεν  άν 
ού  γάρ  δν  ούτως  στασιάίειν  τάς  πόλεις  ήνάγκασεν,  άπατη, 
δωροοοκίςι,  οιαφθορςί  καθ'  ημών  όπλιίόμενος.  νυν  bi  τους 
μισθαρνουντας  ίχων  ού  μικρόν  κατά  της  ελευθερίας  μηχά- 
νημα,  τό   λυσιτελουν   όραν  ουκ  άφήκε  τους  Έλληνας,  κω- 

10  λύειν  εκείνον  κατά  μικρόν  αύΗανόμενον.*  —  παθητικώς ' 
Όϊμοι  του  πάθους,  οϊμοι  τής  συμφοράς,  θρηνήσω  κακώς 
διακειμένους  τους  Έλληνας,  θρηνήσω  τών  προδοτών  τόν  κα- 
τάλογον  ούτως  έκείνψ  κατά  του  γένους  αισχρώς  συναιρο- 
μένων,  στένω  τών  προδιδόντων  τόν  τρόπον,  και  τό  πλήθος 

15  μεί2[ονά  μοι  τών  κακών  την  παρενθήκην  έργά2[εται.  αριθμόν 
προδοτών  ίί  Ιστορίας  ούχ  ευρίσκω  τώ  παρόντι  παράλληλον. 
οοτοί  μοι  μετά  Φιλίππου  προ^ενουσι  την  τύχην.  τούτοις  ό 
Μακεδών  άντ'  άλλων  πολιορκίας  οργάνων  χρησάμενος  σκηνην 
τήν  τών  Ελλήνων  έπηύΕησεν.    ο\  μέν  τήν  άπατη  ν,  ο\  δέ  την 

ao  φιλοτιμίαν  δακρύουσιν  *  άλλοι  τή  φθορςί  κατεχόμενοι  τάς 
πολιτείας  εΙς  στάσεις  μετέστησαν,  καΐ  μέχρι  νυν  ού  γινώ- 
σκουσιν,  ως  κοινή  πάντας  έχρήν  γίνεσθαι  τής  του  Μακεδόνος 
τύχης  έμπόδιον/  —  έπιτιμητικώς  *  'ύμεϊς  κατά  τοΟ  γένους 
ηύΗήσατε   Φίλιππον*    τί    γάρ    αύτώ    συνεχωρεϊτε   τοσούτον 

a5  έσμόν  κα\  περιείδετε  τούτους  τους  θεοϊς  εχθρούς  μισθοφο- 
ροΟντας  παρ'  Έλλησιν;  εντεύθεν  τινές  του  γένους  ήπάτηνται 
και  διεφθάρησαν  ίνιοι  και  τής  Φιλίππου  φιλοτιμίας  ώφθησαν 
δεύτεροι  •  και  τών  δυστυχημάτων  τό  χαλεπώτερον  κατά  συμ- 
μορίαν  α\  πόλεις  μερίζονται  και  τών  συμφερόντων  λογισμών 

30  τό  γένος  σεσύληται,  μή  καθαιρούν  Φίλιππον  αυτόν  έαυτοΟ 
κρείττονα  τή  δυνάμει  γινόμενον.' — άσυνδέτως*  'ευρεν  άπειρον 
πλεονέκτημα  Φίλιππος,  πλήθος  γέγονε  προδοτών  οίον  ού 
πρότερον.  ήπάτηνται  τών  Ελλήνων  τινές,  εφθάρησαν  τήν 
διάνοιαν,  έπείσθησαν  χρήμασι,  στασιάΖουσι  πόλεις,  χαλεπω- 

35  τέραν  ίσχον  τήν  τύχην  τοΟ  κάκου  πλεονάζοντος*  ούδεις 
γίνεται  Φιλίππω    τής    ευδαιμονίας    έμπόδιον.     και   τοσαυτα 

τοΟτο  bk  τό  χωρίον  μ€ταποΐ€ΐ  καΐ  κατά  τά  σχήματα*  έεάγ€ΐ  γάρ  εύκτι- 
κώς, ιταθητικαις,  έπιτιμητικώς  καΐ  άσυνδ^τως.  εύκτικώς'  εΤθε  μοι  μόνος 
κτλ.  2  γενόμενον  V ;  vrb.  Brinkmann  4  φάλαγγας  G  Γ)  άν  tilgou? 
7  δωροδοκίας  V  Vi  συναιρόμενον  V;  vrb.  Brinkmann  19  άγάιτην  V 
25  έσμόν  προδοτών  Reiske       31  άσύνδετον  Υ 


Aas  Rhetoren- Handschriften  143 

μέν  περί  του  παραφράΖ€ΐν  οιεΕιόντες  ήγάγομεν  παραδείγματα 
έκ  Σωπάτρου  της  τε  τών  σχημάτων  μεταβολής  και  του  τά 
συνεσταλμένα  έκτείνειν  και  το  εναντίον^,  περί  bt  τάΕεως 
αρκέσει  Ιν  ήμΐν  έκ  Προκοπίου   του  ΓάΖης  παράδειγμα   κτλ. 

f.  467ν— 469ν:   1295,  3-1296,  20  (viel  +). 
f.  469ν— 471ν:    1296,21—1297,6  (viel  +,   lange    Citate    aus 
Thnkydidee  und  Piaton), 
f.  471y— 472v:  1297,7—1298,21  (viel +). 
f.  472y— 476ν:  1298,22—1301,2  (viel  +). 
f.  475  r:  ου  πόρρω  οέ  του  έπαινεϊν  εαυτόν  f\  του  τρίτου  τρόπου 
<τό>  έγκαταμεμιγμένον  ίχειν  (ίχει  V)  το  τής  αντιθέσεως*  ώς 
δταν,  έφ'  φ  τις  εγκαλείται  (•ήται  V),  τούτου  τουναντίον  αίσχρόν 
άποδεικνύηται  (άποδείκνυται  V)  και  φαυλον,  ώς  ό  Λυκούργος  έν 
'Αθήναις  έπι  τω  πεπεικέναι  τον  συκοφάντην  όργυρίψ  (αργυρίου  V) 
λοιόορούμενος  (-μενον  V)  'είτα'  ίφη  'ποϊός  τις  ύμϊν  οοκώ  είναι, 
πολϊται;   δς  τοσούτον  χρόνον  τά  οημόσια  πράττων  παρ'  ύμϊν 
όιόούς  μάλλον  άοίκως  ή  λαμβάνων  (-νειν  V)  εϊλημμαι/     και  ό 
Κικέρων  του  Μετέλλου  προς  αυτόν  είπόντος  κτλ. 
f.  476  ν— 477 ν  :1301,  3— 1302,  8.   1304,25—1305,19.  1302,8  — 
28  (  +  ). 

f.  478:  1302,29—1304,9  (viel  +  ;  Anfang:  προσήκον  τήν  ύπό- 
θεσιν  πρώτον  ειπείν  ή  Εύβοια  τοίνυν  ούσα  νήσος  καταντικρύ 
τής  'Αττικής  κτλ.,  vgl.  Sauppe-Baiter  Ι  694).  1304,9—25(4-) 
f.  479:  1305,20—1309,10.   12—1310,4. 

f.  480:  [Herrn.  448,  28]  *ώσπερ  6  κατ'  Άνοροτίωνος  λόγος',  του 
λόγου  τουοε  αυτή  έστιν  ή  ύπόθεσις.  διάφοροι  παρά  Άθηναίοις 
ύπήρχον  άρχαί  κτλ.  Vgl.  Sauppe-Baiter  Ι  685,  aber  1  686,  137 
(εΙς  τόν  οήμον  είσήγετο)  nennt  Job.  üewährsmänner:  και  ούτος 
μέν  ό  νόμος  κατά  Μένανορον  μέν  περί  του  πράγματος  έστι 
κατά  οέ  τόν  Φοιβάμμωνα  μικτός*  επιλαμβάνεται  γάρ  του  Άν- 
οροτίωνος,  δτι,  δ  Αει  ποιήσαι,  ούκ  έποίησεν  ίόει  γάρ  αυτόν 
πρώτον  ε1σά£αι  τό  ψήφισμα,  bia  τί  bi  ούκ  είσήνεγκεν;  επειδή 
νεωστι  δρΕασα  ήν  ή  άλλη  βουλή,  και  έφοβεϊτο,  μή  οιαφθονηθή. 
ϊκαστος  γάρ  τόν  πρό  αύτου  θέλει  <οεϊΕαι>  κακώς  άρΕαντα. 
f.  481  Γ  (vgl.  G  1310,  19):  ίστι  οέ  και  άλλος  δευτερολογίας  τρό- 
πος, δτε  του  αύτου  μένοντος  προσώπου  και  πράγματος  ούο 
λόγοι  γίνονται,  ώσπερ  ίχουσιν  αΐ  τετραλογίαι  Αντιφώντος  . . . 
ούτω  5έ  ίχει  και  ό  Λυσίου  λόγος  ό  ΤΤερι  του  οιαφθαρέντος 
τόν  όφθαλμόν  ήναγκάσθη   γάρ   και  έτέραν  ποιήσασθαι   κατη- 


^  τοΟ  εναντίου? 


144  Habe 

γορίαν  προς  άνασκευήν  τής  απολογίας.  (Titel  bekannt  aus  Hb. 
von  Patmoe,  Bull,  de  corr.  bell.  Ι  150:  Προς  Εύθύοημον  π€ρι 
του  παιοόςτοΟ  οιαφθαρέντος  τον  όφθαλμόν,  fr.  36  a  Thalbeim). 
f.  481  ν:  έπει  bi  ανακεφαλαιώσεις  έμνήσθημεν,  φέρε  έρουμεν 
και  περί  ταύτης,  κατά  πόσους  τρόπους  γίνεται*  πολλαΐ  μέν 
οδν  και  οιάφοροι  αΐ  τών  ανακεφαλαιώσεων  μέθο2>οι,  δς  (^biov 
καταμαθεϊν  τοις  έντυγχάνουσι  ί^ητόριυν  λόγοις'  δμιυς,  ών  γε  ο\ 
τεχνικοί  έπεμνήσθησαν,  πίντε  είσί.  και  ίστι  πρώτον  τό  κατά 
πλάσμα  γενόμενον  (γιν-  ?)  σχήμα,  φτινι  και  Ύπερίόης  έχρήσατο 
έν  τώ  Κατά  Δημάόου  λόγψ  *  βουλόμενος  γάρ  τά  λεχθέντα  άνα- 
κεφαλαιώσασθαι  έπλάσατο  ψήφισμα  λέγιον  'εΐ  τάληθή  Δημάοης 
έβούλετο  περί  Εύθυκράτους  είπεϊν,  τοιοΟτον  αυτόν  (hex  ψήφισμα 
γράψαι  (Lücke?  Brinkmann),  bi*  f|v  (ήντινα  αΙτίαν?)  Εύθυκράτην 
(-ης  V)  πρόΗενον  έποίησεν.  έγώ  <οή?>  τά  πεπραγμένα  αύτφ, 
έπιγράψας  τό  τούτου  όνομα,  άναγνώσομαι*  (in  Rasur)  *  καΐ  πλάτ- 
τεται  τοιούτον  ψήφισμα*  "Δημάόης  Δημάοου  ΤΤαιανιεύς  εΤπεν 
έπειοή  Εύθυκράτης  προο5ιυκε  τήν  έαυτου  πατρίόα  Όλυνθον  και 
αίτιος  έγένετο  <τοο>  τάς  πόλεις  τών  Χαλκιοέων  οοσας  τεττα- 
ράκοντα  ανάστατους  γενέσθαι  και  τά  έΕής*.  5ιά  γουν  του  πε- 
πλασμένου  ψηφίσματος  απάντων  ήμας  τών  προειρημένατν  ώς 
έν  κεφαλαιψ  ύπέμνησεν  (andere  Faseong  bei  Sanppe-Baiter  11  288 
ane  ApsinesI  303,7  Sp.-H.  vgl.  WIV  425,  5). 
f.  482  r:  1311,3—1312,9. 

[Herrn.  449,  8]  και  Ευριπίδης•  Ζευς,  ώς  λέλεκται,  άναψορά* 
τής  αληθείας  οπο,  βεβαίαισις/  'Ζευς,  ώς  λέλεκται  της  αλη- 
θείας υπο'  ούτος  ό  στίχος  έν  ουσιν  ευρηται  5ράμασιν  Εύ- 
ριπίοου,  έν  τε  τψ  λεγομένψ  ΓΤειρίθψ  και  έν  τή  Σοφή  Με- 
5  λανίππη.  ών  και  τάς  υποθέσεις  και  τά  χωρία  ούκ  άκαιρον 
έκθεϊναι  τοις  άσπαΖομένοις  την  πολυμάθειαν. 

ΊΗ  μέν  ουν  του  ΤΤειρίθου  ύπόθεσίς  έστιν  αύτη.  ΤΤειρίθους 
έπι  τή  Περσεφόνης  μνηστείςι  μετά  Θησέως  εΙς  "Λιοου  κατα- 
βάς  τιμωρίας  έτυχε  τής  πρεπούσης*   αυτός  μέν  γάρ  έπι  πέ- 

10  τρας  άκινήτω  καθέόρςι  πεοηθεις  δρακόντων  έφρουρεϊτο  χάσ- 
μασιν,  θησεύς  bk  τόν  φίλον  έγκαταλιπεϊν  αίσχρόν  ηγούμενος 
βίον  είχε  τήν  έν  "Αιοου  Ζωήν.  έπι  τόν  Κέρβερον  bi.  Ηρακλής 
αποσταλείς  ύπό  Ευρυσθέως  του  μέν  θηρίου  ^iq,  περιεγενετο, 
τους  bi  περί  Θησέα  χάριτι  τών  χθονίων  θεών  τής  παρούσης 

15  ανάγκης  έΕέλυσε,  μιςΐ  πράξει  και  τόν  άνθιστάμενον  χειρωσά- 

1   Vgl.  G  1312,  10;  Nauck  T.G.F.2  ρ.  52«;  Diels,  Voreokratiker  5ί'>9 
ö  τήν— μνηστείαν  V;  vrb.  Diels        12  εκών  εΐλετο  Nauck 


Aus  Khetoren-Handschriften  145 

μ€νος  και  παρά  θεών  χάριν  λαβών  και  ουστυχουντας  έλεήσας 
φίλους.  €ΐσάτ€ται  γουν  έν  τούτψ  τψ  οράματι  Αίακός  προς 
Ήρακλέα  λίγων 

*?α,  τί  χρήμα;  οίρκομαι  σπουδή  τίνα 
6  beOp'  έγκονουντα  και  μάλ'  εύτόλμψ  φρενί. 

βΐπβΐν  δίκαιον,  ιδ  Ιέν\  δστις  ών  τόπους 

€ΐς  τούσΟ€  χρίμπτη  και  καθ'  ήντιν'  αΐτίαν/ 
€Ϊτα  'Ηρακλής  προς  αυτόν* 

Όύοεις  όκνος  πάντ'  έκκαλύψασθαι  λόγον. 
10  έμοι  πατρίς  μέν  "Αργός,  δνομα  b'  'Ηρακλής, 

θ€ών  <οέ>  πάντιυν  πατρός  έ^ίφυν  Διός. 

έμή  γαρ  ήλθβ  μητρί  κ€Ονή  προς  λίχος 

Ζευς,  ώς  λέλεκται  τής  αληθείας  υπο. 

ήκιυ  οέ  οευρο  προς  βίαν,  Εύρυσθέιυς 
16  άρχαϊς  ύπείκιυν,  δς  μ*  ίπεμψ'  'Άιοου  κύνα 

δγειν  κελεύων  Ζώντα  προς  Μυκηνίδας 

πύλας,  Ιδεϊν  μέν  ου  θέλων,  άθλον  be  μοι 

άνήνυτον  τον  διυκεν  έζηνυκίναι. 

τοιόνο'  Ιχνεύων  πραγος  Ευρώπης  κύκλψ 
30  'Ασίας  τε  πάσης  ές  μυχούς  έλήλυθα.' 

Και  ή  μέν  ύπόθεσις  του  δράματος  ΤΤειρίθου  αυτή  εστίν, 
ή  δέ  τής  Σοφής  Μελανίππης  αυτή.  Έλληνος  του  Διός 
Αίολος  τεκνωθεις  έκ  μέν  Ευρυδίκης  έγέννησε  Κρηθέα  και 
Σαλμιυνία  κα\  Σίσυφον,  έκ  δέ  τής  Χείρωνος  θυγατρός  "Ιππης 
26  κάλλει  διαφέρουσαν  Μελανίππην.  αυτός  μέν  οδν  φόνον 
ποιήσας  έπ'  ένιαυτόν  απήλθε  φυγάς,  τήν  δέ  Μελανίππην 
Ποσειδών  διδύμων  παίδων  έγκυον  έποίησεν.  ή  δέ  διά  τήν 
προσδοκίαν  τής  του  πατρός  παρουσίας  τους  γεννηθέντας  εις 
τήν  βούστασιν  ^ωκε  τή  τροφώ  θεϊναι  κατά  τήν  έντολήν  του 
30  κατασπείραντος.  ύπό  τήν  κάθοδον  δέ  του  δυνάστου  τά  βρέφη 
τινές  τών  βουκόλων  φυλαττόμενα  μέν  ύπό  του  ταύρου,  θηλα- 
2:όμενα  δέ  ύπό  μιας  τών  βοών  ιδόντες  ώς  βουγενή  τέρατα 
τώ  βασιλεΐ  προσήνεγκαν.  ό  δέ  τή  του  πατρός  Έλληνος 
γνώμη  πεισθείς  όλοκαυτουν  τά  βρέφη  κρίνας  Μελανίππη  τή 
35  θυγατρί  προσέταΕεν  ένταφίοις  αυτά  κοσμήσαι.  ή  δέ  και  τόν 
κόσμον  αύτοϊς  έπέθηκε  και  λόγον  εις  παραίτησιν  έΕέθηκε 
φιλόίημον.  προλογίζει  Μελανίππη  και  λέγει  ταΟτα  έν  προοιμίοις* 

10—14  Nauck  fr.  591,  !^  Real  jet  neu      ΙΙΘεοΟ  V;  vrb.  Nauck 

12  κεδνάν  ές  Dobree      15  ίπεμψεν  V      18  άνήνυστον  V  ||  άνήνυτον  hi- 

ίκιικεν?      19  εύρώπην  V      22  vgl.  G  1313,  «;  Nauck  ρ.  509      23  κϋρη- 

Θ4α  καΐ  σαμιι»νέα  V     35  προσέχαμε  ταφίοις  V ;  vrb.  aus  G     37  προλ.  γοΟν  ? 

Bb«in.  Vm.  f.  Philo!.  Μ.  F.  LXni.  10 


146  Rabe 

*Ζ€ύς,  ώς  λίλεκτοι  της  αληθείας  υπο, 

Έλλην'  ίτιχθ',  δς  έΕίφυσβν  Αϊολον 

οΰ  χθων,  οσην  Πηνειός  Άσιυττου  θ'  öbujp 

ύγροϊς  όρίίον  εντός  άγκώσι  στεγει, 
6  σκήπτρων  ακούει  πάσα  και  κικλήσκεται 

επώνυμος  χθων  ΑΙολ\ς  τούμου  πατρός. 

tv  μέν  τόο'  έΕίβλαστεν  Έλληνος  γένος. 

πτόρθον  b'  άφήκεν  δλλον  εΙς  άλλην  πόλιν 

κλεινάς  *Αθήνας  Ξουθον,  φ  νύμφη  [Κρέουσα]  ποτέ 
10  θυγάτηρ  'Ερεχθέως  Κεκροπίας  έπ'  αύχένι 

Ίων'  ίτικτεν.   άλλ'  άνοιστέος  λόγος 

δνομά  τε  τούμόν  κεΐσ\  δθενπερ  ήρΕάμην. 

καλοΟσι  Μελανίππην,  Χείρωνος  bi  με 

?τικτε  θυγάτηρ  ΑΙόλψ.    κείνην  μέν  ουν 
16  Εανθή  κατεπτέρωσεν  Ιππείςι  τριχΐ 

Ζευς,  ουνεχ'  ύμνους  ήοε  χρησμψδός,  βροτοϊς 

άκη  πόνων  φρά^Ιουσα  και  λυτήρια. 

πυκνή  θυέλλη  b'  αΙθέρος  οιώκεται 

μουσειον  έκλιπουσα  Κωρύκιόν  τ*  όρος. 
20  νύμφη  bk  θεσπιωόός  ανθρώπων  υπο 

Ίππώ  κέκληται  σώματος  bi'  άλλαγάς. 

μητρός  μέν  ώbε  τής  έμής  ίχει  πέρι.' 
εΤτα  λέγει  και,  δτι  ΓΤοσεώώνι  μιγεϊσα  τέτοκε  τους  bιbύμoυς 
παϊbας. 
f.  483:  1313,  23— 29(Citat  +).   1313,  30  f.  (Citat +)•  1314,14— 
23  (Anfang:  τουτο  έν  τψ  bευτέρω  λόγω  κείται  των  'Ολυνθιακών* 
ίχει   bέ   ή    ύπόθεσις   του    λόγου    οοτω.    προσήκαντο   μέν   τήν 
πρεσβείαν  κτλ.,  vgl.  Sauppe-Raiter  Ι  508.    (Citate-f). 
f.  484:   1315,  1—21    (Citat  +).     22—27  (Citat +).      1316,  1— 
1317,6  (Citat  H-). 

f.  485:  1317,7—1320,2  (  +  ).    3—1321,11  (  +  ). 
f.  486:  1321,11  —  16  (Citat -f). 

[Herrn.  450,31  Sp.]  *και  πάλιν  φησιν  ό  Eύpιπίbης• 

ό  b'  εΙς  τό  σώφρον  έπ'  άρετήν  τ'  δγων  ίρως 

ίηλωτός  άνθρώποισιν  ών  εϊην  έγώ." 
και  τουτο  κατά  κόλλησιν  κείται  έν  τω  Κατά  Τιμάρχου  [151] 

2  ίτ\[χ  aus  κ]θ'  V  4  όρ(2ων  V  11  Nauck.  Eurip.  fab.  ine.  fr.  970 
12  τό  έμόν  V  ϋηοΗάμην  V  13  Μελανίττττην  με?  16  χρησμωδούς  V; 
vrb.  Bücheier  21  Ιππο  V;  vgl.  Clem.  ΑΙ.  ström.  1 15, 73  [|  οιαλλαγαΐς  V ; 
vrb.  Brinkmann  —  4  Vgl.  W  VIT  1321  η.  15  (aus  Lanr.  5G,  1);  Nanck, 
T.ix.F.  2  p.  f)()7 ;  Engelmann,  Archäologische  Studien  zu  den  Tragikern  85 


Aus  Rhetoren-Handschriften  147 

*ό  τοίνυν  ούοβνός  ήττιυν  ό  σοφός  τών  ποιητών  Εύριπιοης, 
?ν  τι  των  καλλίστων  ύπολαμβάνιυν  είναι  το  σωφρόνιυς  έραν, 
έν  ευχής  μίρει  ίριυτα  ποιούμενος  λέγει* 

6  b'  είς  τό  σώφρον  έπ'  άρετήν  τ'  άγων  ίρως 

Ö  Ζηλωτός  άνθρώποισιν  ών  εϊην  εγώ/ 

ταύτα  bk  λίγει  ό  Ευριπίδης  έν  Σθενεβοίςι  τώ  δράματι 
εισάγων  τόν  Βελλεροφόντην  γνυυμολογούντα.  έστι  bk  ή  ύπό- 
θεσις  αυτή.  ΤΤροϊτος  ήν  Άκάμαντος^  υ\ός ,  'Ακρισίου  b* 
αδελφός,    βασιλεύς    bk  Τίρυνθος.    τήμοζ    bi   Σθενέβοιαν '  έΕ 

10  αυτής  έγέννησε  παΐοας.  Βελλεροφόντην  bk  φεύγοντα  έκ 
Κορίνθου  bia  φόνον  αυτόν  μέν  ήγνισε  του  μύσους,  ή  γυνή 
bk  αύτου  τόν  Εένον  ήγάπησε.  τυχεϊν  bk  μη  δυναμένη  τών 
έπιθυμημάτων  διέβαλεν  ώς  έπιθέμενον  αυτή  τόν  Κορίνθιον 
πεισθείς    bk   ό   ΓΤροϊτος    έΕέπεμψεν   αυτόν   εΙς   Καρίαν,   ϊνα 

16  άπόληται*  δέλτον  γαρ  αύτψ  δούς  έκέλευσε  προς  Ίοβάτην 
διακομίΖειν,  ό  bk  τοις  γεγραμμένοις  ακόλουθα  πράττιυν  προσ- 
έταΕεν  αύτώ  διακινδυνεΟσαι  προς  την  Χίμαιραν.  ό  bk  άγω- 
νισάμενος  τό  θηρίον  άνεΐλε.  πάλιν  δέ  έπιστρέψας  εΙς  τήν 
Τίρυνθα  κατεμέμψατο  τόν  ΤΤροϊτον,  άνέσεισε  δέ  τήν  Σθενέ- 

20  βοιαν  ώς  τήν  Καρίαν  άπά£ων.  μαθών  δέ  παρά  του  έκ  ΤΤροίτου 
δευτέραν  έπιβουλήν  φθάσας  άνεχώρησεν.  αναθεμένος  δέ  έπΙ 
τόν  ΤΤήγασον  τήν  Σθενέβοιαν  μετέωρος  έπι  τήν  θάλασσαν 
ήρθη.  γενόμενος  δέ  κατά  Μήλον  τήν  νήσον  ταύτην  άπέρριψεν. 
αυτήν  μέν  ούν  άποθανουσαν  άλιεϊς  άναλαβόντες  διεκόμισαν 

35  εΙς  τήν  Τίρυνθα,  πάλιν  δέ  έπιστρέψας  6  Βελλεροφόντης  προς 
τόν  ΤΤροϊτον  αυτός  ώμολόγησε  πεπραχέναι  ταύτα*  δις  γάρ 
έπιβουλευθείς  ύπ'  αμφοτέρων,  δίκην  είληφέναι  τήν  πρέπουσαν, 
της  μέν  εΙς  τό  Ζήν,  του  δέ  εΙς  τό  λυπεϊσθαι.  εΙσάγεται  γουν 
6  Βελλεροφόντης  λέγων  καθ'  εαυτόν* 

30  *ούκ  ?στιν,  δστις  πάντ'  άνήρ  εύδαιμονεϊ. 

ή  γάρ  πεφυκώς  έσθλός  ούκ  έχει  βίον 
ή  δυσγενής  ών  πλουσίαν  άροϊ  πλάκα, 
πολλούς  δέ  πλούτψ  και  γένει  τιμωμένους  * 

γυνή  κατήσχυν'  έν  δόμοισι  νηπία. 

1  ήττον  σοφός  Aesch.  8  *immo  "Αβαντος*  Nauck  Ο  τιρύν- 
θου  ν  12  ού  (statt  μή)  Laur.  13  έπιθυμηθέντων  δι^βαλλεν  Laur. 
1ί)  γράμμαοιν  Laur.  19  τίρυνθον  V  ||  vgl.  echol.  Arist.   Pac.    141 

20  παρ'  αότοΟ  V      25  τίρυνθον  V      28  τοΟ  Laur. ;  τής  V      30-;]2  Nauck 
fr.  (>ί>1  II  εύδαιμονών  V  32  δυσμενής  V  .33.  34   Nauck  fr.  G»>2 

33  γαυρουμένους  Stob.      .34  δήμοισι  V 


14H  Rabe 

Toiqibe  ΤΤροϊτος  δναΗ  νόσψ  νοσεί* 
Εένον  γάρ  \κίτην  τήσο*  έπελθόντα  στίγης 
λόγοισι  π€ίθ€ΐ  και  οόλψ  θηρεύεται 
κρυφαϊον  εύνής  εΙς  όμιλίαν  πεσεϊν. 
6  αίει  γάρ,  ήπερ  τψο'  έφε'στηκεν  λόγψ 

τροφός  γεραιά  και  Ευνίστησι  λέχος, 
ύμνεϊ  τόν  αυτόν  μΟθον,  φ  κακώς  φρονών 
ττείθεΓ  τί  μαίνη;  τλήθι  οεσποίνης  έμής 
κτήσαι  V  δνακτος  οώμα  πεισθείς  τι  βραχύ. 

10  έγώ  bk  θεσμούς  Ζήνά  θ'  Ικέσιον  σέβιυν 

ΤΤροϊτόν  τε  τιμών,  δς  μ'  έοέΕατ'  εΙς  δόμους 
λιπόντα  γαϊαν  Σίσυφου  φόνων  τ'  εμάς 
ίνιψε  χείρας  αίμ'  έπισφάΗας  νέον, 
ούπώποτ*  ήθίλησα  οέΕασθαι  λόγους 

16  oib'  εΙς  νοσουντας  ύβρίσαι  δόμους  Είνός 

μισών  ίριυτα  όεινόν,  δς  φθείρει  βροτούς. 
διπλοί  γάρ  ίριυτες  έντρεφονται  χθονί* 
ό  μέν  τ^γώς  Ιχθιστος  εις  "Αιδην  φέρει, 
ό  V  εΙς  τό  σώφρον  έπ*  άρετήν  τ'  δγιυν  ίρως 

20  Ζηλιυτός  άνθρώποισιν  ών  εϊην  έγώ. 

ουκουν  νομίζω  και  θανεϊν  γε  σωφρόνων, 
άλλ'  εΙς  αγρό  ν  γάρ  έΕιέναι  βουλήσομαι* 
ού  γάρ  με  λύει  τοΐσδ'  έφήμενον  δόμοις 
κακορροθεϊσθαι  μη  θε'λοντ'  είναι  κακόν, 

25  ούδ'  αύ  κατειπεϊν  και  γυναικι  προσβαλεϊν 

κηλίδα  ΤΤροίτου  και  διασπάσαι  δόμον/ 

f.  487  ν;  zu  Herrn.  451,3  aus  Matrone  Δείπνο  ν  Άττικόν  7  Veree 

citirt  (Corp.  poes.  ludib.  I  60).    1322,  3-26  (+).    1323,1—20. 

f.  488:   1323,20— 1325, 15  (  +  ). 

f.  489:   1325,  16-27  (  +  ;  ua.:    ή   δέ   ύπόθεΟίς  του  Προς   την 

Φιλίππου  ίπιστολήν  λόγου  ίστιν  αυτή*  ό  Φίλιππος  προς  τους 

'Αθηναίους    < επιστολή ν>    πέπομφε    κατηγορών   αυτών    —    εύ- 

καθαίρετον  λέγων  τόν  Μακεδόνα).    1326, 1—11  (+).  1326,  22— 

1327,7(  +  ). 

f.  490-492r:  vgl.  1327,7—1328,6  (viel  +). 

1  <γής)  dvaS?  Bücheler  4  hinter  8  zu  stellen,  6  hinter  3;  oder 
hinter  8  ein  Vers  ausgefallen  ?  4  κορυψαΐον  V  5  τόδ*  ^ς>^στηκ€  V 
7.  8  vgl.  Orest.  907  Ν  9  κτήση?  10  θεούς V  15  νοσοΟντος  V; 
vrb.  Brinkmann  (vgl.  Iph.  Taur.  930)  17  διπλοί  δ*  ίρωτες?  Sohluss 

verderbt       19.  20  Nauck  fr.  672        22  (und  21?)  verderbt 


Aue  Rhetoren-Handschriften  149 

f.  492  V  [Herrn.  452,  23] :  'τό  τραγικώς  λίγβιν  "Ομηρος  μέν 
ibibaEc,  Δημοσθένης  bk  έμιμήσατο.  δτι  μέν  τpατψbός  και 
πατήρ  τpατψbίας  "Ομηρος,  Πλάτων  μαρτυρεί '  δπιυς  b'  έτρα- 
τψbησ€v   έν  τή  ποιήσει,   θ€ΐυρητέον.'     ενταύθα  bιbάσκ€l,  τί 

5  έστι  τό  τραγικώς  λέγειν  και  τί  τό  ίργον  αύτου,  παpαbίbιυσι 
bfc  κα\  τήν  τούτου  μέθobov.  ίστι  μέν  οΰν  τό  τραγικιυς  λέγειν 
τό  μετά  πάθους  έκφρά^Ιειν  τα  πράγματα  και  έλεεινολογεϊσθαι  * 
τpαγψbία  γάρ  έστι  συμφορών  μετά  θρήνου  απαγγελία,  ίργον 
bk  τpαγψbίας  πάθος  κινεϊν  και  εΙς  θρήνους  κινεϊν  και  γόους 

10  και  bάκpυα,  μέθoboς  bt  αύτου  τό  τά  μεγάλα  μέν  τών  πραγ- 
μάτων bia  βραχυλογίας  έκφε'ρειν,  τά  bt  μικρά  και  ελάχιστα 
bia  πλειόνων  άπαγγέλλειν. 

*Αλλά  γάρ  έπει  περί  τpαγψbίας  λόγος  ένέπεσε,  χρή  και 
τώ  περί  ταύτης  λόγψ  μικρόν  τι  έμφιλοχωρήσαι  και  είπεϊν, 

Μ  πόθεν  έπΙ  τόν  βίον  προήλθε  κα\  τίνες  αυτήν  έφευρον  και  bi* 
ή  ν  αΐτίαν  ούτως  εκλήθη,    μετά  γουν  τόν  άνήμερον  βίον  μετά 
βολής  έπΙ  τό  βέλτιον  γινομένης   άπαλλαγέντες  ο\  άνθρωποι 
τής  βαλανοφαγίας  καΐ  έπι  γεωργίαν  τραπόμενοι  άπαρχήν  τών 
γινομένων  καρπών  τοις  θεοϊς  άνετίθεντο,  ημέρας  αύτοΐς  εις 

30  πανηγύρεις  κα\  έορτάς  άπονείμαντες  *  και  έν  τούταις  fivbpες 
σοφοΙ  τό  τής  άνέσεως  άλογον  έπικόπτοντες  και  βουλόμενοι 
τάς  πανηγύρεις  λογικής  παιbιäς  μετέχειν  τήν  κωμψbίov 
έφευρον*  ής  λόγος  πρώτον  κατάρΕαι  τόν  Σουσαρίωνα  ίμμε- 
τρον  αυτήν  συστησάμενον.  ένστήναι  μέν  γάρ  κατά  τό  σύνηθες 

35  τά  Διονύσια,   έν  τούτψ  hl  τψ   καιρώ   τήν   γυναίκα   τούτου 
μεταλλάεαι  τόν  βίον   καΐ  τους  μέν  θεατάς   έπιΖητεΐν  αυτόν 
ώς  προς  τάς  τοιαύτας  έπώειΕεις  εύφυα,  τόν  bέ  παρελθόντα 
λέγειν  τήν  αίτίαν  κα\  άπολογούμενον  είπεϊν  ταύτα* 
*άκούετε,  λεώς,  Σουσαρίων  λέγει  τάbε, 

30  υ\ός  Φιλίνου  Μεγαρόθεν  Tpιπobίσκιoς.* 

(ίστι  bέ  ή  Tpιπobίσκη  πόλις  τής  Mεγαpίboς.) 
*κακόν  γυναίκες,  άλλ'  δμως,  ώ  bημόται, 
ουκ  ίστιν  εύρεΐν  οΐκίαν  άνευ  κάκου.' 
και  είπόντος  τάbε  εόboκιμήσαι  παρά  τοις  άκούουσι. 

5—12  vgl.  G  1328,  12  f.  9  εΙς  θρήνους  Λγβιν?  10  αυτής? 
17  γενομένης?  18  γεωργίας  V  23  f.  vgl.  Tzetzee  bei  Kaibel,  Com. 
Gr.  Fr.  I  p.  27.  schol.  Dion.  Thr.  p.  748  B,  Kaibel  p.  14  ua.  25  τφ 
μικρφ  V      34  είπόντα? 


150  Rabe 

Της  ούν  κωμψδίας  ουτιυς  ευρεθείσης,  ϊνα  μη  πάντη 
διάχυσις  γίνηται,  την  τραγψ5ίαν  εύρήκασι,  το  συνιυφρυιυ- 
μενον  και  κατηφές  έκ  ταύτης  είσφέροντες.  δμφιυ  6έ  παρ' 
*Αθηναίοις  έφεύρηνται,  καθάπερ  'Αριστοτέλης  φησίν  έν  ταύτη 

δ  γάρ  δνθριυποι  πρώτοι  γεγόνασί'  bio  και  ταύτη  τη  πόλει 
μαρτυρητεον  τα  κάλλιστα  τών  μαθημάτων  και  σπουδαιότατα, 
της  bi  τραγψοίας  πρώτον  δράμα  ^Αρίιυν  ό  Μηθυμναϊος  είσή- 
ταγεν,  ώσπερ  Σόλων  έν  ταϊς  έπιγραφομέναις  Έλεγείαις  έοί- 
6αΕε.    Δράκων  bk  ό  Λαμψακηνός  δράμα  φησι  πρώτον  Άθή- 

10  νησί  διδαχθήναι  ποιήσαντος  Θέσπιδος.  τρυγψδία  δέ  κέκληται 
δια  τό  τρύγα  δοθήναι  τα  πρώτα  τοις  νικήσασιν  Ιπαθλον 
τρύγα  bi  οι  παλαιοί  τον  νέον  οΐνον  ώνόμαίον  ην  δέ  τό 
δνομα  τούτο  κοινόν  και  κατά  της  τραγψδίας  και  τής  κωμω- 
δίας φερόμενον,  έπει  ουπω  τα  τών  ποιήσεων  διεκέκριτο,  αλλ' 

15  έπ'  άμφοΐν  οι  νικώντες  τρύγα  τό  δθλον  έλάμβανον.  μέμνηται 
καΐ  'Αριστοφάνης  έν  ΆχαρνεΟσι  του  τής  τρυγψδίας  ονό- 
ματος έπι  τής  κωμψδίας  ταττομένου*  φησι  γοΟν  [500] 

'τό  γάρ  δίκαιον  οϊδε  και  τρυγωδία', 
άντΙ  του  κωμωδία.    ?νιοι  δέ  ου  τρυγωδίαν  άπό    τής  τρυγός 

20  άλλα  τραγψδίαν  ώνομάσθαι  λέγουσι '  τράγος  γάρ  ώρίσθη  τοις 
νικήσασΓ  και  διά  τούτο  οΐμαι  έδίδοτο  τοις  τραγψδοϊς  τούτο 
έπαθλον,  έπει  άστατόν  έστι  τό  ίψον  και  άτακτον,  τοιαύτη 
δ'  έστι  και  ή  παρ*  άνθρώποις  ευτυχία,  ανώμαλος  τις  και 
αόριστος'  έπει  γουν  οι  τραγικοί  περί  μεταβολής  τών  άνθρω- 

25  πίνων  πραγμάτων  διεΕήεσαν,  τούτο  οι  παλαιοί  έμφήναι  και 
διά  του  επάθλου  βουλόμενοι  τράγον  τοις  έν  τραγωδίςι  νική- 
σασιν έχαρίίοντο. 

f.  493—494:  1329,  1—4  (Citat  -\-).  5—14  (Citat  +).  1329,  15— 

1330,2  (  +  ).  3— 1332,3(+). 

1—3  vgl.  G  1328,  18—1329,  1  3  διά  τούτης  G  4  nicht  erwähnt 
Poet.  3.  1448  a  30  f.  10.  IG.  18  τραγ.  V;  vrb.  Brinkmann  11  Etym. 
M.  764,  3,  bei  Kaibel  S.  16.  18  γάρ  Ariet.;  τε  V  21  vgl.  Job,  f.  463  r 
zu  Herrn.  442,  25  Sp.  "Όμηρος  μέν  τραγικόν  βρκον.  τραγικοί  λέγονται 
ο1  τραγψδίοις  καΐ  θρήνοις  χρηματισάμενοι,  έπεΙ  τράγον  ο1  νικιίιντες  έν 
τούτοις  έλάμβανον  σύμβολον  τής  ποιήσεως  τό  ίπαθλον  έχοντες.  έπεΙ  γάρ 
οΐ  τραγψδοί  (vgl.  καΐ  αθρόας  μετατροπάς,  τοιοΟτον  δέ  έστι  καΐ  τό  Σφον 
έκ  τοΟδε  τοΟ  τόπου  προς  τόν(δ€>  μ€ταπ1πτον[τα]  καΐ  μεθιστάμενον,  διά 
τοΟτο  τράγος  oben  Ζ.  21;  ή  τραγψδία  V)  συμφοράς  καΐ  βίου  μεταβολάς 
παρ€ΐσάγουσι  ώσπερ  τι  σύμβολον  τής  αυτών  τραγψΜας  έδίδοτο.  ή  τάχα 
καΐ  διά  τό  άγονον  είναι  τοΟτο  τό  Ζψον  τοιοΟται  δέ  είσι  κοί  αΐ  τραγψ- 
δίαι,  έρημίαν  πάσης  ευδαιμονίας  άγγ^λλουσαι  24  vielleicht  τραγψδοί, 
vgl.  Ζ.  21 


Aus  R betören- Handechriften 


151 


f.  495:  1332,4-1333,4(4-).  1333,5—1337,5. 
f.  496—498:  1337,6-1388,9.  1339,4  —  17.  19— 1341,  23  (+). 
f.  498v— 500v:  1342,1  —  1344,26  (viel  +). 
f.  500 V— 502 v:  ή  ύπόθ€σις  τών  Άχαρνέων  αυτή  εστίν  εκκλη- 
σία ύφέστηκεν  *Αθήνησιν  —  τό  bk  δράμα  τών  6υ  σφόορα 
π€ποιη  μίνων  και  έκ  παντός  τρόπου  την  είρήνην  προκαλού- 
μενον.  ο\  bi  στίχοι  οΰτοι  [1]  'δσα  δη  οίδηγμαι  —  [42]  άνήρ  ώστί- 
ΐ€ται\  ταΟτα  μέν  ουν  προλογίζων  φησι  Δικαιόπολις.  έπει  be 
τίνα  ίγκ€ΐνται  τοις  στίχοις  όεόμενά  τίνος  έΕετάσεως,  ουδέ 
ταύτα  χρή  παραδραμεϊν.  αύτίκα  τό  ψαμμοκόσια  γάργαρα  ούόέ 
οϊδασιν  οι  πολλοί,  τί  σημαίνει*  όηλοΐ  γαρ  τα  πολλά  και  ανα- 
ρίθμητα, vgl.  1345,  11— 1346,  2  ( -Ι-).  1347,  5-17  (+).  1346, 
3-23  (+).    24-1347,  4  (+). 

f.  502ν— 503γ:  1347,  18-1348,4.  21-28.  4—20(4-).  26- 
1349,3.  1348,  24-25  (  +  ).  1349,4—9,  Scbluss:  άντι  του  λίαν 
λυπουμενος. 

Aus  dem  Inhalt: 


Αριστογείτων.   Κατά  Υπερεί- 
δου*      13ί) 

'Αριστοτέλης* 150 

'Apiuiv  ό  ΜηθυμναΙος  .     .     .  150 

Δράκων  ό  Λαμψακηνός*  .     .  150 

Ευριπίδης.  Πειρίθους*.     .     .  144 

Σθενέβοια*  .      .     .  147 

Σοφή  Μελανίπιτη*  145 

Εύςκ>ρίων* 141 

Θεόφραστος*  (vgl.  Arist. 

Rhet.  Π  23) 137 

θέσπις 150 

Κικέρων       143 

Λογγίνος   έν   τή   κατ'  αυτόν 

'Ρητορική 136 

HanoGver. 


Λυκούργος* 143 

Λυσίας.   ΤΤερΙ  τοΟ  διαςρθαρέν- 

τος  τόν  όφθαλμόν*  .     .     .  143 

Μένανδρος*  (zu  Demosth. 22)  143 
Νόμοι  (Baeil.  VIII  tit.  1,1  ρ.  326 

Heimbach) 141 

Σαπφώ 137 

Σόλων  έν  ταΐς  έπιγραφομέναις 

•Ελ€γ€(αις* 150 

Σουσαρίων 149 

Σώπατρος  έν  ταΐς  Μβταβολαΐς 

αϋτοΟ  καΐ  μβταποιήσβσι  των 

Δημοσθενικών  χωρίων*  141 

Ύπερβίδης.    Κατά  Δημάδου*  144 

Φοιβάμμων*  (zu  Demosth.  22)  143 

Hugo  Rabe. 


mSCELLEN 


Methana  bei  Thakydides 

In  seiner  lehrreichen  Besprechung  des  Naineiis  dee  bei  Thuky- 
didcR  zweimal  erwähnten  Methana  im  Hermes  XLII  S.  542  ff. 
findet  Dittenberger  in  Th.  V  45,  2  άφικοντο  ές  Μέθανα  την 
μεταΗύ  Επιδαύρου  και  Τροιίήνος,  wie  ich  geschrieben  habe, 
eine  grammatische  Unmöglichkeit  und  hält  την  statt  τα  für  ein 
seltsames  Versehen.  Das  Versehen  liegt  hier  aber  nicht  auf 
meiner  Seite,  sondern  D.  selbst  hat  zwar  meine  kritische  Note 
genau  gelesen,  aber  nicht  die  zugehörige  erklärende  An- 
merkung genugsam  beachtet.  Hier  heisst  es  nämlich  zu  dem 
folgenden  τής  χερ(Τονη(Του  'quae  et  ipsa  Methana  nominabatur. 
....  Neque  omnino  hie  oppidi  mentionem  fieri  putamus  ,  worauf  ich  de 
paeninsula  montuosa  et  ab  isthmo  in  trianguli  speciem  procur- 
rente  auf  Curtius  Peloponnesos  und  ßursians  Geographie  verweise, 
und  dementsprechend  steht  in  der  Anmerkung  zu  V  18,  7  Troe- 
zeniae  paeniusidam  ab  Atheniensibus  occupatam.  Daraus  war  zu 
ersehen,  dass  *  ich  την  nicht  in  der  Weise,  wie  D.  meint,  auf 
Μέθανα  bezogen  habe,  was  eben  unmöglich  ist,  sondern  Μέθανα 
für  die  Halbinsel  angesehen  und  demgemäss  nach  Τροι2Ιήνος 
Kllipse  von  γήν  angenommen  habe,  wie  sie  auch  I  44,  1 
in  τή  αλλήλων  βοηθεϊν  vorliegt,  wo  meine  Anm.  zu  vgl.  Zu 
dieser  Auffassung  bin  ich  durch  das  folgende  και  άπολαβόντ€ς 
τόν  της  χερσονήσου  ισθμόν  έτείχισαν  veranlasst  worden,  wo 
die  χερσόνησος  eben  Methana  ist,  und  durch  den  Umstand,  dass 
die  Athener  nicht  bloss  nach  der  Stadt  kamen,  sondern  die  ganze 
Halbinsel  in  Besitz  nahmen  und  sich  diesen  durch  eine  Feste  und 
Besatzung  auf  ihrem  Isthmos  sicherten.  Das  bleibt  in  Gültig- 
keit, auch  wenn  man  mit  D.  Μεθάναν  liest. 

Münster.  J.  M.  Stahl. 

Procopiana 

Procopius  in  anecdotis  4,  38  p.  30  Haury  Beliearium  oarrat 
cupiisse  ducem  orientisjdenuo  ad  versus  Chosroen  et  Medoe  pro- 
ficisci,  Άντιυνϊνα  bt  ουδαμώς  εϊα*  περιυβρίσθοι  <,τάρ)  έν  τοις 
εκείνη  χιυρίοις  προς  αύτου  ^φασκεν,  quae  loca  seee  non  iam 
visuram.     abest  a  codicibr.s  γάρ  particula,   eidem    pro    εΐα  quod 


Misoellen  ]  53 

Alemannue  reetituit  €Ϊη  habent  omnee  fHaury  praef.  p.  XI).  Pro- 
copiue  igitur  orationem  sie  conexuerat  *Αντιυνϊνα  bk  ουδαμώς 
€Ϊα,  ή  περιυβρίσθαι  έν  τοις  εκείνη  κτλ. 

nomen  latinum  ficturae  postremae  ^αιφερενοάριος  ab  Suida 
ecribitur  et  ubique  in  codicibus  Procopii,  ab  huius  editoribus  iani 
mutatur  in  ^εφ-.  nolo  eqoidem  obloqui,  sed  in  boc  vocabulo 
άντκΤτοιχία  si  tollitur,  tollenda  est  etiam  in  similibus.  milites 
tutelae  finium  destinatos  Eomani  λιμηταναίους  έκάλουν,  ita  libri 
Procopii  anecd.  34,  12  p.  148,  λιμιταναίους  Suidas,  rectius  est 
λιμιτανέους.  nam  Umitanus  quod  Prisoianus  gram.  p.  78,  19 
exemplum  posuit  dnravit  in  compositis  ut  transUmitantts,  ceteroqui 
rarissimum  fuit  —  cognovimus  ex  titulo  Bithynioo  aliquem  Aug. 
procaratorem  regionis  Sumelocennensie  et  prov.  Γερ(μανίας)  λιμι- 
τανής  — ,  neu  receptum  limitaneus^, 

Prooopiue  anecd.  10,  22  ρ.  70:  Theodora  divites  factos 
lustiniani  amicoe  suppliciie  adficiebat,  imperator  quasi  insoius 
rerum  σύμπασαν  αυτών  την  ούσίαν  κτήσει  άναισχύντψ  ήσπά- 
ίετο.    putes  erratum  in  typis,  ήρπάίετο  requiritur. 

anecd.  11,  10  ρ.  71  β.  t  bostibns  imperator  civium  direptiones 
concessit,  χώρος  μεν  τις  t\  δρος  ή  σπήλαιον  ή  δλλο  τι  της 
'Ρωμαίων  τήζ  ίπτό  τόν  χρόνο  ν  τούτον  άδήωτον  ούοαμή  έμεινε, 
regiones  multae  saepius  quam  quinquiens  oppressae  sunt,  lice, 
Procopius  exaggerare  verbis  orationem  pigmentaque  largius  aut 
inconeultiue  adspergere  soleat,  bic  tamen  quod  speluncam  appelt 
laese  traditnr  eamque  non  inexploratam  sed  intactam  vastatione, 
id  abhorrere  a  fide  aio.  vereor  ne  ipse  dederit  ή  δρος  f\  πεδίον- 
librarine  antem  montis  nomine  induetus  (Τπήλαιον  suppoeuerit. 

anecd.  20,  21  p.  128:  per  Constantinum  quaestorem  κλίπτειν 
τε  και  Οΐκά21εΐν  όεΐ  lustinianus  non  gravabatur.  hoc  verbum  a 
librariis  magis  scriptum  credo  5εκά2!ειν  in  biK-  mutare  solitis 
quam  a  Prooopio,  qui  dictiones  antiquas  et  Atticas  haud  raro  ad- 
feetat.  velut  etatim  subicit  Aristopbanem  imitatus  όεροβατών  τε 
και  πάντας  ανθρώπους  περιφρονών.  21,  23  ρ.  132  mirabamur, 
inquit,  δπιυς  οή  κακότητα  τοσαύτην  άνθρωπου  φύσις  έχώρησεν: 
'malim  ές  κακότητα'  Haury,  at  quanto  melius  illud  et  άττικώ- 
τερον,  qnomodo  malitiae  tantae'^bumana  natura  capax  esset. 

codicnm  menda  multa  exorta  videntur  scriptura  compendiaria. 
p.  100  vereu  20  καταστησαμένη  in  Ρ  cum  prava  accederet  syl- 
labae  iteratio,  abiit  in  κατά  γαστρός  μένειν.  legi  όμως  pro 
ομοίως  positum,  τράμμα  οδν  ίγραψεν  ubi  γράρματ'  opus  erat. 
18,  6  ρ.  112:  Vandalorum  τών  δπλα  άργυριουμίνων  in  Libya 
octoginta  milia  erant;  sufficit  άραμένων,  potest  fuisse  si  latius 
quid  qnaeris  et  intricatius  άντηρμένων  (cf.  p.  38,  18.  75,  2). 
20,4  p.  124:   tabemas  yenaliciarum  mercium  qui  babebant,  pes- 

^  credimusne  Procopium  Vmbriae  oppidum  modo  Άρίμινον  modo 
Άρίμηνον  ecripsiBee  (II  p.  (540  et  642  H.)?  aut  Βίβιος,  Βεβίου  pro 
Campaniae  monte  (ibid.  ρ  671  s.)?  quem  teste  Galeno  ol  ακριβέστεροι 
Βεσούβιον  όνομά2;ουσι,  τό  δ'  ^νδο^όν  τε  καΐ  ν^ον  ονομα  Βέσβιος. 


154  MiscelleD 

siine  agebant  cum  empturis,  ούχ  δ(Τον  πολλά  (πολλαι  Gr,  πολλοί 
Ρ)  εϊρηται  πολλαπλάσια  τα  τιμήματα  κομιίόμενοι,  άλλα  και 
οολώσεις  έν  τοις  ώνίοις  μηχανώμενοι  αμύθητους  τινάς.  discidio 
duo  ista  verba  facta  opinor  ex  uno :  ούχ  δ(Τον  πιυληται  multi- 
plicantes  pretia  sed  etiam  adulterantee  venalia.  7,39  p.  50: 
a  maleficis  perpeeso  imoiania  homini  demit  maximam  partem  τής 
διατάΕεως  έμβάσης  ανίας  expectatio  vindictaelegitimae:  άναΕίιυς, 
b\  άταΗίας,  bia  τών  Οω  coniecemnt  priores,  quoe  ego  eecatue 
bia  ταχέων  σύμβασης  cogitabara,  sed  ex  hoc  ipso  coepi  dubitare 
an  verum  sit  id  quod  libri  praebent,  bia  τάΕεως,  per  ordinem 
sive  ordinatim  ex  quoque  maleficio  inceesit  hominem  dolor  atqae 
aegritudo  animi,  Iloratius  ai  certns  intrarit  dolor,  0,24  p.  42: 
luetiniaiius  alioe  occidebat,  alios  dimiesos  cum  paupertate  Inctantes 
miseriores  mortuis  reddebat  ευχόμενους  τά  παρόντα  σφίσι  bia- 
λΟσαι  θανάτψ  οικτίστψ:  hocine  illi  intendebant  δπιυς  οϊκτιστα 
θάνοιεν?  an  vero  optabant  δπιυς  αίκιστα  πύλας  'Aibao  περήσαι? 
ßcilicet  a  poetis  cuiuscumque  aevi  (Kaibel  epigr.  474,  2)  Pro- 
copium  hoc  sibi  arripuisse  verbum  arbitror^.  qui  ne  ipsa  quidem 
carmina  in  hietoriis  referre  omisit  modo  integra  et  inmutata  modo 
suae  aptata  orationi,  sicut  puerorum  quam  dicit  vetustam  canti- 
lenam  Carthaginiensium  b.  Vand.  I  21,  14  p.  402  H.  ώς  τό  γάμμα 
bιώHει  τό  βήτα  και  πάλιν  αυτό  τό  βήτα  bιώEει  τό  γάμμα :  videe 
trochaeo  inserto  renasci  hexametrum,  bιώEει  ^τουτο)  τό  γάμμα. 
bis,  non  amplius  latinoe  versue  Procopiu8  bellicae  historiae 
intexuit,  oracula  Sibylüna  recentissima  metrique  incuria  non  di- 
versa  a  Commodiano,  tam  foede  corrapta  ab  scribis  litteraturae 
latinae  ignaris,  ut  nisi  graeca  auxilium  ferret  ipeiue  Prooopii 
interpretatio,  plane  desperanda  foret  verborum  restitutio  latino- 
rum.  nunc  alterum  oraculum  bene  ac  feliciter  reparatum  legitar 
b.  Goth.  I  7,  7  p.  33  H.  Africa  capta  Mundus  cum  nato  peribit, 
quasi  hexameter  divisus  in  duo  membra,  pentasyllabon  quäle  apud 
Commodianum  est  sictU  et  Cacus  et  octo  syllabarum  quäle  ma- 
vultis  mundo  placere,  alterum  vero  carmen  b.  Groth.  I  24,  30 
p.  121  *nemo  adhuc  potuit  legere',  ut  Haury  adnotat  qui  desig- 
natae  ex  Yaticano  iiguras  litterarum  subiunxit  et  descriptae  ex 
Laurentiano.  neque  ego  totum  mihi  videor  posse  expedire,  sed 
uno  tamen  passu  longius  procedere  ad  finem  versus  antegressis, 
clarae  Procopii  interpretationi  et  necessariae  versus  quasi  hexa- 
metri  speciei  monstrosoe  litterarum  apices  hac  lectione  ausus 
conciliare : 

Quintili  mense  \  gubemum  Borna  tenente 
rege  nihil  Geficum  \  tarn  Hmet. 
quamquaro    dubito    de    levioribue    quibusdam,   nam   cum   kintüioi 
fere  sit  in  libris    et  πέμπτον  μήνα   scriptor  interpretetur,  poteet 
Quintilio  retineri,  qua  appellatione  mensis  nominatur  in  glossariis 


^  deeepit  librarium  memoria  talium  locorum  qoalis  est  b.  Goth. 
IV  20,  ;^8  nbi  captivus  adstat  τ€θνήΕ€<τθαι  αύτίκα  δή  μάλα  ύποτοπά2[υιν 
θανάτψ  οΙκτίστψ. 


Misoellen  155 

latinis  (VII  ρ.  174  ίτ.)  et  in  eennone  graeco;  deinde  ultimum  cum 
Vatic.  mmcUmef^  Lanr.  ιαπιετα  liabeat,  α  igitur  supersit  in  utro- 
que,  hoc  α  traiecto  in  proxima  potest  effici  timeat  (confundebant 
inferiores  praesens  coni.  et  futurum  ind.,  oubtv  .  .  .  beicTeiev  Pro- 
copius  reddidit).  prior  versus  sie  decurrit  ut  ille  Commodiani 
gentili  more  quaeris  procedere  sancta?  vel  ille  gens  sine  pasiorc 
feroa  iam  noli  vagarCy  posterior  veterem  legem  non  deserit  nisi 
producta  quae  accentu  feritur  syllaba  in  timet, 

aneod.  14,3  p.  90:  Tustinianus  quidquid  ab  se  scribi  voluit, 
non  quaestori  ut  moris  erat  έπέστβλλεν  οϊεσθαι,  sed  ipse  quamvis 
barbarissans  efPerebat  aut  satelles  quilibet.  γράφεσθαι,  προίβσθαι, 
6ΐθΐκ€Ϊ(Τθαΐ  adhuc  proiata  sunt  minus  apta  sententiae,  ut  puto, 
quam  (Τυνθέ(Τθαι,  nee  propiora  litteris. 

26,  15  p.  160:  antea  annuus  Byzantii  fiebat  consul  qui 
munerabatur  auro  scaenicos  atque  inopes,  lustiniano  rerum  potito 
ούκίτι  καιροΐς  τοις  καθήκουσι  ταύτα  έπράσσετο,  δλλοτε  μέν 
πολλού  'Ρωμαίοις  απατός  καθίστατο  χρόνου,  τελευτώντες  6έ 
οχΛίί  δναρ  τό  πράγμα  έώρων.  nihil  opus  est  mutare  nisi  distinc- 
tionem:  άλλ'  ότέ  μίν,  modo  longo  consul  creabatur  spatio  tem- 
poris,  postremo  nullne.  nam  quod  respondere  Uli  debebat  ότέ  hiy 
pro  eo  ratione  solutiore  inlatum  est  τελευτώντες  hi,  perinde 
atque  ότέ  μέν  ευδαίμων  πάλιν  b*  δθλιος  (Aristot.)  et  alia.  distrabi 
verbam  similiter  oportet  22, 13  p.  136  oi  τε  αύτοϊς  έπιτάττουσιν 
ύπουργουντες,  ut  fiat  αδ  τοις  έ.  at  contrahi  disiuncta  17,  28 
ρ.  109:  Tbeodora  nuptias  omnes  τη  θείφ  έΕουσία  τινι  disponebat, 
facio  τηθείςι  έ£ου(Τία  i.  licentia  propria  τηθών,  aviarum  et  mam- 
marum. 

11,  37  p.  76:  male  mulcabantur  periti  caelestium  senes 
hooesti  Dulio  alio  crimine  nisi  δτι  σοφοί  τα  περί  τους  αστέρας 
έν  τοιούτψ  χώρψ  έβούλοντο  είναι,  ita  Codices,  χώριυ  aut  χωρίω, 
satis  absurde :  lego  χορψ,  nam  cborus  ut  pbilosophorum  diceretur, 
iam  ante  Ciceronem  invaluerat. 

δή  &v  coaluere  in  bSv,  quod  saepe  editores  fefellit  (Rader- 
macher Philologi  LIX  p.  185).  hoc  Procopius  quoque  posuit 
aliquotiene,  velut  anecd.  23,  7  p.  142,  3.  F.  B. 


Za  Horaz  Serm.  II  1,  86 

Wir  Juristen  haben  an  dem  obigen  Vers  seit  Ermans  fein- 
sinniger Vermuthung,  tabulae  bedeute  formula^,  ein  lebhaftes  In- 
teresse; auch  für  mich  tauchte  die  Frage  nach  der  Schriftformel 
bei  einer  Arbeit  über  die  Geschichte  des  Edicts  auf,  und  da 
ist  die  Behandlung  der  üorazstelle  nicht  abzulehnen.    Von  einer 


1  ZRG(R)  1896,  30,  334;  zustimmend  Partsch  1905  Schriftformel 
im  Provinzialprozesse  15  N.  2;  Girard  Manuel*  1906,  1028  N.  3;  Wenger 
in  Pauly-Wiseowa  1907  s.  v.  formula  Nr.  2.  Erman  Reibet  hat  seine 
Erklärung  wohl  aufgegeben  ZRG(R)  1898,  32,  271.  Busz  (Dies.)  1907 
Form  der  Litieconteetatio  58. 


156  Miscellen 

Darlegung  und  Widerlegung  aller  bisher  geäusserten  Ansichten 
mu88  ich  wohl  absehen,  sie  sind  von  Brassloff  ZK6(R)  1906,  40, 
211   ff.  übersichtlich  aufgeführt. 

Nicht  zweifelhaft  scheint  es  mir,  dass  es  sich  um  einen  In- 
jurienprozess  vor  Civilgeschworenen  handelt;  ein  Cognitionepro- 
zess^  vor  dem  princeps  oder  ein  Criminalverfahren  vor  einem 
Geschworenengericht  kommt  sicher  nicht  in  Frage*.  Unbefriedigt 
lassen  alle  bisherigen  Erklärungsversuche  des   Verses  S6: 

Solventur  risu  tabulae,  tu  missus  abibis. 
Weshalb  lacht  eigentlich  der  Richter?  Wie  ist  der  Vers  zu  verstehen  ? 

Mit  Trampedach  möchte  ich  davon  ausgehen,  dass  täbtilae 
die  im  Prozesse  vorgelegten  ßeweisurkunden,  in  unserer  Stelle  das 
den  Beweis  enthaltende  Schmähgedicht  bedeuten.  Gewiss  wird 
niemand  leugnen,  dass  das  Wort  dies  bedeuten  könne:  Quint. 
V  1.  Manrob.  Sat.  2,  123,  cic.  pro  Cluent.  45,  126  und  pro  C.  Rah. 
4,  9*  sind  wohl  sicher  im  Sinne  von  Beweisurkunden  zu  verstehen. 
Die  Annahme,  dass  das  Spottgedicht  auf  tabulae  geschrieben  wäre, 
ist  garnicht  nothwendig,  der  Ausdruck  ist  der  Rechtssprache  ent- 
lehnt und  entsprechend  einem  wohl  allgemein  üblichen  weiteren 
Gebrauch  für  das  corpus  delicti,  das  Schmähgedicht,  die  zur  Last 
gelegte  strafbare  That  verwandt  ^  Aber  solvere  braucht  dann 
nicht  in  unserer  Stelle  'öffnen  zu  heissen.  Eher  passt  die  Be- 
deutung *büssen',  wie  sie  Ovid  fast.  5,  303  fnagnis  iniuria  poenis 
Solvitur  in  ähnlichem  Zusammenhange  braucht  und  die  Lexika 
weiter  belegen.  Der  Sinn  wäre  dann :  die  Strafthat  wird  durch 
das  Lachen  gesühnt  werden,  du  wirst  dann  straffrei  entlassen^. 
Dass  diese  Uebersetzung  in  den  Zusammenhang  gut  passt,  ergiebt 
sich  sofort:  Trebatius  warnt  vor  der  Gerichtsverhandlung  wegen 
mala  carmina.     Wie  ist   es,    wendet  der    Dichter  ein,    wenn  ich, 

^  Die  Gerichtsbarkeit  des  princeps  beginnt  überhaupt  erst  nach 
724  a.  u.  und  wird  unter  Augustus  erst  in  geringem  Cmfange  nusgeübt. 
Mommsen  Strütrecht  200  ff.  Das  Gedicht  ist  nicht  nach  724  verfasst, 
iudice  Caesare  ist  daher  nicht  juristisch -technisch  zu  verstehen. 

2  p>man  80.  ;Π4;  Mommsen  Strafrecht  801  N.  4,  803 f.;  Brase- 
loff  215. 

^  Eine  völlige  Verkennunir  des  Witzes  ist  es,  wenn  Partsch  15  meint, 
bei  Macrob.  bedeute  ait  se  umnia  audivisse  den  Schluss  der  mündlichen 
Verhandlung.  Nein:  der  trunkene  Richter  erklärt,  obwohl  er  während 
der  Zeugenvernehmung  ausgetreten  war,  er  hätte  alles  gehört,  also 
inspicit  litteras  heisst:  er  blinzelt  in  die  Urkunden  (besieht  sich  die 
Buchstaben). 

*  Zumpt  Criminalprozess  1871,  410  vgl.  Mommsen  Strafrecht  731  f. 

*  Aehnlich  Cic.  pro  Q.  Rose.  2  tabulae  condemnantur,  Schlossmann 
Rhein.  Mus.  1904,  59,  (533. 

^  Der  Ausdruck  missus  =  dimissus  heisst  nicht,  wie  Schlossmann 
<)32  N.2  annimmt,  freigesprochen,  sondern  ungestraft  entlassen.  Mommsen 
Strafrecht  4515  N.  2  kennt  den  Gebrauch  dimittere  =  freisprechen  erst 
für  den  Kaiserprozess,  und  auch  hierbei  ist  es  fraglich,  ob  diese  Be- 
deutung durch  die  Stellen  erwiesen  ist.  Die  Stellen  im  Voc.  iur.  Rom. 
II  270,  auch  Plin.  ad  Trai.  9Ü  (97)  5  (nicht  93,  δ)  bestätigen  den  Spraoh- 
gebraucb:  ungestraft  (nach  erlittener  Strafe)  entlassen. 


Miscellen  157 

allgemein  anerkannt,  gute  Gedichte  nach  dem  Kennerurtheil  defl 
Cäear  gemacht  habe.  Oder  wenn  ich,  ein  ehrenwerter  Charakter, 
einen  Lampen  angebellt  habe.  Dann  wird  das  bonnm  Carmen,  so 
antwortet  Trebatius,  die  vorzügliche  Züchtigung,  bei  dem  Richter 
und  allgemein  zustimmende  Heiterkeit  erregen.  Keiner  wird  dich 
bestrafen  können.  Das  Lachen  gilt  als  Busse  für  die  Schmähung; 
da  selbst  wirst  straffrei  ausgehen^. 

Natürlich  darf  man  die  Sache  nicht  pressen  und  einwenden, 
die  Busse  sei  ja  an  den  Kläger  zu  zahlen  gewesen,  das  Lachen 
hätte  ihn  doch  nicht  befriedigt.  Derartige  dichterische  Freiheit 
ist  gewiss  nichts  auffallendes.  Die  Prozessverhandlung  nimmt 
ein  natürliches,  ungekünsteltes  Ende;  der  Schluss  der  Satire  ist 
amüsant  und  witzig,  würdig  unseres  Horaz. 

Sulzbach   an  der  Saar.  Friedrich  von  Velsen. 


Zu  Valerius  Flaccus 

Zwei  Fragen  über  die  handschriftliche  üeberlieferung  der 
Argonautica  des  Valerius  Flaccus  sind  noch  immer  Gegenstand 
lebhafter  Controverse,  die  Frage  nach  dem  Werthe  der  Hand- 
schrift Carrions  und  die  nach  dem  Verhältniss  des  Sangallensis 
zum  Vaticanus.  Wenigstens  die  letztere  Frage  läset  sich  zu 
sicherer  Entscheidung  bringen.  Nach  Thilo,  dem  Schenk],  Bährene 
und  jüngst  in  eingehender  Erörterung  Samuelsson  Eranos  VI  S.  79  ff. 
gefolgt  sind,  war  der  Sangallensis  eine  Abschrift  des  Vaticanus, 
nach  Clark  Classical  review  XIII  S.  124  und  dem  letzten  Heraus- 
geber Giarratano  stammte  er  aus  einer  verlorenen  dem  Vaticanus 
sehr  ähnlichen  Hahdschrift.  Giarratano  beruft  sich  ua.  darauf, 
dass  im  Sangallensis  nach  dem  Zeugnies  aller  Copien  die  Verse 
1393—442  gefehlt  haben;  der  Grund  des  Ausfalls  liege  ohne 
Zweifel  darin,  dass  die  Verse  in  der  Vorlage  des  Sangallensis  ein 
Blatt  oder  zwei  Seiten  füllten.  Dass  dies  aber  im  Vaticanus 
nicht  der  Fall  war,  weisen  die  genauen  Angaben  Thilos  über  die 
Zeilenzahlen  seiner  Blätter  aus.  Samuelsson  wendet  dagegen  ein, 
das  Blatt  könne  ebensogut  im  Sangalleneie  auegefallen  eein,  bevor 
die  erhaltenen  Abschriften  von  ihm  genommen  wurden.  Die 
abstracte  Möglichkeit  ist  zuzugeben,  aber  sie  widerlegt  eich  gerade 
durch  die  Tatsache,  die  für  Thilo  und  Samuelsson  den  Hauptbeweis 
ffir  die  Abhängigkeit  des  Sangallensis  vom  Vaticanus  bildet.  Im 
letzteren  sind  die  Verse  II  213 — 262  zweimal  geschrieben,  das 
erste  Mal  ohne  V.  240,  aber  mit  V.  241,  das  zweite  Mal  ohne 
diesen,  aber  mit  jenem  Vers.  Mit  der  ersten  Schreibung  stimmt 
genau  der  Sangallensis,  auch  in  den  Varianten  V.  237  und  239. 
Nimirum  ie  qui  Sangaliensem  exaravit  noluit  alteram  scripturam 


^  Dass  im  Falle  der  Zahlung  der  Busse  vor  Verurtheilung  keine 
Bestrafung  erfolgte,  ergiebt  Gellius  20,  1,  13  vgl.  Mommsen  Straf- 
recht 905. 


Ifp8  Miscellen 

comparaie  cum  priore,  sed  hanc  transoripeiese  eatie  habuit,  sagt 
Thilo  p.  LXIX  und  ebenso  Samuelsson.  und  Recht  hat  letzterer 
unzweifelhaft  gegenüber  Clark,  der  mit  Zustimmung  von  Bury 
und  Giarratano  die  Auskunft  suchte,  die  Wiederholung  der  Verse 
habe  sich  schon  in  dem  gemeinsamen  Originale  des  VaticaDus  und 
Sangallensis  gefunden.  Allein  dieser  Auskunft  bedarf  es  gamicht. 
Am  leichtesten  erklärlich  ist  die  Dublette  doch  unter  der  Voraus- 
setzung, dass  die  Verse  gerade  zwei  Seiten  der  Vorlaßre  füllten; 
standen  sie  auf  der  Rückseite  des  einen  und  der  Vorderseite  des 
anderen  ßlattes,  so  konnte  der  gedankenlose  Abschreiber  am 
ersten  dazu  kommen,  sie  zweimal  zu  copieren.  Also  wird  im 
Originale  des  Vaticanus  jede  Seite  25  Zeilen  gehabt  haben,  genau 
so  viel,  wie  wir  vorher  für  das  Original  des  Sangallensis  fanden. 
Will  man  diese  üebereinstimmung  nicht  einem  ganz  wunderbaren 
Zufalle  zuschreiben,  so  ist  die  Vorlage  beider  Handschriften  die 
gleiche  gewesen.  Die  Verse  I  443 — II  212  füllen  genau  25  Seiten 
zu  25  Zeilen,  wenn  wir  auf  die  Ueberschrift  des  zweiten  Buchs 
und  bezw.  die  subscriptio  des  ersten  4  Zeilen  rechnen.  Etwas 
mehr  Raum,  nämlich  von  8  Zeilen,  nahm  billiger  Weise  die  Auf- 
schrift des  Werkes  in  Anspruch,  sodass  mit  I  393  Blatt  9  anhob, 
das  entweder  von  dem  Schreiber  des  Sangallensis  überschlagen 
wurde  oder  ausgefallen  war,  nachdem  der  Vaticanus  abge- 
schrieben war. 

Auf  die  weiteren  Erörterungen  von  Thilo  und  Samuelsson 
einzugehen,  ist  nun  nicht  mehr  nöthig.  Sie  können  nur  beweisen, 
dasR  bei  den  geringen  Differenzen  des  Sangallensis  vom  Vaticanus 
der  erstere  aus  letzterem  geflossen  sein  kann,  keineswegs  aber, 
dass  er  aus  ihm  stammen  muss  und  nicht  vielmehr  eine  Copie 
des  gemeinsamen  Originales  ist. 

Leipzig.  J.  H.  Lipsius. 


Q.  Gnrtiae  über  den  indischen  Kalender 

U.  Curtius  sagt  VTII,  9,  35  f.  über  den  indischen  Kalender: 
'Menses  in  quinos  denos  discripserunt  dies,  anni  plena  spatia 
servantur.  Lunae  cursu  notant  tempora,  non,  ut  plerique,  cum 
orbem  sidus  implevit,  sed  cum  se  curvare  coepit  in  cornua,  et 
idcirco  breviores  habent  menses,  qui  spatium  eorum  ad  hnnc 
lunae  modum  dirigunt/  Curtius  ist  bekanntlich  in  geographischen 
und  ethnographischen  Dingen  ein  recht  zuverlässiger  Schriftsteller, 
und  seine  dahin  einschlagenden  Angaben  verdienen  nicht  nur  Be- 
achtung, sondern  vor  Allem  eine  scharfe  Interpretation,  die  einen 
verständigen  und  verständlichen  Sinn  voraussetzt.  Unsere  Stelle 
macht  den  Auslegern  viel  Schwierigkeiten;  *eelteam*  nennt  sie 
Vogel.  Zuletzt  ist  sie  von  Adolf  Richter  in  seinem  an  mannig- 
faltiger Belehrung  reichen  'Kalender,  ein  Zeit-  und  Himmelsweiser 
für  Riga'  für  1907  S.  229  behandelt  worden,  wo  man  auch  eine 
klare  und,  soweit  das  in  solchen  Dingen  möglich  ist,   gemeinver- 


Misoellen  159 

Rtändliche  Aueeinandersetzung  über  die  indischen  Kalender  findet*. 
Richter  nimmt  eine  Verderbniss  des  Textes  an,  ohne  sich  indessen 
über  ihre  Natnr  näher  auszulassen.  Sehen  wir  uns  den  Bericht 
des  Curtius  näher  an!  Der  erste  Satz  ist  vollkommen  klar;  es 
handelt  sich  um  ein  gebundenes  Mondjahr,  dessen  Monate  15  Tage 
umfassen,  also  eigentlich  Halbmonate  sind.  Ein  solcher  Halb- 
monat heisst  indisch  pdksha.  Curtius  hat  indessen  hier  seine 
Quelle  entweder  missverstanden  oder,  um  nicht  zu  weitläufig  und 
speziell  werden  zu  müssen,  stark  gekürzt.  Denn  ein  synodischer 
Monat  hat  bekanntlich  keine  vollen  30  Tage;  ein  Mondjahr  mit 
12  dreissigtägigen  Monaten  müsste  daher  mit  dem  Himmel  in 
vollen  Gegensatz  gerathen.  Unter  den  'dies'  können  daher  nicht 
Tage  in  unserem  Sinne  zu  verstehen  sein,  nach  denen  die  Inder  im 
bürgerlichen  Leben  natürlich  ebensogut  rechnen,  wie  wir,  und 
welche  sie  mit  Sonnenaufgang  beginnen  lassen,  sondern  sie  müssen 
vielmehr  das  bedeuten,  was  die  Inder  tithi  nennen.  Die  Inder 
theilen  nämlich  jeden  Paksha  in  15  Tithi  und  verstehen  unter  einer 
Tithi  die  Zeit,  welche  der  Mord  gebraucht,  um  sich  von  der 
Sonne  um  12  Grade  der  Ekliptik  zu  entfernen.  Die  Tithis  sind 
mithin  verschieden  lang,  da  sich  Sonne  und  Mond  nicht  gleich- 
formig  in  ihrer  Bahn  bewegen.  Die  Namen  der  Tithis  sind  die 
eanskritischen  Ordnungszahlen;  der  bürgerliche  Tag  wird  nach 
derjenigen  Tithi  genannt,  die  während  seines  Verlaufe  endigt.  Wenn 
zwei  Tithis  an  demselben  bürgerlichen  Tage  enden,  so  wird  in 
der  Tagesbezeichnung  diejenige  Tithi  unterdrückt,  welche  an 
diesem  Tage  zugleich  beginnt  und  endigt.  Beginnt  dagegen  eine 
lange  Tithi  vor  Sonnenaufgang  eines  Tages  und  endet  nach  Sonnen- 
aufgang des  folgenden,  so  führen  der  letztere  Tag  und  der  vor- 
hergehende^ in  dem  also  keine  Tithi  geendet  hat,  den  Namen  (oder, 
wenn  man  so  sagen  will,  die  Nummer)  der  Tithi,  die  an  dem 
zweiten  Tage  geendet  hat;  der  eine  von  den  beiden  Tagen  mit 
einem  Znsatz.  Das  hat  seine  Analogie  in  dem  Bissextus  der  Römer, 
nur  dass  es  bei  den  Indern  alljährlich  etwa  siebenmal  vor- 
kommt^.  Nach  welchem  System  das  Mondjahr  mit  dem  Sonnenjahr 
ausgeglichen  wird,  braucht  uns  hier  nicht  weiter  zu  intereesiren. 
Die  bei  Curtius  folgenden  Worte  pflegen  nun  so  verstanden 
zu  werden :  ^nach  dem  Laufe  des  Mondes  bezeichnen  sie  die  Zeiten ; 
nicht,  wie  die  meisten,  wenn  das  Gestirn  die  Scheibe  füllt,  sondern 
80  oft  es  sich  zu  Hörnern  zu  krümmen  beginnt'.  Ich  lasse  dahin- 
gestellt, ob  vor  *cum  orbem  sidus  implevit'  ein  paar  Worte  aus- 
gefallen sind,  etwa  'mensem  incipientes' ;  jedenfalls  ist  diese  Er- 


^  Der  erste  Theil  dieser  Abhandlung  über  die  indische  Zeitrech- 
nung ist  aus  dem  Kalender  für  1906  wieder  abgedruckt,  aber  hier  mit 
einer  Anzahl  von  Berichtigungen  und  Zusätzen,  insbesondere  nach  den 
Forschungen  von  Jacobi,  versehen  worden. 

^  üeber  das  Einzelne  unterrichtet  Hermann  Jacobi  im  Indian 
Antiquary  XVII  (1888)  p.  145  ff.  Vgl.  Kielhorn  in  den  'hidogcrmanischen 
Forschungen*  XX  (1906)  S.  228. 


160  Misoellen 

kläiuiig  unhaltbar.  Denn  dann  würde  Cartiue  sagen,  daes  die 
meisten  Völker  ihre  Monate  mit  dem  Vollmond  begönnen,  und 
die  Inder  anders  verführen.  Das  aber  kann  er  nicht  gesagt 
haben,  und  das  kann  auch  nicht  in  seiner  Quelle  gestanden 
haben,  da,  soweit  wir  wissen,  kein  antikes  Volk  seine  Monate 
mit  dem  Vollmond  angefangen  hat.  Den  indischen  Gebrauch  aber 
hat  Curtius  mit  den  Worten  'cum  se  ourvare  coepit  in  cornua' 
durchaus  richtig  beschrieben.  Jeder  Monat,  oder  vielmehr  jeder 
Paksha,  beginnt  entweder  mit  dem  Augenblick  des  Neumonds 
oder  mit  dem  des  Vollmonds;  es  wechseln  also  Pakshas  des  zu- 
nehmenden mit  solchen  des  abnehmenden  Mondes  ab.  Steht  denn 
aber  in  Wirklichkeit  bei  Curtius,  was  man  aus  ihm  herauszulesen 
pflegt?  Ich  denke:  nein.  ^Orbis'  kann  freilich  die  Mondscheibe 
bedeuten,  und  'luna  impletur'  heisst  'der  Mond  wird  νοίΓ.  Aber 
orhi^  heisst  vor  allen  Dingen  auch  Kreis,  die  Bahnen  der  Gestirne 
werden  so  bezeichnet,  und  daher  kann  man  'cum  orbem  sidus  im- 
plevit  auch  übersetzen :  wenn  das  Gestirn  seine  Bahn  vollendet 
hat.  Dann  aber  ist  die  Stelle  vollkommen  in  Ordnung,  und  der 
Gegensatz,  welcher  hervorgehoben  werden  soll,  ist  der,  dass  die 
meisten  Völker  unter  einem  Monat  den  Zeitraum  verstehen,  in 
Avelchem  der  Mond  seine  Bahn  durchläuft,  die  Inder  aber  den 
von  dem  Beginn  der  einen  Mondphase,  wo  sich  der  Mond  zu 
krümmen  beginnt,  bis  zu  dem  der  anderen,  wo  er  sich  nach  der 
entgegengesetzten  Seite  hin  zu  krümmen  anfängt.  Es  scheint 
mir  nicht  einmal  nöthig  zu  sein,  implevU  durch  completnt  zu  er- 
setzen, was  sonst  bei  der  häufigen  Verwechselung  beider  Wörter 
keine  Schwierigkeiten  machen  würde. 

Königsberg.  Franz  Rühl. 


Verantwortlicher  Redacteur:   Adolf  von  Mess  in  Bonn 
(20.  December  1907) 


CORINNAE  QVAE  SVPERSVNT 


TESTIMONIA 

1  Suid.  a.  Κόριννα  Άχελωιοοώρου  καΐ  Ίττποκρατείας  Θη- 
βαία ή  Τονογροία,  μαθήτρια  Μυρτίδος*  έπωνόμαστο  οέ  Μυϊα* 
λυρική,  ένίκησε  οέ  πεντάκις,  ώς  λόγος,  Πίνοορον.  έγραψε 
βιβλία  €  κα\  επιγράμματα  και  νόμους  λυρικούς. 

b.  Κόριννα  θ€σπ(α,  λυρική,  ο\  hk  Κορινθίαν  είρήκασι. 
νόμους  λυρικούς. 

0.  Κόριννα  νεωτέρα  Θηβαία,  λυρική,  ή  κα\  Μυια  κληθεΐσα. 

a.  Κόρινα  (βίο)  mulier  Tanagraea  eaec.  ut  vid.  IV — III  a.Chr. 
IG  VII  1161,  praeterea  nomen  in  yetostioribue  Qraecorum  titulia 
noD  extat  geminam  literam  ν  et  proparoxytoDon  teetantar  gram- 
matici:  Herodian.  I  257  n,  II  13  87,  455  9,  Eust.  ad  II.  354]tf  etc. 
—  Άχέλων  Θηβαίος  IG  Vn  2724  ο  (Άχελιυιόοωρος  Megarie 
VII  137  alibique).  —  καΐ  ΤΤροκρατίας  codd.:  euetuli  nomen  in- 
auditum  forean  e  nota  scriptora  KAIlll  lOKPATlAC  ortum.  sed 
potest  etiam  aliod  quid  latere.  —  Θηβαία:  propter  fabnlam  de 
primie  Pindari  etudiis,  cf.  test.  4.  —  Μυρτίς:  of.  fr.  23.  qui 
fabnlam  de  Pindari  et  Corinnae  certamine  memoriae  prodidernnt, 
eosdem  ntrique  Myrtidem  magietram  dedisse  probabile  est,  of.  de 
Pindaro:  μαθητής  bk  Μυρτίόος  γυναικός  Said,  diverea  ab  hie 
ratio  test.  4.  oarmina  illine  leota  faisee  tradidit  Antipater  (test.  2), 
fabalae  Tanagraeae  teetem  adhibet  auctore  Dioole  Peparethio 
Plutarohue  Mor.  SOC  (Bergk,  Lyr.  III*  542),  qui  eam  Anthe- 
doniam  nuncupat,  imaginem  Boisoue  expressit  (Tatian.  Adv. 
Gr.  33).  nomina  Μύρτων  Μυρτίλος  Μύρτα  Μυρτώ  euppeditant 
tituli  Boeotioi.  —  Μυια:  of.  Suid.  Μυϊα  θεσπιακή  λυρική,  μίλη 
προς  λυραν  άρμόΐοντα,  Μυια*  Σπαρτιατις  ποιήτρια,  δμνους 
€ΐς  'Απόλλωνα  και  "Αρτεμιν.  Lucian.  Muse.  enc.  11  έγίνετο 
κατά  τους  παλαιούς  καΐ  γυνή  τις  ομώνυμος  αύτήι,  ποιήτρια, 
πάνυ  καλή  και  σοφή.  add.  Clem.  Alex,  (infra  test.  2).  hae  turbae 
ita  solvendae  arbitror,*  ut  primum  ea  »elegantur,  quae  a  Corinna 

Rhein.  Mn«.  t  PhiloL  N.  F.  LXIXl.  1 1 


162  Crönert 

plane  diversa  sunt,  nempe  altera  Soidae  de  Myia  glosea.  fuerit 
er^o  poetria  Spartana,  sicut  Megaloetrata  ab  Alcmane  (fr.  37) 
memorata;  huius  quuque  Clemens  meminisse  videtur,  quamqnam 
scripta  eins  ignota  fuisse  posteris  Antipatri  epigramma  (teet.  2) 
indicat.  tum  Corinnam  propter  suaviloqaentiam  muscam  aut 
ab  alio  appellatam  esse  aat  semet  ipsam  appellasee  oonicio 
Welckeri  nisus  commentatione  Meletem.  ed.  Grenz.  II  11  (Kleine 
Schriften  II  157).  utri  vindicandus  sit  Lnciani  locus  ignoramus. 
cetera  vero  (1  c  et  Suid.  Μυΐα  gloss.  prior)  fide  carent  siout  alia 
permulta  in  Suidae  farragine.  omnino  autem  lubrioum  de  hie 
rebus  iudicium,  siquidem  etiam  philosophae  Pythagoreae  nomen 
incidit  et  ipsum  fabulosum.  —  ένίκη(Τ€:  of.  test.  5.  —  b.  ex- 
titiese  olim  videtur  nomorum  sylloge  Corinnae  nomine  insoripta, 
quae  cum  a  nonnullis  Tanagraeae  abiudioata  esset,  alia  e  more 
grammaticorum  assumpta  est  Corinna,  quam  Tbeepiam  dixere 
propter  primi  carminis  exordinm  (infra  fr.  23). 

2  Anth.  Pal.  IX  26. 

'Αντιπάτρου  θεσσαλονικέως, 
τάσδε  θεογλώσσους  'Ελικών  ίθρεψε  γυναίκας 

ΰμνοις  και  Μακεδών  Πιερίας  σκόπελος, 
ΤΤρήΕιλλαν,  Μοιρώ,  Άνύτης  στόμα,  θήλυν  *Όμηρον, 

Λεσβιάδιυν  Οαπφώ  κόσμο  ν  έυπλοκάμων, 
*Ήρινναν,  Τελεσιλλαν  άγακλία,  και  σέ,  Κόριννα, 

θουριν  Άθηναίης  άσπΛα  μελψαμέναν, 
Νοσσίοα  θηλύγλιυσσον  Ιόέ  γλυκυαχέα  Μύρτιν, 

πάσας  άενάων  έργάτώας  σελίδων, 
έννία  μέν  Μούσας  μέγας  Ουρανός,  εννέα  V  αδτως 

Γαία  τέκεν,  θνατοϊς  δφθιτον  εύφροσύναν. 

'fuit  igitur  inter  Corinnae  carmina  unum,  quod  Minervae 
scutum  celebrabat'  lacobs.  Itoniam  fuisse  post  Heckerum  eospi- 
oatus  est  Wilamowitz,  sed  quidnam  fuerit  scutum  ignorare  nos 
dixit.  Clem.  Alex.  Strom.  IV  122  p.  620  P.  παραπέμπομαι  τοίνυν 
τάς  δλλας  bia  τό  μήκος  του  λόγου,  μήτε  τάς  ποιήτριας  κατα- 
λόγων, <ώς?>  Κόρινναν  και  Τελεσιλλαν,  Μυϊάν  τε  και  Σαπφώ, 
ή  τάς  ζωγράφους,  καθάπερ  Ειρήνην  κτλ. 

3  Themist.  or.  XXVII  ρ.  834  Hard.  (403  Dind.)  καΐ  γάρ  6ή 
και  ή  Βοιωτία  χωρίον  άμαθίας  εΐναι  έδόκει*  και  ΰν  τίνα  οΤμαι 
Βοιωτίαν  έκάλουν  εις  άπαιοευσίαν  τό  φΟλον  έπισκώπτοντες. 
άλλ'  δμως  Πίνδαρος  και  Κόριννα  και  *  Ησίοόος  ουκ  έμολύνθησαν 
τήι  συΐ. 


Corinnae  quae  superaunt  163 

4  ΤΤινοάρου  τίνος  bx*  έπων  νβ.  9  sqq.  (ρ.  8  Drachm.),  re- 
petit  Eustath.  (Find.  ed.  Christ,  p.  XVIII) 

τώι  bt  λιγυφθόγγων  έπέιυν  μελίων  θ'  ύποθήμων 
άπλετο  bia  Κόριννα*  θεμείλια  b'  ujnaae  μύθων 
τό  πρώτον  μ€τά  τήν  b'  Άγαθοκλέος  ίμμορεν  αύbής  κτλ. 
Plutarch.  de  gloria  Athen.  4  ρ.  347 '  (καΐ  γάρ  ή  ποιητική  χάριν 
Ισχε  και  τιμήν  τώι  τοις  πεπραγμίνοις  έοικότα  λέγειν  . .)  ή  bi 
Κόριννα  τόν  nivbapov  δντα  νέον  έτι  κοί  τήι  λογιότητι  σοβαρώς 
χρώμενον  ένουθέτησεν  ώς  δμουσον  όντα  μή  ποιουντο  μύθους, 
δ  της  ποιητικής  έργον  εϊναι  συμβέβηκε  •  γλώσσας  bt  και  κατα- 
χρήσεις και  μεταφράσεις  και  μέλη  και  Ρυθμούς  ήbύσματα  τοις 
πράγμασιν  υποτίθεται,  σφόbp'  oöv  ό  TTίvbαpoς  ένστήσας  τοις 
λεγομένοις  έποίησεν  έκεϊνο  τό  μέλος  (fr.  29  Sehr.)* 

Ίσμηνόν  ή  χρυσαλάκατον  Μελίαν 

ή  Kάbμov  ή  σπαρτών  Ιερόν  γένος  άvbpώv 

ή  τό  πάντολμον  σθένος  Ηρακλέους 

ή  τάν  Διονύσου  πολυγαθέα  τιμάν. 
bειEαμέvoυ  hi  τήι  Κορίννηι  εκείνη  τήι  χειρί  bεϊv  έφη  σπείρειν, 
άλλα   μή   δλιυι   τώι   θυλάκωι.    τώι   γάρ    δντι   συγκεράσας  καΐ 
συμφορήσας  πανσπερμίαν   μύθων   ό  TTίvbαpoς   εΙς   τό    μέλος 
έΗέχεεν. 

5  Ael.  ν.  h.  XIII  25  Πίvbαpoς  ό  ποιητής  άγωνιΖόμενος 
έν  θήβαις  άμαθέσι  περιπέσω  ν  άκροαταϊς  ήττήθη  Κορίννης 
πεντάκις  (inde  Suidas,  ut  vid.,  of.  teet.  1).  έλεγχων  bk  τήν 
άμουσίαν  αυτών  6  Πίvbαρoς  συν  έκάλει  τήν  Κόρινναν.  Enetath. 
ad  Β  711  ρ.  326«  δτι  bi  και  γυναίκες  ήσαν  ου  μόνον  άλλως 
σοφαί,  άλλα  και  μελοποιοί,  ου  μόνον  έκ  της  Ρηθείσης  ΤΤραΗίλλης 
bήλov,  άλλα  και  Σαπφούς  και  Κορίννης  και  Ήρίννης'  ήν  bk 
ποιήτρια  κρουμάτων  καΐ  Χαριζένη  .  .  Ιστέον  bέ,  ώς  ή  Ρηθείσα 
^Ήριννα  Λεσβία  μέν  ήν  .  .  εί  b^  γυνή  έποποιός  (άμουσον?)  τήν 
TTιvbάpoυ  λυρικήν  άπήλεγζεν  ήττηθέντος,  Ιστόρηται  και  αυτό' 
Βοιωτία  bi  ήν  εκείνη  τό  έθνος*  ώς  bk  και  Θεανώ  τις  γυνή 
ΛοκρΙς  λυρική  ήν  ΙστοροΟσιν  ο\  παλαιοί,  extitit  olim  certamen 
Pindari  et  Corinnae  ad  exemplar  Homeri  et  Hesiodi  primis  ut 
videtur  Alezandrinorum  temporibus  compositum,  quinquies  cer- 
tatum  est,  velut  de  fabularum  genere  (cf.  Plut.  teet.  4)  et  de 
dictione  poetica  (Paus.  teet.  β,  infra  fr.  dub.  2),  haud  dubie  etiam 
de  amore  patriae  in  carminibus  conspicuo,  vicitque  Corinna  Boeotie 
iudioibus.  certaraen  valde  celebratum  fuisse  e  picturis  PompeianiH 
apparet,  cf.  Ilelbig,  Wmidgemälde  Campaniens  nr.  1378,  1378**, 
licet  secue  censeat  Bernoulli,  Griechische  Ikonographie  I  90, 


164  Gronert 

6  Paus.  IX  22»  Κορίννης  bi,  ή  μόνη  bi\  iv  Τανάγραι 
άισματα  έποίησε,  ταύτης  ίστι  μέν  μνήμα  έν  π€ρΐφαν€ΐ  τής 
πόλεως,  ίστι  bi  έν  τώι  γυμνασίιυι  τραφή»  ταινίαι  τήν  κεφαλήν 
ή  Κόριννα  άναοουμίνη  τής  νίκης  2ν€κα,  ήν  TTivbapov  δισματι 
ένίκησεν  έν  θήβαις.  φαίνεται  hi  μοι  νικήσαι  τής  διαλέκτου  τε 
2νεκα,  ότι  ήιοεν  ου  τήι  φωνήι  τήι  Δωρίδι  ώσπερ  ό  Πίνδαρος, 
άλλα  όποίαι  συνήσειν  έμελλαν  Αίολεϊς,  και  ότι  ήν  γυναικών 
τότε  δή  καλλίστη  τό  είδος,  ει  τι  τήι  είκόνι  δει  τεκμαίρεσθοι. 
Tatian.  Adv.  Gr.  33  Μνησαρχίδος  τής  Έφεσίας  Εύθυκράτης 
(δημιουργός),  Κορίννης  Σιλανίων,  θαλιαρχίδος  τής  Άργείος 
Εύθυκράτης  ^.  sepnlcrum  Corinnae  a  Paueania  deecribi  vix  est 
qnod  moneas,  sed  erravit  Bernoulli,  Griechische  Ikonographie  Ι  88. 
parvam  Corinnae  etatuam,  cui  eubecriptum  est  ΚΟΡΙΝΝΑ,  in 
mueeo  urbie  Compi^gne  detexit  äalomon  Reinach  Revue  archS(h 
logique  1898,  164,  tum  1900,  169  sqq. «,  cf.  etiam  Revue  des  ik, 
gr.  1899,  199,  Bernoulii,  1.  c.  88 — 90.  adstat  mulier  lepidiseima 
qualem  e  üglinie  Tanagraeie  cognovimue  quinque  voluminibus 
adornata,  quorum  unum  manibus  evolvitur,  quattuor  in  oieta  sunt 
ad  pedes  adpoeita:  en  illa  βιβλία  ε  Suidae.  opus  Silanionie  ex- 
primi  contendit  Keinacb,  negant  alii;  qaodsi  illa  voluminam  dietri* 
butio  ipei  artifici  tribuenda  est,  ipee  quoqae  negayerim.  ceternm 
gemellum  inter  monumenta  F.  Δ.  de  Kaulbach  opusculum  post 
P.  Amdtium  eruit  Lechat,  Revue  des  £t,  gr.  1900,  396.  etiam 
de  hermarum  quorundam  typis  ad  Tanagraearum  modum  oon- 
formatis  adbuo  disceptatur,  cf.  Bernoulii  1.  o.  et  test.  7.  sed  nnllas 
est  in  bac  re  nummorum  usus,  quibus  Sappbonis  imago  non  semel 
exprimitnr. 

7  Prep.  Π  3 

9  neo  me  tam  facies,  quamvis  sit  Candida,  cepit  .  . 
17  quantam  quod  posito  formoee  saltat  laccbo, 
egit  ut  euantCR  dux   Ariadna  choros, 
et  quantum  Aeolio  cum  tentat  carmina  plectro 
ao       par  Aganippeae  ludere  docta  lyrae, 

et  8ua  cum  antiquae  committit  scripta  Corinnae: 
carmina,  quae  quivis,  non  putat  aequa  euie. 
Cyntbiara  cum   Corinna  de  Rumma  in  poeei  laude  certantem 


^  de  labrica  totius  catalogi  fide  cf.  Kalkmann,  Rhein.  Mus.  42, 
r>04.    (]uamquam  non  est,  cur  Silanioni  diffidamuR. 

2  hanc  epicrisin  perperani  ncglexit  Th.  Hirt.  />*>  Tiuchrolh•  iv 
der  Kumt  p.  161. 


Corinnae  quae  supereant  165 

facit  Propertioe,  certaminis,  qnod  illam  cum  Pindaro  iniiese  rumor 
erat,  band  nesoine.  notanda  qnoque  Corinnae  post  Sapphnm 
memoria,  nam  perinde  etiam  imagine  ooniunotae  eeee  videntor 
(cf.  Bemonlli  Π  96),  sicut  Herodotoe  et  Thuoydidee,  et  utramque 
finxit  Silanio. 

8  Schol.  Dion.  Thr.  p.  21  η  Hilg.  γεγόνασι  bk  λυρικοί  οι 
καΐ  πραττόμενοι  έννία,  ών  τά  ονόματα  έστι  ταύτα,  Άνακρίιυν, 
^Αλκμάν,  *Αλκαϊος,  Βακχυλίδης,  Ίβυκος,  Πίνοαρος,  Στησίχορος, 
Σιμωνίδης,  Σαπφώ,  και  δεκάτη  (inde  a  Tryphonis  temporibue 
addita?  cf.  teet.  9)  Κόριννα.  Proleg.  ad  Pind.  ed.  ßoeckhii  II 
1,  7  TTepl  λυρικών  ποιητών,  λυρικοί  ποιηται  μουσικών  άισμά• 
ταιν  €ΐσ1ν  έννία,  εννέα  bi  καΐ  αι  καθ'  ήμος  τών  θείων 
άισμάτων  ώιδαί.  τά  bk  ονόματα  τών  πρθ€ΐρημένων  ποιητών 
€ΐσι  τάδε*  'Αλκμάν,  'Αλκαίος,  Σαπφώ,  Στησίχορος,  Ίβυκος, 
*Ανακρίιυν,  Σιμωνίδης,  Βακχυλίδης  και  Πίνδαρος,  τινές  δέ  και 
τήν  Κόρινναν.  Ιβ.  Tzetz.  prol.  ad  Lycophr.  ρ.  252  Μ.  λυρικοί 
δέ  ονομαστοί  δέκα*  Στησίχορος,  Βακχυλίδης,  Ίβυκος,  'Ανα- 
κρέων, Πίνδαρος,  Σιμωνίδης,  'Αλκμάν,  Άλκαϊος,  Σαπφώ  και 
Κόριννα.  Ιο.  Tzetz.  Στίχοι  περί  διαφοράς  ποιητών  νβ.  18  sqq. 
(Kaib.  Com.  gr.  fr.  I  ρ.  35) 

του  λυρικού  κύκλου  bi  σύστημα  τόδε* 
Κόριννα,  Σαπφώ,  Πίνδαρος,  Βακχυλίδης, 
'Ανακρέων,  Ίβυκος,  'Αλκμάν,  'Αλκαίος, 
Στησίχορος  τ€  καΐ  Σιμωνίδης  άμα, 
δ€κος  αρίστη  παντελής  πληρέστατη, 
alioquin  abest  Corinna  a  tabulis   lyricomm,   cf.  Kroebtiert,  (Jana• 
nesne  etc.  fuere  p.  6  sqq.,  Didymi  fragmenta  ed.  Schmidt  p.  395. 
qoid    ipee  Cbalcenteras  de  Corinna  in  libro  Περί  λυρικών  ποιη- 
τών attulerit  (nam  proculdubio  memoravit),  ignotum  eet. 

9  Schol.  Dion.  Thr.  p.  469  29  Hilg.  δει  γορ  Τ^νώσκειν,  δτι 
καθ'  έκάστην  διάλεκτον  είσι  γλώτται  πολλαί,  ώς  ύπό  μέν  τήν 
Δωρίδα  . .,  ύπό  δέ  τήν  ΑΙολίδα  [|ώς]]  ή  Βοιωτιακή,  ήι  κίχρηται 
Κόριν<ν>α,  καΐ  Λεσβίων,  ήι  κ^χρηται  Σαπφώ.  Corinnae  dialectum 
fueiuR  explanavit  Trypbo,  cf.  opus  a  Snida  memoratum  (p.  102 
Veleen)  ΤΤερι  τών  παρ'  Όμήρωι  διαλέκτων  καΐ  Σιμωνίδηι  καΐ 
Πινδάρωι  και  Άλκμάνι  και  τοις  άλλοις  λυρικοΐς. 

10  Schol.  Apoll.  Rh.  Ι  551  Άρμενίδος  δέ  έν  τοις  θηβαϊκοϊς 
^FHG  IV  339)  Άμφικτύονος  υΐόν  Ίτωνον  έν  θεσσαλίαι  γεννη- 
θήναι  και  ΆλΑανδρος  έν  τιυι  ö  τών  Κορίννης  υπομνημάτων  (eic 
Lanr.,  τώνΚαρίκών  υπομνημάτων  nchol.  Parle.),  hinc  pendent  quae 
de  Alexandro  Corinnae  commeotatore  diseernernnt  Maaee  Wilamo- 


166  Crönert 

witz  Sohwartz,  magnam  Pausaniae  Boeoticorum  partem  aliaqne 
hoio  anctori  vindicantee,  cf.  Realeno.  I  2,  1450.  veram  illorom 
argumentado  inoerto  ntitur  exordio.  Roholia  Parisina  interpolata 
quidem  minime  tarnen  abicienda  esee  dudum  cogoovimne,  cf.  Wila- 
niowitz,  Herakles  11  ^  132  inque  primis  L.  Deicke,  De  scholiis  in 
Apoll.  Rhod.  quaest.  sei.  (d\sB,  Gott  1901).  unde  autem  ietud  Καρι- 
κών  irrepsiese  censeamae?  in  scholiis  ipsis  aliud  huius  operie  frag- 
mentum  non  citatur,  sed  adnotatur  ad  I  925  Χίρνη<Τον•  τήν  μετά 
θράικην  κ€ΐμ^νην  Χερσόνησον  .  .  .  έστι  bi  καΐ  έτερα  Χερσό- 
νησος Καρίας.  ένθεν  ήν  *Αλ^Ηανορος  6  Περί  Καρίας  γράψας, 
seil,  ex  onomastico  quodam  geographico,  qaali  usi  sunt  Strabo 
Didymus  alii  multi.  et  potuit  Polyhistor  rerum  Boeoticarum  in 
Cariois  meminisse,  quorum  duo  libri  afferuntur,  velot  cum  de 
urbe  Physco  ageret  (cf.  Steph.  Byz.  Φύσκος,  πόλις  Λοκρίοος, 
άπό  Φύσκου  τοΟ  ΑΙτωλου  του  *  Αμφικτυονος  του  Δευκαλίυ^νος), 
et  ipeam  Cariam  tetigit  Corinna  fr.  40.  quare  utroque  fere  codioam 
testimonio  probato  (band  absimili  modo  Deicke  p.  12  echol.  I  624 
concinnavit  coli.  EM  71248)  hunc  in  modum  legendom  arbitror: 
κα\  ΆλέΕανορος  έν  τώι  α  τατν  Καρικών  υπομνημάτων  Κορίννης 
ϋττομνησθείς  ^ 

11  Stat.  Silv.  V  157  sq.  tu  pandere  doctus 

carmina  Battiadae  latebrasque  Lycophronis  artis 
Sophronaque  implicitum  tenuisque  arcana  Corinnae. 

de  patre  suo  verba  i'acit  poeta  in  urbe  Neapoli  ludi  ma- 
gistro,  quem  aptum  fnisse  praedicat  ad  omne  poetarum  genus 
traoiandum  (Wil.). 

PAPYRI  BEROLINENSIS  RELIQVIAE 
papyrus  anno  MCMVI  Hermupoli  effossa  nunc  Berolini 
in  Museis  regiis  servatur  numero  signata  284.  legit  ediditque 
Wilamowitz  Berliner  Klassikeriexte  V  2,  19  —  55  addita  imagine 
phototypica  col.  III  et  IV,  relegi  ipse.  constat  IV  columnis,  quae 
longe  maiorem  partem  miserrime  laceratae  sunt  (A,  B)»  tum  V 
fragmentis   nuUi    adhuc    certo  loco  accommodatis  (C — G)      uber- 

^  pariter  tollendum  opus  Alexandri  TT€pl  Λυκιυρβίας  (St(>p)i.  Hyz. 
s.  Λύλη:  Άλ^Εανδρος  6€UT^pu)i  TT.  Λ.),  cui  iam  Meineke  nctc  fidein 
denegavit.  assumpta  egrcgia  Maassii  {De  SihyUarum  htdicünts  «-'i)  coii- 
iectura  lianc  fere  pristini  ordinis  forroam  restitueri»  :  καΐ  Λυκούρεια  biä 
διφθόγγου  Λλλη,  πόλις  'Αρκαδίας'  Άλ^Ηανδρος  έν  δ€υτέριυι  \TT€pl  τοΟ  έν 
Δελφοίς  χρηστηρ(ου,  έν  οίς  φησιν>  wcpi  Λ\ικωρ€(ας. 


Coriunae  quae  enpereant  167 

rime  adecripta  sunt  enbsidia  dietinctioniR,  accentas  spirituR  punota 
bina  diaeretica  apostrophue  qaantitatie  eigna  diaetole  (hamulue 
einietrorsnm  ductue  ίτηο  vereu,  Β  104)  stigme  enperior  (ad  divi- 
dendae  sententias)  inferior  (interdum  eodem  modo,  eed  saepius 
ad  eecernendas  vocee ,  ecilicet  diaetole)  paragrapbue  coronie. 
verba  poetriae  illnetravit  bomo  grammaticus  et  gloseie  ad  dextram 
marginem  relatie  et  litterie  eopra  versum  additis,  nil  aliud  fore 
molitns  nisi  formarnm  Boeotioarnm  explicationem  (mendosa  legit 
Β  64,  male  perspecta  Β  62,  ubi  latet  έ(Τγ€ννά(7ονθι).  punota  mar- 
gini  einistrae  appoeita  locos  corruptos  indicare  censuit  Crueiue 
Literarisches  Zentralblatt  1907,  p.  1309.  sed  abeet  varia  lectio 
(cf.  ad  Β  33)  neque  procul  distal  papyrus  ab  editione  gramma- 
tioorum  principe,  supplementa  nisi  quid  diserte  monetur  fere 
Wilamowitzii  sunt. 

Α 

[ ] 

de  fabula  cf.  Scbol.  γ  267  (e  Demetrii  Phal.  TTepi  ποιητών) 
ένίκα  bi  Δημόδοκος  Λάκιυν  μαθητής  Αύτομήδους  του  Μυκη- 
ναίου, δς  (Automedes  recte  Wil. ,  Demodocus  alii)  ήν  πρώτος 
b\'  έπων  τράψοζ  την  Άμφιτρύωνος  προς  Τηλεβόας  μάχην  και 
τήν  fpiv  Κιθαιρώνος  τε  και  'Ελικώνος,  άφ'  ών  5ή  καΐ  τά  έν 
Βοιωτίαι  δρη  προσαγορεύεται.  Tzetz.  Proleg.  in  Hes.  ρ.  30  Gaief. 
(cf.  ChU.  VI  917-920)  Ελικών  5έ  και  Κιθαιρών  άπό  Ελι- 
κώνος και  Κιθαιρώνος  τών  αδελφών  εκλήθησαν,  οίτινες  προς 
αλλήλους  έπολέμησαν  (οϊπερ  αλλήλους  ?κτ€ΐνον,  ώς  ο\  Οίοίπου 
παΐόες  Chil.  VI  919  additamento  ficticio),  καθώς  ό  Κυρηναΐος 
Λυσίμαχος  (sie  etiam  Chil.  scripsitque  Tzetzes,  at  dudum  Λυσο- 
νίος  correxere)  έν  τώι  πρώτιυι  TTepi  ποιητών  Ιστορεί.  Lysanias 
Demetrium  expressit  Corinnae  ignarus.  verba  illa  τών  αδελφών 
ei  quis  premenda  putat,  facile  quidem  Homeri  eobolio  άοελφών 
δντων  ante  άφ'  ών  addimus,  sed  supplemento  omnino  vix  opus  est. 
(I) έο]υστέφανον  (col.  I  1) 

]Γ(Λ)Γ€πΐΔΗ 

]  έπ*  άκρυ. 

(Π) ]χορΙ)(ίς 

6 l^PCON  τ'  ορίων 

]  ΝΝΦΟΥΛΟΝΟΝΙ 

2  ΔΗ  (Wil.)  ηοη  vid.  3  €π'  ΑΚΡΫ  pap.  4  AÄC  5  r  ONQN 
exaratum ,  super  Ν  cadem  inanus  PI  scripeieee  videtur ;  certe  oiuiv 
(Wil.)  non  extitit        f)  de  \  mihi  non  satis  constat    tum  OPNI  exp.  Ρ 


168  Crönert 


]ΝΟ 

]  γενέθλα. 


(III)  10 ]  ΔΑ 

]€Υ[.  .  .".  ΟΚώΝΗ 

]ΨΑΝΔΑΘΐφ[.  .  .  ]AC* 

]CAN  τ'  οι  λαθρά[1)ο]ν  άγ- 

κο]υλομ€ίταο  Κρόνο), 
15  τ]ανίκα  νιν  κλέψε  μάκηρα  'Ρεία. 

(IV)  μ€]τάλαν  τ'  [ά]θανάτων  Ισ- 
ς]  ?λ€  τιμάν.'   τά5'  ίμελψεμ. 
μάκαρας  b'  αύτίκα  Μώση 
φ]€ρίμ€ν  ψαφον  ί[τ]αττον 

ao  κρ]ουφίαν  καλπίοας  έν  χρου- 
σοφαϊς•  τύ  b'  αμα  πάντ€[ς]  ώρθεν. 

(V)  πλίονος  5'  €Ϊλ€  Κιθηρών. 
τάχα  b'  'βρμας  ά\έφα  μ[α- 
κ]ρόν  άούσας,  έρατάν  ώς 

Μ  ?]λ€  νίκαν,  στ€φ[ά]νυσιν 

(CONI  Wil.  neque  versui  aptum  neque  vestigiis)  in  mg.  glossator  ΘΗΡΑΝ 
(vocem  θ€(ραν  explicari  putat  Wil.)  9  ΘΛΑ'  10  gloss.  ΧΙΟΝΑ  (TINA 
eive  TONA,  quod  ad  σά  refert,  Wil.)  11  Η  ex  €1  corr.  ut  vid.  (κώ[π]η 
Wil.)  13  ΤΌΙ•ΛΑΘΡΑ[.  .]ΝΑΓ  glosa.  ]IN  (eupraecriptum  nesoio  quid, 
fort,  haeta  pauUuin  oorvata,  quae  ad  vs.  11  spectare  vid.)  14  ΚΡΟ• 
NCi)T*[  .  .  ]AKAN•  (epir.  supra  einistram  littorae  Τ  partem  adscriptae 
vid.,  sed  tarnen  fallacem  habui;  AKAN  lineolie  del.),  colon  e  15  resti- 
tueudam  8iout38e32  15  ΝίΚΑ  P€A  m.  1,  i  sscr.  et  duplici  haraulo 
cum    voce    coniunct.  1β  AAANT  ut  vid.         17  ΝΤΑΔ*^     litt.  Μ 

certa,  e  scriptura  continua  qualem  praebet  Timothei  papyrus  servata 
18  ΔΆ  Μώ  19  ΟΝί  clare  20  XPÖY  gloss.  €C  (ad^v)  21  ΦΑΙ- 
NAC•  gl08s.£\  eupra  I  ΤΥΔ'ΑΜΑ  (dvd  corr.  Wil.,  at  cf.  Α  533  θ€οΙ 
δ'  Αμα  πάντες  άν^σταν)  ώΡΘ€Ν•  paragr.  iiiter  vs.  21  et  22  non  ap- 
paret,  nescio  an  librarii  culpa  (cf.  Β  130,  135),  nam  charta  paene 
integra  servatur  22  ΤΤΛΙΟΓΝΑ€Δ*ΟΘΛ€ΚΙΘΗΡωΝ  (θ  etiam  lineola 
transversa  del.,  sicut  quod  antecedit  0,  sscr.  €1)  glosn.  €1  supra  I  vocis 
πλ(ονας  €Τλ€  :  cf.  ήλόμην  tit  Epidaur.  23  Δ'βΡΜΑΟΑΝέ  24  ΑΟΎ- 
CÄC    QC      25    Λ6ΝΪ    NYC 


Corinnae  qoae  sapersant  169 

bi]  i  κατ*  Λίαν  έκόσμιον 
μάκα]ρ€ς'  τώ  bk  νόος  γ^τάθι. 
(VI)       6  bk  λοίύττησι  κά[θ]€κτος 
χαλ€π]ήσιν  Ρ€λι[κ]ών  έ- 
80  αέρυέ]  λιττάοο  πίτρον  * 
ένί5ω]κ€ν  V  δ[ρο]ς•  ύκτρώς 
bk  βο]ών  οόψ[ό]θ€ν  €Ϊρισί 
νιν  έ]μ  μου[ρι]άΙ)€σσι  λοος. 

(νΠ)      ]€Γ[.  .  .]Ν€Γ 

85 ]  προσ(ασ[ι]  * 

]"PIXAN[.]C 

]0C  μ€λ[ί]ιυν 

n[.]C9%] 

jcopoYceN 

(VIII)40 ]\ 

]  N.QC 

]  CQN 

]1ώ'φίτ- 

γος μα]κάριυν  τυ 

46 ]  NiONTACACAL 

(IX)       dv]bp€aaiv  eiC 

]A  Διός  Mvo- 

μοσούνας  τ'  .  .  .  .]  κώρη 
]Νήί 

26  G)IAN  ut  vid.;  Λίαν  Wil.,  cui  de  metro  adversatur  0.  Schroeder, 
Berl  phil.  Woehensehrift  1907,1443  ÖC  27  P€C  TQA€NOOC(NOC 
legi!  Wil.  eorrexitque  Διός,  sed  inter  Ν  et  0  circali  apparent  veetigia;  reetit. 
Crueiue  Schroeder)    Γ€ΓΑΘΙ    gloas.  €   supra  I      28  'ΥΠΗΟΙΚΑ      29  HC 

QN.€  30  ίΤΤΑ'  PAN.  31  C  •  ΫΚΤΡώΟ  32  ΟΥ  Θ€Ν•€ΙΡΙ€€  gloss, 
€  supra  PI  33  ΜΟΥ  AAYC-  ('  postea  delet.  ut  vid.)  3i  €π,^€Γ? 
35  π]ροα[ό]6οι  Wil..  sed  de  litteris  AC  dubituri  nequit,  anteoedit  I  (sie 
vid.,  non  0),  eeqnitur  post  lao.  stigme  superior  3()  ATT,  ΑΓ?  gloss. 
€K  (fortasse  ad  έ]ς  spectat)  38  velut  TP[i]C  39  gloss.  €IC  (^σόρουσ€ν?) 
44  TY  gloss.  €C  €AI[  (ές  έα[υτ-  Wil ,  equidem  uou  expedio)  45  äa* 
[σον  (Wil.)  non  fuit  47  supplevi  48  H.  49  gloss.  AnOTOY[  .  . 
(diro  ToO  Don  extrico,  seqaitor  fortaaee  aUi,  cf.  Β  46) 


170  Cronert 

•ο ]YCKAA6[ 

.*  .  .  .  JÜPOL 

(X)   ]o 

N[ ]Υί  fool.  Ul] 

c[ .]■ 

es  Ρ€[λικών ]CY 

ihb'  δρα  [.  . 

AeT''  δρο[ς  .  .  [II  5] 

ΡωΝΚΥ[.  . 

κρου[€ρ  .  . 

60  [.   .    . 

Τ'[.  . 

έρα[τ  .  .  [Π  10] 

Θ'Α[.  . 

Β 

Γ[ ]  [Π  12] 

Αβορο  de  domus  suae  fatie  oraculum  adeunti  respondetur 
ab  Acraephene  templi  Apollonis  Ptoii  sacerdote.  filiae  Asopi  alii 
alias  enumerant,  cf.  e.  g.  Diod.  IV  72 1,  Apollod.  bibl.  III  156, 
novem  Corinna,  altera  carminis  pars  (inde  a  ve.  90)  adhuc 
obecura. 

(1)  1  Μιυ[σάιυν  Ριοστ€φάν]ιυν 

οώ[ρον έ]νέπιυ 

δη  [μονάς  μέΧτχωαα]  μέλι.  [Π  15] 

52  litterae  Ο  pars  dextra  servata  53  in.  Ν,  Η,  F,  Κ,  non  TT 
ex.  glo88.   €    intra    Yl,    velut   €ύφο]υϊ  54  C,  Θ,   non  0    ex.  gloss. 

€πΐΚΛΗΘΗ€€€ΘΑΙ  55  certe  non  fuit  hasta  erecta  ante  Ύ  56  ΑΦΑ 
sive  AIPA  spatio  raagis  couvenit  (ά[(]ρα[ς?).  hiatum  post  v.  55  notat 
Schroeder  βΟ  in.  Φ  lineola  transversa  delet.,  cetera  lacuna  occupat 
βΒ  mg.  sin.  ana  cum  paragrapho  adscripta  coronis.  sed  abest  para- 
graphus  post  ys.  57  neque  omnino  stare  potuit  propter  — ]  |ptuv.  qtiare 
clausulam  carminis,  in  qua  sphragidem  desiderat  Crusius,  ampli- 
ficata  structura  praeditam  fuisse  conicio. 

Β  tit.  initio  versiculi  littera  F  deleta,  at  superscripta  Γ.  quin 
snbsit  carminis  inscriptio  nullus  dubito,  quamquam  neque  βΤσθβσις 
noque  interstitium  apparet  aliaque  fuit  papyrorum  Baccbylidis  et  Pin- 
dari  Oxyrhynchici  ratio,  supplementuii  latet  (fevca  *Ασωπία  abieoi, 
mallem  Άσώπιη)  2  ex.  NEIN  Wil.,  quod  ferri  non  posse  vidit;  lit- 
terae NTTCO  tautum  non  certae,  post  CO  lacuna  Η  post  ΔΙ  hastae 
pars  suprema  (ΔΗ?)     ex.  Μ6ΛΙ.  (€  supra  I  gloas.)      1—3  temptavi 


Corinnae  quae  eupersant  171 

Ni"[ ia]a6biov 

β  M6[ .'  ]A 

(II)  .  ώτ[€ ]  άθλιος 

MCO[ θΐουσίας 

Τ[. ]0•  φίλα  fll  20] 

eCA[ φθ]οττάν 

10  COYN[ ]Ν 

(III)  Ιών  [ ]ΦΟΝ 

ΓΑ[ ]n"a    ' 

πΑΤ[. ]KICIC  [II  25] 

Άσιυπ[ ]  έν  νόμον 

15  λών[θι ]Α 

(IV)  άνί[κα ]πωΝ 

AA'l , ]PAC• 

T€iv[ μ€λ]άθρων  [II  30] 

μετ•  Ä[ .  .]Ν 

ao  έμ  π€[ιμονάν ]'C 

(V)  ών  "Ηγίιναν,  τευς  γ€]ν^θλαν, 
Δεύς  [πατείρ,  burrelp  ά]γαθών 

πΑΤΡΟ[ έ]ς  LH  35] 

ΚορκούΙρας 

9»  Ν.'€ΙΔ[ ] 

(VI)  ΤΤοτι[οάων πα]τ€ίρ 

Σιν[ώπαν ]C 

θ€σ[πίαν έ]στιν  ίχων  L^^  ^^] 

Α- 
5  ΜΟ  Wi].,  sed  eciutilla  hastae  obliquae  servatur       f)  CO        8  0 

potius   quam   Ρ    fuit    ΦΑ,    Α  exp.  1   sscr.  carreotor;    praecedit   stigme 

9  in.  hiatum    meudoeum    notat  Wil.     ex.  Α    post   0Γ   linea  transveraa 

del.  libr.        11  IQ       13  ex.  etiam   Κ  et  alterum  C  pro  certie   habeo 

14  ghss,  €C      UJ  post  Ν   supra  vs.  atramenti  veRtigia,  in  quibue     latere 

suepicaverie,   sed  littera  ipsa  tota  periit  C  propter  νίκα)    ex.  TTsiveTI 

17  PA  eive  Φ  Α  19  Τ  tum  Ä  eive  Α      20   ex.    sie  potius  quam  ]Y 

ghitm.   ΠΗΜΟΝΑΝ  (-NON   non    vid.)       21  QN.H     Ν^ΘΛΑΝ   supplevi 

22  θώΝ        23  fjloss.  €K  (ad  fincm  versus  rettuli)  24  κ6ύ     Κόρ- 

κου[ραν  bi  κή  Σαλαμ1]ν'  €{h\i  — ]  ΤΤοτι[δάων  κλέψ€  πα]τ€ίρ,   Σιν[ώιταν 

δέ  ΛατοΤΪ>ο]ς  tempt.  Wil.    βΤΡ.  (€1  ex  Η  corr.)       28  ωΝ• 


172  Crönort 

τ€[ jec 

30  Λω[ ] 

(VII)       τ[οϊ  ö' ]0Ν 

Β[ ]    ■ 

π ]  σαφές•  [Π  45] 

θ[ : .] 

3«C[.    . 

(VIII). Τ[.  . 

ω[. . 

π[.  .  [Π  50] 

*  ι. 

.Α[.  . 
«.  6Γ[ .  .  [οοΐ.  III  1] 

(IX)        π ]\Α 

JMAN 

:ΐΝ 

π]αρά  θιών         [III  5] 

- ] 

(Χ)         ]AC 

έν  b]fc  τιώς 

ου]ποκ'  αυτό  [ ]θωΝ• 

Δαν]α  γαρ  θιάς  [τ'  έφέπιυ-  [III  10J 

60  σ'  €  Ιύοήμιυν  [ίσ€τ'  €i]b€i. 

30  ΛΟ  Wil.  31  glo88.  Ύω\ΔΌΎΤΟ  e  ΤωΚΟΥΤ()  ni  fallor  cop- 
rectum.  haetae  quae  litterae  Τ  adhaeret  compendii  vim  inesse  puto: 
οοτ(ιυς)?  ΤωίΔΟΥΠ  Wil.  33  Φ€€•  34  gloss,  M€XPI  37  in.  Α 
Wil.  39  spir.  dub.  40  Γ,  Π,  Ν,  non  I  44-47  of  infra  fr.  C 
44  θϊωΝ  (θιών  per  synizesin)  4()  gloss.  C€A[€]I  eive  C€AI  47  Tl 
gloss.  €NTI€CA€  (έντ(  ad  ένθί  ref.  Wil.,  qiii  ecripsit  —  ?νθ'•  έν  bi  — ] 
τιώς,  sed  certa  litterae  €  vestigia  mihi  recuperasee  videor)  48  TTÖk* 
(sie  acut,  supra  0,  ex  quu  illud  αυτό  enolitioam  esse  docemur,  cf. 
Kühner- Blaes  I  o39.  nam  inauifesta  est  librarii  in  accinendo  eubtilitas, 
quacque  in  üontrariam  partem  exbibet  proecdosis,  itcrata  collatiooe 
deleta  aut  in  dubium  vocat:i  sunt,  cf.  Α  1ί>,  20,  21,  Β  38,  39,  64,  130) 
ex.  ΘΟ)Ν  •,  sed  €  supra  ΘΟ)  add.  incertum  utrum  correctura,  ouiue 
rationem  non  intelligo,  an  glossa  gloss.  OYTTOT*  49  gloss.  addidit 
€  supra  ΘΙ     AC   sive   ΑΘ  49  —  50  tcmptavi    (de   Metopa    rem   eese 

vidit  Wil.)     50  €l•    gloss.  HAH 


Corinnae  quae  supenimt  173 

(XI)  τάν  hk  7ΓήΙ)ω[ν  τρις  μ]έν  ίχι 
Δ€ύς  πατ€ί[ρ,  πάντιυ]ν  βασιλεύς* 
τρις  bk  πόντ[ω  γαμε]  μέbωy 

T7[oTibau)v,  τ]δν  bk  οουϊν  [III  15] 

66  Φυβος  λέκτ[ρα]  κρατούνι. 

(XII)  τάν  b'  ϊαν  Μή[ας]  αγαθός 
ττής  Έρμας.  ου[τ]ω  γάρ  ?ριυς 
κή  Κούπρις  πιθέταν,  τιώς 

έν  οόμως  βάντας  κρουφάοαν  [III  20] 

60  κώρας  έννί'  έλέσθη. 

(XIII)  τη  ποκ'  είρώων  γενέθλαν 
έσγεννάσονθ'  €\μιθέιυν 
κδσσονθη  π[ο]λου[σπ]€ρί€ς 

τ'  άγείριυ  τ*,  ές  [μ]οντοσ]ούνω  [III  25] 

66  τρίποδος*  ώ[σ]τ'  [έοιοάχθειν. 

(XIV)  lobe  γέρας  κ[ατέσχον  \ώ]ν 
ές  π€ντ€{κο[ντο]  κρατερών 

.  όμήμιυν  πέΙ)[οχο]ς  προφά- 

τας  σεμνών  άοούτων  λοχών  [III  30] 

70  άψευοίαν  Άκ[ρη]φείν. 

51  ΠΗ  glo88.  €  eupra  XI  52  ex.  YC•  53  TPlC  54  prior 
versiculi  pars  non  erat  scripta  praeter  brevem  hastam,  omisit  fortasse 
librariuB  propter  archetypi  vitium,  scilicet  ut  aliunde  expleret  (est 
lacuna  XI  litteraram)  glo88,  €  supra  Yl  55  ΦΥ  ΤΟΥ  gh88.  €  snpra 
Nl  56  ΤΑΝΔΊΑΝΜΗ  (eio  Α  ut  vid.,  propter  τάν)  57  HHCePMAC  0" 
πής  (cf.  infra  76)  Boeotioum  teetantur  Herodian.  I  401  le,  Anecd. 
Ox.  I  346  β;  oeterum  of.  fr.  19  58  KOY  TAN.TIQC  glo88.  XeOYC 
59  TACK  ΦΑΔΑΝ  ,  glo88.^£C  60  ΚΟΟΡΑΟέΝΝΙΈΛΑΘΗ•  61  TH- 
πΟΚΈΙΡώ  €ΘΛΑΝ  glo88,  TAI  62  ACONÖ  QN*  gloss,  €ΚΓ€ΝΝΑ- 
CONTAI  63  KA  pSeC  64  TATEIPOT'  OYNO  gloss.  HPQ€k'(iegit 
T*  δτ^  €tpui ,  quod  correxit  Wil.)  65  COIT'  (ώστβ  πέπουσμη  Wil.,  qui 
reete  d&rre  improbat)  66  Τ0  ex.  Ν  ut  vid.  67  Τ€ί  68  OMH 
π^δοχος  sor.  cum  Wil.,  quamquara  ΤΤέΤ  aptius  legitur,  sed  potuit  hasta 
obliqna   longo   tractu   sinistrorsum    producta  esse     ΦΛ  70  ΦέΐΝ* 

gloss.  €    inter  ΔΙ     cf.  Paus.  IX  23  6   (de    Ptoio)   μαντείον    ήν   αυτόθι 
άφευδές 


174  Cronert 

(XV)  πράτοι  [μέν]  γάρ  [Λα]τοίΙ)ας 
δώκ'  Εύωνούμοι  τριπόδων 
έσς  Ιών  [χρ€]ισμώς  ένίπιν. 

τον  ν  ές  γας  βαλών  Ούριεύς  L^II  35] 

75  τιμά[ν]  δεύτερος  Τσχεν, 

(XVI)  ττης  ΤΤοτιόάωνος,  έπί- 

τ'  Ώα[ρί]ιυν  άμός  γενέτιυρ 
γηα[ν  Ρ]άν  άττπασάμενος. 

χώ  μέν  ώραν[ό]ν  άμφέπι,  [III  40] 

80  τιμάν  b'  [έλλαχο]ν  ουταν. 

(ΧνΠ)      τώνεκ   [εμπνευσθεί] ν  ένέπο) 
τ'  άτ[ρ]έκ[ιαν  χρει]σμολόγον 
του  δέ  [φίλ'  ίκε  τ'  ά]θανάτυς 
κή  λού[σον  {>'  άχίυϋ]ν  φρένας  [III  45] 

86  6ημόν[εσσιν  έκου]ρεύιυν. 

(XVIII)  ώς  έφα  [μάντις]  π[ε]ράτείς. 
τόν  b'  Ά[σιυπός  άσ]πασία)ς 
οεΗίας  έ[φαψάμ]ενος 

όάκρου  τ'  [όκτάλ]λυϋν  προβαλ[ών  [III  50] 

90  Obb'  άμίψ[ατο  φ]ώνη ' 

(XIX)  ....  [col.  IV  1] 
Φ(ΟΡ[.  . 

ΤΑΔ€[.  . 
βεβε{λ[.  . 
9fi  άπιθα[ν  .  .  [IV  5] 

71  πΡΑ  GIAAC  72  ΔωΚΈ  ΟΫΜΟΙ.ΤΡΙ  de  Euonymo  of. 
fr.  11  73  ΕΝίπΐΝ  pr.  ΕΝ^ΠΙΝ  corr.  fsscr.  €)  gloss.  €  supra  ΠΙ  et 
in  mg.  GK  74  ΤΟΝΔ'  γα  Boeot.  ap.  Herodian.  II  912  8,  at  γήαν 
paulo  post  V8.  78  75  iCX€N•  70  HHC  AAQNGC•  €πΐ'  77  V  AM 
€ΤωΡ  78  ÄNAnnÄCA'M€NOC•  Fdv  aeuto  vitioso,  ni  fuit  Fav,  cf.  ad 
Β  97      gloss.  ANAKTHCAM(eN)OC  79  gloss.  €  supra  ΠΙ        80  T\ 

OVtAN  81  Τώ  [ίγνιυν  voO]v  έν^πω  Wil.  82  rAT[P]§  ΓΟΝ* 
83  supra  0  sscr.  A?  ut  sit  τά  hi  (varia  lectio  deterior)  Wil.,  at  est 
TÖY  ATYC-  gloss.  e\Ke  84  KHAOY  στουγεράς]  φρ^νας  Wil.  85  ΔΗ- 
MÖN  gloss.  OT(HC)r]AMH0€IC(HC)|[nATJHPHTOYrHi[MAN]TOC  8G 
ace  ArefC-  87  ΔΆ  8H  AC€  sive  AC0  NOC.  89  ΔΑ'κΡΟΫ 
90  ωΔ'    ΝΗ•    gloss.  €  supra  MI        94  B€B€        95  ÄHI 


Corinnae  qaae  sapersunt  175 

(XX)  τεοΟς  b[k  .  . 
ΡάΙ)θ[μη  .  . 
παύομ[η  .  . 
6NCTP[.  . 

ιοοτέκν[.  .  [IV  10] 

(XXI)  τ€ώ  Γ[ .  . 
πΑΝ€[.  . 
?νθια'[.  . 

ΔΙΑ,Νί[.  . 
106  τάω[ν  *  .  [IV  ΐ5] 

(XXII)  ?bv[.  . 
οώσ(υ[.  . 
€ΘΗ•Φ[.  . 
COYNIJ.  . 

uoTeiN  λαυς  "[.  .  [ι ν  20] 

(XXIII)  τόσον  έφα  CC[.  . 
Πάρν€ΐς  άντ[αμι  .  . 
Ράοομή  τ€    θ[.  . 
Fabeiav  ΤΡ[.  . 

115  Κ6ΙΝ0Τ€0Υ(:-[.  .  [IV  25] 

(XXIV)  TÖYX[  .  ]"6[.  . 
K9C  .  ]ΜΝ€ΓΙ[.  . 
έσ€ρ[ί]υς•  Τ\, 

στίργω  τ*  ά[θανάτων  γάμιυς 
lao  ΚΑΜ6ΙΦ[.  .  [IV  30] 

96  OYC?  97  FA,  of.  113  (114  papyri  damno  eignum  interiiese 
vid.),  qnibus  testimoniie  egregie  confirmatur  lapidis  Tanagraei  soriptura 
iTU  nκabάμoe  έμί  IG  VII  593,  Meister  I  254,  Schroeder,  Proleg.  in 
Pinä.  II  9  98  ΠΑΥ  100  τέ  101  T€uiv(Wil.)  non  videt.  102  ΝΘ 
(Wil.)  sive  N€  103  ΘΙΔ  Wil.  104  supra  I  (sive  H,  vix  Y)  vest.  acc, 
acQÜ  ut  puto  105  paragr.  litterae  Τ  inhaeret  108  C  postea  add. 
(nimiram  gloseator  secundam  grammaticorum  doctrinam  — σ|θη  in 
~|σθη  correxit,  cf.  Memoria  graec.  Herculan.  p.  17  109  0  postea 

inter   Cf    add  110  T€tv  Wil.     abest   paragr.  papyri    ut  vid.   vitio 

112  ΠΑ         113  ΡΑΔΟΜΗ         114  Δ€ΙΑ  115  in.  Δ€Ι  Wil.  (obstant 

atramenti    vestigia  summo  versu)  118  YC*  Τ  119  T'A   suppleyi 

120  Φ,  o,  c,  ω? 


176 

Grönert 

(XXV)        Κιθηρ[ών  .  . 

HTicoq  . . 

ΠΛΘΑΪ  .  . 

μ€Λέ  *[.  . 

135  COYNT[.  . 

[IV  3δ] 

(XXVI)       ΗΜ€ΝΘ[.  . 

θουμό[ν  .  . 

έν  ιτολ[.  . 

κή  Τάρ  [.  . 

180  ν  €ΐς  Κ[.  . 

[IV  40] 

(XXVII)      κή  Κιθ[ηρών  .  . 

ΤΤλάτη[αν  .  . 

b'  δτ€τ'  ω[.  . 

κλαρος,  Ι[.  . 

186  τυς  Πλ[ατ  .  . 

[IV  45] 

(XXVIII) '  πάρν€[ις  .  . 

τών  ΔΙΑ[.  . 

θανοντ[.  . 

Πάρν€[ι  .  . 

U0  .φΐλουρ[.  . 

[TV  50] 

(XXIX)     δς  ποκ'  €[.  . 

μαντ[  .  . 

quae  secuntur  papyri  fruetula 

ä-% 

certa 

eede  oarent. 

adetit   margo   sinistra, 

cetera 

inter   ] 

litterae   absei  ssa.     per- 

tinet  ni  fallor  ad  Β  44-47 

(Col. 

III  4- 

7j,   ut  eit  1 

rr]apa  θιών 

6ημόν[υϋν,  quamquam   negat 

Wil., 

qui  col 

l.  deperditae  V  tribuit. 

sed  papyri  habitue,  quo  utitiir  argumento, 

vix  tantuir 

1  valet. 

KPei[ .  . 

δημον[.  . 

δ€υτ[.  . 

β€ίλον[τη  . 

• 

12.-]  lectio  dubia,    Λ  potiue  Η  habetur, 

supra  Α  praeter  acutum 

etiam  aliud  quid  fuit        120  €  (Wil.) 

non  vid 

128  Λ  sive  Δ        130 

Δ'€ΐ   abestparagr.       1:^2  ΠΛΑ 

133  Δ»ΑΓΕΤ= 

'      134  POC• 

1     135  ITC 

abest  paragr.       13Γ>  ΠΑ  (ANN 

in  APN 

1  corr.) 

140  ΛδΥ 

Corinnae  quae  sapersant  177 

D 

margo  sinietra  servatur.   ad  col.  I  eive  V  relegit  Wil. 
N[.  . 

TTAPO[.  . 
dibc  b'  [Ιφα 
Ν€"[!  . 

.  ei . 

Ε 
e  dextra  colamnae  (V  eeo.  Wil.,    of.  adnot.)  parte,   eerrata 
qaoqne,  nt  vid.,  margo  snperior. 

]<OYN• 

] 

Ρ 
e  media  qnadam  eolamna  alterins  nt  vid.  oarminis. 

]ΐωΐ[ 

]Δ6π0Τ[ΙΔΑωΝ(?) 
]ΤωΝ€[' 

]nOPeN0[YBOC(?) 
β  ]Δ6ΊπΑ[ 

]XeiTii 
^-ρ[ 

G 

apographo  atimnr  Wilamowitzii ,  fragmentnm  ipsum  aut 
periit  ant  tatet,  eamma  colnmna  verenam  exitue  ocoupavit,  eicot 
fr.  E. 

]0N 

1ΑΙΔΑ 

]■ 

]ΛΔ0ΙΜ€[ 
6  ]ΑΜΦΐπθ[ 
]€Ι. 
]TON 

D3  ω  4  Ν  live  Μ  Ε  mg.  βαρ.  glosa.  ΑΓΡ1]€ΛΑΙΑπΑ[Ρ0]|- 
MHPCi)[l.  vocem  φουλίαν  explioari  vidit  Wil.  (cf.  φυλ(ης  €  478  ibique 
Bchol.).  qaocam  confert  φιλου[ριν•  Β  140.  verum  hoc  loco  Φιλούρας 
Ίτής  subeese  polest  propter  £ndeida,  Asopi  filiam  2  gloss.  ΑΙΨΑ  (ήψα 
Corinna)  G  3  eine  litteris,   quod  fortuitum   vid.  0  *vor  €  von 

links  ein  Verbindungsstrich'  Wil. 

BIMI&  Mw.  t  Phllol.  M.  F.  LXIU.  12 


178  Crönert 

FßAGMENTA  APVD  VETERES  SERVATA 

Μ€ΛωΝ  ΑΒΓΔ6 
cf.  teet.  1,  6. 

e  (B?) 

1  (9  Bergk*) 

Hephaest.  Enoh.  2  (TTepi  συν€κφιυνήσ€ΐυς)  .  .  ή  buo  βρα- 
χ€ϊαι  €ΐς  μίαν  βραχεΐαν  (παραλαμβάνονται)  .  .  ίστι  μέντοι  και 
έν  ίπ€ΐ  (in  hexametro),  ώς  παρά  Κορίννηι  έν  τώι  πέμπτιυΓ  *ή 
—  Κόριννα/  ad  quae  Choerob.  παραφέρβι  W,  δτι  ευρεται  και 
έν  στίχιυι  παρά  Κορίννηι  έν  πίμπτηΓ  τινές  bi  φασιν  έν  b€u- 
τέραι,  κρεϊττον  5e  έστιν  έν  πέμπτηι.  memoria  Hephaestionie 
vitio  palaeographico  laboravit  litteris  Β  et  €  confneie,  id  qaod 
iure  statuit  Wil. 

ή  οιανεκώς  ευόεις;  ου  μάν  πάρος  ήσθα  Κόριννα 

ύπναλέα  pergit  G.  Hennann. 

ΓΕΡΟΐωΝ  ÄB 

pecaliari  carminnm  ejllogae  inpcribitur  in  comploree  nt 
videtur  partes  divisae  (Wil.).  titulum  detexit  Hereber  Hermae 
ΧΠ  315.  γεροΐος  id  est  γερ-ώιος  (Et.  magn.  224  87  ol  γάρ 
Βοιωτοί  το  ω  και  Γ  εΙς  τήν  οι  6(φθοττον  τρέπουσι,  τό  πα- 
τρώιος  πατροϊος  λέγοντες  και  τό  ήρώιος  ήροϊος)  eeqnitar 
nominum  πατραι-ιος  et  μητραι-ιος  naturam  sicut  etiam  qaod 
apprime    conferendum  est  παππ-ώιος. 

2  (20) 
Heph.  Eneb.  16  (ΤΤερι  πολυσχηματίστιυν)  .  .  ομοίως  bt  καΐ 
έπΙ  τών  Γλυκωνείιυν  τοιαύτα  σχήματα  παραλαμβάνεται,  οίον  έν 
τοις  Κορίννης•  *καλά  —  ένοπής*.  ώ6ε  και  τόδε*  'και  —  ούψι- 
βίας*  (fr.  27).  ίτι  6έ  και  πλείοσιν  αυτή  κέχρηται  σχήμασιν. 
*6ούρατος  —  δονεΐτη'  (fr.  28—32). 

κλία  γεροί'  άισομένα 
Ταναγρίδεσσι  λευκοπέπλυς• 
μέγα  b*  έμής  γέγαθε  πόλις 
λιγουροκωτίλης  ένόπης 
καλά  γέροια   είσομένα  Α  (opt.),   καλαγέρεια  είσ.  J,    κλία 
Bergk,   γεροΓ  άισ.  Hereber  1.  ο.    λευκοπέπλοις   (-πλους)   codd. 
έμή  codd.,  corr.  Boeckb.  γέγαθε  J,  γέγασε  Α. 

3  (7) 
Anton.  Liber.  25  Μητιόχη  καΐ  Μενίππη.  Ιστορεί  Νίκανδρος 
Έτεροιουμένων  b  (ρ.  03  fr.  57  Scbn.)    και  Κόριννα  Γεροίων  ά. 


CorinDae  quae  snpereant  179 

'Ωρίιυνος  του  Ύριίιυς  έν  Βοιωτίαι  θυγατέρες  έγένοντο  Μη- 
τιόχη  και  Μενίππη.  αύται  δτ€  'Qphuva  ήφάνισβν  έ£  άν- 
θρώτπυν  "Αρτεμις,  έτρίφοντο  παρά  τήι  μητρί.  καΐ  Άθηνδ  μέν 
έόΛασκεν  αότάς  Ιστούς  έΕυ(ραίν€ΐν,  'Αφροδίτη  bt  αύταϊς 
ibu)K€  κάλλος.  έπ€ΐ  bk  *Αονίαν  ολην  ίλαβε  λοιμός  και  πολλοί 
άπέθνηισκον,  θεωρούς  απέστειλαν  παρά  τον  'Απόλλωνα  τόν 
Γορτύνιον.  και  αύτοΐς  εΤπεν  ό  θεός  Ιλάσσασθαι  ούο  τους 
έριουνίους  θεούς*  ?φη  bk  καταπαύσειν  αυτούς  τήν  μήνιν, 
εΐ  όύο  δυσιν  έκουσαι  (ίχουσαι  codd. ,  oorr.  Gale)  παρθένοι 
θύματα  γένοιντο.  προς  bk  bi\  τό  μαντεϊον  ουδεμία  τών  έν  τήι 
πόλ6ΐ  παρθένων  ύπήκουσεν,  άχρι  γυνή  θήσσα  τόν  χρησμόν 
έΕήνεγκε  προς  τάς  θυγατέρας  τοΟ  Ώρίωνος.  αΐ  b'  ώς  έπύθοντο 
περί  τόν  Ιστόν  ίχουσαι,  τόν  υπέρ  αυτών  (άστων  Valck.)  θάνα- 
τον έδέΕαντο  πριν  ή  τήν  έπώήμιον  έπιπεσουσαν  αύτάς  άφανίσοα 
νόσον.  τρΙς  bk  βοησάμεναι  χθόνιους  δαίμονας,  οτι  αύτοϊς 
έκούσαι  θύματα  γένονται,  έπάτα£αν  έαυτάς  τήι  κερκίδι  παρά 
τήν  κλείδα  καΐ  άνέρρηΕαν  τήν  σφαγήν.  και  αύται  μέν  αμφό- 
τεροι κατέπεσον  ές  τήν  γήν,  Φερσεφόνη  δέ  καΐ  *Άιδης  οίκτί- 
ραντες  τά  μέν  σώματα  τών  παρθένων  ή(ράνισαν,  άντΙ  δ'  εκεί- 
να ν  αστέρας  άνήνεγκαν  έκ  τής  γής*  ο\  δέ  φανέντες  άνηνέ- 
χθησαν  εΙς  ούρανόν,  και  αυτούς  ώνόμασαν  άνθρωποι  κομήτας. 
Ιδρύσαντο  δέ  πάντες  "Αονες  έν  Όρχομενώι  τής  Βοιωτίας  Ιερόν 
έπίσημον  τών  παρθένων  τούτων,  κα\  αύταϊς  καθ'  ίκαστον  ίτος 
κόροι  τε  και  κόραι  μειλίγματα  φέρουσιν.  προσαγορεύουσι  δ* 
αύτάς  Αχρι  νυν  ΑΙολεΐς  Κορωνίδας  παρθένους. 

<ΑΘΑΝΑ> 
4 
of.  teet.  2. 

5  (29) 
Plut.  De  mu8.  14  ρ.  1136^  άλλοι  δέ  καΐ  αυτόν  τόν  θεόν 
(flcil.  τόν  Απόλλωνα)  φασιν  αύλήσαι,  καθάπερ  ιστορεί  ό  άριστος 
μελών  ποιητής  Αλκμάν  (fr.  102  Β.)  *  ή  δέ  Κόριννα  καΐ  διδα- 
χθήναί  φησι  τόν  Άπόλλω  ύπ'  'Αθηνάς  αύλεϊν.  βχ  Alexandre 
Polyhietore  (of.  5,  ρ.  1 132Uv  τήι  Συναγωγήι  τών  περί  Φρυγίας)? 
occnrrit  etiam  operie  de  oraonlo  Delphico  (Maaee,  De  Sibyllarum 
indicibus  p.  22)  recordatio. 

ΒΟΙΩΤΟΣ 

genealogiam  huio  carmini  ioeernieee  videtnr  Corinna,  quem- 
admodnm  ex  Anopi  prole  (fr.  B)  didicimuR.  quare  fr.  6  et  7 
buc  collocavi. 


180  Crönert 

6  (1) 

Herodian.  TTepi  μον.  λ^Ε.  ρ.  11  Lehre  ΓΙΙ  917  Lentz)  τταρά 
bi  τώι  ποιητηι  TToaeibauJv  .  .  παρά  μ^ντοι  Βοιιυτοϊς  ΤΤοτ€ΐ6άιυν 
τραπίντος  του  σ  €ΐς  τ.  Κόριννα  Βοιωτοί  (βοιιυτοί  codd.r 
'τού5€    —  ΒοιαιτΕ*. 

τού  bt,  μάκαρ,  Κρονίοη,  τού  ΤΤοτιοά- 
αινι  ΡάναΕ  Βοιωτέ 
του    ποτ€ΐ6άυϋνος    άναΕ    Βοίαιτε    codd.,    corr.  Wil.  ΡΗϋσΙ, 
Unters,  Vll  321,  qui  veluti  ίφιλ€ίθ€ΐς  Hive  έορτάς  κατέστασας 
sapplendum  eeee  dixit. 

7  (80) 

Schol.  Apoll.  Rhüd.  I  551  *Αρμ€νίοας  bk  έν  τοις  θηβαι- 
κοϊς  Άμφικτύονος  υ\όν  Ίταινον  έν  θεσσαλίαι  γεννηθήναι, 
κο\  ΆλέΕανορος  έν  τώι  α  τών  Καρικών  υπομνημάτων  Κοριννης 
ύπομνησθβίς  (eic  re>ititiii,  cf.  teHt.  10).  PauR.  IX  li  Βοιωτοί  bk 
TÖ  μέν  παν  ίθνος  άπό  Βοιωτού  τό  όνομα  ίσχηκβν,  δν  Ίτώνου 
παϊοα  και  νύμφης  6ή  Μβλανίππης,  "Ιτωνον  bi  Άμφίκτύονος 
βίναι  λέγουσι.  Steph.  Byz.  8.  Boiurria*  μόνη  τής  Ελλάδος  έτύ 
τρισ\  θαλάτταις  όιήκοντας  ίχ€ΐ  τους  οίκήτορας,  τους  μέν  .  . 
τους  bk  .  .  τους  bk  προς  τον  Ευριπον  και  Μακεδονίας  καΐ 
Θεσσαλίας  θάλασσαν.  ;όνομα  b'  ίσχεν  άπό  Βοιωτού,  ως  φησιν 
'ΑρμενΙδας.  (?)>  γενέσθαι  bl  φασι  Βοιωτόν  Ίτώνου  του  Άμ- 
φικτύονος,  του  κατ'  αυτόν  νεωτέρου  τών  Δευκαλίωνος  καΐ 
Πυρράς  παίδων,  excidisse  ante  γενέσθαι  nomen  scriptorie  oam 
Boeoti  mentio  probat  tum  κατ'  αυτόν,  quod  in  κατ'  ΆλέΕανδρον 
corrigi  iusserat  Maaee. 

8  (31) 

Scbol.  Apoll.  Rhod  III  1178  Ώγυγίας  bk  τάς  Θήβας  άπό 
'Ωγύγου  του  (πρώτον  (add.  Ungar,  Jhehana  Paradoxa  ρ.  264)^ 
βασιλεύσαντος  αυτών.  Κόριννα  bk  τόν  "Ωγυγον  ΒοιωτοΟ 
υΐόν.  άπό  τούτου  bk  και  τών  Θηβών  πύλαι. 

ΕΠΓ  ΕΠΙ  ΘΕΙΒΗΟ 
mytbographi  ignorant  siout  alia  plura. 

0  (6) 
Apoll.  Dysc.  De  pron.  119®  Δωριείς  ύμές  .  .  ΑΙολεϊς  ΰμ- 
μες  .  .  Βοιωτο\  μετά   bιφθόγγoυ  τοΟ  οϋ*  Όύμές   —  κομ.*    Κό- 
ριννα Έπτ'  έπΙ  θήβοις  (sie  cod.). 

ούμές  bk  κομισθέντες 
seil,  άπ'  *Άργους. 


Corinnae  quae  eapereunt  181 

10  (35) 

Schol.  Hom.  Townl.  Ρ  197  τηράς:  αποκοπή  του  γηράσας, 
ώς    ύποφθάς,    έπιπλώς•  και    Κόριννα    (κ'  ώρινα    cod.,  corr.  G. 
Dindorf,  Schneidewin)   βροντάς  άντι  του  βροντήσας. 
βροντάς 

de  Capaneo  sive  Amphiarao  dictum  videtur. 

EYQNOYMIH 
Enonymue  Boeotorum  heroa,  cf.  supra  Β  72,  Steph.  Byz.  β. 
Αύλίς  (κώμη  Ταναγραίυϋν  Strab.  IX  403)  .  .  Τρύφων  παρά  το 
όλισθήναι  άλίς  και  Αύλίς.  βίλτιον  άπό  της  Αυλίδος  της  Ευω- 
νύμου του  Κηφισού.  Schol.  D  ad  Β  496  Αύλίοα  .  .  άπό  Αύ- 
\\boq  τής  Ευωνύμου  του  Κηφισού,  inde  nomen  Boeoticum  Εύω- 
νυμόοωρος  IG  537,  1035  (Tanagrae),  419  (Thebis),  2724  (Ha- 
liarti),  Εύωνυμίοας  2429  (Thebis).  inde  etiam  Εύώνυμον  loci 
oomen  et  inquilinae  Εύωνύμιαι  (Wil.),  niei  potiue  Euonymi  filiae 
significari  stataendum  more  Boeotico  Εύωνύμειαι,  noii  Εύωνυμίδες 
appellatas.  nam  Cephisi  genue  a  Corinna  eadem  fere  ratione  de- 
dnotnm  esse  videtur  atque  Asopi. 

11  (19) 

Apoll.   Dyeo.   De    pron.  136®   Αιολ€Ϊς    μετά    του    F    κατά 
πασαν   πτιυσιν   κα\    τ^νος    (τό    έός   λίγουσιν)  .  .  ομοίως    και 
Βοιωτοί.    Κόριννα  Εύωνυμίης  (sie  cod.)  'πήδα  —  έλέσθη'. 
πήόα  FOV  θέλωσα  φίλης 
αγκάλης  έλίσθη 
πηοβγον  cod.,  corr.  ßoeckh.     perperam  de  πη5'  έΡόν  cogi- 
tavit  Bergk,  qui  de  fb  confert  fr.  3. 

ΡΙΟΛΑΟΣ 

12  (5) 
Apollon.  Dyec.  De  pron.  113^  bia  του  €  ή  νώ€  παρά  *  Αντι- 
μάχωι  έν  Θηβαίοι  (fr.  39  Κ.)  'ίορακβ  νώ€  μολουσα  '  και  'του  — 
νώ€*  έν  Ίολάωι  Κόριννα. 

τού  τ€  νώ€ 

<ΚΑΔΜΟΣ)? 
cf.  fr.  40. 

ΚΑΤΑΠΛΟΥΣ 
de  reditn  Orionis.  aliie  quoque  carminibue  Orionie  fabulam 
enarratam    faieee    titalas   dooet   (de   vitae    exita   cf.  supra  Β  79, 
fr.   3). 


182  Crönert 

13  (26) 
Aneod.  Oxon.  I  172  συν€μπίτττ€ΐ  b^    ή    ές    πρόθ€σις    και 
δλληι  Βοιωτιακήι  KpoWaei  τήι  iL•    ές  Μουσών'  άντΙ   του    έκ 
Μουσών  (cf.  infra  fr.  35)'  fiv  6έ  ςκυνήεν  έπιφέρηται,    bia  buo 
σσ•  *έσσ'  Άρχιπτολίμου* .     «imiliter  Ι  160. 
έσσάρχι  πτολίμιυ 
corr.  Ahren8)  qui  etiaiu  πολέμυϋ  iutulit.    prope  afaiese  conicio 
a  fr.  14. 

U  (2) 

Apoll.  DyHc.  De  pron.  1)8^  έοΟς.  αυτή  ακόλουθος  Δαιρικήι 
τήι  τ€ους,  ήι  συνεχώς  και  Κόριννα  έχρήσατο.  έν  Κοτάπλαιι* 
'νίκασ'  —  ώνούμην€ν*. 

νίκασ'  ό  μ€ταλοσθέν€ΐς 
*Ωαρίυϋν  χώραν  τ'  άπ'  έοΟς 
πάσαν  ώνούμηνεν 
μεγαλοσθένης  cod.  ct.  eupra  Β  78  γήαν  Fav  άππασάμ€νος. 
verum  quae   innuitur  a   puetria   terra  Ώαριιυνβία   cum  aliis  tum 
metonomasiarum  auctoribue  ignota. 

15  (4) 
Apoll.  Dyec.  De  pron.  105^  λίγεται  bk  και  τίν  και  ίτι  μ€τ' 
έπ€νθέσ€ως  του  e  τ€ΐν.    ίοίιυς  γαρ  ή  μετάθεσις  ή  βίς  τό  τ  του 
e  οβκτική  έστι,  σου  του  τεου,  σός  τεός.    τίθεται  παρά  Κορίννηι 
και  έπ'  αΙτιατικής  έν  Κατάπλωι•  Όύ  —  οαιμιυτ*  άντΙ  του  σε, 
και  σαφές  ώς  κατ'  έναλλαγήν  πτώσεως. 
-  ου  γάρ  τιν  ό  φθονερός 
δήμων  <&ρπαΕενΝ 
δαιμιυτ  cod.,  δήμων  Ahrens,  sed  iure  verbum  requirit  Wil., 
unde  pendeat  τιν.  supplevi  exempli  cauea  (ό  φθονερός  δάμνη  WiL). 

Iß  (3) 
Schol.  Nie.  Ther.  1Γ>  o\  hi.  πλείους  Ταναγραϊον  ειναί  φασι 
τόν  *Ωρίωνα*  Κόριννα  (VK, -ιναΚΡ,  • ινος  Α )  6έ  εύσεβέστατον 
λέγει  αυτόν  και  έπελθόντα  (άπ-  codd..  corr.  .1.  (τ.  sdnieider) 
πολλούς  τόπους  ήμερώσαι  κα\  καθαρίσαι  άπό  θηρίων,  cf. 
Parthen.  2()  (ΓΤερι  ΑΙρους)  ταύτης  6έ  Ώρίωνα  τόν  Ύριέως 
έρασθέντα  παρ'  αύτου  (του  ΟΙνοπίωνος)  παραιτεϊσθαι  την  κό- 
ρην,  και  bia  ταύτην  τήν  τε  νήσον  (Χϊον)  έέημερώσαι  τότε  θη- 
ρίων άνάπλεων  ούσαν  κτλ.  fortaeee  haec  ([uoque  e  Corinna  haueta 
sunt,  nam  eum  tenemue  Orionis  patrem,  quem  Boeoti  ferebant. 
of.  eupra  Β  74. 


Corinnas  quae  supereant  183 

<ΜΙΝΟΥΑΔΕΣ> 

17  (32) 

Anton.  Liber.  10  Μινυάοβς*  \στορ€Ϊ  Νίκανορος  Έτεροιου- 
μενιυν  b'  καΐ  Κόριννα.  Μινύου  του  *  Ορχομενού  έγενοντο  θυγατέρες 
Λευκίππη,  Άρσίππη,  Άλκαθόη,  και  απέβησαν  έκτόπως  φί- 
λεργοι, πλείστα  bi  κα\  τάς  δλλας  γυναίκας  έμε'μψαντο,  δτι  έκλι- 
ττουσαι  τήν  πόλιν  έν  τοις  όρεσιν  έβάκχευον,  δχρι  Διόνυσος  είκα- 
σθεις  κόρηι  παρήινεσεν  αύταϊς  μή  έκλείπειν  τελετάς  ή  μυστήρια 
του  θεού*  α\  οέ  ου  προσεϊχον.  προς  οή  ταύτα  χαλεπήνος  ό 
Διόνυσος  άντ\  κόρης  έγένετο  ταύρος  καΐ  λέων  και  πάροαλις,  και 
έκ  τών  κελεόνταιν  έρρύη  νέκταρ  αύτώι  και  γάλα.  προς  6έ  τά 
σημεία  τάς  κόρας  ίλαβε  5εϊμα,  κα\  μετ'  ού  πολύ  κλήρους  εις 
δττος  α\  τρεις  έμβαλοΟσαι  άνέπηλαν.  έπει  ί>*  6  κλήρος  έ£έπεσε 
Λευκίππης,  ηοΕατο  θύμα  τώι  θεώι  οώσειν,  και  Ίππασον  τόν 
εαυτής  ποϊοο  διέσπασε  σύν  ταϊς  άοελφαϊς.  καταλιποΟσαι  bk 
τά  οΙκεΐα  του  πατρός,  έβάκχευον  έν  τοις  όρεσιν  και  ένέμοντο 
κισσόν  και  μίλακο  και  όάφνην,  άχρις  αύτάς  Ερμής  άψάμενος 
τήι  ^άβοιυι  μετέβαλεν  εΙς  όρνιθας,  και  αυτών  ή  μέν  έγένετο 
νυκτερίς,  ή  bk  γλαυΕ,  ή  bk  βύ£α.  ίφυγον  bk  αι  τρεις  τήν  αυγή  ν 
του  ήλιου. 

18  (24) 

Apoll.  Dyeo.  De  pron.  96*  τευς.  αυτή  σύίυγος  τήι  έμεΟς. 
Επίχαρμος  . .  έστι  bk  κα\  Βοιιυτιακόν  οηλόνιυς*  *τευς  —  κλαρος*. 
δ  περισπασθέν  τήν  πριυτότυπον  σημαίνει*  ϊσον  γάρ  Ιαται  τώι 
σου,  ούκ  άλλης'  •  τό  bk  έν  όΕείαι  τάσει,  έν  μέντοι  τήι  αναγνώσει 
έγκλιθέν,  Τσον  τήι  σός. 

τευς  γάρ  ό  κλαρος 

huic  carmini  tribuit  Bergk. 

(ΤΑΝΑΓΡΑ) 

19  (28) 

Paus.  IX  20 1  Τανογραϊοι  bk  οίκιστήν  σψισι  ΤΤοίμονορον 
γενέσθαι  λέγουσι  Χαιρησίλειυ  παϊοο  του  Ιασίου  του  Έλευθήρος, 
τόν  δ'  Άπόλλιυνός  τε  καΐ  Αιθούσης  είναι  τής  Ποσειδώνος. 
ΤΤοίμανδρον  bk  γυναικά  φασιν  άγαγέσθοι  Τάναγραν  θυγατέρα 
Αιόλου*  Κορίννηι  5έ  έστιν  ές  αυτήν  πεποιημένα  Άσιυπου 
παΐδα  εΤναι.    a  Mercario;  raptam  eeee  uoni.  Wil.  coli,  siipra  Β  57. 

20  (11) 
Apoll.  Dyec.  De  pron.  95*'  άλλα  μήν  και  τήι  έμοΟς  (σύίυγός 
έσην  ή  Τ€θ0ς) .  .  καΐ  ίτι  Κόριννα*  *περΙ  -  πουκτεύΓ. 


'-Ä? 


i:  •» 


ei  tiM(L  1. 


ετπγρλμματ* 
νομοι  λυρικοι 


22  (23| 

Anoci  tf%mm,  rtr,  Er<»olir  Phiioloip  LIX  24V  τό  b^ 
hiOifiiUA  ό  *Ωρος  bia  τής  ei  6ιφβόττου  τράφ€ΐ  τώι  τών  προ- 
ηαρ/τ<^/ν  κανόνι  ό  hi  ΗρυΛδιανός  έν  τηι  Όμηρικήι  προ- 
ΟωΛίαι  Ή  '#4  Ι^,;  btä  του  ι  Tpaq^t,  έπ€ΐοή  γαρ  €υρηται  ή  ϊϊϊ 
^Ιι;λλαβή  air^tfJTakiUyr]  ως  παρά  Καριννηι  'Κορίνβαη  codd.» 
'θίοΐΐΐα  —  μουΟϋφίλητε'.  Meph.  ßyi.  ρ.  θ^σπ€ΐα  (inde  Εομ. 
U^ffi•):  γράφ€ται  και  bia  του  ι  και  έκτ€ίν€ται  («eil.  Β  498  «ecan- 
dum  noriiiulloN,  cf.  nchoL  Λ)  κα'ι  συστέλλεται  παρά  Κορίννηι. 
Θέσπια  καλλιτ^νεθλε.  φιλόΕενε,  μουσοφίλητ€ 

mihi  nomi  exordium  tnne  videtur,  cf.  Mae.  ecr.  ed.  v.  Jan, 
Mtjppl.  44  Καλλιόπεια  σο<ρά  Μουσών  προκαθαγέτι  τερπνών  |  και 
αοφΐ  μυστο6ότα  Λατους  γόνε  Δήλιε  ΓΤαιάν,  |  ευμενείς  πάρεστέ 
μοι,  qiiiim)iii;  in  hano  rem  commentatue  eRt  Wilamowitz,  Timo• 
thftm  ]}.  i>7.    cDterum  cf.  fr.   l . 

FKAGMKNTA   iNCP:RTAP:  SEDIS 

23  (21; 

Apoll.  Dypo.  Dfi  pron.  Π4"  BoiuiToi  <\ών  Tadd.  Bekker)"^,  ώς 
μλν  Τ|)ύφαιν  .  .  ώς  bi  ^vioi,  ών  ίστίν  ό  "Aßpuiv,  θέμα  εστίν,  δ 


Cbriiinae  quae  supersunt  185 

συΖύγιυς  o\  αυτοί  φασι  τήι  μέν  έγών  τήν  Ιών,  <τήι  bk  έγώνη 
την  ιώνβι  (add.  Ahrens)),  €ΪΤ€  τό  παρά  ΔιυριεΟσιν  η  βίς  Γι 
μ€ταβάλλ€ται,  τήι  ί>έ  έγώνγα  τήνΐώνγα.  Κόριννα*  'μέμφομχ]  — 
ίριν'  κα\  ίτι*  *1ών€ΐ  —  χβίριυάοιυν*  (fr.  24). 

μέμφομη  hl  κή  λιγουράν 

Μουρτίδ'  \ώντα, 

δτι  βανά  φου• 

σ'  ίβα  ΤΤινοάροι  ποτ'  έριν 
sie  reetit.  Wil.,  μέμφομαι  be   και  λιγουράν  μυρτιοα  ιιυνγα 
οτι  βάνα  φουσα  €βα  πινδαριοιο  ποτ  βριν  cod. 

24  (10) 
cf.  fr.  23. 

Ιώνει  b*  €\ρώιυν  άρετάς 
Xeipu)abu)v 
iuJV€i  r\b'  ηριυιυν  αρετας  χβιριυαουϋν  cod.,  corr.  Bergk,  qui 
8ub  finem  addidit  aibuü.    de  metro  deeperat  Wil. 

25  (8) 
Priscian.  Inst.  I  36  (I  p.  28  H.) :  in  plerieque  tarnen  Aeolie 
eecuti  hoc  facimus.    illi  enim  θουγάτηρ  dicunt  pro  θυγάτηρ,    ου 
corripientee,  vel  magie  υ  βοηο  u  soliti  sant  pronuntiare,  ideoqne 
adacribunt    o,    non    at    dipbtbongam   faciant,    eed    ut  sonain    υ 
Aeolicum  oetendant,  ut  'καλλιχόρου   —  θουγάτηρ'. 
_  _  καλλιχόρω  χθονός 
Ουρίας  θούγοτερ  ^_ 
RIO  AB,  varie  pessumdant  cett.  codd.,  ΚΑΛΛΙΧΟΡΟΥ  etiam 
Η  (κολλιχώρου  intnlit  Aldina),    GYPEIAC  arcbetypus    codd.  RG, 
-T€P  in  fine   fere   omnee   (θουγάτηρ  vul^io).      verba    καλλιχόριυ 
χθονός   a   nomine    pendeni   net^cio   quo,   cuiue  generie  eet  άρχη- 
γέτις.     nam   hie    quoque   loci    nomen  e  fabularum  personis  deri- 
vaase  videtur  Corinna,    filiam  Hyriae  ignoraraus. 

26  (12,39) 
Theodos.  TTepi  κλίσ€υϋν  των  εις  uiv  βαρυτόνων  (Excerpta 
ex  Herodiani  libris  ed.  A.  Hili^ard,  Lipe.  1887,  p.  18):  τό  Λάοων 
ύπό  Αντιμάχου  bia  του  ui  κλίνεται*  *έγγύθι  δέ  προχοαΐ  ποτα- 
μού Λάοωνος  ήσαν  (fr.  29  Κ.\  ωσαύτως  bi  και  οιά  Ερατο- 
σθένους έκλίθη*  *Λάοωνος  περί  χευμα'  (Ir.  14  Η.\  ή  μίντοι 
Κόριννα  οιά  του  ντ  τήν  κλίσιν  έποιήσατο  τώι  λόγωι  των  μετο- 
χικών οίον  Λάοοντος  οονακοτρόφου* '  τό  γαρ  Ν^όων  ό  μέν 
Καλλίμαχος  (fr.  ΓιΗΓ»  Sehn.)  τώι  λόγωι  τών  μετοχικών  bia  του 
ντ  κλίνει  Νίοων  Ν^όοντος,   οι  bk  περί  Διουμον  (ρ.  403  Schm.) 


186  Crönert 

κα\  *Απίιυνα  5ιά  του  ü5  αναλόγως  κλίνουσιν,  οίον  N^buiv, 
Νέόωνος.  inde  corrupta,  quae  habet  Choerob.  I  75  τό  μέντοι 
Nibujv  τώι  λόγΐϋΐ  τών  μετοχικών  b\ä  του  ντ  κλίνει  Κόριννα, 
οίον  Νίοοντος,  οι  bi  περί  Δίδυμον  κτλ.,  id  quod  yidit  Ε.  Hiller, 
Deutsche  LH. -Zeit,  1888, 10. 

Λάδοντος  δονακοτρόφω 

Ladon  flumen  Boeotiae  postea  Ismeno  nomen  cessit  (Paus. 
IX  10  β). 

27  (13) 

cf.  fr.  2. 

κή  πεντείκοντ'  ούψιβίας 

και  πεντήκοντ'  ούψιβίας  cod.  Α,  και  πεντηκόντου  ψιβίας  J. 
ad  Herculem  (supra  fr.  12)  refert  Bergk  propter  Tbeepii  filiaa 
coli.  Diod.  IV  29,  ad  Orionem  Wil.,  eed  erit  fortasse,  qui  Septem 
contra  Thebds  (fr.  9  sqq.)  tribui  malit,  cf.  ApoUod.  111  67  de  Tydeo 
ol  bk  (Θηβαίοι)  πεντήκοντα  δνδρας  όπλίσαντες  άπιόντο  ένή- 
όρευσαν  αυτόν  πάντας  bi  αυτούς  χιυρις  Μαίονος  άπεκτεινε 
κάπειτα  έπΙ  τό  στρατόπεόον  ήλθεν. 

28—32  (14—18) 

cf.  fr.  2. 

οώρατος  ώστ*  έφ'  ϊτππυ 

κάρτα  μέν  ένβριμωμένοι 

πόλιν  b*  ίπραθ'  ό  μέν  προφανείς 

γλουκού  bi  τυς  άΐοων 

πελέκεσσι  όονεϊτη 
28  δούρατος  codd.  de  ülixe  naufrago  haec  dicta  arbitratur 
Bergk  coli,  ε  371  άμφ'  ίνΐ  boopa^  βαίνε  κίληθ'  ώς  ϊππον 
έλαύνιυν,  eed  mihi  non  pereuaeit.  Orionie  maria  abeque  navi 
eaperantie  quomodo  mentionem  fecerit  Corinna  ignoramns.  29  κατά 
codd.,  corr.  G.  Hermann,  μέν  βριμούμενοι  codd.,  correxi  (βριμώ- 
μενοι  vuliro).  30  έπράθομεν  codd..  corr.  Bergk.  προφανε\ς  (eic 
A,  -ής  J)  cum  proximo  exemplo  coninngunt  codice«  et  Rcholia, 
corr  Bergk.  81  γλούκου  bi  τις  dbuüV  Α  et  eimiliter  cett.,  οεί 
τις  Bergk,  quod  improhavi  propter  fr.  32.  vix  huc  epectat 
Heftychii  gloeea  atbuüV '  λίγων,  quam  Boeoticam  eeee  etatuit 
Ahrenfl.     32  δονείται  codd. 

V^  (22) 
Apoll.    DyRc.   De  pron.   122**  υμών  .  .  ΑΙολεϊς   ύμμίιυν  .  . 
ούμίων  Βοιιυτοί.   *τό   —   άκουσάτω'  Κόριννα. 

τό  δε  τις  ούμίαιν  άκουσάτω 
τις   ουμμιιυν   cod.,   cuius   in   mg.  adicitur  Κόριννα  όνο(μα) 


Corinnae  quae  sapersant  187 

Kupi(ov)  (Τυγτραφέαις,  scilicet  ne  nomen  perperam  cum  testimonio 
ooniaDgae. 

34  (25) 
id.  121®  άμών  .  .  ομοίως  Βοιωτοί  άμίων,   im  bi  τής  κτη- 
τικής άμών'  άμών  δόμων. 

άμων  δόμων 
Corinnae  adecripsit  Ahrene.  άμός  γενίτωρ  eupra  Β  77. 

35  (ad  fr.  26) 
cf.  fr.   18. 

ές  Μωσάων 
Μουσών   trad.,   at  cf.    Aneed.  Ox.   Τ  278   το    Βοιωτιακόν 
*Μουσάων'. 

36  (36) 

Apoll.  Dyec.  De  pron.  106*  τήι  τίν  σύίυγος  ή  ϊν  .  .  ίστι 
κα\  ή  έ  ίν  άπό  τής  τεΐν  παρά  Άντιμάχωι  (fr.  85  Κ.)  καΐ  Κορίννηι, 
έπι  αΙτιατικής  (sie  ßekker,  δοτικής  cod.)  έσθ'  δτε  παραλαμ- 
βανομένη. 

37  (37) 

id.  95*  ή  έμους  κοινή  ούσα  Συρακούσιων  και  Βοιωτών, 
καθό  κο\  Κόριννα  και  Επίχαρμος  (fr.  144  Κ.)  έχρήσαντο,  προς 
ένίων  έδόκ€ΐ  (μάλλον  (add.  Gutlentag))  κατωρθώσθαι  τής  δίχα 
του  σ  προφερομίνης  κτλ. 

38  (38) 

Choerob.  in  Theodoe.  can.  Ι  80  (cf.  81)  öaisf.  θρανυΗ  θρά- 
νυκος,  έπΙ  του  θρόνου  παρά  ΚορίννηΓ  θρήνυΕ  θρήνυκος.  έπι 
του  αύτου,  και  Ιστιν  ή  χρήσις  παρ'  Εύφορίωνι  έν  ΤΤολυχάρει 
(fr.  35  Μ.).  gloBsam  £aphorio  epicorum  linguae  adaptavit,  Igno- 
rant Homeri  soholiaetae  (θρήνυς  Ξ  240,  Ο  729  etc.). 

39  (40) 

Hesyoh.  τόνθων  παρά  Κορίννηι,  έπΙ  νωτιαίου  (νοτιβίου 
cod.,  em.  Mueurue)  κρίως  τό  όνομα.    cf.  όνθυλβύω,  μονθυλεύω. 

40  (27) 

Ath.  IV  174'  τούτοις  δέ  (τοις  γιγγραΐνοις  αύλοϊς  των 
Φοινίκων)  και  οι  Κάρες  χρώνται  έν  τοις  θρήνοις,  ει  μη  άρα 
και  ή  Καρία  Φοινίκη  έκαλεϊτο,  ως  παρά  Κορίννηι  και  Βοκ- 
χυλιδηι  (fr.  40  ΒΙ.)  ίστιν  εύρεϊν.  Cadmi  fabulam  aut  peculiari 
carmine  aut  obiter  tetigieee  videtur  Corinna. 

41  (41) 

Heraclid.  Milee.  fr.  26  Cohn  (Enet.  1654  m,  cf.  etiam  824», 


188  Crönert 

Anecd.  Οχ.  Ι  62)  ουτιυ  bk  και  φράΖω  φράσσω  τό  λέγιυ.  εκείθεν 
Κόριννα  ή  μελοποιός  φράττιυ  ίφη  έν  6υσ\  τ  Βοιιυτικώς. 


DVBIA 

1  (4.2) 

Phrynich.  Epit.  ρ.  309  Lob.,  quam  gloBsam  praeter  Nnnneeii 
codicera  (N)  exhibent  libri  Flor.  Conv.  8  (F),  Vat.  Column.  2226  (S), 
Laur.  57,  24  (L),  id  quod  Leopold!  Cobn  humanitati  debeo,  cf. 
etiam  Scholl,  Siizungsber.  d.  Münch.  Akad,  1893  II  507 :  ψΐεθος, 
μΐ€ρός,  υελος.  άμαρτάνουσιν  οΐ  5ιά  του  €  λέγοντες  *  άδόκιμον 
γάρ.  και  ή  Κόριννα  (sie  valgo,  καΐ  άκορίννα  FN,  καΐ  κόριννα  L, 
άκόριννα  S)•  τόν  ύάλινον  (LN,  ύάλιον  FS)  naiba  θήσεις  (FN, 
noba  θ.  L,   παδαθήσεις  S).    fraudem   memoriae   egregie   demon- 

etravit  Wil.  (Berl,  Klassikert.  V  2,  54),  cui  saccnrrit  cod.  Lanren- 

A 
tiani  saffragium,  qnin  etiam  illad  άκόριννα  (ortum  e  KOPINNOI) 
corruptelae    viam    illnstrat:    καΐ  <Φ€ρ€κράτης>   Kopiawot'    τόν 
ύάλινον  πόδα  θήσεις.  balneum  reepicitur,  cf.  fr.  69,  76  Kock  (1 164, 
166).     Atticista  Pherecratem  identidem  expilayit. 

2  (34) 

Schol.  Arietopb.  Ach.  720  άγοράίβιν'  έν  άγοραι  biorpi- 
ßeiv  έν  έ^ουσίαι  και  παρρησίαι,  *έστιν  άττικώς,  δθεν  καΐ  ή 
Κόριννα  *έστι  τοΟ  TTivbapou  άττικιστί,  έπβι  κα\  έν  τώι  πρώτωι 
τών  TTapOcveiuüv  ffr.  103  Sehr.)  έχρήσατο  τήι  λέΕβι.  vulgo  β 
Piereoni  emendatione  (ad  Moerin  ρ.  70)  edunt  ίτι  κα\  ό  TTιv^αpoς 
άττικίίβι.  sed  vide  ne  scribendiim  eit  δθ€ν  και  ή  Κόριννα  ελέγχει 
τόν  τοΟ  Πινδάρου  άττικισμόν,  cf.  test.  4  sq.  (Κ.  έπιτιμάι  ΤΤιν- 
οάριυι  άττικβοντι  lac.  Geel  ap.  Schneid,  vil.  Pind.  p.  LXXXI, 
K.  έπι  τοΟ  ΤΤινόάρου  'άττικιστί*  duriue  Headlam  Class,  Eevieto 
1900,  7). 

3 

Apoll.  Dysc.  De  pron.  64**  Βοιωτοί  <\ών),  cf.  Rupra  fr.  23. 
69^  (σύγε  'Αττικοί  .  .  τύνη  .  .)  Βοιωτοί  του  κα\  τ  ου  ν  κο\ 
τούτα.  106•  (οί)  ΑΙολεϊς  σύν  τώι  F  .  .  Βοιωτοί  συνήθως  εΙς 
τό  Fö  μεταλαμβάνουσα  111°  (de  νώι  qnaeritur)  τεκμηριουνταί 
τε  έκ  του  Βοιωτιακού,  έπεί  ουδέποτε  παρά  αύτοϊς  νοί  bia  του  öi 
(ficil.  τροπηι  Βοιωτιακήι  pro  νώι),  uiule  nil  nisi  νώ  apu«l  BoeotOH 
repertum  (eHse  eolli^imue  (de  νώε  cf.  fr.  12).  135**  (τεός)  έπι 
ταύτης  της  λέΕεως  Βοιωτοί  μεταβάλλουσι  τό  ε  εΙς  ϊ  (ncil. 
τιός),  καθότι  καιτό  θεός  θ  ιός.    liher  Apollonii  quoniam  toliene 


Corinnae  qnae  supersnnt  189 

in  notanda  Boeotomm  dialecto  expreseis  verbie  Corinnam  sequitur, 
colligenda  esse  duxi,  quibue  merum  Boeotorum  noraen  adscribitur, 
quod  non  inoonsiderate  me  feüisse  fr.  34  docebit.  inspicienda 
quoqae  nomina  propria,  quorum  formae  boeoticae  afferuntar.  eed 
pleraque  id  genue,  velut  Alveiao  Choerob.  in  Theod.  143  7,  τή 
Έλίνη,  τή  Πηνελόπη  14587,  Λάχεις  168»,  Άχιλλίος  *Αχιλλίι 
Άχιλλία  214»,  Έρμείαο  383  32,  Όόυσσευς  390  ao,  a  grammaticis 
exempli  causa  ficta  esse  aut  iingi  potaisse  vel  vocaliam  ratio 
probat,  mitto  quoqne  'Όμηρυ  367  ao,  quo  de  nomine  mihi  parnm 
conetat.  sed  notandus  Sophronius  e  Char.  in  Theod.  can.  390  82  H. 
(q\  Βοιιυτοι)  τό  ϊ  τρέπουσιν  εΙς  6,  οίον  Ζήθος  Δαθος  (addit 
Ζυγός  όυγός;  vitioee  Choerob.  in  Theod.  213  88  οίον  Ζήθος 
Δήθος). 

Tanagraeorum  vooee  in  grammatioorum  thesauris  non  oc- 
currunt  praeter  Et.  Magn.  383 15  λέγεται  bk  εσμός  υπό  Τανα- 
γραίαιν  και  ή  γεννιΰσα.  at  permultae  Boeotorum,  praesertim 
apad  Hesychium,  qnarnm  conspectum  alienum  putayi  ab  hniue 
editionis  consilio.  recte  enim  Wilamowitz  statuit  maximam 
earum  partem  non  e  scriptoribus,  sed  β  viva  dialecto  sumptam 
esse,    omisi  etiam  fr.  adesp.  51  et  52  Bergkii. 

*  ♦ 

* 

lectitabant  Corinnam  poetae  Alexandrini  (Knphorio,  Nioan- 
der,  Parthenius),  rerum  antiquarum  auctores  (Armenidas,  Aristo- 
demns,  Lysimachus,  Alexander  Polyhistor),  grammatici  (Trypho, 
qui  tarnen  res  ipsas  ignorat,  cf.  Steph.  Byz.  s.  Αύλίς,  supra  p.  181, 
Habro,  üeraclides  Milesius,  ApoUonius  Dyscolus,  Herodianns), 
metrici  (Hephaestio  sive  huius  auctor),  plures  de  gloria  famam 
accepemnt  aliisque  tradiderunt,  in  his  poeta  Graecus,  quem  ex- 
preesit  Propertius,  nulla  poetriae  vestigia  praebent  auctores  TTepi 
ποιημάτων  inde  ab  Aristotele,  gnomologi,  paroemiographi,  chrono- 
grapbi  (at  notant  Telesillae  Praxillae  Cleobulinae  Erinnae  tem- 
pora),  Demetrius  Hoepsins,  Polemo,  Apollodorus  Atheniensis 
(velut  larga  fragmenta  a  Strabone  lib.  IX  servata,  of.  e.  g.  IX 
406,  Steph.  Byz.  s.  ΤΤλοταιαί,  supra  Β  132),  soholia  Pindari. 

soripsi  Gottingae.  Guilelmus  Crönert. 


PROSOPOGHAPHICA 


Ι  Receusentiir  ab  Alexandro  Aphrodieienei  de  anima  p.  151 
fl.  RruDR.  ai  π€ρΙ  του  πρώτου  ο(κ€ίου  boEat  κατά  τους  άπό  του 
Περιπάτου,  nominantur  cum  AriHtotele  Xenarchue  et  Boethue,  tnm 
p.  151,30  Ββργίννιος  bi  Τουφος  και  προ  αύτου  Σωσικράτης 
φη(Τ{ν.  hie  VerginiuK  Rufas  poteHt  ideiii  e8Re  atqae  olaneeimuB 
conralarie  quem  Tacitus  laudatioiie  funebri  et  Plinins  splendida 
epietnla  celebrarunt,  ciiiue  carniina  roemorantor  et  longa  aenectaa 
in  otio  ae  tranqaillitate  peracta.  recordare  qaantum  illa  tempoim 
pbiloRopbiae  Rtadio  pabulam  dederint  et  quam  famam  ex  eodem 
Siliue  Italicus  tenuerit. 

II  FersiuB  in  nat.  I  v.  4  poetam  sibi  opponit  Tjobeanem, 
V.  50  dicit  Ilias  Atti,  ecboliaeta  unum  faoit  ecriptorem  Attiam 
Labeonein,  idque  recte  fieri  prubavi  in  Museo  hoc  XXXIX  p.  289 
comparatis  nominibns  viri  priniarii  qui  Q.  Liciniue  Modeetinoe 
Attius  Labeo  dictue  est  (prosopogr.  imp.  R.  II  p.  280,  145). 
Dovam  acceseit  docamentum  reperto  in  Sabinie  titulo  eepalori, 
quod  C.  Attius  Labeanus  /.  Philocalus  dat  Attia[e]  Labeonua  L 
Moscini  sorarei  (Not.  d.  ecavi  1900  p.  150,  2).  hos  qai  mann 
misit  Attius  Labeo  municeps  ac  prope  aeqnalie  Salluetii  poteat 
avus  fuisee  poetae  inrigi  a  PerRio. 

III  CapitoneH  tot  fuerunt  ut  duoe  in  unum  confundere  velle 
temerarium  videatur.  audivit  declaniantem  Capitonem  Seneoa  pater 
et  contr.  X  praef.  12  laudat  rhetorem  echolaeticum  nulli  non 
praeferendnm  poet  primum  tetradeum.  inventue  est  ad  Dianae 
Nemorensis  herma  niarmoreus  eine  capite  inciRus  hoc  titalo: 
Q.  IJostius  Q.  /.  Capito  \  rhetor  CIL.  XIV  4201.  Rimul  inventa 
Runt  ibidem  dedicata  mulieris  Rignum  et  elogia  (Fundilia  C.  /1 
Bufa  I  patrmia  Docti  CIL.  XIV  4199  s.),  muliebris  imago  peritis 
viga  est  aevum  referre  AuguRti.  poteet  Hostins  hie  Capito  is 
eRRe  quem  Seneoa  amabat. 

IV  Νίστορα    τή   ΤΤαφίη   τον   άοΛιμον  ή   φιλόμουσος  | 


Proiopogrmphioa  191 

'Ρηγϊνα  σθ€ναρών  έ£  υπάτων  υπάτη  dioavit  Palaepaphi,  inecr. 
gr.  ad  ree  rom.  pert.  syll.  Parie.  III  d.  958.  oonsalaris  haec 
femina  ig^oratur  quoe  parentes  habuerit,  quem  ooniugem,  num 
forte  oognata  faerit  Regillae  Herodie.  Nestor  autem  noii  dubitare 
quin  Larandensie  sit  olarus  poeta  qni  faotis  dictieque  luxariavit 
άοιοαΐς,  vide  Buidam  et  AP.  IX  364,  Menandmm  rhet.  vel 
Geoponioa.     inscriptum  igitur  oarmen  est  initio  saeouli  IIL 

V  Principum  virorum  multorum  nallam  exetat  indioium 
epigraphiouin,  ignobilium  quorundam  ao  tenaiorum  duplex  aat 
moltiplex.  Roraae  prodiit  e  colnmbario  inter  Appiam  viam  et 
Latinam  nito  tabella  haec  CIL.  VI  4924 :  diis  Man.  |  Claudiae  Ti. 
f.  PoUütae  I  βϋή  posterisq,  suis  \  Cornelius  ViUüis  \  coniugi  optinute  \ 
Hoco)  m((mumenti),  L  anuie  post  inter  viam  Salariam  et  Pincianain 
in  sepnlcreto  amplo  effoesa  est  tabella  item  marmorea  haec  CIL. 
VI  34932:  dis  Mdnibus  \  Claudiae  Ti.  f.  \  Pollitiae  \  Corndius 
VÜalis  I  coiugi  optimae.  videtur  Vitalie  Pollittae  reliquiae  con- 
didisee  ad  Salariam,  deinde  ius  eibi  suisque  adquisiisee  monomenti 
propinqai  eepalcro  Scipionam,  vixiese  autem  circa  prinoipatum 
Claudii:  inter  alia  animadverte  in  urna  Cornelii  Afri  ibidem  loci 
eruta  iribum   Vol(tini4iin)  ecriptam  per  digamma  Claudianum. 

C.  lulius  I  Xystus  inscriptum  legitnr  marmori  repoeito  in 
Laterano  CIL.  VI  203B2,  C.  luUus  C.  l  \  Xystus  effoeso  nuper 
in  sepolcris  viae  Salariae  Bull,  archeol.  comun.  Rom.  1905  p.  172. 
eed  hie  Xyettts  minori  mihi  curae  est  quam  indidem  protractue 
ana  aeqnalie  eine  M.  Püius  M,  l.  \  Timo  \  plastes.  Pilium  nomen 
coniugii  adfiniumque  Attici  nos  commonet,  nee  quidquam  obstat 
quominuB  Augusti  aut  proximorum  Caesarum  aevo  titulos  hos 
attribuamus.  Timon  aliquis  numeratur  inter  plastas  in  Pliniano 
indiee  XXXIV  91,  incertae  aetatis  artifex  sed  quem  natura  eius 
indicis  ad  tempora  Romana  referri  vix  patiatur;  rectius  idem  esse 
ereditur  qui  Athenis  £uthyphrona  Tithraeium  fecit  ante  oljmpiada 
CLVI  (Kirchner  prosopogr.  Att.  II  p.  460  n.  5665  a).  diversus 
utique  ab  hoc  Timon  iste  M.  Pilii  übertue,  novum  exemplum 
plaetarnm  cognominum. 

VI  Auxentii  nomen  iam  ßrunnius  bist,  aitif.  II  p.  343  in 
clarorum  tabulam  architectorum  rettulit  ex  epigrammate  Adanensi 
Cilicum  inecr.  gr.  rom.  Paris.  III  n.  887  quod  ipse  non  reote 
oepit  de  aquae  dnctu  locutus,  ne  Kaibelius  quidera  epigr.  1078 
plane  bene  distinxit  et  explicavit.  fecerat  ille  Cydni  pontem  forni- 
cibns  fnndatnm  in  aeternum,  κα\  ποταμός  πλήθιυν  πρηυτβρος 
τ€λ^θ€ΐ,  αυτός  τήνόβ  γέφυραν  άνασχόμενος  τελέσασθαι  ήγεμόνος 


192  Baecheler 

ττιθοΐ  ToO  διασημότατου,  i.  ipee  fluvius  minax  te  sivit  pontem  per- 
ficere  mitigatue  obsequio  in  principem.  non  alins  fuit  Anxentiue 
y.  cl.  comee  et  mechanicae  professor  a  Symmaoho  memoratue, 
qni  Romae  Tiberim  iunxit  ponte  Tbeodosiano  βιτθ  Valentiniano 
oiroa  a.  385.  leviter  id  signifioari  in  Panly-Wieeowae  enojolop. 
II  p.  2615  8.  modo  video;  nt  ego  eentio,  nihil  est  dnbii.  hnio 
aevo  epigramnia  iliud  oonvenit  deeinens  in  oomparationem  Aaxentii 
et  Niliacorum  macbinatorum,  quae  mihi  Ausonii  et  Symmaohi 
stadinm  bebdomadon  Varronis  in  memoriam  redigit. 

VII  Nicomacbue  Gerasenus  'nbi  vixerit,  ne  eoepioari  qnidem 
poBeumne'  ecripeit  Hocbe  cum  aritbmetioa  illine  edidit  praef.  p.  IV. 
quidni  putemue  in  patria  unde  notam  traxent  Geraeie?  ubi  anno 
231  publice  statuae  cum  ponebantur  Severe  Alexandro  et  Inliae 
Mammaeae,  cnratores  ei  operi  qninque  viri  praefecti  eunt^  unns 
Ιππικός,  reliqui  nnllo  dignitatie  vocabulo  praediti,  eecundus  fertur 
M.  Aur.  Claudius  Nicomacbue  (inscr.  gr.  rom.  Paris.  III  n.  1360  8.): 
hie  nepos  esse  potuit  aut  pronepos  famosi  Pytbagorei.  denique 
quod  Zenobiae  Palmyrenae  ad  Aurelianum  epktulam  Nicomachus 
se  transttäisse  in  graecum  ex  lingua  Syrorum  dicit  ab  ipsa  Zencbia 
dictatam  (Peter  bist.  r.  rel.  II  p.  152,  9),  id  in  natales  Geraeenoe 
ita  quadrat,  ut  mihi  bunc  quoque  illa  prognatum  esee  familia  in- 
cidat  suspicio;  certe  de  nomine  Nicomacbi  non  est  cur  addubitemue 
(Peter  ibid.  p.  CG). 

VIII  Ad  lacum  Lemannum  Novioduni  'in  porta  oaetri'  effos• 
sum  fragmentum  extat  inscriptionis  CIL.  ΧΙΙΓ  5021 :  Cor]nel,  Pri- 
mu8\. .  aecen,  Äquila  \  .  .  aecen  Amphio  \  [fna]c€riem  |  [feceruni? 
bis  Mommseni  supplementis  non  potest  non  addi  M]aecen{as) 
Äquila,  item  M]aec€n.  Amphio,  band  volgare  nomen  Maecenas, 
copulatum  cum  Äquila  idem  extra  agnatos  prodigiosum;  descendit 
ergo  colonus  iste  Equester  ab  equitis  clarissirai  Maeoenatis  liberto 
eo  qui  una  cum  aliquo  Agrippae  liberto  notarum  Tironianarum 
corpus  anxisse  narratur  (Funaioli  gram.  rom.  p.  570).  Comelins 
ille  Primus  όμιυνύμους  babuit  muUos,  Romae  clientem  Vespasiani 
(Tac.)  et  patronuro  Hedones  ac  maritum  (CIL.  VI  16400)  et 
sepultum  via  Ostiensi  libertinum  (Not.  d.  sc.  1879  p.  144  h\  in 
Germania  Tolbiaci  cultorem  Veteraneharum,  in  Africa  militem 
Severi,  alios  alibi. 

IX  Priscianus  de  figuris  num.  III  p.  406,  22  Κ  ...  .  LoHni 
.  .  .  notant  .  .  .  quinquaginta  per  L,  qtaa  apud  antiquos  Graeeos 
L  pro  λ\  quae  nota  est  quinquaginta,  ponebatur  feste  Apollonide 
et  Lucio    Tarrhaeo.    ταύτα   Λούκιος  ό   Ταίΐ^αϊος   παρατίθ€ται. 


Prosopographica  193 

Lucillas  Tarraeue  clarue  grammaticue  et  Apollonii  interpres,  in 
libro  nepi  "χραμμάτων^  cuius  reliquiis  ab  Hoerechelmanno  investi- 
gatis  (act.  soc.  philol.  Lipe.  IV  p.  333  ββ.)  tota  Prisciani  de 
graecis  numerorum  figurie  expoeitio  attnbuenda  yidetur,  in  qua  cum 
άρχαίιυν  χαρακτήρων  identidem  mentio  fit  tum  versue  proferuntur 
novelli  liceDtiore  hiatu  notabilee  εκατόν  b'  άρα  ήτα  πέλονται  et 
και  Ιώτα  ^v  έστιν.  ipee  quidem  Lucillas  Prisoiano  non  magie 
ad  manum  erat  quam  Didymue,  proetabant  illa  in  graecis  artig 
grammaticae  commentariis. 

X  ΚορνηλιανοΟ  κατά  Βερονίκης  verba  pauca  nobie  ser- 
yavit  excerpta  Stobaeus  flor.  IV  45  p.  230  Ü.  in  qaibue  anoilla 
gravia  confessa  dicitur  de  semet  ipsa.  Comelianus  rhetor  ille 
nobilis  est  qui  impp.  Marco  et  Vero  ab  epistulis  graecis  fuit, 
cai  Phrynichus  tanquam  novorum  oratorum  principi  suam  eclogam 
dicavit  (Kaibel  de  Phryn.  sophista  p.  14),  qui  Frontonis  familiaris 
nomine  Sulpicius  creditur  (prosop.  impR.  III  p.  283  n.  716). 
sed  Berenice  ista  quaenam  est?  in  transitu  adioio  qaod  ex  inscrip- 
tione  aevi  Hadriani  enotavi  Not.  d.  sc.  1887  ρ.  28:  ibi  TuUia 
Berenice  et  Beronice  una  eademque  mulier  nominata  est.  Corneliani 
non  puto  fuisse  orationem  habitam  contra  talem  de  ροραίο 
matronam,  sed  μελέτην  qualem  rbetores  edere  solebant  artem 
docturi  reducendo  ac  reformando  bistorica  argumenta  controver- 
siasque  pristinas.  Berenice  vix  uUa  notior  quam  imp.  Titi  amioa 
ac  paene  uxor,  cuius  in  digito  facitts  pretiosior  adamas  notissimus 
(Ιαν.),  quam  et  arcessitam  iudicio  et  suae  rei  iudicem  fuisse 
constat  Quintiliani  testimonio  IV  1,  19:  ego  pro  regina  Berenice 
apud  ipsam  eam  dia:i.    res  digna  miraculo  acciderat  circa  a.  75. 

pro  certo  sumpsi  Comelianum  praeclarum  fuisse  illum 
oratorem,  aliter  enim  excerptum  boc  non  erat  perventurum  ad 
Stobaeum.  eapropter  non  ansus  sum  putare  actorem  causae 
tempore  aequalem  Quintiliano,  non  eum  Cornelianum  ad  quem 
scripta  Apollonii  Tyanensis  epistula  fertur  (fr.  95  ex  Stob.  flor. 
CXXI  34),  non  eum,  si  ab  boc  diversus  is  est,  ad  quem  Plinius 
scripsit  ep.  VI  31. 

XI  Acoensendus  est  grammaticis  sive  antiquariis  Romanis 
lulius  Suavis  ex  bac  glossa  incertae  originis  bis  relata  in  grandi 
libro  glossarum,  qua  de  Goetz  disputavit  comm.  pbil.  soc.  Saxon. 
XIII  1891  p.  281,  corp.  gloss.  lat.  VI  p.  620:  laena  amicfus 
rotufidus  duplex  ut  iulius  suavis,  suetonius  vero  ait  toga  duplex 
qua  infibulati  ßamines  sacrißcant  eqs.  poet  eadem  sie  refertur 
lena  amictus  rotundus  duplex  ut  iulius  ait  toga  duplex  eqs.  omissis 

Kbeio.  Mae.  f.  Philol.  N.  F.  LXin.  13 


194  Bnecheler 

tribuB  vooabalie  errore  manifesto,  praeeertim  cum  luUus  solom 
non  safiiciat  ad  denotandam  personam.  Suavis  autem  nomen  pro- 
prium erat  band  infrequene;  ne  epigrapbioa  adgeram  exempla, 
luliuB  Eomanue  in  Cbarisii  arte  p.  143  α  Suave  inquit  invUatus 
sum,  de  laena  qui  diseerait  Saavie,  ei  interpretationem  ipsam 
et  ordinem  interpretum  expendimue,  ratione  probabili  posterior 
Verrio,  Suetonio  prior  existimatar.  itaque  potuit  ilie  idem  eeee, 
oniuB  ut  laatiorie  bominis  aereum  sigDaculum  inter  Pompeiana 
relictum  acoepimae  CIL.  X  8058,  43  C,  luli  \  Suavis, 

XII  Tatiliue  rbetorica  scripsit,  eed  ante  mortune  erat  quam 
Qoiotilianus  nomen  eins  memoriae  prodidit  inet.  III  1,21.  eodem 
fere  quo  bic  Über  anno  Martialie  epigramma  V  56  prodiit,  cuiue 
vereae  6  famae  Tutüium  Stute  relinquas  eine  eale  ac  lepore  eet, 
ei  non  viventem  Tutilium  et  dieciplinae  fama  tum  vigentem  in- 
tellegie.  atque  deliberandum  eet  an  non  quaterua  ex  utroqoe 
genere  artium  exempla  Martialie  elegerit,  totidem  ex  liberalibue 
quot  ex  pecunioeie«  ex  illie  grammaticos  rlietorasque  tum  Tutilium 
denique  poetam.  Pliniue  amicum  eum  ad  quem  ecribit  epiet.  VI 
32, 1  et  ipeum  eeee  continentieeimum  praedicat  et  filiam  euam  ita 
inetitnieee  ut  decuerit  ipsiue  filiam,  Tutili  neptem,  itaque  ad 
Tutilium  puellae  avum  quaei  auctorem  εγκράτειας  laudem  defert 
eatie  alienam  a  rbetoribue,  magie  propriam  pbiloeopborum.  hino 
oonieci  praeter  Tutilium  rbetorem  qui  oirca  a.  70  fuit,  alinm 
Tutilium  pbiloeopbiae  doctorem  fnieee  circa  a.  90,  firmatque  opi- 
nionem  meam  monumentum  Homanum  CIL.  VI  9785:  C  Tutüio 
Hastüiatio  philosopho  Stoico^  domo  Cortona^  patri  optimo  C,  Tutüius 
lustus  filiuSy  Tutilia  Quinta  Ttäilia  Quarta  filiae.  Tuecue  ergo 
bio  erat,  popularie  Mueonii  eiuederaque  eectae.  iam  revolye  qnae 
de  Mueonio  ac  pbiloeopbie  narrantur  Koma  expuleie  a  Veepaeiano, 
qui  Mueonio  ad  praeeene  pepercerit,  Demetrium  autem  cynicum 
καΐ  τόν  Όστιλιανόν  relegarit  in  ineulae  (Dionie  epit.  LXVl 
13  eecundum  Codices  Boieeevaini  p.  148,  ante  quem  edebant  Όστί- 
λΐον).  an  non  idem  tibi  videbitur  HoHtilianue  eeee  ac  Tutiliue, 
sicut  Pollio  et  Aeiniue?  Mueonium  exulem  revocavit  Titus, 
Tutilium  reetitutum  in  prietinum  statum  inecriptio  arguit,  ex  poenie 
quae  Veepaeiano  dederat,  celebri  eine  eub  Domitiano  famae  lux 
olarior  adfulget. 

XIII  Pernotum  eet  Hieronymi  teetimonium  adv.  Rufinum 
l  16  puto  quod  puer  legeris  Aspri  iu  Vergilium  et  Salliistium 
commentarios,  Volcaci  in  orationes  Ciceronis^  Victorini  in  dialogos 
Cius  eqe.  nemo  addidit  de  Volcacio  alterum  eiundem  indicium  hoc 


tVosopograpbica  195 

ex  epietola  70  ad  Magnnm  oratorem  urbie  R.  p.  665  Migne: 
nunquam  hoc  quaererea,  nisi  te  totum  Tultius  possideret,  s^i  scrip^ 
turas  sanctas  legeres,  si  interpretes  earum  omisso  Volcacio  evol- 
veres.  extat  Magni  earcophaguR  Homae,  cnine  in  titnlo  CIL.  VI 
9858  hie  rhetor  urbis  aeternae  tanquam  universae  patriciae  soboli 
lectus  magister  ehquentiae  inimifabilis  saeculo  suo  extollitnr,  unde 
interpretationem  etiam  7olcaci  Tnllianam  ad  rhetorioam  magie 
artem  quam  bietoriae  reepexiRse  conclndimne,  non  aemulatam 
Asconio.  aetas  Volcaoi  ne  sio  qnidem  noteecit,  verbis  Oiceronis 
inendantes  rbetoree  iam  Martialie  V  56  tetigit,  tarnen  eaeonlo  II 
posteriorem  enm  fnieee  exietimo,  band  multo  priorem  Victorino. 
Victorini  autem  fama  ac  etudia  Tulliana  bene  inlnetrantnr 
carmine  epitapbio  neptie  eins  nuper  redintegrato  ex  schedie  CIL. 
VI  31934,  enm  nanc  non  enpereit  niei  fragmentum  pablicatnm 
ibidem  30130,  CLE  599,  qnod  ex  illo  lapide  deeectum  esse 
misereque  trancatum  primue  vidit  Carolus  Weertb.  pnella  Megethio 
y.  cL  nopta  daodeviceeimo  aetatie  anno  obierat,  meneie  dieeqae 
depositionie  adscriptue  est,  non  annue.  primi  vereue  hi  sunt:  Äccia 
vel  Maria  est  nomen  mihi  TuUiana,  Vidorinus  avus^  quo  tantum 
rhetore  Roma  enüuii  quamtum  noster  sub  origine  sanguis.  Maria 
nomen  acceperat  ab  avo  ac  matre,  hoc  liquet,  Tulliana  ab  ayi 
laude  meritieqae,  hoc  coniectamas. 

XIV  Nomentanue  quem  Horatins  ac  Seneoa  ut  prodigam 
notaat,  Cassius  erat:  huitis  libertum  Oamam  nomine  cocum 
Sallustius  Crispus  hisioriarum  scriptor  feriur  CM  annuis  condudum 
habuisse  Porphyrie  ad  Hör.  eat.  I  1,  102.  sepulcrum  prope  urbem 
modicam  habuere  2>.  Cassius  D.  l,  Dama  et  L.  Rubrius  L.  /. 
HüaruSj  Cassia  D.  et  L•  L  Helena  CIL.  VI  14502.  buno  Damam 
Nomentani  libertum  Sallustique  cocum  fuisee  equidem  neque  aio 
neque  nego,  sed  sueceneeo  eis  qui  Lucium  praenomine  Nomen- 
tanum  fingunt  male  mutato  nomine  Lucilii  (1212  Marx)  et  ei 
DeeimuB  forte  vocitatue  eeee  apparebit,  ne  verum  deprehendatur 
impediunt. 

XV  Hnmanis  προσώποις  adiungere  libet  unum  divinum, 
quia  parum  recte  acceptum  video  neque  agnitum.  Lanuvii  olim 
extitit  baeis  pulcrie  inscripta  litterie  Mavortio  sacr.  hoc  Signum 
α  servo  tangi  nefas  est  CIL.  XIV  4178,  quem  titulum  editor 
peritieeimue  non  multum  afuit  quin  faUi  damnaret  adnotans 
^avorti  dedioationes  factas  nullae  habemus,  paene  monetruosa  eet 
haec  facta  Mavortio'.  oblitus  tum  erat  Romanae  inscriptionie 
VI  473  Mavortei  quam  ipee  post  rettnlit  inter  inscr.  lat.  eelectae 


19β  Boeoholer  Protopographioa 

3144,  Maoortiitö  antem  ininime  Mars  est  eed  Mavortis  semifie 
natus  ut  Cicero  cecinit,  nt  Horatius,  Iliae  Mavortisque  puer^ 
Romulns  in  oaelum  evectas  eive  Quirinus.  cnias  appellationie 
aactor  nam  7ergiliu8  fuerit  (Aen.  VI  777  Mavortius  addet 
Romulus)^  omniDO  dubito,  immo  pernego,  eed  recepisse  eam 
et  comprobasse  proximi  ab  Angusto  saeculi  bomlDes  caltioree 
testie  locnplee  Petroniue  est  cap.  124  Caeeari  et  Pompeio  faventia 
nnmiDa  ita  oomponens  nt  pro  illo  cum  Venere  et  Minerva  stet 
ingenUm  quatiens  Mavortius  h<istam  y.  268,  pro  Pompeio  eam 
Latois  et  Mercurio  Tiryntbins  i.  Hercules,  nt  claudat  atmmqae 
ordinem  semidene.  atqae  Petronii  verbo  idem  accidit  qaod  Lana- 
vino  Mavortio,  ut  inique  iudicaremue  scilicet  ritus  Romanoe  haud 
eatie  edocti.  hastam  autem  ac  Signum  qualecnmque  fnit  istud 
Quirini,  quasi  dominii  libertatis  iuris  publici  sacrum  ne  servus 
tangat,  haec  lex  rerum  religionumque  naturae  tam  consentanea  est 
quam  prisca  illa,  ne  paelex  aram  tangat  deae  tuentis  matrimonia. 
Bonnae.  Franoiscus  Buecheler. 


PANAITIOS  UND  DIE  ATTISCHE  STOIKER- 
INSCHRIFT 


1. 

Welche  Schätze  selbst  in  längst  bekannten  und  veröffent- 
lichten Inschriften  verborgen  sein  können,  hat  die  interessante 
Untersuchung  Wilhelm  Crönerts^  über  die  dem  zweiten  vorchrist- 
lichen Jahrhundert  angehörende  attische  Namenliste  I.  G.  II  953 
gezeigt  Es  ist  dies  ein  Stück  eines  Verzeichnisses  der  Uponoioi, 
die  bei  den  verschiedenen  Festen  im  Archontenjahre  des  Lysiades 
fungirt  haben.  Zuerst  werden  die  *  Ρωμαία  mit  zwei  Festordnern» 
sodann  die  Πτολεμαΐα  mit  einer  überaas  zahlreichen  Kommission 
von  Uponoioi  aufgeführt.  Noch  von  61  Namen  sind  Reste  vor- 
handen, während  eich  die  Zahl  der  am  unteren  Rande  des  Steines 
weggebrochenen  Namen  und  etwaigen  weiteren  Kommissionen  von 
anderen  Festen  des  Jahres  jetzt  nicht  mehr  feststellen  läset  (den 
Text  der  Inschrift  s.  umstehend). 

Crönert  hat  nun  bewiesen,  dass  sich  unter  den  Mitgliedern 
der  zweiten  Kommission  eine  ganze  Anzahl  von  Angehörigen  der 
Stoa  befinden,  darunter  kein  geringerer  als  Panaitios  (21);  ferner 
sieht  er  Stoiker  in  Mnasagoras  (4),  Asklepiodotos(l),  Antipatros  (34), 
Basileides  (47),  Gorgos  (51),  ApoUodoros  (59).  Ob  dagegen  auch 
mehrere  akademische  Philosophen  mit  Crönert  (S.  481,  2)  er- 
kannt werden  dürfen,  scheint  mir  zweifelhaft. 

Es  muss  ohne  Weiteres  einleuchten,  welche  grosse  Bedeutung 
unser  Stein  für  die  Geschichte  der  Philosophie  gewinnen  würde, 
wenn  es  gelingt,  seine  Zeit  sicher  zu  bestimmen.  Würde  damit 
doch  für  das  Leben  eines  jeden  der  oben  genannten  Männer  ein 
fester  Punkt  gesichert  sein. 

Den  einzigen  Anhalt  für  die  chronologische  Ansetzung  unserer 

i'Siinmgsber.  d.  Berl.  Akad.  1904  S.  471  f. 


lOS 


Cichoriue 


ΈπΙ  Λυσιάοου  δρχοντος  otbe  Ιεροποίησαν 
'Ρωμαία: 
Χρύσιππος  ii  Οϊου  Σμικυθίων  Άναγυράσιος 

ΤΤτολεμαϊα : 
Ά Ισκληπιόοοτος Τ7€ΐραι(€ύς )(\)     'Αντίπατρος  Πειραιεύς 
Ν]ικογ€νης  Φιλαΐοης  (2) 

Άν]θ€στήριος   έγ  Μυρρινίουτ- 
της)  ^  (3) 

Μ]νασατόρας   Άλ€Ε[ανί)(ρ€ύς ) 


(4) 

(7   ' 

-^) 

(9) 

(10) 

(11) 


Π]αυσίλυπος  ΤΤειραιεύς 
θ]€Οφιλος  Πβιραιεύς 
*Α]π€λλής  Σουνιεύς 
Άρίβαίος  ΤΤβιραιβύς 
Άνορίας  ΓΤαλληνεύς 
"Αρεστός  Μαραθώνιος 
Νικόμαχος  ΤΤεριθοίοηίς) 
ΆσκληπιόοιυροςΣουνΚ  εύς  (12) 
Φ]ιλιππίί)ης  Φλυεύς  (13' 

Έ]ρ[μ]όΙ)ΐυρος  Φρεάρριος  (Μ) 
Φ]είί)ΐππος  Φλυε(ύς)  (15) 

Τ]ιμησίθεος  Έρχιεύς  (1β) 

Ί[έρ]ιυν  Άίηνιεύς  ί  17) 

Γλ]αυκίας  θετταλός  (18) 

Ά  ]ρ[ι]στόλαος    Συπαλήττί  ιος ) 

(ΙίΜ 
Δ]ιονύσιος  Κριωεύς 
Π]αναίτιος  *  Ρόδιος 
Δημόφιλος  ΤΤειραιεύς 
θ]ράσιππος  Ίκαριεύς 
Ί]ιυν  Άμφιτροπήθεν 
"Λλείις  Μαραθώνιος 
B]iu)v  Άίηνιεύς 
Κ]ράτιππος  Κηφισιεύ(ς) 
Ά]ρχέλαος  Συπαλήττι(ος)  (28) 
Θεόδωρος  *Ραμνούσιος  (2ίί• 
Ά]ρίσταρχος  Λευκονοεύς  (-JOi 
Μ]έμνιυν  Σαροιανός  (;U; 

Καλλίστρατος  *Ατγελή[θεν  (:»2) 
Λ]εύκιος  ['Ρωμαίος]  (33. ι 


120) 

(21) 
(22) 
(2:^) 
(24j 
(25) 

127) 


(34) 
θηρύλος  Πιθεύς  (35) 

Σπόριος  'Ρωμαίος  ^36) 

ΈρμώναΕ  Έρμειος  (37) 

*Αρχικλής  Αακιάδης  (38) 

Αυκίσκος  έΕ  Οϊου  (39) 

Πυθικός  Άραφήνιος  (40) 

Φιλήμων  ΕΙρεσίδης  (41) 

ΜενΑαος  ΤΤειραιεύς  (42) 

Κράτερμος  'Ραμνούσιος  (43) 
Λεόντιχος  Άχαρνεύς  (44) 

ΆλίΕανδρος  *Οτρυνεύς  (45) 
Βάκχιος  '  Αθμονεύς  (46) 

Βασιλείοης  ΤΤειραιεύς  (47) 
Άγιάοας  Γαρτήττιος  (48) 

Σέλευκος  Δεκελεεύς  (49) 

ΔίΕανορος  *  Αναφλύστιο[ς  (50) 
Γόργος  Σφήττιος  (51) 

Μητρόοωρος  ΤΤειραιεύς  (52) 
Μήδειος  ΤΤειραιεύς  (53) 

Μένανδρος  ΤΤειραιεύς  (54) 
ΤΤοσειδώνιος  Ααμπτρεύ[ς  (55) 
ΤΤοσεώώνιος  ΤΤειραιεύς  (56) 
Έστιαϊος  Θημακεύς  (57) 

Άρίσταρχος  'Ραμνούσιος  (58) 
'Απολλόδωρος  ΤΤειραιεύς  (59) 
Άσκληπιά[δ|ης  Τ7ειραι[εύς  (60) 
Λ[ (61) 


Panaitios  und  die  attieohe  Stoikerinsohrift  199 

Liste  bietet  die  Datirnng  nach  dem  Archon  Lyeiades.  Dessen 
Amtsjahr  ist  aber  nicht  mit  Sicherheit  festznetellen  nnd  es 
kann  von  ihm  nur  so  viel  als  gewiss  gelten,  dass  es  in  die 
mittleren  Jahrzehnte  des  zweiten  Jahrhunderte  v.  Chr.  gehört. 
Allerdings  hat  Crönert  eine  genaue  Fixirung  des  Lysiades  aus 
der  einzigen  Inschrift  zu  gewinnen  versucht,  in  der  sein  Arohontat 
sonst  noch  erwähnt  wird,  einem  unter  dem  Archon  Epikrates  ge- 
setzten Steine  von  Delos,  der  ein  Ehrendecret  für  die  άγορα- 
νομήσαντ€ς  €ΐς  τόν  έχή  ^Άρχοντος  άρχοντος  ένιαυτόν  enthält; 
mit  den  άγορανομήσαντες  müssen  natürlich  die  Agoranomen  des 
Vorjahres  bezeichnet  sein.  Dieser  Beschluss  soll  nun  von  dem 
Τραμματ€ύς  aufgestellt  werden  ακολούθως  τοις  άρΕασιν  τόν 
Ιτά  Λυσιάδου  άρχοντος  ένιαυτόν.  Wenn  aber  Crönert  nach  dem 
Vorgänge  verschiedener  Anderer  daraus  schliessen  will,  dass  das 
Jahr  des  Lysiades  jenen  beiden  unmittelbar  vorangegangen  sei, 
so  würde  dieser  Schluss  doch  nur  in  dem  Falle  zutreffend  sein, 
wenn  eine  solche  Ehrung  der  Agoranomen  alljährlich  zu  erfolgen 
pflegte.  Dies  ist  aber  schon  an  und  für  sich  wenig  wahrschein- 
lich und  die  auf  der  Inschrift  ausdrücklich  gegebene  nähere  An- 
weisung, die  doch  völlig  überflüssig  wäre,  wenn  solche  Ehrungen 
eich  alljährlich  widerholten,  spricht  sogar  direct  dagegen.  Der 
delischen  Inschrift  darf  also  nur  so  viel  entnommen  werden,  dase 
das  Jahr  des  Lysiades  das  letzte  gewesen  ist,  in  dem  ein  der• 
artiger  Ehrenbeschluss  für  Agoranomen  erfolgt  war.  Wie  viele 
Jahre  aber  dazwischen  ohne  eine  solche  verstrichen  waren,  lässt 
sich  für  UD8  überhaupt  nicht  mehr  feststellen.  Demnach  dürfte 
auch  die  Ansetznng  des  Lysiades  unter  152/51,  die  Crönert  aus  der 
von  ihm  angenommenen  Aufeinanderfolge  jener  Jahre  erschliesst, 
nicht  haltbar  und  damit  der  Weg  für  eine  neue  Deutung  offen  sein. 
Einen  gewissen  Anhalt  für  eine  solche  gewähren  nun,  wie  ich 
glaube,  die  beiden  in  unserer  Liste  enthaltenen  römischen  Namen 
Σπόριος  (36)  und  Λ€ύκιος  (33).  Es  mag  auf  den  ersten  Blick 
ja  leicht  als  allzu  kühn  erscheinen,  wenn  man  hierin  bestimmte 
Persönlichkeiten  jener  Zeit  vermnthen  wollte  und  ein  solcher 
Versuch  wäre  auch  gewiss  von  vornherein  aussichtslos,  wenn 
es  sich  beide  Mal  um  eins  der  üblichen  Hauptpränomina  handelte. 
Zum  Glück  ist  aber  der  eine  der  beiden  Namen  Spurius  im 
zweiten  Jahrhundert  bereite  überaus  selten  und  damals  nur  noch 
in  ganz  wenigen  römischen  Familien  geführt  worden.  Der  Kreis 
der  in  Betracht  kommenden  ist  also  ein  ganz  eng  begrenzter 
und  80  dürfte  immerhin  die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  sich, 


200  Cicborius 

wenn  nicht  der  Λεύκιος,  so  doch  der  Σπόριος  auf  unserer  In- 
schrift etwa  bestimmen  läset. 

Es  kann  dabei  wohl  ohne  Weiteres  vorausgesetzt  werden, 
dass  es  sich  um  Personen  aus  der  vornehmen  Gresellschaft  Roms 
handelt,  denn  andere  wird  man  in  dieser  Zeit  und  in  diesem 
erlesenen  Kreise  der  Gelehrtenwelt  Athens,  zumal  neben  dem 
den  höchsten  römischen  Kreisen  eng  verbundenen  Panaitios  kaum 
erwarten  dürfen.  Ferner  müsste  sich  ein  zeitweiliger  Aufenthalt 
der  Betreffenden  in  Athen  nachweisen  lassen  und  endlich  wäre, 
woran  schon  Crönert  gedacht  hatte,  ohne  freilich  die  Frage 
beantworten  zu  können,  zu  erwägen,  ob  sie  nicht  etwa  zu  der 
auf  unserem  Steine  durch  so  viele  ihrer  Mitglieder  vertretenen 
Stoa  nähere  Beziehungen  gehabt  haben  können. 

Nun  kennen  wir  um  die  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderte, 
soviel  ich  es  übersehe,  überhaupt  nur  drei  Männer  mit  jenem 
seltenen  Pränomen  und  es  gilt  also  zunächst  zu  prüfen,  ob  etwa 
auf  einen  von  ihnen  die  obigen  Voraussetzungen  zutreffen  würden. 
Die  beiden  ersten  sind  zwei  Spurii  Postumii  Albini.  Ueber  den 
älteren,  der  148  v.  Chr.  Consul  war,  ist  sonst  gar  nichts  bekannt, 
und  auch  der  jüngere  wird  nur  einmal  bei  Plutarch  Tib.  Gracch.  8 
als  Altersgenosse  des  Tib.  Gracchus  und  als  namhafter  Gerichte- 
redner erwähnt.  Abgesehen  davon,  dass  er  wohl  zu  jung  sein 
würde,  spricht  gegen  eine  Beziehung  auf  ihn,  dass  er,  nach  dem 
ganzen  Zusammenhange  der  Plutarchstelle  zu  schliessen,  dauernd  in 
Rom  gelebt  hat.  Genauer  bekannt  ist  uns  der  dritte,  Sp.  Mummius. 
Wie  sein  Bruder  L.  Mummius  Achaicus,  der  Consul  des  Jahres  146, 
gehörte  auch  er  zur  römischen  Nobilität  und  muss,  wie  seine 
diplomatische  Verwendung  zeigt,  selbst  curulische  Aemter,  ver- 
muthlich  bis  zur  Prätur,  bekleidet  haben.  Weiter  läset  sich 
sicher  erweisen,  dass  er,  wahrscheinlich  sogar  mehr  als  ein  Mal, 
in  Athen  geweilt  hat  und  endlich  ist  vor  allem  von  ihm  bei 
Cicero  Brut.  94  ausdrücklich  überliefert,  dass  er  Stoiker  gewesen 
ist  {fuit  enim  doctus  ex  disciplina  Stoicoruvn),  Ja,  es  lassen 
sich  für  ihn  sogar  nahe  persönliche  Beziehungen  zu  dem  einen 
der  in  unserer  Liste  genannten  Stoiker,  und  zwar  zu  dem  her- 
vorragendsten von  ihnen,  feststellen.  Sp.  Mummius  hat  nämlich 
zum  nächsten  Freundeskieise  des  Panaitios  gehört;  denn  er  und 
L.  Caecilius  Metellus  waren  die  beiden  anderen  Mitglieder  der 
berühmten  Gesandtschaft,  die  unter  Führung  des  jüngeren  Scipio 
einige  Jahre  nach  dem  Ende  des  dritten  punischen  Krieges  vom 
römischen  Senat  nach  dem  Orient  entsendet  worden  war  und  an 


Panaitioe  und  die  attische  Stoikerinschrift  201 

der  als  einziger  nichtrömischer  Begleiter  ehen  Panaitioe  Theil 
genommen  hat.  Έβ  trifft  also  für  Sp.  Mnmmias  thateächlich  all 
das  zn,  was  sich  für  den  Σπόριος  der  attischen  Inschrift  als 
wahrscheinlich  ergeben  hatte  und  so  dürfte  es  bei  der  notorischen 
Seltenheit  des  Pränomens  wohl  nicht  zu  gewagt  sein,  in  dem  ΐ€ρο• 
ποιος  Σπόριος  *Ριυμαϊος  den  Sp.  Mummius  wiederzuerkennen. 

Für    die  Datirnng    der    Stoikerinschrift    würde    dann    ohne 
Weiteres  die  Zeit  vor  146  wegfallen,  da  Sp.  Mummias  zweifellos 
erst  während   des  Feldzages   seines  Bruders,    den   er  als   dessen 
Legat   in   den   Jahren   146  und  145  mitgemacht  hat  (vgl.  Cicero 
ad  Att.  XIII  30,  3),  nach  Griechenland  gekommen  ist.    Es  fragt 
eich  nur,   ob  unsere  Inschrift  in  diesen  ersten  griechischen  Auf- 
enthalt   des  Sp.  Mummius   gehört,  während   dessen   er  natürlich 
auch  Athen  besucht  hat,    oder   aber   ob   sie  in  die  Zeit  der  Ge- 
eandtechaftsreise  zu  setzen  ist,  aus  der  ein  Besuch  von  Griechen- 
land für  die  Gesandten  ausdrücklich  bezeugt   ist,   ein  Aufenthalt 
in  Athen,   dem  Wohnsitze  des   Panaitios,    also  ohne  Weiteres  als 
sicher  angenommen   werden   darf.     Ich    meine,  die  letztere  Mög- 
lichkeit ist  unbedingt  vorzuziehen,    allein  schon  wegen  der  Ver- 
bindung,   in    der   wir  Sp.  Mummius    hier    mit  Panaitios    finden. 
Denn  Beziehungen  zur  Stoa  sind  für  ihn  zu  der  Zeit,  wo  er  zum 
Stabe  seines  aller  griechischen  Bildung  so  völlig  baren  Bruders 
gehörte,  kaum  zu  erwarten. 

Fällt  unsere  Inschrift  aber  in  die  Zeit,  wo  jene  römische 
Geeandtechaft  in  Athen  weilte,  dann  lässt  sich  vielleicht  sogar 
auch  für  den  andern  der  beiden  Römer,  wenngleich  nur  zweifelnd, 
eine  Benennung  vorschlagen.  Gleichzeitig  mit  Mummius  müssen 
damals  in  Athen  ja  auch  die  beiden  anderen  Mitglieder  der  Ge- 
eandtechaft P.  Scipio  und  L.  Metellus  anwesend  gewesen  sein. 
landen  wir  nun  in  der  Festkommission  zwei  von  den  vier  Mit- 
gliedern der  Reisegesellschaft,  Panaitios  und  Mummius,  so  könnte 
der  Λβύκιος  sehr  wohl  der  dritte  Gesandte,  L.  Metellus,  sein. 
Ja,  es  wäre  dann  sogar  denkbar,  dass  auch  Scipio  selbst  als 
ΤΤόττλιος  Τιυμαϊός  in  dem  jetzt  verlorenen  Theile  der  Inschrift 
Tuit  aufgeführt  gewesen  ist.  Als  überzeugter  Stoiker  und  nächster 
f'reund  des  Panaitios  würde  er  in  diesen  Kreis  jedenfalls  gut 
Iiinein  passen.  Was  Metellus  betrifft,  so  hat  dieser'beetimmt 
persönliche  Beziehungen  zu  Griechenland  und  gerade  auch  zu 
Athen  gehabt,  denn  auf  ihn  muss  sich  nicht  nur  die  Inschrift 
aus  Olympia  bei  Dittenberger  Syll.  313,  sondern  ebenso  —  wie 
auch  Münzer  P.W.  HI  1208  und  Hiller  von  Gärtringen  annehmen 


202  Cichorius 

—  der  athenieclie  Ehrenbeschluee  aus  Deloe  I.  G.  ΧΠ  5,  270  be- 
ziehen, lieber  directe  Verbindungen  zu  den  Philoeophenkreieen 
des  damaligen  Athens  ist  zwar  von  Metellas  selbst  niobts  über- 
liefert, wohl  aber  von  seinem  Sohne  Q.  Metellos  Numidicns,  der 
in  nahem  Verhältniss  zu  Poseidonios  stehend,  als  Stoiker  philo- 
sophische Studien  getrieben  (Flut.  Mar.  2ft;  Livins  Per.  LXIX) 
und  der  als  Jüngling  gerade  in  dem  Jahrzebnt  zwieohen  140 
und  180  in  Athen  Philosophen,  darunter  den  im  Jahre  128  (vgl. 
Marx  Lucilius  I  p.  XL)  gestorbenen  greisen  Akademiker  Kar- 
neades  gehört  hat  (Cio.  de  orat.  III  68). 

Bei  einer  Ansetzung  unserer  Ιεροποιοί  in  die  Zeit  des  athe- 
nischen Aufenthaltes  von  Scipios  Gesandtschaft  erklärt  sich  nun 
vielleicht  auch  die  so  ungewöhnliche  Zusammensetzung  der  Fest- 
kommission,  einmal  die,  wie  Crönert  S.  482  zeigt,  übrigens  durch- 
aus zulässige  Betheiligung  so  vieler  Fremder,  sogar  Römer,  die 
das  attische  Bürgerrecht  gar  nicht  besitzen,  dann  aber  die  schon 
von  Grönert  hervorgehobene,  aber  nicht  gedeutete  auffallende 
Thatsache,  dass  in  dem  betreffenden  Jahre  bei  dem  an  und  für 
sich  doch  kaum  irgend  wie  bedeutsamen  Feste  der  Πτολεμαΐα 
eine  so  ausserordentlich  grosse  Zahl  von  Männern,  noch  dazu 
ans  der  geistigen  Elite  des  damaligen  Athens,  in  die  Reihe  der 
ΐ€ροποιο(  eingetreten  ist,  während  für  das  kurz  vorher  in  dem- 
selben Jahre  gefeierte  Fest  der  'Ριυμαϊα,  das  doch  in  jener  Zeit 
der  römischen  Oberherrschaft  viel  wichtiger  als  die  Πτολεμαΐα 
sein  musete,  zwei  ιεροποιοί  genügt  hatten.  Die  grosse  Zahl  an 
den  ΤΤτολβμαΐα  und  vor  allem  die  Betheiligung  der  Gelehrten 
muss  nun  aber  gerade  in  jener  Zeit  doppelt  auffallen,  da  eben 
erst,  nnr  wenige  Jahre  zuvor,  durch  den  auch  damals  noch 
herrschenden  unwürdigen  König  Ptolemaios  VIII  Euergetee  die 
berühmte  Vertreibung  der  Gelehrten  aus  Alexandria  erfolgt  war, 
deren  bekannteste  Opfer  Aristarch  und  Apollodor  gewesen  sind. 
Wie  Athenaeus  IV  184  c  sagt,  sind  dadurch  alle  griechischen 
Städte  mit  geflüchteten  alexandrinischen  Gelehrten  und  Künstlern 
überfüllt  gewesen  (έποίησε  πλήρεις  τάς  τε  νήίΤους  καΐ  πόλεις 
avbpujv  γραμματικών,  φιλοσόφων,  γβιυμετριυν,  μουσικών,  ίαι- 
τράφων,  παώοτριβών  τε  καΐ  Ιατρών  και  άλλων  πολλών  τεχνι- 
τών ο\  6ιά  το  πίνεσθαι  διδάσκοντες  8  ήπίσταντο  πολλούς 
κατεσκεύασαν  δνορας  έλλογίμους).  Es  darf  wohl  als  eelbet- 
verständlich  angesehen  werden,  dass  ein  beträchtlicher  Theil  jener 
Alexandriner  sich  nach  Athen,  dem  geistigen  Mittelpunkte  des 
damaligen  Griechenlands,    gewendet  haben  wird  und  tbataächlicVi 


Panaitios  und  die  attische  Stoikerinsohrift  203 

finden  wir  ja  zB.  Apollodor  dann  später  in  Athen  lebend.  Aber 
auch  ganz  abgesehen  hiervon  würden  alle  jene  Stoiker  es 
doch  gewiee  entrüstet  abgelehnt  haben,  dnrch  ihren  noch  dazu  in 
80  ungewöhnlicher  Form  erfolgenden  Beitritt  als  ΐ€ροποιοί  gerade 
an  den  Πτολεμαΐα  sich  an  einer  Ehrung  jenes  Feindes  der 
Wissenschaft  zu  betheiligen.  Es  wird  also  die  besondere  fest- 
liche Gestaltung  der  ΤΤτολβμαϊα  in  dem  betreffenden  Jahre  nicht 
um  dieses  Festes  selbst  willen  erfolgt  sein^  sondern  deshalb  weil 
es  gerade  in  den  Aufenthalt  der  yornehmen  römischen  Gäste  fiel 
und  aus  diesem  Grunde  in  ungewöhnlich  feierlicher  Weise,  sogar 
unter  ihrer  persönlichen  Mitwirkung,  begangen  wurde. 

Vielleicht  dürfen  wir  hiermit  auch  den  auffallenden  Fundort 
unseres  Steines  in  Verbindung  bringen.  Er  stammt  nämlich 
aus  dem  Dionysostheater.  Da  nun  aber  die  Verzeichnisse  der 
alljährlich  sich  wiederholenden  Kommissionen  von  ιεροποιοί  an 
sieh  doch  zu  unwichtig  gewesen  sind,  um  eine  Aufstellung  an 
80  bevorzugter  Stelle  zu  rechtfertigen,  und  auch  sonst  von  keiner 
anderen  solchen  Liste  dort  Reste  gefunden  worden  sind,  so  dürfte 
in  dem  speziellen  Falle  wohl  ein  besonderer  Anlass  diese  Auf- 
stellung verursacht  haben.  Ein  solcher  würde  ja  aber  auch 
thateächlioh  vorliegen,  wenn,  wie  zu  vermuthen  war,  im  Jahre 
des  Lysiades  der  Kommission  für  die  ΤΤτολεμαΐα  jene  römischen 
Staatemänner  angehört  haben,  vor  allem  wenn  wir  Scipio  selbst 
unter  den  Uponoioi  annehmen  dürften. 

Für  die  Zeitbestimmung  ist  zunächst  die  Frage  zu  erörtern, 
ob  wir  das  Fest  und  damit  den  Aufenthalt  der  Gesandten  in 
Athen  auf  ihre  Hinreise  nach  dem  Orient  oder  aber  auf  ihren 
Rückweg  von  dort  zu  beziehen  haben.  Für  die  letztere  Auf- 
faesung  dürfte  entscheidend  die  Stelle  bei  Cicero  de  rep.  VI  11 
ine  Gewicht  fallen,  wo  die  Reise  Scipios  beschrieben  wird  iu 
der  Folge:  cum  obieris  Aegyptum,  Syriam,  Äsiam,  Graedam, 
Danach  iet  also  Griechenland  von  den  Gesandten  erst  zuletzt 
besucht  worden.  Darauf,  dass  Scipio  auf  dem  Hinwege  Athen 
überhaupt  nicht  berührt  hat,  führt,  wie  ich  glaube,  auch  die  wohl 
auf  Poseidonios  zurückgehende  Nachricht  bei  Plutarch  mor.  p.  949, 
wonach  Scipio  damals  μ€Τ€π€μψατο  ΤΤαναίτιον,  dieser  sich  also 
der  Reisegesellschaft  an  irgend  einem  andern  von  ihr  zu  pas- 
sirenden   Orte  und  nicht  in  Athen  angeschlossen  hat. 

Die  genauere  Datirung  unseres  Steines  und  damit  des 
Archontatee  des  Lysiades  würde  also  von  der  der  grossen  Ge- 
sandtechaftereise  abhängen.     Bestimmte  chronologische  Angaben 


204  Cichorius 

für  dieee  besitzen  wir  Dicht  und  man  hatte  einzig  ale  terminae 
post  quem  das  Jahr  142,  in  dem  der  eine  der  Gesandten,  Metellue, 
Gonsul,  Scipio  selbst  Censor  war.  Andererseits  hatte  Marx  nach- 
gewiesen, dass  die  Gesandten  Pergamon  noch  bei  Lebzeiten  König 
Attalos  II.  besucht  haben,  ihr  dortiger  Aufenthalt  also  spätestens 
in  das  Jahr  138  gefallen  ist.  Durch  die  Liyius-Epitome  von 
Oxyrhynchos  sind  wir  jetzt  in  der  Lage,  die  Zeit  der  Gesandt- 
schaft sehr  viel  enger  zu  begrenzen.  Wir  haben  aus  ihr  (z.  212) 
gelernt,  daes  die  von  Scipio  persönlich  durchgeführte  Anklage 
gegen  L.  Cotta  in  das  Jahr  138  gehört.  Die  Gesandten  müssen 
also  spätestens  in  diesem  Jahre  wieder  nach  Rom  zurückgekehrt 
sein.  Für  den  Beginn  der  Reise  ist  sodann  die  Notiz  ebenda  182 
wichtig,  aus  der  hervorgeht,  dass  das  bisher  unbekannte  Amts- 
jahr des  Volkstribunen  Tib.  Claudius  Asellus,  während  dessen 
Scipio  sich  persönlich  gegen  eine  Anklage  des  Genannten  zu 
vertheidigen  hatte  (Gell.  III  4, 1),  das  Jahr  140  v.  Chr.  gewesen 
ist.  Also  kann  die  Abreise  der  Gesandten  von  Rom  frühestens 
in  diesem  Jahre  erfolgt  sein. 

Nach  alledem  sind  als  eventuell  für  die  Reise  in  Betracht 
kommend  zu  berücksichtigen  die  attischen  Archontenjahre  141/40, 
140/139,  139/38,  138/37.  Von  vornherein  abzusehen  ist  dabei 
von  dem  ersten  Jahre,  da,  wie  wir  sahen,  der  Besuch  in  Athen 
erst  an  das  Ende  der  langen  Reise  anzusetzen  ist.  Femer  fällt 
140/139  deshalb  weg,  weil  wir  als  dessen  Archonten  aus  Pausa- 
nias  VI!  16,  10  verglichen  mit  Ind.  Acad.  XXV  10  den  Hagnotheos 
kennen  \  Endlich  muss,  wie  ich  glaube,  auch  1 38/37  ausscheiden» 
und  zwar  auf  Grund  folgender  Erwägung: 

Unsere  Inschrift  bezeichnet  sich  ausdrücklich  als  ein  Ver• 
zeichniss  der  \€ροποιθί  aller  Feste  des  betreffenden  Jahres.  Nun 
sind,  wie  die  Liste  I.  G.  Π  954,  die  einzige,  die  wir  sonst  über- 
haupt noch  von  Ιεροποιοί  besitzen,  zeigt,  auch  an  den  Panathenäen 
solche,  nebeneinander  Athener  und  Fremde  umfassende,  Kommis- 
sionen zusammen  ^j^etreten.  Unser  Stein  müsste  demnach,  wenn 
da«  Archontat  de«  Lysiades  in  ein  Panathenäen- Jahr  gefallen  ist, 
auch  für  dieses  Fest  die  Namen  der  Ιβροποιοί  enthalten  haben. 
Da  aber  die  Panathenäen  zu  Anfang  des  attischen  Jahres  in 
dessen  erstem  Monat  gefeiert  worden  sind,  müssten  sie  also  auch 
in   unserer  Liste  'gleich    zu  Beginn    verzeichnet  sein.     Wenn   sie 

ί  Wir  verdanken  die  Klarstellung  dieser  Frage  v.  Wilamowits 
(bei  Mekler  lud.  Aoad.  119). 


Panaitiot  und  die  attisohe  Stoikerinscbrift  205 

nun  hier  fehlen  and  zwei  andere  Feste,  die  'Ριυμαΐα  und  die 
ΤΤτολεμαΐα,  als  erste  aufgeführt  werden,  so  darf  wohl  geschlossen 
werden,  dass  in  dem  Jahre  des  Lysiades  keine  Panathenäen-Feier 
stattgefunden  hat.  Dann  kann  es  aber  auch  nicht  mit  138/37 
gleichgesetzt  werden,  da  dieses  als  drittes  Jahr  einer  Olympiade 
ein  Panathenäen-Jahr  gewesen  ist. 

So  bliebe  für  Lysiades  einzig  das  Jahr  139/38,  dem  that- 
sächlioh  bisher  noch  kein  Archontenname  sicher  zugewiesen 
werden  konnte.  Zu  dem  Verlauf  von  Scipios  Gesandtschaftsreise 
würde  diese  Ansetznng  ganz  vortrefflich  passen.  Er  würde  dann 
auf  dem  Rückwege,  vermnthlich  Ende  139,  in  Athen  eingetroffen 
sein  und  sich  dort  gewiss  einige  Zeit  aufgehalten  haben.  Den 
Beginn  der  Beise  wird  man  dann  noch  in  die  erste  Hälfte 
des  Jahres  140,  wohl  kurz  nach  dem  Prozess  des  Scipio  ansetzen 
müssen.  Die  Rückkehr  nach  Rom  endlich  wird  in  den  letzten 
xMonaten  von  139  oder,  was  ich  für  noch  wahrscheinlicher  halte, 
in  den  ersten  Monaten  von  138   erfolgt  sein. 

2. 

um  die  im  Vorstehenden  begründete  Ansetzung  unserer 
Stoikerinschrift  auf  139/38  statt  mit  Crönert  auf  152/51  zu  oon- 
trollieren,  werden  die  uns  zum  Theil  anderweit  bekannten  athe- 
nischen Namen  der  Liste  daraufhin  zu  untersuchen  sein,  ob  sie 
sich  bei  unserem  Zeitansatze  zwanglos  in  das  Verzeichnis  ein- 
ordnen würden.  Nimmt  man  als  mögliches  Lebensalter  der 
Uponoioi  während  ihres  Amtes  das  von  ca.  30  bis  60  Jahren  an, 
80  würde  die  attische  Gesellschaft  des  Zeitraumes  etwa  von  1 70 
bis  110,  soweit  wir  sie  aus  den  Inschriften  kennen,  zu  berück- 
sichtigen sein. 

Die  Grundlage  für  die  Entscheidung  dieser  Frage  ist  nun, 
wie  ich  glaube,  eine  im  Bulletin  de  corr.  1906  p.  200  veröffent- 
lichte wichtige  delphische  Inschrift,  die  Crönert  noch  nicht  kennen 
konnte.  Auf  dieser  erscheinen  nämlich  unter  dem  Archon  Diony- 
sios,  d.  h.  ca.  128  y.  Chr.  als  attische  Pythaisten,  die  nach  Delphi 
entsandt  sind,  zwei  der  in  der  Stoikerinschrift  genannten  Männer, 
nämlich  Κράτερμος  und  Μήοειος^    Beide  können  natürlich  sehr 

^  An  der  Identität  der  beiden  Pythaisten  mit  den  Upoirotoi  ist 
nicht  zn  zweifeln,  da  die  Demenangabe  der  letzteren  and  die  Namen 
der  Väter  auf  der  delphischen  Inschrift  sich  gegenseitig  stützen  und 
wir  es  hier  mit  Mitgliedern  zweier  bekannter  and  vornehmer  athenischer 
Familien  su  thun  haben. 


206  Cichorius 

wohl  elf  Jahre  zuvor  als  noch  jüngere  Männer  der  Festkommis- 
eion  für  die  Ptolemaia  angehört  haben.  Dazu  stimmt  ferner,  daiis 
der  gleichnamige  Sohn  des  ΜήΟ€ΐος  im  Jahre  100  Archon  ge- 
wesen ist. 

Auch  Άρχικλής  Λακιάόης  gehört  einer  uns  wohl  bekannten 
attischen  Familie  an,  aus  deren  Stammbaum  Kirchner  I  p.  168 
für  das  zweit«  Jahrhundert  folgende  Reihe  bietet:  Άρχικλής 
(ca.  199  V.  Chr.)  —  θρασυκλής  (ca.  166.)  — ?  (ca.  133)  —  ? 
(ca.  100)  -  Άρχικλής  (ca.  67)  —  θρασυκλής  (ca.  34).  Danach 
darf  also  wirklich  gerade  für  die  Zeit  unserer  Stoikerineobrift 
ein  Άρχικλής  Λακιάδης  vorausgesetzt  werden. 

Anderweit  bekannt  ist  sodann  auch  ΤΤθ(Τ€ΐ^ώνιος  Λαμπτρβύς, 
der  uns  als  alter  Mann  mit  seinem  Sohne  Γηρό(Ττρατος  noch 
auf  einer  Inschrift  des  Jahres  97  begegnet  ^  Dann  kann  er  aber 
natürlich  auch  schon  139  als  junger  Mann  bei  den  Ptolemaia 
fungirt  haben. 

Eine  Bestimmung  der  Persönlichkeit  dürfte  eich,  wie  länget 
bemerkt  worden  ist,  mit  annähernder  Gewissheit  für  ΤΤαυ(Τίλυιτος 
ergeben.  Der  Name  findet  sich  nämlich  in  Athen  überhaupt  nur 
noch  ein  einziges  Mal  als  der  des  Vaters  eines  'Ηρακλείδης  TTei• 
ραιεύς,  der  als  επιστάτης  προέοριυν  im  Jahre  118/117  erscheint. 
Da  der  Demos  beide  Mal  derselbe  ist,  muss  unser  Παυσίλυπος 
mit  jenem  Vater  identisch  sein.  Er  würde  dann  im  Jahre  139 
bereits  in  höherem  Alter  gestanden  haben. 

Der  letztere  Schluss  wäre  ferner  bezüglich  dreier  anderer 
Männer  unserer  Linie  zu  ziehen,  in  denen  attische  Beamte  aus 
der  Mitte  des  Jahrhunderts  wiedererkannt  werden  dürfen.  £e 
sind  dies  zunächst  Άριστόλαος  Συπαλήττιος,  den  bereits  Crönert 
richtig  mit  dem  Archon  des  Jahres  161/60  identificirt  hat,  sodann 
*Ανθ€στήριος  έκ  Μυρρινούττης,  der  zweifellos  der  Archon  eines 
Jahres  bald  nach  161/60  gewesen  ist,  endlich  Νικογένης  Φιλαίοης, 
der  Agonothet  der  θησεία  von  161/60  und  Hipparch  um  160*• 
Alle  drei  können  im  Jahre  139  noch  sehr  gut  als  ältere  Männer 
der  Kommission  angehört  haben. 

Das  Gleiche  würde  für  zwei  andere  Mitglieder  aus  der  uns  be- 
kannten Lebenszeit  ihrer  Nachkommen  geschlossen  werden  dürfen. 


^  Diese  Inschrift  ist  zufällig  dem  Μή5€ΐος,  dem  Sohne  eben  des 
in  der  Stoikerinschrift  genannten,  gesetzt. 

s  Kirchner  hält,  wie  ich  glaube,  die  verschiedenen  Männer  des 
Narnone  Nikogenes  nicht  scharf  genug  aus  einander. 


Panaitioe  und  die  attische  Stoikerinsohrift  207 

Θεόδωρος  'ΡαμνοικΤιος  ist  sicher  der  Groesvater  eiuee  107/106 
als  Epheben  genannten,  also  um  125  geborenen  θεόόιυρος  θ€0- 
μένου  *Ραμνούσιος.  Er  würde  also  139  in  mittleren  Jahren  ge- 
standen haben.  Ferner  ist  Άνορίας  ΤΤαλληνεύς  gewies  mit  dem 
als  Vater  eines  Εύαρχίοης  'Avbpiou  Άντιοχίοος  φυλής  bekannten 
identisch,  da  der*  Demos  Pallene  zur  Antiocbis  gehörte  und  alle 
sonst  bekannten  Männer  des  Namens  Andreas  aus  Demen  anderer 
Phylen  stammen.  Jener  Euarohides  hat  als  Knabe  um  160,  als 
Ephebe  um  150  gesiegt.  Demnach  steht  nichts  im  Wege,  seinen 
Vater  Andreas,  freilich  schon  als  älteren  Mann,  in  unserm  Ver- 
zeichniss  zu  erkennen. 

Es  liesse  eich  yielleicht  noch  für  eine  ganze  Reihe  anderer 
Namen  eine  Identifioimng  mit  uns  bekannten  Athenern  jener 
Zeit  vorschlagen^.  Allein  dies  würde  nur  hypothetisch  sein  können 
und  da  die  oben  besprochenen  Fälle  an  sich  schon  genügen 
dürften,  kann  von  den  übrigen  wohl  abgesehen  werden. 

Jedenfalls  zeigt  das  Ergebnis  der  prosopographisohen  Unter- 
suchung, dass  die  Namen  unserer  Liste  in  das  Jahr  139/38  durch- 
aus passen,  ja,  wir  dürfen  darin  sogar  eine  sehr  willkommene 
Stütze  für  die  gewonnene  neue  Datirung  erblicken. 

3. 

Bei  dieser  neuen  chronologischen  Ansetzung  ist  nun  aber 
auch  die  Frage  bezüglich  der  unter  den  Namen  zu  vermuthenden 
Philosophen  und  sonstigen  Gelehrten  nochmals  zu  prüfen.  Dies 
dürfte  nämlich  auch  nach  Crönert  nicht  überflüssig  sein,  weil 
jetzt  ja  ein  ganz  anderer  Kreis  von  Persönlichkeiten  mit  ins 
Auge  zu  fassen  ist,  von  denen  viele  für  Crönert  unter  dem  Jahre 
152  noch  gar  nicht  in  Betracht  kommen  konnten. 

Ein  Umstand  ist  meiner  Ansicht  nach  dabei  besonders  zu 
berücksichtigen,  nämlich  die  Betheiligung  von  Nichtathenem  und 
von  so  vielen  mit  dem  athenischen  Bürgerrecht  erst  beschenkten 
Personen.  Denn  schon  Crönert  hat  das  ausserordentliche  Ueber- 
wiegen  von  Angehörigen  des  Demos  ΤΤβιραιεύς  hervorgehoben,  der 
vierzehnmal  vertreten  ist,  während  sämmtliche  übrigen  attischen 
Demen  zusammen  nur  vierzig  Mitglieder  zu  der  Kommission  ge- 
stellt haben,  und  er  hat  scharfsinnig  gezeigt,  dass  die  Mehrzahl 
der  in  der  Liste  als  Π€ΐραΐ€ΐς  verzeichneten  ursprünglich  Fremde 


^  So  könnte  man  zB.  den  Λυκίσκος  ίζ,  Οίου  für  den  Arohon    des 
Jahres  129/28  halten  wollen. 


20S  CiohoriuB 

gewesen  sind)  sowie  dass  die  in  die  athenische  Bürgerschaft  auf- 
zunehmenden Nenbürger  zumeist  dem  Demos  ΤΤειραΐεύς  zage- 
gewiesen zu  werden  pflegten.  Aber  auch  unter  den  Mitgliedern 
anderer  Demen  in  unserer  Liste  wird  mancher  Nichtathener  yer- 
muthet  werden  dürfen.  Dies  hat  Crönert  für  den  Lakedämonier 
Γόργος  nachgewiesen,  der  hier  als  Σφήττιος  erscheint,  and  das 
Gleiche  möchteich  bezüglich  des Άγιάοας  Γαργήττιος  annehmen, 
dessen  Namensform  auf  einen  Dorer  hindeutet^. 

Es  drängt  sich  nun  doch  unwillkürlich  die  Frage  auf,  wie  es 
kommt,  dass  Athen  in  der  Zeit  vor  139  y.  Chr.  so  vielen  Fremden 
sein  Bürgerrecht  verliehen  hatte  und  dass  so  viele  dieser  Neu• 
bürger  der  Ehre  theilhaftig  geworden  sind,  in  eine  Festkommis* 
sion  aufgenommen  zu  werden,  der,  soviel  wir  sehen,  sonst  nur 
die  vornehmen  römischen  Gäste,  Mitglieder  der  ersten  attischen 
Familien  und  endlich  die  Vertreter  der  geistigen  Elite,  speziell 
Angehörige  der  Stoa,  angehörten.  Ich  glaube,  die  Antwort  auf 
die  letztere  Frage  kann  nur  dahin  lauten,  dass  diese  Leute  einzig 
auf  Grund  irgend  welcher  geistiger  oder  wissenschaftlicher  Vorzüge 
oder  Verdienste  hier  zugezogen  gewesen  sein  werden.  Es  wäre  dem- 
nach anzunehmen,  dass  Athen  vor  dem  Jahre  139  sein  Bürger- 
recht in  ausgedehnterem  Masse  fremden  Gelehrten  hätte  zu  Theil 
werden  lassen.  Was  den  Anlass  hierzu  geboten  haben  könnte, 
ist  dann  wohl  unschwer  zu  vermuthen.  Bereits  oben  ist  dar- 
gelegt worden,  dass  sich  von  den  im  Jahre  145  aus  Alexandria 
vertriebenen  Gelehrten  und  Künstlern,  die  sich  über  die  gesammte 
griechische  Welt  verstreuten,  gewiss  ein  nicht  unbeträchtlicher 
Theil  nach  Athen  gewandt  hatte.  Die  grosse  Zahl  der  Neubürger, 
die  uns  139  als  Uponoioi  begegnen,  würde  sich  jedenfalls  einfach 
erklären,  wenn  wir  unter  ihnen  eine  Reihe  solcher  mit  dem 
athenischen  Bürgerrechte  beschenkter  vertriebener  Gelehrter  ver- 
muthen dürften. 

Leider  ist  ja  über  jene  Gelehrtenvertreibung  und  die  von 
ihr  betroffenen  Persönlichkeiten  fast  nichts  bekannt.  Sind  doob 
überhaupt  nur  bezüglich  des  allernächsten  Kreises  der  berühmtesten 
Grösse  des  damaligen  Alexandria,  des  Aristarch,  Vermuthangen 
möglich.  Wir  wissen,  dass  Aristarch  selbst  damals  nach  Cypern 
gegangen  ist,  wo  er  bis  zu  seinem  schon  um  144  erfolgten  Tode 
blieb.     Das  Gleiche  werden  wir  aber  dann  auch  für  seine  beiden 


1  Andererseits    darf   natürlich    (vgl.   unten    S.  210)    nicht    ohne 
Weiteres  jeder  ΤΤ€ΐραΐ€ύς  für  einen  Fremden  angesehen  werden. 


pAoaitios  und  die  attische  Stoikerineohrift  909 

Söhne  Arietarch  and  Aristagoras  (vgl.  Snidas  β.  y.  Aristarcbos) 
▼oraueeetzen  dürfen,  und  ebenso  wird  der  αναγνώστης  des 
Arietarch,  Poseidonioe,  selbst  ein  gelehrter  Forscher  und  Schrift- 
steller, seinen  Meister  nach  Cypern  begleitet  haben.  Endlich  hat 
schon  Jacoby  S.  8  angenommen,  dass  auch  ApoUodor,  der  Yer- 
faeeer  der  Chronika,  damals  Alexandria  gemeinsam  mit  seinem 
Lehrer  Aristarch  verlassen  hat.  Ob  er  bei  diesem  bis  zu  dessen 
Tode  auf  Cypern  geblieben  oder  ob  er  sofort  an  den  pergameni- 
ecben  Hof  gegangen  ist,  wo  er  die  nächsten  Jahre  verlebte,  ist 
nicbt  mit  Bestimmtheit  überliefert;  ich  halte  es  jedoch  für  gänzlich 
ausgeschlossen,  dass  er  sich  bei  Lebzeiten  Aristarchs  in  das  Lager 
von  dessen  wissenschaftlichen  Gegnern   begeben  haben  sollte. 

Nun  sind  für  drei  dieser  Persönlichkeiten  spätere  Beziehungen 
zu  Athen  entweder  bezeugt  oder  wenigstens  wahrscheinlich  zu 
machen.  Wir  wissen  zunächst  aus  Suidas,  dass  der  jüngere 
Aristarch  nach  Athen  in  die  Sklaverei  verkauft  war,  jedoch 
von  den  Athenern  freigekauft  worden  ist^.  Dann  liegt  aber  die 
Vermuthung  sehr  nahe,  dass  diese  ihm,  dem  Heimatlosen,  gleich- 
zeitig auch  ihr  Bürgerrecht  verliehen  haben,  und  dass  er  in  Atben 
selbst  seinen  Wohnsitz  genommen  hat.  üeber  den  späteren  Auf- 
enthaltsort des  Poseidonios,  der  doch  gewiss  bis  zum  Tode  des 
Arietarch  bei  ihm  in  Cypern  verblieben  war,  ist  nichts  direct 
überliefert.  Allein  wenn  wir  bei  Suidas,  wo  unter  dem  Lemma 
Poseidonios  die  Schriften  der  verschiedenen  Männer  dieses  Na- 
mens völlig  durcheinander  geworfen  sind,  die  Λιβυκά,  wie  es  am 
nächsten  liegt,  dem  so  lange  Zeit  in  Alexandria  lebenden  Mitarbeiter 
des  Aristarch  zuweisen  dürften,  würde  man  wohl  auch  geneigt 
sein,  die  bei  Suidas  unmittelbar  neben  den  Λιβυκά  verzeichneten 
gleichartigen  *Αττικαι  Ιστορίαι  am  ehesten  dem  Verfasser  der 
Λιβυκά  zuzuschreiben.  In  diesem  Falle  würden  sich  für  unseren 
Poseidonios  athenische  Interessen  ergeben,  die  sich  natürlich  am 
einfachsten  erklären  würden,  wenn  man  annehmen  dürfte,  dass 
auch  er  in  Athen  ein  Asyl  gefunden  hatte,  wo  ja  auch  der  Sohn 
seines  Meisters  lebte.  Für  ApoUodor  endlich,  den  geborenen 
Athener,  ist  eine  Rückkehr  in  seine  Vaterstadt  direct  bezeugt 
und  zwar  wird  diese  von  einzelnen  Forschern  vermuthungsweise 
in  das  Jahr  133,  von  anderen,  so  von  Jacoby  Apollod.  S.  8,  um 
138  angesetzt. 

*  Er  wird  das  Unglück  gehabt  haben,  von  Seeräubern  gefangen 
genommen    zu    werden    und   von   diesen   auf  den  Ontralsklavenmarkt, 
das  damals  Athen  gehörende  Delos,  gebracht  worden  sein. 
Bhein.  Μα•.  f.  Philol.  N.  F.  LXIII.  Μ 


210  Ciohoriue 

Ich  möchte  nun  auf  die  tiberraeohende  Thateache  anfmerkeam 
machen,  daes  wir  am  Schluse  uneerer  Liste  dicht  bei  einander 
die  drei  Namen  Poeeidonioe,  Arietarch  und  Apollodor  finden.  Ee 
würde  wirklich  ein  sonderbares  Spiel  des  Zafalls  sein,  wenn  diese 
drei  Namen  der  bis  ca.  144  anter  einander  so  eng  verbundenen 
Mitglieder  der  gelehrten  Kreise  von  Alexandria  hier  in  unserer 
athenischen  Gelehrtenliste  von  139  als  die  von  drei  beliebigen 
uns  unbekannten  Athenern  nur  zufällig  beisammen  st&nden.  Und 
dies,  wo  für  alle  jene  drei  wirklich  Beziehungen  zu  Athen  zum 
mindesten  zu  vermuthen  nahe  liegt!  £ine  Gleichsetzung  der  drei 
Uponotoi  mit  den  drei  aus  Alexandria  Vertriebenen  wird  nach 
alledem  wenigstens  in  Erwägung  gezogen  werden  dtlrfen.  Z« 
einer  solchen  würde  gut  stimmen,  dass  Poseidonios  schon  seines 
Demos  Piraeus  wegen  von  vornherein  eher  für  einen  Fremden 
zu  halten  ist. 

Bei  Apollodor,  der  gleichfalls  ΓΤβιραιεύς  heisst,  darf  freilich, 
da  er  geborener  athenischer  Bürger  ist,  der  gleiche  Schluse  nicht 
gezogen  werden.  Allein  es  hat  doch  im  Demos  Piraeus  natür- 
lich auch  eine  Menge  altansässiger  athenischer  Bürger  gegeben 
und  einen  solchen  finden  wir  ja  gerade  in  uneerer  Liste  in  dem 
oben  besprochenen  Μήοειος.  Für  den  Forscher  Apollodor  aber 
würden  wir,  falls  er  zum  Demos  Piraeus  gehört  hat«  sogar 
eine  eigenartige  Bestätigung  indireot  erschliessen  können.  Er 
wird  nämlich  bei  Pseudo-Skymnos  19  als  των  ^Αττικών  τις  γνη- 
criuiv  bezeichnet.  Diese  bisher  nie  recht  verstandene  Benennung 
scheint  mir  nämlich  zu  einer  nachdrücklichen  Unterscheidung  des 
echten,  alten  Atheners  von  den  durch  Bürgerrechts  Verleihung  erst 
dazu  gewordenen  neuen  Athenern  dienen  zu  sollen.  Eine  solche 
war  zweifellos  dann  besondere  geboten,  wenn  Apollodor  von  Haus 
aus  eben  dem  Demos  ΓΤβιραιβύς  angehörte,  dem  die  Mehrzahl 
der  Neubürger  zugewiesen  zu  werden  pflegte.  Endlich  dürfte  für 
Apollodor  als  schwerwiegend  geltend  gemacht  werden,  dass  er 
Stoiker  gewesen  ist  und  nicht  nur  Schüler  des  Diogenes,  sondern 
auch  des  Panaitios  genannt  wird.  Er  würde  also  gerade  in  diesen 
Kreis  seines  Lehrers  Panaitios  vortrefflich  hineinpassen ;  ja,  wir 
haben  sogar  noch  das  ausdrückliche  ZeugnisH  im  Index  Stoicoruni 
69,  3,  dasR  Panaitios  ihn  όπ[€Οέχ€Τθ],  d.  h.  doch  wohl,  ihn  nach 
seiner  Rückkehr  aus  Perganion  in  seinen  Krein  aufnahm  (vgl. 
Jacoby  S.   5). 

Als  Namen  von  Apollodors  Vater  nennt  Suidas  Α(Ικλη- 
ττιάοης.     Dieser    Asklepiades    müsste,    wenn    der  'Απολλόδωρος 


Panaitios  und  die  atÜRohe  Stoikerinschrift  211 

ΤΤ€ΐραΐ€ύς  nneeree  Steines  der  Chronograph  ist,  gleichfalls  zum 
Demos  ΤΤβίραιβύς  gehört  haben.  Nun  finden  wir  unmittelbar 
nach  ApoUodor  als  ιεροποιός  verzeichnet  ^Ασκληπιάοης  Πειραιεύς. 
IndesB  möchte  ich  darin  nicht  den  Vater  Apollodors  erkennen, 
da  dessen  Name  schwerlich  erst  nach  dem  seines  Sohnes  aufge- 
führt worden  wäre.  Wohl  aber  könnte  ein  mit  dem  Vater  gleich- 
namiger Bruder  Apollodors  damit  gemeint  sein. 

Für  das  Leben  Apollodors  würde  sich  bei  einer  Identificirung 
mit  dem  \€ροποιός  ergeben,  dass  seine  Rückkehr  nach  Athen 
Bpiteeiene  im  Jahre  139/38  erfolgt  ist.  Ich  würde  es  nicht  für 
onmöglich  halten,  daes  diese  irgendwie  mit  der  durch  Marx  er- 
wiesenen Anwesenheit  der  römischen  Gesandten  und  des  Panaitios 
am  pergamenischen  Hofe  (wohl  im  Jahre  139)  zusammenhängt,  an 
dem  ApoUodor  ja  bis  zu  seiner  Heimkehr  gelebt  hat.  In  diesem 
Falle  würde  sein  Eintritt  in  unsere  Festkommission  und  ebenso 
der  der  ihm  näohststehendeu  Männer  einfach  verständlich  werden. 

Eine  freilich  nur  hypothetische  Beziehung  Hesse  sich  viel- 
leicht  für  Μενέλαος  Πειραιεύς  (Nr.  42)  aufstellen,  bei  dem 
wiederum  einen  Fremden  zu  erkennen  der  Demos  nahe  legt,  um  so 
mehr  als  der  Name  in  Athen  sehr  selten  ist.  Wir  kennen  nämlich 
einen  gleichzeitigen  Rbetor  des  Namens  aus  Marathos  in  Phönikien, 
der  zu  einem  Mitgliede  des  Scipionenkreises  enge  Beziehungen 
gehabt  hat.  Es  ist  der  vertraute  Berater  und  wohl  Lehrer  von 
Soipioe  Schwager  G.  Gracchus  (vgl.  Cicero  Brut.  100).  Stoische 
Interessen  würden  bei  einem  Freunde  des  C.  Gracchus,  dessen 
Bruder  Tiberine  überzeugter  Stoiker  war,  nicht  überraschen 
können.  Da  es  keine  Schwierigkeit  machen  würde,  einen  Aufent- 
halt des  Menelaos  in  Athen  anzunehmen,  —  auch  er  könnte  einer 
der  aus  Alexandria  vertriebenen  Gelehrten  gewesen  sein  —  so 
würde  er  sich  ebenfalls  in  die  hier  vereinigte  Gesellschaft  gut 
einfügen  Κ 

Noch  viel  unsicherer,  wenn  auch  nicht  ganz  unmöglich, 
würde  eine  Beziehung  bei  Alexis  Marathonios  (Nr.  25)  sein.  Er 
hat  nämlich  einen  philosophischen  Schriftsteller  Alexis  gegeben, 
von  dem  Athenaeus  ein  Werk  περί  αυτάρκειας  citirt.  Da  Alexis 
die  betreffende  Notiz  aus  Hekataios  von  Abdera  entnommen  hatte 
(vgl.  Susemihl    I    315),    so    muss    er    nach    letzterem,     der     im 


*  Ελ  wäre  sogar  nicht  undenkbar,  dass  Scipio  den  Menelaos,  den 
er  damalt  in  Athen  kennen  gelernt  haben  mag,  zu  einer  reliersiedulung 
nach  Rom  bestimmt  iiat. 


212  Giohoriae 

dritten  Jahrbandert  eobrieb,  angesetzt  werden.  Der  Stoff  des 
Werkes  würde  für  einen  Stoiker  gut  passen,  and  so  wäre,  znmal 
der  Name  nicbt  gerade  bäufig  ist,  der  Gedanke  wenigstens  zu 
erwägen,  ob  etwa  jener  Autor  mit  dem  \€ροποιός  Alexis  identiscb 
sein   könnte. 

Endlicb  möcbte  icb  wenigstens  nocb  auf  die  eyentuelle  Mög- 
licbkeit  einer  Identification  bindeuten,  die  icb  bei  der  Wichtigkeit 
der  betreffenden  Persönlicbkeit  und  des  ganzen  Problems  nicbt 
glaube  unterdrücken  zu  dürfen. 

Als  34.  finden  wir  'Αντίπατρος  ΓΤειραιεύς  verzeicbnet,  bei 
dem  natürlicb  seines  Demos  wegen  der  Gedanke,  dass  er  ein 
Nicbtatbener  sein  könne,  von  vornberein  nabe  liegt.  Antipatros 
von  Tarsos,  der  Lebrer  von  Panaitios,  an  den  Crönert  bei  seiner 
Ansetzung  auf  152  denken  durfte,  ist  139  cbronologisob  wobl 
ausgescblossen  und  bat  damals  vermutblicb  gar  nicbt  mebr  ge- 
lebt^. Allein  es  giebt  nocb  einen  anderen  Antipatros,  dessen 
Persönlicbkeit  an  und  für  sieb  gut  in  unseren  Kreis  passen  würde. 
Dies  ist  der  berühmte  Epigrammendicbter  Antipatros  von  Sidon. 
Seine  genauere  cbronologiscbe  Ansetzung  bildet  nocb  immer  ein 
viel  umstrittenes  Problem^.  Da  er  jedocb  einerseits  die  Zerstörung 
Korintbe  von  146  bereits  besungen  bat,  andererseits  aber  bei 
Cicero  de  orat.III  194  im  Jabre  91  als  seit  längerer  Zeit  verstorben, 
aber  als  dem  Gatulus  und  vielleicht  auch  dem  Crassus  nocb  per- 
sönlich bekannt  hingestellt  wird,  so  muss  seine  dichterische 
Schaffenszeit  zum  mindesten  zwischen  den  Jahren  etwa  145  und 
120  liegen.  Er  würde  also  Zeitgenosse  der  in  unserer  Liste  ver- 
einigten Männer  gewesen  sein.  Beziehungen  zu  vornehmen  Römern 
erweist  die  Stelle  bei  Cicero  und  ein  Aufenthalt  des  Antipatros 
in  Griechenland  ist  schon  verschiedentlich  vermuthet  worden. 
Allein  all  dies  würde  doch  durchaus  noch  nicht  gestatten,  an  ihn 
hier  auch  nur  zu  denken,  wenn  es  nicht  feststände,  dass  Antipatros 
Stoiker  gewesen  ist  (vgl.  Zeller  8.  570;  Buecheler  Rhein.  Mus. 
XXXVI  339  Susemibl  II  553).  Schon  sein  Epigramm  auf  Zenon 
bei  Diogenes  VII  29  beweist  dies. 

Eine  Anwesenheit  des  Dichters  in  Athen  im  Jahre  139 
würde  also  jedenfalls  keinerlei  Schwierigkeiten  bereiten  können. 
Welche    Schicksale    ihn    dann    dorthin    geführt    hätten    und    wie 

^  Jedenfalls  ist  er  längere  Zeit  vor  Karneades  gcstorbon. 

2  Vgl.  Sueemihl  11  552,  der  da»  (ifburtejahr  des  DichttTR,  aller- 
dings auf  Grund  einer  sicher  unrichtigen  VorauHset/.un^,  /wischen  ΚΊΟ 
und  ΙΓΚ)  ansetzt,  während  betti  ca.  170,  Wei^^and  IhH  bis  IK}  annehmen. 


Panaitios  und  die  attische  Stoikerinschrift  213 

er  das  athenische  Bürgerrecht  erlangt  hätte,  wäre  freilich  so 
wenig  wie  irgend  sonst  etwas  ans  seinem  Lehen  hekannt.  Doch 
würde  aach  hei  ihm  heispielsweise  die  Möglichkeit  vorliegen 
können,  dass  er  zu  den  von  Ptolemaios  VIII  aus  Alexandria  Ver- 
triehenen  gehört  hat.  Directe  Spuren  von  Beziehungen  zu  Aegypten 
liegen  tbatsächlich  in  einem  seiner  Epigramme  (Anthol.  VII  241) 
vor.  Ich  möchte  dieses,  da  seine  grosse  Bedeutung  anscheinend 
bisher  noch  nicht  erkannt  und  gewürdigt  ist,  hier  einer  kurzen 
Betrachtung  unterziehen. 

Μυρία  τοι,  Πτολεμαίε,  πατήρ,  έπΙ  μυρία  μάτηρ 

τειρομένα  θαλερούς  ήκίσατο  πλοκάμους* 
πολλά  τιθηνητήρ  όλοφύρατο  χερσίν  άμήσας 

Άνορόμαχος  ονοφεράν  κρατός  υπερθε  κόνιν. 
5  ά  μεγάλα  b'  Αίγυπτος  έάν  ώλόψατο  χαίταν, 

καΐ  πλατύς  Εύρώπας  έστονάχησε  δόμος* 
καΐ  b'  αυτά  bia  πένθος  άμαυρωθεΐσα  Σελάνα 

άστρα  καΐ  ουράνιας  άτραπιτούς  ίλιπεν. 
ώλεο  γάρ  διά  λοιμόν  δλας  θοινήτορα  χέρσου, 
10      πρΙν  πατέρων  νεαρά  σκάπτρον  έλεϊν  παλάμςι. 
ούοέ  σε  νύΕ  έκ  νυκτός  έδέΗατο*  δή  γάρ  ανακτάς 

τοίους  ουκ  Άίδας,  Ζευς  b'  ές  "Ολυμπον  άγει. 

Das  Gedicht  ist  auf  den  Tod  eines  Eönigssohnee  ^  aus  dem 
f^tolemäerhause  verfasst,  der  selbst  den  Namen  Ptolemaios  ge- 
tragen hat  und  der  als  Kind  bei  Lebzeiten  seiner  Eltern  an  einer 
Epidemie  gestorben  war.  Doch  muss  er  bei  seinem  Tode  schon 
in  einem  Alter  gestanden  haben,  wo  er  bereits  einen  männlichen 
Erzieher  gehabt  bat.  Als  dessen  Namen  hat  Reiske  in  Vers  4 
statt  des  sinnlosen  όν^ρομάχοις  vortrefflich  ^Ανορόμαχος  her- 
gestellt. 

Dass  wir  hier  ein  Gelegenheitsgedicht  auf  einen  ganz  be- 
stimmten, zur  Zeit  des  Antipatros  wirklich  eingetretenen  Vorfall 
vor  uns  haben,  dürfte  ohne  weiteres  klar  sein  ^.  Der  Tod  des 
Knaben  ist  nun  aber  doch  an  sich  so  unwichtig,    dass  er,  zumal 


*  Nicht  fi^anz  ohne  Interesse  ist  hier  die  Bezeichnung  des  Konigs- 
sohucs  mit  δνακτας  τοίους.  Sie  entspricht  nämlich  der  für  die  nicht 
regierenden  Mitglieder  der  kyprischen  Dynastien  von  altere  her  üblichen 
Bezeichnung,  vgl.  Aristoteles  πολ.  hfr.  203  M.  Bei  dem  aus  Phönikien 
stammenden   Dichter  wird  dies  freilich  nicht  befremden  können. 

'  Das  Epigramm  erinnert  unwillkürlich  au  ähnliche  des  griechi- 
schen Hofdiohters  unter  Angustus,  des  Krinagoras. 


214  CicboriuB 

in  jener  Zeit,  wo  die  Ptoletnäer  za  solcher  Bedeutungeloeigkeit 
herabgesunken  waren,  aneserhalb  Aegyptene  echwerlicb  einen 
Dichter  hätte  veranlassen  können,  ihn  za  besingen.  Dies  und 
der  ganze,  von  höfiecber  Schmeichelei  triefende,  panegyrische  Ton 
des  Epigramms  legt,  wie  mir  scheint,  die  Frage  nahe,  ob  Anti- 
patros  nicht  zu  dem  betreffenden  Zeitpunkte  in  Aegypteo  ge- 
lebt hat. 

Ein  ernsthafter  Versuch,  die  hier  gemeinten  Persönlichkeiten 
und  die  Zeit  des  Gedichtes  zu  bestimmen,  ist,  so  viel  ich  sehe, 
bisher  noch  nicht  gemacht  worden,  obgleich  eine  ganze  Reibe 
von  Anhaltspunkten  dafür  gegeben  ist.  Zunächst  kommen  natür- 
lich nur  die  Herrscher  aus  der  Zeit  des  Antipatros  in  Betracht  ^ 
also  der  von  ISl  bis  145  regierende  Ptolemaios  VI  Pbilometor 
und  sein  bis  145  in  Eyrene.  dann  bis  116  auch  in  Aegypten 
herrschender  Bruder  Ptolemaios  VIII  Euergetes.  Weiter  kann  in 
den  Eltern  nur  ein  Herrscherpaar  erkannt  werden,  das  im  Hanpt- 
reiche  Aegypten  selbst,  nicht  etwa  in  einer  der  Dependenzen, 
Kyrene  oder  Cypern,  regierte.  Ptolemaios  VIII  passt  schon  des- 
halb nicht,  weil  er  als  König  von  Aegypten  gleichzeitig  zwei 
officielle  Gemahlinnen  gehabt  hat,  zudem  würde  Antipatros 
schwerlich  zu  Ehren  dieses  Feindes  der  Schriftsteller  und  Ge- 
lehrten ein  solches  verherrlichendes  Gedicht  verfasst  haben.  So 
bleibt,  da  Ptolemaios  VTI  Euputor  als  ganz  junger  Mensch,  ohne 
verheirathet  gewesen  zu  sein,  ermordet  worden  ist,  wohl  einzig 
Ptolemaios  VI  Pbilometor  und  seine  Schwestergemahlin  Kleo- 
patra  Π  übrig.  Pbilometor  war  186  geboren,  wird  also  frühestens 
erst  in  der  zweiten  Hälfte  der  sechziger  Jahre  einen  Sohn 
gehabt  haben,  und  der  von  Antipatros  besungene  Tod  des 
Knaben  würde  dann  nicht  vor  die  Mitte  der  fünfziger  Jahre  an- 
gesetzt werden  können.  Nun  wird  bei  Polybios  XXXIII  8,  4 
unter  dem  Jahre  154  ein  gerade  als  Vertrauensmann  des  Königs 
Pbilometor  von  diesem  nach  Rom  geschickter  Gesandter  *Av6po- 
μαχος  erwähnt,  den  schon  Heiske  zur  Stütze  seiner  Emendation 
angeführt  hatte.  In  ihm  werden  wir  dann  wohl  mit  nicht 
geringer  Wahrscheinlichkeit  den  Erzieher  des  Prinzen  Ptolemaios 
wiedererkennen  dürfen. 

Eine  noch  genauere  Zeitbestimmung  ist  vielleicht  auf  Grund 

^  Deshalb  iet  die  mir  aus  Stadtmnellers  .Apparat  zu  unterem 
Kpigramni  bffkannte  Vermuthun^  ReiBkes,  dass  ein  bolin  des  Ptole- 
maio«  V  Kpiphanes  zu  erkennen  sei,  ohne  weitende  ausg«tch losten. 


Panaitioe  und  die  attische  Stoikerineohrift  215 

von  Vere  7  zu  gewinnen.  Wenn  Antipatroe  hier  hervorhebt, 
daee  selbst  der  Mond  sich  zum  Zeichen  der  Trauer  über  den  Tod 
des  Prinzen  verdunkelt  habe  und  vom  Himmel  verschwunden 
sei,  dagegen  von  der  Sonne  und  den  Sternen  ein  gleiches  nicht 
sagt,  so  sind  wir,  wie  ich  glaube,  unbedingt  zu  dem  Schlüsse 
gezwungen,  dass  hier  nicht  ein  poetisches  Bild  zu  erkennen  ist, 
sondern  dass  der  Dichter  von  einer  Mondfinsterniss  spricht,  die 
zu  jener  Zeit  in  Aegypten  sichtbar  gewesen  ist  und  zwar  natür- 
lich nur  von  einer  totalen. 

Solche  hat  es  nun  aber  in  dem  Zeitraum  nach  160  und  vor 
146  V.  Chr.  (vgl.  GinzeP,  Spez.  Canon  der  Sonnen-  und  Mond- 
finsternisse S.  142)  im  ganzen  fünf  gegeben,  doch  ist  nur  bei 
folgenden  vier  der  ganze  Verlauf  in  Aegypten  sichtbar  gewesen: 
14.  November  157,  2.  September  153,  3.  Juli  150,  28.  De- 
oember  150.  Die  erste  von  ihnen  würde  chronologisch  die  ge- 
ringste Wahrscheinlichkeit  beanspruchen  können,  dagegen  passen 
die  drei  letzten  zur  Lebenszeit  des  Antipatros  sehr  gut  und  ich 
möchte  daher  dessen  Epigramm  entweder  in  das  Jahr  153  oder 
aber  noch  lieber  in  das  Jahr  150  bzw.  den  Anfang  von  149 
ansetzen.  Dann  würde  der  allem  Anscheine  nach  gerade  während 
der  betreffenden  Mondfinsterniss^  gestorbene  Ptolemaios  ein  uns 
sonst  unbekannter  Sohn  des  Philometor  und  der  Kleopatra  ge- 
wesen sein. 

Wenn  man  die  vorstehend  erwogenen  Beziehungen  annehmen 
dürfte,  so  würde  eine  Anwesenheit  des  Antipatros  am  Hofe  des 
Philometor  durchaus  gut  denkbar  sein  und  verständlich  wäre  es 
dann  auch,  wenn,  als  Ptolemaios  VIII  um  145  die  seinem  Bruder 
Philometor  nahestehenden  Persönlichkeiten  aus  Alexandria  ver- 
trieb, gerade  Antipatros,  der  wenige  Jahre  vorher  solche  lobende 
Gedichte  auf  die  Familie  des  Philometor  verfasst  hatte,  von  jenen 
Massregeln  betrofi^en  worden  wäre.  Man  hätte  dann  anzunehmen, 
daes  auch  Antipatros  in  den  Jahren  nach  der  G-elehrten Vertreibung 
zeitweilig  sich  in  Athen  aufgehalten  und  zum  mindesten  im 
Jahre  139  dort  geweilt  hat.  Sein  Epigramm  auf  das  zerstörte 
Korinth  (Anth.  IX   151)  würde    dann    wohl   unter   dem    frischen. 


^  Für  freundliche  Auskunft  über  eine  Reihe  von  Punkten  bin 
ich  meinem  Collegen  J.  Franz,  Direktor  der  Breelauer  üniversitäte- 
Stern warte,  zu  grossem  Danke  verpflichtet. 

^  Hierauf  deuten  wohl  auch  die  Worte  in  Vera  11  o()bi  0€  νύΕ 
kK  νυκτός  έδ^ατο. 


216  Cichoriue 

lebendigen  Eindrucke  entstanden  sein,  den  der  Anblick  der 
Trümmeretätte  auf  den  Dichter  gemacht  hatte  und  wäre  also 
auch  ein  Gelegenheitsgedicht. 

4. 

Aber  auch  noch  nach  anderer  Richtung  hin  lockt  es  un- 
widerstehlich, das  in  unserer  Inschrift  enthaltene  kostbare  Material 
ftir  die  Geschichte,  zumal  der  Philosophie,  zu  verwerthen.  Von  ganz 
besonderer  Wichtigkeit  scheint  es  mir  vor  allem  festzustellen,  nach 
welchem  Prinzip  die  Ιεροποιοί  in  unserer  Liste  angeordnet  sind. 
Dass  ein  solches  Prinzip  thatHächlioh  zu  Grunde  liegt  und  die 
Namen  nicht  etwa  vom  Steinmetzen  beliebig  aneinander  gereiht 
sind,  darf  bei  einer  officiellen  Urkunde  von  vornherein  als  sicher 
angenommen  werden.  Eine  officielle  Urkunde  stellt  der  Stein 
aber  dar,  denn  unsere  Kommission  ist  auf  ihm  ja  nur  als  eine 
der  verschiedenen  in  dem  betreifenden  Jahre  constituirten  auf- 
gezählt, also  ein  Theil  einer  amtlichen  Fastenliste. 

Eine  ganze  Reihe  der  üblichsten  Systeme  ist,  wie  ein  Blick 
in  die  Liste  zeigt,  ohne  Weiteres  ausgeschlossen.  Die  Namen  sind 
weder  in  alphabetischer  Folge  gegeben  noch  auch  nach  der  in 
Athen  am  ehesten  zu  erwartenden  Phylen-  und  Demeneintheilung. 
denn  die  Angehörigen  eines  und  desselben  Demos,  wie  des  Piraeus, 
erscheinen  ja  über  die  ganze  Liste  verstreut.  Die  UpOKOtoi  sind 
femer  auch  nicht  nach  ihrer  Nationalität,  also  etwa  Römer. 
Athener  und  sonstige  Griechen  jedesmal  zusammen,  geordnet,  da 
zB.  die  beiden  römischen  Namen  von  einander  entfernt  mitten 
zwischen  griechischen  stehen.  Rndlich  kann  auch  nicht  etwa 
eine  Anordnung  nach  Rang  und  Berühmtheit  der  einzelnen  der 
Namensreihe  zu  Grunde  liegen,  da  wir  dann  doch  Panaitios  und 
vor  allem  die  vornehmen  Römer  an  der  Spitze  der  ganzen  Reihe 
zu  erwarten  hätten  ^ 

So  scheint  mir  eigentlich  nur  ein  einziges  Princip  der  An- 
ordnung ernstlich  in  Betracht  zu  kommen,  das  bei  einer  sich  aus 
so  verschiedenartigen  Elementen  zusammensetzenden  Oeeellschaft 
von  vornherein  wohl  als  das  Natürlichste  und  Nächstliegende 
bezeichnet  werden  muss,  nämlich  das  nach  dem  Lebensalter. 
Jedenfalls  wird  wenigstens  die  Möglichkeit,  dass  dieses  Prinzip 
hier  befolgt  ist,  zugegeben  werden  müssen. 

^  Auuh  eine  Aufzählunjr  der  einzelnen  nach  der  Dauer  ihres 
Aufeuthultee  iu  Atheu  paeet   uatürlich  nicht. 


Panaitios  und  die  attische  Stoikerinechrifb  217 

Anhaltspunkte  zur  Prüfung,  ob  die  Folge  wirklich  chrono- 
logisch ist,  sind  freilich  zunächst  nur  sehr  geringe  vorhanden, 
da  uns  das  genaue  Alter  der  einzelnen  ΐ€ροποιθί  natürlich  durch- 
weg unbekannt  ist.  Nur  einige  allgemeine  Erwägungen  bieten 
eich  ohne  weiteres.  Zunächst  müssten  bei  einer  Altersfolge  die 
Schüler  des  Panaitios,  Gorgos  und  Apollodor,  in  beträchtlichem 
Abstände  nach  ihrem  Lehrer  stehen,  und  wirklich  ist  dieser  der 
21.  der  erhaltenen  Namen,  dagegen  Gorgos  der  51.  und  Apollodor 
der  59  Κ  Auch  Aristarch,  der  Sohn,  wäre  natürlich  als  jüngerer 
Mann  aufzufassen,  und  dazu  passt  sein  Platz  als  58.  in  der  Liste. 
Moasagoras  dagegen  müsste  als  Schüler  von  Panaitios'  Lehrer 
Diogenes  für  einen  der  ältesten  des  Kreises  angesehen  werden, 
and  thatsächlich  finden  wir  ihn  als  Vierten  verzeichnet.  Sodann 
bieten  die  beiden  römischen  Namen  insofern  einen  gewissen  An- 
halt, als  Metellus  älter  als  Mummius  gewesen  sein  muss;  wirk- 
lich steht  jener  in  der  Liste  als  33.,  dieser  als  36  '. 

Einige  Schlüsse,  die  freilich  nur  relativen  Werth  haben 
könnten,  würden  femer  vielleicht  die  oben  gegebenen  Bemerkungen 
über  anderweitig  bekannte,  hier  als  Ιεροποιοί  verzeichnete  Athener 
gestatten.  Κράτ€ρμος  und  Μήοειος  müssten,  da  wir  ihnen  noch 
um  128  in  einer  Mission  nach  Delphi  begegnen,  139  zu  den 
jüngeren  Mitgliedern  der  Kommission  gehört  haben,  und  dem 
entspricht  es  genau,  dass  Κράτ€ρμος  Nr.  43 ,  ΜήΟ€ΐος  Nr.  53 
bat.  Auch  bezüglich  des  ΓΤοσ€ΐοώνιος  Λαμτττρεύς  hatte  sich 
oben  gezeigt,  dass  er  im  Jahre  139  noch  ein  jüngerer  Mann 
gewesen  sein  musste,  und  wirklich  ist  sein  Platz  in  der  Liste 
einer  der  letzten  (55). 

Andererseits  hatte  sich  oben  für  mehrere  der  Ιεροποΐοί 
ergeben,  dass  sie  139  schon  in  höherem  Lebensalter  gestanden 
haben  müssten,  so  für  Nikogenes,  den  Agouotheten  von  161/60, 
und  Anthesterios,  Archon  ca.  161/60.     Suchen  wir  ihre  Stelle  in 


*  Wenn  Asklepiades  als  Bruder  des  Apollodor  angesehen  werden 
darf,  80  würde  er  dann  jünger  als  jener  gewesen  sein,  da  er  der  60.  iu 
der  Liste  ist. 

3  Zwischen  beiden  ist  am  Ende  der  ersten  Columne  eine  unbe- 
stimmte Zahl  von  Namen  ausgefallen,  darunter  vielleicht  der  des  Seipio. 
Scipio  war  185/4  geboren,  für  Metellus  dagegen  würde,  nach  seinem 
Consulat  zu  schliessen,  185  als  spätestes  mögliches  Geburtsjahr  anzu- 
sehen sein.  Sollte  also  wirklich  auch  Scipios  Name  in  der  vollstän- 
digen  Liste  mit  enthalten  gewesen  ein,  so  müsste  er  thatsächlich  seinen 
Platz  unbedingt  zwischen  Metellus  und  Mummius  gehabt  haben. 


218  Giohoriat 

der  Liste,  ao  finden  wir  thateäobliob  Nikogeoee  als  Zweiten, 
AnthesterioB  als  Dritten.  AIb  ältere  Männer  hätten  wir  eodann 
nach  der  Lebenszeit  ihrer  Söhne  bzw.  Enkel  Pansilypos  nnd 
Andreas  anzusehen .  In  unserem  Verzeiohniss  ist  jener  der  Fünfte 
dieser  der  Neunte.  Theodoros,  der  139  ein  Mann  von  mittleren 
Jahren  gewesen  sein  müsste,  begegnet  in  der  That  als  29.  von  61. 

Scheinbar  mit  einer  chronologischen  Folge  nicht  zu  ver- 
einigen ist  der  erste  Name  der  ganzen  Liste,  Asklepiodotos 
ΓΤ€ΐραΐ€ύς,  der  bei  jener  Annahme  als  das  an  Jahren  überhaupt 
älteste  Mitglied  der  gesammten  Kommission  anzusehen  wäre. 
Dazu  stimmt  nun  aber  nicht,  dass  Crönert  ihn  mit  dem  im  Index 
Stoicorum  73  als  Schüler  des  Panaitios  erwähnten  Asklepiodotoe 
Νικαιεύς  identificirt.  Ist  diese  Gleichsetzung  richtig,  so  würde 
der  Name  natürlich  wie  die  beiden  anderen  von  Schülern  des 
Panaitios  erst  nach  dem  des  Lehrers  haben  stehen  können.  Allein 
die  ganze  Schwierigkeit  läset  sich,  wie  ich  glaube,  in  leichtester 
Weise  lösen.  Im  Index  Stoicorum  heisst  Asklepiodotos  nämlich 
ausdrücklich  Sohn  des  Asklepiodotos.  Wir  werden  also  in  dem 
Asklepiodotos  ΤΤειραιεύς  einfach  diesen  Vater  erkennen  und  dann 
wohl  gleichzeitig  annehmen  dürfen,  dass  der  Name  des  Sohnes 
zu  den  am  Ende  der  ganzen  Liste  ausgefallenen  der  jüngsten 
Mitglieder  gehört  hat^.  Vater  und  Sohn  würden  dann  wohl 
beide  das  athenische  Bürgerrecht'  erbalten  und  neben  einander 
der  Kommission"  angehört  haben,  genau  wie  wir  ja  in  dieser 
eventuell  auch  zwei  Brüder,  Apollodor  und  Asklepiades,  zu  ver- 
muthen  hatten.  Somit  könnte  aus  dem  Platze  des  Asklepiodotos 
vielmehr  sogar  eine  Stütze  für  die  Annahme  einer  Anordnung 
unserer  Liste  nach  dem  Lebensalter  gewonnen  werden. 

Um  eine  solche  bestimmt  vertreten  zu  können,  scheinen  mir 
freilich  die  vorstehend  besprochenen  Anhaltspunkte  nicht  auszu- 
reichen. Allein  ich  kann  es  mir  doch  nicht  versagen,  wenigstens 
darauf  hinzuweisen,  welche  weittragende  Bedeutung  die  Inschrift 


*  Den  Zeitverhaltnisscn  nach  würde  ich  es  für  nicht  undenkbar 
halten,  daes  der  Taktiker  Asklepiodotos,  der  uns  als  Zuhörer  von  Panaitios 
Schüler  PoseidonioB  bekannt  ist,  Sohn  und  Enkel  der  beiden  gleich- 
namigen Männer  gewesen  ist,  die  wir  hier  im  Kreise  des  Panaitios 
ünden  bezw.  anzunehmen  haben. 

'^  Dass  im  Index  Stoioorum  dieses  nicht  erwähnt  wird,  erklärt 
sich  einfach  daraus,  dass  es  hier  auf  die  Nennung  des  Geburtsortes  ankam; 
genau  so  wird  cloHhalh  auch  der  Γόργος  Σφήτηος  unserer  Liste  dort 
nach  seiner  Heimat  Λακεδαιμόνιος  genannt. 


Panaitios  und  die  attisohe  Stoikerinschrift  219 

für  die  Litteratnr-  und  PhiloRophiegeBchichte  des  zweiten  Jahr- 
hunderte gewinnen  würde,  falls  es  gelingen  sollte,  die  ohen  zu 
begründen  versnchte  chronologische  Anordnung  für  sie  that- 
sächlich  zu  erweisen.  Es  würde  damit  vor  allem  die  Her- 
stellung einer  relativen  Chronologie  für  alle  hier  genannten  Persön- 
lichkeiten ermöglicht  sein,  insofern  es  sich  bezüglich  eines  Jeden 
entscheiden  Hesse,  ob  er  älter  oder  jünger  als  ein  anderer  der 
in  der  Liste  Begegnenden  gewesen  ist.  Dann  aber  würden  ge- 
wisse Grenzjahre  als  termini  zu  erschliessen  sein.  Wenn  nämlich 
Metellus  spätestens  im  Jahre  185  geboren  war,  so  müsste  auch 
dae  Geburtsjahr  aller  der  vor  ihm  genannten  32  Männer  vor  185 
angesetzt  werden  und  zwar  je  nach  ihrem  Platze  kürzere  oder 
längere  Zeit  vorher.  Dies  würde  zB.  für  Panaitios,  dessen  Geburt 
man  bisher  auf  Grund  ganz  allgemeiner  Schätzung  um  190  bis 
180  angesetzt  hatte,  ein  Hinaufrücken  mindestens  bis  an  den  Be- 
ginn dieses  Zeitabschnittes  bedeuten.  Vielleicht  Hesse  sich  für 
ihn  auch  nach  rückwärts  in  ähnlicher  Weise  ein  Grenzjahr  ge- 
winnen. Wir  finden  nämlich  zwei  Zeilen  vor  ihm  den  Archen 
des  Jahres  161/60  Άριστόλαος.  Das  für  das  Archontat  zulässige 
Minimalalter  ist  in  Athen  in  früherer  Zeit  das  dreissigste  Jahr 
gewesen.  Wie  mir  mein  verehrter  Lehrer  Hermann  Lipsiua  auf 
meine  Anfrage  freundlichst  mittheilt,  liegt  nicht  der  mindeste 
Anläse  vor,  zu  bezweifeln,  dass  dieses  Minimalalter  auch  im 
zweiten  Jahrhundert  noch  gesetzlich  giltig  gewesen  ist.  Daher 
würde  das  Geburtsjahr  der  Betreffenden  spätestens  dreissig  Jahre 
vor  ihrem  Archontat  anzusetzen  sein.  Dies  ergäbe  für  Aristolaos, 
den  Archon  von  161/60,  als  spätestes  mögliches  Geburtsjahr 
191/90  S  ebenso  aber  gleichzeitig  auch  für  alle  die  achtzehn  vor 
ihm  Stehenden.  Da  jedoch  Panaitios  nur  durch  einen  einzigen 
Ιεροποιός  von  Άριστόλαος  getrennt  ist,  würde  auch  seine  Geburt 
wohl  noch  vor  das  Jahr  190  angesetzt  werden  müssen.  Anderer- 
seits würde  es  sich  bei  ApoUodor  nach  dem  Platze  im  Verzeich- 
nise  empfehlen,  sein  Geburtsjahr  um  einige  wenige  Jahre  hinab- 
zurücken. Endlich  würde,  wenn  in  Antipatros  wirklich  der  Dichter 
aus  Sidon  erkannt  werden  darf,  auch  die  schon  angedeutete 
Schwierigkeit  hinsichtlich  seiner  chronologischen  Ansetzung  sich 
lösen.     Sein  Platz  zwischen  Metellus  und  Mummius  würde  seine 


*  Daee  AristolaoB  daim  das  Archontat  früher  bekleidet  haben 
wurde,  als  der  um  eine  Reihe  von  Jahren  ältere  Anthesteriüs  kann 
nicht  befremden,  da  das  Archontat  ja  auch  damals  noch  erlöst  wurde. 


220  Cichoriue 

Geburt  kurz  vor  180  vermutben  laeeen,  und  dies  würde  thateäcb- 
licb  vollkommen  zu  den  bereite  oben  angeführten  Anhaltspunkten 
bezüglich  seines  Lebens  stimmen. 

Doch,  wie  gesagt,  müsste,  um  solche  Kombinationen  auf- 
stellen zu  können,  erst  noch  eine  sicherere  und  festere  Grund- 
lage für  die  oben  als  wahrscheinlich  bezeichnete  chronologisohe 
Anordnung  der  Liste  geschaffen  werden. 

5. 
üeber  die  Theilnahme  des  Panaitios  an  der  Gesandtschafts- 
reise  des  Scipio  hat  Crönert,  wenn  auch  nicht  in  directem  Zu- 
sammenhange mit  der  Stoikerinsohrift,  eine  kurze  Untersuchung 
(iS.  476  und  477)  eingelegt.  Er  veröffentlicht  dort  ein  allerdings 
textlich  noch  nicht  völlig  sicher  hergestelltes  Stück  aus  dem  her- 
kulanensischen  Index  Stoicorum,  das  sich  auf  die  erste  Lebens- 
hftlfte  des  Panaitios  bezieht  und  von  dem  ich  der  Freundlichkeit 
CrÖnerts  die  folgende  genauere  Abschrift  verdanke. 

ΟΔετωΝ  .  .  AOOOYCH  ...  Ν 

CTPATercAMeNoce  .  ι 

AYTONeNNAYClNeüTA 
nPOCOI  .  OMAÖHCIN  ΑΛ 
6  AAAYOTOYClATPOYCeAG 
Η  eHCYNXQPHCAl  THC 
.  ICAGHNA  .  ΑΠΟΔ 

NAYTO••"^        '^C 
nONTOCe    .    QPMHC 
10  CY  ΑΠΟΔΗΜΟΥΝΤω 
ωΝ€ΥΘ€  ACH 

Sicher  zu  erkennen  sind  darin  die  für  die  Erklärung  wich- 
tigen Worte  στρατευσάμενος  (2) . . . .  αυτόν  έν  ναυσίν  επτά  (8) 
προς  φιλομάθησιν  (4)  .  .  .  .  buo  τους  ιατρούς  έοεήθη  συγχαι- 
ρήσαι  της  εΙς  'Αθήνας  αποδημίας  σύν  αύτψ  (5-8)  ....  (έπι- 
τρέ)ποντος  έι'£)ώρμησ€  (μετά  των?)  συναποοημούντων  (9  u.  10). 

Es  handelt  sich  also  um  eine  Fahrt  auf  sieben  Schiffen 
und  um  eine  Bitte,  offenbar  des  Panaitios,  um  Entlassung;  nach 
;Vthen,  an  <ler  zwei  Aerzte  Theil  haben  sollen.  Dass  sich  das  Ganze 
auf  Scipio  bezieht,  ist  von  Crönert  richtig  erkannt  worden,  da- 
gegen vermag  ich  ihm  darin  nicht  zu  folgen,  wenn  er  jene  Nach- 
richten ohne  Weiteres  auf  die  (Tesandtschaftsreise  Scipios  deutet 
und  dann  aus  ihnen  weitgehende  Schlüsse  für  deren  Verlauf  und 


Panaitioe  und  die  attische  Stoikerinschrifb  221 

für  die  Lebenegeechichte  dee  Panaitioe  gewinnen  will.  Gegen 
Crönerts  Anffassang  epricbt,  wie  ich  glaube,  vor  allem  das  Wort 
στρατ€υσάμ€νος  (oder  wie  Crönert  nach  brieflicher  Mittheilung 
jetzt  ergänzt  (Τυν](Ττρατ€υ(Τάμ€νος).  Dieeee  kann  doch  unter 
keiner  Bedingung  von  einer  derartigen  friedlichen  diplomatiechen 
Inepektionsreise  gebraucht  werden ;  ee  weist  vielmehr  klar  auf 
die  Betheiligung,  an  einem  Feldzuge  hin  und  zwar,  wie  der  Aorist 
zeigt,  auf  eine  solche,  die  zu  dem  betreffenden  Zeitpunkte  bereite 
ihr  Ende  erreicht  hatte.  Zu  Scipios  Gesandtechaftsreise  passen 
sodann  ganz  und  gar  nicht  die  sieben  Schiffe  und  die  von  Crönert 
in  seinem  Gefolge  angenommenen  beiden  Aerzte.  Denn  es  wird 
mehrfach  ausdrücklich  die  ganz  ungewöhnlich  bescheidene  Aus- 
stattung der  Gesandtschaft  hervorgehoben  und  ausdrücklich  be- 
richtet, dass  ScipiOi  die  Sklaven  und  Panaitios  mit  eingeschlossen, 
überhaupt  nur  sechs  Begleiter  mitgenommen  habe  (Plutaroh. 
apopht.  Scip.  14  ua.,  vgl.  Münzer  P.  W.  IV  1453).  Ferner  aber 
wäre  dann  auch  προς  φίλομάθηαιν,  das  doch  auf  ein  (am  ehesten 
wissenschaftliches)  'Lernen  wollen*  oder  'Kennen  lernen  wollen* 
hinweist,  unverständlich.  Endlich  wird  man  auch  nur  schwer 
mit  Crönert  glauben  wollen,  dass  Panaitioe  (und  gleichzeitig  auch 
die  beiden  Aerzte)  die  Gesandtsobaft  mitten  während  deren  Reise 
verlassen  haben  sollten,  um  ihren  Privatangelegenheiten  zu  Liebe 
nach  Athen  zurückzukehren. 

Es  gilt  also  eine  andere  Deutung  zu  finden,  bei  der  die 
folgenden,  aus  dem  Texte  sich  ergebenden  Thatsachen  zu  berück- 
sichtigen wären:  1.  Ein  Feldzug  —  wie  nach  dem  Zusammenhange 
anzunehmen  ist,  des  Scipio  —  und  Betheiligung  dee  Panaitioe  an 
ihm;  2.,  nach  Beendigung  dee  Feldzugee  irgendwie  eine  Fahrt 
einer  kleinen  Flotte  von  eieben  Schiffen  und  zwar  zum  Zwecke 
einee  φιλομαθεΐν;  endlich  3.,  eine  Bitte  dee  Panaitioe  und  zweier 
atheniecber  Aerzte  um  Entlaesung  in  die  Heimat. 

Nun  ist  der  einzige  selbständige  Feldzug  Scipios  vor  eeiner 
Gesandtschaftereiee  der  dritte  punieche  Krieg  gewesen.  Ee  wäre 
aleo  in  Erwägung  zu  ziehen,  ob  nach  dem  Stoikerindex  nicht 
etwa  eine  Betheiligung  dee  Panaitioe  an  diesem  Kriege  im  Ge- 
folge des  Scipio  angenommen  werden  dürfte,  wie  eie  ja  zB.  für 
Polybioe  feeteteht.  Da  möchte  ich  nun  auf  eine,  wie  mir  echeint, 
bieher  noch  nicht  voll  gewürdigte  Stelle  dee  Velleiue  I  13,  3  hin- 
weisen, wo  auedrücklich  geeagt  wird:  ^quippe  Scipio  ,  ,  ,  .  ut 
Polyhium  Panaetiumque  praecellentis  ifigenio  viros  dornt  miliiiaeque 
secum   habuerif\    Aleo   eind  Polybioe  eowie  Panaitioe  eowohl  im 


222  CichoriuB 

Frieden  aln  auch  im  Kriege  Begleiter  des  Scipio  gewesen.  Von 
Polybios  ist  diee  ja  zur  Gentige  bekannt,  von  Panaitios  dagegen 
wnesten  wir  bisher  nur  von  einem  Zuflammen leben  mit  Scipio  in 
Friedenezeiten.  Unser  Text  würde  nunmehr  gestatten,  auch  fttr 
ihn  den  Aasdruck  militiaeque  in  voll  prägnantem  Sinne  zu  ver- 
stehen. 

Bei  dieser  Auffassung  löst  sich  dann  aber  gleichzeitig  noch 
eine  Schwierigkeit  bezüglich  der  Lebensgeschichte  des  Polybios. 
Aue  der  Stelle  bei  Cicero  de  rep.  I  34,  wo  Laelius  zu  Scipio 
sagt,  ^memineram  persaepe  te  cum  Panaetio  disserere  solUum  coram 
PclyhWy  geht  nämlich  hervor,  dass  Scipio,  Laelius,  Polybios  und 
Panaitios  irgend  einmal  längere  Zeit  hindurch  in  nahem,  persön- 
lichem Verkehr  unter  einander  an  einem  und  demselben  Orte  geweilt 
haben.  Da  man  nun  eine  Anwesenheit  des  Panaitios  in  Rom  erst 
nach  dem  dritten  punisohen  Kriege  annehmen  konnte,  für  Polybios 
aber  eine  solche  dort  aus  der  Zeit  nach  diesem  Kriege  nicht  tiber- 
liefert ist,  so  sah  man  sich  gezwungen,  jener  Cicerostelle  zu  Liebe 
einen  nochmaligen  zweiten  längeren  Aufenthalt  des  Polybios  in 
Rom  nach  146  zu  vermuthen,  der  freilich  schlecht  genug  in 
seine  Lebensgeschichte  passt^.  Hat  nun  aber  auch  Panaitios  den 
dritten  punischen  Krieg  im  Hauptquartiere  des  Scipio  mitgemacht, 
so  wäre  damit  thatsächlich  eine  Zeit  erwiesen,  während  der  jene 
vier  Männer  —  Laelius  kommandierte  ja  damals  unter  Scipio  — 
längere  Zeit  hindurch  in  allerintimstem,  täglichem  Verkehre  ge- 
staodeu  hätten. 

Darf  man  aber  eine  solche  Betheiligung  des  Panaitios  am 
Kriege  annehmen,  so  wtirde  auch  auf  die  anderen,  vorläufig  un- 
verständlichen Nachrichten  des  Papyrustextes  ein  helles  und  über- 
raschendes Licht  fallen.  Plinius  hat  uns  die  interessante  Nach- 
richt erhalten,  dass  Polybios  während  oder  unmittelbar  nach  dem 
Ende  des  dritten  punischen  Krieges  von  Scipio  mit  einer,  wie 
wohl  bestimmt  angenommen  werden  darf,  an  Zahl  geringen  Flotte 
zu  einer  wissenschaftlichen  Erkundungsfahrt  längs  der  Nordwest - 
ktiste  Afrikas  entsandt  worden  ist  (Plin.  n.  h.  V  9  Scipione  Aemi- 
liano  res  in  Afrlca  yereute  Polybius  annalium  cofiditor  ah  eo  accepta 
vlasse  scrutandi  illhts  orhis  gratia  circnmvectus  prodlt).  Finden 
wir  nun  im  Leben  des  Panaitios  und  zwar  anscheinend  nach  Be- 
endigung eben  jenes  Krieges  die  Fahrt  einer  Flottille  von  sieben 


*  Auch  Cuntz  (Polybius  und  sein  Werk  S.  77)  ist  es  meiner  An- 
sicht  nach   nicht  gelungen,    fiuen   solchen    wahrtchiMiilich  zu   machen. 


Panaitioe  and  die  attische  Stoikerinschrift  223 

Schiffen  und  in  unmittelbarem  Zusammenhange  damit  die  Worte 
προς  φιλομάθη(Τΐν  erwähnt,  so  drängt  sich  wohl  unwillkürlich 
der  Gedanke  auf,  dass  hiermit  jene  geographische  Entdeckungs- 
reise des  Polybios  gemeint  sein  könnte.  Die  Erwähnung  dieser 
Dinge  im  Leben  des  Panaitios  ist  aber  doch  nur  dann  denkbar, 
wenn  auch  er,  der,  nach  Velleius  und  Cicero  zu  sohliessen,  zu- 
sammen mit  Polybios  im  Feldlager  vor  Karthago  weilte,  mit 
diesem  an  jener  Fahrt  Theil  genommen  hat.  Eine  Betheiligung 
an  einer  solchen  geographischen  Forschungsreise  könnte  nun 
aber  gerade  bei  Panaitios  nicht  befremden,  da  er  unbedingt 
geographische  Interessen  gehabt  hat.  Ja,  wir  dürfen  sogar  an- 
nehmen, dass  er  auf  diesem  Gebiete  selbst  schriftstellerisch  thätig 
gewesen  ist,  wenn  auch  eventuell  nur  im  Rahmen  anderer  Werke. 
Pliniue  führt  nämlich  unter  seinen  Quellen  der  geographiechen 
Bücher  Υ  und  VI  neben  Polybios  auch  Panaitios  an.  Eben  in 
Buch  V  aber  hat  Pliniue  Africa  und  darunter  die  von  Polybios 
auf     seiner    Entdeckungsfahrt     berührten     Gegenden     behandelt. 

Schliesslich  würden  auch  die  beiden  Aerzte  und  ihre  (wie 
des  inzwischen  von  der  Fahrt  in  Scipios  Hauptquartier  zurück- 
gekehrten Panaitios)  Bitte  um  Gewährung  der  Heimkehr  in  diesem 
Zusammenhange  durchaus  verständlich  sein.  Man  könnte  in 
ihnen  zwei  für  die  Dauer  des  Krieges  in  Scipios  Hauptquartier 
entbotene  Aerzte  —  und  dann  zwar  wohl  am  ehesten  Chirurgen 
—  erkennen,  deren  Thätigkeit  jetzt  mit  dem  Abschlüsse  des 
Krieges  ihr  Ende  erreicht  hatte  und  die  sich  nun,  genau  wie 
68  bei  Polybios  der  Fall  gewesen  ist,  von  dem  römischen  General 
beurlauben  ^. 

Breslau.  Conrad  Cichorius. 


<  Uebrigens  liegt  dann  doch  wohl  der  Gedanke  sehr  nahe,  dass 
auch  diese  beiden  in  Athen  lebenden  Aerzte  im  Jahre  139,  als  Soipio 
und  ihr  Reisegefährte  von  14β,  Panaitioe,  nach  Athen  kamen  und  zum 
mindesten  Panaitios  in  die  Festkommission  für  die  Ptolemaia  eintrat, 
gleichfalls  der  Kommission  beigetreten  und  dass  auch  ihre  Namen  unter 
denen  unserer  Liste  zu  vermuthen  sind.  Ob  etwa  Γλαυκίας  θ€τταλός 
der  im  zweiten  Jahrhundert  lebende  Empiriker  und  Hippokrates-Kom- 
mentator  des  Namens  ist,  wäre  freilich  nur  eine  entfernte  Möglichkeit. 
Passen  würde  auf  ihn  allerdings  sehr  gut,  dass  er  von  Galen  ausdrück- 
lich auch  als  vortrefflicher  Chirurg  gerühmt  wird  (vgl.  über  ihn  Suse- 
nrilhl  I  824  ff.);  auch  sein  Platz  als  achtzehnter  in  der  Liste  würde 
g'ut  stimmen. 


HENCIUS  ALEXANDRINUS  UND  DER  COD. 
VERONENSIS  DES  AUSONIUS 


Bencius,  aue  Alexandria  gebürtig  in  der  zweiten  Hälfte 
des  XIII  Jahrh.,  etarb  um  das  Jahr  1330,  vielleicht  in  Verona, 
wo  er  zam  wenigsten  1325 — 1329  bei  den  Scaligeri  das  Kanzler- 
amt übte^.  Er  war  Notarius^  und  machte  seinen  Corsas  wahr- 
scheinlich  an  der  Universität  zu  Bologna,  deren  überall  bekannten 
Ruhm  er  preist;  jedenfalls  ist  diese  Stadt  von  ihm  besucht  worden ^ 
£r  verfasste  in  Como,  zwischen  1313  und  1320,  als  er  im  Dienste 

^  Für  die  biographischen  Nachrichten  vgl.  L.  A.  Ferrai  Beneo 
d'AUssandria  im  Bullettino  dell'  Istituto  storico  Italiano,  YII,  1889, 
S.  97  ίΤ.,  und  G.  Biscaro  Benzo  da  AUssandria  im  Archivio  storico 
lombardo,  XXXIV^  XIV,  1907,  S.  281  ff. 

2  Weder  Minorit,  wie  Ferrai.  noch  Priester,  wie  Biscaro  glaubt. 
Der  seltsame  Irrthum  ist  daraus  entetaudeu,  dass  jene  beiden  Gelehrten 
unserm  Bencius  zuschreiben  was  er  aus  Brocardus'  Theutonicus  Descriptio 
Terrae  Sanctae  entnommen  hat.  Brocardus  erzählt  wie  er  zu  Jerusalem 
zwei  Messen  las:  'cgo  bis  dixi  missam  de  passione  et  legi  passionem  in 
missa  secundum  Johannem  in  loco  ipso  passionis  Christi*  (Brocardus* 
Descriptio  im  Cod.  Ambros.  Α  223  inf.  f.  20).  Diese  Worte  wiederholt 
Bencius  (f.  128),  und  daraus  hat  man  geschlossen  dass  er  Priester  war 
und  nach  Palästina  wanderte.  Brocardus  gicbt  überdies  das  Jahr  seiner 
Palästinischen  Reise  an:  'istud  accidit  anno  domini  MCCLXXXIII.  in 
festo  omnium  sanctorum'  (ebenda  f.  13);  und  auch  diese  Nachricht,  die 
Bencius  in  seine  Chronik  (f.  28)  einschaltete,  hat  man  ihm  zugeschrieben. 
Bencius  aber  nennt  beide  Mal  seine  Quelle,  ja  er  ist  in  dieser  Hinsicht 
immer  gewissenhaft  und  die  folgende  Citation  mag,  glaube  ich,  für 
alle  gelten:  'Hec  que  de  Pindaro  scripsi  referre  Solinum  et  Valerium, 
sumpsi  a  Vincencio  (Hellovacensi),  nam  in  ipsis  auctoribus  scriptum  non 
inveni*  (f.  270). 

8  'Huius  matricis  ecclesie  (Hononiensia)  titulus  beato  Petro  apostolo 
inscriptus  est.  Unde  in  sigillo  comunitatis  inscriptus  est  etiam  talis 
versus:  Petrus  ubique  pator,  legum  Bononia  mater  ...  De  laudibus 
prettToa  ipsius  notan•  niicbi  videtur  supcrtluum,  cum  fere  cuncti  maxime 
litterati  studrnt«•»  quantis  lM)iiiH  aflluat  siiit  cxperti'  (f.  lli)^). 


Bencin•  Alexandrinus  and  Ansoniue  225 

des  dortigen  Bischofs  Leo  Lambertenghi  stand  ^  eine  riesige 
allgemeine  Chronik,  in  drei  Bände  verteilt,  von  denen  nur. der 
erste  noch  heute  sich  im  starken  Cod.  Ambros.  R.  24  inf.  ^  ge- 
rettet hat  Um  die  Nachrichten  für  seine  Chronik  sich  zu  be- 
schaflFen.  unternahm  er  viele  Reisen  und  war  in  dieser  Hinsicht 
ein  Vorgänger  seines  Landsmannes  Georgine  Merula,  der  1488  bis 
1493  für  seine  Uistoria  Vicecomitum  viele  italienische  Bibliotheken 
und  Archive  aufsuchte  und  von  andern  ausforschen  liess^ 

Bencins  durchwanderte  vor  1315  das  ganze  Nord-Italien, 
zB.  Pavia  und  Kavenna^,  Como,  Bologna,  Milano^  Acqui•,  Parma^, 
Verona®,  in  deren  Archiven  und  Kirchen  er  die  Inschriften,  die 


ι  Bieoaro  aaO.  S.  283—4. 

>  Membr.  saec.  XIV,  von  284  Blättern  in  folio. 

'  R.  Sabbadini  Scoperte  dei  codici  latini  e  greci  nei  sec.  XIV  e 
XV,  8.  157. 

^  *Hec  inveni  in  antiquis  ecripturis  apad  ipsam  urbem'   (Papiam, 

f.   147) und  über  die   berühmte  Reiterstatue  'Regisol' :   .  .   . 

'Eminuit  etiam  longis  in  urbe  illa  (Papia)  temporibus  ereus  ille  equs 
fusilis  et  deauratus  cum  insidente  ereo  equite,  qui  vulgo  Regissolium 
(s  Regi8ol)dicebatur.  Erat  enim  loco  patenti  et  eminenti  ante  matricem 
ecclesiam  supra  latericiam  columpnam.  Eques  autem  η  na  manu  freno 
regebat  equum»  alteram  tenebat  extensam  ;  equi  pes  unns  a  oatulo  ereo 
tenebatur  erectus  ....  Hec  qne  loquor  oculis  meis  vidi  et  novi.  Legi 
etiam  in  cronicie  ecclesie  Raveunatis  quod  hoc  simulaorum  fabricari 
fecit  res  Italie  Theodericus  apud  Ravennam  et  in  ponte  austri  Ravenne 
locari  et  siout  in  pontificali  libro  eiusdem  ecclesie  legitur  .  .  .  Mansit 
autem  statna  hec  equestris  tam  Ravenne  quam  Papie  per  annos  circiter 
VIII.c  oompμtando  annos  a  tempore  regni  Theodorici,  qui  regnabat 
circa  annum  Domini  V^  usque  ad  annum  nativitatis  Christi  MCCCXV. 
Tnnc  enim,  Papia  a  Mediolanensibus  furto  optenta,  statuaipsa  equestris 
per  equestres  videlicet  mercenarios  Mediolanenses,  adhibitis  equis  funem 
trahentibus,  fuit  solo  prostraia  et  postea  in  fragmenta  conversa  Medio- 
lannmque  delata  (f.  147^). 

&  Biscaro  aaO.  S.  287.  Er  war  in  Mailand  Notar  bei  dem  Richter 
Cione  Bellaste  von  Pistoia. 

^'Vidi  enim  fontes  ibi  (in  Aoqui)  calentes*  (f.  151). 

"^  ...  'in  lapide  grandi  ante  basilicam  beati  Donini  in  burgo 
eiusdem  (Borgo  S.  Donnino  bei  Parma)  sunt  antique  littere,  scilicet 
lalia  Civitas  Grisopoli'  (f.  149^). 

β  'De  urbis  autem  huius  (Veronae)  nomine  feruntur  illi  duo  ver- 
siculi  ethimologiam  et  antiquitatem  insinuantes  eiusdem:  Ve  vere 
sargens  ro  rotae  per  circuitum  na.  Nam  antiqua  urbs  est  vocata 
Verona'  (f.  149)  ....  'Laberinthum  etiam,  quod  nunc  Harena  dicitur, 
ibi  habetur,  quod  constructum  fuit  anno  Octaviani  Augusti  XXXIX, 
Bhein.  Mus.  f.  Philol.  N.  F.  LXlll.  15 


!  396  Sabbadini 

Ι 

Chroniken  und  allerlei  Urkunden  bald  auszog  bald  ausechrieb  ^, 
Und  nicht  nnr  die  mittelalterlichen  Autoren  erforschte  er,  sondern 
auch  die  antiken;  er  suchte  zB.  Apnleins,  von  dem  er  zwei  selbst 
dem  Encyclopädiker  Vincentius  Bellov.  unbekannt  gebliebene 
Werke   fand^;    suchte,    obwohl    umsonst,    die    zweite  Dekas  des 

-!  T.  LiviuR*  und  andere  Schriftsteller,  die  er  bei  Servius  nament- 

lich aufgeführt  angetroffen^.  Besonders  ergiebig  waren  seine 
Forschungen  in  Verona,  wo  er  Catullus^  und  yom  Mansionarius 
Johannes,  wie  ich  glaube,  die  Hisforia  Äugusta  erhielt  und  aus 
dem    hochberühmten   Domarchiy  'in  quo  erant  libri    innumeri   et 

I  vetustissimi'  (f.  liö"")  einen  Codex  des  Ausonius  hervorzog•. 

i  ante  Christi   ortum   tercio,    cuius   pars  exterior  terre  motibus  corrolt. 

]  De  ipsis  autero  ruinis,  scilicet   lapidibus   quadris,  constructa   fuit  pars 

1  muri  urbis  qua  est  inter   portam  qua  itur  Mantnam  ad  (ae7)  monaste- 

j  rium   S.  Zenonis'  (f.  149^).     Diese  Nachrichten    setzen    einen    directen 

!  Beobachter  und  Kundschafter  voraus,  daher  besuchte  Bencins  Verona 

1  schon  vor  seiner  Berufung  an  den  Hof  der  Scaligeri. 

r  ^  Nach    einem    Verzeichniss    mehrerer    Autoren   fügt    er    hinzu: 

\  'quorum  omuium  auctorum  libros  seu  cbrouicas   vel  scripsi  vel  partim 

seriöse  partim  perfunctorio  legi'  (Ferrai  S.  17). 
!  ^  'Huius  Apulei  duos  se  repperisse  libros  dicit  Vinoenciue,  unum 

scilicet    de    vita    et    moribus    Piatonis,    alium  qni  intitnlatur  de 
deoSocratis.     Ego  vero  alium  einsdem  Apulei   librum  legi,  qui  in- 
'  titulatur  sie:  Apulei  Platonici  Floridorum;  alium  quoque  librum 

eiusdem  comperi  qui  intitulatur  Asini  aurei  vel  secundum  alios  in- 
titnlatur sie:  Lucii  Apulei  Platonici  Madaurensis  methamor- 
foseos  liber*  (f.  280). 

*  'Quod  (lies  quid)  autem  Livius  hie  ponat  (über  Carthagot 
Gründung)  uon  legi  ex  omnibus  tribus  decadibus,  scilicet  prima  tertia 
et  qnarta;  puto  autem  in  aliis  haberi  et  maxime  in  secunda,  que  uns- 
quam  haben  dicitur"   (f.  135^). 

^  'Servius  ...  De  civitatibus  autem  tocius  orbis  mnlti  quidem 
ex  parte  scripserunt,  ad  plenum  tarnen  Phtolomens  grece,  Plinius 
latine;  de  italicis  etiam  urbibus  Virgilius  (lies  Hyginua)  plenissime 
scripsit  et  Cato  {ad  Aefi.Wi  iuS).  Actor.  Ego  vero  cum  hiie  caream 
auctoribus,  sequar  Ysidorum,  iSolinum,  Egesippum,  losephum,  leroni- 
mum,  Miletum,  Librum  propriet.itum  et  novissimum  oninium  Brocar- 
dum'  (f.  126t). 

^  üeber  den  Larius  lacus:  'Dicit  preterea  Catullus  poeta  Vero- 
nensis  ad  amicum  Aurelium  scribens  sie:  Poete  tenero  meo  sodali 
Tolim  occilio  papire  dicas  veronam  veniat  novi  relinquens 
domi  mniia  lariumque  litus*  (f.  i>4,  Catull  XXXV  1—4).  Domi 
ist  Schreibversehen;  ebenso  ad  Aurelium  Ί  HemerkiMiswerth  omVio,  eine 
besonden;  Lesart  des  Oxonicnsis. 

**    Imperante  Severe  legitur  quod  cum  in  Egipfo  militcs  ab  ipso 


Benoius  Alexandrinns  und  Ansonius  227 

Der  reichlichste  Ertrag  ist  ihm,  das  versteht  sich  von  selbst, 
aas  den  mittelalterlichen  Antoren  zugekommen,  welche  ich  jedoch 
umständlich  zn  nennen  unterlasse,  mit  Ausnahme  des  Poetarius 
von  Albericus^,  der  später  sich  im  Besitze  des  Petrarca  fand, 
aber  nicht  so  leicht  zn  erlangen  war,  und  des  Liber  de  vita 
phüasophorum^  von  dem  Bencius  die  kleinere  namenlose  Redaotion 
anführt^,  weil  die  grössere,  von  seinem  Zeitgenossen  Burlaeus 
(Bnrley)  bearbeitete  Ausgabe  noch  nicht  erschienen  war.  Auch 
die  christlichen  Schriftsteller  waren  in  seiner  Sammlung  sehr 
zahlreich,  hier  nenne  ich  gleichfalls  nur  einen,  der  im  Mittel- 
alter sehr  selten  war,  den  Tertullianus  ^. 

Unter  den  lateinischen  üebersetzungen  griechischer  Schrift- 
steller besass  Bencius  selbstverständlich  alle  Werke  von  Aristo- 
teles, die  zu  seiner  Zeit  gebraucht  waren,  mit  Einschluss  der 
Vita  Aristotelis*  \  Josephus' Geschichte  und  den  sogenannten  Ege- 
sippus  führt  er  auf;  von  Piaton  aber  bekennt  er,  dass  'libros 
multos  reliquid  et  tamen  apud  Latinos  in  parvo  habentur'  (f.  277), 
wo  vielleicht  diejenigen  drei  Dialoge  zu  verstehen  sind,  die  im 
Mittelalter  gekannt  waren,  der  Timaeus  in  der  Uebersetzung  von 

Pescennio  yinum  peterent  ait:  Nilam  habetis  et  vinnm  qoeritis?  siqui- 
dem  tanta  est  illios  fluminis  dulcedo,  ut  accole  vinum  non  querant,  ut 
scribit  Sporcianns'  (f.  94^,  Spartian.  PescenniuSf  I  3.  149  Peter).  — 
'Hoc  tantum  invenio  ex  historiis  lulii  Capitolini,  quod  Yalerianae* 
daos  habuit  filios  ex  diversis  uxoribus,  scilicet  Valenanum  et  Gallienum 
et  cum  ipse  Valerianus  captus  fuisset  a  Sapore  rege  Persarura,  qui  et 
in  captivitate  consenuit,  alter  Valerianus  circa  Mediolanum  occieus  et 
sepultus  est,  adito  titulo  iussu  Claudii:  Valerianus  imperator. 
Ghalienos  quoque  circa  Mediolanum  dicitur  esse  percussus'  (f.  147;  II 
S.  69—72,  85).  Diese  Notizen  rühren  aus  Trebellius  her,  aber  wegen 
der  Lücke  im  Codex  werden  sie  lulius  Capitolinus  zugeschrieben.  Ueber 
den  Mansionarius  vgl.  Sabbadini  aaO.  2. 

*  *Albericn8  in  Poetario*  ...  (f.  261).  —  Ήβο  autem  de  Thebis  in 
Boetia  oonditis  traduxi  ab  Alberico  in  libro  qui  dicitur  Poetarius* . .  (f.  133). 

*  ZB.  'Fuit  autem  (Socrates),  ut  in  eodem  libello  de  philoso- 
phorum  vita  legitur,  vir  coloris  rubei,  conpetentis  magnitudinis,  calvus, 
decoms  facie,  spansus  humeris,  grossorum  ossium,  modice  carnis,  ocu- 
loram  nigrorum,  lentarum  palpebrarum,  multi  silencii,  membrorum 
quietomm  multeqae  cogitacionis*  (f  274).    Diese  Stelle  fehlt  bei  Burley. 

'  *Refert  eciam  Tertulianus  in  Apologetico  Platouem  dixisee  im- 
perinm  summe  dominacionis  apud  unum  esse,  officia  eins  penes  multos, 
lovem  magnum  in  celo  comitatum  exercitum  describens*  ...  (f.  270^). 
Vgl.  Migne  Patr.  lat,  I  416—417. 

♦  'Ex  vita  Aristotilis*   .  .  .  (f.  277^). 


228  Sabbadini 

Chalcidiufl,    der  Menon    und    der    Phaedon    in    der    von  HenricoR 
ArietippQs. 

Was  die  lateinischen  Autoren  betrifft,  so  brauchte  er  von 
Dichtem  Catnllue,  Vergiliu8^  Horatiue^,  Ovidius,  Seneca  tra- 
gicuR^  Lucanue,  Statine,  Juvenalie  mit  eeinem  Commentator^, 
Aueoniue  und  den  'auctor  ingenioeiesimue  Clandianue*^;  von  Cicero 
die  Rheforica^  (De  inv.),  ^\e  Philippicae'',  und  die  meisten  philo- 
sophischen Werke  {De  off.^y   De  faio,   De  sen.^   De  divin,^   Tusc, 


^  £r  kennt  auch  die  volksthümlichen  Märchen  über  Yergrilius, 
sB.  jenes  von  der  f^lvatio  Bomae:  'Has  statuas  dicitur  finxisse  Virgilins 
et  puto  demonum  ludificatione'  (f.  141^). 

^  *Unde  et  Oracius  .  .  .  Ilion  Ilion  fatalis  et  incestus  iudex  Paris 
et  mulier  peregrina  scilicet  Helena  te  vertit  in  pulverem  postquam 
Laumedon  pacta  mercede  destituit  idest  fraudavit  deos  neu  persolvens 
libamina  que  in  constitucione  ipsius  urbis  diis  ipsis  promiserat'  (f.  13H^, 
Horat.  C.  lil  3,  18  ff.).  Hier  ist  der  Text  des  Horatius  mit  einem 
Commentar  vermischt. 

^  'SenecH  tarnen  in  ultima  tragediarum  dicit  cum  (Herculem)  in- 
censum  fuisse  in  monte  Etheo,  unde  et  £theus  appellatus  est;  sed  fort« 
de  alio  Hercule  intellexit  vel  corruptus  est  textus'  (f.  2G2^).  Benoius 
las  bei  Cicer.  Tusc.  II  19  Oeta  und  glaubte,  dass  Etha  ein  verschiedenes 
Wort  sei. 

^  'Commentator  etiam  luvenalis  dicit  quod  nolebat  (Socrates) 
*iurare  per  lovem,  sed  per  cauem  aut  lapidem  vel  quioquid  ad  manum 
ei  accldisset,  unde  ab  Athoniensibus  dampnatus,  in  carcere  veneno 
hausto,  periit*  (f.  273^).  luvenalis  ist  ihm  anderswo  der  'Satyrus*  vor- 
zugsweise (f.  275). 

^  *Huiu8  preterea  urbis  (Romae)  inclite  laudes  preclarissimas 
eleganter  hie  epithomare  insinuat  Claudianus  auctor  ingeniosissimus 
dioens  :  Hec  est  urbs  qua  nichil  ether  in  terris  complectitur  alcius' . . . 
(f.  141).     Vgl.  Claudian.  Com  Stilic.  III  130  flf. 

'  'Recitat  quoque  Tullius  libro  rethoricorum  quod  Crotoniate 
ParioD  et  Sibaris  urbes  condite  fuerunt  in  Ytalia  tempore  Romnli* 
(f.  142^).  Dies  wird  Benoius  in  einem  Commentar  zu  De  inv.  II  1  ge- 
lesen haben. 

^  'Idem  Tullius  libro  XIII  Philippicarum  scribit  eciam  lucu- 
lenter:  memoria  inquit  bene  reddite  vite  sempiterneque  si  non  esset 
longior  quem  hec  vita  qnis  esset  tarn  amens  qui  maximis  laboribus  et 
periculis  ad  summam  laudem  gloriamque  contenderet'  (f.  274).  Diese 
Stelle  findet  sich  nicht  in  Phil.  Xlli,  sondern  in  XIV;  al>er  das  Mittel- 
alter hatti'  einen  verstümmelten  Text  der  Philippicae,  der  das  Ende 
von  V  und  den  Anfang  von  VI  eingebüsst  hatte. 

^  'C(immentator  ctiam  siipor  Tullium  dicit  qnod  Samuites  8unt 
Beneventani,    qui    multo    tempore    pugnaverunt    contra  Uomanos,    im- 


BcDciuB  Alexandrinus  uud  Ausonius  229 

quaest,  usw.);  ebenfalls  die  philoeophieohen  ScLriften  von  Seneca 
und  einige  von  Apuleius;  mehrere  Vielschreiber,  Plinius'  Not. 
hist,,  Gellius  (beide  Hälften),  Solinus,  Servius  'Virgilii  doctissi- 
mus  commentator'  (f.  140^),  Macrobius  (m  Somn.  und  Saturn,)^ 
Falgentins  Mitolog,^  Isidorus;  uud  endlich  eine  nicht  unbeträcht- 
liche Zahl  von  Greschiohteschreibern,  Öallustius,  Cäsar,  T.  Livius, 
Valerius  Maximus,  Suetonius,  Trogus-Justinus,  Kutropius,  Dictys, 
Dares,  Orosius,  die  Schriftsteller  der  Eist,   Äug,  usw. 

Auf  einige  Einzelheiten  lohnt  es  sich  der  Mühe  aufmerk- 
sam zu  machen : 

a)  dasR  Bencius  Cäsar  mit  seinem  wahren  Namen  kennt 
and  nicht  als  Julius  Celsus,  wie  ihn  das  ganze  Mittelalter  und 
noch  später  Petrarca  nennt:  'lullius  vero  Cesar  qui  cum  eiusdem 
terre  (Galliae)  incolis  deoennio  bellum  gessit,  concordante  se 
cum  Plinio  mnltisque  aliis  philosophis,  tres  tantum  vult  esse 
provincias;  cuins  nos  scripta  eodem  ordine  quo  ipse  usus  est  hie 
ineerimus,  aliqna  tantummodo  que  ille  in  aliis  sue  historie  locis 
de  civitatibus  sive  de  fluminibus  dixit  seu  que  Plinius  aliter 
quam  ille  sensit  interponemus.  Gallia  est  omnis  divisa  in  tres 
partes  qnamm  unam  incolunt  Beige,  aliam  Aquitani,  tertiam  qui 
ipsoram  lingua  Celte  nostra  Galli  appellantur  (Caes.  B.  6r.  I  1). 
Hanc  quoqne  partem  Plinius  (N.  H.  IV  105)  Lugdunensem  Gal- 
liam  esse  aeserit'  .  .  .  (f.  113^); 

b)  dass  er  die  erste  genaue  Nachricht  über  Pietole,  Vergils 
angeblichen  Geburtsort,  mittheilt:  'in  suburbano  quoque  pago 
(Mantnae)  supra  ripam  ipsius  lacus  sito,  qui  Pplectolis  {sie) 
dioitnr,  natns  fertnr  fuisse  Virgilius  urbis  Mantuane  decus  exi- 
mium,  sicut  et  Verone  Catullus,  unde  illud  monosticon:  Mantua 
Virgilio  gandet,   Verona Catullo' (f.  149;  vgl.  Ovid.^m.  111  15,  7); 

c)  dass  er  vom  Zeugniss  des  Trogus-Justinus  bewogen  die 
historische  Glaubwürdigkeit  der  vergilschen  Dido-Episode  an- 
zweifelt, was  nach  ihm  auch  Petrarca  thut,  sich  die  Priorität  der 
Entdeckung  mit  Unrecht  aneignend^:  'Eliminandus  ergo  est  per 
hec  Trogi  sive  Instini  dicta  illorum  fabulosus  error,  qui  sequentes 
Omerum,  quem  Sibilla  Erictrea  mendacem  appellat,  nee  non  Vir- 
gilinm  et  Ovidinm  sequaces  Omeri,  quos  locutos  constat  ut  Octa- 
viano  Auguste  placerent  quibusve  mox  (^  mos)  est  non  historias 


perium  iu  se  transferre  volentes'  (f.  138).    Dies  bezieht  sich  wahrschein- 
lich auf  Dt  off.  I  88. 

»  P.  de  Nolhac  PStrarque  et  Vhumanime  l^  135—136. 


230  Sabbadini 

eequi  sed  legem  pocius  artis  poetice  immitari,  crednnt  inmo 
asserunt  £neain  troianum  hanc  vidisee  Didonem  aut  ei  contem- 
poraneum  fuieee  eamqne  enm  adamaese  impndico  vel  padico  amore 
et  ob  id  cum  ee  clam  absentasset  Eneas,  ipeam  se  pagione  con- 
fodiese  furibandi  amoris  vebementia  yicta  (f.  136).  Unten  fügt 
er  die  Zeugnisse  von  Hieronymus  und  Augustinus  bei. 

Und  nun  zu  Ausonius.  Von  diesem  Dicbter  zieht  Bencius 
zwei  Libelli  an,  den  Ordo  urbium  nobilium  und  den  Ijudus  Septem 
sapientum :  jenen  im  XIIII  Oe  civitatibus  betitelten  Buche  seiner 
Chronik,  diesen  im  XXIIII  Buche,  das  Liber  dictarum  et  facto• 
rum  memorabUium  philosophorum  et  aliorum  virorum  iUustrium 
Grecie  heisst.  Hierunter  theile  ich  die  Anführungen  des  Bencius 
mit,  theils  buchstäblich,  theile  mit  dem  Texte  Peipers  (Lipsiae 
1886)  collationirt,  in  der  Art,  dass  keine  Lesart  übergangen  wird. 

Erstens  der  Ordo  urbium. 

Bencius  f.  142^:  'Ausonius  in  cathelogo  urbium  illustrium 
dicit  quod  prima  est  inter  urbes  deorum  domue  anrea 
Roma*^. 

f.  136:  "Soribit  quoque  Deoiue  Magnus  Ausonius  libro  qui 
dicitnr  cathalogus  urbium  nobilium  volens  ostendere  quod  licet 
Carthago  et  Bizancinm  sive  Constantinopolis  magnifice  fuerint 
urbes,  tamen  cedere  debent  Rome,  sie  inter  cetera.^  Nur  drei 
Verse,  11 — 13,  citirt.  11  diuum  in  ras.  \  12  augustas  |  13  bisan- 
tina  licos. 

f.  129:  'Ausonius  in  cathalago  urbium  nobilium  loquens 
de  Alexandria  et  Antiochia  inter  cetera  sie  refert  dioens* '. 
Nur  zwei  Verse  10  —  11.  10  te  scilicet  Alexandria  |  illa  scilicet 
Antiochia  |  11  ingenitum  |  anchora. 

f.  151^:  De  qua  (Treveri)  scribit  Decius  Magnus  Ausonius 
in  cathalago  urbium  nobilium  VIP  (lies  VI)  eam  loco  ponens, 
qui  sie  inquit*.  Vollständig.  1  gestis  |  3  in  om.  |  6  perlabitur  | 
7  omnigenus  |  conmercia. 

f.  145^:  *Unde  etiam  Decius  Magnus  Ausonius  vir  illustris 
in  cathalogo  urbium  nobilium  post  Romam  Constantinopolim  et 
Carthaginem  et  Antiochiam  Alexandriam  atque  Treverim,  loquene 
de  urbe  Mediolani  sie  ait.'  Vollständig.  *Et  notandum  quod  iste 
Ausonius  fuit  contemporanens  Theodosio  iuniori  qui  cepit  imperare 


1  Dieses  Stück  fehlt  im  cod.  Tilianus. 
'  Fehlt  im  Tilianus. 


Benoius  Alexandriuue  nnd  Ausonius  231 

anno  domini  IIII^  *XXV.'    2  Innumero  |  3  et  mores  laeti  om\  \  6 
teath  I  7  celebri  |  8  peristula. 

f.  138^:  'De  huius  quoqae  urbie  (Capuae)  mirabili  quondam 
potentia  hiis  eroicie  vereibue  ecribit  Decius  Magnus  Ansonius  in 
cathalago  arbium  nobiliam  dicens/  Vollständig.  'Hec  Ausonius, 
qui  ideo  octavam  dixit  locnm  quia  in  cathago  (sie)  nobiliam 
arbium  posait  eam  octavam/  1  pelago  i  5  ante]  aut  |  8  attolleret  | 
9  parentem  idest  Romam  |  10  appetiit  |  12  herili  |  14  corruerent| 
festo. 

f.  140:  ^anc  civitatem  (Aquileiam)  Ausonius  in  cathalago 
urbium  nobilium  nonam  posuit,  qui  (ex  que  corr.)  quia  sine  magna 
expoeitione  obscuri  sunt  ideo  illos  obmisi,  dicit  tamen  eam  esse 
celeberrimam  menibus  atque  portu^.* 

f.  151^:  'De  ipsa  (Arelate)  etiam  loquitur  Ausonius  in 
cathalago  urbium  nobilium  dicens  sie/  Vollständig.  1  prodej 
1 — 2| Arelate  —  Roma  om.  \  4  Rodani  |  7  alis  |  8  aquitanica. 

f.  152^  (die  Tinte  ist  verblasst  und  die  Schrift  schwer  leser- 
lich): 'Unde  Ausonius  in  cathalago  urbium  illustrium  dicit  hanc 
(Terraconam)  esse  urbem  cui  tota  Yspania  suos  fasces  sub- 
mittit  que  cum  Oorduba  certat  non  arce  potenti  ac  cum 
Brachara  que  sinu  pelagi  se  divilem  esse  iactat'^ 

f.  134^:  'De  laudibus  preterea  huius  urbis  (Athenamm) 
ecribit  metrice  Decius  Magnus  Ausonius  in  cathalago  urbium 
nobilium  dicens.'  Vollständig.  2  pallodos  et  cossi  |  4  actica  |  5 
par  I  6  fudit. 

f.  143.  Hier  beschreibt  Bencius  Catina  und  Syracusae ;  aber 
die  Tinte  ist  fast  völlig  verblasst  und  die  Schrift  ganz  unleserlich. 

f.  152  :  ^ Huius  etiam  urbis  (Tolosae)  meminit  Ausonius 
in  oathalogo  nobilium  urbium,  insinuans  se  in  ipsa  urbe  fuisse 
nutritum  quodque  eam  ingens  ambitus  muris  coctilibus 
circuit  et  pulcher  amnis  Garuna  perlabitur  innumeris 
populis  habitatam^.^  Aus  der  Art  wie  Bencius  hier  citirt 
iet  zu  seh  Hessen  dass  der  Text  nur  auszugsweise  und  prosaisch 
im  Codex  niedergeschrieben  war. 

f.  15 Ρ :  'De  hac  etiam  urbe  (Narbone)  egregia  in  cathalago 
arbium  nobilium  Decius  Magnus  Ausonius  magnifica  refert  dicens': 

^  Diese  Lücke  bei  Bencius  zeigt,  dass  die  Lesart  *ingenia  antiqui 
mores*  des  Tilianns  muthmasslioh  ist. 
'  Dieses  Stück  fehlt  im  Tilianus. 
8  Fehlt  im  Tilianus. 
«  Fehlt  im  Tilianus. 


232  Sabbadini 

Er  citirt  textmässig  die  ersten  drei  Verse  mit  diesen  Lesarten: 
1  marcie  |  sub  nomine;  dann  fährt  er  fort:  'Tu  inGallia  togati 
nominis  prima,  quis  me  moret  portas  toos  montes  et 
lacas.  quis  populos  vario  discrimine  yestis  et  oris. 
quis  templum  quod  quondam  de  marmore  vario^  onius 
tanta  moles  erat  quantam  non  sperneret  olim  tarqninius 
et  getulus  et  iterum  ille^  cesarqui  capitolia  culmina 
aurea  etatuit.  te  martis  {in  maris  corr.)  orientalis  et 
hiberi  merces  ditant.  Te  classes  libici  et  sicnli  pro- 
fund] et  quicquid  vario  cursu  per  fluraina  et  per 
freta  advehitur  toto  tibi  orbe  navigat/ 

f.  152:  'De  hac  urbe  (Burdigala)  multa  preclara  oatbalago 
urbium  nobilium  scribit  vir  illustris  Ausonius  qni  in  ea  originem 
babnit;  unde  sie  inter  cetera  loquitur:  0  patria  te  insignem 
dico  viris  moribns  ingeniis  bominum  et  procerum  se- 
natu  vino  et  aqnis.  Burdegalis  est  mihi  natale  solam 
ubi  mitis  estceli  dementia  et  irrigue  terre  indulgentia 
larga.  ver  enim  longum  (enim  longum  in  ras.)  et  brama 
brevis.  ibi  est  subter  quoque  inga  frondea  fervent 
fluenta  immitata  marines  meatus.  Qnadra  etiam  ibi 
est  murorum  species.  sie  altis  turribus  arduaut  eam- 
mitates  intrent  nubes  aereas.  latas  habet  plateas.  et 
respondentes  indirecta  compita  portas.  per  medium 
autem  urbis  habet  fontani  idest  naturalis*  fluminis 
alveum.  Et  post  plura  sie  finit:  idem  Ausonius:  Diligo 
burdegalam  romam  colo.  civis  in  illu  burdegala.  Consul 
in  ambabus.  Cune  hie  scilicet  in  burdegal  a  ibi  soilicet 
rome  sella  curulisV 

Zweitens  der  Ludus  Septem  sapienium. 

f.  266.  'Hnius  eciam  Thaletis  sententia  est,  ut  scribit  Au- 
sonius de  ludo  Septem  sapientura,  uadimonio  adest  noxa.'  — 
'Huius  (Pitaei)  est  quoque  illa  conpendiosa  quidem  sed  plusquam 
utilissima  sententia  tempus  agnosce,  secnndum  quod  scribit 
Ausonius  de  ludo  VII  sapientum*.  —  'De  quo  (Chilene)  nicbil 
repperi  preter  quod  scribit  Ausonius  fuisse  hanc  eius  sententiam 
nosce    te    ipsum.      Aliqui    tarnen    ascribunt    eam    Soloni\    — 


>  Die  Worte  quis  templum  —  vario  fehlen  im  Tilianus. 

*  miles  Tilianus. 

*  uUst  mituralis  fehlt  im  Til. 

*  Die  Worte  cune  —  curulis  fehlen  im  Til. 


Benoins  Alezandriuue  und  Ausonius  233 

'CaiuB  (Cleoboli)  eciam  Ausonius  banc  dicit  fuiese  senteDtiam 
modus  optimus/  — 'Huius  (Biantis)  quoque  fuit  illa  sententia, 
ut  scribit  Ausonius,  plures  mali/  —  *Huiu8  (Periaudri)  quo- 
que, ut  scribit  Ausonius,  illa  est  sententia  moderacio  totum. 

f.  206:  'Huius  (Solonis)  quoque  extat  grecnm  illud  pro- 
verbium  de  quo  meminit  luvenalis  (XI  27)  gnoti  se  liton, 
qnod  latine  sonat  scito  te  ipsum  .  .  .  Hoc  tarnen  proverbium 
eiye  sententiam  dicit  Ausonius  fuisse  Chilonis.  Huius  eciam  fertur 
fuisse  elegans  illa  sententia  que  talis  est:  felicitatis  index 
dies  ultimus  est  .  .  .  banc  autem  sententiam  paucissimis 
verbis  conprebendit  vir  illustris  Ausonius  in  libello  sive  tractatu 
qui  intitulatnr  ludus  VII  sapientum,  dicens  eam  esse  eiusdem 
Solonis,  que  talis  est:  finem  respice  longe  vite.^ 

Diesen  Codex  des  Ausonius  fand  Bencius  in  der  Kapitel- 
bibliothek  von  Verona  vor:  'Hunc  etiam  catbalogum  Ausonii 
repperi  in  arcbivo  ecclesie  Veronensis,  in  quo  erant  libri  in- 
numeri  et  vetustissimi*  (f.  145^);  und  zog  aus  ibm  nicbt  eine 
Copie,  sondern  entfübrte,  wie  icb  glaube,  und  nabm  das  Arcbe- 
typum  mit  sieb,  weil  die  Veroneser  des  XIV.  Jabrb.  Ausonius 
nicbt  kennen,  da  er  sowohl  in  den  Flores  vom  Jabre  1329  als 
im  Katalog  der  Viri  illustres  des  Gnillelmus  Pastrengicus  ^ 
ganz  feblt. 

Betrachten  wir  zuerst  den  Catalogus  urbium.  Einleuchtend 
ist  die  gröeste  Aehnlichkeit  oder  vielmehr  völlige  Gleichheit  des 
Cod.  Veronensis  mit  dem  Text  des  Cod.  Tilianus  (Leid.  Voss. 
lat  Q  107)  und  der  Editio  Mediolanensis  (1490)  von  Ferrari, 
besondere  im  prosaischen  Auszug  der  zwei  letzten  Beschreibungen 
(Narbo  und  Bnrdigala).  Der  Tilianus  und  die  Ed.  Mediol.  ent- 
nahmen ohne  Zweifel  ihren  CatcUogus  urbium  aus  dem  Codex, 
welchen  Georgius  Merula  in  der  Mailänder  Eustorgius-Kirche 
antraft.  Der  Tilianus  enthält  eine  ansehnliche  Sammlung  der 
ansonianiscben  Gedichte;  aber  der  Catalogus  urbium  wurde  etwas 
später  in  einigen  leer  gelassenen  Blättern  zugefügt  und  mit 
Charakteren,  welche  die  sogenannte  langobardische  Schrift  nach- 
ahmen. Dieser  Theil  wurde  also  aus  einem  alten  Exemplar 
abgeschrieben,  das  meines  Eracbtens  mit  dem  Veronensis  identisch 


1  Sabbadini  aaO.  2;  5. 

^  In  der  Vorrede  der  Ed.  Mediol.  schreibt  Ferrari :  *adiecimu8que 
ex  catalogo  illostriam  urbium  nonnuUa  excerpta  epigramraata,  quae 
Georgias  Merala  ...  in  bibliotheca  divi  Eustorgii  primae  indagavit*. 


2.'U  Sabbadini  Beuciue  Alexandrinus  and  Aasonias 

ist;  80  dass  der  Veronensis  des  Benciae  und  der  Eustorgianus 
des  Merula  ein  und  dasselbe  Exemplar  sind.  Der  Veronensis, 
den  Bencius,  wie  ich  oben  angedeutet,  mit  sich  genommen,  wurde 
nach  seinem  Tode  zergliedert  und  einige  Blätter  gelangten  in  die 
Eustorgius- Kirche,  aber  verwirrt  und  verwischt,  weil  die  Folge 
der  Stücke  im  Text  des  Tilianus  und  der  Ed.  Mediol.  gestört  ist 
und  Bencius  in  seinem  Exemplar  etwas  mehr  aus  der  Beschreibung 
von  Narbo  (v.  14)  und  Burdigala  (v.  39—40)  las  als  der  Tilianus, 
der  das  Corruptel kreuz  einzeichnete. 

Und  was  werden  wir  vom  Ludus  sapientum  denken  ?  Die 
Lesarten  dieses  Stücke  sind  identisch^  mit  dem  Petrarca'schen 
Ausonius,  jetzt  im  cod.  Pariein.  8500,  sofern  der  Ludus  mit  ihm 
jenen  Zusatz  gemein  hat  (S.  182  Peiper),  welchen  von  den  bisher 
bekannten  Handschriften  nur  die  Petrarca^sche  enthält.  Daraus 
würde  ich  folgern,  dass  Petrarcas  Codex  für  den  Ludus  aus  dem 
Veronensis  abgeschrieben  ist,  denn  man  muss  beachten,  dass 
dieser  Codex  des  Petrarca  ein  Aggregat  aus  verschiedenen  Hand- 
schriften ist^.  Hierdurch  wird  meine  Vermuthung  bestärkt,  dass 
der  Veronensis  in  mehrere  Bruchstücke  zertheilt  wurde,  aus  deren 
einem  der  Cod.  Tilianus  den  Catalogus  urbium,  aus  einem  anderen 
der  Petrarca'sche  den  Ludus  sapientum  entnommen  hat.  Jeden- 
falls ist  der  Cod.  Veronensis  deswegen  hoch  zu  schätzen,  weil  er 
zum  mindesten  zwei  Stücke  vereinigte,  den  CatcUogus  und  den 
Ludus,  die  nach  der  von  C.  Schenkl  festgesetzten  Eintheilung 
der  Handschriften  zwei  verschiedenen  Classen  angehören. 

Es  erübrigt  noch  ein  Wort  über  die  fragmentarische  Vero- 
neeer  Handschrift  zu  sagen,  die  von  Matthaeus  Bossus  im  J.  1493 
an  Politianus  gesandt  wurde  (Peiper  S.  XLIII).  Man  könnte 
glauben,  dass  diese  ehemals  zu  der  Kapitelbibliothek  gehört  habe, 
aber  wir  wiesen  schon,  dass  das  Kapitel  sich  seit  dem  ersten 
Viertel  des  XIV.  Jahrh.  seines  Ausonius  durch  Bencius  beraubt 
sah;  sie  war  vielmehr  in  irgend  eines  Privaten  Besitz.  Sie  ent- 
hielt disiecta  membra  von  Ausonius  und  Prudentius  und  wurde 
am  wahrscheinlichsten  im  Cod.  Harleian.  2099  copirt,  der  folgende 
Unterschrift  trägt:  Kalendis  Marcii  1471  Verofiae  mihi  Siepha- 
nus  de  Xovomonte  scripsi  (Peiper  S.  XLIl). 

Mailand.  Remigio    Sabbadini. 

1  Ausser  der  Lesart  moderaciot  die  der  Zerstreutheit  des  Bencius 
oder  seines  Copinten  anzurechnen  ist. 
ί  De  Noihac  aaO.  I*  204. 


DIE  PLATOX-HANDSCHRIFT  S2 

Bekker  theilt  aae  'Vat  796',  Q,  Variant€o  mit,  die  der* He. 
des  Patriarchen  enUtammten.  dazu  die  Randbemerkang  zn  Leg. 
V  734  B:  τΑος  τών  οιορθωθβνταιν  ύττό  του  φιλοσός>ου  Λέοντος. 
Da  die  Nummer  nicht  stimmt,  waren  die  Angaben  nicht  nach- 
zuprüfen, Q  galt  als  verschollen^.  Es  ist  Vat.  gr.  1,  Perga- 
ment-Hs.  des  10.  Jh.,  36  X  25  cm  (Schriftraum  27  X  16  cm),  in  der 
Regel  40  Zeilen;  Schollen  nicht  von  Texthand,  aber  10.  Jh. 
Dazu  kommen  am  Rande  viele  Varianten,  manche  mit  verweisen- 
den Zeichen;  ich  scheide  anter  diesen  3  Hände,  ml  und  m2 
(welche  die  ältere  ist,  konnte  ich  nicht  entscheiden)  aas  dem  10., 
m3  aus  dem  11.  Jh.  f.  Ir:  Πλάτωνος  νόμων  α  ή  π€ρΙ  νομο- 
θ€[σίας  er.].  139  r:  Πλάτωνος  έπινομίς  ή  φιλόσοφος.  147  r: 
Πλάτωνος  έτπστολαί  ιβ'.  170 ν:  Όροι.  173r:  Πλάτωνος  νο- 
θ€υόμ€νοι.  Hepl  δικαίου.  175 γ:  Hepi  αρετής.  176 ν:  Δημό- 
δοκος ή  π€ρΙ  τοΟ  συμβουλεύεσθαι.  179 ν:  Σίσυφος  ή  περί  τοΟ 
βουλ€ύ€σθαι.  181  ν:  Άλκυών  ή  περί  μεταμορφώσεως.  183 r: 
Έρυείας  ή  περί  πλούτου  ή  'Ερασίστρατος  έν  άλλω.  189 ν: 
Ά£ίοχος  ή  περί  θανάτου,  nur  7  Zeilen,  bis  6boö  άπαν|,  da- 
durch eben  ist  erwiesen,  dass  Vat.  1  =  Q  ist*.  Vom  letzten 
Quatemio  (dessen  Mitte  ist  zwischen  f.  188  und  189)  sind  die 
drei  letzten  Blätter  abgeschnitten. 

Ich  beabsichtige  nicht,  die  Hs.  auszuschöpfen,  ich  will  aber 
mit  diesem  Hinweis  die  Mittheilung  der  Rand- Varianten  (nicht  der 
zahlreichen  Korrekturen   im  Texte)  zu  Leg,  I  und  V  verbinden. 

I  629  C  ούτάσΐ  (ο  alt,  aber  nicht  Texthd.)]  m3:  τοΟ  πα- 
τριάρχου τό  βιβλίον  bia  του  ö  μικρού,  β 30  Ε  άλλα  προς  πασαν 
άρετήν]    m3:    άλλαχου  άλλα   τ   περί  τάς  άρετάς.     632  C  έπι- 

στήσει  (Rasur  über  ει)]  του  πατριάρχου  τό  βιβλίον  έπιστήσεται. 
633  D  τους  θυμούς  ποιουσιν  (ί— 11  litt,  erae.)  προς  ταΟτα 
Ευμπαντα:  εΐ  γ'  ουν]  m2:  κηρίνους  ή  (die  tilgenden  Punkte 
wohl  von  späterer   Hand);    m3:    οΐμαι    μέν    ούτω   προς  ταΟτα 


1  Vgl.  ImmiMh,  Phüologieche  Studien  zu  Plato  11  [1!Κ)Τ$]  S.  54 ;  1 10. 
Bomet,  Vorrede  zum  V.  Band  [1906]  der  Aufgabe, 

s  Vgl.  BeMhreibong  in  Bekkem  Ausgabe  I  1  p.  XII. 


236  Rabe 

Εύμπαντα.  (^M  C  ψ€Ηηι]  ml:  γρ' έΖήτει.  637  D  τών  δλλιυν  ό 
λόγος]  ηι3:  τό  βιβλίον  του  πατριάρχου*  τών  δλλων  λόγος. 
(>37  Ε  ταύτα  τά  γένη]  m3:  άλλαχου*  ταύτα  γένη.  ib.  έν  τάΕ€ΐ 
bk  μάλλον  τούτων  ώ  λώστε  :  διώκομεν  bi  γε]  m3 :  του  πατρι- 
άρχου τό  βιβλίον  άπ'  όρθώσεως  *  έν  τάΗει  bk  μαλλον  τούτων : 
είτα  ώ  λώστε.  διώκομεν  bi  γε.  639  Β  μήτ'  ?χηι  τήν  τίχνην 
οειλός  τ'  ήι]  m3:  μήτε  ίχηι  τήν  τέχνην  οειλός  τε  ήι.  639  D 
μών]  ml:  γρ'  υμών.  ib.  ώς  έπος  είπεϊν  διημαρτημένα]  m3: 
του  πατριάρχου  τό  βιβλίον  ως  εΙπεϊν  διημαρτημένα.  641  Β 
βραχύ  τι  (ήι  übergeschrieben,  mS?)  πόλει  γίγνοιτ'  fiv  δς>ελος] 
m3:  του  πατριάρχου  τό  βιβλίον*  βραχύ  τήι  πόλει  γίγνοιτ'  δν 
όφελος.      644  Α  έΕ  ών  φαίνεται]    ml:   γρ'  ώς  έμοί   φαίνεται, 

hierüber  schrieb  dann  m3:    του  πατριάρχου   τό  βιβλίον.     644  Β 

ι 
bia  βίου  παντός  (ι  wohl  ml)  κατά  δύναμιν]  m3:  τοΟ  πατρι- 
άρχου τό  βιβλίον  bia  βίου  παντι  (Rasur  über  ι)  κατά  ούναμιν. 
614  D  ήγησίύμεθα  (er.  ml?]  m3:  του  πατριάρχου  τό  βιβλίον  5ιά 
τοΟ  δ  μικρού.  645  Α  ου  βιαίου]  m3:  άλλαχου  ου  βέβαιου. 
645  Ε  ναι  (Rasur  über  ι)"   πάμπαν  απολείπει]  m3:    τό    ναΙ   έν 

Uli 

άλλοις  ου  κείται.     647  Α  τό  τούτων  (er.  m3?)  θάρρος]  m3:  του 

ν 

πατριάρχου  τό  βιβλίον  τό  τούτωι  (ν  von  gleicher  Hd.)  θάρρος. 

647  C  ή  τήι  μέν  διαίτηι]  ml :  γρ  δειλίαι;  darunter  m3:  άλλαχου* 

ειλίαι 
ήι  τήι  μέν  οιαίτηι*  άπ'  όρθώσεως:  ουκ  ευ.  649  Α  ή  (ans  ή 
er.)  πώς  Caus  πώς)  λέγομ€ν]  m3:  του  πατριάρχου  τό  βιβλίον 
ή  πώς*  λέγωμεν.  ib.  πιόντα  τόν  δνθρωπον]  m3:  άλλαχοΟ' 
πιόντα  άνθρωπον.  649  C  ώς  έοικεν  εϊη  τό  μελετδν]  mS:  ώς 
έοικ'  εϊη  τό  μελετάν. 

V  727  D   ηγουμένης]    m3 :    του   πατριάρχου   τό    βιβλίον  • 

ς 
ηγούμενος.     728  Κ  και  τιμήσεων   (Texthd.?)]  m3:    του    πατρι- 
άρχου τό  βιβλίον  και  τιμήσεως.      731  D  πάντων   bk    μεγιστον 
κακόν  άνθρώποις]  m:^:  του  πατριάρχου  τό  βιβλίον  πάντων  bfc 

θρ  €1 

μέγιστον  κακών  άν  .  732  C  φρονήσεως  άπολιπούσης  (Texthd. ??)] 
m3 :  του  πατριάρχου  τό  βιβλίον  bia  bιφθόγγoυ.  735  Α  τους 
τάς  αρχάς]  m2:  γρ  τους  μεγαλας  αρχάς,  hierüber  ecbrieb 
m3 :  του  πατριάρχου  ή  βίβλος,  ferner  setzte  m3  den  Accent  auf 
αρχάς.      735  D  άγαπητώς]  m2:   γρ  άγαπώντως.      736  Β  τά  b' 

έπείπερ  λόγωι]    m3:    άλλαχου*  τό    [τά  b'  in  Rasur]  ώβέλισται. 

οι 
737  Α  ήμΐν  in  Kasur,  aus  λιμην]  m2 :  γρ  λιμήν.     737  Β  καινήν 


Die  Platon-Handechrift  Q  237 

(Texthd.??)]  τε  πόλιν]  m3:  του  πατριάρχου  το  βιβλίον  κοινήν 
τ€  πόλιν.  738  Δ  νενοηκέναι*  κάί  (so)  τις  αριθμός  και  ποιος 
πάσαις  πόλεσι  χρησιμώτατος  δν  εϊη*  λίγομεν  (nicht  Texthd.) 
οή  τόν  πλειστας]  ιη3:  του  πατριάρχου  το  βιβλίον  νενοηκέναι. 
τις  αριθμός  και  τά  λοιπά :  λίγωμεν  br\  τόν  πλείστας.  789  D 
ενός  ούτω  διασώίοντες]  m2  (mg.  int.):  TP  οιαΖώντες;  πι3  (mg. 

ext.):  του  πατριάρχου  τό  βιβλίον  οιαΜντες.    740  D  εδρους  εϊη 

ο 
γίνεσις]  m3:  άλλαχου  εύρους  ήι  γ^νεσις.    741  Β  φυλά£ατε  των 

ο 
ειρημένων  (nicht  Texthd.)]  m3:  του  πατριάρχου  τό  βιβλίον  bia 

ο  ο 

του  δ  μικρού.  741 C  των  πριάμένων  ή  άποδόμίνων  (nicht 
von  Texthd.  er.)]  m3:  του  πατριάρχον  τό  βιβλίον  bia  τοΟ 
Ö  μικρού.  743  Β  (neben  γίνοιτ*  δν  πλ.)  m3 :  τέλος  των 
οιορθωθίντων  ύπό  του  φιλοσόφου  Λέοντος,  ib.  ό  bt  ού  κακός] 
m3:    του  πατριάρχου   τό  βιβλίον    ουκ    αγαθός   άπ'  όρθώσεως. 

ηι 
744  Γ)  νοσήματος   ού    μεθεΕούσιν  (nicht   von  Texthd.)]  m2:   γρ 

νομίσματος  ού  μεθεΕούση.  745  D  και  bή  τό  (über  τό  steht  καΐ, 
ιη3?  dann  1  Buchst,  ausradirt)  μετά  τούτο]  m3:  του  πατριάρχου 
τό  βιβλίον  και  bή  και  μετά  τούτο.  745  Ε  τέμνειν  bt  αύ  και 
τά  τής  πόλεως  (11— III  Ι.  eras.)  bώbεκα  τμ(Ι  1.  βΓ.)ήματα]  m3: 
τίμνειν  b'  αδ  καΐ  τά  bώbεκα  τής  πόλεως  τμήματα. 

Die  letzten  Varianten  aus  der  Patriarchen- Hs.  finden  sich 
zu  den  'Όροι,  zuletzt  zu  415  Β  πολιτικής  κατασκευής  (:  in  Rasur, 
nicht  Texthd.)  άρχων*  αρχή  έπιμίλεια  του  παντός]  m3:  του 
πατριάρχου  τό  βιβλίον  πολιτικής  κατασκευής  άρχων:  εΐτα'  αρχή 
(aus  ή)•  επιμέλεια  του  παντός. 

Und  nun  die  Geschichte  der  Hs.!  Auf  f.  Ir  und  189v  ist 
der  Pariser  Stempel  *BibIiotheque  Nationale*.  Auf  dem  Vorsatz- 
blatt steht  von  Mais  Hand:  'Angelus  Maius  Vaticanae  biblio- 
thecae  praefectus^  praestantem  hunc  PJatonis  codicem  in  prima 
Vaticanorum  codicum  sede  collocavit,  in  qua  olim  alius^  erat,  a 
d.  Caietano  Marinio  inter  impressos  deinde  translatus'.  Das  weist 
den  weiteren  Weg.  Im  Kegestum  Clementis  Papae  V  vol.  I 
(Rom  1885)  ist  p.  CCLXXI  sq.  veröflFentlicht :  'Appendice  alle 
precedenti  memorie  scritte  dello  stesso  Marino  Marini^;  darin 
p.  CCLXXXIH :  'La  Biblioteca  Vaticana,  che  in  seguito  del 
violento  trattato  di  Tolentino,  e  dalle  due  invasioni  francesi,  erasi 

^  Mai,  Ende  1818  zum  Präfekten  ernannt,  kam  1819  nach  Rom. 
*  Dem  Inventarium   zufolge  das  'ΛεΕικόν  γραικολατίνον  Ιακώβου 
Τοσάνου  τυπωθέν  έν  Παρισίοις  έτ€ΐ  ,αφνβ'*. 


238  Rabe    Die  Platon-Hfindschrift  Q 

vednta  epogliata  di  847  manosoritti,  che  eebboDe  non  tutti  pre• 
gevoliesimi,  pare  nel  maggior  parte  prezioeiseimi  ed  nnici,  fa  di 
tanta  perdita  ristorata  in  virtü  del  decreto  delle  Potenze  Alleate 
di  rendere  tutto  a  tutti,  oolla  ricapera  di  845 ;  e  de'  dne  man- 
canti,  che  sono  pinttosto  frammenti,  e  non  molto  pregevoli,  Γ  an 
de' qnali  ba  per  titolo  'Via  regia  ad  Lndov.  Jmperatorem\  del 
secolo  nndeoimo,  e  di  eole  pagine  ottanta;  l'altro  'De  dieeidiis 
filiomm  Ludovici  Pii\  parimente  del  secolo  nndecimo,  e  di  minori 
pagine  del  prinio,  fa  eesa  abbondevolmente  ristorata  col  rariseimo 
codice  greco  del  eecolo  decimo,  ecritto  sü  pergamena  in  gran 
foglio,  contenente  le  opere  di  Piatone.  II  qnal  codice,  che 
acoresce  splendore  alla  splendidiseima  Pontificia  Biblioteca,  a  cni 
in  nian  modo,  ο  tennieeimamente  coepiravano  i  due  euddetti  fram- 
menti,  h  sovente  oonsultato  dai  dotti,  che  ne  sanno  11  vero  pregio 
conoscere/  Daza  die  Berichtigung  von  Delisle,  Recherches  aar 
la  librairie  de  Charles  V  [Paris  1907],  I  p.  XX:  '11  s  agissait 
du  manuscrit  de  Nitbard  et  d'nn  antique  exemplaire  de  Virgile, 
οηιέ  de  peintures,  qui  ^tait  sorti  de  Tabbaye  de  Saint-Denis . . . 
Marini  ne  se  croyait  antoriso  k  abandonner  ni  le  Nitbard  ni  le 
Virgile.  II  finit  cependant  par  accepter,  en  ichange  du  Nitbard, 
un  manuscrit  grec,  croyant,  comme  il  s'en  est  vanti  plus  tard, 
avoir  ainsi  fait  un  marchi  trös  avantageux  pour  la  bibliotb^ue 
du  Vatican/  —  Wie  Bekker,  der  die  Hss.  der  Vaticana  nur  in  Paris 
benutzt  haben  soll,  dazu  kam,  Q  als  ^Vat.  796*  zu  bezeichnen, 
kann  ich  nur  zur  Hälfte  erklären:  auf  der  Innenseite  des  vorderen 
Deckels   ist   oben   links  im  18.  (17.?)  Jh.  eingetragen  'SK".  796*. 

Im  Pariser  Katalog  von  1740  findet  sich  die  Hs.  nicht: 
wo  war  sie  früher? 

Und  noch  eins.  Mercati  hat  in  der  Hs.  an  einigen  ätellen 
die  alten  Quaternionenzablen  (von  Texthd.)  gefunden,  f.  33  r:  KH, 
57r:  ΛΑ,  65 r:  ΛΒ  ua.  Also  fehlen  vor  der  1.  Lage  noch  23; 
aus  24  Quatemionen  (ΚΔ— MH)  hat  Q  bestanden:  wo  ist  der 
dazu  gehörende  erste  Platon-Band,  die  (die  VH  und  VHI  Tetra- 
logie nebst  dem  Minos  enthaltenden)  Quat.  Α — ΚΓ,  geblieben  ? 

Ich  weise  noch  hin  auf  Vat.  gr.  1031,  von  Bekker  nicht 
benutzt;  'bomb/,  13.  Jh.  (die  alte  Hs.  beginnt  f.  9).  In  dieser 
steht  zu  Leg.  V  743  Β  von  einer  Hd.  des  14.  Jh.,  die  auch  viele 
Varianten  beischrieb :  μέχρις  ihbe  υπό  του  φιλοσόφου  διιυρθώθη 
Λέοντος.  Die  Reihenfolge  der  Schriften  ist  etwas  anders  al8  in 
Q;  es  ist  die  dep  iianr.  80,  17,  vgl.  Immisch  aaO.  55. 

Hannover.  Hugo  Rabe. 


PLUT  ARCHSTUDIEN 


I. 
Der  'Brief  des  Lamprias/ 
Unter  dem  Stichwort  Λαμπρίας  berichtet  uns  das  Lexikon 
des  Suidas,  Lamprias,  der  Sohn  Platarcbs  von  Chäronea,  habe 
einen  Katalog  der  Schriften  seines  Vaters  über  griechische  und 
römische  Geschichte  in  ihrem  ganzen  Umfang  (π€ρΙ  πάσης  Ελλη- 
νικής καΐ  'Ρωμαϊκής  Ιστορίας)  verfasst.  Es  war  natürlich,  dass 
man  mit  dieser  Notiz  den  uns  erhaltenen  Katalog  der  Plutarch- 
schriften  und  den  ihm  yorangehenden  Brief,  dessen  Verfasser 
eich  als  Sohn  Plutarchs  bezeichnet,  in  Verbindung  brachte  und 
lange  Zeit  glaubte,  in  diesem  Werkchen  ein  Originaldocument 
des  Sohnes  über  die  Schriftstellerei  seines  berühmten  Vaters  in 
Händen  zu  haben.  Ein  kritischeres  Zeitalter  brachte  diese  An- 
sicht leicht  zu  Fall  durch  den  Hinweis  darauf,  däss  einerseits 
Plutarch  gar  keinen  Sohn  Namens  Lamprias  gehabt  habe,  und 
andererseits  durch  Form  wie  Inhalt  des  Briefes  sowohl  als  des 
Katalogs  die  Annahme,  ein  Sohn  des  Plutarch  selbst  sei  ihr  Ver- 
fasser, schlechterdings  unmöglich  gemacht  werde.  Der  Brief  ist 
elend  etilisirt  und  sein  Inhalt  erweckt  mit  seiner  faden  Allge- 
meinheit und  Unbestimmtheit  wenig  den  Eindruck  der  Authen- 
ticität^     Der   Katalog   ist   mit    einer    Nachlässigkeit    und    einem 


^  Ich  setze  den  kleinen  Text  hierher  (nach  Treu):  TTcpl  τής 
αναγραφής  τών  Πλουτάρχου  ßißXiuiv  Ούδ'  άλλοτε  ποτ€  τής  τ€νομένης 
ήμίν  έπΙ  τής  Ασ(ας  προς  αλλήλους  συνουσίας  έκλαθόμ€νος,  ουδέ  τής 
σής  π€ρΙ  παι6€{αν  καΐ  π€ρΙ  τους  φίλους  σπουδής  καΐ  προθυμίας*  καΐ 
νΟν  €οθέυΐ)ς  6€Εάμ€νός  σου  τήν  έπιστολήν  έγνώρισα  τοονομα*  καΐ  ήδιαί- 
τατα(!)  6ΐ€τέθην  έρρωμένον  έπιγνούς  ae  καΐ  ημών  μ€μνημένον,  καΐ 
ήδέαις  έν  μέρ€ΐ  πάλιν  άσπάίομαί  σε  καΐ  τήν  γραφήν  ών  ήθ^λησας  τών  τοΟ 
πατρός  βιβλίων  £π€μψά  σοι.    έρρώσθαι  εΟχομαι. 


240  Ziegler 

Mangel  an  Sachkenntnis  gemacht,  wie  man  ihn  einem  Sohne  Plntarche 
nimmermehr  zutrauen  dürfte,  und  paset  übrigens,  da  er  Schriften 
aus  allen  Litteraturgattungen,  überhaupt  alle  Schriften  Plutarchs 
umfasflt  oder  wenigstens  umfassen  will,  nicht  zu  Snidas*  ein- 
schränkender Bemerkung  περί  πάσης  Ελληνικής  κα\  'Ρωμαϊκής 
Ιστορίας,  wonach  nur  die  historiographischen  Arbeiten  Plutarchs 
in  dem  Katalog  vereinigt  sein  dürften.  Das  alles  ist  im  Zu- 
sammenhang und  durchweg  überzeugend  von  Max  Treu  in  seiner 
mustergültigen  Monographie  Der  sogenannte  Lampriask atalog 
der  Plutarchschriften'  (Waidenburg  i.  Schi.  1873,  Progr.)  dar- 
gelegt, in  der  über  die  Ueberlieferung,  die  Entstehung  und  den 
Werth  des  Katalogs  erschöpfend  gehandelt  wird.  Wir  lernen 
daraus,  dass  derselbe  ein  nach  bibliothekarischen  Gesichtspunkten 
geordnetes  'Verzeicbniss  der  in  irgend  einer  grossen  Bibliothek 
unter  Plutarchs  Namen  zusammengestellten  Werke*  ist  (S.  43), 
dessen  Entstehung  Treu  (S.  54)  ins  3.  oder  4.  Jahrhundert  setzt, 
ein  Ergebniss,  das  von  der  Forschung  über  die  Textgeschichte 
der  Biographien  Plutarchs  bestätigt  worden  ist ;  denn  der  Katalog 
muRs  entstanden  sein,  ehe  noch  eine  Gesammtausgabe  der  Bio- 
graphien gemacht  worden  war,  was  im  Ausgang  des  Alterthums 
geschehen  ist  (vgl.  Mewaldt,  'Maximus  Planudes  und  die  Text• 
geschiebte  der  Biographien  Plutarchs',  Sitz.Ber.  d.  Berl.  Akad. 
XLVIT  825  ^  meine*  üeberlieferungsgeschichte  der  vergleichen- 
den Lebensbeschreibungen  Plutarchs',  Leipzig  1907,  S.  35). 

So  sind  wir  über  den  Urnprung  des  Katalogs  selbst  ge- 
nügend informirt.  Den  Brief  aber  begnügt  sich  Treu  als  Fäl- 
schung zu  bezeichnen  (S.  31  f.),  db.  als  nicht  von  einem  Sohne 
Plutarchs  Namens  Lamprias  verfasst.  In  welche  Zeit  aber  die 
Fälschung  zu  setzen  und  wer  etwa  der  Fälscher  war,  darüber 
finden  wir  bei  Treu  nichts  und  es  bleibt  ungewiss,  ob  jener 
Brief  von  vornherein  dem  Katalog  vorangesetzt  worden  ist,  oder 
ob  er  erst  ein  späterer  Zusatz  ist.  Diese  Frage  war  auch  bei 
dem  bisherigen  Stande  unserer  Kenntniss  der  üeberliefemng 
kaum  zu  entscheiden.  Erst  eine  neuestens  hinzugekommene  Quelle 
giebt  uns  diese  Möglichkeit.  Wir  müssen  darum  einen  kurien 
Blick  auf  die  Ueberlieferung  von  Brief  und  Katalog  werfen. 

Treu  hat  5  Handschriften  des  Katalogs  herangezogen  und 
behandelt,  die  sich  aber  anf  2  Archetypi  reduciren:  den  Neapoli- 
tnnns  III  Β  29  (=  A),  der  den  Brief  und  den  Katalog  in  seiner 
Originalfassung  enthält,  und  den  von  Maximus  Planudes  ge- 
schriebenen Marcianus  VenetuR  481  (=^  C),  welcher  zunächst  einen 


Plutarchstudien  241 

Katalog  des  ^corpue  Planudeuin ,  dh.  der  von  Planudee  im  cod. 
Parisinue  1671,  1672  ua.  gesammelten  Plutarch Schriften ,  und 
darauf  den  Lamprias katalog,  aber  ohne  den  Brief  und  mit  Aub- 
lassang  der  schon  genannten  Titel  giebt.  Ein  Apographon  von 
Α  ist  der  Parisinns  1751  (=  B),  aus  C  stammen  die  Maroiani 
186  (=D)  und  248  (=  E).  Zu  beiden  Gruppen  hat  H.  Wege- 
haupt ('Plutarchstudien  in  italienischen  Bibliotheken',  Cuxhaven 
1906,  Progr.  S.  57  ff.)  im  Vatican  noch  je  einen  Vertreter  hin- 
zugefunden:  Palatinus  170  (=  Pal)  zu  CDE,  und  zu  AB  den 
Yaticanus  gr.  1347  (=  ül)  aus  dem  Besitz  des  Fulvius  Ursinus, 
dessen  Varianten  in  Β  am  Rande  stehen ;  eine  zweite,  ähnliche 
Handschrift  des  Ursinus,  aus  der  ebenfalls  eine  Collation  in  Β 
eingetragen  ist,  hat  man  noch  nicht  gefunden.  Doch  das  ist  kein 
Schade,  da  sie  auch  nur  eine  Abschrift  von  Α  ist. 

Dass  somit  der  Brief  nur  in  der  einzigen  Handschrift  Α 
(und  ihren  Apographa)  sich  findet,  konnte  bisher  noch  keinen 
ernstlichen  Verdacht  gegen  ihn  erregen,  da  Planudes  ja  nicht 
den  Lampriaskatalog  überliefern  wollte,  sondern  ihn  nur  als 
Quelle  und  Hilfsmittel  zur  Vervollständigung  seiner  Uebersioht 
der  Plutarchschriften  benutzte.  Es  mochte  wohl  befremden,  dass 
der  gewiseenhafte  Gelehrte  bei  seinem  ebenso  eifrigen  wie  liebe- 
vollen  Interesse  für  Plutarch  (vgl.  Mewaldt  aaO.  S.  830  ff.)  ein 
so  bedeutsames  Dokument,  wie  der  Lampriasbrief  ihm  ereoheinen 
rnnsste,  so  wenig  beachtet  haben  sollte,  dass  er  nur  eine  Anzahl 
Titel  aus  dem  Katalog  entnahm,  den  Brief  selbst  aber  unter  den 
Tisch  fallen  Hess:  allein  aus  diesem  silentium  auf  das  Fehlen 
des  Briefes  in  Planudes^  Vorlage  zu  schliessen,  wäre  doch  Ueber- 
eilung  gewesen.  Jetzt  macht  die  schon  erwähnte  neue  Quelle 
diesen  Sohlnss  möglich  und  nothwendig. 

Wegehaupt  hat  aaO.  S.  58  Einiges  über  den  Parisinus 
1678  mitgetheilt,  auf  dessen  letztem,  ganz  ausserordentlich  zer- 
fressenem und  verblichenem  Blatt  —  wie  Bernardakis  Bd.  1,  S.  XII  f. 
seiner  Moraliaausgabe  schon  kurz  bemerkt;  vgl.  auch  den  Pariser 
Handschriftenkatalog  von  Omont  —  der  Lampriaskatalog  erhalten 
ist  von  einer  Hand,  die  nach  Omonts  sachverständigem  Gutachten 
noch,  gleich  den  vorausgehenden  Theilen  der  Handschrift,  dem 
12•  Jahrhundert  angehört,  sodass  wir  hier  eine  Ueberlieferung 
vor  uns  haben,  die  um  mehr  als  100  Jahre  älter  ist  als  die  ins 
14.  Jahrhundert  gehörigen  Handschriften  Α  und  C.  —  Als  ich 
im  Sommer  und  Herbst  1906  die  im  Paris.  1678  enthaltenen 
βίοι  des  Alexander-Caesar,  Phokion-Cato,  Dion-Brutus  collationirte, 

Bheln.  Μοβ.  f.  Philol.  N.  F.   LXIII.  16 


242  Ziegler 

habe  ich  auch  den  Katalog  angeeehen  (vgl.  '  Ueberl.-Gesch/ 
S.  57).  Leider  mangelte  mir  die  Zeit,  am  den  wirklich  sehr 
arg  mitgenommenen  Seiten,  die  nur  bin  and  wieder  mit  Hülfe 
des  gedruckten  Textes  ein  Wort  zu  lesen  verstatten,  alle  ihre 
Geheimnisse  abzuringen,  und  meine  Notizen  genügen  darum  nicht, 
um  das  Verhältniss  des  Parisinns  1678  zu  Α  und  C  sicher  zu 
bestimmen  und,  wo  Differenzen  zwischen  diesen  vorliegen,  eine 
Entscheidung  zu  treffen^.  Doch  dazu  reichen  sie  au^,  um  die 
oben  angeschnittene  Frage  wo  nicht  ganz  sicher,  so  doch  mit 
hoher  Wahrscheinlichkeit  zur  Lösung  zu  führen.  Ich  begnüge 
mich  darum  hier  mit  einigen  allgemeinen  Angaben. 

Der  Katalog  beginnt  im  Parisinus  1678  auf  fol.  148',  Zeile 
15  und  füllt  auf  dieser  Seite  noch  23  Zeilen.  £r  ist  in  drei 
Columnen  geschrieben  derart,  dass  zB.  Nr.  1.  2.  3  in  der  ersten 
Zeile  stehen,  Nr.  4.  5.  6  in  der  zweiten  usw.  Nr.  9  und  10  sind 
in  eins  zusammengefaset.  So  enthalten  die  ersten  8  Zeilen  die 
Nummern  1 — 25.  Von  den  folgenden  kurzen  Titeln  bilden  je 
5  oder  6  eine  Zeile;  von  Nr.  43  ab  ist  wieder  im  Allgemeinen 
die  dreispaltige  Ordnung  eingehalten,  doch  bei  längeren  Titeln 
reicht  die  Zeile  bisweilen  nur  für  2  (zB.  G4  und  65).  In  der 
letzten  Zeile  habe  ich  Nr.  68  lesen  können,  und  sie  enthielt  wohl 
auch  noch  Nr.  69  und  70,  denn  am  Anfang  der  nächsten  Seite 
sind  Spuren  von  Nr.  71  und  72  zu  erkennen.  Diese  Rückseite 
des  Blattes  (148^)  ist  noch  viel  schlimmer  zugerichtet  ab  die 
Vorderseite.  Nur  hier  und  da  sind  auf  der  rechten  Hälfte  der 
Seite  —  der  innere  Theil  des  Blattes  ist  noch  relativ  etwas  hesser 
erhalten  als  der  äussere  Theil  nach  den  Rändern  zu  —  ein  paar 
Buchstahen  schattenhaft  zu  erkennen.  Viel  wird  hier  auch  bei 
schärfster  Prüfung  nicht  mehr  zu  erobern  sein. 

Aber  was  wir  augenblicklich  brauchen,  hat  sich  durch  das 
Gesagte  schon  gezeigt.  Der  Parisinus  1678  giebt  nicht  wie  CDE 
Pal.  nur  Excerpte  aus  dem  alten  Katalog,  sondern  wie  ABUl 
seine  originale  Fassung :  Nr.  1  —  25  stehen  in  ihm  in  der  bekannten 
Unordnung,    und  weiter  enthält  er  Nr.  32,  41,  61,  72  an  ihrem 


1  Wegehaupt,  der  meine  Notizen  angesehen  (dessen  an  mich  ge- 
richtete Anfrage  über  den  Paris.  1678  mir  auch  die  Anregung  zu 
obiger  Untersuchung  gej^ebeii  hat),  weist  micli  darauf  hin,  dass  durch 
die  Aufeinanderfolge  von  Nr.  4i).  50  58.  51  52.  54  eto  der  Par.  sich 
zu  C  stellt;  ob  noch  weitere  Berührungen  vorhanden  sind,  kann  ich 
iiicht  sagen. 


Plutarchetudien  243 

alten  Platz.     Also  wir  haben   wie  in  Α    etc.    ein    unverändertes 
£xemp]ar  des  alten  Kataloge  vor  uns;   aber,   das  ist  der   sprin- 
gende Pankt:  ohne  den  Brief.    £s  ist  nur  die  einfache  lieber- 
eehrift  gesetzt  (die  auch  nur  mühsam  zu  entziffern  war): 
Πάντα  του  πλουτάρχου  βιβλία  ταύτα, 

Man  kann  keinen  Augenblick  im  Zweifel  sein,  welche  von 
den  beiden  Einleitungsformen  des  Katalogs  in  Α  und  im  Paris, 
die  ursprüngliche  ist:  die  kurze  Bemerkung  im  Parisinus  1678. 
Wir  haben  ein  neues  Beispiel  vor  uns  für  den  bekannten  Ge- 
brauch, dass  der  Besitzer  eines  Buches,  das  eines  oder  mehrere 
Werke  eines  Schriftstellers  enthält,  eine  üebersicht  der  übrigen 
oder  sämmtlioher  Werke  dieses  Autors  hineinschreibt,  theils  aus 
eachlich-litterarhistorischem  Interesse,  theils  aus  dem  praktischen 
Grunde,  um  zu  wissen,  was  ihm  von  dem  betreffenden  Verfasser 
noch  fehlt.  Mehrere  derartige  Beispiele  aus  Plutarohhandschriften 
sind  S.  52  und  186  f.  meiner  ^Ueberlieferungsgesohichte'  behandelt. 
Es  braucht  kaum  gesagt  zu  werden,  wie  gut  dieses  Ergebniss  zu 
der  so  wahrscheinlichen  Hypothese  Treus  passt,  dass  uns  ein 
alter  Bibliothekskatalog  in  jenem  Verzeichniss  vorliegt.  Der 
Bibliothekar,  der  es  zusammenstellte,  musste  nothwendigerweise 
eine  derartige  kurze  sachliche  Ueberschrift  machen  wie  die  im 
Paris.  1678  erhaltene.  Sie  ist  wörtlich  oder  wenig  modificirt 
der  Originaltitel  des  Katalogs,  dessen  Ueberlieferung  wir  dann 
dem  angegebenen  Gebrauch  gemäss  dem  Interesse  eines  un- 
bekannten Plutarchfreundes  danken. 

Woher  stammt  also  der  Brief?  — -  Wenn  es  richtig  ist,  dass 
wir  in  den  Worten  πάντα  .  .  .  ταύτα  die  Originaleinleitungenotiz 
des  alten  Kataloges  vor  uns  haben  —  für  die  Möglichkeit,  dass 
der  Brief  im  Paris.  1678  nur  weggelassen  und  durch  jene  kurze 
Notiz  ersetzt  worden  sei,  wird  Niemand  eintreten  wollen  —  dann 
liegt  in  ihm  eine  ganz  junge  Fälschung  vor,  die  erst  dem 
Schreiber  des  Neapel.  III  Β  29  oder  einem  unmittelbaren  Vor- 
gänger zuzuschreiben  ist.  Auch  wenn  der  Paris.  1678  sich  nicht 
als  Quelle  von  Α  erweisen  lassen  sollte,  wird  dies  durch  das 
Gesagte  im  Zusammenhang  mit  den  über  den  Katalog  des  Maximus 
Planudes  gemachten  Bemerkungen  sicher  gestellt.  Man  darf 
nicht  den  Einwand  erheben,  der  Artikel  des  Suidas  nöthige  uns, 
die  Fälschung  in  frühere  Zeit,  vor  Suidas  zu  versetzen.  Der 
Artikel  kann  sich  ja,  wie  Anfangs  hervorgehoben  wurde,  gar 
nicht  auf  unsern  Katalog  beziehen,  also  auch  nicht  auf  den  Brief. 
Wir   wissen   nicht,   welches  Machwerk  Suidas'  Gewährsmann    im 


244  Ziogler 

Auge  hatte,  und  wie  viel  Wahres  oder  Falsches  in  der  Not?z 
steckt:  mit  unserm  'Lampriashrief  und  -katalog  hat  sie  niobte 
zu  thuD.  Oder  vielmehr  doch,  nur  im  umgekehrten  Sinne:  der 
Suidasartikel  hat  den  Brief  veranlasst.  Er  ist  der  Sohlüseel  znr 
Erklärung  dieser  Fälschung.  Ihr  Verfasser  hatte  den  Katalog 
vor  sich  und  kannte  jenen  Artikel:  was  lag  für  einen  Durch- 
schnittsgelehrten des  ausgehenden  14.  Jahrhunderts  näher,  als 
dass  er  das  Fehlende  hinznfälschte,  um  die  beiden  Daten  zu 
verbinden?  £r  schrieb  den  Katalog  sauber  ab  und  improvisirte 
den  Brief  dazu,  in  dem  der  Verfasser  sich  als  Sohn  Plutarchs 
bezeichnet,  ohne  indes  den  Namen  Lamprias  zu  nennen:  viel- 
leicht war  er  witzig  genug,  dem  Scharfsinn  kommender  Ge- 
schlechter die  Freude  der  Entdeckung  des  Namens  durch  Ver- 
gleich der  Suidasnotiz  bereiten  zu  wollen;  diese  Absicht  wäre  ihm  ja 
dann  gelungen.  Dass  den  Fälscher  im  14.  Jahrhundert  die  Un- 
genauigkeit  der  Uebereinstimmung  des  Kataloges  mit  den  Saidae- 
worten  nicht  in  seinem  Werk  störte,  wird  Niemand  auffallend 
finden. 

Wenn  meine  Darlegungen  richtig  sind,  woran  ich  kaum 
zweifle,  so  findet  auch  das  erbärmliche  Griechisch  eine  natür- 
liche Erklärung:  man  konnte  unter  diesen  Umständen  schwerlich 
Anderes  erwarten. 


II. 
Die  älteste  Sammlung  der  Biographien  Plntarclie. 

Die  jüngst  von  verschiedenen  Seiten  unternommenen  For- 
schungen über  die  Textgeschichte  der  Biographien  Plutarohs  haben 
gleichmässig  zu  dem  Ergebniss  geführt,  dass  unsere  gesammte 
Ueberlieferung  auf  2  antike  Ausgaben  oder  Sammlungen  sorttok- 
geht,  eine  in  3,  eine  in  2  Bänden.  Von  letzterer  ist  uns  nur 
der  erste  Band,  und  auch  dieser  verstümmelt,  erhalten  in  der 
berühmten  Handschrift  des  Klosters  Seitenstetten  und  ihren  Ab- 
schriften, den  zweiten  Band  hat  Photios  besessen  und  im  Codex 
245  seiner  Bibliothek  excerpirt:  das  kann  nun  auch  als  völlig 
gesichert  gelten,  nachdem  Nachstädt  (Berl.  phil.  Wehachr. 
1907,  357),  Pohlenz  (Gott.  gel.  Anz.  1907,  487)  and  ich 
('Die  Ueberlieferungsgeschiohte  der  vergleichenden  Lebensbesohrei* 
bungen  Plutarchs',  Leipzig  1^07,  S.  41  f.)  unabhängig  von  ein* 
ander  zu  diesem  Resultat  gelangt  sind.    Dieser,  rein  chronologiech 


Phitarcbetudien  245 

geordneten,  im  »Seitenetetteneie  heute  mit  Lykurg  beginnenden 
und  daher  von  Mewaldt  ('Maximue  Planudee  und  die  Textge- 
schichte  der  Biographien  Plutarchs',  Sitz.  Ber.  d.  Berl.  Akad. 
1906,  824  ff.)  auf  den  Namen  'Lykurgklaese  getauften^  Sammlung 
steht  die  von  der  weitaus  gröseeren  Zahl  unserer  Handschriften 
ganz  oder  theilweie  repräsentirte  Auegabe  in  3  Bänden  entgegen, 
ip  der  die  Vitae  in  erster  Linie  nach  der  Nationalität,  in  zweiter 
Linie  nach  der  Chronologie  der  Griechen  geordnet  sind.  Die 
Reihe  wird  eröffnet  von  den  Athenern  mit  Theseus  an  der  Spitze, 
daher  sie  Mewaldt  'Tbeseusklasse'  benannt  hat.  Durch  Wolfgang 
Meyer  (*De  codice  Plutarcheo  Seitenstettensi  eiusqne  asseclis' 
Dies.  Leipz.  1890)  ist  für  die  dreibändige  Sammlung  die  Bezeich- 
nung Y,  für  die  zweibändige  der  Name  X  eingeführt. 

Bis  hierher  herrscht  in  der  Sache  allseitige  Uebereinstim- 
mung.  Bei  der  Frage  aber,  wie  sich  die  beiden  Klassen  zu  ein- 
ander verhalten,  dh.  welche  von  beiden  die  ältere  und  die  Quelle 
der  anderen  ist  —  denn  dass  sie  nicht  unabhängig  nebeneinander 
stehen,  bedarf  bei  der  Fülle  beiden  gemeinsamer  Corruptelen 
keines  Beweises  — ,  spalten  sich  die  Ansichten.  Pohlenz  aaO. 
8.  487  ff.  entscheidet  sich  dafür,  dass  die  zweibändige  Ausgabe  X 
älter  fiel  als  die  3  Bücher-Sammlung  Υ  und  erhält  auch  in  der 
kurzen  Besprechung  meiner 'Üeberl.-Gesoh/,  S.  491  f.  seines  Auf- 
satzes, diese  Ansieht  gegenüber  meiner  umgekehrten  Auffassung 
aufrecht. 

Die  Frage  bekommt  ein  mehr  als  rein  theoretisches  Inter- 
esse dadurch,  dass  von  ihrer  Beantwortung  die  Einrichtung  einer 
neuen  Plotarchausgabe  abhängt.  Hat  Pohlenz  Recht,  so  ist  doch 
sehr  zu  überlegen,  ob  man  nicht  auch  seiner  Forderung  '  bei  einer 
künftigen  Ausgabe  .  .  .  nicht  die  Reihenfolge  von  Υ  .  .  .,  son- 
dern die  folgerichtige  chronologische  Anordnung  der  älteren  Aus- 
gabe zu  befolgen'  (S.  488  ^)  statt  zu  geben  hätte,  so  sehr  auch  die 
von  Mewaldt  (aaO.  S.  828  ^)  vorgebrachte  praktische  Erwägung 
ins  Gewicht  fällt,  dass  wir  von  der  zweibändigen  Ausgabe  X  ja 
nur  etwa  ein  Drittel  besitzen  und  darum  nothwendigerweise  die 
vollständige    *)  Bücher-Sammlung    Υ    zur    Grundlage    der    neuen 


^  Nicht  glücklich,  meine  ich,  da  es  ja  so  gut  wie  sicher  ist,  dass 
auch  diese  Sammlung  ursprünglich  wie  die  dreibändige  mit  dem  Paar 
Thesens-Uomulns  begann,  welches  mir  durch  die  Verstümmelung  des 
Seitenstettensis  am  Anfang  in  Wegfall  gekommen  ist,  vgl.  Fuhr,  Berl. 
phil.  Wchschr.  1902,  ΧΑΜ  und  meine  *Ueberl.• Gesch.*  S.  2b\ 


24β  Ziegler 

Auegabe  nehmen  müseen.  Die  Einführung  der  Reihenfolge  Y, 
wie  sie  von  Lindekog,  Mewaldt  und  mir  für  die  von  unn  vor- 
bereitete Auegabe  in  Aussicht  genommen  ist,  bliebe  dann  doch 
immer  nur  eine  NothbrUcke  nnd  eine  Resignation :  eine  innere 
Begründung  erhält  sie  erst,  wenn  sich  zeigen  läset,  dass  Pohlenz 
Unrecht  hat  und  dass  die  von  uns  für  die  neue  Ausgabe  vor- 
gesehene Anordnung  wirklich  die  ältere,  dh.  die  für  uns  erreich- 
bare älteste  ist.     Diesen  Beweis  trete  ich  nunmehr  an. 

Ich  übergehe  die  aus  allgemeinen  Erwägungen  hergeleiteten 
Gründe,  die  für  die  Wahrscheinlichkeit  der  Priorität  der  klaren 
chronologischen  Reihe  X  von  Pohlenz,  für  das  höhere  Alter  der 
verwickelten,  gemischten  Reihe  Υ  von  mir  vorgebraeht  worden 
sind.  Wenn  meiner  Argumentation,  es  sei  doch  kaum  anzu- 
nehmen, dass  man  das  klare  und  durchsichtige  System  X,  wenn 
dieses  von  Anfang  an  existirte,  zu  Gunsten  einer  so  verwickelten, 
unübersichtlichen  Ordnung  wie  der  in  Υ  sollte  fallen  gelassen 
haben,  Pohlenz  die  Bemerkung  entgegensetzt,  es  sei  das  doch 
leider  nicht  der  einzige  Fall,  wo  Vernünftiges  dem  Unvernünftigen 
den  Platz  räumen  musste,  und  hier  hätte  die  Unvernunft  ja  auch 
wirklich  Methode,  so  ist  dies  im  Princip  natürlich  ebensowenig 
zu  leugnen,  wie  man  es  für  einen  Beweis  gegen  meine  Betrach- 
tungsweise gelten  lassen  wird.  Eine  sichere  Entscheidung  der 
Streitfrage  ist  durch  solche  allgemeinen  Reflexionen  eben  nicht 
zu  erzielen:   sie  muss  auf  anderen  Wegen  gesucht  werden. 

Die  erste  Instanz,  an  die  wir  uns  zu  wenden  haben,  ist  der 
Text  selbst.  Ihn  habe  ich  auch  früher  schon  zur  eigentlichen 
Grundlage  meiner  Combinationen  genommen,  vielleicht  nicht  aus- 
führlich genug,  um  den  ganzen  Umfang  des  hier  sich  bietenden 
Materials  und  damit  die  Bündigkeit  der  aus  ihm  gezogenen  Fol- 
gerungen mit  ausreichender  Deutlichkeit  erkennen  zu  lassen. 
Dies  soll  nun  hier  nachgeholt  werden. 

Was  sagt  uns  der  Text?  —  Auf  der  einen  Seite  steht  der 
älteste  ^  Vertreter  der  3  Bücher-Sammlung,  der  Matritensis  Ν  55, 
mit  einer  sehr  fl^rossen  Anzahl  unzweifelhaft  guter,  allein  rich- 
tiger Lesarten,  wie  vor  allem  durch  seine  sehr  häufige  üeber- 
einstimmung  mit  der  trefflichen  alten  Nebenüberlieferung  in 
Pseudo-Appians  Παρθική  bewiesen  wird,  die  uns  ein  glücklicher 
Zufall  gerade  für  den  Craseus  erhalten  hat,  die  einzige  Vita 
(ausser    den    paar    Schlnsskapiteln    des  Nicias),    welche    wir    im 

1  Dh.  der  AbstammuDg  uach:  geschnebtin  ist  er  erst  saec.  XIV. 


Plaiarchstndien  247 

S(eiteiietettenei8)  ^  und  Ν  (=  Matritensis)  nebeneinander  besitzen 
und  vergleichen  können.  Die  Zahl  der  Stellen,  an  denen  hier  N, 
z.  Th.  mit  Peendo-Appian,  allein  den  richtigen  Text  giebt,  be- 
trägt weit  über  100 !  und  an  ullen  diesen  Stellen  zeigt  der 
Rivale  8(X)  denselben  verderbten  Text  wie  die  Masse  der  Vulgär- 
handschriften  aas  der  Familie  Y.  Aus  diesem  Verhältniss  ergab 
sich  für  mich  zwingend  das  Stemma 

I.  I 

/x     ■ 

Ν   S(X)    Υ 

(vgl.  'Üeberl.-Gesch.'  S.  23  u.  75)  und  damit  nothwendigerweiHe 
der  SchluBB,  dase  die  von  Υ  und  Ν  vertretene  dreibändige  Samm- 
lung die  ältere  und  die  zweibändige  Ausgabe  X(S)  aus  jener 
abgeleitet  sein  müsse. 

Allein  gegen  dieses  Stemma  erhebt  Pohlenz  den  Einwand, 
man  könne  die  Güte  von  Ν  auch  anders  erklären  als  durch  die 
Ansetzang  dieses  Abstammnngsverhältnisses,  nämlich  durch  eine 
Ueberarbeitung  and  Gorrektur  nach  älteren  Vorlagen  —  diese 
Möglichkeit  ist  gewiss  zuzugestehen  — ,  und  man  müsse  sie  so 
erklären,  das  werde  bewiesen  durch  'die  grosse  Zahl  der  Fälle» 
wo  Ν  mit  den  übrigen  Handschriften  von  Υ  Corruptelen  und 
Interpolationen  bietet,  während  S  das  Richtige  bewahrt  hat. 
Ziegler  hat  diese  Thatsache  nicht  berücksichtigt'. 

Wäre  das  richtig,  läge  wirklich  eine  grössere  Zahl  von 
Fällen  vor,  wo  S  allein  Ν  und  Υ  tiberträfe,  dann  könnte  man 
mit  gleichem  Recht  wie  das  Stemma  1  auch  folgendes  Stemma 
aufstellen : 

II.  I 

/>x 

S    Ν       Υ 

und  dürfte  für  die  Priorität  der  zweibändigen  Folge  vor  der 
dreibändigen  dieselbe  Wahrscheinlichkeit  in  Anspruch  nehmen 
wie    für  die    umgekehrte   Annahme;    wohlgemerkt:    das    gleiche 


^  S  nenne  ich  den  Seitenstettensis  nunmehr  auch  mit  Lindekog, 
nicht  mehr  (mit  Michaelis)  St,  da  die  Notizen  RST  etc.  aus  Murets 
Aldina,  mit  denen  man  früher  bei  der  Nomeuclatur  zu  rechnen  hatte, 
jetzt  durch  Mowaldt  (aaO.  S.  833^)  und  mich  (aaO.  S.  192  ^  f.)  für 
immer  abgethan  sind. 


24H  Ziegler 

Maass  von  Wahrscheinlichkeit;  hewieeen  wäre  noch  nichts,  die 
beiderseitigen  Chancen  ständen  nur  gleich.  Denn  «las  Recht  und 
die  Möglichkeit,  die  Güte  von  Ν  aus  einer  üeberarbeitung  zu 
erklären  und  damit  das  Stemma  II  zu  schlitzen,  dürfte  man 
ebensogut  für  S  im  Stemma  I  in  Anspruch  nehmen;  zu  letzterer 
Annahme  sind  sogar  noch  mehr  Anhaltspunkte  vorhanden,  s. 
unten. 

Aber  die  Behauptung,  8  biete  des  Oefteren  das  Richtige 
gegen  Ν  und  Y,' ermangelt  thatsächlich  jeglicher  realen  Q-rund- 
lagen.  In  Kürze  habe  ich  dies  schon  S.  72  ff.  meines  Buches 
gezeigt,  indem  ich  dort  die  Stellen,  an  denen  nach  Ansicht 
Meyers,  eines  gewiss  8  günstigen  Anwalts,  8  der  Yulgata  Υ 
tiberlegen  ist,  betrachtete  und  nachwies,  dass,  abgesehen  von 
einigen  wirklich  völlig  belanglosen  Kleinigkeiten,  alles  von  8 
gebotene  Gute  auch  in  X  (und  z.  Th.  bei  Appian)  zu  finden  ist, 
dass  also  von  irgend  welcher  Ueberlegenheit  des  8eiten8tettensis 
gegenüber  Ν  nicht  die  Rede  sein  kann.  Um  aber  bei  einer  so 
wichtigen  Frage  ganz  sicher  zu  gehen,  habe  ich  noch  einmal 
alle  Varianten  von  N,  8  und  Υ  durchvergliohen  und  zwar  in  den 
erhaltenen  8tücken  des  Nicias  und  Crassns.  Denn  das  ist  streng- 
stens festzuhalten,  dass  das  in  Ν  unorganisch  an  das  Ende  des 
ersten  Buches  angefügte  Paar  Agesilaos-Pompeius  keinesfalls  mit 
dem  Vorangegangenen  in  einen  Topf  geworfen  werden  darf,  vgl. 
*Ueberl.-Gesch.'  8.  15.  —  Das  Ergebniss  der  neuerlichen  Unter- 
suchung war,  dass  sich  zunächst  noch  2  8tellen  fanden,  an  denen 
S  die  Gegner  Ν  und  Υ  zu  schlagen  schien.  Aber  eine  Ver- 
gleichung  der  von  Fuhr  (Berl.  philol.  Wchschr.  XXII  1597  f.) 
zu  Meyers  CoUation  gegebenen  Nachlese  ergab  sofort,  dass  hier 
nur  falsche  Angaben  Meyers  vorlagen:  Nie.  XXVI  12  ^=  III  34,  9 
(der  kleineu  Teubner• Ausgabe  von  Sintenis)  steht  in  8  nicht  das 
richtige  S  ψευοώς,  sondern  wie  in  Ν  und  Υ  der  Fehler  άψευ^ιυς, 
und  Crass.  XXVIII  ti  =  III  75,  S  giebt  8  (und  der  zu  8  gehörige 
Marc.  385  laut  Michaelis'  Collation)  wie  Υ  das  falsche  βαργοντΐνος, 
nicht  das  erst  von  Guarino,  Muret  und  Schweighäuser  her- 
gestellte, unzweifelhaft  richtige  βαργοντήιος ;  Ν  bietet  βαγόντιος, 

Η 
Appian  βαργόντιος:  im  Archetypus  stand  also  wohl  ΒΑΡΓΟΝΤΙΟΣ, 
woraus  V  mit  der  geläufigen  Verlesung  von  Η  und  Ν  βαργον- 
τίνος  machte,  während  in  Ν  und  App.  das  übergeschriebene  Η 
fortfiel.  So  bleibt  es  bei  den  schon  früher  zusammengestellten 
Fällen : 


Plotarchttadien  249 

1.  IX  21  =  ΙίΙ  49,  5  q>oupiov  richtig  S,  q>poupiov  falsch  NY. 

2.  X  41  =  111  51,  14  στρατιάς      „      S,  στρατείας     „     NY. 

3.  XIV  11  =  111  55,  18  ή  „       S,  ή  „      NY. 

Einzig  an  diesen  3  Stellen  giebt  S  das  anbedingt  Richtige 
gegen  NY,  und  sie  allein  könnten  Beweiskraft  haben,  wenn  sie 
nicht  viel  zu  anbedentende  und  belanglose  Kleinigkeiten  beträfen, 
um  überhaupt  zu  einem  Beweise  Terwendet  werden  zu  können. 
Nur  wenig  zahlreicher  sind  die  Stellen,  an  denen  der  von  S 
gebotene,  von  NY  abweichende  Text  wenigstens  zur  Noth  richtig 
sein  könnte  und  vielleicht  acceptirt  werden  durfte,  wenn  im  all- 
gemeinen S  gegenüber  Ν  Υ  grössere  Glaubwürdigkeit  durch  andere, 
schlagende  Judicien  gesichert  würde,  die  aber  ohne  eine  solche  Stütze 
für  sich  jeglicher  Beweiskraft  entbehren.    Es  sind  folgende  Stellen : 

1.  Nie.  XXVU  33  =  III  36,  14  παρήτΤ€λλ€  S,  παρήγγειλε  NY. 

2.  Crass.  XI  3  =  III  51,  18  άποτραπέντιυν  S  (doch  am  Rande 

άποστάντιυν),  άποστάντιυν  Ν  Υ. 

3.  „       XIV  6  =  III  55,  12  προσκείμενος  άει  SC,  άει  om.  NY. 

4.  „      XVIII  16  =  III  60,  28  άπήγγελλον  S  =  Α  App.,  άνήγ- 

γελλον  ΝΥ. 

5.  „       XVIII  17  =  III  60,  30  τών  άγώνιυν   ών  ήγιυνίσαντο 

SqV,  τ.  άγ.  οΟς  ήγιυν.  App.  ΝΥ  (vgl.  'Ueberl.-Gesch.' 
S.  74). 

6.  „       XXII  6  =  65,  5  οίψη  SAai,  όίψει  App.  ΝΥ. 

7.  „      XXV  10  =  III  69,  10  ών  οι  χίλιοι  παρά  Καίσαρος 

ήσαν,  και  τοΕότας  πεντακόσιους  om.  SC  ähnlich  App., 
bei  dem  die  Worte  και  τοΕ.  πεντ.  fehlen. 

8.  „       XXV  23  =  III 69,  24  ενταύθα  hi  έστησαν  SC  =  App., 

hi   om.  Ν  Υ  (Δ£  ist  aber  offenbar   Dittographie  von 
ένταυθ\€στησαν!). 

9.  comp.  II  1  =  III  83,  23  περί  μέν  oöv  S,  oöv  om.  NY. 
10.       „       III  6  =  in  84,  32  μέν  γάρ  έγώ  S,  γαρ  om.  NY. 

Alle  übrigen  Varianten  von  S  gegen  NY  sind  offenbare 
Corruptelen.  Unter  den  eben  angeführten  Stellen  wird  man  keine 
finden  können,  an  der  mit  Sicherheit  S  der  Vorzug  ertheilt  werden 
könnte.     Es  bleibt  eben  bei  den  erst  genannten  3  Fällen. 

Zur  Vervollständigung  der  vergleichenden  üebersicht  füge 
ich  noch  die  Stellen  hinzu,  wo  S  gegen  Υ  zu  Ν  und  z.  T.  auch 
Appian  stimmt  und  zwar  einige  Male  offenbar  fehlerhaft:  ein 
weiterer  Beweis  dafiir,  dass  man  dem  Text  nach  kein  Recht  hat, 
Ν  mit  Υ  gegen  S  in  eine  engere  Gruppe  zu  stellen,  dass  viel- 
mehr die   wenigen  Fehler,  die  Ν  auf  der  einen  Seite  mit  Y,  auf 


250  Ziegler 

der  andern  Seite  wieder   mit  S   gemein   hat,    auf  die  Spiele  des 

Zufalle  zurückzoführen  sind,   die  durch  Doppellesarten  in  den  ge- 

meineamen  Vorlagen  ermöglicht  wurden.    Solche  Einzelauenahmen 

können  ehen  nicht  ins  Gewicht  fallen  gegen  die  ans  der  Majorität 

der  Concordanzen   und  Diecrepanzen   sich    ergehende   Regel,    dh. 

in  nneerem  Falle  gegen  das  mehr  als   hundertmalige  fehlerhafte 

Zusammengehen  von  S  und  Υ  gegentther  dem  allein  richtigen  Ν 

(+  Appian). 

S  und  Ν  gleichen  oder  herühren  sich  an   folgenden  Stellen 

des  Crassus: 

έν 

1.  VI  13  =  44,24  συνεργούς  S,  ενεργούς  Ν.  συνεργούς  Υ. 

2.  VI  46  =  45,27  μηοέν  SN,  μηθέν  Υ. 

3.  VII  24  =  46,26  και  κακοήθειαν  SN,  ή  κακοήθ.  Υ. 

4.  IX  19  =  49,  4  εκπέμπεται  στρατηγός  έπ'  αυτούς  Ν,  εκπέμπε- 

ται  προς  αυτούς  στρατηγός  S,  έκπ.  προς  αυτούς  στρατ.  Υ. 
Dass  έπ'  richtig  ist,  he  weist  die  auf  Vermeidung  des  Uiats 
herechnete  Wortstellung  in  N. 

5.  IX  20  =  49,  5  πρώτον  SN,  πρώτα  Υ. 

6.  XVI  26  =  58,  12  αυτόν  SN,  αυτών  Υ  App. 

7.  ΧνΠ  15  =  59, 10  απολλώνιος  τις  SN  (av),  τις  om.  Υ  App. 

8.  XVII  29  =  59, 27  πολέμων  S  in  mg.,   πολέμων  Ν,    πόλεων 
App.  Υ  (  =  S  in  textu). 

9.  XVIIl  21  =  61,  ι  εκείνα  S  in  mg.  =  Ν,  καινά  S  in  text.  = 
Υ,  πτηνά  App. 

10.  XXI  12  =  63,  23  δγβαρος  S  in  mg.  =  Ν  App.,  άριάμνης  S  in 

text.  =  Υ. 

συν 

11.  XXI  11  =  68,22   προσφίρεσθαι  S,   συμφέρεσθαι  Ν  App., 

προσφίρεσθαι  Υ. 

12.  XXII  1  =64,  32  άριάμνης  S  in  text.  =  Υ,  in  mg.:  έν  άλλω 
ό  άγβαρος  =  App.   Ν. 

13.  XXV  6  =  69,6  βιάσηται  SN,  βιάσεται  Υ,  βιάσαιτο  App. 

14.  XXVII  44  =  74,20  γνάτιος  SN  App.  Ιγνάτιος  Υ. 

15.  XXVIII  15  =  75,18  τό  αληθές  SN  App.,  τάληθές  Υ. 
[16.  XXIX  21  =  76,  25  €Τπε(ν)  Ν  =  8  corr.  m.  2,  εΙπών  App.  Υ.] 

17.  ΧΧΧΠ  22  =  80,  31  τήν  μέν  τών  SN  App.,  μέν  om.  Υ. 

άπ 

18.  ΧΧΧΓΙΙ  9  =  81,19   έπηρμίναι  S,    άπηρμίναι  N(V),   έπηρ- 
μίναι  Υ  App. 

19.  XXXUI  14  =  81,  24  μετά  κραυγής  καΐ  χαράς  Υ,  μετά  χαράς 
και  κραυγής  Ν  Apn•,  nur  αετά  κραυγής  8. 


Plutaroheiudien  251 

20.  comp.  Π  27  =  84,  19  έαυτψ  SC,  αυτώ  Ν,  σβαυτφ  Υ. 

21.  „     IV  23  =  86,  30  ούοέ  μίνδην  SN,  ού  μίνδην  Υ. 

£β  kommen  hinzu  die  in  der  ^Ueberl.-Geech/  S.  73  be- 
handelten Stellen  als  Nr.  22 — 31^  und  aus  dem  in  S  verlorenen 
Anfangsstück  des  Craeeus: 

32.  Π  10  =  40,  6  iix\  τους  πάρθους  Ν  und  die  von  mir  einge- 
sehenen Apographa  von  S  (als  dieser  noch  nicht  verstümmelt 
war,  vgl.  *üeberl.-Geech.*  S.  165  f.),  nämlich  Marc.  385  (laut 
Michaelis'  Collation),  Laur.  LXIX  24,  Vat.  Gr.  1006  sowie  q, 
der  beim  Brande  des  Klosters  S.  Antonio  in  Venedig  zu  Grunde 
gegangene,  C  ähnliche,  nach  S  corrigirte  Grimanicodex  (üe.  G. 
S.  126  und  192);  έπι  πάρθους  Υ. 

33.  Π  39  =  41,6  πολιτικήν  καΐ  βασιλικήν  Ν  und  Marc.  385, 
Laur.  LXIX  24,  Vat.  Gr.  1006;  nur  πολιτικήν  Υ. 

34.  III  10  =  41,26  ύπ€ρίβαλλ€ν  Ν  Marc.  385  ν,  miepißaXev  Υ. 

In  der  Mehrzahl  dieser  34  Fälle  geben  S  und  Ν  das  Richtige, 
doch  bei  Nr.  6,  8,  9,  [I6j,  19  wenigstens  liegen  zweifellos  Fehler 
vor.  Diese  stammen  nicht  aus  einer  engeren  Qnellengemeinschaft 
von  Ν  und  S  gegenüber  Y,  sondern  aus  einer  secundären  Beein- 
flussung eines  der  beiden  durch  den  anderen.  Welcher  von  beiden 
der  beeinflussende,  welcher  der  beeinflusste  ist,  zeigt  unwiderleg- 
lich (neben  anderen  kaum  weniger  bedeutungsvollen  Stellen,  zB. 
Nr.  4!)  Nr.  12:  έν  δλλω  ό  δγβαρος  steht  in  S  am  Rande.  Diese 
andere,  zum  Vergleich  benutzte  Vorlage  war  ein  Codex  vom  Typ 
N.  Also  S  ist  nach  N,  nicht  Ν  nach  S  corrigirt;  cf.  Meyer 
aaO.  p.  25.  Die  genannte  Stelle  beweist  auch,  dass  die  Doppel- 
lesarten in  S  nicht  alttiberkommenee  Gut,  sondern  junge  Ein- 
tragung in  S  selbst  oder  seiner  Vorlage  sind. 

Die  £ndstatistik  für  NSY  nach  den  unbedingt  sicheren 
Stellen  ist  somit  folgende; 

Gemeinsame  Fehler  in  Ν  und  Υ  gegen  S:  3 
„  „        „    Ν     „     S      „        Y:  4[5]. 

„  „        „    S     „     Υ      „       Ν:  weit  über  100  ^ 

Diese  Zahlenverhältnisse  lassen  keinen  Zweifel  übrig,  dass 
das  Stemma  II  unmöglich  und  das  Stemma  1  (auf  S.  247)  sicher 

1  Einzelaufzählung  und  Besprechung  einer  so  grossen  Reihe  von 
Stelleu  ist  natürlich  zwecklos;  vieles,  wenngleich  bei  Weitem  nicht 
alles,  findet  man  ja  auch  schon  bei  Graux,  rev.  de  philol.  V,  1881, 
S.  1  ff.  und  bei  Michaelis,  de  Plutarchi  cod.  ms.  Matritensi,  Berlin 
1893  Progr.,  zusammengestellt. 


2Γ)2  Ziegler 

richtig  ist,  womit  ilie  Priorität  der  3  Bücher-Sammlung  zuge- 
etaDÜen  ist. 

Durch  die  gegehenen  Darlegungen  glaube  ich  die  Frage 
bereits  endgültig  entschieden  zu  haben.  Wem  trotzdem,  viel- 
leicht aus  principiellen  Gründen,  die  Beweisfühmog  aus  den 
Varianten  nicht  unbedingt  überzeugend  scheint  —  da  ja  durch 
radikale  Correctur  der  Vorlage  eine  Handschrift  sehr  wohl  ganz 
und  gar  ihren  Charakter  ändern,  ihren  wahren  Ursprung  ver- 
leugnen und  so  zu  falschen  Schlüssen  verleiten  kann  — ,  dem 
vermag  ich  noch  ein  weiteres,  ganz  andersartiges  Argument  für 
meine  Ansicht  entgegenzuhalten,  das  ich  mit  Unrecht  in  meiner 
früheren  Beweisführung  unterdrückt  habe :  die  Stichometrien. 
Die  längst  bekannten  stichometrischen  Noten  zu  10  Biographien- 
paaren (ausführlich  von  mir  S.  149—157  der  *Ueberl. -Gesch.' 
behandelt)  sind  uns  nur  in  einer  Anzahl  Handschriften  der  3  Bücher- 
Sammlung^  mehr  oder  minder  vollständig  erhalten,  keine  Spur 
von  ihnen  findet  sich  im  Seitenetettensis  und  natürlich  ebenso- 
wenig in  seinen  Apographa.  Angenommen  nun,  die  zweibändige 
Ausgabe  war  die  ursprüngliche  und  die  Quelle  der  dreibändigen, 
wo  nahm  diese  dann  die  stichometrischen  Notizen  her,  die  in 
ihrer  Quelle  nicht  standen?  —  Denn,  um  dies  noch  einmal  zu 
wiederholen :  unabhängig  von  einander  ans  den  Original- Einzel- 
ausgaben sind  die  beiden  Sammlungen  nicht  herausgezogen,  son- 
dern beide  stammen  als  gemeinsamer  Quelle  aus  einer  schon 
reichlich  verderbten  Gesamratausgabe,  die  also  jene  uns  erhaltenen 
Stichometrien  enthalten  haben  muss:  das  kann  darum  eben  nur 
unsere  dreibändige  Ausgabe  gewesen  sein,  nicht  die  zweibändige! 

ich  sehe  allerdings  zwei  Möglichkeiten,  um  die  Noth- 
wendigkeit  zu  diesem  Schluss  herumzukommen.  Man  könnte  an- 
nehmen, die  3  Bücher-Sammlung  sei  ursprünglich  aus  der  zwei- 
bändigen Ausgabe  X  hervorgegangen,  dabei  seien  aber  aus  heran- 
gezogenen Originalausgaben  die  Stichometrien  in  sie  eingetragen 
worden.  Wozu  freilich  diese  im  Rahmen  der  Gesammtauegabe 
zwecklose  Eintragung  geschah,  und  weshalb  man  nicht  diese 
Gelegenheit    benutzte,    um    zugleich    nach    den    herangezogenen 


*  Für  Buch  II  in  mehreren  Ηββ.,  für  Buch  I  doch  wohl  nur  im 
Vat.  Gr.  18S  al»  einziger  OriginHlquelle.  Denn  um  meine  Meinung 
einmal  deutlich  herauszuflagen :  ich  halte  AD  (und  Ambroe.  Α  253  inf. 
ua.)  doch  nur  für  überarbeitete  Abechritten  dieacs  alten  Vatioanu•, 
vgl.  S.  172  der  'Ueberl. -Gesch.*. 


Plutarohstudien  258 

Originalaaegaben  Correcturen  im  Text  zn  machen,  das  wäre  eine 
schwer  zn  beantwortende  Frage.  Der  andere,  eher  noch  gang- 
bare Aueweg  wäre  die  Annahme,  daes  die  alte  zweibändige  Aue- 
gabe die  Stichometrien  enthielt  und  diese  nur  in  S,  uneerm  Ver- 
treter dieser  Klasse,  verloren  gegangen  seien.  Aber  da  das  aus 
den  Stichometrien  auf  dem  normalen  Wege  Erschlossene  aufs 
beste  zu  unsern  früheren  klaren  Ergebnissen  stimmt,  so  ist  die 
Erwägung  solcher  Möglichkeiten  und  das  Rechnen  mit  ihnen  ja 
ganz  zwecklos.  Das  hiesse  ein  bodenloses  Gebäude  von  Hypo- 
thesen für  einfache ,  natürlich  in  den  Thatsachen  begründete 
Schlüsse  einsetzen,  die  mit  einander  im  schönsten  Einklang  stehen. 
Breslau.  Konrat  Ziegler. 

PS.  Während  ich  die  Correctur  dieses  Aufsatzes  lese,  ist 
mir  die  Madrider  Handschrift  nach  Breslau  gesandt  worden.  Die 
Collation  ergiebt  neben  vielem  anderen  Interessanten  (denn  Beer, 
der  für  Michaelis  collationirte,  hat  höchst  nachlässig  gearbeitet) 
auch  für  unsere  Frage  ein  wichtiges  Resultat:  von  den  10  Les- 
arten des  Seitenstettensis,  die  ich  S.  249  als  möglicherweise  richtig 
bezeichnete,  und  die  noch  ein  wenn  auch  in  keiner  Weise  ent- 
scheidendes Argument  für  die  Priorität  von  S  darstellten,  stehen 
5  auch  im  Matritensis;  es  sind  dies  die  unter  Nr.  3,  4,  8, 
9,  10  angeführten  Fälle.  Diese  abermalige  Bestätigung  meiner 
Auffassung  des  Verhältnisses  von  S  und  Ν  dürfte  auch  den 
letzten  Zweifel  heben.  —  In  der  Liste  auf  S.  12  sind  Nr.  1  und 
18  zu  streichen,  denn  in  Ν  steht  συνεργούς  und  έπηρμεναι,  nicht 
ενεργούς  und  άπηρμέναι,  wie  man  aus  Michaelis' (Beere)  Collation 
schliessen  musste.  K.  Z. 


EINE  ALTFALISKISCHE  VASENINSCHRTFT 


A.  Der  Text. 

1.  Zeile  ceres :  farni^e**tom  :  u^^itua  \\  Mi**tii :  *  || 

2.  Zeile  radeuios  :  mama  z(jR)xtos  med  fm*iqod  :  prauos  urfmm : 

so(q)  \\*orded  karai ':  eqo  urne  \\ 

3.  Zeile  telafitai  dupes :  arcenfelom  huti*i^iL•m:  pe:para**douiad 

B.  Die  Vase. 

Gamurrini   sagt    Monumenti  antichi  d.  Lincei  (1894)  IV 
339  bei  der  BehandiuDg    der  Inschriften   von   Narce:    *Fino  dal 
1889    possediamo    nel  mueeo    di    Villa  Giulia^  un    grande    vaso 
cinerario   di    terra    cotta,   disgraziamente    mancante    di    oltre    un 
terzOy    e    che   ci  proviene  dalla  necropoli  di  Civita  Caatellana  ο 
dair  antiche  Falerii.      Esso   e  figurato,    e   presenta    due    cavalii 
rozzamente  disegnati  a  graffito,    ma  il  suo    valore    epeoialmente 
consiete  neila  lunga  iscrizione,   che   a   grandi   lettere,    inciee    da 
einistra  a  deetra,    gira   sotto  il  euo  orlo.     Ora    tanto    la    tecnica 
quanto    la  paleografia  ci  reportano  al  sesto  sec.  av.  Cr.  e  quindi 
verreibe  opportune    il   confronto    con   Talfabeto  di  Narce/     Ich 
hatte  im  vorigen  Jahre  die  noch  nicht  zusammengefügten  Bruch- 
stücke Ro  gut  wie  es  mir  möglich  war  abgepaust.    Seitdem  abe'r 
hat    Sg.    K.   Mengarelli    die  Vase    wieder  hergestellt    und    ^τ: 
Bollettino  di    arte  e  antichita   dal   ministero  das    Resultat  seia  ^^ 
Restaurirung  veröffentlicht.      In   einigen  Punkten,    die   ich    unt*^^ 
angeben  werde,  ist  der  Platz  der  Fragmente  auf  meiner  Zeiohnu. 
(s.  Beil.)  zu  korrigiren.    Da  jedoch  die  Abweichungen  unbedente» 
sind,    ist    meine  Zeichnung,   von  der  das  Gliche  schon  lange  ^^ 
der   Publication  Mengarellis   fertig   war,    immer  noch   brauchb^^ 

Die  vielen  Fragmente   fügen    sich    zu  drei  grossen  Stücke 


*  Nr.  3548  des  Inventars. 


Eine  altfaliskische  Vaeeninsohrift  255 

zueammen,  von  denen  wiederam  die  zwei,  auf  welche  das  eine 
Pferd  vertheilt  ist,  zusammengehören.  Auf  meiner  Zeichnung 
sind  sie  ein  wenig  zu  nahe  aneinandergerückt.  Mengarelli  hat 
die  Fugetelle  genauer  angegeben.  Das  dritte  Stück,  auf  dem  ein 
zweites  Pferd  erhalten  ist,  schlieeet  eich  den  übrigen  auf  keiner 
Stelle  an.  Der  auf  meiner  Zeichnung  angegebene  Platz  dee 
FragmenteH  beruht  auf  der  Annahme,  dass  ein  drittes  Pferd  an 
der  jetzt  fehlenden  Seite  in  gleicher  Entfernung  von  den  beiden 
anderen  gewesen  ist.  Bei  dieser  Anordnung  wäre  der  Text  der 
zweiten  Zeile  ununterbrochen  (.  .  .  80q\orded  .  .  .^).  Mengarelli 
aber  hat  in  seiner  Restaurirung  dieses  Stück  so  gestellt,  dass  die 
beiden  Pferde  einander  gegenüberstehen,  wodurch  in  dem  Text 
beiderseits  eine  Lücke  entsteht.  Da  es  wohl  wahrscheinlicher 
ist,  dass  nur  zwei  Pferde  als  drei  da  gewesen  sind,  so  hat  seine 
Anordnung  mehr  für  sich. 

Isoliert  ist  nach  der  Prüfung  Mengarellis  das  kleine  Frag- 
ment mit  tom:Uy  für  das  ich  geglaubt  hatte  Anschluss  zu  finden. 
Sein  Platz  in  der  ersten  Zeile  ist  durch  den  erhöhten  Rand,  der 
auch  über  den  Worten  ceresifar  .  .  .  läuft,  gesichert.  Mengarelli 
hat  es  ein  wenig  mehr  nach  rechts  angebracht  als  meine  Zeich- 
nung angiebt  und  daneben  ein  kleines  Fragment  mit  ua,  das  bei 
mir  fehlt,  gestellt. 

Nach  der  Mittheilung  Mengarellis  soll  die  Vase  vom  Grab 
LXII  in  Colonette  (Civ.  Cast.)  stammen. 

C.  Die  Schrift. 

Die  Schrift  ist  rechteläufig,  wie  in  sehr  alten  etruskischen 
Inschriften*  und  in  den  Inschriften  von  Narce  Gamurrini  aaO. 
Fig.  165  a,  166a,  167  ab,  171a,  die  in  das  6.  Jahrh.  hinauf- 
gehen. 

Die  erhaltenen  Fragmente  gestatten  den  sicheren  Schluss, 
daes  die  Schrift  in  einer  Spirale  angeordnet  war.  Denn  der  An- 
fang und  Ausgang  der  Inschrift  wird  dadurch  gekennzeichnet, 
dass  sowohl  vor  Ceres  wie    auch   nach   doviad   freier  Raum    ge- 


^  Das  dadurch  gewonnene  Wort  soqorded  wäre  zwar  gleich  dem 
lat.  socorde  (adv.  von  socors),  wae  zu  dem  vorhergehenden  Wort  pravos 
ifut  passen  würde.  Aber  dem  Sinne  nach  sind  diese  beiden  Worte  in 
uii<ierer  Inschrift  zu  auffallend.     Pravos  ist  vielleicht  ein  Name. 

2  S.  F.  Skutech,  Ktrusk.  Sprache.  Pauly-Wissowa,  Ucal-Encycl. 
I  §  H.  2. 


25β  Thalia 

laeeeo  ist.     Nur  io  dieeeni  mittleren  Stuck  war  die  Inechrift 
zeilig;  die  zweite  Zeile  sehwenkt  auch  deatlicb  unter  dem  λ 
ceres  von  dem  normalen  Verlauf  des  Cirkels  nach  unten  ab. 
Haupt  des  hier  stehenden  Pferdes  ist  deswegen  niedriger  als 
des  anderen,    über    dem  nur  zwei  Zeilen  waren,    und  ragt 
bis  in  die  Schrift  hinauf.     Auch  durch  diese  Anordnung  win 
Inschrift  dem  6.  Jahrb.  zugetheilt :  sie  stimmt  zo  den  Inschr 
von    Narce   aaO.  Fig.  166  a  und  171.     (Dass    die   Bleiplatte 
Magliano  hauptsächlich   wegen   dieser  Anordnung   der  Schrii 
einer  Spirale  dem  β.  Jahrb.  zugewiesen  werden  mnss,  bebt  Kö 
Rom.  Mittb.   1905  XX  S.  369  gegen  Milani  Mon.  ant.  dei  L 
II   1893  p.  66  hervor.) 

Das    Alphabet    ist    wesentlich    dasselbe    wie    in    den 
Gamnrrini    behandelten   Inschriften    von  Narce   (s.  Mon.  ant 
p.  331). 

Die  Unterschiede  sind  folgende : 

1.  Das  faliskiscbe  ^  =  f  ist  hier  benutzt. 

2.  Das  g,  welches  in  jenen  (Fig.  166  u.  167  =  Nr.  2 
p.  341 — 42)  als  9  erscheint,  hat  hier  die  Form  Φ,  von  Gai 
rini  p.  340  nicht  überzeugend  als  /  gedeutet.  Eine  ahn] 
Form  bat  das  Koppa  in  griechischen  Inschriften  des  7.  u.  S.Ja 
von  Kreta,  Phlius,  Thera  und  Böotien.  Sie  ist  aber  auch 
etruskischen  Alphabet  bezeugt.  Denn  in  dem  zweiten  ein 
sehen  Alphabet  bat  q  die  Form  Φ  (CIE.  1373  =  Fa.  Suppl.  I 
Thv.  V.  s.  Pauli,  Altit.   Forsch.  III  S.  149). 

3.  Wie  in  einer  altfaliskischen  Inschrift  Not.  d.  scav.  1 
p.  175  eko  lartos  eko  kaisi&sio  kommt  hier  neben  dem  i 
strichigen  s  auch  ein  sechsetrichiges  vor.  Das  vierstrichige  , 
ja  in  vielen  alten  falisk.  Inschriften  bezeugt  (zB.  Deecke,  Fali 
47  Carbognano,  67  u.  70  Capena,  Herbig  ^  60  Corchiano,  ] 
ant.  IV  fig.  171a  Narce).  In  der  falisk.  Inschrift  titoi  me 
efiles^  kommt  zweimal  ein  fünfstrichiges,  einmal  ein  dreistricb 
s  vor.  Ich  glaube  deshalb,  dass  alle  diese  Varianten  vom  sc 
bis  zum  dreistricbigen  s  denselben  Laut  bezeichnen,  und 
also  Gamnrrini  339  f.  mit  Unrecht  in  unserer  Inschrift 
secbsBtrichige  dem  etruskischen  ΛΛ  =  s'  hat  gleichsetzen  wo 

4.  Das  h  hat  die  Form    S  (vgl.  die  in   Nr.  21   Rom.  Μ 


^  Torp  υ.  Herbig,  Einige  neugef.  etrusk.  Inschriften,  Sitzung 
il.  Kgl.  Bayr.  Akad.  d.  Wissensch.   1904  H.  IV. 

2  Falisk  Insclirifton  Rom.  Mittheil.  1907  S.  297  f .  Beil.I  Nr.3«;- 


Eine  altfaliskisohe  Vaseuiaechrift  257 

ld07    S.  283  benatzte   Form),    während    die    gewöhnliche    falie- 
kieche  Β  ist. 

5.  ζ  und  X  sind  nur  in  Fragmenten  erhalten  und  zwar  in 
den  Formen  I  und  X. 

6.  h  und  d  fehlen. 

Besondere  verdient  die  Schreibung  des  k-Lautes  beachtet 
zu  werden.  Es  wird  nämlich  kouAequent  dieselbe  Regel  inne- 
gehalten wie  in  den  ältesten  etruskischen  und  lateinischen  In- 
schriften^: 

0  wird  benutzt  vor  e:  ceres^  arcentelomy 

k      „         „  „    a:  karai, 

q      „         „  „    o:  f**iqod,  eqo. 

Ich  sehe  darin  ein  starkes  Zeogniss  für  die  Echtheit  der 
Inschrift. 

Die  Interpunktion  besteht  immer  aus  drei  Punkten  —  in 
der  Schaleninschrift  von  Narce  Mon.  ant.  IV  flg.  166  waren  ab- 
wechselnd drei  oder  vier  — ,  ist  aber  ebenso  wenig  wie  in  jener 
Inschrift  so  durchgeführt,   dass  sie    alle  einzelne   Wörter  trennt. 

D.  Bemerkungen  zu  dem  Text. 

Nach  Ceres  ist  wahrscheinlich  das  Wort  far  zu  lesen.  Ob 
der  folgende  Buchstabe  η  oder  m  war,  ist  nicht  zu  entscheiden. 
Vor  e  ist  noch  Raum  für  einen  kleinen  Buchstaben.  Der  Platz 
fler  Fragmente  tomiu  und  ua  ist,  wie  oben  erwähnt,  nicht 
genau  zu  bestimmen. 

Der  Anfang  der  zweiten  Zeile  radeuios  scheint  einen  Namen 
zu  enthalten,  der  noch  das  im  Faliskischen  später  ausgefallene 
Nominativzeichen  zeigt,  ebenso  wie  die  beiden  altfaliskisohen  von 
Gamurrini  aaO.  340  angeführten  Inschriften  von  Falerii  und 
Ardea: 

eko  lartos  eko  kaisi&sio 
eqo  kanaios^ 
und  in   den    Capenatischen  Deecke,    Falisker  β6  und  68.     Einen 
bekannten  Namen  bekommen  wir,  wenn  wir  .  .  rad  Evios  theilen 
{Evius  CIL.  VI  838). 

Mama  ist  eben    die   bisher  nicht    bezeugte  Grundform,    die 

IS.  Pauli,  Altit.  Forsch.  III  S.  158.  Sommer,  Handbuch 
S.  29  f. 

2  =  CIL  X  8.386  eqn  K.  Änaios  Schulde,  i:ic[ennamon  345  A.  8. 
Ubein.  Mut.  f.  Philul.  N.  F.  LXIII.  Π 


268  Thuliu 

wir  zu  den  BildaDgen  Mamius  Mameius  Mamulla  Mammula  etc. 
(Schulze  360)  voranseetzen  dürfen  ^  Man  beachte  besonders  CIL. 
X  5452  Mamulla  aus  dem  campanischen  Falerio.  Für  die  Echt- 
heit der  Inschrift  ist  dies  Wort  ein  schwer  wiegendes  Argument. 

Die  Ergänzung  Z(e)xtos  verdanke  ich  Prof.  Danielsson.  Der 
hier  nachgestellte  Vorname  ist  in  dieser  Sohreibiing  aus  Deecke, 
Falisker  48  (Carbognano)  Zextoi  bekannt. 

Im  folgenden  sind  med  und  urnam  deutlich.  Da  diese 
Worte  durch  zwei  andere,  f**iqod':  pravos,  geschieden  sind,  so 
glaube  ich  nicht,  dass  urnam  Apposition  zu  med  ist,  sondern  dass 
sie  zwei  verschiedene  Sachen  bezeichnen,  und  da  die  Inschrift 
mit  Ceres  und  far  .  .  .  anfängt,  so  könnte  man  etwa  med  auf 
ein  in  der  Urne  dargebrachtes  Saatopfer ^  beziehen.  In  fi^^iqod^ 
erwarten  wir  das  Verbum  zu  med.  Aber  wie  wir  auch  das  Wort 
ergänzen,  eine  verbale  Endung  -od  ist  nicht  zu  erklären.  Diese 
scheint  vielmehr  ablativisch  zu  sein.    Oder  ist  qod  gleich  quod? 

U ther  pravos  s.  oben  S.  255  Anm.  1.  Nach  urnam:  so  stand 
sicher  ein  q.  Dann  folgt  wahrscheinlich  (s.  oben)  eine  grössere 
Lücke. 

Vor  orded  ist  der  Rest  eines  Buchstabens  {q,  p,  r  oder  f) 
erhalten.  Vielleicht  steckt  in  dem  Wort  ein  Verbum  {porded? 
porrexit?).  Wenn  aber  das  folgende  karai  gleich  lat.  carae  f  seiner 
Geliebten')  ist,  so  wäre  es  verlockend  (q)orded  zu  lesen  and  als 
corde  zu  deuten.  Die  Form  auf  -ed  würde  freilich  eine  un- 
erwartete Stütze  der  'falschen'  Schreibung  dictatored  der  columna 
rostrata  geben. 

Das  Wort  kara^  kommt  auch  in  der  linkslänfigen  Inschrift 
einer  Buchero-Schale  von  Narce  vor  (Monum.  antichi  IV  flg.  170 
p.  330,  344):  kalikeapuminikara  dh.  wohl  calice  cara  Ä.  Pumini^: 
seine  Lieblingsvase  ist  ihm  ins  Grab  mitgegeben. 

In  der  dritten  Zeile   ist  die  Worttheilung    unsicher.     Viel- 


^  In  Falerii  selbst  kommen  die  Namen  Mammiua  CIL.  XI  3124 
und  Mammia  ibid.  3125  vor. 

2  Plin.  n.  h.  18,  H4  et  Iwdie  sacra  prisca  atque  natalium  pulte 
fUilla  c<yfificiuntur. 

^  Vielleicht  iet  das  i    der  Rest  eines  α. 

^  Gamurrini  aaO.  hat  es  ganz  willkürlich  mit  dem  griechischen 
κάρα  Caput  zusammengestellt. 

δ  Wie  88  einen  Masinius  (CIL.  VIII  4Γ)14)  neben  Masidius  (XII 
1T>71)  giebt,  so  darf  ein  Name  Pumimus  neben  dem  bezeugten  jPm(in)• 
midius  (Schulee  427)  nicht  aufTallen. 


Eine  altfaliskische  Vaseninschrift  259 

leicht  ist  Telnfitai^  Name  einer  Göttin  im  Dativus  nnd  dvpes^ 
'Zvveifues*  Bezeichnung  des  Opferthieres  gleich  dem  dupursus 
der  Iguv.  Taf.^.  Das  folgende  Wort  arcentelom  ist  entweder 
Deminutivum  von  argentum  und  bezeichnet  das  Geldopfer  stips, 
das  der  Ceres  und  Proserpina  häufig  dargebracht  wurde,  oder 
eine  adjektivische  Bildung:  die  Fortsetzung  hut ^*üom  ist  nicht 
mit  Sicherheit  zu  ergänzen*. 

Vielleicht  ist  aber  -tela  der  Ausgang  einer  ähnlichen  Bil- 
dung wie  arcentelom.  So  würden  wir  das  Wort  fita  gewinnen, 
dessen  deminutive  Form  fitilla^  *Opferbrei'    zu  sein  scheint. 

pe  :  para  . .  .  sieht  aus  wie  eine  dem  fe  :  faked  der  pränesti- 
nischen  Spange  analoge  Form.  Die  Reduplikationssilbe  ist  in 
fefaked  gleichfalls  durch  Punkte  abgesondert.  Ich  erinnere  auch 
an  die  rednplizirte  Form  pipafo,  welche  vor  allem  die  faliskisohe 
Inschrift  Deecke  34  den  Sprachforschern  verdächtig  gemacht  hat, 
aber  von  Pauli  Altit.  Forsch.  III  118  energisch  vertheidigt  wird. 
Formell  kann  gegen  eine  Perfektbildung  pepara  .  .  .  nichts  ein- 
gewendet werden,  wie  sie  auch  zu  ergänzen  ist  (paravif,  paraverit). 

Das  letzte  Wort  doviad  ist  eicher  =  ducU  duit.  Vgl.  umbr. 
pur-dovitu  *porricito',  gr.  boFevai-boOvai,  lat.  cre-duatn.  Diese 
hier  zuerst  belegte  Form  ist  wohl  der  stärkste  Beweis  für  die 
Echtheit  der  Inschrift. 

Zu  der  Deutung  der  Inschrift  habe  ich  nicht  viel  beitragen 
können.  Dagegen  hat  die  genaue  Prüfung  der  Schrift  und  der 
Worte  mich  zu  demselben  Resultate  wie  die  unmittelbare  Betrach- 
tung der  Fragmente  geführt,  nämlich  dass  auf  keinen  Fall  eine 
Fälschung  vorliegt.  Da  aber  äussere  und  innere  Gründe  nicht 
erlauben,  die  Inschrift  später  als  in  das  6.  Jhdt.  (eher  früher) 
tu  setzen,  und  wir  nicht  einmal  die  gleichzeitigen  lateinischen  In- 
schriften sicher  deuten  können,  so  darf  es  nicht  auffallen,  wenn 
uns  in  einer  faliskischen  Inschrift  dieser  Zeit  so  vieles  rätselhaft 
bleibt. 

Lulei  1907.  C.  Thulin. 


*  So  theilt  Qamurrini  aaO.  340. 

2  Diese  Vermuthung  verdanke  ich  Danieleson. 

*  Iguv.  Taf.  VI  b  9  dupursus  \  prturpursus  fatn  fito  =  'bipedibus 
quadnipedibuB  factum  fitum*. 

*  Nach  hut  ist  der  Rest  eines  V,  u  oder  /  erhalten.      Aueserdem 
•cheioen  noch  zwei  Buchstaben  zu  fehlen. 

δ  Plin    n.  h.  18,84  s.  oben. 


TEXTKRITLSCHES  ZU  DIODOR 

IN  ANLEHNUNG  AN  DIE  EXCERPTA  VATICANA 


Wer  an  die  EonstantiniecheD  Excerpta  hietorica  in  der 
Hoffnung  herangeht,  für  die  erhaltenen  Bücher  Diodors  nene, 
bessere  Lesarten  und  für  die  zahlreichen,  in  den  Ηββ.  verdorbenen 
Stellen  Heilung  zu  finden,  wird  bald  sehr  enttäuscht  sein.  Wohl 
entfernen  sich  die  Excerpta  hier  und  da  im  Ausdruck  oder  in 
der  Wortstellung  von  den  Hss.  Diodors,  aber  mit  wenigen  Aus- 
nahmen^ sind  es  beabsichtigte,  wie  besonders  zu  Anfang  eines 
Excerptes,  oder  unbeabsichtigte  Aenderungen  des  Excerptora,  und 
die  z.  Th.  heillos  verdorbenen  Stellen  der  Ηββ.  finden  eich  in 
ihnen  fast  immer  ebenso  wieder.  Die  nächste  Aufgabe  für  den 
Diodorforsclier  ist  es  nun  festzustellen,  in  welchem  Verhältnies 
die  Excerpte  zu  den  verschiedenen  Diodorhand Schriften  stehen, 
was  nicht  immer  leicht,  ja  mit  Bestimmtheit  eigentlich  nirgends 
auszusprechen  ist.  Das  ist  ja  allerdings  meist  auf  den  ersten 
Blick  zu  sehen,  welchen  Η  es.  die  einzelnen  Excerpte  am  nächsten 
stehen;  es  sind  meist  die,  welche  von  den  Herausgebern  als  die 
minderwerthigen  bezeichnet  werden.  So  haben  die  Excerpte  de 
virtutibus  aus  den  ersten  Büchern  Diodors  mit  den  Hss.,  die 
Vogel  mit  II  (secundae  classis  libri  i.  e.  omnes  Codices  praeter 
ABD)  bezeichnet,  die  nächste  Berührung,  und  unter  diesen  stehen 
sie  C  (Vaticanus)  und  F  (Claromontanus)  am  nächsten;  von  B.  XI 
an  weichen  sie  meistens  von  Ρ  (Patmius),  den  man  gewöhnlich 
als  die  beste  Hs.  der  Bücher  XI — XV  ansieht,  ab,  haben  aber 
vereinzelt  Stellen,  die  im  Gegensatz  zu  den  meisten  Ηββ.  Les- 
arten von  Ρ  aufweisen.  Zuweilen  tritt  auch  plötzlich  ein  Wechsel 
ein,  vielleicht  am  auffälligsten  in  den   Excerpta  Vatioana  de  een- 


^  Boissevain,  der  Heg.  der  Excerpta  Vaticana  de  sententiie  be- 
zeichnet in  den  Excerpten  aus  Diodor  XI — XX  zwölf  neue  Lesarten 
als  gute,  einige  jedoch  mit  Zufügung  eines  Fragezeichens. 


Textkriiieches  zu  Diodor  2β1 

tentiie.  Während  in  diesen  Exoerpten  aas  B.  XVII,  wenigRtens 
von  37.  5  an,  und  aus  B.  XVIII  eine  starke  Uebereinetimmung 
mit  F  (Florentinus)  hervortritt,  hört  das  in  B.  XIX  auf.  So 
haben  gleich  in  c.  1  dieses  Buches  die  Excerpte  abweichend  von 
F,  aber  in  Uebereinetimmung  mit  den  meisten  Hss.  ύπεροχήν 
(F^  ύπερβολήν),  περιπεποιημίνοις  (F  πεποιημένοις),  τοις  μει- 
2:όνιυν  (Ε^ταΙν  μειζόνων),  ferner  1.  4  ίπεσεν  (F  ίπεσαν),  8  πεί- 
σεσθαι  (F  πυθίσθαι),  άναγινωσκόνταιν  (Έ^  άναγινιυσκομένων), 
βοηθησόντων  (F  βοηθούντων)  usw.  Um  so  mehr  fallen  nun 
einzelne  Stellen  in  diesen  beiden  Büchern  auf,  in  denen  die  Exo. 
Vaticana  mit  F  übereinstimmen.  Ich  beginne  mit  B.  XX,  weil 
hier  die  einzelnen  Fälle  charakteristischer  sind. 

Im  Anfang  von  B.  XX  eifert  Diodor  gegen  die  Unsitte 
mancher  Gesohichtschreiber,  viele  Reden  in  die  historische  Dar- 
stellung einzuschieben.  Seine  Aeusserung  νυν  b*  fvioi  πλεονά- 
σαντες  έν  τοις  ^ητορικοϊς  λόγοις  προσθήκην  έποιήσαντο  τήν 
δλην  Ιστορίαν  τής  οημηγορίας  passt  vorzüglich  auf  die  Ge- 
schichtschreibung des  Dionys  von  Halikarnass,  ja  man  würde  sie 
als  einen  Hieb  auf  diesen  seinen  Zeitgenossen  ansehen  können, 
wenn  die  Annahme  möglich  wäre,  dass  Diodor  bei  Abfassung 
dieser  Stelle  schon  die  Archaeologie  des  Dionys  gekannt  habe. 
Nun  heisst  es  hier  (§  2)  von  denen,  die  ihre  rhetorische  Ge- 
schicklichkeit zeigen  wollen,  nach  den  meisten  Hss.  tieOJl  κατ' 
Ibiav  οημηγορίας  καΐ  πρεσβευτικούς  λόγους,  ίτι  bi  εγκώμια  και 
ψόγους  καΐ  ταλλα  τα  τοιαύτα  συντάττεσθαι  in  unsern  Texten, 
in  F  und  in  den  Excerpta  Vaticana  aber  fehlen  die  Worte  (j\ 
bk  εγκώμια  και  ψόγους.  Auf  den  ersten  Blick  möchte  man 
sagen,  dass  die  Worte  aus  Unachtsamkeit  ausgefallen  sind,  etwa 
durch  Abirren  des  Auges  von  λόγους  auf  ψόγους,  wobei  aber 
doch  schon  die  Uebereinstimmung  der  Excerpta  mit  F  bei  der 
Verschiedenheit  im  übrigen  recht  merkwürdig  ist;  genauere 
Ueberlegung  aber  dürfte  zeigen,  dass  die  Worte  ein  fremder  Zu- 
satz sind,  Diodor,  der  von  B.  XI  an  sich  keine  Gelegenheit 
hat  entgehen  lassen,  seine  εγκώμια  und  ψόγοι  anzubringen,  der 
XI  40  geradezu  sagt  ήμεϊς  bk  παρ'  δλην  τήν  \στορίαν  .'εΐωθότες 
τών  αγαθών  άνορών  6ιά  τών  επιλεγομένων  επαίνων  αο£ειν  τήν 
boSav,  τοις  be  φαύλοις  έπι  τής  τελευτής  έπιφθίγγεσθαι  τάς 
άρμο2Ιούσας  βλασφημίας,  kann  diese  WorteV  nicht  gebraucht 
haben,  ohne  sich  selbst  lächerlich  zu  machen.  Ferner  sagt  er 
XX  2,  daRs  man  darum  die  Reden  nicht  gänzlich  aus  Gesohiobte- 
werken  zu  verbannen  brauche,  und   fährt  dann  fort  βταν  τά  τής 


262  Kallenberg 

περιστάσεως  άπαιτή  πρεσβευτου  f\  συμβούλου  όημηγορίαν  ή 
τών  δλλιυν  τι  τοιούτον,  dh.  aleo,  er  kommt  wieder  auf  den  in 
Frage  Rtehenden  Satz  zurück,  ohne  die  verdäcbtigten  Worte  zu 
berückeicbtigen.  Und  bier  baben  wir  wieder  einen  merkwürdigen 
Fall  von  Uebereinetimmung  zwiscben  F  und  den  Fxcerpten  neben 
eonetiger  Unstimmigkeit.  Der  oben  gegebene  Text  ist  der  der 
meisten  Hes.,  F  aber  bat  allein  πραγματικού  statt  πρεσβευτου 
und  die  Excerpte  baben  mit  F  gemeinsam  noch  λόγον  vor  ή 
συμβούλου ^  Dass  die  Kxcerpte  mit  den  meisten  Hes.  gegen  F 
in  πρεσβευτου  Recbt  baben,  ist  augenfällig  wegen  der  Beziehung 
zu  der  Stelle  im  ersten  Kapitel.  Andrerseits  wird  aber  auch 
das  von  den  Herausgebern  verscbmftbte  λόγον,  das  die  Excerpte 
mit  F  gemeinsam  baben,  richtig  sein.  Denn  die  Rede  eines  Ge- 
sandten wird  man  nicht  einfach  mit  οημηγορία  bezeichnen  können ; 
auch  thut  es  Diodor  in  der  Stelle  des  ersten  Kapitels  nicht. 
Dass  an  dieser  Stelle  in  den  Excerpten  nach  τ&λλα  auch  noch 
το  τοιαύτα  fehlt,  thut  nichts  zur  Sache.  Das  ist  eine  von  den 
vielen  absichtlichen  oder  unabsichtlichen  Auslassangen  des  Ex- 
cerptors.  Doch  soll  auch  nicht  verschwiegen  werden,  dass  kurz 
vor  der  eben  behandelten  Stelle  in  XX  2  einmal  die  Excerpte 
mit  F  in  einem  Fehler  übereinstimmen;  beide  haben  άποστήσαι 
statt  άποστερήσαι.  Der  Fehler  ist  in  F  erst  von  zweiter  Hand 
verbessert. 

Die  nächste  Berührung  mit  F  haben  die  Exo.  Vaticana 
XX  30.  Nachdem  wir  eben  noch  in  diesen  übereinstimmend  mit 
den  meisten  Res.,  aber  abweichend  von  F  πολιορκήσασαν  (F 
πολιορκούσαν)  und  άπάτην  και  τόπον  (F  άπατη  και  τόπψ)  ge- 
lesen baben,  stossen  wir  auf  άπό  κράτους  ήττησε  1=  F),  wofür 
die  übrigen  Hss.  κατά  κράτος  ήττησε  haben.  Dindorf  hatte 
ursprünglich  κατά  κράτος  aufgenommen,  später  aber  dafür  άπό 
κράτους  'gesetzt;  Fischer  ist  zu  κατά  κράτος  zurückgekehrt. 
Nach  dem  Sprachgebrauch  Diodors  ist  beides  möglich.  Kr  sagt 
kurz  vorher  ήττήθη  κατά  κράτος  und  XVH  37.  l  κατά  κράτος 
ηττημένος*,  aber  XV  87.  3    άπό  κράτους  ήττηκότες    und   XX 

*  Nach  Fischer  hat  F  λόγου,  nach  Dindorf  F  λόγον,  W  λόγου. 
Doch  kommt  für  unsere  Frage  wenig  darauf  an. 

^  So  Fischer,  ohne  eine  kritische  Note  zuzufügen;  und  doch 
haben  alle  IIbs.  ήττώμενος.  Ob  Dindorf  daran  recht  ^rethan  hat,  die 
Präseusfornieu  dieses  Verbame,  wo  sie  Perfektbedeutung  haben,  zu 
entfernen,  bleibt  noch  fraglich.  Vgl.  das  alte  Zerbster  Programm  von 
C.  Sinteiiis    Obeervationes  criticae  in  Diodorum  Siculura'    l^*•2lί. 


Textkritischee  zu  Diodor  2ί>3 

12.  7  άπό  κράτους  ήττήσθαι.  Sicherlich  ist  es  aber  doch  wahr- 
scheinlicher, dase  an  unsrer  Stelle  in  Erinnerung  an  das  kurz 
vorhergehende  κατά  κράτους  irrthtimiich  dasselbe  für  das  seltnere 
άπό  κράτους  geschrieben  ist,  als  dass  umgekehrt  ein  Schreiber 
από  κράτους  statt  des  ursprünglichen  κατά  κράτος  auf  eigene 
Faust  eingeführt  hat.  Diodor  dagegen  mag  absichtlich,  um  Ein- 
förmigkeit zu  vermeiden,  mit  den  Präpositionen  gewechselt  haben. 
Ein  ähnlicher  Wechsel  findet  an  der  vorhin  erwähnten  Stelle 
XVfl  37.  1  statt;  da  folgt  auf  κατά  κράτος  ηττημένος  (oder 
ήττώμενος)  wenige  Zeilen  weiter  άπό  κράτους  ήλουνε,  eine 
Wendung,  die  allerdings  wohl  nur  in  dieser  Form  sich  findet; 
vgl.  XVn  31.  8  άπό  κράτους  έλαύνοντ€ς,  58.  2  άπό  κράτους 
έλαυνόμενα  und  XX  51.  3  άπό  κράτους  και  βίας  έλοθ€ΐσών. 
ΧνΠ  37.  1  schreibt  Fischer  κατά  κράτος  ήλαυνε  mit  der  Be- 
merkung *άπό  κράτους  Dindorf  in  Folge  eines  Irrthums;  denn 
nach  Dindorf  1831  und  Wesseling  ist  άπό  κράτους  die  Lesart 
der  Hes.  In  demselben  Kapitel  in  B.  XX  steht  wenige  Zeilen 
vorher  ol  bk  τ6ΐχήρ€ΐς  άποληφθ€ντ€ς  in  den  meisten  Hes., 
während  die  Excerpte  und  zwar  wieder  in  üebereinstimmung  mit 
F  άπθλ€ΐφθένΤ€ς  haben.  Nichte  ist  häufiger  als  die  Verwechse- 
lung von  έλ€ΐφθην  und  έλήφθην  in  den  Hs.,  und  es  ist  schwer 
zu  sagen,  was  hier  besser  passt.  Wesseling  hat  άπολ€ΐφθέντ€ς 
aufgenommen  y  die  lateinische  Uebersetzung  giebt  'intra  muros 
relicti*,  während  Dindorf  und  Fischer  άποληφθέντες  den  Vorzug 
gegeben  haben.  Wegen  der  Üebereinstimmung  der  Excerpte 
mit  F  würde  ich  auch  hier  lieber  ihre  Lesart  annehmen.  Von 
geringerer  Bedeutung  ist  c.  70  die  üebereinstimmung  beider  in 
τάς  iv  [τή]  Σικελίφ  πόλ€ΐς,  aber  immerhin  doch  erwähnenswerth, 
da  nur  drei  Zeilen  vorher  F  allein  (oder  mit  W)  τής  θείας 
προνοίας  statt  des  Dative  hat.  Sehr  wichtig  dagegen  ist,  dass 
in  demselben  Kapitel  F  und  die  Excerpte  übereinstimmend  €ΐς 
τηλικαύτην  b'  ύπεροχήν  <προ>€λθόντ€ς  haben,  wozu  Fischer, 
ebne  Kenntniss  von  der  Lesart  der  Excerpte  zu  haben,  *fortasee 
reete'  bemerkt.  Gleich  darauf  folgt  eine  sehr  üble  Stelle,  über 
die  ich  in  der  Programmabhandlung  *  Textkritik  und  Sprach- 
gebrauch Diodors'  (1901)  S.  22  gehandelt  habe.  Es  sind  die 
Worte  τό  θ€Ϊον  έπιστήσαι  (F  έπισημήνατο).  Hier  haben  einmal 
die  Excerpte  eine  eigene  Lesart,  έπιστήσηται,  mit  der  aber  leider 
auch  nicht•  anxnfangen  ist.  Der  Rest  des  Excerptes  iet^dann  F 
wieder  ganz  abgewandt  (ά^ίκιυς  om.  F,  ουοΐν  und  χείρα  in  F 
statt  bu€tv    und   χείρας    in    den    übrigen   Hss.  und    in   den  Ex- 


284  Kallenborg 

cerpten).  Eben  eo  eteht  es  mit  den  näcbeten  Excerpten  (78.  2; 
82.  5),  wäbrend  wir  im  letzten  Excerpt  dieses  Bucbes,  100.  3, 
neben  mehreren  Abweichungen  wieder  an  zwei  Stellen  Ueber- 
einstimmung  mit  F  finden,  in  ύπερβαλίσθαι  (et.  ύτΓ€ρβάλλ€σθαΟ 
und  συγκαταθεμένων  st.  συγκατατιθεμένων.  Von  ereterem  lässt 
sich  nichts  weiter  sagen,  beim  zweiten  dagegen  muss  anerkannt 
werden,  dass  der  Aorist  den  Vorzug  vor  dem  Präsens  verdient. 
Aus  B.  XIX  gehören  folgende  Stellen  hierher:  C.  11.  fi 
haben  F  und  die  Excerpte  προγεγονός  (st.  προγεγβνημένον) 
άΕίωμα,  gesagt  von  Eurydike,  der  Gemahlin  des  Philipp  Arrhi- 
däas.  Die  Ausdrücke  sehen  gleichwerthig  aus;  doch  heisst  es 
von  Darius'  Mutter  XVU  38.  1  in  derselben  Weise  τό  προΤ€- 
γονός  άείαιμα,  was  zu  Gunsten  der  Excerpte  spricht.  Am  Ende 
desselben  Kapitels  haben  die  meisten  Hss.  μη&έποτ€  αυγχωρήσαι 
γυναικι  τής  βασιλείας  προστατήσαι,  während  F  und  die  Excerpte 
ΤΓροστάττ€ΐν  haben.  Nicht  übel  vermuthet  Fischer  προστατ€Ϊν. 
Jedenfalls  liegt  es  nahe,  in  der  Endung  -ήσαι  ein  Verechreiben, 
veranlasst  durch  das  vorhergehende  συγχιυρήσαι,  anzunehmen. 
C.  25.  5  lesen  wir  πατέρα  λέγειν  ώς  έτοιμος  μέν  έστιν  αύτψ 
boOvai,  beboiK^vai  bi  in  den  Ausgaben,  die  Excerpte  aber  haben 
in  üebereinstimmung  mit  F  b^boiK6,  dh.  sie  haben  die  regel- 
rechte Konstruktion,  während  in  den  übrigen  Hss.  ein  anakolu• 
thischer  üebergang  von  der  Konstruktion  mit  ώς  zum  Infinitiv 
stattfindet,  der  ja  zugelassen  werden  könnte,  wenn  nichts  weiter 
überliefert  wäre,  aber  sicherlich  doch  nicht  vor  der  richtigen 
Satzkonstrnktion  den  Vorzug  verdient.  Ausserdem  sieht  man 
wieder,  wie  der  Schreibfehler  in  Folge  des  vorhergehenden  boOvai 
entstehen  konnte.  Wenige  Zeilen  weiter  heisst  es  in  den  meisten 
Hss.  του  bi.  λέοντος  έ^ελόντος  τους  τ€  όνυχας  και  τους 
ό^όvτας,  in  F  aber  άφ€λόντος  τους  [τε]  δνυχας  καΐ  τους 
ό^ντας  <έ£€λόντος).  Die  Kxoerpte  haben  wie  F  άφελόντος 
and  lassen  auch  T€  weg,  fügen  aber  nicht  έ£€λόντος  zu.  Was 
mag  hier  das  Ursprünglichejgewesen  sein?  Die  nächsten  Excerpte 
haben  wieder  gar  keine  Berührung  mit  F  bis  auf  c.  81,  wo  beide 
eTuiOe  γίνεσθαΐ  haben,  während  die  übrigen  Hss.  €Ϊιυθ€  γίγνεσθαι 
bieten.  Auf  die  Frage,  ob  es  richtiger  ist,  durchweg  die  Formen 
γίνομαι  und  γινώ(Τκαΐ  bei  Diodor  mit  Dindorf  herzustellen  oder 
je  nach  den  Hss.  mit  dem  neuesten  Herausgeber  Fischer  beiderlei 
Formen  zuzulassen,  will  ich  hier  nicht  eingehen,  sondern  nur 
bemerken,  dass  ich  auf  die  Üebereinstimmung  der  Excerpte  mit 
F  in  diesem  Falle  kein  Gewicht   lege;    sie    kann    wirklich    rein 


Textkritisohes  zu  Diodor  265 

zufällig  sein.  Von  Wichtigkeit  dagegen  iet  noch  eine  Stelle  auH 
dem  letzten  Excerpt  dieees  Buches,  c.  95.  7,  wo  die  Excerpte 
und  F  ai  μέν  γαρ  (sc.  συμφοραί)  bxä  τον  π€ρι  του  μέλλοντος 
φόβον  συναναγκάίουσιν  έπιμ€λ€Ϊσθαι  haben,  während  in  den 
übrigen  Hss.  έπαναγκάίουσιν  steht.  Von  einer  absichtlichen 
Aenderung  kann  hier  keine  Rede  sein,  sondern  eine  von  beiden 
Leearten  muss  Versehen  eines  Schreibers  sein;  ein  solches  wird 
man  aber  in  erster  Linie  in  έπαναγκά2Ιουσι  suchen  müssen,  weil 
es  durch  das  unmittelbar  folgende  έπιμ€λ€ΐαθαι  hervorgerufen 
sein  kann.  Diese  Ansicht  findet  im  Sprachgebrauch  Diodors  eine 
grosse  Stütze.  Er  gebraucht  das  Kompositum  έπανατκά2€ΐν, 
wenn  ich  nicht  irre,  in  den  erhaltenen  Büchern  überhaupt  nicht; 
die  einzige  Stelle,  die  es  hat,  steht  in  den  Exe.  de  virt.  201 
(XXIII 15.  2  τους  bi  ηττημένους  bxä  την  ύπερβολήν  τής  εκείνου 
βαρύτητος  έπαναγκάσαι  τραπίσθαι  προς  άλκήν),  ist  also  für 
den  Sprachgebrauch  Diodors  keine  sichere  Belegstelle.  Dagegen 
ist  συναναγκάίειν  sehr  häufig.  Meistentheils  begnügt  sich  ja 
Diodor  bei  konsonantischem  Auslaut  des  vorhergehenden  Wortes 
mit  dem  Simplex;  nach  vokalischem  Auslaut  steht  letzteres  nur 
ganz  ausnahmeweise,  nach  dem  leicht  elidirbaren  ώστε  (ΧΠ  2.  1, 
XIX  31.  3)  nach  τε  (XL  3)  und  ausserdem  noch  XI  22.  4 
(dvubpov  bfe  κατειληφότες  τόπον  και  τψ  οίψει  πιεζόμενοι, 
ήναγκάσθησαν  εαυτούς  παραοοΟναι  τοις  κρατοΟσι).  Hier  könnte 
man  am  Hiatus  Anstoss  nehmen ;  aber  da  auch  sonst  ein  Parti- 
oipinm  mit  grösserem  Zubehör  bei  Diodor  ein  Kolon  für  sich 
bilden  kann,  wird  man  wohl  nach  πιεζόμενοι  eine  Pause  an- 
nehmen können  (vgl.  Rhein.  Mus.  LXII  S.  31).  Sonst  schreibt 
Diodor  nach  vokalischem  Auslaut  einige  Male  καταναγκάΖειν  (I 
35.  1,  XIII  19.  2,  XV  48.  4;  50.  3,  XVH  8.  1),  in  der  Regel 
aber  συναναγκάίειν,  selbst  nach  dem  so  leicht  elidirbaren  be 
(XI  31.  1,  XII  62.  3,  XIII  19.  2,  XIX  43.  1)  und  nach  και 
(I  35.  1,  II  26.  6,  XII  47.  5,  XIV  62.  4,  XV  32.  6;  33.  2; 
39.  2;  48.  4,  XVI  27.  1,  XVIII  25.  1 ;  29.  4,  XXXIV.  V  1.  4), 
nach  dem  doch  sonst  der  Hiatus  so  häufig  nicht  beachtet  wird. 
Doch  braucht  man  sich  darüber  nicht  zu  wundern,  da  ja  auch 
nach  konsonantischem  Auslaut  συναναγκό'ίειν  gar  nicht  selten 
bei  Diodor  Isteht.  Ich  habe  ausser  unsrer  Stelle  (XIX  95.  7), 
an  der  dies  Kompositum  ja  auch  nach  konsonantischem  Auslaut 
steht,    noch222  andere   gezählt  ^      An    einer  (XX  27.  3)  ist  die 


1  11  60.  1,   IV  16.  4,    V  50.  5,   X  25.  3,    XV  94.  3,    XVI  28.  3; 


2Γ>Γ)  Kallcnberg  Textkritischee  zu  Diodor 

Lesart  zweifelhaft;  die  meisten  Hse.  haben  πΐ€Ϊν  κώνιον  συνη- 
νάγκασ€,  während  in  FW  ττ.  κ.  κατηνάγκασε  steht.  Wegen  des 
folgenden  τους  bk.  συνηκολουθηκότας  bin  ich  geneigt  συνη- 
νάτκα(Τ€  für  ein  Versehen  zu  halten  nnd  auch  hier  F  den  Vor- 
zug zu  geben.  Καταναγκά2[€ΐν  findet  eich  sonst  noch  zweimal 
nach  konsonantischem  Auslaut,  aber  beidemal  mit  der  Variante 
άναγκάΖειν,  III  lO.  3  (C  άναγκάίονται)  und  XIX  18.  5  (F  ανάγ- 
κασε). Endlich  sei  auch  noch  der  Satz  XX  69.  5  ήν  bia  τόν 
πόλεμον  έΕηγρίωσαν  χώραν,  έ^ηνάγκαίον  τοις  Ιοίοις  πόνοις 
πάλιν  έΕημβροΟν,  der  mit  seinem  dreimaligen  il  und  dem  bei 
Diodor  sonst  nicht  nachweisbaren  Kompositum  έ£ανατκά2!€ΐν  sehr 
verdächtig  aussieht.  Man  wird  hier  das  Simplex  herstellen 
müssen. 

Diese  kurzen  Bemerkungen  sind  ganz  von  selbst  zum  An- 
fang einer  Ehrenrettung  des  von  dem  neusten  Herausgeber  mit 
Unrecht  sehr  zurückgesetzten  Florentinus  geworden,  und  dies 
dürfte  gerade  ihr  wichtigstes  Ergebnies  sein. 

Berlin.  U.  Kallenberg. 


86.  4.  XVII  23.  3;  34.  G;  42.  4,  XVllI  «JG.  3;  68.  3,  XIX  60.  3;  62.  3; 
XX  24.  2;  27.  3;  35.  5;  42.  5;  86,  3,  XXVIII  14,  XXXI  15•.  4;  45. 
Etwa  um  das  Doppelte  grösser  ist  die  Zahl  der  Stellen,  an  denen  das 
Verbum  nach  vokal ieohem  Auslaut  steht. 


DAvS  L?:BEN  des  1)ΚΉΤΕΚ8  PORPHYRIÜS 


Aue  der  Verbannung  hat  Porphyriue  das  umfaugreichete 
seiner  erhaltenen  Werke,  den  grossen,  aus  mehreren  Einzel- 
gedichten zosammengesetzten  Panegyrikus,  an  Constantin  über- 
sandt.  Wenn  früher,  so  klagt  er  in  der  Vorrede,  seine  Muse 
vor  dem  Kaiser  erschienen  sei,  habe  ein  Kalligraph  sie  schön 
ausgestattet^;  auf  Purpurpergament  sei  sie  mit  Silber  und  Gold 
geschrieben  gewesen,  und  Miniaturen  hätten  den  Rand  verziert-: 
jetzt  müsse  sie  dagegen  sich  auf  blassem  Papier  nur  in  schwarzer 
und  rother  Schrift  zeigen  ^  und  selbst  zu  dieser  dürftigen  Aus- 
stattung biete  der  Ort,  wo  der  Dichter  sich  aufhalte,  kaum  die 
Mittel  dar*.  Seine  früheren  Dedikationen  an  Constantin  hatten 
also  ähnlich  ausgesehn,  wie  der  berühmte  Codex  argenfeus  des 
Wulfila,  nur  noch  reicher.  Denn  dieser  ist  zwar  auch  mit  Silber 
auf  purpurnem  Grunde  geschrieben;  doch  fehlen  ihm  die  Rand- 
malereien und  die  eingestreuten  Goldbuchstaben.  Aber  dass  die 
Schrift  zweifarbig  sei,  wenn  nicht  in  Silber  und  Gold,  so  in 
Schwarz  und  Roth,  war  für  die  Künsteleien  des  Porphyrius  un- 
entbehrlich. 

Die  meisten  der  Gedichte,  welche  den  Panegyricus  bilden, 
bestehen  nämlioh  aus  35  Versen,  von  denen  jeder  35  Buchstaben 
enthält.  Da  diese  so  über  die  Seite  vertheilt  waren,  dass  jeder 
genau  den  gleichen  Raum  einnahm  wie  der  andere  und  dass  die 
Höhe  desselben  der  Breite  gleich  war,  entstand  ein  regelmässiges 
Quadrat.     Innerhalb    jeder  Zeile    sind  dann    einzelne  Buchstaben 

^  1,5:  scriptoris  hene  compta  manu. 

2  1,3:  ostro  tota  nitcwi^  nrgenio  auroqtie  cormcis  scripta  noth. 
pictü  limite  dicta  notans.  1,  IT:  purpnno  fulgtfis  hahitu,  rtidiantihus 
/>ί^<^•,  ut  quondam,  scriptis  ambitiosa  tuis. 

3  I,  7:  pcUHda  nunc  atro  chartam  ίηφι^α  colore,  pnupcrc  vix 
minio  carmina  disaocum. 

*  1,  1*2:  vix  locua  hoc  saltem  praebuit  umle  venis. 


2βΚ  Seeck 

durch  rothe  Schrift,  wie  früher  durch  goldene,  ausgezeichnet, 
und  diese  vertheilen  sich  über  das  Quadrat  zu  ornamentalen 
Mustern,  die  bald  einen  Palmzweig  darstellen,  bald  ein  ScbifT, 
bald  das  Monogramm  Christi  oder  andere  sinnvolle  Buchstaben, 
bald  auch  nur  eine  Gruppe  mathematischer  Figuren.  Liest  man 
dann  das  roth  Geschriebene  für  sich,  so  ergiebt  es  regelmässig 
einen  Sinn,  meist  auch  richtige  Verse.  Als  Beispiel  sei  das  Ge- 
dicht an  Bassus  angeführt  (21),  obgleich  es  weder  zu  dem  Pane- 
gyrikns  gehört,  noch  dem  oben  dargestellten  Schema  genau  ent- 
spricht; denn  es  bildet  kein  Quadrat,  sondern  seine  Zeilen  sind 
von  verschiedener  Länge.  Aber  durch  sie  hin  zieht  sich  in  rother 
Schrift  eine  Reihe  von  je  zwei  concentrisohen  Rauten,  deren 
Linien,  für  sich  gelesen,  Folgendes  ergeben: 

Publilius  Opiatianus  Porfyrius  hctec  Imi 
Omne  genus  metri  tibi  pangens^  optume  Basse. 
Hie  versus  vano  colare  dispar. 
Also  zuerst  zwei  Zeilen    von    ganz    gleicher  Buchetabenzahl,    die 
erste  in   Prosa,    weil  die    Namen   sich   in    kein  Metrum    zwingen 
Hessen,  die  zweite  ein  Hexameter;  dann,  aus  den  inneren  und  da- 
her kleineren  Rauten  gebildet,  ein  Hendekasyllabus. 

Dies  Beispiel  haben  wir  gewählt,  weil  es  uns  den  Namen 
des  Dichters  in  der  bestbeglaubigten  Form  darbietet.  Doch  findet 
er  sich  ebenso  auch  in  der  Ueberschrift  des  Panegyrikus.  Im 
YerzeicbniHs  der  Stadtpräfekten,  das  der  Chronograph  von  354 
erhalten  hat.  lautet  er  Publilius  Optatianus^.  Der  letzte  Name 
fehlt  also,  obgleich  er  nach  der  Sitte  der  Zeit  derjenige  war, 
mit  dem  man  die  Person  vorzugsweise  benannte.  Und  dass  unser 
Dichter  nicht  zu  den  Ausnahmen  gehörte,  die,  wenn  auch  selten, 
vorkommen,  beweisen  die  Citate  aus  ihm,  die  ihn  immer  schlecht- 
weg Porphyrius  nennen',  ferner  der  Codex  Salmasianus,  der  ein 
Gedicht  von  ihm  mit  leicht  zu  erkennender  Korruptel  lorfiri  über- 
schreibt ^  endlich  Hieronymus,  der  in  seiner  Chronik  unter  dem 
Jahre  2345  berichtet:  Porfirius  misso  ad  Constantmum  ifisigni 
volumine  exilio  liberatur, 

DasB  die  Heiniath  des  Porphyrius  in  Afrika  lag,  hat  schon 
Lucian  Müller  verrauthet,  weil  ein  Stück  von  ihm  sich  im  Codex 
SalmasianuR  findet,  dessen   Inhalt  sich  vorzugsweise  aus  Werken 

^  Μοηιιοίίβη,  Chronica  minora  I  S.  i)8. 
-  S.  die  Auegabe  von  L.  Müller  S.  31. 
•  Riese,  Antholog.  lat.  Nr.  Hl. 


Das  Leben  des  Dichtere  Porphyriue  269 

afrikanisoher   Dichter    zaeammeneetzt.      Eine   BeetStigung    bieten 
folgende  Veree  des  Panegyrikne  (16,  16 — 22): 
servatos  Tyrii^  se  semper  vindice  dextra 
te  domino  exuUant;  tranquilUs  kariar  urbi 
Äfrica  temporibus  potifur  servata  quiete. 
nunc  se  felicem^  ntmc  se  suh  nominis^  arce 
tutam,  guod  Carthayo  äectis  venerahile  gestat, 
iure  putat:  tantum  faiü,  lua  inclyta^  praestat 
nobile  te  domino  nmnen\  spes  et  decus  almum  est, 
Daes  eine  von  den  Diöoesen  des  Reiches  so  hervorgehoben 
wird,  iet  sehr  auffällig,  um  so  mehr  als  Afrika  in  der  Geschichte 
Constantins  niemals  irgend  eine  Rolle  gespielt  hat.     Denn  weder 
hat    er  sie  persönlich    besucht,    noch    anders    in    ihre  Geschicke 
eingegriffen,    als  dass  er  sie  durch  die  Besiegung  des  Maxentius 
seiner  Herrschaft  unterwarf.    8o  wird  ihm  denn  auch  hier  nichts 
weiter   nachgerühmt,    als    dass    er   ihr    die    Ruhe    erhalten   habe 
{servata  quiete)^  die,  so  weit  unser  Wiesen  reicht,  zu  seiner  Zeit 
nie  gefährdet  war.    Doch  dies  Verdienst  hat  er  sich  immer  um  sie 
erworben  (sefnper);   jetzt    dagegen  (das  nunc  emphatisch  wieder- 
holt) hat  er  ihr  noch  ein  besonderes  Pfand  des  Glückes  und  der 
Sicherheit  gegeben,  indem  er  Carthago  einen  ehrfurchtgebietenden 
Schmuck  {decus  vefierabile)  verliehen  hat.    Afrika  fühlt  sich  sicher 
unter  dem  Schutze  eines  Namens  {sub  nominis  arce;  tantum  fatis 
praestat  nobile  nomcfi),  der  Hoffnung  und  Ehre  bedeutet  {spes  et 
decus  almum  est).     Dies  kann  ich  nicht  anders  verstehen,  als  dass 
Constantin    der    Hauptstadt    Afrikas    das    Recht    gegeben    hatte, 
seinen  kaiserlichen   Namen   zu   führen,    sie    also  Flavia  Carthago 
oder  Cofistanfina  Carthago  oder  auch  Flavia  Constantina  Carthago 
getauft  hatte.     So    hatte  er  ja   schon  vorher  Augustodunura    zur 
Flavia  gemacht  ^  Arelate  und  Cirta  zu  Constantinae*,  und  auch  von 
andern  Kaisern  ist  uns  die  Verleihung  solcher  Ehrentitel  an  Städte 
des  Reiches  nicht  selten  durch  die  Inschriften  überliefert.     Aber 
niemals  hätte  ein  Dichter  davon  so  viel   Wesens  gemacht,  wenn 
er    an    der    betreffenden  Stadt    nicht    ein    persönliches  Interesse 


*  Daes    unter    den  Tyrii   nur   die   Carthager   als  Colonieten    von 
Tyrus  verstanden  werden  können,  hat  L.  Müller  bemerkt. 

2  So  schreibt  die  erste  Hand  des  Bernensis ;  die  zweite  hat  es  in 
inimi}ni<  geändert,  was  L.  Müller  in  den  Text  gesetzt  hat. 
^  Euineii.  paneg.  VIII  1.  2.  14. 

*  Paiilv-Wissowa  II  S.  Γ,.34.    III  S.  2Γ)8Η. 


270  Seeck 

nahm.  Dass  Porphyriue,  wenn  nicht  Carthager,  so  doch  Afrikaner 
war,  scheint  mir  hiernach  eo  gut  wie  sicher. 

Einmal  nennt  er  sich  ruris  vates  (15,  15).  Danach  muss 
er  seinen  Ruf  durch  eine  Dichtung  begründet  haben,  die  das 
Landleben  oder  den  Landbau  schilderte;  doch  ist  uns  nichts  davon 
erhalten.  In  unserem  Corpus  scheint  das  älteste  Gedicht  oder 
doch  eins  der  ältesten  22  zu  sein,  wie  schon  Müller  vermuthete. 
Denn  in  jenen  Künsteleien,  die  er  sonst  mit  solcher  Virtuosität 
zur  Anwendung  bringt,  zeigt  er  sich  hier  noch  sehr  ungeübt. 
Natürlich  zwingen  sie  ihm  überall  eine  geschraubte  und  dadurch 
sehr  dunkle  Sprache  auf;  aber  in  dem  Panegyrikus  bringt  er  es 
doch  fertig,  dass  der  Sinn  leidlich  erkennbar  bleibt,  während  hier 
nur  Worte  aneinander  gereiht  scheinen,  deren  Zusammenhang 
kein  Mensch  verstehen  kann.  Auch  das  Metrum  ist  hier  und  da 
fehlerhaft,  und  was  bei  einem  Verskünstler  dieser  Art  noch  mehr 
in  Betracht  kommt,  sogar  das  Muster,  das  in  rothen  Buchstaben 
die  Seite  durchzieht,  ist  nicht  ganz  regelmässig  gebildet.  Denn 
die  Seiten  der  Rauten,  aus  denen  es  besteht,  zeigen  theils  sechs, 
theils  nur  fünf  Buchstaben.  Freiheiten  dieser  Art  kommen  im 
Panegyrikus  niemals  vor,  obgleich  hier  die  rothen  Zeichnungen 
noch  viel  künstlicher  sind.  Müller  hat  dies  Stück  mit  21  in 
Verbindung  gebracht,  jedenfalls  mit  Recht.  Denn  beide  zeigen 
ein  sehr  ähnliches  Rautenniuster  und  die  gleichen  Unvollkommen- 
heiten;  das  eine  ist  an  Bassus  gerichtet,  das  andere  an  einen 
Consul  (22,  33),  und  in  den  Fasten  der  Constantinisohen  Zeit 
kommt  zweimal  317  und  331  dieser  Name  vor,  womit  auch  die 
Datirung  dieser  Stücke  gegeben  ist. 

Die  Basilica  des  heiligen  Antonius  zu  Rom  soll  früher  die  in 
Mosaik  ausgeführte  Inschrift  (CIL.  VI  1737)  gezeigt  haben:  lunius 
Bassus  V.  c.  comul  Ordinarius  irropria  impensa  α  solo  fecit  et  dedi- 
cavit  feliciter.  Da  für  den  Consul  von  331  der  Name  Annius  Bassus 
überliefert  schien*,  hat  Rossi  sie  auf  den  Bassus  von  317  bezogen. 
Doch  in  diesem  Jahre  bekleideten  nacheinander  ein  Ovinius  Gal- 
licanus  und  ein  Septimius  Bassus  die  Stadtpräfektur';  wenn  also 
das  Consulat  desselben  Jahres  Gallicafio  ei  Basso  heisst,  so  kann 
es  doch  kaum  bezweifelt  werden,  daHs  sie  gemeint  sin<l,  nament- 
lich da  es  in  jener  Zeit  fast  Regel  ist,   dass  Consulate  und  Prä• 


*   Larnow,  Die  FeMbriefe  aen  heil.  Athanaiiue  S.  27.  70. 
^  Momniten,  Chronica  ininora  I  S.  <i7. 


Dns  Lel)en  des  Dichters  Porphyrius  271 

fekturen  zueamme η  fallen  oder  sich  unmittelbar  folgen  ^.  Und  wie 
Sohwartz*  dargelegt  hat,  ist  für  den  sy riechen  Text  der  Oeter- 
briefe  de«*  Athanaeiue,  auf  dem  dae  Gentilioium  des  ConRuls  von 
331  aueechlieselich  beruht,  Annius  eine  falsche  Transscription 
und  statt  dessen  lunius  zu  lesen.  Jene  Inschrift  bezieht  sich 
also  auf  den  späteren  Bassus,  was  übrigens  schon  an  sich  wahr- 
scheinlich war.  Denn  dass  ein  hoher  Beamter  eine  Kirche  erbauen 
läset,  passt  jedenfalls  besser  in  die  letzte  Zeit  Constantins  des 
Grossen,  als  in  seine  früheren  Jahre 

Fragen  wir  nun,  welchem  von  jenen  zwei  Bassi  die  beiden 
Gedichte  des  Porphyrius  gewidmet  sind,  so  kann  die  Entscheidung 
nicht  zweifelhaft  sein,  wenn  Müller,  wie  auch  ich  glaube,  darin 
Recht  hat,  dass  sie  älter  sind  als  der  Panegyrikus.  Auch  ihr 
durchaus  heidnischer  Charakter  läest  auf  Septimius  Bassus 
schliessen,  da  lunius  Bassus  ja  Stifter  einer  Kirche,  also  Christ 
war.  Hiernach  sind  wir  zu  dem  Schlüsse  berechtigt,  dase  Por- 
phyrius zu  dem  Consuln  und  Stadtpräfekten  des  Jahres  317  in 
Beziehungen  stand,  also  damals  aus  Afrika  nach  Rom  tiber- 
gesiedelt war.  Denn  er  sagt,  dass  Bassus  ihn  veranlasst  habe, 
jene  Gedichte  abzufassen,  was  unzweideutig  auf  persönlichen  Ver- 
kehr hin  weist  ^ 

Um  dieselbe  Zeit  (1.  März  317)  erhob  Constantin  seine 
beiden  ältesten  Söhne  zugleich  mit  dem  Sohne  des  Licinius  zu 
Caesaren.  Vielleicht  bot  diese  Feier  unserem  Dichter  den  ersten 
Anlass,  dem  Kaiser  eine  jener  Dedikationen  auf  Purpurpergnment, 
wie  er  sie  in  der  Vorrede  zum  Panegyrikus  schildert,  aller- 
unterthänigst  darzubringen.  Und  sie  blieb  nicht  ohne  Krfolg; 
denn  sehr  bald  darauf  muss  Constantin  ihn  an  seinen  Hof  ge- 
zogen   haben.     Porphyrius   sagt  nämlich  in   Bezug   auf  den   Sar- 

1  Moiiimsen  ist  in  den  Chronica  niinora  111  S.  519  noch  Rossi, 
wenn  auch  zweifelnd,  gefolgt.  l>och  in  einer  liandeuhriftlichen  Be- 
merkung, die  ich  in  seinen  Sammlungen  zur  Prosopographie  der  christ- 
lichen Kaiserzeit  finde,  äussert  er  sich  über  den  Consul  von  317 
folgendermaesen :  lunium  Bassum  esse  voluit  Bossius  propter  tiiulum 
(JIL  VI  1737  sine  dubio  male  suppletum;  ttam  ratioy  qtiae  intercedit 
inter  cofisules  et  praefectos  urbi,  omnino  requirit^  ut  consul  hie  idem  sit 
atque  praefectns  anni  fiu.sd^m.  Die  Annahme,  dass  die  Inschrift  falsch 
ergänzt  sei,  war  nach  dem  Zustande  ihrer  Ueberlieferung  wohlberech- 
tigt, wird  aber  jetzt  durch  die  Lesung  von  Schwartz  hinfällig. 

2  Nachrichten  der  kgl.  Gesellsch.  der  Wiesensch.  zu  Göttingen. 
Ilist.-pliil.  Kl.  1ί»04  S.  .ΗΓ). 

3  21,  14:  aed  rursum  Bassus  nunc  prodere  Carmen  impefat. 


272  Seeck 

matenkrieg  des  Jahres  322,    bei   dem    er  sehr    auefübrlicb    ver- 
weilt, von  seiner  Muse  (6,  32): 

perfecta  camenis 

vuli  resonare  meis  et  testis  notu  tropaea 

depictis  signare  metris, 
Sie  will  als  Augenzeugin  (testis)  die  ihr  wohlbekannten  Siege 
(noia  tropaea)^  die  sie  schon  früher  besungen  hat  (perfecta  camenis 
fneis\  noch  einmal  besingen  {resonare)  und  sie  in  jene  Metra 
bannen,  die  künstlich  mit  rothen  Mustern  ausgemalt  sind.  Aehn- 
lieh  lautet  auch  G,  17: 

factorum  gnarum  tarn  grandia  dicere  vatetn 

iam  totienSj  Atiguste^  licet, 
Porphyrius  hat  also   jenen  Feldzug    mitgemacht    und    dann    den 
Sieg  durch  mehrere  (totiens)  jetzt  verlorene  Gedichte  gefeiert. 

In  welcher  Stellung  er  das  Heer  begleitete,  wird  sich  kaum 
feststellen  lassen;  doch  jedenfalls  war  er  nicht  Soldat,  sondern 
befand  sich  in  der  Umgebung  des  Kaisers.  Der  Brief  desselben, 
welcher  der  Müller* scheu  Ausgabe  vorgedruckt  ist,  redet  ihn  mit 
frater  carissime  an,  was  auf  einen  sehr  hohen  Rang  hinweist. 
Wahrscheinlich  gehörte  er  zu  den  Comites,  die  den  allerengsten 
und  vornehmsten  Kreis    ies  kaiserlichen  Hofhaltes  bildeten. 

Dass  jener  Brief  mit  dem  ihm  vorangehenden  des  Por- 
phyrius nicht  zu  dem  Panegyrikus  gehört,  obgleich  sie  beide 
in  unseren  Handschriften  durch  irgend  eine  Blattvereteilung  des 
Urkodex  mitten  in  ihn  hineingerathen  sind,  hat  schon  Müller 
gesehen.  Es  wird  bestätigt  durch  die  Titulaturen  des  Kaisers, 
welche  die  üeberschriften  der  beiden  Briefe  zeigen:  Domino  Con- 
staut ino  maaimo  pio  invkto  et  vener abili  semper  Augusto  und 
Invictiis  Constantinus  maximus  Augustus,  Hier  gehört  venerabili 
nicht  zur  Titulatur,  sondern  will  nur  als  Ausdruck  für  die  Ge- 
fühle des  Dichters  gelten.  Die  Titel  pius^  invictus  und  semper 
Augusfus  werden  in  jener  Zeit  von  allen  Kaisern  geführt  und 
lassen  daher  keinen  Schluss  auf  die  Chronologie  zu.  Anders  ist 
es  mit  maximtis;  denn  dieses  Beiwort  bezeichnet  Constantin  als 
den  ältesten  unter  seinen  Kollegen  und  wurde  ihm  erst  nach  dem 
Tode  des  Maxentius,  dh.  Ende  312,  durch  den  römischen  Senat 
verliehen  ^  Dagegen  fehlt  der  Titel  victor,  den  er  nach  dem 
Siege  über  Licinius  324  annahm^.  Die  Briefe  fallen  also  zwi- 
schen die  Jahre  313  und  324;  ich    möchte   sie  in  das  Jahr  322 

*  Seeck,  Geechichte  des  Untergangs  der  antiken  Welt  PS.  V\ky. 
-  Moniinseii,  Hericlit«*  «lor  suche,  (»eeellich.  d.  Winsonsch.  18.')1  S.  204. 


Das  Leben  dee  Dichtere  Porphyriue  273 

setzen  und  den  Dank,  den  Conetantin  dem  Porphyriue  für  die 
UeberRendung  von  Gedichten  ausepricht,  auf  diejenigen  beziehen, 
welche  den  Sarmatenkrieg  feierten.  Jedenfalls  weist  die  Anrede 
frater  carissime  darauf  hin,  dass  der  Dichter  durch  eine  hohe 
Würde  ausgezeichnet  war,  also  wohl  schon  seit  längerer  Zeit 
zur  Umgebung  des  Kaisers  gehörte.  Uebrigens  scheint  durch  jene 
Blattverstellung  des  Urkodex  auch  die  Reihenfolge  der  beiden 
Briefe  verkehrt  worden  zu  sein;  denn  der  des  Porphyriue  enthält 
den  Dank  für  das  schmeichelhafte  Schreiben,  mit  dem  Constantin 
seine  Dedication  beantwortet  hatte,  und  war  zugleich,  wie  die 
Schluesworte  zeigen,    von  einer  neuen  Gedichtsendung    begleitet. 

Im  J.  322  befindet  Porphyriue  sich  noch  in  vornehmer 
Stellung  am  Kaiserhofe;  326  schmachtet  er  in  der  Verbannung 
(1,11.  2,5.  11.  31.  5,10.  6,34.  20a,  22)  und  fleht  demüthig 
ihm  die  Rückkehr  nach  Rom  zu  gestatten,  wo  er  einen  Sohn 
zurückgelassen  hat  (1,  15}.  In  die  Zwischenzeit  (324)  fällt  der 
Sturz  des  Licinius^  Es  liegt  daher  sehr  nahe,  die  angeblich 
falsche  Anklage  (2,31),  welche  das  Unglück  des  Dichters  herbei- 
führte, mit  diesem  Ereigniss  in  Verbindung  zu  bringen. 

Aue  dem  J.  323  ist  uns  (Cod.  Theod.  XVI  2,  5)  das  folgende 
Geeetzeefragment  erhalten:  quoniam  conperimus,  quosdam  eccle- 
siasticos  et  ceteros  catholkae  sectae  servientes  α  diversatum  reli- 
gianum  hominibus  ad  lustrarum  sacrificia  celehranda  conpeUi,  hac 
sanciione  sancimus,  si  quis  ad  rttum  alienae  superstUionis  cogendos 
esse  crediderU  eos^  qui  sanctissimae  legi  serviunt^  si  condicio 
patiatar,  publice  fustibiAS  verber etur,  si  vero  honoris  ratio  talem 
ah  eo  repeUat  iniuriam,  condemnationem  sustinecU  damni  gravissimly 
quod  rebus  puhlicis  vindicabitur.  Die  Unterschrift  ist  überliefert: 
dat.  VIII  Kai,  lun,  Sirmi^  Severo  et  Rufino  conss,  (323);  doch 
kann  dies  Datum  nicht  richtig  sein.  Denn  unter  den  lustrorum 
sacrificia  läset  sich  nichts  anderes  verstehen,  ale  die  Opfer,  welche 
bei  den  fünfjährigen  Feiern  der  Thronbesteigung  dargebracht 
wurden,  und  thateächlich  fiel  in  dae  Jahr  323  ein  derartigee  Fest, 
nämlich  die  Quindecennalien  dee  Licinius.  Doch  dieser  hatte 
zwar  im  Jahre  308,  aber  erst  am  11.  November  den  Purpur 
empfangen.  Dase  bei  der  Begehung  dieses  Tages  religiöser  Zwang 
gegen  die  Christen  angewandt  sei,  konnte  also  nicht  schon  im 
Mai  dem  Constantin  zu  Ohren  kommen,   sondern  frühestens  gegen 

^  DasB  der  Krieg  gegen  Licinius  in  das  J.  324  fiel,  ist  jetzt  durch 
neue  Papyrosfunde  sichergestellt.     Rhein.  Mus.  LXII  S.  493  ff. 

BbeiD.  Mut.  t  PbUol.  N.  F.  LXIII.  18 


274  Seeck 

Ende  November,  wabrecheinlich  eret  im  December.  Tch  balte 
en  daber  ffir  siober,  dass  in  der  Datirong  VIII  Kai,  lan,  für 
Inn.  zu  eobreiben  ist,  und  aucb  da«  Ortedatum  bietet  dafiir  eine 
Beetätignng.  Denn  da  Conetantin  auch  am  19.  Januar  824  in 
»Sirmiiim  naebweisbar  iet^,  int  es  sebr  wabrecbeinlicb«  daes  er 
dort  in  den  Winterquartieren  lag,  alao  sebon  vor  dem  Datum  unseres 
Oeeetzee  (25.  December  323)  in  der  Stadt  eingetroffen  war,  in  der 
unsere  Subscription  ibn  zeigt.  Dagegen  befand  er  sieb  im  Februar 
des  J.  323  in  Tbessalonika  ^  und  unternabm  von  dort  ans  den 
Feldzug  gegen  die  G-otben  an  der  unteren  Donau  ^,  der  ibn  jeden- 
falls den  grössten  Tbeil  des  »Sommere  von  Sirmium  femgebalt«n 
baben  wird. 

Als  dieses  Gesetz  gegeben  wurde,  stand  die  Christenver- 
folgung des  Licinius  auf  ibrer  Höbe,  und  wie  es  uns  zeigt,  wirkte 
sie  auch  auf  den  Reiobstbeil  Constantins  hinüber.  Denn  wenn 
seine  Beamten  es  wagten,  Christen  zum  opfern  zu  zwingen,  so 
kann  dies  nur  im  Vertrauen  auf  den  Schutz  des  Licinius  geschehen 
sein.  Sollte  nicht  auch  Porphyrius  zu  den  Würdenträgern  gehört 
haben,  die  sich  in  heidnischem  Uebereifer  jenes  Verbrechens 
schuldig  machten  V  Zwar  wird  es  bei  Männern  der  oberen  Rang- 
klassen,  zu  denen  er  gehörte,  nur  mit  einer  hohen  Oeldstrafe 
bedroht;  doch  in  besondere  scbweren  Fällen  könnte  sie  sieb  wobl 
auch  bis  zur  Verbannung  gesteigert  baben. 

Dies  will  natürlich  nur  Vermutbung  sein;  docb  würde  sich 
aus  ihr  manches  in  der  Scbriftstellerei  des  Porphyrius  erklären. 
In  seinen  Frtihwerken  zeigt  er  sieb  durchaus  als  Heide ;  nament- 
lich das  Gedicht  ist  dafür  charakteristisch,  dessen  Verse  die  Form 
eines  heidnischen  Altars  nachahmen  (2(i).  In  den  späteren  da- 
gegen, vor  allem  im  Panegyrikus,  wird  er  nicht  müde,  mit  seinen 
rotben  Buchstaben  das  Gbristusmonogramm  oder  den  Jesusnamen 
in  den  Text  hineinzuzeicbnen  (8.  14.  19.  24)  und  sich  zur  Drei- 
einigkeit, wie  das  Nicaeniscbe  Concil  ihre  Bedeutung  formulirt 
hatte,  zu  bekennen.  So  ergeben  in  24  die  rotben  Buchstaben 
des  Monogramms  die  Verse: 

Omnipotens  genitor  tuque  ο  divisio  tnixta^ 
füius  atque  pater  et  sanctus  spintits  unum, 
faveas  votisl 

1  Cod.  Theod.  XII  17,1. 

«  Cod.  Theod.   IV  8,  6 :   dat.  XV  kal  Matt  Ti^Hsal  Ärtrn)  W 
Itufifw  conna.     Dies  scheint  diß  l)eete  Ueberliefcrung  z«  »ein. 
^  Anon.  Vales.  5,  21. 


Das  Leben  des  Dichters  Porphyrius  275 

Dies  geflissentliche  Zurscbautragen  seiner  Bekehrung,  wo  er  um 
Gnade  bitten  muss,  macht  es  sehr  wahrscheinlioh,  dass  sein  Ver- 
gehen auf  dem  reHgiÖsen  Gebiete  begangen  war. 

Sein  Sa/ncte  tui  vatis  Caesar  miserere  serenuSj  das  sechsfach 
in  rothen  Buchstaben  das  erste  Gedicht  des  Panegyrikus  (2) 
durchzieht,  hat  denn  auch  den  gewünschten  Elrfoilg  gehabt.  Das  ist 
sicher  überliefert  (S.  2)  ;  abei:  die  Zeit  seiner  Begnadigung  ist,  wie 
ich  glaube,  noch  nicht  festgestellt.  Die  Chronik  des  Hieronymus 
setzt  sie  ins  Jahr  328,  jedenfalls  nicht  richtig;  aber  es  ist  wahr- 
scheinlicher, dass  sich  die  betreffende  Notiz  um  ein  Jahr  von 
dem  ihr  zukommenden  Platze  verschoben  hat,  als  um  zwei  oder 
gar  um  drei.  Und  dass  Porphyrius  erst  327  aus  der  Verbannung 
zurückgekehrt  ist,  halte  ich  nicht  für  unwahrscheinlich,  da  sein 
insigne  volumen,  das  ihm  die  Verzeihung  des  Kaisers  erwirkte, 
nicht,  wie  man  gewöhnlich  meint,  im  J.  325,  sondern  erst  326 
abgefasst  ist 

Dass  es  bestimmt  war,  Constantin  bei  seinen  Yicennalien 
überreicht  zu  werden,  sagt  es  selbst  an  zahlreichen  Stellen  (4, 1. 
5,  8.  9,  35.  16,  35.  19,  33).  In  das  rothe  Schiff,  das  19  durch- 
zieht, sind  die  Buchetaben  VOTA  XXX  hineingezeichnet,  weil 
man  bekanntlich  bei  der  Zwanzigjahrfeier  die  Gelübde  für  die 
folgenden  zehn  Jahre  darbrachte.  Dasselbe  besagt  auch  5,  35 : 
pio  iricennia  suscipe  voto!  Nun  schloss  die  Chronik  des  Easebius, 
also  eine  zeitgenöseisohe,  durchaus  zuverlässige  Quelle,  mit  einem 
Satze,  der  in  der  üebersetzung  des  Hieronymus  folgendermassen 
lautet:  Vicennalia  Consfantini  Nicomediae  acta  et  sequenti  anno 
Romae  edUa.  Die  Feier  wurde  also  zweimal  begangen,  am 
Beginn  und  am  Ende  des  zwanzigsten  Jahres,  das  heisst  am 
25.  Juli  325  und  326,  und  wenn  man  bisher  angenommen  hat, 
das  erste  dieser  beiden  Feste  müsse  von  Porphyrius  gemeint  sein, 
80  war  dies  ein  Irrthum. 

Das  ergiebt  sich  mit  zweifelloser  Sicherheit  aus  den  zwei 
Stellen,  an  denen  Constantin  mit  consul  angeredet  wird  (12,  1. 
18,  2).  Denn  das  Consulat  bekleidete  er  nicht  im  Jahre  325, 
wohl  aber  326.  Und  dass  die  Feier,  welche  das  Gedicht  ver- 
herrlichen sollte,  nicht  in  Nicomedia,  sondern  in  Rom  und  in 
Gegenwart  des  Senats  begangen  wurde,  sagt  20  a,  12  ff.  aus- 
drücklich : 

hinc  ordo  veste  clara 
cum  purpuris  honorum 
fausto  precantur  ore 


276  Seeok 

feruntque  dona  laeti. 
tarn  Borna,  cultnen  orhis, 
dat  munera  et  Coronas^ 
auro  ferens  coruscas 
Victorins  triumphiSj 
votaque  uxm  theatris 
redduntur  et  choreis. 

Auch  daes  Rom  (8,  12.  9,  5.  11,  3.  15,  14)  und  die  Romtda  ρΐώβ 
(18,  19;  vgl.  7,  34.  16,  4)  so  oft  erwähnt  werden,  würde  bei  der 
dankein  Ausdrackeweise,  die  unserm  Dichter  eigen  ist,  zwar  an 
sich  nichts  entscheiden,  unterstützt  aber  doch  das  oben  An- 
geführte. 

Historisch  wichtiger,  weil  es  auch  weitergehende  Schltisse 
gestattet,  ist  Folgendes.  Die  rothen  Buchstaben  im  5.  Gedicht 
bilden  die  Zeichen:  AVG,  XX,  CÄES,  X.  Die  Vicennalien  des 
AugustuB  Constantin  fielen  also  mit  den  Decennalien  seiner 
Caesares  zusammen,  und  beide  sollte  der  Panegyrikus  preisen. 
Dies  ist  9,  :^5  mit  deutlicheu   Worten  gesagt: 

vicennia  laeta 
Augusto  et  decies  crescant  sollemnia  natis. 
Vgl.  auch  5,  26:  compleat  et  versu  variata  decennia  picto.  Neben 
dem  Kaiser  werden  daher  in  der  Regel  auch  seine  Söhne  genannt 
(4,  3.  5,  2.  6.  28.  7,  6.  27.  29.  8,  33.  10,  33.  20  a,  2);  aber  nur 
von  zweien  ist  die  Rede  (16,  36:  gemino  Caesare;  vgl.  5,  30 — 34), 
von  Crispus  (5,  30.  9,  24.  10,  25)  und  Constantin  II.  (9,  31;  vgl. 
5,  33),  obgleich  seit  dem  8.  November  324  auch  Conetantius  II. 
schon  den  Caesarenpurpur  trug  ^  Doch  er  wird  übergangen, 
weil  er  an  den  Decennalien  seiner  Brüder  keinen  Antheil  hatte 
und  eben  dieses  Fest  es  war,  das  neben  den  Vicennalien  Con- 
stantins  im  Panegyrikus  verherrlicht  werden  sollte. 

Dass  die  Caesares  ihr  Regierungsjubiliium  zugleich  mit  dem 
ihres  Vaters  in  Rom  feierten  oder  feiern  sollten,  bestätigt  auch 
eine  Gruppe  von  Münzen^.  Sie  zeigen  auf  der  Kopfseite  bald 
das  Bildniss  Constantins  des  Grossen  mit  der  Beisohrift  CON* 
STÄNTINVS  AYG.,  bald  das  des  Crispus  mit  CRI8PVS  NOB. 
CAE8,  bald  das  Constantins  IL  mit  C0NSTANTINV8  IVN. 
NOB,  C.  Die  Rückseite  zeigt  übereinstimmend,  mit  der  Um- 
schrift HO  MAE  AETERNAEj    das  Bild    einer  sitzenden  Roma, 


1  Pauly-Wiesowa  IV  S.  1045. 

2  Cohen,  Medaillee  imperiales  VII 2  S.  2vS:).  352.  38δ. 


Dae  Leben  des  Dichten  Porphyrius  277 

welche  die  Ziffer  XV  auf  einen  Schild  schreibt.  Nun  wurden 
bekanntlich  bei  jeder  dieser  Fttnfjahrsfeiern  die  Vota  für  das 
bevorstehende  Lustrum  dargebracht,  also  bei  den  Decennalien 
der  Caesares  für  die  Quindecennalien.  Wenn  aber  die  Stadt- 
göttin Roms  es  ist,  welche  deren  Ziffer  auf  ihrem  Schilde  ver- 
zeichnet, so  soll  damit  offenbar  ausgedrückt  werden,  dass  die 
ihrer  Hut  befohlene  Stadt  an  der  Feier  theilnahm. 

Hierdurch  erfährt  die  Datirung,  die  ich  früher  für  den  Tod 
des  Crispus  gefunden  zu  haben  glaubte  *,  eine  nicht  unwesentliche 
Korrektur.  Von  Constantin  IL  sind  mehrere  Goldmedaillons 
erhalten,  die  bei  seinen  Decennalien  als  Festgeschenke  ver- 
theilt  wurden.  Die  Rückseiten  zeigen  die  Aufschriften:  VOTIS 
BECENN.  D.  N.  CONSTANTINI  CAES,  —  VOTIS  X  CON- 
S TANTINI  CAES.  —  VOTIS  X  CAES.  X.;  auf  einer  aber 
steht  VOTIS  X  CAESS.  NN,  Dies  Stück  zeigt  durch  die  Ver- 
doppelung des  S  und  JV,  dass  es  für  die  Decennalien  zweier 
Caeearen  geschlagen  ist,  während  die  andern  nur  von  einem  reden. 
Daraus  ergiebt  sich,  dass  ein  Theil  der  Festmünzen  geprägt  ist, 
während  Crispus  noch  am  Leben  war,  ein  anderer  nach  seinem 
Tode,  dass  er  al80  während  der  Vorbereitung  seiner  Decennalien 
hingerichtet  wurde.  Dem  entspricht  es,  dass  von  ihm  gar  keine 
Medaillons  erhalten  sind,  die  der  Decennalien  Erwähnung  thun, 
wohl  aber  eine  ganze  Anzahl  gewöhnlicher  Geldstücke^.  Man 
hat  eben  die  grossen  Goldmünzen,  die  in  seinem  Namen  als  Ge- 
schenke ausgegeben  werden  sollten,  nach  seinem  schmählichen 
Tode  zurückbehalten  und  eingeschmolzen,  während  das  unschein- 
bare Kurantgeld,  das  schon  massenhaft  geprägt  in  der  Münze 
lag,  unbeachtet  blieb-  und  so  seinen  Weg  ins  Publikum  finden 
konnte. 

Die  beiden  Caesarea  waren  am  1.  März  mit  dem  Purpur 
bekleidet  worden^.  Hiernach  meinte  ich,  sie  hätten  auch  ihre 
Decennalien  hu  demselben  Datum  begehen  müssen,  und  da  Crispus 
sie  nach  dem  eben  Dargelegten  nicht  mehr  erlebt  hatte,  setzte  ich 
seinen  Tod  in  die  ersten  Tage  des  Jahres  326,  unter  dem  die 
Chronik  von  Constantiuopel  ihn  verzeichnet.  Doch  jetzt  erfahren 
wir   durch   Porphyrius,    dass  die  Feier   nicht  an  dem  Tage  statt- 

»  Zeit^chr.  f.  Numismatik  XXI  S.  27. 

-  Cohen,  CriRpe41  -49.  i)2.  63.  65—69.  1•>7.  145—147.  165—183. 
193.   194. 

^  Mommsen,  Chronica  minora  I  S.  232. 


278  Seeck 

fand,  der  ihr  nach  der  regelmäesigen  Ordnung  zugekommen  wäre, 
sondern  einige  Monate  verschoben  wurde,  um  zugleich  mit  den 
Vicennalien  Constantins  am  25.  Juli  in  Rom  begangen  zu  werden. 
Dadurch  aber  sind  wir  in  den  Stand  gesetzt,  auch  die  Hinrichtung 
des  Crispus  beinahe  um  ein  halbes  Jahr  weiter  herabzurüoken, 
und  dies  entspricht  den  sonstigen  Nachrichten,  die  wir  über  sie 
besitzen,  viel  besser,  als  meine  frühere  Datirung. 

Sie  wurde  in  Pola  vollzogen  ^  also  an  der  Grenze  Italiens, 
obgleich  die  gewöhnliche  Residenz  des  Crispus  in  Gallien  war 
und  er  sich  kurz  vorher  im  orientalischen  Reichstheil  aufgehalten 
hatte;  denn  324  befehligte  er  ja  die  Flotte  im  Kriege  gegen 
Licinius^.  Hiemach  darf  man  annehmen,  dass  er  seinen  Vater 
auf  der  Reise  nach  Rom  begleitete,  wo  sie  gemeinsam  ihr 
Jubilftum  feiern  wollten,  als  unterwegs  die  Anklage  gegen  ihn 
erhoben  wurde,  die  ihm  den  Tod  brachte.  Wahrscheinlich  geschah 
dies  in  Aqui^lia  oder  in  seiner  nächsten  Nähe;  denn  dies  ist  die 
Station  der  Reise,  die  Pola  am  nächsten  liegt.  Natürlich  wünschte 
Constantin,  dass  seine  Familientragödie,  so  weit  es  möglich  war, 
in  der  Stille  ihren  Abschluss  finde,  umsomehr  als  seine  Vicennalien 
unmittelbar  bevorstanden,  auf  die  sie  keinen  Schatten  werfen 
sollte;  denn  ein  Fest  im  letzten  Augenblick  abzubestellen,  zu 
dem  seit  Monaten  mit  ungeheuren  Kosten  die  Vorbereitungen  ge- 
troffen waren,  entschloss  man  sich  nicht  leicht.  Er  konnte 
daher  die  Untersuchung  nicht  in  einer  Grossstadt  führen,  wie 
damals  Aquileia  es  war;  denn  dort  ruhten  die  Augen  von  Hundert- 
tausend en  auf  ihm.  So  verlegte  er  sie  denn  in  das  benachbarte, 
aber  kleine  und  abgelegene  Pola.  Untersuchen  wir  also,  wann 
er  hier  eingetroffen  sein  kann. 

Diese  Frage  hängt  mit  einer  anderen  zusammen,  die  historisch 
noch  bedeutungsvoller  ist,  nämlich  wann  Constantinopel  seinen 
neuen  Namen  empfing  und  damit  zur  zweiten  Reichshauptstadt 
designirt  wurde.  Ihre  feierliche  Einweihung  fand  erst  am  II.  Mai 
330  statt,  doch  der  Namenwechsel  muss  spätestens  in  die  ersten 
Monate  326  fallen,  da  schon  auf  Münzen  des  Crispus  und  der 
Fausta,  die  mit  jenem  gleichzeitig  oder  fast  gleichzeitig  den  Tod 
fand,  die  Prägstätte  C0N8  genannt  wird.  Hieraus  erklärt  es 
sich  auch,  dass  in  dem  Panegyrikus  des  Porphyrius  schon  von 
Ftmti  nobilitaSy  altera  Roma,  die  Rede  ist  (4,  6;  vgl.  18,  33);  damit 

1  Amm.  XIV  11,  20. 

«  Pauly-Wieeowa  IV  S.  1723. 


Das  Leben  des  Dichters  Porphyrius  271) 

kann  jedenfalls  nicht  Nicomedia,  wie  man  bisher  annahm,  sondern 
nur  Conetantinopel  gemeint  sein.  Denn  wenn  Diocletian  auch 
jene  Stadt  mit  prächtigen  Bauten  schmückte  und  dadurch,  wie 
Lactanz  übertreibend  sagt,  sie  Rom  gleichzumachen  strebte  ^ 
80  hat  Conetantin  ihr  doch  niemals  dieselbe  Bevorzugung  er- 
wiesen; Conetantinopel  dagegen  erhielt  von  ihm  gleich  anfangs 
nicht  einen  ordo  decurimium^  wie  ihn  die  andern  Städte  besassen, 
sondern  einen  senaJtus  secundi  ordiniSj  dessen  Mitglieder  sich  zwar 
nicht,  wie  die  römischen  Senatoren,  inri  clarissimi  nennen  durften, 
wohl  aber  viri  clari*.  Dies  zeigt  deutlich,  dass  die  Stadt,  welche 
den  Namen  des  Kaisers  trug,  nicht  Rom  gleichgestellt,  aber  doch 
ihm  angeähnelt  und  über  alle  andere  Städte  des  Reiches  er- 
hoben werden  sollte.  Wenn  also  ein  Schmeichler  sie  als  zweites 
Rom  (4,  6)  oder  als  Schwester  Roms  (18,  34)  bezeichnete,  so 
ging  er  damit  über  die  wirklichen  Absichten  Constantins  zwar 
etwas  hinaas,  redete  aber  doch  in  seinem  Sinne. 

Die  neugegründete  Stadt  sollte  ein  Denkmal  seines  Sieges 
über  Lioinius  sein^  Dem  entspricht  es,  dass  sie,  wie  wir  oben 
gesehn  haben,  schon  ein  Jahr  nach  jenem  Siege  oder  wenig 
später  unter  ihrem  neuen  Namen  auftritt.  Wir  dürfen  wohl 
Yoraassetzen ,  dass  Conetantin  während  dieses  Zeitraums  mit 
ihrer  Wiederherstellung  und  Ausschmückung  beschäftigt  war, 
und  dazu  passen  die  Aufenthaltsorte,  die  wir  für  ihn  aus  den 
Daten  seiner  Gesetze  nachweisen  können.  Zwar  Byzanz  selbst 
und  das  gegenüberliegende  Chalkeüon  nennt  keines  von  ihnen. 
Das  eine  hatte  kurz  vorher  eine  lange  Belagerung  ausgehalten, 
and  bei  dem  andern  war  die  grosse  £ntecheidungsscblaoht  gegen 
Lioinius  ausgefochten  worden.  Durch  diese  Kriegsnöthe  werden 
sie  so  sehr  gelitten  haben,  dass  sie  einem  Kaiser  und  seiner 
prächtigen  Hofhaltung  keine  passende  Unterkunft  gewährten. 
Doch    sein    Gardepräfekt    Bassus    hält    sich  Anfang  326   in   dem 


*  De  mort.  pers.  7,  10:  ita  semper  dementabat  Nicomediam  stu- 
äms  urbi  Bomae  coaequare. 

*  Anon.  Vales.  <>,  30:  ibi  etiam  senatum  conatituit  secundi  ordinis ; 
dar 08  vocamt, 

^  Anon.  Vales.  (>,  30:  Coyistaniinus  auitm  ex  se  Bysantium  Con- 
staniinopolim  nunciApavit  ob  insiffnis  victoriae  memoriam.  So  hat 
Mommeen  den  lückenhaften  Text  ergänzt;  denn  die  Worte  ne  und 
memoriam  fehlen  in  der  Handschrift.  Doch  mag  diese  Emendation 
auch  nicht  ganz  sicher  sein,  der  Sinn  der  Stelle  ist  jedenfalls  klar. 


280  Seeok 

neuen  Conetautinop.^1  auf,  wahrscheinlich  um  dort  die  Bauten  zu 
überwachend  Der  Kaiser  selbst  verweilt  in  denjenigen  Städten, 
welche  seiner  Gründung  am  nächsten  liegen.  Vom  Oktober  324 
bis  zum  11.  August  325  ist  er  abwechselnd  in  Nico  media  und 
in  Nicaea  nachweisbar;  als  dann  die  Herbetstürme  die  Verbindung 
über  den  Bosporus  erschweren,  siedelt  er  nach  Heraclea  über, 
wo  wir  ihn  vom  25.  Oktober  325  bis  zum  5.  März  326  nach- 
weisen könnend  Bald  darauf  finden  wir  ihn  auf  der  Reise  nach 
Rom.  Am  15.  Mai  ist  er  in  Sirmium^  am  17.  Juni  in  Verona, 
am  6.  Juli  in  Mailand.  Danach  mttsste  die  Ankunft  des  Kaisers 
in  Aquileia  und  mit  ihr  der  Tod  des  Crispus  zwischen  den  15.  Mai 
und  den  17.  Juni  326  fallen,  was  zu  den  früher  gefundenen 
Daten  gut  passen  würde. 

Die  Katastrophe  des  Jünglings  wurde  bekanntlich  dadurch 
herbeigeführt,  dass  er  der  Blutschande  mit  seiner  Stiefmutter  be- 
zichtigt wurde.  An  den  Sünden  seiner  Frau  war  Constantin  nicht 
unschuldig,  da  er  selbst  ihr  durch  zahlreiche  Buhlschaften  ein 
böses  Beispiel  gegeben  hatte.  Die  Reue  des  Kaisers  und  seine 
Erkenntnis,  welche  Gefahren  auch  die  Untreue  des  Mannes  mit 
sich  bringt,  fand  ihren  Ausdruck  in  einem  Gresetz,  in  dem  er 
seinen  Unterthanen  das  verbot,  dessen  er  selbst  sich  schuldig 
fühlte.  Das  erhaltene  Fragment  desselben  lautet:  netnini  lieentia 
cancedaiur  constanie  matrimonio  concubinam  penes  se  habere*.  Es 
ist  am  14.  Juni  326  in  irgend  einem  Caesarea  zur  öffentlichen 
Aofftellnng  gelangt;  in  welcher  unter  den  zahlreichen  Städten 
dieses  Namens,  wissen  wir  nicht.  Das  Propositum  eines  Gesetzes 
ist  von  seinem  Datum  immer  durch  einige  Wochen  getrennt ;  doch 
in  der  Sommerzeit,  wo  die  Schifffahrt  unbehindert  war,  konnte 
die  Beförderung  schnell  sein,  so  dass  in  diesem  Falle  der  Zwischen- 
raum kein  sehr  langer  zu  sein  braucht.  Danach  könnte  dieses 
Gesetz  um  £nde  Mai  326  gegeben  sein,  also  gerade  zu  der  Zeit, 
in  der   nach  den  angeführten  Daten  Constantin    die  traurige  £r- 

^  Cod.  Theod.  II  10,  4:  ad  Bcusum  p{raefeetum)  p(raeiorio).  ~ 
p(ro)p(o8ita)  VIII  id.  Marl.  C(mst{antincpoli\  Constantino  A.  VII  et 
C.  conss.    Dies  scheint  die  beste  üeberlieferung  zu  sein. 

*  Zeitschr.  f.  Rechtegeschichte.     Rom    Abth.  X  S.  232  ff. 

»  Ueberliefert  ist  Cod.  Theod.  II  16,  1  und  III  :^0.  3  dat.  id.  Mart. 
Sirtmo;  aber  da  der  kaiserliche  Hof  die  1000  Kilometer  zwischen 
Heraclea  und  Sirmium  unmöglich  in  zehn  Tagen  zurückgelegt  haben 
kann,  habe  ich  Mai.  für  Ifar^  geschrieben. 

*  Cod.  Just.  V  26. 


Das  Leben  des  Dichtere  Porphyriae  ^81 

fahrung  machte,  die  seine  impaleive  Natar  zum  firlass  deseelben 
bestimmt  haben  wird. 

Daes  Criepas  in  dem  Panegyrikae  dee  Porphyriue  gefeiert 
wird,  ist  der  Hauptgrand  gewesen,  warum  man  dessen  Abfassung 
noch  dem  Jahre  325  zuschreiben  zu  müssen  glaubte.  Doch  wenn 
der  Caesar  nicht  volle  zwei  Monate  vor  den  Vicennalien  von  326 
hiogeriohtet  wurde,  so  konnte  das  Gedicht,  welches  dies  Fest 
schmücken  sollte,  schon  lange  abgeschickt  sein,  ehe  die  Nachricht 
seines  Todes  zu  Porphyrius  gelangte,  namentlich  wenn  dessen 
Verbannungsort  ein  entlegener  und  schwer  zugänglicher  war. 
Nehmen  wir  dies  an,  so  kann  auch  die  Begnadigung,  welche  der 
Lohn  für  seine  Yerskunststücke  war,  erst  spät  an  ihn  gelangt 
sein.  Es  ist  also  sehr  wohl  möglich,  dass  er  erst  327  nach  Rom 
zurückkehrte  und  dass  folglich  die  betreffende  Notiz  des  Hieronymus, 
die  unter  328  steht,  sich  nur  um  ein  Jahr  verschoben  hat,  wie 
das  in  den  Chroniken  jener  Zeit  ja  eine  ganz  alltägliche  Er- 
scheinung ist. 

Im  zehnten  Gedicht  des  Panegyrikus  bietet  eine  der  roth- 
geschriebenen Zacken  die  Lesung:  pater  imperas,  avus  impereSy 
und  auch  an  andern  Stellen  (16,  38.  18,  26.  19,  38)  wird  dem 
Kaiser  die  Hoffnung  ausgesprochen,  dass  er  bald  Enkelkinder 
begrüssen  werde.  Nun  hatte  aber  Constantin  schon  am  30.  Ok- 
tober 322  zu  Ehren  der  Niederkunft  seiner  Schwiegertochter 
Helena  eine  Amnestie  erlassen  ^,  war  also  damals  schon  Gross- 
vater  geworden.  Aus  unserer  Dichtung  werden  wir  schliessen 
müssen,  dass  das  Kind  vor  326  gestorben  und  seitdem  kein  neues 
geboren  war,  so  dass  Crispus  ohne  Nachkommenschaft  aus  dem 
Leben  schied. 

Von  den  späteren  Schicksalen  des  Porphyrius  wissen  wir 
nur,  dass  sein  Dichterruhm,  wahrscheinlich  auch  seine  neu- 
gebackene Christlichkeit,  ihm  noch  zu  hohen  Ehren  verhalfen. 
Denn  zweimal,  in  den  Jahren  329  und  333,  bekleidete  er  die 
Stadtpräfektur,  freilich  nur  31  und  32  Tage  lang*.  Es  scheint 
danach,  dass  Constantin  ihn  wohl  mit  Würden  schmücken,  aber 
von  seiner  Verwaltungskunst,    die  jedenfalls    niedriger   stand    als 

*  Cod.  Theod.  IX  3H,  l:  propter  Crispi  atque  Helenae  partum 
Omnibus  indulgcmus  praeter  veneficos  homicidas  adulttros. 

3  Mominsen,  Chronica  minora  I  S.  68.  Bei  der  zweiten  Präfektur 
wird  jedenfalls  item  iu  Herum  zu  verbessern  sein.  Denn  wenn  derselbe 
Mann  dies  Amt  zweimal  bekleidet,  versäumt  es  der  Chronograph^nicht 
leicht,  die  Iteration  ausdrücklich  zu  vermerken. 


282  i^ceck  Das  Leben  des  Dichtere  Porphyrius 

eeine  Verekunet,  nur  beeobränkten  Gebrauch  machen  wollte. 
Beidemal  ist  es  möglich,  dass  sein  Amt,  wie  früher  seine  Be- 
gnadigung, der  Lohn  für  eine  panegyrische  Dichtung  war;  denn 
die  Jahre,  welche  seinen  beiden  Präfekturen  vorangingen,  boten 
sehr  passende  Gelegenheiten  dazu.  328  feierte  Constantius  II. 
seine  Quinquennalien,  332  erfocht  Constantin  II.  einen  glänzenden 
Sieg  über  die  Gothen,  und  beides  waren  Ereignisse,  die  einen 
Dichterling  seiner  Art  wohl  veranlassen  konnten,  seiner  ver- 
renkten Muse  neue  Uualen  aufzuerlegen. 

Münster  i.  W.  Otto  Seeck. 


DIE  PERIKEIROMENE 


Bei  der  VeröflTentliohung  des  grossen  Menanderfundes  war 
es  G.  Lefebvre  «ntgangen,  daes  das  Blatt  J,  welches  er  in  die 
^Samia'  setzte,  in  die  ΤΤειρικειρομένη  gehört.  Das  hat  meines 
Wissens  zuerst  Wilamowitz  ausgesprochen^,  und  an  der  That- 
Sache  besteht  kein  Zweifel.     Dann  hat  Leo  soeben   im  Hermes^ 


^  Neue  Jahrb.  1908,  S.  43  Der  Menander  von  Kairo. 
^  Hermes  1908»  S.  120  Der  neue  Menander.  —  Mein  Aufsatz  war 
geschrieben,  als  der  von  Leo  erschien.  Ich  habe  mehreres  gestrichen, 
was  durch  ihn  erledigt  war,  auch  den  Text  an  zwei  Stellen  geändert. 
lu  der  Reconstruction  des  Stückes  stimme  ich  mit  L.  ziemlich  in  allen 
Punkten  nberein,  die  durch  die  neue  Anordnung  der  Blatter  gegeben 
sind.  Im  übrigen  fehlt  es  nicht  an  Differenzen.  Einiges  davon  hoffe 
ich  durch  Emendation  ins  Reine  zu  bringen.  Es  kommt  mir  hier  mehr 
darauf  an,  durch  Emendation  des  Textes  als  durch  eine  Gesammt- 
reconstruction  das  Yerständniss  des  Stückes  zu  fördern.  Darum  sind 
die  schlecht  erhaltenen  Scenen  allein  behandelt.  —  Die  erste  Nieder- 
schrift dieses  Aufsatzes  begann  mit  der  Besprechung  der  Frgm.  LPS, 
um  ihre  Nichtzugehörigkeit  zur  TTcp.  zu  erweisen.  Allein  der  Name 
des  Brautvaters  würde  entscheiden  (Laches  statt  Philinos).  L  und  Ρ 
bat  jetzt  V.  Arnim  im  letzten  Heft  des  Hermes  S.  168  glücklich  zu- 
sammengefügt. Die  Zusammenstellung  war  mir  ebenfalls  gelungen  und 
ich  glaube  an  einem  Punkte  den  Zusammenhang  von  PiLa  noch 
fördern  zu  können: 

τών  vOv  φόβων  12 

£θυον  έκ[λ€λυ]μ^νος.     *Αλλά  μήν  πο(€Ϊν) 

ήμίν  ίδοΕ(€  ταο)τ*•    ίχ€ΐ  τήν  παρθ^νον 

ό  Μοσχίϋίν*  [β^βηκ']  έθ€λοντης,  ού  βίςι*  15 

φόμ€θα  χα(λ€π)αν€ΐν  oe  τούτο  πυθόμβνον 

άοτ^Ιος  άποβ^βηκας*  βύτυχήκαμβν 

itepi  τοΟ  βοαιμ€ν; 


Hier  erst  ist  Personenwechsel,  wie  der  Papyrus  anzeigt.    Auch  Moschions 
Freunde  haben  Grund   zu  einem  Dankopfer.     Die  Gedaukenkette  geht 


L• 


2S4  Sudhaus 

die  richtige  Reihenfolge  der  Blätter  hergestellt.  Das  Resultat 
läset  sich  kurz  so  zusammenfassen :  J  ist  das  Innenetüok  einer 
Blattlage,  da  der  Text  auf  den  vier  Seiten  ohne  Unterbrechung 
fortläuft.  Vorne  und  hinten  fehlt  der  Anscbluee,  also  ist  min- 
destens ein  Doppelblatt  (X)  verloren.  Von  dem  andern  Doppel- 
blatt Ε  geht  Reite  Ε  1  und  Ε  2  vorauf,  also  muss  £  3  und  Ε  4 
hinter  J  gerückt  werden,  und  es  ergiebt  sich  folgendes  Schema: 

Ε  1.  2  (X  1.  2)  J  1.  2.  3.  4  (X  3.  4)  Ε  3.  4 
Dann  folgt  in  unbestimmbarem  Abstände  das  werthvolle  Frag- 
ment Κ  mit  der  Einleitung  der  Erkennungsscene.  Auch  an  dieser 
Thatsache  wird  niemand  zweifeln,  der  sich  die  Sache  einmal  sinn- 
lich klar  gemacht  hat,  und  nach  Leos  Aueführungen  kann  ich 
meine  Argumentation  ruhig  streichen.  Nur  zwei  Beweise,  die 
sich  ungezwungen  der  kritischen  Besprechung  der  Scenen  ein- 
fügen, sollen  im  folgenden  gelegentlich  nachgetragen  werden• 

1.   Die  trochäische  Scene  des  zweiten^  Aktes 

(398-439). 
Am  Schlüsse  des  ersten^  Aktes,  in  dem  die  Person  und  die 
Verhältnisse  Polemons  exponirt  werden,  sagt  Daos: 
842  Παΐοες,  μεθύοντα  μειράκια  προσέρχεται 
σύμπολλ'*  επαινώ  όιαφόρως  κεκτημένην* 
εϊσω  προς  ημάς-  εΙσάγει  τήν  μείρακα. 
τουτ'  Ιστχ  μήτηρ '  ό  τρόφιμος  ίητητέος  * 
πρόσαγ'  ούΐτος^  αυτόν  τ(ήν  τα)χίστην.     Ένθάοε 
εις  και]ρόν  εΤναι  φαίνεθ',  ώς  έμοί  οοκεΐ. 
Die  trunkenen  μειράκια    wird    man    am    natürlichsten    mit 

von  rückwärts  so:  Wir  haben  Glück  gehabt:  der  Vater  hat  sich  als 
Weltmann  gezeigt  (der  sich  mit  dem  Geschehenen  abfindet,  στίγ€ΐ, 
καρτ€ρ€ΐ):  er  hat  es  gar  nicht  tragisch  genommen,  dass  das  Mädchen 
freiwillig  zu  ihm  ^in^,  wodurch  allein  Moschion  im  ungefährdeten  Be- 
sitz der  Geliebten  bleibt.    —  Es  sind  lauter  Asyndeta. 

^  Die  Bezeichnunj::  wird,  glaube  ich,  durch  das  folgende  gerecht- 
fertigt. 

2  YMAC  die  Abschrift;  auch  Leo  ändert  ήμβς. 

3  Leo  liest:  ΤΤρόσαγ*  αυτός  αυτόν  τ.  τ.  4v6d6€.  Εύκαιρον.  Die 
Abschrift  giebt  Personenwechsel  vor  ^vOdbc,  dann  CY' .  .  APAN.  VgL 
S.  liif)  f.  dos  Hermesaufsatzes.  Dass  hier  getanzt  wird  scheint  mir 
glänzend  bewiesen,  ebenso  wie  das  gemacht  wird :  vor  den  Trunkenen, 
hier  den  Frühst ücksgäston,  läuft  alles  fort,  und  die  Bühne  ist  frei. 
Das  ist  genial  einfach. 


Die  Perikeiromene  285 

den  συνήθεις  (66)  des  Polemon  identificiren,  denen  der  Frtih- 
fitückewein  zu  Kopfe  gestiegen  ist.  Da  Daos  bei  ihrem  Ans* 
schwärmen  sogleich  an  Glykeras  Ueberftthrnng  denkt  —  sie  ist 
nun  in  Sicherheit  — ,  liegt  der  weitere  Schluss  nahe,  dass  die 
animirten  Burschen  sich  vielleicht  mit  der  Absicht  tragen,  sie 
aus  ihrem  bisherigen  Zufluchtsort  zurückzuholen.  Das  könnte 
dann  nur  das  Haus  des  Pataikos  sein.  In  demselben  Athem  g^ebt 
nun  Daos  seine  nichtsnutzige  und  zugleich  alberne  Auffassung 
der  Situation  durch  den  Ausruf  zu  erkennen  :  Das  ist  eine  Mutter! 
ich  muss  den  jungen  Herrn  suchen.  Sie  treifen  zusammen  (347), 
und  Daos  erzählt  vor  dem  neuen   Akte  das  grosse  Erlebniss. 

Moschion  lässt  sich  denn  auch  einreden,  dass  ihm  die  Mutter 
im  eigenen  Hause  ein  Verhältniss  arrangire,  und  wieder  ertönt 
ihr  Lob,  diesmal  aus  dem  Munde  des  Sohnes:  ώς  γαρ  οΙκείο)! 
(OIKEIQC  die  Abschrift)  κίχρηται  τψ  παρόντι  πράγματι  (396). 
Aber  die  Alte  giebt  ihnen  eine  über  die  Maassen  derbe  Lection 
(400 — 405),  und  es  ist  köstlich,  wie  die  beiden  zuerst  ganz  ver- 
dutzt dastehen,  dann  ins  Zanken  gerathen,  bis  plötzlich  Daos 
wieder  alles  in  günstigstem  Lichte  sieht:  *61ykera  sperrt  sich 
nur  anstandshalber  ein  wenig,  in  drei,  vier  Tagen  hast  du  sie', 
und  der  herzlich  dumme  Junge  lässt  sich  ebenso  schnell  be- 
schwatzen wie  im  Anfang  der  Scene.  —  Daos'  Phantasie  befruchtet 
sich  in  demselben  Moment,  wo  er  Prügel  bekommen  soll: 
416  τό  beiva,  ΜοσχΙων,  έγώ  τότε  — 

μ(ια)ρ(ό  ς^   €(1)μ'    -     ίγνων.     Φλυαρείς    προς    μ€    μα   τόν 

Άσκληπιόν. 
Ου  [φανησομ]\  δν  ακούσης,    τυχόν  ϊσιυς  ου  βούλεται 
π[αρακ]α[λ€ϊν]^  σ'έΕ  [έ]πιορομής,  ταυθ'  ώς  έτυχεν,  αλλ*  άΕιοΐ 
4ίίο  π[ρότ€ρον]  etbevai  α\  άκοΟσαι  τα  παρά  σου  τ€  νη  Δία  * 
ου  γάρ  ώς  αυλητ]ρις^  ούο'  ώς  πορνΛιον  τρισάθλιον 
παρακαλεί.  Μ.  Δοκ€]ϊς*  λέγειν  μοι,  Δάέ,  τι  πάλιν.  D.  Ο€[£€ται*, 


^  μιαρός  hat  mehrfach  die  Bedeutung  pfiffig»  gerissen,  findig  und 
geht  auf  dns  €ύρετικόν  καΐ  ύπονοητικόν.  Demeas  l  ezeichnet  sich  mit 
Genugrthuung  in  der  Samia  20β  (auch  von  L.  verglichen)  als  μιαρός, 
er  als  μιαρός  halte  dergleichen  herausmerken  müseen  (ύττονο€ΐν).  Wegen 
dieses  ύπονοβΐν  (206  u.  55)  ist  auch  wohl  Samia  270  zu  ergänzen  (auch 
da  spricht  Domeas,  nicht  Nikeratos)  oöb^v  εύρηκώς  αληθές,  ών  τότ' 
φμη[ν  ύπονο€ΐν].  Schon  Sokrates  sagt  zu  Phaidros  (28<>  Ε)  ώ  μιαρέ, 
ώς  €Ö  άνευρες,  was  dann  wieder  an  Samia  250  erinnert. 

3  Μ  zu  Anfang  der  Z.  ^  εισουδ  *  θαισ  ^  6o 


288  Sudhaut 

Kijinl  τ]ο[ύτψ  νυν  μί]ν,  οΐμαι,  καταλέλοιπεν  οΐκίαν, 

ϊνα  σε]  παρ[αο^£ητ  ^]  έραστην*  el  σύ  τρ€ΐς  ή  τίττορας 
41»  ήμΟρας  σ[τ€]λ€Ϊ*,  προσ^Ηβι  σοι  τις•  άνβκοινοΟτό  μοι 

το]υτ'  άκουσαι,  παρ€|τίθ]€ΐ  νυν.    Μ.  Τί  σύ^  πβδήσας   κατά 

[κράτος, 

Δά]€*,  π€ριπατ€ϊ(ν  πο)€Ϊς  μ€  π€ρίπ(ατ)ον  πολύν  τίνα; 

άρτίιυς  μέν  ούΓκ  άλ]ηθές  [παρα]ο[ι]ο[ούς  πλαν]ς1ς  πάλιν; 

D.  Ουκ  έάις  φρονεϊν  [μ'  άθ]όρυ[βον•  άναβα]λου  τρόπον  τινά 
«ο  κοσμίιυς  τ'  εϊσιυ  πάρ(€)λθ€.  Μ.  [. . .  αγοίρας^  €[ϊ].  D.  Κα\  μάλα* 

έφόοΓ  ούχ  όρςίς  μ'  ίχοντα;  D.  [Νυν  απ€ΐμ\    Μ.  ΕΙς  οΐκίαν 

b'  βίσιών  [^qiov]  τι  τούτων  συνο[ι]ορθώσ[€ΐς•  έμοί. 

D.  Όμολογώ  νικάν  σ€.    Μ.  ΜικροΟ  γ'  Ήράκλ€ΐς  καιν[φ  biei'' 

αοός  €ΐμ' '  ο|ύκ  έ|στι®τάρ  ταυΟ',  ώς  τότ' φμην,  €ύχ€ρ[ή. 
Mit  dem  naiven  Seufzer  ^das  ist  gar  nicht  eo  leicht  wie 
ich  dachte'  tritt  er  ins  Haue,  sein  Herz  klopft.  Was  wird  er 
thun?  £8  iet  sehr  hUhsch  zu  verfolgen,  wie  die  Scene  auf  Ε 4, 
der  Monolog  dee  Moechion  (117 — 141),  an  die  letzten  Worte  dee 
ehen  heaproohenen  Stückes  anachliesetu  Moaehion  hat  gar  nicht 
hemerkt,  daee  man  unterdessen  Miene  machte,  sein  Hans  zu 
stürmen.     Den  warnenden  Diener  weist  er  ah: 

Ουκ  €ΐσφθ€ρ€ΐσθ€  θάττον  ύμ€ΐς  εκποδών; 
'λόγχας  ίχοντ€ς  έκπεπηοήκασι  μοι*®; 
Aber    was    hat    er   gethan?      Gar   nichts,    er    ist   still    in    sein 
Zimmer  geschlichen,  ενταύθα  κατ€Κ€ίμην  συν€στηκώς  πάνυ,   es 

^  υαρ,  423,  424  und  naturlich  auch  solche  Stücke  viie  431  sollen 
nur  den  Sinn  wiedergeben. 

*  .  .  .  .  poaOc  .  .  .  λ€ΐ,  der  Raum  würde  eher  für  das  Praesens 
sprechen  ' wenn  du  dich  zurückhältst,  klein  machst*. 

^  πουπ€Οησασκατα  —  | .  μ€  *  .  ME 

'>  Hier  scheint  ein  Eigenname  vorzuliegen,  der  den  Scherz  des 
folgenden  Verses  vielleiclit  verständlich  machen  würde. 

"  κ  .  .  .  τιτουτωνουνί),  κ[αλΟϋς]  ist  minder  passend. 

'  Wie  Epitr.  406  αυός  €ΐμι  τφ  bi^x  . 

^  οπ  .  στι  —  €υκρ€  ...  €  und  ρ  werden  öftere  verwechselt, 
ρ  muss  oft  die  bekannte  bretzelartige  Form  im  dem  Papyrus  aufweisen. 
Ebenso  werden  TT  und  Μ  (wie  im  Index  Acad.)  und  Δ  und  C  öfters 
vertauscht;  Α  hat  oft  runden  Anstrich,  wie  man  bald  sieht:  es  wird 
mit  G),  auch  0  oder  PI  verwechselt. 

^*  Mit  dieser  Interpunktion  tritt  der  Sinn  am  klarsten  heraue. 
Dann  v.  121  'Λλλά  Εθνους,  φησ\  €Ϊχον*,  Antwort:  Unsinn,  das  ist  nur 
der  eiue  Sosias. 


Die  Perikeiromene  287 

iRt  das  alles  eben  gar  nicht  so  leicht,  wie  er  eich*8  gedacht  hatte. 
Der  Anechlnee  an  die  trochäische  Scene  ist  evident.  Nan  schickt 
der  kleinmütbige  den  Daos  mit  einem  Anftrage  znr  Matter.  Der 
sagt  aber  davon  kein  Wort  und  macht  sich  an  die  Reste  des 
Frühstücks,  δριστον  αύτοϊς  καταλαβών  παρακ€ίμ€νον  έτίμιε€ν 
αυτόν.  Das  ist  natürlich  dasselbe  Frühstück,  das  in  dem  Blatte 
J  (3ft8)  erwähnt  wurde:  εύτρεπές  b'  άριστον  έστιν,  und  somit 
liefert  der  gute  Daos  ebenfalls  einen  sehr  drastischen  Beweis  für 
die  Blattfolge  J  Ε  3.  4. 

Kehren  wir  nun  zum  Anfang  der  trochäischen  Scene  zurück: 

S48  Δα(€  πολλά)κις  μέν  ήοη  προς  μ'  ά7Γήττ€λκα[ς,  τάλίαν^ 
ουκ  αληθές,  άλλ'  άλαΐών  καΐ  θβοϊσιν  εχθρός  βΤ* 
δν]2  bk  κα(ι  νυ)νι  πλανςίς  με  —  Ι),  κρέμασον  ευθύς  έμ[έ  λαβών 
τ)ήμερον.    Μ.  Λέγεις  τί;  D.  Χρήσαι  πολεμίου  τοίνυν  [μίρει, 
δν]  οακής  [ή  μ]ή  κ(ατα)λάβΐ5ς  γ"  iv(b)ov  α[ύτήν  γενομένην^ 

Schon  der  letzte  Vers  macht  Schwierigkeit  (.  .  δακησε  .  ηκ),  ich 
würde  δν  πλανώ  (Τε  erwarten.  Von  dem  folgenden  würde  man 
überhaupt  lieber  die  Hand  lassen,  aber  wir  müssen  bis  354  durch- 
kommen um  des  folgenden  willen.  Daos  rühmt  sich,  dass  er 
'die  ganze  Sache  in  Zug  gebracht'  und  durch  sein  Zureden  Glykeras 
Uebersiedelung  veranlasst  habe:  [ö]V  έοίιυκε  (=  ich  hier)  — 
ταύτα  [πά]ντα,  Μοσχίιυν,  και  πέπεικε  |  προς  σε]  πέμ[π]ε[ιν1  ^^^ρ' 
άναλώσας  λόγους*  μύριους  τήν  EM  .  .  .  CAITEÖ  (wohl  τήν  σήν 
έταίραν).  Man  kann  den  Zusammenhang  noch  bis  360  verfolgen : 
βούλομαι  bk  προστάτην  σε  πραγμάτων  έμ[ών  ποεϊν, 
σιυφρ]ον[ισ]τ[ής  κ]αι  στρατ[ηγός],  Δά[ε,  επίσκοπος  τ'  ίσει" 


^  πολύ  Leo,  dafür  spricht  410  πολύ  καταψεύδ€σθ(αι)  —  ΚΑ  .  .  . 
ΑΥΤ  mit  Fragezeichen  die  Abschrift.  ^  ,  η 

8  .  .  AAKHCE  .  HK  .  .  .  ΛΑΒΗΟΤΈΝ  .  ONA  .  .  Η  .  EN.  Demeas  nimmt 
!:ich  vor,  Chrysis  zu  kranken  (SamiaHt):  δακών  άνάσχου,  καρτέρησον 
€ύγ€νώς.  Darum  fragt  er  lfi9  μή  'δάκης;  und  172  ούπω  δάκνει;  es  ist 
nichts  zu  ändern,  'ecquid  te  pupusrit?  nondum  tangerisV  Das  Passiv 
bat  Leo  erkannt.  Man  muss  an  Stücke  wie  Theoer.  V  oder  den  Prügel- 
agon  in  den  Fröschen  denken.  Hoffentlich  giebt  die  Vergleichung  des 
Papyrus  noch  einen  Anhalt. 

^  μ€ν  .  .  €  .  .  δευρ'αναλωσασαυτον,  was  δόλους  oder  λόγους  (so 
auch  Leo)  sein  muss. 

δ  πραγμοταμελλ |  .  .  .  AIONCEIT  .  .  AICTPATATAAA 

ETE.     Litoresse  hat,  was  Daos  3Γ)8  a  parte  spricht,  für  seinen 


288  Sudhaus 

Von    diesem    πίττ€ΐκ€ν    aus    versteht   man  denn  auch  das  Wort- 
gefecht von  V.  406  ab  in  den  Einzelheiten. 
4oe  ή  μέν  oöv  μήτηρ  -  Μ.  Τι  φής  ; 

D.  Tobe    ποήσ'^  ά]κουσαν    αύ[τήν    φη](Τΐ  πράγμ'.     Μ.  Ούχ 

?V€K*  έμου; 
άλλα  πώς  π]ίπ€ΐκας   ϊρπβιν*  προς  μ';  D.  'Εγώ  b'  €Ϊρηκά  σοι, 
δτι  π€π€ΐ]κ'  έλθ€Ϊν  έκ[€ίνη]ν ;  μά  τόν  Άπόλλιυ  [  γώ  μέν]  oö. 
Daoe  betont  also:   ich  habe  nicht  Glykera  beredet  zn   kommen 
(^ρπείν,  έλθεΐν),  wie  Moschion  eich  eingebildet  hatte,  sondern  nur : 
ich  habe  gerathen,  sie  kommen    zu    lassen  oder  aufzunehmen. 
Nach  einem  Verse  des  Sinnes  du  belüget  mich  auch  sonst,  5θ[κ€Ϊ]ς  — 
πολύ  καταψ€ύο[€](Τ[θ'  έμοί,  fährt  Moschion  fort: 
411  ου  μέν  oöv  τήν  μητίρ'  αύτό]ς '  ταύτα  συμπ€[π€ΐκέν]αι 
άρτίως  ίφησθα  ταύτην  ένθάδ'  ύποδ^ζασθ'  έμοΟ 
ίνεκα;  D.  Τουθ',  όρ<51ς,  ίφην,  ναι,  μνημονεύω.    Μ.  κα\  δοκεΐν 
?V€k'  έμοΟ  σοι  ταύτα  πράττβιν;    D.  Ούκ  ίχιυ  τουτι  φράσαι 
άλλ'  ίγωγ'  ίπ€ΐθον. 
So  viel  sei  hier  von   zusammenhängenden  Partien  gegeben;  zum 
Schluss  noch  zwei  Versgruppen.     Die  Eitelkeit  des  Moschion  ist 
hier  und  in  den  zwei  Selbstgesprächen  (380  ff.  und  390  ff.)  stark 
hervorgehoben.      Die  Pointe    der  ersten  Stelle  scheint  mir  noch 
nicht    gefunden.     Moschion    vergleicht    sich    mit    seinem   Neben- 
buhler, dem  σοβαρός.     Daher   die  Anrufung  der  Adrasteia,    für 
die  Suidas  s.  v.  σοβαρός '  .  .  .  ούκ  άλίγιυν  *Α6ράστ€ΐαν  ουδέ  Νέ- 
μ€σιν  έμπαεόμ€νος  wenigstens  etwas  Licht  bringt. 
383  ούκ  άηοής  *,  ώς  ίοικίν,  €ΐμ'  ib€iv  ovb'  ίντ[ονος, 
οϊομαι,  μά  τήν  Άθηναν  άλλ*  έταίρ[<)ΐ  προσφιλής, 
τήν  b'  *Αδράστ€ΐαν  μάλιστα  νΟν  άρ[ίσκ€ΐ  προσκυ]ν[€Ϊν. 

(/harakter,    er    erwähnt    die  Unverfrorenheit,    etwa  άρα  τόλμα  [πολύ] 
κράτ[ι]στον  έ[φόδιο|ν  [προς  τόν  β(ον] ; 

*  τόδ€  ποήσ*  (ich  las  τόί)€  πο€Ϊν)  Leu,  der  auch  αυτήν  φησι  liest. 
Vor  ούχ  fehlt  der  Doppelpunkt. 

'  ΕΙΓΓΕΙΝ  die  Abschr.  (ohne  Sinn). 

^  Dass  ich  diese  grosse  Lücke  ausfülle,  geschieht  nur,  weil  ohne 
Hinzuziehung  dieses  Verses,  speciell  des  Wortes  μητέρα  das  folgende 
den  Kindruck  des  Sinnlosen  macht,  bzw.  des  Tautologischen.  Daot 
sagt  έγώ  σου  ^vckq  ίπ€ΐθον  τήν  μητέρα  ταύτην  ύποδ^Εασθαι,  er  habe 
nicht  gesagt  Οτι  τήν  μητέρα  £π€ΐθ€ν  τοΟ  υΙου  ^ν€κα  ύποδ^Εασθαι  τήν 
Γλυκ^ραν. 

*  Von  Loo  NG(t  ΙίΚ)7  S.  :j;)0  emondirt,  das  Richtige  wird  im  Pap. 
stehen,     ούο'  ^ντ(υχ€ΐν  ν.  Arnim  (der  uucli  €ΐμ*  löciv  hat). 


Die  PerikeirompiR»  289 

Auch    in    den    Zeichen    von    390   OYKEIM'AHAHC  .  .  ÜAICAY 
steckt  wohl  nichts  anderes  als  ουκ  αηδής  ειμ'  έταιραι^. 

Schliesslich  sei  noch  die  letzte  grosse  Schwierigkeit  dieser 
Scene  hertihrt,  die  derbe  Antwort  der  Mutter,  die  Daoe  mit 
mehreren  eingelegten  φτ\0\  und  mehrfach  von  dem  verblüiFten 
jungen  Herrn  unterbrochen,  vorträgt.  Die  Mutter  will  nichts 
mehr  von  den  Liebeshändeln  wissen  und  wahrt  die  Ehre  des 
Hauses^: 

400  'Μηκίτι  (τι)  τούτων,  φησ(ίν,  ουκ  ά)κήκθ€ν 

ή  <ού>  σύ  λ€λάληκας  προς  αύτ(όν),  δτι  φοβηθ€Ϊσ'  ένθά6€ 
(κατ)απίφ€υτ' α[υτ]η  πρ[ός  ήμας,  μια]ρέ;  μή  ώρας  σύ  γβ, 
φή]σ',  ϊκοι' '.  Μ.  "Αληίθες ;  D.  Ούτως  —  'έκ]βά(οι)ί€,  παώΐον . 

2.    Der  Tumult  vor  Moschions  Hause  (435—487). 

Kaum  ist  Moschion  mit  Daos  ins  Haus  gegangen,  da  tritt 
einer  von  den  Leuten  des  Polemon  auf,  der  schon  einmal  als 
Kundschafter  ausgesandt  war.  £r  hat  den  μοιχός  soeben  ins 
Haus  treten  sehen,  in  dem  Glykera  weilt.  Was  thun?  Wenn 
er  meldet,  so  wird  sich  sein  Herr  zu  Gewaltthaten  hinreiseen 
lassen,  die  ihm  theuer  zu  stehen  kommen.  'Wenn  er  mir  nicht 
so  leid  thäte,  sagt  er,  so  müsste  ich  jetzt  meine  Beobachtung 
melden  Γ 
437  άκαρής  bέω  bk  φάσκειν  καταλαβ€ΐν 

τον  μοιχόν  ivbov,  ϊν*  άναπηδήσας  τρέχη, 

€ΐ  μή  Τ€  παν(τά)πασιν  αυτόν  ήλβουν. 

1  Εβ  folgen  mehrere  ή  μέν,  ή  δέ,  etwa  [τή  μέν  ο]ντα  μ'  ένθ[ά1δ[€ 
(sc.  δήλωσον)  dies  ganz  unsicher,  dann  ziemlich  klar:  τή  bi  vOv  (aus 
I  .  ΕΔΕΙΝΥΝ)  TOilojöTO  [\]έΥ  ίμ[έ  γ'  άπ'  άτ]ορας  άναστρ^φ[€ΐν|.  Dann 
stellt  sich  seine  Phantasie  vor,  wie  sie  ihn  empfangen  wird,  ή  μέν  — 
aber  er  muse  vorbei,  erst  zur  Mutter  τήν  bi  μητέρα  βίσιόντ'  €ύθύς 
φίλήσαι  b€\  etc. 

2  Vorher  gebt  πάνυ  γάρ  άτοπον  ( ATOTTCJC) '  ώς  γάρ  έλθ(ών)  €ΐπα 
προς  τήν  μητέρα,  Οτι  πάρ€ΐ.  —  μηκέτι  <τι)  hatte  ich  auch  gefunden, 
als  ich  die  Kmendation  bei  Wilamowitz  las  N.  J.  1908  S.  45;  ebenso 
<ού)  σύ.  aber  die  Lösung  der  ganzen  Schwierigkeit  bei  der  üeber- 
lieferung  HKAICYAEAAAHKAC  hatte  ich  nicht  erkannt,  auch  nicht  das 
μή  ώρας  σύ  γ€  ϊκοιο,  das  Wil.  an  derselben  Stelle  kurz  berührt,  aber 
ϊκον  öv  kann  nicht  richtig  sein.  Entscheidend  für  das  Ganze  ist,  dass 
man  καταπέφβυγεν  versteht,  wie  es  in  der  gleich  zu  besprechenden 
Scent»  lu'isst,  Daos  habe  ausgeplaudert,  οτι  προς  γυναίκα  ποι  [δ€(σα]σα 
κα[τα]π^φ€υγ€.  Von  μιαρ^,  wenn  es  richtig  ist,  ist  ΓΕ  erhalten.  Die 
Füllsel  in  40i>  nur  boispielshalber. 

allein.  Mue.  f.  Fhllol.  N.  F.  LXIII.  1^ 


390  Sudhaufl 

κακόδαιμον.  ουτιυ  b*  [ίτοπ]ον  ήν  ού6'  ένύ7τν[ιον.^ 
Ι6ών  γάρ  oW  —  ώ  τής  π[ικρα]ς  *  επιδημίας  — 
ό  Ιένος  άφΐκταΓ  χαλεπά  ταύτα  παντ€λ[ώς 
τά  πράγματ'  εστί*  νή  τόν  Άπόλλιυ  ταΟτ'  ό[κνώ. 
Ich  halte  es  für  gänzlich  ausgeschloesen,  daen  der  Εένος  Mosohion 
ist.  Dieser  sanftredende  Eriegemann  will  dooh  eine  ganz  heaondere 
Häufung  von  Sorgen  und  Nöthen  aufzählen.  Es  ist  wie  ein 
quälender  Traum:  Moschion  im  Hause,  der  Ε^νος  zur  Stelle,  der 
Alte  im  Anzüge;  wenn  das  zum  Klappen  kommt!  Natürlich 
hrioht  der  Sturm  gleich  los.  Der  Εένος  ist  achwerlich  ein  Anderer 
als  der  Εένος  von  v.  121,  jener  Soeias,  der  wohl  das  Faototnm 
des  Polemon  ist^.  Auf  ihn  kann  die  höchst  lächerliche  Be- 
rennung  des  Hauses  mit  den  παίδες  (κα^ταπελτικοι  etc.  ab- 
gewälzt werden.  Menander  hat  doch  den  Polemon  schwerlich  in 
der  Rolle  des  Thraso  im  Eunuch  des  Terenz  auftreten  lassen. 
Der  Name  des  Εένος  stand  bei  v.  447,  gelesen  ist  am  linken 
Rande:  .  C  t^leo  wohl  [CCOjC.  Anfang  und  Schluss  dieser 
Scene  möchte  ich  hier  folgen  lassen.  Sie  beginnt  mit  einer  Tirade 
des  Sosias,  der  ebenfalls  aufgepasst  hat,  flinker  bei  der  Hand  ist 
und  ans  einem  ganz  anderen  Tone  redet  als  der  Kundschafter: 
447Ύμ€Ϊς  b'  άφήκαθ',  Ιερόσυλα  βηρία; 

ένίτ]κατ*  i[EiuJ  τής  θύ[ρα]ς  [τόν]  ΑΘ[λιον. 
ό  μέν  άρ]τία)ς  άφ[ικό]μ[ενο]ς  θ[αλφθήσε]τα[ι*, 
4βο  ή  b*  οϊχεθ'  ώς  τόν  γείτον'  ευθύς  bηλαbή 
τόν  μοιχόν  οΙμώ2[ειν  φράσασ'  ήμας  μακρά  ^ 
καΐ  μεγάλα.    Der  Kundschafter:  Μάντινό  στρα[τιώ]της* 

[ίλαθ'  (χων 

τοΟτον  επιτυγχάνει  τι.    S.  Κόψω  τήν  θύραν. 

"Ανθρωπε  KaKOba^ov  τι  βούλει;  S.  Τ(  [γά]ρ  ί[χεις 

1  ουτωδ  .  .  .  ΟΥΓΕΝΟΥΔ'  ^  Erg.  ν.  Crönert. 

"  Kr  spielt  etwa  die  Rolle  des  Sanga  im  Eunuch. 

*  Sie  sollen  den  Moschion  herausschleppeD.  449  nur  beispiels* 
weise.     Sicher  ist  nur  ό  μ^ν,   er    kommt   gleich    bei   der  Ankunft   ins 

warme   Nest: YJOCAPN  ..  Μ  ...  Co ΓΑ[        Die 

Tempora  wie  Epitr.  421. 

*  OPACA  .  HMECM  .  γ  Α  von  Leo  ergänzt,  der  ήμίν  entsprechend 
dem  Sprachgebrauch  vermutheto. 

*  OTTPA  . . .  THC.  Diese  treffende  Emend.  habe  ich  von  liOO  ent- 
lehnt, der  6  στρατιώτης  κατΑαβ€ν  schrieb,  und  den  urspriinp^lichen 
Versuch  (μάντιν  ού  κακόν  κτηοα(μ€θ'  Äv  τοΟτον)  fallen  gelassen. 


Die  Perikeiromene  291 

4ß6  dvT€Ö8€v  εΙς  τυχόν  άλλοτρ[ίαν^  τυ]ν[αΐκα  σύ; 
Άττονενόησθε  προς  θ[€αιν^•  ημάς  τι]ν[ας 
ίχ€ΐν  γυναίκας;  ΐ[κβ]€β[ηκυΐαν '  5'  ίχβιν 
τολμάτε  κατακλείσαντες*:  .  .  .  σπ[ 
έπισυκοφαντεϊς,  δστ[ις  εϊ  ποτ',  ώγαθί  . 
4βο  Πότερα  νομίίετ'  ουκ  έκεϊν'  ή[μάς  Ιοεϊν*^ 

ή>  ούο^  άνδρας  είναι;  Μή  μά  Δία,  το[υτι  μέν  ου, 
δταν  σε®  τετράδραχμον  τοιου[τονΙ  β]λί[παι  ,'' 
Für  die  SituatiöD  iet  der  Schluee  von  weit  gröseerem  Intereeee. 
Da  gebt  jemand  hinein,  dem  die  Sache  zu  dumm  wird,  €ΐ(Τ€ΐμ* 
έγώ,  ί\χ}ς  ίοικ*  ασχ μυτ  .  .  ε  [Σ]α)σίας.  Sein  Gegen- 
spieler ist  eine  Frau,  und  zwar  Doris,  wie  Leo  feststellt.  Ich 
hatte  die  Reste  ε  .  μενειπρο  ....  σοιοωριυνκτισοικακον  so  er- 
gänzt : 

σύ  μέν  ε(  πρόσει  μοι,  Δωρί,  κεκτήσει  κακόν' 
τού]ται[ν]  σύ  [πάν]τιυν  γίγονας  (αι)τιατΓάτη. 
Dann  scheint  ein  anderer  von  den  Leuten  dranssen  zu  sagen, 
wir  wissen  ganz  gut  Bescheid:  ihr  eigener  Sklave  hat  über  die 
Aufnahme  in  dem  vornehmen  Hause  geplaudert.  Das  ist  natür- 
lich Daos,  der  sich  ja  v.  343  orientirt  zeigte  und  von  dem  die 
Mutter  annimmt,  dass  er  über  die  Motive  der  Flucht,  δτΐ  φοβη- 
θεϊσ'  ένθάοε  καταπίφευγε  (401),  unterrichtet  ist.  Mit  andern 
Worten,  die  Ueberführung  in  das  reiche  Haus  war  aus  guten 
Gründen  geheim  gehalten.  Daos  aber  hatte  geplaudert,  wo  er 
hätte  schweigen  sollen,  wie  er  geflunkert  und  geprahlt  hatte,  wo 
er  hätte  aufklären  sollen.  Jetzt  ist  er  beim  Frühstück,  auf  der 
Bühne  kann  er,  wie  Vers  481  zeigt,  nicht  sein: 

481  αύ]τής  6  παις®  <ί>λετ^  οτι  προς  γυναικά  ποι 
οείσα]σα  κα(τα)πίφευτε.     Dor.  Προς  γυναικά  ποι 
οεί]σασα;  καΐ  γάρ  οϊχεθ'  ώς  τήν  Μυρρίνην, 
τήν)  τείτον',  (oöjtu)  μοι  γένοιθ*  S  βούλομαι®. 
486  Γελ]οϊο[ν]^°,  οϊχεθ'  ού  τό  μΛημ*  εστίν  (ποτ)ε. 

1  ΑΛΛΑΤΙ Ν  2  πΡΟΓΕ 

8  ΓΎΝΑΙΚΑΓΕ  .  .  ΕΒ  .  .  .  Τ 

*  Τ  .  ΑΜΑΤΕΚΑΤΑΚ  .  EICANH  .  C  herg.  von  Leo. 
^  ήμας  όραν  Leo,  vielleicht  έκ€{νη[ν  €ΐ&έναι  ®  οτανδ€ 

'  Αθ  8  .  .  THCOMAIO 

«  ΓωΜΟ  .  ΓΕΝΟΟΘ'  bergest,  von  Leo. 
*"....  EIC  .  auch  V.  484  sind   für  das  »icher  ergränzte  τήν  vier 


292  ?ndhau« 

Myrrhine  iet  also    nicht    der  Name  der  πλου(Τία,    sondern  —  es 
bleibt  kanm  etwas  anderes  übrig  —  der  von  Pataikos'  Frau. 

3.  Der  erste  Akt. 

Wo  unser  Text  einsetzt,  hat  eben  der  Dämon  Agnoia  das 
Wort  ergriffen,  um  die  Zuschauer  über  die  Verhältnisse  und  ge- 
heimen Beziehungen  aufzuklären,  die  zwischen  den  drei  Häusern 
der  Bühne  bestehen  ^  Sie  weist  dabei  auf  eine  vorausgehende 
und  eine  folgende  Scene  hin.  In  der  vorausgehenden  trat  Glykera 
auf  (ήν  νυν  eTbere),  und  die  Vermuthung  liegt  nahe  genug,  dass 
der  Dichter  den  Moment  gewählt  hatte,  wo  sie  mit  Doris  das 
Haus  des  eifersüchtigen  Mannes  verlässt,  um  zu  Pataikos  zu 
flüchten.  Dort  wird  man  sie  sich  während  des  ersten  Aktes 
denken  müssen. 

Auf  die  nachfolgende  Scene  scheint  mir  in  v.  38  hingewiesen 
zu  werden.  Wie  der  verliebte  Moschion  auf  die  hübsche  Nach- 
barin zueilt,  bleibt  sie  stehen, 

37  άοελφόν  οντ'  ουκ  ίφυ^,  προσιών  [b'  ό  Ιένος 
όραι,  τά  λοιπά  b*  ούτος οτι 

ό  μέν  φχ€τ*  €ΐπών,  δτι  κατά  σχολήν  [φράσαι^ 
αύτηι^  τι  βούλ€θ\  (ή  V)  έbάκpυ'  έστακτα  etc. 
Agnoia  spricht   hier  von   dem  Zusammentreffen  der   drei   Haupt- 
personen.    Ό   μέν,  ή  bk  sind  die  Geschwister,   mit  οΰτος  weist 


Buchstaben  angegeben.     *  Unsinn,  die  ist  dahin  gegangen,  wo  ihr  Schatr. 
ist    (Hermes  aaO.  1Γ)5>). 

1  Ich  möchte  den  Anfang  so  lesen: 

[θρ^ψαι  t6  μέν 
αυτή]  προθυμηθβΐσα  θήλυ,  τό  b'  lT€pov 
γυναικί  δοΟναι  πλουαίαι  τήν  οΐκίαν 
ταύτην  κατοικούσηι  0€ομένη  παιδιού, 
καΐ  τά]0€  τοΙιαΟτα.    γ€νο]μίνων  b'  έτΦν  τίνων  κτλ. 

2  Die  Abschrift  bei  Lefebvre  giebt  nur  CXOAHN  .  [— ,  die  Er- 
^^änzung  σχολήν  ^[p€t  Dergleichen  befj^ognet  häufiger,  zB.  in  der 
'Samia*  350  (=  Perik.).  Ergänzt  ist  κρ^μασον  €ύθύ  0€,  M[oaxiuiv. 
Die  Abschrift  giebt  EYÖYCE  .  [— .  Wie  ich  an  jener  Stelle  das  M,  aU 
unsicher  gelesen  mit  in  Hechnung  ^eset/.t  und  Ιμ[ί  λαβών  gescbriehen 
habe,  so  habe  ich  hier  φράσαι  gesobriebun,  dh.  den  wahrscheinlich 
erkennbaren  Haken  des  Ε  mit  benutzt.  Vgl.  Pherekr.  20  M.  άλλα 
βούλομαι  μόνη  |  αυτή  φράοαι  σοι.  Zur  Sache  ist  heranzuziehen  ν.  \t\H  ft'., 
da  meditiit  er  über  den  Antrag,  den  er  ihr  κατά  σχολήν  machon  wollte. 

8  ΑΥΤΗΝ,  αυτή  van  Herwerden  BPhW.  190H  Sp.  ΙίΓ). 


Die  Perikeiromciie  293 

die  Sprechende  auf  das  Haue  des  Polemon^.  Die  Ergänzung 
Τ7θλ€μων  in  v.  37  halte  ich  nicht  für  richtig,  da  die  Namen  im 
Prolog  sonst  ganz  vermieden  werden.  Beispielsweise  könnte  ό 
σοβαρός  eingesetzt  werden,  noch  einfacher  ist  ό  Εένος ;  mit  Sicher- 
heit ist  hier  nichts  zu  entscheiden. 

Die  Schwierigkeit  beginnt  aber  erst,  wenn  wir  ergänzen 
sollen.  Ich  habe  früher  genau  wie  Leo  εΤρηκ'  άρτίιυς  ergänzt. 
Allein  Wilamowitz'  Darstellung,  dass  in  der  ersten  Scene  schwer- 
lich jemand  anders  als  Glykera  und  ihre  Vertraute  auftrat,  dass 
also  überhaupt  noch  kein  männliches  Wesen  gesprochen  hatte, 
schien  mir  evident,  ^ann  man  also  ein  Tempus  der  Vergangen- 
heit für  den  ούτος  nicht  gebrauchen,  so  bleibt  nur  das  Futurum : 
τά  λοιπά  b'  ούτος  [έΕητήσ]€τ[αι].  So  sagt  Inopia  in  der  be- 
kannten Stelle  des  Trinummus  (17)  senes  qui  hue  venient,  ei  rem 
vobis  aperient  (Ter.  Adelph.  23).  In  der  That  sehen  wir  denn 
auch,  wie  eine  solche  Scene  am  Schluss  des  erhaltenen  Blattes 
eingeleitet  wird.  Doris  klopft  an  Polemons  Thür.  *Er  wird  sich 
freuen,  wenn  er  hört,  wie  sie  weint:  er  hat's  ja  so  gewollt*.  Das 
wird  also  in  der  Scene  zwischen  Polemon  und  Doris  zur 
Sprache  kommen,  Glykerae  Thränen  und  ihr  Anlass:  da  hat  er 
τά  λοιπά  erzählt.  Wenn  Doris  an  Polemons  Thür  anklopft,  wenn 
ihr  einer  von  Polemons  Leuten,  der  Späher,  eigens  aus  dem  Wege 
gdht,  wenn  sie  zuletzt  sagt  παιδίον,  κέλευα  μοι  (doch  wohl  τόν 
οεσπότην  (Του  προιεναι),  wenn  schon  das  Thema  des  folgenden 
Gespräches  angedeutet  wird,  dann  ist  der  Zweck,  den  der  Dichter 
mit  Doris'  Ausgang  verbindet,  unverkennbar:  er  will  Polemon 
in  Action  setzen,  und  da  er  auf  Nachricht  brennt  (58),  wird  der 
apathisch  daliegende  aufspringen,  sobald  er  hört,  Doris  ist  da. 
Man  darf  ferner  sagen,  die  Gesamtanlage  des  Stückes  fordert 
eine  solche  Scene  im  ersten  Akt,  die  uns  den  (Τοβαρός  und 
ζηλότυπος  άνθρωπος  vor  Augen  führt.  Wir  kennen  ihn  aus 
der  Schlusssoene  und  einer  Scene  aus  der  Mitte  des  Stückes 
(III  Akt?),  wo  er  Habrotonon  fortjagt  und  mit  Pataikos  verhandelt. 
Dort  ist  er  halb  kimlisch  vor  Freude,  ganz  reumütig  und  gehorsam, 
Eros  hat   ihn   ganz  klein    gemacht^.     In    der    Mitte   des   Stückes 

*  Für  den  Gebrauch  vgl.  Samia  .'$19  πρόσεκην  vOv  ό  πατήρ* 
Ο€ήσ€ται  ούτος  καταμ^ν€ΐν. 

=*  Besonders  auffallend  sind  ν.  28  ff.  des  Grenfell'schen  Frag- 
ments, wu  Polemon  wie  ein  8chulbube  fortläuft.  Doris  sagt  darauf  d» 
Tft[v,  άποτρέχ€ΐς]  €[fau);  κίακόν  τοσ[οΟτο]ν  ήν  θ[ύ]ραν  [ψοφ€ΐν];  €!σ6ΐμι 


294  SudhauB 

wird  seine  anfängliche  Entrüstung  bald  herabgestimmt  und  Heine 
grenzenlose  Verliebtheit^  tritt  hervor.  Verfolgen  wir  diese  Ent- 
wicklangslinie  rückwärts,  so  müsste  jene  erste  Scene  am  Anfange 
des  Stückes  Aasbrüche  der  Leidenschaft  von  besonderer  Heftig- 
keit dargestellt  haben.  Bei  Philostrat  (Ep.  16,  II  232  Kayser) 
scheint  etwas  davon  nachzuklingen.  Das  ungeberdige  Klagen 
und  die  Verzweiflung  des  Hitzkopfes  hatte  gewiss  nichts  heroisches, 
aber  die  lebenswahre  Darstellung  machte  die  Scene  berühmt.  Ein 
Blick  auf  die  Epitrepontes  macht  das  noch  klarer.  In  beiden 
Stücken  beugt  sich  männliche  Ungeduld,  Voreiligkeit  und  Selbst- 
gereohtigkeit  vor  einer  Frau,  die  verkannt  wurde  und  deren 
Wert  sich  erst  in  der  Trennung  zeigt.  In  den  Epitrepontes  entlud 
sich  die  ganze  Spannung  in  einer  einzigen  grossen  Scene  von 
ausserordentlicher  Kraft.  Hier  thut  Eros  allmählig  sein  Werk, 
er  drückt  den  Liebhaber  tief  unter  das  Weib  herab.  Denn  das 
ist  auch  wieder  unverkennbar,  dass  Glykera  in  demselben 
Maaese  an  Haltung,  Fassung  und  Sicherheit  gewinnt,  als  Polemon 
zusammensinkt.  Menander  konnte  das  nicht  anders  schildern  als 
im  Rahmen  eines  Theatertages,  aber  was  er  darstellt,  sind  nicht 
die  Erlebnisse  eines  Tages. 

4.  Das  Fragment  K. 
Aber  was  wissen  wir  denn  viel  von  Glykera?  Die  Persön- 
lichkeit erfassen  wir  erst  durch  das  Fragment  K.  Hier  tritt  uns 
dieselbe  schwesterliche  Liebe  entgegen,  die  der  Prolog  (27)  her- 
vorhob. Gleich  der  erste  Vers  (43)  bringt  einen  neuen  sym- 
pathischen Zug.  Dass  ihr  eine  gewisse  Herbheit  anzuhaften 
scheint,  mag  aus  der  Situation  entspringen,  da  sie  ihre  Ehre 
vertheidigt.  Der  Dichter  hat  es  so  eingerichtet,  dass  der  Vater 
vor  der  Erkennungsscene  gehörig  abgekanzelt  wird  und  Bruder 
und  Gatte  durch  die  Lösung  gleich  tief  beschämt  werden.  Dabei 
hat  er  ihr  eine  Würde  und  Sicherheit  verliehen,  die  sie  merklich 
über  die  anderen  hinaushebt.  Sie  ist  wirklich  die  Heldin  des 
Stückes,    das  von  ihrer  Kränkung  den   Namen  hat. 


καυτή  συμποήσουσ*  [οίς  μ€  öct .     Vv^l  jetzt  dazu  Saraia  IW  τοιοΟτ*  ήν 
τό  κακόν; 

*  107  τόν  κόσμον  αυτής  ei  β€ωρήσαις;  Hat  Καλώς  Ιχ€ΐ.  Pol.  θ€ώ- 
ρησον  Πάταικί  ιτρό[ς  ecOiv],  μάλλον  μ*  4λ€ήσ6ΐς  (βο,  asyndotiech).  Pat. 
"ω  »άρ{€ς  μ€.  Pol.  Ad  &  Ibclv]  ^τ6ύμοτ(α)  κτλ.  Dann  111  oö  γάρ 
^opaKcv  ^  τ€ρος.    Dm  folgondo  ίγώ  α^β'    verstehe  ich  nicht  (eiiizueetzen 


Die  Perikeiromene  2d5 

Die  Seiten  Κ  1  und  Κ  2  sind  von  Lefebvre  in  der  richtigen 
Reibenfolge  gegeben,  denn  nach  Κ  2  führt  Pataikoe  einen  Auftrag 
aue,  der  ihm  zu  Anfang  von  Κ  1  gegeben  war.  Dort  spricht 
Glykera  von  gewissen  Andenken  ihrer  Eltern,  die  sie  gewöhnlich 
bei  sich  trug,  aber  bei  der  eiligen  Flucht  am  Morgen  zurück- 
gelassen hat:  jetzt  wünscht  sie  sie  zur  Stelle. 
148  τούμου  πατρός  και  μητρός,  είΙωθυϊ*  ίχειν 

άει  παρ*  έμαυτή  ταύτα  και  τηρ€ϊν.  Fat.  Τι  ου  ν 
βούλ€ΐ;  Gl.  Κομίσασθαι  [τ]αοτ'  [ίγαιτ**  ίγνίαικας  [ουν 
κομώή  τόν  άνθριυπον.  Fat.  Τι  βούλει,  φιλτάτη; 
Dass  sie  mit  Pataikos  spricht,  würden  wir  auch  aus  dem  folgenden 
schliessen,  wenn  der  Name  nicht  bei  v.  149  und  158  beigeschrieben 
wäre.  Statt  IfUJ^e  könnte  man  mancherlei  anderes  einsetzen, 
aber  schwerlich  passt  sonst  etwas  so  gut  zu  der  entschiedenen 
Sprache,  die  sie  hier  überall  führt.  Sie  fährt  fort:  'Du  kennst 
ja  den  Mann  sehr  gut'.  Pataikos  versteht  noch  nicht,  dass  er  den 
Gang  zu  Polemon  machen  soll,  und  fragt  noch  einmal :  τι  βούλβΐ, 
φίλτάτη.  In  der  ersten  Ausgabe  ist  in  v.  146,  wenn  man  der  Ab- 
schrift trauen  darf,  der  Personenwechsel  nicht  weniger  als  dreimal 
verfehlt,  aber  die  Nachprüfung  des  Papyrus  wird  wohl  etwas  davon 
richtig  stellend  Pataikos  als  Vermittler  des  entzweiten  Paares 
ist  uns  schon  aus  der  Scene  bekannt,  in  der  Polemon  der  Habrotonon 
die  Thür  weist  ^     Uns  interessiren  dort  die  Verse  98  —  104: 

άλλ'  €Ϊπ€ρ  ούτω  σοι  boKCi 
πράττειν  —  συνήθης  ήσθα  γάρ  και  πολλάκις 
100  λβλάληκας  αυτή  —  πρότερον  έλΟών  διαλόγου, 
πρεσββυσον.  Ικετεύω  σε.    Τουτό  μοι  όοκώ^ 
όρςις,  ποεΐν.    Δύνασαι  bk  οήπουθεν  λέγειν, 
Γίάταικε.    Μετρίως.    *Αλλά  μην,  Γίάταικε,  δει* 
αυτή  'στιν  ή  σωτηρία  του  πράγματος. 
Pataikos  fühlt  sich  in  seiner  Rolle  als  Unterhändler  und  Redner. 
Nach    der  Theorie    gehört    zu   den  Aufgaben    des  Redners  -auch 

ist  es  im  Kolax  iy2),  doch  wohl  έγφ&<α>.     Zum  Schlüsse  πάραγ',  είσέρ- 

χομαι,  nicht  παρά  σ^  €ΐσ^ρχομαι 

ί  ΚΟΜΙΔΗΤΟΝΑΝΘΡωπΟΝ  •  ΤΙΒΟΥΛΕ  .  .  ΦΙΛΤΑΤΗ 

-  Dort  75  dücli    wohl   άπο]ί)Οσ'  άναβαίνβιν,    περικοθήσθαι.      Alle 

drei  Verba   finden   bei  Apul.  Met.  II  17  ihr   lateinisches   Pendant,    für 

das  erste  steht  renudata. 

3  Aus  AOKEIC  verb.  von  Wilamowitz.    Sie  hat  Pataikoe  geschickt, 

wie  V.  iJl  Doris. 


il^  Sudhaas 

iU»  φΐλοποΐ€ΐαθαι  και  συλλϋσαι  οιαφβρομένους.  Bei  Pliilodem, 
bei  dem  ja  so  viel  von  älterer  τέχνη  steckt,  lesen  wir  1  2i*)8,  28 
την  π€ΐθώ  .  .  .  και  φίλους  ποιήσαι  ούνασθαι  ...  και  συλλϋσαι 
τους  5ιαφ€ρομ€νους  και  fivbpa  ττείθειν  άτ[ακ]το[υ]ντα  και  την 
Ταμ€τήν  etc.  Aehulich  Π  220,  28  δύνανται  συλλϋσαι  .  .  .  γνω- 
ρίμους διαφ^ρομενους  και  γυναίκας  προς  ävbpa  στασιαίούσας, 
ähnlich  Π  221,21.  —  Nun  soll  dieser  μέτριος  ^ήτωρ  die  Schachtel 
holen  und  das  paest  ihm  nicht  recht,  er  möchte  ύττέρ  τών  πάν- 
των πρεσβευσαι: 

147  Gl.  Δια  σου  γενέσθω.     Fat.  Τουτό  μ[οι  π]ραχ[θή]σ€ται; 
τούτο  <^τό>  γελοϊον;  άλλ'  υπέρ  πάντων  έχρήν 
μ  έα]ν  &—  Gl.  Έγωδα  τάμ' »  άριστ(α).    Fat.  Ούτως  ίχεις. 

1W         (τίς  τών  θ)€ραπαινών  oTbe  ταυθ'  δπο(υ)  'στί  σοι; 
Gl.  (Ή  Δωρις)  olbe.     Fat.  Καλεσάτω  την  Δωρίδα 
έμοί  τιίς.    άλλ'  δμως,  Γλυκερά,  προς  των  θεών 
μίμνησ]'  έφ  οίς  νυνί  λόγους  έγώ-  λίγω. 

£r  möchte  lieber  Reden  halten  wie  81  ff.,  aber  das  ist  vorbei, 
die  Situation  ist  vollkommen  geändert,  Glykera  handelt  selbst, 
wie  sie  muss.  Im  folgenden  sehen  wir  dann  Doris  in  grosse 
Anget  geratben,  wohl  weil  sie  die  Bedeutung  des  Kästchens 
kennt.     Da  bricht  dies  8tück  ab: 

Fat.  Ti  b'  ίστιν|;  οίον  το  κακόν;  Gl.  Έΐέννςκέ  μοι 
τήν  κιστίδ)'  ίΕω,  Δωρί,  τήν  τα  ποικίλα 
ίχουσαν  οίσθα,  ν)ή  Δί',  ήν  οΛωκά  σοι. 
τί  παθοί)σ'  έ5ε]5ίεις,  άθλια;  Dor.  Πέπονθά  τι 
νή  τόν  Δία  τό)ν  σωτήρα  -- 

1η  den  folgenden  15  — 16  Versen,  die  bis  zur  nächsten  Seite 
fehlen,  muss  die  Handlung  nun  schnell  vorwärts  geschritten  sein. 
Sie  enthielt  Glykeras  Erklärung,  weshalb  sie  die  Lade  holen 
lasse,  sie  muss  sich  rechtfertigen,  denn  man  hat  die  Motive  ihrer 
Flucht  verkannt,  Reibst  Fataikos.  Darob  die  Schmucksachen  wird 
sie  beweisen,  dass  Moschion  ihr  Bruder  ist.  Aber  anch  die  Logik 
der  Thatsachen  spricht  für  Bie.  Zu  Anfang  der  Seite  Κ  l  muss 
man  die  Worte  etwa  zu  folgendem  Gedanken  ergänzen :  Welchen 
unehrenhaften  Zweck  hätte  ich  denn  durch  meine  Flucht  zu  seiner 
Mutter  erreichen  können?    —  τί  μηχανασθαι   — 


*  Γ  AM*  hcrp[.  von  li©«. 
«  ΛΟΓίΚΔΕΓω 


Die  Perikeiromene  297 

lei —  προς  την  μ]ητίρ'  αύτου  φ[€ρομ]€[νη 

και  beöpo  κα]ταφυτουσ'  έδυνάμην;  ου  σκοπείς; 
ϊν]α  με  λ[άβη]  γυναίκα;  κατ'  έμέ  γάρ  πάνυ 
φρ]ονου[σ'  έτψ]ί>\  ου  τοοτ(ο).   έχαιραν  b'  ϊνα  μ   Ιχηι; 
166  είτ   ου  λαθεϊν  τούτους  δν  ίσπευδον,  τάλαν, 
αυτός  [τ']  έκεϊνος;  άλλ'  ίταμώς  εΙς  ταύτό  με 
τψ  πατρι  κατέστησ';  ειλόμην  b'  ούτως  έγώ 
άφρόνιυς  ίχειν  ίχθραν  τ'  έπρα[τματευσάμην 
ύμϊν  θ'  ύπόνοιαν  καταλιπεϊν  [έοεΕάμην, 
170  ήν  έΕαλείψαις  ούκέτ'  oOb'  αϊσχ[ιστος  άν, 
Πάταικε;  και  σύ  ταύτα  συμπεπ[εισμίνος 
ήλθες  τοιαύτην  θ'  ύπέλαβε'ς  [μ^  τ^νομένην; 
Der  Sinn  iet  wohl  klar.    Nur  zu  164  eine  Bemerkung.   *Ich  hätte 
seine  Hetäre    werden    wollen?     Hätte   ich    mich   dann    nicht  vor 
den    Leuten    dieses    Hauses    vielmehr    versteckt?    und   er    nicht 
ebenfalls?  (sondern)  meinet  Du,  er  hätte  mich  schamloser  Weise 
in  sein  väterliches  Haus  gebracht?*  Moschion  wird  auf  eine  feine 
Weise   gestraft,    er  muss  vor  Scham  in  den  Boden  sinken,    wenn 
die  Schwester  in   gutem   Vertrauen    sagt,    solche    Ιταμότης  sei  ja 
gar    nicht    denkbar ^     Bemerkenswerth  ist  hier    der  'Vater'     des 
Moschion,  gewiss  derselbe  wie  der  bε(yπότης  (445),  dessen  Eück- 
kehr  vom   Lande   Polemons  Kundschafter  fürchtet.     Ohne  Zweck 
sagt  der  Dichter  das  nicht.     Er  ist  ohne  Zweifel  heimgekommen 
und  hat  Lärm  geschlagen,  vielleicht  Glykera  aas  ihrer  Zufluchts- 
stätte   vertrieben    und   so    gezwungen,    die    Karten    aufzudecken. 
Aber  mit  Sicherheit  ist  das  nicht  mehr  auszumachen. 

Die  Scene  auf  unserem  Blatte  ist  allmählich  erregter  ge- 
worden. Es  heisst  nicht  mehr  τί  ούν  βούλει;  —  τι  βούλει,  φιλ- 
τάτη.  Pataikos  findet  den  Auftrag  wegen  der  Kiste  auch  nicht 
mehr  lächerlich,  sondern  geht  entschlossen  zu  Polemon  hinüber, 
nachdem  er  sich   Muth  eingesprochen  hat: 

178  Pat.  Μη  bx]  γένοιτ',  ώ  Ζευ  πολυ[τίμητ'•  Svbpa  με 
bεί£αις  αληθώς  όντ'*  έγώ  [πορεύομαι. 
Die  letzte  Ergänzung  πορεύομαι  ist  nicht  willkürlich,  sondern 
wird  durch  die  anschliessende  Replik  der  Glykera  *Αλλ'  δπιθι 
einfach  gefordert.  Er  führt  also  aus,  was  ihm  zu  Anfang  des 
Fragments  aufgetragen  war.  Zu  der  Ergänzung  dvbpa  με  kann 
man  Sam.   184    Δημέα,    νυν  Svbpa    χρή    εϊναί   (Τε    vergleichen. 


1  Vgl.  Epitrep.  311. 


2<J8  Sudhaus 

Hier  iet  ee,    falle   richtig  ergänzt,    scherzhaft  genieiDt,    aber  von 
Menander,  nicht  von  dem  Sprechenden. 

Die  Art,  wie  Glykera  and  Pataikoe  hier  mit  einander  reden, 
scheint  mir  aaszaeohlieseen,  dass  sie  sich  als  Vater  and  Tochter 
kennen.  Glykeras  alte  Pfiegematter  konnte  ja  aach  aus  den 
σπάργανα  (15)  keine  Schlüsse  aaf  die  Eltern  ziehn,  sonst  hätte  sie 
Glykeras  Zukunft  bei  ihrem  Tode  leicht  sicher  stellen  können. 
Erst  wenn  Doris  mit  der  Lade  kommt,  werden  Pataikos  die 
Augen  aufgehen,  und  dann  wird  Glykera  ausrufen  δμως  V  από* 
beiSov  τη  γυναικί  (fr.  392),  und  Frau  Myrrhine  wird  die  alten 
Tücher  als  die  ihren  anerkennen^. 

Anhangsweise  seien  hier  noch  zwei  andere  Scenen  kurz  be- 
sprochen, die  dem  Schluss  der  'Samia*  und  der  Epitrepontes  an• 
gehören. 

Der  Schlussakt  der  Samia  (319-341). 

Im  Mercator    beginnt  der  letzte  Akt  damit,    dass  Charinus 
sich  anschickt  in  die  Fremde  zu  gehn.    Der  Moschion  der  Samia 
fingiert  hier  denselben  Entschluss,   um  dem  Vater  einen  Schreck 
einzujagen,    und    da   von  der  Handlung   nicht   mehr  viel    zurück 
sein  kann  und  die  Hochzeitsfackel  schon  brennt,  ist  die  Folgerung 
wohl  erlaubt,  dass  wir  es  bei  dem  v.  271   beginnenden  Akte  mit 
dem  Scblussstück  zu  thun  haben. 
Moschion  Έγώ  τότ€  μέν  ής  εϊχον  αΙτίας  [π]ά[λιν 
έλ€ύθ€ρος  γενόμενος  ήγάπή[σα  καΐ* 
τουθ'  Ικανόν  εύτύχημ'  έμαυτ[ψ  γενόμενον 
ύΓπίλαβον  ώ]ς     bk  [τάδε  καθ']  δν  5ι[ίρχ1ομαι3 
Q7Ö    και  λαμβάνω  λογισμόν,  έΕί(στηκα)  νΟν 
τελέιυς  έμαυτοΰ  και  παρώΕυμ(μαι  σφ)ό5ρα^ 
έφ'  οίς  μ'  ό  πατήρ  ύπέλαβεν  ήμαρτηκέναι. 
Er  schickt  also  seinen  Sklaven  Parmeno''''  noch  hinein,  um  χλαμύς 

1  Am  Schlüge  des  Fragmente  scheint  der  Anagiicnsmos  eine 
schnelle  Wendung  zu  nehmen,  wenn  man  ergänzen  darf  άνοσ'ιωτέραν 
τινά  Ι  ο[ύκ  ^σθ'  opjdv  θβράπαιναν.  Vielleicht  hat  Doris  das  Kästchen 
schon  geholt  nnd   vorwitzig  geöffnet. 

2  Η  .  η  ENN  ....  OMAI  *  CAPA  σφόδρα  Leo. 

^  Auch  der  ?»tark  z«reti»rte  Schluss  des  Selbstgespräches  •)09 — 812 
ist  durch   die   Bczugnahmr    auf   l(Hj  und   H>H  herstellbar:    [Ι«^]6[ησ€ν 


Die  Perikeiruinene  299 

und  (Τπάθη  zu  holen,  und  denkt  den  pfiffigen  Demeas,  den  μιαρός, 
zu  prellen.  Die  letzte  burleske  Scene  erfordert  noch  mehrere 
Verbesserungen,  so  dass  sie  am  bequemsten  in  continuo  vorgelegt 
wird.  Der  Eingang  erinnert  stark  an  den  Monolog  dee  Moschion 
in  der  Perikeiromene:  αύτίκα  πρόσ€ΐσιν  ή  μήτηρ. 
319  ΤΤρόσβισιν  νυν  ό  πατήρ*  Ο€ή(σ)€(ται) 

ούτος  καταμένειν  μ'  [έν  πατρ(]οι^*  δεήσεται 
δλλιυς^  μέχρι  τινός*  bei  γάρ*  €ίθ'  δταν  δοκήι, 
π€ΐ]σθήσομ'•  αύτώ  πιθανόν  elvai,  μ[€ταμί λ]ον  *, 
δ  μά  τον  Διόνυσον  ου  ούναμ(αι  ποιεϊν)  έγώ. 
τοΟτ'  ίστιν  έψόφηκβ  προ(ϊών  τήν  θύραν). 
326  1).  Ύστ€ρίί€ΐν  μοι  6οκ€Ϊς  σύ  παντελώς  [τών  ένθά]6€ 
πραγμάτων,  είδώς  b'  ακριβώς  ουδέν  ούδ*  άκηκοώς* 
bia  κ€ν[ής  σ]αυτόν  ταράττεις,  έμέ  [b'  υπ]οπ[τ1ον  νυν[ποΐ€Ϊς*  * 
Μ.  Ου  φέρεις ;  D.  i[bo£a]  γάρ  σοι  τους  γάμους  α[ύ]τός  κ[υκ]αν. 
Μ.  Ου,  μια[ρί^φίρεις];  Π.Άνάπτει^θύμαθ' 'Ηφαίστου  [^ιπ]ή. 
380  Μ.  Ούτος  ου  φέρεις ;  D.  Σέ  γάρ,  <παΐ>,  περιμένουσ'  ούτοι  πάλαι. 
Μ.  Έμέ;  D.  Τι  έμί ;  τήν  (παϊ)δα  μέλλεις*  ευτυχείς,  oObtv  κακόν 
έστ[ί]  σοι'',  θάρρει.    τί  βούλει;  Μ.  Νουθετήσεις  μ',  εΙπέ  μοι, 


ίμ]έ;  γ€λο1ον.  ήπ€ΐλησί  με  |  [στί]Ε€ΐίν;  μ€ΐμάθη[κα  οιαφί[ρ€ΐν,  εί  τις] 
ποι[€ΐν  Ι  άΜκως  [δοκ€!]  ταΟτ*  ή  δικαίυις  *  έστΙ  δέ  |  [π]άντα  [τρόπον]  ούκ 
άστ€ΐον.  Dieser  philosophirende  Sklave  ist  ein  Seitenstück  zu  Onesimos. 
Im  einzelnen  ist  noch  nachzubessern  309  HTTEIAHCEMOI  |  .  .  .  ΖΘΗ 
am  Schluse  von  310  steht  TPI 

1  ΞΑΙ,  Ergänzung  unsicher.  [Genau  dieselben  Verse  sind  'von 
A.  Körte  im  Archiv  f.  Papyruef.  IV  521  behandelt.  Ausser  der  Inter- 
punktion am  Anfang  und  Schluss  sind  wir  in  πεισθήσομαι  22,  Turv 
ένθάδε  25,  σοι  23  und  329  (μ'  άπιέναι  Κ.)  zusammengetrofifen.  Auf 
Abweichungen  bin  ich  absichtlich  nicht  eingegangen,  wie  auch  sonst 
nirgends.] 

^  AAA'COC,  —  der  Zusammenhang  verlangt  das  frustra.  Inter- 
punktion fehlt  im  Pap.  ganz. 

8  NON  I  *  Der  Schluss  von  327  ist  so  überliefert  EME  .  .  .  ET- 
.  .  OIC;  dann  etwas  tiefer,  über  K[YK]AN  ein  NYNI.  Der  ziemlich 
lange  Vers  war  also  abgesetzt.  Ob  die  Interpunktion  hinter  OIC:  sich 
bestätigt,  bleibt  abzuwarten.  Dass  die  Reste  über  κυκάν  zu  dem  oberen 
Verse  gehören,  zeigt  die  glatte  Verbesserung  des  unteren  (32β). 

^  Ουμια  .  γ 

*  αναπτ€ταιθυματ',  vielleiclit  sagt  Demeas  auch  331  τήν  bäxba 
(statt  παΐδα,  Leo),  das  für  seine  Manier  nicht  übel  passt. 

'  ECT  .  CQ. 


;SO0  Sudhaue 

ιβρόσυλβ;  D.  Παϊ,  τί  ποΐ€Ϊς  ;  Μοσχίιυν.  Μ.  Ουκ  είσοραμών 
(θάττ)ον  έέοίσεις  &  φημί;  Ι).  Διακέκομμαι  τό  στόμα. 
Μδ  Μ.  Έτι  λαJλ€ΐς^  ούτος;  D.  Babi2[ui  νη  ΔΓ  έέ€ύρηκα  bi 

μέγα  κ)ακόν.  Μ.  Μέλλεις;  άγουσι  τους  γάμους  όντιυς  ι[6ου ^ 
€vb]ov•  έ£άτγ€λλί  μοί  τι.  —  Νυν  πρόσεισιν  &ν  bi  μου 
μη  ber\)T\  αν6ρ€ς,  καταμίνειν  άλλ'  άπορτι<ΤΟ€ΐς  έάι 
άπιέναι],  —  τουτι  γαρ  άρτι  πορίλιπον  — ,    τί  bei  πο€Ϊν; 
340       άλλ'  ομιυ]ς  ουκ  άν  ποιήσαι  τουτ'.    έάν  b€ ;  —  πάντα  γάρ 
ύπονο]€Ϊ•'*  —  γελοίος  ίσομαι  νή  Δι'  άνοκάμττπυν  πάλιν. 
Hier  noch  zwei  einzelne  Stellen  der  Samia. 
Wilamowitz    hat    in    seiner    Akademieabhandlang    die  Ver- 
muthung  auBgeeproohen,  daee  der  Text  der  Samia  an  zwei  Stellen 
(186,  159)  stark  verdorben    sei    und    der   Schreiber    nachgemalt 
habe,  was  er  selbst  nicht  verstand.     In  der    ersten  Stelle  lautet 
die  Abschrift  ΚΑΙΤΑΤΥΜΗΜΕΝΤΟΓΕΓΟΝΟΟΚΡΥΦΘΟΟΟΝ.    Der 
Alte  sagt  der  Liebe  Valet  und  will  den  Fehltritt  des  Sohnes  um 
des  Skandals  willen  vertuschen.     Es  ist  sicher  zu  lesen: 
134  Δημέα,  νυν  fivbpa  χρή 

€Ϊναί  σ'•  έπιλαθοΰ  του  πόθου,  πίπαυσ'  έρών 
και  τάτύχη<μα^  μέν  τό  γεγονός  κρυφθ'  δσον 
Ινεστι  bia  τόν  υΐόν. 
Die  andere  Stelle  mit  dem  rätselhaften  KANTIKM  ist  wahr- 
scheinlich überhaupt  nicht  verdorben,  sondern  nur  verlesen,  bzw. 
etwas  undeutlich  geworden,  statt  PVC  ist  AI  (o  mit  rundem  An- 


*  Verb,  vou  Wilamowitz,  ebenso  der  Schluss  bi  [sttLÜ  τέ)  μίγα  κακόν. 

^  Die  üeberlieferuug  von  33»)/7  ist  ΟΝΤωΟ  | ON,  also 

wohl  mit  falscher  Abtreuiiun^r  Ι|ΔΟΥΕΝΔΟΝ,  was  dem  Spatium  ent- 
spricht. Genau  derselbe  Fall  liegt  in  demselben  Stück  93,  94  vor,  wo 
das  übor<iüh  168 «ende  έγώ  auch  in  den  vorausgehenden  Vers  zu  ziehou 
ist,  also: 

»3  —  —  —  συγκρύπτ€ΐς  τι  προς  [ίμέ  vöv].  Έγώ; 
Μά  τόν  Διόνυσον,  μά  τόν  Άπόλλω  *γώ  μέν  oö. 
ΕΓΟ)  steht  jetzt  zu  Anfang  von  \)\.  Iboö  hat  Leo  gefunden.  —  Wenn 
anders  die  Worte  richtig:  verbessert  sind,  zeigen  sie  dt^utlich,  dass  der 
zerstreute  und  vcrliebti*  Moschion  glaubt,  er  habe  Parmeno  geschlagen 
(384).  Auch  das  folgende  vOv  πρόσ€ΐ(ην  lässt  keinen  Zweifel.  —  Das» 
der  μιαρός  καΐ  πάντα  ύπονυών  ihm  /um  Sohluss  einen  Streich  spielen 
wird,  lassen  die  hit/.teu  Worte  ahnen.  Er  ist  ja  jetzt  schon  der  Ge- 
prellte. l>aKs  er  sich  337  von  seiner  Hochzeit  erzählen  lassen  will, 
ist  stark  burlesk. 

»  .  .  .  .  TEI 


Die  Perikeiromene  301 

stricb)  gelesen:  ίχ€ΐς  το  ποιοίον,  την  γραυν*  άποφθείρου  ταχύ. 
"Ότι  τουτ'  άν€ΐλόμην;  Demeae  antwortet  Διά  τούτο  κδντικρυς. 
propter  hoc  ipsiim  et  rectü  quidem. 

Diese  Stelle  zeigt  übrigens,  dass  auch  166  nicht  in  Ord- 
nung ist,  wo  statt  der  einen  ΤΡ<Χν)ς  plötzlich  von  θ€ράπαιναι  die 
Rede  ist. 

lee  ?χ€ΐ]ς  τά  σαυτης  πάντα'  προστίθημί  σοι 

κα\  την  θ]€ράπαιναν,  Χρικτί*  έκ  της  οΙκίας  |  δπιθι^ 

Das  Fragment  Q  der  Επιτρέποντες. 
Das    kleine    Fragment    Q    anf   Seite  60  if.  gehört    in    den 
Schlass  des  ^Schiedsgerichts*,    wie    das  Verso  des  Blattes    zeigt. 
Der  Anfang  bedarf  noch  einiger  Verbesserangen.     Charisios  sagt 
zu  Ilabrotonon,  die  ihn  über  seine  Vaterschaft  aufklären  will : 
Έτι  μ]€  περισπάις,  lepdauX';  Η.  Έμοι  μάχου. 
Ch.  Σύνα]πτ€2.    Η.  Τής  γαμέτης  γυναικός  εστί  σου 
τό  τεκνίον,  ο]ύκ^  άλλότριον.     Ch.  ΕΙ  γαρ  ώφελεν. 
So  deutlich  hier  die  Situation  ist,  so  dunkel  ist  bislang  daHRecto: 
X ΑΓΗΔεΤΟΜεΤΑΤΑ 

οπω  . . .  ΜΕΝεκωΝΧΑΡκιώ 
oip .  π . .  oicöAnicTOc  •  orrAPec 

5  εΤΑΙΡ  .  ΔΙΟΝΤΟΥΓΟΥΔεΤΟΤΥΧ 
ΥΙΟΥΔΗΔεΚΑΙΠΑΙΔΑΡΙΟΝ 
ΘΑεΥθεΡΟΟΔΑΞ    MHBAen 

κ .  ιπρωτοΝΑΥτ .  νκαταμον 

θΤΟΝΦΙΑΤΑ  .  .  ΝΚΑΙΤΟΝΓΑΥΚΥΤΑΤ 
Fehlerhaft  ist   der  Text  in  ν.  6,  ΔΕ    war   dem  Anscheine    nach 
in  der  Vorlage   Verbesserung  von  ΔΗ,    das  ich   aussondere.     In 
Zeile  7   wird    die  Nachprüfung  des   Papyrus  ΔΑΕ   ergeben;    ein 


*  Der  erste  Herausgeber  läset  den  Demeas  der  Chrysis,  die  er 
doch  demüthigen  und  kränken  will,  κόσμον  θ]€ροιτοίνας  χρυσ('  mitgebeT» 
und  umgeht  so  den  Hiat.  Aber  in  dem  Grenfeirschen  P'ragment  der 
ΤΤερικειρομ^νη  (θ)  liest  man  eine  Parallele,  die  in  allon  Punkten  gleich 
ist:  έγώ  5'  έλ[€υθέραν]  |  aöpiov  αφήσω  Δωρί.  άλλ'  δ  bei  λέγειν  {  Ακουσον. 
Seit  in  der  *Samia'  432  (S.  172  Lef.j  ein  Vers  vorliegt,  der  mit  δ'είσιών 
beginnt,  hindert  nichts  das  fehlende  σε  an  die  natiirliclie  Stelle  ym 
rücken:  έγώ  6'  έλ[€υθέραν  o'j  aöpiov  αφήσω,  Δωρί.  Ob  man  oh  an 
den  Schluss  von  Η  oder  den  Anfang  von  9  setzt,  ist  gleichgültig. 

2  MTE  "Die  Abschrift  beginnt  mit  Y,  der  T<'xt  j^ieht,  (die 

metrisch  unmögliche  Ergänzung)  τό  παι6]([ο]ν. 


302  Sudhaus 

Ε,  das  links  beer.bädi^t  ist,  wird  von  selbnt  znm  Ξ.  Der  Daos 
bringt  echnell  Lioht  in  den  ZuRanimenhang,  es  handelt  eich  um 
neine  FreilaeRung.  Aber  sofort  zeigt  sich  anch  ein  Fehler,  da 
έλ€υθ€ρος  Δά€  statt  etwa  ^XeuOepuu  ae  Δά€  am  eine  Silbe  zu 
kurz  ist.  Ein  dritter  Fehler,  die  mangelnde  Aspiration,  steckt 
im  Anfang:  ατ'  f^be,  wofür  es  freilich  manches  Beispiel  in 
unserem  Texte  giebt.  Hier  aber  steht  es  uns  frei  «len  Fehler 
in  ΗΔΕ  zu  suchen,  denn  Ε  steht  im  Text  sehr  häufig  für  Η ' ; 
dann  aber  fdgt  sich  der  Anfang  leicht : 

ή6η  τό  μ€τά  τα[υτα  φρόντισον, 
07τιυ[ς  6ια]μ€ν€Ϊς  ών  Χαρισίιμ  [φίλος, 
οίό[ς]  π[οτ*]  ήσθα  πιστός. 

I)ao8  hat  sich  als  Freund  des  Charisios  erwiesen,  er  soll  es  auch 
in  Zukunft  (wenn  er  frei  ist)  bleiben.  Der  Freundschaftsdienst 
mass  die  Annahme  des  Kindes  sein,  das  er  rettete,  und  von  dem 
ist  sogleich  die  Rede.  Die  Worte  ου  γάρ  .  .  .  έταιρ(6ιον  τοΟτο 
oub^  τό  τυχίόν]  .  .  .  υ\οΰ  6έ  legen  den  Gedanken  fest:  das 
Kind,  das  Daos  rettete,  hat  keine  Hetäre  (geboren),  es  ist  kein 
gewöhnliches  (Kind),  sondern  das  meines  Sohnes.  Habrotonon 
hat  ja  längst  bekannt,  dass  sie  nicht  die  Mutter  des  Kleinen  ist : 

ού  γαρ  ?τ[€Κ€  vöv 
έταιρ[ί]6ιον  τουτ',  ούοέ  τό  τυχ[όν  ί)ν  τίκνον, 
υ\οΟ  bi'  κα\  παιοάριον  [δν  άφίησ'  δμως 
έλ€ύθ€ρ<όν>  σ€,  Δά€'  μή  βλέπ'  [€ΐς  έμέ, 
κ[α]ι  πρώτον  αύτ[όν]  κατάμον(ον  τ'  εύεργίτην 
τόν  φίλτα[το]ν  και  τόν  τλυκύτατ|ον  ένθοοι  |  νόμι2:€  παΐ5ο]. 

'Dats  Daos,  dem  von  seinem  Funde  gar  nichts  bleibt,  über  die 
Entscheidung  (des  Smikrines)  murrt,  wird  ihm  keiner  verdenken ; 
ausser  dem  Aerger  hat  er  nur  einen  Jagdhieb  mit  dem  Stocke 
des  alten  Herrn  erhalten'^.  Der  andere  urossvater  machts  wieder 
gut.  Denn  υΐοΰ  be  lässt  keinen  Zweifel  darüber,  dass  jemand  von 
den  Grosseltern  spricht,  also  doch  wohl  der  Grossvater  Chaire- 
stratos.  Die  Zärtlichkeit  am  Schlnss,  der  Stolz  auf  den  Pracht- 
jungen, der  nun  schon  mit  einer  Freilassung  dem  Retter  dankt, 
die  rührende   Fürsorge    für    den   Knkel,    dem    er   den    dauernden 


*  ZB.  Perik.  71  ούκ  ήσθ'  (EC0)  ήτ€μών;    von  Wilumowitz   verb. 
In  der  Anth.  Pal.  V  4«»  eajit  die  Hetäre  ΤΓρόαγ€. 
-  Wilumowit/..  N.   K.   liK)s  S.  Γ>1. 


Pie  Perikeiromene  303 

Dank  des  FreigelasBeneii  zuwenden  will,  alles  das  passt  einzig 
für  den  G-rossvater^ 

Eingeführt  ist  er  wohl  hauptsächlich  als  Contrastfigur  zu 
Smikrines,  seine  Rolle  im  Stück  kann  nur  unbedeutend  gewesen 
sein*.  Immerhin  zeigt  das  kleine  zufällig  erhaltene  Fragment,  wie 
viel  in  den  verlorenen  Theilen  steckt,   was  niemand  ahnen  kann. 

Kiel.  8.  Sudhaus. 


^  Wohl  möglich,  dass  der  Name  X[AIPECTP]AT  im  Anfang  stand. 
Er  spricht  ja  hier  etwas  geheimnissvoll  und  Daos,  der  noch  nicht  recht 
versteht,  konnte  ihn  etwa  so  unterbrechen  τ{  σύ  λέγεις,  Χαιρέστρατ': 

3  Ausser  dem  Köhler  Syriskos  hat  er  den  Hirten  Daos  auf  seinem 
Grundstück,  der  wieder  mehrere  (Τυν€ργοΙ  (83)  hat.  Er  treibt  also 
Wald-  und  Weidewirthschaft.  Das  Haus  in  der  Vorstadt  theilt  er  mit 
Charisios,  denn  dessen  Onesimos  und  sein  Syriskos  haben  dasselbe 
Quartier  (194). 


JOHANNES  DES  MILDTÄTIGEN  LEBEN 
DES  HEILIGEN  TYCHON 


Stand  es  dem  Herausgeber  von  üseners  'Heiligem  Tychon' 
nicht  zu,  wider  den  deutlich  kundgegebenen  Willen  des  ver- 
ewigten Verfassers  an  seinem  abgeschlossenen  Werke  Aenderungen 
vorzunehmen,  so  wäre  es  zum  mindesten  geschmacklos  gewesen 
in  wie  auch  immer  gekennzeichneten  Zusätzen  abweichende  Mei- 
nungen zum  Ausdruck  zu  bringen.  Es  mögen  darum  hier  ein 
paar  Bemerkungen  zur  editio  princeps  der  Tycbonlegende  stehen, 
eines  Schriftstücks  das  auch  abgesehen  von  Inhalt  und  Form  als 
einzige  literarische  Leistung  einer  wegen  ihres  praktischen  Wirkens 
hochgefeierten  Persönlichkeit,  vielleicht  auch  um  des  Editors 
willen  auf  einiges  Interesse  wird  rechnen  können,  üsener  hat 
den  Text  mit  gewohnter  Meisterschaft,  ja  ersichtlich  mit  einer 
gewissen  Liebe  behandelt  und  ihn  so  von  der  weitaus  grössten 
Mehrzahl  der  ihm  anhaftenden  Schäden  glücklich  befreit.  Aber 
wie  natürlich  bleiben  trotzdem  hie  und  da  Zweifel.  Es  liegt  das 
z.  T.  am  Zustande  der  üeberlieferung,  da  das  Werk  in  einer 
einzigen  u.  z.  unvollständigen  und  beschädigten  Handschrift  er- 
halten ist,  es  liegt  aber  auch  an  der  Eigenart  des  Werkes  selbst. 
Sein  Verfasser  ist  unablässig  bemüht,  die  Darstellung  mit  allen 
Mitteln  und  nach  allen  Regeln  einer  ausgeklügelten  Technik  auf 
den  denkbar  höchsten  Grad  von  Künstlichkeit  hinaufzuschrauben. 
Er  bekundet  dieses  Streben  nicht  nur  in  der  Wortfügung,  durch 
A^ernieidung  des  Hiats  (üsener  S.  59  f )  und  strikte  Durchführung 
der  didaktyliscben  Kadenz  (S.  62  ff.),  sondern  nicht  minder  in 
der  gesamten  stilistischen  Formgebung,  insbesondere  der  die 
Dinge  und  Gedanken  schier  in^s  endlose  fortspinnenden  Aus- 
gestaltung des  Stoffes.  Zu  diesem  Zwecke  werden  synonyme 
Wörter  und  Wendungen  gehäuft  (vgl.  auch  üeener  S.  71),  der 
gerade  Ausdruck  durch  den  umschreibenden  ersetzt  oder  beides 
verbunden,    der  Gedanke    durch     mehr   oder    weniger    künstlich 


Johannes  des  Mildtätigen  Leben  des  heiligen  Tychon  305 

herangeholte  Antithesen  erweitert,  daBselLe  von  mehreren  Seiten 
her  beleuchtet,  in  verschiedenen  Bildern  and  Metaphern,  Beispielen 
oder  Anwendungen  ausgeprägt,  sowohl  positiv  wie  negativ,  zugleich 
sinnlich  und  abstrakt,  eigentlich  und  figürlich  ausgedrückt,  ein 
Ganzes  ii|  seine  Teile,  eine  Gesamtheit  in  ihre  Glieder,  Vorstellungen 
in  ihre  Elemente,  Handlungen  und  Vorgänge  in  ihre  einzelnen 
Momente  zerlegt  usw.  Belege  dafür  liefert  einem  aufmerksamen 
Leser  jede  Seite,  vor  allem  natürlich  die  eingeflochtenen  Reden 
und  Betrachtungen.  Gesteigert  wird  der  stilistische  Effekt  durch 
ein  förmliches  Schwelgen  in  Klangflguren.  Auf  die  Vorliebe  für 
Allitterationen  hat  Usener  S.  69,  1  hingewiesen;  verwandter  Art 
ist  die  Wiederholung  der  gleichen  Worte  und  Wortteile  (zB. 
38,  5  ff.  τ€λ€-  8  mal,  15,  14  ff.  φαιορο-  und  22,  10  ff.  fivθpumoς  je 
5  mal,  19,  16  ff.  μ€τ-  4  mal  usw.),  ein  Kunstmittel  das  feste  Formen 
annimmt  in  der  Verbindung  verschiedener  Tempora  desselben 
Verbums  (wie  6,  23  τρυγώντες  και  τρυγήσοντ€ς.  32, 24.  36,  6  f.) 
der  Anadiplosis  (wie  36,  29  άρκεΐ  γαρ  άρκεΐ.  8,  9.  23,  23  f.  24,  25  f. 
25,  26  f.  34,  15  f.)  und  Anaphora  (4,  13  f.  11,  25  f.  17,5-18,8 
[6  άρτι].  22,  2.5—23,  5  [7  b\ä  τούτο].  23,  7.  28,  10  ff.  29,  4  ff.  24  ff. 
30.  32,  3  f.);  weiter  ein  oft  recht  äusserliches  Spiel  mit  ähnlich 
lautenden  Worten  (wie  18,  16  ff.  τόπος  und  τρόπος.  24,  2  Χριστψ 
χαριστήριον.  25,  16  aibiov  tbiov.  31,  16  bxä  Τύχιυνος  ϊτυχε); 
endlich  der  Klingklang  der  nicht  selten  (wie  3, 13  ff.  10, 5  ff. 
16,  27  ff.  23,  13  ff.)  kunstvoll  verschlungenen  Homoioteleuta  und 
anderer  gesuchter  Parechesen  (zB.  23,  29.  28, 14.  34,  8  f.  9  f.). 
Dieser  Neigung  zu  Wiederholung  und  Gleichklang  steht  gegen- 
über ein  mit  grosser  Virtuosität  geübtes  Streben  den  Ausdruck 
zu  wechseln,  wie  es  sich  zB.  11,  4  ff.  8,  18  ff.  14,  4  f.  25,12.  16 
zeigt  und  seinen  Glanzpunkt  erreicht  in  der  Einreihung  des 
Heiligen  in  die  himmlischen  Scharen  29,  20  ff.  Was  vom  Stil^ 
gilt,   trifft    auch   auf  die  Sprache  zu.     Wie    die  Lautgeetalt   der 


^  Uebrigens  gehört  zu  den  von  Johannes  Eleemon  befolgten  (und 
zum  grossen  Teil  zugleich  für  seinen  Freund  Sophronioe  geltenden) 
Regeln  auch  die,  in  der  Anwendung  der  einzelnen  Kunstmittel  ein 
gewisses  Mass  nicht  zu  überschreiten.  Von  Auswüchsen,  wie  sie  etwa 
die  (allerdinge  erheblich  ältere)  Rede  €ΐς  τήν  ταφήν  τοΟ  κυρίου  (Epi- 
phanius  ed.  Dindorf  IV  2  S.  9  ff.)  aufweist,  in  der  S.  15  in  21  Zeilen 
2ymal  das  Wort  Εένος  steht  und  sich  Sätze  finden  wie  14, 1  f.  κριτής 
άκριτος  ώς  κατάκριτον  τόν  κριτήν  τών  κριτών  €ΐς  ταφήν  άφ{ησιν  und 
2J,  32  f.  τόν  τψ  κράτει  κραταιόν  κατά  κράτος  κρατ6ΐ  τού  κράτους 
κρατοτύραννον,  hat  sich  der   alexandrinische  Patriarcii  frei    gehslten. 

Uli«iii.  Mu«.  f.  Philol.  N.  F.  LXni.  20 


30β  Brinkmann 

Worte  den  Attizisniue  affektiert  (üsener  S.  61),  so  trägt  der  ge- 
samte Wortecbatz  und  Wortgebraach  den  Stempel  des  Rtodierten 
und  künetlich  gemachten  an  der  Stirn.  Auf  der  anderen  Seite 
kann  aber  der  VerfasBer  trotz  allem  Aufwand  von  grammatiRchem 
Wiesen  und  rhetorischem  Können  seine  Zeit  doch  nicht  verleugnen : 
wie  Usener  (S.  49  ff.)  nahezu  erschöpfend  dargelegt  hat,  ist  er 
immer  wieder  genötigt  ihrer  Sprache  seinen  Tribut  zu  zollen  und 
wohl  oder  übel  Konzessionen  einzuräumen.  Eben  dieser  Tat- 
bestand ist  es,  der  die  Herstellung  des  Textes  der  Schrift  des 
Johannes  erschwert  und  vielfach  unsicher  macht. 

Zunftchst  werden  Zweifel  rege  werden  an  der  Notwendig- 
keit einiger  der  von  Usener  vorgenommenen  oder  vorgeschU' 
genen  Aendernngen.  So  wird  man  vielleicht  vorziehen  in  dem 
zweiten  Gliede  des  Satzes  2^  23  τούτοις  μή  συμπαθ€ΐν  ου 
0€&υνημαι  μη5έ  μήν  τους  πλανιυμένους  οΙκτ€ίρ€ΐν  ανέχομαι 
eine  Nachlässigkeit  im  Gebrauch  der  Negation  anzunehmen,  wie 
sie  auch  grösseren  Geistern  untergelaufen  ist  (vgl  zB.  W.  Heraus 
Fleckeis.  Juhrb.  143  S.  503  ff.),  statt  mit  U.  μηοέ  μή  zu  schreiben, 
zumal  ja  μη6^  μήν  eine  geläufige  Verbindung  darstellt  und  es 
korrekterweise  doch  oύ^έ  μή  oder  ού5έ  μήν  μή  (U.  S.  55)  hätte 
heissen  sollen.  Man  wird  auch  kaum  in  Abrede  stellen,  daes 
i^,  19  (έννοών  αύτου  [Tychons j  τήν  μετάόοσιν  καΐ  τής  τοιαύτης 
ώφ€λ€ίας  τήν  στίρησιν)  μβτάοοσις  einen  objektiven  Genetiv  wie 
tOüv  OctUiV,  was  U.  vorschlägt,  so  gut  entbehren  konnte,  wie  etwa 
den  heiligen  Kosmas  und  Damian  παροχή  schlechthin  zugeschrieben 
wird  in  den  Erzählungen  ihrer  Wunder  18,97  (ώ  τής  αύταιν 
συμπαθείας  και  παροχής)  128.  150.  158  Deubner.  Auffälliger 
erscheint  γινιίκΤκβιν  in  dem  Satze  13,8  f.  ών  απάντων  τήν 
βμ€ΐψιν  .  .  χρόνψ  μακρψ  ποΐ€ΐσθαι  γινώσκουσι  (αΐ  ^αγες),  es 
wird  verständlich,  sobald  man  es  nach  Analogie  von  €ib^vai  (wie 
32,11  €ΐς  ^ιαßoλικήv  TcXcuTäv  o?^€V  άπόγνακτιν)  im  Sinne  von 
solert  nimmt.  Kühn  gesagt  ist  23^  20  ήμ€ΐς  hk.  o\  μ€τά  τήν 
ένθά6€  ίιυήν  προσοοκήσαντες  'wir  deren  Hoffnungen  über  das 
irdische  Leben  hinausgingen*  im  Gegensatz  zu  ^KCivoi  μέν  θ\  έν 
τή  ίιυή  ταύτη  μόνον  έλπίίοντβς  Ζ.  1S  f.,  aber  der  Kinschub  des 
Artikels  τά  vor  μ€τά  würde,  abgesehen  davon  dass  das  Indefinitum 
genauer  wäre,  jedenfalls  die  Pointe  der  Antithese  abstumpfen,  er 
wird  auch  durch  das  folgende  καΐ  τούτων  αυτών  έκπ€πτώκαμ€ν 
dh.  τών  μ€τά  τ.  έ.  ίιυήν  προσοοκηθίντιυν  keineswegs  gefordert  ^ 

*  In    der    £pitome    (Ueener  S.  150  tf.)    wird    man    indeklinables 


Johnnnes  des  MiMtatigfen  Lelien  des  heiligen  Tyohon  307 

An  anderen  Stellen  wird  zu  erwägen  sein,  ob  nicht  ein 
anderer  aU  der  von  ÜBener  eingeschlagene  Weg  leichter  und 
sicherer  zur  Heilung  des  festgeetellten  Textechadene  führt.  Wenn 
10^  26  τα  έπ  αυτόν  τίν€σθαι  μ^λοντα  die  Form  des  Pronomens 
αυτόν,  da  sie  zum  Genus  seines  vorangehenden  Nomens  κλήμα 
nicht  stimmt»  unter  allen  Umständen  geändert  werden  muss,  so 
scheint  es  geraten,  statt  mit  U.  αυτό  zu  schreiben  und  so  dem 
Autor  einen  durch  keine  genaue  Analogie  gewährleisteten  Vul- 
garismus aufzubürden  (U.  S.  51),  eben  die  korrekte  Form  dh. 
den  Dativ  αύτώ  herzustellen,  der  von  Johannes  in  einem  ähn- 
lichen Falle  (18,  28  άληθ€ύσ€ΐ€  . .  .  έπ'  αύτψ)  richtig  angewendet 
und  selbst  in  Schriftstücken  wie  den  Wundern  des  Kosmas  und 
Damian  regelmässig  (so  18,  160  τό  έπ'  αύτψ  γενόμενον  η.  19,  9) 
überliefert  ist.  Um  i7, 15  für  den  Satzschlnss  βότρυν  .  .  .  ίνα 
που  ^άγα  ή  και  ούο  και  τρεις  γλυκύτερους  ίχοντα  die  didakty- 
lisrhe  Kadenz  zu  gewinnen,  bietet  sich  ausser  dem  von  U.  vor- 
geschlagenen Ersatz  der  regelmässigen'  Komparativform  durch 
die  unregelraässige  γλυκ{ονας  die  weitere  Möglichkeit  das  Kom- 
positum παρέχοντα  einzuführen,  das  in  der  gleichen  Sache  14, 13 
πεπείρους  τους  βότρυας  παρέχεται  gebraucht  ist,  und  wenn 
dort  das  Medium  steht,  so  findet  sich  dafür  anderswo  (33,  27) 
unterschiedlos  auch  das  Aktiv.  Dass  die  Vertauschung  des  Kom- 
positums mit  dem  Simplex  zu  den  gewöhnlichsten  Schreibfehlern 

πλήρης  39,19  nicht  antasten  dürfen,  vgl.  Rh.  Mas.  54,94  ausserdem 
zB.  Oxyrh.  Pap.  III  513,  55  (184  n.  Chr.)  Wilcken  Gr.  Oetraka  Nr.  1071 
(185  n.Chr.)  Pap.  du  Louvre  18  Fayum  town8  88,  8  Amheret  Pap.  Π 
150,  20  Wessely  Studien  z.  Pal.  u.  Papyrusk.  III  88, 5  und  Anall. 
Hierosol.  Stachyol.  V  14,  13.  17,4  Mari.  S.  Irenae  117  n.  25  Wirth 
[Amphil.]  Rede  über  d.  unfruchtb.  Bäume  89,  18.  Aber  ebensowenig 
scheint  es  berechtigt  40,  9  πλ€ΐοτέρως  (vgl.  ζΠ.  Kosmas  u.  Damian 
W.  20, 12  πλειόνως)  mit  Usener  in  τ€λ€ΐοτέρως  oder  mit  Delehayo 
Anall.  BoUand.  XXVI  230,  5  in  πλειοτ^ρους  zu  ändern  und  42,  3  f.  den 
Ausfall  eines  Verbums  anzunehmen:  τταρέχεσθαι  ist  in  vulgärer  Weise 
mit  dem  Akkusativ  der  Person  statt  des  Dativs  konstruiert.  Der  merk- 
würdige Ausdruck  τήν  Upciav  τής  (Αφροδίτης)  μιαράν  'Ανθούσαν  λεγο- 
μ^νην  40»  13  f.  dürfte  seine  Erklärung  darin  finden,  dass  Johannes  das  in 
der  Polemik  gegen  den  heidnischen  Kultus  beliebte  Wortspiel  Ιερός  — 
μιαρός  (bezw.  μιερός,  vgl.  zB.  V.  SS.  Cyri  et  loannis  in  Mai's  Spicil. 
Rom.  iV  S.  247  τό  Ιερόν  μβλλον  δέ  μιαρόν)  angewendet  oder  geradezu 
μιέρεια  gebildet  hatte,  wie  andere  μιερεύς  (zB.  Acta  Thomae  in  Texts 
and  Studies  V  42,  28.  .80  Vita  Barlaami  et  Joas.  in  Boissonade's  Anecd. 
IV  S.  2«J3  n.  1). 


a08  Hriukmann 

gehört  (uaoh  35,  1  V),  dürfte  diesem  Vorschlage  den  Vorzug  drr 
grösseren  Einfachheit  sichern.  Auch  21^  29  wird  die  Kadenz 
vermiest :  €l  γαρ  και  προς  θ€Ον  τήν  πορείαν  στ€ΐλάμ€νον  ί^ττον 
ουοέν  βοηθόν  αυτόν  έγίνιικτκον.  Aher  der  Versuch,  sie  duicli 
Umstellung  zu  erzielen  (βοηθόν  αυτόν  ούοέν  ήτΓον  έγ.)  erscheint 
nicht  nur  gewaltsam  sondern  auch  unzulänglich.  Denn  es  kommt 
auch  der  erforderliche  Gedanke  Obwohl  sie  wussten,  dass  Tychon 
ihnen  auch  nach  seinem  Tode  hilfreich  sein  werde'  in  den  über- 
lieferten Worten  nicht  zum  klaren  Ausdruck.  £e  fehlt  ersichtlich 
ein  Infinitiv  des  Futurums  u.  z.  wird,  wie  die  genau  entsprechende 
Stelle  19,  25  (rii  6έ  γινώσκοντες  ώς  προστατουντα  πλ€Ϊον  αυτόν 
κα\  μ€τά  την  άπό  σαρκός  έχοιεν  ßobov)  zeigen  dürfte,  der 
Infinitiv  Keiv  ausgefallen  sein.  Wird  er  eingesetzt,  so  ergibt 
sich  ohne  weiteres  auch  die  richtige  Kadenz:  ήττον  ούοέν  βοηθόν 
αυτόν  <£ζ€ΐν)  έγίνιυσκον.  Dass  hier  die  Infinitivkonstruktion  bei 
TIVi(kJK€IV  angewendet  ist  gegenüber  dem  regelrechten  Objektsatze 
mit  ώς  19,  25,  kann  nach  dem,  was  von  U.  S.  52  ausgeführt  und 
oben  über  das  Streben  nach  Abwechselung  bemerkt  ist,  nicht 
auffallen.  ^5,  27  hat  U.  geschrieben  άλλα  μή  γίνοιτό  τίνα 
πάμπαν  ημών  . . .  τούτο  (bezw.  τούτου,  für  τούτον)  τό  (für  τόν) 
λοιπόν  ποιήσασθαι  φόρημα.  Dem  Sinne  nach  muss  der  Infinitivsatz 
auf  dasselbe  hinauslaufen  mit  dem  vorhergehenden  τόν  παλαιόν 
άνθρωπον  έν  έαυτοϊς  π€ριφίρομ€ν  Ζ.  25  f.,  ποιήσασθαι  φόρημα 
verlangt  wie  π€ριφέρ€ΐν  das  Objekt  im  Akkusativ  (vgl.  zB.  29,8), 
sein  Objekt  ist  τόν  παλαιόν  άνθριυπον:  also  ist  τούτον  richtig 
überliefert.  In  τόν  λοιπόν  kann  mithin  nur  ein  adverbieller 
Auedraok  stecken.  Da  nun  το  λοιπόν  in  der  Zeit  des  Johannes 
nioht  üblich  gewesen  zu  sein  scheint  und  das  damals  gebräuch- 
liche TOÖ  λοιπού  (s.  35,  15  ferner  zB.  Acta  S.  Anastasii  Persae 
20^8.  21•10  Us.,  Kosmas  u.  Damian  W.  20,43.  23,30.  27,45. 
34,91.  37,31)  nur  durch  einen  stärkeren  Eingriff  gewonnen  werden 
könnte,  so  wird  einfach  λοιπόν  herzustellen,  dh.  τόν  als  Ditto- 
graphie  zu  streichen  und  zu  sclireiben  sein:  τούτον  [τόν]  λοιπόν 
ποιήσασθαι  φόρημα.  Gewichtigen  Bedenken  sprachgeschichtlicher 
Art  unterliegt  die  von  U.,  wie  er  selbst  S.  70  bemerkt,  nur  'not- 
gedrungen' eingeführte  Homerische  Form  bcSeai  38,  10:  άλλ*  €ύ 
olba  .  .  .  ώς  τ€λ€ίιυς  ίχοντα  τούτον  in.  τόν  λόγον)  καΐ  δψ€ΐ 
και  b^Eeai  (für  b^Sloi).  Allein  in  Wirklichkeit  besteht  die  Nöti- 
gung zu  einem  so  ungewöhnlichen  Auskunftsmittel  zu  greifen 
keineswegs.  Denn  da  Johannes  unter  dem  Zwange  des  Kadenz- 
gesetzes  den  Optativ  sowohl  des  Futurums  als  des  Aorists  gleich- 


Johannes  aet  Mildtätigen   lieben  de«  heiligen  Tychon  .^09 

wertig  mit  dem  Indikativ  des  Futnrums  und  neben  dieeem  ge- 
braucht wie  zB.  34,  11  u.  21  u.  11, 12  ff.  λοτισθήσ€ται  —  κηρύ£€ΐ€ 
—  άποπαύίΤοιτο  (vgl.  U.  S.  56),  so  steht  nichtR  im  Wege  an- 
zunehmen, dasB  er  auch  hier  um  der  Klausel  willen  den  Optativ 
gewählt  habe:  m.  a.  W.  biixox  wird  infolge  eines  durcheichtigen 
Schreibfehlers  aus  b^Soio  verdorben  sein.  38, 18  f.  weist  die 
Ueberlieferung  einen  doppelten  Schaden  auf,  den  U.  eo  zu  be- 
seitigen gesucht  hat:  και  της  αΙωνίου  σύν  ύμιν  ffUr  ήμΐν)  μακα- 
ριότητος  τύχοιμεν  και  σοι  τής  (für  τής  σοι)  σταθεράς  βασιλείας 
και  ίιυής  τής  αληθούς  συμμετάσχοιμεν.  Erwägt  man  jedoch, 
dass  in  der  ganzen  Schrift  von  ihrem  Helden  nie  im  Plurnl 
gesprochen  wird,  also  statt  σύν  ύμϊν  vielmehr  σύν  σοι  erforiler- 
lieh  scheint,  dass  ferner  im  zweiten  der  beiden  Satzglieder  (wie 
u.a.  21,15  und  συμμέτοχος  29^22  zeigen  kann)  das  persönliche 
Pronomen  durchaus  entbehrlich  ist,  so  wird  man  zu  der  Ver- 
mutung gedrängt  in  dem  an  ungehöriger  Stelle  stehenden  σο{ 
eine  ursprünglich  ausserhalb  des  Kontextes  eingetragene  Ver- 
besserung für  das  verschriebene  ήμϊν  zu  sehen.  Von  der  Ver- 
breitung derartiger  Verderbnisse  soll  in  anderem  Zusammenhange 
die  Rede  sein,  inzwischen  vgl.  man  zB.  die  Bemerkungen  R.  Schöne's 
zu  Philons  Mechanik  S.  62,21  und  92,9. 

Nur  gering  dürfte  die  Zahl  der  Stellen  sein,  die  zu  be- 
rechtigten Zweifeln  Anlass  geben,  ohne  dass  sie  bereits  von 
Usener  geäussert  wären.  So  würde  4,  7  άλλα  τούτους  καΐ  ήμεϊς 
έν  τούτοις  μιμούμεθα  πάντα  προσηνώς  τε  και  πράως  δεχόμεθα 
die  Partizipiaikonstruktion  mit  δεχόμενοι  im  zweiten  Gliede  dem 
Satzbau  der  Schrift  besser  entsprechen  als  der  asyndetische  An- 
schluss  des  Verbum  finitum.  4, 28  verlangt  τών  καθ'  ημών 
δρακόντων  τόν  Ιόν  έχαλίνιυσε  auch  nach  dem  Sprachgebrauch 
des  Johannes  (5,1.  1,27  f.  usw.)  den  Zusatz  eines  Partizipiums: 
es  wird  etwas  wie  κεχηνότιυν  oder  συριίόντιυν  u.  z.  vermutlich 
hinter  τών  ausgefallen  sein.  In  dem  Satze  5,  22  συμπαθείς  όμοΟ 
και  φιλάνθρωποι  προς  τους  άθεΐαν  νοσουντας  γενοίμεθα,  και 
τούτους  θεραπεύειν  σπουδάζοντες,  ει  τι  τοιοΟτον  ύπ'  αυτών 
ύπομείνοιμεν  ών  υπέρ  ημών  ό  δεσπότης  ύπέμεινε  sohwebt  και 
vor  τούτους,  da  es  auf  dies  Pronomen  nicht  bezogen  werden 
kann,  in  der  Luft.  Von  den  sich  zunächst  darbietenden  Mitteln 
diesem  Mangel  abzuhelfen  dürfte  die  Umwandlung  des  Parti- 
zipiums σπουδάζοντες  in  das  Verbum  finitum  so  wenii^  Wahr- 
scheinlichkeit für  sich  haben  wie  die  Annahme,  es  sei  [vor 
καΐ   τούτους   ein  Satzglied    ausgefallen.      Am    besten    entspräche 


'MO    Η  ri  η  km  au  ο  Johannes  des  Mildtätigen  Leben  des  heiligen  Tychon 

dem  Gedankengange  der  Eineehab  von  αύτοι  hinter  καί;  και 
(ούτοι)  τούτους  θεραπεύειν  σπουοάίοντες,  nämlich  wie  Christus 
getan  hat,  deseen  Handlungsweise  vorher  ausdrücklich  als  Muster 
aufgestellt  ist.  Diese  Vermutung  wird  zudem  sowohl  durch  das 
Z.  24  folgende  καΐ  ήμεΐς  nahe  gelegt,  als  durch  die  Vorliebe 
des  Autors  für  και  αυτός  und  ähnliche  Verbindungen  (8,  3.  12,  25. 
24,24.  4,<).  25,17.  32,7)  empfohlen.  Kann  J21,  JiiO  άλλα  πολύ 
λίαν  ώφέλίμον  ίκρίνον  der  Positiv  statt  des  Komparativs  als 
(ein  wegen  πολύ  und  der  Abwesenheit  des  durch  ή  [παρά  usw.] 
oder  genetivisch  eingeführten  Vergleicbobjektes  freilich  auffallender) 
Vulgarismus  vielleicht  passieren,  da  Unsicherheit  im  Gebrauch 
der  Komparationsstufen  sich  auch  sonst  bei  Johannes  bemerklich 
macht  (U.  S.  50),  so  erscheint  es  dagegen  schwer  glaublich,  dass 
er  wirklich  S.  j:i9y9  ελάχιστα  γάρ  πάνυ  κα\  λίαν  ελάχιστα  ge- 
schrieben haben  sollte.  Wenn  man  bedenkt,  wie  beliebt  gerade 
in  der  spätgrieobisoben  Literatur  die  ja  auch  der  ^klassischen' 
nicht  fremde  ^ Schwab,  H.  Syntax  der  gr.  Komparation  II  S.  180) 
Verbindung  von  Positiv  und  Superlativ  ist  (zB.  Origenes  c.  Geis. 
I  57  πάνυ  έν  ολίγοις  και  έλαχίστοις,  Dialog  des  Adamantius 
S.  210,  4.  220,  3  Bakh.,  Acta  S.  Xanthippae  Texte  a.  studies  11  -l 
8.  79, 1,  V.  S.  Georgii  Chozebitae  Anall.  Boll.  VU  S.  347,  20 
und  Compernass  De  sermone  gr.  volgari  usw.  S.  28),  so  wird 
man  vermuten,  dass  das  eine  ελάχιστα  infolge  unwillkürlicher 
Angleichung  (Rh.  Mus.  5β,  72)  für  ολίγα,  €ύαρ{θμητα  oder  dgl. 
verschrieben  sei.  Dieselbe  Zeile  (ßJ2,  9)  bietet  noch  einen  zweiten 
Anstose:  für  Johannes  gilt  als  Kegel,  dass  die  Ortsadverbien  dem 
von  ihnen  im  Genetiv  regierten  Pronomen,  Nomen  oder  dessen 
Attribut  nachfolgen,  so  £Sui  10,  14.  18,  18  €Ϊσω  31,  5  έκτος 
8, 15.  14,  Η.  23  εντός  17,  22.  29,  10  πόρρω  13,  7  έγγύθ€ν  28,  26 
€ΐς  μ^σον  35,  2  χωρίς  9, '2.  17,  18.  23,  26.  Es  wird  r.l80,  da 
kein  Grund  vorlag  an  dieser  Stelle  von  der  Kegel  absu weichen, 
ταύτης  ίΐω  herzastellen  sein. 

Bonn.  A.  Brinkmann. 


mSCELLEN 


Maiilins  1  25-29 

Fünf  V^erse    aus    dem    Proömium    des    erftten     Buches    von 
Maniliue'    Aetronomica,   die   für    das    Veretändnise    des    ^rösHten 
Theiles  des   Froöminms  eine  centrale  Bedeutung  haben,  sind    wie 
viele    andere   dieses   Dichtere    zwar   schon  oft  behandelt  worden, 
vgl.  P.  Thomas,    Lucubrationes    Manilianae,    Gent  1888    S.  1  f., 
Ellis,  Noctes  Maniiianae,  Oxford  1891  8.  1  f.,  Kroll,   Rhein.  Mus. 
N.  F.  60.  1905  S.  558  f.,  aber  doch  noch  nicht  endgiltig  erklärt, 
die  Verse  25 — 29.     Der  Matritensis  Tässt  uns  hier  im  Stich,  da 
mit  dem  Verlust   seines  ersten  Blattes  die   ersten  82  Verse  ver- 
loren gegangen  sind.    So  bleibt,  von  den  hier  nichts  Besonderen 
bietenden  Urbinates  abgesehen,  der  Lipsiensis  allein ;  und  wie  ich 
zu    zeigen    ho£Pe,    ist    hier    mit    ihm    allein    auszukommen.      Er 
bietet    nun    für  unsere  Stelle   erstens  einen  Text,  der  ohne  Con- 
jectur  erklärt  werden  kann ;  er  bietet  sodann  eine  Interpunktion, 
die  ich  im  Ganzen  für  richtig  halte.     Ich  möchte  überhaupt  auf 
die    recht    sorgfältige    Interpunktion     im    Lipsiensis    aufmerksam 
machen,  die  vielleicht  auf  alter  üeberlieferung  beruht.    Der  rasch 
geschriebene  Matritensis   ist  ohne   sie.     Drittens    findet    sich    im 
Lipsiensis    für   unsere  fünf  Verse  eine  Glosse,  die  ich  für  falsch 
hafte.     Die  Verse  lauten  in  der  Handschrift: 
•i•  mundo 
Quem  primuni  inier  ins  Ucuit  rognoscere  terris 
Munera  caelesfum  '  quis  enim  condentibus  illis 
Clepsisset  furto  mundü  quo  cuncta  reguntur? 
Quis  foret  humano  conatus  pectore  tantum 
In  uitis  ut  die  cuperet  ds  ipse  uideri? 
Das  kursiv  gedruckte  steht  in  Rasur,  aber,   wie  ich  glaube,  von 
erster  Hand,  und  dürfte  nur  verscliricben  gewesen  sein.    In  uitis 
in  zwei  Worten  ist  hier  ohne  Belang. 

Ich  möchte  also  in  diesen  Viersen  drei  Fragesätze  erblicken. 
Manilius  hat  vorher  gesagt,  er  wolle  von  der  Astrologie  handeln; 
das  sei  doppelt  «cliwer,  wegen  des  Stoffes  und  wegen  der  Sprache. 
Dann  foli^en  ohi^e  Verse.  'Wer  durfte  zuerst  genauer  auf  der 
Erde  die  Gaben  (oder  Gabe)  der  Götter  kennen  lernen?*  [L  hat 
hier  zwar  nur  ein  Kolon,  aber  die  Interpunktion  steht  an  der 
richtigen  Stelle.]  Die  Gaben  der  Götter  sind  die  Astrologie. 
Der  Ausdruck  munera  caelesfum  ist  ein  άπρο<Τ5όκητον,  natürlich 
ein  beabsichtigtes,   dem  sofort  die  Erklärung   beigefügt  wird,   in 


312  Miscellf'n 

der  Form  von  zwei  neuen  Frafren.  Έβ  bandelt  »ich  wirkliili 
um  Gaben  der  Götter;  denn  wenn  sie  die  Astrologie  nicbt 
gegeben  bätten  (condentibuR  ilÜR),  bätte  niemand  die  [KenntniRs 
derj  Ordnung  eteblen  können,  durcb  die  das  All  regiert  wird; 
das  hätte  kein  Menecb  gewagt,  deun  das  bätte  bedeutet,  daae 
sieb  ein  Menecb  wider  den  Willen  der  Götter  ihnen  bätte  gleirh- 
etellen  wollen.'  Damit  wird  eine  Geechiobte  der  Astrologie  und 
damit  der  menechlicben  Kultur  überhaupt  eingeleitet,  ähnlich, 
wie  Cicero  am  Anfang  seiner  Rhetorica  die  Beredsamkeit  preist, 
und  Poseidonios  die  Philosophie  gewürdigt  hatte,  vgl.  zB.  P. 
Hartlich,  Leipz.  Stud.  11.  1889  S.  282  ff.  —  Zuerst  haben  also,  wie 
wir  ans  den  fünf  Versen  ersehen,  nur  die  Götter  das  Geheimnies 
der  Astrologie  besessen,  dann  haben  sie  es  den  Menschen  mit• 
getbeilt,  und  es  wird  die  Frage  aufgeworfen,  wem  zuerst.  Dass 
der  gebende  Gott  Hermes  ist,  lehrt  das  folgende  (V.  30): 

Tu  princeps  auctorque  sacri,  Cyllenie,  tanti,  etc.,  bis  V.  37. 
V.  38  und  39  sind  von  Bonincontri  gedichtet.  Der  Anfang  von 
40  ist  leider  verderbt  (vielleicht  hat  Jacob  mit  Nataraeque  dedit 
doch  das  Richtige  getroffen).  Aber  das  gebt  mit  Sicherheit  daraus 
hervor,  dass  zuerst  (auf  der  Erde)  regales  animi,  also  Könige, 
die  Astrologie  kennen  gelernt  haben.  Der  Text  des  Lipsiensis 
lautet : 

l  natura 
40    Et  nataruq*  dedit  uires*  seq*  ipsa  reclusit' 

Regales  animos  primum  dignata  mouere'  etc. 
Dann  haben  Priester  die  Astrologie  kennen  gelernt  (V.  46,  nach  L): 

Tunc  qui  templa  sacris  coluenint  onie  per  eunm 

Delectiq'  sacerdotes  in  publica  uota 

Officio  uinxere  dm*  etc.,  bis  V.  50. 
Abschliessend  heisst  es  dann  V.  51  : 

Hi  tantnm  mouere  decus '  primiq"  per  artem 

Syderibus  uidere  uagis  pendentia  fata*  etc. 
Das  wäre  also  die  Einleitung  zu  der  erwähnten  Geschichte  der 
Astrologie  und  Kultur,  die  durch  unsere  fünf  Verse  angeregt 
wird.  Hermes,  der  göttliche  Geber,  und  auf  Erden  als  erste  — 
primum  terris  —  die  beiden  Aegypter,  König  und  Priester, 
Nechepso  und  Petosiris  —  dass  an  die  beiden  zu  denken  ist,  sagt 
schon  Kroll  aaO.  —  sind  die  Bringer  der  Astrologie:  Manilius 
folgt  somit  einer  verbreiteten  Auffassung,  vgl.  Kroll,  Aus  der 
Geschichte  der  Astrologie,  N.  Jahrb.  f.  d.  kl.  Alterth.  VII  1901 
Ö.  569-577. 

Breslau.  P.  Thielscher. 

ώς  ομοίως  md  Verwaidtes 

Der  Rhetor  Phoibammon^  braucht  ώς  όμοίιυς  in  Wendungen 
wie   κότη  τιΐιν  λοιπών  ώς  όμοίιυς.     Der  Sinn  ist  also  dem  ein- 


ί  Siehe  freilich  B.  Keil  Nachr.  der  Gott.  Ges.  d.  W.  liK)?  S.  IT«  ff. 


Misoellcn  313 

fachen  ομοίως  entpprecheTid.  Brinltniann  fRh.  Mus.  1906  S.  124) 
ist  geneigt,  die  Bildung  für  eine  i'igenthünilielikeit  def?  Phoi- 
bammon  zu  halten;  dem  ist  aber  nicht  po.  Auch  im  vierten 
Mflkkabäerbuch  7,  20  ist  ώς  ομοίως  eicher  überliefert,  ferner 
vermuthlich  im  griechiBchen  Henoch  V  3;  denn  der  Satz:  ibexe, 
τπΐις  ή  θάλασσα  και  ο\  ποταμοί  ώς  ομοίως  άποτ€λουσι  κο\  ουκ 
όλλοιοΟσιν  αυτών  τά  ίργα  wird  klar  und  korrekt,  wenn  man 
ώς  ομοίως  im  Sinne  von  ομοίως  nimmt.  Es  giebt  aber  mehr 
Hellenietiflches  von  dieeer  Art.  Auf  Wendungen  wie  ώς  δτι 
μάλιστα,  ώς  δτι  πλείστον  (Η eliodor  Aethiop.  Ι  17  S.  23,  5  Β.)  ist 
freilich  kein  Werth  zu  legen;  hier  hat  das  δτι  zur  Verstärkung 
durch  ώς  geführt^.  Dagegen  der  Astrolog  Vettius  Valens,  dessen 
Ausgabe  Kroll  druckt,  bereichert  unsere  Kenntnise  dieeer  Bil- 
dungen durch  ein  ώς  εναλλάξ  und  ein  ώς  παντελώς;  vgl. 
S.  215,  9  Kr.  σκοποΟσι.  πότερον  χρηματιστικόν  (seil,  το  iibbiov) 
ή  ώς  έναλλά£,  ebd.  S.  840,  1  ή  άποτελεσματογραφία  κριθή- 
σεται  ήτοι  αγαθή  ή  ώς  έναλλάΗ  und  S.  184,  2β  τάς  bk  οίκονο- 
μίας  ώς  παντ€λώς  ατάκτως  οιοικήσ€ΐ  (seil,  δ  άνθρωπος).  Da  ist 
offenbar  nichts  zu  beanstanden.  Schwerlich  liegen  Neuschöpfungen 
vor,  sondern  es  drang  jetzt  bloss  an  die  Oberfläche,  was  die 
ältere  Litteratursprache  vermied.  Sie  beschränkte  sich  anscheinend 
auf  ώς  αδτως  und  ώς  αληθώς.  Wir  wissen,  dass  ώς  hier  der 
regelrecht  adverbialisirte  Artikel  ist;  ώς  ομοίως  steht  demnach 
zu  δ  δμοιος  wie  ώς  αοτως  zu  δ  αυτός.  Hinzu  kommen  freiere 
Bildungen  nach  dem  Typus:   ώς  έναλλάΗ  ist  eine  solche. 

Münster  i.  W.  L.  Radermacher. 


Za  Ζευς  Καταιβάτης 

Durch  die  Freundlichkeit  des  glücklichen  Finders,  Dr.  E.  S. 
Forster,  konnte  ich  in  den  Nachträgen  zu  meinen  Griech.  Festen 
die  von  ihm  BSA  X  172  veröffentlichte  Inschrift  in  einem  Punkt 
revidirt  vorlegen,  ohne  dass  ich  die  Erklärung  sonst  weiter 
fördern  konnte.  Die  Behandlung,  die  Prof.  Solmsen  im  letzten 
Jahrgange  des  Rh.  Mus.  S.  329  ff.  dem  interessanten  Fund  ge- 
widmet hat,  ist  mir  Veranlassung  geworden,  noch  einmal  darauf 
zurückzukommen.  Die  Inschrift  lautet  Διός  Καβάτα.  |  πίμπτοι  | 
Ρίτ€ΐ  Ι  θύ€ν  Ι  .  λίhιov  |  γαι  .  .  .  .  Ueber  die  vier  letzten  unleser- 
lichen Buchstaben  hat  die  mir  von  Förster  brieflich  mitgetheilte 
jSachprüfung  durch  Dr.  Tod  das  in  der  Veröffentlichung  Mit- 
getheilte bestätigt:  der  erste  Buchstabe  sei  Β  oder  Β,  der  zweite 
gleicht  Y,  was  doch  bei  dem  sicheren  V  in  θύεν  nicht  möglich 
ist,  die  zwei  folgenden  scheinen  Λ0  zu  sein.  Ich  habe  natürlich 
gleich  an  ΓαιαΡόχοι  (wie  R.  Meister)  gedacht,  diese  V^ermuthung 
aber  gegen  den  entschiedenen  Widerspruch  Försters  fallen  lassen. 


^  Für  ώς  βτι,   ώς  βτ€,   ώς  οΤον   blanche  ich  Belehre  nicht  anzu- 
führen,    ώς  καθώς  steht  Martyriutn  Petri  vi  Pauli  4i). 


314  Miscellen 

Dasß    sein    eigener    Vorschlag  Γαΐβόλοι    unhaltbar   ist,    bemerkt 
Solmsen  richtig:  es  müsse  Γαιαβόλοι  heiseen. 

Man  sucht  also  in  der  unleserlichen  Zeile  den  Namen  des 
Opferempfängers.  Hierin  ist  man  aber,  bin  ich  überzeugt,  auf 
falscher  Fährte.  Der  Stein  gehört  dem  Zens  Kabatas;  das  Opfer 
kann  keinem  anderen  gewidmet  sein.  Auch  das  gleich wertbige 
Γαιαβόλος  ist  unzulässig;  solcher  Wechsel  der  Epitheta  hat  seinen 
Platz  in  der  Poesie,  nicht  im  Kult.  Was  man  zu  suchen  hat, 
kann  nur  das  Subjekt  znm  Infinitiv  6u€V  sein,  also  wem  es  ob- 
lag das  Opfer  zu  verrichten.  Der  Kult  ist  deutlich  ein  Privat- 
kult, und  dafür  dass  in  einem  solchen  schon  durch  die  Weih- 
inschrift für  die  fortwährende  Pflege  des  Kultes  durch  die 
künftigen  Besitzer  der  Kultstätte  gesorgt  wurde,  bietet  die  be- 
kannte Stiftung  Xenophons  ein  Beispiel,  Anab.  V  3,  13  τον 
ίχοντα  και  καρπούμενον  τήν  μέν  Ο€κάτην  καταθύβιν  έκαστου 
ίτους  κτλ.  Im  zweiten  Jahrhundert  η.  Chr.  hat  ein  Xenophons- 
imitator  auf  Ithaka  die  nämlichen  Worte  in  Stein  gehauen  (IG 
IX  1,  fi54;  Ziehen,  leg.  sacr.  83).  Aehnlich  ist  eine  Stiftung 
römischer  Zeit  aus  Attika,  wenngleich  der  Stifter  mehr  an  sich 
als  an  die  Zukunft  des  Kultes  gedacht  hat  (Ziehen  aaO.  48  6u€iv 
τους  Τ€ΐυρτούς  και  τους  προσχώρους  τοΐν  θ€θΐν  fii  θίμις  και 
τάς  μοίρας  ν€μ€ΐν  τώι  τ€  €ίσαμένιυι  και  ταιι  θ€ηκολουντι).  Wir 
müssen  also  in  der  letzten  Zeile  etwas  suchen,  was  dem  £χοντα 
και  καρπούμ€νον  bei  Xenophon  entspricht.  Das  kann  schwerlich 
etwas  anderes  als  γαιάχον  (der  Ackerbesitzer)  8ein\  Das  stimmt 
ja  nicht  mit  dem  Gelesenen  überein,  ausser  in  der  Buchstaben- 
zahl; da  dies  aber  sinnlos  ist,  muss  Irrthum  bestehen  entweder 
in  der  Schrift  oder  in  der  Lesung  des  sehr  abgenutzten  Steines; 
wir  haben  Α  für  Β  oder  B,  der  zweite  Buchstabe  Υ  wäre  Ψ=χ 
wie  auf  der  Damononstele.  die  beiden  letzten  fügen  sich  nicht  oder 
sind  wenigstens  gegen  einander  vertauscht.  Das  Wort  ist  spät 
in  dieser  Bedeutung;  der  Thesaurus  führt  zwei  Beispiele  an: 
ans  Agatharchos  o\  μέν  νομάΟ€ς,  ol  bk  Τ€θυχοι  und  aus  den 
Apophth.  patruni:  ά7Γήλθ€ν  €ΐς  τήν  αλιυνα  καΐ  λίγβι  τψ  γ€θύχψ; 
die  Papyri  haben  es  oft  sowie  γ^ουχεΐν  und  γ€θυχικός,  aber  schon 
Herodot  hat  das  daraus  abgeleitete  Verbum  VII,  19<)  Άμ€ΐνοκλέι 
τψ  Κρητίν€ΐυ  dvbpi  Μάγνητι  γηοχίοντι  π€ρί  Σηπιάοα.  Ich 
wünschte  d(T  Vorschlag  fügte  sich  glatter;  aber  keine  der  beiden 
Hesychglossen  γαιάοας*  ό  οήμος  (δημότης?)  ύπό  Λακώνιυν  und 
γαΙταΓ  γβωργοί  kann  in   Betracht  kommen. 

Auch  die  vorhergehende  Zeile  ist  unerklärt.  Es  ist  Platz 
für  einen  nuchstaben.  Forsters  hι]λήhιov  muss  also  voraussetzen, 
dass  das  Β  entweder  aus  der  Zeile  hervortrat  (sehr  unwahrschein- 
lich!) oder  durch  Hauchdissimilation  geschwunden  war;  es  ist 
aber  fraglich,  ob  dieses  Lautgesetz  zur  Zeit  des  Ueberganges  (J>h 
noch    wirkte.     Sonst    kenne    ich    nur    ein  Wort,    das   dem    Plati 

^  γαιάοχος  aue  ^χιυ  muss  im  Lak(»ui8ohen  zu  γαιαχος  koutrahirt 
werden  wie  ΤΤολιάχοι  in  dor  Djunononstole  KM  7ί>  Ζ.  .Η,  worauf  Solmsen 
mich  aufmerksam  macht. 


Miscelleii  815 

sich  fügt:  άλήσιον  πάν  το  άληλεσμενον  (Hesych);  man  darf 
sich  aber  die  Möglichkeit  nicht  verhehlen,  daee  hier  etwas  un- 
bekanntes vorliegt. 

Das  bemerkenswertheste  an  dem  Kult  ist  die  penteterische 
Opferperiode;  hier  hat  wohl  der  Gedanke  an  das  grösste  Fest 
des  Zeus,  die  Olympien,  hiueingespielt.  Die  Kaltart  ist  ja  un- 
sicher, so  lange  die  zweitletzte  Zeile  nicht  sicher  gedeutet  ist; 
man  darf  aber  Sühnriten  voraussetzen.  Aus  dieser  Hinsicht  wäre 
hlXnhiov    vorzüglich,    aber   auch    ein  Mehlopfer    würde    passen^. 

Hieran  möchte  ich  ein  paar  Bemerkungen  über  den  Kult  des 
Zeus  Kataibates  im  allgemeinen  knüpfen^  vor  allem  daraufhinweisen, 
dass  unter  den  Hausaltären,  die  Hiller  von  Gärtringen  in  seinen 
letzten  Grabungen  auf  Thera  fand,  einer  die  Inschrift  trägt  Διός 
Καταιβάτα  und  ein  anderer  Διός  Βροντώντος  και  *Αστράπτοντος 
(IG  XII,  3  suppl.  1360  u.  1359).  Der  Entdecker  führt  Klio 
I  (1901)  222  diese  Altäre  auf  ein  besonderes  Flreigniss,  dh.  einen 
Blitzschlag,  zurück.  Sie  sollen  wie  der  lakonische  Stein  ein 
ένηλύ(Τιον  bezeichnen,  und  ebenso  fasst  man  jetzt  alle  Kultmale 
des  Zeus  Kataibates  auf.  Ich  kann  aber  keine  Veranlassung  finden, 
warum  man  ihn  nicht  hat  verehren  können  auch  auf  anderen 
Plätzen  als  solchen,  wo  der  Blitz  eingeschlagen  hatte.  Man  hatte 
ihn  überall  zu  fürchten;  nichts  natürlicher  als  dass  man  ihn  im 
Yoraue  zu  besänftigen  suchte ;  sein  Altar  diente  so  zu  sagen  als 
Blitzableiter.  Ob  das  so  auf  Thera ^  gewesen  ist,  wage  ich  nicht 
zu  entscheiden;  bestimmt  ist  es  aber  zu  behaupten  von  dem  Taren- 
tinischen  Kult.  Klearchos  bei  Athen.  ΧΠ  p.  522  erzählt  die 
Schandthat  der  Tarentiner  gegen  die  besiegten  Einwohner  von 
Earbina;  zur  Strafe  wurden  alle,  die  daran  Theil  genommen  hatten, 
vom  Blitz  erschlagen,  και  μέχρι  και  νυν  έν  Τάραντι  έκαστη 
τών  οικιών  όσους  ούχ  ύπεδεΕατο  τών  εις  Ίαπυγίαν  έκπεμφθέντων 
τοσαύτας  ?χει  στήλας  πρό  τών  θυρών  έφ'  αίς  καθ'  δν  άπώ- 
λοντο  χρόνον  οοτ'  οίκτίίονται  τους  άποιχομενους  ούτε  τάς  νομί- 
μους χέονται  χοάς,  άλλα  θύουσι  Διι  Καταιβάτη.  Im  ersten  Satz 
hat  Α  οΟς  ούχ,  wofür  die  Konjektur  Musurus'  βσους  allgemein 
recipirt  ist.  Mit  Unrecht;  denn  da  sowohl  der  vom  Blitz  Erschlagene 
wie  die  Stelle  heilig  (im  genauen  Sinne  Tabu)  wurden,  folgt, 
daee  der  Leichnam  auf  der  Stelle  gelassen  und  begraben  (Artemi- 
dorae  2,  9  p.  95  H. ;  üsener  aaO.  S.  9  f.),  also  nicht  nach  Hause 
gebracht  wurde.     Das  ούχ  ist  also  zu  halten;  Klearchos  hat  die 

*  dXqnra  bei  Totenbeechwörung  λ  28;  im  Liebeszauber  Theokr. 
2,18;  άλφΐτομαντε{α  β.  Lobeck,  Agl.  815.  Vgl  zum  ersten  Beispiel  die 
Begriffsvereohiebung  in  der  von  Usener  Rh.  M.  <iO  (1905)  12  A.  1  an- 
gezogenen kilikischen  Inschrift  θ€θΟ  Καταιβάτου  καΐ  Φερσεφόνης. 

*  Der  eine  Altar  (nicht  jünger  als  Kaiserzeit!)  ist  dem  Zeus 
Βροντών  καΐ  ΆστράίΓΓων  gewidmet,  dem  klein  asiatischen,  besonders  im 
nördlichen  Phrygfien  heimischen  Gott,  welcher  sich  auf  Thera  neben 
den  altgriechisohen  Zeus  Kataibates  stellt;  dieser  Oott  war  mehr  als  der 
Donnerer  und  BHtzschleuderer:  er  hatte  besondere  Beziehungen  zum 
Toienkultas. 


;]!<;  Miecelleii 

Stelen  für  Kenotaphien  angesehen.  Aber  auch  ohne  dies  ist  es 
klar,  dasH  die  Erzählung  nur  ein  schlecht  angeknüpftes  Aition 
bietet,  welches  erklären  soll,  warum  vor  vielen  Häusern  in  Tarent 
Stelen  bezw.  Altäre  des  Zeus  Kataibatee  standen  und  warum  an 
einem  bestimmten  Tag  dem  Gotte  geopfert  wurde.  Die  grosse 
Zahl  der  Stelen  und  der  umstand,  dass  auf  allen  an  demselben 
Tag  geopfert  wurde,  spricht  entschieden  gegen  die  Annahme, 
dass  alle  den  Platz  eines  Blitzschlages  bezeichneten.  Wir  haben 
also  einen  regelrechten,  dem  gewöhnlichen  ähnlichen  Kult  des 
Zeus  Kataibates,  der  sich  neben  die  anderen  hausechirmenden 
Götter  stellt,  die  vor  der  Thür  standen,  eine  Uebertragung  und 
Erweiterung  dieses  Gottesbegriffes,  die  leicht  verständlich  ist. 
Zum  Vergleich  mag  auf  die  zu  Ehren  des  Ζευς  μέχιοτος  και 
κεραυνοβόλος  in  Tegea  gefeierten  olympischen  Spiele  und  das 
Fest  des  Ζευς  Άστραπαίος  in  Antandros  (Griech.  Feste  S.  4f.) 
hingewifisen   sein. 

Luiid.  Martin  P.  Nilseon. 


Znm  Stadtreeht  von  Bantia 

ΤΤαλινψοίαν  qibuj,  allerdings  um  auch  für  mein  Theil  an 
Stelle  des  Falschen  das  Wahre  setzen  zu  helfen,  mehr  aber  weil 
ich  eine  bisher  unverstandene  Stelle  am  Ende  der  oekiecheo 
tabula  Hantinu  damit  aufklären  zu  können  meine.  £e  handelt 
sieh  um  das  ital.  Wort  ahw,  umbrisch  in  acnu  und  den  Compo- 
sitis  sivakue^  perahne^  oskisch  in  ak^inei  erhalten:  ^ahio^  Jahr' 
schrieben  Aufrecht-Kirchhoff  in  ihrem  VVortverzeichniee  kurz  und 
richtig,  während  ich  wiederholt  diese  Deutung  bekämpft,  das 
Wort  mit  marsisch  agine  lat.  üijonia  verbunden  (lex.  Ital.  p.  IV), 
meinen  Widerspruch  hauptsächlich  auf  das  oek.  altfrei  ptUereipfd 
akenei  gegründet  habe  (Vmbrica  p.  30),  denn  dies  ist  lat.  alfero 
utroqne  anno,  man  verlange  aber  altero  quoquc  anno.  Der  Streit 
ist  entschieden  durch  die  bessere,  vollständigere  Lesung  der 
Schlusszeilen  des  osk.  Gesetzes,  welche  man  besonders  R.  von 
Planta  Gramm,  der  umbr.  osk.  Dial.  IT  p.  601  ff.,  nebet  ihm 
Conway  Italic  dialects  I  p.  28  zu  danken  hat.  Beide  lesen  Z.  31 
übereinstimmend  twec//(rmi  acunum  VF  nesimtim;  nach  Fügung  und 
Ordnung  der  Worte  (wie  Z.  17  zirolom  XXX  nesimum  =  }λϊ, 
diem  XXX  proximum)  muss  in  acunum  ein  Zeitraum  bezeichnet 
sein,  wie  er  in  allgemeinen  Vorschriften  über  die  Magistratur 
zu  erwarten  ist,  Tag,  Monat,  Jahr;  da  Tag  zirolo,  Monat  auch 
bei  den  Oskern  älinlich  wie  bei  allen  Stammgenoesen  hiees  (vgl. 
Mus.  XLV  p.  168),  bleibt  nichts  übrig  als  Jahr.  und  das 
passt,  ja  giebt  uns  den  Schlüssel  zum  Verständniss  und  zur 
Ergänzung  jenes  Sätzchens,  das  auf  der  Bronze  heute  und  auch 
echon  als  Avellino  sie  copierte,  lückenhaft  und  zerrissen  war. 
Nämlich  afmum  VI  proximumy  was  jene  W^orte  besagen,  ifit  eine 
im  römischen  Leben  und  Recht  so  unsrewöhnliche,  vereinzelt« 
Friatbestimmung,  dass  mau  nach  Analogien  suchen  und   so    ver- 


Misoellen  817 

suchen  mues,  den  Zweck  aufzufinden.  Und  da  bietet  sich  die 
beste  Analogie  dar  in  einer  jener  Urkunden,  welche  zum  Ver- 
gleich mit  dem  Stadtrecht  von  Bantia  zu  allererst  in  Betracht 
kommen,  in  dem  1894  gefundenen  Stadtreoht  von  Tarent  (Mommeen 
eph.  epigr.  IX  1  fiP.))  welches  für  uns  heute  abbricht  mit  dem 
Vordersatz,  der  selbst  nicht  einmal  abgeschlossen  vorliegt:  quei 
pequniam  municipio  Tareniino  non  debebif,  sei  quls  eorum  quei 
municeps  erif  neque  eo  sexennio  proxumo^  quo  exeire  volet, 
duovirum  a[edilisve  fuerit,  ex  municipio  Tarentino  exeire  vökt, 
id  ei  sine  fraude  sua  facere  licefo^  denn  ich  setze  gleich  das 
Mommsensche  Supplement  p.  10  hinzu,  welches  Satzfügung  und 
Gedanken  im  Allgemeinen  wiederherstellen  soll  und  diesem 
Anspruch  schon  genügt.  Also  hier  die  nächsten  sechs  Jahre  be- 
zogen auf  Duovirat  und  Aedilität,  das  Amtsjahr  der  Stadtoberen, 
genau  so  wie  im  oskischen  Text  die  gleiche  Frist  —  sexennium 
und  sextus  anntis  verschlägt  für  antike  Auffassung  nichts  —  mit 
und  neben  dem  Worte  medicim,  Amt  der  Stadtoberen,  erscheint. 
Denn  über  diese  Geltung  des  nur  hier  auftretenden  Wortes  läset 
der  klare  Zusammenhang  und  bündige  Vortrag  des  Capitels  keinen 
Zweifel;  ich  wiederhole,  damit  dies  ins  Auge  falle,  Satz  für 
Satz  den  Inhalt:  'Praetor  und  Censor  darf  nur  sein  wer  Quaestor 
war,  Censor  nur  wer  Praetor  war;  wer  Praetor  und  in  be- 
stimmten niederen  Aemtern  sonst  war,  darf  darnach  nicht  Volks- 
tribun sein;  wer  diesem  zuwider  zum  Meddix  gewählt  wird, 
dessen  Wahl  ist  ungültig;  dies  Meddix-Amt  von  jenem  .  .  [fehlen 
etwa  15  Buchst]  .  .  jemals  zu  Bantia  .  .  [fehlen  etwa  16  Buchst] 
.  .  Meddix-Amt  das  nächste  6.  Jahr'  .  .  [fehlt  alles  Zusammen- 
hängende]. Den  Meddix  (Z.  30  med]is)  hat  von  Planta  ergänzt 
und  als  nuthwendig  erkannt  wegen  des  unmittelbar  folgenden 
idic  ntedicinty  das  auf  nichts  sonst  zurückweisen  kann.  Meddix 
steht  hier  gemäss  dem  Fortgang  der  Rede  in  dem  generellen, 
wohl  auch  von  Verrius  bestätigten  Wertsinne  als  άρχιυν,  ma- 
gisfraiuSj  Stadtoberer,  so  dass  die  vorher  genannten  Aemter,  vor 
allem  die  römische  Praetorwürde,  einbegriffen  sind;  nicht  mit  der 
speziellen  Hedeutung,  welche  ihm  bei  oskischer  Verfassung  eigen 
war,  als  άρχιυν  επώνυμος,  dem  röm.  Conaul  gleicher  Magistrat, 
der  6ine  oder  nur  mit  einem  die  Ehre  theilende  Stadtoberste. 
Dhese  Bedentungsverschietienheit  kommt  auch  in  der  verschiedenen 
Ableitung  zum  Ausdruck,  durch  welche  da»  Amt  selbst,  die 
Amtsthätigkeit  bezeichnet  wird.  Das  Amt  des  eponymen  Meddix 
heisst  oft  Fem,  nieddikidj  hier  das  Amt  schlechthin,  die  Magistratur 
Neutr.  m€dici{u)m.  Das  Gesetz  von  Tarent  stellt  nun  die  Stadt- 
oberen des  letzten  Sexennium  ungefähr  in  gleiche  Linie  mit  den 
Bürgern,  welche  der  Stadt  Geld  schuldig  sind,  offenbar  weil 
sie  für  das  Geld  der  Stadt,  das  sie  während  ihres  Amtes  ver- 
walteten, noch  so  lange  nachher  zur  Rechenschaft  gezogen  werden 
konnten.  Warum  ein  Sexennium?  ich  denke,  weil  dies  die  gesetz- 
lirhe,  ständige  Frist  war,  in  der  Einer  dasselbe  Amt  abermale 
bekleiden    konnte,    denn    trat     dieser    Fall     ein,    so     ward    jede 


318  Mifloellen 

Keohenschaft  der  früheren  AmtefUhrung  illusoriRch.  Ich  setze 
also  überhaupt  für  altrömieche  Gemeindeordnang  and  als  Inhalt 
jenes  zerrieeenen  osk.  Schlaeseatzee:  'Dies  Meddix-Amt  von  dem 
Jahre  ab,  wo  jemand  je  zu  Bantia  eben  die«  Amt  bekleidet,  das 
nächste  6.  Jahr  wieder  zu  bekleiden  ist  nicht  gestattet .  Auch  der 
osk.  Text  läset  sich  wenigstens  für  den  Anfang  von  Z.  31  nicht  bloss 
annähernd,  sondern  wörtlich  wieder  prewinnen :  idic  medicim  eieuc\ 
[en  acunud,  pod  pis  p]ocapid  Bansa[c  hipust  idic  esunt]medicifnf 
acunum  VI  n€sinium\  .  .  .  zur  Vervollständigung  diene,  was  ich 
der  lateinischen  tab.  ßantina  entnehme,  nei  pefiio  neive  gerito 
neive  habeto,  wenn  auch  die  Bewerbung  {ne  pefifo)  bei  jenem 
Termin  wahrscheinlich  wegfallen  muss.  Weder  grundsätzlich 
noch  in  der  Sache  wesentlich,  aber  doch  im  Ausdruck  verschieden 
von  der  Ordnung  zu  Bantia  und  Tarent  ist  die  Bestimmung  in 
dem  80  viel  späteren  Recht  von  Malaca  die  sich  dazu  noch  auf 
das  eine  oberste  Amt  beschränkt  cap.  54,  von  der  Wählbarkeit 
zum  Duovirat  seien  ausgeschlossen  qui  intra  quinquennium 
in  eo  honore  fuerint.  Das  Quinquennium,  eine  gerade  so  übliche 
Frist  wie  jene  andere  unüblich  war,  stimmt  gut  mit  den  lo 
Jahren,  in  denen  Iteration  des  Consulats  zu  Rom  einst  verboten 
war  (Mommsen  R.  Staater.  I  p.  521);  das  sechste  Jahr  oder 
Sexennium  will  nach  Absicht  des  Gesetzgebers  wohl  nur  be- 
sagen, dass  5  volle  Jahre,  mindestens  fünf  bis  zur  Iteration  ver- 
gangen sein  müssen. 

Sollte  mir  so  gelungen  sein  die  Erklärung  von  ital.  aktio 
als  Jahr  zu  schützen  ^nd  zu  stützen,  so  ist  doch  auch  Pflicht, 
den  Stein  des  Anstosses,  über  den  ich  selbst  bei  dieser  Erklärung 
gestolpert  war,  wenn  möglich  aus  dem  Wege  zu  räumen.  Die 
saorale  Urkunde  des  Ceres- Hei ligthums  von  Agnone  gebietet, 
beide  Seiten  der  Bronzetafel  bringen  das  Gebot  mit  denselben 
Worten,  'auf  dem  Opferaltar  ein  festliches  Brandopfer  alUrei  pti- 
fereiptd  aketidy  also  alfero  utroqm  anuOy  genau  *im  anderen  Jahr, 
in  welchem  von  beiden  es  immer  sei*.  Leider  ist  im  Latein  die 
Verbindung  atter  uterquc  recht  selten  nach  Ausweis  des  Thesaurus  I 
p.  1761  (auf  p.  1731,  (>I  findet  man  genug  Beispiele  für  altero 
fjuoque  anno,  die  als  Gegensatz  zu  jährlich,  täglich*  aus  der 
silbernen  Latinität),  sie  begegnet  zuerst  und  einmal  bei  Plinius 
wo  vorgenannte  gegensätzliche  Begriffe  durch  alterutraque  «u- 
sammengefasst  werden  wie  ^abwechselnd  beide*,  während  die 
Späten  altertärnmque  ifanz  wie  alferutrum  sogar  in  Gegensatz 
zu  utrnm^ic  stellen  'das  eine  von  beiden'.  Aber  wenn  auch  der 
Mangel  schlagender  lat.  Parallelen  und  die  Wortkargheit  des 
osk.  Registrators  ein  erschöpfendes  Verständnies  des  fraglichen 
Zusatzes  verwehrt,  so  müssen  wir  doch  aus  der  Sprachform  folgern, 
weil  alter  uterquc  nur  bei  einer  Zweiheit  Platz  hat,  dass  für  das 
Opfer  auf  dem  grossen  Brandaltar  und  wohl  überhaupt  für  jenen 
Cult  der  Ceres  ein  zweijähriger  Cyclus  bestand,  dass  die  Feier 
ein  Jahr  ums  andere  begangen  ward  wie  bei  den  Eleusinien  von 
Eleusifi  und   anderen  trieterischen    Demeterfesten  (zB.  in  Pheneoe 


Miscellen  B19 

Paus.  VIII  15,  2).  Griechischer  Einfluse  tritt  ja  im  Götterver- 
zeichniss  dieser  osk.  Bronze  klar  zu  Tage. 

Auf  das  etymologische  Verhältniss  von  lat.  anno  zu  ital. 
akno  gehe  ich  nicht  ein,  weil  ich  nichts  beweisen  kann.  Nur 
hinfällig  ist  nach  dem  jetzigen  Stand  der  Dinge  jener  Einwand 
gegen  Herkunft  des  einen  Wortes  von  dem  anderen,  dass  die  begriff- 
liche Identität  eine  unsichere  Voraussetzung  sei  (Corssen  Ital. 
Sprachk.  p.  37).  Und  das  neben  annus  sicher  unregelmässige 
soHemnis  läset  mich  allerdings  die  Frage  aufwerfen,  oh  das  in 
dignus  Signum  tignnm  usw.  waltende  Lautgesetz,  kn  wird  lat. 
und  bleibt  gn,  ausnahmslos  auch  die  Urzeit  gebunden,  ob  nicht 
sinnufn  stannum  and  die  gleichen  Erscheinungen  des  Lateins  seit 
den  Kaisern  (Rhein.  Mus.  LIX  p.  39)  vielleicht  atavistisches 
Sprachgut  sind. 

Bonn.  F.  Buch el er. 

€iyitft8  Bfteeftrensie.    Dftrenns 

Die  Inschrift  einer  an  der  via  Flaminia  gefundenen  Marmor- 
tafel :  0.  Pupius  Besütutus  ex  provincia  Baetica  civifaie  Baesa- 
renfii  ann{orum)  XXV  utw.  enthält  den  Namen  einer  Stadt 
Baeticas,  die  dem  Herausgeber  (Gatti,  Bull.  d.  commiss.  arch. 
com.  di  Roma  XXXV  1907  p.  225)  unbekannt  zu  sein  schien. 
Es  ist  die  ^civitas  stipendiaria*  Besaro,  die  nach  Plinius  n.  h. 
III  15  zum  conventus  Gaditanus  gehörte.  Ausser  der  richtigen 
Schreibung  mit  ae  (vgl.  andere  ebenso  anlautende  spanische  Städte, 
zB.  BaesippOy  munic,  Baesuccitanum)  gewinnen  wir  aus  der  In- 
schrift leider  weiter  nichts;  die  nähere  Lage  bleibt  unbestimmbar 
(Hühner,  P.-W.  111  324). 

Auf  einem  Sarkophagdeckel  von  Torre  Nova  (via  Labioana), 
den  G.  E.  Rizzo  (Notizie  d.  scavi  1905  p.  420)  dem  dritten  Jahr- 
hundert zuweist,  steht  die  Grabschrift:  Pompeia  Fulcinia  Can- 
dida c{lari8Hima)  f{emina)  Q.  Pompedo}  Callistrafo  Dareno  alumno 
benewerenti.  Die  Frau  scheint  sonst  nicht  bekannt.  Das  auf 
einen  Ort  Lara  zurückzuführende  Ethnikon  des  alumnus  kehrt 
wieder  auf  einer  bei  Antiochia  Pisidiae  gefundenen,  ins  dritte 
Jahrhundert  gehörigen  Inschrift  bei  Sterrett,  Papers  of  the  Ame- 
rican pchool  at  Athens  III  nr.  366,  38:  Αύρ.  Ίμαν  Σωτικου  Σο- 
φοΟ  Δαρηνός,  wonach  in  dieser  Gegend  Kleinasiens  eine  Stadt 
Dara  anzusetzen  wäre  (Rüge,  P.-W.  IV  2150).  Schwerlich  wird 
man  an  das  Östlich  vom  Kaspischen  See  in  der  regio  Apavortene 
gelegene  Dara  denken  dürfen,  und  das  Mesopotamische  Dara 
kommt  wohl  überhaupt  nicht  in  Frage  (Tomasübek  und  Franke), 
P.-W.  aO.). 

Halle.  M.  Ihm. 

Da8  Alter  der  neolithischen  Knltor  in  Kreta 

Arthur  Evans  hat  auf  dem  Burghügel  von  Knossos  zu 
Unterst  eine  6^/2  m  dicke  neolithische  Schuttschiclit  angetroffen  und 
danach  das  Alter  der  Kultur  an  dieser  Stelle  zu  berechnen  ver- 


820  Miacellen 

sucht  (British  School  Athene  1903/4,  Ö.  18  if.  Fig.  7 ).  Für  dae  Ende 
des  neolithischen  Zeitaltere  in  KnoseoH  nimmt  er  das  Jahr  4000 
V.  Chr.  an,  welches  Datum  ich  hier  nicht  hemängeln  will.  Die 
Oberfläche  der  neolithischen  Schicht  liegt  5,33  m  unter  dem 
heutigen  Niveau  des  Hügels.  Dieses  ergiebt  eine  durchschnitt- 
liche Erhöhung  des  Terrains  seit  dem  Ende  des  neolithischen 
Zeitalters  von  nicht  ganz  1  ra  im  Jahrtausend.  Nach  demselben 
Massstab  gemessen,  kämen  auf  die  6V2  ^  der  neolithischen  Schicht 
etwa  6U0O  Jahre.  Evans  hält  aber  für  wahrscheinlich,  dass  die 
Erhöhung  zu  Anfang,  als  die  Ansiedlung  kleiner  war,  beträcht- 
lich langsamer  vor  sich  gegangen  ist  als  später  uud  glaubt  daher 
für  den  Anfang  der  neolithischen  Ansiedlung  in  Enossoe  etwa 
auf  das  Jahr  12000  (oder  gar  14000)  v.  Chr.  zurückgehen  zu 
müssen  (aaO.  S.  2^ή. 

Es  ist  mir  nicht  bekannt,  ob  Jemand  diese  von  Evans  auf- 
gestellte Berechnung  grundsätzlich  angefochten  hat.  Hingegen 
hat  sich  Burrows  neuerdings  ausdrücklich  dazu  bekannt  (Dis- 
coveries  in  Crete,  8.  47).  Wie  mir  scheint  wird  Evans'  Be- 
rechnung aber  dadurch  hinfällig,  dass  es  offenbar  nicht  angeht, 
in  KnosBos  auch  nur  annähernd  denselben  Massstab  für  die  Er- 
höhung des  Terrains  im  neolithischen  und  in  späteren  Zeitaltern 
anzunehmoD.  Nach  Maokenzies  Angaben  (Excavat.  at  Phylahori, 
S.  241)  finden  sich  in  der  von  Evans  untersuchten  neolithischen 
Schicht  noch  keine  Spuren  von  steinernen  Hausmauern.  Die 
ersten  Ansiedler  haben  ihre  Wohnungen  also  (da  es  in  Kreta 
wenig  Holz  giebt)  aus  in  der  Sonne  getrockneten  Lehmsteinen 
hergerichtet.  In  einer  aus  so  wenig  dauerhaften  Häusern  be- 
stehenden Ansiedlung  geht  aber  die  Erhöhung  des  Bodens  viel 
schneller  vor  sich.  Für  dii'  ägyptischen  Städte,  deren  Häuser  in 
dieser  Art  gebaut  zu  werden  pflegten,  berechnet  Flinders  Petrie 
(Methode  and  aims  in  archeology,  S.  19)  die  durchschnittliche 
Erhöhung  des  Niveaus  auf  V2  ^"  ""  Jahrhundert;  in  Syrien 
soll  sie  nach  derselben  Autorität  sogar  noch  zweiundeinhalb  Mal 
rascher  vor  sich  gehen.  Mach  dem  oben  angeführten  ägyptischen 
Massstab  gemessen,  würde  sich  nun  für  die  6^/^  m  dicke  neoli- 
thische  Schicht  in  Knossos  ein  Alter  von  nur  etwa  1300  Jahren 
ergeben;  damit  käme  man  für  die  Urzeit  der  Ansiedlung  auf  das 
Jahr  5300,  anstatt  auf  das  .lahr  12000,  vor  Chr.  Freilich  hat 
auch  diese  Berechnung  keine  Gewähr,  da  wir  nicht  wissen,  in 
wiefern  die  Analogie  von  Aegypten  in  diesen  Dingen  für  Kreta 
massgel»end  sein  kann;  sie  dürfte  aber  doch  vielleicht  der  Wahr- 
heit näher  kommen  als  das  Ergebniss  des  Herrn  Evans,  der  für 
Keine  Berechnung  offenbar  einen  zu  niedrigen  Massstab  benutzt 
und  infoIgedrsHon  den  Anfang  der  neolithischen  Ansiedlung  in 
KnossoR  in  ein  so  erstaunlich   hohes  Alter  heraufgerückt  hat. 

l'trecht.  Wilhelm   Vollgraf  f. 

VcnintwortlichtT  Floductour:  Adolf  von  Mrs«  in  Bonn 
(IS.  März   liK)^) 


3Öi>  Bücheier 

und  unter  14,  meist  gerade  12  Buchst.,  verschieden  nach  der 
Bruchlinie,  aber  mehr  nach  breiterer  oder  engerer  Schrift,  m  und 
Interpunktion);  die  links  verlorenen  Zeilenanfänge  halten  nach 
meiner  Rechnung  7  oder  8  Buchst,  im  Durchschnitt.  Neu  ent- 
deckt ist  Β  von  Maionica,  der  den  Namen  des  Tuditanus  und  die 
Zusammengehörigkeit  von  Β  mit  Α  erkannte  ;  es  war  der  rechte 
Eckquader,  dessen  Front  in  den  drei  untersten  Zeilen  nicht  langte  die 
Vemachlüsse  zu  fassen,  daher  diese,  die  Enden  der  Worte  Tudita\mis 
(mit  einem  Theil  von  α),  Tim\auo  und  iradi\f,  seitwärts  um  die 
rechte  Ecke  daneben  geschrieben  wurden,  dies  mit  der  gewichtigste 
Beweisgrund  gegen  prorsa  oratio,  welche  v.  Premerstein  vor- 
ausgesetzt und  in  Zeilen  von  ungefähr  70  Buchst,  zu  erneuern 
versucht  hat.  Auch  dieser  Quader  hat  die  ganze  linke  Seite, 
welche  an  Α  anschloss,  verloren  durch  schrägen  Bruch  (der  Rest 
unten  um  ein  Centimeter  breiter  als  oben) ;  ausserdem  ist  die  Inschrift- 
fläche fUr  die  zwei  obersten  Zeilen  ganz,  für  die  dritte  am  Ende 
abgestossen  und  geschwunden,  in  Zeile  4  und  5  zeigt  sie  je  8,  in 
Z.  6  9  Buchstaben.  Was  zwischen  Α  und  Β  fehlt,  berechnet  sich, 
gleiche  Breite  der  alten  Quader  und  die  Ausnutzung  des  Raums 
80  vorn  wie  hinten  vorausgesetzt,  auf  annähernd  VI  Buchstaben. 
Volle  Wiederherstellung  des  alten  Denkmals  ist  heute 
leider  unmöglich.  Einmal  wegen  der  dürftigen  Geschichtsüber- 
lieferung von  den  Thaten  des  Tuditanus  in  Istrien,  sie  weiss 
von  den  Einzelheiten,  welche  hier  erwähnt  wurden,  nichts. 
Tuditanus  Zeile  4  ist  klärlich  jener  C.  Sempronius,  welcher  als 
Consul  625/129  gegen  die  lapudes  kämpfte,  erst  unglücklich. 
dann  mit  Hülfe  des  vorhin  genannten  Brutus  siegreich  (Livi  perioch. 
59  Schlus»,  Appian  llljr.  10),  jener  der  am  1.  Oct,  desselben 
Jahres  de  lapmdibus  triumphierte  (fasti  Γ*ρ.\  qui  domtiit  Ifi^frü>, 
IM  siatna  sna  ibi  inscripsii  DistanzAngaben  (ab  Aquikia  ^i^^r-irt 
wie  wir  auf  dem  sog.  miliarinm  Popillianum  lesen  (Flin.  III  rJ9l. 
Daas  zwischen  dieser  StJitue  und  unserem  Denkmal  ein  gewisser 
Zusammenhang  besteht,  Gemeinschaft  von  Zeit  und  (Vt  oier 
I«an*Ischaft ,  das  versteht  sich,  Freinsbeim  reihte  die  Siatne 
seinen  supplementa  Liv.  als  Siegesdenkmal  des  Tuditancs  ein. 
aber  nicht*  spricht  für  Identität  der  beiden.  Yleimebr  wie  der 
Eroberer  von  Korintb  nach  Heimkebr  und  TrJninph  in  Köä 
•f^^wi  fi  shnu  HercmR<  rirfori^  stiftet  nod  in  iweifelkv*  satemi^^rheiD 
Rhythmus  dies  verkündet,  so  bat  TnditJinns  naeb  f^iif»  Tritirrb 
nb<»r  die  fstrier  dem  isiriscben  Flussjrcvtl,  desi^e»  Hciiifielt  ιιτ;α 
Terebmng  ancb  fem  tob  Aqviieia  beaesgt  ist  ^Nisse«  itaL  Laj^oe«^. 


324  Bücheier 

lieber  die  Lesung  der  Reste  and  meine  hiervor  versuchte 
Ergänzung  habe  ich  Folgendes  beizufügen. 

Z.  1.  Der  Anfang  des  Gedichtes  fehlt,  sicher  mehrere  Verse. 
6  Zeilen  entsprechen  dem  Quadermaass,  davon  mochten  4  Satur- 
nier  sein,  der  übrige  Raum  für  Namensaufschrift  des  Gottes  oder 
des  Dedicanten  verwandt.  Das  Gedicht  war  länger  als  die  uns 
erhaltenen,  eines  der  längsten  unter  den  uns  bekannten  gleicher 
Art;  die  dem  Accius  beigelegte  Tempelaufschrift  des  Brutus  nennt 
der  Cicero-Scholiast  plurimos  versus  quos  Saturnios  appellaverunt. 
Vers  1  und  2  habe  ich  lediglich  um  das  Versschema  aufzuzeigen 
gemacht,  der  Name  des  Alpenvolke  und  coados  deuten  die  Richtung 
des  Gedankens  im  Nebel  an,  von  der  Rede  fehlt  drei  Viertel 
und  sie  lässt  sich  aus  jenen  Brocken  durch  keine  Permutations- 
rechnung  bestimmen.  C[arnos  hat  schon  v.  Premerstein  vorge- 
schlagen, sonst  kommt  von  Völkernamen  C[atalos  am  ersten  in 
Betracht  (Nissen  II  p.  239) ,  aber  ein  andere  geartetes  Wort 
{cladCj  conterit)  ist  dem  Schema  angemessener.  Weiter  et  lAburnos 
ist  in  speciem  metri  und  wegen  des  vorgehenden  et  gesetzt, 
solche  Gliederung  würde  für  Volksstämme  aus  verschiedenen 
Himmelsgegenden,  gesonderte  Kriegsschaaren  von  Nord-West  und 
Süd-Ost  schon  passen.  Der  Name  lapttdes  kann,  weil  für  des 
Tuditanus'  Feldzug  amtlich  recipiert,  auf  dem  Denkmal  kanm 
gefehlt,  aber  in  Z.  l  kaum  gestanden  haben,  also  wohl  im  ver- 
lorenen Anfang  der  Inschrift. 

Z.  3.  Das  Vorderglied  dieses  Verses  schliesst  mit  quhms^ 
auf  dem  Bilde  des  Quaders  10  Millimeter  vor  dem  Vorderglied  des 
zweiten,  20  mm  vor  dem  des  ersten  Verses,  während  die  Vorder- 
glieder der  3  letzten  Verse  überhaupt  nicht  auf  diesem,  sondern 
erst  acuf  Quader  Β  zum  Abschluss  kamen.  Vers  3  war  also 
der  kürzesten  einer.  v.  Premerstein  merkt  S.  268  an,  dass 
am  Ende  von  Β  nach  aiii  und  den  sicheren  Resten  eines  t  'sehr 
wahrscheinlich  Ueberbleibsel  eines  Punktes  vorhanden,  zweifel- 
haft ist  dagegen,  ob  die  geringe  folgende  Spur  den  Untertheil  einer 
geraden  oder  schiefen  Hasta  bildet' ;  von  da  ab  sei  die  Schrift- 
fläche ausgebrochen,  auch  auf  der  rechten  Nebenseite,  die  gesamte 
Bruchfläche  gewähre  für  4  bis  höchstens  6  Buchstaben  Raum. 
Ich  glaube,  dass  der  Vers  mit  auit  aufhörte,  und  bin  deshalb 
wegen  des  Punktes  dahinter  ganz  misstrauisch.  Nicht  als  ob 
jene  Annahme  dem  Metrum  Schwierigkeit  machte  (quafer  superavit 
hostes  ua.  möglich),  sondern  in  Anbetracht  der  Raumverhältnisse. 
Freilich  ist  id  den  3  letzten  Zeilen  allemal  auch  die  Nebenseite 


Saturnier  des  Tuditanus  cos.  625/129  325 

für  die  Schrift  mitbenutzt,  diese  Ungebtihr  kann  aber  nicbt  Regel 
gewesen  sein;  wenn  so  viele  Verse  von  der  Stirnseite  der  In- 
schrift hätten  um  die  £cke  gebracht  werden  müssen,  so  hätte 
man  die  tektonische  Arbeit  anders  eingerichtet.  —  Das  r  vor 
quineis  weist  auf  das  Zahladverb  ter  oder  qiiater  hin;  letzteres 
überschreitet  den  Raum,  empfiehlt  sich  metrisch  wenigstens  bei 
diebus  zu  wenig,  die  qidndecim  dies  sind  auch  volksthümlicher  und 
nachdrücklicher  als  die  zwanzig,  obgleich  beim  Vorgänger  des 
Tuditanus  auf  jenem  Kriegsschauplatz  Appian  Illyr.  10  gerade 
zwanzig  Tage  als  die  Zeit  nennt,  in  welcher  der  ganze  Krieg 
beendigt  ward  (€Ϊκοσιν  ήμέραις,  aber  Livius  intra  XXX  dies),  — 
Vom  Verbura  finitum  blieb  nur  die  Endung  übrig ;  auch  gut  und 
üblich  proslravif^  fugavil,  ein  längeres  wie  proßigavit  widerstrebt 
dem  Vers,  pugnavit  konnte  stehen,  wenn  dieser  Vers  zwischen 
den  ersten  und  V.  4,  zwischen  coaclos  und  . , .  os  einen  Nebensatz 
(verbunden  durch  Partikel  wie  ubei)  oder  eine  Parenthese 
bildete. 

Z.  4.  Bei  , . ,  signeis  verbietet  der  wenn  auch  gestörte 
Zneammenhang  an  Adj.  in]signeis  zu  denken,  es  geht  die  mili- 
tärischen Signa  an.  Folgt  consi . .  .  wie  Mommsen  ediert  hat  und 
V.  Premerstein  bezeugt,  ''nach  S  noch  eine  gerade  Hasta,  jedes- 
falls  I',  in  der  Abbildung  ist  die  Hasta  etwas  schwank  und 
unvollständig.  So  durfte  ich  an  cons[ulj  was  uns  zunächst  in 
den  Sinn  kommt,  nicht  festhalten;  es  tritt  hinzu,  dass  ein  Saturnier 
wie  conlateis]  signeis  conslul  conspicu]os  Tuditanus  (wenn  man 
dies  damals  neugeschaffene  Adj.  duldet,  sonst  ein  andrer  Nominativ 
wie  strenuoSy  gnavos,  praecipuos)  im  Vorderglied  missfällige  Caesur 
hat,  wie  kein  andrer  unseres  Denkmals.  Also  consi ...  ist  über- 
liefert, was  nur  eine  Form  von  consilium  sein  kann,  wahrschein- 
lich consi[lieis,  das  mit  signeis  und  einem  Dritten  zusammengeordnet 
den  unterschied  in  Art  und  Weise  von  Krieg  und  Sieg,  belli 
modos  zum  Ausdruck  bringt.  Von  Drusus'  vindelicisohem  Sieg 
schreibt  Horaz  vicirices  catervae  consiliis  iuvenisrevictae,  oft  wird  bei 
Strategen  consiliisin  Gegensatz  zu  armis  gestellt  seit  Enniusann.  222, 
hier  mag  die  Wahl  des  Wortes  consi[li^is  mit  veranlasst  sein 
durch  die  in  den  röm.  Annalen  aufbewahrte  Nachricht,  Tuditanus 
habe,  nachdem  er  den  lapuden  unterlegen,  die  Scharte  ausgewetzt 
und  gesiegt  durch  die  Tüchtigkeit  des  Brutus  Callaicns.  Den 
consüia  des  Feldherrn,  welche  andre  vollführen,  geht  gut  voran 
der  Begriff  seiner  eigenen  Arbeit  und  Tätigkeit  in  zwei  Worten, 
deren  eines,  Signa,  uns  Heeresleitung  und  offene  Feldsohlacht  ver- 


326  Büchelcr 

stehen  läset;  war  das  andere  armeis^  das  sowohl  allgemein  passt 
{arma  signaqae)  wie  im  hesondern  um  den  vir  manu  fortis  zu 
bezeichnen,  für  den  Eaum  jedoch  etwas  kurz  scheint.  Oder  castrels'^ 
als  Hinweis  auf  Einschliessung  und  Umzingelung  des  Feindes, 
wie  Cicero  die  kilikische  Bergfeste  sex  castellls  castrisque  maximis 
blockierte,  mribus,  ductu^  dergleichen  scheint  vor  und  gegen 
tigneis  zu  farblos;  eher  tmmeis.  Nun  aber  wird  man  in  dem 
gegen  Ende  erhaltenen  ...  05  keinen  Nom.  Sing,  suchen,  sondern 
den  Aco.  Plur.  eines  auf  die  Feinde  bezüglichen,  zu  den  Dat. 
Abi.  (signeis)  gehörenden  und  diese  beleuchtenden  Partieip.  Fase, 
oder  Adj.,  am  liebsten  des  Sinnes  von  oppressos,  contiisos^  de- 
victoSf  sonst  von  opposifos,  obvios;  indessen  dies  festzulegen  bin 
ich  um  so  weniger  im  Stande,  als  gerade  auch  das  Verbum  finitum 
wohl  eben  dieses  Satzes  Z.  3  nicht  feststeht.  Nur  das  möchte  ich 
versichern,  dass  Beziehung  der  Signa  auf  die  Feinde  wegen  con- 
silia  unstatthaft,  der  Sinn  also  zB.  nicht  gewesen  ducibus  signeis 
c,  spoUatos.  Die  Regel  des  Metrums  verlangt  nach  der  Hebung, 
die  den  zweiten  Halbvers  eröffnet,  eine  Kürze,  keine  Länge 
{regibus  suhigendis,  maxumas  Ugiones^  dormias  sine  qttra)^  dem- 
nach hier  ein  Wort  von  der  Messung  subdifoSi  obrufos,  dissitos, 
swgulos^  barbaros  usw.  —  vorbehaltlich  des  jetzt  zu  Erörternden. 
Von  dieser  Zeile  ist  besonders  bedauerlich,  dass  nicht  die 
ursprüngliche  Form  vorliegt,  die  uns  volle  Gewissheit  über  das 
Silbenmaass  von  Tudiianus,  die  Quantität  des  i,  und  wenn  dies 
nur  lang,  dann  eine  von  den  Musterversen  abweichende  Bildung 
des  Saturniers  im  zweiten  Gliede  brächte.  Der  Name  begegnet 
im  Metrum  einmal,  in  Ennius^  lahmem  Hexameter  ann.  304  V. 
addifur  orator  Corneliu  suaviloquenii  ore  Cethegus  Marcu  Ttiditano 
collegoj  der  trotz  der  handschriftlichen  Verderbniss  (marcus  studio 
coli.)  so  für  richtig  hergestellt  gelten  muss,  also  dass  i  bei  Ennius 
lang  war.  Was  vielen  namhaften  Gelehrten  nicht  eingeleuchtet  und 
verkehrte  Textänderungen  eingegeben  hat;  Vahlen,  der  den 
Text  schützt,  verweist  auf  die  häufigen  prosodischen  Schwankungen 
von  Eigennamen,  wovon  einst  Lachmann,  seitdem  Hosius  (Fleck- 
eisens Jahrb.  1895  p.  103)  gehandelt  hat,  scheint  hiernach  auch 
sich  zu  bedenken  ob  die  ennianische  Quantität  streng  gesetzlich 
und  gemeingültig  war.  L.  Müller  de  re  metr.  p.  367  stellte  den 
Namen  zu  jenen  -politanus  Tomitanus  Gaditanus  Mass'ditanus 
(füge  hinzu  Aquitani  Lusitani)  die  langes  t  vor  -tanus  haben, 
als  wäre  ausgemacht,  dass  er  gleicher  Herkunft,  ein  griech.  oder 
barbarischee  Ethnikon    sei;    derselbe   behauptet«   später    (Lucil. 


Saturnier  des  Tuditaaus  coe.  625/129  827 

p.  236)  sogar  Gleichheit  mit  Tudcrs,,  Tuderfim^,  während  Jak. 
Wackernagele  Untersuchung  der  lat.  Ethnika  (Wölfflins  Archiv 
XIV  p.  16  ff.)  unbestreitbar  dies  Ergebnis  liefert,  dass  der  alten  Zeit 
solche  Bildung  von  Ethnika  durch  -Vanus  fremd  war,  unser  Name 
aber  ist  vor  oder  mit  der  Literatur  aufgekommen.  Umgekehrt 
wollte  Bergk  opusc.  I  p.  269  über  das  Cognomen  nichts  Verlässiges 
wissen,  als  dass  die  beiden  ersten  Silben  kurz  seien,  weil  Ateius 
Philologus  bei  Festus  p.  352  es  von  tudites,  tuditare  ableitet,  dem 
deutschen  Namen  Schlegel  vergleichbar;  ein  Schluss  welcher  bei 
der  lautlichen  Sorglosigkeit  der  alten  Etymologen  und  dem  blossen 
Meinen  des  Ateius  ja  keineswegs  zwingend  ist.  Der  Ursprung  des 
Namens  bleibt  vorläufig  im  Dunkeln;  setzen  wir  den  möglichen 
Fall,  dass  er  von  tudit-  gebildet  wie  limitanus  von  limii',  so 
war  /  natürlich  kurz,  wie  wir  für  den  analogen,  gleich  dunklen, 
obendrein  beispiellosen  Namen  Ttibitanus  kurzes  i  überliefert 
lesen  im  Hexameter  des  Lucilius  467  Marx:  Publiiis  Favus  mihi 
Tubifamis  quaestor  Uihera  in  terra  fuit  (turbitanus  die  Leidener 
Hs.,  Tuditatms  Mercier  nach  Andern,  Buhetanns  versucht  Marx, 
Turilanus  weist  als  Namen  nach  Hübner  eph.  epigr.  Π  ρ.  63). 
Ich  habe  mir  einstweilen  auch  Tuditanus  so  zu  messen  erlaubt, 
wie  anapästisch  beginnend,  gegen  das  Zeugniss  des  Ennius- Verses. 
Kann  der  Beginn  aber  nur  iambisch  gewesen  sein,  war  i  unbedingt 
lang,  dann  war  dieser  Saturnier  freier  gebaut,  wie  es  gerade 
bei  Eigennamen  und  am  Versschluss  gerne  geschah  {quei  soveis 
aastutieis  opidquc  Volgani  oder  hoc  est  factum  monumentum 
Maarco  Caicilio),  das  zweite  Glied  mit  steigendem,  nicht  fallen- 
dem Rhythmus,  wohl  zu  ergänzen  in  dieser  Art  domitjos 
Tuditanus. 

Z.  5  aedeniy  ein  ansehnlicheres  Weihgeschenk  als  aram 
empfiehlt  sich  aus  sachlichem  Grande;  es  genügt  zu  erinnern  wie 
Scipio  der  Bezwinger  Corsica's  dedet  Tempesiatebus  aide.  Metrisch 
wäre  auch  anderes  zulässig  {tabulamj  dona)  aber  weniger  bequem 
und  nicht  musterhaft. 

Z.  6  fängt  heute  an  mit  dem  obersten  Rest  eines  R  oder 
D  oder  ähnlichen  Buchstaben:  'zwischen  lA  und  EI  ist,  wie  der 
Abklatsch  zeigt  und  Prof.  Maionica  mir  bestätigt,  kein  Punkt 
vorhanden;  es  sind  daher,  da  die  Interpunktion  sonst  sorgfältig 
durchgeführt  ist,  nicht  zwei  Worte,  sondern  ein  Wortausgang  iaei 
anzunehmen'  dies  die  Worte  v.  Premersteins,  er  ergänzt  praidam 
Ard^iaei  restituiere  coacti  sunt,  res  populei  Eomanei  poste]reis  tradit. 
Aber  das  Volk  konnte  in  lateinischer  Rede,  die  nicht  von  griech. 


328  ßticheler  Saturnier  (lt*8  TiiditaDus  cos.  625/129 

Quelle  abhing,  nor  lateiniech  Vardaci  genannt  werden,  and  Er- 
wähnang  der  Schriftetellerei  ist  für  einen  Feldherrn  von  damals 
nicht  glaubhaft.  Ein  Wortauegang  iaei  entbehrt  aller  Wahr- 
echeinlichkeit,  mag  auch  eine  Schreibung  wie  Äquile\iaei  mit  drei 
Zeichen  der  Caeusendung,  aei  etatt  -ae  oder  -ai  nicht  unerhört 
(Ritschl  opuec.  IV  p.  123),  mag  in  der  Not h  selbst  phantastisches 
Spiel  ohne  und  wider  alle  Geschichte  wie  regnum  Är]iaei  re- 
8titu[U,  poste\reis  fradit  verzeihlich  sein;  aber  alles  an  seinem  Ort! 
Wir  sind  bei  Timavus  und  der  Oabe  an  den  Gott  angelangt, 
an  dieser  Stelle  durfte  nicht  mehr  Feldzug  und  Staats-  oder 
Stadtgeschichte  vorgeführt  werden,  das  Neue  musste  sich  auf 
Gott  und  Cult  beziehen.  Darum  ist  die  Abteilung  .,,ria  ei 
höchst  wahrscheinlicli,  ob  der  Punkt  da  steht  oder  vom  Stein- 
metz vergessen  oder  gar  absichtlich  wegen  der  Raumbedrängnis 
in  den  vorigen  und  der  letzten  Zeile  weggelassen  ist.  ei  nimmt 
das  voraufgegangene  Timavo  wieder  auf,  der  Gott  erhielt  zurück 
Sacra  oder  fana  paf^ria^  dergleichen,  den  durch  Krieg  und  Un- 
glückszeiten verlorenen  oder  geschmälerten  Besitz,  Opfer-  und 
Festdienst  oder  Tempelgut  welcher  Art  immer,  und  die  Bestellung 
von  magistri  zu  seinem  Cult  —  diese  Ergänzung  schien  mir  an 
sich  und  nach  den  Denkmälern  von  Aquileia  (CIL,  V  8252 
Altarschmuck  durch  8  sacrale  niagisiri,  Freie  und  Sklaven,  voran 
der  alte  Name  Safinius)  am  besten  —  sorgt  für  die  Zukunft. 
Das  alte  Orakel  bei  Livius  V  IG  schliesst  mit  der  Mahnung: 
Sacra  patriay  qiwrnm  omissa  cur  α  est,  inst  au  rata  tU  adsolet  facito. 

Möchte  doch  von  dieser  Inschrift  noch  ein  Stück  hinzu 
gefunden  werden!  gerne  gäben  wir  alle  dafür  preis  vilia  sutoris 
calicem  monumenta. 

Bonn  F.  Buche  1er. 


EIN    DORISCHES    KOM(')DIENBRUCHSTÜCK. 


Rhein.  Mas.  61,  495  f.  habe  ich  darauf  aufmerksam  gemacht, 
dass  in  der  megariechen  Partie  der  Aoharner  eine  von  der  attisoh- 
ioniechen  Weise  abweichende  Constraction,  die  aus  diesem  Grunde 
von  einem  der  grossen  Kritiker  früherer  Zeiten  beanstandet 
worden  ist,  durch  den  seither  erfolgten  Zuwachs  unserer  Dialekt- 
kenntniese  glänzende  Bestätigung  erfahren  hat.  Ich  bin  jetzt  in 
einem  anderen  Ueberreste  altattischer  Komödie  einem  ganz  ähn- 
lichen Fall  begegnet,  bei  dem  gleichfalls  die  Ueberlieferung  erst 
wieder  in  ihr  Recht  eingesetzt  werden  muss.  Aus  den  Πόλεις 
des  Philyllios,  die  aber  auch  dem  Eunikos  oder  Aristophanes 
zugeschrieben  werden  (Meineke  Bist.  crit.  260),  führt  Pollux 
10,  58  folgendes  an  als  Beleg  für  πινακίς  und  mit  der  Vor- 
bemerkung \lf€\  T€  TOI  buüpiiuüv:  ές  τάς  πινακίδας  οιομπερίως  * 
δτι  κδν  λεγοι  τά  γράμματα  έρμηνεύς.  So  nach  einer  Mittheilung 
Ε.  Bethes  die  beiden  für  die  Stelle  allein  in  Betracht  kommenden 
Codices  F  und  S,  beide  nicht  geringen  Werthes.  Um  das  ver- 
ständlich zu  machen,  hat  Bentley  in  einer  seiner  Epistolae  ad 
Hemsterhusium  (abgedruckt  im  Anhang  von  Ruhnkens  Elogium, 
S.  46  der  Leyden- Amsterdamer  Ausgabe  von  1824)  geschrieben: 
έκ  τας  πινακίδας  b'  άμπερίως,  6τι  κδν  λίγοι  |  τά  γράμμαθ*, 
ερμήνευε  Mnterpretare  tu  clare  ex  tabula  quid  litterae  signifi- 
cent*.  Einen  Schritt  weiter  ist  dann  Meineke  (Com.  Fgm.  II  862 
No.  III)  gegangen  mit  δτι  κα  λέγηι;  dafür  hat  Cobet  (Nov. 
lect  144)  vielmehr  δτι  και  λέγει  empfohlen,  "ι.  e.  δτι  ποτέ  τά 
γράμματα  λέγει,  quo  sensu  και  tam  bene  et  frequenter  legitur*. 
Ihm  ist  Eock  gefolgt  I  785  Fgm.  11,  bemerkt  aber  im  Ansohluss 
an  Herwerden  Obs.  crit.  in  com.  gr.  fgm.  38,  dass  άμπερέιυς 
nicht  griechisch  sei,  und  vermutet  dafür  άτρεκέως. 

Es  kann  ein  gut  Theil  von  dem,  was  in  den  Handschriften 
steht,  stehen  bleiben.     Wir  wiesen  heut,  dass  ές  vor  Consonanten 


330  Solmsen 

als  Vertretung  von  έκ  mundartlich  weit  verbreitet  war.  Günther 
Idg.  Forsch.  20,  14  ίϊ.  verzeichnet  es  aus  Thessalien,  Böotien,  der 
Argolis  in  ältester  Zeit  (ές  πόλιος  IG.  IV  492,  3  Mykenai  neben 
έΕπριια-  506,  6  Heraion),  Arkadien,  dem  mittleren  Kreta ^),  während 
Lokris.  Delphi,  Lakonien  schon  in  den  archaischen  Texten,  die 
Argolis  in  denen  ionischen  Alphabets  in  dieser  Stellung  έκ  auf- 
weisen, wie  das  Attische,  Ionische,  Asiatisch-äolische.  Dazu 
treten  aus  der  von  Günther  leider  nicht  berücksichtigten  litte- 
rarischen Ueberlieferung:  auf  der  einen  Seite  Kypros  gemäss 
Hesychs  έσπόθ'  έρπες '  πόθεν  ήκει; .  ΤΤάφιοι,  während  die  In- 
schriften der  Insel  ebenso  wie  die  Pamphyliens  auch  vor  Con- 
sonanten  έζ  zeigen,  und  Syrakus  mit  dem  auch  von  Hesych  auf- 
bewahrten Ισκλητος  *  ή  τών  έΕόχων  συνάθροισις  έν  Συρακού- 
(Ταις,  das  gegen  alle  Aenderungsgelüste  jetzt  durch  das  Zeugniss 
einer  in  sicilisch-dorischer  Sprache  abgefassten  Urkunde  aus 
Rhegion  IG.  XIV  612  =  Ditt.  Syll.  «  323,  2  (nicht  später  als  An- 
fang 1.  Jh.  V.  Chr.)  geschützt  ist^) ;  auf  der  anderen  Seite  gleich- 
falls für  Syrakus  Epicharm  und  Sophron  mit  έκ  βυθοΟ  έκ  θοίνας 
έκβαλεΐν  und  so  durchweg  (s.  Kaibels  Index  238  f.),  für  Megara 
Aristophanes  Ach.  790  κήκ  τωυτου  (neben  έΕορύσσετε  763)  über- 
einstimmend mit  ίκγονοι  auf  den  ältesten,  freilich  erst  der  Zeit 
um  300  entstammenden  Steinen  IG.  VII  1,  12.  2,  8  u.  ö.     Dieser 


1  Böotien  ist  über  den  Stand  der  anderen  Landschaften  insofern 
binausgeschritten,  als  es  auch  vor  Vokalen  in  der  Zeit  nach  400  ^σς 
sagt,  während  der  einzige  ältere  Stein,  der  die  Präposition  in  dieser 
Lage  zeigt,  noch  έΕ  Όρχομενώ  giebt  (IGA.  165  s=  Coll.-Becht.  1130); 
dazu  stimmt  iUrtxaQe  im  Munde  des  Böot^rs  Ar.  Ach.  868. 

2  Dorthin,  in  das  ursprünglich  ionische  Gemeinwesen,  ist  der 
Terminus  ebenso  wie  der  gesamte  Dorismus,  von  dem  die  Urkunde* 
die  älteste  uns  erhaltene  der  Stadt,  zeugt,  zweifellos  im  Gefolge  der 
Eroberung  durch  Dionysios  I.  von  Syrakus  und  des  Wiederaiifbaus 
durch  seinen  Sohn  (388  und  etwa  359  v.  Chr.,  s.  Ed.  Meyer  Gesch.  d. 
Alt.  5,  131.  510)  gelanjit.  —  Dass  ίσκλητος  nicht  gleich  εΤσκλητος 
(Passow  15  1190),  sondern  gleich  ίκκλητος  (L.  Dindorf  Thes.  III  448) 
ist,  liegt  auf  der  Hand.  In  letzterer  Gestalt  ist  das  Wort  durch  Eur. 
Gr.  612.  919  für  Argos,  durch  Xen.  Hell.  5,  2,  33.  6,  3.  3  u.  ö.  für 
Sparta  beglaubigt;  es  war  also  ein  altpeloponnesischer  Ausdruck,  der 
mit  nach  Westen  gewandert  ist.  Auch  att.  εκκλησία  ist  ja  die  Gesamt- 
heit der  ίκκλητοι.  Der  Bedeutungsgehalt  des  Wortes  in  den  verschie- 
denen Landschaften  ist  freilich  nicht  der  gleiche;  was  attisch  εκκλησία, 
ist  in  Rhegion  άλία,  und  die  ^κκλητοι  hier  wie  in  Syrakus,  Argos  und 
Sparta  ein  besonderer  Ausschuss  (vgl.  Dittenbergers  Note  2  zur  In- 
schrift). 


Ein  dorisches  Komödienbruchstück  331 

zweiten  Gruppe  echliessen  sich  noch  an  —  von  Günther  nicht 
angeführt,  weil  λόπι  Attischen  nicht  abweichend  —  Meloe  (Έκ- 
φαντος  IG.  XII  3,  1075  6.  Jh.),  Thera  (έγ  μ€6ίμνου,  έγ  buo  μ€- 
όίμνων  ib.  436,  9.  11  4.  Jh.),  Elis  (έκπ^μψαι  έκπεμπα  Inscr. 
sei.  40,  9.  11  neben  έΗήστιυ  6  Mitte  4.  Jh.  έκ  των  Olymp.  39, 
30.  έκτεν^ως  ib.  12  1.  Hälfte  3.  Jh.).  Dass  ές  im  Sonderleben 
der  einzelnen  Mundarten,  um  die  Masse  der  drei  oder  vier  Con- 
sonanten  zu  erleichtern,  aus  έΕ  hervorgegangen  ist,  setzen  die 
Verhältnisse  im  Altargivischen  und  Kyprischen  ausser  Zweifel: 
von  den  beiden  archaischen  Inschriften  jenes  Gebietes  ist  die  mit 
έΕ-,  die  C  durch  Μ  giebt,  älter  als  die  mit  ές,  die  Σ  (vier- 
strichig)  hat,  und  im  Kyprischen  spiegelt  offenbar  die  von  dem 
Lexikographen  mitgeteilte  Redensart  die  echt  volkstümliche  Aue- 
sprache wieder,  während  die  Inschriften  die  altertümlichere 
Kanzleiorthographie  beibehalten;  auch  der  böotische  Wandel  von 
έΕ  vor  Vokalen  in  ίος  liefert,  wie  er  auch  in  seiner  Besonderheit 
zu  erklären  sein  mag  ^),  für  die  zeitliche  Abfolge  Ε — (J  ein  voll- 
gültiges Analogen.  Es  handelt  sich  also  im  Grunde  um  die  Ver- 
drängung des  in  urgriechischer  Zeit  vor  Consonanten  entstandenen 
έκ  durch  das  vor  Vokalen  bewahrte  έΕ,  die  in  einigen  Teilen 
des  Sprachgebiets  erfolgt  ist^).     Diesen  Teilen   scheint    auf  den 

1  Verschiedene  Ansichten  darüber  haben  J.  Schmidt  KZ.  38,  10  f. 
und  Kretschmer  Glotta  1,  49  f.  zu  begründen  versucht. 

^  Diese  Auffassung  der  uns  beschäftigenden  Thatsachenreihe  habe 
ich  schon  vor  15  Jahren,  Idg.  Forsch.  Anz  5,  44,  ausgesprochen,  und 
ich  gebe  mich  der  Hoffnung  hin,  dass  auch  Brugmann  ihr  jetzt,  nach 
Bekanntwerden  des  argivischen  Beweisstückes  und  auf  Grund  der  obigen 
Darlegungen,  beistimmen  werde.  Gr.  Gr.  ^  147  lehrt  er  noch,  ές  sei 
schon  in  urgriechischer  Zeit  vor  Gutturalen  entsprungen  (vgl.  έίσκω 
διδάσκω  λάσκω  δίσκος  aus  *έΡικ-σκω  *διδακ-σκω  *λακ-σκω  *δικ-σκος, 
έσχατος  aus  *έχσ  κατος,  φάσγανον  Πελασγός  aus  *σφαγ-σκ-ανον  *ΤΤ€λαγ- 
σκος  J.  Schmidt  KZ.  27,  320.  Kretschmer  Glotta  1,  16)  und  im  Sonder- 
dasein der  Mundarten  vor  andere  Consonanten  ausgebreitet  worden. 
Mir  ist  nicht  einmal  für  ίσκλητος  glaublich,  dass  es  uomitLelbar  die 
urgriechische  Form  fortsetze:  dieselbe  Inschrift  von  Rhegion  hat  da- 
neben εγγονούς  Ζ.  4,  also  έκ  ebenso  vor  Consonanten  jeder  Art  wie  in 
Syrakus  und  überall  da,  wo  diese  Form  überhaupt  gebräuchlich  ist. 
Auch  böot.  έσκήδ€κα  bin  ich  im  Hinblick  auf  att.  ^Επους  έΕδάκτυλος 
(Meisterhans-Schwyzer  109)  jetzt  viel  mehr  geneigt,  aus  einzeldialek- 
tischem  έΕκαίδεκα  zu  erklären  als  aus  urgriechischer  Zeit  herzuleiten. 
—  üebrigens  ist  auch  im  Attischen  έΕ  gelegentlich  vor  Consonanten, 
nämlich  ρ  und  λ,  verschleppt  worden:  έΕ  'Ρόδου  έΕ  Λέρου  Meisterhans- 
Schwyzer  105. 


332  Solmsen 

ersten  Blick  jeder  organische  Zusammenhang  zu  mangeln,  ja  in 
einem  von  ihnen,  Syrakus,  scheint  ein  ganz  widerspruchsvolles 
Verfahren  obzuwalten.  Bei  eindringenderer  Betrachtung  ordnet 
eich  alles  geschichtlich  leicht  zusammen.  Es  sind  zwei  bestimmt 
nmrissene  Gebiete,  die  sich  herauslösen,  das  Thessalisch-Böotische, 
das  auch  sonst  durch  so  viel  Sondereigenthümlichkeiten  innerhalb 
des  westgriechischen  Zweiges  ausgezeichnet  ist,  und  das  Felo- 
ponnesisch-Achäische,  das  im  Arkadischen,  Kyprischen,  Pamphy- 
lischen  fortlebt.  Ihnen  stellen  sich  gegenüber  das  Aeolische, 
das  Ionisch-Attische  und  die  ganze  Masse  des  übrigen  West- 
griechischen, insonderheit  das  Dorische  im  speziellen  Sinne  des 
Wortes.  Wo  innerhalb  des  letzteren  ές  auftritt,  dürfen  wir  ver- 
sprengte üeberlebsel  aus  vordorischer,  achäischer  Zeit  erkennen. 
In  Kreta  trifft  das  die  Mitte  der  Insel,  dieselbe  Gegend,  in  der 
νσ  in  Fällen  wie  πάνσα  έπισπίνσανς  τόνς  unverändert  geblieben 
ist  wie  in  Arkadien  und  auch  in  der  Argolis  (KZ.  29,  338  ff. 
32,  535  f.) ;  in  der,  wenn  auch  in  engeren  Grenzen  (nur  in  Eleu- 
therna  und  Vaxos),  Iv  gesagt  wurde  wie  in  Arkadien,  Kypros 
und  Pamphylien;  in  der  (zu  Gortyn)  ein  Ζευς  Έκατόμβαιος  wie 
in  Arkadien  und  ein  'Απόλλων  ΤΤύτιος  wie  in  Arkadien  und 
Pamphylien  verehrt  wurde  (\V.  Schulze  Berl.  phil.  Wochenschr. 
1890,  1436  f.);  in  der  noch  in  historischer  Zeit  eine  Gemeinde 
der  *Αρκά66ς  sass,  wir  also  offenbar  die  'Αχαιοί  zu  lokalisiren 
haben,  von  denen  die  Odyssee  (τ  175)  berichtet.  In  der  Argolis 
steckt  massenhaft  Vordorisches,  das  einmal  herausgearbeitet  zu 
werden  verdiente;  ich  nenne  ausser  dem  eben  erwähnten  v(T  nur 
die  Dinge,  die  schon  früher  in  dieser  Zeitschrift  berührt  worden 
sind :  TTo(J6ibav  mit  (T  58,  620,  die  Verhauchung  des  C  zwischen 
Vokalen  62,  333,  καβολά  62,  337  f.  Ob  έκ,  das  in  der  Land- 
schaft seit  dem  4.  Jahrhundert  an  Stelle  von  ές  tritt,  attisch, 
also  Zeichen  der  beginnenden  Eoine,  oder  dorisch,  d.  h.  bis  da- 
hin für  uns  latent  ist  und  erst  dann  die  undorische  Form  über- 
wältigt, läset  sich  wenigstens  zur  Zeit  noch  nicht  sagen.  End- 
lich ^(Τκλητος  hat  sich  in  Eorinth,  wohin  Syrakus  zurückweist, 
als  staatsrechtlicher  Terminus  aus  der  'mykenischen  in  die  dorische 
Welt  hinübergerettet,  die  sonst,  wie  wiederum  Syrakus  anzunehmen 
nötigt,  ihr  έκ  durchgesetzt  hat;  auch  das  findet  grade  im  nord- 
östlichen Peloponnes  Seitenstücke  ^). 

1  Ich  verweise  auf  einen  Aufsatz  über  αίσυμνήτης  in  meinen  im 
Druck  befindlichen  'Beiträgen  zur  griechischen  Wortforschung*  S.  36  ff. — 
{κκλητος  bei  Euripides  und  Xenophon  kann  atticisirt  sein. 


Ein  dorisolies  Komodienbrucbstück  333 

Des  weiteren  iet  uns  der  Optativ  mit  κα  in  Nebensätzen, 
in  denen  das  Attiscbe  und  loniscbe  nur  den  Conjunktiv  mit  fiv 
(oder  den  blossen  Optativ)  dulden,  aus  Gegenden  mit  west- 
griecbischer  Bevölkerung  jetzt  vertraut  genug.  Die  Beispiele, 
die  kürzlich  H.  Jacobstbal  Der  Gebrauch  der  Tempora  und  Modi 
in  den  kretischen  Dialektinscliriften  (Beiheft  zu  Idg.  Forsch.  21 
Strassburg  1907)  90  f.  gesammelt  hat,  zeigen  ihn  fast  durchweg 
neben  Hauptsätzen,  die  eine  Vorschrift  enthalten,  demnach  wie 
in  unseren  Versen:  Bronze  von  Oianthea  IG.  IX  1,  333  =  Inscr. 
sei.  35,  4  αϊ  κ'  άόίκιυς  συλώι,  τίτορες  οραχμαί  (Strafe).  Delphi 
CoU.-Becht.  2171,  11  έπεί  κά  τι  πάθοι  Κλεοπάτρα,  έλευθίρα  Ιστω 
Διόκλεα  (100-50  ν.  Chr.).  Böotien  IG.  VE  4136,  6  δστις  bi 
κα  τώ  Διός  έπιμελειθείει  τώ  ναώ,  τον  στίφανον  υσετη  (178 — 
146  ν.  Chr.)*).  Die  beiden  letztgenannten  Gebiete  liefern  die 
zahlreichsten  Belege,  aber  der  Gebrauch  erstreckt  sich  auch  in 
den  nordöstlichen  Peloponnes  hinüber:  Aigosthena  in  der  Megaris 

^  Den«  ich  zweifle  nicht,  dass  έπιμελ€ΐθ€ί€ΐ  Optativ  ist  wie  auch 
κουρωθ€{€ΐ  VII  207,  14.  Rev.  et.  gr.  12,  69  Z.  11.  κατασκευασθείει  ib. 
Z.  17  in  gleichartigen  Sätzen  mit  und  ohne  κα.  Sadee  De  Boeot.  tit. 
dial.  244  fasst  die  Formen  allerdings  als  Conjunctive,  vergleichbar  den 
hom.  μιγήηις  φανήηι,  vermuthlich  vor  allem  deshalb,  weil  es  an  der 
letztgenannten  Stelle  heisst:  δπυυς  δέ  κή  χρημάτων  πόρος  γ^ν€ΐτη  (also 
Conjunctiv)  κή  κατασκ€υασθ€ί6ΐ  τό  ίαρόν.  Aber  in  diesen  jungen 
böotischen  Texten  stehen  in  solchen  Fällen  wahllos  durcheinander  Con- 
junctiv und  Optativ  mit  und  ohne  die  Modalpartikel,  zB.  in  der  Tempel- 
urkunde von  Tanagra,  aus  der  der  Satz  ausgehoben  ist,  Z.  8  f.  δπως 
ών  κατασκ€υασθ€ίη  τό  ίαρόν  .  .  .,  δ€δόχθη  τΟ  δάμυ,  έπ(  κα  τό  ψάφισμα 
κουρωθ€ί€ΐ,  άρχάν  έλέσθη  usw.  14  ή  δέ  κά  τίνος  τόπος  χρήσιμος  Ϊ€ΐ  .  .  ., 
τύ  πολέμαρχο  στασάνθω  άνδρας.  Desgleichen  in  Delphi:  2171  neben 
ίπ€ί  κά  τι  πάθοι  Ζ.  16  ff.  el  δέ  τι  γένοιτο  έγ  Διοκλέας  τέκνον  .  .  .,  €Ϊ  κα 
μέν  θέληι  άποπν€ΐΗαι  Διόκλ€α,  έΗουσίαν  έχέτω,  el  δέ  θέλοι  τρέφειν, 
^στω  τό  τρ€φόμ€νον  ελεύθερον.  Und  schon  in  der  alten  Rechtsfest- 
setzung von  Oianthea  neben  αϊ  κ'  αδίκως  συλώι  in  Sätzen  völlig  gleicher 
Struktur  al  μεταΡοικέοι,  ai  ψευδέα  προΗενέοι  und  αϊ  κ'  άνδιχάζωντι,  αϊ 
κ'  ό  Ρασστός  δικάΖηται;  dazu  im  Epökengesetz  von  Naupaktos  IG.  IX 
1,  334  =■  Inscr.  sei.  34,  das  im  allgemeinen  αϊ  κα  mit  dem  Conjunctiv 
hat,  Z.  6  αί  δείλητ'  άνχωρεϊν  und  27  αϊ  τις  .  .  .  άνχωρέηι  ohne  die 
Partikel.  Der  wirkliche  Conjunctiv  Aor.  Pass.  lautet  im  Jungböotischen 
ένενιχθεί  VII  3172,  150=  -θήι  wie  im  Attischen  und  überall;  dass  da- 
neben 'distrahirte*  Formen  auf  -θήηι  neugeschaffen  worJen  seien,  wird 
man  nur  dann  glauben  können,  wenn  keinerlei  Möglichkeit  besteht 
•θείει  als  Optativ  zu  begreifen.  Auf  dem  richtigen  Wege  war  schon 
Bechtel  zu  Coli.  3091,  8. 


a34  Solmsen 

Coll.-Becht.  3091,  8  =  IG.  ΥΠ  208,  23  (Auegang  3.  Jb.)  τοι  bk 
πολέμαρχοι,  έπεί  κα  το  ψάφισμα  κυρΐϋθ€[ίη1.  άχτραψάντω,  wo 
trotz  213,  17  [έπειοάν  be  το]  ψήφισμα  κ[υρω]θ€Ϊ,  έ^αγγειλάντων 
τοι  πολέμαρχοι  die  Bechtelsche  Erpänzung  zum  Optativ  immerhin 
wahrscheinlicher  ist  als  die  Dittenbergersche  zum  Conjunctiv 
κυρωθε[ηι],  da  bei  dieser  wiederum  das  Unterbleiben  der  Con- 
traction  seine  Bedenken  hat.  Korkyra,  d.  i.  Korinth,  Coli.  Hecht. 
3206,  84  (ziemlich  jung)  μισθούσθω  bk  τους  τεχνίτας  άφ'  ου  κ' 
άρχά  γένοιτο  παρ'  ατερον  ένιαυτόν.  Epidaurcs  IG.  IV  951,  60 
(2.  Hälfte  4.  oder  3.  Jh.)  άλλ*  αϊ  κα  υγιή  νιν  ποιήσαι,  άνθησεϊν 
θ\  εικόνα,  für  da«  nun  ungeachtet  des  in  der  Nachbarschaft 
stehenden  κέλεσθαί  νιν,  έπεί  κα  έΗέλθηι  ίκ  του  άβατου,  άπονί- 
ψασβαι  τό  πρόσωπον  die  Rhein.  Mus.  59,  167  f.  versuchte  Recht- 
fertigung als  Conjunctiv  des  Aorists  jedenfalls  unnötig  ist. 

In  wie  alte  Zeit  die  Ausdrucksweise  auch  in  diesen  (legenden 
hinaufreicht,  lassen  Epicharm  und  Theokrit  erkennen,  die  für 
Syrakus  und  damit  weiter  Korinth  zeugen:  Epich.  219  at  κά  τυ 
βλείης  σφενδόναι.  21,  1  πράτον  μεν  αϊ  κ'  έσθοντ'  ϊδοις  νιν, 
άποθάνοις^).  Theokr.  11  (Kyklops),  73  αϊ  κ*  ένθών  ταλάρως  τε 
πλέκοις  και  θαλλόν  όμάσας  ταΐς  δρνεσσι  φέροις,  τάχα  κα  πολύ 
μάλλον  ίχοίς  νών.  Denn  ich  meine  —  und  die  erste  dieser  drei 
Stellen  beweist  es  — ,  dass  die  vielberufene  dorische  Form  der 
Condicionalpartikel  αικ,  die,  nachdem  W.  Schulze  (Berl.  phil. 
Wochschr.  1890,  1502)  das  arkadische  εικ  dv  neben  ει  b'  dv  der 
Tempelordnung  und  der  Bauinschrift  von  Tegea  in  Parallele  mit 
ουκ  neben  ου  gestellt  hat,  von  Kaibel  bei  Fpicharm,  von  v.  Wi- 
lumowitz  (Textgesch.  d.  gr.  Buk.  255)  bei  Theokrit  eingesetzt 
worden  ist,  eben  nichts  anderes  ist  als  ai  +  der  Modalpartikel. 
Auch  bei  Sophron  25  αϊ  γα  μάν  κόγχαι,  ώσπερ  αϊ  κ*  iE  ενός 
κελευματος,  κεχάναντι  άμϊν  πασαι,  τό  bk  κρής  έκάστας  έ£εχει 
hat  der  durch  ώσπερ  eingeleitete  Zwischensatz  modalen  Charakter: 
'als  ob  sie  es  auf  Commando  täten',  und  nicht  minder  die  Be- 
dingungssätze in  dem  knidischen  Orakel  Hdt  1,  174  Ζευς  γάρ 
κ*  έθηκε  νήσον,  εϊ  κ'  έβούλετο  und  in  dem  Verse  des  lakonischen 
Herolds  Ar.  Lys.  1098  οεινά  κα   πεπόνθεμες,   αϊ  κ'  είόον  άμk 


*  Zu  Kaibels  Annahme,  dies  άποθάνοις  sei  verderbt  —  'offendit 
Don  tarn  optativus  quam  vocabnlum  velnt  q>oßuit  vel  bi€i  omissum*  — 
scheint  mir  kein  Anlasa :  das  Idoese  άποθάνοις  in  seiner  schlagenden 
Kurze  ist  ja  viel  wirkungsvoller,  als  wenn  noch  φόβιυι  oder  6^€i  hm• 
zugefügt  wäre. 


£in  dorisches  Komodienbruchstück  335 

τώνορ€ς  άναπ€φλασμένυϋς,  auf  die  v.  Wilamowitz  GGA.  1898, 
134  die  Anfmerksamkeit  gelenkt  bat;  sie  lebren,  dass  aucb  beim 
irrealen  Fall  wie  beim  'Möglichkeitsfali'  die  Anwendung  der 
Müdalpartikel  im  Westgriechiflchen  durob  andere  Normen  bestimmt 
war  als  im  lonisib-Attiecben.  Dass  die  Möglichkeit  κα  beliebig 
zu  setzen  oder  fortzulassen  dann  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
zur  Vermeidung  des  Hiatus  ausgenutzt  worden  ist,  wie  insbesondere 
die  Bronze  von  Oianthea  hervortreten  lässt  (o.  S.  333  mit  Anm.  1), 
ist  nicht  verwunderlich;  aucb  das  Arkadische  bat  es  mit  είκ* 
aus  ei  +  K€  ebenso  gemacht  (Danielsson  Epigraphica  Ups.  Univ. 
Arsskr.  1890,  34)*),  das  gesammte  Griechisch  mit  ουκ'  aus  ού+κι 
(=  ai.  cid  in  ved.  ma-cid  'nicht,  vgl.  ved.  ma-A;i^' niemand,  nicht', 
mä-klm  'nicht*,  na-kis  'niemand,  nichts,  nicht*,  na-klm  'nicht*, 
awest.  mä'Cim  nae-cis  nae-cim  verstärktes  *  nicht*,  in  denen  andere 
Casus  des  Indefinitstammes  erstarrt  sind,  und  aus  dem  Griechischen 
selbst  πολλά-κι(ς  -ν)  =  ai.  purü  cid  Brugmann  Gr.  Gr.  *  117.  140. 
145.  543)2). 


^  Dass  uns  der  Satz  €ΐκ  έπΙ  δώμα  ιτΟρ  έιτοίση  der  Tempelord- 
uung  von  Tegea  Inscr.  sei.  1,  21  gegenüber  sonstigem  durchgehenden 
€ΐκ  άν  und  ei  ö'Äv  cum  Coniunctivo  in  dieser  Urkunde  nicht  das  Recht 
giebt  Ke  der  arkadischen  Mundart  noch  als  lebendige  Modalpartikel 
zuzusprechen  (Hoffmann  Dial.  1,  3S2),  ist  jetzt  durch  die  Bronze  vom 
Kotilou  Έφ.  άρχ.  1903,  177  ff.  Ζ.  5.  el  δέ  τις  έπιθιιάνη  τούτοις  erwiesen 
(vgl.  meine  Adnotatio  zu  Inscr.  sei.  2.  Aufl.  Nr.  1).  Wir  müssen  uns  für  die 
mundartliche  Syntax  immer  noch  mehr  von  dem  frei  machen,  was  uns 
vom  Ionisch-Attischen  her  als  Regel  im  blute  sitzt.  Ob  im  Arkadischen 
ek'  oder  elK,  im  Dorischen  αΐκ'  oder  αίκ  gesprochen  wurde,  köunen 
wir  nicht  wissen.  —  Nur  mit  der  Condicionalpartikel  ist  Κ€  im  Arka- 
dischen zu  einer  Einheit  verwachsen,  nach  dem  Relativum  kennt  der 
Dialekt  bloss  Äv,  zB.  ότι  αν  άσκηθές  ή  Inscr.  sei.  1,  δ.  πάρ  αν  (=irap 
ά  άν)  λέγη  hιepυθυτές  1,  7.  Man  darf  darum  nicht  etwa  daran  denken 
in  dem  Komödienbruchstück,  das  uns  beschäftigt,  das  überlieferte  καν 
durch  den  Hinweis  auf  Arkadien  zu  verteidigen. 

^  Ich  erinnere  für  die  vom  Ionisch-Attischen  abweichende  Setzung 
der  Modalpartikel  neben  dem  Optativ  im  Westgriechischen  noch  an 
den  Optativ  mit  κα  im  Sinne  des  Präskripts  in  den  elischen  Rhetren: 
άρχοι  bi  κα  τοΐ.  KZ.  35,  4(59  habe  ich  diese  Ausdrucksweise  mit  dem 
russischen,  aus  dem  idg.  Optativ  erwachsenen  Imperativ  +  -jka  -ko  ver- 
glichen, habe  aber  damit  keineswegs,  wie  mich  allem  Anscheine  nach 
Brugmann  Gr.  Gr.*  50ü  Fussn.  1  verstanden  hat,  sagen  wollen,  dass 
der  imperativische  Gebrauch  des  Optativs  aus  der  Ursprache  stamme, 
sondern  lediglich  die  etymologische  Zusammenstellung  der  griechischen 
und  der  slavischen  Partikel  durch  die  Gleichartigkeit  dieser  Verwendung 


336  Solmden 

Können  wir  in  den  besprochenen  beiden  Stücken  der  Ueber• 
liefernng  trea  bleiben,  so  müssen  wir  bei  dem  Scblusswort  unseres 
Citats  in  der  Aenderung  noch  etwas  über  Bentley  hinausgehen. 
έρμην€ύς  und  ερμηνεύω  sind  keine  echt  attischen  Wörter.  Von 
den  Komikern  braucht  sie  nur  der  Verfasser  unserer  Stelle,  von 
den  Rednern  nur  Antiphon,  aber  in  den  Tetralogien  (B  β  1  έρμη- 
V€Ö(Tai)y  die  älteren  Insohrifcen  kennen  sie  nicht.  Sie  stehen  bei 
den  drei  Tragikern,  und  zwar  bei  Aischjlos  έρμηνεύς  zweimal 
(Ag.  594.  1015,  beide  Male  im  Senar  in  der  Wendung  τορός 
έρμηνεύς,  also  'Dolmetsch'  wie  bei  Uerodot),  bei  Sophokles 
ερμηνεύω  einmal  (Oed.  C.  398  Senar),  bei  Euripides  έρμηνεύς 
ερμηνεύω  ερμήνευμα  häufig,  ferner  bei  Thukydides  ερμηνεύω 
einmal  2,  60,  5,  bei  Piaton  beide  sammt  Ableitungen  in  Schriften 
aller  Lebensalter  oft,  bei  Xenophon  desgleichen.  Als  gut  ionisch 
werden  sie  erwiesen  durch  Herodot  (έρμηνεύς  2,  125.  154.  3,  140. 
4,  24)  und  Hippokrates  (ερμηνεύω  π.  Ιερ.  νούσ.  17  VI  392  L. 
π.  οιαίτ.  1,  4  VI  476  L.  π.  τεχν.  7  VI  12.  12  VI  26  L.  Μ.  Wie 
sie  ins  Attische  gelangt  sind,  erhellt  ausser  durch  diesen  That- 
bestand,  aus  dem  jeder  Kundige  es  ohnehin  ablesen  kann,  noch 
besonders  durch  das  Vorkommen  von  έρμηνεύς  im  Palamedes 
des  'Gorgias*  7:  es  ist  die  Sophistik-Hhetorik,  die  sie  mit  so 
manchen  anderen  die  Sphäre  geistiger  Thätigkeit  beschlagenden 
Ausdrücken  in  Athen  eingeführt  hat').  Nun  kennen  wir  das 
Verbum  auch  für  einen  bestimmten  Teil  des  'dorischen*  Sprach- 
gebiets, die  Argolis,  durch  eine  der  Heilinschriften  aus  Epidauros 
IG.  IV  951,  88:  καΐ  τώι  οεσπόται  ήρμάνευσε  τα  πραχθίντα  και 
λεχθέντα  (6  παις);  es  ist  ein  Zusammentreffen  im  Wortschatz 
zwischen  lonien  und  dem  nordöstlichen  Peloponnes,  das  sich  in 
einer  sehr  beträchtlichen  Anzahl  von  Fällen  wiederholt  und  im 
Verein  mit  anderen  sprach-  und  religionsgeschichtlichen  Thatsachen 
die  antike  Tradition  von  der  Herkunft  der  lonier  auch  aus  diesen 


bekräftigen  wollen.  Ob  die  Construction  als  ganzee  auf  die  Ursprache 
zurückgeht  oder  sich  in  den  beiden  Einzelsprachen  selbständig  aus 
einem  wie  immer  gearteten  proethnischen  Keim  entwickelt  hat,  habe 
ich  absichtlich  in  der  Schwebe  gelassen. 

*  Diese  Belege  nach  E.  Fränkel  Griech.  Denominativa  252,  der 
S.  217  die  Verbreitung  des  Verbums  in  der  älteren  Litteratur  im  wesent- 
lichen richtig  umschreibt,  ohne  doch  das  entscheidende  Wort  zu  ihrem 
Verständnis  zu  sprechen. 

*  Mehr  Beispiele  werden  meine  'Beiträge  zur  griech.  Wort- 
forschung* bringen. 


Ein  dorisclies  liomödienbraclistück  337 

Gegenden  bestätigt^).  Da  unser  Bruchstück  in  τοΙς  sehr  deut- 
lich dorisches  Lautgewand  zur  Schau  tragt,  so  werden  wir  nicht 
umhin  können  ihm  auch  έρμάνευε  zi  geben.  Dass  es  bei  Pindar 
Ol.  2,  153  ές  bk  το  πάν  έρμηνίιυν  χατΚει  heisst,  verschlägt 
nichts;  insbesondere  seit  dem  Bacchylidesfund  wissen  wir  ja,  dass 
in  der  Chorlyrik  die  überlieferte  Vertheilung  von  ä  und  η  sich 
keineswegs  durchaus  mit  derjenigen  des  wirklich  gesprochenen 
Dorisch  deckt.  Bei  Pindar  Rieht  auf  der  einen  Seite  mit  hyper- 
dorischem α  άσύχιμος  Ol.  2,  32.  αμερος  Ol.  13,  2  u.  ö.,  auf  der 
anderen  mit  ionischem  η  Μή6(ει)οι  Ρ.  1,  78.  νήτιοινος  Ρ.  9,  58. 
νήπιος  Ρ.  3,  82  und  wahrscheinlich  *Αλκμήνα  Ρ.  4,  172  u.  ö.^). 
έρμάνευε  ist  unter  den  wenigen  Worten,  aus  denen  das 
Fragment  der  Πόλεις  überhaupt  besteht,  nicht  das  einzige,  das 
dem  Attischen  fremd,  dem  Ionischen  ganz  geläufig  ist.  Dasselbe 
gilt  von  άμπερέιυς^).  Es  ist  unbegreiflich,  wie  Kock  noch  im 
Jahre  1880  die  Behauptung  van  Herwerdens,  dies  sei  kein  grie- 
chisches Wort,  hat  wiederholen  können,  eine  Behauptung  aus- 
gesprochen in  einer  Zeit  (1855),  als  wenigstens  der  klassischen 
Philologie  das  Verständniss  für  das  Wesen  der  Tmesis  noch  nicht 


^  Auch  für  diese  Sätze  wird  das  genannte  Buch  die  Beweise 
liefern.  —  Mnn  könnte  mit  der  Möglichkeit  rechnen,  dass  έρμανεύειν 
in  die  Sprache  der  epidaurischen  Inschrift,  die  wahrscheinlich  der 
zweiten  Hälfte  des  4.  Jahrhunderts  angehört,  durch  Uebernahme  aus 
dem  Ionischen,  richtiger  der  sich  ausbildenden  Koine,  gekommen  sei; 
das  ist,  von  anderem  abgesehen,  schon  darum  unwahrscheinlich,  weil 
es  einfach  'berichten,  erzählen'  besagt,  also  eine  Bedeutung  zeigt,  die 
weder  im  Ionischen  noch  in  der  Koine  vorkommt. 

2  Auf  die  Frage,  was  von  diesen  η  der  Ueberlieferung,  dh.  den 
Alexandrinern,  was  dem  Dichter  selbst  zur  Last  fällt,  gehe  ich  hier 
nicht  ein.  Nicht  abschliessend  ist  die  Behandlung  dieser  Dinge  in 
0.  Schröders  Prolegomena  zur  Pindarausgabe  S.  17  ff.  Für  αμερος:  zB. 
sträubt  sich  Schröder  hyperdorisches  ä  anzuerkennen,  weil  ihm  die  drei 
von  mir  KZ.  82,  148  beigebrachten  Belege  für  gemeingriechisches  η  in 
diesem  Worte  nicht  beweiskräftig  erscheinen.  Schon  als  sein  Pindar 
gedruckt  war  (1900),  war  ein  vierler  in  die  Oeffentlichkeit  gelangt, 
der  jeden  Zweifel  niederschlägt:  eine  archaische  Inschrift  aus  dem 
arkadischen  Lusoi  Stzber.  d.  Münch.  Akad.  Phil.  Kl.  1899,  r)66=Oesterr. 
Jhefte  4,  1901,  83  N.  15  lautet  τας  Άρτάμιτος  άποβόμιον  τας  Ιιεμέρας 
(άποβυΐιμιον  erklärt  von  ν.  Wilamowitz  Griech.  Tragödien  III  190β 
S.  61f). 

*  Das  überlieferte  διαμιτερέως  liepse  sich  nur  unter  der  Voraus- 
setzung halten,  dass  der  Dichter  es  mit  halbvokalischera  ι  gemessen 
habe.     Dazu  wird  man  sich  nicht  leicht  entschliessen. 

RbeiD.  Mui.  f.  fbilol.  N.  F.  LXIU.  22 


33δ  Solmden 

aufgegangen  war.  Wenn  bei  Homer  33  Mal  διαμπ€ρές,  aber 
daneben  3  Mal  (Λ  377.  Ρ  309.  φ  422)  bxa  V  άμπ€ρές  etebt,  so 
bedeutet  dae,  dase  bxa  zunäcbet  zu  dem  ursprünglich  selbständigen 
άμιχ€ρές  als  freie  Verstärkung,  die  den  Begriff  des  ^durcb  und 
durch'  noch  schärfer  hervorhebt,  hinzugesetzt  und  erst  nachträg- 
lich mit  ihm  verschmolzen  ist.  In  der  That  überliefert  ja  Heeych 
όμπ€ρέιυς  *  οιαμπόε  und  ist  όμπ€ρής  das  ganz  normale  Adjec- 
tivum  zu  όναπβίριυ  (hom.  όμπείραντες  Β  426,  megar.  όμπεπσρ- 
μένον  Ach.  796)  Murobbobren,  anspiessen'  wie  etwa  έντενες 
^angespannt'  Ap.  Rhod.  2,  933  zu  εντείνω.  £s  besagt,  mit  und 
ohne  bia,  durchbohrend,  durch  und  durch  gehend'  zunächst  in 
rein  örtlichem  Sinne,  dann  'durchgängig,  ununterbrochen,  ganz 
und  gar'  modal  und  zeitlich,  all  das  schon  bei  Homer,  endlich 
^durchdringend,  vernehmlich,  laut  und  deutlich'  von  der  Stimme 
an  unserer  Stelle;  man  vergleiche  mit  genau  derselben  Grund- 
bedeutung und  Sinnesentfaltung  τορός  τορώς.  Es  begegnen  aber 
διαμπερής  -ές  -έως  ausser  im  Epos  und  davon  unmittelbar  ab- 
hängiger Litteratur  (Empedokles  17,  6  D.  u.  ö.  Solon  13,  27.  B.  * 
Nie.  Ther.  495)  nur  bei  loniern  (Hippokrates  π .  άγμ.  22  Η  79, 
22  Κ.  γυναικ.  2,  125  VIII  268,  12  L.  [an  diesen  beiden  Stellen 
des  Adjectiv].  π.  νούσ.  2,  62  VH  96, 10.  π  .  έντ  .  παθ.  8  VII  186, 8), 
bei  Tragikern  (Aisch.  Cho.  368  Lied.  Soph.  Phil.  791  Dialog) 
und  bei  solchen  Attikern,  die  Ionisches  einmischen  (Xen.  An.  4, 
1,  18.  7,  8,  14.  riat.  Phaed.  111  Ε  in  einem  μΟθος  von  der  Be- 
schaffenheit der  Erde,  der  seine  Quellen  wohl  in  der  ionischen 
Naturwissenschaft  hat.  Rep.  X  616  D.  Ε  in  einer  ünterwelts- 
vision,  die  auch  sonst  ionische  Ausdrücke  bietet).  Bei  Komikern 
und  Rednern  fehlen   sie  ^. 


*  6ιαμπ€ρής  widerlegt  im  Verein  mit  ion.  άρριχάσθαι  (Hipponax 
Aristoteles)  'emporklettern'  aus  *άν-ριχοσθοι  gegenüber  att.  άναρ'ρ)ιχά• 
σθαι  (Idg.  Forsch.  13,  132  ff.)  die  Meinung  Kretschmers  Glotta  1,  52, 
die  .Apokope  in  Herodots  δμπωτις  άμβώσας  άμβολάδην  ua.  sei  nicht 
echt  ionisch.  —  Mit  διαμπερές  vergleicht  sich  aufs  nächste  δι*αμ•πάΕ 
'durch  und  durch*  zu  άναπηγνύναι  'anstecken,  anspiessen',  πάσσαλος  usw. 
Auch  dies  Adverb,  über  dessen  Bildungsweise  Meister  Herodas  748  ge- 
handelt hat,  kommt  in  älterer  Zeit  nur  bei  den  Tragikern  (Aisch. 
Prom.  65  στέρνων  διαμπάζ  πασσάλ€υ€.  Suppl.  531.  912  τώνδ'  έφήλωται 
τοραις  γόμφος  διαμπάΕ.  Für.  Racch.  993.  1013  [beidemal  in  Chören]) 
und  bei  Xenophon  (Hell.  7,  4,  23)  vor.  In  jüngeren  Zeitläuften  haben  es 
nicht  bloss  Arrian  und  Lukian  oft,  sondern  auch  die  Geoponica  (9,  8) 
und  llesych  zur  Erklärung  von  άμπ€ρ^ως,    es  scheint  also   volksthüm- 


£ίη  dorisches  ttomodienbruclisttick  389 

Endlich  πινακίς  geht  dem  attischen  Schriftthum  völlig  ab ; 
Litteratur  und  Inschriften  kennen  ausser  πίναΕ  selbst  nur  πινά- 
κων πινακίίΤκος  πινακίσκιον.  Dagegen  erweist  sich  die  Bildung 
auf  •ίς  als  peloponnesisch  durch  die  Hesychglosse  πινακίρ  *  πινα- 
κί(Τκος,  die  ihr  Endrhotazismue  als  lakonisch  oder  eleisch  —  die 
alten  Bronzen  von  Olympia  2,  9.  27,  4  nennen  sich  selbst  πίναΕ  — 
kennzeichnet.  Später  ist  sie  in  der  Koine  üblich.  Hier  ist  der 
älteste  Zeuge  Machon  ό  κιυμιυιοι οποίος  ό  Κορίνθιος  μέν  ή  Σι- 
κυώνιος  γενόμενος,  έν  ΆλεΕανορείαι  bk  .  .  καταβιούς  και  biba- 
σκαλος  γενόμενος  τών  κατά  κιυμιυώίαν  μερών  'Αριστοφάνους  του 
γραμματικού  (Athen.  VI  241  F);  in  einem  der  langen  Auszüget 
die  Athenaeus  ans  seinen  in  iambischen  Trimetem  abgefassten 
Χρεΐαι,  das  sind  Histörchen  aus  der  Chronique  scandaleuse,  giebt, 
steht  XIII  582  0  der  Vers:  πινακίδα  και  γραφεϊον  έΕηρτημίνον. 
Weiter  findet  eich  πινακίς  in  Symmachos'  üebersetzung  von 
Ezechiel  9,  11,  wo  die  Septuaginta  ίώνη  σαπψείρου,  andere  Ueber- 
setzer  κάστυ  γραμματέως  oder  μελανοοοχεϊον  γραμματέως 
(B'ield  Origenis  Hexnpla  2,  792),  die  Vulgata  atramentarium  scri- 
bae,  das  Original  nach  Siegfrieds  Wiedergabe  in  der  unter 
Kautzscir  Leitung  erschienenen  Üebersetzung  des  Δ.  T.  ^  572 
'Schreibzeug'  haben,  und  έπι  της  πινακίοος  als  Titel  ('Sekretär'?) 
in  Inschriften  aus  Pantikapaion  I.  P.  Eux.  Π  131.  49^,  7  (danach 
auch  29  Β  29  von  Latysev  ergänzt).  Diese  Belege  zeigen,  dass 
auch  Plutarch  (Mor.  47  E.  Tib.  Gracch.  6)  und  Epiktet  (Diss.  1, 
10,  5)  das  Wort  der  Sprache  des  Lebens  entlehnt  haben.  Ob 
Afachon  es  aus  seiner  Heimat  oder  aus  Alexandria  kannte,  mag 
dahinstehen  ^ ;  jedenfalls  ist  es  in  die  Gemeinsprache  schwerlich 
aus  dem  Peloponnes  gelangt,  sondern  viel  eher  aus  lonien.  Dazu 
stimmt,  dass  πινακΑιον,  das  Deminutiv  von  πινακίς,  das  eben- 
falle der  Koine  geläufig  ist  (Lucas  1,  63.  Symmachos  Ezech.  9,  2 

Hohes  Koinewort  gewesen  zu  sein.     Wir  werden  nicht  fehlgehen,  wenn 
wir  auch  als  seine  Heimat  lonicn  ansprechen. 

1  Ich  will  doch  nicht  unterlassen  anzumerken,  dass  derselbe 
Machon  in  den  Xp€iai  auch  άναπ€ίρω  braucht  (Ath.  VllI  349  C  μη  ποτ' 
έπιβάς  κήρυκι  τόν  πόδ'  άναπαρώ),  das,  abgesehen  von  Homer  und  der 
megarischen  Stelle  der  Acharnor  (s.  o.),  wesentlich  im  Ionischen  (Hdt. 
4,  94.  103)  und  in  der  Koine  (2.  Macc.  12,  22  u.  ö.)  vorkommt.  Aus 
der  attischen  Litteratur  ist  mir  nur  eine  Belegstelle  bekannt,  Ar.  Ach. 
1007;  sie  ist  nicht  so  beschaffen,  dass  sie  attischen  Charakter  des  Verbs 
zu  bezweifeln  gestattete.  Aber  freilich  haben  die  Komiker  sonst  in 
dem  Sinne  *an  den  Spiess  stecken'  άναπηγνύναι  Eccl.  843.  Alexis 
Fgro.  222,  10  II  379  K. 


340  δ  ο  1  m 8  e  D  £ίη  dorisches  Komödienbruohetück 

[Field  2,  790].  Epiktet  3,  22,  74;  dazu  Bekk.  An.  288,  32 
πινάκων*  .  .  .  τό  νΟν  πινακίοιον  τών  κοινών  γραμμάτων),  τη- 
frühest  für  οηβ  nachweisbar  ist  im  6.  Boche  der  Hippokratischen 
Epidemien  V  344,  17  L.  (daza  des  Herausgebers  Anmerkung) 
und  bei  Doris  von  Samos  Plut.  Eom.  1;  wenn  aoch  Antisthenes 
es  braocht  (Diog.  Laert.  6,  3),  so  kann  das  bei  diesem  Sophisten 
und  Hörer  des  Gorgias  nicht  Wunder  nehmen. 

Fassen  wir  zusammen.  Die  drei  im  Ionischen  wieder- 
kehrenden Wörter  unseres  Fragments  weisen  auf  das  Dorische 
des  nordöstlichen  Peloponnes.  Dazu  stimmt  der  Optativ  mit  κα. 
Desgleichen  ές  für  έκ:  wenn  auch  Megara  und  Korinth  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  ausgeschlossen  sind,  so  kennen  wir  es 
doch  aus  der  Argolis.  In  dieser  Landschaft  werden  wir  also 
am  ehesten  die  πόλις  zu  suchen  haben,  deren  Redeweise  die 
Verse  veranschaulichen;  doch  will  ich  auch  Kleonai,  Phleius, 
Sikyon  nicht  verreden,  solange  nicht  eine  Inschrift  uns  belehrt 
hat,  dass  man  an  diesen  Orten  Ausgangs  des  5.  Jahrhunderte 
ebenfalls  έκ  sagte.  Das  ganze  Bruchstück  aber  wird  die  neue 
Komikeraasgabe  in  dieser  Gestalt  bringen  müssen: 

ές  τάς  πινακίοος  b*  άμπ^ρέως  δτι  κα  λίγοι 

τα  γράμμαθ',  έρμάν€υ€. 
Bonn.  Felix  Solmsen. 


ZUR  KRITIK  UND  EXEGESE  DER  FROSCHE 
DES  ARISTOPHANES 


I 

Die  Vita  des  Aeschylue  (Dind.  poet.  scen.  p.  2,  25)  weise  uns 
von  Beinen  Dramen  das  Folgende  zu  berichten  .  .  .  ÄKJxe  blä  το 
πλ€ονάί€ΐν  τω  βάρ€ΐ  των  προσώπων  κωμψοεϊται  παρά  τιϊ)* Αριστο- 
φάνει*  έν  μέν  γαρ  τή  Νιόβη  <Νιόβη>  ?ως  τρίτου  μέρους 
έπικαθημένη  τψ  τάφω  των  παίδων  ούοέν  φθέγγεται  έγκεκα- 
λυμμένη,  έν  οέ  τοΐςΈκτορος  λύτροις  (auch  Φρύγες  betitelt) 
*Αχιλλευς  ομοίως  έγκεκαλυμμένος  ου  φθέγγεται  πλην  έν  άρχαϊς 
ολίγα  προς 'Ερμή ν  αμοιβαία.  Wir  haben  hier  ein  Referat  eines 
ausgezeichnet  unterrichteten  Zeugen  vor  uns,  der  so  glücklich 
war,  aus  den  damals  noch  erhaltenen  Dramen  zu  schöpfen  und 
sich  nicht  zu  Vermuthungen  zu  flüchten  brauchte.  Den  Werth 
seines  Zeugnisses  erhöht  auch  der  Umstand  nicht  wenig,  dass 
die  beiden  σιωπώντα  πρόσωπα  in  absteigender  Stufe  angeführt 
werden. 

Stellen  wir  nun  neben  diesen  einwandfreien  Zeugen  einen 
andern,  um  an  seiner  Mittheilung  den  Werth  des  ersteren  in  ein 
noch  helleres  Licht  zu  setzen.  Das  ist  das  Schol.  des  cod.  Venet. 
zu  Ran.  911  εΙκός  τον  έν  τοις  ΦρυΕιν  'Αχιλλέα  ή  Έκτορος 
λύτροις  ή  τόν  έν  Μυρμιδόσιν,  δς  μέχρι  τριών  ήμερων  ούοέν 
<ρθέττεται. 

Dieses  Zeugniss  —  das  erkennt  man  sofort  —  fällt  weit 
ab  gegen  das  erste.  Sieht  man  ja  doch  sofort  aus  dem  βΙκός, 
dass  dasselbe  mit  Vermuthungen  operiert.  Unbegreiflich  aber 
ist,  dass  die  Neueren  diesen  Zeugen  selbst  in  dieser  ganz  und 
gar  unhaltbaren  Form  ins  Feld  führen,  um  auf  seine  Aussage 
die  weitgehendsten  Combinationen  aufzubauen.  Gelesen  muss 
nämlich  werden :  εΙκός  τόν  έν  τοις  ΦρυΕιν  'Αχιλλέα  ή  Έκτορος 
λύτροις  ^λέγειν  τόν  ποιητήν),  ο  ύ  τόν  έν  Μυρμώόσιν,  δς  μέχρι 
τριών  ήμερων  ουδέν  φθέγγεται ;  δς  bezieht  sich  natürlich  auf  den 


342  Hoemer 

ersten  Tlieil,  durchaus  unbedenklich,  wenn  man  sich  den  zu  er- 
klärenden Text  V.  911  ff.  vor  Augen  hält.  Daee  aber  μέχρι 
τριών  ήμερων  absolut  sinnlos  ist  und  zu  keinerlei  Combinationen 
berechfigt,  düifte  sofort  einleuchten;  denn  hier  handelt  es  sich 
um  ein  an  einem  Tage  vor  den  Augen  der  Zuhörer  sich  ab- 
spielendes Stück,  um  eine  Tragödie,  und  wir  haben  durchaus  kein 
Recht,  aus  dem  vollen  Leben  eines  durch  die  Einheit  der  Zeit 
gebundenen  Stückes  uns  etwa  zu  einer  ^ή(Τΐς  zu  flüchten.  Das 
ist  aber  auch  gar  nicht  nöthig;  denn  gegen  die  handschriftliche 
Autorität  des  Med.  kommen  diese  Worte  garnicht  in  betracht. 
Dindorf  bemerkt  aaO.  'τρίτου  μέρους  Μ,  quod  mature  ab  cor- 
rectore  aliquo  interpolatum  est.  Nam  apographa,  ut  videtur, 
omnia  et  editiones  τρίτης  ημέρας'.  Daher  dachte  Dindorf  auch 
sehr  natürlich  daran,  in  dem  Schol.  des  Venetus  für  τριών 
ήμερων  entweder  τριών  μερών  oder  τρίτου  μέρους  zu  schreiben, 
um  beide  Nachrichten  mit  einander  in  Uebereinstimmung  zu 
bringen.  Die  Aenderung  in  τρίτης  ημέρας  stellte  sich  leicht 
und  wie  von  selber  ein,  als  die  Mittheilung,  weil  vom  Drama 
abgelöst,  ganz  unverständlich  \vurde.  Mag  das  nun  auf  sirh  be- 
ruhen: eines  ist  sicher:  έως  τρίτου  μέρους  hat  allein  hand- 
schriftliches Gewicht  und  daran  müssen  wir  festhalten,  um  nun 
zu  der  Besprechung  von  Ran.  923.  924  überzugehen 

καττειτ   έττεώή  ταύτα  ληρήσειε  και  το  όραμα 
ήοη  μεσοίη,  ^ήματ'  αν  βόεια  οώόεκ'  εΐπεν 
όφρυς  έχοντα  και  λόφους  κτλ. 
Unsere  Erklärer  schweigen  sich   nun,  wie  gewöhnlich,  über 
die  Worte  aus,  und  doch  sind  sie  unsinnig.    Der  zuerst  angeführte 
klassische  Zeuge  hat  s  ο  nicht  gelesen,  sonst  könnte  er  unmöglich 
von  έως  τρίτου  μέρους  sprechen,  sondern  er    las,    was    allein 
Sinn  gibt,  nicht  μεσοίη,  sondern  τελοίη. 

Dieses  Wort  passt  nun  ausgezeichnet!  Zunächst  wird  dadurch 
einmal  der  Vorwurf  des  Euripides  noch  potenzirt:  also  nachdem  die 
Zuschauer  so  lange  und  so  gespannt  bis  zum  Schlüsse  gewartet 
hatten,  kamen  sie  doch  nicht  auf  ihre  Rechnung  —  ein  Dutzend 
'Büffel Worte' :  das  war  alles  und  sici  zogen  mit  langen  Nasen  ab. 
Wir  nehmen  nun  bei  unserm  Meister  Aristophanee  recht  gern  starke 
Dosen  von  Uebertreibungen  mit  in  den  Kauf:  aber  με(Τθίη  in  der 
Mitte  des  Dramas  —  und  οώοεκα  ρήματα  βόεια  vom  Haupt  helden 
gesprochen  —  und  wohlgemerkt:  nur  von  diesem  kann  die  Rede 
hier  sein  —  ist  denn  doch  des  Guten  etwas  zuviel.  Es  ver- 
dient ferner  für  das  richtige  τελοίη  angeführt  zu  werden^  dass  da- 


Zar  Kritik  und  Exegese  der  Frösche  des  Aristophanes        343 

durch  der  Subjektswechsel  vermieden  wird  'und  nachdem  er  regel- 
mässig diesen  Schwindel  gemacht  und  das  Stück  bereits  dem 
Schlüsse  zuführte  —  da  Hess  er  ein  Dutzend  Büffelworte  sprechen'. 

Wollen  wir  nun  aber  noch  einen  Augenblick  bei  den  (TlU)- 
πώντα  πρόσωττα  des  Meisters  Aeschylus  verweilen. 

£8  ist  ein   geradezu    brillanter  Einfall    des    Komikers,    mit 
welchem  Euripides  im   Präludium    zum   όγών  debütirt  V.  832  ff. 
Dion.  ΑΙοίχύλε,  τί  σιγςίς;  αίσθάνει  γάρ  του  λόγου. 
Eur.    άττοσεμνυνεϊται  πρώτον,  δπερ  εκάστοτε 
έν  ταϊς  τραγψοίαισιν  έτερατεύετο. 

Ein  vornehmes  Air  will  er  sich  damit  (mit  dem  Schweigen) 
geben,  genau  derselbe  'Schwindel,  den  er  regelmässig  in  seinen 
Stücken  trieb*. 

In  der  Folge  ist  nun  aber  sein  Konkurrent  doch  so  gnädig, 
dieses  έκάίΤτοτε  auf  zwei  Stücke  und  zwei  Personen  zu  be- 
schränken 912 

'Αχιλλέα  τιν'*  fj  Νιόβην  τό  πρόσωπον  ούχι  οεικνύς. 

Diese  Beschränkung  berechtigt  uns  zu  folgenden  unabweis- 
baren Schlüssen :  Von  diesem  gefährlichen,  aber  äusserst  wirksamen 
Bühnenmittel  hat  Aeschylus  in  Ganzen  nur  zweimal,  aber  in 
beiden  Fällen  bis  zur  äussersten  Grenze  des  Zulässigen  Gebranch 
gemacht:  das  Publikum  hat  darüber  ganz  anders  geurtheilt,  als 
Aristophanes  —  Euripides,  ihm  hat  gleich  der  erste  Versuch  aus- 
nehmend gefallen  —  daher  wagt  Aeschylus  eine  Dublette. 

Von  theatralischem  Gesichtspunkt  aus  betrachtet,  versagt 
das  Mittel  seine  Wirkung  nie,  und  darum  hat  auch  keiner  der 
älteren  griechischen  Tragiker  darauf  verzichtet.  Vor  allem  hat 
Aeschylus  nun  freilich  in  beschränkterem  Maasse  auch  sonst 
noch  mit  unübertroffener  Meisterschaft  davon  Gebrauch  gemacht. 
Das  können  wir  selbst  heute  noch  controUiren.  Es  sei  erinnert 
an  das  σιωπών  πρόσωπον  der  Kassandra  im  Agamemnon  988  ff. 
Kirch.  Man  braucht  diesen  Sceneneingang  gar  nicht  auf  der 
Bühne  gesehen  zu  haben,  aus  den  Worten  allein  und  dem  hart- 
näckigen Schweigen  der  Seherin  leuchtet  die  Bühnenwirksamkeit 

^  üeber  das  xiv'  möchte  man  doch  auch  gern  ein  Wörtchen 
lesen  bei  unsom  Herrn  Kommentatoren.  Ja  was  heisst  denn  Άχιλλεύς 
τις»  Νιόβη  τις?  'Einen  gewissen,  sicheren  Achilleus',  wie  Σωκράτης  τις, 
eine  gemeine  und  abscheuliche  Bosheit.  Man  negirt  gewissermassen 
die  Kenntniss  und  Bekanntschaft  mit  einer  bochbedeutenden  Persön- 
lichkeit, um  diese  als  minderwerthig ,  unbedeutend  und  gleichgültig 
darzustellen. 


944  Roemer 

dieses  Eingangs  strablend  hervor !  Wie  und  mit  welchen  Gefühlen 
wird  da  das  tausendkopfige  Theaterpublikum  ihr  erstes  Wort, 
ihre  erste  Eröffnung  entgegennehmen!  Nein!  die  SpannoDg  auf 
den  Idoment  und  die  vulle  und  satte  Herausarbeitung  dieses 
Momentes  ist  dem  Altmeister  ganz  unübertrefflich  gelungen. 
Und  die  andern?  Die  müssten  von  Theater-  und  Bühnen- 
wirkungen wenig  oder  gar  nichts  verstanden  haben,  wenn  sie  auf 
dieses  so  wirksame  Mittel  ganz  und  gar  verzichtet  hätten.  Aber 
auch  kein  Gedanke  daran.  Hier  kommt  uns  zum  Glück  das  Scholion 
Prom.  438  zu  Hilfe:  σιιυπώσι  παρά  ποιηταϊς  τά  πρόσωπα  a)^ 
όι'αύθάοειαν  ώς  *Αχιλλ€ύς  έν  τοις  ΦρυΕι  Σοφοκλέους  b)^ 
bia  συμφοράν  ώς  ή  Νιόβη  παρ'  ΑΙσχύλω  c)fj  ώς  6  Ζευς  παρά 
τψ  ποιητή  (Α  5 1 2)  προς  την  της  Θέτιδος  αϊτησιν.  Es  war  kein 
glücklicher  Einfall  von  Bergk  Herm.  18,  481  den  Namen 
Σοφοκλέους  zu  streichen,  noch  viel  unglücklicher  der  Gedanke 
von  MenagiuR,  dem  sogar  Naurk  fr.  trag.^  p.  50  Anm.  zustimmt, 
dafür  Αΐ(Τχύλου  zu  schreiben;  denn  diese  Aenderung  wird  ja 
durch  das  gleich  darauf  folgende  παρ'  ΑΙσχύλψ  widerlegt.  Aber 
diese  Poetenliste  dürfen  wir  überhaupt  nicht  beschneiden  und  da- 
durch die  Zahl  der  Dichter  verkleinern.  Es  ist  hocherfreulich, 
den  Sophokles,  den  Mann,  der  wie  kaum  ein  zweiter  die  Bühnen- 
wirksamkeit von  Grund  aus  kannte  und  beherrschte  und  mit  allen 
Mitteln  darauf  hin  arbeitete,  auf  dieser  Liste  zu  finden.  Die 
Φρύγ€ς  des  Aeschylue  waren  für  ihn  nicht  vergeblich  geschrieben 
und  über  die  Bühne  gegangen.  Nun  ist  ja  sklavische  Nach- 
ahmung irgend  eines  Keiner  Vorganger  durchaus  nicht  Sache  dieses 
grossen,  festen  und  8elbstUndip:en  Geistes  —  er  geht  seine 
eigenen  Wege  (cf.  Schol.  Aias  815)*,  und  so  war  auch  sein  Achil- 

*  Für  dieee  stolze  und  l)ewu88to  Selbständigkeit  nur  ein  darchaui 
eindeutiffcs  Heiepiül;  dio  EmporossceDe  im  Philoktet.  Pliiloktet  hat  hier 
die  Meldung  des  Emporos  von  Odysseus  vernommen  β  15 

€ύθ^ως  ύπ^σχ€το 

τόν  άνδρ'  Άχαιοΐς  τόνδ€  δηλώσ€ΐν  άγων. 

οίοιτο  μέν  μάλιστ'  εκούσιο  ν  λαβών, 

€1  μή  θ^λοι  δ*,  άκοντα•  καΐ  τούτων  κάρα 

τ^μν€ΐν  ίφ€ΐτο  τώ  θ^λοντι  μή  τυχών. 
Darauf  reajrirt  Philoktct  Γ»ί>2 

ϋϊμοι  τάλας•  ή  κείνος,  ή  πάσα  βλάβη, 

ίμ*  €ίς  *Αχαιούς  ώμοσ€ν  π€ίσας  στ€λ€ϊν; 

πείσθησομαι  γαρ  ώδε  κάΕ  "Aibou  θανών 

προς  φώς  αν  έλθεΐν,  ώσπερ  ούκ€(νου  πατήρ. 
Und  noch  einmal  gleich  darauf  ganz  derselbe  Gedanke  ii'26  ff. 


Zur  Kritik  und  Exegese  der  Frösche  des  Aristophanes        345 

lens  sicherlich  sehr  verschieden  von  dem  seines  Vorgängers; 
aher  damit  ist  noch  lange  nicht  ausgeschlossen,  dass  er  wohl  nicht 
bis  zum  Extrem,  wie  der  Komiker  hier  von  Aeschylns  behauptet, 
aber  doch  bis  zu  einem  gewissen  Grade  von  diesem  Kunstmittel 
Gebrauch  machte.  Und  zwar  nicht  allein  unter  dem  Zwang  des 
Gesetzes,  'ne  qnarta  loqni  persona  laboret*,  sondern  als  ganz 
eigenes  und  selbständiges  Kunstmittel,  wiewohl  wir  auch  in  ersterer 
Beziehung  diese  drückende  Fessel  zu  seiner  künstlerischen  Ge- 
staltung erhoben  und  durchgeführt  sehen.  Es  sei  erinnert  an 
Trach.  304  ff.,  wo  das  aus  diesem  Grunde  erfolgende  Schweigen 
der  Jole  jeden  mit  dem  μύθος  vertrauten  Zuhörer  tief  ergreifen 
musste.  Wie  fein,  wirkungs-  und  doch  maassvoll  sich  Euripides 
dieses  Mittels  bedient,  kann  hier  nicht  weiter  verfolgt  werden. 
Doch  hat  Bergler  in  s.  A.  der  Frösche  bereits  auf  einige  Scenen 
hingewiesen. 

II 
Es  ist   unsere    erste    und    unerlässlichste  Pflicht    und    kein 
Interpret  sollte  sich  davon  entbinden,  den  im  άγων  gegenseitig  er- 
hobenen Vorwürfen   auf  den  Grund  zu  sehen,    und    wo    möglich 
aus  der  komischen  Hülle  heraus  den  Kern  herauszuschälend    Dazu 


ούκ  oöv  τάδ*,  di  παΐ,  beivd,  τόν  Λα€ρτίου 
ίμ'  έλπίσαι  ποτ'  αν  λόγοισι  μαλθακοΐς 
π  €  (σα  ν  τα  bellax  ίώντ'  έν  *Αργ€(οις  μέσοις  κτλ. 
Die  Wiederholung  desselben  Gedankens  in  so  unmittelbarer  Nähe  und 
Folge  "und  gerade  in  diesefForm  πείσας,  λόγοισι  μαλθακοις  muss  doch 
jeden  Leser  auf  das  Höchste  überraschen.    Damit  muss  doch  der  Dichter 
eine  bestimmte  Absicht  verfolgen.     Gewiss  und  dies  ist  auch  klar.    Es 
ist  nämlich  nichts  anderes   als  ein  Urtheil,    um  nicht  das  Wort  Kritik 
zu  gebrauchen,   über  die  σύστασις  των  πραγμάτων  seiner  beiden  Vor- 
gänger Aeschylus  und  Euripides.      licide  hatten    in  ihrer  Komposition 
die  π€ΐθώ  triumphiren  lassen  —  πείσαντες  ήγαγον.    Für  den  gerade 
entgegengesetzten  Weg  hat  sich  Sophokles  entschieden  und  in  seinem 
Philoktetes    eine  jener    grossen  und  starren  Felsennaturen  gezeichnet, 
an  denen  alle  Wellen  und  Wogen  der  üeberredungskunst  wirkungslos 
zerschellen. 

^  Ich  habe  einen  ähnlichen  Versuch  gemacht  in  meiner  Abhand- 
lung zur  Kritik  und  Exegese  der  Wolken  (Sitzb.  der  Münchener  Akad. 
philosoph.-philol.  Gl.  189«  Heft  II  p.  221  ff),  zum  Theil  an  der  Hand 
der  alten  Erklärer,  denen  Sokrates  etwas  zu  bedeuten  hatte.  Und 
so  möchte  ich  zu  meiner  Rechtfertigung  hier  noch  einige  Worte 
hinzufugen.  Diese  *Hanswurstiade*  der  Wolken  bedeutet  nichts,  gar 
nichts  für  jeden,  der  sich  nur  ein  einziges  Mal  in  seinem  Leben  mit 
der  gewaltigen  Bedeutung  des  Sokrates  beschäftigt  hat.     Das  ist  nicht 


846  R  ο  e  τη  c  Γ 

reichen  nun  freilich  manchmal  unsere  Mittel  nicht  aus.  Α  her 
da,  wo  die  Möglichkeit  gehuten  ist,  darf  diese  wichtige  Gontrolle 
niemals  unterlassen  werden.  Das  sulI  an  einer  Stelle  gezeigt 
werden.     Ran.  836  ff. 

Eur.  έγώοα  τούτον  κα\  οιίσκ€μμαι  πάλαι, 
δνθρωπον  άγριοποιόν,  αύθαοόστομον 
Kock  hat  da  glücklich  'den  Kannibalendichter*  ge- 
boren, Leeuwen  hat  sich  in  wunderschönem  Latein  darüber  also 
vernehmen  lassen  *heroee  fingentem  feros,  inhumanos,  eil- 
vis  et  montibus,  quam  huio  vitae  accommodatiores  —wirklich? 
Das  soll  in  dem  Ausdruck  άγριοποιόν  liegen?  Das  soll  Enripidee 
seinem  Gegner  vorgerückt  haben  ?  Mag  er  manchmal  zu  den 
stärksten  Ausdrücken  greifen,  nie  und  nimmer  konnte  eine  solche 
Vorstellung  über  die  Gesamtproduktion  des  Aeschylus  in  ihm 
aufsteigen.  Seine  Originale  hat  sich  doch  Aeschylus  wahrhaftig 
nicht  in  den  Wäldern  und  Bergen  gesucht.  Nun  klopfen  wir 
einmal  bei  ihm  selbst  an  und  hören,  wie  Agam.  1383  ff.  Kirchh. 
Klytaemnestra  mit  dem  Beile  vor  der  blutigen  Leiche  Agamemnone 
spricht; 

παίιυ  be  viv  οις  '  κάν  buoiv  οΐμώγμασι 

μ€θήκ€ν  αύτου  κώλα  *  και  πεπτωκότι 

τρίτην  έπενοίοιυμι,  του  κατά  χθονός 

Διός  νεκρών  σωτήρος  εύκταίαν  χάριν. 

οϋτιυ  τον  αύτου  θυμόν  όρυγάνει  πεσών 

ein  Name,  sondern  eine  Welt.  Davon  muss  man  allerdings  einen  Be- 
griff und  zwar  einen  recht  lebendigen  haben,  ehe  man  sich  zum  Kritiker 
aufwirft.  Es  ist  nun  eine  eilten thü ml iche  Fügung  des  Schicksals,  dass 
unsere  älteste  Quelle  für  Sokrates  Aristophanes  ist.  Also  ist  es 
eine  ^^anz  unerläesliehe* Aufgabe  der  Wissenschaft,  diesen  ältesten  Zeugen 
aufs  Genaueste  zu  verhören,  um  womöglich  einmal  aus  der  komischen 
Hülle  auf  den  Korn  zu  kommen,  sodann  aber  auch  und  das  ganz  be- 
sondenü,  um  zu  erkennen,  wie  weit  die  Methode  des  Philosophen  im 
47.  .Jahre  seines  Lebens  schon  ausgebildet  war  und  fcHtstand.  Für  die 
Sokratik  i»t  das  die  erste  und  wichtigste  Etappe  auf  dem  Weg  der 
Forsehun^r-  diesen  Versuch  nennt  v.  Holzinger  in  seinem  Berichte 
Burs.  und  Iwan  v.  Müllers  Jahresberichte  IU>.  Bd. '  Fa<len  spinnen*. 
Er  mag  mit  meinen  Resultaten  nicht  einverstanden  sein  —  gut  —  dann 
niuss  er  sie  widerlegen.  Abor  den  im  ernstestni  wissenschaftlichen 
Streben  und  uns  den  angeriebenen  Grüiideu  geni'ichten  Versuch  in  der 
Weise  /u  diskreditiren  —  dagegen  erhebe  ich  Einsprache.  Denn  ein 
Spiel  habe  ich  dort  nicht  getrieben,  das  konnte  nur  einem  so  erscheinen, 
der  seinen  Gesichtswinkel  immer  nur  in  eine  Richtung  und  niemals 
in  diese  eingestellt  hat. 


Zur  Kritik  und  Exegrse  der  Frösche  des  Aristopbanes         347 

κάκφυσιών  oHeiav  αίματος  σφαγήν     • 
βάλλει  μ'  έρεμνή  ψακάοι  φοινίας  δρόσου 
χαίρουσαν  ούοέν  ήσσον  ή  οιοςοότψ 
γάνει  σπορητός  κάλυκος  έν  λοχεύμασιν. 
Wer   ist   da    nicht   gleich    bei   der   erstmaligen    blossen    Lektüre 
zurückgeschaudert  und  nun  gar  erst  dazu  noch  die   Deklamation 
und  das  Bühnenbild :  dahinauf  reicht  nicht  das  furchtbare  Wort  der 
Elektra  παϊσον,  el  σθίνεις,   οιπλήν!    Salome,  Salorae  —  rief 
mir  einer   meiner  Zuhörer   entgegen,    als  ich  die  Stelle   mit  der 
schönen  üebersetzung  von  Todt  zum  Vortrag  brachte.     Gewiss  — 
das  rein    äusserliche  Bild   erinnert  ja    lebhaft  daran  —  nur  dass 
Aeschylns  eben  nicht  pervers  war    und  die  ^gewaltig  Wollenden* 
mit    unbarmherziger    Konsequenz    auszeichnete    bis    zum    letzten 
Strich,  vor  dem  wir  förmlich  zurückprallen.    Auf  diese  Höhe  ist 
ihm  keiner  der  späteren  Dichter  gefolgt  und   zwar  in  bewusster 
voller  Absicht. 

Wie    gewaltig    sticht   und  fällt  das  Abschlachten  der  Kly- 
taemnestra  bei  ihnen  ab,   ein  schuldiges  aber   wehrloses  Opfer 
der  Rache.     Dem   halte   man  nun  gegenüber  eine  andere  Zeich- 
nung des  AeschyluR  Choeph.  887  von  dieser  Klytaemnestra. 
οόλοις  όλούμεθ',  ώσπερ  ου  ν  έκτείναμεν 
οοίη  τις  άνοροκμήτα  πελεκυν  ώς  τάχος* 
εΐοώμεν  el  νικαιμεν  ή  νικώμεθα. 
ενταύθα  γαρ  οή  τοΟο'  άφικόμην  κάκου. 
Also  gross,   heroisch  gross  bis  zum  letzten  Atemzuc^e. 

Da  nun  weder  Sophokles  noch  Euripides,  durclaus  nicht 
etwa  aus  Furcht,  eines  Plagiates  bezichtigt  zu  werden,  oder  etwa 
unter  dem  Zwange  des  καινοτομεϊν  allein  auch  in  ihrer  anderen 
Produktion  hierin  ihm  gefolgt  sind,  diese  Linie  nicht  mehr 
eingehalten  haben,  so  erkennt  man  daraus,  dass  sie  eine  solche 
Auszeichnung  als  ein  άγριον  —  ein  ώμόν  empfunden  und  sie 
darum  aufgegeben  haben.  Im  vollen  Einklang  mit  dieser 
unserer  Annahme  steht  nun  auch  das  Bild  der  Entwicklung,  das 
uns  Aristoteles  in  seiner  Poetik  1358^  25  ff.  in  wenigen  Strichen 
von  der  griechischen  Tragödie  gezeichnet  hat. 

.\ber  mit  άγριον  verbindet  Pich  durchaus  nicht  bei  den 
Griechen  die  Vorstellung  und  der  Begriff  von  einer  urweltlichen 
Unkultur,  Barbarei  und  Rohheit,  sondern  wie  Heindorf  zu  Piatos 
Phaedon  81  Α  (Berlin  1810  vol.  IV)  gezeigt  hat:  ein  Ueber- 
maase,  ein  üeberschäumen  der  Leidenschaft  in  Zorn  und  Liebe. 
Und  in  diesem  Sinn  ist  der  Begriff  auch  in  die  antike  Aesthetik 


348  Roemer 

übergegangen.  Die  Charaktere  der  Antigene  und  £lektra  des  So- 
phokles sind  nur  in  diesem  Sinn  als  δγρια  ήθη  zu  fassen.  Cf.  Schol. 
Elektra  328  έπίτηοες  τοις  άγρίοις  ήθεσιν  άντηταρατάττει  πρ^α. 
Einen  deckenden  deutschen  Ausdruck  für  άγριοποιός  zu 
finden  ist  schwer,  Kannibalendichter  ist  nach  der  von  dem  Begriff 
δγριος  gegebenen  Erörterung  unzulässig.  Hingegen  legen  die 
oben  ausgeschriebenen  furchtbaren  Worte  der  Eljtaemnestra  den 
Gedanken  nahe  mit  Droysen  das  Komma  nach  άγριοποιόν  zu  tilgen 
Men  άγριοποιός  mit  der  trotzig  vermessenen  Bede\ 

III 

Aber  auch  sonst  lohnt  es  sich,  einen  Blick  in  die  uns 
erhaltenen  Stücke  des  Aeschylus  zu  thun.  Die  gewissenhaften 
unter  den  alten  Erklärern  haben  das  mit  dem  besten  Erfolg  ge- 
than,  dabei  freilich  auch  unterstützt  von  einem  viel  reicheren 
Materialcy  als  es  uns  heute  vorliegt.  Aber  gerade  diese  viel 
besser  fundirte  Unterlage  giebt  den  Aeusserungen  und  Urteilen 
derselben  ihren  grossen,  ja  geradezu  unschätzbaren  Wert.  Das 
soll  nun  an  den  beiden  folgenden  Stellen  gezeigt  werden,  die 
zum  Theil  schon  in  den  Aristophanesstudien  (Leipz.  Teubner  1902) 
p.  188  zur  Behandlung  kamen. 

Gegen  die  Gestaltung  der  biavoia  durch  Aeschylus  hat 
Euripides  gar  manches  auf  dem  Herzen.     So  hören  wir  Ran.  928 

αλλ'  ή  Σκαμάνορους  και  τάφρους  κτλ. 
Und  noch  einmal,  viel  deutlicher  und  schärfer  Ran.  1056 

ήν  oöv  σύ  λέγης  Λυκαβηττούς 

και Παρνήθων  ήμϊν  μ€Τ^θη,  τοΰτ  ίστι  τά  χρηστά  Οι5άσκ€ΐν. 
An  beiden  Stellen  hat  die  Exegese  ganz  falsche  Wege  ein- 
geschlagen. Beginnen  wir  mit  der  letzteren,  so  ist  die  von  einem 
thörichten  Scholiasten  gegebene,  von  Kock,  wie  v.  Leen  wen 
wiederholteErklärung  verbaimmaniaad  montium  instar  exaggerata' 
falsch;  denn  hier  handelt  es  sich  absolut  nicht  um  die  λέΕίς, 
sondern,  wie  χρηστά  zeigt,  um  den  Inhalt,  um  die  btavota; 
die  letztere  aber'  gegen  Aeschylus  auszuspielen  hat  Euripiden  ein 
volles  Recht,  vermöge  der  gesuchten  und  erstrebten  Originalität 
seiner  Gedanken,  die  ihn  nicht  immer  in  der  Welt  der  Wirklichkeit 
festhält,  sondern  nicht  selten  in  die  höheren  Regionen  der  philo- 
sophischen Gedankenwelt  und  der  strittigen  Probleme  hinauftreibt. 
Klar  ist  ferner,  dase  die  beiden  hier  genannten  Heimatberge  nur 
paradigmatisch  gefasst  den  allgemeinen  Begriif  δρη  repräsentiren 
sollen. 

In  ganz   gleichem  Sinne    ist   auch  928   nur  exempli  gratia 


Zur  Kritik  und  Exegese  der  Frösclie  des  Aristoplianee         349 

Σκαμάνορους  gebraucht.  Darum  haben  die  alten  Erklärer  ganz 
richtig  gedeutet  zu  928  χαρακτηριστικόν  και  τούτο,  δτι  πολύς 
ΑΙσχυλος  έν  τψ  ποταμούς  και  δρη  λέγειν,  und  zwar,  wie  man 
sieht  Σαμάνορους  =  ποταμούς  und  δρη  =  Lykabettos  und  Farnes. 
Die  Bemerkung  zu  V.  928  darf  man  natürlich  nicht  so  grob  miss- 
verstehen,  als  ob  der  Scholiast  auch  die  folgenden  Worte  τάφρους 
κτλ.  damit  habe  treffen  wollen.  Die  Erklärung  bezieht  sich 
eben  nur  auf  das  Lemma  Σκαμάνορους.  Wer  nun  aber  eine  so 
durchaus  zutreffende  Erklärung  mit  ^nihili  est*  abweist,  scheint 
wirklich  noch  keinen  Blick  in  die  Dramen  des  Aeschylus  ge- 
worfen zu  haben.  Man  vergleiche  die  πλάνη  der  lo  im  Prome- 
theus, die  Erzählung  der  Klytaemnestra  von  der  Feuerpoet  u.  a. 
und  die  fr.  196,   198,   199  N.  Κ 

IV. 

So  dürften  uns  auch  an  einer  anderen  Stelle  die  Alten  und  ein 
Blick  in  ein  Drama  des  Euripides  auf  das  Richtige  führen  Ran.  8'l9ff. 

Aeschylus  ruft  dem  Euripides  zu 

ώ  Κρητικάς  μέν  Ηυλλίγιυν  μονψδίας, 

γάμους  b'  ανόσιους  είσφίριυν  €ΐς  την  τίχνην 

a)  Mit  ungeheurer  Gelehrsamkeit  hat  Fritzsche  hier  glück- 
lich 'die  von  den  Kretern  eingeführten  Tanzarien'  herausinterpretirt 
hyporchemata ,  quae  qui  canit,  saltu  vocem  suam  comitatur', 
und  man  ist  ihm  so  ziemlich  allgemein  gefolgt.  Also  die  Tod- 
sünde des  Euripides  war  die,  dass  er  diese  neue  Manier  ein- 
führte und  dem  Aristophanes  lag  daran,  dem  hochverehrten 
Publikum  zu  zeigen,  dass  er  hier  nicht  original  war,  und  dass 
man  die  Originale  dazu  in  Kreta  zu  suchen  habe.  Das  Publikum 
hgt  dann  jedenfalls  auch  mit  grossem  Danke  quittirt. 

Aber  es  ist  so  klar,  wie  das  Sonnenlicht,  dass  jede  Er- 
klärung von  vornherein  falsch  ist,  die  hier  nicht  das  Wesent* 
Hohe,  den  Inhalt  betont,  den  Inhalt,  der  von  Euripides 
geschaffen  ganz  genau  in  der  Richtung  liegt,  wie  die  gleich 
erwähnten  γάμοι  ανόσιοι.    Darüber  kann  man  gar  nicht  streiten. 


^  Mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  hat  man  auch  in  neuerer  Zeit  auf 
die  Quellen  für  die  breiten  geographischen  Schilderungen  dos  Aeschylus 
hillgewiesen  Cf.  Wecklein  Kommentirte  Ausgabe  der  Supplices  S.  10 
und  Oscar  Meisor  Progr.  von  Speyer  1907  S.  22  f.  Aeschylus  hat  am  Ende 
sogar  besser  bestanden  vor  dem  Tribunal  der  geograph.  Wissenschaft, 
als  Sophokles  uud  Euripides.  Auf  die  beiden  letzteren  sind  Straho 
wenigstens  I  27  und  Plinius  37,  2,  11  nicht  gut  zu  sprechen.  Cf.  auch 
Robde  Psyche  1  p.  322  Anm.  2. 


350  Uoemer 

b)  Und  die  Alten?  'Perperam  veteres  grammatici  statuenint 
ad  locum  aliquem  Cressanim  fabulae  vel  Cretensium  (in  qua  Tcari 
erat  monodia)  nunc  alludi.  Verum  vidit  Fritzsche'.  So  Leeuwen. 
Nun  ist  aus  dem  Rattenkönig  des  vorliegenden  Scholions  schwer  klug 
zu  werden.  Darauf  kommt  aber  hier  auch  gar  nichts  an,  und  wir 
verzichten  darum  darauf,  es  auszuschreiben.  Aber  allen  diesen 
Stimmen  aus  dem  Alterthum  ist  der  eine  kerngesunde  Gedanke 
gemeinsam«  daes  hier  eine  Anspielung  auf  Euripideische  Stclcke 
vorliegt,  deren  Inhalt  ganz  konform  mit  dem  folgenden  Verse 
in  sehr  kühnen  und  gewagten  erotischen  Weisen  sich  bewegte. 
Für  erotisch  setzt  er  einfach  Κρητικός  und  übersetzt  muss 
demnach  werden  'der  du  Hurenarien  zusammenstöppelst*  (Ευλ- 
λίγιυν  wie  1297  Ach.  398  Fax  830  =  dichtest  und  komponirst  = 
mit  Mühe  und  Anstrengung). 

Hören  wir  darüber  nun  den  Euripides  selbst  in  der  geradezu 
klassisch  schönen  Stelle  im  Hippolytus  338  ff.  wie  Phaedra  da 
ansetzt,  ehe  sich  die  letzte  Offenbarung  losringt  von  ihrer  Zunge 
und  ihrer  Seele 

Phaedr.  ώ  τλήμον,  οίον,  μήτερ,  ήράσθης  έρον  (Pasiphae) 
Tr.         δν  ?σχ€  ταύρου,  τίκνον,  ή  τί  φής  τόΟ€; 
Phaedr.  σύ  τ',  ώ  τάλαιν'  δμαιμε,  Διονύσου  οάμαρ  (Ariadne) 
Tr.         τέκνον,  τί  πάσχεις;  συτϊόνους  κακορροθεϊς. 
Phaedr.  τρίτη  ο'έγώ  ούστηνος,  ώς  άπόλλυμαι  (Phaedra). 
Also  auf  das  Original,    die  Urquelle   der  ύπορχήματα  hin- 
zuweisen hat  gar  keinen  Zweck,  wohl  aber  auf  das  klassische 
Land    der    Liebesverirrungen,    das  Euripides  dreimal    auf- 
gesucht in  seinen  Dramen:  Κρήτες,  Κρήσσαι  und  im  Hippolytus 
(zweimal).      Besonders    anstössige    Monodien    sind    daraus    auf- 
gestochen worden,  die  sich  heute  unserer  Kenntniss  entziehen. 

Hoff'en  darf  ich  doch  wohl^  dass  ich  nicht  der  einzige  bin 
und  bleibe,  der  diese  Erklärung  nicht  mit  perperam  verurtheilt. 

V. 
Wollen  und  werden  wir  denn  die  ausgetretenen  Pfade  der 
üblichen  Scheiiiexegese  gar  nicht  verlassen?  Da  wäre  doch  wahr- 
haftig eine  Umkehr  sehr  am  Platze,  nachdem  in  neuerer  Zeit  ganz 
andere  Bahnen  mit  theilweise  sogar  glänzendem  Erfolge  ein- 
geschlagen wurden.  Dieser  Stossseufzer  ist  doch  wohl  gerecht- 
fertigt, wenn  man  die  Erklärungen  zu   Ran.  838 

ίχοντ'  άχάλινον,  ακρατές,  άθύρωτον  στόμα 
liest.    Also  hier  sind  wir  so  glücklich,  bei  den  Neuesten  zu  le«en 
^  natürlich  aus  älteren  Ausgaben  übernommen  — :  άχάλινος  ist 


Zar  Kritik  und  ßxegese  der  Prnsohe  des  Aristoplianos         351 

ein  Euripideieches  Wort  und  zn  όθύριυτος  finden  eich  Anklänge 
bei  Kuiipides!  Groeeartig!  Aber  damit  wird  man  dem  Gedanken 
des  Komikere  nicht  gereclit.  Vielmehr  stellt  die  richtige  Exegese 
dieses  άγων  eine  doppelte  Aufy^abe:  einmal  heisst  es  ans  dem 
oft  reichlich  fliessenden  Strom  der  Worte  den  einfachen  und 
eigentlichen  Gedanken  heraus  zu  finden,  sodann  aber  auch  und 
zwar  mit  heissem  Bemühen  die  Frage  nach  der  Berechtigung 
eines  solchen  Urtheils  und  einer  solchen  Kritik  aufzuwerfen  und 
nach  xMöglichkeit  zu  beantworten. 

Wie  kann  es  hier  Euripides  beifallen;  wie  kann  er  sich 
auch  nur  träumen  lassen,  eine  solche  Kritik  an  unserem  verehrten 
Altmeister  zu  tiben?  Also  was  bedeuten  zunächst  die  Worte? 
Als  erstes  soll  vorausgeschickt  werden,  dass  sie  mit 
αύθαδόστομον  (837)  gar  nichts  zu  thun  haben,  und  erst  recht 
scharf  zu  trennen  sind  von  den  folgenden  Worten  άπεριλάλητον 
κτλ.  und  eine  einzige  tad  e  Inswerthe  Gewohnheit  des 
Aeschylus  trefi^en  wollen.  Was  ist  nun  das  für  ein  verwerf- 
liches ιδίωμα?  Das  kann  am  besten  mit  den  Worten  des 
Eavorinus  bei  Gellius  I,  17  gesagt  werden,  der  über  άχάλινα 
στόματα  κτλ.  der  Bacchen  385  also  sich  ausspricht  *non  de  bis 
tantum  factos  accipi  debere,  qui  impia  aut  inlicita  dicerent,  sed 
vel  maximede  hominibus  quoque  posse  dici  stulta  et  immodica 
blaterantibus,  quorum  lingua  tarn  prodiga  infrenisque  sit,  ut  fluat 
semper  et  aestuet  conluvione  verborum  taeterrima  etc.',  und  §  19 
wird  diese  Eigenschaft  loquaoitas  genannt.  Gewiss  —  ganz  so 
böse  hat  es  Euripides  sicherlich  nicht  gemeint! 

Aber  woher  nimmt  er  denn  auch  nur  den  Schein  einer 
Berechtigung  zu  einer  solchen  Kritik  ? 

Schlagen  wir  den  Agamemnon  auf  und  hören  aus  dem  Munde 
der  Klytaemnestra  859  ff. 

vOv,  ταύτα  πάντα  τλασ'  άπενθήτψ  φρ€νί, 
λίγοιμ'  δν  fivbpa  τόνοε  τών  σταθμών  κύνα, 
σωτήρα  ναός  πρότονον,  υψηλής  στέγης 
στΟλον  ττοοήρη,  μονογενές  τίκνον  πατρί, 
και  γήν  φανεΐσαν  ναυτίλοις  παρ'  έλπίοα, 
κάλλιστον  ήμαρ  είσώεϊν  έκ  χείματος, 
όοοιπόρψ  οιψώντι  πηγαϊον  ^έος. 
cf.  584ίΤ.  und  Ran.  U23  ff. 

Was  Aeschylus  mit  einem  solchen  Ueberschwang  gehäufter 
Bilder  wollte,  ist  klar.  Ebenso  begreiflich  ist  es  aber  auch,  dass 
spätere  Dichter,  insbesondere  aber  StilkUnstler  von  der  Bedeutung 


352  Roemer 

deeEuripideB  dies  als  eine  Verirrungund  einen  Abweg  Vom  richtigeki 
Maaese  erkannten  und  ängetlich  vermieden^. 

VI. 

In  dem  grundlegenden  Aufsatz  von  Moritz  Haupt  über  die 
IlluFionefähigkeit  und  Illueionswilligkeit  der  Zuhörer  dergrieclii- 
echen  Dramen  begegnet  der  Satz  (Opuscula  II,  460)  ^Nihil  fere 
fit  in  Oraecorum  tragoediie  comoediisque,  quin  fieri  eimnl  indicetnr 
oratione/  Die  Richtigkeit  des  Satzes  einmal  zugegeben  —  für 
Ausnahmen  bleibt  ja  die  Möglichkeit  offen  durch  fere  -^  wie 
steht  es  nun  aber  mit  Ankündigungen  von  Scenen,  deren  Durch- 
führung in  Wirklichkeit  gar  nicht  erfolgt?  So  kündigt  der 
θυρωρός  Ran.  799  an 

και  κανόνας  έΕοίσουσι  και  πήχεις  έπων 

και  πλαίσια  Ηύμπτυκτα 
und  in  802 

και  διαμέτρους  και  σφήνας. 
Davon  im  Folgenden  keine  Spur,  nur  das  V.  797  angekün- 
digte τάλαντον  sehen  wir  in  Wirksamkeit.  Also  ist  diese  Scene 
etwa  gar  ausgefallen  ?  Man  sucht  vergebens  darüber  Aufschluse 
bei  den  neueren  Herausgebern  des  Stückes.  Kann  ein  Ausfall 
nicht  angenommen  werden,  was  haben  dann  diese  Worte  eigentlich 
zu  bedeuten?  Diese  Frage  haben  sich,  wie  es  recht  ist,  die 
Alten  vorgelegt  und  auch  richtig  beantwortet.  Das  Scbol.  dazu 
lautet  τόοέΗύμπτυκτα  προς  oubiv,  άλλ'οϊον  περιττά  και  σοφά. 
τούτο  οέ  προς  Εύριπίοην.  Die  Antwort  auf  die  von  uns  auf- 
geworfene Frage  giebt  uns  dieses  allerdings  sehr  stark  verkürzte 
Schol.,  sobald  man  seinen  ursprünglichen  Wortlaut  herstellt:  τά 
bi  Ηύμπαντα  προς  ούοέν,  αλλ'  οίον  περιττά  και  σοφά,  τούτο 
bk  προς  Εύριπίοην.  Der  Erklärer  will  also  sagen:  im  Folgenden 
wird  keines  der  hier  aufgezählten  Instrumente  in  Anwendung  ge* 
bracht.      Demnach  προς  ούοέν;    es    soll    nur  damit  die  fein  ab- 

^  An  άπ€ριλάλητον  scheitert  jede  Erklärung.  Man  erwartet 
einen  Ausdruck,  der  dem  Gegentheil  des  stolzen,  wenn  auch  absichtlich 
verdrehten  Wortes  von  Euripides  entspricht  V.  955  λαλεΐν  έδίδαΗα. 
Nach  der  Erklärung  der  Alten  ούκ  clöora  λαλ€ΐν.  So  kann  aber  das 
Wort  unmöglich  gedeutet  werden.  Demnach  haben  wir  folgende  Vor- 
würfe festzustellen:  mit  αύθαοόατομον,  die  trotzig  vermessenen  Worte, 
wie  sie  aaO.  Klytaemnestra  spricht,  ein  uferloses  Uebermaass  und  un- 
erträgliche Häufung  der  Worte  und  Ausdrücke,  zuletst  das  Unvermögen 
überhaupt,  die  Sprache  in  den  Dialogpartien  und  ^ήοεις  richtig  za 
gestalten  —  statt  dessen  ein  leerer  Bombast:  κομποφακελορρήμονα. 


Zar  Kritik  and  Exegese  der  Fröecbe  des  Aristoplianes        35ä 

gemessene  Sprache    des   Euripides   getroffen  werden:    'als    snbtil 
und  ansgeklUgelt*.    Aehnlich  das  Scbol.  bei  Dübner  298 a  37. 

vn. 

In  ausgezeichneter  Weise  ist  dem  Komiker  der  II.  Prolog 
in  nnserem  Stücke  gelungen,  der  Prolog  zum  όγών  Ran.  756  ff. 

Dass  wir  in  der  unmittelbar  vorausgebenden  Scene,  die  lixx) 
τής  υποθέσεως  ist  Ran.  738—755,  die  Travestie  einer  tragischen 
όνατνώρκτις  zu  erkennen  haben,  wurde  nachgewiesen  Abhd.  der 
bayr.  Akad.  der  Wiss.  1.  Cl.  XXII  Bd.  1.  Abth.  p.  66  ff.  An  den 
letzten  Ausruf 

και  5ός  κύσαι  καυτός  κύσον 
scbliessen  sich  nun  die  folgenden  Worte  an 

και  μοι  φράσον 
προς  Διός,  8ς  ήμϊν  έστιν  όμομαστιγίας, 
τις  ούτος  oövbov  έστΙ  θόρυβος  χή  βοή 
χώ  λοώορησμός; 

Wie  wir  sehen  werden,  waren  sie  auch  einmal  ganz  richtig 
erklärt  worden  und  zwar  von  einem  vortrefflichen  Exegeten  aus 
dem  Alterthum,  der  gegen  eine  falsche  Erklärung  einen  unwider- 
leglichen Einspruch  erhob.  Andere  die  Neuern.  Sowohl  Kock  wie 
Leeuwen  machen  sich  nämlich  ein  ganz  anderes  Bild  von  der  Sache. 
Nachdem  beide  Sklaven  sich  gehörig  abgektisst,  dringt  der  Lärm 
hinter  der  Scene  an  ihr  .Ohr  und  der  eine  reagirt  nun  darauf  mit 
den  Worten:  και  μοι  φράσον  κτλ.  Jawohl,  wenn  es  Aristophanes 
nicht  viel,  viel  besser  gemacht  hätte!  Und  das  wollen  wir  jetzt 
zu  zeigen  versuchen.  Bei  den  Tragikern  leitet  so  ziemlich  regel- 
mässig die  άναγνώρκτις  über  zu  einer  bedeutenden  und  ent- 
scheidenden Aktion  —  genau  so  hier:  der  Sklave  hat  die  Auf- 
forderung zu  einem  echten  und  rechten  kapitalen  Streich  auf  der 
Zunge,  wie  sie  ihren  Herrn  einen  Hauptschabernaok  anthun  können. 
Da  wird  er  unterbrochen  durch  den  Lärm  von  innen  dh.  auf  gut 
deutsch :  der  Dichter,  gezwungen  den  weiteren  Gang  der  άναγνώ- 
ρκτις  abzubrechen,  lässt  jetzt  mit  geschicktem  Griff  den  Lärm  ein- 
setzen und  so  ist  er  glücklich  zu  Ende. 

Dazu  kommt  ferner,  dass 

προς  Διός,  8ς  ήμϊν  έστιν  όμομαστιγίας 
bei  der  gewöhnlichen  auch  im  Alterthum  vertretenen  Erklärung 
sinnlos  ist;  denn  fragen  wir,  was  hat  denn  der  Sklave  für  eine 
Veranlassung  den  Zeus  mit  όμομαστιγίας  zu  praediciren,  wenn 
er  den  Lärm  im  Hause  vernimmt?  Vielmehr  deutet  der  ge- 
wählte Ausdruck    darauf    hin,    dass    er    einen  Streich   im  Kopfe 

Rbffn.  Uai.  f.  Pbilol.  N.  F.  LIIII.  S8 


do4  ßoemet* 

wälzt,  wu  beiden  möglicherweiee  aaoh  die  Peitsche  winkt.  Das 
hat  denn  auch  der  vernünftige  alte  Erklärer  gemeint:  ou  γάρ 
όρκίίει  αυτόν  κατά  <Διός  μαστιγίου)  —  (das  natürlich  nicht 
fehlen  darf)  —  ϊνο  €Ϊπη  αύτψ  π€ρι  τής  ivbov  βοής. 

Ααβ  diesem  darchaus  unwiderleglichen  Grunde  kann  dem- 
nach die  Erklärung  und  das  Arrangement  der  Neueren  nicht  be- 
stehen, und  musa  dem  richtigen  der  Alten  Platz  machen:  ΟΊχκτέον 
im  του  μαστιγίας•  μίλλων  γάρ  αύτου  πυνθάνεσθαι  π€ρί  τίνος 
πράγματος  οουλικου  (einen  Sklavenstreich)  σιιυπςί,  άκούων  fvbov 
γενομένου  θορύβου  περί  ου  και  έ£ής  πυνθάνεται.  Aus  den  oben 
mitgetheilten  Worten  ου  γάρ  όρκίΖ[€ΐ  κτλ  kann  aber  mit  Sicher- 
heit geschlossen  werden,  dass  sie  der  Einspruch  gegen  die  ver- 
worfene und  zu  verwerfende  Erklärung  sind,  die  also  auch  schon 
im  Alterthum  gespukt  haben  muss. 

Eine  solche  Ordnung  des  Spieles  erfordert  aber  auch  das 
volle  Leben  der  Bühne  und  des  Theaters.  Eine  ganz  ähnliche 
Form  des  Arrangements  dürfte  wohl  schwerlich  in  der  griechischen 
Tragödie  sich   finden  lassen. 

VIII 

Man  hat  bekanntlich  in  neuerer  Zeit  versucht  (cf.  Philolog. 
LXV  S.  70)  die  hämische  Kritik,  welche  Euripides  in  seiner 
Elektra  an  Aeschylus  geübt,  aus  dem  Texte  zu  entfernen.  Der 
an  sich  ja  löbliche  Versuch  kann  aus  den  dort  angeführten 
Gründen  nicht  bestehen.  Wir  können  dagegen  aber  heute  noch 
eine  weitere  Instanz  ins  Feld  führen,  nämlich  Ran.  826  fP.,  wo 
es  von  der  λί(Τφη  γλώττα  des  Euripides  heisst 

φθονερούς  κινούσα  χαλινούς 
βήματα  οαιομίνη  καταλετττολογήσει  κτλ. 
Diese  Worte  haben  sicher  einen  weiteren  Bezug  als  den  auf  den 
gegenwärtigen  άγων,  wo  der  φθόνος  nur  auf  den  dem  Aeschylus 
zuerkannten  Prinzipat  in  der  Tragödie  gedeutet  werden  könnte. 
Vielmehr  dürfen  wir  mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  annehmen, 
dass  in  dieser  Strophe  überhaupt  ein  Hieb  geführt  wird  gegen  die 
Stimme  der  Kritik,  wie  sie  Euripides  viel  öfter  vielleicht,  als 
wir  heute  wissen  und  konstatiren  können,  in  seinen  Dramen 
gegen  seine  Konkurrenten  hören  Hess,  der  nun  freilich  will- 
kürlich das  Motiv  des  φθόνος  untergeschoben  wird. 

IX 

Der  Chor  fordert  die   beiden  Dichter  auf  Ran.  905  ff. 

άλλ'  ώς  τάχιστα  χρή  λέγειν,  ούτω  b'  δτπυς  έρεϊτον 

αστεία  και  μήτ'  εΙκόνας  μήθ'  οΓ  &ν  αλλος  είποι. 


Zur  Kritik  und  Exegese  der  Prösclie  des  Aristoplianes        355 

Ueber  das  εΙκόνας  sollte  und  dürfte  keiner  der  Erklärer  hinweg- 
gehen, zumal  schon  Richarde  Clasaical  Review  XV  auf  Vesp.  1308 
hingewiesen.  Haben  wir  doch  hierin  eine  glänzende  Bestätigung 
der  in  den  Aristophanesstudien  p.  133  ff.  dargelegten  Sitte  oder 
besser  gesagt  Unsitte  der  komischen  Vergleiche,  welche  an  un- 
serer Stelle  dann  auch  ganz  richtig  als  das  Gegentheil  der  άατεϊα 
bezeichnet  werden. 

X 
Zu  der  Kritik  der  Prologe  1204  ff.  sollen  hier  nur  zwei 
Bemerkungen  gemacht  werden.  Die  Spitze  der  Polemik  wurde 
von  den  Alten  gut  erfasst  und  festgelegt  in  den  Worten:  bia- 
βάλλει  τήν  όμο€ίΟ€ΐαν  τών  εΙσβολών των  οραμάτων.  Wir  emp- 
finden ja  auch  heute  noch  diese  Monotonie.  Aber  mag  Euripides 
gar  manche  Sünden  gegen  die  Tragödie  auf  dem  Gewissen  haben, 
die  wir  schon  so  frei  sind,  uns  von  begeisterten  Verehrern  nicht 
in  Vorzüge  umdeuten  zu  lassen,  von  der  Sünde  ist  er  vollständig 
frei,  wie  das  auch  bei  einem  Stilkönstler  von  seiner  Bedeutung 
nur  erklärlich  ist.  Fasst  man  nämlich  diese  Prologe,  als  das  was 
sie  in  Wirklichkeit  sind  als,  um  nach  einem  bezeichnenden  Wort 
zu  greifen,  Theaterzettel  und  Programme  zur  Orientirung  der 
Zuschauer  (vgl.  Abhdl.  über  litterarisch-ästhetische  Bdstd.  p.  58  ff. 
und  Weck  lein  zu  Phoen.  V.  5),  wo  die  durch  grösstmögliohete 
Kürze  zu  erreichende  (Ταφήνεΐα  das  Hauptgebot  war,  dann  sind  sie 
vollständig  tadellos,  und  Euripides  hat  durchaus  Recht  daran 
gethan,  hier  allen  Stilkünsten  mit  Absicht  aus  dem  Wege  zu 
gehen,  weil  diese  Prologe  ihm  dramatisch  gar  nichts  bedeuteten 
und  in  der  Form  den  von  ihm  gewollten  Zweck  vollständig  erfüllten. 
Dass  nun  aber  ein  Euripides,  der  sein  ganzes  Leben  lang 
unbekümmert  um  die  Gunet  oder  Missgunst  des  Publikums  seine 
eigenen  Wege  ging,  durch  Aenderungen  oder  gar  Tilgungen  des 
verspotteten  Wortlautes  auf  den  Spott  des  Komikers  reagirt 
hätte,  ist  also  auch  aus  dem  angeführten  Grunde  undenkbar,  trotz 
der  Ueberlieferung,  die  wir  zu  Ran.  1206  lesen,  welche  Fritzsche 
auf  diesen  Abweg  der  Annahme  einer  Aenderung  durch  seinen 
Sohn  oder  Neffen  aus  dem  angegebenen  Motive  verleitete.  Dort 
lesen  wir 

Αϊτυπτος,  ώς  ό  πλείστος  ίσπαρται  λόγος, 

Ευν  παισΐ  πεντήκοντα  ναυτίλψ  πλάτη 

*Άργος  κατασχών. 
Dazu  die  Ueberlieferung,  die  ich  gleich  schreibe,  wie  sie  gelesen 
werden   niuss  (es  liegt  nämlich  ein   Üoppelscholion  vor) 


3δα  ßoemer 

Ι.  <ούκ>  Άρχ€λάου  αυτή  έστιν  ή  αρχή,  ώς  τίνες  ψευδώς  • 
ου  γάρ  φέρεται  νυν  Εύριπίοου  λόγος  ουδείς  τοιούτος. 

II ου  γάρ  έστι,  φησιν  Άρίσταρχος,  του  *  Αρ- 
χελάου, εΐ  μή  αυτός  μετίθηκεν  ύστερον,  6  δέ  'Αριστοφάνης  τό 
α  αρχής  κείμενον  εΐιτε. 

Wenn  hier  Aristarcb  aach  die  Annahme  einer  Aenderung 
durch  Euripidee  selbst  vertritt,  so  ist  er  doch  weit  davon  ent- 
fernt, diese  als  eine  Reaktion  auf  den  Spott  des  Komikers  zu 
betrachten.  Am  besten  wird  man  mit  Bergk  annehmen,  daes 
Aristophanes  bei  seiner  Kritik  die  erste  Ausgabe  des  Stückes 
vor  Augen  hatte,  hingegen  in  die  Bibliothek  von  Alexandria  nur 
die  spätere  für  die  Aufführung  in  Pella  bestimmte  mit  um- 
geändertem Prologe  gekommen  war. 

XI 

Die  Erörterung  von  Dieterich  bei  Pauly-Wissowa  über 
Aescbylus*  mehrmaligen  Aufenthalt  in  Sicilien  schlieset  mit  den 
Worten  Sp.  1068  'Jedenfalls  sind  alte  und  neuere  Erörterungen 
über  Motive  der  Abreise  des  Aeschylus  als  werthlos  zu  be- 
seitigen. Ja,  die  Motive  mögen  wir  ablehnen,  aber  über  das 
Factum  einer  Feindschaft  und  einer  Verstimmung  gegen  sein  Volk 
kommen  wir  nicht  weg.  Dazu  zwingt  die  richtige  Exegese  von 
Ran.  807 

ούτε  γάρ  Άθηναίοισι  συνίβαιν'  ΑΙσχύλος, 
die  Uebersetzung  konnte  sich  nicht  einigen*  (Kock)  kann  nicht  be- 
stehen. Auch  die  Glossirungen:  ουκ  ήρεσκεν,  ουκ  ίχαιρεν,  ουκ 
όπεοέχετο  bringen  uns  nicht  einen  Schritt  weiter.  Es  kann  einzig 
und  allein  nur  heissen  denn  weder  stand  Aeschylus  mit  den 
Athenern  auf  gutem  Fuss*  etc.  An  eine  Proposition  und 
Ablehnung  von  Bedingungen  oder  anderes  derart  darf  auf  keinen 
Fall  gedacht  werden.  Die  in  diesem  Fall  einzig  möglichen  und 
gegebenen  Richter  scheiden  aus,  nicht  weil  sie  inferior  in  der 
κρίσις  ποιημάτων,  sondern  weil  sie  mit  Aeschylus  verfeindet  sind. 
Richtig  war  diese  einzig  mögliche  Deutung  in  einem  Schol.  des 
Veoetus  gegeben,  wo  wir  heute  lesen  ώς  φαύλων  περί  τάς 
κρίσεις  (so  muss  statt  αποκρίσεις  geschrieben  werden)  δντων 
ούκ  έστοίχησεν.    Das  ist  wie  das  folgende  zeigt 

λήρόν  τε  τάλλ'  ήγεΐτο  του  γνώναι  πέρι 

φύσεις  ποιητών 
absoluter  Nonsens,    sicherlich   nicht  durch  die  Schuld  des   alten 
£rklärersy  sondern  durch  die  des  Kopisten,  der  hier  einen  kräftigen 


Zur  Kritik  und  Exegese  der  Fröscbe  des  Aristophanes        357 

Schnitt  gemacht  hat;  ursprünglich  wird  dagestanden  sein :  <(ούχ  ώς) 
φαύλων  περί  τάς  κρίσεις  δντιυν  ουκ  έστοίχησεν,  (άλλ'  δτι .  .  .  .). 
Damit  ist  aber  die  Erzählung  bei  Flut.  Kimon  8  noch  lange  nicht 
abgethan;  denn  Aristophanes  zeugt  durchaus  nicht  gegen  sie. 
So  und  nicht  anders  musste  eben  der  Komiker  die  Sache  darstellen; 
das  Knnstverständniss  und  das  Knnsturtheil  seiner  athenischen  Zu- 
hörer musste  vollständig  intakt  gelassen  werden.  Also  ist  jeder 
Gedanke  nach  dieser  Richtung  verpönt.  Ausgeschlossen  ist  er 
aber  auch  aus  dem  Grunde,  weil  auch  der  leiseste  Hauch  einer 
Verstimmung  des  Aeschylus  gegen  Sophokles  oder  umgekehrt 
wegen  erfahrener  Zurücksetzung  sich  bei  der  Darstellung,  wie 
wir  sie  786  ff.  lesen,  von  selbst  verbot.  Dass  er  aber  auch  die 
Feindschaft  und  die  Verstimmung  gegen  sein  Volk  aus  andern 
Gründen  als  solchen,  die  auf  dem  Gebiete  der  κρίσις  ποιημάτων 
liegen,  rein  aus  der  Luft  gegriffen,  daran  zu  glauben  wird 
schwer,   ja  unmöglich. 

ΧΠ 

Zu  dem  wegwerfenden  ürtheil  über  Phrynichus  Ran.  908  ff. 

οϊοις  τε  τους  θεατάς 
έΗηπάτα,  μωρούς  λαβών  παρά  Φρυνίχω  τραφίντας 
liest  man  folgendes  Schol.:  τούτον  έπαινοΟσιν  εΙς  τήν  μελο- 
ποιίαν,  νυνι  bk  ώς  αφελούς  (simplex)  δντος  αύτου  μνημονεύει. 
So  steht  noch  bei  Rutherford  zu  lesen.  Sieht  man  aber,  wie 
unser  Komiker  die  mit  Tanz  verbundene  μελοποιία  des  Phry- 
nichus feiert,  Vesp.  220,  269,  1524.  Av.  750  (άεΐ  φέρων  γλυ- 
κεϊαν  uübav),  so  findet  man  sofort  das  Richtige:  τούτον  επαι- 
νεί .  .  .  .,  νυνΙ  bt  .  .  .  .  μνημονεύει.  Die  Verschiedenheit  des 
TJrtheiis  von  Aristophanes  allein  soll   damit  festgelegt  werden. 

XIII 

Nichte  ist  schwieriger,  als  in  diesem  άγων  über  die  dem 
Sophokles  von  dem  Komiker  angewiesene  Stellung  in  der  Trias 
ins  Reine  zu  kommen.  Man  möchte  wünschen,  dass  er  das  von 
eeinem  Volk  gefällte  ürtheil,  das  in  ihm  den  ersten  Meister  der 
Tragödie  erblickte  und  verehrte,  ratificirt  hätte.  Aber  gerade 
die  Interpretation  der  dahin  zielenden  Stelle  ist  mit  fast  un- 
lösbaren Schwierigkeiten  verknüpft. 

Zunächst  muss  man  sich  einmal  klar  sein  über  das  πλά(Τμα, 
dessen  sich  der  Komiker  über  die  Zeitenfolge  des  Todes  der 
beiden  jüngeren  Tragiker  bedient.  Sophokles  ist  ja  bekanntlich 
nach  Euripides,  wenn  auch  im  gleichen  Jahre  gestorben.  Aber 
diese  Thatsache  geht  den  Dichter  gar  nichts  an  und  er  braucht 


358  Roemer 

sieb  durchaus  nicht  daran  zu  halten.  Und  das  hat  er  auch  nicht 
gethan.  Sieht  man  sich  nämlich  771  fF.  und  786  ff.  genauer  an, 
so  hat  er  die  Zeitenfolge  verrückt:  Sophokles  kam  zuerst  in  die 
Unterwelt,  nach  ihm  Euripides.  Insbesondere  läset  die  scharfe 
Ausdeutung  V.  790  vuvi  b'  Ιμελλεν  eine  andere  Annahme  nicht  zu. 
Für  die  von  uns  hier  berührte  Frage  sind  vor  allem  ent- 
scheidend Ran.  788  ff.  Aber  auch  Ran.  76  darf  nicht  übersehen 
werden.     Dort  fragt  Herakles  den  Dionysos 

€Ττ'  ου  Σοφοκλεα  πρότερον  δντ'  Εύρητίοου 
μέλλεις  άνάγειν,  εϊπερ  γ  εκείθεν  οεϊ  σ'  δγειν; 
Auf  das  Werthurtheil  soll  hier  kein  Gewicht  gelegt  werden, 
darauf  kommt  hier  zunächst  gar  nichts  an.  Aber  aus  den  Worten 
des  kunstsinnigen  Herakles  müssen  wir  nothwendig  einen  Ein- 
wurf herauslesen,  den  sich  der  Dichter  selber  macht,  dass  er 
das  Problem  so  und  nicht  anders  gestellt  hat.  Auf  den  άγων 
zwischen  Aescbylus  und  Euripides  hinarbeitend  musste 
Sophokles  aus  dem  Spiele  gelassen,  musste  er  eliminirt  werden. 
Die  zwei  Gründe,  womit  er  78  ff.  sein  Herz  erleichtert  über 
diesen  Missgriff,  wiegen  gewiss  nicht  schwer.  Aber  damit  hat 
er  sich  freie  Bahn  geschaffen  zu  dem  glücklichen  Gedanken  der 
Gegenüberstellung  von  Aeschylus  und  Euripides  und  zwar  in 
der  Form  eines  άγων.  παρ'  άλληλα  γάρ  τά  εναντία  μάλλον 
γνωρίζεται  —  meint  Aristoteles. 

Nachdem  nun  so  Sophokles  glücklich  herausmanövrirt  ist, 
kann  man  sich  nicht  genug  wundern,  dass  der  Dichter  nochmals  auf 
diesen  Gedanken  zurückkommt,  ja  es  macht  fast  den  Eindruck,  als 
ob  ihm  seine  Wahl  des  Aeschylus  keine  Ruhe  Hess  Ran.  786  ff. 

Xauth.  κδπειτα  πώς 

ου  και  Σοφοκλε'ης  άντελάβετο  του  θρόνου; 
θ  jp.  μα  Δί*,  ουκ  έκεϊνος,  άλλ'  έκυσε  μέν  ΑΙσχύλον, 
δτε  οή  κατήλθε,  κάνεβαλε  την  οεΕιάν 
κάκεϊνος  υπεχώρησεν  αύται  του  θρόνου.  790 

1η  den  folgenden  Versen  wird  ihm  sehr  geschickt  die  Rolle  des 
έφεδρος  zugetheilt,  der  gegen  Euripides  in  die  Schranken  tritt 
περί  τής  τέχνης,  im  Falle  Aeschylus  unterliegt.  Aber  was  ist 
in  den  ausgeschriebenen  Versen  gesagt?  Das  nicht,  was  man 
erwartet.  Wie  ist  besonders  790  erklärt  worden?  Wir  wollen 
nur  einige  Erklärungsversuche  näher  ansehen. 

a)  Eine  Streichung  "des  Verses  mit  Halm  und  Eock  ver- 
bietet sich  aus  dem   einfachen  Grunde,    weil  auf  787    ου  —  — 


Zur  Kritik  und  Exegese  der  Frösche  des  Aristophanee        359 

άντελάβετο  του  θρόνου  unbedingt  eine  Antwort  erfolgen 
mu88  und  darum  auch  in  diesem  Verse  gegeben  war.  Darüber 
kann  man  also  gar  nicht  streiten. 

b)  Aber  wie  muss  nun  der  Vers  verstanden  werden?  Mit 
Bothe  und  Fritzsche  u.  a.  'Aeschylus  sedem  cessit  Sophocli, 
sed  hie  non  accepit'.  Da  wären  wir  nun  glücklich  wieder  im 
gelobten  Land  der  Ergänzungeexegese  angelangt!  Der  er- 
gänzte Gedanke  müsste  eben  im  Texte  zum  Ausdruck  gekommen 
sein,  er  könnte  ferner  auch  nicht  durch  den  Aorist  ausgedrückt 
werden,  sondern  es  müsete  mindestens  ύπεχώρει  heissen,  wenn  auch 
π  42  dafür  oder  dagegen  gar  nichts  beweist. 

c)  Das  Non  plus  ultra  von  Geschmacklosigkeit  hat  nun  aber 
der  sonst  gar  nicht  unverständige  Kallistratus  mit  folgender  Er- 
klärung geleistet:  Καλλίστρατος  ούχ  ώς  τταραδεοιυκότος  Αισχύλου 
τον  θρόνον  τψ  Σοφοκλεϊ,  άλλ'  ώς  παραοεοεγμένου  αυτόν  και  ύπο- 
κεχωρηκότος  „in  sedem  suam,  quam  satis  amplam  fuisse  libenter 
credimus,  eum  recepit'*  meint  Leeuwen.  Also  er  räumte  ihm 
einen  Theil  des  θρόνος  ein!  und  zwar  nicht  auf  der  Lehne! 
Wenn  wir  nun  unser  Vorstellungevermögen  zu  Rate  ziehen 
und  mitsprechen  lassen,  so  sitzt  Sophokles,  der,  wie  oben  gezeigt, 
ja  früher  in  den  Hades  kam,  vereint  mit  Aeschylus  auf  dem 
Thron  —  demnach  muss  Euripides  doch  ganz  noth wendig  mit  beiden 
anbinden.     Also  diese  Erklärung  ist  ganz  ausgeschlossen. 

Eine  andere  wissen  wir  aber  auch  nicht  zu  bieten,  aus  dem 
einfachen  Grunde,  weil  wir  den  Text  für  korrupt  halten.  Man  er- 
wartet bei  diesem  Zusammenhang  den  einfachen  und  natürlichen 
Gedanken  'Sophokles  küsste  den  Aeschylus,  reichte  ihm  die  Rechte 
und  verzichtete  freiwillig  auf  den  Thron'.  Daran  würde  sich 
dann  in  scharfer  logischer  Folge  die  schöne  ihm  übertragene 
Rolle  im  Folgenden  anschliessen  —  und  vor  allem  Aristophanes 
hätte  sich  und  sein  Gewissen  über  die  unverdiente  Eliminirung 
des  Sophokles  vollständig  beruhigt,  das  ürtheil  über  ihn  ab• 
gegeben,  das  er  verdient. 

XIV 

Wir  möchten  diese  Einzelbemerkungen  schliessen  mit  einer 
Erörterung  allgemeiner  Natur,  welche  die  in  letzter  Zeit  über 
diesen  αγών  abgegebenen  und  weit  auseinander  gehenden  Urtheile 
mehr  als  rechtfertigen.  So  ist  bei  Pauly-Wissowa  unter  Aeschylug 
zu  lesen  Sp.  1082  .  .  'Es  mag  wenigstens  hingewiesen  werden 
auf  die  Charakteristik  des  Aeschylus  in  den  Fröschen  914  ff.,  die 


360  Rocmer 

wichtiger    ist   als  Alles,    was    später   über  Aescbylus 
geschrieben  worden  ist. 

Eine  andere  Stimme  hat  den  άγων  im  Anschluss  an  Goethe 
einfach  mit  dem  Schlagwort  Hanswurstiade  abgethan.  Dabei 
hätten  wir  uns  zu  beruhigen,  wenn  wir  Lust  dazu  verspürten. 
Wenn  wir  nun  dasselbe  Urtheil  bei  Pauly-Wissowa  unter  Euri- 
pides  Sp.  1280  wiederholt  sehen,  so  kann  der  Schluss  nur  dahin 
gezogen  werden,  dass  Arietophanes  für  Aeschylus  nicht  bloss 
als  ein  einwandfreier,  sondern  geradezu  als  ein  autoritativer  Zeuge 
betrachtet,  hingegen  für  Euripides  abgelehnt  werden  muss. 

Ene  eingehendere  Behandlung  der  Frage  verbietet  der  hier 
gestattete  Raum,  aber  davor  kann  nicht  genug  gewarnt  werden, 
dass  wir  aus  dem  von  Euripides  gegen  Aeschylus  erhobenen 
Vorwurfe  lauter  von  dem  Komiker  statuierte  Vorzüge  herauslesen, 
zu  deren  Höhe  der  inferiore  und  durch  und  durch  missratene  Epi- 
gone sich  nicht  aufschwingen  konnte.  Im  Gegentheil.  Gewiss 
nicht  in  allen,  aber  in  vielen  müssen  wir  die  Herzensmeinung 
des  Arietophanes  selbst  erkennen,  der  darüber  mit  Euripides 
vollständig  eines  Sinnes  war.     Dafür  nur  ein  Beispiel. 

Welche  Vorwürfe  über  die  λβις  des  Aeschylus  müssen  wir 
in  diesem  άγων  nicht  wiederholt  hören?  cf.  oben  S.  352  Anm.  Die 
Form  dieser  Vorwürfe  entspricht  ja  wohl  durchaus  dem  Komödien- 
stil und  darf  also  nicht  auf  die  Goldwage  gelegt  werden,  aber 
dass  es  mit  ihrem  Inhalt  dem  Komiker  ernst  war  und  er  hier 
vollständig  auf  der  Seite  des  Euripides  steht,  zeigt  zur  vollen 
Evidenz  ein  vielfach  citirtes  und  durchaus  eindeutiges  Fragment. 

Kratin  hat  dem  Aristophanes  zugerufen  in  einem  seiner 
Stücke  fr.  307  Ko. 

τις  bk  σύ;  κομψός  τις  ίροιτο  θεατής. 

ύττολεπτολόγος,  γνιυμοδιώκτης,  εύριττώαριστοφανίειυν  *. 
Aristophanes  ist  ihm  die  Antwort  nicht  schuldig  geblieben.    Sie 
lautet  fr.  471   Ko. 

χρώμαι  γάρ  αύτου  του  στόματος  τψ  στρογγύλψ, 

τους  νους  6'  αγοραίους  ήττον  ή  κείνος  ποιώ. 
Man  sieht,  soweit  die  Kürze    des  Fragmentes    zu  Schlüssen    be- 
rechtigt, auf  die  andern  von  Kratin  erhobenen  Vorwürfe  erhalten 
wir  keine  Antwort,    aber   seiner    unvergleichlichen   Meisterschaft 
in  der  Gestaltung  der  Sprache  zollt  er  den  Tribut  der  Anerken- 


1  Zur  Erklärung  sei  auf  die  gelungene  Auseinandersetzung  von 
0.  Crusius  Philol.  55  (N.  F.  9)  S.  1  Anm.  hingewiesen. 


Zur  Kritik  und  Exegese  der  Frösche  des  Aristophanes        361 

nung,  und  damit  iet  klar  erwiesen,   wie    wir  die  diesbezüglichen 
Vorwürfe  aufzufassen  und  zu  deuten  haben. 

Der  Hase  hat  dem  Komiker  auch  sonst  die  Augen  nicht  so 
verblendet,  dass  er  für  fiuripides  überhaupt  gar  nichts  übrig 
gehabt  hätte. 

Die  Worte  des  Sklaven  in  den  Rittern  V.  18 
πώς  δν  οδν  ποτέ 
€Ϊττοιμ*  δν  αυτό  δήτα  κομψευριττικώς; 
enthalten  doch  neben  dem  Spott,  wenn  man  denn  durchaus  einen 
solchen  darin  finden  will,  eine  Anerkennung  der  einzig  gelungenen 
Scene  im  Hippolytus  345  ff. 

Und  so  dürfte  sich  noch  mancher  andere  Anklagepunkt  des 
Euripides  gegen  Aeschylus  der  genaueren  Betrachtung  als  die 
intima  Aristophanis  sententia  ergeben. 

Doch  wir  wollen  uns  hier  einer  viel  wichtigeren  Frage 
zuwenden.  Sie  betrifft  das  Ziel  und  den  Zweck,  welche  der 
Komiker  hier  der  Kunst  überhaupt  und  besonders  der  tragischen 
zuweist.  Seine  Auffassung  hat,  wie  bekannt,  bei  der  Erörterung 
der  aristotelischen  κάθαρ(Τις   eine  grosse  Rolle  gespielt. 

Leonhard  Spengel  hat  in  seiner  Abhandlung  'üeber  die 
κάθαρσις  τιυν  παθημάτων'  (Abhd.  d.  k.  bayer.  Akad.  d.  W.  I.  Cl. 
IX.  Bd.  1.  Abth.  p.  46  ff.),  sogar  unsern  Aristophanes  als  Haupt- 
zeugen  gegen  Bernays  ausgespielt  *und  . . .  wer  war  wohl  weiter  da- 
von entfernt,  das  Theater  zu  einem  Filialinstitut  der  Kirche  zu 
machen,  als  Aristophanes?  Was  aber  läset  er  den  Aeschylus  und 
Euripides  sagen?  Es  ist  das  höchste  Gesetz  Ran.  1019  ff.  und 
Euripides  selbst  spricht  sich  über  den  Zweck  ganz  unzweideutig 
dahin  aus 

οεΗιότητος    και   νουθεσίας,    δτι   βελτίους    τε 

ποιουμεν 
τους  ανθρώπους  έν  ταϊς  πόλεσιν.' 
Spengel  hätte  noch  weiter  anführen  sollen    aus  dem  Munde 
des  Aeschylus  1053  ff. 

άλλ'  άποκρύπτειν  χρή  το  πονηρόν  τόν  γε  ποιητην 
και  μη  παράγειν  μηδέ  όιόάσκειν,  τοις  μέν  γαρ 

παιοαρίοισιν 
Ιστι  όιοάσκαλος,  δστις  φράίει,  τοις  ήβώσιν  6έ 

ποιηταί. 
Damit  wäre  wohl,  sollte  man  meinen,  für  alle  Einsichtigen 
die  Sache   abgemacht  und  die  Auffassung  der  κόθαρσις  im  Sinne 
Spengel»  gegen  Bernays  entschieden,  zweifellos,  wenn  Aristophanes 


862  Roemer 

nicht  ein  falscher  Zeuge  wäre,  was  wir  im  Folgenden  zu  er- 
Λνβίββη  suchen  werden. 

Wie  vor  allem  die  Nachprüfung  Vahlen'e  in  den  Symbola 
Bonneneia  p.  180  ff.  gezeigt  hat,  lassen  sich  die  aristotelischen 
Worte  philologisch  nicht  andere  interpretiren,  als  im  Sinne 
von  Bernays^ 

Und  trotzdem  hat  Aristoteles  die  sittliche  Wirkung 
der  Tragödie  ebenso  wenig  abgesprochen,  wie  irgend  einer  der 
Griechen. 

Wenn  nämlich  Aristoteles  in  seinem  durchaus  einwandfreien 
und  hoch  anzuerkennenden  induktiven  Verfahren  aus  den 
Hunderten  ihm  vorliegender  griechischer  Tragödien  —  natürlich 
den  guten  —  und  aus  den  vielen  von  ihm  geschauten  ganz 
richtig  die  Lehre  vom  ίλ€ος  und  φόβος  herauslas  und  heraussah, 
genau  so,  wie  das  heute  jeder  Vernünftige  thun  musste  bei 
guten  griechischen  Tragödien,  der  den  gemeinsamen  Grundzug 
dieser  guten  Tragödien  auf  eine  richtige  Formel  bringen  wollte  — 
wenn  ihm  also  in  diesem  Punkte  das  Richtige  zu  erkennen, 
richtig  zu  abetrahiren  und  richtig  zu  formuliren  gelungen  ist,  dann 
mtisste  es  doch  mit  argen  Dingen  zugegangen  sein,  Aristoteles 
mtieste  förmlich  mit  Blindheit  geschlagen  gewesen  sein,  wenn  er 
das  nicht  herauslas  und  heraussah,  was  auch  heute  noch  in  so 
mächtigen  Tönen,  in  so  erschütternden  Handlungen  an  unser  Herz 
greift  und  unsere  Gedanken  in  eine  andere  Welt  zwingt.  Dafür 
sollte  Aristoteles  kein  Auge  und  kein  Ohr  gehabt  haben?  Fine 
solche  Annahme  i^t  undenkbar  und  ausgeschlossen. 

Fehlt  es  uns  doch  auch  nicht  an  einem  positiven  Beweise 
für  unsere  Behauptung,  das  eine  natürlich  vorausgesetzt,  dass 
Proclus  in  seinem  Kommentar  zu  Platons  Politeia  p.  49  Kroll 
die  aristotelische  Ansicht  richtig  wiedergiebt:  το  bk  b€UT6pov  (sc. 
πρόβλημα)  τούτο  δή  ήν.  τραγψδίαν  έκβάλλεσθαι  και  κωμψδίαν 
άτόττιυς,  eiirep  όιά  τούτων  δυνατόν  έμμίτρως  άττοττιμττλάναι  τά 
πάθη  και  άποττλήσαντας  ενεργά  προς  την  παιδείαν 
?χ€ΐν  το  πεπονηκός  αυτών  θεραπεύσαντας.  Man  giebt  den 
letzten  Theil  am  besten  mit  der  Uebersetzung  vcn  Bernays 
wieder  zwei  Abhdl.  p.  47:  'Da  man  ja  durch  diese  Dichtungen 
die  Affekte  maassvoll  befriedigen    und    nach    gewährter    Be- 

ί  Ueber  die  Weiterbildung  oder  Variation  dieser  Auffassung  — 
andere  wird  man  kaum  den  Versuch  nennen  können  —  von  F.  Knoke 
*  Begriff  der  Tragödie  nach  Arietoteles*  (Berlin  Weidmann  1ίΚΗ>)  soll  in 
einem  anderen  Zusammenhang  gehandelt  werden. 


Zur  Kritik  und  Exegese  der  Frösche  des  Aristoplianes        363 

friedigung  an  ihnen  kräftige  Mittel  zur  sittlichen  Bil- 
dun  ghabenkann,  nachdem  ihre  Beschwerlichkeit  geheilt  worden. 

Zur  Erklärung  dieses  wichtigen  Satzes  dürfte  es  sich  emp- 
fehlen, einen  anderen  aus  der  Rhetorik  1418a  12  heranzuziehen: 
όταν  ττάθος  ττοιής,  μη  λέγε  ενθύμημα*  f\  γαρ  έκκρούσει  το 
πάθος  ή  μάτην  είρημίνον  ίσται.  έκκρο  ύουσιγάρ  α\  κινήσεις 
άλλήλας  αΐ  δμα  και  ή  άφανιΣουσιν  ή  ασθενείς  ποιου- 
σιν.  'Wenn  man  einen  Affekt  erregen  will,  bringe  man  kein 
ενθύμημα  vor,  (vermeide  man  einen  Appell  an  den  Verstand); 
denn  entweder  wird  dieses  den  Affekt  verdrängen  oder  nutzlos 
verschwendet  sein  ;  denn  (verschiedene)  gleichzeitige  Bewegungen 
verdrängen  einander  und  heben  entweder  einander  auf  oder 
schwächen  sich  gegenseitig.* 

Dieser  Satz  dürfte  uns  auf  den  richtigen  Weg  führen,  um 
über  die  Ansicht  des  Philosophen  ins  Klare  zu  kommen. 

Zunächst  dürfte  das  τό  πεπονηκός  αυτών  θεραττεύσαντας  die 
beste  Erklärung  abgeben  für  das  bekannte  κουφισθήναί  μεθ*  ηδονής. 

Die  Deutung,  der  für  unsere  Erörterung  in  Frage  kommenden 
Worte  και  άποττλήσαντας  (τά  πάθη) ενεργά  προς  παιδείαν  ίχειν 
wird  dahin  festgestellt  werden  dürfen : 

a)  Die  Einwirkung  nach  der  sittlich  didaktischen  Seite 
vollzieht  sich  erst  nach  gewährter  Befriedigung  der  Affekte, 
nach  der  Rückkehr  der  Zuhörer  in  den  normalen,  ein  ruhiges 
und  richtiges  ürtheil  ermöglichenden  und  begünstigenden  Seelen- 
zustand,  wo  die  Hindernisse  für  die  Einkehr  in  sich  selbst  weg- 
geräumt sind,  ganz  so,  wie  wir  heute  erst  nach  der  Lektüre* 
einer  erschütternden  Tragödie  oder  nach  dem  Anschauen  eines 
fortlaufenden  und  ohne  Pausen  sich  abwickelnden  Spieles, 
also  nicht  im  Banne  eines  überwältigenden  Eindruckes,  sondern 
erst,  nachdem  wir  aus  dem  Banne  gelöst,  also  erst  am  Schlüsse 
die  Hauptfragen  an  uns  richten  und  Antwort  suchen  auf  solche 
Fragen,  die  nicht  in  der  Sphäre  des  rein  Aesthetischen  liegend, 
durch  das  Ganze  in  uns  wachgerufen  und  angeregt  wurden. 

b)  Aber  die  Analogie  mit  dem  modernen  Drama,  voraus- 
gesetzt natürlich,  dass  sich  dasselbe  ohne  die  leidigen  Pausen 
abspielen  würde,  kann  hier  sehr  leicht  irre  führen,  da  es  keine 
Ruhepunkte  hat.  Ganzanders  die  griechische  Tragödie.  In  ihr  kann 
doch  auch  schon  im  Drama  selbst  die  Reflexion  wirksam  werden, 

*  Für  das  griechische  Massenpubiikum  darf  an  nachträgliche 
Lektüre  aus  bekannten  Gründen  auch  nicht  im  entferntesten  gedacht 
werden. 


364  Roemer 

die  wir  hier  von  Aristoteles  an  den  Schluee  gesetzt  sehen  zB.  in 
OT.  fppei  τα  θεια  und  Ιώ  γενεαι  βροτών  etc.,  weil  eben  durch 
das  Vorhandensein  des  Chores  natürliche  Ruhepunkte  gegeben  sind. 

Gewiss!  Aber  in  dem  angezogenen  Stasimon  863  ff.  ist  das 
άποπλήρωμα  τιυν  παθών  durchaus  noch  nicht  perfekt  geworden! 
Wenn  die  Zuschauer  auch  in  der  Seelenstimmung  sind,  eine  solche 
Reflexion  an  der  Stelle  in  sich  aufzunehmen,  aber  mächtiger 
bat  doch  auch  ein  anderes  Gefühl  sie  ergriffen  und  das  ist  das 
Gefühl  der  Spannung  auf  den  im  Stasimon  selbst  angekündigten 
Weitergang  des  Spieles  —  sie  sind  frei  für  die  Reflexion,  aber 
noch  lange  nicht  ganz  frei. 

Bei  dem  andern  Stasimon  1186ff.  ιώ  γενεαΐ  βροτών  ist  zwar 
die  Spannung  vollständig  gelöst.  Aber  der  ίλεος  hat  gerade  jetzt 
die  Zuschauer  übermächtig  ergriffen,  und  unter  diesem  Eindruck 
und,  um  ihn  noch  zu  steigern,  stimmt  der  Chor  das  ergreifende 
Lied  an,  und  alle  machen  wohl  mit  Leichtigkeit  den  Schritt  mit 
in  das  Gebiet  der  nur  im  Anfang  angeschlagenen  Reflexion,  die  in 
einen  so  einfachen  und  jedem  naheliegenden  Gedanken  ausmündet. 
Und  so  wird  man  diese  Erscheinung  noch  mehrfach  beobachten 
und  belegen  können. 

Die  letzten  und  grössten  Fragen  in  der  Mitte  des  Stückes 
gestellt  zB.  in  der  Antigone  sind  nicht  bloss  Vorwitz,  sondern 
sie  kommen  auch  nicht  auf  vor  den  πάθη  oder  doch  nicht  in  der 
Mächtigkeit,  wie  am  Schlüsse  έκκρούουσι  γαρ  α\  κινήσεις  όλλήλας 
αΐ  δμα  και  ή  άφανίίουσιν  ή  άσθενβϊς  ποιοΟσιν. 

Natürlich  soll  damit  nicht  gesagt  sein,  dass  die  biavoia 
—  der  Appell  an  den  Verstand  —  den  πάθη  ganz  das  Feld  zu 
räumen  habe  in  der  griechischen  Tragödie  und  nicht  zu  seinem 
Rechte  kommt.  Wir  können,  besonders  bei  Euripidee,  leider  das 
Gegentheil  beobachten. 

Eine  solche  Aueschaltung  wäre  ganz  und  gar  nicht  im  Sinne 
des  Stagiriten  gewesen,  der  ihr  vielmehr  o.  19  seiner  Poetik 
eine  wichtige  der  Rhetorik  analoge  Rolle  zuweist. 

Aber  auf  das  Prädikat  ενεργά  προς  τήν  ποιοείαν  können  sie 
deswegen  keinen  Anspruch  erheben,  weil  sie  als  Theilstücke  nur 
einem  und  zwar  dem  dort  von  Aristoteles  ihr  zugewiesenen  Zwecke 
dienen  und  somit  unsere  Gedanken  nur  ad  hoc  festlegen  und 
nicht  über  das  Ganze  und  das  Stück  hinauslenken. 

Insbesondere  läset  aber  die  weitere  dort  ihr  zugewiesene 
Aufgabe  και  τό  πάθη  παρασκευάΖειν,  soweit  auch  die  Zuhörer 
davon  beeinflnsst  werden  zB.  vom  πάθος  der  οργή,  eine  ruhige 


Zur  Kritik  und  Exegese  der  trÖsche  des  Aristophanös        36δ 

Heflexion  nnd  ein  richtiges  Urtbeil  nicht  aufkommen;  denn  ein 
Urtheil  ab  irato  bedeutet  nichts. 

So  oder  doch  in  ähnlicher  Weise  wird  man  sich  die  wichtigen 
Worte  des  Procius  zurechtlegen  müssen,  in  denen  wir  das 
bedeutungsvollste  Zeugniss  für  den  Entscheid  in  dieser  Frage 
erblicken  müssen,  das  man  deswegen  nicht  so  bei  Seite  schieben 
durfte^  wie  das  jetzt  so  ziemlich  allgemein  geschehen  ist.  (Cf. 
L.  Spengel  aaO.  S.  30  £f.) 

Auf  die  Frage,  warum  nun  der  Philosoph  trotzdem  nicht 
den  auch  von  ihm  erkannten  sittlichen  und  überhaupt  didaktischen 
Zweck  neben  der  anderen  Wirkung  und  dem  rein  künstle- 
rischen Zweck  in  seine  Definition  eingestellt,  dürfte  die  Antwort 
sehr  einfach  dahin  lauten,  weil  derselbe  durchaus  keine  differentia 
specifica  der  Tragödie  ist.  Es  sei  hier  gestattet,  der  Kürze  wegen 
das  Wort  von  Leasing  heranzuziehen  'Bessern  sollen  uns  alle 
Galtungen  der  Poesie*.  So  gut  wie  Sokrates  und  Plato  erklärt  ja  auch 
Aristoteles  den  Homer  nicht  bloss  ästhetisch,  sondern  auch 
ethisch-didaktisch. 

Also  diese  Seite  ist  so  zu  sagen  für  ihn  gegeben,  wie  für 
sie  alle,  sie  ist  eben  stillschweigende  Voraussetzung.  Bernays 
hat  durchaus  Recht,  dass  er  für  den  Begriff  κάθαρ(Τΐς  die  ethisch- 
didaktische Interpretation  ablehnte,  ist  aber  in  einen  verhängniss• 
vollen  Irrthum  geraten,  dass  er  dieselbe  überhaupt  ganz  und  gar 
in  Abrede  stellte.  (Man  vgl.  die  schönen  Worte  von  Theodor 
Gomperz  im   Nekrolog,     Beil.  zur  Allg.  Zeit.  Sp.  4547/1881.) 

Darum  gönnte  ihr  der  Philosoph  in  seiner  Definition  keine 
Stelle  und  hob  einzig  und  allein  nur  die  Wirkung  des  Kunst- 
werk e  s  hervor.  Auf  das  eingehendste  hatte  er  sich  zweifellos  in  dem 
für  uns  verlorenen  Theile  der  κάθαρσις  ausgesprochen  nach  dem 
Zeugniss  des  Procius,  der  von  Piatons  Attentat  gegen  die  Poesie 
p.  49  Kroll  berichtet  τούτο  ουν  πολλήν  καΐ  τψ  Άριστο- 
τίλει  ιταρασχόν  αιτιάσ6ΐυς  άφορμήν  κτλ.  (cf.  L.  Spengel  aaO. 
S.  31)  und  hatte  gewiss  gründlich  mit  dieser  unglaublich  thörichten 
Einseitigkeit  und  Yerstiegenheit  abgerechnet,  die  Poesie,  ins- 
besondere auch  die  Tragödie,  gerettet  und  ihr  den  gebührenden 
Hang  für  die  nun  einmal  von  der  Natnr  gegebenen  Bedürfnisse 
des  menschlichen  Herzens  und  des  menschlichen  Geistes  erkämpft, 
die  nun  einmal  mit  dem  ewigen  Einerlei  der  moralischen 
Kost  nicht  vollständig  befriedigt  werden  können. 

Selbst  unser  elendes  Excerpt  lässt  über  diese  Deutung  der 
berühmten  Stelle  als  Wirkung,   Aber   welche    sich  Arietotele« 


Sf>^i  Roemer 

in  dem  verlorenen  Abechnitt  eingehend  ausgesprochen,  nicht  den 
mindesten  Zweifel  1453  a  34  ίστιν  bk  ούχ  αυτή  (ή)  άττό  τρα- 
γψόίας  ηδονή,  1453b  10  ού  γαρ  ττάσαν  bei  ίητεϊν  ήόονήν 
άπό  της  τραγψ&ίας,  άλλα  την  οίκείαν  und  nicht  weniger  deutlich 
gleich  im  Folgenden  έττ€ΐ  bk  τήν  άπό  Ιλέου  και  φόβου  bia 
μιμήσεως  bei  ήόονήν  παρασκευάίειν  τον  ποιητήν,  1462b  13 
bei  γαρ  ού  την  τυχουσαν  ήόονήν  ποΐ€Ϊν  αύτάς,  άλλο  τήν 
είρημίνην  und  mit  ihm  in  voller  Uebereinstimmung  Plato  Polit. 

605  D οίσθ'  ότι  χαίρομεν  και  σπουδάζοντες  έπαινουμεν 

ώς  αγαθόν  ποιητήν,  δς  δν  ημάς  δτι  μάλιστα  ούτω  διαθή  —  der 
uns  soviel  als  möglich  in  diese  Stimmung  versetzt  —  in  uns  den 
AflFect  des  ίλεος  erregt  ^ 

Also  hat  Aristoteles  in  seiner  Definition  nur  die  Wirkung 
des  Kunstwerks  allein  berücksichtigt,  die  ηδονή  im  edlen  und 
edelsten  Sinne  des  Wortes. 

Ob  er  sich  schon  auf  den  Standpunkt  der  modernen  Zeit 
aufgeschwungen,  dass  jedes  Kunstwerk  seinen  Zweck  und  zwar 
seinen  Hauptzweck  in  sich  selber  habe,  bleibt  eine  oifene  Frage. 

'Didaktische  Tendenzen  hat  er  sicherlich,  wie  wir  oben 
sahen,  auch  bei  den  Tragödiendichtern  anerkannt,  aber  hier  in 
der  Schrift  περί  ποιητικής  hat  er  gut  daran  gethan,  nur  das 
Kunstwerk  als  solches  ins  Auge  zu  fassen  und  rein,  ästhetisch 
zu  begreifen  und  zu  beurtheilen  und  das  didaktische  Element, 
das  der  Tragödie  als  solcher  ja  durchaus  nicht  allein  eigenthtim- 
lich  ist,  auszuscheiden. 

Ist  dieselbe  doch  auch  nie  so  recht  auf  das  Haec  fabula 
docet  zugeschnitten,  noch  viel  weniger  auf  das  Haec  fabula 
docet  hoc,  nur  das  allein  und  nichts  anderes,  Thesenstücke  viel- 
leicht  ausgenommen. 

£s  mag  aber  auch  noch  ein  anderer  guter  Grund  für  seine 
nicht  übermässig  starke  Betonung  mitgesprochen  haben.  Aristoteles 
hat  sich  bekanntlich  gegen  die  populäre  ausschliesslich  oder  vor- 
wiegend ethische  Auffassung  der  Tragödie  prinzipiell  aus- 
gesprochen.   Cf.  1453a  29 ff.;   i456al9fif.  und  sonst.     Damit  hat 


^  ηδονή  ist  natürlich  nicht  im  trivialen  und  banalen  Sinne  ku 
deuten  und  zu  nehmen,  wobei  wir  denn  glücklich  auf  den  Frevel  der 
Uebersetzuug  'Unterhaltung'  (delectare)  hinauskämen,  vielmehr  ist  eine 
genaue  Untersuchung  über  ηδονή,  διαγωγή  und  ähnliche  Ausdrücke 
das  allerdriugendste  Bcdürfniss,  um  endlich  zur  vollen  Klarheit  über 
diese  so  wichtigen  Begriffe  zu  kommen.  Verwiesen  sei  auf  Zeller  II  S.  477 
und  Susemihl,    Ausgabe  der  Folitik-Ueberststzung  II  Bd.  ρ   212.  220. 


i!ur  Kritik  und  Exegese  der  i'rosclie  des  Arietoplianöe        367 

er  die  volkemäseige,  die  rein  künstlerischen  Zwecke  der  Bühne 
rto  ziemlich  ausscheidende  oder  stark  verkennende  Auffassung  als 
Tribunal  oder  Kanzel  für  Moral  oder  andere  utilitarische  Zwecke 
abgelehnt. 

Wie  gut  er  daran  gethan,  das  lehrt  uns  heute  Aristophanes 
mit  erschreckender  Deutlichkeit  Ran.   1030  flF. 

σκ€ψαι  γαρ  άπ'  αρχής 
ώς  ωφέλιμοι  τιυν  ττοιητιυν  οΐ  γενναίοι  γεγενηνται. 
Όρφεύς  μέν  γάρ  τελετάς  θ'  ήμϊν  κατέδειΗε  φόνων  τ'  άττέχεσθαι, 
Μουσαίος  b'  έΗακεσεις  τε  νόσων  και  χρησμούς,  *  Ησίοδος  bk 
γης  εργασίας,  καρττών  ώρας,  άρότους.  όόέ  θειος  'Όμηρος 
από   του    τιμήν    και  κλέος    ίσχεν    πλην    τουό',    δτι 

χρήστ'  έδίοαΗε 
τάΕεις,  άρετός,  οπλίσεις  άνόρών. 

Nun  die  didaktischen  Tendenzen  der  anderen  eingebildeten  oler 
wirklichen  Dichter  mögen  ihm  hingehen,  dass  er  aber  den  Ruhm 
des  grössten  Dichters  der  Hellenen,  vielleicht  der  Menschheit, 
um  mit  Erwin  Rohde  zu  reden,  daher  datirt,  das  übersteigt 
alle  Grenzen  des  Erlaubten  und  daran  hat  der  Künstler  Aristo- 
phanes selbst  am  wenigsten  geglaubt.  Diese  hier  so  freimüthig 
geäusserte  Auffassung  wurde  ihm  nahe  gelegt  durch  die  von  ihm 
verfolgte  Tendenz,  die  Grösse  und  den  Glanz  der  alten  Zeit  als 
eine  Frucht  des  äschyleischen,  die  Decadence  der  späteren  mit 
allen  ihren  abstossenden  Nebenerscheinungen  als  das  traurige  und 
beklagenswerthe  Ergebniss  der  Euripideischen  Bühne  darzustellen 
—  beides  natürlich  perfecter  Unsinn  und  nicht  besser  zu  treflfen, 
als  mit.  dem  Schlagwort  der  antiken  Aesthetik  ταύτα  πάντα  ώς 
εν  καιμψ^ία,  und  darum  allein  kann  man  ihm  diese  Sünde 
verzeihen ;  denn  eine  solche  Ausschlachtung  der  Poesie  zu  so  rein 
utilitarischen  Zwecken  ist  und  bleibt  die  grösste  capitis  demi- 
nutio, die  sie  erfahren  kann. 

Nur  eine  Stimme  hören  wir  aus  dem  Alterthum  und  zwar 
die  Stimme  eines  Grossen,  welche  scheinbar  jede  ethisch-didak- 
tische Tendenz  mit  aller  Entschiedenheit  ablehnt  und  allein  die 
Lehre  vom  'ästhetischen  Genuss,  vom  ästhetischen  Behagen'  gelten 
läset  und  verkündet.  So  hat  noch  jüngst  Kroll  in  der  Beilage 
zur  Allg.  Zeitung  N.  188  1907  p.  108  sich  dahin  ausgesprochen: 
„Diese  verschrobene  Auffassung  (nämlich  die  moralische  der 
Stoiker)  vom  Wesen  der  Poesie  hat  manche  Gegner  gefunden, 
zB.  den  hervorragenden  Philologen  Er  atoeth  an  es,  der  als  einzige• 


dCe  Roeraer 

Ziel  der  Poesie  die  Unterhaltung  hinstellte  und  namentlich  über 
den  mit  Homer  getriebenen  Missbrauch  kräftige  Worte  sagte." 

Diese  Aeusserung  hat  mich  auf  das  Höchlichste  überrascht 
nnd  mir  wieder  einmal  an  einem  schlagenden  Beispiel  gezeigt, 
wie  leicht  auch  ein  so  besonnener  Mann  wie  Kroll  auf  Abwege  ge- 
führt wird  durch  Unterlassung  einer  Nachprüfung  eines  zum  ge- 
flügelten Worte  erstarrten   Dictums. 

Diese  Verwerfung  der  moralischen  Auffassung  der  Poesie 
durch  einen  Mann,  der  doch  den  Stoikern  so  nahe  stand  (cf. 
Zeller,  Phil.  d.  Gr.  IIP  2  S.  188  Anm.  1  und  Susemihl,  Gesch.  d. 
Lit.  in  Alex.  Zeit  I  411  Anm.  13)  ist  schon  von  vornherein  im 
höchsten  Grade  bedenklich. 

Liest  man  nun  aber  sämmtliche  Stellen  bei  Strabo,  der  uns 
über  EratoRthenes'  Auffassung  berichtet,  nach,  so  erfährt  man  da 
etwas  ganz  anderes:  p.  ß  ουδέ  γαρ  άληθίς  έστιν,  δ  φησιν  Ερα- 
τοσθένης, δτι  ποιητής  πας  στοχάζεται  ψυχαγωγίας,  ου 
διδασκαλίας.  Cf.  ρ.  25  την  γαρ  έκ€ΐνου  (Όμηρου)  ποίησιν 
φίλοσόφημα  πάντας  νομίίειν,  ούχ  ώς  Ερατοσθένης  φησί, 
Κ€λ€ύυϋν  μή  Kpivciv  προς  τήν  διάνοιαν  τα  ποιήματα  μηδ' 
Ιστορίαν  άπ  αυτών  ίητεϊν.  Prüft  man  nun  diese  beiden  Haupt- 
stellen  und  ähnliche  andere  in  ihrem  Zusammenhange  nach,  so 
erkennt  man  sofort,  dass  in  dem  Worte  διδασκαλία  auch  nicht 
die  Spur  von  einer  moralischen  Belehrung  zu  finden  ist,  son- 
dern διδασκαλία  ist  einzig  und  allein  in  Beziehung  gesetzt  zu 
demlntellekt  (μή  κρίνε  ι  ν  προς  τήν  διάνοιαν  τά  ποιήματα). 
Man  soll  nicht  die  Gedichte  ansehen  als  eine  vom  Dichter  mit 
bewuester  Absicht  geschaffene  Fundgrube,  um  sich  daraus  Kennt- 
nisse zu  verschaffen  oder  die  schon  vorhandenen  zu  bereichern 
und  zu  vertiefen.  Aber  gar  einen  solchen  Massstab  an  einen  Dichter 
wie  Homer  anzulegen  und  noch  weiter  seinen  Werth  nach  dem 
Maasse  der  von  ihm  mitgetheilten  geographischen  und  historischen 
Einzelheiten  zu  bemessen  ist  verwerflich.  Also  von  moralischer 
Belehrung  keine  Spur! 

Dieser  nach  seiner  Ansicht  verfehlten  Auffassung  der  Dichtung 
zum  Zwecke  der  διδασκαλία  im  Sinne  der  Erlangung  und  Be- 
reicherung von  Kenntnissen  tritt  er  nun  mit  dem  Schlagwort 
ψυχαγωγία  entgegen,  und  bezeichnet  damit  und  zwar  für  die  Be- 
urtheilung  der  homerischen  Geographie  .ganz  ausgezeichnet  die 
vorwiegende,  die  Hauptaufgabe  des  Dichters,  genau  mit  dem  Ter- 
minus des  Aristoteles  1450  a  33  προς  bi  τούτοις  τα  μέγιστα  οίς 
ψυχαγωγεί  (ästhetischen  Genuee  bereitet) ή  τραγψδία  του  μύθου 


Zur  Kritik  und  lixegese  der  Prosche  des  Aristophaües        d6d 

μέρη  εστίν,  αϊ  τ€  περιπετειαι  και  αναγνωρίσεις,  ohne  damit, 
so  wenig  wie  Aristoteles,  jede  etbisch-didaktische  Tendenz,  so  zn 
sagen  im  Nebenamte  in  Abrede  zu  stellen.  Daran  darf  ancb  nicbt 
im  entferntesten  gedacht  werden^. 

Können  wir  doch  für  seine  ethische  Auffassung  sogar 
einen  positiven  Beweis  erbringen;  denn  es  ist  auch  nicht  der 
mindeste  Anläse  geboten,  der  Ueberlieferung  bei  Athenaeus  16  d 
skeptisch  gegenüber  zu  treten.  Dort  lesen  wir,  die  homerischen 
Verse  ι  5 

ου  γάρ  ίγωγέ  τί  φημι  τέλος  χαριέστερον  είναι 
ή  δτ'  δ  ν  ευφροσύνη  μέν  ίχη  κάτα  δήμον  δπαντα, 
δαιτυμόνες  b'  άνά  δώματ    άκουάίωνται  aoiboö 
habe  er  in  der  Weise  umgeändert,  dass  er  schrieb 

ή  δτ  δν  ευφροσύνη  μέν  ίχΐ]  κακότητος  απούσης 
mit  der  Motivirang  κακότητος  απούσης  φάσκων  της  αφρο- 
σύνης* αδύνατον  γάρ  μη  φρονίμους  είναι  Φαίακας,  ο*ί  μάλα 
φίλοι  είσι  θεοϊσιν,  ώς  ή  Ναυσικάα  φησί  (Ι  203).  (cf.  Eustath. 
1612,  19.) 

Also  das  war  doch  ein  rein  ethisches  Bedenken,  wenn  wir 
auch  lieber  annehmen  möchten,  dass  er  von  seinem  philosophischen 
Standpunkt  ans  gegen  ein  solches  Lebensideal  geäussert  aus 
solchem  Munde  überhaupt  Einsprache  erhob,  das  nur  mit  der 
gemachten   Einschränkung  seine  Billigung  fand. 

Demnach  müssen  wir  uns  ja  hüten,  in  der  Gre  schichte  der 
Aesthetik  dem  Eratosthenes  eine  Stellung  anzuweisen,  die  erst 
die  Frucht  späterer  Jahrhunderte  sein  konnte.  Den  ethisch- 
ästhetischen  Standpunkt  hat  auch  er  nicht  überwunden,  so 
wenig  wie  Aristoteles.  Ist  es  doch  schon  ein  gewaltiger  Schritt 
nach  vorwärts,  dass  der  Letztere  das  Kunstwerk  als  solches 
zum  ersten  Male  für  die  Betrachtung  isolirte  und  einer  Beleuchtung 
unterstellte,  die  nicht  von  der  Moralität  allein  ihr  Licht  empfiog 

Erlangen.  A.  Roemer. 

^  Die  Erörterung  von  Butcher  p.218ff.  in  seiner  Ausgabe  der  Poetik 
ist  durchaus  ungenügend  und  in  der  Hauptsache  gänzlich  verfehlt. 


ttbtia.  UM.  t  ^hiloL  Ü .  ir.  fJJlL  ii 


DIE  HELLENIKA  VON  OXYRHYNCHOS 


Der  fünfte  Band  der  Oxyrbynchue  Papyri  hat  uns  einen 
neuen  Historiker  gebracht,  einen  Fund,  den  nicht  mit  Unrecht 
die  Herausgeber  der  'Αθηναίων  πολιτεία  an  sie  Seite  stellen. 
Ausgabe  und  Erklärung  ist  ein  Meisterwerk,  sie  liegt  abgeschlossen 
vor  uns.  Nur  wenig  bleibt  hier  zu  thun  übrig,  wir  haben  nur 
zu  danken  und  zu  nehmen. 

Aber  eine  Frage  haben  —  und  mit  Recht  —  die  Heraus- 
geber offen  gelassen,  die  Frage  nach  dem  Verfasser.  Wir  wissen 
den  Namen  nicht,  wissen  nicht  einmal  den  Ereis,  in  den  der  neue 
Fund  sich  einreiht.  £r  ist  uns  ein  Räthsel.  Es  ist  ein  Janus- 
köpf,  den  die  Herausgeber  ihm  aufgesetzt  haben:  sie  lassen 
uns  die  Wahl  zwischen  dem  Chier  Theopomp  und  dem 
Historiker  Athens  Kratippos,  der  zweite  Name  halb  verschollen 
und  beide  nur  ein  Eäthsel,  keine  Lösung.  In  meisterhafter  Weise 
haben  die  Herausgeber  das  Für  und  Wider  vorgelegt,  was  aus 
dem  neuen  Funde  sich  gewinnen  Hess,  das  haben  sie  gebracht. 
Es  ist  nicht  ihre  Schuld,  dass  sie  uns  nicht  mehr  geschenkt 
haben. 

Der  neue  Autor  ist  ein  Historiker  des  4.  Jahrhunderte. 
Mit  vorsichtig  abwägender  Besonnenheit  und  durch  grosse  Schwierig- 
keiten hindurch  haben  die  Herausgeber,  von  dem  Text  einer 
Urkunde  auf  der  Vorderseite  des  Papyrus  unterstützt,  die  Reihen- 
folge der  Fragmente  und  damit  die  chronologische  Folge  fest- 
gestellt. Es  läset  sich  wohl  schon  jetzt  sagen,  dass  die  Ent- 
scheidung, die  sie  nach  sorgfältigster  Erwägung  aller  Möglich- 
^  keiten  getroffen  haben,  sich  bestätigen  wird.  Wir  haben  ein 
kleineres  Stück  aus  dem  Jahre  396  und  einen  grossen  Theil  des 
Jahres  395  vor  uns,  leider  nicht  ohne  Lücken. 

Allmählich  ■—  die  Forschung  hat  schon  lange  vor  der 
Fublication  angesetzt  —  ist  es  immer  klarer  hervorgetreten,  dass 


ν.  Μθ88  l)ie  Hellenika  von  Oxyrhynclioe  371 

68  nichts  Anderes  ist,  als  eine  Fortsetzung  des  Thukydides^. 
£phoro8  ist  ausgeschlossen.  Die  Anlage  ist  streng  annalistischi 
darin  an  Thukydides  sich  anschliessend;  in  welche  Zeit  der 
Jahresanfang  bei  unserem  Historiker  fällt,  ist  leider  infolge  einer 
Lücke  nicht  sicher  zu  entscheiden,  ob  er  sich  auch  hierin  mit 
Thukydides  deckt,  ist  zweifelhaft,  er  folgt  vielleicht  einem  an- 
deren Principe. 

Um  den  neuen  Fund  einzureihen,  müssen  wir  zuerst  die 
Historiographie  des  4.  Jahrhunderts  überblicken  können.  Für 
diese  ist  wenig  geschehen.  Vor  bald  zwanzig  Jahren  ist  die 
'Αθηναίων  πολιτεία  des  Aristoteles  gefunden  worden.  Sie  hat 
viele  Fragen  gestellt,  viele  lösen  helfen.  Voll  konnte  sie  nur 
ausgeschöpft  werden,  wenn  in  vollem  Maasse  das,  was  wir  schon  be- 
sassen,  herangezogen  wurde.  Nachdrücklich  hat  damals  v.  Wila- 
mowitz  auf  diese  Aufgaben  und  auf  die  Art,  wie  sie  zu  lösen 
wären»  hingewiesen.  Aber  die  Arbeit  ist  nicht  unternommen 
worden,  die  Geschichte  der  griechischen  Historiographie  des 
4.  Jahrhunderts  muss  erst  geschrieben  werden.  Aber  das  Ma- 
terial dazu  liegt  längst  zu  Tage,  in  einzelnen  Bruchstücken,  in 
grossen  Schichten  bei  Diodor,  bei  Plutarch,  bei  den  Scholiasten, 
in  all  den  andren  grossen  Sammelbecken.  Was  wir  für  unsren 
Fund  gebrauchen,  kann,  glaube  ich,  schon  jetzt  herangezogen 
werden. 

Fe  sind  die  Bruchstücke  eines  Gesohiohtswerks  ersten  Rangs, 
die  wir  in  Ρ  —  so  nennen  ihn  die  Herausgeber  —  vor  uns 
haben,  die  erste  zusammenhängende,  umfassende  politische  Ge- 
schichte der  Jahre  396  und  895.  Xenophons  Hellenika  behalten 
daneben  ihren  Werth,  aber  sie  rücken  an  die  Stelle,  die  ihnen 
gebührt:  äusserst  werthvoll  als  Erinnerungen  eines  Mitlebenden, 
Mitwirkenden,  aber  —  von  den  beiden  ersten  Büchern  abgesehen  — 
mehr  Memoiren-  als  Gesohichtswerk  ^ 


1  Vgl.  die  Herausgeber  S.  116. 122.  127  u.  s.^ 

2  Vgl.  die  Herausgeber  zu  Col.  Π1  9  S.207  ff. 

^  Eine  ausgezeichnete  Charakteristik  hatten  bereits  lange  vor 
unsrem  Fund  Ed.  Meyer,  Gesch.  des  Alt.  1Π  S.  278  ff.  und  Ed.  Schwartz» 
Rhein.  Museum  44,  1889,  S.  161  ff.  gegeben.  Für  das  Verhältniss  der 
beiden  Relationen,  von  Ρ  und  Xenophon,  muss  ich  auf  eine  spätere 
Untersuchung  verweisen.  Die  zT.  auf  den  ersten  Blick  sehr  über- 
raschenden Varianten  dürfen  nicht  überschätzt  werden.  Derartige 
Dinge  sind  in  zeitgenössischen  und  den  Ereignissen  sehr  nah  stehendea 


372  ν.  Mess 

Es  ist  faet  eelbstveretändlicb,  daee  man  erwartet,  von  einem 
Werk  von  dieser  Bedeutung  und  diesem  Cmfang  kann  nicht  jede 
Spur  verloren  gegangen  sein,  wir  müssen  den  Verfasser  ermitteln 
können.  Der  einzige,  der  sich  uns  bietet,  ist,  so  scheint  es, 
Theopomp.  Wir  kennen  drei  Fortsetzer  des  Thukydides :  Xenophon 
—  seine  Heilenika  sind  uns  erhalten,  Kratippos,  sein  Name  ist 
für  uns  ein  leerer  Schall,  er  wäre  nichts  als  blosses  Etikett,  der 
einzige,  den  wir  wirklich  kennen,  ist  Theopomp.  Seinen  Namen 
haben  daher,  wenn  auch  mit  schweren  Zweifeln,  die  Herausgeber, 
von  Ed.  Meyer  und  v.  Wilamowitz  beraten,  als  ersten  über 
die  Heilenika  gesetzt.  Aber  der  Gründe,  die  sie  gegen  ihn  an- 
führen,   sind    mehr  und   schwerere,    als   die   sie    für   ihn  wissen. 

Für  ihn  spricht  nichts  was  von  entscheidendem  Gewicht  wäre, 
gegen  ihn  alles  ^ 

Theopomp  war  ein  Rhetor,  und  mit  der  Kunst  des  Rhetors 
und  zugleich  mit  einer  Feuerseele,  die  ihn  weit  über  einen  Ephoros 
hinausriss,  ging  er  an  sein  Werk.  Das  bezeugen  uns  die  Alten, 
das  bezeugen  uns  die  grösseren,  treuer  erhaltenen  Bruchstücke, 
das  bezeugt  er  uns  selbst.  Und  für  sein  Jugendwerk  —  wenn 
es  ein  solches  war  — ,  für  die  Heilenika  können  wir  das  Gegen - 
theil  nicht  annehmen,  sein  eignes  Zeugniss  stellt  sich  in  den  Weg. 
Laut  und  stolz  verkündet  er  in  den  Philippika,  dass  er  als  Rhetor 

Berichten  häufig.  Hier  sollten  uns  die  Analogien  aus  der  Neuzeil  vor 
unberechtigten  Schlüssen  schützen.  Sehr  wichtig  ist,  dass  Ephoros- 
Diodor  Ρ  benutzt  hat,  freilich  geht  leider  die  Masse  bei  ihm  nicht 
auf  P,  sondern  auf  minderwerthigere  Quellen  aurück.  Wir  werden  hier 
viel  umlernen  müssen.  Doch  müssen  wir  uns  hüten,  jetzt  umgekehrt 
Xenophon  zu  niedrig  einzuschätzen. 

^  Bemerkenswerth  ist  die  Namensform  Καρπασεύς,  Bürger  von 
Καρπασ(α  Col.  XVI  37  ff.  für  Καρπασ€ώτης,  die  Form  hat  Theopomp 
gebraucht,  vgl.  frg.  93  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  Καρπασία  (das  Fragment 
gehört,  wie  Grenfell  und  Hunt  richtig  bemerken,  zu  den  Heilenika).  Dies 
Zusammen tretfen  macht  allerdings  sehr  wahrscheinlich,  dass  beide  zu• 
tammengehören :  so  gut  wie  Ephoros  hat  Theopomp  den  Vorgänger 
benutzt,  daher  die  Form.  Viel  weniger  Bedeutung  hat  κατΑραι  in  der 
Bedeutung  von  έλθεΐν,  zu  Lande  ankommen  (Col.  XVIII  38  und  vielleicht 
Vni  22),  es  ist  für  Theopomp  speciell  bezeugt  frg.  327  Anecd.  Bekker 
p.  104,  15  KUTdpar  άντΙ  τοΟ  έλθ€ΐν  Θ€Οπομπος,  geläufig  ist  es  alt  See- 
mannsausdruck für  das  Eintreffen  von  Schiffen,  nur  so  braucht  es 
Thukydides,  aber  für  die  andere  Bedeutung  steht  Theopomp  nicht  allein, 
sie  findet  »ich  bei  Späteren  und  ebenso  bereits  vor  ihm,  bei  Euripides 
Baooh.  1294. 


Die  Hellenika  von  Oxyrhynchos  373 

neben  und  zugleich  mit  Isokrates  die  Palme  der  rbetorisch- 
philosophiechen  Bildung,  τής  έν  λόγοις  τταιδείας  errungen  hätten 

Ρ,  der  Historiker  von  Oxyrhynchos,  ist  aller  Rhetorik  baar, 
ihre  Kunstmittel,  ihre  Antithesen,  ihre  kunstvollen,  fein  gefügten 
Perioden,  alle  Mittel  der  αυΗησις  verschmäht  er.  Nur  den  Hiatus 
meidet  er,  so  gut  wie  Plato  in  der  Spätzeit,  so  gut  wie  Polyhios; 
wie  Plato  steht  er  hier  unter  dem  Einfluss  des  Isokrates,  noch 
fehlt  die  volle  Consequenz  und  Sicherheit*.  Und  wie  der  Stil, 
so  der  Charakter.  Ruhig,  maassvoll,  gegen  alle  gerecht,  nirgends 
stürmisch,  nirgends  voll  der  scharfen  Invective,  die  Theopomp 
gegen  Freund  und  Feind  zu  wenden  liebt,  ist  er  in  allem  der 
Gegenpol  von  Theopomp.  Wenn's  Theopomp  ist,  ist  es  eine 
Maske,  aber  nicht  einmal  die  Maske  des  Thukydidee,  das  liesse 
sich  verstehn. 

Schon  dies  aliein  genügt.  Wenn  wir  Theopomp  wählen, 
so  haben  wir  statt  eines  Räthsels  deren  mehr  als  eins.  Und  die 
Kritik  hat  bereits  gesprochen,  sie  verhält  sich  ablehnend  gegen- 
über dieser  Hypothese  und  überhaupt  gegenüber  einem  Namen ^. 
Lieber  Theopomp,  als  gar  nichts,  haben  die  Engländer  resignirt 
erklärt,  lieber  nichts,  als  Theopomp,  hat  Fuhr  erwidert. 

Aber  es  giebt  noch  einen  andren  Grund,  den  voll  und 
schwer  die  Engländer  selbst  Ed.  Meyer  entgegengesetzt  haben. 
Das  ist  die  Zeit,  sie  bringt  uns  freilich  eine  Ueberrasohung. 

Wir  besitzen  zwei  chronologische  Anhaltspunkte.  1.  Der 
Excurs  über  die  persischen  Zustände  Col.  XVI  ist  vor  dem 
Sturz  des  Perserreichs  geschrieben.  Dies  würde  noch  nicht  gegen 
Theopomp  sprechen.  2.  Die  Schilderung  der  freundnachbarlichen 
Reibereien  zwischen  Phokern  und  Lokrern,  gleichfalls  in  der 
Gegenwart  gehalten,  fällt  vor  das  Jahr  356.  Der  Phokische 
Krieg  hat  diesem  kleinen  Stillleben  ein  jähes  Ende  gesetzt,  nicht 


1  Frg.  26  bei  Photios  Biblioth.  Cod.  CLXXVI  p.  203. 

3  Hiatus:  Col.  I  4,  VI  39,  VH  7,  XI  22,  XII  24,  XVI  6,  XVIII  5 
und  24  (abgesehen  von  den  legitimen  Fällen),  XVI  6  ist  vielleicht  mit 
V.  vVilamowitz  Λακ€5αιμον{οι(ς)  zu  lesen,  gewaltsame  Aenderungen  na- 
türlich sind  verfehlt.  Bemerkenswerth  sind  zwei  Falle  verschobener 
Wortstellung,  durch  die  der  Hiatus,  nicht  sehr  geschickt,  vermieden 
wird  Col.  II  34  έττηρμένοι  μισβίν  ήσαν  (vgl.  Anm.  S.  206)  und  Col.  XI 22 
ϊωμεν,  u)  άνδρες,  ίφη,  πολΐται. 

8  C(rönert),  Lit.  Centralblatt  1908,  1  S.  22  flf.  und  Fuhr,  Berl. 
Philol.  Wochenschrift  28,  1908,  7  S.  196  flf.,  ebenso  lehnt  er,  wegen  der 
Meidung  des  Hiatus,  Kratippos  ab. 


374  ν.  Me&s 

sein  SchlusK,  sondern  sein  Beginn.  Dieses  Datum  macht  Theo- 
pomp unmöglich^. 

Die  Suche  nach  dem  Namen  hat,  wie  so  oft,  in  die  Irre 
geführt.  Der  Name  Theopomp  ist  ausgeßchlossen.  Für  viele 
freilich  wäre  jetzt  die  Antwort  leicht.  Nur  einen  Namen  kennen 
wir  noch,  Kratippos  —  also  ist  es  dieser.  Wir  hätten  dann  ein 
leeres  Etikett,  und  schlimmer  noch.  Denn  auch  gegen  ihn  er- 
hehen  sich  gewichtige  Bedenken. 

Wir  müssen  einen  andern  Weg  versuchen.  Bei  der  trala- 
ticisohen  Natur  des  Stoffes  der  Geschichtsschreibung,  der  von 
Hand  zu  Hand  wandert,  sind  nur  in  äusseret  seltenen  Fällen  Zu- 
weisungen an  einen  bestimmten  Autor  möglich.  Ein  Andres  ist 
es,  den  Kreis  oder  die  Kreise  zu  bestimmen,  in  die  ein  Werk 
oder  die  in  ihm  erhaltene  üeberlieferung  gehört.  Ein  typisches 
Beispiel  bieten  die  Atthiden  des  Androtion  und  Philochoros.  Die 
Anführungen  aus  beiden  decken  sich  wiederholt:  der  eine  Atthido- 
graph  schöpft  eben  aus  dem  andren.  Und  doch  hat  man  so  oft 
den  Namen  Androtion  eingesetzt,  wo  wir  nur  Atthis  haben  oder, 
genauer  noch,   nur  attische  Tradition  ^. 

Freilich  ist  nach  dieser  Richtung  für  die  griechische  Ge- 
schichte des  4.  Jahrhunderts  bis  jetzt  noch  wenig  geschehen.  Die 
Forschung  über  die  Historiographie  dieser  Zeit  liegt  sehr  im 
Argen.  Sie  steht  unter  dem  Zeichen  Ephorus  und  Theopomp.  Was 
irgend  Aehnlichkeit  mit  einem  dieser  zwei  verräth,  wird  unter 
ihren  Namen  gebracht.  So  geht  heutzutage  sehr  viel  auf  ihren 
Namen,  was  ihnen  nie  gehört  hat.  Wenn  man  zusammenstellen 
wollte,  was  heute  Alles  dem  Ephoros  zugeschrieben  wird,  so 
würde  man  ein  recht  gutes  Repertorium  der  Historiographie  des 
4.  Jahrhunderts,  nur  keinen  Ephoros  besitzen.  Auch  ein  Resultat, 
das  sich  bestätigt,  hat  wenig  gute  Frucht  getragen.  Die  grosse 
Masse  der  griechischen  Geschichte  in  der  Bibliothek  des  Diodor 
geht  vom  11.  bis  zum  15.  Buche  auf  Ephoros  zurück.  Aber  das 
Bild,  das  man  sich  von  ihm  aus  diesem  reichen  Schatze  konstruirt 
hat,    ist    stark    verzeichnet.      Die    grossen    Massen    der    lokalen 


*.Die  Herausgeber  haben  S.  134  als  Vermittelung  das  Schlussjahr, 
346,  vorgeschlagen,  aber  sie  selber  glauben  nicht  daran  und  für  Theo- 
pomp ist  damit  nichts  geholfen. 

2  D.  h.  die  attische  Lokal tradition.  Werke,  wie  Thukydides  und 
Herodot,  die  nicht  in  dieser  aufgehn,  wird  wohl  niemand  unter  dieser 
Bezeichnung  mitverstehen. 


Die  Helleoika  von  Oxyrhynchos  375 

Ueberlieferung  und  der  Sondergeschichtssclireibang,  die  er  neben 
Herodot,  Thukydides  und  Xenophon  benutzt  bat,  sind  wobl  zT. 
bemerkt,  doch  nicht  gehoben  worden ;  was  von  den  erhaltenen 
Quellen,  Herodot  und  Thukydides  voran,  abwich,  oft  sehr  stark 
abwich,  wurde  zum  grossen  Theile  der  Rhetorik  des  Ephoros  in 
die  Schuhe  geschoben.  Wir  können  noch  recht  genau  die  rheto- 
rischen Elemente  bei  Ephoros  verfolgen,  aber  die  gewaltigen 
Geschichtslügen  und  -legenden,  auch  der  älteren  Zeit,  gehören 
ihr  nicht  an.  Wohl  sind  Stimmen  gegen  diese  Methode  laut 
geworden,  am  tiefsten  und  klarsten  hat  v.  Wilamowitz*  Mahnung, 
Aristoteles  und  Athen  Π.  S.  16  f.  die  Aufgaben  der  Quellen- 
forschung für  diese  Zeit  erfasst  und  präcisirt.  Aber  diese 
Stimmen  sind  ungehört  verhallt,  die  Aufgabe  hat  niemand  an- 
gegriffen, am  weitesten  ist  Busolt  auf  dem  falschen  Weg  gegangen. 
Einzelnes,  was  handgreiflich  zutage  lag,  ist  längst  erkannt,  weiter 
nachgegraben  hat  man  selten  und  im  Zusammenhange  nie.  Die 
grossen  Massen  der  Περσικά,•  der  attischen,  der  boeotischen 
Tradition^  sind  ungehoben,  der  erste  Schritt  ist  für  die  Περσικά 
geschehn,  er  hat  bereits  recht  viel  gelehrt. 

WΊr  haben  den  Weg  gesehen,  den  wir  nicht  gehen  dürfen, 
und  damit  öffnet  sich  zugleich  der  Weg,  den  wir  als  ersten  gehen 
müssen.     Versagt  auch  er,    dann  müssen  wir  verzichten. 

Nicht  nach  dem  Namen  des  neu  gefundenen  Historikers 
fragen  wir,  sondern  nach  den  Kreisen,  in  die,  was  er  erzählt, 
hineingehört.  Es  ist  viel  und  Mannigfaltiges,  was  er  uns  bietet: 
Stücke  aus  athenischer  Geschichte,  Stücke  aus  boeotischer  Ge- 
schichte, grosse  Partien,  die  die  Geschichte  des  Orients,  die 
Thaten  des  Spartanerkönigs  Agesilaos  und  des  Atheners  Konon 
behandeln.  Sie  müssen  uns,  ob  wir  sie  nun  direkt  oder  indirekt 
Ρ  verdanken,  Rede  stehen.  An  Material  zum  Vergleichen  fehlt 
es  nicht,  die  Fülle  der  Sonderüberlieferungen  giebt  es  uns  an  die 
Hand.     Man  muss  nur  diese  erst  zum  Reden  bringen. 

Dass  wir  in  den  Hellenika  von  Oxyrhynchos  Zeitgeschichte, 
Berichte  nächststehender  Zeitgenossen  vor  uns  haben,  ist  ohne 
Weiteres  klar. 

Es  giebt  zwei  Möglichkeiten:  1.  entweder  hat  Ρ  diesen 
Nachrichtenschatz  aus  erster  Hand  und  eigner  Kunde,  wie  Thuky- 


^  Vgl.  E.  Stern,  Xenophons  Hellenika  und  die  boeo tische  Geschichts- 
überlieferung, Dorpat  1887  S.  41  fif..  Ed.  Meyer,  Geschichte  des  Alt.  III 
S.  277,  V  S.  375,  Ed.  Schwartz,  Anaxie  Pauly-Wissowa  I  S.  2099. 


376  ν.  Mess 

dides  und  Xenophon^  oder  2.  er  giebt  uns  indirekte  Ueber- 
lieferung,  er  schöpft  aus  zweiter  Hand,  aus  andren  Werken,  wie 
Ephoros  und  wie  natürlich  Theoporap  in  seinen  Hellenika,  die 
eine  Zeit   behandeln,  die  weit  vor  ihm  lag^ 

Die  zweite  Möglichkeit  scheidet  für  uns  aus.  Ρ  hat,  wie 
es  scheint,  weder  Xenophons  Elellenika  benutzt  ^,  noch  finden 
sich  bei  ihm  die  Spuren  der  durch  Tendenz  und  Legende  schwer 
entstellten  Ueberlieferungsströme,  die  bei  Ephoros-Diodor  für  diese 
Zeit  den  Haupttheil  der  Quellen  bilden:  von  der  Lokalhistorie 
jener  Zeit,  von  den  Περσικά  trennt  ihn  eine  tiefe  Kluft.  Viel 
näher  rückt  er  an  Thukydides,  aber  auch  neben  diesem  Meister 
hebt  er  sich  selbständig  ab,  den  Schmuck  der  Reden,  die 
Rhetorik  lehnt  er  ab.     Er  steht  für  sich. 

Die  zweite  Möglichkeit  kommt  also  nicht  in  Betracht,  es 
bleibt  die  erste  übrig  und  diese  ist  an  sich  die  nächstliegendste. 
Ρ  hat  aus  erster  Hand,  aus  eigner  Runde,  wie  Thukydides  ge- 
schöpft. Er  ist  kein  Vermittler,  wie  Ephoros,  er  ist  erste  Quelle 
und  darauf  führt  beieits  die  Zeit. 

Viel  schwieriger  stellt  sich  jetzt  die  Frage.  Nicht  nach  be- 
kanntem Gut  suchen  wir  jetzt  bei  P,  es  tritt  die  Frage  auf:  wo 
finden  wir  nicht  Gleiches  —  darauf  müssen  wir  verzichten  — 
aber  doch  Verwandtes. 

Die  Berührungen  mit  Isokrates  sagen  uns  nicht  viel,  sie 
geben  uns  noch  nicht  das  Recht,  in  dessen  Zeitgenossen  gleich 
den  Attiker  zu  sehen.  Und  von  der  zeitgenössischen  Lokalhistorie 
und  ihrem  breiten  Strom  hebt  Ρ  sich  mächtig  ab.  An  der  Ober- 
fläche dürfen  wir  nicht  suchen,  die  Zeichen,  die  da  liegen,  haben 
nur  getäuscht  und  nicht  nur  über  ihn :  wir  müssen  tiefer  graben. 
Dann  freilich  stossen  wir  auf  reiche  Adern. 

Bei  Thukydides  würden  wir  nie  schwanken:  Thukydides 
war  ein  Athener*. 


^  Dass  er  auch  in  diesem  Fall  Vorgänger  gehabt,  auch  gelegentlich 
eingesehen  haben  kann,  wie  Xenophon  den  Ktesias,  ist  klar.  Sichere 
Anhaltspunkte  fehlen  leider,  τινές  λέγουσι  u.  dgl.  kann  man  dafür  nicht 
ohne  Weiteres  nehmen.  Eine  Polemik  gegen  Xenophon  läset  sich  Col.  1 
36  fi".  nicht  erkennen  (vgl.  schon  die  Herausgeber  S.  124  und  205). 

2  Das  zeigt  uns  Ρ  selbst,  er  ist  von  Ephoros  und,  wie  es  scheint, 
auch  von  Theopomp  benutzt  worden   (vgl.  S.  372  Anm.  1). 

^  Auch  für  eine  Polemik  gegen  diesen  fehlen  sichere  Handhaben, 
vgl.  Anm.  L 

*  Prächtig  und  echt  menschlich    bricht   der  Athenerstolz    durch 


Die  Hellenika  von  Oxyrhynchos  d77 

Vielleicht  giebt  uns  der  neue  stumme  Gast  auch  Antwort. 
Aber  wenig  würde  eie  uns  helfen,  hat  sie  uns  geholfen  —  denn 
seine  Zeichen  sind  zT.  bereits  erkannt  —  wenn  wir  den  Kreis 
nicht  selber  kennten,  in  den  er  dann  sich  einfügt.  Es  ist  nicht 
eine  homogene  Masse,  die  Geschichtsschreibung,  die  in  dieser 
Zeit  in  den  einzelnen  Centren  blüht,  viele  Fäden  laufen  neben 
einander  her.  Und  grade  die  stärksten  und  mächtigsten  sind 
nicht  erkannt,  geprüft  und  ausgesondert.  So  ist  vieles  dunkel 
geblieben.  So  ist  auch  der  neue  Fund  für  uns  ein  Fremder  ge- 
blieben. 

Verstecken  hat  der  Mann  nicht  gespielt.  Seine  Gesinnung 
hat  er  nicht  verhehlt.  Er  ist  Aristokrat,  die  einzigen,  denen 
er  was  auswischt,  sind  die  Demagogen,  die  Radicalen  von 
Athen.  Aber  leicht  hat  er  es  uns  nicht  gemacht.  Mit  reifer, 
kühler  Objektivität  berichtet  er  über  die  einzelnen  Staaten  und 
Städte.  Nur  für  Sparta  macht  sich  eine  leise  Hinneigung  be- 
merkbar, aber  auch  sie  ist  kalt  und  unpersönlich,  ganz  anders 
der  Athener  Xenophon,  ganz  anders  Theopomp  und  das  was  sie 
von  Agesilaos  erzählen,  und  wenig  sagt  uns  leider  diese  Neigung 
zu  Sparta,  sie  herrschte  bei  manchem  wackren  Manne  jener 
Zeit,    in  recht    verschiedenen  Kreisen. 

Aber  bei  aller  vornehmen  Zurückhaltung  fehlt  doch  nicht 
jede  persönliche  Beziehung  und  fehlen  nicht  gewisse  charakte- 
ristische Schattirungen  in  der  Behandlung  und  Besprechung 
der  auf  so  verschiedenartigen  Schauplätzen  spielenden  Ereignisse. 
Die  Thaten  und  Feldzüge  des  Agesilaos  erzählt  Ρ  minutiös 
und  eingehend.  Aber  menschlich  sehen  wir  ihn  nirgends  diesem 
König  nähertreten.  Nur  bei  einer  Persönlichkeit  wird  er 
wärmer,  bei  Konon,  scharf  hebt  sich  diese  Sympathie  von  der 
ungerechten  Zurücksetzung  ab,  die  Xenophon  dem  Sieger  von 
Knidos  widerfahren  lässt.  Das  haben  die  Herausgeber  mit  feinem 
Blick  erkannt.  Konon  und  sein  Sohn  Timotheos  waren  die  Hoff- 
nung von  Athen.  Offen  und  unverhüllt,  mit  ungerechter  Zurück- 
setzung anderer  Feldherrn,  trägt  Isokrates  seine  Vorliebe  für 
beide  zur  Schau,    führt  er   in    seinen  Reden    ihre  Partei  ^     Und 


bei  Thukydidee  7,  34,  7  ol  Κορίνθιοι . . .  νομ{σαντ€ς  δι'  αυτό  ούχ  ήσσασθαι 
δι'  οπ€ρ  ούδ*  οΐ  ^Tcpoi  νικαν*  οϊ  τ€  γάρ  Κορίνθιοι  ήγήσαντο  κρατ€ϊν,  εΐ 
μή  πολύ  ΙκρατοΟντο,  οϊ  τ*  'Αθηναίοι  ΙνόμιΖον  ήσσασθαι,  cl  μή  πολύ 
ένικων.  Auf  Schritt  und  Tritt  im  ganzen  Werke,  auch  iu  Haas  and 
Tadel,  erkennt  man  den  Athener. 

^  Vgl.  leokr.  15,  107  ff.  und  öfter. 


378  ν.  Mees 

er  stand  nicht  allein,  wie  weit  sich  die  Ruhmredner  des  Eonon 
verstiegen  haben,  zeigt  eine  Stelle  in  der  Leptinea  des  Demosthenes 
§  73/4  mit  überraschender  Deutlichkeit.  Aber  wir  haben  noch 
weit  auegedehntere  Proben.  Die  Beschreibung  der  Niederlage 
des  Konon  bei  Mytilene  und  seiner  Kinschliessung,  die  Diodor 
13,  77,  1  —  79,  7  giebtS  ist  äusserst  detaillirt,  geschickt  und 
verrät  gute  Kenntniss  der  Vorgänge  und  Lokalitäten,  aber  sie  ist 
nichts  als  eine  glänzende  Apologie,  die  vor  offenbarer  Fälschung 
und  Entstellung  nicht  zurückschreckt,  um  Konons  Verhalten  in 
ein  möglichst  günstiges  Licht  zu  rücken  und  die  schwere  Schlappe 
zu  beschönigen.  Klugheit  iind  Vorsicht  des  Konon  wird  durch 
ein  gewandt  eingefügtes  Strategem  glänzend  illustrirt,  die  Schuld 
trägt  der  linke  Flügel,  der  sich  zu  tollkühn  vorgewagt  hat. 
Eine  ganze  Schlacht,  die  nie  stattgefunden  hat,  ist  für  den 
zweiten  Tag  erfunden :  sie  hat  nur  einen  Fehler,  es  geht  bei 
diesem  Ringen  Schiff  gegen  Schiff  auch  nicht  ein  einziges  Fahr- 
zeug des  Konon  verloren^.  Eine  fast  noch  tollere  Lüge  wird 
Diod.  15,  49,  3.  4.  7  über  Timotheos  aufgetischt.  Dieser  war  im 
Jahr  373  von  den  Athenern  des  Oberbefehls  entsetzt  worden^, 
und  hatte  sich  nach  Asien  zum  Grosskönig  gewandt^;  die  Ueber- 
lieferung,  der  Diodor  folgt,  erzählt  mit  verblüffender  Dreistigkeit, 
er  wäre  ehrenvoll  restituirt  worden  und  hätte  mit  Iphikrates 
zusammen  die  Expedition  nach  Korkyra  geleitet ^ 

Auch  Ρ  zeigt,  freilich  in  viel  vornehmerer  Weise,  un- 
verkennbar seine  persönliche  Hinneigung  zu  Konon.  Fein  haben 
die  Herausgeber  S.  124  bemerkt,  da«s  nur  selten  der  Stil  des 
Historikers  sich  zu  etwas  wärmerem  Leben  erhebt,  eo  bei  der 
Revolution  in  Rhodos,  bei  der  Meuterei  der  Truppen  des  Konon, 
bei  der  Schilderung  des  blühenden  Zustandes  von  Attika  vor  den 
Zerstörungen  des  Peloponnesischen  Krieges.  Die  beiden  ersten 
Darstellungen  gehören  der  Geschichte  des  Konon  an.  Sehr  be- 
merkenswerth  ist  wie  an  der  ersten  Stelle  die  Mäesigung  der 
siegreichen,  von  Konon  aus  politischen  Gründen  unterstützten 
Demokraten  Col.  XI  26  und  31  hervorgehoben  wird,  Konon,  wird 
hinzugefügt,   habe   in  Person   der  Niedermetzeln ng  der  Diagoreer 

1  Vgl.  Xen.  Hell.  1,  6,  15-18. 

2  Die  Zahl  der  Schiffe  ist  vor  und  nach  dem  mörderischen  Gefecht 
dieselbe  (vgl.  Diod.  13,  78,  2  und  13,  100,  6). 

8  Xen.  Hell.  6, 2,  13,  Ps.  Dem.  49,  9  ff.,  Isokr.  16, 129  u.  Diodor  a.  0. 

*  Ps.  Dem.  49,  25.  32. 

δ  üeber  die  Expedition  des  Iphikrates  Xen.  Hell.  6,  2,  13/4.  27  ff. 


Die  Hellenika  von  Oxyrhynchos  379 

nicht  beiwohnen  wollen,  er  fährt  mit  20  Schiffen  nach  Kaonos 
und  überläest  dae  hässliche  Geschäft  seinen  Unterbefehlshabern 
und  den  Demokraten  (Col.  XI  9  ff.).  Charakteristischer  noch  ist 
eine  kleine  Episode  aus  der  Meuterei  der  Truppen  Eonons  (Col. 
XVII  13  ff.):  die  meuternden  Kyprier  haben  sich  einen  Strategen 
erwählt,  messenische  Leibwächter  des  Eonon  machen  bei  günstiger 
Gelegenheit  den  Versuch  auf  gewaltsame  Weise  sich  seiner  Person 
zu  versichern,  um  ihm  *^den  verdienten  Lohn  zu  geben*.  Ρ  hält 
es  ausdrücklich  für  nötig,  Konon  gegen  den  Verdacht  der  Mit- 
wissenschaft in  Schutz  zu  nehmen.  Dass  die  Messenier  auf  Eonons 
Eonivenz  rechneten,  ist  klar,  auch  der  Autor  durchaus  auf  ihrer 
Seite.  Die  Rolle,  die  Eonon  hier  spielt,  ist  ungefähr  dieselbe, 
wie  in  Rhodos,  er  will  bei  derartigen  Affairen  nicht  die  Hand 
im  Spiele  haben,  was  geschehn  muss,  soll  geschehn,  aber  es  darf 
auf  ihn  kein  Makel  fallen.  Und  am  Schluss  der  Erzählung  von 
der  Meuterei  hat  der  kühle,  karge  Mann  eine  knappe  Wür- 
digung des  Verdienstes  des  Eonon  gegeben  ^. 

Es  scheint,  als  ob  unser  Historiker,  obgleich  Aristokrat  mit 
erkennbarer  Hinneigung  zu  Sparta  sich  dem  Interessenkreise 
Athens  und  Eonons  einreiht.  Es  läge  nahe,  weiter  zu  gehen,  in 
der  Erzählung  Diodors  über  Eonon  bei  Mytilene  Ρ  zu  suchen 
Ich  denke,  das  wäre  verfehlt.  Das  Phantasiestück  Mytilene 
gehört  in  denselben  Ereis,  wie  die  Fälschung  über  Timotheos,  es 
gehört  nicht  dem  Fortsetzer  des  Thukydides,  sondern  der  chau- 
vinistischen Lokalhistorie.  Aber  dem  weiten  Ereise  derer,  die 
Eonon  gefeiert  haben,  scheint  auch  Ρ  aich  anzuschliessen. 

Doch  ist  dies  zunächst  nur  eine  persönliche  Beziehung, 
Athen  ist  damit  nicht  direkt  gegeben.  Aber  auf  dieses  führen 
auch  die  andren  Spuren,  darunter  eine,  die  am  schwersten  über 
den  Charakter  des  Werks  getäuscht  hat. 

Theben,  Boeotien,  seine  Politik  und  seine  Parteien  schildert 
Ρ  gerecht,  aber  eisig  kühl,  ohne  Hass  und  ohne  Liebe,  der  Partei,  die 
Theben  später  emporgeführt  hat,  steht  er  wenig  freundlich  gegen- 
über. Von  einem  Boeoter  verräth  er  nichts.  Wohl  aber  führen 
kleine  Züge  selbst  hier,  in  der  boeotischen  Geschichte,  auf  den 
Athener.  Man  machte  dem  Ismenias  und  seiner  Partei  den  Vor- 
wurf des  άττικίίειν,  dagegen  verwahrt  sich  Ρ  entschieden 
Col.  XU  39,  aber  nicht  vom  Standpunkt  des  Thebaners,  sondern 


1  Treffend  haben  bereits  die  Herausgeber  dieses  aus  sich  Heraus- 
gehen gewürdigt  S.  137. 


380  ν.  MesB 

von  dem  Athens :  Athen  hat  von  diesen  angeblichen  Freunden 
nichts  zu  erwartend  Wir  brauchen  nur  an  die  Parteien  in  Athen 
und  an  ihr  Für  und  Wider  zu  denken,  vor  allem  nach  Leuktra, 
was  Ρ  sagt,  klingt  wie  eine  Warnung. 

Nicht  von  boeotischem  Geist  ist  der  Excurs  Col.  XIII  20  bis 
XIV  5  über  den  wirthschaftlichen  Aufschwung  von  Boeotien  dictirt. 
Dieser  Aufschwung  hatte  sich  vollzogen  auf  Kosten  der  einstigen 
Blüthe  der  Landschaft  Attika:  von  Holz  und  Ziegeln  angefangen 
hätten  die  boeotischeu  Nachbarn  Alles  zu  sich  hinübergeschafft, 
eagt  uns  P.  Und  ebenso  verräth  die  Betrachtung  über  die  ver- 
gangene Herrlichkeit,  die  am  Schluss  zT.  zerstört  daran  an• 
eohliesst,  uns  deutlich  den  Athener. 

Nur  einmal,  Col.  II  14,  tritt  Ρ  aus  seiner  vornehmen 
Zurückhaltung  heraus,  mit  einem  scharfen,  plötzlichen  Seitenhieb 
auf  die  Demagogen  von  Athen:  sie  wollten  Athen  aus  Ruhe 
und  Frieden  reissen  und  in  den  Krieg  stürzen,  um  im  Trüben 
zu  fischen,  iV  αύτοϊς  έκ  τών  κοινών  ή  χρηματίΖεσθαι.  Es  war 
dies  ein  Hauptargument  für  Theopomp  und  gegen  den  Athener. 
£e  ist  seltsam,  dass  man  noch  immer  glaubt,  ein  athenischer 
Historiker  müsste  ein  Demokrat  von  reinstem  Wasser  sein. 
Thukydides  und  Xenophon  sprechen  sicher  nicht  dafür,  und  länget 
schon  sind  wir  über  den  engen  Standpunkt  Grotes  hinaus.  Aber 
dieser  Punkt  ist  zu  wichtig,  zu  viel  hängt  von  ihm  ab,  um 
kurz  darüber  hinwegzugehen.  Hier  setzt  vielleicht  die  wichtigste 
Parallele  mit  der  attischen  Historiographie  des  4.  Jahrhunderte 
ein,  sie  giebt  uns  reiche  Auskunft.  Hier  heisst  es  freilich  Licht 
schafi^en  in  ein  Gebiet,  das  noch  in  tiefem  Dunkel  ruht.  Aber 
der  Versuch  lohnt  reich,  statt  eines  Historikers  stehn  zwei  vor 
unsren  Augen  auf,  ein  Schatz,  der  in  der  'Αθηναίων  πολιτεία 
liegt,  tritt  an  das  Tageslicht 

Es  ist  richtig,  die  attische  Populartradition  und  die  Atthis 
trägt  einen  officiell  demokratischen  Charakter,  die  Redner,  die 
Reste  dieser  Historiographie  lassen  das  deutlich  und  in  breiten 
Flächen  erkennen  und  diese  ihre  Tendenz  hat  häufig  zu  sehr 
dick  aufgetragenen  Lügen  und  mannigfaltigen  Legenden  geführt. 
Auch  hier  hat  uns  die  lang  verkannte  diodoreische  Ueberlieferung 
den  ersten  und  frischesten  Niederschlag,  die  besten  und  aus- 
gewachsensten Exemplare  dieser  Geschichtswucherungen  erhalten. 

1  Dass  dies  der  Gedanke  der  leider  zT.  stark  zerstörten  Stelle  ist, 
ist  klar,  er  kann  auch  noch  schärfer  ausgedrückt  gewesen  sein. 


Üle  liellenika  von  OxyrliyncliOd  38l 

Aber  wenn  man  tiefer  nachgräbt,  etöest  man  ancb  liier  anf 
andren  Grnnd.  Diese  Männer,  die  dem  Herrn  Demos  schmeicheln 
müssen,  stehn  selber  nicht  anf  gleicher  Stufe,  und  unter  Lob  und 
Schmeichelei  verbergen  sich  oft  ganz  andre  Unterströmnngen. 
Die  Legende  vom  Areopag  ist  auf  ganz  andrem  Boden  gewachsen. 
Viel  weiter  geht  die  offene  Brandmarkung  des  ^ Demagogen' 
Ephialtes,  der  es  gewagt  hat  diese  Herrschaft  des  Areopags  zu 
stürzen^.  Von  derselben  Antipathie  ist  die  Geschichte  von  der 
Freispre(;hung  des  Anytos  Diod.  13,  64,  6  dictirt,  er  soll  zuerst  das 
0€κά2ΐ6ΐν,  die  Bestechung  der  Richter  geübt  haben,  auch  sie  kehrt, 
wie  die  erste  in  Aristoteles  'Αθηναίων  πολιτβία  wieder ^,  und 
wer  sie  in  die  populäre  Tradition  aufnahm,  war  nie  und  nimmer 
ein  überzeugter  Demokrat.  Sehr  bezeichnend  ist  ein  andres  Bei- 
spiel. Die  Theramenesquelle  bei  Diodor^  gebärdet  sich  sehr 
demokratisch,  aber  ihre  eigentliche  Liebe  gehört  dem  Theramenes, 
das  verrathen  ihre  plumpen  Fälschungen.  So  finden  wir  im  eignen 
Lager  starke,  schlecht  verhehlte  aristokratische  Tendenzen,  und 
je  mehr  wir  die  litterarische  Entwicklung  in  der  ersten  Hälfte 
des  4.  Jahrhunderts  überblicken,  desto    mehr  begreifen   wir    sie. 

Viel  offener  tritt  diese  Richtung  in  einer  andren  Quelle 
zutage.  Wir  besitzen  einen  Schatz,  der  vor  bald  zwanzig  Jahren 
der  ägyptischen  Erde  entstiegen  ist,  der  noch  nicht  voll  gehoben 
ist.  Es  ist  die  'Αθηναίων  πολιτεία  des  Aristoteles,  die  Ver- 
fassungsgeschichte, die  er  in  ihrem  ersten  Theile,  Kap.  1 — 41  giebt. 

Es  ist  längst  erkannt,  dass  wir  hier  grosse  Stücke  aus  einer 
zeitgenössischen  Schrift  haben,  die  aristokratische,  fast  ο ligarchi sehe 
Tendenz  zeigt.  Sie  stammt  aus  dem  Lager  des  Theramenes,  das 
zeigt  sie  unverhüllt  und  in  der  ersten  Entdeckerfreude  hat 
V.  Wilamowitz  auf  Theramenes  selbst  geraten.  Es  war  ein  Miss- 
griff und  gegen  v.  Wilamowitz*  eignen  Grundsatz,  den  er  im 
selben  Werke  glänzend  ausgesprochen  hat.    Das  indifferente,  rein 

^  Diod.  11,  77,  6  έν  μέν  ταΐς  *Αθήναις ' Εφιάλτης  ό  Σοφοινίδου  (Σιμω- 
νι'δου  cod.),  δημογωγός  ών  καΐ  τό  πλήθος  παροΗύνας  κατά  τών  *Αρ6οπα- 
γιτών,  ^π€ΐσ€  τόν  δήμον  φηφίσματι  μΕΐώσαι  τήν  έΕ  *Ap€(ou  πάγου 
βουλήν,  καΐ  τά  πάτρια  (nb!)  καΐ  πβριβόητα  νόμιμα  καταλΟσαι,  ού  μήν 
άθώός  (αθρόως  cod.)  γε  διέφυγε  τηλικούτοις  άνομήμασιν  έπιβαλόμενος, 
άλλα  τής  νυκτός  αναιρεθείς  άδηλον  ίσχε  τήν  τοΟ  βίου  τελευτήν  (vgl. 
Arist.  'Αθηναίων  πολιτεία  25,  Plut.  Kim.  15  Per.  9). 

2  Arist.  Άθ.  πολ.  27,5. 

'  Diod.  14,3,2—4,  1.  Diese  Quelle  kehrt  auch  an  anderen  Stellen 
wieder. 


383  '  ν.  Meö8 

historische  und  mehr  oder  weniger  demosfrenndliche  Material  hat 
man  einer  andren  Quelle,  der  Atthis  zugewiesen,  dem  Androtion. 
Man  schied  also  zwei  Personen,  einen  Oligarchen  und  einen 
demosfreundlichen  Annalisten ,  und  zwischen  heiden  und  den 
weiteren  Quellen  sollte  Aristoteles  vermittelt  haben. 

Nun  hat  das  Ganze  eine  seltsam  paränetische  Tendenz. 
Fein  und  scharf  hat  Niesen  das  erkannt  und  hat  versucht  sie 
aus  der  späteren  Lage  in  Athen  und  aus  dem  Interesse  des  Sta- 
giriten  für  Athen  zu  erklären^.  Dass  aber  Neigungen  und  Tendenz 
nicht  ganz  mit  Aristoteles  zusammenstimmen,  das  hat  er  selbst 
erkannt,  und  ernst  und  schneidend  hat  Fr.  Cauer  seine  Zweifel  1891 
ausgesprochen  in  der  Schrift:  Hat  Aristoteles  die  Schrift  vom 
Staate  der  Athener  geschrieben? ^.  Er  hatte  Recht  im  Unrecht, 
so  geht  keine  wahrhaft  wissenschaftliche  Beobachtung  zugrunde. 

Auf  eine  ganz  andere  Person  und  Zeit  als  Aristoteles  weist 
uns  diese  Geschichte  der  athenischen  Verfassung.  Ich  will  hier 
nur  das  Nothwendigste  geben. 

Die  Verfassungsgeschichte  der  Αθηναίων  πολιτεία  führt 
nicht  bis  auf  Aristoteles'  Zeit  hinab,  an  70  Jahre  früher  bricht 
sie  plötzlich  um  400  ab,  mit  einem  Schlusswort,  das  der  Gegen- 
wart, ihrer  Gegenwart  gilt.  Das  späteste  Factum,  das  sie  Cap. 
41,  3  noch  erwähnt,  die  Triobolie,  die  dritte  Erhöhung  des  Ekkle- 
siastensolds,  fällt  vor  392  ^  diese  wird  als  dritte  und  letzte 
zusammen  mit  den  vorhergehenden  Bewilligungen  aufgezählt, 
die  letzte  Erhöhung,  die  Aristoteles  selbst  im  zweiten,  beschreiben- 
den Theil  anführt^,  fehlt.  Es  ist,  als  wollte  Aristoteles  uns  selbst 
ein  Zeichen  geben  ^.     Der  Schluss  ist  selbstverständlich,  zu  ziehen 


1  Rhein.  Museum  47,  1892,  S.  196  ff. 

2  S.  48  ff. 

3  Vgl.  Aristoph.  Ekkl.  292;  Seeck,  Quellenstudien  zu  des  Aristoteles 
VerfasBungsgesühichte  Atheus,  Klio,  Beiträge  zur  alten  Geschichte  IV 
1904  S.  282. 

*  Άθ.  πολ.  62,  2  μισθοφορουσι  δέ  πρώτον  [μέν  ό  δήμος]  ταις  μέν 
δλλαις  έκκλησίαις  δραχμήν,  τή  δέ  κυρίςι  εννέα  (όβολούς),  verfehlt  ist 
der  von  Η.  Weil  versuchte  Ausweg,  scbon  wegen  des  Gegensatzes  von 
ολλαι  έκκλησίαι  und  der  κυρία,  über  den  Ekklesiastensold  vgl.  Ed.  Meyer, 
Gesch.  des  Alt.  V  S.  288,  Beloch,  Griech.  Gesch.  III  S.  358. 

^  Ebenso  bricht  die  Liste  der  leitenden  Staatsmänner  und  De- 
magogen Arist.  Άθ.  πολ.  28,  2/3  mit  Theramenes  und  Kleophon  ab. 
Für  seine  Zeit  schaut  der  Autor  erst  nach  einem  επιστάτης  τοΟ  δή- 
|ίΐου  aus. 


Die  Hellenika  von  öxyrhynchoä  383 

bat  ihn  erst  0.  Seeck  gewagt^:  wir  baben  bier  eine  einbeitlicbe 
Quelle  vor  uns,  die  nicbt  allzu  weit  nacb  390  gesebrieben  ist. 
Die  Einlagen,  die  Aristoteles  selbst,  z.  T.  sebr  flücbtig,  aus 
andrem  Material  eingefügt  bat,  vor  allem  die  drakontiscbe  Ver- 
fassung Cap.  4,  beben  sieb  meist  deutlicb  ab.  Der  Haupttbeil 
zeigt  in  überrascbender  Einbeitlicbkeit  Tendenz  und  Cbarakter 
seines  Autors.  Aber  bier  ist  0.  Seeck  die  reife  Frucbt  aus  der 
Hand  entglitten.  Seltsam  bat  er  den  Cbarakter  dieser  Quelle 
verkannt.  Er  bat  den  Autor  für  einen  Demokraten  erklärt  und 
damit  die  Linie  verlassen,  auf  der  man  längst  scbon  nabe  bis 
ans  Ziel  gekommen  war^. 

Der  Verfasser  ist  Aristokrat,  Therameneer.  Das  sagt  er  uns 
auf  Scbritt  und  Tritt.  Aber  —  er  scbreibt  nacb  403,  unter 
der  Demokratie.  Sein  Werk  ist  ein  Programm  und  eine 
Apologie. 

Er  giebt  uns  eine  ausgezeicbnete  Gescbicbte  des  Staatsstreiebs 
der  400,  des  Regiments  der  Dreissig^.  Aber  Alkibiades  und 
Kritias  feblen,  wie  längst  bemerkt :  sie  werden  todtgescbwiegen, 
Tberamenes  allein  und  neben  ibm  einige  unbedeutendere  Namen 
werden  genannt.  Die  Gescbicbte  des  Staatsstreiebs  der  400, 
80  sebr  sie  auf  den  Acten  fusst,  giebt  —  und  mit  Absiebt  —  ein 
grundfalsches  Bild,  eine  Apologie  des  Tberamenes  und  seiner 
Partei.  Ed.  Meyer  bat  auf  eine  ausgezeicbnete  Parallele  hin- 
gewiesen^, auf  den  napoleoniscben  Staatsstreich  vom  18.Brumaire: 
die  Acten  geben  ein  total  verschobenes  Bild.  Eine  Geschichte, 
die  auf  solchen  Acten  fusst,  ist  correct,  in  ihrem  Resultat  jedoch 
grundfalsch.  Thukydides  mag  den  actenmässigen,  officiellen  Ver- 
lauf viel  weniger  genau  geben,  den  wahren  Verlauf  erkennen 
wir  aus  ibm. 

Die  Tendenz  für  die  Person  und  die  Partei  ist  durch  die 
ganze  Schrift  erkennbar.  Aber  die  Schrift  ist  lange  nacb  dem 
Compromiss  von  403  geschrieben.  Daher  das  karge  Lob  des 
Demos,  das  Seeck  so  schwer  getäuscht  bat  ^    Es  trägt  sehr  stark 


^  0.  Seeck  aO.  S.  282  ff.  Das  chronologische  Gerippe  bot  bereits, 
wie  Seeck  richtig  hervorhebt,  die  knappe  Attbis  des  Hellanikos;  für 
seine  Zeit  schöpft  der  Autor  aus  dem  reichen  eignen  Material,  für 
die  frühere  Zeit  ist  das  urkundliche  Material  sehr  dürftig. 

3  Vgl.  Busolt,  Griech.  Gesch.  III  2  S.  607  ff. 

8  Arist.  Άθ.  πολ   29-37. 

*  Forschungen  II  S.  422  ff. 

δ  Vgl.  Arist.  Άθ.πολ.  28,3  6luiÖ6v  γάρ  κάν  έδαιτατηθή  τό  πλήθος 


384  ν.  Mcsd 

paränetischen  Charakter,  gelobt  wird  die  Mässigong  des  Demos: 
wir  brauchen  nur  an  die  Amnestie  nnd  an  die  schweren  An- 
fechtungen, die  sie  durch  radioale  Demokraten  und  Theramenes- 
hasser,  wie  Lysias,  erfuhr,  zu  denken.  Ein  Blick  auf  die  Schluss- 
capitel  dieser  Schrift  zeigt,  wie  sehr  sich  der  ganze  Gedanken- 
kreis des  Autors  nra  die  Amnestie  und  ihr  Versöhnungswerk  dreht. 

Seinen  Namen  nennt  uns  der  alte  Politiker  nicht.  Aber 
sein  Visir  hat  er  gelüftet.  Neben  Theramenes  tritt  sehr  über- 
rascbend  eine  andere,  viel  weniger  bekannte  Persönlichkeit  her- 
vor: Rhinon^  Er  spendet  ihm  und  seiner  Politik  dasselbe  ein- 
drucksvolle Lob,  wie  dem  Theramenes.  Er  steht  zu  Rhinon  und 
zur  Compromisspartei,  die  den  Friedensschluss  zwischen  Demos 
und  Oligarchie  zu  Stande  gebracht  hat.  Seine  Schrift  ist  ihre 
Apologie  und  ihr  Programm,  das  Programm  für  eine  gedeihliche 
Entwickelung  innerhalb  des  Rahmens  der  nun  anerkannten  und 
recipirten  Demokratie.  Wir  kennen  den  Mann  von  Aug  zu  Auge, 
aber  seinen  Namen  hat  er  uns  nicht  gesagt. 

Wir  wundern  uns  jetzt  nicht  mehr,  wenn  wir  unter  den 
Historikern  Athens  neben  Thukydides,  neben  Xenophon,  neben 
dem  Autor  der  Verfassungsgeschichte  bei  Aristoteles  einen  weiteren 
Aristokraten  und  Conservativen  finden,  der  mit  klarem  politischem 
Blick,  aber  ohne  den  Lakonismus  des  Xenophon  erkannt  hat,  dass 
das  Heil  von  Griechenland  von  einem  Zusammengehen  von 
Sparta  und  Athen  abhing  ^  Dass  er  zugleich  zu  Eonon  neigte, 
kann  uns  nicht  wundern,  Konon  ging  nicht  in  der  Demokratie 
auf,  so  wenig  wie  sein  Sohn  Timotheos,  sein  Ziel  ging  höher: 
und  wer  die  Schäden  der  Demokratie  mit  offnem  Auge  mass, 
mag  seine  Hoffnung  wohl  auf  diese  Männer  gesetzt  haben. 

Nur  einmal,  flüchtig  hat  uns  der  Historiker  von  Oxyrhyncboe 
seinen  Groll  verraten,  seine  Antipathie  gegen  die  kleinen  De- 
magogen von  Athen,  sein  Groll  sagt  fast  noch  mehr  als  seine 
Liebe. 

Es  ist  die  natürlichste  Lösung  :  der  wiedergeschenkte  Fort- 
setzer des  Thukydides  ist  ein  Athener,  wie  Thukydides.  Und 
alles  Andre  reiht  sich  glücklich  ein.  Ρ  hat  die  Jahre,  die  dem 
Peloponnesischen    Kriege    folgen,    wenn    die    wohl    durchdachte 


(dh.  von  den  Demagogen)  ΰστβρον   μισείν  τους  τι  προαταγόντας  woiclv 
αυτούς  τών  μή  καλώς  εχόντων,  ferner  22,  4.  40,  3. 

1  Arist.  Ά  θ.  πολ.  38. 

2  Vgl.  Ariel.  Ά  θ.  πολ.  38,4. 


t)ie  Hellenika  von  OxyrliynchoB  38& 

Ordnung  der  Fragmente  richtig  ist,  die  die  Herausgeber  gegeben 
haben,  auf  dae  Jahr  des  Eukleidee,  auf  403,  auf  die  Versöhnung 
der  Parteien  in  Athen  gestellt.  Dasselbe  Jahr  kehrt  bedeutungs- 
voll wieder  in  der  Verfassungsgeschichte  der  *Αθηναίιυν  πο- 
λιτβία,  bis  zur  Amnestie  und  bis  zum  letzten  definitiven  Ab- 
schluss  des  Friedenswerkes  hat  diese  die  innere  Geschichte 
Athens  hinabgeführt.  Es  ist  das  Epochenjahr  Athene.  Und  wie 
in  diesem  äusseren  Punkt,  so  berühren  sich  diese  beiden  atheni- 
schen Geschichtsschreiber  auch  in  ihrer  Gesinnung  und  in  ihrem 
Werth,  beides  Historiker  von  tiefem  politischen  Blick  und  aus- 
gezeichneten Informationen,  ob  sie  uns  stets  die  Wahrheit  sagen, 
ist  eine  andre  Frage. 

Wir  haben  keinen  Namen  gesucht,  sondern  sind  den  Kreisen 
nachgegangen,  in  die  der  neugefundene  Autor  gehören  konnte, 
in  die  er  gehört.  Es  bleibt  die  Pflicht,  den  dunklen  Namen 
Kratippos  zu  prüfen,  da  auch  Kratippos  dem  athenischen  Kreise 
angehört. 

Wir  wissen  nicht  viel  von  Kratippos.  Aber  zT.  ist's  unsre 
eigne  Schuld.  Die  Zeugnisse  sind  nicht  so  spärlich,  wenige 
freilich,  aber  inhaltsreich  und  — -  gerade  das  hat  die  grössten 
Schwierigkeiten  gemacht  —  das  eine,  das  wichtigste  vielleicht, 
sehr  individuell.  So  lange  wir  kein  Bild  hatten  von  den  reichen, 
mannigfaltigen  Strömungen  in  der  Historiographie  des  4.  Jahr- 
hunderts, so  lange  Hess  sich  auch  mit  dieser '  seltsamen  Persön- 
lichkeit nichts  anfangen.  Freilich  haben  wir  wenige,  fast  gar 
keine  Fragmente  von  Kratippos.  Nach  diesen  war  man  früher 
nur  allzusehr  gewohnt  die  Schriftsteller  zu  messen. 

Um  so  gewichtiger  sind  die  Testimonia.  Dionysios  von 
ilalikarnass  sagt  uns  mit  klaren  Worten,  dass  Kratippos  ein  Zeit- 
genösse  des  Thukydides  war,  dasselbe  bestätigt  die  Schrift  De 
gloria  Atheniensium^:  sie  führt  ihn  unter  den  zeitgenössischen 
Historikern  Athene  und  seines  Ruhmes  auf.  Trotzdem  hat  man 
ihn  unter  die  Alexandriner  eingereiht.  Den  einzigen  Anhalt  bot 
eine  Stelle  in  der  Vita  des  Thukydides  von  Markellinos^,    wenn 


^  S.  unten  S.  387  Anm.  1. 

'  Markellinos  33  έγώ  bi  Ζώττυρον  ληρ€ΐν  νομ(2Ιω  λ^γοντύ  toörov 
έν  Op(jiKr)  (ίν  'Αττική  Ρορρο  α.  a.)  τ€τ6λ€υτηκένσι,  κάν  άληθ€ύ€ΐν  yoμ\l1) 
Κράτιππος  αοτόν..  Schon  die  unbestimmte  Form  καν  νομίΖη  statt  cl 
καΐ  νομ{2[6ΐ  zeigt  übrigens,  dass  es  sich  nicht  um  eine  direkte  Aussage 
des  Kratippos,  sondern  um  einen  indirekten  Schluss  aus  seinen  Worten 

BheiD.  Mu».  r.  Pbilol.    N.  F.  LSUI.  25 


38θ  ν.  Μθ8β 

man  sie  wörtlich  nimmt,  βο  setzt  sie  den  Eratippoe  nach  einem 
Zopyroe,  vermuthlioh  einem  Alexandriner^.  Aber  die  ganze  Vita 
ist  in  ihrer  letzten  Fassung  —  worauf  mich  Brinkmann  aufmerksam 
macht  —  unverkennbar  rhetorisch  tiberarbeitet,  um  so  weniger 
dürfen  wir  die  Worte  κδν  άληθ€ύ6ΐν  νομίΐί)  pressen*.  Dies  Be- 
denken ist,  freilich  ohne  systematische  Begründung,  längst  bereits 
erhoben  worden  ^  Dies  Zeugniss  für  die  Zeit  des  Kratippos  fallt 
also  fort. 

Wir  wenden  uns  jetzt  den  positiven  Zeugnissen  zu.  Die 
Zeit  giebt  Dionysios  von  Halikarnass*:  Κράτιππος  ό  συνακμάσας 
αύτφ  καΐ  τά  παραλ€ΐφθίντα  υπ'  αύτου  συναγαγών.  Seltsamer 
Weise  hat  auch  das  συνακμάσας  Schwierigkeiten  gemacht.  Es 
bezeichnet  natüilich  nicht  bloss  das  Zusammenfallen  der  ακμή. 
Wie  wir  es  zu  verstehen  haben,  sagt  uns  Theopomp,  er  braucht 
bei  Photios  von  sich  und  von  Isokrates  den  gleichen  Ausdruck  ^ 
Der  Altersunterschied  —  die  Zeit  des  Theopomp  steht  jetzt  wohl 
fest  —  ist  nahezu  60  Jahre,  noch  mehr  als  für  Kratippos  in 
Betracht  kommt. 

Schwerer  fast  noch  als  Dionysios  wiegt  ein  andres  Zeugniss. 
Wir  besitzen  in  dem  Corpus  der  Moralia  des  Plutarch  eine  kleine 
Schrift  De  gloria  Atheniensium,  die  die  Frage  behandelt,  ob  die 
Athener  berühmter  wären  durch  ihre  Thaten  oder  durch  Kunst 
und  Wissenschaft®.  Sie  giebt  für  ihre  Zeit  und  ihr  Publicum 
Alltagsweisheit,  für  uns  ist  sie  ein  werthvolles  litterarhistorisches 
Document.  Um  ihre  These  durchzuführen,  giebt  die  Schrift  im 
1.  Capitel  einen  kurzen  Ueberblick  über  die  Historiker  Athens, 
nicht    bloss    die    Atthis,    sondern    auch    die    übrige    Geschichts- 


handelt.      Derartige    rein    biographische    Angaben    lagen   jener    Zeit 
noch  fern. 

1  Vgl.  Susemihl,  Alex.  Litteraturgeschichte  II S.  468.  Der  Versuch 
diesen  Zopyros  in  dem  bei  Cicero  de  fato  10  Tusc.  4,  80  angeführten 
wiederzufinden,    scheint  verfehlt. 

2  Blase  hat  mit  nicht  unbedenklichen  Mitteln  an  dii'ser  Stelle 
jambische  Trimeler  herzustellen  versucht,  Apollodors  Chronik,  an  die 
er  dabei  dachte,  ist  sicher  ausgeschlossen,  vgl.  Oxyrh.  Pap.  V  S.  140 
Anm.  1. 

»  Vgl.  schon  C.  Müller  Fragm.  hist.  Graec.  II  S.  78. 
*  De  Thuc.  c.  16,  vgl.  unten, 
δ  Frg.  26  bei  Phot.  Bibl.  Cod.  CLXXVI  p.  '20S. 
β  ITOTcpov  'Αθηναίοι  κατά  πόλ€μον    ή    κατά    σοφίαν    ένδοΕότ6ροι 
Plutarch  Moralia  ρ.  345  C  fiF.  ed.  Bern.  Β.  II  S.  4δ5. 


ϋΐθ  Hellonika  von  Öxyrtynclios  087 

Schreibung  ist  vertreten  ^  Die  Reihe  besteht  aus  Thukydides, 
Kratippos,  Xenophon,  Kleitodemos  (Kleidemos),  Diyllos,  Philo- 
choros  und  Phylarchos,  es  ist  eine  streng  chronologische  Reihe, 
Kratippos  steht  neben  Xenophon.  Kurz  wird  der  Inhalt  seiner 
Geschichte  charakterisirt:  die  wageniuthigen  Thaten  des  Alki- 
biades  am  Hellespont,  die  des  Thrasyllos  bei  Lesbos^,  der  Sturz 
der  Oligarchie  durch  Theramenes,  die  Erhebung  der  70  unter 
Thrasyhul  und  Archinos  gegen  die  Herrschaft  der  Spartaner, 
endlich  Konons  Ruhm,  der  Athen  wieder  auf  die  See  geholfen 
hat.  Dies  scheint  der  Schluss  zu  sein^  In  grossen  Zügen  haben 
wir  das   Weik  des  Kratippos  vor  uns,  nicht    die   Atthiden,    nicht 


'  Cap.  1  p.  345  DE  ävcXc  τήν  ΤΤ€ρικλ^ους  πολιτβίαν  καΐ  τά  ναύμαχα 
προς '  Ρίψ  Φορμίωνος  τρόπαια  καΐ  τάς  π€ρΙ  Κύθηρα  καΐ  Μέγαρα  καΐ 
Κόρινθον  άνδραγαθίας  Νικίου  καΐ  τήν  Δημοσθένους  ΤΤύλον  καΐ  τους 
Κλέωνος  τετρακόσιους  αιχμαλώτους  καΐ  Τολμίδαν  ΤΤβλοπόννησον  περι- 
πλέοντα καΐ  Μυρωνίδην  νικώντα  Βοιωτούς  έν  Οίνοφύτοις,  καΐ  Θουκυ- 
δίδης σοι  διαγέγραπται.  άν€λ€  τά  περί  Έλλήσποντον  Άλκιβιάδου 
νεανΐ€ύματα  καΐ  τά  προς  Αέσβον  Θρασύλλου  καΐ  τήν  ύπό  Θηραμένους 
τής  ολιγαρχίας  κατάλυσιν  καΐ  Θρασύβουλον  καΐ  *Αρχΐνον  (άρχιππον  cod.) 
καΐ  τους  άπό  Φυλής  έβδομήκοντα  κατά  τής  Σπαρτιατών  ηγεμονίας 
άνισταμένους  καΐ  Κόνωνα  πάλιν  έμβιβάίοντα  τάς  *Αθήνας  εΙς  τήν  θάλατταν, 
καΐ  Κράτιππος  άνήρηται.  Ξενοφών  μέν  γάρ  αυτός  έαυτοΟ  γέγονεν 
Ιστορία,  γράφας  &  έστρατήγησε  κσΐ  κατώρθωσε  καΐ  Θεμιστογένει  περί 
τούτων  συντετάχθαι  τψ  Συρακοσίψ  (θεμιστογένη  —  τόν  -ον  cod.),  Υνα 
πιστότερος  ή  διηγούμενος  εαυτόν  ώς  άλλον,  έτέρψ  τήν  των  λόγων  δόΗαν 
χαρι^όμενος.  οΐ  δ'άλλοι  πάντες  Ιστορικοί,  Κλειτόδημοι  (Κλεινόδ.  cod.) 
Δίυλλοι  Φιλόχορος  Φύλαρχος,  αλλότριων  γεγόνασιν  έργων  (ερώτων 
cod.)  ώσπερ  δραμάτων  ύποκριταί .  .  .  Kemorkenswerth  ist,  dass  bei  der 
unter  dem  Namen  Thukydides  abgeschilderten  Periode  nicht  sowohl 
ein  Hesame  seiner  Geschichte,  als  der  attischen  Tradition  gegeben 
wird,  Tolmides  und  Myronides  werden  bei  ihm  nur  kurz  erwähnt,  erst 
in  der  späteren  attischen  Tradition  nehmen  ihre  Thaten  einen  breiten 
Raum  ein,  und  Kleons  Ruhm  war  sicher  nicht  sein  Ziel.  Wir  haben 
auch  in  diesem  Extrakt  gut  attische,  patriotische  Tradition. 

^  τά  προς  Λέσβον  Θρασύλλου  kann  nur  auf  die  Arginusenschlacht 
gehen,  vgl.  Diod.  13,  97,  G— 99,0;  97,6  ist  im  Excerpt  des  Diodorder 
Name  des  Thrasyllos  mitThrasybnl  verwechselt  (s.  Rhein.  Mus.  61,  1906 
S.  262),  C.  Müller  bezieht  es  mit  Unrecht  auf  die  kleinen,  bereits  bei 
Thukydides  8,  45  ff.  erzählten  Ereignisse ;  auffallig  ist  προς,  aber  kaum 
zu  ändern  (Bernardakis  schlägt  πρό  Λέσβου  vor). 

^  Von  Iphikrates  und  der  Vernichtung  der  spartanischen  Mora 
ist  nicht  die  Rede,  sie  war  ein  Hauptthema  für  den  Athener,  vgl.  die 
Declamatipn  Kap.  8  p.  359  F  dieses  Schriftchens. 


38>5  ν.  Μθ8β 

Kleidemoe,  sondern  Kratippos  wird  als  Autorität  für  die  Ge- 
schichte der  Jahre  411 — 394  citirt. 

Zwei  wichtige  Fragen  stellen  sich  von  selbst  ein :  wie  war 
die  Stellung  des  Kratippos  zu  seinem  grossen  Vorgänger  und  wie 
ist  sein  Verhältniss  zu  der  Atthis,  zur  attischen  Lokalhistone? 
Beide  Fragen  können  wir  in  zwei  wichtigen  Punkten  bis  zu  einer 
gewissen  Grenze  aus  unsrer  armen  und  im  Grund  doch  reichen 
Ueberlieferung  beantworten. 

Das  einzige  grosse  Fragment,  das  uns  von  Kratippos  er- 
halten   ist  ^j   deckt   sich    dem  Inhalt  nach  mit  Philochoros :    die 


1  In  der  Vita  des  Andokides,  Plutarch  Moralia  p.  834  D  (V  S.  151  f. 
Bern.).  Es  ist  ein  werthvoller  Zusatz  von  gelehrter  Hand,  der  un- 
verarbeitet in  den  Text  eingedrungen  ist,  als  solcher  charakterisirt  er 
sich  durch  die  am  Schluss  stehenden  Worte  προς  άμαρτών  μυστήρια 
(zu  ρ.  834  C).  Er  wird  meist  als  Glosse  oder  Scholion  bezeichnet, 
richtiger  als  Nachtrag  zu  der  betreffenden  Stelle  der  Vita,  die  Vitae 
decem  oratorura  stellen  ihrerseits  wieder  Excerpte  früherer  Arbeiten  dar. 
Solche  Nachträge  sind  ja  in  hyponmem atischer  Litteratur  nichts  seltenes. 
Ich  setze  die  ganze  Notiz  her,  die  sich  an  834  C  μ€τά  τέ  ταΟτα  αίτια- 
θ€ΐς  (Andokides)  άσεβεΐν  ώς  καΐ  αυτός  τους  Έρμας  περικόφας  καΐ  εΙς 
τά  τής  Δήμητρος  άμαρτών  μυστήρια  anschliesst:  διά  τό  πρότερον  άκό- 
λαστον  όντα  νύκτωρ  κωμάσαντα  θραΟσαί  τι  τών  αγαλμάτων  τοΟ  θεοΟ 
καΐ  είςαγγελθ^ντα,  επειδή  ούκ  ήβουλήθη  δν  ΙΗήτουν  (Emperius,  έίήτουν 
cod.)  οΐ  κατήγοροι  δοΟλον  έκδοΟναι,  διαβληθήναι  καΐ  προς  τήν  αιτιαν 
τής  δευτέρας  γραφής  οποπτον  γενέσθαι*  ήν  μετ'  ού  πολύν  χρόνον  τοο 
έπΙ  Σικελίαν  στόλου  συνέβη  γενέσθαι,  Κορινθίων  είσπεμψάντων  (τους 
δράσοντας  διά  τους  Συρακοσ(ους  αποίκους  όντας.  οΟτοι  οΟν  τών  έν 
Σικελίςι  'Ελλήνων  ύπό  τών  Συρακοσ(ων  κακιΰς  διατεθέντων,  περί  βοηθείας 
δέ  πεμφάντων  füllt  Westermann  die  Lücke  aus,  vgl.  Plut  Alk.  18 
u.  Phot.  Lex.  s.  v.  Έρμοκοπ(δαι)  Αεοντίνων  (-ους  cod.)  τε  καΐ  ΑΙγεσταίων 
(ους  cod )  δνδρας  Ιδίςι,  μελλόντων  βοηθεΐν  αύτοϊς  τών  Αθηναίων 
νύκτωρ  τους  περί  τήν  άγοράν  Έρμας  περιέκοφαν,  ώς  Κράτιππός  φησί' 
προς  άμαρτών  μυστήρια.  Dieselbe  Notiz  über  die  Koriuther  bringt 
Philochoros  frg.  110  Schol.  Aristoph.  Lysistr.  1094  «u  Έρμοκοπιδών 
παρόσον  οί  Έρμοκοπίδαι  ήκρωτηρ(ασαν  τους  ΈρμΑς,  οτε  έπΙ  Σικελ(ας 
{μέλλον  πλεΐν  .  .  .  τήν  δέ  αΐτίαν  ταύτη  ν  οί  μέν  τοϊς  περί  *Αλκιβιάδην 
προσίγραφον,  ώς  Θουκυδίδης  •  οί  δέ  Κορινθίοις,  ώς  Φιλόχορος.  μόνον  δέ 
φησΙ<^ν  ού)  περικοπήναι  τόν  *Ανδοκ(δου  Έρμήν,  es  ist  an  sich  klar« 
dass  er  sie  nicht  aus  sich,  sondern  aus  älterer  Quelle  hat,  und  diese 
Quelle  ist  Kratippos,  der  zB.  bei  der  Restitution  des  Alkibiades  Ge- 
legenheit hatte  auf  diese  Dinge  zu  kommen.  Philochoros  hält  diese 
Version  für  authentisch,  ob  auch  Kratippos,  ist  mit  Sicherheit  nicht 
zu  entscheiden,  die  Excorptoren  geben  oft,  auch  in  ausführlicherer 
Wiedergabo,  eine  Variante  oder  Legende,   die    ein  Historiker   mit  Re- 


Die  Hellenika  von  Oxyrhynchos  389 

bensere  Attbie  —  wir  können  aucb  bier  verscbiedene  Ströme 
scheiden,  wie  Ed.  Meyer  treffend  ausgeführt  hat^  —  hat  ihn 
benutzt. 

Und  nun  die  erste,  wichtigere  Frage.  Wie  stand  Kratippos 
zu  Thukydides?  Für  diese  haben  wir  noch  bessere  Antwort,  lir 
ist  dem  grossen  Vorgänger  sehr  selbständig  gegenübergetreten, 
freimüthig,  fast  schroff  hat  er  sich  über  die  rhetorische  Seite  des 
Werks,  über  die  Reden  geäussert.  Er  sagt:  die  eingelegten 
Beden  stören  nicht  nur  die  Erzählung  der  historischen  Vorgänge, 
sondern  sie  fallen  dem  Hörer  geradezu  lästig.  Das  habe  Thuky- 
dides selbst  eingesehen  und  in  dem  letzten  Buch  deshalb  die 
Reden  fortgelassen.  Dionysios  hat  uns  diese  kühne  Kritik  auf* 
bewahrt^. 


serve  wiedergibt,  als  seine  eigne  Ansicht  aus,  ein  charakteristisches 
Beispiel  aus  Diodor  giebt  Ed.  Schwartz,  Diodor  Pauly  -  Wissowa  V 
S.  680. 

1  Gesch.  des  Alt.  III  S.  258  f. 

3  Dionys.  Hai.  De  Thuc.  c.  16  bemerkt,  dass  neben  Hochvoll- 
endetem sich  bei  Thukydides  Vieles,  und  zwar  specieli  in  den  Reden 
fände,  was  grosse  Mängel  in  der  Ausarbeitung  verriethe.  ών  προνοούμ€νος 
^oiKCV  άτ€λή  τήν  Ιστορ{αν  καταλιπ€ϊν,  ώς  καΐ  Κράτιππος  ό  συνακμάσας 
αύτφ  καΐ  τά  παραλ€ΐφθέντα  ύπ'  αύτοΟ  συναγαγών  γ^γραφ€ν,  ού  μόνον 
το!ς  πράΕ€σιν  αύτάς  έμποδών  γεγενήσθαι  λίγων,  άλλα  καΐ  τοΙς  άκούουσιν 
όχληράς  βΐνοι.  ΤοΟτό  τ^  τοι  συνέντα  αυτόν  έν  τοΙς  τ€λ€υτα(οις  τής 
Ιστορίας  φησί  μηδ€μ(αν  τάΕαι  |^ητορ€(αν,  πολλών  μέν  κατά  τήν  Ίων(αν 
γενομένων,  πολλών  b*  έν  ταΐς  *  Αθήναις,  οσα  διάλογων  καΐ  δημηγοριών 
έπράχθη.  Es  folgt  ein  Vergleich  zwischen  dem  1.  und  dem  8.  Buch, 
das  erste  arm  an  Thaten,  reich  an  Reden,  das  achte,  reich  an  Thaten, 
aber  ohne  Reden.  Grosse  Schwierigkeiten  hat  der  einleitende,  etwas 
knappe  Satz  ών  προνοούμενος  έοικεν  ατελή  τήν  Ιστορίαν  καταλιπείν 
gemacht,  sehr  überflüssig,  denn  erstens  gehört  er  in  der  Form,  wie  er 
bei  Dionysios  steht,  diesem  selbst  an,  zweitens  ist  es  klar,  dass  er  in 
Kürze  nichts  Anderes  giebt,  als  was  Kratippos  in  seinen  eignen  Worten 
sagt,  τοΟτό  γέ  τοι  συνέντα  κτλ.:  Thukydides  hätte  dies  selber  ein- 
gesehen und  daher  im  letzten  Theil  keine  Reden  eingefügt,  offenbar 
ging  die  Behauptung  des  Kratippos  dahin,  er  würde  aus  dieser  Einsicht 
heraus  auch  die  anderen  Bucher  umgearbeitet  und  etwa  die  Reden  ver- 
kürzt und  indirekt  gegeben  haben  (wie  8,  81,  2.  3).  Der  Ausdruck  ist 
kurz  und  ungenau,  aber  schon  das  προνοούμενος  zeigt,  dass  nicht  gemeint 
ist,  Thukydides  hätte  sein  Werk  abgebrochen  (ατελή  . .  καταλιπείν),  son- 
dern nur  dass  er  nicht  zur  Ausführung  seiner  Absicht,  zur  letzten  Feile 
gekommen  sei.  Natürlich  braucht  die  Behauptung  oder  Yermuthung 
des  Kratippos  nicht  richtig  zu  sein.     Wir  haben  Beispiele  genug,    wo 


890  ν.  Μ  es  8 

Am  ineisten,  mehr  als  dae  bedenkliebe  Elxcerpt  des  Mar« 
kellinos,  hat  diese  Kritik  erschreckt.  Das  war  sehr  verständlich. 
Dass  Athen  an  freien,  allzu  freien  Geistern  keinen  Mangel  hatte, 
das  wussten  wir  schon  längst.  Dass  sie  in  der  Historiographie 
jener  Zeiten  reich  vertreten  waren  ,  das  tritt  erst  jetzt  uns 
deutlicher  hervor.  Die  Kritik  an  Thukydides,  die  Ephoroe  und 
Aristoteles  geübt  haben,  sie  ist  älter :  wie  Ktesias  den  Herodot, 
so  haben  attische  Historiker  Thukydides  schon  voTher  kühn  ge- 
meistert, viel  kühner  als  Kratippo'i,  der  hier  nur  eine  Seite  des 
Thukydides,  und  nicht  seine  historische  Treue,  sondern  seinen  Stil 
angreift  ^.  Der  Angriff  ist  verständlich  in  jener  Zeit,  wo  über- 
mächtig die  Ehetorik  ihr  Haupt  erhob.  Aber  die  Rhetorik  hat 
sich  an  ihm  gerächt.     Sein   Werk  ist  verschollen. 

Doch  seltsam,  dasselbe  Princip,  das  Kratippos  verkündet 
hat,  hat  der  Historiker  von  Oxyrhynchos  in  seinem  Werke  durch- 
geführt. £r  hat,  soweit  wir  sehen  können,  keine  einzige  Rede 
eingefügt '  und  die  Rhetorik  hat  er  kühl  und  schlicht  verschmäht. 
Dies  hat  man  längst  bemerkt,  aber  mit  Recht  haben  die  Heraue- 
geber sich  für  den  leeren  Namen  nicht  entscheiden  können.  Wir 
haben  keinen  Namen  gesucht:  aber  wir  finden  einen  Mann,  einen 
Mann  von  eigner  Art  und  diese  Art,  sie  gleicht  in  seltener  Weise 
dem  Historiker  von  Oxyrhynchos.  Es  war  der  einzige  Name, 
der  von  den  Fortselzern  des  Thukydides  uns  blieb ^.  Unser  Wissen 
ist  Stückwerk,  aber  wenn  wir  wählen  wollen  zwischen  Theopomp 
und  Kratippos,    so  werden  wir,    so    scheints,    Kratippos    wählen 

sich  die  Aussagen  viel  näher  stehender  Zeugen  und  in  viel  greifbareren 
Dingen  nicht  bewähren. 

^  Kritik  mit  Namensnennung  greift  jetzt  immer  weiter  um  sich, 
vgl    Ktesias  contra  Herodot. 

^  An  ihrer  Stelle  stehen  die  Excurse.  Die  einzigen  Worte  die 
er  direkt  giebt  sind  der  Alarmruf  des  Dorimachos  bei  der  Revolution 
in  Rhodos  Col.  XI  22  11]ωμ€ν,  ώ  (5νδρ€ς,  έφη,  πολϊται,  έπΙ  τους  τυράν- 
νους [τή]ν  ταχίστην. 

3  Es  ist  übrigens  fraglich,  ob  auch  Theoporap  im  strengen  Sinne 
ein  Foitsetzer  des  Thukydides  gewesen  ist.  Es  ist  von  verschiedenen 
Seiten  bemerkt  worden,  dass  die  Fragmente  des  2.  Buches  seiner  Hellenika 
bereits  der  Zeit  nach  404  anzugehören  scheinen.  Dann  hat  er  also  — 
und  der  Schluss  ist  längst  gezogen,  aber  in  seiner  Bedeutung  nicht  voll 
beachtet  worden  (vgl.  Oxyrh.  Pap.  V  S.  127)  —  die  letzten  Jahre  des 
Peloponnesischen  Kriegs  il  1—401  nur  kurz,  in  einem  einleitenden  Buch 
behandelt,  kürzer  als  Xenophon,  dagegen  fällt  auf  die  folgenden  Ereignisse 
im  Durchschnitt  auf  jedes  Jahr  ein  volles  Buch.    Er  setzte  also  für  den 


Die  Hellenika  von  Oxyrhyncbos  391 

miiesen^  Doch  brauchen  wir  den  Namen  kaum,  ich  denke,  wir 
kennen  ihn  auch  so,  den  Autor  der  Hellenika  von  Oxyrhynchos. 
Und  nun  noch  eine  Ehrenschuld.  Der  Mann,  dem  wir, 
nächst  dem  feinen  Takt  der  Herausgeber,  es  verdanken,  dass 
neben  Theopomp  der  Name  Kratippos  über  der  Erstlingsauegabe 
steht;  ist  ein  deutscher  Gelehrter,  der  vor  nicht  langer  Zeit  dahin- 
gegangen ist,  ist  Friedrich  Blass.  Er  hat  allein  und  zäh  an 
diesem  Namen  festgehalten.  In  diesem  seinem  letzten  Kampf  hat 
er,  so  scheints,  gesiegt. 

Bonn.  Λ.  v.  Mess. 


ersten  Theil  das  Werk  seines  Vorgängers  voraus.  Das  Ganze  aber 
war  bekanntlich  nur  ein  Torso,  er  wollte  bis  auf  seine  eigne  Zeit  hinab- 
gehen und  hat  dies  dann  in  andrer  Form  in  den  Philippika  gethaii. 

^  DeΓNameKpάτmπoς  ist  in  Athen  nicht  häufig,  aus  dem  4.  Jahr- 
hundert kennen  wir  nur  einen,  CIA.  Π  2363  Kirchner,  Prosop.  Att.  8769 
Άμφικτύων  Κρατ(ππο(υ)  Ξυπ€ταιών,  bemerkenswerth  ist  der  Name  des 
Sohnes,  doch  für  eine  Identificirung  mit  dem  Historiker  haben  wir 
keinen  Anhalt  —  Während  des  Druckes  ist  der  Aufsatz  von  Busolt, 
Hermes  43,  2  S.  255  flF.  erschienen.  Er  hat  zu  einer  Aenderung  des 
Resultates  keinen  Anlass  geboten.  Die  Hypotbese,  dass  Ρ  aus  Xeno- 
phons  Hellenika  abgeleitet  wäre,  wird  kaum  Anklang  finden,  für  Ephoros 
ist  derselbe  Versuch  bereits  durch  Ed.  Schwartz  abgelehnt.  Busolt 
stützt  sich  auf  wörtliche  Uebereinstimmungen,  wie  ήκ€ν  άγων,  εΙς 
μίσος  fxj  έμ{σουν,  συνίστασαν,  aus  ihnen  lässt  sich  kaum  eine  direkte 
Berührung  erschliessen.  Der  Zeuge,  den  er  aus  dem  Alterthum  als 
Parallele  anführt  (bei  Euseb.  Praep  evang.  X  p.  465),  zeigt,  dass  der- 
selbe Fehler  bereits  von  antiken  Kritikern  gemacht  wordeu  ist,  die 
Beispiele  lassen  sich  leicht  vermehren  —  so  werden  aO.  X  3,  3  p.  464  d 
grosse  Stücke  des  Ephoros  aus  Kallisthenes  und  Anaximenes  abgeleitet  — , 
aber  für  Busolts  Hypothese  spricht  das  kaum. 


DE  EPITAPHIO  SENECAE 


Epitaphium  Senecae,  anthologiae  latinae  Riesei  Carmen  667: 

Cura  labor,  meritum,  sumpti  pro  munere  honores, 
Ite  alias  posthac  eollicitate  animas. 

Me  prooul  a  vobis  deus  evocat.    ilicet  äotis 
Rebus  terrenie,  hospita  terra,  vale. 

Corpus,  avara,  tarnen  sollemnibus  accipe  saxis: 
Namque  animara  caelo  reddimus,  ossa  tibi 
C.  Pascalius,  'Atene  e  Roma*  X  (1907)  col.  22  s.  novissimus 
tractavit  et  quidem  dignum  esse  iudicavit  tarn  arte  quam  ingenio 
Senecae  ipsius.  iam  vero  accommodatissimam  rem  moribus  vete- 
rnm  Senecae  imputare  Pascalium  nitro  patet.  ut  apud  Plinium 
epist.  6,  10  fusius  scriptum  legimus  Verginium  Rufum  vivum 
mandasse  et  cavisse,  ut  monumento  suo  Yindex  victus  versibus 
inscriberetur.  neque  desunt  inter  carmina  latina  e  lapidibus 
excepta,  quae  consimile  loquendi  genus  in  ipsis  sepulcris  Roma- 
norum floruisse  atque  in  epitaphio  Senecae  occurrit,  ostendant. 
ad  Carm.  epigr.  434,  13  s.  anthologiae  Buecheleri  effugi  tumidam 
vitam.  spes,  forma  valete:  nil  mihi  vobiscam  est,  alios  deludite 
quaeso'  Henseus  epitaphium  Senecae  attulit.  eandem  sententiam 
cum  carm.  434,  13  s.  eisdem  prope  verbis  exprimunt  Carm. 
epigr.  409,  8  s.  et  1498.  atque  bis  Romanorum  carminibus 
sepulcralibus  Graecorum  carmina  demonstrativa  (cf.  Anth.  Pal. 
9,  49.  134.  172)  exemplo  fuisse  0.  Jahnius  primus  monuit. 
quid  igitur?  ipsumne  Senecam  putabimus  sumpsisse  a  Graecis, 
instaurasse  apud  Latinos  formulam  illam  sepukralis  carminis, 
qualem  vel  hie  exemplis  illustratam,  inde  ab  aetate  Alexandrina 
usque  ad  Eugenium  Toletanum  durantem  (cf.  Mon.  Germ.  auct. 
ant.  XIV  p.  282)  novo  insuper  titulo  Thebestaeo  gregis  eiusdem 
publici  iuris  facto  A.  Grenierus  (*Mel.  arch.  bist.*  25.  1905 
p.  72  8.)  pluribus  persecutus  est? 


Β i ekel  De  epitaphio  Senecae  .893 

eed  examinanda  eet  ^asoali  eententia  epitaphium  Senecae 
ad  Senecam  auctorem  referentie.  nam.  cum  de  origine  epitaphii 
diseerere  in  animo  eit,  priores  qui  de  aetate  eine  iudicinm  fece- 
runt  refellere  in  rem  est,  quo  munitiora  quae  mihi  de  epi- 
grammate  probata  eint,  evadant.  mieeum  autem  facile  Robb- 
bachium  feceris  eiedem  annie  epitapbium  tribuentem  (cf.  De  Sen. 
phil.  libr.  reo.  p.  31,  2)  quibue  annie  primie  post  Neronis  occaeum 
Ootavia  fabula  praetextata  compoeita  est;  nimirum  Roeebaohiae 
opinionem  protulit,  opinionis  rationem  addere  eupereedit.  nee 
vero  diutius  commorandum  eet  in  eententia  Baehrenei,  qui 
C.  Sulpioio  Apollinari  perioebarum  Terentianarum  scriptori  epita- 
pbium impertivit  (Poet.  lat.  min.  V  p.  386).  immo  reiectie 
nugie  de  eermone  Annaeano  epigrammatie  quaeetionem  inetitui 
par  eet.  cuiue  eingula  yerba  dictionee  eententiae  percurrentem 
primum  offendit  coneuetudinie  Annaeanae  memorem  y.  3  'ilioet' 
vox  a  Seneca  poeta  vitata  ^.  et  praeeertim  cum  ilicet*  in  ipeo 
capite  yereue  beroici  eollemniter  collocayerint  cum  Yergilio 
(Aen.  2, 424.  7,  583  al.)  qui  post  Vergilium  'ilicet^  non  grayati 
sunt  poetae  Romani  yetuetioree  (cf.  Korn-Ehwald  ad  Oy.  met 
15,396),  qnalie  usus  particulae  yersu  epitaphii  3  ^me  procul  a 
vobis  deus  eyocat:  ilicet  actis  .  .  .  obyiam  est,  is  aegre  An« 
naeanus  fertur.  at  posteriores  poetae  latini,  quippe  qui  inde  a 
quarto  saeculo  'ilicet*  frequentent  ut  Ayienus,  Claudianus,  Pauli- 
nus  Nolanus,  Martianus  Capeila,  Alcimus  Ayitus,  Corippus  alii 
(üf.  Langen  ad  Val.  Fl.  2,  186),  in  quayis  Hede  versus  particulam 
promiscue  usurparunt.  etiamn  singulis  locis  praeter  limen  versus 
iam  apud  Vergilium  (8,223)  et  Valerium  Flaccum  (4,451) 
'ilicet'  inyeniri  dissimulandum  non  eit,  tamen  nemo  monitus 
negabit  liberiorem  in  versu  collocationem  adyerbii  posteriore 
demum  aetate  increbrescere.  Avienus  verbi  causa  quibus  locis 
'ilicet'  dixit  Ar.  340  et  1184,  iis  in  medio  yersu  posuit.  Pauli- 
nus  Nolanus  ter  (carm.  15,  177  p.  59  H.  16,  72  p.  70.  19,  504 
p.  135)  adyerbio  neue  eet,  cum  eemel  (15,  177)  vereu  ineunte 
locaret.  apud  Claudianum  bie  aeque  atque  in  epitaphio  quinto  heroici 
pede  particula  inhaeret  1,211  p.  11  B.  et  carm.  min.  25, 140  p.  307. 
quorum  locorum  alterum  ei  evolverie,  ut  in  epitaphio  'evocat'   ita 


*  üt  de  copia  et  usu  verborum  Seuecae  poetae  expeditiua  iudicium 
fiat,  index  plenus  verborum  tragoediarum  mihi  praeato  est,  comparatus 
sumptibus  F.  Habruckeri,  bybliothecari  Regiroontani  nuper  defoncti, 
ab  marita  eius  benigne  mihi  oblatus. 


394  Bickel 

'rocat  apud  Claudianum  'ilicet  adverbio  excipi  cum  similitudine 
quadam  eententiarum  videbis.  contra  Seneca  Oed.  598  pone 
'convocat'  in  iambis  'ilico',  orationi  pedeetri  verbnm  conveniene, 
adhibuit.  atque  post  illustratum  nsum  epitapbii  proprium  parti- 
culae  'ilicef  Senecam  ipeum  'ilico'  ueurpantem  paocis  peretringere 
liceat.  qui  cum  in  tragoediis  ueue  sit  'ilico^  ei  in  oratione  solnta 
poeuerit,  mirum  non  videbitur.  verendum  igitur  est  ne  epist.  70,  5 
'circumepicit  numquid  illo  (flio  codd.)  deeinendum  sit'  Henseue 
iliöo'  pro  'illo  a  Madyigio  scriptum  nimia  acerbitate  impro* 
baverit.  quam  facile  in  formas  pronominis  'ille'  librariorum 
incuria  ilico'  in  codicibus  medii  aevi  abierit,  vel  Taciti  parti- 
cula  saepius  usi  loco  quodam  oetenditur  bist.  4,  34,  13,  ubi  ex 
*illic*  tradito  'ilico'  factum  ediloree  receperunt.  iam  vero  Senecam 
'ilico  deeinendum^  dixisee  eo  magie  persuaeum  babebie,  quia  lo- 
cutio  desinendi  ilico  ipea  etiam  Ciceroni  (cf.  Tusc.  2, 50  'ilico 
desinii)  probatur.  caeu  autem  factum  esse  videtur,  ut  pluribns 
locie  apud  Senecam  Mlico'  vox  labem  pateretur.  nempe  etiam 
epist.  95,2  'adclamatur:  recita  recita,  ab  iis  qui  illum  ommute- 
scere  illic  (sie  codd.)  cupiunt'  vetus  est  conieetura  Erasmi  *ilico* 
ex  'illio  reetituentis.  relinquitur  ut  de  apocol.  4,  2  verbum 
ßat,  ubi  Lachesis  Pboebi  iussum  quam  expeditissime  exsecuta 
esse  narratur  verbis  'fecit  illud  plena  manu',  cum  de  'illudP 
vere  relato  editores  dubitent.  quorum  Dallius,  *Tbe  satire  of 
Sen.'  (1902)  p.  171  quod  peculiarem  pronominis  'illud*  signi- 
ßcatum  boc  loco  sibi  agnoscere  videtur,  adeundus  est  Isleibins, 
dies.  Marp.  (1906)  p.  59  s.,  a  quo  perlustrato  diligenter  Annae- 
ano  pronominis  'ille  usu  tamen  nil  lucri  ad  sustentandum  apocol.  4,  2 
'illud*  abstuleris. 

verum  redenndum  est  ad  epitapbium,  quo  praeter  Mlicet' 
alia  verba  recentem  auctorem  produnt.  et  ^terreni*  quidem 
adiectivum  quid  valeat  in  sententia  v.  3  s.  'actis  rebus  terrenis, 
bospita  terra,  vale*  acrius  intueri  nunc  maxime  iuvabit.  denotari 
autem  'res  terrenas*  a  poeta  in  peius  sensu  adiectivi  'terreni' 
deflexo  quasi  bumiles  et  angustas,  v.  1  et  2  ubi  soUicitantes 
animum  res  humanae  carpuntur,  diserte  probant.  atque  ea  signi- 
ßcatione  praeditum  non  invenitur  Wreni'  adiectivum  in  epitaphiis 
Romanorum  nisi  in  christianis ;  cf.  Carm.  epigr.  679, 4.  704,  23 
'terrenas  .  .  .  labes*.     783,  2  Yen.    Fort.  carm.  4,  8,  1  p.  84  L. 

'terrena cura  1      Eug.  Toi.  carm.    22,  5    p.  249  V.    nee 

vero  corpus  bumanum  ut  ex  terra  factum  (cf.  Carm.  epigr.  974,  4 
*cini8  sum,  cinis  terra  est*.     1532  Bergk  poet.  lyr.  gr.  Π  ρ.  239 


De  epitaphio  Senecae  395 

V€Kpoc  bi  Konpoc,  γη  b'  ή  κόπροο  iciiv)  cum  terrenum  vocatur, 
iis  locie  peculiaris  christianus  usus  adiectivi  statuendus  est ; 
nempe  vel  Seneca  dixit  de  corpore  ipsius  vivi  epist.  102,  22 
*gravi  terrenoque  detineor\  quamquam  in  carrninibus  sepulcra- 
libus  'terreni'  vox  etiam  de  corpore  posteriore  demum  aetate 
idque  maxime  apud  christianos  frequentatur ;  cf.  Carm.  epigr. 
591,  1.  688,  4.  734,  3.  1366,  3.  1389,  8  Ps.  Damas.  92.  7  Carm. 
cod.  Petav.  11,32  p.  189  P.  ceterum  quod  'terreni'  nomen  β 
regione  verborum  'caelestis'  sim.  iam  apud  vetnstos  ponitur  (cf. 
Sen.  Herc.  f.  601  quisquis  ex  alto  aspicit  terrena*.  Hör. 
carm.  4,11,27  Gell.  14,1,3),  id  nibil  oranino  facit  iu  eum 
adiectivi  usum  Senecae  ipsi  vindicandum,  qualis  in  epitaphio 
Senecae  idemque  ubicuroque  in  litteris  christianis  obvius  illustratur 
synonymis  ut  Lact.  inst.  2,  22,  14  'fragilis*  Eug.  Toi.  carm.  14,  30 
8.  p.  213  V.  'caducus*  aliis.  quin  vi  hac  insignis  cbristianorum 
loquelae  vide  ne  adeo  fuerit  *terreni'  vox  peculiaris,  ut  inter 
ethnicos  in  epitaphio  Agorii  Praetextati,  hominis  Symmacho 
familiari  nobilis,  Carm.  epigr.  111,18  s.  'quid  nunc  honores  aut 
potestates  loquar  hominumquo  votis  adpetita  gaudia?  quae  tu 
caduca  ac  parva  semper  autumans'  ...  de  consulto  Herrenf 
epitheton  vitatum  esset;  certe  Eug.  Toi.  carm.  14,30  s.  et  ipse 
de  'honoribus  opibus  caducis*  locutus  non  praetermisit,  quin 
insuper  Wrenorum  lucrorum*  mentionem  iniceret. 

unius  igitur  in  vocis  significatione  cbristianum  elogii 
Annaeani  scriptorem  deprehenderis.  mirum  autem  deinceps  acci- 
disse  videtur,  ut  totius  enuntiati  cniusdam  christianus  color  in 
epitaphio  Senecae  occurrentis  eos  qni  adhnc  in  epitaphio  versati 
sunt,  fugeret  v.  3  ^me  procul  a  vobis  deus  evocat'.  Pascalius 
quidem  ('Atene  e  Roma'  1907  col.  23)  satis  babuit  sententiae 
illi  super  deo  scriptae  in  sedes  caelestes  hominem  vocante,  quam 
vere  Annaeanam  probaret,  Senecae  dial.  7,  15,  5  *  sapiens  habebit 
in  animo  vetus  praeceptum:  deuni  sequere*.  epist.  107,  12,  talia, 
tamqne  similiores  cogitationes  addere.  attamen  quas  opiniones 
de  morte  eapientis  et  de  deorum  arbitrio  in  excessu  sapientis 
exercito  Seneca  litteris  mandaverit,  quöniam  rem  absolverunt 
I.  Pitiue  i*La  mort  et  la  vie  future  dane  Sέnέquβ'  1884)  W. 
Ribbeokius  f  Seneca  .  .  .  und  sein  Yerhältnise  za  d<  Chi  ten- 
thum'  1887)  alii,  fusiue  dicere  ^n        rte 

patere  sapienti  ad  deos  euos  : 
tem  ipsum  se  die  reddere  (V 
iactaverit,    tarnen    merito 


896  Bickel 

ι 

:  mortem  evooante  sapieiitem,   philosophus,  sui  interemptor  qui  d 

•  yita  deceseit,  loqueretur.  eatiue  igitur  putaverie  quaerere,  qn 
1  tandem  aetate  in  carminibue  sepulcralibus  latinis  deus  coeptu 
i  Bit  dici  hominum  animae  ad  euperofl  evocare.  ipsum  autei 
t  ^evocandi^  verbum  eodem   eenea   qao  in    epitaphio  Seneoae   asui 

•  patam  non  contigit  invenire  in  aliie  epitaphiis  latinie  nisi  in  ud 
'  Carm.  epigr.  1277,  1  'fanctus  honorato  senio  plenueque  dierui 
'  evocor  ad    euperoe*.      atque    boc    Carmen  in    epitapbio  Annaean 

elaborantem  yel  eo    magnopere   debet  delectare,    quia   remediui 
;  mortis  in  eo  adbibitum  y.  3    reddeie  depositum  lex  est^  Seneca 

^  rem.    fort.   2    'gentium    lex    est    quod    acceperis    reddere     sapil 

j.  tarnen  ad   aetatem    et   indolem    epitapbii    Senecae   definiendas   e 

'*  epigrammate  illo  desperandam  est  lucem  peti  poese,  utpote  quo 

Carmen  tria  disticha  complexum  ex  parte  maiore  adnlteratum  ees 
Buspicio  Bit.     ne  testimonio  iniirmo,  ambiguo  innitamur  indagante 
|!  ubinam  apud  yeteres  deus  dicatur  defnnctos  evocare,  Carm.  epigi 

\  1277   diligentiuB   inepecto,    abstinendum   ab    eo    CBse   indicayerii 

quod  81  adeo  Bit  exiguus  qbub  yerbi  'eyocandi'  in  carminibu 
aepulcralibuB,  de  dictione  *me  .  .  .  deue  evocat'  epitapbii  Annaeai 
monere  aufficiet  communi  sermoniB  yetueti  conBuetudine  mortnu 
eyocari  dici,  cum  animae  ex  Orco  citentur  (cf.  Norden  ad  Ver^ 
Aen.  6,  749.  Sen.  Med.  705.  754  Oed.  393  Antb.  lat.  406  R.] 
qua  autem  significatione  'eyocat*  in  epitapbio  Senecae,  *evocoi 
Carm.  epigr.  1277,  2  usurpentur,  eam  verbi  'evocandi'  eign: 
ficationem  elogiis  funebribus  latiniB  non  illuetrari  niei  cbrietiani 
talibus:  Ennod.  carm.  2^  95,  6  p.  172  V.  Miic  reddeuB  tumnli 
cineree  ad  celea  yocatuB  BpirituB*.  Carm.  epigr.  662,  8  *ad  alt 
yocariB*.  712,  1  caeleeti  sorte  yocatuB*.  718,  7 'dominuB  yocayit' 
790,  2  ^quem  dominuB  yocane  .  1365,  3  b.  'famulam  tu,  Christ« 
tuam...ad  tua  regna  yocas'  (cf.  etiam  Paul.  Nol.  carm.  31,  19< 
p.  314  H.  Antb.  Pal.  8,  47.  69).  eo  yerbi  Vocandi'  usu  Christian 
reepecto  origo  dictionie  qualis  est  'me  deus  eyooat'  apparel 
ceterum  quae  quidem  eententia  locutionibuB  illis  christianis  subsil 
banc  etiam  in  carminibuB  eepulcralibue  philoeopho  quodam  color 
fucatiB  yeterum  obviam  iieri  ultro  fatendum  est.  verum  poeta 
pbiloBopbi  de  reditu  animarum  in  caelum  (quem  inter  latino 
ManiliuB  4,  887  cecinit  praeter  ceteros)  diversas  dictiones  ad 
hibuerunt  atque  epitapbistae  cbristiani;  cf.  Carm.  epigr.  611, 
'munduB  me  sumpeit  et  astra'.  1061,  11  b.  1108,  2.  1109.  2 
me  . . .  Venus  ...  in  caeli  lucida  templa  tulit'.  1206,  5  'animan 
eacer  abstulit  aer.     1339,  3.  1535  Α  8.  ibid.  B.  1  'aurae  etuler 


I)e  epiiapliio  SeneöAd  39t 

parvotum*.  1559,  13  Anth.  lat.  345,  18  R.  quarnquain  de  obitu 
'vocandi*  verbo  adscito  vulgo  antiqui  dixerant  talia  καλέεΐ  μ'  eic 
Ά%ην  θάνατος*  (Anth.  Pal.  7, 731, 2),  'mors  vocet*  (Sen.  Ag.  591), 
Yata  vocassent^   (Carm.  epigr.  391,  3)  ^ 

post  excultam  poeein  cbrietianam  epitapbinm  Senecae  faetam 
esse  eermonis  proprietates  in  altero  disticho  epigrammatis  occur- 
rentes  indicant.  priusqaam  vero  ad  tertii  disticbi  epigramma 
clandentis  res  et  yerba  sub  examen  vocanda  traneitus  fiat,  etiam- 
nunc  de  'hoepita  terra',  locutione  alteriue  distiebi  pauca  adnotari 
debent.  quae  locutio  qaamviB  necessario  ne  ab  ipeo  quidem 
Sendca  abiudicanda  sit,  tarnen  eandem  convenire  vel  infimae 
aetatis  poetis  oetendere  in  animo  est.  eo  auteni  sensu  ^bospita 
terra'  in  epitapbio  appellatur,  quo  sensu  ^bospitalem  locum'  plane 
eadem  imagine  usus  Seneca  dixit  in  sententia  epist.  102, 24 
'quidquid  circa  te  iacet  rerum,  tamquam  bospitalis  loci  sarcinas 
specta  ;  transeundum  est\  quominus  appellationem  *ho8pitne  terrae 
ipsam  quoque  certo  demonstrare  putemus  recenti  aetate  epitapbium 
Senecae  confectum  esse,  usus  effusus  impedit  'bospitii'  vocis  eins- 
demque  stirpis  vocum  translatus,  quo  etiam  Senecae  temporibue 
res  buius  vitae  apud  Latinos  signiiicantur.  veluti  Seneca  ipse, 
praeter  quod  *hospitalem  locum*  terram  dixit,  'hospitium'  corpus 
humannin  vocavit  Graecos  pbilosophos  secutus  epist.  120,  14 
*nec  domum  esse  boc  corpus,  sed  hospitium,  et  quidem  breve 
liospitium,  quod  relinquendum  est,  nbi  te  gravem  esse  hospiti 
videas'.  atque  buic  de  corpore  buniano  dogmati  apud  Senecam 
obvio  similes  sententiae  in  carminibus  sepnicralibus  inveniuntur 
iam  inde  ab  aetate  Ciceronis,  cf.  Carm.  epigr.  57,4.  91,  1.  998,4. 
nee  non  in  carmine  quodam  sepulcrali  Neroniani  aevi  'bospitii* 
voce  aedes  translate  appellantur  Carm.  epigr.  1488,  1  s.  aedis 
aediiirat  dives,  sapiens  monumentum.  bospitium  est  illud  corporis 
hie  domus  e8t\  quae  philosopha  aedium  signiiicatio  per  imaginem 
'  bospitii'  facta  sepulcri  vocabulo  quod  est  'aeterna  domus'  respondet, 
in  multis  et  ex  parte  quidem  vetustis  titulis  reperto,  Carm. 
epigr.  57,  3.  59,  19.  72,  3.  88,  I.  96,3.  1055,9.  1190,6.  1552  Α  67. 
ceterum  e  contrario  ut  sepulcrum  ^hospitium'  dicati^r,  id  quoque 
accidit  in  carminibus  sepulcralibus  Romanorum,  neque  nllius  aevi 
homines  magis  decebat  pro  sepulcro  *  bospitii*  nomen  ponere,  quod 

1  Quae  rata  sunt  de  locutionibus  poetarum  christianorum  et  ethni' 
corum  spectantibus  ad  animas  in  caelum  redeuntes,  vim  habent  ad 
supplenda  Carm.  epigr.  1198,  15  s.  '[care,  Verecundum  quem  ob  mores 
labej  vooaruQt  immunes*,  alia. 


398  Bickel 

posaerunt  etiam  yetasü  (cf.  Carm.  epigr.  89,  4.  242.  460, 
1274,  4.  1249, 6.  1559,  4),  quam  cnm  ex  eepuloris  patefac 
brevi  carnie  reenrrectionem  futnratn  esse  sperabant  chrietiani  ( 
Carm.  epigr.  302,  11.  788,2.  789,  3.  1427,  6) ;  qua  de  reeurrectio 
plurimus  est  inter  poetas  christianoe  Prudentius,  cf.  cath.  10,  140 
p.  64  D.  apoth.  10G3  β.  ρ.  126.  iam  vero,  siquidem  pro  antiq 
sepulcri  eignißcatione,  qnae  e^t  'aeterna  domus*,  accepta  est 
recenti  chrietianoram  sermone  'hoepitii'  eigniiiüatio,  vel  ex  Yi 
ipso  intellegitur  epitaphii  Annaeani  locutionem  Miospitae  tern 
etiam  poeteriorie  aevi  carminibus  sepulcralibus  eaneqaam  convenii 
praecipue  autem  id  ipeum  adiectivum,  cuius  forma  in  epitapli 
eat  'hospita*,  ntpote  a  Seneca  vitatum,  a  poetin  chrietianie  ci 
licentia  adhibitum  Ruadet,  ut  etiam  in  verbis  'hospita  ten 
recentem  epitapbii  auctorem  agnoscnmus.  Venantius  quid« 
Fortunatue  in  Servilionie  presbyteri  epitapbio  dictione  Miof*pit 
luciR  endem  ratione  urub  est,  qua  in  Senecae  epitapbio  ^bospi 
terra*  legitur,  carm.  4,  13,  1  p.  88  L.  'brevifl  bic  et  boMpi 
(inboRpita:  cod.  L)  lux  eBt'.  atque  adeo  Fortunato,  poet 
cbriRtiano  notionem  illam  'boBpitae  terrae'  obverRatam  crro  co 
cedee,  cum  idem  in  Rasili  epitapbio  carm.  4,18,26  ρ  91  amicv 
mortnum  'patriam  caeli'  tenere  dixerit.  deinde  quantum  adamari 
adiectivum  'hospiti'  poetae  recentee,  Prudentius  teRtis  eflt  Rente 
tiam  veterem  de  corpore  bumano  Miospitio'  animi  profeRRUs  talib 
catb.  10,  31  p.  60  D.  'animuB  .  .  .  vebit  boRpita  viRcera  Rerur 
pOBtremo  etiam  alia  pauca  exempla  adiectivi  'bospiti  in  po« 
recenti  latinorum  vario  uru  adbibiti  promere  licebit:  Claud.  9, 
p.  125  B.  ^hoRpita  terra*.  Merob.  poet.  80  p.  14  V.  Carm.  cc 
Petav.  2,  2  p.  183  P.  Drac.  laud.  dei  2,  296  p.  76  V.  Enno 
carm.  2,  56,  9  p.  157  V.2,  76,  1   p.  162  Eug.  Toi.  46,  4  p.  259 

tertium  distichon  epitapbii  Annaeani  'OorpuR,  avara,  tam< 
eollemnibuB  accipe  eaxifl:  Namque  animam  caelo  reddimuR,  es 
tibi',  quo  Terrae  appellatio  incboata  in  altero  diRticbo  continnatu 
plus  yalet  ad  aetatem  et  originem  epigrammatiR  enucleand; 
quam  alternm  dieticbon.  nimirum  cbriRtiani  aevi  Carmen  epitapbin 
Senecae  esse  statuere  parum  est;  artioribus  terminie  auctore 
eins  circumRcribere  conandum  erit.  videtur  autem  ex  yert 
^corpus,  avara,  .  .  .  sollemnibuB  accipe  saxia  intellegi  posc 
qualem  cogitationem  funeria  quo  Seneca  elatus  esRet,  monumer 
in  quo  oRRa  eiuR  recubarent,  epitapbii  Annaeani  scriptor  anin 
foverit ;  inde  vide  ne  de  tempore  pcriptorie  quid  Iucir  capiatv 
praesertim  cum  de  eo  quod  reapee  fnerit,    Senecae  funere  aliqt 


t)e  epStaphio  Senecäe  39d 

modo  certioree  facti  eimus  Taciti  testimonio  ann.  15, 64  ^exani- 
matue  sine  ullo  funeris  sollemni  crematar.  ita  codicillis  prae- 
Bcripeerat^  'eollemnia  saxa  sepulcri  Annaeani  qaid  sibi  velint 
celebrata  in  epitaphio  ipsum  Senecam  anctorem  prae  se  ferente 
Rcire  inoundnin  ent.  quemadmodum  autem  orematnm  esse  corpus 
Senecae  Tacitas  memoriae  prodidit,  eic  de  nrna  in  busto  vel 
potiue  in  monumento  aliqno  condenda  (cf.  Marqnardt-Maa,  Ant• 
Rom.  priv.  I  p.  380  s.)  nnm  apte  dicantar  verba  'corpus,  avara, . .  • 
Rollemnibus  accipe  saxis'  proximum  est  ut  expediatur.  modo  at 
id  quod  revera  fuit  Senecae  sepulcrum,  ante  oculos  habuerit 
epitaphii  scriptor,  primum  arguendus  est  cineres  Senecae  in  urna 
cinerariove  conditoe  significasse  insolenter  nomine  'corporis*, 
neinpe  eadem  licentia  nt  in  epitaphio  pro  inscriptione  veri  sepulcri 
liabito  Senecae  etiam  in  aliis  epitaphiis  latinis  pro  cinere  translate 
corporis  nomen  poni  concedi  nequit.  noli  vero  audaciorera 
URum  vocabuli  'corporis*  reliquias  combusti  hominis  signiiicantis 
in  carminibns  sepulcralibns  latinis  obviuro  esse  inconsulte  credere 
lonis  talibus  in  medium  productis  qualis  est  Carm.  epigr.  403,  8 
et  cinis  in  tumnlo  iacet  et  sine  nomine  corpus',  ubi  Vergilianus 
floBculus  Aen.  2,  557  s.  'iacet..  .et  sine  nomine  corpus*  orationi 
epigrammatis  intexitur,  licentia  verbi  ea  ipsa  re  affatim  excusata. 
atque  omnino  id  quidem  libenter  fatebimur  non  tarn  per  trans- 
lationem  quam  per  imaginem  varia  ratione  cum  alias  res  ntcumque 
ad  corpus  defuncti  spectantes  ut  flores  sepulcri  (cf.  Carm. 
epigr.  391,5.  1184,  18  'hoc  flos  est  corpus  Flayiae  Nicopolis*), 
tum  praecipne  reliquias  combustorum  nomine  'corporis'  in  sermone 
poetico  hie  illio  vocari ;  cf.  Prop.  3,  18,  32  'corpus  inane'.  Carm. 
epigr.  1049,  2,  talia.  sed  licentior  iste  usus  vocabuli  'corporis' 
etiam  pro  cineribus  positi  ut  aegre  probetur  extra  imaginem 
qualicumque  ratione  indicatam,  loci  commovent  in  poesi  sepulcrali 
Homanorum  occurrentes  haut  pauci,  quibus  diserte  opponuntur 
cineres  vel  ossa  mortuorum  corporibus  eorum;  cf.  Carm.  epigr.  67,  5 
'ossa  dedi  Terrae,  corpus  Volchano  dedi  .  405,  1  s.  'corpus .... 
arsit  et  in  cineres  iacet  hie  [versum]  adque  favilla .  590,  2. 
1168,  5  8.  1206,  5.  1*222,  4  'cinis  est  corpus  quod  fuit  ante 
meum'.  (cf.  etiam  Kaibel,  Epigr.  6r.  432,  4  al.).  iam  vero 
de  latiore  neu  vocabuli* corporis'  in  epitaphiis  latinis  obvio  post- 
quam  quaestio  institnta,  expedita  est,  faoilins  iudicaveris  diotionem 
'corpus,  avara,  .  .  .  sollemnibue  accipe  saxis'  elogii  Annaeani 
male  congruere  cum  Tacito  crematnm  esse  corpus  Senecae  referente. 
immo  vel  hoo  nomen  ^corporis*  in  eententia  tali  atque  in  epitaphio 


400  Öickel 

Senecae  ueorpatum  eatie  certum  indicat  hamatum  esse  corpne 
Senecae  sumpsisee  epitapfaii  auctorem  neglegentiae  insigni  obnoxium. 
qoae  interpretatio  verborum  '^corpns,  avara,  .  .  .  sollemnibtts 
aocipe  eaxis'  egregie  iie  firmatur,  quae  de  ipsie  '^eollemnibos  saxis' 
epitaphii  Annaeani  sfatim  dicenda  sunt;  nimirum  üs  terra  'avara* 
(cf.  Sen;  Herc,  f.  782  *avari  Ditis'.  Carm.  epigr.  1034,  3)  corpus 
Senecae  äccipere  iubetnr.  significari  aatem  ablativis  illis  qui 
sunt  ^sollemnibus  saxis,  in  terra  locam  certam,  ubi  corpus 
Senecae  condatur,  veri  simile  fit  e  structurä  verbi  'accipiendf 
utpote  consuetudine  trita  iuncti  cum  ablativo  loci  inde  a  temporibus 
poetarum  neotericorum  (cf.  Hey,  Tbes.  ling.  lat.  I  311,43-6;); 
et  apponitur  quidem  in  simili  sententia  atque  in  Senecae  epitapliio 
verbo  aceipiendi  ablativus  loci  etiam  apud  Silium  11,  3e4^accepit 
tellus  ossa  inviolata  sepulcro'.  (cf.  etiam  Prud.  cath.  10,  125  s. 
p.  63  D.  "^nunc  suscipe,  terra,  fovendum  gremioque  hunc  coneipe 
moUi*.  Carm.  cod.  Petav.  13,  1  p.  190  P.  Carm.  epigr.  1477 
^susöipe,  terra,  .  .  .  corpus').  iWc  non  Carm.  epigr.  1066,  1  β. 
Mmmatura  sinu  tellus  levis  accipe  Grati  ossa  et  legitimo  more 
sepulta  fove'  coraparari  debet  cum  Senecae  epilaphio  propter  rem 
et  verba  singula.  quatnquam  in  hoc  carm  ine  epigraphico  iiitel- 
legitur  sinus  telluris  loculns  colnmbarii;  quocirca  id  Carmen  nil 
facit  in  epitapbium  Senecae  interpretandum  tamquam  panctum  <le 
corpore  humato.  cave  autem  ne  te  'praetereat  inter  loquelam 
elogii  Annaeani  et  Carm.  epigr.  1066  quod  intercedit  discrimen. 
mehercule  non,  si  urna  in  nolnmbario  condita  facete  significata  est 
imagine  telluris  quasi  sinu  suo  ossa  defuncti  accipientis  (qua  de 
imagine  cf.  Anth.  Pal.  7,  ?»21,  l  γαϊα  φίλη  tov  npicßuv . . .  f νβ€0 
κόλποκ.  368,  5  s.  χαίροκ  . . .  χθων  μ€  . .  .  κόλποκ  . .  .0€Εαμένη. 
476,  9  Kaibel,  Epigr.  Gr.  56,  1.  214,  7.  237,  3.  al.),idcirco  ad  funus 
combusti  hominis  pari  modo  referre  fas  erit  dictionem  corporis  sollem- 
nibus  saxis  a  terra  accepti.  certe  priusquam  locutionem^eoUemnium 
saxorum'  de  urna  vel  loculo  columbarii  probe  dici  concedatnr, 
curiose  videndum  erit,  ubinam  in  Romanorum  sepulcrie  ver- 
sibus  iescriptis  'saxorum'  nomen  aut  saltem  nomen  simile  quid 
et  ea  quidem  nomina  exdrnata  epithetis  talibus  quäle  sit  adiectivum 
*8ollemnis'  inveniantur.  praeter  cippum  autem  et  tabulam  in 
titnlis  sepulcralibus  latinis  antiquitus  vocabulo  *8axi*  appellata 
(cf.  Epitaph.  Paciiv.  Gell.  1,  24,  4  Carm.  epipr.  611,  5.  848,  1. 
1278,  5  alia)  aevo  imperatorio  praeisertim  'sarcophague',  similia, 
audiunt  *saxa*  vel  etiam  Mapides',  ^marmora' ;  cf.  Carm.  epigr.  456, 
5.  477,  3.  516,   7  s.  565,  3.  637,  5.  1523  2.  1580,6  alia.     atque 


De  epitäpbio  äenecAä  4Ö1 

in  sarcopbagis  deecribendis  laudibne  etiam  tollontar  apad  Venetoe 
Carm.  epigr.  640,  9  'pulcra  de  mannore  eedee\  apad  Hiepanos 
inferiore  aetate  yel  iniima  Carm.  epigr.  1397,  1  Eng.  Toi.  oarm. 
29,  5  p.  253  y.  'pretiosa  marmora',  ita  nt  ipsa  sollemnia  saxa 
epitaphii  Annaeani  obiter  in  mentem  veniant  oeteram  id  in 
transitn  affirmandnm  ^eollemnis  adiectivnm  in  epitaphio  Annaeano 
saxorum  nomini  attributnm  non  recte  intellegi  nisi  dictum  de 
pretio,  ornatu,  qaalitatibas  eiusmodi  eepalcri  eaxei;  at  qualia  de 
sepulcro  'sollemnibns  donia'  colendo  legantur  Carm.  epigr.  568,  5, 
itemque  alia  in  titnlia  eepolcralibus  de  innere  legitime  obeervando 
defunctornm  (cf.  Carm.  epigr.  106,  2.  310,  3.  701,  4.  1066,  2), 
ea  a  senRU  eollemnium  saxoram  laudatornm  in  epitaphio  Annaeano 
remotiora  eeee.  nee  non  etiam  id  in  transitn  moneri  debet,  quan- 
tum  discrepent  a  Seneca  ipso,  philoeopho  stoico  despectante 
8ollemne  fanus,  quin  potius  omne  funue  (of.  dial.  9,  14,  3  rem. 
fort.  5,  3  8.  epiet.  92,  34)  yerba  *  corpus  .  .  .  sollemnibus  accipe 
eaxis^  epitaphii  Annaeani;  quae  verba  a  gennina  Senecae  cogi* 
tatione  utique  abhurrent,  eive  ad  ornatnm  sepulcri  eplendidum 
probavisti  epectare  eollemnium  saxorum  significationem,  sive  ad 
funus  de  more  factum  haec  verba  referuntur.  nee  vero  attinet 
in  argumento  quo  nihil  nisi  snbditivum  esse  epitaphinm  Senecae 
firmetur,  versari  diutius.  redeundum  est  ad  eam  quaestionem, 
quae  de  Romanorum  sumptu  in  sepulcris  saxeis  facto,  versibue 
celebrato,  eo  animo  modo  instituebatur,  ut  certins  definiretur, 
quihuBnam  'eollemnibus  saxis'  corpus  Senecae  accipere  terra 
iuberetur  in  -  epitaphio  spurio.  cum  pretioso  sarcophagorum 
marmore  epitaphistis  recentibus  rem  esse  supra  explorabatur. 
vetusta  autem  aetate  monumenta  pulohris  saxis  exstructa  in  car- 
minibus  sepulcralibus  latinis  saepius  tractantur;  cf.  Carm.  epigr. 
58,  5  8.  ^monumentum  indiciost  saxso  saeptum  ac  marmori  cir- 
cum  8tip>itum  moernm  multeis  millibus'.  1170,  2.  1246,  3  s. 
1552  Α  42  8.  sie  stare  nitentes  consensus  lapidnm*.  ibid.  Β  8 
'iunctie  saxa  polita  locis .  et  facile  aliquis  concesserit  pro  monu- 
mento  splendido  et  sumptuoso  dictionem  talem  qualis  sit  'soliem* 
nium  saxorum'  haut  inficete  per  synecdochen  poni.  sed  ut  in 
epitaphio  Senecae  terra  tamquam  gremio  euo  corpus  Senecae 
accipere  iubetur,  ita,  si  modo  monumentum  intellegitnr  sub 
sollemnibus  saxis  epitaphii  Annaeani,  certe  nil  nisi  hypogaeum 
vel  crypta  intellegi  sobrie  potest.  cum  vero  in  vetustiore  poesi 
sepulcrali  latina  conditoria  subterranea  versibue  elata  frustra 
quaerantur,    apud    christianos   cryptae    artificiit  et  saxis  nobile• 

Rbeio.  Mo•,  f.  PhUol.  H.  F.  LXIIX.  26 


40^  Wickel 

oarminibue  funebribus  eaepios  estollnntur;  cf.  e.  g.  Pe.  Dama 
epigr.  82,  2  s.  83,  1  β.  Prud.  perist.  11,  153  β.  ρ.  448  D.  ibi 
187  8.  ex  quo  Damaeus  papa  epigrammata  in  laudes  homina 
eanctorum  marmoribus  incidenda  curaTÜ  (cf.  Ihm,  Damae.  epig 
praef.  p.  VII),  etiam  sepulcrorum  marmoreorum  eplendorem  poet) 
ohrietiani  sednlo  canebant.  atque  inter  varia  sepulcra  subterrani 
a  poetis  christianis  celebrata  eorum  memoriam  refoveri  nui 
maxime  conducit,  quae  foseis  constant  vestitis  teotisque  marmor 
bus  pretiosis;  de  quibae  sepulcris  cf.  Prud.  perist.  3,  194  β. 
339  D.  'relliquias  .  .  .  servat  humus  veneranda  sin  α.  tecta  coru8( 
euper  rutilant  de  laquearibus  aareolis  eaxaque  oaeea  solu 
variant'.  cath.  10,  53  p.  61.  ibid.  171  p.  65  Paul.  Nol.  cari 
21,  586  8.  p.  177  H.  ibid.  624  s.  Mepressam  sub  tegmine  ma 
moris  arcam*.  epiet.  32,  17  p.  292,  21  8.  Pe.  Damae.  epigr.  79,  1 
*marmore  concludens  arcam'.  Carm.  epigr.  712,  21  8.  Hami] 
pretio8a  tegmina  firmane  praeetruxit  solida  e  cruetato  marmoi 
fulcbra\  721,  I  (in  Cordnbenei  regione.  sepulcri  tegumentui 
marmoreum  grande)  baec  caya  saxa  .  .  .  continet  membrs 
1622,  6  (Cordubae)  'sum  tecta  hie  eaxea  oava'.  nimirum  ar< 
depreasa  in  foesam  fultam  tectamqne  eaxis  lectis  liquido  sign 
ficatur  versa  illo  Terram  appellante,  qui  in  Senecae  epitaph 
est:  'corpus,  avara,  tarnen  sollemnibus  accipe  saxis*. 

quo  colore  christianorum  sepulcra  hominum  eanctorum 
Prudentio,  Paulino  Nolano  aliisque  eins  aetatie  poetis  laudantu 
tali  colore  propemodum  etiam  de  Seneca  condito  in  epitaphi 
eius  verba  iiunt.  atque  antiquiori  aevo  quam  Uli,  quo  etiai 
hexasticha  lueerunt  de  Ciceronis  titulo  duodecim  sapientes  (c 
Anth.  lat.  R.  603  s.  607),  aegerrime  quispiam  versus  de  Senece 
titulo  addixerit.  persuasnm  habemus  ipsa  sepulcra  sollemni 
Romanorum,  carminibus  descripta,  cum  epitaphio  Senecae  con 
parata,  momentum  haut  exiguum  habere  ad  definiendum,  quibi 
eaeculis  primis  tribuendum  sit  epigramma  demonstrativum  i 
Senecam  mortuum  factum,  contra  maiore  cum  periculo  verendu] 
est  ne  in  cum  temporis  terminum  inquiratur,  pone  quem  ortui 
esse  epitaphium  Senecae  rursus  denegandum  sit.  neque  enii 
incorrupta  prosodia  aut  elegiaci  numeri  eleganter  structi,  quibi 
excellit  epitaphium  Senecae,  ne  ab  infimae  quidem  aetatie  muc 
Romana  aliennm  esse  hexastichon  de  titulo  Senecae  certum  pn 
bant.  etenim  ipea  infima  aetas  Ennodios  tulit  et  epitaphi 
£nnodiani8  similia  corruentis  artis  vestigia  nulla  prodentia;  c 
e.   g.  Ennod.    oarm.   2,  6  p.  324  V.  Carm.    epigr.    1367.  141! 


De  epitaphio  Senec&d  40S 

praesertim  vero  ideo  debet  flactuare  iudicium  de  aetate  epitapbii 
Annaeani  inter  eaecula  plura,  quia  tralaiiciis  floscnlis  epigramma 
consutum  est.  et  primum  quideni  distichon  epigrammatis  nbi 
recurrat  quamvis  variatum  in  aliie  epigrammatie  latinis  graecis- 
que  initio  buius  quaeetionie  adnotatum  est.  tarnen  qoae  carmina 
illic  (p.  392)  ut  ab  aliie  congesta  in  medium  proposita  babes 
similia  primo  dieticbo  epitapbii  Annaeani,  iis  addere  Übet  titulum 
a  Kaibelio  conlatum  cum  epitapbio  Seuecae  Epigr.  Gr.  647,  1  β. 
(praef.  p.  XV),  itemque  alia  pauca  Romanorum  epigrammata, 
ubi  similiter  atque  in  epitapbio  Senecae  curae,  laborie  bonorum- 
que  finie  mors  praedicatur  Carm.  epigr.  1095,  5.  1340,  1  s. 
1362,  11.  1533,  5.  1829,  1  s.  quemadmodum  autem  absolato 
disticbo  primo  epitapbii  Annaeani  quasi  formula  quaedam  perfecta 
carminum  sepulcraliam  antiquorum  et  ipsa  absolyitur,  sie  alterum 
disticbon,  in  evocata  anima  Senecae  yersatum,  vide  modo  ne 
verbis  *me  procul  a  vobis  deus  evocat  satis  languide  con- 
glutinatum  sit  cum  rebus  hnmanis  calcatis  dieticbo  priore.  quam- 
quam  'procul*  adverbium  quod  in  enuntiato  'me  .  .  .  evocat* 
i.  q.  Ίη  longinquum*  valeat  simulque  copuletur  cum  verbis  *a 
vobis*,  id  nemo  sane  gravabitur;  quippe  simili  usu  adbibuerunt 
'procul  scriptores  et  poetae  latini  tam  recentes  quam  vetusti, 
cf.  e.  g.  Sen.  Pbaedr.  704  'procul  .  .  .  corpore  a  casto  amove 
tactus'.  Paul  Nol.  carm.  31,  532  p.  326  H.  'procul  a  nobie  mortis 
odor  fugiat*.  attamen  baut  scio  an  vere  sentiat  qui  consectatus 
originem  verborum  'procul  a  vobis*  sententiae  'me  .  .  .  deus  evocat' 
durius  insertorum  referenda  ea  verba  esse  dixerit  ad  locutiones 
in  aliis  exemplaribus  obvias  veteris  illius  primarii  carminis  fuuebris, 
quo  etiam  epitapbii  Annaeani  distichon  primum  continetur,  ad 
Carm.  epigr.  4U9,  9  'nil  ...  in  me  vobis  licebit*.  434,  14 
(1498,  2  al.)  'nil  mibi  vobiscum  est'.  Ps.  Eug.  Toi.  carm.  51,  4 
p.  282  V.  'voe  ite*.  (cf.  etiam  Antb.  Pal.  9,  49,  2  ουδέν  έμοί 
χ*  ύμϊν.  134,  2  ούκέτι  γαρ  οφβτέροκ  έπιτέρπομαι).  sed  hactenus 
de  antiquiore  carmine  intexto  epitapbii  Annaeani  distichis  primo 
et  alteri.  sequitur  ut  etiam  alium  flosculum  distichi  alterius  'actis 
rebus  terrenis'  facile  repeti  posse  e  communi  sermone  carminum 
antiquorum  probetur  conlatis  Carm.  epigr.  362,  2  *aevo  exsacto 
vitai .  394,  1  'peracto  tempore  vitae'.  695,  1  s.  'iustis  .  .  .  cursibue 
annos  egit'•  1866,  3  'exacto  vitae  .  .  .  euren'.  Carm.  cod.  Petav. 
9,  1  p.  187  P.  'transactis  cursibus  aevi*.  Ps.  Damas.  103,  7.  — 
denique  tralaticiis  e  locutionibus  epitaphium  Senecae  recenti 
aetate  compositum  esse   dilucide  perspicitar  pentametro  illo  qui 


404  bickel 

bexastichon  olaadit  ^namqne  animam  caelo  reddimue,  osaa  tibi\ 
nempe  Rcatent  epitaphia  antiqaa  versibus  eiuRmodi,  quibus  de- 
functornm  corpus  animae  opponitur,  terra  eonditum  caeleeti.  et 
occnrrnnt  quidem  versne  tales  iam  inde  a  vetustieflima  aetate 
vel  ante  Platonem  in  epituphiie  Atticifi,  iidemque  vereue  inveniuntnr 
etiam  p.  Cbr.  n.  saeculo  Rexto  apud  Oraecos,  cf.  e.  g.  Eaibel, 
Epigr.  Gr.  21,  5  αίθήρ  μέμψυχάο  ύπεοέΕατο,  €ώ[ματα  hk  χθων. 
150,  8  αιθερι  bouc  ψυχ]ήν,  οαιμα  bi,  Κεκροπίη.  159,  2.  642,  7 
τήν  ψυχήν  άττέόαικεν  ic  ά^ρα,  οώμα  bk  πρόο  γην.  646  a  3 
(ρ.  529)  ψυχή  μέν  πρόο  Όλυνπον  άνήλλατο,  οώμα  bk  πρ[0€ 
γήν.  1063.  3  οΐώμα  γαρ  έν  γαίη,  ψυχή  b'  elc  ούρανόν  βύρύν. 
inter  latina  autem  carmina  Repulcralia  landes  inmortalia  animae 
com  commemoratione  corporis  interenntis  locatione  una  iungentia 
ea  quidem  praecipae  accipe  quae  versum  epitapbii  Annaeani 
similitadine  insigni  attingant:  Carni.  cod.  Petav.  17,  3  p.  192  P. 
'ut  caelo  reddens  animam,  sie  membra  sepulcbro*.  Kug.  Toi.  21, 
22  p.  248  V.  'mox  animam  caelo,  membra  dedit  tumnlo*.  Antb. 
lat.  R.  661,4  ^dant  animas  caelo,  dant  sua  membra  solo*.  Carm. 
epigr.  692,  3  (a.  476)  'membra  solo  posuit,  celi  perexit  ad  astra*. 
755,  1  *corpu8  hurao,  animam  Christo,  Petroni,  dedisti\  778,  6. 
1354,  4  'ista  iacent  tumnlo,  gaudet  at  illa  polo'.  1362,  5  (a.  501) 
'astra  fovent  animam,  corpus  natura  recepit'.  1366,  4  (a.  512) 
*terrenum  tumulo  dans,  animam  superis'.  1392,  3  (a.  641)  'spiritus 
astra  petit,  corpus  in  urna  iacet*.  1394,  22  (a.  689)  *corpore  nam 
tumulum,  mente  superna  tenet'.  1420, 2  Wra  tenent  animam, 
caetera  tellus  habet'.  1433,  4  '^bustns  membra  tenet,  mens  caeli 
pergit  in  astra.  1561,  9  (a.  474)  'mente  petens  Christum  membra 
recondit  humo*.  Ven.  Fort  carm.  4,  5,  6  p.  82  L.  'membra 
sepulchra  tegunt,  spiritns  astra  colit*.  4,  12,  8  p.  88 'corpore 
qui  terras  et  tenet  astra  ftde'.  4,  14,  6  p.  89  carne  tenet  tumulum, 
Spiritus  igne  polum'.  4,  27,  5  s.  p.  99  'terrae  terra  redit,  sed 
Spiritus  astra  recepit:  pars  iacet  haec  tumulo,  pars  tenet  illa 
polum'.  neque  inter  tot  Komanorum  carmina  sepuloralia  simili 
genere  dicendi  usa  cum  epitaphio  Senecae  ullnm  invenitur,  quin 
recentissima  aetate  scriptum  sit  ab  auctore  christiano.  iam  vero 
in  id  insistendum  est:  etenim  quantumvis  locutio  illa  quae  versu 
ultimo  epitaphii  Annaeani  deprebenditur^  in  fatis  animae  caelestie 
corporisque  terreni  versata,  per  saecula  durayerit,  aeque  obvia 
temporibus  priscis  in  carminibus  sepulcralibus  Atticorum  aureie 
atque  in  Komanorum  epitaphiis  infimi  aevi  christianis  et  saxeis, 
tarnen   ipsa  saeoula  cursu  βαο  quodam  modo  mutavernnt  faciem 


De  epitaphio  Senecae  405 

locutioniR.  inde  fit  ut  etiam  ultimo  vereu  epitaphii  Annaeani 
comparato  cum  eimilibuR  locis  carminum  veterum  aetae  et  origo 
epitaphii  Annaeani  illuRtrentur.  neque  inutile  videtur  locie  qui 
modo  proponebantur  ex  antiquis  epitaphiis  excerpti,  similes  vereui 
extremo  epitaphii  Annaeani,  alios  locos  eandem  rem  divereis 
iloeculie  tractantes  opponere  quam  plurimoe  in  poeei  sepulcrali 
antiqua  occurrentes;  ea  enim  ratione,  ad  quae  tempora  epectet 
versus  ille  ultimus  epitaphii  Senecae  maxime  intellegitur;  igitur 
cf.  Carm.  epigr.  611,  4  s.  655,  1  s/h[abet  eius]  celum  animum, 
acta  orbis;  pars  ergo  mi[nor  manet  istio]'.  1061,  10  b.  1062. 
1190,  5  8.  1206,  5  'corpus  habent  oineres,  animam  sacer  abstulit 
aer\  1207,  1.  1254,  8.  1311,  5  s.  'quin  potius  corpus:  nam  mens 
aeterna  profecto  pro  meritis  potitur  sedibus  Elysiis".  1331),  3 
'vita  subit  caelum,  corpus  tellure  tenetur*.  1444,  3  s.  1559,  3  s. 
'anima  caelo  reddita  est.  parato  hospitium'.  Anth.  lat.  R.  610,6 
'ingenium  vivit;  corpus  inane  perit\  722,  3  'mens  videt  astra, 
quies  tumuli  conplectitur  artus*.  787,  4  'sanguis  apud  manes, 
Spiritus  ante  deos'.  Anth.  Pal.  7,61,  1  s.  γαϊα  μεν  έν  κόλποιο 
κρύπτει  lobe  ςώμα  Πλάτωνος,  ψυχή  b*  άθάνατον  τάΕιν  ίχει 
μακάρων.  7,  62,  3  β.  7,  87,  1  β.  7,  337,  7  s.  7,  341,  3  β.  7,  362,  3 
ήλυθε  b'  εις  'Atbao  οίμαο,  ψυχή  6'  de  "Ολυμπον.  7,  363,  2  β. 
7,  680,  3.  7,  689,  1  s.  8,  33,  1  β.  Kaibel,  Epigr.  Gr.  35,  5  s.  41,  1  β. 
90,  1  s.  104,  5  s.  156.  1  β.  175,  3  s.  225,  1  β.  243,  18  β.  250,  5  β. 
261,  7  s.  288,  4  s.  315,  1  s.  422,  2  β.  425,  1  β.  462,  5  s.  ibid.  12  β. 
516,  1  s.  522,  12  s.  (cf.  etiam  ind.  Kaib.  p.  680). 

Gryphiswaldiae.  £rneetus  Bickel. 


NOCHMALS  IN-  PRIVATIVUM 
IM  LATEINISCHEN 


üeber  Verba,  die  mit  in-  privativum  zueammengesetzt  sind, 
habe  ich  vor  zehn  Jahren  im  Rh.  Mus.  LII  427 — 434  einige 
Bemerkungen  gemacht,  die  den  Anläse  zu  weiterer  Discueeion 
der  echwierigen  Präge  bildeten. 

So  widmet  ihr  A.  A.  Hruechka  einen  polemischen  Excurs 
in  seinen  Untersuchungen  aus  dem  Gebiet  der  lateinischen  Wort- 
bildung (Moskau  1900,  russisch)  S.  216  —  224,  vgl.  jetzt  Brug- 
mann,  Grdr.  der  vergl.  Gramm.  II,  1  ^  19^  der  an  der  alten  Auf- 
fassung von  Bildungen,  wie  tion  indecent,  άτίει  festhält,  indem 
er  derartige  ünica  aus  dem  Einfluss  von  Nominalbildungen  wie 
indecens^  δτιτος  erklärt.  Ich  habe  mich  s.  Z.  eben  gegen  diese 
alte  Auffassung  ausgesprochen,  während  sie  A.  A.  Hruechka  zu 
vertheidigen  suchte.  Die  Frage  hat  also  iht  actuelles  Interesse 
und  es  verlohnt  sich  das  Material  einer  erneuten  Durchsicht  zu 
unterziehen,  umsomehr,  als  es  sich  überall  neben  detaillirter 
lexicographischer  Analyse  um  die  Beobachtung  einiger  der  sub- 
tilsten im  Sprachleben  wirksamen  Factoren  handeln  muss^ 

In  seiner  Polemik  gegen  meine  Bemerkungen  findet  es 
Hruschka  zunächst  verdächtig,  dass  ich  jedem  der  drei  Verben 
indecet  (bei  Plinius  Minor),  inohoedire  (zuerst  bei  Tertullian,  aber 
in  einem  Citat  aus  der  Heil.  Schrift,  nach  der  Uebersetzung  der 
„Itala*^ ;  dann  bei  Eirchenschriftstellern)  und  insipere  (bei  Sym- 
machus)  eine  besondere  Erklärung  gebe.  Aber  erstens,  welche  Kate- 
gorie ähnlicher  Thatsachen  wird  nicht  immer  in  Unterabtheilungen 
zerfallen?  Können  etwa  alle  einzelnen  Thatsachen  einer  solchen 
Kategorie  in  eine  Rubrik  gebracht  werden?  Im  gegebenen  Falle 
haben  wir  es  mit  seltenen  und  sporadischen  Thatsachen  zu  thun, 
die  noch    dazu    in    verschiedenen  Epochen    und    in    Texten    ver- 

^  Nach  dem  rassischen  Manuskript  übersetzt  von  Dr.  E.  Boehme 
(Berlin). 


Pokrowskij    Nochmals  in-  privativum  im  Lateiniechen      407 

echiedener  Stilarten  bezeugt  sind.  Ausserdem  ist  der  Context 
in  allen  drei  Fällen  ein  gänzlich  verschiedener. 

A.  A.  Hnischka  (wie  das  vor  ihm  erfolglos  Bergk  [Neue 
Jahrb.  CVII,  43]  bezüglich  ignosco  that,  indem  er  letzteres  her- 
leitete aus  ignoscens  sis  usw.)  sieht  den  Ursprung  dieser  Verba, 
und  dazu  der  in  Glossarien  ohne  Context  belegten  und  unbekannt 
woher  stammenden  iniemperat  (άκρατεϊ  II  88,  53)  und  inobservU 
(contempsit  V  211,  44)^  in  mit  //)•  zusammengesetzten  Participien, 
wie  indecens,  inoboedienSy  insipiens,  intemperans^  inobservans]  aber 
diese  Formen  haben  sich  keine  participielle  Function  erhalten, 
und  besonders  indecens  und  insipiens  sind  eigentlich  reine  Ad- 
jectiva;  auch  intemperans  und  inobservans  kann  man  nicht  Parti- 
cipia  nennen.  Im  kirchlichen  Latein  vorkommendes  ifioboedientem 
esse  alictäy  sowie  auch  bei  Hruschka  (S.  221)  angeführtes  fw- 
dictöbaudientem  esse  alicui  entstanden  unter  dem  Einfluss  der 
Wendungen  oboedientem  oder  dido  obaudientem  esse  alicui  (die 
Beispiele  auch  bei  Hruschka);  in  letzteren  erklärt  eich  auch  der 
Dativ  durch  den  Einfluss  des  Verbums  (vgl.  noch  bei  Seneca 
inobsequentem  esse  alicui    neben  früherem  obsequentem  esse  alicui). 

Ueberhaupt,  wenn  man  etwa  das  ganz  späte  Latein  aus- 
nimmt, macht  sich  Einfluss  der  Verben  auf  periphrastische  Con- 

^  Die  Glosse  inobservit  contempsit  ist  augenscheinlich  verderbt, 
aV>er  auch  die  Glosse  intemperat  ακρατ€ΐ  verdient  eine  eingehendere 
Untersuchung  im  Zusammenhang  mit  den  Besonderheiten  der  hs.  Ueber- 
lieferung  des  Glossars  des  Philoxenos.  Die  Ausgabe  von  Stephanus,  die 
auf  einer  selbständigen  Hs.  beruht  (vergl.  Goetz,  Praef.  II  p.  15:  pro 
codice  nobis  est  editio  Henrici  Stephani)  bietet  intemperata  άκρατη. 
Ausser  dem  häufigen  und  ganz  verständlichen  Schwanken  zwischen  η 
und  €1,  sind  charakteristisch  die  grade  häufigen  Fälle  gegenseitiger 
Beeinflussung  von  verschiedensprachigem  Lemma  und  Üebersetzung, 
zB.  163,52:  prudentimores  φρονιμωτέρους  (m  aus  dem  interpr.),  172,  16: 
rent^tosus  ν€φριτικός  (ti  aus  dem  interpr.);  gelegentlich  führt  das 
zu  Dittograpbien  in  dem  lat.  Lemma  (zB.  92,  9:  iratio  όρτισθ^ντ€ς, 
157,38:  praesulturo  [sc  praesultor]  ό  έν  τοΙς  ΐ€ρο1ς  προορχούμ€νος), 
manchmal  zu  Haplographieen .  vergl.  176,  49:  sacrim  (sc.  saerima) 
απαρχή  γλ€ύκους,  was  unserm  intemperat  besonders  nahe  steht.  Es 
kommen  auch  am  Schluss  nicht  fertig  geschriebene  Lemmata  vor,  zB. 
dictatur(a)  μοναρχία  (496).  Derartige  Haplographieen  konnten  daher 
kommen,  dass  in  der  ursprünglichen  nicht  auf  uns  gekommenen  Hs. 
Lemma  und  Üebersetzung  von  einander  nicht  getrennt  waren  (wenig- 
stens in  einigen  Fällen).  So  lassen  sich  in  der  jetzigen  hauptsächlichsten 
Hs.  des  Glossars  solche  Curiosa  erklären,  wie  inbttni  τ€υρισκ€ΐ  (invenit 
€ύρ{σκ€ΐ  79,  4),  oder  deferdia  κομισον  (defer  διακόμισον  40,  27). 


408  Pokrowskij 

etructionen  bemerkbar,  aber  nicht  umgekehrt:  vgl.  zB.  supplicem 
esse  alicui  (sogar  supplicem  esse,  ut)  neben  supplex  cdicuius  unter 
dem  Einflues  Λ'οη  supplicare,  fnutorcm  und  studiosum  esse  alicui 
(neben  Constractionen  mit  dem  Genitiv)  unter  dem  Einflues  von 
favere  und  studerc.  Vielleicht  ist  noch  charakterietischer  auc- 
torem  esse  aliquid  unter  dem  Einfluse  einerseits  von  sundere^ 
andererseits  von  (rädere  (a)  Plaut.  Poen.  410:  quid  mihi  nunc 
es  auctor?  und  viele  andere,  zB.  Cicero  ad  fam.  VI,  8,  2:  a  me 
consilium  petis,  quid  sim  tili  auctor]  b)  Liv.  XXX  25  §  7:  quod 
quidam  auctores  sunt)^. 

Zu  diesen  Fällen  des  Einflusses  von  Verben  auf  peri- 
phrastische  Gonstructionen  hat  man  auch  folgende  Stelle  aas 
Plautus'  Mostellaria  (100)  zu  ziehen:  simul  gnaruris  voe  volo 
esse  hanc  rem  mecum-. 

Es  ist  also  höchst  unwahrscheinlich,  dass  inoboedienfem  esse 
eine  Rolle  bei  der  Bildung  des  Verbums  inoboedire  usw.  gespielt 
hat,  nmsomehr,  als  beide  Bildungen  aus  der  Uebersetzu  ngs- 
litteratur  bekannt  sind^. 


'  Vgl.  et  ita  quidam  auctores  sunt  {ita  tradunt),  —  Ein  inter- 
essantes Beispiel  periphrastischiT  Construction  mit  Accusativobjeet  ist 
deutsch:  ich  6m  jemandem  etwas  schuldig  und  russisch:  ja  jemu  stoVko- 
io  dolzen. 

3  Weniger  klar  sind  die  auf  den  ersten  Blick  dem  Plautinischen 
ähnlichen  Beispiele  aus  Bücheier  Curm.  epigr.  53,  5:  hoc  voluit  tiesciwf 
ne  esses  (Bücheier  vergleicht  es  mit  einem  Verse  aus  Pacuvius:  Jioc 
volebam  nescius  ne  esses).  Der  Accusativ  hier  wohl  deshalb,  weil  er 
nicht  im  Neben-  sondern    im  Hauptsatz  steht,  neben  velle. 

8  In  sehr  später  Sprach periode  nehmen  die  periphrastiscben  Gon- 
structionen statt  Verbalfoi  men  an  Zahl  zu  (zB.  quam  sequentes  fuernnt 
—  vergl.  Schmalz  in  Müllers  Handbuch  11^232),  aber,  soviel  ich  weiss, 
haben  auf  ihre  Construction  die  entsprechenden  Verba  Einfluss  aus- 
geübte Es  ist  interessant,  dass  memor  als  Participium  zu  memini  emp- 
funden wurde,  und  daher  regirt  memor  sum  (nach  Analogie  von  memini) 
den  Accusativ,  zB.  (bei  Schmalz)  memores  estis  laborem  nostrum,  Gregor. 
Turon:  non  immemor  periurias  (vergl.  Bonnet,  Le  latin  de  Gregoire  de 
Tours  hSCy^).  Ich  füge  ein  Beispiel  hinzu  aus  carmina  epigr.  1)0,  5: 
valete  et  memores  estis  pietatem  patrie  [estis  statt  este  — ,  vergl.  bei 
Rönsch  Italau  Vulg.  294:  adfers  φέρ€,  adferitis  ένέγκατ€,  offers  πρόσ- 
φ€ρ€).  —  Neben  memor  sum  gebraucht  die  spätere  Sprache,  als  Ana- 
logie zu  recordor  und  dem  verdrängten  memini,  noch  memoror  und 
rememoror  c.  acc.  Vergl.  bei  Rönsch  Sem.  Beitr.  III58:  et  memorabitur 
Pharao  principatum  tuum  (memorare  μνήσθητι  It.  u.  V  373),  und  für 
rememorari  ~  recordari  reiches  Material  in  Itala  u.  Vulg.  379  und  Sem . 


Nochmals  in-  privativum  im  Lateinischen  409 

Üeberhaupt  kann  die  Theorie  der  „Rückbildungen"  den 
Forscher  leicht  zu  weit  führen:  hier  epeciell  behauptet  Hruschka 
das  als  „Rückbildung**  aus  inoboedientcm  esse  entstandene  Verbum 
inohoedire  habe  seinerseits  die  „Rückbildung"  inoboedus  entstehen 
lassen,  —  das  Wort  findet  sich  als  eigenartiges  Unicum  bei 
Arnobius  VII,  43.  Mit  diesem  Unicum  möchte  Hruschka,  ohne 
die  Möglichkeit  der  Verderbtheit  in  Erwägung  zu  ziehen,  eine 
nicht  weniger  eigenthümliche  Glosse  zusammenetellen:  indormis 
ακοίμητος  Corp.  Gloes.  II  229,  59  (sie  eteht  aber  hinter  in- 
somnis). 

Aber  das  Wichtigste  —  Nachprüfung  des  Textes  bei  Ar- 
nobius —  ist  nicht  geschehen,  —  obwohl  grade  dieser  Autor 
alten   und  neuen  Herausgebern  viel  Schwierigkeiten  gemacht  hat. 

Vom  39.  Capitel  des  7.  Buches  an  überliefert  und  analysirt 
Ainobius  die  bekannte  Erzählung  von  der  instauratio  ludorum 
in  den  ersten  Jahren  der  Republik  (vgl.  Cicero  De  div.  I  §  55, 
Liv.  II  36,  Val.  Max.  17  §  4).  Einmal  vor  den  Spielen  schlug 
und  hetzte  ein  pater  familias  in  der  Circusarena  einen  Sclaven.  Da 
kam  eine  Seuche  über  die  Stadt,  und  Jupiter  erschien  einem  Land- 
manne im  Traum  und  trug  ihm  auf,  den  Consuln  zu  erklären,  daes 
ihm,  Jupiter,  der  pracsul^  (dasselbe  Wort  bei  Cicero;  bei  Valerius 
Maximus  praesultor,  bei  Livins praestdtator)  nicht  gefallen  habe,  und 
zur  Abwendung  des  Unheils  müssten  die  Spiele  erneuert  werden. 
Aus  verschiedenen  Gründen  zögerte  der  Landmann,  dem  Befehl 
Folge  zu  leisten;  aber  da  sterben  seine  Söhne,  und  in  einem 
zweiten  Traum  droht  Jupiter  ihm  selbst  den  Tod  an.  Der  Land- 
mann wird  von  der  Seuche  ergriffen,  und  nach  einer  Beratung 
mit  seinen  Angehörigen  bringt  man  ihn  auf  einer  Tragbahre  in 
den  Senat,  wo  er  von  seinem  Traum  berichtet.  Arnobius  hält 
Jupiters  Verhalten  sowohl  dem  Staat  wie  dem  Landmann  und 
seiner  Familie  gegenüber  eines  Gottes  für  unwürdig.  Besonders 
bringt  ihn  das  Geschick  der  Kinder  des  Landmannes  auf:  nonne  ergo 
praestantius,  quin  immo  aequius  erat,  si  hoc  esse  videbatur  faci- 
endum,  ut  ab  ipso  patre  terror  coercitionis  inoiperet,  apud  quem 

Beitr.  III  72.  Von  Glossen  vergl.  II  367,  35:  μ^μνημαι  memini,  memor 
sum  und  II  372,26:  μνήσθητι  memor  esto,  recordare,  memorare  (Götz 
verbessert  ohne  Nothwendigkeit  in  memora,  obwohl  auch  letzteres  mög- 
lich, vergl.  Rönsch  1.  c). 

*  Interessant  ist  die  Bemerkung  (im  43.  Capitel),  dass  ein  Bauer 
wahrscheinlich  die  Bedeutung  des  Wortes  praesul  gar  nicht  verstan- 
den hätte. 


410  Pokrowskij 

cansa  tanti  fuerat  motus  et  inohoeda  cessatio^  quam  in  eias  do* 
lorem  vim  liberis  facere  et  innoxias  urere  atque  abolere  per- 
eonas? 

Dieser  zu  ungewöhnliche  Auedruck  pasRt  absolut  nicht  zu 
dem,  wenn  auch  rhetorischen,  aber  doch  immerhin  nicht  gezierten 
Stile  des  ganzen  citirten  Abschnittes;  andrerseits  entspricht  er 
nicht  ganz  Arnobius'  Qualification  der  Handlungsweise  des  Land- 
manns. Letzterer  hat  zwar  nicht  unverzüfflich  Jupiters  Befehl 
ausgeführt  (minime  curasset  —  c.  39),  er  hatte  aber  seine  Gründe 
dafür  (c.  39  und  43);  er  ist  ein  cunctator  (c.  39  und  43),  in 
rebus  obeundis  inexpediius  (c.  43);  Jupiter  selbst  hätte  wissen 
müssen,  terg'wersaiorem  in  ohsequio  futurum  (c.  43  —  tergiver- 
sator  wohl  in  abgeschwächter  Bedeutung  „der  schlaue  Zögerer*': 
vgl.  alte  Verbindungen  wie  mora  et  tergiversatio^  andererseits  Corp. 
Gl.  IV  396,  49;  tergiversatur  moratnr  vel  tempus  voluit). 

Wahrscheinlich  deshalb  haben  schon  die  Kritiker  des 
XVL  Jahrh.  die  Lesart  wöboeda  bedenklich  gefunden.  Im  Commentar 
Orelli's  (Ausgabe  von  1816)  heisst  es  zu  unserer  Stelle:  Meursius 
scribendum  putatm  obedieniia  cessatio,  quod  a  librariis  per  com- 
pendium  scriptum  inobeda^  errori  originem  dederit.  Gelenius  et 
ceteri  ediderunt  in  obeundo  cessatio. 

Der  neueste  Herausgeber  —  Eeifferscheid  —  nimmt  Meur- 
sius'  Conjectur  an,  und  in  der  That  erscheint  diese  an  sich  richtige 
Wendung  als  eine  natürliche  Variante  zu  dem  vorher  gebrauchten 
fergiversator  in  ohsequio. 

Ich  wiederhole:  nie  darf  man  sich  auf  lexicographiscbe 
Daten  verlassen  ohne  Nachprüfung  im  Context,  aber  noch  un- 
entbehrlicher sind  derartige  Nachprüfungen,  wenn  man  es  mit 
vereinzelten  Unica  zu  thun  hat. 

Was  lehrt  uns  aber  die  Analyse  des  Contextes,  in  dem  sieb 
die  oben  erwähnten  Verba  finden? 

Bezüglich  inoboedire  (inohaudire)  habe  ich  S.  430  hervor- 
gehoben, dass  es  zuerst  bei  Tertullian  vorkommt  in  einem  Citat 
aus  dem  Alten  Testament  nach  der  alten  üebersetzung  der  Itala, 
als  Wiedergabe  des  griechischen  άττ€ΐθ€Ϊν  (Rönsch,  It.  208);  aus 
demselben  hellenisirenden  Kirchenlatein  citirte  ich  das  künstliche 
intentator  άπείραστος  (Rönsch  57)  und  indictobaudiens  (in  nicht- 
kirchlichen Denkmälern  nicht  vorkommend). 

^  Vergl.  das  noch  kühnere  compendium  scripturae  in  Glossae 
Bernenses  (cod.  s.  XIII)  Corp.  111499,73:  matanoia  pnia,  dh.  μετάνοια 
paenitentia. 


I^^gl^^y^gllllll 


Nochmals  in•  privativnm  im  Lateinischen  411 

In  dem  Falle  inteniator  bemerkt  A.  A.  Hruachka  nicht  voll- 
etändiges  morphologiechee  Zusammenfallen  mit  όπείραατος,  statt 
eines  bei  mechanischer  Uebertragnng  zu  erwartenden  infentafus. 
Solche  Erwartungen  könnten  aber  nicht  statthaben  nach  dem 
Studium  all  der  verschiedenartigen  möglichen  Formen  des 
griechischen  Einflusses  auf  das  kirchliche  Latein:  im  vorliegenden 
Falle  genügt  die  Erscheinung  der  recht  verbreiteten  Tendenz 
lateinisches  iii'  privativum  griechischem  α-  privativum  entsprechen 
zu  lassen  und  diese  selbe  Tendenz  ist  auch  sichtbar  in  dem  Falle 
inobaudire  (inoboedire). 

Bezüglich  des  letzteren  meint  Hruschka,  „griech.  άττ€ΐθ€Ϊν 
sei  keineswegs  ein  so  spezieller  terminue,  dass  es  verlohnt  hätte, 
wegen  seiner  üebertragung  ins  Lateinische  zu  besondern  Kniffen 
Zuflucht  zu  nehmen". 

Aber  bekommen  denn  in  üebersetzungen»  die  die  Vorlage 
häuflg  gradezu  sclavisch  nachahmen,  etwa  nur  termini  eine  mehr 
oder  fremdartige  Form?  Grade  das  Kirchenlatein,  besondere 
die  sog.  Itala,  bietet  die  wunderlichsten  Graecismen,  fugt  teil- 
weise gar  ganze  griechische  Worte  in  den  Context  ein  (vgl.  das 
ganxe  Capitel  von  den  Graecismen  bei  Rönsch,  Itala  434—451)  — 
z.  B.  Rönsch  451:  vir  sedebat  adynatus  a  pedibus  ab  utero;  non 
tantum  bonis  et  modestis,  sed  etiam  dyscolis^;  lingua  eucharis 
(in  einer  anderen  Hs. :  lingua  gratiosa)  usw. 

Von  originellen,  auf  griechische  Weise  gebildeten  Worten 
könnte  man  aus  Rönsch  citiren:  inaurire  ένωτί2[€(Τθαι  193,  ad- 
tnanumdeductor  χειραγιυγός  216,  iterumgeneratio  (sive  regener aJtio) 
παλιγγενεσία  218  (vgl.  sursumvocaiio  220),  amhidcxter  άμφο- 
τεροοέΕιος  223,  henesfabilis  εύττάρεδρος  223,  illiberis  (Vulg.: 
äbsque  liberls)  δτταις  225,  seminiverbius  σπερμολόγος  227  usw., 
aus  Paucker  Suppl.  lex.  lat.  unter  illibatio:  inconnexio  ά(Τύνί)ετον, 
insemitatio  άνοδία  (Corp.  Gl.   11,  86,  55)  u.  a. 

Als  ein  recht  misslungener  Versuch,  die  üebersetzung  dem 
Text  anzupassen,  würde  auch  die  eigenthümliche  Glosse  TT,  233,  28 
verständlich  werden:  άττάροχος  impraesians;  charakteristisch  ist 
auch  folgendes  Bruchstück  aus  Herm.  Leid.  III  45,  36:  ώ  απο- 
νενοημένοι, übersetzt  durch  ο  desperati  und  ergänzend  glossirt 
durch  abintellegentes. 

Interessante  Parallelen  lassen    sich  aus   der  gothischen  (im 


*  Vergl.  im  Thesaur.  Gloss.  emend.  dy^QoUs  mor{t^alibus  \^\  diffi- 
cilioribus. 


412  Pokrowekij 

Allgemeinen  nicht  mechanisch  hergestellt  zu  nennenden)  Bibel- 
übersetzung beibringen,  wo  griech.  α-  recht  ungenirt  durch  un- 
wieder^iegeben  wird :  2  Tim.  3,  3 :  ακρατείς  ungahabandans  sik  ί 
8  Cor.  2,  11:  ού  γάρ  αύτου  τα  νοήματα  άγνοουμεν  unte  iii 
sijum  tmvitandans  munins  is  (Umpchreibung  mit  dem  Participium 
mit  U7i'  und  davon  abhängigem  Accusativ  des  Objects);  Kom. 
10,  3:  άγνοοΟντες  γάρ  την  του  θεού  οικαιοσύνην  unkunnan- 
dans  auk  guf)8  garaihtin  (Participium  mit  -mw,  den  Accusativ 
regirend  ^). 

Inoboedire  (inobaudire)  giebt  also  in  der  „Itala**  griech. 
άπειθεϊν  wieder.  Bei  weitem  nicht  alle  Graecismen  dieser  alten 
Bibelübersetzung  wurden  in  der  Folgezeit  (wenigstens  bis  zur 
Zeit  der  Vulgata)  durch  bessere  lateinische  Ausdrücke  ersetzt, 
und  so  hielt  sich  inhoedire  mehr  oder  weniger  im  Eirchenlatein. 
In  meinem  oben  erwähnten  Aufsatz  konnte  ich  mich  (nach 
Rönsch's  Hinweis,  aber  unter  genauer  Nachprüfung  des  Textes) 
auf  Irenaeus  berufen :  et  si  ea  inoboedierai  Deo^  sed  haec  suaea 
est  oboedire  Oeo  (scharfe  Gegenüberstellung!). 

In  seiner  Polemik  bezüglich  insipere  bei  Symmachus,  über- 
geht Hruschka  eine  sehr  wesentliche  Bemerkung  in  meinem  Auf- 
satze. Näjilich  in  einer  schwülstigen  Phrase  bei  Symmachus 
(num  vobis  videor  quasi  multae  luxuriae  ebrius  mentis  insipere 
atque  ideo  in  poetas  nomen  dedisse?)  kommt  der  originelle  Aue* 
druck  mentis  insipere  vor,  der  dem  Plautiniscben  Unicnm  mentis 
desipere  (Epid.  138)  entspricht,  und  hieraus  ergab  sich  die  Frage 
nach  dem  gegenseitigen  Verhältniss  der  Praepositionen  de-  und  in- 
in  Composita  mit  negativem  Sinne.  Das  entscheidet  vielleicht 
die  Sache  nicht  endgiltig,  jedenfalls  aber  steht  dies  insipere  ganz 
vereinzelt  da.  Soll  man  sich  aber  verwundern  über  einzelne 
auffallende  Thatsachen  in  einer  nicht  umfangreichen  Kategorie 
zufälliger  Erscheinungen,  die  verschiedenen  Epochen  angehören? 
Finden  wir  nicht  annähernd  dieselbe  Mannigfaltigkeit  in  anderen, 
zB.  nominalen  (dabei  produktiveren)  Zusammensetzungen  mit  in- 
privativum?  Schon  Wölfflin  musste  (Arch.  f.  lat.  Lex.  4,  400) 
bezüglich  der  Substantiva  betonen,  dass  das  von  TertuUian  ad 
hoc  geschaffene  immundus  mtdiebris  lediglich  rhetorischen  Rück- 


^  In  einem  Falle  kommt  eine  derartige  Wendung  sogar  ohne 
sichtbare  Nothwondigkeit  vor,  als  Uebereetzung  des  griech.  μή  ποιοΟν: 
Luc.  3,  9 :  παν  ούν  οένδρον  μή  ποιοΟν  καρπόν  καλόν  έκκόπτεται  all  nu 
bagme  unbairanJane  akran  god  usmaitada. 


Koctimals  in-  privativum  Im  Latfiniechen  41 Ä 

sichten  seine  Entstehung  verdankt,  als  scharfer  Gegensatz  zu 
mnndus  muliebris^  und  dass  z.  B.  die  christliche  Latinität  ein  fiw- 
pcccantia  schuf,  als  üehersetzung  von  όναμαρτησία  (vgl.  Paucker, 
Suppl.  8.  V.)  usw. 

Eigenartig  ist  schon  altes  iniussu,  das  als  Gegensatz  zu 
iussu  entstand.  Analog  entsteht  das  Plautinische  Unicum  in- 
consultu  meo,  gestiltzt  allerdings  durch  die  benachbarten  negativen 
Ausdrücke  me  absente  atque  insciente  (Trin.  167). 

Schon  viel  später  gebraucht  Fronto  im  1.  Brief  an  Verus 
sogar  invocatUf  aber  in  unmittelbarer  Nachbarschaft  mit  iniusstt: 
„si  ultro,  ei  iniussu  atque  invocafu  meo  venerit  .  .  ."  Hier  fällt 
einerseits  der  rhetorische  Stil  in  die  Augen,  andrerseits  das  nahe- 
stehende ininssuy  das  die  Neubildung  invocatu  förderte. 

Noch  mehr  Eigenartiges  treffen  wir  bei  einer  Durchsicht 
der  Partieipia  und  theilweise  der  Adjectiva,  die  mit  in-  privativum 
zusammengesetzt  sind ;  wir  wollen  jetzt  aber  zu  indecet  übergehen, 
wobei  wir  die  oben  bemerkten  rhetorischen*  Bedingungen 
nicht  vergessen  dürfen,  die  auf  das  Entstehen  einiger  vereinzelter 
ungewöhnlicher  Formen  fördernd  eingewirkt  haben. 

Ich  hatte  schon  im  Rh.  Mus.  LII  darauf  hingewiesen,  dass  der 
Context  bei  Plinius  (vgl.  III  1  §  2)  sehr  origineller  Art  ist.  Plinius 
vermerkt  ein  etwas  Bestimmtes  und  Geordnetee  im  Leben  der 
alten  Leute,  dagegen  Verwirrtheit  und  Unbestimmtheit  in  der 
Lebensführung  der  Jugend;  entsprechend  charakterisirt  er  die 
Alten  mit  kategorischen  Ausdrücken,  die  Jungen  unbestimmt  und 
mit  Vorbehalten:  me  autem  ut  c  er  tue  siderum  cursus,  ita  vita 
hominum  disposita  delectat,  senum  praesertim.  Nam  iuvenes 
confusa  adhuc  quaedam  et  quasi  turbata  non  indecent^  senibus 
placida  omniaetordinata  conveniunt.  In  diesem  Zusammen, 
hang  hHtte  decent  ganz  und  gar  nicht  gepaest,  non  dedecent  wäre 
zu  stark  und  schroff  gewesen  {non  indecent  bedeutet  hier:  „es 
steht  ihnen  in  gewissem  Grade'^).  Das  Auffallende  einer  solchen 
vom  Context  hervorgerufenen  Bildung  scheint  mir  durch  die  That- 
sache  gemildert,  dass  die  lateinische  mehr  wie   andere  Sprachen 

1  So  erklärte  ich  (Rh.  Mus.  LII  431*)  die  bekannte  Stelle  aus 
Tiieognis  ()21:  πάς  τις  πλούσιον  dvöpa  tCci,  άτίει  bi  π€νιχρόν.  Es 
erübrigt  sich»  auf  die  Rolle  der  Antithese  beim  Entstehen  kühuer 
Neubildungen  ausführlicher  einzugehen,  —  vergl.  noch  bei  Plautua 
Truc.  62:  ut  ne  anteparta  demus  postpartoribiMy  Most.  1112:  non  radi- 
citns  quidem  hercle,  verum  etiam  exradicittu,  Merc.  81:  muitiloguimn^ 
parumloquium  (v.  84  beMer:  pauciloquium)  u.  v.  a. 


4l4  Pokrowskij 

die  Verbiüdung  zweier  Negationen  liebt  (sog.  litotee)  im  Sinne 
einer  theilweieeu  oder  auch  vollständigen  Bejahung:  hierher  gehören 
Fälle  wie  non  nihil,  non  nisi,  tionnulluSy  nonnunquam^  nonnusquam, 
nee  non]  ferner  sind  recht  häujßg  grade  Bildungen  mit  in-  pri- 
vativum  nach  vorhergehendem  non,  von  denen  einige  nur  in  der 
Verbindung  mit  non  {oder  haud)  bezeugt  sind:  non  inargiäe,  non 
incallidus^  non  inelegans  usw.  Jedenfalls  war  die  Verbindung 
non  in-  dem  Ohre  recht  gewohnt. 

In  seinen  Entgegnungen  läset  Hruschka  einerseits  den  Con- 
text  bei  Plinius  unberücksichtigt  und  meint  andererseits,  bezüg- 
lich der  Bildungen,  wie  (non)  inargntuSy  dass  an  und  für  sich 
eine  derartige  Bildung  nichts  Ungewöhnliches  darstellt^  und  nicht 
einzusehen  sei,  weshalb  sie  nicht  auch  ausserhalb  der  litotes 
sollte  benutzt  werden  können. 

Wie  unumgänglich  die  Nachprüfung  des  Contextes  ist,  haben 
wir  gesehen,  und  Hruschkas  Bemerkung  bezüglich  inargtäus  hat 
keine  absolute  Geltung:  sehr  wohl  können  einzelne  derartige 
Bildungen  lediglich  zufällig  nur  in  litotes  belegt  sein  und  auch 
ausserhalb  ihr  möglich  gewesen  sein.  Aber  wichtig  ist  die  all- 
gemeine Tendenz  der  Sprache,  die  aus  methodologischen  Ge- 
sichtspunkten nicht  durfte  ausser  Acht  gelassen  werden  bei  der 
Betrachtung  des  Unicums,  das  zweifellos  zu  ihr  in  Beziehung  steht. 

Auf  ebenderselben  Tendenz  beruht  meiner  Meinung  nach 
das  Unicum  bei  Petronius  87 :  at  ille  non  indelectatus  nequitia  mea. 

Hruschka  prüft  abermals  den  Context  nicht  nach,  bringt 
vielmehr  non  indelectatus  mit  Fällen  zusammen,  die  damit  nichts 
zu  thun  haben,  zB.  contentus  modicis  meoque  laetus,  wo  keinerlei 
aoristische  Schattirung  vorhanden,  ebensowenig  wie  in  dem  anderen 
Beispiel  aus  Seneca  ep.  75,  17:  non  cupiditas  non  timor  nos 
pellet:  inagitati  terroribus,  incorrupti  voluptatibus,  nee  mortem 
horrebimus;  auch  nicht  in  dem  Citat  ans  Valerius  Flaccus  V  112: 
Nympha  caelicolis  immota  procis,  wenn  man  das  Citat  im  Text- 
zusammenhang analysirt.  Die  verschiedenen  olympischen  Ver- 
ehrer dieser  Nymphe  hatten  keinerlei  Frfolge  bei  ihr  zu  ver- 
zeichnen (prius  blandos  lovie  quae  Inserat  ignes;  deceptus  amatae 
fraude  deae  nee  solus  Halys  nee  solus  Apollo),  und  sie  wird 
deshalb  charakterisirt  aU  immota  caelicolis  procis.  Mit 
anderen  Worten^  immotus  ist  hier  rein  adjectivisch  gebraucht  im 
Sinne  des  synonymen  immobilis  (vgl.  Tacitus  Ann.  XVI,  10; 
princeps  immobilem  se  precibus  et  invidiae  iuxta  ostendit). 

Etwas  ganz  Anderes  bietet  der  Text  bei  Petronius:  irrepsi 


KochmalB  in-  privativam  im  Lateinisclien  415 

tarnen  et  male  repugnanti  gaudium  extorei.  at  ille  non  indetec- 
iaius  nequitia  mea  poetquara  diu  questus  est  deeeptum  se  .  .  ., 
„videris  tarnen*'  inquit  ,,ηοη  ero  tui  similie.  si  quid  vis  fac  ite- 
rura"  .  .  .  Sed  non  fuit  contentus  iteratione  ephebus  plenae 
maturitatie  .  .  .   Itaque  excitavit  me  sopitum  .  .  . 

Für  die  Auffassung  von  non  indelectatus  als  aoristiscbes 
Participium  coniunctum  ist  wichtig  non  fuit  contenius;  anderer- 
Bcits  lässt  sich  die  Periode  a)  non  indelectatus  .  .  .  b)  postquam 
questus  est,  .  .  .  inquit  etwa  vergleichen  mit  der  Liviusperiode 
XXII  3:  a)  multis  hominibus  iumentisque  foede  amissis  (aoris- 
tischer abl.  abs.),  b)  cum  tandem  de  paludibus  emersisset, 
uhi  primum  in   sicco  potuit,  castra  locat. 

Weil  ich  mit  dem  Denkmal  unbekannt  bin,  verzichte  ich 
zu  urtheilen  über  invidens  im  Sinne  von  „non  videns'*  bei  Äönsoh 
Semas.  Beitr.  II  25 :  puella  timens,  ne  amatum  invidens  torque- 
retur,  respiciens  patrem  ait  .  .  . 

Schliesslich  ist  mir  bisher  unklar  inquiesco  te  ουκ  εφησυ- 
χάζω σοι  (Gramm,  lat.  IV  569,  2),  wo  Keil  es  für  nöthig  hielt 
sich  auf  die  parallele  Darstellung  bei  Charisius  zu  berufen  (294, 
28:  inguieto  illum)  und  bei  Diomedes  (314,19:  inquieto  liberum), 
üruschka  führt  allerdings  ein  paar  Fälle  transitiven  Gebrauche 
von  quiesco  und  requiesco  an,  aber  das  griechische  interpreta- 
mentum  bleibt  auch  ihm  zuletzt  unklar.  Ueberhnupt  birgt  in 
dieser  Glosse  entweder  Lemma  oder  Interpretamentum  einen  Irr- 
thum.  Aber  selbst  wenn  die  he.  üeberlieferung  in  diesem  Falle 
nichts  zu  wünschen  Hesse,  so  erlaubt  uns  doch  das  Fehlen  eines 
Contextes  nicht,  uns  ein  ürtheil  darüber  zu  bilden,  wie  diese  so 
kühne  Bildung  entstanden  ist.  Doch  nimmt  Hruschka  an,  dass, 
wenn  einmal  die  Reihe  quieius:  quiesco  (im  Sinne  von  quieto) 
bestand,  auch  eine  Reihe  inquietus:  inquiesco  (im  Sinne  von  in- 
quieto) denkbar  ist.  Vorher  führt  er  einige  Beispiele  an  für  die 
Entwickelnng  eines  verbalen  Paradigmas  aus  participiellen  Bil- 
dungen (hipertire^  tripertire,  quadripartire  aus  biper titus  usw.)S 
aber  wie  interessant  auch  diese  Mittheilung  ist,  die  vorliegende 
Frage  entscheidet  sie  nicht,  —  zunächst,  weil  inquietus  und  sogar 
quietus  reine  Adjectiva  sind,  sodann  weil  sämmtliche  zwerfellosen 
Beispiele    von    entsprechenden   participiellen  Bildungen  nicht  die 

1  Hierher  zieht  er  mit  Tobler  auch  Fälle,  wie  frz.  άέοτέρίτ,  das 
auf  dem  als  Participium  aufgefasstcn  dicripi(t)  beruht,  oder  frz.  soni' 
noler  und  puruler  (224),  eruirt  aus  dem  Sinne  nach  zu  Participia  ge• 
wordenen  somnoknt  und  purulent. 


416  Pokl^owskij 

Verneinung  in-  haben.  Was  die  Participia  Perf.  Paes.  betriflPt,  die 
mit  iM- privativuni  zuRammengesetzt  Rind,  ro  können  sie,  so  gross 
auch  ihre  Zahl,  doch  keinem  neuen  Verbalparadigma  zum  Aus- 
gang dienen  ^  weil  ihr  Gebrauch  und  ihre  Herkunft  verschiedener 
Art  sind. 

Zum  Theil  sind  sie  in  dem  Grade  adjectivirt,  dass  sie  von 
synonymen  Adjectiven  beeinflusst  werden,  zB.  mens  interrita  lefi 
(Ovid.  Met.  10,  616  —  yg\,  impavidus  cum  gen.),  vergl.  insueius 
cum  gen.  schon  bei  Caesar^.  Andere  sind  in  Antithesen  bekannt, 
vgl.  das  alte  iniuratus,  inconfentus  f„ ungespannt**)  bei  Cic.  Fin. 
IV  75,  inöbrutus  (Ovid.  Met.  VI!  856),  inexplanatus  (Plin.  XI 
174)  und  viele  andere.  Auch  in  litotes  kommen  einige  vor,  zB. 
haud  inamatus  laccho  (bei  Silins  XIT  526,  aber  ohne  aoristische 
Nuance,  wie  in  non  indelectattis)^  usw. 

Ein  Theil  (und  zwar  ein  ansehnlicher)  bewahrt  participi- 
ellen  Werth,  aber  wie  ich  früher  gezeigt  habe,  fällt  die 
Anwendung  derartiger  Composita  fast  völlig  zusammen  mit  der 
Gebrauchsweise  entsprechender  deutscher  Zusammensetzungen  mit 
un-,  neben  denen  keine  mit  un-  zusammengesetzten  Verba  liegen* 
Mein  Ausgangspunkt  waren  Pauls  Bemerkungen  zum  participiellen 
Charakter  derartiger  Bildungen  (Deutsch.  Wörterbuch  486),  für 
die  ich  jetzt  Beispiele  beibringen  will.  Unter  Anderm  kann  das 
Participium  jedes  beliebigen  Verbums  mit  im-  zusammengesetzt 
werden,  wenn  dieses  Participium  mit  bleiben  oder  lassen  ge- 
braucht wird. 

Von  besonderem  Interesse  sind  für  uns  Fälle  mit  dem  „In- 
strumentalis des  Subjects":  „blieb  unberührt  von  der 
spanischen  Herrschaft;  dieser  Punkt  ist  vom  genannten  Gelehrten 
unberührt  gelassen;  die  Rathhäuser  von  Brüssel  und  Löwen 
werden  von  keinem  Reisenden  unbeachtet  bleiben,^*'  Vgl.  aus  dem 
Lateinischen  die  απαΕ  είρημένα  (Ovid.  Met.  XII  496)  manet  im" 
perfossuSj  (Gell.  Xil  6  §  1,  XIX  14  §  4)  reliquitnits  inenarra- 
tum  (-α). 

Dasselbe  Schicksal  haben  derartige  Zusammensetzungen  in 
der  Verbindung  mit  sein,  wenn  bei  ihm  ein  noch,    bis  jetzt  oder 

*  Das  behauptet  übrigens  auch  Hruscbka  nicht,  der  nur  inquietus 
heranzieht;  doch  neigt  sich  jetzt  Brugraann  einer  derartigen  Annahme  zu. 

*  Was  indocttts  c.  gen.  betriflft  (z.  B.  üor.  a.  p.  380),  so  wird  schon 
das  adjectivisch  gewordene  doctus  so  construirt. 

3  Hinc  Allifanus  laccho  haud  inawatus  ager,  vgl.  Horat.  carm. 
II  6, 18:  Aulon  Baccho  amicus. 


Noclimals  in-  privativuln  im  Lateinisclieü  417 

etwas  derartiges  steht  (dieser  Fall  ist,  genau  gesehen,  lediglich 
eine  Variante  des  vorigen). 

Ein  originelles  Beispiel  wäre  die  participielle  Verwendung 
von  unbeleckt:  ,,nianche  Theile  von  Russland  sind  noch  von  der 
Kultur  unbeleckt/*  Aus  lateinischen  Texten  führte  ich  folgende 
απαΕ  είρημίνα  an:  novum  et  inexcogitatum  ante  posteaque  re- 
medium  (Plin.  XXXVI  107);  inexcultas  fuisse  ad  annum  usque  .  .  . 
(Gell.  XIII  24  §  1);  dicam  insigne,  recens,  adhuc  indictum  ore 
alio  (Hör.  carm.  III  25,  8)i. 

Man  könnte  zahlreiche  Beispiele  für  diese  heiden  verwandten 
Fälle  anführen;  und  man  müsste  viele  απαΕ  είρημίνα  aus  alter 
und  neuer  Latinität  so  erklären.  Es  scheint  aber  zweckent- 
sprechender, lieber  einige  schwierige  Textstcllen  aufzuhellen,  die 
hieher  gehören,  wenn  auch  gebräuchliches  maneo^  relinquo,  ad- 
huc  usw.  in  ihnen  lediglich  zu  ergänzen  ist,  ohne  direct  gegeben 
zu  sein: 

1.  Liv.  XXII  23:  Hannibal  omnibns  circa  solo  aequatis  .  . 
ab  uno  eo  (sc.  agro  dictatoris)  ferrum  ignemque  et  vim  omnem 
hostium  abstineri  iussit  .  .  (§  8)  inviolatum  ab  hoste  agrum  misso 
Romam  Quinto  filio  vendidit.  Dies  inviolatus  ab  hat  den  Sinn  = 
qui  inviolatus  manserat  sive  relictus  erat.  Deutsch  kann  man 
sagen:  er  verkaufte  d&a  vom  Feinde  unbeschädigt  gelassene  (oder: 
gebliώene)  Gut. 

2.  Sali.  fr.  88  (Maurenbrecher):  multaqne  primo  per  igno- 
bilitatem,  deinde  per  invidiam  scriptorum  incelebrata  sunt, 
codd.  celebrata,  corr.  Gronov,  minus  celebrata  Η  avercamp,  celata 
Ciacconi).  Die  natürlichste  Verbesserung  ist  incelebrata^  einmal 
angesichts  des  hs.  celebrata^  dann  wegen  des  ebenso  originellen 
incelebrata  bei  Sallust^s  Nachahmer  Tacitus  (Ann.  VI  7,  vergl.  u.), 
ferner  wegen  der  originellen  Verwendung  von  impollufus  bei  dem- 
selben Sallust  (vergl.  u.).  Nimmt  man  incelebrata  sunt  an,  so 
würde  das  nach  dem  Context    bedeuten :   jj)li^  unveröfiPentlicht.*' 

3.  Tacit.  Ann.  VI  7:  nobis  pleraque  digna  cognitu  ob- 
V euere,  quamquam  (ab)  aliis  incelebrata.  Nach  dem  Text- 
zusammenhang ist  incelebrata  =  ante  nos  incelebrata. 

4.  Sali.  fr.  55  §  11:  quaeve  humana  superant  aut  divina 
impolluta  sunt  (nach  dem  Context,  namentlich  angesichts  supe- 
rant, bedeutet  das  „Μίώ  unbefleckt'^}. 


*  Hierauf  beruht  wohl  auch   das   nominale   ärtal•  €ΐρημένον  bei 
Gellius  II  29,  5 :  puUi  etiam  tunc  invölucres  erant. 

Bbein.  Mm.  t  Philol.  N.  F.  LXIII.  27 


418       Pokrowskij  Noclimals  in-  privativnm  im  Lateinieohen 

5.  Yergl.  ineditus^  noch  unheraaegegeben,  anberanegegeben 
geblieben  (ricbtig  übersetzt  von  Georges  in  seinem  Wörterbncb) 
bei  Ovid  Ex  Ponto  IV  16  in  folgendem  Zneammenbange.  Einem 
Neider  antwortet  Ovid  (v.  3):  et  mihi  nomen  tunc  quoque,  cnm 
vivis  adnumerarer,  erat.  Dann  zählt  er  diejenigen  seiner  Zeit- 
genossen auf,  die  sich  in  der  Poesie  einen  Namen  gemacht  haben, 
und  seine  Leser  gewesen  sind  (v.  45  :  claro  mea  nomine  Mu^a 
atque  inter  tantos,  quae  legeretur,  erat).  Diesen  bekannten 
Dichtern  stellt  er  die  jungen  gegenüber,  die  ihre  Werke  noch 
nicht  haben  veröffentlichen  können  (v.  37):  cumque  forent  alii, 
qnorum  mihi  cuneta  referre  nomina  longa  morast,  carmina 
vtdgus  habet,  essent  et  iuvenes,  qnorum,  quod  inedita  cura  est, 
appellandorum  nil  mihi  iuris  adest. 

Moskau.  M.  Pokrowskij. 


EURIPIDEUM 


In  der  Euripides-Hs.  B,  Vat.  909,  Papierhe.  des  13.  Jh., 
fehlte  bisher  u.  a.  der  Schlues  des  Rheeos  von  899  an.  In  einem 
Päckchen  sorglich  aufgehobener  Bruchstücke^  fand  ich  ein  Blatt 
wieder,  899—940.  Die  Hs.  hat  durch  Feuchtigkeit  gelitten,  dies 
Blatt,  das  in  seinen  beiden  Scholien  manches  Werthvolle  enthält, 
ist  dann  in  seiner  Vereinzelung  natürlich  besonders  arg  mit- 
genommen; jetzt  ist  es  zwischen  schützende  Seidenschleier  geklebt 
und  der  Hs.  wieder  einverleibt,  f.  315;  vor  der  Beschleierung 
habe  ich  es  photographiren  lassen.  —  Ich  gebe  die  Abweichungen 
von  dem  Texte  von  Nauck,  Leipzig   1891  ^: 

905  λύττην.  907  λαρτιάοης.  909  άριστοτόκυυ.  910  έλενα. 
919  διαρροάς.  920  φυλταμίοις.  921  εις.  (922,  923  viel  zerstört.) 
924  κείνιυ;  κ[α?]κτυφλώσαμεν  (=  Pal.).  925  έοίννασε.  927  και 
παρθενΐαν  ήκ'  έσέυορου  (Pal. :  f),  dann  Spatium  für  etwa  6  Buchst., 
aubpou).  928  βροτείαν.  932  φιλαιμάτους.  937  κάπικυρήσαι. 
938  και  ToW  άθάνα.     939  όδυσεύς  ουδέ  τυοέιυς. 


*  Von  Dichtern  ist  noch  Einiges  darunter:  2  Pergamentbruchstücke 
des  13.— 14.  Jh.  von  Nikandere  Theriaca»  V.  98  cet.  (71  Verse  mit  Unter- 
brechungen) mit  Scholien  (Schneider  p.  12  sq.);  1  verstümmeltes  Blatt 
einer  Papierhe.  des  13.  Jh.  von  Eustathios*  Kommentar  zu  Ilias  Z, 
p.  633, 49—634,  43  ed.  Roman.  (Höhe  des  Schriftraume  22, 5  cm); 
2  Bl.  einer  Papierbs.  des  14.  Jh.,  Kommentar  zu  Ilias  Α  163—361 
(2δχ  18, 5  cm ;  Schriftraum  23x  16, 5  cm).  —  Wie  mir  Monsignore  Mercati 
freundlichst  mittheilt,  sind  diese  Bruchstücke  nunmehr  in  einem  Heft 
vereinigt  und  als  Vat.  gr.  2315  angereiht;  Vat.  gr.  2316  wird  Prosa- 
fragmente enthalten. 

2  I  p.  XLI:  *B  =  cod.  Vat.  909  bomb.  sc.  XII  vel  XIII,  continet 
Hec.  Or.  Phoen.  Med.  Hipp.  Alo.  Andr.  Tro.  Rhesum  cum  scholiis  et 
gloseis.  Rhesi  pars  extrema  (899  sqq.)  in  hoc  libro  nunc  desideratur, 
Doudum  deerat,  quo  tempore  apographum  libri  factum  est,  B2  sive 
Palatinus  98*.  —  Pal.  98  ist  von  Stevenson  ins  15.  Jh.  gesetzt;  sicher 
14.  Jh.  (enthält  keine  Scholien). 


420  Rabe 

Wae  ich  in  den  Rehr   veretümmelten  Schollen  nicht  gelesen 

habe,    setze  ich  in  ^  )  Klammern;    mit  Hülfe   der  Photographie 

habe    ich    manche    Schriftzuge    festgestellt,    die  ich    sonst    nicht 

erkannt  hätte. 

Zu  916:  'Φιλάμμονος  παϊ*  τόν  θάμυ<ριν>  λίτ€ΐ  Φιλάμμονος 
Τ€Τ€νήσθαι  πα%α,  <καθά>π€ρ  καΐ  Σοφοκλής.  e\a\  bi,  di  διτ- 
τούς φασι  θ<αμύριο>ας  γεγονίναι,  καθάπερ  άλλοι  τ€  ίστοροΟσι 
καΐ  *  Απολλόδωρος  έν  Ι'  Καταλόγου  γράςκυν  ούτως*  *φασΙ  bi 
β  ίνιοι  θαμύριοας  δύο,  τόν  μίν  πρ€σβύτ€ρον  έκ  τής  Βισαλτίας 
τό  τ^νος  δντα  πατίρα  τής  Όρφίως  μητρός,  τόν  δέ  νεώτερον 
Ευνήν  μέν  ?χ<€ΐ>ν  την  όνομασίαν  διά  τήν  όμοπατρίαν  καΐ 
τήν  μουσικήν,  υίόν  δέ  κα<ταλι>7τ€Ϊν  Άντίοχον  i€  ού  και 
ΠανδίαΫς?   τής?   έ?λ   <Ü~1V>  θ?υ?<.τατρός?>  έν  Αθήναις 

10  γενέσθαι  τους  Ά(ντιοχίδας'.  παρ*  ΑΟσχύλψ  δέ  τα  περί  τόν 
θάμυριν  και  <VIII— ΧΙΟτερον  άφήγηνται*  6  γουν  Άσκλη- 
πιάδης  έν  τ?  ρ  ?  α  ?  <γψδουμένοις ?>  περί  αυτών  φησι  τόν  τρόπον 
τούτον*  *τόν  μέν  θάμυριν  περί  τό  εΤδός  φασι  θαυμαστόν,  τών 
δέ   οφθαλμών  τόν  μέν  δεΕιόν  λευκόν  είναι,  τόν  δέ  όριστερόν 

1»  μέλανα,  περί  δέ  τήν  ώ^ήν  οϊεσθαι  διαφέρειν  τών  άλλων 
απάντων,  άφικομένων  δέ  τών  Μουσών  εΙς  ΘρςΙκην  τόν  μέν 
θάμυριν  μνείαν  ποιήσασθαι  προς  αυτάς  υπέρ  του  συνοικεΐν 
άπάσαις  φάσκοντα  τοις  θρςιΕΙ  νόμιμον  είναι  πολλαϊς  τόν  ?να 
συνεϊναι*   τάς  δέ  προκαλεσαμένω  έπΙ  τούτψ  ποι<εϊσ>θαι  τήν 

20  δΓ  ψδής  δμιλλαν,  έφ'  φ,  έάν  μέν  αύταΙ  νικήσωσιν,  δτι  δν 
θέλωσιν  αυτόν  ποιεϊν,  εΐ  δέ  έκεϊνος,  δσας  δν  αυτός  βούληται, 
τοσαύτας  λήψεσθαι  γυναίκας,  συγχωρηθίντων  δέ  τούτων 
νικήσαι  τάς  Μούσας  και  τους  οφθαλμούς  έΕελεϊν  <αύ>τόν.* 
*Όμηρος  δέ  <πε>ρΙ  Δώ<ριον  φησΙ>  συστήναι  τά  κατά  θάμυριν 

36  [Β  594] 
*καΙ  Στελεόν  (και  *'6λος  Hom.)  καΐ  Δώριον,  ίνθα  τε  ΜοΟσαι 
άντόμεναι  θάμυριν  τόν  θρήικα  π<αυ>σαν  <άοιδής>.' 


Τ 
1  λ€'     2  fehlt   bei   Nauck,  Τ.  G.  F.2  181  f.    ^   βκίαντίας    '  Ευνήν 

βο!||  τήν  vor  όμοπατρίαν  (so!)  über  der  Zeile        "  καΐ  <τάς  Μούσας 
άκριβέα)τ€ρον  ο.  ä.;  bei  den  Ergänzungen  ist  mit  starken  Abkürzungen 

ο 
EU  rechnen.  ^^  άπάσας  ^^  προκαλεαάμεν  ||  für  ποιήσασθαι  kein  Raum 
**  αύται  ^  αύτον  ganz  unsicher,  τ  hochgestellt,  auf  der  Zeile  3  Buchst.; 
OÖTOO  ?  Zu  Thamyris  vgl.  u.  a.  Apollod.  I  3, 3.  Schol.  11.  Β  595.  Eustath. 
298,  30.  Schol.  Apollon.  Argon.  Α  23.  Steph.  Byz.  s.  v.  ΔΟτπον.  Nikeph. 
Basil.  W  I  437. 


Euripideam  421 

Zu  922:  ^ΤΤάγγαιον  όργάνοισιν''  ΤΤάγγΑΐον  δρτα<?>  ούτε 
περί  το  ΤΤάγγαιον  φησί  οιαμιλλ(άσ>θαι  τάς  Μούσας  τψ  θαμύ- 
pibi.  "Ομηρος  [Β  594]  ττερι  το  Δώριον  <ΙΙ— ίΙ1)τΓ<ΙΙ— IV> 
ο?υ?σαι?  χρυσόβωλον  <6έ>  <τ>ό  ΤΤάγγαιον  <εΐ)ρη?κ<εν> 
δώς  χρυσού  μετάλλων  έν<ταυ>9α  όντων.  Αισχύλος  bk  έν 
Βασσάραις  αργύρου  φησιν  έκεϊ  μέταλλα,  ομοίως  και  αυτός 
ό  Ευριπίδης  μικρόν  ύποβάς  λέγει  [970] 
'κρυπτός  b'  έν  άντρο ις  τοϊσο'  ύτταργύρου  χθονός'. 
6  bk  Αισχύλος  ούτως  'ΤΤαγγαίου  γαρ  άργυρήλατοι  πρώνες 
10  το  της  αστραπής  πευκάεν  σέλας. ' 

Pal.  98  (β.  ο.  S.  419  Anna.  2)  ist  nach  Nauck  aus  Β  ab- 
geschrieben, als  der  Schluss  des  Rhesos  noch  nicht  fehlte.  Und 
thatsächlich  deckt  sich  in  V.  899—940  der  Text  des  Pal.  98  mit 
Β  f.  315  so,  dass  es  für  dies  Blatt  zuzugeben  ist  ^ 

Von  den  dann  noch  fehlenden  Versen  ist  970  im  BScholion 
zu  922  citirt  mit  der  Lesart  τοϊσο',  aber  Pal.  98  giebt  τήσο*. 
Nun  ist  ja  diese  Abweichung  völlig  unwesentlich,  noch  dazu  sind 
Scholien  wanderndes  Gut,  das  B-Scholion  könnte  also  einer  Hs• 
entstammen,  die  970  τοϊσό^  gab.  Aber  hier  scheint  die  Sache 
doch  anders  zu  liegen.  Das  wiedergefundene  Blatt  315  ν  trägt 
links  unter  V.  940  den  Namen  νικηφόρος +,  Hand  des  14.  Jh.; 
mag  das  nun  der  Name  eines  Besitzers  sein  oder  nicht:  solche 
zum  Inhalt  nicht  in  Beziehung  stehende  Namen  schrieb  man  doch 
nicht  auf  das  drittletzte  Textblatt,  sondeim  höchstens  auf  das  letzte; 
Β  wird  also  schon  im  14.  Jh.  mit  V.  940  λεληθέναί  geschlossen 
haben.  Und  dafür  spricht  noch  ein  weiterer  Umstand.  Im  Pal.  98 
stehen  auf  f.  242  r  nur  6  Verse,  gerade  bis  940  λεληθέναί;  der 
Eest  der  Seite,  Raum  für  19  Verse,  ist  leer  gelassen,  ohne  dass 
ein  Grund  (etwa  Durchschlagen  des  Papiers)  ersichtlich  ist,  der 
Schreiber  hatte  also  hier  zunächst  aufgehört ;  dann  stehen  f.  242  ν 
—  243  V  von  gleicher  Hand  V.  941—996. 


*  δργα,  Accent  sicher,  aber  οργα(νον)  sinnlos  ||  ούτος?  ^  j^y 
II  für  διαμιλλήσασθαι  kein  Raum.  ^  ιί,?σ?π;  über  π  eine  Abkürzung? 
dann  glaube  ich  nach  der  ganz  verdorbenen  Stelle  ουοαι  zu  erkennen, 
doch  passt  nichts  von  dem  Homervers  zu  den  Spuren.  ^  u.  ^:  fehlt 
bei  Nauck2  9—10;  vgl.  u.  a.  Eratosth.  Catast.  24  p.  140  ^  ύπ'  αργύρου 
*  άργυρήλατον 

^  Was  in  Β  f.  315  jetzt  unleserlich  ist,  war  damals  noch  lesbar; 
dass  Pal.  98  in  V.  927  eine  Lücke  lässt  (s.  o.  S.  1),  erklärt  sich  vielleicht 
aus  der  Corruptel  in  B;  sonst  weicht  Pal.  98  von  Β  nur  ab  in  929 
δρυμών  (στρυμών  Β,  leicht  zu  verleeeu),  937  κάπικουρήσαι,  939  Οδυσσεύς. 


422  Bmbe  Enripideum 

In  Β  wird  aIbo  der  Schlnee  des  Rbesos  von  941  an  sehon 
im  14.  Jh.  verloren  gewesen  sein,  als  PaL  98  abgeschrieben 
wurde  und  Nikephoros  seinen  Namen  eintrug;  der  Sebrmber  des 
Pal.  mu88  alsom.  £.  V.  941 — 996  aus  einer  anderen  He.  genommen 
haben.  Ob  im  Pal.  auch  sonst  Lücken  von  Β  aus  anderer  Vor- 
lage ausgefüllt  sind,  habe  ich  nicht  untersucht 

Wann  f.  315  aus  Β  verschwand,  wäre  sicherer  zu  bestimmen, 
wenn  man  das  f.  314  ν  stehende  λ€{π€ΐ  datiren  könnte;  nach 
vielem  Schwanken  neige  ich  dazu,  dies  λείπει  wie  das  f.  18  v, 
298  v,  308  V,  312  V  eingetragene  für  modern  zu  halten  —  oder 
sollten  die  letzteren  älter  sein,  f.  314  ν  also  eine  geschickte  Imi- 
tation? Nun  ist  Β  nach  Ausweis  des  Wappens  unter  Pius  IX 
neu  gebunden,  f.  315  könnte  sich  also  damals  verirrt  haben;  und 
alle  Wahrscheinlichkeit  spricht  ja  auch  dagegen,  dass  sich  ein 
solches  Papierblatt,  dessen  besonderen  Werth  man  nicht  kannte, 
dessen  Zerstörung  schon  begonnen  hatte,  in  jahrhundertelanger 
Vereinzelung  hätte  erhalten  sollen. 

Hannover.  Hugo  Rabe. 

Nachtrag.  Die  Heilung  der  Stelle  S.  420,  9  ist  Prof.  Diele 
gelungen,  der  so  freundlich  war,  meine  Photographien  anzusehen : 
'zu  lesen  ist  πανοίας  τής  έλειν[///,  alsoTTαvbίας  της  Σελήν[ης\ 

Η.  Κ. 


DIE  BEZIEHUNGEN 

DER  AELTEREN  ATTISCHEN  UEBERGABE- 

ÜND  RECHNÜNGSÜRKÜNDEN 

ZU  EINANDER 


Als  Fortsetzung  der  in  Bd.  61  S.  202  —  231  veröffentlichten 
Untersuchungen  über  die  Formulirung  der  attischen  Rechnungs- 
urkunden vergleichen  wir  im  folgenden  diese  und  die  Uebergabe- 
urkunden  aus  dem  5.  und  Anfange  des  4.  Jahrhunderts  mit  ein- 
ander, um  ihre  gegenseitigen  Beziehungen  und  damit  die  Art 
ihrer  Entstehung  genauer  kennen  zu  lernen. 

Die  nicht  ganz  unbedeutenden  Reste  der  Uebergabeurkunden 
der  Schatzmeister  der  Athene^  beginnen  mit  Ol.  86 ^  Ihre  An- 
ordnung ist,  gewiss  mit  Rtlcksicht  darauf,  dass  die  Rechnungs- 
ablage penteterisch  war,  ebenfalls  pente  terisch^,  getrennt  nach 
den  drei  Aufbewahrungsorten  Pronaos,  Hekatompedon  und 
Parthenon  ^  Die  Präscripte  der  Urkunden  des  Pronaos  lauten 
86  3  und  87^  am  Anfange  einer  Penteteris:  τάόε  napiboOav  a\ 
τετταρες  άρχαί,  αϊ  ibiboaav  τον  λόγον  έκ  ΤΤαναθηναίων  ές 
Παναθήναια,  τοις  ταμίασιν,  οίς  6  beiva  έγραμμάτευε '  ο\  bk 
ταμίαι,  οΐς  6  bexva  έγραμμάτευε,  παρέοοσαν  τοις  ταμίασιν,  οίς 
ό  οεϊνα  έγραμμάτευε;  88  ^  90^  und  91  •  etwas  ausführlicher: 
τάδε  παρέδοσαν  α\  τέτταρες  άρχαί,  (Α  ibiboaav  τόν  λόγον  έκ 
Παναθηναίων  ές  Παναθήναια*   (οΐ  ταμίαι  6  δεϊνα  καΐ  Ευνάρ- 

χοντες,  οίς  6  δεϊνα  έγραμμάτευε),  τοις  {^„^J,"^^^^^^^^^^^ 

1  CJA  Ι  117—175  mit  einigen  Nachträgen  in  IV  1  S.  26.  27.  28. 
20.  130  u.  a. 

*  Vergl.  I  32  Α  έκ  ΤΤαναθηνα(υ)ν  ές  Παναθήναια  τόν  λόγον  διδόν- 
των, καθάπερ  οΐ  τά  τής  'Αθηναίας  ταμιεύοντες.  Eine  Verpflichtung 
auch  die  Urkunden  penteterisch  abzufassen,   ergab   sich  hieraus  nicht. 

'  έν  τφ  ΤΤρονηίψ,  έν  τφ  νεφ  τφ  *Εκατομπέδψ,  έν  τφ  ΤΤαρθενΦνι. 


τευε 


424  ßannier 

öeivi  και  Ευνάρχουσιν,   οίς  ό  beiva  έγραμμάτευε,   οι  δέ  ταμίας 

οΐς  ό  οεϊνα  έγραμμάτευε,  παρε'οοσαν  τοις  Ι        ,       1»  τα»   δεϊνι 

και  Ηυνάρχουσιν,  οίς  ό  οεϊνα  έγραμμάτευεν;  ähnlich  die  des 
Hekatompedon  und  Parthenon.  Die  drei  anderen  Penteterisjahre 
haben  folgende  Präscripte :  τάοε  ol  ταμίαι  τών  ιερών  χρημάτων 
της  'Αθηναίας  ό  οεϊνα  και  Ευνάρχοντες,  οίς  ό  οεϊνα  έγραμμά- 

,  παρέοοσαν  τοις  {         ,       J»  οίς  ό  οεΐνα  έγραμμάτευε,  (τψ 

δεϊνι  και  Ευνάρχουσιν),  παραοεΕάμενοι  παρά  τών  προτέρων 
ταμιών,  οίς  ό  οεϊνα  έγραμμάτευε. 

Den  Hauptbegriff  des  Inhaltes  der  Urkunden  bildet  die  am 
Schlüsse  des  Amtsjabres  erfolgte  Uebergabe  der  Gegenstände 
(παρέοθ(Ταν)  an  die  Schatzmeister  des  nächsten  Jahres.  Nebenbei 
wird  noch  in  den  ersten  Penteterisjahren  bemerkt,  dass  die  G-egen- 
stände  den  Schatzmeistern  (am  Anfange  des  Jahres)  übergeben 
worden  sind,  in  den  drei  übrigen  Jahren,  dass  sie  dieselben  von 
den  Schatzmeistern  des  vorigen  Jahres  erhalten  haben  (παραοεΕά- 
μενοι  παρά  τών  προτέρων  ταμιών);  ausserdem  werden  die  im 
Laufe  des  Jahres  neu  hinzugekommenen  Gegenstände  notirt 
(έπέτεια  έπεγένετο  έπι  τών  ταμιών,  οίς  ό  ^εϊνα  έγραμμάτευε 
oder  έπέτεια  έπεγένετο  und  dergl.).  Die  officielle  Bezeichnung 
der  Schatzmeister  lautet  in  den  ersten  Jahren  der  Penteteris: 
τοις  ταμίασιν  (-ίαις),  οίς  ό  οεϊνα  έγραμμάτευε,  (τω  οεϊνι  και 
Ευνάρχουσι),  οι  οέ  ταμίαι,  οϊς  ό  οεϊνα  έγραμμάτευε,  in  den 
anderen  Jahren  o\  ταμίαι  τών  ιερών  χρημάτων  της  'Αθηναίας 
ό  οεϊνα  και  Ευνάρχοντες,  οίς  ό  οεϊνα  έγραμμάτευε;  τοις 
ταμίασιν  (-ίαις),  οίς  ό  οεϊνα  έγραμμάτευε,  (τω  οεϊνι  και  Ευνάρ- 
χουσι); παρά  τών  προτέρων  ταμιών,  οίς  ό  οεϊνα  έγραμμάτευε  ^ 
Es  wird  stets  der  Artikel  gesetzt  (τοις  ταμίασιν  (-ίαις),  οι 
ταμίαι  τών  ιερών  χρημάτων),  in  der  Aufzählung  der  Gegen- 
stände ist  keine  Trennung  der  Zahlen  von  den  Gegenständen, 
sondern  fortlaufend  geschriebener  Text.  Der  Hauptbegriff  des 
Präscripts  wird  durch  eine  Verbalform  ausgedrückt,  diese  bleibt 
aber  bei  der  Aufzählung  der  Gegenstände  unberücksichtigt,  so- 
dass das  Ganze  ohne  Construction  ist^. 


^  Vgl.  hierzu  u.  mehrfach  zum  folgenden  auch  Larfeld,  Handbuch 
der  griech.  Epigraphik  2,  870  ff. 

2  τάδε  Ol  ταμίαι  παρέδοσαν  .  .  .  φΐάλη  χρυσή,  φΐάλαι  άργυραϊ, 
λύχνος  άργυροΟς,  στέφανος  χρυσοΟς  usw. 


Die  Beziehungen  d.  alt.  attischen  üebergabe-  u.  Rechnungeurkunden  425 

Mit  diesen  Uebergabeurkunden  vergleichen  wir  zunächst  die 
Zahlungsurkunden  derselben  Schatzmeister. 

Diese  Urkunden  enthalten  die  Ausgaben,  welche  die  Schatz* 
meister  auf  Eechnung  des  Staates  im  Laufe  des  Jahres  aus  den 
heiligen  Geldern  der  Athene  gemacht  haben.  Der  Hauptbegriff 
wird  durch  den  allen  gemeinsamen  Anfang  'Αθηναίοι  άνήλωσαν 
ausgedrückt.  Die  Inschriften  selbst  sind  eine  Zusammenstellung 
der  meistens  an  die  Strategen  oder  Hellenotamien  erfolgten 
Zahlungen.  Die  erste  dieser  Zahlungen  wird  eingeleitet  durch 
die  Worte  ταμίαι  .  .  .  παρέοοσαν,  die  übrigen  IV  1,  179  Α  S.  161 
und  I  273  durch  beutepa  οόσις,  τρίτη  οόσις  usw.,  denen  in 
IV  1,  179  Α  am  Anfange  eines  Kriegsschauplatzes  noch  παρί- 
οομεν  mit  der  Bezeichnung  des  Kriegsschauplatzes  vorausgeht; 
in  den  anderen  Inschriften  wird  jede  Zahlung  ausser  der  ersten 
durch  τταρε^ομεν,  παρεοόθη  oder  gar  keinen  Zusatz  eingeleitet. 
Die  Zahlungen  werden  zeitlich  durch  die  Prytanie  und  den  Tag 
der  Prytanie,  welche  zwischen  Ol.  89  ^  und  90  ^  an  der  Spitze 
der  Zahlungen  stehen,  genauer  bestimmt.  I  189  kommt  noch  die 
Angabe  des  Monatstages  hinzu,  und  IV  1,  179  C  S.  160  steht 
letztere  allein.  Die  officielle  Bezeichnung  der  Schatzmeister  lautet 
in  allen  Inschriften  ebenso  wie  in  den  drei  letzten  Penteteris- 
jahren  der  Uebergabeurkunden  ταμίαι  ΐ€ρών  χρημάτων  της 
'Αθηναίας  ό  beiva  και  Ευνάρχοντες,  οίς  ό  beiva  έγραμμάτευε, 
der  Text  ist  ebenfalls  fortlaufend,  und  der  Hauptbegriff  wird 
durch  eine  Verbalform  ausgedrückt.  Auch  ist  diese  bei  der 
Construction  nicht  immer  berücksichtigt  worden.  Die  Formeln 
δευτέρα,  τρίτη  οόσις  sind  unabhängig,  1  190.  191  steht  τάοε 
έκ  του  οπισθόδομου  παρέοομε[ν  .  .  .  χρυσίου  . .  .  σ]τατήρες, 
(vergl.  61,  213),  Ι  188.  189  stets  der  Singular  παρεδόθη,  ob- 
wohl ausser  den  Talenten  auch  noch  Drachmen  als  Subject  in 
der  Zahlungszahl  ausgedrückt  sind. 

Alle  diese  Uebereinstimmungen  erklären  sich  zur  Genüge 
daraus,  dass  beide  Arten  von  Urkunden  von  demselben  Kollegium 
verfasst  worden  sind.  Die  Zahlungsurkunden  haben  aber,  wie 
wir  61,  202  ff.  nachgewiesen  haben,  einen  bemerkenswerthen  Ent- 
wicklungsgang durchgemacht.  I  273  und  spätere  zeigen  die  in 
1  179  und  IV  1,  179  Α  S.  161  übliche  Zusammenstellung  der 
Ausgaben  im  Laufe  des  bürgerlichen  Jahres  und  die  Eintheilung 
nach  Kriegsschauplätzen  nicht  mehr,  sondern  erstrecken  sich  auf 
das  Amtsjahr  der  Schatzmeister  von  Panathenäen  zu  Panathenäen 
und    sind   nach  Kassen,    aus    welchen    die    Zahlungen   geleistet 


426  Bannier 

wurden,  geordnet.  Daher  jetzt  die  Recapitulationsformeln  Κ€φά- 
λαιον  .  .  .  άναλώματος  (του)  έπι  τής  (του  οεϊνος)  αρχής  (καΐ 
Ευναρχόντων)  und  die  Eintheilungeglieder  'Αθηναίας  ΤΤολιάοος, 
'Αθηναίας  Νίκης,  τών  δλλων  θεών,  Έρμου  (Ι  273),  Έρμου, 
'Αθηναίας  Νίκης (IV  1,  184/185  8.  33), 'Αθηναίας  ΤΊολιάδος.  Νίκης 
'Αθηναίας  (IV  1,  179  C  S.  160),  'Αθηναίας  Πολιάδος,  Νίκης 
(Ι  188),  Άθηναίςι  ΤΤολιάοι  (Ι  190).  Daneben  kommen  Bin- 
theilungen  nach  Kassendepots  ([  190  τάΟ€  έκτου  όττκτθοοόμου 
παρέοομβν)  und  gelegentliche  Erwähnungen  der  Depots  vor  (I  273 
έκ  του  οπισθόδομου,  IV  1,  184/185  S.  33  έκ  του  Παρθενώνος). 
Ι  179  und  IV  1,  179  Α  enthalten  die  Zahlungen  je  eines  Jahres, 
I  273.  180—183  und  vielleicht  auch  I  188.  189  die  einer  Pen- 
teteris.  IV  1,  184/185  S.  33  und  1188  finden  sich  auch  Bemer- 
kungen über  den  Ursprung  der  verausgabten  Gelder.  Sie  zer- 
fallen in  solche,  welche  die  Schatzmeister  im  Anfange  des  Jahres 
von  den  vorigen  erhalten  haben  (ών  παρελάβομεν  παρά  τών 
προτέρων  ταμιών),  und  solche,  welche  sie  im  Laufe  des  Jahres 
selbst  zusammengebracht  haben  (του[τών]  έπετείου[-ιυν],  ού[ών] 
αυτοί  ΕυνελέΕαμεν,  ähnlich  Ι  188  έκ  τών  επετείων). 

Diese  Abweichungen  von  Ι  179  und  IV  1,  179  Α  zeigen 
aber  eine  so  auffallende  Uebereinstimmung  mit  der  Anordnung  der 
Uebergabeurkunden,  dass  wir  berechtigt  sind,  sie  für  bewoeste 
Anlehnungen  an  diese  zu  halten.  Sie  haben  die  Fassung  der 
Urkunden  durchgreifend  umgestaltet,  betreifen  aber  nur  die 
Disposition.  In  Einzelheiten  werden  die  früheren  Formeln  und 
die  bisherige  Ausdrucksweise  beibehalten  oder  nicht  in  allen  Ur- 
kunden geändert,  so  zB.  die  Nennung  des  Archonten,  des  ersten 
Rathsschreibcrs  und  das  Fehlen  des  Artikels  ^  Neben  den  aus  den 
Uebergabeurkunden  entlehnten  Formeln  Έλληνοταμίαις,  (Ττρατη- 
γοΐς,  παρέδροιςτψ  οεϊνι  καΐ  Ευνάρχουσι(Ι  273.  180—183.  IV 
1,  179  C  S.  160  Ι  188.  189)  finden  sich  noch  IV  1,  184/185  S.  33, 
Ι  180  bis  183.  188. 190. 191  mehrmals  die  ursprünglichen  Bezeich- 
nungen Έλληνοταμίαις,  στρατηγοΐς  τφ  οεϊνι,  τιϋ  δεϊνι .  . .  Die 
in  den  Uebergabeurkunden  übliche  Gewichtsbezeichnnng  lautet 
σταθμόν  τουτου(•ων),  in  den  Zahlungsurkunden  IV  1,  184/185 
findet  sich  ausserdem  noch  (Τταθμόν  oder  σταθμόν  ^κοντες(-ας). 

Das  Verhältniss  der  Uebergabeurkunden  der  anderen  Götter 
zu  denen  der  Athene  ist  recht  merkwürdig.     Der  Volkebeechloee 


*  ταμίαι  Icpurv  χρημάτυτν   τής  'Αθηναίας,   'Ελληνοταμ(ασι   (-ίαις), 
οτρατηχοίς,  «αρ^όροις. 


Die  Beziehungen  d.  alt.  attischen  Uebergabe•  u.  Kechnungsurkunden  427 

I  32  bestimmt  bekanntlich,  dass  die  Schatzmeister  der  anderen 
Götter  zu  denelben  Zeit  und  in  derselben  Weise,  wie  die  Schatz- 
meister der  Athene  erlost  werden  eollen,  dass  sie  die  vorhandenen 
bezw.  ihnen  übergebenen  Gelder  and  Gegenstände  zunächst 
alle  auf  einem  Steine  zusammenstellen  sollen  καθ'  ^κα(Ττόν  T€ 
τον  θ€Ον  τα  χρήματα  όπόσα  έστιν  έκάστψ  και  συμπάντων  κεφά- 
λαιον  χιυρις  τό  τ€  άργυριον  και  το  χρυσίον,  in  Zukunft  lieber- 
gabeurkunden  herstellen  ^  und  Rechnung  legen  sollen  von  den  vor- 
handenen, während  des  laufenden  Jahres  zugehenden  und  eventuell 
abgehenden  Geldern  und  Gegenständen,  dass  sie  Rechensehaft 
geben  und  Rechnung  legen  sollen  von  Panathenäen  zu  Panathenäen, 
wie  die  Schatzmeister  der  Athene.  Die  Hinweisung  auf  diese 
bezieht  sich  immer  nur  auf  das  Nächstvorh ergehende,  denn  die  Be- 
stimmung καθ'  ?κα<Ττον  τον  θ€Ον  war  für  die  Urkunden  der 
Athene  gegenstandslos,  χωρίς  τό  τ€  άργυριον  και  τό  χρυσίον  ist 
in  ihnen  ebenfalls  nicht  befolgt  worden,  denn  die  Urkunden  führen 
meistens  Gold  und  Silber  durcheinander  auf^,  und  die  im  Laufe 
des  Jahres  abgehenden  Gelder  wurden  nicht  auf  den  Uebergabe- 
urkunden,  sondern  auf  den  Zahlungsurkunden  gebucht.  Inhaltlich 
mussten  also  die  Urkunden  der  anderen  Götter  von  denen  der  Athene 
abweichen,  aber  in  der  Form  hätte  man  eine  nähere  Uebereiustim- 
mung  vermuten  sollen.  Das  erhaltene  Präscript  der  Urkunde  des 
Jahres  Ol.  87  ^  zeigt  aber,  dass  dies  keineswegs  der  Fall  war.  Es 
lautet  nämlich:  ταμία[ι]  των  δλ[λων  θεών  έπι  της  βουλ]ής,  f) 
Κ[α]λλίστρατο[ς  .  . .]  πρώτος  έτραμμάτ€υ[€ν,  έπι  Έπαμ€ί]νονος 
άρχοντος,  Άντι[  .  .  .]ος,    *Αλκίφ[ρ]ων  Άναφλύσ[τιος  .  .  .]των 

Ανατ[υρά]σιος,     Κ[ Ι^ιος,    Χαρι[ ]    Έλευσίνι- 

[ος  .  .  .  ]  labe  παρέο[οσαν  παραοεζάμενοι]  παρά  τών  π[ροτέ- 
ρων  ταμιών  .  .  .  ]στρατο.  Ausser  der  Bezeichnung  des  Haupt- 
begriifs  παρέοοσαν  und  des  Nebenbegriffs  παραδεχόμενοι  παρά 
τών  προτέρων  ταμιών  und  der  constructionslosen  Aufzählung 
der  Gegenstände  finden  sich  gar  keine  Uebereinstimmungen,  es 
können  also  keine  Beziehungen  zwischen  beiden  bestehen.  £s  be- 
stehen gewiss  auch  keine  zu  den  Zahlungsurkunden,  obwohl  sie 
mit  diesen  die  Nennung  des  Archonten,  des  ersten  Rathsfchreibers 
und  die  Fortlassung  des  Artikels  gemeinsam  haben. 

*  Welche  natürlich  die  Fassung  auf  dem  ersten  Stein  benutzen 
sollten. 

'  Vgl.  in  den  Urkunden  des  Hekatompedon  φΐάλαι  χρυσαΐ,  κόρη 
χρυσή,  άπορροντήριον  άργυροΟν,  ατεφάνω  χρυσώ,  στέφανος  χρυσοΟς, 
φΐάλαι  άργυραΙ  usw. 


428  Bannier 

Wir  betrachten  jetzt  das  Verhiiltniss  der  üebergabe-  und 
Zahlungeurkunden  zu  den  älteren  Statuen•    und  Bauurkunden. 

Die  Präscripte  der  Statuenurkunden  lauten:  IV  1,  298  S.  146 
ΚιχήσιτπΓος  έγ[ρ]αμμάτ€υ€  άγάλ[μ]ατος  έπιστάτη[σ]ι  Μυρρινου- 
σιος•  [λ]ήμμα  παρά  ταμι[αι]ν,  οίς  Δημόστρατος  έγραμμάτ6υ€ 
Ξυπεταών  •  ταμίαι  (folgen  7  Namen  ohne  Patronymikon  und  De- 

motikon),  IV  1,  299a  S.  147  έπι  'Appf τρ]αμματ€ύ[οντος 

έτΓ]ιστάτησι  άίτάλμα]τος  χρυσού'  έ[πί  της]  βουλής,  fi[ij  *Αρ[χ€- 

στ]ρατο[ς  έγραμμάτεΐυε  π[ρώτος  έπι ]ς  δ[ρχοντος•  ταμίαίι. 

Φιλ[  ....  έγραμμάτευε  .  .  .  folgen  mindestens  6  Namen  mit 
Demotikon,  aber  ohne  genaue  Reihenfolge  der  Phylen,  am  Schlüsse 
2  Namen  ohne  Demotikon,  I  299  [6  οεϊνα  έτρα]μ[μ]άτευ[ε  τοις 
έπιστάτ]ησι  χρυσού  [αγάλματος]  έπι  της  βουλής,  [ή  Δημ]όνι- 
[κ]ος*  Άλα)πεκήθεμ[πρ]ώτος  έγραμμάτευε*  λήμμα  παρά  ταμιαιν 
έκ  πόλεως,  [οί]ς  Δεινία[ς]  Εύάγους  Φ[ι]λαΐοης  έ[τρ]αμ[μά]- 
τευε*  ταμ[ί|αι  δέ  (folgen  10  Namen  mit  Patronymikon  und  De- 
motikon in  der  Phylenreihenfolge),  ähnlich  IV  1,  556  S.  124, 
vergl.  Mitth.  arch.  Jnst.  XXVII  (1902)  4  S.  304  (Namen  der  Schatz- 
meister anscheinend  nur  mit  Demotikon  ohne  Phylenreihenfolge). 
Die  Präscripte  nennen  mit  Ausnahme  von  IV  1,  298  den  ersteo 
Kathsschreiber,  wahrscheinlich  auch  den  Archonten,  setzen  keinen 
Artikel,  führen  aber  die  Schatzmeister,  aus  deren  Kassen  die 
Commission  das  Geld  erhalten  hat,  mit  Namen  auf  unter  dieser 
Formel:  λήμμα  παρά  ταμιών  (έκ  πόλεως),  οίς  ό  δείνα  έγραμμά- 
τευε,  ταμίαι  (οέ).  Geldzahlen  und  Text  sind  von  einander  ge- 
trennt. Dem  Hauptbegriflf  λήμμα  des  ersten  Theils  steht  der  des 
zweiten  Theils  άνάλωμα  gegenüber.  Die  Satzconstruction  ist  sub- 
stantivisch (λήμμα,  άνάλωμα).  Dadurch  ist  zwar  eine  ganz 
primitive  Fassung  des  Präscripts  entstanden,  aber  die  Aufzählung 
der  Einnahmen  und  Ausgaben  ist  nicht  constructionslos.  Die  Be- 
zeichnung der  Ausgaben  ist  theils  substantivisch  (έλέφαντος  τιμή), 
theils  verbal  oder  aus  beiden  gemischt  (χρυσίον  oder  έλέφας 
έωνήθη,  σταθμόν  .  .  .  τιμή  τούτου). 

Beziehungen  der  üebergabeurkunden  der  Athene  zu  diesen 
Urkunden  sind  sicher  nicht  anzunehmen,  da  sich  gar  keine  An- 
klänge finden.  Dagegen  zeigt  die  Fassung  der  Zahlungeurkunde 
für  den  samischen  Krieg  (I  177),   wie   bereits   im    vorigen  Auf- 


^  So  ist  vielleicht  nach  dem  Namen  des  Schreibers  im  Volks- 
beschluss  über  die  Aechtung  Antiphons  zu  ergänzen  (Ps.  Plutarch, 
vitae  X  orat.  vita  Antiphontis). 


Die  ßezietiaDgen  d.  alt.  attiechen  Üebergabe-  u.  Ueotinungenrkanden  439 

eatze  (ßl,  210)  bemerkt  worden  ist,  solche  Aebnlichkeit  mit 
ihnen,  dass  wir  zur  Annahme  gegenseitiger  Beziehungen  be- 
rechtigt sind.  Wir  können  aber  nicht  bestimmen,  welche  Ur- 
kunde als  die  Vorlage  und  welche  als  die  Nachahmung  zu  gelten 
hat,  da  eich  keine  genaueren  Zeitbestimmungen  derselben 
geben  lassen.  Die  späteren  Zahlungsurkunden  zeigen  zu  wenig 
Uebereinstimmung  mit  den  Statuenurkunden,  als  dass  man  daraus 
auf  nähere  Beziehungen  derselben  zu  einander  schliessen  könnte. 
Zahlreicher  sind  die  Anklänge  der  Uebergabeurkunden  der  anderen 
Götter  an  die  Statuenurkunden.  Sie  nennen  ebenfalls  den  ersten 
Rathsschreiber  und  Archonten,  setzen  keinen  Artikel  und  trennen 
Text  und  Zahlen.  I)a  aber  die  Stilisirung  bei  beiden  verschieden 
ist  und  sich  tlber  die  Bezeichnungsformel  der  Statuencommieiionen 
nichts  Bestimmtes  ermitteln  lässt,  so  können  wir  über  eventuelle 
gegenReitigen  Beziehungen  der  Urkunden  auch  nichts  Bestimmtee 
sagen  (vergl.  ausserdem  S.  432,  Zeile  5  —  3  von  unten). 

Von  den  Bauurkunden  wissen  wir,  dass  I  289  —  296  in  die 
Zeit  um  Ol.  83  ^  gehören,  weil  sie  theilweiae  noch  dreistrichiges 
^  zeigen,  ebenso  I  284—288.  I  310  gehört  in  das  Jahr  84  ^, 
I  308/309 1  wahrscheinlich  in  das  Jahr  84  *  und  84  %  ungefähr  in 
dieselbe  Zeit  gewiss  I  303/304.  327,  IV  1,  297  a  und  b  S.  37 
und  311a  S.  74^  Die  Propyläenurkunden  (1314/315.  544  und 
I  316  nebst  IV  1,  331  d  8.  77  vgl.  Mitth.  arch.  Inst.  XXV U  [1902] 
4  S.  303)  gehören  in   die  Zeit  von  85  ^  bis  86  ^     Die  Reste  der 


^  An  I  309  ist  vielleicht  I  330  links  anzusetzen. 
3  Die  Inschriften  I  303/304  und  JV  1,  297a  sind  wahrscbeinlioh 
mit   einander  zu   vereinigen    und    zwar  so,    dass  IV  1,  297a  nach  der 
15.  Zeile   links  an  I  304  anzusetzen  ist.     Wir  erhalten  von  Z.  11  ab 
somit  etwa  folgendes: 

παρά  Έλληνοτα]μιΐΑτν  '[οΐς  ό  öctva 
έγραμμάτευε  .  .  .]ούαιο[ς 

]στι[  .  :  . 
]ov[ir 

πραθ^ντ|^|]  <ΓΓαθμ(όν  .  . 

εύλων[πραθέντυ)]ν  τιμή 
παρ'  Εύφήρου  usw. 
Beide  zusammen  bilden  vielleicht  die  Fortsetzung  von  IV  1, 297b, 
indem  Zeile  15  der  letzteren  Inschrift  das  Ende  der  1.  Zeile  von  I  303 
bildet  ([χρυσοΟ  στατήρ]€ς  ΚϋΣι[κην]οΟ. 


430  Bannier 

grossen  Urkunde  I  300—302  und  IV  1  S.  147  bezeichnen  das 
Jabr  Ol.  86  ^  und  86  ^  bereits  als  das  14.  bezw.  15.  Jahr  der 
όρχή  der  Bancommiesion.  Die  Urkunden  sind  also  vielfach  älter 
als  die  Anfangsjabre  der  Uebergabe-  und  Zablungsurknnden 
(Ol.  86  ^  86  ^  und  87  ^)  und  konnten  ihnen  infolgedessen  sehr 
leicht  als  Muster  dienen.  Die  Präscripte  der  wichtigsten  lauten: 
I  294  [*Ατ]ασί[π]που  τ[ρα]μ[ματ6ύ]ο[ντος]  Γαρτη[τ]τ[ί]ου  [έπι- 

στάται]  Άμ[ο]ίβιχος  [Λ]αμ[τΓΓρ6]ύ[ς],  Ό Έστιαιόθ[€ν[, 

Μυρρινούσ[ι]ο[ς],  .  .  θο  .  .  ο  .  .  .  Κήττιος,  Φ  .  . .  Ο[ιναϊος] 

λήμμα  Μ[Μ]Μ.  ΧΗΗΗ  .  .  Al•l•[  .  .  .  ] 

άνάλιυμα  Μ  .  .  XX  .  Η  .  .  ΔΗ[  .  .  .  ] 

τ[ο]ϊς  νέο\[ς  έ]πι[σ]τ[ά]τ[η]σ[ι  παρ6]οομ6ν  .... 

Ι  314  [έπιστάτίαι  ΤΤ[ρο]πυλαίου  έρτασ[ίας,''  οίς  6  beiva  έγραμ- 

μάτ€υε  ....  €]ύς,    έπ'    Ε[ύ]θυμ€νους    δρχο[ντος  και   έπι  της 

βουλής,  ή ]οη[ς  π]ραιτος  έτραμ[μάτ€υ€,  6  b€iva,  Τ[ιμο- 

Τ6ν[ης  Ίκ]αρΐ€ύς,  Δ[ ,  6  beiva  . .  .]ς,  Έπιχα[ . . .  ]  Άμφί- 

τρο[7τήθ€ν.   τούτοις  λήμματα  το  Ο  ένιαυτου  τούτ]ου  τάΟ€  .... 
αναλώματα. 

Ι  315   [έπι   τής   τ€τ]άρτης   αρχής,  ή   Διογ€[νης  έγραμμάτευε 

]  έπι  τής  βουλής,  ή  ΜεταΙγίνης]  πρ[ώτος  έγραμμάτευε, 

έπι[στάται  ό  6εϊνα,  ό  όεϊνα  .  .  .  τούτοις  λ[ήμματα  τ]ου  dvifou- 
του  τούτου  τάόε]  .  .  . 

Ι  301  und  IV  1,  301  S.  147  τοις  έπιστάτησι,  οΙς'Αντικλής  ίχραμ- 
μάτευε,έπΙτής{;^;^^^^)  και  οεκάτης  βουλής,  ή  Ι*^;™^^^^^^ 

πρώτος  έγραμμάτευε  έπι  Ι  >;^^*^^q^^  |  δρχοντος  Άθηναίοισιίν) 

λήμματα  του  ένιαυτου  (τούτου)  τάόε  .  .  αναλώματα.  Alle 
Präscripte  nennen  den  ersten  Ratbsschreiber  und  Archonten.  Die 
beiden  ersten  fuhren  die  am  Anfang  des  Jahres  neu  eingetretene 
Baubehörde  mit  Namen  und  Demotikon  unter  Innehaltnng  der 
Phylenordnung  auf  und  setzen  keinen  Artikel,  welcher  in  den 
meisten  Urkunden  auch  bei  der  Aufzählung  der  Einnidimen  und 
Ausgaben  fehlt  (vergl.  die  Formeln  ώνημάτων,  λιθοτόμοίς  usw.) 
Die  Urkunden  bestehen  aus  drei  Theilen:  Einnahmen  (λήμματα), 
Ausgaben  (αναλώματα)  und  Ueberschuss  (τοις  νέοις  έπιστάτησι 
παρέόομεν  oder  περιεγένετο  του  ένιαυτου  τούτου.  Wenn  kein 
Ueberschuss  vorhanden,  heisst  die  Formel  I  289 — 296  ανάλαιμα 
ταύτόν).  Zu  den  λήμματα  gehört  auch  der  Ueberschuss  aus  dem 
Torbergehenden  Jahre.     Dieser  wird  I  289—296  nicht  beeondert 


Die  Beziehungen  d.  alt.  attiscben  Uebergabe-  u.  Kecbnüngsurkunden  431 

bezeichnet,  in  den  anderen  Urkunden  durcb  παρά  των  προτέρων 
επιστατών  oder  περιγενόμενον  μέν  έκ  του  προτέρου  ένιαυτου. 
Ι  284 — 288  werden  vor  Notirung  des  Ueberscbueses  die  Zahlen 
der  Einnahme  und  Ausgabe  noch  einmal  kurz  wiederholt.  Die 
Geldzahlen  stehen  links  am  Rande,  die  einzelnen  Posten  beginnen 
meistens  mit  einer  neuen  Zeile.  Die  Formeln  sind  substantivisch 
(λήμμα,  όνάλωμα),  auch  in  den  Einnahmen  und  Ausgaben  (I  314 
[οΙκί]ας   Ιερας   μίσ[θωσις1,  ....  κων   τιμή,    1  304   und  IV  1, 

297  a  S.  37  Ηύλων  [πραθέντω]ν  τιμή,  1  301  Lw^^^^^   1  πρα- 

θίντος  σταθμόν  .  .  .  τιμή  τούτου.  IV  Ι,  297  ab,  IV  1,  311 
S.  74  U.  a.  λιθαγωγίας  ΤΤεντελήθεν,  λιθουλκίας  προς  .  .  .,  λι- 
θουργίας.  IV  1,  311  Ευλουργίας,  usw.)  In  der  Bezeichnungs- 
formel der  Kassenbehörden,  von  denen  die  Baucommission  die 
Gelder  erhielt,  stehen  die  Namen  der  Kassenbehörden  niemals,  die 
des  Sekretärs  nicht  immer  (παρά  κωλακρετών,  παρά  ΐλληνοτα- 
μιών,  οΐς  6  5εΐνα  έγραμμάτευε  του  δεινός  δήμου,  παρά  ταμιών 
{dl  τά)  τής  θεού  (έταμίευον)  —  dies  ist  die  übliche  Bezeichnung 
der  Schatzmeister  —  οίς  6  οεϊνα  έγραμμάτευε  του  οεϊνος  δήμου  ^). 

Die  Uebergabeurkunden  der  Athene  haben  keine  Berührungs- 
punkte mit  den  Bauurkunden,  sind  also  von  ihnen  nicht  be- 
einflusst  worden.  Dagegen  liegt  es  nahe,  die  sonst  bei  den 
Athenern  nicht  allgemein  übliche  Datirnng  nach  Archonten  und 
ersten  Rathssch reibern  in  den  Zahlungsurkunden  auf  eine  Beein- 
flussung durch  die  Bauurkunden  zurückzuführen.  In  den  Ueber- 
gabeurkunden der  anderen  Götter  fehlt  ebenfalls  der  Artikel;  der 
Archont  und  der  erste  Rathsschreiber  werden  genannt,  die  Schatz- 
meister werden  ebenso  wie  die  Baucommission  mit  Namen  ge- 
nannt, Zahlen  und  Text  werden  getrennt. 

Ehe  wir  uns  jedoch  darüber  schlüssig  werden  können,  ob 
man  aus  diesen  Uebereinstimmungen  eine  Benutzung  der  Ban- 
urkunden  durch  diese  Uebergabeurkunden  folgern  darf,  müssen  wir 
letztere  zunächst  noch  mit   den  Uebergabeurkunden   der  Statuen 

^  Nebenbei  sei  bemerkt,  dass  die  Bauurkunden  ebenso  wie  die 
Ueberscbriften  der  Tributlisten  das  Demotikon  des  Schreibers  von 
seinem  Namen  durch  έγραμμάτευε  trennen.  Auch  die  Fassung  der 
Präscripte  der  nicht  ersten  Jahre  des  Baues  έπΙ  τής  ....  αρχής,  ή  ό 
δείνα  έγραμμάτευε,  (έπΙ  τής  βουλής,  ή  ό  δείνα  πρΟΕιτος  έγραμμάτευε,  έπΙ 
τοΟ  δεινός  άρχοντος)  έπιστάται  οΐ  δεινές  erinnert  an  die  Tributüber- 
schriften  έπΙ  τής  αρχής,  ή  ό  δείνα  έγραμμάτευε.  Έλληνοτομίας  (•αι)  ήν 
(ήσαν)  ό  δείνα  (οΐ  δεΙνες). 


433  Bannler 

vergleichen.  Von  solchen  Urkunden  hahen  wir  ans  dem  4.  Jahr- 
hundert mehrere  Reste  ^.  Sie  heziehen  sich  alle  anf  eine  im 
Hekatompedon  hefindliche  goldene  Nike,  deren  Theile  einzeln, 
jedoch  immer  mehrere  mit  einander  vereint,  von  den  Schatz- 
meistern übergeben  worden.  Mit  ihnen  hat  das  Fragment  IV  1, 
331  e  S.  77  solche  Aehnlichkeit,  dass  wir  es  zu  derselben  Gattung 
von  Urkunden  zählen  müssen.  Έβ  enthält  3  Theile.  Der  erste, 
Zeile  1 — 6,  bezieht  sich  zweifellos  auf  denselben  Gegenstand,  auf 
welchen  sich  das  Fragment  IV  2,  843  c  S.  208  Z.  5  —  9  be- 
zieht. Der  zweite  betrifft  die  oben  erwähnte  goldene  Nike,  der 
dritte  läset  sich  anderweitig  nicht  nachweisen.  Die  beiden  letzten 
Theile  werden  eingeleitet  durch  die  Worte:  έτπίΤτάται  τοϊν 
Νίκαιν[  .  .  .  Κλ]€Οτιμος  Χολαργεύς,  Σκόπας  ΤΤιθβύς,  Άντι- 
[  .  .  .  .  ]ος  Διογείτονος  Άχαρνεύς  γραμματεύς.  Wir  haben 
die  Uebergabe  der  fertigen  Statue  durch  die  Commission  an  die 
Schatzmeister  vor  uns.  Die  Fassung  derselben  entsprach  zweifel- 
los den  Statuenurkunden,  in  welchen  die  einzelnen  Stücke,  wie 
sie  vom  Bildhauer  hergestellt  waren,  nach  Gewicht  und  Kosten 
verzeichnet  wurden.  So  entstanden  aus  den  Statnenurkunden  die 
Uebergabeurkunden  der  Statuen  durch  die  Commission  und  aas 
diesen  wieder  die  der  Schatzmeister. 

Die  Notirung  und  Zusammenfassung  der  einzelnen  Theile  auf 
den  drei  ältesten  Urkunden  dieser  Gattung  (IV  1,  331  e  S.  77, 
Π  642  und  IV  2,  843  c  S.  208)  erinnert  an  die  Bestimmung 
I  32  für  die  Uebergabeurkunden  der  anderen  Götter  bezw.  die 
Urkunde,  welche  die  Schatzmeister  über  die  von  den  einzelnen 
Tempelverwaltungen  erhaltenen  Gegenstände  aufstellen  sollten. 
Auf  diesem  Steine  sollten  die  Gegenstände  καθ'  ίκαστόν  τε 
τόν  θεόν  καΐ  συμπάντων  κεφόλαιον  aufgezeichnet  werden,  auf 
den  anderen  steht  σταθμόν  δ  bei  (δγει  ?)  καθ'  ?καστον  .  .  • 
κεφάλαιον  ταύτης.  Beide  stimmen  auch  noch  darin  überein, 
dass  die  Namen  der  Beamten  genannt,  dase  die  Artikel  fort- 
gelassen werden  und  in  der  auch  gewiss  für  IV  1,  831  e  an- 
zunehmenden verbalen  und  somit  constrnctionslosen  Fassung. 
Es  lie^t  also  näher,  Beziehungen  der  Uebergabeurkunden  der 
anderen  Götter  zu  diesen  Urkunden  anzunehmen  als  zu  den  Bau- 
urkunden. 

Eine  Uebergabeurkunde  von  Statuen  durch  die  Schatzmeister 
der  Athene  besitzen  wir  aus  dem  5.  Jahrhundert  vielleicht  in  der 


1  II  642.  652.  654.  660.  667.  677  u.  a. 


Die  Beziehungen  d.  alt.  attischen  Uebergabe-  u.  Uechnungeurkunden   433 

verschieden  gedeuteten  Inschrift  I  176.  Sicher  zu  erkennen  und 
zu  ergänzen  ist:  άγάλμ]ατα  χρυ[σα  .  .  .  ]  Αθηναίοι  έπ[1  τής 
βουλ]ή[ς],  ί|ς(?)  ΜεγακλΙείοης  Λ€υ]κονο€ύς  πρ[φτος  έγ]ραμμ(ί- 
T€U€,  Άθη[ναίοις]  bk  δ[ρχ]οντος  Εύ[θύνου  ....  τ]ής  θεού  .  . . 
λ  .  .  .  6ης  Άν[  .  .  .  και  χ]σ[υν]άρχον[τ€ς  .  .  .  ]  μα•σταθ[μόν 
.  .  .  ]6ύο,  ά[κ]ρω[τήριον  .  .  .  .  ]  α*  σταθ[μ]όν  τού[των  .  .  .]- 
σκ[έ]λος  [beHioJv  σταθμό[ν  usw.  Die  Fassung  der  Urkunde 
stimmt  mit  den  Statuenübergabeurknnden  tiberein,  und  Z.  7  liegt 
die  Ergänzung  ταμίαι  τής  θεού  6  beiva  καΐ  Ευνάρχοντες  sehr 
nahe.  Da  aber  der  Obmann  des  Schatzmeistercollegiums  des 
Jahres  Ol.  88  ^,  in  welches  die  Inschrift  gehört,  wenn  Μεγακλεί- 
οης  und  Ευθυνος  richtig  ergänzt  sind,  Άνοροκλής  Φλυεύς  und 
nicht  λ  .  .  .  οης  Άν  .  .  .  hiess,  müssen  wir  uns  mit  einer  un- 
sicheren Vermuthung  begnügen. 

Die  älteren  Statuen-  und  Bauurkunden  unterscheiden  sich 
hauptsächlich  durch  die  Bezeichnungsformel  der  Kassenbehörden, 
aus  deren  Kassen  die  Einnahmen  fiiessen.  Letztere  schreiben 
παρά  κωλακρετών,  παρά  Έλληνοταμιών  oder  ταμιών  (ο1  τά) 
τής  θεού  (έταμίευον),  οίς  ό  οεΐνα  έγραμμάτευε,  jene  παρά  τα- 
μιών (έκ  πόλεως),  οίς  ό  6εϊνα  έγραμμάτευε*  ταμίαι  bk  mit  da- 
rauf folgenden  Namen.  In  den  Bauurkunden  werden  die  ge- 
kauften Gegenstände  nicht  specialisirt,  sondern  kurz  durch  die 
substantivische  Bezeichnung  ώνημάτων  bezeichnet,  in  den  Statuen- 
urkunden hingegen  finden  sich  Einzelangaben,  sowohl  substan- 
tivisch (έλέφαντος  τιμή  IV  1,  299  a  S.  147),  als  auch  verbal 
(χρυσίον  έωνήθη,  σταθμόν  .  .  .  τιμή  τούτου,  έλέφας  έωνήθη 
IV  1,  298  S.  146),  ebenso  in  der  späteren  Urkunde  I  319,  theil- 
weise  noch  erweitert  durch  Angaben  über  ihre  Bestimmung 
(χαλκός  έωνήθη,  καττίτερος  έιυνήθη  ές  το  δνθεμον),  daneben 
der  blosse  Nominativ  (μόλυβοος  τψ  όνθέμψ  καΐ  τοις  5ε(Τμοΐς 
τών  λίθων  του  βάθρου,  Εύλα  και  άνθρακες  τψ  μολύβοψ  usw.). 
Die  Erechtheionurkunde  weicht  hierin  von  den  älteren  Bau- 
urkunden ab  und  stimmt  mit  den  Statuenurkunden  überein  (I  324c 
Columne  11  23 — 84  wird  die  allgemeine  Rubrik  ώνήματα  spe- 
cialisirt durch  χρυσίον  έιυνήθη  εΙς  τάς  χαλκάς,  μόλυβδος  έιυ- 
νήθη .  .  .  εΙς  πρόσθεσιν  τών  ίψοίιυν,  χρυσ[ός]  .  .  .  έιυνήθη 
χρυσώσαι  τώ  όφθαλμώ  του  κίονος).  An  Stelle  der  früher  üb- 
lichen Bezeichnung  des  Preises  durch  τό  beiva  έιυνήθη,  σταθ- 
μόν . . .  τιμή  τούτου  tritt  Ι  319  eine  genauere  Specialisirnng  durch 
Notirung  des  Einheitspreises  (χαλκός  έιυνήθ[η  ....  τάλαντα 
.  .  . .]  καίόεκα  και  μναϊ  δέκ[α]•  τι[μ]ή  [του  ταλάντου . . .;  καττί- 

Bbein.  Mut.  f.  Pliilol.  Ν.  Υ.  LXUI.  2ϋ 


434  ßannipf 

τερος  έωνήθη  ές  το  δνθ€μο[ν,  τάλαντον]  και  ήμιτάλαντον  κα 

τό  τάλαντον   διακοσίων   τρ[ιάκ]οντα  οραχμών).     Auch 

in  diesem  Punkte  zeigt  di«  Ereclitheionurkunde  Uebereinstimmung 
mit  I  319  (χρυσίον  έωνήθη  β'ΐς  τάς  χαλκάς,  πίταλα  ΗΡΔΓΙ, 
δραχμής  ^καστον  τό  πίταλον,  ähnlich  mehrfach  in  den  Arbeite- 
lühnen).  Die  ältCKte  Bauurkunde  1  289 — 296  ist  fortlaufend  ge- 
Rchrieben,  I  317  ebenfalls  und  theilweise  vielleicht  auch  1  288. 
In  späterer  Zeit  geschah  dies  anscheinend  aber  nur,  wenn  der 
Raummangel  am  Schlüsse  der  Inschrift  dazu  zwang,  zB.  I  300 
bis  302,  wenn  ich  Bd.  61,221  richtig  vermuthet  habe,  dass  IV 
2,  4323  S.  293  zu  dieser  Inschrift  gehört^).  Die  Inschrift  I  297, 
welche  ich  jetzt  geneigt  bin,  für  eine  Statuenurkunde  zu  halten, 
hat  die  Geldzahlen  theilweise  unter  den  Textworten,  theilweise  im 
Text.  Sonst  trennte  man  Text  und  Geldzahlen,  so  zB.  in  der 
Propyläenurkunde,  in  den  Urkunden  der  Gruppe  I  303 — 311, 
I  312/313  usw.,  den  Statuenurkunden  IV  1,  298  S.  146,  IV  1, 
299  a  S.  147,  I  299  und  gewiss  auiih  IV  1,  556  S.  124.  Die 
Erechtheionurknnde  aber  ist  fortlaufend  geschrieben  nnd  ist  hierin 
wahrscheinlich  nicht  zu  der  Gewohnheit  der  alten  Bauurkunden 
zurü<;kgekehrt,  sondern  näher  liegenden  Vorbildern  gefolgt,  ob 
ebenfalls  späteren  Statuenurkunden,  ist  allerdings  zweifelhaft. 
Eine  weitere  Eigenthtimlichkeit  der  Erechtheionurkunde  ist  die 
Schrift  in  Columnen.  Hierin  waren  ihr  bereits  I  322  und  I  282 
vorangegangen,  von  denen  erstere  die  Angaben  über  die  nötigen 
Reparaturen  des  Erechtheions  enthält,  aber  mit  Absätzen  und 
Trennung  von  Zahlen  und  Text,  letztere  die  Anweisungen  für  den 
Bau  giebt  und  gewiss  das  Vorbild  für  die  Columnenschrift  wie 
für  den  Inhalt  der  Erechtheionurkunde  wurde.  Es  ist  möglich, 
dass  die  Columnenschrift  in  I  322  und  1  282  ebenfalls  bereite 
auf  ältere  Vorlagen  zurückgeht.  Die  inhaltlich  nicht  zu  be- 
stimmenden Fragmente  1  541,  IV  1,  315  ab  c  S.  38,  IV  1,  191  a 
S.  70,  vielleicht  auch  I  305  und  328,  waren  nämlich  ebenfalle 
in  Columnen  geschrieben^,  und  alle  diese  machen  einen  mindestens 

ί  Ich  würde  dies  Fragment  an  den  Schluss  der  Schmalseite  301 
setzen.  In  ähnlicher  ΛVeise  wird  vielfach  die  Schrift  am  Schlüsse 
einer  Inschrift  verkleinert  oder  verengert,  wenn  zu  befürchten  ist, 
dass  der  Raum  nicht  ausreicht,  iieispiele  hierfür  sind  die  linke  Breit- 
seite I  300  derselben  Inschrift  I  300— 30i>  fvergl.  IV  1  S.  147)  und  die 
ganze  Schmalseite  I  301,  ferner  die  Urkunden  I  1  auf  der  einen  Breit- 
seite, IV  I,  51  S.  KJ,  I  141-144.   180-173.  18i»b  u.  a. 

*  Die  Namenrtihen  der  Tribut-  und  Totenlisten  gehören  natür- 
lich nicht  hierher. 


Die  Beziehungen  d.  alt.  attischen  Üebergabe-  u.  ßechnungsurkunden  43i> 

ebenso  alten,    wenn    nicht  älteren  Eindruck  als  die  Erechtheion- 
urkunde. 

Auch  bezüglich  der  Bezeichnung  der  Arbeiten  und  der  Em- 
pfänger der  Beträge  bezw.  der  Gewerbetreibenden  und  der  Arbeiter 
giebt  die  Erechtheionurkunde  noch  zu  einigen  Bemerkungen  An- 
lae«.  I  289  —  296  enthält  hierüber  gair  nichts,  sondern  betrifft 
nur  die  Commission,  I  284  —288  wurden  zweifellos  die  Arbeiten 
etwas  genauer  bezeichnet,  wie  aus  den  Resten  ποικιλί[αν],  -ν  τψ 
ίργψ,  [οικ]οοομίαν  κα[ι  .  .  .,  κ]αι  Εύλα  κα[ύσιμα]  hervorgeht; 
über  die  Bezeichnung  der  Empfänger  lässt  sich  nichts  feststellen. 
In  den  Urkunden  IV  1,  :U  l  a  S  74,  IV  1,  277  a  b  S.  87  und 
I  319  werden  bald  die  Empfänger  der  Beträge  bezeichnet,  bald 
die  Arbeit,  wofür  gezahlt  worden  ist.  Erstere  stehen  entweder 
in  einem  ihr  Handwerk  bezeichnenden  Substantivum  ohne  nähere 
verbale  Angaben^  oder  im  Participium  ohne  nähere  substantivische 
Bezeichnung  des  Handwerks^,  die  der  Arbeit  steht  im  Genetiv^. 
Die  Erechtheionurkunde  hat  ebenfalls  diese  Bezeichnung  der 
Arbeit  im  Genetiv*,  auch  die  der  Empfänger  im  Participium 
ohne  Bezeichnung  des  Handwerks^,  in  der  Regel  aber  mit  Be- 
zeichnung desselben  ®.  Diese  ist  sogar  so  stereotyp,  dass  sie 
auch  bei  nur  einem  Handwerker  im  Plural  steht "^).  Am  bemerkens- 
werthesten  aber  ist  die  Zufügung  des  Namens  der  Empfänger, 
welche  sich  in  keiner  früheren  Bau-  und  Statuenurkunde  nach- 
weisen lässt.  In  diesem  Punkte  zeigt  die  Erechtheionurkunde  die 
nächste  Verwandtschaft  mit  den  Zahlungsurkunden.  Diese  nennen 
stets  den  Namen  der  Strategen,  den  der  Hellenotamien  in  den 
älteren  Urkunden  bei  der  jeweiligen  ersten  Zahlung,  in  den 
späteren  bei  jeder  Zahlung.  Auch  geht  die  Bezeichnung  des 
Amtes  στρατηγοϊς,  Έλληνοταμίασι  (ίαις)  den  Nameu  stets  vor- 


>  λιθοτόμοις  ΤΤεντελήθΕν,  ιτελεκητήσι  τών  λίθων. 

2  IV  Ι,  297  ab  λίθους  άνατιθ€ϊσι.  Ι  319  μισθός  τοις  έργασαμίνοις 
το  Ανθεμον  .  .  .,   τράπ€Σαν  ποιήσαντι,  μισθός  έσαγαγόντι  τώ  άγάλματβ. 

8  IV  1,31 1  a  U.  297  ab  Ηυλουργίος,  λιθογωγίας  ΤΤεντελήθεν,  λιθουλκίας 
προς  τά  εργαστήρια,  λιθουργίας. 

*  Ι  324  λιθουργικοΟ,  ^αβδώσεως  τών  κιόνων. 

δ  Ι  324  χάλκο[ς  έργασομ]ένοις,  έργασαμένψ. 

^  ζΒ.  1  324  τέκτονι  .  .  .  τό  κυ]μάτιον  πε[ρικολλήσαντι] ;  ένκαυτή  τό 
κυμάτιον  ένκ^αντι.  IV  1,  321  S.  75  Ηυλουργοϊς  ές  τήν  [έπωροφία]ν  ιμάντας 
άποΗέσασιν,  τ^κτοσι  .  .  κεραμώσαντι;  τους  σφηκισκους  θείσι  usw. 

'  Ι  324  ένκαυταϊς '  τό  κυμάτιον  ένκέαντι ;  χρυσοχόοις  *  χάλχας 
χρυσώσαντι. 


436  ßannier 

auf.  Die  älteren  Banarknnden  eDthalten  im  wesentliolien  nur 
eine  Aufzählung  der  Arbeiten  oder  der  Empfänger  der  Beträge. 
Die  Erechtbeionurkunde  hingegen  besteht  in  Form  einer  Dis- 
position aas  einzelnen  Abschnitten,  in  welchen  die  Beträge  für 
die  Arbeiten  der  einzelnen  Handwerker  einzeln  aufgeführt  und 
am  Schlüsse  recapitulirt  werden,  zB.  I  324  πρίσταις  καθ'  ήμέραν 
έργαίομίνοις  .  .  .  κεφάλαιον  πρίσταις  —  ένκαυταϊς  .  .  .  κ€φά- 
λαιον  ένκαυταΐς  —  χρυσοχόοις  . .  .  κεφάλαιον  χρυσοχόοις.  IV  1, 
321  S.  75  ίυλουργοϊς  ές  τήν  [ίπωροφία]ν  Ιμάντας  άποίέσαοιν 
. . .  €ΐς  τήν  έπωροφίαν  Ιμάντων  εργασίας  αργυρίου  κ€φάλαιον  — 
τέκτοσι .  .  .  κ€ραμώσαντι .  .  .  τους  σφηκίσκους  θεϊσι .  .  .  οιαφάρ- 
Εαντι  .  .  .  τίκτοσι  μισθωμάτων  αργυρίου  κ€φάλαιον.  IV  1,  321 
S.  150  έργ[α]σ[ίας]  έπι  τόμ  πρόίς]  ίω  ΙαΙ]€[τόν•]  κ[ορυς>αίου  καΐ] 
άντιθέματ[ο]ς... .  [τ]ώ[ν]  7τρ[ό]ς  τώ  κορυ[φα{]ω καΐ  όντιθεμάτων. .. 
ίργασίας  του  προς  ίω  α[ΐ€τοο]  αργυρίου  κ€ς)[ά]λαιον.  Auch  in 
diesem  Punkte  gleicht  die  Urkunde  mehreren  Zahlungsurkunden, 
man  vergl.  die  Abschnitte  IV  1,  179 Α  'Αθηναίοι  άνήλ]ωσαν  ές 

Μα[κ€6ονίαν κ[€φ]άλαιον  του  ές  Μα[κ€Οονίαν  .  .  . 

άναλώματος]  und  besonders  IV  1,  184/185  S.  33  αργυρίου  .... 
άναλώματος  του  ές  ΤΤ€λο]πόννησον  αργυρίου  κ[€φάλαιον;  .... 
χρυσίου  ....  άναλώματος  του  ές  ΤΤ€]λοπόννησον  χρυσίου 
κ[€φάλαΐον.  Am  Schlüsse  der  Prytanie  giebt  die  Erechtheion- 
urkunde  die  Gesamtsumme  der  Einzelsummen  an  unter  der  Formel 
σύμπαντος  άναλώματος  Κ€φάλαιον,  oder  Einnahme  und  Auegabe 
werden  wie  in  den  beiden  ältesten  Urkunden  gegenüliergestellt 
(λήμμα  .  .  .  όνάλωμα  ταύτόν).  Auch  in  diesem  Punkte  braucht 
man  keine  Rückkehr  zu  den  alten  Urkunden  anzunehmen,  denn 
IV  1,  184/185  S.  33  zeigt  ebenfalls  Generalsummen  am  Ende 
der  Prytanien  (Z.  16  σύμ]παν  κ€φάλαιον.  35  και  περί  πόλ€σι 
και.  38  κατ]ά  γήν  και  κατά  θά[λατταν.  62  κατά  γήν  και  κατά] 
θ[άλ]ατταν  χρυσίου  καΐ  άρ[γυρίου  κεφάλαιον). 

Die  Keste  der  Poletenurkunden  enthalten  prytanienweiae 
das  tote  und  lebende  Inventar,  welches  aus  dem  Eigentum  der 
Hermen-  und  Mysterien  frevler  verkauft  wurde,  mit  den  dazu  ge- 
hörigen Betragen  und  die  Pachtgelder,  welche  von  den  Pächtern 
der  den  Frevlern  gehörenden  Aecker  abgeliefert  wurden.  Wie 
der  Hauptbegriif  am  Anfang  der  Urkunden  ausgedrückt  wurde, 
können  wir  nicht  mehr  feststellen,  da  kein  Anfang  erhalten  ist. 
Die  Prytanien  werden  I  274  und  275  eingeleitet  durch  Tab€ 
έπράθη,  der  die  Pachtgelder  enthaltende  Teil  IV  1,  277a  S.  176 
durch  μισθώσ€ΐς  κατββλήθησαν.    Sachlich  gleichen  die  Urkunden 


Die  Beziehuugea  d.  alt  attischen  üebergabe-  u.  Rechnungeurkunden  437 

am  meisten  den  λήμματα  der  Statuen-  und  Bauurkunden  ^,  die 
verbale  und  passive  Ausdrucksweise  der  üeberschriften  aber 
mehr  dem  έιυνήθη  der  όναλώματα  derselben.  Die  meisten  Gegen- 
stände werden  einzeln  aufgeführt,  weil  sie  einzeln  verkauft  worden 
waren,  nur  zuweilen  mehrere  zugleich,  weil  sie  gewiss  en  bloc  ver- 
kauft worden  waren ^.  Innerhalb  der  Prytanien  finden  aber  noch 
Eintheilungen  nach  verschiedenen  Gesichtspunkten  statt ^.  Diese 
Theile  werden  einzeln  und  am  Schlüsse  der  Prytanie  insgesammt 
recapitulirt.  Dasselbe  haben  wir  oben  bei  der  Erechtheion- 
urkunde  constatirt  und  dort  auf  die  Zahlungsurkunden  zurück- 
geführt. Wir  werden  bei  den  Poletenurkunden  ebenfalle  Ent- 
lehnung annehmen  dürfen,  es  bleibt  aber  unsicher,  ob  aus  den 
Bauurkunden  oder  aus  den  Zahlangsnrkunden  oder  aus  beiden 
zugleich.  Auf  erstere  geht  vielleicht  die  gleichartige  Beschaffen- 
heit des  Inhalts,  auf  letztere  die  Art  der  Summirung  und  Be- 
capitulation  und  die  Angabe  des  Tages  der  Prytanie,  welcher  in 
den  Bauurkunden  fehlt,  zurück. 

Wir  betrachten  jetzt  das  Verhältniss  der  eleusinischen  Rech- 
nungsurkunden des  5.  Jahrhunderts  zu  den  athenischen.  Die  Ein- 
theilung  der  Text  und  Zahlen  trennenden  Urkunde  IV  1,  288  a 
S.  145  hat  ebenso  wie  die  athenischen  die  substantivische 
Fassung :  (λήμματα)  und  άναλώματα.  Der  unter  den  Einnahmen 
an  erster  Stelle  zu  erwartenden  Formel  παρά  τών  προτέρων 
επιστατών*  geht  wie  Ι  284—288  der  Formel  περιγενόμενον  έκ 
του  προτέρου  ένιαυτου  eine  andere  Einnahmenotiz  voraus^,  die 
Formel  selbst  ist  bekanntlich  auch  in  athenischen  Bauurkunden 
üblich.  Das  darauf  folgende  παρά  κιυλακρετών  findet  sich  eben- 
falls I  284—288,  οΙκημάτων  μίσθωσις  entspricht  dem  athenischen 
οΙκίας  ΐ€ρας  μίσθωσις®.  Aber  alle  diese  üebereinstimmungen 
sind  wahrscheinlich  nur  allgemein  übliche  Ausdrücke  und  be- 
rechtigen   noch    nicht   zur   Annahme    einer    gegenseitigen  Beein- 


^  Vergl.  τάδε  έπράθη  and  μισθώσεις  κατεβλήθησαν  mit  χρυσ(ου 
oder  έλέφαντος  πραθ^ντος  σταθμόν  . .  .  τιμή  τούτου,  Εύλαιν  πραθένταιν 
τιμή,  οΙκιας  Ιεράς  μίσθωσις  α.  a.  besonders  in  Ι  312.  313. 

«  Ι  274  πίθοι  Pill .  276  .  .  ]οι  έν  . .  .  υγιείς  Δ[,  οΤνου  άμ<ρορ1ής  . . . 
ΗΙΙΙΙ,  βόε  έρίτάτα  usw.  Vergl.  auch  IV  1,  277  a  S.  176,  Ζ.  21  . . .  έπΐράθη 
συνλήβδην  Λπο[σα]  od.  απα[ντα]. 

8  Vergl.  61,  229. 

*  Oder  ist  Ιεροποιών  zu  schreiben?     Vergl.  IV  1,  27b  S.  60. 

5  Vergl.  61,  217  und  219. 

β  Vergl.  61,  221  Anm.  5. 


43^3  Bannier 

flueeung,  zumal  Eleiieie  im  5.  Jahrhundert  bekanntlich  stete  in 
einem  nur  ganz  losen  Verhältnise  zu  Athen  stand.  Die  Ausgabe- 
fonueln  weichen  denn  auch  von  den  inhaltlich  gleichen  athe- 
nischen ab.  Hier  λ]ίθων  τομή,  [να]υσι  λιθαγιυγοϊς,  [λιθ]οκο- 
μικόν,  [λιθου]ρτοϊς,  dort  λιθοτόμοις,  λιθαγωγίας,  λιθουλκιας; 
λιθουργίας'. 

Die  in  Columnen  geschriebene  Uebergabeurkande  von  Eleasie 
ist  am  vollständigsten  von  Philios  in  den  Mitth.  arch.  Inst.  XIX 
(1894)  192  und  von  Dragume8,Έφημ€pις  αρχαιολογική,  1895  S.  60 
herausgegeben    worden.     Die    Ueberschrift    der    Seite  Α    lautet: 

έπιστάται  Έλευσϊνι  έπι  Εύκτή[μονος  δρχοντος ]τος  TTei- 

ραιεύς,  Μενεκλής  Ίπποτομάοης,  οίς'Αμφισθίνης Ποτάμιος  έτραμ- 
μάτευε.  τάοε  παρ€λ[άβομ€ν  παρά  τών  προτέρων  ^  έ]πισταταιν, 
παρ'  Εύφιλήτου  Κηφισιώς  και  Ευναρχόντων,  οίς  Κτήσος  Συ- 
παλήττιος    έγραμμάτ[€υ€] ,   die    der    Seite    Β:    Tabe   παρεοομεν 

έπιστάταις   τοις    νεοις  Εύβίψ  ΑΙΘαλίοη   Χα[ και] 

Ηυνάρχουσι,  οίς  Σμικυθίων  Άλαιεύς  έγραμμάτ€υ€.  Zwischen 
beiden  ist  in  der  letzten  Columne  der  Seite  Α  ein  Abschnitt 
άν[αλ]ώματος  [κ€φά]λαιον.  Wir  haben  somit  das  Schema: 
λήμμα  mit  έπέτ€ΐα  und  κ€φάλαιον,  όνάλωμα  mit  κεφάλαιον, 
παρ^ομεν  τοις  νέοις  ίπιστάταις.  In  der  Ueberschrift  fehlt  der 
Artikel,  der  Archont  wird  genannt,  der  erste  Rathsschreiber  nicht, 
die  έπιοτάται  werden  mit  Namen  und  Schreiber  aufgeführt,  die 
vorigen,  von  denen  die  έπκττάται  die  Gegenstände  erhalten 
haben,  nach  der  Formel  παρά  τών  προτέρων  επιστατών,  παρά 
του  6€Ϊνος  και  Ευναρχόντιυν,  οίς  ό  beiva  έγραμμάτβυε.  Die 
GegeuHtände  werden  aufgezählt  nach  den  Aufbewahrungsorten 
(έν  πόλ€ΐ,  έν  τώ  Έλευσινίψ  τώ  έν  άστει,  Έλευσϊνι),  die  έν 
Έλευσινίψ  τώ  έν  άστει  sind  in  Cultusgegenstände  und  Geräte, 
die  *  Ελευσϊνι  in  Cultusgegenstände  und  Geld,  geweihte  Gegen- 
stände (αναθήματα),  Bausteine,  Hölzer  usw.  getheilt.  Die  Schrift 
in  den  Columnen  ist  so,  dass  kleinere  Posten  theilweise  zu  2  und 
3  auf  einer  Zeile  vereinigt  sind  ;  die  grösseren  Poeten  sind  fort- 
laufend geschrieben,  neue  Posten  beginnen  mit  einer  neuen  Zeile. 
Die  Stückzahlen  stehen  hinter  ihren  Posten,  Gewichts-  und  Geld- 
zahlen links  am  Rande  der  Columne,  theilweise  in  den  Text  hinein- 
reichend.    Eine  den  übrigen  Theilen    entsprechende  Ueberschrift 

^  Man  erkennt  in  beiden  die  gleichen  Grundvorstellungen  λίθους 
τ^μν€ΐν,  ογ€ΐν,  ?λκ€ΐν  bezw.  κομίΣβιν,  ip^al^aQax. 

2  Gegen  Philios*  Lesung  παρά  tOjv  πρότερον  επιστατών  spricht 
die  Formel  ol  πρότ€ροι  λογισταί  Ι  273. 


Die  Beziehungen  d.  ält.  attischen  Uebcrgabc-  u  Keclmungsurkundeu  4.'39 

des  ersten  Theils  fehlt  in  den  Abschnitten  έν  τψΈλευσινίψ  und 
Έλευαϊνι.  Die  Lieberschriften  sind  etwas  aus  der  Zeile  heraus- 
gerückt. Construction  ist  ausser  in  Κυίικηνούς  στατ[ήρας1  des 
ersten  Theils  έν  πόλ€ΐ  nicht  vorhanden.  Zu  den  έπέτ€ΐα  ist 
nichts  Besonderes  zu  bemerken.  Welche  Poeten  die  Formel 
λήμματος  σύμπαν  κ6φάλαιον  zusammenfassen  soll,  ob  zB.  auch 
die  der  έττέτεια,  läset  eich  nicht  sagen,  da  die  Zahl  zweifellos 
kleiner  war  als  die  Summe  aller  voraufgehenden  Geldzahlen. 
Die  durch  άναλώματος  κ€φάλαιον  eingeleiteten  Ausgaben  im 
Laufe  des  Jahres  bestehen  aus  gekauften  Gegenstän  len,  Arbeits- 
löhnen und  einem  Betrage  für  die  Eumolplden.  Beispiele  für 
die  Forn)ulirung  der  beiden  ersteren  sind  λιβανιυτός,  μυρρίναι, 
σανίοια;  τους  λίθους  άνασκευάσαι  ίκ  του  iepoö,  έφ'  iepqi  συκή 
κεραμον  σκευάσαντι;  letzterer  lautet  Εύμολττίοαις.  Den  Schluss 
des  Ganzen  hinter  den  Ausgaben  bildet  eine  Mittheilung  des  Inhalts, 
da«s  die  ii^ohatzmeister  der  anderen  Götter  die  V^erwnltung  eines 
Stückes  ungemünzten  Goldes  und  einer  Summe  Silbers  im  Opistho- 
doni  an  die  έπκττάται  ΈλευίΤϊνι  abgetreten  haben,  wie  man  aus 
der  ersten  Columne  der  andern  Seite  sieht.  Es  fällt  auf,  dase 
die  Notiz,  die  man  unter  den  ίπίτεια  vermuthet,  an  dieser  Stelle 
steht.  Die  Seite  Β  enthält  die  Uebergabe  an  die  niichsten  έπι- 
(Ττάται.  Es  ist  aber  kaum  anzunehmen,  dase  sie  die  Fortsetzung, 
bezw.  den  letzten  Theil  der  auf  der  Seite  Α  beginnenden  In- 
schrift bildet,  denn  die  Geldsummen  stimmen  auch  nach  Abzug 
der  Ausgaben  nicht  zu  einander.  Wir  haben  somit  auf  der 
Seite  Α  die  beiden  ersten,  auf  der  Seite  Β  den  letzten  Theil 
zweier  verschiedener  Urkunden.  Diese  standen  wahrscheinlich 
ebenso  wie  die  Uebergabeurkunden  der  Athene  auf  mehreren 
neben  einander  stehenden  Steinen.  Die  Ueberschrift  der  Seite  Β 
enthielt  in  ungewöhnlicher  Weise  anscheinend  zwei  Namen  mit 
dem  Zusätze  και  Ευνάρχου(Τΐ.  Der  Posten  aus  dem  Opisthodom 
steht  jetzt  zwischen  den  Gegenständen  έν  πόλ€ΐ  und  ίν  τώ  Έλευ- 
σινίψ  τψ  έν  δστει.  Der  übrige  Theil  ist  von  den  Geldzahlen 
abgesehen  ziemlich  identisch  mit  den  λήμματα  der  Seite  A. 

Das  Schema  der  Inschrift  erinnert  nach  Inhalt  und  Form 
au  die  älteren  Bauurkunden,  ist  aber  umfangreicher  durch  die 
Zusätze  έπέτεια  und  κ€φάλαιον  zu  den  λήμματα  und  άναλώματα; 
es  erinnert  auch  an  die  Bestimmungen  I  32  für  die  Uebergabe- 
urkunden der  anderen  Götter  λόγον  biboviuiv  τών  τ€  όντων 
χρημάτων  και  τών  προσιόντιυν  τοις  θεοϊς  και  έάν  τι  όπαναλί- 
σκηται  κατά  τον  ένιαυτόν.     Die  Ordnung  der  Gegenetände  nach 


440  Bannier 

den  Aufbewahrungeetätten  und  die  Vernaobläseigung  der  Con- 
struction  erinnern  an  die  Uebergabeurkanden.  Das  Fehlen  des 
Artikels,  Nennung  des  Archonten,  der  έπκΤτάταΐ  υ.  a.  haben 
wir  schon  bei  vielen  Urkunden  vermerkt.  Die  Art  der  Colunanen- 
echrift  findet  sich  auch  in  der  Zueammenstellung  der  zu  vervoll- 
ständigenden Theile  des  Erechtheions  (I  322),  die  Yermischnng  der 
gekauften  G^egenstände  und  Arbeitslöhne  und  die  Art  und  Weise 
ihrer  Bezeichnung  auch  in  der  Statuenurkunde  I  319.  Die  eleu- 
sinische  Urkunde  erinnert  also  in  vielen  Punkten  an  die  athe- 
nischen, aber  an  keine  einzige  ausschliesslich.  Wir  werden  des- 
halb nur  allgemeine  und  oberflächliche  Beziehungen  zu  ihnen 
annehmen  dürfen.  Ein  besonderes  Interesse  gewährt  uns  die 
Urkunde  durch  den  Einblick  in  die  eleusinisohen  Verwaltungs- 
organe. Dieser  Priesterstaat  war  in  die  Einsetzung  des  Schatz- 
meistercollegiums  der  anderen  Götter  in  Athen  nicht  mit  ein- 
begriffen worden,  wie  man  bereits  aus  dem  Fortbestehen  der 
auch  IV  1,  225  k  S.  174  genannten  έπιστάται  Έλευσινόθεν  und 
Ιεροποιοί  geschlossen  hat. 

Von  den  attischen  Uebergabeurkunden  aus  den  ersten  Jahr- 
zehnten des  4.  Jahrhunderts  ist  keine  einzige  vollständig  erhalten. 
Mehr  oder  weniger  vollständig  bis  zum  Jahre  Ol.  97  ^  sind  die 
Präscripte  aus  den  Jahren  Ol.  94 «  (IV  2,  642  b  S.'l75),  95  ^ 
(II  643.  644.  644  add.  IV  2,  645  b  S.  175),  95»  (U  645),  95» 
(U  652.  653.  IV  2,  653  S.  177);  97»  (H  660)  und  98*  (Π  667). 
Bekanntlich  wurden  die  Schatzmeister  der  Athene  und  der  anderen 
Götter  spätestens  Ol.  94  »  zu  einem  Collegium  vereint.  Sie  ver- 
walteten die  Nikestatue,  welche  von  denen  im  5.  Jahrhundert 
und  den  ersten  Jahren  des  4.  Jahrhunderts  übrig  geblieben  war 
die  Schätze  der  Athene  und  der  anderen  Götter  im  Hekatompedon, 
Parthenon  und  Opisthodom.  Die  Urkunden  wurden  nach  diesen 
drei  Depots  getrennt  veröffentlicht,  aber  innerhalb  der  einzelnen 
Depots  erscheinen  die  verschiedenen  Göttern  gehörigen  Werth- 
gegenstände  auf  derselben  Urkunde.  Die  Form  dieser  Urkunden 
stellt  infolgedessen  eine  Mischung  aus  den  verschiedenen  Fas- 
sungen des  5.  Jahrhunderts  dar.  Der  Artikel  steht  in  den  Prä- 
scripten (ol  ταμίαι  τών  Ιερών  χρημάτων  τής  Αθηναίας  και  τών 
δλλων  θ€ών  οι  έττι  του  beivoq  δρχοντος),  der  Archont  wird 
genannt,  der  erste  Rathsschreiber  fehlt,  wie  überhaupt  nach  dem 
5.  Jahrhundert,  das  Schema  der  Urkunden  ist  die  Uebergabe  am 
Schlüsse  des  Jahres  mit  nebensächlicher  Erwähnung  des  Ueber- 
nahmeaktes  und  der  im  Laufe  des  Jahres  neu  hinzugekommenen 


Die  Beziehungen  d.  alt.  attischen  Uebergabe-  u.  Rechnungsurkunden  441 

Gegenstände.  Die  Urkunden  enthalten  nur  die  Uebergabe  einee 
Jabres.  Die  Namen  der  10  fungirenden  Schatzmeister  werden 
genannt  und  stehen  in  der  Phylenreihenfolge  nacb  der  Formel 
6  beiva  του  οεϊνος  6ήμου  mit  dem  Schreiber  nach  der  Formel 
οίς  6  beiva  του  beivoq  δήμου  έτραμμάτ€υ€.  Die  üebergabe- 
formel  lautet:  παρΛοσαν  ταμίαις  τοις  έπΙ  του  δεινός  αρχοντος 
ται  beivi  του  beϊvoς  bήμoυ  (10  Namen  in  der  Phylenreihen- 
folge), οίς  ό  beiva  του  b€Ϊvoς  bήμoυ  έγραμμάτευε  παpαb€Eάμ€- 
νον  παρά  τιϊιν  προτίριυν  ταμιών  του  b€Ϊvoς  του  b€Ϊvoς  bήμoυ 
και  συναρχόντων,  οΐς  6  beiva  έγραμμάτευε.  Innerhalb  der  ein- 
zelnen Depots  findet  eine  £inthei]ung  nach  den  verschiedenen 
Göttern  statt.  Der  Text  ist  fortlaufend,  die  Verbalconstruction 
des  Präscripts  ohne  Einfluss  auf  das  Folgende.  In  Inhalt  und 
Form  der  Urkunden  selbst  zeigen  sich  im  Laufe  der  Zeit  Ab- 
weichungen von  einander.  Die  ältesten  des  Hekatompedons  (IV  2, 
843  c  S.  208  und  vielleicht  auch  Π  642)  führen  mindestens 
2  Niken  auf,  unterscheiden  dieselben  nach  den  Eünstlern  (Νίκης 
χρυσής,  ήν  ό  beiva  έποίησε)  und  zählen  die  Theile  auf,  wie  die 
Urkunden  des  5.  Jahrhunderts  (καθ'  ?καστον  —  κ€φάλαιον  ταύ- 
της). Später  ist  nur  noch  eine  Nike  vorhanden,  ihre  Stücke 
werden  jetzt  in  βυμοί  zusammengefasst  ohne  die  Eintbeilungsformel 
καθ^  ^κα(Ττον  und  die  Generalsumme.  Die  übrigen  Stücke  in  den 
einzelnen  Depots  sind  nur  noch  zum  allergeringsten  Theile  mit 
denen  des  5.  Jahrhunderts  identisch.  Viele  sind  verschwunden, 
andere  aber  auch  neu  hinzugekommen,  so  zB.  Gegenstände  der 
Artemis  Brauronia  und  der  eleusinischen  Göttinnen,  die  im  5.  Jahr- 
hundert nicht  in  die  Verwaltung  der  anderen  Götter  mit  ein- 
begriffen worden  waren,  unter  diesen  solche,  welche  sieb  im  5.  Jahr- 
hundert in  dem  oben  besprochenen  Inventar  nachweisen  lassen. 
Man  vergleiche  IV  1,  225  a  S.  71  und  IV  1,  225  b  S.  167  und 
II  660  Z.  36  ff.  Beide  enthalten  die  Stücke  χρυσίς,  οΙνοχόη 
άργυρα,  οΙνοχόη  χρυσή,  κύλιΕ  άργυρα,  κύλιΕ  χρυσή  u.  a. 

Ausser  den  Uebergabeurkunden  sind  noch  einige  Bau- 
Urkunden  aus  dem  Anfange  des  4.  Jahrhunderts  erhalten.  Von 
diesen  wird  Π  829  auf  die  Wiederherstellung  des  nach  Xenophon, 
Hell.  1,  6,  1  durch  Brand  beschädigten  Erechtheions  bezogen.  Die 
Inschrift  schliesst  sich  in  der  Fassung  eng  an  die  Erechtheion- 
inschriften  an  und  ist  theilweise  danach  zu  ergänzen,  so  zB. 
nach  I  321  Z.  17  ff.  έπ€ρ[γ]ασαμίνψ  τ[αυ]τα,  τ€τpαπobίας  Δ[ΙΙ]ΙΙ, 
τετάρτου  ήμ[ώρ]άχμου  τήν  [τ€]τpαπobίαv  έκάστην  .  .  .  .  ρψ  έγ 
[Κ]ολ(ωνψ)    οΐ(κοθντι)   ΔΔΔΔΠΗ[ί-ί•Η]     Ζ.  13  ff.   zu  έßbόμη 


442  Bannier 

τή[ς    πρυτανείας ]ς   τους    καινούς    έΕ[€]ρ[γασαμ€νψ 

6ΐκοσιπο6ίας  .  .  .  6ραχμ]ών  την  €ΐκοσΐίτο[οίαν  έκάστην  τψ 
beivi  .  .  .]  Pill.  Neu  ist  die  mehrfach  zu  erkennende  Angabe 
des  Tages  der  Prytanie. 

Ganz  anders  sind  die  Inschriften  des  Eononi^chen  Mauer- 
bauB  beschaffen,  welche  zuletzt  von  Λ.  Frickenhaus,  Athens 
Mauern  im  4.  Jahrhundert  v.  Chr.,  Bonn  1905,  zusammengestellt 
und  besprochen  worden  sind.  Sie  zerfallen  in  zwei  Gruppen, 
bestehend  aus  den  beiden  ersten  Inschriften  einerseits  und  allen 
übrigen  anderseits.  Die  ersten  sind  auf  Fundamentquadern,  die 
anderen  auf  Inschriftsteinen  geschrieben,  beide  Gruppen  unter- 
scheiden sich  auch  in  der  Fassung.  Die  aus  dem  Jahre  Ol.  96^, 
welche  wahrscheinlich  die  älteste  Inschrift  ist,  lautet:  im  Διο- 
φάντου  δρχοντος  Σκιροφοριώνος  μηνός.  έ[ς]  τα  κατ'  ήμεραν 
ίργα  ίεύγεσι  τους  λίθους  δγουσι  μισθός  :  Η^Δ*  σώηρίιυν  μι- 
σθός i  l^hhl•.  Die  Inschrift  enthält  nur  zwei  άναλώματα,  eine 
Mittheiluiig  über  die  ßaucommission,  die  Einnahmen  und  den 
Ueberschuss  fehlt.  Ebenso  fehlt  die  Prytanie,  dafür  steht  in  ganz 
singulärer  Weise  der  Monat,  aber  ohne  Angabe  des  Tages.  Die 
Ausgabenotizen  sind  unklar.  Ist  έ[ς]  τά  κατ  ήμίραν  ίργα  von 
einem  zu  ergänzenden  άναλώματα  oder  von  τους  λίθους  δγουσι 
abhängig,  ist  ίεύγεσι  ein  von  μισθός  abhängiger,  mit  τους  λίθους 
αγουσι  zu  verbindender  Dativ  oder  zu  τους  λίθους  δγουσι  gehöriger 
Instrumentalis?  Ungewöhnlich  ist  die  Formulirung  τους  λίθους 
δγουσι  μισθός,  kaum  verständlich  σιοηρίιυν  μισθός *Lohn  für  Iland- 
werksgeräte*  (^'Miethzins*  mtisste  μίσθιυσις  heissen,  ausserdem  ge- 
hört μίσθιυσις  stets  zu  den  Einnahmen  ^).  Die  zweite  Inschrift 
lautet:  ίπ'  Εύβουλίοου  δρχοντος  άπό  του  σημείου  άρΕάμενον 
(sc.  τείχος)  μέχρι  του  μετώπου  τών  πυλών  τών  κατά  τό  Άφρο- 
οίσιον  έπι  όεΕιά  έΕιόντι  ΡΗΗ  ΡΆΔΔΔ.  μισθω(τής)  Δημοσθένης 
Βοιώτιος  [συν]  τη  προσαγωγή  τών  λίθων.  Auch  diese  Inschrift 
enthält  nur  eine  Ausgabenotiz,  die  übrigen  Angaben  fehlen.  Die 
Zahlung  ist  für  die  Herstellung  einer  bestimmten  Strecke  mit 
den  Transportkosten  für  die  Steine  geleistet  worden  und  zwar 
an  einen  Unternehmer,  nicht  an  die  Arbeiter  direct. 

Die  zweite  Gruppe  ist  abgefasst  von  den  τειχοποιοί  der 
einzelnen    Phyleu,    welchen    die    einzelnen    Strecken    zugewiesen 


1  Vergl.   IV  1,  288»  S.  145,   1  312.   313.  314    und    die    Poleten- 
urkunde  IV  1,  277»  S.  176. 


Die  Beziehungen  d.  alt.  attischen  Uebergabe-  u.  Rechnungsurkiinden  443 

worden  waren.  Die  Präscripte  lauteten:  της  όβϊνος  φυλής  τει- 
χοποιοι  έττι  του  όεϊνος  (δρχοντος)  αίρεθεντες  mit  einem  wahr- 
scheinlich daH  Arbeitsgebiet  betreifenden  Zusatz.  Darauf  wurden 
die  Beträge  für  die  einzelnen  Arbeiten,  welche  alle  an  Unter- 
nehmer vergeben  waren,  in  folgender  Fassung  aufgeführt:  Art 
der  Arbeit  im  Genetiv  (λιθολογήματος,  άλοιμμοΟ),  Betrag,  Name 
des  Unternehmers  (μισ(θωτής)  ό  beiva  του  όεϊνος  όήμου)  oder 
Zahl  der  vermauerten  Steine  (πλίνθων  αριθμός  mit  Zahl),  An- 
gabe des  Betrages  für  1000,  Unternehmer,  Gesammtsumme  (κεφά- 
λαιον  τούτων  mit  Betrag).  Auch  in  dieser  Gruppe  fehlt  eine 
Angabe  über  die  Herkunft  der  verausgabten  Gelder.  Dies  er- 
klärt sich  wohl  daraus,  dass  die  Kosten  nicht  vom  Staate  ge- 
zahlt wurden,  sondern  zum  weitaus  grössten  Theil  aus  den  von 
Konon  gesammelten  Geldern,  seinen  eigenen  und  andern  frei- 
willigen Beiträgen  bestritten  wurden  ^  Damit  hängt  es  gewiss 
auch  zusammen,  dass  in  der  ersten  Gruppe  keine  Commission 
genannt  war.  Ihre  Stelle  vertrat  Konon  in  der  ersten  Zeit. 
Später  wurde  die  Ausführung  des  Baues  anders  organisirt. 
Wahrscheinlich  überwies  er  die  noch  vorhandenen  Gelder  den 
Ί'ειχοποιοί  und  betheiligte  sich  dann  selbst  am  Bau  als 
μισθωτής*. 

An  Einzelheiten  sind  zu  bemerken  die  Bezeichnung  der 
τειχοποιοί  ohne  Namen  und  Schreiber,  der  Zusatz  αίρεθε'ντες, 
die  Vermischung  substantivischer  und  verbaler  Bezeichnung  der 
Arbeit,  die  Angabe  des  Einheitspreises  nach  einer  grösseren  Zahl 
(χίλιαΐ).  Die  Anklänge  an  die  Urkunden  des  5.  Jahrhunderts 
sind  so  gering,  dass  an  directe  Benutzung  kaum  zu  denken  ist, 
umsoweniger  als  in  der  Organisation  meistens  die  Vergebung  der 
Arbeit  an  Unternehmer  an  die  Stelle  der  im  5.  Jahrhundert  üblichen 
directen   Beschäftigung  der  Arbeiter  getreten  ist. 

Hiermit  schliessen  wir.  Unsere  Hauptergebnisse  sind  fol- 
gende: Die  Uebergabeurkunden  der  Athene  haben  die  Zahlungs- 
urkunden von  etwa  Ol.  88  ^  ab  beeinflusst,  die  Uebergabeurkunden 
der  anderen  Götter  zeigen  nähere  Verwandtschaft  mit  den  Statuen- 
übergabeurkunden  als  mit  denen  der  Athene,  die  Urkunde  für 
den  samischen  Krieg  ähnelt  den  älteren  Statuenurkunden,  die 
Erechtheionurkunde  zeigt  mehr  Verwandtschaft  mit  den  späteren 


1  Vergl.  Xen.  Hell.  4,  8,  10. 

*  An  seiner  Identität  mit  dem  μισ(θιυτής)  Κόνων  der  dritten  Ur- 
kunde zu  zweifeln,  liegt  kein  Grund  vor. 


444  Β  an  η  i  er  Die  Beziehuogen  usw. 

Statueriurkunden  als  mit  den  Baaurkanden  und  starke  Beein• 
fluesung  durch  die  Zahlungsurkanden,  worauf  wir  jetzt  ohne 
Bedenken  ihre  Eintheilung  nach  Prytanien  zuriickführen  dürfen, 
die  Poletennrkunden  erinnern  an  die  Erechtheion-  und  Zahlange- 
urkunden. Die  eleusinischen  Urkunden  zeigen  eine  nur  oherfläoh- 
liehe  Verwandtschaft  mit  den  athenischen,  die  üebergaheurkanden 
des  4.  Jahrhunderts  stellen  eine  Vermischung  mehrerer  Fassungen 
des  5.  Jahrhunderts  dar,  die  Urkunden  des  Kononischen  Mauer- 
baus sind  unabhängig  von  früheren  Bauurkunden. 

München.  Wilhelm  Bannier. 


MOTIV  UND  PERSÖNLICHKEIT 


I. 
Margites 
Knaack  hat  im  Rhein.  Mus.  1904  S.  314  in  dankenewerther 
Weise  eine  Sichtung  der  Notizen  unternommen,  die  über  den 
Margites,  das  älteste  komische  Epos  der  Weltlitteratur,  er- 
halten sind.  Das  Ergebniss  seiner  Musterung  ist  insofern  ein 
wenig  erfreuliches,  als  sich  herausstellt,  dass  nur  ein  Schwank, 
den  Eustathios^  bewahrt  hat,  dem  Gedicht  mit  Sicherheit  zu- 
gewiesen werden  kann;  es  heisst  dort:  ό  ποιήσας  τον  έπιγραφό- 
μ€νον  Όμηρου  Μαργίτην  ύποτίθ€ται  €ύπόρων  μέν  εΙς  ύπερ- 
βολήν  γονέων  φυναι,  γήμαντα  bi  μή  συμπεσεΐν  τή  νύμφη, 
€ως  άναπ€ΐσθ€ΐσα  <ύπό  τής  τίτθης)*  εκείνη  τετραυματίσθαι  τα 
κάτιυ  έσκήψατο  φάρμακόν  τ€  μηοέν  ώφελήσειν  ίφη  πλην  d  τό 
avbpeiov  alboiov  έφαρμοσθειη  *  και  ουτιυ  θεραπείας  χάριν  εκείνος 
έπλη(Τία(Τεν.  Es  ist  freilich  sehr  viel  mehr,  was  die  Alten  an 
sich  von  Margites  wiesen;  gleich  Suidas  und  Photios  v.  Μαργίτης 
berichten  von  ihm:  Μαργίτης  όνήρ  ΙτΑ  μωρίςι  κωμψοούμενος, 
δν  φασιν  άριθμήσαι  μέν  μή  πλείω  τών  πέντε  ουνηθήναι,  νύμφην 
bi  άγόμενον  μή  αψασθαι  αυτής  άλλ'  ά<ποσχέσθαι>  *,  φοβεΐσθαι 
λέγοντα  μή  τή  μητρί  αυτόν  οιαβάλη,  άγνοεϊν  bi  νεανίαν  ήδη 
γεγενημένον  καΐ  πυνθάνεσθαι  τής  μητρός,  εΤ  γε  άπό  του  αύτοΟ 


1  Eustathios  Hom.  Od.  κ  552  ρ.  1(}69,  50  und  Miller,  Melanges 
gr.  Γ.  422.     Quelle  ist  Sueton,  wie  Fresenius  zeigte. 

^  Dass  die  Ueber lieferung  hier  lückenhaft  ist,  hat  Knaack  gezeigt 
und  demnach  ύπό  τής  μητρός  nach  έκ€(νη  eingesetzt.  Unsere  Ergänzung 
ist  paläographisch  wahrscheinlicher ;  sie  geht  ans  von  der  Thatsache, 
dass  in  der  antiken  Litteratur  die  τ(τθη  typische  Helferin  bei  diskreten 
Angelegenheiten  ist. 

'  Die  Ergänzung  des  nach  Ausweis  der  Satzkonstruktion  ver- 
stümmelten Textes  soll  nur  den  verlangten  Sinn  wiedergeben. 


44ί)  Radermacher 

πατρός  έτεχθη  ^  Die  Heirathegeschichte  lautet  hier  anpcheineni 
etwas  anders,  und  es  treten  zwei  neue  Dinge  hinzu,  nämlich  dat^ 
Margites  nicht  bis  fünf  zu  zählen  verstand  und  die  Mutter  fragte 
ob  ihn  sein  Vater  zur  Welt  gebracht.  Aber  nun  setzt  aucl 
gleich  die  Verwirrung  ein.  Eustathios  aaO.  und  aus  derselbei 
Quelle  die  Excerpte  bei  Miller  M^langes  gr.  rom.  422  berichtei 
diese  drei  Scherze  von  Melitides,  neben  dem  ein  Amphietides  ge 
nannt  wird ;  den  letzten  Scherz  erzählen  sie  in  etwas  veränderte 
Fassung,  indem  es  heisst,  Melitides  habe  nicht  gewusst,  voi 
welchem  seiner  Eltern  er  geboren  worden  sei;  dagegen  Suidas  ν 
γελοίος  schreibt  a  und  b  dem  Melitides,  c  iu  der  Form  wie  be 
Eustathios  dem  Amphietides*  zu.  So  entstehen  Schwierigkeiten 
die  Knaack  in  der  Weise  löste,  dass  er  den  Margites  in  allei 
drei  Fällen  völlig  eliminirte,  die  Frage,  ob  er  vom  Vater  ge 
boren  sei,  dem  Amphietides  zu  wies  ^  und  die  beiden  übrigei 
Geschichten  auf  das  Conto  des  Melitides  setzte,  den  er  für  ein» 
Figur  der  jonischen  Novellistik  hält.  Da  möchte  ich  nun  gleicl 
auf  ein  von  ihm  übersehenes  Zeugniss  hinweisen,  das  einen  viertel 
Bewerber  einführt;  es  ist  ein  Scholion  zu  l^ucians  PhilopsendeR  t 
p.  162  Rabe,  das  folgendermassen  berichtet:  ό  μέν  Κόροιβθ< 
μωρός  τις  άπομνημον€ύ€ται  άνθρωπος  καΐ  ούτως  ωατ€  τυναϊκ( 
άγαγόμενος  μή  δν  έλέσθαι  συγκαθευοήσαι  αυτή  bia  τον  πρό< 
τήν  π€νθ€ράν  αύτου  φόβον  και  ούτως  έχόμενον  τούτον  παρ 
θενβύειν  αυτήν,  μέχρις  άν  τής  γυναικός  σκηψαμενης  *  τό  αρθρο^ 
ό6ύνη  συνέχεσθαι  και  ουκ  δλλως  άπολυθήναι,  el  μή  τω  μορίυ 
του  όνορός  καταψηθείη,  ούτω  τήν  κοινωνίαν  τότε  του  γάμοι 
γενέσθαι*  6  bk  Μαργίτης  μωρός  και  αυτός,  τα  κύματα  μετρεϊι 
έπιχειρών.  Interessant  ist  besonders,  dass  die  Erzählung  voi 
der  Angst  vor  der  Schwiegermutter  und  die  von  der  List  de 
Mädchens  zu  einer  verschmolzen  sind;  dem  Zusammenhang  nacl 
ist  das  sehr  gut  möglich,  und  es  ist  auch  wohl  in  dieser  neuei 
Ueberlieferung   das   Wichtigste.     Denn    hinsichtlich    der    Namen 


'  Vgl.  Photioe  V.  Μελιτίδης. 

^  Der  Name  lautet  bei  ihm  und  bei  Photios  v.  Μελιτίδης  *Αμφι 
στείδης.    S.  unten  S.  4ό4. 

8  Dass  Suidas  die  richtige  Vertheilung  giebt,  vermuthete  übrigen 
schon  vor  ihm  Cru<iu9,  Tauly-Wissowa  v.  Amphisteides. 

^  σκεψαμ^νης  druckt  Rabe  aus  den  Handschriften.  Die  Vci 
besserung  crgiebt  sich  aus  der  Eustathioscr/.ählung.  die  auch  für  di 
Richtigkeit  von  καταψηθε(η  (al.  καταψηθεΐσαν)  spricht. 


Motiv  und  tersooHchkeii  44? 

gebuiig  steht  sie  nicht  auf  sehr  festen  Füssen.  Rabe  berichtet, 
diiss  das  Scholion  im  Vaticanus  942  folgende  Gestalt  hat:  δτΐ  ό 
Κόροιβος  έπι  τοσούτον  ήν  μωρός,  δτι  και  τά  κύματα  μ€τρ€Ϊν 
έπ€χ€ίρ€ΐ.  ό  οέ  Μαργίτης  και  αυτός  μιυρότβρος*  γυναίκα  γάρ 
κτλ.  Da  sind  nlso  die  Rollen  vertauscht;  Koroibos  zählt  die 
Meereswellen,  Margites  weiss  nicht  zu  heirathen.  Nicht  allein 
der  Umstand,  dass  das  Scholion  in  dieser  Fassung  wenigstens  bis 
zu  einem  gewissen  Punkte  mit  Eustathios  und  Suidas-Photios 
V.  Μαργίτης  stimmt,  verleiht  ihm  einen  besonderen  Werth.  Es 
giebt  auch  noch  andere  Kriterien,  die  darauf  schliessen  lassen,  dase 
es  die  echtere  Lesart  bewahrt.  Einmal  weist  Arethas  in  einem 
Srholion  zu  Dio  Chrys.  LXVII  §  4  dem  Margites  den  Zug  zu,  dass 
er  die  Braut  aus  Furcht  vor  der  Schwiegermutter  nicht  zu  berühren 
gewagt  habe^.  Zweitens  wird  in  lexikographischer  und  paroemio- 
graphischer  Ueberlieferung  genau  wie  im  Vaticanusscholion  das 
Wellenzählen  von  Koroibos  berichtet^,  wir  werden  also  besser  thuu, 
diesen  Namen  aus  dem  Spiel  zu  lassen,  so  lange  nur  die  Concurrenz 
in  den  anderen  Geschichten  in  Frage  steht.  Dies  Urtheil  wird  sich 
auch  nicht  ändern,  wenn  wir  bei  Apostolios  XI  7  und  Arsenius 
XXXV  18  die  Notiz  lesen:  Μαργίτης  el*  ούτος  μιυρός  ήν*  καΐ 
έμετρει  τά  κύματα  ού  πλεϊον  τών  εκατόν  όυνάμενος  άριθμ€ΐν. 
Schon  die  Zahl  hundert  statt  fünf  macht  diese  Nachricht  ver- 
dächtig; anscheinend  liegt  eine  Confusion  vor;  denn  Wellen 
zählen,  ein  όούνατον,  hat  mit  der  Unfähigkeit,  über  eine  be- 
stimmte niedrige  Grerze  hinaus  zu  zählen,  an  sich  nichts  zu 
thun.  So  kann  denn  auch  für  uns  die  Frage  nicht  andere 
lauten ,  als  für  Knaack ,  nämlich  wie  die  vier  Geschichten, 
von  denen  wir  ausgingen,  auf  Margites,  Melitides  und  Am- 
phietides  zu  vertheilen  sind ;  nur  scheint  uns  die  Beantwortung 
dieser  Frage  schwieriger,  als  sie  Knaack  erschienen  ist.  Wir 
begnügen  uns  zunächst  mit  einer  rein  quellenkritischen  Fest- 
stellung. Es  ist  offenbar,  dass  mit  der  Eustathiostradition  die 
Excerpte  bei  Miller  und  Suidas  v.  γΑοίος  in  engerem  Zusammen- 


^  Sonny,  ad  Dionem  Chrysostomum  Anulecta  p.  125:  φασί  γάρ 
τόν  Μαργίτην  ούτω  τοΟτον  ιταρακόπτ€ΐν,  ιδστ«  γυναίκα  νόμψ  άγαγό- 
μ€νον  μή  χρήσθαι  bin  δήθεν  τφ  ιτρός  τήν  πενθεράν. 

2  Apostolios  Χ  :{,  Diogenian  V  5β,  Zenobius  IV  58,  Niketee 
Kiigeiiianos  1),  23  (wo  Boissonades  Bemerkungen  zu  beachten  sind;  s. 
auch  V.  Wilamowitz  Die  Ueberlieferung  der  gr.  Bukoliker  S.  105,  1). 
Suidas  V.  Κόροιβος,  Zonaras  1233,  Bachmann  Anecd.  I  281,  24. 


448  Radermacber 

hang  stehen;  gilt  Sueton  für  Eustathios  und  die  Excerpte  ale 
Quelle,  so  wird  er  es  auch  wohl,  trotz  der  Differenz  in  Sachen 
des  Amphietides,  für  die  Suidasglosse  γελοίος  sein.  Geechloesen 
stehen  alle  drei  gegen  Suidas-Photios  v.  Μαργιτης  in  der  Fassung 
des  Scherzes,  dass  der  Narr  nicht  weiss,  έ£  όποτ^ρου  γονέων  έτίχθη. 
Suidas  ν.  Μαργίτης  erzählt  das  als  Frage  an  die  Mutter,  €Ϊ  γε 
άπό  του  αύτου  ιτατρός  έτέχθη;  natürlich  ist  es  die  nämliche 
Geschichte,  aber  Sueton  hatte  sie  im  Resume  gegeben.  Wir  müssen 
schliessen,  dass  die  Mαpγίτης-Glossθ  des  SuidasPhotios  nicht  aus 
Sueton  geschöpft  ist.  Hinzukommt  als  Complication,  dass  das  Lucian- 
scholion  gewiasermassen  eine  Mittelstellung  einnimmt,  indem  es 
dem  Margites  einmal  zuweist,  was  Suidas  von  ihm  berichtet,  und 
dann  mit  der  Eustathioserzählung  fortfährt.  Werden  wir  nun 
Suidas-Pbotios  v.  Μαργίτης  einfach  beiseite  schieben?  Wir 
müssten  es  vielleicht  thun,  wenn  es  in  unserem  Falle  gestattet 
wäre,  Quellenkritik  wie  in  der  Historie  anzuwenden.  Das  ist 
aber  schwerlich  möglich.  Es  ist  nicht  glaublich,  dass  die  Alten 
den  Zusammenhang  zwischen  Schwank moti ν  und  der  handelnden 
Person  sorgfältiger  gewahrt  hätten,  als  wir  Modernen  es  thun. 
Wenn  die  Streiche,  die  unter  dem  Namen  Schildes  und  Kräh- 
winkels wohl  am  populärsten  geworden  sind,  auch  von  zahl- 
reichen anderen  Orten  in  und  ausser  Deutschland  berichtet  wer- 
den^, so  ergiebt  sich  die  Lehre,  dass  diese  Schwanke  im  Grunde 
ungebunden  sind,  und  dass  es  gar  nicht  darauf  ankommt,  wem. 
sie  gerade  zur  Charakteristik  angehängt  werden.  Das  Motiv 
kursirt  wie  eine  Münze.  Sollte  das  Alterthum  diese  Form 
der  Wanderanekdote  nicht  gekannt  haben?  Niemand  wird  es  be- 
haupten wollen.  Dann  aber  ist  durchaus  denkbar,  dass  eine  und 
dieselbe  Geschichte  von  Alters  her  so  gut  über  Margites  wie  über 
Melitides  oder  Amphietides  umlief,  vorausgesetzt  natürlich,  dasa 
wir  es  bei  allen  dreien  mit  echten  Schwankfiguren  zu  thun  haben. 
Die  Untersuchung  muss  also  zunächst  darauf  ausgehen,  festzu- 
stellen,  inwieweit  Melitides   und  Amphietides    gut   und    echt  be• 


1  Hierüber  hat  Reinhold  Köhler  Ges.  Schriften  I  S.  65  f.  112  f. 
135.  142.  266.  324  eine  Reihe  von  Zeugnissen  zusammengetragen.  Vgl. 
auch  Müllenhoff,  Sagen,  Märchen  und  Lieder  aus  den  Herzogthümern 
Schleswig-Holstein  und  Lauenburg  Ν  106  ff.  S.  91  ff.  Wünsch  Hess. 
Blätter  für  Volksk.  1906  S.  111.  Kuhn  und  Schwartz  Niedere.  Sagen 
S.  274.  Werth volles  Material  ist  dann  von  Müller  in  einem  Aufsatz 
über  Rheinische  Schiida  gesammelt  worden :  Ztschr.  des  Vereins  für 
rbein.  und  westf.  Volkskunde  1904  S.  250  ff. 


Motiv  und  Persönlichkeit  449 

glaiibigt  sind.  Ee  wäre  ja  denkbar,  dass  den  Gelehrten,  die  jene 
beiden  auf  die  Liste  der  Narren  setzten,  ein  Irrthum  untergelaufen 
ist,  wie  wir  ihn  in  einem  ähnlichen  Falle  noch  feststellen  können. 
Wenn  wir  nnmlich  die  Reihe  der  antiken  Dümmlinge  durchgehen, 
PO  sind  wir  erstaunt  neben  Namen  wie  Akko,  Makko,  Laimo,  Am- 
phietides,  Butalion,  Grasos,  Keppho«,  Klymeno8,Koikylion,  Koroibos, 
iiyllos  ^,  Margites,  Melitides,  Morsimos,  Morychos,  Myrmekidee, 
Paniiles^,  Polyoros,  Sannas,  Sannyrion  auch  dem  Adonis,  Tbykos 
und  der  Praxilla  zu  begegnen.  Apostolius  s.  v.  ήλιθΐώΤ€ρος 
Άοώνιοος  του  ΤΤραΕιτίλους  (Cent.  VIII  53)  erzählt  Adonis  sei 
ein  Sohn  des  Praxiteles  gewesen.  Als  er  nach  seinem  Tode  in 
den  Hades  kam,  hätten  ihn  die  Toten  gefragt,  τί  κάλλκττον  ävu) 
κατελιπεν;  und  er  habe  geantwortet  ήλιον,  σελήνην,  σΟκα  καΐ 
μήλα  •  fboEe  γοΟν,  fügt  der  Paroemiograph  hinzu,  ηλίθιος  ταύτα 
έ£ισΟϋν  τψ  ήλίψ.  Dagegen  Diogenian  Cent.  V  12  hat  die  Glosse: 
ήλιθιώτ€ρος  της  ΤΤρα£ίλλης•  αυτή  γαρ  έριυτιυμένη  τί  κάλλιστον, 
ήλιος,  ίφη,  και  σΟκα.  Die  ungeheuerliche  Klitterung  wird  auf- 
geklärt durch  Zenobius  IV  21:  ήλιθιώτ€ρος  του  ΤΤραΕίλλης 
Άί)ώνιοος:  ΤΤράΕιλλα  Σικυιυνία  μ€λοποιός  έγένετο,  ώς  φησι 
Πολ€μων.  Αοτη  ή  ΤΤράΕιλλα  τον  "Αδιυνιν  ίν  τοις  μέλεσιν  εΙσάγει 
^ρωτώμενον  υπό  των  κάτιυ,  τί  κάλλιστον  καταλιπών  ήκ€ΐ,  άπο- 
κρίνασθαι*  ήλιον  καΐ  σελήνην  και  σικύους  καΐ  μήλα.  δθεν  εΙς 
παροιμίαν  προήχθη  6  λόγος,  ήλίθιον  γάρ  τό  τψ  ήλίψ  παρα- 
βάλλ€ΐν  τους  σικύους.  £s  ist  nicht  das  Wichtigste,  wenn  wir  lernen, 
dass  man  diese  Notiz  mit  der  grössten  Keckheit  verdrehte,  be- 
deutsamer ist  vielmehr,  dass  der  Ausgangspunkt  der  gesammten 
Tradition  ein  Dichtercitat  war,  aus  dem  ein  Moderner  nichts 
herauslesen  würde  als  die  rührend  feine  Ethopöie  eines  in  naiver 
Kindlichkeit  Verstorbenen.  Sueton  und  seinesgleichen  haben 
sicherlich  nicht  so  liederlich  gearbeitet  wie  die  Byzantiner,  die 
den  Adonis  zum  Sohn  des  Praxiteles  machten,  weil  der  Name 
ähnlich  klingt  wie  der  Genitiv  ΤΤραέίλλης,  aber  es  scheint  doch, 
dass  es  im  Alterthum  nicht  so  sehr  schwer  gewesen  ist,  auf  die 
Liste  der  Thoren  zu  kommen.  Wir  ahnen  wenigstens,  wie  es 
möglich  wurde,   dass  auch  der  Dichter  Ibykos  auf  ihr  vertreten 


^  Macar.  V  77  Λύλλος  et*  ήγουν  μωρός•  τοιούτος  γάρ  ό  Λύλλος 
ήν,  vgl.  Hesych.  ν.  Λύλιος  ή  Λύλλος  *  οΟτος  έπΙ  μαφίςι  έκωμψδ€ΐτο. 
Merkwürdig  ähnlich  klingt  der  Name  Μύλλος,  über  den  Zenobius  cent« 
V  14  mit  Leut8ch*8  Anmerkung  einzusehen  ist. 

»  S.  Rheinisches  Museum  5d  S.  320. 
Hbeiu.  Mna.  f.  VUUol.  K.  F.   LXIII.  39 


450  tlftdermaclier 

ist.  Ich  möchte  aber  vermuthen,  dass  Melitides  (um  den  handelt 
es  sich  jetzt)  nicht  eine  Figur  der  jonischen  Novelle,  sondern 
eine  Schöpfung  wieder  eines  Dichters,  des  Aristophanes,  ist,  und 
es  scheint  wenigstens,  dass  auch  er  als  Narr  nur  geringe  Be- 
glaubigung hat. 

Aristophanes  schildert  in   einem  Chorlied    der  Frösche    die 
Wirkungen,  welche  die  Erziehungskunst  des  Euripides  bei  seinen 
Landsleuten  hervorgebracht   habe.     Bevor    sie    von    ihm    in    die 
Lehre  genommen  waren,  sah  es  übel  mit  ihnen  aus: 
τέως  b'  άβελτερώτατοι 
κεχηνότες  Μαμμάκυθοι 
MeXiTibai  καθήντο. 

So  lauten  die  Verse  nach  einstimmiger  Ueberlieferung  der 
Handschriften.  Zunächst  wäre  festzustellen,  wie  der  Name 
MeXmbai  von  den  alten  Erklärern  verstanden  worden  ist.  Ein 
Scholion  zur  Stelle  sagt:  Μελιτίοην  bk  τον  εύήθη  τταρά  τό  μέλι 
ή  και  γέγονέ  τις  ούτω  μωρός.  Damit  stimmt  eine  ganze  Serie 
antiker  Zeugnisse,  die  nichts  weiter  aussagen  als  dass  Melitides 
eines  Narren   Name  war. 

Aelian  var.  bist.  13,  15  και  Κόροιβον  bk  και  Μελιτί^ην 
ανόητους  φασίν. 

Lucian  Erotes  53:    ΜελιτΙοην  ή  Κόροιβον  οΐει  με. 

Suidas  ν.  Βουταλίων:  Βουταλίων  κα\  Κόροιβος  και  Μβλι- 
τίοης  έπι  μωρίςι  οιεβέβληντο.  Es  folgt  als  Zeugniss  die  Aristo- 
phanesetelle. 

Photios  V.  Μελιτίδης  είς  κα\  ούτος  των  εύήθων  ώς  ό 
Μαργίτης,  δς  ουκ  ήοει  πλέον  των  πέντε  άριθμεΐν  (dies  wahr- 
scheinlich übernommen  aus  dem  Artikel  Μαργίτης  vgl.  S.  44G 
Anra.  1).    τοιούτος  bk  κα\  ό  Κόροιβος  κα\  ό  Άμφιστείοης. 

Etymol.  Magnum  ν.  Μελιτίοης  *  καΐ  ούτος  των  εύήθων,  ώς 
ό  Μαργίτης  και  ό  Κόροιβος. 

GeminuR  bei  Gramer  Anecd.  Oxon.  III  227,  25  ούχ  ουτιυς 
ό  ΤΤηλεύς  Μελιτίδης,  ώς  άντι  Χείρωνος  χοίρω  τόν  έαυτοΟ 
έμπιστεύσασθαι  *Αχιλλέα,  ούχ  ούτω  Κόροιβος  6  *ΑλίΕαν6ρος. 

Aristocles  in  Euseb.  Praep.  ev.  XIV,  761  D  ού  γάρ  μάλλον 
ΤΤύρρωνα  θαυμάσαι  τις  δν  ή  τόν  Κόροιβον  ίκεϊνον  ή  τόν  Μβ- 
λιτίδην,  οι  οή  boKOöai  μωρίςι  οιενεγκεΐν. 

Diogenianus  cent.  V,  12  ήλιθιώτερος  της  ΓΤραΗίλλης  — 
όμοια  τή  άνοητότερος  Ίβύκου  και  Κοροίβου  και  Μελιτίοου. 

Alle  diese  Stellen  stehen  in  einem  gewissen  Zusammenhang, 
weil  regelmässig  neben  Melitides  noch  Koroibos  als  Beispiel  der 


Motiv  und  Persönlichkeit  451 

Narrheit  genannt  wird.  Auf  die  Komödie  als  Qaelle  der  Kenntniss 
weist  andrerseits  Apostoliae  V  27  mit  der  Glosse  γελοιότερος 
MeXiTibou  •  έπι  των  im  μωρίςι  οιαβεβοημένιυν.  Μελιτίδης  γαρ 
ήν  άνήρ  κιυμψοούμενος  ύπό  τών  ποιητών  έπι  μιυρίςι.  Ein 
zweites  Sühplion  zu  Aristophanes  tritt  ergänzend  mit  einer 
wichtigen  Bemerkung  hinzu:  Δίδυμος  δτι  Μαμμάκυθος  και  Me- 
λητίοης  έπι  μα)ρί()ΐ  οιεβέβληντο  καθάπερ  κα\  6  Βουταλίυν  κα\  ό 
Κόροιβος.  Wir  dürfen  danach  die  hisher  verzeichnete  Tradition 
auf  erklärende  Bemerkungen  zu  Aristophanes  zurückführen. 
Das  ist  bei  Suidas  v.  Butalion  und  Apostolius  V  27  besonders 
deutlich,  aber  auch  bei  den  anderen  schwerlich  zu  bestreiten. 
Nur  zwei  weitere  Zeugen,  so  weit  ich  feststellen  kann,  vertreten 
bestimmt  die  Schreibung  des  Namens  mit  e  in  der  zweiten 
Silbe:  Suidas  v.  γέλοίος  und  Apuleius  Apol.  XXVI  natus  est 
apud  Atheniensis  catos  Meletides  fatuus.  Wer  die  handschrift- 
liche Ueberlieferung  der  oben  verzeichneten  Stellen  genauer  kennt 
als  ich,  ist  vielleicht  imstande,  die  Zahl  der  Zeugnisse  zu  ver- 
mehren. Nichts  gewinnen  wir  aus  der  lakonischen  Notiz  des  Hesych 
Μελιτίδης  μιυρός  τις  i^v,  während  eine  Glosse  der  Anecdota 
Bekkeri  I  211,  29  vielleicht  im  Zusammenhang  mit  der  Eustathios- 
tradition  steht,  weil  in  ihr,  wie  dort,  Amphietides  als  College 
des  Melitides  erscheint.  Eustathios^  und  Suidas  kennen  nun  ja  auch 
Narrenstücke  des  Melitides.  Was  oben  gesagt  ist,  braucht  nicht 
wiederholt  zu  werden.  Wir  haben  auseinandergesetzt,  dass  die 
Tradition  in  der  Verteilung  der  Streiche  schwankt.  Die  Darstellung 
des  Eustathios  ist  aber  auch  darum  singulär,  weil  Koroibos  in 
ihrer  Fortsetzung  fehlt;  statt  dessen  wird  ein  Narr  Polyoros  ein• 
geführt  und  von  ihm  das  Wellenzählen  berichtet,  das  andere 
Quellen  dem  Koroibos  nachsagen.  Will  man  dieser  Ueberlieferung 
gegenüber  zu  einiger  Klarheit  kommen,  so  empfiehlt  es  sich 
einen  anderen  Weg  einzuschlagen,  als  wir  bisher  gegangen  sind. 
Die  Schreibung  Μελητί^ης  wurde  oben  als  die  des  Didymos 
bezeichnet;  wir  wollen  es  vermuthungsweise  annehmen,  obwohl 
es  reiner  Zufall  sein  kann,  wenn  sie  gerade  neben  dem  Namen 
des  Grammatikers  auftaucht.  Immerhin  ist  dann  bemerkenswert, 
dass  die  antiken  Lexika  das  Wort  als  Μελιτίοης  durchweg  an 
alphabetisch  richtiger  Stelle  verzeichnen.  Dass  Didymos  sich 
für  ein  η  entschied,  hat  wohl  metrische  Gründe  gehabt  Die 
Ableitung  παρά  το  μέλι,    die    in    den   Aristophanesscholien    £r- 

1  Vgl.  auch  Eustathios  Opuso.  89,  90  Tafel  und  ebd.  103,  48. 


ihi  fiadermaclief 

wähnung^findet,  wird  durch  sie  als  unmöglich  erwiesen:  denn 
sie  hat  kurzes  t  der  zweiten  Silbe  zur  Voraussetzung,  und  damit 
wäre  der  Vers  zerstört.  Ausgeschlossen  ist  aus  gleichen  Ureachen 
die  Combination  des  Melitides  mit  Herakles,  dem  μαοτιγίας  ίκ 
Μ€λίτης.  Μελίτη,  der  attische  Demos,  hat  gleichfalls  kurzes  Ϊ. 
Solche  Thatsachen  mögen  einem  Gelehrten  wie  Didymoe  nicht 
entgangen  sein,  und  so  wird  seine  Conjectur  verständlich.  Sie 
hat  aber  auch  bei  den  Modernen  keinen  Beifall  gefunden.  Wae 
soll  an  unsrer  Stelle  ein  Patronymikon  zu  Μίλητος?  Wo  es  sich 
um  ein  neues  Rätsel  handelt,  wird  man  lieber  die  dunkle  Ueber• 
lieferung  vorziehen.  Die  Bezeugung  der  Form  Μελιτίοης  ist  eine 
so  vielseitige,  wie  nur  möglich ;  darum  wird  man  auch  Fritzsches 
Vermuthnng  mit  Misstrauen  betrachten,  der  Μελίττίοαι  schrieb. 
Sie  hält  ausserdem  einer  Kritik  nicht  stand.  Das  vorausgesetzte 
μελιΤΓίοης,  von  μέλιττα  Biene  abgeleitet,  soll  soviel  wie  unser 
'Honigpüppchen*,  *Zuckerpiippchen'  bedeuten.  Zum  Vergleich  wird 
eine  Stelle  der  Wespen  herangezogen,  wo  μελίττιον  als  Schmeicbel- 
name  erscheint  Vers  364  ff: 

αλλά  κα\  νυν  έκπόρι2ΐ€ 

μηχανην  δτπυς  τάχισθ'  *  2- 

ιυς  γαρ  ώ  μελίττιον. 
So  redet  der  Chor  den  alten  Philokieon  an,  die  Lage  ver- 
langt einen  guten  Rat,  Philokieon  ist  der  Mann,  der  ihn  schaffen 
soll.  Wenn  nun  bei  dieser  Gelegenheit  die  Anrede  *Bienchen' 
fällt,  80  mag  man  beachten,  dass  sie  doch  in  einer  Situation 
verwendet  wird,  die  der  in  den  Fröschen  entgegengesetzt  ist. 
Denn  hier  sind  die  Μελιττίδαι  als  όβ6λτ6ρώτατοι,  als  Tölpel, 
charakterisirt.  Es  giebt  noch  ein  weiteres  Zeugnies,  das  die 
Biene  in  solchem  Zusammenhang  ausschliesst.  Als  Semonides 
von  Amorgos  das  berühmte  uns  erhaltene  Gedicht  verfaeste,  in 
dem  für  die  verschiedenen  Frauentypen  zoologische  Vorbilder 
prodiizirt  werden,  da  hat  nur  eine  Art  Frauen  vor  seinem  ge- 
strengen Urtheil  bestanden,  nämlich  die,  welche  er  der  Biene 
verglich.  Das  passt  zu  dem  Urtheil  der  Wespen,  nicht  zu  dem 
der  Frösche.  Man  wird  danach  schliessen  dürfen,  dass,  wenn 
μέλιττα,  μελίττιον  Sohmeichelnamen  geworden  sind,  sie  dies  nicht 
in  üblem  Sinne  waren.  Noch  eine  Frage:  kann  μ€λιττίϊ)ης  wirk- 
lich so  viel  sein,'  wie  unser  HonigpttppchenV  Ein  prinzipieller 
Irrthum  läuft  bei  dieser  Gleichsetzung  unter;  denn  μελιττίοης 
ist  Spross  der  Biene,  eine  Honigpuppe  dagegen  wird  nicht  von 
Bienen,  sondern  ans  Honig   bereitet.     Man   könnte   sie    demnach 


Motiv  und  Persönlichkeit  453 

allentalls  'SpröRsling  des  Honigs^  nennen,  oder  den  Honig  selbst 
*Spro8s  der  Biene*.  Offenbar  trifft  die  Beziehung  auf  den  deut- 
schen Spottnamen  gar  nicht  zu.  Fritzsches  Conjectur  ist  da- 
nach abzulehnen.  So  sei  die  Möglichkeit  einer  Ableitung  in 
Erwägung  gestellt,  die  wenigstens  einen  guten  Sinn  inner- 
halb des  gegebenen  Zusammenhanges  erschliesst.  Ich  thue  es 
freilich  mit  allem  Vorbehalt.  Μελίτη  ist  antiker  Name  der  Insel 
Malta.  Die  Späteren  messen  das  Ϊ  kurz.  Aber  dass  Lyko- 
phron  langes  Jota  ansetzte,  ist  wenigstens  sehr  wahrscheinlich  \ 
auch  wird  der  Name  einer  weitabliegenden,  ursprünglich  se- 
mitischen Siedelung  dem  Aristophanes  als  Fremdwort  gegolten 
haben,  und  in  solch  einem  Fall  besteht  ganz  allgemein  für  die 
Alten  nicht  die  strenge  Regnlirung  der  Quantitäten,  sondern  ist 
ein  Schwanken  in  manchen  Fällen  zu  beobachten  '"^.  Ich  erinnere 
nur  an  0\br\  (Granate),  dessen  ι  bei  den  Aelteren  kurz,  später 
lang  gemessen  wird.  Demnach  ist  für  Aristophanes  die  Möglich- 
keit einer  Messung  w —  für  Μελίτη  nicht  abzuweisen;  allerdings 
wird  kein  Vorsichtiger  sich  verhehlen,  -dass  hier  eine  ernste 
Schwierigkeit  liegt,  aus  der  folgt,  dass  dasjenige,  was  wir  zu 
sagen  haben,  nur  hypothetischen  Werth  haben  kann.  Μελιτίοης 
wäre  in  dem  Falle  'Sprössling  von  Malta'.  Patronymika  sind 
von  Dichtern  nicht  selten  so  gebildet  worden.  Man  wird  da 
auch  den  Properz,  der  den  Protesilaus  Phylacides^  nennt,  als 
Zeugen  citiren  dürfen,  da  er  von  einem  gelehrten  alexandrini- 
echen  Vorbilde  abhängig  zu  sein  scheint;  dies  ist  wohl  aus  dem 
Umstand  zu  folgern,  dass  Theokrit^  den  Asklepiades  als  Σικε- 
λικής anredet,  desgleichen  der  Dichter  der  Anthologia  IV  1,  46. 
Man  darf  auch  darauf  hinweisen,  dass  die  Italer  Anthol.  9,  844 
und  Or.  Sibyll  4  p.  517  Ίταλίοαι  heissen.  Κρητίοης  findet  sich 
bei  Photios  p.  178,  15.    Aristophanes  selbst  bezeichnet^  die  Leute 

*  Beide  Handschriften  der  weitaus  besten  ersten  Klasse  (A  u.  B) 
und  von  der  zweiten  DE  beginnen  V.  1027  αλλοι  Μελΐτην;  es  ist  also 
die  üeberlieferung.  Die  anderen  der  zweiten  Klasse  geben  αλλοι  hi 
Μελίτην  in  Uebereinstimmung  mit  einem  Citat  des  Stephanos;  ich  ver- 
mag dem  keine  Wichtigkeit  beizumessen,  da  in  jüngerer  Zeit  das  ι 
sicher  kurz  war.  Da  lag  Interpolation  sehr  nahe.  Das  bi  scheint  aus 
tler  Prosaparaphrase  zu  stammen.  Dass  Lewy  Semitische  Fremdwörter 
S.  200  langes  ι  ansetzt,  sei  beiläufig  erwähnt. 

^  Material  giebt  Buecheler  Rhein.  Mus.  41.  Bd.  S.  311  ff. 
8  I  19,  7. 

*  Theokr.  7,  40. 

^  Angehörige  eines  Demos  werden  auch  eoi 


451  Radermaoher 

von  Acharnai  als  Αχαρνηΐοαι.  Nun  sind  die  Μελιταΐα  Kuvibia 
unter  den  Luxuehunden  dee  Altertbums  die  berübinteeten  und 
beliebtesten  gewesen;  dass  man  sie  auf  dem  Scbose  zu  bätschein 
pflegte,  verrätb  gelegentlicb  Plutarcb^.  Tbeopbrast  in  den  Cha- 
rakteren^ bat  die  Grabecbrift  verzeichnet,  die  der  Eitle  seinem 
verstorbenen  Scbossbtindcben,  wie  es  damals  Brauch  war,  setzt; 
sie  lautet  κλάδος  Μελιταΐος.  Theodor  Gomperz^  hat  den  Sinn 
der  Inscbrift  erläutert,  indem  er  die  Verwendung  von  δΖος, 
θάλος,  ίρνος  in  poetiscben  Weibungen  und  Grabscbriften  ver- 
glich und  namentlich  auf  Ελλάδος  άγλαόν  ίρνος  Kaibel  Epigr. 
905,  3  und  ähnliches  verwies,  κλάδος  Μελιταΐος  ist  demnach 
'Spross  Maltas^;  dasselbe  würde  unseres  Erachtens  die  patronyme 
Bildung  Μελιτίδης  bedeuten.  Dann  wäre  Μελιτίδης  freilich  nicht 
der  Dümmling,  sondern  der  Weicbling,  eine  Parallelfigar  zum 
Μαλακίυυν.  Man  möge  prüfen,  wie  weit  die  Combination  als 
wahrscheinlich  gelten  darf;  jedenfalls  würde  sie  zu  dem  weiteren 
Schlüsse  führen,  dass  die  Gescbicbten,  die  von  Melitides  erzählt 
werden,  ibm  erst  angehängt  wurden,  nacbdem  die  urRprüngliche 
Bedeutung  dieser  Gestalt  sieb  verdunkelt  batte.  Fassen  wir  nun 
seinen  Concurrenten  Ampbietides  schärfer  ins  Auge.  Es  wurde  bis- 
her nicht  diskutirt,  dass  die  Schreibung  auch  dieses  Namens  nicht 
feststeht;  der  Narr  beisst  Amphisteides  in  einer  Glosse  des  Suidae 
und  des  Photius  (s.  o.  S.  446.  450).  An  der  Voraussetzung,  dass  ee 
sich  um  eine  und  dieselbe  Persönlichkeit  bandelt,  ist  doch  wohl  nicht 
zu  rütteln,  zumal  der  Suidasartikel  auf  die  gleiche  Quelle  weist, 
wie  Eustatbios,  der  Ampbietides  schreibt.  Wabrscbeinlich  ist 
Naucks  Autorität^  daran  schuld,  dass  Crusius^  keine  Entscheidung 
über  die  Namensform  wagte,  obwohl  er  hervorhebt,  dass  Άμφΐ€- 
τίδης   jetzt  auch    auf  einem  Steine   gefunden   ist  und  die  klarere 


ny misch  benannt,  vgl.  Κυοαντίοαι  ua.  Ich  weiss  aber  nicht,  ob  man 
nicht  besser  thut,  hier  den  Namen  des  ήρως  επώνυμος  zu  Grunde  zu 
legen.  Erwähnt  seien  noch  die  Μαρμαρίοαι,  Bewohner  der  Landschaft 
Μαρμάρικα,  bei  Strabon. 

^  Ausführliches  über  die  catuH  Melitaei  jetzt  von  0.  Keller,  Jahres- 
hefte des  österr.  arch.  Inst.  VIII  (1905)  S.  242  ff. 

2  Char.  XXI. 

^  Gomperz,  Beiträge  zur  Erklärung  griechischer  Schriftsteller  VI 
Wien  1898  S.  15.     Ich  trage  nach  κλάδον  Ένυαλίου  Ibyous  frg.  29 B. 

^  Nauok,    Aristophanes    Byz.  S.  174. 

δ  Pauly-Wiisowa  Realencyklopädie  v.  Amphisteides,  wo  die  Zeug- 
nisse  besprochen  sind. 


Motiv  und  Persönlichkeit  455 

Etymologisirung  gewährt.  Nun  denke  ich,  die  neu  gewonnene 
Photiosglosse,  die  sich  auf  Menander  beruft,  dürfte  dem  Schwanken 
ein  Ende  machen  und  für  Άμφιετίοης  den  Ausschlag  geben: 
Άμφύτίοαι^  (so  an  lexikalisch  richtiger  Stelle)  oi  μιυροί'  άττό 
Άμφιετίδου  μωρού*  Μένανδρος  Ύποβολιμαίψ.  Der  Bildung 
liegt  ein  Nomen  Άμφιετής  zu  Grunde  ^  Amphietides  braucht 
jedoch  nicht  nothwendig  des  Amphietes  Sohn  zu  sein;  wir  wissen, 
dass  Adelsnamen,  wenn  man  so  sagen  will,  vielfach  mit  dem 
Suffix  -ίοης  geschaffen  worden  sind,  und  haben  Fälle  genug,  die 
lehren,  dass  nach  den  Gesetzen  griechischer  Wortbildung  Άμφιετής 
und  Άμφιετίδης  auch  identisch  sein  können.  Der  Vater  des 
Pythagoras  und  der  des  Euripides  heissen  bald  ΜνήίΤαρχος,  bald 
ΜνησαρχΛης.  Ξάνθιππος,  Archont  der  75,  2  Olympiade,  wird 
bei  Plutarch  Arist.  5  Ξανθιππίοης  genannt.  Eine  Anecdote 
Lucians  beruht  auf  einer  Gleichung  von  Σίμυαν  und  Σιμωνίδης; 
noch  werthvoller  ist  für  uns  die  von  δυσμενής  und  δυ(Τ- 
μενίδης^.  Herakles  trägt  den  Beinamen  Βοαγίδας.  Sophokles 
Ant.  940  nennt  die  Koipavoi  vielmehr  κοίρανίδαι,  Moschos  1,  3 
den  δραπέτης  δραπετίδης,  um  nur  ein  paar  Beispiele  von 
vielen    anzuführen^.     Nun    ist    Άμφιετής    Gultname    des    Gottes 


^  Reitzenstein,  Anfang  des  Lexikons  des  Photios  v.  'Αμφιετίδαι. 
Άμφιστείδης  ist  nahe  liegende  Corruptel  der  Schreibung  Άμφιετείδης, 
die  neben  *Αμφΐετ{6ης  bestanden  haben  kann.    Vgl.  die  folgende  Anm. 

^  Ueber  die  Bildung  auf  -ίδης  (nicht  -είδης)  s.  Wilhelm  Schulze 
Quaest.  epic.  S.  31.  508  f.  Diele,  Hermes  1902  S.  480  f.  Ich  nenne  nur 
Θουκυδίδης,  das  von  κΟδος  nicht  zu  trennen.  Ueber  die  Auffassung  als 
Adelsprädikat  Wilamowitz,  Aristoteles  und  Athen  II  180  flf. 

8  Lucian  Gallus  14  von  dem  reichen  Schuster  Σίμων,  der  aus 
Hochmuth  einen  armen  Bekannten,  der  ihn  mit  Σίμων  anredet,  an- 
fährt: είπατε  τφ  πτωχφ  τούτψ  μή  κατασμικρύνειν  μου  τοονομα*  ού 
γάρ  Σίμων  άλλα  Σιμωνίδης  όνομά2!ομαι.  Weiter  Aelian  var.  bist.  3,  7 
von  Demochares,  dem  Bruder  des  Demosthenes,  der  beim  Anblick  einer 
Versammlung  von  ψογεροί  gesagt  habe:  τί  ψατε  ύμεΐς,  Δυσμενίδαι. 
Der  Name  gleich  δυσμενείς;  das  ι  durch  die  Anlehnung  an  Ευμενίδες 
gesichert 

*  Ich  verweise  zur  Ergänzung  ganz  besonders  auf  Lobeck  zu 
Sophokles  Aia8  880,  wo  sehr  viele  Beispiele  dieser  Art  gesammelt  sind, 
und  Meineke  frgm.  com.  t.  2  p.  22.  Die  Septuaginta  hat  demnach  gute 
Vorbilder,  wenn  sie  ό  ήγεμονίδης  statt  ό  ήγεμών  sagt.  Ein  paar  Fälle 
seien  hier  noch  erwähnt.  Κραυγασίδης  ist  Name  eines  Frosches  Ba- 
trachom.  24G,  doch  gleich  Κραύγασος  *Schreihals*.  Λοπαδαρπαγίδης  ist 
Schmarotzername  bei  Hegesandros  Athen.  1G2A ;  man  vergleiche  "Αρπαγος 
und  Μεριδάρπαζ  als  Mäusename  der  Batrachomachie.     Alkaios  hat  den 


456  Radermacher 

Dionyeoe*.  Das  mag  auf  den  ersten  Blick  gleichgültig  erscheinen; 
es  drängt  sich  aber  bei  einigem  Nachdenken  eine  Folgerung  auf, 
die  nicht  verschwiegen  werden  darf.  Suidas  erzählt,  wie  wir 
sahen,  von  unserem  Thoren,  er  habe  nicht  gewusst,  von  welchem 
seiner  Eltern  er  geboren  worden  sei,  und  das  stimmt  denn 
doch  zu  der  bekannten  Legende  von  der  Geburt  des  Dionysos, 
dessen  Mutter  Semele  sterbend  ein  vorzeitiges  Kind  zur  Welt 
brachte,  worauf  Zeus,  der  Vater,  das  Knäblein  in  seinen  Schenkel 
einschloss  und  dort  zur  Geburtsreife  gelangen  Hess.  Wenn  solch 
ein  Kind  zweifelt,  wer  es  ins  Leben  gesetzt  hat,  so  ist  das  eigent- 
lich gar  kein  Wunder,  und  wenn  es  daraufbin  unter  die  Dummen 
versetzt  wird,  so  geschieht  ihm  im  Grunde  kaum  weniger  Unrecht 
als  dem  Adonis,  von  dem  bereits  die  Rede  gewesen  ist.  Aber  ein 
dummer  Gott,  ist  das  nicht  eine  ungeheure  Blasphemie?  Den 
dummen  Teufel,  der  zu  einer  Figur  der  Weltlitteratur  geworden  ist, 
mag  man  ja  gelten  lassen.  Ich  glaube  nun,  man  würde  den  Griechen 
ein  Unrecht  thun,  wollte  man  die  göttlichen  Tölpel  aus  ihrem  Olymp 
wegleugnen,  zumal  die  Dummheit  selbst  in  Κοάλεμος  (Arist.  Eq.  221) 
ihren  δαίμων  besessen  hat.  Antiker  Witz,  der  vor  den  Toten  nicht 
Halt  macht,  hat  auch  die  Götter  nicht  verschont.  Es  mag  hier 
genügen,  ein  Lemma  der  Parömiographen  zu  citiren  :  Zenobius 
cent.  V  13  Μωρότερος  el  Μορύχου :  αυτή  ή  παροιμία  λέγεται 
παρά  τοις  Σικελιώταις  έπι  τών  ευηθίς  τι  οιαπρασσομενιυν, 
ώς  φησι  ΤΤολίμων  έν  τή  προς  Διόφιλον  επιστολή.    Λέγεται  bk 


Pittakos  nach  alten  Zeugnissen  ΣΙοφοδορπίδας  genannt;  ähnlich  gebildet 
ist  noch  ^€θομαλίδας  apfelwaugig  (Scholion  II.  22,  G8).  ευπατρίδης 
neben  €Οπατρις,  εύελπίδης  neben  €0€λπις,  κλεπτίδης  (und  der  erdichtete 
Demenname  Κλωπίδαι  Ar.  Eq.  79)  neben  κλέπτης,  έρμοκοπίδης,  χρεωκο- 
πίδης,  μισθαρχίδης  (Ar.  Ach.  597),  σπουδαρχίδης  sind  geläufige  Bildungen, 
ich  füge  f>{^)^ibaς  hinzu,  wie  bei  den  Lakonern  der  Knabe  im  ersten 
Lebensjahr  hiess  (Gloss.  Hdt.  p.  177),  sicher  ein  Schmeiohelname,  der 
von  ί>ώπος  Tand',  'Flitter'  nicht  getrennt  werden  darf  (=*Tändchen  » 
'Püppchen').  Die  Media  statt  der  Tenuis  auch  in  ^ωβοστωμυλήθρα 
und  /ί>ωβικός  neben  ^ωπικός.  φθειροκομίδης  ('Lausbub'  Hesych)  hat  mit 
κομ(2€ΐν  nichts  zu  thun,  sondern  ist  von  *φθ€ΐρόκομος  'laushaarig'  her- 
zuleiten; vgl.  χρυσόκομος.  Der  Archon  80,  1  heisst  Φρασικλής  und 
Φρασικλείδης.  Rubnken  bist.  er.  or.  Att.  p.  92,  mir  nicht  zugänglich, 
identificirt  die  Redner  Δημοκλής  und  Δημοκλείδης. 

^  Hymn.  Orph.  53,  l.  Den  Namen  wird  man  richtiger  Άμφι^της 
accentuiren;  natürlich  liegt  das  Appellativ  άμψιετής  zu  Grunde,  zu  dem 
sich  άμφΐετ{δης  gleichfalls  nach  dem  Muster  κοίρανος  κοιρανίδης  ohne 
weiteres  stellen  Hesse. 


Motiv  und  Persönlichkeit  457 

ούτως  μωρότερος  €i  Μορύχου,  δς  τα  ένδον  άφεις  ίίω  της 
οΙκίας  κάθηται.  Μόρυχος  bk  Διονύσου  έπίθετον,  άπό 
του  το  πρόσωπον  αυτού  μολύνεσθαι,  έπεώάν  τρυγώσι,  τω  άπό 
των  βοτρύων  γλεύκει  και  τοις  χλω,^οΐς  σύκοις*  μορύΗαι  γάρ  το 
μολυναι.  Καταγνωσθήναι  bk  αύτου  €ύήθ€ΐαν,  παρόσον  ?Ηω 
του  νεώ  το  αγαλμα  αύτου  έστι  παρά  τη  εΐσόδω  έν  ύπαίθρω. 
Κατεσκεύασται  bk  άπό  φελλάτα  καλουμένου  λίθου  ύπό  Σιμίου 
του  Εύπαλάμου.  Dazu  Macariue  cent.  VI  8  Apostolius  XI  91 
Plutarch  cent.  I  40  Mantisea  Proverbiorum  III  25.  Parallel 
geben  Suidas-Pbotios  v.  μωρότερος  Μορύχου,  ein  Niederscblag 
der  Tradition  ist  aucb  in  der  Suidasgloese  Μόρυχος  und  bei 
Clemens  Alex.  Protr.  4,  47  p.  14  Sylb.  zu  erkennen.  Wir  lernen, 
dass  bier  Gott  Dionysos  tbatsäcblicb  als  Tbor  erecbeint ;  daran 
ist,  wie  man  sieb  aucb  mit  diesen  Glossen  auseinandersetzen 
mag,  nicbts  zu  ändernd  Wo  aber  Dionysos  auftritt,  da  feblen  sonst 
seine  Gesellen  tiicbt,  die  Σάτυροι,  die  Böcke.  Es  fallt  nun  auf,  dass 
unter  den  Narren  aucb  ein  Γράσος  angefübrt  wird'^;  mit  γράσος 
bezeichnen  alte  Quellen  den  Bocksgerucb  der  Acbseln,  den  die 
Griechen  aucb  τράγος  nannten  ^  Hier  scheint  es  weiter  an- 
gebracht, ein  Wort  über  Eoroibos  zu  sagen.  Auch  von  ihm 
wissen  einige  antike  Zeugen  nicbts  weiter,  als  dass  er  ein  Dümm- 
ling war*;  Hesycb  nennt  ihn  einen  Sohn  des  Phrygers  Mygdon. 
Seine  Glosse  stimmt  fast  wörtlich  mit  Zenobius  prov.  IV  58 
Κοροίβου  ήλιθιώτερος  •  εύήθης  και  μωρός  *  έπι  γάρ  του  μωραί- 
νοντος  έταττον  τόν  Κόροιβον  άπό  τίνος  Κοροίβου  μωρού,  δν 
οϊονται  τόν  Μύγδονος  είναι  παΐόα  του  Φρυγός  κατά  τά  Τρωικά 
γενόμενον.  Dann  aber  setzt  Zenobius  hinzu:  τινές  be  τούτον 
άναίσθητόν  φασι  γεγονεναι  ώς  και  τά  κύματα  της  θαλάσσης 
άριθμεΐν.  Er  scheidet  also  noch  zwei  Persönlichkeiten,  die  in 
anderweitiger  Ueberlieferung  nicht  deutlich  auseinander  gehalten 
werden.     Einmal  ist  nämlich    eine  Figur  des  Epos   für    sich    zu 

*  Vgl.  Bergk  Commentatio  de  reliquiieveteri8CoemodiaeAtticae345, 
den  Preller  Polemonis  frg.  p.  111  berichtigt.  Jetzt  Diels  Hermes  1905 
S.  304. 

2  S.  Wiener  Studien  XXV  S.  IH  Vs.  187  eines  Gedichtes  von 
Michael  Pscllos,  in  dem  Grasos  neben  Koroibos  genannt  wird. 

8  Nach  Aristoteles  probl.  4,  24  Pollux.  2,  77.  Man  lese  dazu  die 
Anecdote  bei  Athenaous  o8f)e  φρύνη  συνδβιπνοΟσά  ποτ€  γράσωνι  δρασα 
φορίνην  'λαβε'  €Ϊπ€,  'καΐ  ταΟτα,  τράγε*.  Dass  γράσος  ursprünglich  Bock 
bedeutete,  wird  demnächst  Solmsen  zeigen. 

*  Etymol.  in  Cramers  Anecd.  Paris.  IV  41  Κόροιβος*  ό  εύήθης. 
Apostolius  XI  93  Diogenianus  V  12  Arsenius  XXXVI  10, 


458  Radermacher 

betrachten,  die  bei  dem  Dichter  des  Rhesus  zuerst  begegnet'; 
diesem  Eoroiboe,  dem  Sohne  des  Mygdon,  scheint  der  alexandri- 
nische  Dichter  Euphorien  Züge  des  Thoren  gegeben  zu  haben, 
beeinflusst  durch  die  Parallelgestalt  des  Schalksnarren,  von  dem 
gleich  die  Rede  sein  wird  *.  Die  Gtischichte  von  den  ver- 
tauschten Schilden,  die  Vergil  Aen.  U  410  ff.  von  Koroibos 
erzählt,  ist  nach  dem  Zeugniss  des  Servius  dem  Euphorien  ent- 
nommen. Ausserdem  berichten  die  Alten  von  ihm,  dass  er,  von 
unsinniger  Liebe  entbrannt,  der  Easandra  zu  sehr  ungelegner 
Zeit  einen  Heirathsantrag  machte  (Pausanias  X  27,  1)  und  dem 
Priamos  erst  zu  Hilfe  kam,  als  dessen  Sache  schon  verloren  war 
(EustnthioR  aaO.  p.  1669,  46).  Auch  das  dürfte  Euphorien  zur 
Quelle  haben.  Es  hat  aber  noch  einen  zweiten  mythischen 
Koroibos  gegeben,  über  den  in  einem  Scholion  zu  Luciati  de  dea 
Syra  S.  187,  21  das  Entscheidende  gesagt  ist:  ουκ  έρέιυ  (nämlich 
das  Genauere  über  die  dionysischen  φαλλοί)*  ovbk  γαρ  δσιον, 
οΤμαι,  την  αΐτίαν  έρεϊν  κιναίΟ€ΐαν  Διονύσου  κατήγορον,  τταρόαον 
και  ό  φαλλός  του  πεπορνευκότος  Κοροίβου  Διόνυσον  υπόμνημα, 
μισθόν  τούτον  αύται  Διονύσου  έκτετικότος  (Διόνυσον  έκτετικότα 
die  Hdschr.)  Σεμέλης  της  μητρός  μήνυτρα.  Ist  uns  Dionysos 
selbst  als  ηλίθιος  begegnet,  so  dürfen  wir  vielleicht  wagen  diesen 
Koroibos^  als  den  αναίσθητος  anzusprechen,  dem  ZenobiusIV  58 


*  Rhesus  539  τίς  έκηρύχθη  πρώτην  ψυλακήν  *•  Μυγδόνος  υΐόν 
φασι  Κόροι βο ν. 

^  Servius  zu  Vcrgils  Aeneis  II  341  hie  Coroebus  filius  Migdonis 
et  AnaximeiiRe  fuit  Hunc  autem  Coroebum  stultum  inducit  Euphorien, 
quem  et  Vergilius  sequitur. 

^  Der  Name  Κόροιβος  ist  auch  als  Personenname  weit  verbreitet; 
8.  Bechtel,  Spitznamen  S.  53.  Welcher  Coroebus  von  Kallimachos  in 
dem  Fragment  τόν  Ογδοον  ujoxe  Κόροιβον  (fr.  307  Sehn.)  gemeint  ist, 
läset  sich  nicht  sicher  entscheiden;  s.  Schneiders  Bemerkunj(  zur 
Stelle.  Der  Name  wird  in  der  Regel  gleich  κόροίφος  genommen,  und 
das  wird,  wie  mir  Solmsen  schreibt,  richtig  sein.  Allerdings  läset 
sich  das  übliche  β  des  Namens  nur  dann  verstehen,  wenn  er  aus 
dem  Makedonischen  stammt.  Aber  wenn  Koroibos  ursprünglich  im 
Gefolge  des  Dionysos  auftritt,  so  ist  solch  eine  Herleitung  doch  wohl 
möglich.  Dazu  stimmt  nun  die  von  Hesych  und  Zenobios  mitgetheilto 
Genealogie  bestens.  Mygdonen  gab  es  nicht  nur  im  'phrygischen* 
Kleinasien,  sondern  auch  am  linken  Ufer  des  unteren  Axios  in  Make- 
donien; es  sind,  wie  die  Βρύγες,  zurückgebliebene  Theile  des  phrygi- 
schen Volksthums,  dessen  andere  Hälfte  nach  Asien  auswanderte.  Der 
Annahme   steht  nichts   im  Wege,   dass    die   makedonische    Figur  von 


Motiv  und  Persönlichkeit  459 

(s.  0.)  in  Uebereinstimraung  mit  zahlreichen  anderen  Quellen  das 
Wellenzählen  zuweist.  Das  Motiv  des  κύματα  άριθμεϊν  ist  ein 
μάταιον;  da  mag  man  betonen,  dass  eine  dämonische  Gestalt,  die 
*Ακκώ,  Aehnliches  treibt;  ihr  wird  das  σπόγγψ  πάτταλον  κρούειν 
zugewiesen.  Endlich :  der  Schwank  vom  Zählen  der  Meeres- 
ivogen  ist  echte  Wanderanecdote.  Zwar  haben  wir  gesehen,  dass 
es  nur  geringe  Beglaubigung  hat,  wenn  er  auch  dem  Margitee 
beigelegt  wird.  Aber  wenn  ihn  Eustathios  einem  Polyoros, 
Aelian  einem  Koikylion  zuweist,  so  haben  wir  guten  Grund, 
diese  Typen  als  wirkliche  Concurrenten  des  Koroibos  zu  be- 
trachten. Freilich  nicht  im  Sinne  einer  Identität  der  drei:  die 
Sache  ist  mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  so  zu  verstehen,  dass  das 
älteste  in  diesem  Falle  ein  Sprichwort  κύματα  αριθμείς  ist.  Und 
dann  hat  ma^i  die  Geschichte  von  verschiedenen  Leuten  erzählt, 
die  eben  das  gemein  hatten,  dass  sie  Narren  waren. 

Ich  habe  die  Betrachtung  so  weit  geführt,  weil  es  mir 
wichtig  schien,  für  das,  was  Knaack  vermuthete,  einen  Beweis 
wenigstens  zu  versuchen.  Es  ist,  wie  ich  hoffe,  nicht  ganz  un- 
wahrscheinlich geblieben,  dass  dem  Amphietides  ursprünglich  die 
Frage  gehört,  ob  er  von  seinem  Vater  oder  von  seiner  Mutter 
geboren  worden  sei;  denn  er  scheint  mit  Gott  Dionysos  identisch 
zu  sein.  Aber  auch  wenn  wir  dies  Ergebniss  annehmen,  wenn  wir 
ferner  den  Melitides  als  eine  nicht  über  jeden  Zweifel  erhabene 
Figur  ausscheiden,  in  jedem  Falle  bleibt  die  Möglichkeit,  dass 
jene  Frage  an  die  Mutter  auch  im  Margitesepos  stand.  Gründe, 
die  hierfür  sprechen,  sind  oben  S.  448  entwickelt  worden;  sie  lassen 
sich  durch  einen  weiteren  vermehren,  der  dem  Namen  des 
Helden  zu  entnehmen  ist.  Wir  dürfen,  wie  ich  glaube,  dieser 
Betrachtung  den  Satz  zugrunde  legen,  dass  das  Wort  Μαργίτης 
nicht  getrennt  werden  kann  von  der  zahlreichen  Sippe  der  appel- 
lativen  Bildungen  auf  -ίτης,  die  im  Griechischen  seit  alters,  am 
häufigsten  freilich  in  der  jüngeren  Sprache,  erscheinen.  Ein 
Ueberblick  lehrt,  dass  es  Denoniinativa  sind,  weitaus  die  meisten 
von  Substantiven  abgeleitet,  nur  wenige  von  Adjektiven.  Das 
ist  natürlich,  weil  diese  Wörter  eigentlich  sanimt  und  sonders 
selbst  Adjektive  sind,  sogar  solche,  die  uns  in  substantivischem 
Gebrauch  so  vertraut  sind  wie  οπλίτης;  das  euripideische  όπλί- 

diesen  Phrygern  übernommen  worden  ist.  Ich  weise  noch  hin  auf 
ΚορομΙλας  als  Name  eines  Satyrs.  Nach  der  oben  mitgct heilten  Legende 
müsste  man  nicht  κόρη  sondern  κόρος  als  Stammwort  für  Κόροιβος 
ansetzen. 


460  Radermacher 

της  κόσμος  mag  es  bezeugen.  Aucb  der  Bedeutung  nach  heben 
sie  sich  aU  eine  leicht  zu  charakterisirende  Gruppe  ab.  £8  eind 
Bezeichnungen  für  bestimmte  Stände,  Klassen,  Berufe,  Arten.  So 
gliedern  sich  im  νηίτης  στρατός  der  τριηρϊται  die  Ruderer  in 
θρανϊται  (έπισφελϊται),  ίυγϊται,  θαλαμΐται .  έπικληρϊτις  (=  έπί- 
κληρος),  πολίτης,  μνιυίτης,  ίευγίτης,  'Αρεοπαγίτης  sind  Be- 
nennungen innerhalb  einer  politischen  Gemeinschaft,  άσπιοίτης, 
ήμιλοχίτης,  θωρακίτης,  λογχίτης,  λοχίτης,  οπλίτης,  διμοιρίτης, 
φυλακίτης  innerhalb  militärischer  Organisation;  5ικ€λλίτης,  θυω- 
ρίτης,  τραπεζίτης,  τεχνίτης  sind  bürgerliche  Berufe.  Etliche 
dieser  Bildungen  scheinen  der  Poesie  allein  anzugehören;  so  ist 
όοίτης  der 'Wandersmann*  ein  episches  Wort  und  bei  Sophokles^ 
Philokt.  147  offenbar  nur  homerische  Reminiszenz. 

Mit  den  angeführten  Thatsachen  verträgt  es  sich  recht  gut, 
wenn  wir  diese  Bildungen  in  überaus  zahlreichen  Fällen  als  Be- 
nennungen verschiedener  Sorten  von  Brot,  von  Wein,  von  Steinen  * 


*  Er  hat  noch  άκτίτης,  άστίτης,  άσπιοίτης  und  das  dunkle  σάκο• 
δ€ρμ{της,  das  man  als  'Schildkröte*  verstehen  möchte  σάκος  und  δέρμα 
ergäbe  σακόοερμος  'mit  einer  Schildhaut  versehen*  als  Grundwort).  Aus 
einem  γηϊτης  könnte  nicht  γήτης  Trachin.  32  werden  ;  Lobeck  hat  richtig 
γήτης  verbessert  Pathol  I  24'J;  doch  s.  Hesych  γαιται*  γεωργοί.  Zn 
όδίτης  stellt  sich  κ€λ€υθ(της  Anthol.  6,  120;  κ€λ€υθήτης  ist  als  Bildung 
unverständlich.  Poetisch  wohl  έδρίτης  Ικέτης  Etym.  Magn.  Ich  erwähne 
noch  als  Berufs-  und  Gattungsnamen  άγν(της,  δαειρίτης  =  Priester  der 
Pcrsephone  Adcipa,  έπιβωμίτης,  έρκίτης  Knecht  auf  dem  Lande  zu  ^ρκος 
Umzäumung  aber  schwerlich  von  ^ρκος  unmittelbar  abgeleitet  s.  unten 
462Anm.  2.  καλυβ(της  Hüttenbewohner (Strabon).  καμηλίτης  Kamelreiter 
(Herodot)  vgl.  der.  Ιππίτας.  κοιτωνίτης  Kammerdiener  (Oxyr.  Pap.  III 
S.  149  col.  84  Epiktet,  Galen).  κολπ(της  heisst  der  Anwohner  eines  Meer- 
busens bei  Philostrat,  κρασπεδίτης  der  letzte  im  Chor  im  Gegensatz 
zum  κορυφαίος,  κτηματίτης  der  Eigenthümer  (Epist.  Socrat.),  κτηνίτης 
(Gloss  )  wohl  Viehwärter,  μακαρίτης  (Aeschyl.)  ist  richtig  der  jung  Ver- 
storbene, der  zu  den  μάκαρες  gezählt  wird,  μερίτης  Theilhaber  (De- 
mosthenes,  Polyb),  μεσίτης  Vermittler  dürften  Ausdrücke  des  Lebens 
sein.  Merkwürdig  όρσίτας  als  Name  eines  kretischen  Tanzes  (Athen. 
<>29c  zu  ορθός?).  πεΖίτης  =  πείός  bezeugt  Suidas.  ποιμνίτης  heisst  der 
Ilirtenhund,  ποταμίτης  der  Wassersucher,  προαστίτης  der  Vorstädter 
(Stoph.  Byz.).     Ferner  συνεδρίτης,  χωρίτης,  ώρίτης. 

^  Die  meisten  Belege  bei  Späteren,  namentlich  Athenaeus,  Pliuiue, 
Dioscorides,  den  Geoponika.  Richtig  schreiben  die  Athenäushandschriften 
114  Β  έρεικίτας  Λρτος  zu  έρείκιον.  Aus  der  Terminologie  der  Agone 
notire  man  einen  άργυρίτης,  δαιρίτης,  θεματίτης,  στεφανίτης,  φυλλίτης, 
χρηματίτης. 


Motiv  und  t'ersontichlceit  461 

finden,  wenn  wir  ihnen  in  der  medizinischen  und  hotanischen 
Terminologie  hegegnen.  Vereinzelt  Bind  sie  anzutreffen  als  Namen 
für  Tiere  ^  and  ale  geographinche  Bezeichnungen  ^  Eine  gröesere 
Gruppe  wird  gebildet  durch  Epitheta  deorum.  Priapos  heisst 
Λιμ€νίτας,  Ένορμίτης,  ΛιμβνορμΙτης,  Apollo  ΔαφνΙτης,  Pan 
Βουνίτης,  Dionysos  Λικνίτης,  Σκυλλ(τας,  Hermes  ΈτηθαλαμΙτης, 
Poseidon  Δωματίτης,  Athena  Έπιπυργΐτις,  Ίττπολαϊτις,  Ληΐτις, 
ΤΤυλαϊτις,  Μηχανΐτις,  *Οφθαλμΐτις,  Φαλαριτις,  Χαλινΐτις,  Hestia 
ΤΤρυτανϊτις,  Hecate  *  Ενο2)ΐτις,  ΤριοΜτις,  Artemis  Κονουλιτις,  Λιμ€- 
νϊτις,  Aphrodite  Λιβανΐτις,  Τρυμαλϊτις,  eine  ungenannte  Göttin 
zu  Athen  Γεφυρΐτις.  In  allen  Fällen  ist  die  Bildung  des  Deno- 
minativs klar  zu  erkennen.  Es  folgen  endlich  eigentliche  Personen- 
namen. Neben  einigen,  wie  Ίτπτίτας,  Πολίτης,  ΤΤοταμϊτις, 
Λοχίτης,  Νηρίτης,  Καλαμίτης,  Κυαμίτης,  Μαργαρίτης,  'Οκ€ανιτις 

^  Λ€υκ(τας  heisst  ein  Bock  beiTheokrit;  wie  der  Name  zustande 
kam,  erkennt  man,  wenn  man  bei  ihm  noch  σηκίτης  (σακ(τας)  als 
Kphitetou  findet  I  10:  dpva  τύ  σακίταν  λαψήι  γ^ρας.  Eine  Muschel 
führt  den  Namen  άναρ(της  und  νηρ(της,  als  Name  eines  Fische  be- 
gegi  en  κ€ντρ{της,  μοσχίτης,  6Ευλ(της'  σαυρίτης  nennt  sich  eine  Schlangen- 
srt  (zu  σαθρός),  κωβΐτις  eine  Sardellenart  (κυιβιός  Gründling). 

^  Bekannt  sind  namentlich  die  Benennungen  ägyptischer  νομοί 
(seit  Heiodot):  *Αφθ(της,  *Αφροδιτοπολ(της,  Μυ€κςκ>ρ(της,  Οξυρυγχ(της, 
Τανίτης  usw.  Als  Flassnamen  begegnen  *Ατγ(της  (zu  Αγγος?)  vgl. 
κοιλαγγ{τας  als  Name  einer  ßergschlucht,  'Οπλίτης,  Κ€ρυν(της,  Κοσσι• 
ν(της,  Μεγαν(τας.  *Ρομβ(της  (zu  (^μβος)  heiesen  zwei  Meerbusen  am 
Asowschen  Meer,  Καρκινίτης  (καρκίνος)  ein  anderer  Meerbusen,  Καρκινΐτις 
eine  Stadt.  Ein  Vorgebirge  Ακρίτας,  eine  Höhe  Τ€μ€ν{της,  eine  Land- 
zunge Ταφίτις,  ein  See  Αυχνίτις,  *Ασφαλτ1τις,  ΣερβυΜτις,  eine  νήσος 
Κ€ρκινιτις  Χαλκ!τις  usw.  Vielfach,  wo  die  Ableitung  für  uns  dunkel  ist, 
wird  sie  an  einen  Ortsnamen  anknüpfen.  Dafür  spricht  der  Umstand, 
dass  von  zahlreichen  Ortsbezeichnungen  Namen  auf  -(της  zum  Ausdruck 
der  Ortsangehörigkeit  gebildet  werden  'Αβδηρίτης,  *Αβλ(της,  Άκονίτης, 
Ασκαλωνίτης,  Γραικίτης,  Διοσιρίτης,  Έσπ€ρ(της,  θ€ρμ(της,  Καβ€φ(της, 
Ναυκρατίτης,  Στ€ς>αν(της,  Στηλ(της  usw.,  komisch  Σ€λην(της,  Ταρταρίτης. 
Hier  offenbart  sich  am  deutlichsten  die  ursprüngliche  Bedeutung  dieser 
Denominativa:  sie  sag^n  von  einer  Persönlichkeit  oder  Sache  aus,  dass 
sie  mit  dem  Stammwort  des  Denominativs  in  einem  engen  Zusammen- 
hang steht.  So  auch  bei  den  übrigen:  die  νόσος  άρθρίτις  sitzt  in  den 
άρθρα,  ein  άρματίτης  gehört  zum  άρμα,  der  6α€ΐρ(της  zur  Δά€ΐρα,  ein 
άγνίτης  zu  den  άγνο(,  ein  συν€δρ(της  (Nicolaus  v.  Damasc.)  zum  ouv^• 
δριον,  ein  ώτ(της  zum  οΟς  (der  ώτίτης  δάκτυλος  kann  nicht  der  Gold- 
finger sein,  sondern  nur  der,  mit  dem  der  Naturmensch  das  Ohr  reinigt). 
Daraus  entwickelt  sich  die  charakterisirendci  klassifitirende  Eigen- 
schaft dieser  Wörter. 


462  Radermacher 

stehen  noch  die  echten  Appellativa.  Καρκινίτης  hat  unmittelbare 
Parallelen  in  Bildungen,  wie  καμηλίτης  μυίτης  όνίτης  κροκοΟ€ΐλίτης. 
Falle,  wie  θυαν&ρίτης,  d.  i.  Name  eines  arabischen  Gottes,  nnd 
Ί(Ταο2Ιίτης,  Name  eines  Arabers,  sind  auszuscheiden,  zum  mindesten 
nicht  massgebend.  ΤΤραΕίτας  wird  man  von  πραΕις  ableiten, 
Δηρίτας  von  &ήρις,  Όπίτης,  das  bereits  in  der  Ilias  begegnet, 
von  δπις;  vgl.  πολίτης,  έτταλΕίτης,  ^αχίτης.  Δηιοπίτης  —  βο 
heisst  ein  Troer  II.  11,  420  —  ist  in  durchsichtiger  Form  za 
Όπίτης  gebildet.  Κυπελλίτης,  wahrscheinlich  Name  eines  Para- 
siten bei  Alciphron,  steht  neben  κύπελλον  Becher,  Κυμβαλΐης, 
ein  komischer  Hetärennarae,  neben  κύμβαλον .  Μαλκίτας  heisst 
bei  Plutarch  v.  Pelop.  35  ein  Böotarch;  da  mag  man  an  Hesycbs 
Glosse  μαλκόν  μαλακόν  erinnern.  Σειρίτης,  der  Erfinder  des 
Flötenspiels  (Athen.  618  ß),  leitet  seinen  Namen  vielleicht  von 
(Τειρά  ab,  falls  es  überhaupt  ein  griechisches  Nomen  ist^  Man 
wird  demnach  Μαργίτης  jedenfalls  nicht  von  μάργος  oder  viel- 
mehr μάρτη•  μαργότης  (Hesych),  θερσίτης  kaum  von  dialek- 
tischem *θέρ(Τη,  gleich  gemeingr.  ♦θάρίΐη,  θάρίίος  trennen  dürfen*. 

1  Hominis  nomen  omnino  incertam  sagt  Kaibel  zur  Stelle;  das 
Urtheil  ist  vielleicht  zu  scharf;  da  aber  Σ€ΐρ{της  nach  Duris  ein  Libyer 
τών  Νομάδων  war,  ist  immerbin  die  Wahrscheinlichkeit  am  grössten, 
dass  der  Name  ungriechisch  ist;  vgl.  oben  Ίσαοίίτης;  ferner  Λευίτης, 
Σεμβρίτης  (nach  Strabo  ΑΙγύπτιοι  έπηλυδβς  in  Arabien)  u.  a.  Schwierig 
ist  Χαιρίτης  (Münze  aus  Ephesos  Mion.  III  86),  entweder  zu  Χαΐρος  zu 
stellen  oder  analogetisch  beeinflusst  durch  Doppelformen  wie  Χαιρίλας 
Χαιρώνδας  neben  Χαρίλας  Χαρώνοας  u.a.;  die  echte  Bildung  Χαρ(της 
ist  gleichfalls  bezeugt.    Ueber  Φιλίτας  s.  Crönert,  Hermes  190*2  S.  217  ff. 

2  Schol.  AL  zu  Β  212  ώνοματοπεποίηται  τό  δνομα  παρά  τό  θέρσος 
ΑΙολικόν  Et  Magn.  447,22.  Gramer  Anecdota  Oxoniensia  I  198,  β. 
Weitere  Namenbildungen  vom  Stamme  θ€ρσ-θαρσ-  hatüsener  gesammelt, 
Der  Stoff  des  griechischen  Epos  S.  48  ff.  Eine  direkte  Ableitung  von 
θέρσος  würde  doch  wohl  auf  die  Schreibung  Θ€ρσ€{της  führen;  vp^l. 
όρείτης  zu  δρος  ("Αρτεμις  Ορείτις  inschr.  bezeugt),  indess  hat  es  keine 
Hedenken,  neben  θάρσος  (θ^ρσος)  ein  Femininum  θάρση,  θ^ρση  für  die 
ältere  Sprache  anzusetzen;  vgl.  πάθη  πάθος,  ν€ίκη  νεικος,  Αγκη  Λγκος, 
αγη  δγος,  <5νθη  Λνθος,  νάπη  νάπος.  Ηίφη  Είφος  (die  Differenzirung  des 
Sinnes,  wo  sie  begegnet,  ist  gewiss  jung).  Θερσίτης  lautet  dorisch 
θηρίτας  s.  Wilh.  Schulze  Ztschr.  f.  Gymnasialwesen  1893  S.  1Γ,2, 
Solmsen  Idg.  Forsch  7,46.  Usener  aaO.  S.  51  ff.  Ilesych  hat  Θηρίτας: 
ό  Ένυάλιος  παρά  Λάκωσιν.  Aber  die  Pausaniashandschriften  haben 
Θηρ€ΐτας;  das  ist  nicht  ohne  weiteres  abzulehnen,  zumal  es  nach  der 
Ueberlieferung  als  besser  bezeugt  zu  gelton  hat;  es  würde  die  Ahleitung 
von  eiuem  neutralen  θ^ρρορ  =a  θάροος  gestatten  und  gleichfalls  zeigen, 


Motiv  und  t^ersonliotikeit  463 

Es  kann  nämlich  noch  eine  weitere  Thatsache  angeführt  werden. 
Bildungen  auf  -ίτης  figuriren  in  volkethümlicher  Sprache  auch  als 
Bezeichnungen  für  menschliche  Typen:  λ€(Τχηνίτης  ist  der 
Schwätzer,  μηνίτης  der  Groller,  έχταστρίτης  der  Bauchredner, 
ίντραπεΏτις  die  Schmarotzerin,  κασωρίτης  der  Hurer,  χαλκώϊτις 
die  Dirne,  die  für  einen  Dreier  sich  hingieht^.  Hier  ist  der  Ort, 
wo  Μαργίτης  und  θερΟ^ίτης  sich  ungesucht  einfügen. 

Ich  weise  übrigens  darauf  hin,  dass  μάργος  in  der  älteren 
Sprache  thatsächlich  in  der  Kegel  *dnmm*  heisst  und  erst  in 
jüngeren  Schichten  'geil'  oder  'wollüstig';  nur  als  Epitheton  des 
Magens  scheint  es  von  alters  'begehrlich'  zu  bedeuten.  Wir 
haben  danach  ein  gutes  Recht,  Μαργίτης  mit  Dümmling  zu 
übersetzen,  wie  θ€ρ(Τίτης  mit  Frechling.  Es  sind  zunächst 
Namen  für  Typen;  das  ist  das  wichtige,  das  herausspringt.  Auch 
ein  dorischer  Gott  hat  θηρίτας  =  θερσίτης  geheissen,  doch  wohl 
der,  der  den  Begriff  des  θάρ(Τος  in  sich  verkörperte,  ein  rechter 
Gott  für  ein  Volk  von  Kriegern.  Darum  galt  er  später  dem 
Ares  gleich.  Ob  es  erlaubt  ist,  ihn  mit  dem  homerischen 
Thersites  zu  identifizieren,  scheint  mir  zweifelhaft;  mindestens 
ebensogut  kann  es  sich  um  zwei  von  Grund  aus  verschiedene 
Wesen  handeln.  Jedenfalls  trägt  auch  der  dorische  Gott  einen 
redenden    Namen,    der    dem    höchsten  Vertreter    des    Typus   der 

dass  der  epische  θ€ρσ{της  und  der  dorische  θηρ€(τας  wenigstens  persön- 
lich nicht  identisch  sind.  Der  Name  θ€ρ(της,  den  Usoner  aus  Luciaus 
Wahren  Geschichten  I  20  (so!)  anfuhrt  und  vermuthungsweise  gleich 
Θβρρίτης  θ€ρσ(της  setzt  (aaO.  50),  ist  von  Ed.  Schwartz  meines  Erachtens 
überzeugend  in  θερ€(της  verbessert  worden  (θβρέστης  in  einzelnen 
lldschr.  wäre  sonst  g^r  nicht  zu  erklären).  Wenn  er  als  Name  eines 
Sonnenbewohners  neben  Πυρων{δης  und  Φλόγιος  erscheint,  muss  man 
ihn  als  komische  Bildung  zu  θέρος  fassen  (unser  *Hitzig).  Unklar  ist 
Ilesych  έθνιστής,  Suidas  έθν{της,  wahrscheinlich  έθν€(της.  μ€ρίτης  Theil- 
haber  (seit  Demostb.)  ist  wohl  durch  μεσίτης  beeinflusst,  eine  strenge 
Scheidung  überhaupt  nicht  durchzuführen ;  vgl.  Nom.  Μενίτης  (Crönert, 
HermeH  1902  S.  217)  neben  μένος?  Will  man  den  Namen  des  dori- 
schen Gottes  lieber  von  der  θηρώ  θαρσώ  ableiten,  die  Pausanias 
als  Amme  des  Ares  nennt  (III  19,8),  so  will  ich  nicht  widersprechen, 
obwohl  ich  eine  Ableitung  auf  -(της  von  einem  solchen  Namen  sonst 
nicht  kenne.  θηρ(τας  würde  eben  auch  dann  Denominativ  bleiben,  was 
das  entscheidende  ist.  Das,  was  über  Μαργίτης  gesagt  ist,  würde  da- 
durch nicht  au  Wahrscheinlichkeit  verlieren. 

'  Eine  Scherzbildung  ist  auch  χαρωνίτης,  s.  Plut.  v.  Ant.  15.  lieber 
άιτας  Rhein.  Mus.  1907  S.  460  Aum.  50. 


464  Raderlrtaclier  Motiv  Und  Personliotikeit 

θαρραλέοι  zukam.  Es  iet  mir  durobaue  glaublich,  dass  für 
den  aioliecben  Sänger,  der  das  Lied  vom  Streit  dee  Achill 
und  Thersites  schuf,  der  Name  Thereites  gleiclifalle  ein  redender 
war.  Ob  ebenso  für  die  ionischen  Rhapsoden,  ist  fraglich, 
aber  auch  von  geringer  Wichtigkeit.  Μαργίτης  ist,  wenn  man 
von  dem  komischen  £po8  absieht,  bisher  als  Personenname 
nirgends  hervorgetreten^.  Es  ist  wohl  nie  ein  Personenname 
gewesen.  Ich  halte  die  Vermuthung  für  erlaubt,  dass  dem  Dichter 
des  Margites  der  Name  seines  Helden  eben  nur  typische  Be- 
zeichnung des  Dummkopfs*  gewesen  ist,  gleichgültig,  ob  er  sie 
erst  schuf  oder  aus  dem  Volksmund  übernahm.  Wenn  dem  so 
ist,  so  hatte  er  allerdings  im  höchsten  Grade  das  Recht,  namen- 
lose Schwanke  und  solche,  die  unter  anderem  Namen,  wie  dem 
des  Amphietides,  gingen,  auf  seinen  'Dümmling'  zu  übertragen. 
Ich  halte  es  darum  für  bedenklich,  die  Geschichten,  die  Snidas 
V.  Μαργίτης  von  diesem  berichtet,  deshalb  dem  Helden  des 
komischen  Epos  abzusprechen,  weil  sie  auch  von  anderen  erzählt 
werden.  Die  Vermuthung,  dass  es  sich  um  reine  Wanderanecdoten 
handelt,  findet  soweit  ihre  Bestätigung,  als  solche  Dinge  über- 
haupt wahrscheinlich  gemacht  werden  können. 

Münster  in  W.  L.  Radermacher. 


1  Μάργας   als  Name   wird    von  Bechtel  Spitznamen    S.  52  nach- 
gewiesen und  richtig  gedeutet. 


DAS  MOSAIKRELIEF 


Nachdem  ich  im  Rhein.  Mue.  1874  Bd.  XXIX  S.  561  — 589 
nachzuweisen  versucht  habe,  dass  die  sämmtlichen  Moeaikreliefs 
modern  sind,  also  auf  Fälschungen  beruhen,  darf  ich  wohl  jetzt 
nach  34  Jahren  auf  den  Gegenstand  zurückkommen,  um  einige 
Nachträge  zu  geben.  Meine  Ausführungen  haben  im  Allgemeinen 
überall  Anklang  gefunden,  nur  Theod.  Schreiber  hat  in  seinem 
Werk:  „Die  Wiener  Brunnenreliefs  aus  Palazzo  Grimani,  eine 
Studie  über  das  hellenistische  Reliefbild  mit  Untersuchungen 
über  die  bildende  Kunst  in  Alexandrien,  Leipzig  1888"  theilweise 
Protest  erhoben.  „Es  ist  nicht  unwahrscheinlich",  sagt  er  S.  40, 
„dass  man  über  die  einfache  Nachahmung  der  Marmorreliefs  in 
der  feineren,  durch  Beimischung  leicht  intensiv  zu  färbenden 
Glasmasse  noch  hinausgegangen  ist.  Darf  man  dem  so  sicheren 
Urtheil  Zoega^s  auch  in  diesem  Falle  trauen,  so  muss  ein  in  der 
Villa  Hadriana  bei  Tivoli  gefundenes  Mosaikrelief,  eine  alt- 
ägyptische  Flügelfigur  darstellend,  wie  es  scheint,  aus  ptole- 
mäischer  Zeit,  für  echt  gehalten  werden,  und  auch  bei  anderen 
jetzt  als  verdächtig  geltenden  Beispielen  der  gleichen  Technik 
könnte,  trotz  gewisser  unbestreitbarer  Fälschungen,  die  Echtheit 
nachträglich  wieder  zu  Ehren  kommen."  Und  auf  S.  79  Anm.  75 
wird  dies  theilweise  weiter  ausgeführt.  Aber  Schreiber  hat  ganz 
übersehen,  dass  das  fragliche  Relief  aus  der  Villa  Hadriana,  das 
nachher  in  das  Museo  Borgia  in  Velletri  gelangt,  seitdem  aber 
verschwunden  ist  (in  Neapel,  wohin  der  grösste  Theil  des  Museo 
Borgia  im  Jahre  1817  gelangt  ist,  ist  das  betreffende  Stück 
sicher  nicht  vorhanden),  in  meinem  Aufsatz  S.  567  und  576 
unter  Μ  angeführt  und  ausführlich  besprochen  ist.  Das  in  den 
Memorie  di  belle  arti  IV  (Roma  1789)  S.  101  und  bei  Raoul 
Rochette  peint.  inidit.  Taf.  14  (farbig)  veröffentlichte  Stück  stellt 
eine  weibliche  Figur  vor,  die  beide  Arme  gleichmässig  vom 
Körper  nach   verschiedenen    Richtungen    wegstreckt    (nur    beide 

Bbein.  Miu.  f.  ifhiloU  M.  F.    LXUI.  30 


466  Engelmann 

Oberarme  sind  erhalten);  hinter  ihrem  Rücken  kommen  zwei 
nach  unten  gerichtete  Flügel  zum  Vorschein,  deren  Spitzen  nicht 
erhalten  sind;  die  Beine  sind  das  rechte  bis  unter  das  Knie,  das 
linke  bis  zur  ]\ilitte  der  Wade  erhalten.  Bekleidet  ist  sie  mit 
einem  eng  anliegenden  Aermelchiton  von  weisser  Farbe  mit  blauen 
Streifen,  die  wieder  mit  blauweissen  Sternen  verziert  sind;  ausser- 
dem trägt  sie  auf  dem  Kopfe  eine  weisse,  mit  blauweissen  Flecken 
verzierte  Haube.  Der  Grund  ist  weiss,  die  Farbe  des  Gesichtes 
und  der  Beine  ist  blau.  Ich  sage  darüber  S.  567:  „Es  ist  dies 
nicht  das  einzige  Monument  dieser  Art,  fast  jede  grössere  Samm- 
lung antiker  Glassachen  enthält  solcher  Stücke  eins  oder  mehrere; 
dass  diese  zum  grössten  Theil  antik  sind,  wird  nie- 
mand bezweifeln,  aber  wie  kann  man  diese  mit  den 
Mosaikreliefs  in  eine  Klasse  stellen  wollen?  Jene 
Monumente  gehören  zu  derselben  Ordnung  wie  die  ägyptischen 
und  assyrischen  Reliefs:  der  Stucco  oder  der  Stein  giebt  das 
Ganze,  an  einzelnen  Punkten,  wo  man  auf  dauerhafte  Weise 
Farben  herstellen  will,  werden  statt  der  gewöhnlichen  Farben 
bunte  Steine  eingesetzt,  aber  diese  ordnen  sich  dem  Ganzen 
unter,  lösen  die  Einheit  nicht  auf;  in  gleicher  Weise  wird  bei 
jenen  Glasflüssen  die  ganze  Figur  aus  einer  gleichfarbigen  Masse, 
dem  Stuck  oder  Stein  entsprechend,  hergestellt,  und  dass  dann 
einzelne  Punkte,  wie  die  Ornamente  der  Gewänder  usw.,  aus 
einzelnen  kleinen  Glastheilchen  von  anderer  Färbung  gebildet 
werden,  ist  ebenso  wenig  stylwidrig,  als  wenn  jemand  sein  ein- 
farbiges Gewand  mit  Besatz  von  verschiedenen  Farben  verbrämt 
und  sich  mit  Gold  und  anderen  Kleinodien  schmückt.''  Doch, 
ob  styl  widrig  oder  nicht,  wir  können  das  ganz  bei  Seite  lassen, 
Thatsache  ist,  dass  jenes  Glasrelief  in  meinem  Aufsatze  erwähnt 
und  als  antik  bezeichnet  war,  und  dass  zugleich  auch  hervor- 
gehoben war,  inwiefern  dies  Stück  von  dem,  was  ich  unter 
Mosaikrelief  verstehe  und  von  dem  ich  nachgewiesen  habe,  dass 
es  nicht  antik  sein  kann,  verschieden  ist. 

Dagegen  muss  ich  einräumen,  dass  auf  ägyptischem  Boden 
Mumien  zu  Tage  gefördert  sind,  deren  Hülle  mit  farbigen  Steinen 
besetzt  ist.  Aber  auch  dieser  Fall  war  vorgesehen,  es  steht  mit 
diesen  Mumienhüllen  genau  so,  wie  mit  der  Marienstatue  in 
Marienburg,  über  die  auf  S.  589  gesprochen  wird.  „Die  Statue 
war  ursprünglich  aus  bemaltem  Stuck  hergestellt,  und  nur  des- 
halb, weil  der  Stuck  dem  Wetter  keinen  Widerstand  leistete, 
beschloss  man,  sie  mit  Mosaik  überziehen  zu  lasseni  vgl.  R.  Bergan 


Das  Mosaikrelief  467 

Altpreuss.  Monatsschrift  VI  Heft  7  S.  639.  Grenzboten  1871  1 
S.  31.  1872  I  S.  39.**  Es  ist  dies  eine  Art  von  Mosaik,  die 
eigentlich  nicht  als  Keliefmosaik  bezeichnet,  sondern  mit  dem 
auf  gekrümmten  Flächen  verwendeten  (Plin.  n.  h.  36,  189  pulsa 
deinde  ex  humo  pavimenta  in  camaras  transierunt  e  vitro  no- 
vicium  et  hoc  inventum)  verglichen  werden  kann;  die  an  sich 
mit  geraden  Flächen  endenden  Würfel  (ob  aus  Stein  oder 
Glas,  bleibt  sich  zunächst  gleich,  man  darf  aber  annehmen,  dass 
für  die  vom  Auge  weiter  entfernten  Gewölbe  stärkere  Farben- 
wirkungen nöthig  waren,  und  dass  diese  durch  die  intensiv  ge- 
färbten Glaswürfel  leichter  erreichbar  waren,  als  durch  die 
weniger  grell  gefärbten  Steine)  wurden  auf  gekrümmte  Flächen 
aufgesetzt  und  wiederholten  natürlich  mit  ihren  oberen  Flächen 
die  gekrümmten  Flächen  der  Unterlage.  Es  ist  also  eigentlich 
kein  Unterschied  darin,  ob  ich  eine  Wölbung  der  Decke  mit 
Glasstücken  versehe,  die  in  den  aufgelegten  Stuck  eingedrückt 
werden,  oder  ob  ich  einen  rundlichen  Körper,  wie  es  die  Statue 
der  Maria  in  der  Marienburg  oder  die  Mumienhüllen  in  Aegypten 
sind,  vermöge  eines  Stucküberzugs  mit  Glaswürfeln  bestecke,  die 
in  den  oberen  Flächen  dann  die  Rundung  der  Unterlage  wieder- 
holen. Davon  sind  die  Mosaikreliefs  dadurch  unterschieden, 
dass  bei  ihnen  die  Flächenunterschiede  in  die  einzelnen  Steine 
fallen;  man  müsste  sich  vorstellen,  dass  jeder  einzelne  Stein  mit 
der  Feile  auf  seiner  Oberfläche  bearbeitet  ist,  um  genau  die  dar- 
zustellenden Flächen  zu  wiederholen.  Je  kleiner  die  wieder- 
zugebenden Flächen  sind,  umsoweniger  ist  es  möglich,  sie  aus 
Steinen  herzustellen,  die  nur  eine  ebene  Fläche  an  der  Oberseite 
zeigen.  Und  deshalb  habe  ich  alle  die  „Mosaikreliefs*^,  die 
diese  Eigenthümlichkeit  zeigten,  dass  die  Steinoberfläche  nicht 
eine  glatte  Fläche,  sondern  eine  gebogene,  nur  durch  Abfeilen 
und  durch  Abschleifen  eines  jeden  einzelnen  Steines  erreichbare 
aufwiesen,  für  nicht  antik  erklärt,  und  an  dieser  Ansicht  muss 
ich  nach  wie  vor  festhalten. 

Auch  nachdem  ich  den  Aufsatz  1874  geschrieben,  habe  ich 
immer  zu  ergründen  gesucht,  in  welcher  Weise  diese  Mosaik• 
reliefs,  zB.  die  beiden  dem  Museo  Santangelo  angehörenden 
(Rhein.  Mus.  1874  S.  573,  D  und  574,  G)  und  die  anderen,  die 
als  Wiederholungen  antiker  Marmorreliefe  zu  bezeichnen  sind, 
entstanden  sein  können,  dh.  welchen  Weg  der  Verfertiger  zu 
ihrer  Herstellung  einschlagen  musste.  Es  lag  auf  der  Hand, 
daee  die  Arbeit  eine  äusserst    mühselige    und    kostspielige    sein 


4β8  EngelmAntt 

moeete,  da  jeder  einzelne  Stein,  abgesehen  von  detieb,  welcbe 
zur  ZuHammeneetzung  der  Grundfläche  verwendet  waren,  mit  der 
Feile  bearbeitet  sein  musete,  um  genau  die  darzuetelleode  ge- 
krümmte Fläche  wiederzugeben;  es  war  ferner  nur  möglich,  dase 
man  die  Steine  auf  der  Hoblform  der  antiken  Reliefe  aDordoete, 
und  dadurch  war  die  Arbeit  eine  sehr  erschwerte,  da  mao  das 
Bindemittel  des  Stucks  erst  anwenden  konnte,  wenn  die  ganze 
Figur  sammt  dem  Grunde  in  Mosaiksiiften  zusammengesetzt  war, 
kurz,  es  ergaben  sich  viele  Schwierigkeiten,  die  es  als  gn^nz 
natürlich  erscheinen  lassen,  wenn  die  Herstellungskosten  wegen 
der  dazu  noth wendigen  unendlichen  Arbeit  bedeutend  waren,  so 
bedeutend,  dass  der  Preis  jedes  Stuckes  unbedingt  sehr  hoch 
sein  musste.  Dadurch  fiel  natürlich  der  Heiz  zur  Fälschung 
fort,  denn  das  Fälschen  wird  im  allgemeinen  doch  nur  deshalb 
betrieben,  um  einen  Gewinn  einzuheimsen ;  wenn  ein  Stück  aber 
soviel  Arbeit  erforderte,  dass  man  gezwungen  ist,  einen  ziemlich 
hohen  Preis  dafür  zu  verlangen,  dann  fällt  der  Reiz  zu  einer 
solchen  kostspieligen  und  riskanten  Fälschung  fort,  lieber  diese 
Zweifel  bin  ich  lange  nicht  hinausgekommen,  bis  endlich  ein 
Zufall  mir  die  Augen  löste.  Es  war  im  Februar  1901,  als  mir 
an  den  beiden  Mosaiken  des  Museo  Santangelo  in  Neapel,  den 
oben  erwähnten  1)  und  G,  gewisse  Farbenveränderungen  auf- 
fielen; ich  rief  den  Prof.  Savignoni  herbei,  und  in  seiner  Gegen- 
wart und  mit  seiner  Hülfe  gelang  es  leicht,  festzustellen,  dass 
die  beiden  Stücke  nichts  sind  als  —  einfache  Gipsabgüsse 
der  vatikanischen  Kandelaber  fi  guren,  deren  Oberfläche 
farbig  behandelt  und  durch  ein  Netz  von  weissen  Linien  so  ge- 
staltet ist,  dass  man  darauf  schwören  möchte,  ein  Mosaik  vor 
sich  zu  haben.  Die  Fälschung  ist  ohne  Zweifel  mit  grossem  Ge- 
schick gemacht,  sonst  würde  die  Täuschung  nicht  für  so  lange 
Zeit  vorgehalten  haben.  Nur  dem  Umstände,  dass  in  der  da- 
maligen Aufstellung  die  beiden  Gegenstände  so  niedrig  auf- 
gehängt waren,  dass  man  nahe  an  sie  herantreten  und  sie  aus 
der  grössten  Nähe  einer  genauen  Prüfung  unterziehen  konnte, 
ist  es  /u  verdanken,  dass  ich  die  bewusste  Täuschung  feststellen 
konnte.  Jetzt  begreift  es  sich  nun  auch,  dass  die  Fälschung  als 
lohnend  betrachtet  werden  konnte;  der  Gipsabguss  der  Kandelaber- 
reliefs war  billig,  und  die  Bemalung  konnte  gleichfalls  nicht 
theuer  zu  stehen  kommen,  während  man  für  die  dadurch  her- 
gestellten Sonderbarkeiten  hohe  Preise  sich  zahlen  lassen  konnte. 
—  Dadurch    erklären    sich    auch  die   kleinen    Verschiedenheiten, 


Das  Mosaikrelief  469 

die  bei  der  Herstellung  der  einzelnen  Copien  leicht  möglich 
waren,  vgl.  Rhein.  Mus.  1874  S.  572  fF.;  einmal  hat  der  Maler, 
80  kann  man  ja  jetzt  den  Verfertiger  der  sog.  Mosaikreliefe 
nennen,  eine  Einzelheit  des  Hesperidenreliefs  auf  das  Spesrelief 
übertragen,  indem  er  (bei  F,  Bruchstück  in  Lyon,  Rhein.  Mus. 
S.  574)  der  Figur  der  Spes  statt  einer  Granate  oder  Blume 
einen  Zweig  mit  drei  Früchten  von  der  Hesperide  des  Hercules- 
reliefs  in  die  Hand  gegeben  hat.  Diese  Vertauschung  ist  mir 
schon  1874  aufgefallen,  aber  auf  diese  jetzt  so  einfache  Lösung, 
dass  der  Maler  nach  Willkür  die  in  seinem  Atelier  vorhandenen 
Motive  auf  die  einzelnen  Gegenstände  vertheilt  hat,  konnte  ich 
damals  allerdings  nicht  kommen.  Dass  A,  B,  C,  D,  E,  F  alle 
in  derselben  Weise  entstanden  sind,  das  heisst,  dass  es  nicht 
wirkliche,  aus  Steinen  zusammengesetzte  Mosaiken,  sondern  ein- 
fach bemalte  Gipsabgüsse  sind,  wage  ich  einfach  zu  behaupten, 
trotzdem  ich  nur  von  D  und  G  mich  überzeugt  habe.  Anders 
liegt  es  bei  J,  dem  Relief  der  drei  Hören,  früher  im  Belvedere 
zu  Wien  befindlich.  Ich  konnte  S.  579  nachweisen,  dass  dies 
noch  von  Welcker,  Zeitschr.  f.  a.  K.  I  S.  292,  5  für  antik  ge- 
haltene, von  Sacken  und  Kenner,  Münz-  und  Antikencabinet  S.  53 
u.  100  allerdings  schon  als  modern  bezeichnete  Stück  in  Wirk- 
lichkeit ein  Werk  des  Pompeo  Savini  aus  Urbino  war,  das  er 
für  den  Cardinal  Albani  angefertigt  hat;  der  Cardinal  machte 
das  Mosaikrelief  dann  dem  Kaiser  Joseph  IL  bei  seinem  Aufent- 
halt in  Rom  zum  Geschenk.  Dass  meine  Behauptung  richtig 
sei,  hat  die  auf  dem  Rücken  des  Mosaiks  angebrachte  Inschrift 
Pompeo  Savini  fece  Roma  noch  über  allen  Zweifel  hinaus 
bestätigt. 

Auch  bei  E,  einem  ehemals  im  Cab.  des  Antiques  zu  Paris 
vorhandenen  ovalen  Medaillon  mit  einem  weiblichen  Kopf  e.  pr., 
nehme  ich  an,  dass  wir  es  mit  einem  bemalten  Gipsabguss  zu 
thun  haben.  Leider  ist  das  Stück,  das  ich  1877  flüchtig  gesehen 
habe,  wieder  verschwunden,  so  dass  eine  Nachprüfung  nicht 
möglich  ist,  aber  die  stumpfen  Farben,  deren  ich  mich  noch  ent- 
sinne, lassen  keinen  Zweifel  für  mich  daran  bestehen,  dass  es 
denselben  Ursprung  hat,  wie  die  andern  oben  erwähnten  Stücke. 
L,  ein  Satyr  (S.  576),  war  schon  früher  nicht  auffindbar,  es 
heisst  darüber  bei  Paciaudi  lettres  au  comte  de  Caylus,  Paris  1802, 
S.  66:  Le  cardinal  Albani  a  achete  une  mosa'ique  en  relief  re- 
prisentant  un  Faune.  Und  dazu  S.  81 :  le  morceau  que  notre 
brocanteur,  le  cardinal  Albani,  a  acheto,  est  moderne,    et  il  jure 


470  Engelmann 

comme  un  Türe  parce  qu'  il*  l'a  paye  bien  eher.  Aach  bie  zum 
heutigen  Tnge  habe  ich  keine  Spur  von  dieeem  Relief  auffinden 
können,  wenn  nicht  etwa  eine  Spur,  die  ich  in  der  yaticaniecben 
Bibliothek  (Cod.  Cappon.  281,1  Nr.  43  [fogl.  77])  anfgefnnden 
habe,  uns  auf  den  richtigen  Weg  führt.  Dort  werden  die  Mosaiken 
aufgezählt,  die  in  der  Gasa  Maiteimi  alle  Colonne,  Ottobre  1738, 
sich  finden;  da  an  den  Rand  zu  jedem  Gegenetand  die  Preiee 
zugesetzt  sind,  darf  man  wohl  annehmen,  daae  dieae  Liate  zum 
Zweck  einer  Versteigerung  entworfen  war.  Dort  beiest  et 
am  Schlues:  Α  Uro  (rc.  moeaico)  sotto  il  detto  in  comice  tonda, 
che  rappreeenta  mezza  figura  di  un  giovine  con  tazza  in  mano 
tutto  di  rilievo  coea  particolare.  Das  Stück  int  auf  30  (ecudi?) 
abgeechätzt.  Es  wäre  nicht  unmöglich,  dass  dieser  Giovioe  con 
tazza  in  mano  als  Satyr  aufzufassen  wäre,  vgl.  Heibig  Pomp. 
Wandgem.  424  u.  a.,  man  mtisste  dann  voraussetzen,  daes  bei 
dem  Verkauf  der  Massimisammlung  das  Mosaikrelief  in  andere 
Hände  übergegangen  und  nach  Verlauf  von  ungefähr  20  Jahren 
dem  Cardinal  Albani  als  wirklich  antik  angehängt  worden  sei 
Trifft  diese  Vermuthung  nicht  das  Richtige,  würden  wir  aus  der 
Notiz  über  die  Massimi-Sammlung  ein  neues  bis  jetzt  unbekanntes 
Mosaikrelief  gewinnen,  von  dem  das  Gleiche  gelten  müsste,  wie 
von  dem  anderen,  d.  h.  dass  es  als  Fälschung  zu  betrachten  ist. 
Unter  Ν  (S.  577)  wird  ein  von  Paciaudi  erwähntes  Relief  an- 
geführt: nous  ne  connaissons  pas  beaucoup  les  mosaiqnes  k  relief. 
j'en  ai  vu  quelques  morceaux  qui  representaient  dee  jeux  da 
cirque,  mais  il  ne  remontent  qu'  aux  si^cles  du  bas  empire  et 
pr^cisoment  au  temps  de  Valentinien.  Vielleicht  ist  dae  daeeelbe 
Stück,  das  sich  in  der  Sammlung  Massimi  befand:  Altro  che  segue 
incorniciato  come  sopra  ma  piu  grande  del  sudetto,  che  rappre- 
senta  sette  figure  e  due  sopra,  e  altri  due  sotto,  che  combattono 
colli  suoi  maestri  nel  gennasio,  e  vi  si  vedono  li  loro  nomi  (auf 
320  Scudi?  abgeschätzt).  Die  Zahl  der  Figuren  und  die  sonstige  Be- 
schreibung macht  es  wahrscheinlich,  dass  damit  dasselbe  Mosaik  ge- 
meint ist,  das  in  einem  Codex  der  früheren  Biblioteca  Barberini,  jetzt 
imVatican,  abgebildet  ist,  Cod.  lat.  Barb.  4423  S.  27:  Gladiatoren- 
kampf, ohne  dass  man  Gladiatorentracht  wahrnimmt.  Zwei  Soenen, 
unten  der  Beginn  des  Kampfes  zwischen  Matemus  und  Habills, 
aus  der  Schule  des  Symmachus,  oben  die  Niederlage  und  der  Tod 
des  Maternus  und  der  Sieg  des  Habilis.  Dazu  kommt  noch  ein 
zweites,  auf  S.  28,  mit  dem  Kampfe  zwischen  einem  Seoutor 
Astyanax  und  dem  Retiarier  KalendiO;  auch  in  zwei  Scenen,  mit 


Das  Mosaikrelief  471 

der  Inechrift:  questi  ilue  furono  trovati  nel  clivo  del  inonte  Celio 
sotto  San  Gregorio  in  una  vigna  a  miiDo  einistra  per  andare  all* 
Antoniniano.  ISono  di  musnico  alquanto  groRSO,  e  rappresentano  li 
combattimenti  de'  Eetiari,  ai  quali  si  puo.  sono  de  tempi  bassi 
di  CoHtantino.  Dase  ee  eich  hier  um  wirkliche  Mosaiken,  nicht 
um  Reliefmosaiken  handelt,  darf  nicht  stören,  da  auch  sonst  die 
etwas  gröberen  Mosaike,  bei  denen  durch  die  Verschiebung  der 
Unterlage  die  Steine  nicht  mehr  die  ursprüngliche  glatte  Fläche 
bewahrt  haben,  als  Mosaikreliefs  bezeichnet  werden,  mit  denen 
sie  in  Wirklichkeit  nichts  zu  thun  haben,  vgl.  S.  577.  Aber  die 
Möglichkeit  bleibt  bestehen,  dass  Paciaudi  bei  seinen  Worten 
ein  anderes  Mosaik  im  Sinne  gehabt  hat;  war  es  nun  wirklich 
ein  Mosaikrelief,  dann  muss  es  eben  so  wie  die  oben  genannten 
falsch  gewesen  sein,  da  antike  Mosaikreliefs  nicht  existiren. 
Klewienen.  R.   Engelmann. 


MISCELLEN 


Caiiis  α  Gadibis  iid  Liviis  Pteiis 

(Eine  Erinnerung  aus  F.  Büoheler^s  leisten  Tagen) 

PriKcian  I  237  H.  citirt  für  die  apud  quosdam  veterum 
Bchwankende  Prosodie  von  ador  adöris  bez.  adöris  drei  Verse 
(darunter  emicai  in  nubes  nidoribus  ardor  adöris)  aua  dem  1.,  2. 
und  3.  Buche  eines  gewissen  Gannius  (Baehrens  Fragm.  Poet 
Rom.  p.  297),  den  Bücheler,  in  letzter  Zeit  mit  mancherlei  Proeo- 
pographica  beschäftigt  (o.  S.  1 90),  genauer  unterzubringen  hoffte  als 
bisher  gelungen  war.  Zu  den  verschiedenen  meist  recht  vagen 
Vermuthungen,  die  er  zur  Stelle  selbst  notirt,  hatte  Hertz  II  381 
noch  die  weitere  Bemerkung  hinzugefügt :  'num  huc  pertinet 
Cannius,  a  Gadibus  Herculis,  poeta  facundiae  lenis  et  iueandiae 
[sie],  Livii  *Poeni*  historiographi  aequalis  apud  Hieran,  ep.  49 
(Canius  cjd.  Lugd.  Bat.  Voss.  F  7)?'  Von  diesem  Cannius  ist 
nun  aber  auch  weiter  nichts  bekannt  und  selbst  in  'Hieronymas 
ep.  49'  nicht  die  Spur  zu  finden,  und  Bticheler,  der  natürlich 
auch  diesen  unsicheren  Poeten  zu  fassen  suchte,  klagte  wieder- 
holt, wie  er  den  ganzen  Hieronymus  nach  diesem  Cannius  a  Ga- 
dibus Herculis  durchstöbert,  alle  Combinationen  ausprobirt,  auch 
die  Hieronymuskenner  befragt,  und  war  recht  ärgerlich  darüber 
dass  man  so  durch  ein  falsches  Citat  um  seine  Zeit  gebracht 
werde,  das  dann  wieder  einer  dem  andern  uncontrolirt  nach- 
schreibe. Als  ich  wenige  Tage  vor  seinem  Tode  bei  ihm  war, 
schlugen  wir  noch  in  seiner  Bibliothek  alles  Erdenkliche  nach, 
ohne  Erfolg.  Aber  wie  bei  Hertz,  so  liest  man  auch  bei  Teuffel 
G.  R.  L.  II  δ  795,  2:  'Hieron.  ep.  49  nennt  einen  Canius  a  Ga- 
dibus Herculis,  poeta  facundiae  lenis  et  iucundae  als  Zeitgenossen 
des  Livius?  (vgl.  I^  33)',  und  ebenso  bei  Schanz  II  2'  149: 
'Nichts  Sicheres  lässt  eich  über  den  Canius  sagen,  den  Hieronym. 
epidt.  49  nennt:  Canius  a  Gadibus  Herculis,  poeta  facundiae  lenis 
et  iucundae\  nur  dass  hier  zuerst  der  Poenus,  dann  der  ganze 
Livius  verschwunden  ist.  Ich  kam  schliesslich  auf  den  G-e- 
danken,  ob  man  nicht  den  Versuch  machen  sollte  mit  Hülfe 
des  von  Hertz  genannten  Codex  Leidensis  das  richtige  Citat 
festzustellen;  als  ich  Tags  darauf  Bücheier  auf  einem  Spaziergang 
das    letztemal   sah,  griff  er  das  lebhaft  auf,  ist  aber  nicht  mehr 


Miscellen  473 

dazu  gekommen,  nach  Leiden  za  schreiben.  £ine  Anfrage  bei 
S.  G.  de  Vries  brachte  mir  dann  seihet  die  gesuchte  Auf- 
klärung. Der  Codex  Leid.  Voss.  Lat.  Fol.  7  saec.  XIV  enthält  fol.  65 
in  der  That  die  von  Hertz  mitgetheilte  Stelle,  und  zwar  findet 
sie  sich  in  der  EptstoUi  Väiern  ad  üufinum  ne  ducat  uxorem^  die 
in  vielen  Handschriften  begegnet,  aber  auch  wirklich  im  Anhang 
der  Werke  des  Hieronymus  öfters  abgedruckt  ist ,  opp.  XI  2 
p.  329  Vall.,  XI  p.  254  Migne  (hier  aber  als  epist.  36  statt  49); 
die  Epistel  (schon  von  Fabricius  Bibl.  Lat.  1,  301  Em.  zu  Li- 
vius  notirt)  ist  sogar  ziemlich  bekannt,  einmal  durch  die  Be- 
ziehungen zu  Walter  Map  (Mapes)  de  nugis  curialibus,  worüber 
Hertz  in  der  grossen  Ausgabe  des  Gellius  II  p.  XXX  mehreres 
angibt  (wo  er  auch  p.  LXIII  den  Leidensis  beschreibt),  und 
dann  durch  einige  entfernte  Nachklänge  an  die  Auszüge  aus 
Seneca's  Schrift  de  matrimonio  bei  dem  echten  Hieronymus  (so 
heisst's  hier  am  Schluss:  lege  aureolum  Theophrasti,  was  der 
Verfasser  sicher  selbst  nicht  mehr  gehabt,  sondern  augenschein- 
lich citirt  ist  nach  Hieronymus  bez.  Seneca  ΠΙ  p.  428  Haase:  fertur 
aureolus  Theophrasti  liber  de  nuptiiSy  in  quo  quaerit  an  vir 
sapiens  ducat  uxorem^   vgl.  F.  Bock    Leipz.  Stud.  19,  16  ^). 

lieber  diesen  wahrscheinlich  überhaupt  erst  um  1200  ent- 
standenen Brief  des  Valerius  ad  Rufinum  und  die  Herkunft 
seiner  verschiedenen  Angaben  weiss  ich  zwar  dem,  was  L.  Müller 
Jahrb.  f.  Phil.  95,  790  und  Hertz  a.  0.  beigebracht  haben,  nichts 
Wesentliches  hinzuzufügen.  Die  Erzählungen  sind  wohl  grössten- 
theils  freie  Erfindungen  mit  vereinzelten  Reminiszenzen,  die  Namen 
hier  und  dort  aufgelesen,  z.  B.  cap.  18  Pacuvitis  flens  ait  Arrio 
tricino  suo  sqq.  wahrscheinlich  nach  dem  Pacuvii  et  Accii  conloquio 
bei  Gellius  13,  2,  cap.  21  u.  22  nach  Gellius  1,  6  u.  8.  Was 
speziell  cap.  17  von  Cannius  gesagt  wird,  beruht  wohl  kaum 
noch  auf  irgend  einer  alten  üeberlieferung,  ich  will  es  aber  auf 
alle  Fälle  einmal  wieder  hersetzen  (mit  Berücksichtigung  der 
wichtigeren  Lesarten  des  Leidensis,  die  ich  de  Vries  verdanke): 
Camus ^  α  Gadibus  [Herculis]^^  poeta  facundiae  Unis  et  iocundae^ 
reprehensus  est  α  Livio  Foeno,  gravi  et  uxorato  hisforiographo^, 
quod  multarum^  gauderet  amoribus,  his  verbis:  nostram  philosophiam 
participare  non  poferiSj  dum  α  tot  participaris.  non  enim  eo 
iecore  lunonem  amat  Tityus^^  quod  muUi  valtures  in  multa  divel- 
lunt.  cui  Canius:  si  quarido  Inbor^  resurgo  cautius  ^ ;  si  paulum 
opprimor^  alacrius  resumo  aerem;  vices  nocfium  dies  reddunt 
laetiores^  sed  tenebrarum  perpetuitas  instar  inferni  est.  sie  lilia 
primaeva  verni  solis  delicata  teporibus'^  varietate  tum  euri  tum 
nothi^  tum  zephyri  laetifia  effusiorc  lasciviunty  quibus  uno  spi- 
ritu  fulminans  libs   incumbens^  occabum  facit;  sic^^  Mars  ruptis 


1  sie  L,  Cannius  ed.  *  HerctUis  om.  L  '  historico  L 

*  rerum  add.  L  ^  Tyrus  ed.  amaticius  L  ®  cautior  L  "^  iem- 
poribus  L  8  varietatuni  nothi  (om.  tum  euri)  L  ^  ftdmineus  libis 
(ora.  ine)  L        ^^  hinc  L 


474  Miscellen 

testicuUs  in  mensa  coelesti  recumbU  convira  supernm,  α  qua  uxorius 
Nulcibcr  suo  fuve  longo  religafur;  sie  Icvius  liganl  mulfa  fila  quam 
sola  catena;  sie ^^  mihi  α  philosophia  delieiae^  tibi  sofatium^^.  Je- 
doch für  den  Canias  Reiber  und  seinen  nicht  minder  mysteriöeen 
Genoeeen  Liviue  Poenus  glaube  ich  den  Ursprung  noch  eo  weit 
mit  Sicherheit  angeben  zu  können,  daee  sie  die  Litterarhistoriker 
nicht  länger  zu  behelligen  brauchen.  Da  mit  dem  historiographas 
doch  nqr  der  bekannte  Liviue  Patavinue  gemeint  eein  kann,  so 
wird  der  ^Poenus'  auf  irgend  einem  MiesveretändniRe  beruhen,  und 
dann  wird  der  Caniue  poeta,  ohne  darum  ein  wirklieher  Zeit- 
genosse des  Livius  zu  sein,  wohl  auch  nicht  weit  davon  za 
suchen  sein.  Von  allen  Leuten  des  Namens  Canius  oder  Cannio«. 
die  wir  kennen,  kann  als  Dichter  kaum  irgend  ein  anderer  in 
Betracht  kommen  als  Canius  Rufus,  der  Freund  Martiale  (vgl. 
3,  20  u.  ö.),  der  zugleich  aus  GadcR  stammte  und  wirklich  ein 
fideler  Geselle  war;  'Martial  rühmt  seine  unversiegbare  heitere 
Laune  und  sein  Erzählertalent'  (vgl.  3,  64  mirarer^  si  [Ulixes] 
fabulanlem  Canium  reliquissei),  also  so  ein  richtiger  poefa  facundiae 
lenis  et  iocupdae,  mit  dem  man  denn  auch  unsern  Canius  gewöhn- 
lich in  Verbindung  gebracht  hat.  Ebenderselbe  Canius  figurirt 
nun  aber  auch  bei  Martial  mit  Livius  α.  a.  zusammen  in  dem 
Catalog  litterarischer  Celebritäten  1,  61,  wo  es  heisst: 
Verona  docti  syllabas  amat  vatis^ 
Marone  felix  Mantua  est, 
censetur  Apona  L,ivio  suo  tellus  .  .  . 
dnosque  Senecas  unicumque  Lucanum 
facunda  loquUur  Corduba^ 
gaudent  iocosae  Canio  suo  Gades  .  .  . 
Dass  der  Verfasser  des  Briefes  sich  daraus  den  Canius  α  Gadibus 
[Herculis]  nebst  dem  Limo  Poeno  gravi  et  uxorato  historiographo 
herauRgesucht,  wäre  bei  einem  anderen  als  ihm  kaum  glaublich, 
aber  das  Zusammentreffen  im  Ausdruck  ist  jedenfalls  so  merk- 
würdig, dass  mir  die  Vermuthung  nicht  zu  gewagt  erscheint, 
jenes  reprehensus  est  α  Livio  Poeno  sei  nichts  anderes,  als  eine 
allerdings  Rehr  freie  und  dazu  missverständliche  Variation  der 
Worte  Martials  censetur  Apona  {=αροηα^  α  Poeno)  Livio,  Da- 
mit wäre  diese  seltsame  Angabe  wenigstens  erklärt,  und  dem- 
nach würde  sowohl  ein  älterer  Dichter  Canius,  ein  vermeintlicher 
Zeitgenosse  des  Livius,  als  auch  der  Punische  Doppelgänger  des 
Livius  selbst  wieder  beseitigt  und  beide  aus  der  Litteratur- 
geschichte  zu  streichen  sein.  Hätte  Büchcler  statt  des  falschen 
Citats  die  richtige  Stelle  zur  Hand  gehabt,  so  würde  er  natürlich 
mit  diesem  Cannius-Gannius  nicht  viel  Federlesens  gemacht  und 
ihn  wahrscheinlich  mit  einer  seiner  prägnanten  Wendungen  neben- 
her abgethan  haben.  Aber  wenn  er  mit  seinem  unvergleichlichen 
Spürsinn  auf  seinen  Streifztigen  immer  wieder  die  kostbarsten 
Funde  gemacht,  so  war  es  doch,  weil  sein  Scharfblick  auch  das 


1^  suntque  L  >'  solatia  L 


Miscellen  475 

scheinbar  Kleinste  niemals  übersah  und  seine  Gewissenhaftigkeit 
alles  genau  auf  seinen  wahren  Gehalt  prüfte,  ob  es  sich  nun  als 
werthvoll  erwies  oder  nicht;  und  darum  schien  es  mir  gerecht- 
fertigt, die  Erinnerung  an  dieses  kleine  Parergon  seiner  letzten 
Tage  an  dieser  Stelle  festzuhalten,  wo  er  so  oft  von  seinen  Ent- 
deckungen das  Beste,  fertig  geschliffen  mitgetheilt,  ohne  gerade 
von  den  Wegen  und  Umwegen  die  er  dabei  gemacht  viel  zu  reden. 
Bonn  3.  6.  1908.  A.  Elter. 


Der  Titel  von  Statins'  Silvae 

Der  Büchertitel  „silvae**  scheint  in  der  römischen  Literatur 
nicht  selten  gewesen  zu  sein.  Wenn  wir  auch  nur  eine  Gedicht- 
sammlung des  Statins,  die  ihn  trägt,  erhalten  haben,  so  wissen  wir 
doch,  dass  auch  ein  Werk  von  Lucan  ^  so  genannt  war.  Und 
Gellius^  bringt  da,  wo  er  die  Wahl  seiner  Benennung  noctes 
Atticae  rechtfertigt,  unter  einer  Reihe  anderer  Titel  auch  den 
unsern.  Vollmer•**  nun  erklärt  in  seinem  Commentar  des  Statins 
„silvae**  (bei  Späteren  auch  zarter  *silvulae')  als  eine  im, Plural 
angewandte  Uebersetzung  des  griechischen  ΰλη  d.  i.  Materie; 
diese  Erklärung  aber  scheitert  schon  daran,  dass  υλη,  silva,  in 
dieser  Bedeutung  niemals  im  Plural  vorkommt  und  auch  keinen 
Sinn  geben  würde.  Auch  spricht  die  von  ihm  herangezogene 
Stelle  des  Quintilian  eher  gegen  ihn.  Quintilian^  bemerkt 
tadelnd,  dass  gewisse  Schriftsteller  ihre  schnell  hingeworfenen 
Gedankenconcepte  'silva  nennten,  die  sie  dann  auch  durch  nach- 
trägliche Formung  nicht  besser  machten.  Mit  solchen  ungeformten 
Entwürfen  wird  wohl  Statins  seine  rhetorisch  ausgefeilten  Ge- 
dichte nicht  haben  vergleichen  wollen. 

Ribbeck ^  anderseits  geht  von  der  eigentlichen  Bedeutung 
des  Wortes  silvae  aus  und  meint,  dass  „Statins  nach  einem 
Modeworte  seiner  Zeit  zunächst  im  Gegensatz  zu  dem  wohlge- 
pflegten Garten  das  Naturwüchsige,  gleichsam  wild  Aufgeschossene, 
Improvisirte"  habe  bezeichnen  wollen.  Doch  auch  mit  dieser 
Erklärung  wird  das  Wesen  der  Gedichte  nicht  getroffen,  und 
ebenso  wenig  kann  sie  vor  dem  damaligen  römischen  Sprach- 
gebrauch Stand  halten. 

Silvae  ist  damals  nämlich  ganz  im  Gegentheil  in  die  tech- 
nische Gartensprache    übergegangen    und    bezeichnet   genau    das 


*  vita  Vaccae  bei  Hosius  p.  336,  18  Silvarum  X. 

2  Gellius  N.  A.  praef.  1  4. 

3  Statu  Silvarum  Libri  herausgegeben  und  erklärt  Leipzig  1898 
p.  24  und     p.  33.  2  und  7.  • 

*  Quint.  X  3,  17  Diversum  est  huic  eorum  vitium  qui  primo 
dceurrere  per  materiara  stilo  quam  velocissimo  volunt  et  sequentes 
calorem  atque  impetnm  extempore  scribunt,  hanc  silvam  vocant,  repe- 
tunt  deinde  et  componunt  quae  effuderant:  sed  verba  emendantur  et 
numeri,  manet  in  rebus  temere  congestie  quae  fuit  levitas. 

*  Geschichte  der  römischen  Dichtung  III  p.  249    Stuttgi^rt  1892. 


476  Miscellen 

Gleiche,  was  in  der  Renaissance  wahrscheinlich  in  unmittelbarer 
Uebersetzung  im  Italienischen  boschotto,  und  im  franzöeiecben 
Garten-Boequet  heisst;  d.h.  ein  Theil  einer  Parkanlage,  in  dem 
man  meist  gleichartige  Waldbäume  zu  einer  Maflse  zusammen- 
pflanzte,  die  dann  beschnitten  und  oft  mit  geschornen  Hecken 
eingefasst  von  regelmässigen  Spazierwegen  umgeben  waren. 
Darum  wird  bei  lateinischen  Schriftstellern  auch  silvae  et  ambu• 
lationes  sehr  häufig  zusammen  gebraucht.  So  verlangt  Vitruv, 
dass  die  Vornehmen  bei  ihren  Stadthäupern  neben  grossen  Atrien 
und  Peristylen  auch  silvae  ambulationesque  laxiores  ^  haben 
sollten.  Auch  im  Xystos  der  griechischen  Palaestra  verlangt  er 
silvae  und  ambulationes^.  Ebenso  schildert  Sueton  den  Tumulue 
des  Augustus  mit  seinen  ,,circumiectas  silvae  et  ambulationes  in 
usum  populi"^. 

In  allen  diesen  Beispielen,  die  sich  natürlich  weit  ver- 
mehren Hessen,  kann  silvae  nur  solch  eine  geschilderte  Park- 
anlage bedeuten.  Die  einzelnen  silvae  werden  dann  bei  eingehen- 
der Schilderung  wohl  auch  platanones,  daphnones  myrteta**  etc. 
genannt.  Sie  bildeten  eben  wie  später  im  französischen  Garten 
die  grünen  Massen  im  Gegensatz  zum  Parterre,  dem  römischen 
Xystos  dicht  am  Hause. 

Von  diesen  Bosquets,  den  Lustwäldchen  zwischen  denen 
man  auf  schön  gepflegten  Wegen  lustwandelte,  wird  man  auch 
den  römischen  Büchertitel  hergeleitet  haben.  Mau  liebte  es  ja 
damals,  die  Sammeltitel  von  Gartenanlagen  und  was  damit  zu- 
sammenhängt, zu  nehmen.  Gellius  selbst  führt  in  seiner  Liste 
eine  ganze  Reihe  davon  an  „nam  alii  Masarum,  inscripserunt, 
alii  silvarum  ...  hie  'Αμάλθειας  κέρας  ^  alius  κηρία,  partim 
λειμώνας  ....  alius  ανθηρών.  ...  et  praeterea  qui  pratum•: 
est  itidem  qui  πάγκαρπον  .  .  .  scripserit".  Aus  dieser  Herleitung 
des  Wortes  verstehen  wir  am  besten  die  Wahl  von  Statins* 
Titel.  Der  Leser  soll  im  Schatten  der  wohlgepflegten  Bosquete 
auf  bequemen  Wegen  sich  an  den  anmutigen  Gaben  des  Dichtere 
erfreuen. 

Heidelberg.  Marie  Gothein. 


Die  Qüinqiiennalfeierii  des  Licinias 

Im  letzten  Hefte  dieser  Zeitschrift  (S.  273)  besprach  ich 
ein  Gesetz  Constantins,  das  dem  Beginn  einer  Christenverfolgung 
in    seinem    Keichstheil     entgegentrat.      Man    hatte    selbst    gegen 


ί  Vitruv  VI  δ,  2. 

2  Vitruv  V  11,  4. 

3  Sueton,  Ootavius  100. 

*  Martial  ΧΠ  50  HI  58  X  78,  Petrou  ua. 

^  So  nannte  man  häufig  eine  Art  von  Nymphaeum  im  helleni- 
etiechen  und  römischen  Garten. 

^  Teufiel,  Gesch.  der  röm.  Literatur  §  189, 2.  347,  3  über  prata 
als  Titel  bei  Sueton. 


Miscelkri  47t 

Geistliclie  Zwang  geübt,  damit  sie  eich  an  den  Opfern  betheiligten, 
mit  welchen  die  Quinquennalfeier  irgend  eines  Kaisers  bega'ngeli 
wurde  {ad  lustrorum  sacrificia  celcbranda).  Da  die  Verfügung  mit 
dem  Consulat  von  323  bezeichnet  war,  während  dessen  Licinius 
das  fünfzehnte  Jahr  seiner  Eegierung  vollendete,  glaubte  ich  sie 
auf  die  Quindecennalien  dieses  Herrschers  beziehen  zu  müssen; 
doch  passte  hierzu  das  Tagdatum  nicht.  Denn  er  hatte  am 
11.  November  308  den  Purpur  empfangen,  und  das  Gesetz  (Cod. 
Theod.  XVI  2,5)  trug  die  Unterschrift:  dat.  VIII  Kai  lun. 
Sirmi,  Severo  et  Rufino  conss.  Ich  schlug  daher  vor  lan,  für 
lun.  zu  schreiben,  womit  diese  Schwierigkeit  beseitigt  war. 

Dagegen  ist  mir  von  befreundeter  Seite  eingewendet  worden, 
dass  die  Quindecennalien  nicht  nur  am  Ende,  sondern  auch  am 
Anfang  des  fünfzehnten  Regierungsjahres  gefeiert  werden  konnten, 
ja  dass  dieser  Brauch  sogar  der  häufigere  war.  Seien  sie  aber 
schon  am  11.  Nov.  322  begangen  worden,  so  sei  eine  Aenderung 
des  überlieferten  Datums  nicht  nöthig.  Diesem  Einwurf  hätte  ich 
vorbeugen  sollen;  aber  da  dies  nicht  geschehen  ist  und  die  Fünf- 
jahrsfeiern der  Herrscher  für  viele  chronologische  Fragen  von 
Wichtigkeit  sind,  sei  es  mir  gestattet,  hier  das  Versäumte  nach- 
zuholen. 

Diocletian  war  284  auf  den  Thron  erhoben  und  feierte  seine 
Vicennalien  303^;  sein  Mitregent  Maximian  hatte  285  den  Cäsaren- 
purpur empfangen  und  beging  das  entsprechende  Fest  305^; 
Galerius,  der  293  Cäsar  geworden  war,  wollte  es  312  begehen, 
wurde  aber  durch  den  Tod  daran  verhindert  ^  Also  von  drei 
gleichzeitig  regierenden  Kaisern  feiern  zwei  das  gleiche  Jubiläum 
nach  19  Jahren,  einer  nach  20  Jahren.  Entsprechendes  wiederholt 
sich  auch  später.  Constantius  Π.,  der  324  zum  Mitregenten  seines 
Vaters  ernannt  war,  beging  seine  Tricennalien  353*,  also  nach 
neunundzwanzigjähriger  Regierung,  während  sein  Cäsar  Julianus 
auf  die  Quinquennalien  volle  fünf  Jahre  (355—360)  warten  musste^ 
Mithin  ist  die  Bestimmung  des  Termine  willkürlich,  aber  nur  in 
bestimmten  Grenzen,  d.  h.  die  Quinquennalien  kann  man  beliebig 
nach  vier  oder  nach  fünf  Jahren  feiern,  aber  bei  den  folgenden  Festen 
muRs  der  fünfjährige  Zeitraum  voll  eingehalten  werden.  Am  deut- 
lichsten tritt  dies  bei  Constantin  hervor,  weil  seine  Jubiläen  voll- 
ständiger überliefert  sind,  als  bei  irgend  einem  andern  Kaiser. 
Er  hatte  306  den  Purpur  genommen,  beging  die  Quinquennalien  310 ^ 
die  Decennalien  315,  die  Vicennalien  325,  die  Tricennalien  335*^. 
Doch  auch  bei   den    andern  Herrschern    ergiebt  sich  die   gleiche 


1  Lact,  de  mort.  pars.  17,1.2. 

2  Zeitschrift  für  Numismatik  XII  S.  125. 

3  Lact,  de  mort.  pars.  35,4;  vgl.  31,  2. 
*  Amm.  XIV  5,1. 

δ  Amm.  XXI  1,4. 

'  Eumen.  paneg.  VII  2. 

6  Zeitschr.  für  Rechtsgeschichte,  Rom.  Abt.  X  S.  214.  232.  245. 


4T8 

Regel  »elio•  a••  4ea  f^b^n  «ageflhrte•  Zdde«.  Deaa  kitte  sab 
nf^ht  D«r  den  erstes  Zwi«cke«rmxK.  «oeder«  aaeh  die  späteren 
naeh  Beliebe«  τφβ  Inf  amf  rier  Jakre  TerkineB  köBBes•  ao 
warden  die  Vieesiialiea  eiekt  fnlkeftes»  saek  aenoeka  Jakren, 
die  Trieeanaliea  aaek  aeaaaadzvaazig  gefeiert  verdea,  aondem 
jene  kitten  »eboa  tob  nekzekntea  Jakre  aa,  diese  Tom  foiif- 
ondzwanzigstea  aa  «tattfiaden  koaaea.  Die  QaiadeeeBaalien  des 
Lieinioa  bestiaiaitea  siek  aico  aaek  teiaen  QaiaqoenDaliea ;  je 
aaekdem  er  diese  312  oder  313  gefeiert  katte,  ainasten  sie  322 
oder  323  fallen. 

Im  Jakre  312  kiaipfte  ConstaatiB  gegea  Maxentins,  and 
Lidnios  konnte  jeden  Angeablirk  erwarten,  τοη  Μ axinünna  Daja 
angegriffen  zn  werden.  In  eoleker  Zeit  kostspielige  Feste  zu 
feiern  ond  fnr  Gesebenke  an  die  Soldaten  angekeare  Saaimen 
zn  verwenden,  die  man  rielleieht  bald  fnr  einen  tebweren  Krieg 
nor  ZD  nöthig  gebranebt  bitte,  war  nicht  die  Art  des  sparsamen, 
ja  fast  knaoserigen  Licinios.  Und  dass  er,  wie  die  Sitte  es  zwar 
nicht  forderte,  aber  doch  erlaabte,  seine  Qoinqaennalien  anf  das 
Jahr  313  verschob,  beweisen  ancb  seine  Münzen.  Denn  von  den- 
jenigen, welche  dieses  Fest  verherrlichen  —  sie  zeigen  die  Inschrift 
VOTIH  F.  MVLTIS  X —,  tragen  einige  das  Abzeichen  der 
Prigstätte  von  Antiochia,  andere  von  Nico  media  ^.  Dass  Maximinas 
Daja.  der  noch  im  Anfange  des  Jahres  313  diese  Städte  beherrschte, 
keine  Festroünzen  für  seinen  erklärten  Feind  hat  schlagen  lassen, 
versteht  sich  von  selbst.  Sie  können  also  erst  geprägt  sein, 
nachdem  er  besiegt  und  sein  Reichstheil  von  Lieinins  in  Besitz 
genommen  war,  d.h.  nicht  vor  dem  Sommer  313.  Damit  aber  ist 
es  auch  entschieden,  dass  die  fraglichen  Quindecennalien  in  das 
Jahr  323  fielen. 

Doch  hierfür  besitzen  wir  auch  noch  ein  ansdrtickliches 
Zeugniss.  Eine  Inschrift  aus  Biroe  an  der  unteren  Donau  (CIL. 
III  6159)  feiert  einen  Gothensieg  Constantins,  der  erfochten  war 
tempore  felici  (er  quinquennaliorum.  Mommsen  hat  dies  auf  die 
Quindecennalien  Constantins  bezogen  und  danach  den  Stein  in 
das  Jahr  320  gesetzt.  Doch  in  diesem  Jahre  können  wir  den 
Kaiser  vom  30.  Januar  bis  zum  17.  December  fast  ununterbrochen 
in  Herdica  nachweisen  ^;  dass  er  damals  an  der  Donau  gekämpft 
habt*,  iNt  also  so  gut  wie  ausgeschlossen.  Dagegen  hat  er  im 
Jahre  :i23  nachweislich  einen  Gotbenkrieg  geführt^;  die  Quinde- 
cennalien, welche  nach  dem  Zeugniss  unserer  Inschrift  mit  demselben 
zuHamnieniielcn,  können  also  nur  die  des  Licinius  gewesen  sein, 
uinNoni(*hr,  als  die  Provinz  Soythia,  in  welcher  der  Stein  gefunden 
ist,  damals  zu  seinem   Heicbstheil  gehörte. 

Damit  ist  es  bewiesen,  dass  das  Gesetz,   von  dem  wir  aus- 

*  ('idion,  M^"laillps  imporialefi  VII*  S.  209.  J.  Maurice,  Niiinismatic 
Chronirlr  IV  S«r.  III  8.  238. 

'<»  ZeilHcilir.   f.  RiiohUgescbichte,  Rom.  Abt.  X  S.  224  ff. 
■  A.  ü.  S.  181*.  194. 


Miscellen  470 

fingen,  nicht  vor  dem  11.  November  323  gegeben  sein  kann. 
Doch  eelbet  wenn  wir  annehmen  könnten,  jene  Quindecennalien 
seien  schon  322  gefeiert  worden,  liesse  das  überlieferte  Datum 
des  25.  Mai  323  sich  nicht  aufrecht  erhalten.  Denn  dass  Con- 
stantin  den  Versuchen,  die  Christenverfolgung  des  Licinius  auch 
auf  seinen  Reichstheil  zu  übertragen,  erst  entgegengetreten  sei, 
nachdem  sie  schon  vor  mehr  als  einem  halben  Jahre  begonnen 
hatten,  ist  ausgeschlossen.  Schon  die  sechs  Wochen,  die  nach 
unserer  Emendation  zwischen  den  Quindecennalien  und  dem  Erlass 
des  Gesetzes  liegen,  würden  ein  zu  langer  Zeitraum  sein,  wenn 
man  nicht  annehmen  dürfte,  dass  der  Kaiser  in  Folge  seines 
Kampfes  gegen  die  Gothen  damals  schwer  erreichbar  war  und 
die  Nachricht  von  jener  Christenverfolgung  daher  sehr  verspätet 
an  ihn  gelangte.  Denn  dass  er  gleich,  nachdem  er  sie  erhalten 
hatte,  jenes  Gesetz  ausfertigte,  ergiebt  sich  aus  den  Anfangs- 
worten desselben:  *Uns  ist  zu  Ohren  gekommen  (conperimus), 
dass  man  Christen  zum  Opfer  zwingt  {conpelli  im  Präsens).*  So 
schreibt  man  nicht,  wenn  die  betreffende  Thatsache  sechs  Monate 
zurückliegt. 

Münster  i.  W.  Otto  Seeck. 


Zur  lat.  Seemannssprache 

Hyginus  fab.  14  p.  49, 11  Schm.  von  der  Argo:  re,vit  navem 
Ancaetis  als  Steuermann,  proreta  navigavit  Lynceus  . .  .  tut ar cht 
autem  fuerunt  Zetes  et  Calais;  so  die  alten  Ausgaben  (noch  die 
Scheffer'sche)  mit  der  Handschrift,  die  neueren  nach  Turnebus' 
und  Munckeis  Vorschlag  toecharchiy  was  zB.  in  Georges'  Lexikon 
übergegangen  ist.  Ferner  die  Münchener  Hermeneumata  im  Capitel 
von  der  Schiffahrt  III  205,  36  Goetz:  naucUros  nauderos  \  gyhev' 
niiis  gubernaior  |  siiarchos  tuiarlus  \  colimhitis  naiator\  das  dritte 
Paar  lautet  in  der  zweiten  Hs.  sytharchos  tutarcus,  Ist  sifarchos 
richtig,  und  das  scheint  doch,  denn  was  Scheffer  für  Hygin 
empfahl  tycharch-  liegt  nicht  nahe  genug,  so  werden  in  dieser 
Reihe  wohl  zwei  Namen  von  Schiffsoffizieren  ohne  besondere 
Erklärung  zusammen  ijeordnet  oder  durch  Fehl  der  Ueber- 
lieferung  zusammen  geflossen  sein,  da  tutarcus  nicht  wohl  Inter- 
pretament  des  *  Proviantmeisters'  sein  konnte.  Endlich  altes 
Glossar  von  Monte  Cassino  V  p.  582,  14:  tutarchus  rector  navis. 

Also  im  Latein  überall  tutarchus , -cus,  und  doch  ist  zweifellos 
nichts  anderes  gemeint  als  Aufseher  der  Bordseite  des  Schiffes, 
τοίχου  δρχων  wie  iiukian  (vgl.  Soholion  p.  84,  9  fiabe),  τοίχαρχος 
wie  Artemidor  sagt  und  aus  diesem  Suidas  abschreibt  (so  schon 
Küster,  dann  Hercher  Artemid.  add.  p.  344):  Spxei  περινέου  μέν 
τοίχαρχος,  τοιχάρχου  bi  πρψρεύς,  πρψρειυς  bk  κυβερνήτης, 
κυβερνήτου  bi,  ναύκληρος.  Zweifellos  darf  man  das  nennen  aus 
sachlichem  Grunde,  weil  im  Wesentlichen  alle  Wörter  der  lat. 
Marine  griechisch  sind,  und  aus  lautlichem.     Denn    während   98 


480  Miecelled 

Rcbwer  fallen  dürfte  für  tutarchus  ein  beeonderee  Etymon  zu 
finden  das  auch  passt,  läRRt  eich  deeeen  Entstehnng  aus  το(χαρχος 
leicht  begreifen,  u  ist  der  regelmäeeige  Ersatz  für  Ol,  oe  wie  in 
Poinicum  Punicum,  moerus  mvrus  usw.,  and  bei  der  unbequemen 
Gatturalverbindung  oder  dem  Missklang  von  tuccareus  kann  die 
Verwandlung  in  tuiarcuSf  diese  Angleicbung  an  den  Anlaut  nie- 
mand Wunder  nehmen,  der  zB.  das  über  Petraiies  TetraiteSj  Mette- 
lavos  Memelavos  in  der  Glotta  I  p.  2  Gesagte  in  Erwägung 
zieht,  tut-  war  im  Italischen  eine  beliebte  Anlautegruppe  (tute 
tuior  tuticus),  tue-  mit  langem  u  fehlt  ganz. 

Während  bei  diesem  nautischen  Lehnwort  im  Latein  über- 
haupt keine  andre  als  die  entstellte  Form  nachweisbar  ist,  sind 
andre  solche  die  mit  δρχ€ΐν  zusammengesetzt,  der  Aueaprache 
lästig,  zu  lang  oder  schwer  waren,  wenigstens  im  Volkamund 
geändert  oder  gekürzt  worden.  Das  gilt  vor  allem  von  ^rieroirAi««, 
wo  das  doppelte  r  der  Mittelsilben  wie  Holper  im  Wege  einer 
flotten  Aussprache  hinderlich  ist.  Daher  ward  die  amtliche  nnd 
urbane  Form  zusammengezogen  in  triarchus  (CIL.  X  7291)  oder 
trierchus  (CIL.  VIII  7030),  und  diese  Entstellung  findet  eich 
später  vielmals,  in  einem  lat.  Papyrus  Aegyptens,  in  den  ΊΊγο- 
nischen  Noten,  in  den  Glossarien,  im  Mediceus  des  Tacitus.  Wohl 
nach  diesem  Muster  ward  auch  nauarchus  zu  nauchus  gekürzt: 
dafür  der  beste  Beleg  in  den  Hermeneuniata  von  Montpellier  III 
p.  298,  52  die  doppelte  Glossierung:  ναυαρκος  nauarclhus  \  ναυ- 
αρκος  nauchus,  ähnlich  der  doppelten  Erklärung  zB.  von  τρίτης 
ημέρας  ebenda  ρ.  296  durch  vudius  tertius  und  durch  nus  tertius, 
nur  dass  hier  die  vulgäre  Kurzform  voraufgeht.  F.  B. 


Verantwortlicher  Redacteur:  Adolf  von  Μ  es«  in  Bonn 
(22.  Juui  1908) 


DIE  ABFASSUNGSZEIT  DER  ALEXANDRA 


Die  viel  erörterte  Frage  nach  der  Abfaseungezeit  der 
Alexandra  ist  neuerdinge  von  Beloch^  nnd  Skntecb^  wieder  auf- 
gegriffen und  ziemlich  einheitlich  beantwortet  worden.  Nach 
Beloch  ist  das  Gedicht  um  das  Jahr  190  entstanden,  in  der  Zeit 
der  Katastrophe  von  Eynoskephalai.  Ich  will  die  einzelnen 
Argumente,  von  denen  die  Benutzung  des  £uphorion  das  wichtigste 
ist,  nicht  wiederholen  und  nur  die  eine  Bemerkung  vorausschicken, 
dass  mir  Beloch  und  Skutsch  mit  ibrem  Ansatz  den  Nagel  auf 
den  Kopf  getroffen  zu  haben  scheinen :  ihre  Argumente  lassen 
sich  aber  noch  verstärken  und  vermehren:  speciell  aus  dem 
Schlussstück  der  Kassandrarede  kann  m.  £.  der  Beweis  für  jene 
These  mit  voller  Sicherheit  geführt  werden. 

Dies  Schlussstück,  das  sioh  nicht  zufällig  ^  an  die  berühmte 
Römerepisode  anschliesst,  wird  von  Anfang  bis  zu  £nde  von  dem 
Gedanken  beherrscht,  mit  dem  bekanntlich  Herodot  sein  Geschichts- 
werk  einleitet  (1.  l*-4).  Seit  uralter  Zeit  besteht  zwischen 
Asien  und  £uropa  ein  Antagonismus,  der  als  eine  treibende  Kraft 
in  der  geschichtlichen  £ntwicklung  der  Völker  erscheint.  Die 
mythischen  Begebenheiten,  auf  die  sich  Herodot  bezieht,  werden 
durch  die  vier  Frauennamen  Jo,  £uropa,  Medea,  Helena  gekenn- 
zeichnet. In  der  Alexandra  füllen  diese  und  verwandte  Mythen, 
wie  der  Verstoss  des  Ilos  bis  Galadra  in  Pierien,  die  Parthie  von 
1283—1373.  An  die  letzte  Eroberung  Trojas  wird  weiterhin  die 
Colonisirung  der  Aeolis ,  loniene  und  der  Doris  angeknüpft, 
1374  —  1396.  Auf  das  Vordringen  der  Griechen  folgt  in  mythischer 
Zeit  noch  einmal  eine  Gegenbewegung  von  Osten  her,    das  Vor- 

ί  Griech.  Gesch.  ΠΙ  2,  478  ff. 

5  In  dem  vorsüglichen  Artikel  Euphorien  bei  Pauly-Wissowa 
Sp.  1184  ff. 

^  Vgl.  die  Anm.  am  Schluss  des  Aufsatzes, 
Bhoin.  Mo•,  f.  PbUol.  N.  F.  Lim«  81 


4B2  Sudhaud 

dringen  des  PLrygers  Midas,  der  bis  nach  Phlegra  und  Pallene, 
dem  Schauplatz  der  Gigantenechlacht,  kommt.  Gewählt  ist  er 
offenbar,  weil  er  wie  ein  Vorläufer  des  *  Giganten  aus  Perseus 
Samen',  des  Xerxes,  erscheinen  konnte,  mit  dessen  Zage  nach 
£uropa  der  Dichter  das  historische  Gebiet  betritt. 

Die  Brücke  von  der  mythischen  zur  historischen  Zeit  wird 
durch  die  Verse  1409 — 1411   geschlagen: 

1409  Πολλών  b*  έναλλάΗ  πημάτιυν  άττάρΗβται 
Κανοαϊος  f\  Μάμερτος  f\  τί  χρή  καλ€Ϊν 
τον  αιμοφύρτοις  έοτιώμενον  μάχαις. 

Ganz  ähnlich  überbrücken  die  Verse  1435 — 1438  die  Zeit, 
die  zwischen  dem  erfolglosen  Zuge  des  Xerxes  und  den  letzten 
epochemachenden  Ereignissen  liegt: 

1435  Πολλοί  b'  αγώνες  και  φόνοι  μεταίχμιοι 
λύοουοιν  ανδρών  οΐ  μέν  Αιγαίαις  πέλας 
bivaiciv  αρχάς  ^  άμφώηριιυμένιυν, 
ο\  ο'έν  μεταφρενοιοι  βουοτρόφοις  χθονός. 

Man  sollte  nun  meinen,  wenn  hier  in  mehr  als  150  Versen 
von  dem  Widerstreit  der  Asiaten  und  ihrer  westlichen  Nachbarn 
die  Rede  war,  werde  auch  jeder  Interpret  in  dem  kleinen  Rest 
von  12  Versen,  der  uns  noch  bleibt,  denselben  Gedanken  suchen. 
Das  ist  aber  keineswegs  der  Fall.  Diese  letzten  12  Verse,  an 
denen  die  Datirung  des  Gedichtes  hängt,  lauten:  *der  Kampf  um 
die  Vorherrschaft  wogt  hin  und  her', 

ϊιυς  δν  αϊθυυν  εύνάοη  βαρύν  κλόνον 

1440  άπ'  Αιακού  τε  καπό  Δαροάνου  γεγώς 
θεςπριυτός  δμφιυ  και  Χαλαςτραϊος  λίιυν, 
πρηνή  V  όμαίμιυν  πάντα  κυπώοας  οόμον 
άναγκάςη  πτήΗαντας  Άργείων  πρόμους 
οήναι  Γαλάορας  τον  οτρατηλάτην  λύκον 

1445  και  εκήπτρ'  όρε'Ηαι  της  πάλαι  μοναρχίας ' 
φ  6ή  μεθ*  έκτην  γε'νναν  αύθαίμιυν  έμός, 


1  Ueberliefert  ist  οΐ  μέν  έν  γα(ςι  πάλας  δειναίαν  άρχαίς.  ν.  Wila• 
mowitz  De  Lycophr.  Alexandra  (ireifsw.  Index  von  1883/84.  S.  6  f.  schreibt 
ol  μ^ν  ΑΙγαίαις  πάλας  öfvaiciv  αρχής  (ΑΙγαίαις  hat  Kaibel  beigesteuert). 
Die  Stellung  ΑΙγαίαις  πίλας  |  bivaiciv  wie  Eur.  Bacch.  509  Ιππικαΐς 
πέλας  |  φάτνακιν.  Ueber  den  Dativ,  der  selten  ist  (dreimal  bei  Pindar), 
8.  Bruhn  zu  der  Stelle  der  Bacchen.  Der  Dichter  spielt  zugleich  auf 
die  ΑΙγός  ποταμοί  an  (λύοουςιν  αρχάς). 


t)ie  Abfassungszeii  der  Alexandra  483 

εις  τις  παλαιοτης,  ουμβαλών  άλκήν  οορός 
πόντου  τ€  και  γής  κείς  οιαλλαγάς  μολών 
πρέςβιοτος  έν  φίλοιςιν  ύμνηθήοεται 
ii5o  οκύλιυν  άπαρχάς  τάς  οορικτήτους  λαβών. 

Dass  der  flammende  Leu,  der  den  schweren  Schlachtendran^ 
fiechs  Generationen  vor  den  letzten  EreignisHen  (1446)  zur  Ruhe 
bringt,  der  von  Aiakos  und  Dardanos'  Gescblechte  stammt^  der 
Theeprot  zugleich  und  Makedone  ist,  nur  der  Sohn  der  Olympiae 
und  des  Philippos  sein  kann,  hätte  niemale  bezweifelt  werden 
sollen.  Auch  der  Vers  1442  passt  ja  vorzüglich  auf  die  ersten 
Mnassregeln  des  jungen  Königs,  mit  denen  er  unter  den  möglichen 
Kronprätendenten  aufräumte^.  Wie  sicher  die  Deutung  auf 
Alexander  ist,  wird  aber  erst  ganz  klar,  wenn  wir  den  τρϊφος 
von  Vers  1443  richtig  verstehen.  Natürlich  sind  die  Άργείων 
πρόμοι  nach  dem  Wesen  des  Räthselspiels  und  der  Manier  des 
Dichters  keine  Argiver,  was  kaum  gesagt  zu  werden  braucht. 
Man  kann  auch  nicht  allgemein  ^Griechen'  verstehen.  Denn  der 
Gesammtzusammenhang  und  der  leitende  Gedanke  des  ganzen  Ab- 
schnittes führt  darauf,  dass  Alexander  nach  den  langen  Kämpfen 
zwischen  Ost  und  West  endlich  beiden  Theilen  durch  Nieder- 
werfung der  Asiaten  *Ruhe  schafft'.  Aber  auch  die  Einzel- 
heiten zwingen  uns  an  die  Perser  zu  denken,  deren  Fürsten  ge- 
zwungen wurden  sich  zu  ducken  und  zu  wedeln^  vor  dem 
Feldherrn,  dem  Wolf  von  Galadra,  und  ihm  das  Scepter  hin- 
zureichen der  alten  Eon  igsherrechaft'.  In  der  That  ist 
denn  auch  der  γρίφος  'ApY€ioi-TTipcai  durchsichtig  genug.  Er 
stammt  aus  Herodot  (ΥΠ,  150),  den  der  Autor  ja  auf  Schritt  und 
Tritt  benutzt '.  Xerxes  läset  den  Argivern  sagen :  *ΆνΙ>ρ€ς 
'  Αργεϊοι,  βαοιλεύς  ΞέρΗης  rabe  ύμϊν  λέγει  •  ήμεϊς  νομίίομεν 
ΤΤίροην  etvoi  άπ'  οΰ  ήμεϊς  γεγόναμεν,  ποΛο  Περοίως  τοΟ 
Δανάης,  γεγονότα  έκ  τής  Κηφίος  θυγατρός  *  Ανορομεοης '  οΰτιυ 
δν  ών  είημεν  υμέτεροι  απόγονοι  (VII,  150).  Vorbereitend,  wie 
CS  scheint,  nannte  denn  auch  der  Dichter  v.  1413  den  Xerxes 
ΤΤεροέιυς  2να  €πορας  γίγαντα.  Das  alte  Achämenidenscepter 
wird  also  von  den  Pereerfürsten  auf  den  Makedonen    übergehen. 


1  Helooh,  Gr.  Gesch.  Π  610. 

^  ca(v€iv  deutet  unverkennbar  auf  die  ΐτροα(ύνη£ΐζ,  zumal  in  der 
Zusammenstellung  mit  ντή^αντες. 

"  V.  Holzinger,  Lykophrons  Alexandra  S.  31  und  passim  im 
Commentar. 


484  Sudhmue 

Mag  man  nun  die  Deotung  von  'ApTckuv  πρόμοί,  die  mir 
eicher  zn  ftein  seheint,  aonehmen  oder  verwerfen  (f&r  die  fol- 
gende Erörtemng  kann  sie  ganz  aaaecheiden) :  die  Thataaehe  bleibt 
anf  alle  Fälle  bestehen,  dasa  mit  dem  Chalastraerlöwen  Alexander 
gemeint  if^t.  Wenn  ee  nun  im  weiteren  Zoaammenhange  heiaat, 
der  Löwe  von  Chalaetra  werde  die  .  .  .  Fürsten  zwingen,  daa 
Scepter  der  alten  Monarchie  dem  Wolf  von  Galadra^  za  fiber- 
geben, mit  dem  dann  nach  der  eechsten  Generation  ein  Bruder 
der  Kaeeandra,  (aleo  ein  Römer)  die  Waffen  kreuzen  würde,  so 
werden  wir  damit  unerbittlich  in  den  Anfang  dea  zweiten  Jahr- 
hunderte gedrängt.  Die  Schlacht  von  Kjnoekephalai  ist  das 
Tageeereigniee,  in  dem  der  Dichter  die  Prophezeiungen  aus• 
klingen  läset.  Sehr  begreiflich,  dass  er  gerade  an  dieser  Stelle 
mit  voller  Abeicht  einen  chronologischen  Wink,  einen  Hinweis 
auf  die  Zeiten  giebt^. 

So  tritt  denn  neben  Xerxes  und  Alexander  als  Dritter 
der  Römer  Titas  Quinctius  Flamininus.  Wie  in  Xerxes*  Adern 
persisches  und  argivisches  Blut  rollt  (1413);  wie  Alexander  zu- 
gleich Nachkomme  des  Aiakos  und  des  troischen  Dardanoa  ist 
(1440),  so  ist  der  'Aeneade'  Titos  zugleich  westlicher  und  öst- 
licher Abstammung,  ein  αύθαιμιυν  der  Alexandra  (1446).  Bis  zu- 
letzt wird  also  der  Grundgedanke  von  dem  Antagonismus  des  Ostens 
und  Westens  festgehalten.  Daneben  tritt  nun  unverkennbar  eine 
zweite  Idee,  wenn  bei  den  drei  hervorgehobenen  historischen 
Persönlichkeiten  die  Blutmischung  so  geflissentlich^  betont  wird, 
so  muss  der  Dichter  von  der  Vorstellung  beherrscht  gewesen 
sein,  dass  der  uralten  Blutsverwandtschaft  am  letzten  Ende  eine 
Aussöhnung  entsprechen  werde.  Was  er  hoffte  und  wünschte, 
und  wie  er  die  Dinge  sab,  zeigen  die  letzten  fünf  Verse.  Sie 
sind  ein  Dokument  von  der  cövoia  θαυμαοτή  (Plut.  Tit.  17  in.)f 
die  die  Griechen  Flamininus  entgegenbrachten.  Oder  kann  man 
noch  zweifeln,  dass  er  hier  gemeint  ist?  Dem  αύθαίμιυν  ΆλεΗάνορας 
entspricht  die  Auedrucksweise,  die  Titus  selbst  für  seine  Weih- 
gaben wählte.  In  den  beiden  bei  Plutarch  (Titos  12)  erhaltenen 
Epigrammen  finden  wir  die  Wendungen  Αΐνεάόας  Τίτος  und 
Alvcabav    ταγός    μέγας.     Die    Worte    πόντου   τε    και    γης    εΙς 


»  Vgl.  Beloch  aaO.  S.  482. 

*  Die  abweichende  Erklärung  von    U.  v.  Wilamowitz    im  Greife- 
walder  Index  von   1883/84  darf  ich  wohl  als  bekannt  voraussetzen. 

'  Zu   beacbteo   ist  die  doppelte  Wendung  in  V.  1440  und  1441. 


Die  Abfassungszeit  der  Alexandra  485 

οιαλλαγάς  μολών  echeinen  auf  die  Mäflsigung  hinzudeuten,  mit 
der  er  Philipp  behandelte,  im  letzten  Verse  wird  nicht  undeutlich 
auf  seinen  glänzenden  Triumph  hingewiesen  (Plut.  Tit.  14).  Ent- 
scheidend ist  aber  1449,  im  Zusammenhange  mit  1446 — 48  gelesen: 
der  gewaltige  Kriegemann  (€ΐς  τις  παλαιοτής)  kreuzt  die  Waffen 
mit  dem  Makedonen,  schliessl  Frieden  und  wird  darauf  im  Kreise 
seiner  Freunde  als  der  hehrste,  ehrwürdigste  gepriesen.  Wer 
sind  diese  Freunde?  Wenn  man  bei  Poljbios  (18,  46)  oder 
Plutarch  (Tit.  10.  11)  die  Berichte  über  Titos'  Proklamation  der 
griechischen  Freiheit  auf  dem  Isthmos  nachliest,  wird  man  kaum 
noch  zweifeln,  dass  έν  φίλοιαν  *im  Kreise  seiner  griechischen 
Freunde*  bedeutet.  Der  Vers  macht  den  Eindruck,  als  wäre  er 
unmittelbar  aus  der  Situation  hervorgegangen  und  unter  dem 
frischen  Eindruck  des  Tagesereignisses  geschrieben.  Polybiue  be- 
richtet von  dem  Eindruck,  den  die  Proklamation  machte  (18,  46): 
τηλικοΟτον  ουνίβη  καταρραγήναι  τόν  κρότον,  ujcre  και  μη 
^ςιοίιυς  αν  ύττό  την  fvvoiav  άγαγεϊν  τοις  νυν  Λκούουσι  το  γε- 
γονός* ώς  be  ποτ€  κατέληΗεν  ό  κρότος,  τών  μέν  αθλητών 
απλώς  ούοεις  ούοένα  λόγον  €ΐχ€ν  έτι,  πάντες  bk  οιαλαλοΟντες, 
οι  μέν  άλλήλοις,  οι  οέ  προς  cφάς  αυτούς,  οίον  ei  παραςτατικοι 
τάς  διανοίας  ήςαν  *  ή  και  μετά  τόν  αγώνα  bia  την  ύπερβολήν 
τής  χαράς  μικρού  οιίφθειραν  τόν  Τίτον  εύχαρκτουντες  *  οΐ  μέν 
γάρ  άντοφθαλμήοαι  κατά  πρόοωπον  καιοωτήρα  προοφωνήοαι 
βουλόμενοι,  τινές  bk  τής  οεΗιας  δψαςθαι  ςπουοάεοντες . . .  παρ' 
ολίγον  διίλυοαν  τόν  δνθριυπον. 

Seinen  Höhepunkt  erreichte  der  Tituskult  später  in  Chalkis, 
als  die  abtrünnige  Stadt  durch  seine  Fürsprache  vor  dem  Straf- 
gericht des  M.*  Aquilius  bewahrt  wurde.  Noch  zu  Plutarch's 
Zeit  gab  es  einen  Ιερεύς  Τίτου,  man  opferte  ihm  und  sang  einen 
Päan,  dessen  Schluss  der  Berichterstatter  (Titos  c.  16)  uns  er- 
halten hat.  Die  letzten  Worte  sind  Ιήιε  ΤΤαιάν,  ώ  Τίτε  οώτερ.  Ich 
erwähne  das,  weil  die  Prophetie,  die  in  einen  Hymuos  des  'Titus' 
ausläuft,  besonders  gut  nach  Chalkis  passen  würde,  wohin  ja  auch 
der  viel  besprochene  Chalcidismus  έοχάΖ^οοαν  (21)  weist  ^     Hiess 


^  Zu  einem  chalkidischen  Verfasser  passt  ua.  sehr  gut  die  genaue 
Aufzählung  der  Städte  am  benachbarten  Festlandsufer  1146£f.  und  die 
ausführliche  £rzählung  von  der  Busse  der  Lokrer  an  die  Athene  von  Ilion. 
Wenn  der  Dichter  den  Eratosthenischen  Ansatz  für  den  Fall  vonTroia 
(1 184/83)  annahm,  dann  konnte  der  in  V.  1153  erwähnte  χιλίωρος  χρόνος, 
mitdem  die  Busse  ablief,  während  der  Dichter  noch  schrieb,  erfüllt  sein  oder 
sein  demnächstiges  Ablaufen  die  Gemüther  beschäftigen.    Das  bleibt  aber 


48ti  Sudhaus 

nun  der  Verfasser  wirklich  Lykophron,  was  nicht  bewiesen,  aber 
auch  nicht  widerlegt  werden  kann,  dann  war  ja  die  Verwechslang 
mit  dem  älteren  Lykophron  so  gut  wie  unvermeidlich. 

Wenn  so  die  Wendung  πρίοβιοτος  έν  φίλοιειν  ύμνηθήοεται 
durch  οιυτήρα  προοφιυνήοαι  etc.  erläutert  wird  und  die  ganzen 
Verse  auf  das  Auftreten  des  FInmininus  im  Osten  zu  beziehen 
sind,  dann  fällt  zuletzt  auch  Licht  auf  den  *Wolf  von  Galadra', 
womit  allgemein  der  makedonische  König  bezeichnet  sein  muss. 
Erinnern  wir  uns  nämlich,  dass  einst  Ilos  bis  ins  südlichste  Ma- 
kedonien, bis  Galadra  in  Pierien  vordrang,  und '^ seine  Grenzpfahle 
einrammte'  άμφι  Πηνειού  ποτοϊς  (1343),  bedenken  wir,  das  der 
Aeneade'  Titos  wenige  Meilen  südlich  des  Peneios  an  den  Hands- 
köpfen den  Wolf  von  Galadra  tiberwandt,  so  ist  unverkennbar, 
was  der  Dichter  sagen  will.  In  ältester  und  jüngster  Zeit  bat 
sich  das  Schicksal  Makedoniens  in  derselben  Gegend  entechieden, 
einst  im  Kampfe  wieder  den  πάππος  Ίλος  (1341)  zuletzt  gegen 
den  αύθαίμιυν  (1446)  der  Prophetin,  als  sich  pilum  und  capica 
kreuzten  ^. 

Die  Resultate,  die  die  Analyse  ergeben  hat,  sind  so  einfach 
und  der  ganze  Abschnitt  1283 — 1450  erscheint  nun  so  durch- 
sichtig, dass  sie  dem  Räthseldeuter  eben  dadurch  weniger  ein- 
leuchten dürften.  Da  triflPt  es  sich  denn  gut,  dass  wir  der  Antithese 
unseres  Dichters  *Xerxes  kam  von  Osten,  T.  Quinctius  Flamininus 
von  Westen,  jener  als  Feind,  dieser  als  Freund  der  Hellenen' 
noch  einmal  in  der  Litteratur  jener  Zeit  begegnen,  der  wir  die 
Alexandra  zuwiesen.  Nach  der  Entscheidungsschlacht  hatte 
Alkaios  von  Messene  folgendes  Epigramm  auf  den  Sieg  der 
'Aetoler  und   Latiner*   verfertigt: 

"Ακλαυοτοι  και  δθαπτοι,  obomope,  τψο'  έπΙ  νώτψ 

θεοοαλίης  rpiccai  κείμεθα  μυριάδες 
ΑΙτωλών  ομηθέντες  ύπ'  "Αρεος  ήοέ  Λατίνων, 

οΟς  Τίτος  εύρείης  ήγαγ'  άτ^'  Ίταλίης  κτλ. 

Flamininus,  durch  die  Voranstellung  der  Aetoler  verletzt, 
setzte  dem  das  drohende  Epigramm  entgegen: 

eine  unsichere  Vermuthung,  weil  die  Ausführlichkeit,  mit  der  der  Autor 
bei  dem  Schicksal  der  Lokrermädchen  verweilt,  durch  die  nahe  Be- 
ziehung des  lokrischen  Aias  zu  der  Sprecherin  durchaus  bejjründet  ist. 
*  €υμβαλών  άλκήν  6ορός  könnte  geradezu  in  diesem  Sinne  ge- 
meint sein. 


Die  Abfaesungszeit  der  Alexandra  487 

*Άφλοιος  και  άφυλλος,  obomope,  τψ6'  έττι  νώτψ 
*Αλκαίψ  ςταυρός  ττήγνυται  ήλίβατος^ 

Von    demselben  Alkaioe    besitzen    wir    nun    ein   Epigramm 
(A.  P.  XVI,  5),  das  die  befreiende  That  des  Flamininue  preist: 
"Αγαγε  και  Ξ^ρΗης  TTipcav  ςτρατόν  Ελλάδος  ές  γάν 

και  Τίτος  ευρείας  δγαγ'  άττ*  Ιταλίας, 
άλλ'  ό  μέν  Εύρώττςι  δοΟλον  ίυγόν  αύχενι  θήοιυν 

ήλθε  ν,  ό  b'  άμτταύςιυν  Ελλάδα  οουλοςύνας . 

Damit  sind  wir  wieder  im  alten  Fahrwasser.  Xerxes 
kommt  von  Osten,  Titos  von  Westen.  leb  behaupte  nicht,  dass 
der  Autor  der  Alexandra  den  Alkaioe  direkt  benutzt  habe,  oder 
umgekehrt.  Die  Antithese  mag  in  der  damaligen  Tageslitteratur 
des  öfteren  verwendet  sein.  Das  Eine  aber  ist  unbestreitbar: 
wenn  der  durch  Interpretation  gefundene  Gedanke:  Xerxes  kam 
\on  Osten,  Hellas  zu  knechten,  Titos  kam  von  Westen  Hellas 
zu  befreien,  wenn  dieser  Gedanke  in  der  Litteratur  jener  Tage 
noch  einmal  auftaucht,  dann  ist  die  Interpretation  vollauf  bestätigt, 
und  wir  dürfen  die  Alexandra  bald  nach  der  Proklamation  der 
griechiRchen  Freiheit  bei  den  Isthmischen  Spielen  ansetzen'. 


^  Man  wird  unwillkürlich  an  Naevius  und  die  Meteller  erinnert. 
Die  Epigramme  bei  Plut.  Tit.  9. 

2  Da  die  letzten  Frophezeihungen  der  Alexandra  in  den  Preis 
des  pliilhellenischen  Römerfuhrers  ausklangen,  legte  der  Autor  die 
Römerepisode  vor  diesen  Tbeil  (1283  —  1450);  die  Verse  1281  f.,  die 
gewiss  einst  an  1225  angeschlossen  waren,  haben  dadurch  ihre  Be- 
ziehung verloren.  Man  glaubt  zu  sehen,  wie  sich  das  Werk  des  wahr- 
scheinlich langsam  arbeitenden  Dichters  unter  der  Einwirkung  der  Zeit- 
ereignisse erweitert  und  wandelt.  Davon  dass  μ€θ*  ^κτην  γένναν  (1446) 
die  Deutung  auf  Kyuoskephalai  nicht  ausschliesst,  hat  mich  Heloch 
überzeugt. 

Kiel,  im  Mai  1908.  S.  Sud  haue. 


DAS  68.  GEDICHT  CATULLS 

UND  SEINE  STELLUNG  IN  DER  GESCHICHTE 

DER  ELEGIE 


Das  68.  Gedicht  Catulls  und  sein  Prooemium  ist  noch  nicht 
erklÄrt.  Auch  der  neueste  grosse  Erklärungsversuch  von  Vahlen  * 
hat  nicht  den  Äbschluss  gebracht.  Aber  er  weist  den  Weg^ 
den  wir  zu  gehen  haben.  Um  die  Elegie  an  AUius  zu  yer- 
etehen,  müssen  wir  zuerst  den  elegischen  Stil,  in  dem  sie  ge- 
schrieben ist,  verstehen,  müssen  sehen,  was  sich  aus  der  spateren 
römischen  Elegie  für  das  Verständniss  dieser  eigenartigen 
Schöpfung  gewinnen  lässt. 

Einzelne  Partien,  so  die  übertreibenden  Wendungen,  in 
denen  der  Bittende  V.  1—8  seinen  Schmerz  malt,  sind  schon 
früher  mit  Recht  aus  der  Elegie  und  ihrem  Formenschatz  ab- 
geleitet worden  ^.  Vahlen  hat  bewusst  die  Elegie  Catulle  in 
diesen  Kreis  eingereiht  und  das  Verständniss  des  Schlusses  mit 
seiner  plötzlichen  Wendung  und  damit  die  Einheit  des  Gedichtet 
ans  dem  elegischen  Gedankengang  und  seinen  Bedingungen  er- 
wiesen. Aber  er  hat  den  letzten  Schritt  nicht  gethan  und  damit 
die  Auslegung  des  Gedichtes  auf  einen  Weg  geführt,  auf  den 
wir  ihm  nicht  folgen   können. 

Er  nimmt  an:    M.'  Allius  ^  bittet  Catull,    ihm  seine  eigene 


*  Ueber  Catulle  Elegie  an  M\  AUius,  Sitzungsberichte  der  Berl. 
Akad.  d.  Wisi  1902  S.  1024  ff.  Dajregen  Birt,  Rhein.  Mus  .59,  1904 
S.  428  ff.  Neuerdings  F.  Nencini,  L' elegia  di  Catulle  ad  Allio  1907, 
8.  Magnui  Reo.  B.  Ph.  VVoch.  28,  1908  S.  8T<i.  Frühere  Litteratur  bei 
AlfoDs  Kalb,  De  GS.  carmine  Catulli,  Münchener  Diss.  1900  (zugleich 
Programm  des  Gymn  Ansbach  1899/1900).  Die  angekündigte  Ausgabe 
von  Friedrich  habe  ich  noch  nicht  benutzen  können. 

2  Vgl.  Th.  Birt,  De  Catulli  ad  Mallium  epistula,  Index  lect. 
Marb.  S.-S.  1890  S.  5. 

^  Vahlen  liest  mit  Lachmann  V.  1 1  und  30  Mani,  die  Handschriften 
geben  »lali  (V.  11  al.  mauli  Rom.  Ven.),    sie   schwanken  auch  im  Fol- 


Das  68.  Gedicht  Catulls  489 

Geliebte,  seine  Lesbia  zn  überlassen,  dies  sind  die  munera 
Veneris  V.  10,  die  Verse  27  —  30  gehen  auf  Leebia-Clodia  und 
die  vornehme  Jugend  Roms,  die  mit  ihr  buhlt: 

quare,  qiiod  scribis  Veronae  turpe  Catullo^ 

esse,  quod  hie  quisquis  de  meliore  nota 
frigida  deserto  tepefactet  ^  memhra  cubili^ 

id,  Main,  non  est  turpe,  magis  miserum  est. 
Ganz  andere  erklärt  Birt  ^  Bei  Vahlen  ist  Alline  in  Rom, 
CatuU  in  Verona.  Nach  Birt,  der  die  Einheit  des  Gedichte  ver- 
wirft, den  Brief  1—40  von  der  AUiuselegie  absondert,  ist  Mallius 
in  Verona,  Catull  zwar  nicht  in  Rom,  denn  das  schliesst  V.  34 — 36 
aus,  aber  in  der  Nähe  auf  seinem  Sabinum.  Mallius  bittet  Catull 
ihm  Bücher  und  ein  scortillum  nach  Verona  zu  schicken,  in  der 
entlegenen  Landstadt  fehlt  es  den  besseren  Leuten,  seit  Catull 
nicht  mehr  für  sie  sorgt,  an  dieser  Ware,  auf  verlassenem,  ein- 
samem Lager  wärmen  sie  sich  die  kalten  Glieder.  So  deutet  er 
die  vielberufenen  Verse  27—30. 

Einig    sind  Vahlen    und  Birt    in    der  Auslegung  von  V.  10 
muneraque  et  Musarum  hinc  petis  et   Veneris, 
der  Freund    bittet   um   Bücher  und  um  ein   Liebchen,    nach  Birt 
um  ein  scortillum,  nach  Vahlen  um  die  Lesbia. 

Längst  schon  hat  man  diese  Verse  in  einer  anderen,  näher- 


genden,  wo  Allius  durch  das  Metrum  (V.  41.  50)  gesichert  ist,  der  gleiche 
Name  läset  sich  in  1—40  nicht  herstellen.  Das  Praenomen  allein  finden 
wir  nicht  als  Anrede  bei  Catull,  Marce  TuUi  49,2  ist  beabsichtigt, 
10,  30  erscheint  vertraulich  das  Praenomen  neben  dem  Cognomen:  Oinna 
est  Gaius  (Cinna  est  gravis  die  Handschr.).  Die  Wahl  der  Namen  ist 
natürlich  auch  durch  das  Metrum  mitbedingt,  und  wenn  das  Cognomen 
etwa  sich  ihm  nicht  fügte,  stand  nichts  im  Wege,  dass  Catull  das 
Praenomen  in  dem  Plauderton  des  Widmungsbriefee  anwendete,  zumal 
da  Manius  nicht  so  abgebraucht  war  wie  ein  Gaius,  Andere  nehmen 
einen  Doppelnamen,  Allius  und  Mallius  (oder  Malius)  wie  c.  61  bei  der 
Vinia  (oder  lunia)  Aurunciileia  an.  Eine  sichere  Entscheidung  ist  nicht 
möglich,  im  Texte  behalte  ich  den  seit  alters  mit  dem  Gedicht  ver- 
wachsenen Namen  Mallius  (früher  Manlius)  bei.  Die  Einheit  des  Ge- 
dichtes wird  durch  diese  Frage  nicht  tangirt,  eine  Zerreissung  ist  schon 
durch  V.  12  neu  me  odisse  putes  hospitis  officium  (vgl.  V.  {J6  fif.)  aus- 
geschlossen. 

1  Catulle  die  Handschr. 

2  tepefacit  {al.  -factat  Rom.  Ven.)  die  Handschr. 

3  De  Catulli   ad  Mallium  epistula,    Index  lect.   Marb.  S.-S.  1890 
und  Rhein.  Museum  59,  li»04  S.  428  ff. 


490  ν.  Mess 

liegenden  Weise  aufgefasst:  der  Freund  bittet  den  Dichter  um 
Beine  Dichtergaben,  um  eigene  Dichtungen.  Nun  ist  es  richtig, 
es  sind  zwei  Gaben,  um  die  der  ehemalige  fwapes  bittet,  munera 
et  Musarum  et  Veneris,  dasBclbe  sagt  V.  39  ^  Munera  Aiusarnm 
ist  klar,  munera  Veneris  dagegen  kann  VerRchiedenes  bedeαten^ 
wenn  ee  allein  stünde,  würde  man  kaum  an  Liebesgedichte  denken, 
hier  aber  erhält  der  allgemeine  Auedruck  sein  Licht  durch  das 
vorhergehende  munera  Musarum j  das  erste  sind  kunstvollere 
Dichtungen  höheren  Stils  ^,  das  zweite  leichtere  Liebeepoesie,  die 
bewährte  Vermittlerin  der  Liebesgunst. 

Damit  ist  der  Weg  zum  Verständniss  der  Elegie  gebahnt. 
Vahlen  hatte  mit  Heranziehung  eines  charakteristischen  Beiepieis 
aus  Properz  und  eines  ähnlichen  Motivs  aus  der  Gallusekloge 
des  Vergil  gezeigt,  dass  der  überraschende  Schluss,  der  Glück- 
wunsch an  den  durch  Trennung  von  der  Geliebten  nieder- 
gebeugten Freund  und  an  diese  Geliebte  selbst  sich  klar  und 
einfach  aus  der  poetischen  Anecbanung  von  der  Macht  des  Dichters 
ableitet.  Die  Beispiele  lassen  sich  leicht  vermehren  und  epecieli 
aus  der  elegischen  Dichtung.  Aber  Vahlen  hatte  den  Allius  um 
ganz  andere  Dinge  bitten  lassen,  um  alte  Dichtwerke  und  um 
Lesbia.  So  zerfällt  bei  ihm  das  Gedicht  und  der  überraschende 
Schluss  setzt  hart  und  unvorbereitet  ein. 

Die  einfache  Erklärung  von  V.  10  schliesst  alles  zusammen. 
Der  Freund  bittet  CatuU  um  Dichtungen  von  seiner  Hand,  um 
neue  Dichtungen^,  sie  sollen  ihn  trösten,  sie  sollen  ihn  mit  der 
spröden  Geliebten  —  die  dura  puella  ist  ein  stehendes  Thema 
der  Elegie  —  vereinigen. 

Der  Dichter,  um  den  Tod  des  Bruders  trauernd,  kann   diese 

*  quod  tibi  non  utritisque  petenti  copia  posta  est  (facta  est  cod.  Dat.). 
Das  non  utriusque  läset  nur  eine  Erklärung  zu,  vgl.  Birt  S.  14  f.  und 
Vahlen  S.  1031. 

a  Vgl.  Hom.  II.  3, 54  6ώρ'  'Αφροδίτης  und  Hör.  carm.  4,  10,  1 
(an  Ligurinus)  ο  crudelis  adhuc  et  Veneris  muneribus  potens. 

8  Wie  etwa  c.  66.  Dies  Gedicht  und  c.  65,  seine  Widmung  an 
Q.  Hortensius  Ortalus,  giebt  uns  zugleich  die  beste  Parallele,  wie  die 
munera  zu  verstehen  sind.  Beide,  der  Gönuer  und  der  Freund,  bitten 
um  Dichtungen,  und  worauf  Allius  im  tiefsten  Grunde  hinzielt,  das  zeigen 
die  Verse  41  -  50  und  149—152:  der  Dichter  soll  seinem  hospes  Un- 
sterblichkeit verleihen,  indem  er  ihn  und  sein  hospitium  mit  seinen 
Dichtungen  verwebt. 

*  Dies  der  Gegensatz  zu  V.  7  f. 


Das  68.  Gedicht  Caialls  491 

an  sich  etwas  grossen  Wünsche  nicht  erfüllen.  Zu  erotischer 
Dichtung  fehlt  ihm  die  Stimmung  ^,  zu  gelehrter  Dichtung,  etwa 
im  Stil  von  c.  66,  fehlen  die  Bücher^.  Er  lehnt  ab,  da  kommt 
ihm  die  Stimmung,  und  er  schreibt  die  Elegie  auf  das  hospitium, 
das  ihm  Allius  gewährt  hat,  und  auf  seine  Lesbia^,  mit  der  er 
die  Gastfreundschaft  des  Allius  und  der  domina^  deren  Schutz 
und  Haus  er  Allius  verdankt,  genossen  hat,  in  diese  erotische 
Elegie  flicht  er  die  Sage  von  Laodamia  und  Protesilaos  ein. 
Die  grosse  Doppelbitte  des  Allius  hat  er  nicht  erfüllt,  er  konnte 
es  nicht.  Aber  eine  kleinere  Gabe,  beide  Elemente  vereinigend, 
hat  er  ihm,  so  gut  er  konnte,  an  die  Stelle  gesetzt  und  dies  Ge- 
dicht, eine  echte  erotische  Elegie,  wird  seine  Wnnderwirkung 
thnn,  wird  die  Geliebten  vereinigen,  wie  Vahlen  fein  und  treffend 
aufgezeigt  hat. 

In  der  Klage  des  Allius,  in  der  Antwort  CatuUs,  im  ganzen 
Gedicht  finden  wir  den  elegischen  Stil,  die  Denk-  und  Ausdrucke- 
weise des  elegischen  Dichters  wieder. 

Aus  ihr  erklären  sich  auch  die  vielberufenen  Verse  27  —  30 
q^mre,  quod  scribis  Veronae  turpe  Catitllo 
esse,  quod  hie  qtiisquis  de  meliore  nota 
frigida  deserlo  tepefacfet  wembra  οίώίΐί, 

idj  Mallif  non  est  turpe,  magis  miserum  est. 
Was  Allius    V.  28/9   sagen   will,    was   er   mit  den   Worten 
frigida    deserto    meint,    dafür    giebt  Ovid    are   3, 70    den   besten 
Kommentar 

tempiis  erit  quo  tu  quae  nunc  excludis  amantes 
frigida  deserta  nocte  iacebis  anus, 
getrennt,  jedoch  im  selben  Verse  kehren  die  Worte  Ovid.  epist  1,  7 
wieder 

non  ego  deserto  iacuissem  frigida  lecto. 
lieber   ihre  Bedeutung    in    der  Erotik,    über   ihre  Bedeutung  an 


*  Heise  ist  über  die  Bedeutung  des  lufti  V.  17  (vgl.  V.  26  haec 
studia  atque  omnis  delicias  animi)  hin•  und  hergestritt^n  worden.  Heisst 
es  hier  Lieben  oder  heisst  es  Dichten?  Das  Wort  kann  beides  heissen, 
es  ist  in  beiden  Bedeutungen  geläufig.  Schwer  ist  beim  erotischen  Dichter 
die  Liebe  von  der  erotischen  Dichtung  zu  trennen:  die  viel  umstrittenen 
Averse  15—20  und  25/6  und  ihr  lim,  vor  allem  aber  die  zwei  letzteren, 
geben  auf  beides,  beide  Parteien  haben  Recht,  Unrecht  hat  nur  die 
überspitze  Interpretation  des  einen  schillernden  Ausdrucks. 

2  V.  33-36. 

^  Dass  sie  es  ist,  von  der  das  Gedicht  erzählt,  ist  länget  erkannt. 


492  ν.  Mess 

dieser  Stelle  kann  kein  Zweifel  sein,  kalt  und  ohne  Liebchen 
inuse,  80  schreibt  der  Freund,  quisqttis  de  meliore  nota  hier,  in 
Rom  ^,    die  Nacht  verbringen  *. 

Der  elegische  Stil  liebt  die  Verallgemeinerung  and  die 
Steigerung.  Der  vielnmstrittene  Satz  quod  hie  quisquis  de  meliore 
noia  frigida  deserto  (epefaciet  memhra  cubili  nimmt  nur  die  Worte 
in  V.  6  .  .  .  desertum  in  lecio  c(ielibe  auf:  Mallius  ist  von  seiner 
Geliebten  verlassen,  der  liebesmäohtige  Dichter  weilt  fern  und 
läset  zur  Verzweiflung  aller  unglücklich  Liebenden  nichts  von 
sich  hören.  Da  greift  Allius  zum  stärksten  Mittel,  eine  Schmach 
wäre  es,  daes  er,  dass  alle  besseren  Leute,  d.  h.  solche,  die  sich 
nicht  mit  einem  Mädchen  von  der  sacra  via  begnügen  oder  aach 
solche,  welche  das  Herz  der  Geliebten  nicht  mit  Gold,  sondern 
mit  Liedern  bestürmen,  dass  sie  alle,  wo  der  Dichter  fern  sei, 
vergeblich  schmachten  müssten.  Seltsam  muthet  uns  der  kon- 
ventionelle τόπος  an,  die  Interpretation  ist  an  diesen  Versen  ge- 
scheitert, in  die  elegische  Umgebung,  in  die  er  gehört,  gerückt, 
verliert  er  alles  Auffallende. 

Vahlen  hat  zum  Verständniss  des  Schlusses  Properz  1,  10,  15 
herangezogen 

possum  ego  diver sos  iterum  coniungere  amanfes 
et  dominae  tardas  possum  aperire  fores  ^. 
Erst  jetzt  erhält  die  Parallele  ihre  volle   Bedeutung,  sie   ist 
nicht    die    einzige,    ich    füge    einige   weitere    signifioante    Stellen 
hinzu,  wie  3,  3,  49 

tä  per  te  clausas  scixit  excantare  puellas. 
Mächtiger  drückt  sich  das  stolze  Selbstbewusstsein  des  Dichters 
aus  3,  9,  45  f. 

haec  urant  pueros^  haec  urant  scripta  puellas 
meque  deum  clament  et  mihi  sacra  ferant. 
Bitter  beklagt   sich    der  Dichter,    wenn  diese  Waffe  versagt,  zB. 
TibuU  2,  4,  13 

nee  prosunt  elegi  nee  carminis  auctor  Apollo, 
mit    köstlicher  Selbstironie    erscheint   das  Motiv    in  dem  Schluss 


»  Vgl.  zB.  Vahlen  S.  1027,  1,  Friedrich  Knoke,  Ueber  hie  und 
nunc  in  der  oratio  obliqua,  Progr.  Bernburg  1881. 

2  Ueber  iepefactet,  tepere  (Gegensatz  calere)  und  ihre  Sippe  vgl. 
Birts  Proflframm  S.  11. 

3  Im  Folgenden  erscheint  der  Dichter  als  Arzt  und  erfahrener 
Rathijeber,  er  hat  in  der  harten  Schule  der  Cynthia  gelernt.  Vgl. 
auch  Ovid  rem.  813. 


Das  68.  Oedicht  CatuUs  493 

der  Marathueelegie  1,  4,  81  ff.  Ueberall,  in  zahlreichen  Varia- 
tionen herrecht  in  der  Elegie  ale  konventioneller  τόπος  die  Vor- 
stellung, daee  die  thränenreichen  Elegien  Thtir  und  Herz  der 
(oder  des)  Geliebten  öffnen  mössen.  Tibiill  sieht  in  der  Marathae- 
elegie  1,  4,  79  im  Geiste  voraus,  wie  die  Jünglinge  ihn,  den  ge- 
feierten Dichter,  wie  Clienten  umdrängen  werden 

tempus  erü  cum  me   Veneris  praecepta  ferentem 
deducat  iuvenum  sedula  turha  senem. 

Nicht  uneben  entspricht  die  Situation  in  Catulls  Gedicht: 
von  ihrem  Patron  verlassen  schmachten  die  Liebenden  in  Rom 
vergebene. 

Wir  verstehen  die  Wendung  des  Allins,  aber  wir  verstehen 
sie  nur  aus  dem  konventionellen  Stil  der  Klegie  und  aus  seinen 
kühnsten  Blüthen.  Dieser  Stil  erscheint  bei  Catull  bereits  voll 
ausgebildet. 

Dies  ßrgebniss  kann  heute  nicht  überraschen.  Nicht  immer 
ist  die  Stellung  Catulls  innerhalb  der  römischen  Elegie  richtig 
gewürdigt  worden.  Heute  braucht  zu  dem  was  Reitzenstein  und 
Crusius,  von  verschiedenen  Seiten  ausgehend,  Reitzenstein  vom 
Epigramm,  Crusins  von  der  Elegie  \  über  Catull  und  den  Platz, 
den  er,  den  speciell  seine  grösste  Elegie  in  der  Geschichte  der 
Elegie  einnimmt,  gesagt  haben,  kaum  etwas  hinzugefügt  zu 
werden.  Wie  das  Gedicht,  so  reiht  sich  auch  sein  Stil  in  die 
Ent Wickelung  der  Elegie  ein.  Catull  kennt  bereits,  wie.  Reitzen- 
stein gegen  Jacoby  hervorhebt,  die  subjektive,  erotische  Elegie 
und  nicht  von  ihm  erst  ist  sie  geschaffen.  Jacoby  ^  war  an 
Catull  vorbeigegangen,  das  68.  Gedicht  hatte  er  als  Brief  erklärt 
und  ausgeschaltet;  das  Etikett  stimmt  nicht,  und  wenn  es  stimmte, 
es  würde  den  Stil  und  seine  voll  ausgebildete  Ornamentik  nicht 
erklären.  Wie  Epigramm  und  Elegie  zu  einander  stehen,  wie 
sie  sich  beeinflussen  und  ihre  Grenzen  ineinander  fliessen,  hat 
Reitzenstein  in  feiner  Weise  ausgeführt.  Aber  er  hat  das  eine 
γένος  nicht  getilgt,  am  es  in  dem  anderen  aufgehen  zu  lassen, 
oft  zeigt  die  subjektive  Elegie  ein  epigrammatisches  Element, 
oft  das  Epigramm  bukolische  oder  elegische  Elemente,    die  Gat- 


^  Reitzenstein,  Epigramm  in  der  Realenoyklopädie  von  Pauly- 
Wissowa  B.  VI  1  S.  101  ff.,  Crusius,  Elegie  B.  V  S.  2290  ff. 

>  Zur  Entstehung  der  römischen  Elegie,  Rhein.  Mus.  60, 1905,  8.38  ff. 
Vgl.  Nemethy,  seine  in  ungarischer  Sprache  geschriebene  Abhandlung 
vom  J.  1903  habe  ich  nicht  eingesehen,  einen  kurzen  (J eberblick  giebt 
er  in  der  Ausgabe  des  Tibull  1905,  Addenda  U  S.  344  ff. 


494  ν.  Μ  688  ßas  68.  Oedicht  Catnlls 

langen  vereinen  und  verpchmelzen  eich,  aber  sie  heben  sich  nicht 
auf  und  Dichtungen,  wie  die  Alliuselegie  des  Catull  wird  auch 
das  kühnste  Spiel  nicht  als  Epigramm  bezeichnen  können.  £ine 
ganz  andere  B'rage  ist  es,  ob  wir  die  Buchelegie,  daa  Cynthia- 
buch  des  Properz  bereite  in  alexandriniecher  Zeit  snohen  dtirfcD. 
Wir  haben  kein  Recht  —  aber  niemand  behauptet  das  auch 
jetzt  —  Properz  Zug  für  Zug  bei  Kallimachos  oder  Philetae 
wiederzufinden,  aber  ebensowenig  haben  wir  ein  Recht  ein  Werk 
wie  die  Bittie  des  Philetae  kurzer  Hand  mit  der  Λύ^η  des  Anti- 
machoe  gleichzusetzen.  In  grossen  Zügen  können  wir  die  Ge- 
schichte der  Elegie  und  all  die  Elemente,  die  in  ihr  zusammen- 
fliessen  und  verschmelzen,  übersehen,  im  Einzelnen  können  wir 
nicht  jedes  Trümmerstück  an  seine  Stelle  setzen,  am  wenigeten 
die  vielverschlungene  Entwickelung  in  ein  starres  Schema  zwängen. 
Eine  solche  Hypothese  ist  verlockend  durch  ihre  straffe  Ge- 
schlossenheit, aber  der  historischen  Entwickelung  wird  sie  nicht 
gerecht. 

Bonn.  A.  v.  Meas. 


ALKIDAMAS  UND  PLATON  ALS  GEGNER 
DES  ISOKRATES 


Philologische  Interpretation  der  erhaltenen 
Quellen  ist  der  Ausgangspunkt  wie  der  Endpunkt 
dieser  scheinbar  historischen  Arbeit. 

A.  Qercke.  Hermes  32, 341. 


I. 


Er  ist  allgemein  anerkannt,  daes  es  für  das  Yerständniee 
des  geistigen  Lebens  im  alten  Athen  im  4.  Jahrhundert  v.  Chr. 
von  gröseter  Bedeutung  ist,  die  gegenseitigen  Beziehnngen, 
namentlich  die  polemischen,  zwischen  den  litterarisch  hervor- 
ragenden Persönlichkeiten  jener  Zeit,  deren  Werke  uns  über- 
liefert sind,  zu  erkennen,  und  es  lässt  sich  auch  nicht  in  Abrede 
stellen,  dass  die  eifrigen  Forschungen  besonders  der  letzten 
Jahrzehnte  diese  Erkenntniss  wesentlich  gefördert  haben.  Anderer- 
seits versteht  es  sich  auch  von  selbst,  dass  die  Ueberlieferung 
zu  mancherlei  haltlosen  Combinationen  Anlass  gegeben  hat,  die, 
anstatt  zur  Aufklärung  der  schwierigen  Fragen  beizusteuern, 
vielmehr  dazu  geeignet  sind,  Verwirrung  zu  erzeugen.  In 
meinem  Buche  'Platons  philosophische  Entwickelung*  habe  ich 
zur  Aufklärung  chronologischer  Fragen  die  Forschungen  der 
Früheren  über  die  erwähnten  Mitterarischen  Fehden^  reichlich 
benutzt,  daneben  aber  auch  gelegentlich  gegen  unhaltbare  Yer- 
m  uthnngen  oder  falsche  Combinationen  Einspruch  erhoben.  So 
habe  ich  S.  271,  2  die  Annahme  Gerckes  (Hermes  32,  359  ff.), 
dass  'nicht  nur  Piaton  und  Isokrates,  sondern  auch  Alkidamas 
in  seiner  Rede  'von  den  Sophisten'  sich  gemeinschaftlich  gegen 
die  Sitte  der  älteren  Rhetoren,  ihren  Unterricht  mittelst  ge- 
schriebener Musterreden  zu  ertheilen,  gewendet  habe',  als  ein 
schweres  Missverständniss  bezeichnet  und  mich  dabei  auf  einen 
Aufsatz     Hubike    in    den    Wiener   Studien    23,  234£P•    berufen. 


496  Rseder 

Diese  Bemerkung  hat  Gercke  mir  sehr  übel  genommen  (Rh. 
Mas.  N.  F.  62,  171  ff.)•  Zar  Stütze  seiner  Ansicht  fahrt  Gercke 
an,  daes  Blase  and  Thiele  darin  einstimmen,  dass  zwischen 
Piatons  Phaedros  and .  Alkidamas  anzweideatige  Berahrnngen 
bestehen;  dann  fahrt  er  fort  (S.  172):  ^Das  Allerschönste  aber 
ist,  dass  sich  aach  Rseder  selbst  wenige  Seiten  weiter  (S.  278) 
za  dieser  Ansicht  bekennt',  and  es  folgt  ein  Citat,  aas  dem 
hervorgeht,  dass  aach  ich  die  Bertihrang  zwischen  dem  Phaedros 
and  Alkidamas  anerkenne.  £s  ist  mir  an  begreiflich,  wie  Gercke 
es  hat  fertig  bringen  können,  zwischen  diesen  beiden  Aeassernngen 
von  mir  einen  Widersprach  za  postuliren '.  Meine  Worte  an 
erster  Stelle  richten  ihre  Spitze  gegen  die  Behaaptang  Gerckes 
(Hermes  a.  a.  0.^:  ^Gegen  die  alte  Techne  traten  etwa  in  dem 
Jahrzehnt  395—386  drei  Männer  gemeinsam  aaf,  der  Philosoph 
Piaton  and  die  Khetoren  Alkidamas  and  Isokrates.'  An  der 
zweiten  Stelle  spreche  ich  selbst  von  einem  gemeinsamen  Vor- 
gang Piatons  and  des  Alkidamas  nicht  etwa  gegen  Mie  alte  Techne*, 
sondern  gegen  Redner,  za  denen  aach  Isokrates  gehört  (Mie  wie  Iso- 
krates  mit  der  grössten  Mühe  ihre  Reden  schriftlich  aasarbeiteten, 
ohne  eine  exteroporirte  Rede  halten  za  können  ).  Da  Gercke  aber  nicht 
verstanden  za  haben  scheint,  dass  diese  meine  Ansicht  von  der 
seinigen  abweicht,  möchte  ich  noch  ausdrücklich  constatiren, 
dass  unsere  Uebereinstimmung  sich  nur  soweit  erstreckt,  als  wir 
beide  einig  sind,  Piaton  und  Alkidamas  hätten  unter  derselben 
Fahne  gekämpft;  dagegen  giebt  es  noch  zwei  Punkte,  über  die 
unsere  Ansichten  auseinandergehen:  Gercke  hat  behauptet,  Iso- 
krates sei  der  Dritte  im  Bunde  gewesen,  was  ich  bestreite,  und 
Gercke  nimmt  als  Gegner  des  Bandes  'die  alte  Techne'  an, 
während  ich  gerade  Isokrates  zu  den  Gegnern  zähle. 

Ehe  ich  mich  zu  einer  Besprechung  dieser  zwei  Streit- 
punkte anschicke,  möchte  ich  ein  zweites  Missverständniss 
Gerckes  berichtigen.  Gercke  schliesst  aus  meiner  Notiz  *vgl. 
Hubik'  usw.,  dass  ich  mich  ausschliesslich  durch  Hubik  habe 
verleiten  lassen,  an  der  Richtigkeit  seiner  Ausführungen  zu 
zweifeln.     Ich  kann  ihm  aber  versichern,  dass  ich,  um  das   Ver* 

^  Ich  könnte  mir  höchstens  denken,  Gercke  habe  meinen  Aus- 
druck 'nicht  nur  Piaton  und  Isokrates,  sondern  auch  Alkidamas*  in 
dem  Sinne  verstanden,  als  ob  ich  besonders  gegen  seine  Auffassung  von 
Alkidamas'  Sophistenrede  protestire.  Jene  Redewendung  habe  ich  aber 
nur  deshalb  gewählt,  weil  Alkidamas  hier  zum  ersten  Male  von  mir 
erwähnt  wird. 


Alkidamae  und  Piaton  als  Gegner  des  Isokrates  497 

kehrte  seiner  Ansführungen  zu  erkennen,  nicht  nöthig  gehabt 
habe,  bei  Hubik  in  die  Schule  zn  gehen,  sondern  ich  habe  dessen 
Aufsatz  deswegen  erwähnt,  weil  ich  dort  eine  ausführlichere 
Widerlegung  eben  derselben  zwei  von  mir  verworfenen  An- 
sichten Gerckes  vorfand,  als  ich  selbst  in  einer  Streitfrage,  die 
für  mich  nur  nebensächliche  Bedeutung  hatte,  geben  konnte. 
Weiteres  habe  ich  mit  Hubik s  Aufsatz  nicht  zu  schaffen,  und 
es  wundert  mich,  dass  Gercke  (S.  172)  mir  triumphirend  vorhält, 
dass  Hubik  in  einer  ganz  anderen  Frage,  die  das  zeitliche  Yer- 
hältniss  zwischen  Piatons  Phaedros  und  Alkidamas*  Sophisten- 
rede betrifft,  von  meiner  Ansicht  abzuweichen  scheint.  Ich  habe  nun 
keine  Verpflichtung  übernommen,  als  Hubiks  Anwalt  aufzutreten 
und  ihn  gegen  Gerckes  Angriff  zu  vertheidigen  —  denn  nur  gegen 
Hubik  und  nicht  gegen  mich  richtet  sich  der  grösste  Theil  von 
Gerckes  Aufsatz  — ,  sondern  ich  werde  mich  wenigstens  vorläufig 
bloss  an  die  zwei  Punkte  halten,  über  die  ich  mit  Gercke  un- 
einig bin. 

Jetzt  zeigt  sich  aber,  um  mit  Gercke  zu  reden,  Mas 
Allerschönste'.  In  seinem  letzten  Aufsatz  hat  Gercke  selbst 
einen  wesentlichen  Theil  seiner  früheren  Behauptung  in  aller 
Form  zurückgenommen.  Jetzt  sagt  er  (S.  194):  ^Ich  hätte  viel- 
mehr, als  ich  nachwies,  dass  Alkidamas  Piatons  Bundesgenosse 
und  wahrscheinlich  der  Führer  gewesen  sei,  den  Isokrates  aus 
dieser  Bnndesgenossenschaft  streichen  müssen.'  Hierin  bin  ich 
mit  Gercke  völlig  einverstanden  und  betrachte  damit  die  erste 
Streitfrage  als  erledigt. 

Es  fragt  sich  sodann,  wer  als  Gegner  des  Alkidamas  und  Piaton 
anzunehmen  sei,  ob  'die  alteTechne^  oder  Redner  von  Isokrates'  Art. 
Unter  ^der  alten  Techne  versteht  Gercke  eine  rhetorische  Lehr- 
methode, die  mit  fertigen  Reden  oder  Redestücken  (Gemeinplätzen, 
τόποι)  operirte,  welche  die  Schüler  auswendig  lernen  mussten  (Hermes 
32,349  f.  und  360  f.).  Gegen  dieseMethode  kämpfen  nach  seiner  Ansicht 
Piaton  im  Phaedr.p.  275  C,  wo  die  γράμματα  oderλόγoιγ€Tpαμμίvoι 
in  diesem  Sinne  aufzufassen  seien,  und  Alkidamas  in  der  Sophisten- 
rede. Unmöglich  ist  es  aber  einzusehen,  warum  Piaton,  der  im 
Allgemeinen  von  der  Schreibkunst  handelt,  gerade  diese  spezielle 
Anwendung  derselben  im  Sinne  haben  sollte,  und  was  den 
Alkidamae  betrifft,  muss  ich  auch  Hubik  unbedingt  darin  Recht 
geben,  dass  dessen  'Sophistenrede'  durchaus  nicht  gegen  diese 
alte  Techne  gerichtet  sei.  Alkidamas  greift  sofort  §  1  solche  Redner 
an,    die  auf  das  schriftliche  Ausarbeiten  ihrer  Reden  ihre  Müh« 

Rhein.  Hne.  f.  PhUol.  N.  F.   LXIII.  '    '32*.  ':'/    :'.<' 


498  Rieder 

verwenden  (γράφειν  μεμελετηκότες  λόγους);  selbst  zieht  er 
seine  improvisirten  Reden  jenen  γραπτοί  λόγοι  unbedingt  vor. 
Als  Stütze  seiner  Behauptung,  da«s  die  γραπτοί  λόγοι  als  fertige 
Redestücke  oder  τόποι  aufzufassen  seien,  führt  Geroke  (Rli. 
Mus.  62,  179)  Alkid.  §  14  an  und  meint,  das  Wort  τυπουν 
(δταν  τις  τά  μέν  αύτοσχεοιάίΓ)  τα  bi  τυποΐ)  solle  die  An- 
wendung solcher  τόποι  bezeichnen.  Dies  schliesst  er  wiederum 
ans  §  4,  wo  er  ein  Zeugniss  ßndet  für  'die  fast  einhellige  Ge- 
wohnheit der  alten  Logographen  und  Redner,  sich  solcher  τόποι 
zu  bedienen*.  Die  Richtigkeit  seiner  Interpretation  dieser  Stelle 
bestreite  ich.  Ich  möchte  sie  mit  einer  Stelle  aus  Isokrates^ 
Rede  προς  Νικοκλέα  zusammenstellen. 

Alkid.  §  4:  Isokr.  Π  41: 

παραθέμενον  τά  τών  προγεγονό-         χρή ήγεΐσθαι  τούτον 

των  σοφιστών  συγγράμματα  πολ-  χαριίστατον  δς  άν  τών  bie- 

λαχόθεν  εΙς  ταύτόν   ενθυμήματα  σπαρμένων    έν    ταΐς     τιίτν 

συναγεϊραι   καΐ   μιμήσασθαΐ    τάς  άλλων    διανοίαις    άθροΐσαι 

τών  ευ  λεγομένων  επιτυχίας πλείστα  δυνηθή  και  φράσαι 

και  τοις  άπαιδεύτοις   ^(jibiov  ιχέ-  κάλλιστα  περί  αυτών, 
φυκεν. 

Alkidamae  tadelt  also  nicht  eine  Unterrichtsmethode,  sondern 
die  Methode,  deren  sich  Isokrates  beim  Ausarbeiten  seiner  Reden 
bediente  und  deren  er  sich  selbst  ausdrücklich  rühmte,  nämlich 
dass  er  die  Gedanken  seinen  Vorgängern  einfach  entnahm  und 
die  eigene  Thätigkeit  darauf  heschränkte,  sie  in  eine  anmuthige 
Form  einzukleiden.  Von  Sammlungen  von  τόποι,  die  einem 
Unterrichtszwecke  dienten,  ist  an  keiner  von  beiden  Stellen  die 
Rede. 

Dass  Alkidamas*  Sophistenrede  besonders  den  Isokrates  an- 
greife, wenn  auch  neben  diesem  andere  Redner  gemeint  sein 
könnten,  ist  nicht  eine  Erfindung  von  Hubik  noch  von  mir, 
sondern  galt  schon  lange  als  ausgemachte  Wahrheit.  Namentlich 
hat  Vahlen  (Sitzungsberichte  der  Wiener  Akademie,  phil.-hist. 
Klasse  43,  513  ff.)  nachgewiesen,  dass  jene  Rede  besonders 
gegen  Isokrates'  Sophistenrede  gerichtet  ist.  Nach  Gerckes  An- 
sicht dagegen  sei'Isokrates  überhaupt  nicht  gemeint  oder  wenigstens 
nur  als  einer  von  vielen  (Rh.  Mus.  62^  185).  Immerhin  hätte 
Alkidamas  seinen  Angriff  auf  'die  alte  Techne'  in  eine  solche 
Form  gekleidet,  dass  der  empfindliche  Isokrates  ihn  auf  sich  he- 
iiehen  konnte  und  sich  mit  den  ührigen  zusammen  'angeschwärzt' 


Alkidamas  und  Piaton  als  Oegner  des  Isokrates  499 

glaubte.     Aus    einer    Stelle    vod    Isokrates'    Sophisteorede  —  die 
Gercke    später    als  Alkidamas'  Eede    ansetzt  —  folgert  er,    daes 
Isokrates    selbst    anerkannt    habe,    die  Eede    des  Alkidamas    sei 
eigentlich    nicht  gegen  ihn   gerichtet    (Hermes  32, 359,  Rh.  Mus. 
54,  408  und  62,  185  f.).     Diese  Stelle  hat  Gercke  aber  gänzlich 
niissverstanden.     Isokrates    sagt  (XIII  11):    όρώ  γαρ  ου    μόνον 
περί   τους    έΕαμαρτάνοντας  τάς   βλασφημίας  γιγνομίνας  άλλα 
και   τους   άλλους   απαντάς   συνδιαβαλλομενους   τους  περί  τήν 
αυτήν  διατριβήν  δντας.    Das  soll  nach  Gercke  heissen:  Isokrates 
sieht,  dass  Alkidamas*  Schmähungen  nicht  nur  die  von  ihm  direct 
angegriffenen  Anhänger  der  alten  Techne  trifft,  sondern  dase  auch 
alle  anderen   Redner,  die  ihre  Reden  schriftlich  ausarbeiten,  von 
demselben  Vorwurf  getroffen  werden  —  vornehmlich  natürlich  er 
selbst.    Diese  Interpretation  ist  aber  ans  dem  Grunde  unmöglich, 
weil  Isokrates  den  Gegnern,   die   er  hier  angreift,    garnicht  vor- 
geworfen hat,    dass  sie  gegen  Andere  βλα(Τφημίαι  richteten;    er 
wirft  ihnen  nur  vor,  dass  sie,  obschon  sie  selbst  untüchtige  Redner 
seien,  dennoch  in  eitler  Weise  versprechen,  sie  würden  ihre  Schüler 
zu  vorzüglichen  Rednern  herausbilder.    Die  βλασφημίαι  und  die 
οίαβολαί  rühren  also  vom  Publicum  her:  sie  treffen  nicht  nur  die 
schlechten  Redelehrer,    die  ihr  Versprechen  nicht   halten  können 
(τους    έΗαμαρτάνοντας),    sondern  auch  die   ehrlich   Strebenden, 
die  sich    demselben  Berufe  hingeben.     Darum,    meint  'Isokrates, 
sollten  seine    marktschreierischen  Concurrenten   lieber  den  Mund 
weniger  voll  nehmen  (βουλοίμην  Sv  παύσασθαι  τους  φλυαροΟντας). 
Ich  muss  nun  überhaupt  die  Art  und  Weise,  auf  die  Gercke 
den  betreffenden  Theil  von  Isokrates' Sophistenrede  (XIII  9  — 13) 
interpretirt,   etwas  genauer  untersuchen,  weil  die  Auffassung  von 
Alkidamas'  Sophistenrede    zum    grossen  Theil   von    dieser  Inter- 
pretation abhängt.    Während  Gercke,  wie  erwähnt,  die  allgemeine 
Ansicht  verwirft,  dass  Alkidamas  gegen  Isokrates'  Sophistenrede 
polemisire,  behauptet  er  umgekehrt,  Isokrates  richte  in  dem  be- 
sprochenen  Abschnitte    einen    Angriff   auf  lAlkidamas    und    zwar 
besonders  auf  dessen  Sophistenrede.    £s  gilt  aber  auch,  zwischen 
Gerckes  früheren  und  seinen  jetzigen  Ansichten  zu  unterscheiden. 
Früher  (Hermes  32,360,  Rh.  Mus.  54,408)  bezog  er  nur  Isokr. 
XIII  9—11  auf  Alkidaraas,  meinte  aber,   dass  Isokrates  §§  12— 
13  sich   gegen    seine    und  des  Alkidamas    gemeinsamen   Gegner, 
die  Anhänger  der  alten  Techne,  richte,  jedoch  so,  dass  er  Isokrates' 
Angriff   auf   die    alte  Techne    nur   als    eine    ihm    abgezwungene 
Concession  an  Alkidamas  (und  Piaton)  betrachtete  (Hermes  32,  376, 


500  Reeder 

Rh.  Mu8.  54,  413).  Jetzt  (Rh.  Mas.  62)  meint  er,  daes  auch  die 
§§  12—13  gegen  Alkidamas  gerichtet  eeien  and  eben  eine  Yer- 
theidigang  der  alten  Techne  enthalten. 

Gegen  Gerckes  frühere  Aaffaseang  will  ich  eretene  ein- 
wenden, dans  die  Oegenttberstellang  von  λόγοι  and  γράμματα 
sowohl  im  §  10  als  im  §  12  es  an  wahrscheinlich  macht,  daee  mit 
§  12  ein  ganz  neuer  Abschnitt  beginnen  sollte  —  daher  sog 
Gercke  damals  aach  §  10  die  Lesart  des  Urbinas  πραγμάτων 
für  γραμμάτων  vor  — ,  zweitens  dass  das  Wort  τούτους  am 
Anfang  des  §  12  es  aach  auszoschliessen  scheint,  dase  Isokrates 
eich  hier  plötzlich  gegen  andere  Gegner  wenden  sollte.  Gerckes 
jetzige  Auffassang  mass  ich  dagegen  etwas  eingehender  behandeln, 
nicht  nar  am  die  Frage  za  beantworten,  was  sich  über  Isokrates* 
YerhältnisR  zar  alten  Techne  aas  der  Stelle  schliessen  lasse, 
sondern  aach  damit  die  Gercke*sche  Interpretationsmetbode  in 
ihrem  wahren  Lichte  erscheine. 

Dass  der  von  Isokrates  Angegriffene  Alkidamas  sein  müsse, 
schliesst  Gercke  daraas,  dass  Isokrates  seine  Gegner  als  Improvi' 
satoren  bezeichne  (Rh.  Mas.  62,  186  f.).  Wo  steht  aber  da• 
geschrieben?  Ich  mass  die  Stelle  (Isokr.  XIII  9)  wörtlich  aas* 
schreiben:  ούτω  b'  άναισθήτως  αυτοί  Τ€  &ιάκ€ΐνται  καΐ  τους 
άλλους  ίχ€ΐν  όπειλήφασιν  ώστε  χείρον  γράφοντες  τους  λόγους 
ή  των  Ιδιωτών  τίνες  αύτοσχεδιάίουσιν,  δμως  ύπισχνουνται  τοι- 
ούτους Ρήτορας  τους  συνόντας  ποιήσειν  ώστε  μηδέν  των  ενόν- 
των έν  τοις  πράγμασι  παραλιπειν.  Ich  bin  überzeagt,  dass  Gercke, 
wenn  er  diese  Worte  mit  der  gebührenden  Aufmerksamkeit  nach- 
liest, zageben  wird,  dass  das  Verbam  αυτοσχεοιά2^ουσιν  nnmög- 
lieh  auf  die  von  Isokrates  angegriffenen  Personen  bezogen  werden 
kann,  sondern  sich  an  das  Suhject  των  Ιδιωτών  τίνες  anschliessen 
mass;  sonst  würde  ja  das  folgende  Verbam  ύπισχνουνται  in  der 
Luft  schweben,  und  wenn  man,  um  die  grammatische  Constmotion 
zu  retten,  zu  einer  Conjectur  greifen  (vor  Conjecturen  schreckt 
Gercke,  wie  wir  sehen  werden,  nicht  zurück)  und  vor  δμως  ein 
άλλ'  einschieben  wollte,  würde  der  Satz  dennoch  logisch  unver- 
ständlich sein;  denn  dass  die  Leute  improvisiren,  zeugt  doch 
nicht  von  αναισθησία,  dagegen  könnte  man  die  Redelehrer  für 
αναίσθητοι  halten,  wenn  sie  sich  trotz  ihrer  UntUchtigkeit  auf 
eine  eitle  Prahlerei  einliessen,  und  die  Kedelehrer  selbst  müssten 
die  jungen  lernbegierigen  Leute  für  αναίσθητοι  halten,  wenn  sie 
glaubten,  diese  würden  sich  durch  ihre  Prahlerei  verlocken  lassen. 
Also   Isokrates   sagt   nur,    dass    seine   Gegner    schlechte    Reden 


Alkidamas  und  Piaton  als  Gegner  des  Isokrates  501 

schreiben,  nicht,  dass  sie  improvieiren  ^,  and  Gerokes  Syllogiemus: 
'Isokrates  greift  Improvisatoren  an;  Alkidamas  war  ein  Impro- 
visator; also  greift  Isokrates  Alkidamas  an ,  wird  durch  Wegfall 
seiner  ersten  Voraussetzung  völlig  haltlos. 

Gleich  nachher  (§  10)  sagt  Isokrates  von  seinen  Gegnern, 
dass  sie  φασίν  ομοίως  τήν  τών  λόγων  έπιστήμην  ώσπερ  τήν 
των  γραμμάτων  παραοώσειν.  Das  versteht  Jedermann  so:  sie 
behaupten,  dass  sie  die  Kedekunst  in  derselben  Weise  (ebenso 
leicht)  lehren  können  wie  die  (elementare)  Schreibkunst.  Gercke 
aber,  der  früher  die  Lesart  πραγμάτων  vorzog,  aber  jetzt,  weil 
er  den  Zusammenhang  mit  §  12  festhält,  auch  hier  die  γράμματα 
halten  möchte,  wittert  hier,  wahrscheinlich  weil  im  §  12  von  einer 
τβταγμίνη  τίχνη  die  Rede  ist,  die  alte  rhetorische  Techne  und 
versteht  unter  γράμματα  jene  fertigen  Redestücke,  welche  die 
Rhetoren  ihre  Schüler  auswendig  lernen  Hessen.  Weil  es  sich 
nun  aber  so  unglücklich  trifft,  dass  Alkidamas  gerade  ein  Feind 
der  alten  Lehrmethode  war  und  sich  also  kaum  selbst  solcher 
γράμματα  bediente,  greift  Gercke  zu  einer  Conjectur  und  schlägt 
vor,  ωσπερ  <ol  λοιποί)  τήν  τών  γραμμάτων  zu  schreiben,  d.  h. 
Alkidamas  verspricht,  seine  Schüler  die  Kunst  des  Improvisirens 
ebenso  leicht  lehren  zu  können,  wie  die  alten  Rhetoren  ihre 
Schüler  die  fertigen  Redestücke  auswendig  lernen  lassen. 

Mit  welchem  Recht  nimmt  aber  Gercke  (Hermes  32,  362  f. 
Rh.  Mus.  54,  406  ff.  und  62,  191  f.)  für  γράμματα  die  Bedeutung 
*  fertige  Redestücke*  an,  so  dass  för  die  λόγοι  (Isokr.  XIII  10 
und  12)  im  Gegensatz  dazu  die  eng  umgrenzte  Bedeutung  Mmpro• 
visirte  Reden*  angenommen  werden  muss?  Ich  sehe  nicht  ein, 
wie  Isokrates  hat  erwarten  können,  dass  jemand  diesen  Gegensatz 
verstehen  sollte,  weil  die  γράμματα  ja  selbst  λόγοι  sind;  jeden- 
falls heissen  sie  bei  Alkidamas  (§  1)  γραπτοί  λόγοι,  und  Piaton 
(Phaedr.  p.  275  C,  eine  Stelle,  auf  die  Gercke  sich  auch  ohne 
Grund  für  seine  Auffassung  beruft:  s.  oben  S.  497)  spricht  auch 
von  λόγοι  γεγραμμένοι,  um  davon  nicht  zu  reden,  dass  Isokrates 


*  Vielleicht  ist  Gercke  von  Reinhardt  in  die  Irre  geführt  worden. 
Dieser  scheint  zwar  selbst  die  Stelle  sprachlich  verstanden  zu  haben, 
obgleich  er  (De  Isocr.  aem.  S.  11)  das  Gitat  nach  αύτοαχβ&ιάΖουσιν  ab- 
bricht, aber  er  schliesst  doch  daraus,  dass  Isokrates'  Gegner,  die  so 
schlechte  Reden  schrieben,  sich  vielleicht  eben  in  der  Improvisations- 
kunst  auszeichneten,  und  nimmt  daher  Alkidamas  als  den  Angegriffenen 
an,  obgleich  er  dessen  Sophistenrede  einer  späteren  Zeit  zuweist.  Vgl. 
gegen  Reinhardt  Teichmüller,  Litt.  Fehden  I  91  f. 


502  Reeder 

selbst  oft  das  Wort  λόγος  im  Sinne  von  einer  geschriebenen  Rede 
gebraucht  (vgl.  Habik  S.  244). 

Sehen  wir  nns  also  die  Stelle  im  §  12  an,  wo  Isokrates 
mit  dem  Gegensatz  von  γράμματα  und  λόγοι  operirt.  Von  den 
γράμματα  sagt  er,  dass  sie  unbewegt  und  an  derselben  Stelle 
bleiben,  sodass  wir  uns  immer  derselben  unter  denselben  Ver- 
hältnissen bedienen;  mit  den  λόγοι  verhalte  es  sich  aber  ganz 
umgekehrt.  Hierin  sieht  Gercke  eine  Bevorzugung  der  γράμματα 
seitens  des  Isokrates;  *die  Reden  der  Logographen  und  seine 
eigenen  sind  für  alle  Zeiten  geschrieben'  (Rh.  Mus.  62,  193).  Um 
nun  die  Richtigkeit  von  Gerckes  Erklärung  der  γράμματα  zu 
prüfen,  möchte  ich  der  fraglichen  Isokratesstelle  eine  von  Xenophon 
gegenüberstellen. 

Isokr.  XUI  12:  Xen.  Mem.  IV  4,   6-7: 

τίς  γάρ  ουκ  olbe  και  ό  Σωκράτης*  *Ό  bi  γ€  τούτου 
πλην  τούτων,  δτι  το  οεινότερον,  ίφη,  ώ  Ίτπτία,  ου  μόνον 
μέν  τών  γραμμάτων  άει  τα  αυτά  λίγω,  άλλα  και  πβρι  τών 
άκινήτως  ίχει  και  μένει  αυτών  σύ  b'  ϊσως  bia  το  πολυμαθής 
κατάταύτόν,  ώστε  τοις  είναι  περί  τών  αυτών  ούόε'ποτε  τά  αυτά 
αύτοϊς  άει  περί  τών  λε'γεις.  Άμέλει,  ίφη,  πειρώμαι  καινόν 
αυτών  χρώμενοι  διατε-  τι  λέγειν  άεί.  ΤΤότερον,  ίφη,  και  περί 
λοΟμεν;  ών   έπίστασαι;    οίον  περί    γραμμάτων 

έοίν  τις  ίρηταί  σε,  πόσα  και  ποια  Σωκρά- 
τους εστίν,  άλλα  μέν  πρότερον,    άλλα 
bi  νυν  πειρςί  λέγειν; 
Es  läset  sich  doch   wohl  nicht  bezweifeln,  dass  sich  an  den 
beiden  Stellen  ein  ganz    ähnlicher  Gedankengang  vorfindet.     Ich 
möchte  nun  wissen,  wie  Gercke  bei  Xenophon  die  γράμματα  ver- 
steht.    Ich    sehe   nur    einen  Ausweg.     Dass  der  Name  'Sokrates' 
aus  Buchstaben   besteht,    das    verstehe  ich,    aber  was  es    beissen 
soll,  dass  Sokrates  aus  ^fertigen  Reden  oder  Redestücken'   bestehe, 
das  will   mir  nicht    einleuchten.     Wenn    aber  Gercke   behaupten 
sollte,  die  γράμματα  seien  an  den  beiden  Stellen  verschieden  zu 
fassen,  dann  giebt  es  wiederum  zwei  Möglichkeiten:  entweder  ist 
die  Xenophonstelle  die  ältere^ ;    wie  hat  dann  Isokrates   glauben 
können,    dass   seine  Leser  bei  ihm  die    γράμματα  im  Sinne  von 
'Redestücken    verstehen  würden  ?   oder  die  Isokratesstelle  ist  die 


1  An  die  Richtigkeit  der  Behauptung  Teichmüllers  (I  85),  dem  ich 
die  Zusammenstellung  verdanke,  die  Priorität  der  Memorabilien  sei 
aus  den  angeführten  Stellen  zu  beweisen,  glaube  ich  nicht. 


Alkidamas  und  Piaton  als  Gegner  des  Isokrates  503 

ältere;    dann    hat    Xenophon   sie   in    derselben    Weise   verstehen 
müssen  wie  ich. 

Aber  stellen  wir  uns  immerhin  noch  einen  Augenblick  anf 
Gerckes  Standpunkt  und  erklären  wir  die  γράμματα  als  Rede- 
stücke.  Jetzt  versteht  er  also  Isokrates'  Worte  so,  dass  er  die 
γράμματα  höher  schätze  als  die  λόγοι.  Dass  er  früher  der  ent- 
gegengesetzten Ansicht  war,  hatte  seinen  Grund  darin,  dass  die 
Anfangs  Worte  des  §  12  ihm  gegen  'die  alte  Techne*  gerichtet  zu 
sein  schienen.  Um  nun  den  Sinn  dieser  Worte  ins  Umgekehrte 
zu  drehen,  schlägt  er  eine  Aenderung  des  Textes  vor,  die  an 
Kühnheit  ihres  Gleichen  sucht.  Es  steht  geschrieben:  θαυμά^ιυ 
b'  οταν  xbix)  τούτους  μαθητών  άΕιουμένους,  όχ  ποιητικού  πράγ- 
ματος τεταγμένην  τεχνην  παράδειγμα  φέροντες  λελήθασι  σφας 
αυτούς.  £&  scheint  also,  dass  Isokrates*  Gegner  die  τέχνη  hoch- 
halten, aber  das  stimmt  nicht  zu  Gerckes  neuer  Theorie.  Also 
schlägt  er  vor  (S.  198):  θαυμάίιυ  b^  δταν  ibiu  τούτους  μαθητών 
άΕιουμένους,  οι  πολιτικού  πράγματος  τεταγμένην  τέχνην  <ού 
λυσιτελεϊν  φασι  τοις  συνοΟσιν,  δμιυς  bi  τοιαύτης  μάλλον  ή 
λόγων  αύτοσχεδιαίομένων)  παράδειγμα  φέροντες  λελήθασι  σφάς 
αυτούς.  Ich  will  über  diese  Willkürlichkeit  kein  Wort  weiter 
verlieren,  sondern  bloss  die  Fehler,  deren  sich  Gercke  bei  der 
Interpretation  der  §§  9 — 13  der  Sophistenrede  des  Isokrates 
schuldig  macht,  kurz  zusammenstellen.  Im  §  9  hat  er  das  αύτο- 
σχεοιάίουσιν  falsch  bezogen,  im  §  10  schaltet  er  zwei  Worte  in 
den  Text  ein,  ebendort  wie  im  §  12  behauptet  er  für  die  γράμματα 
eine  Bedeutung,  die  das  Wort  sonst  nie  hat,  und  statnirt  einen 
falschen  Gegensatz  zwischen  γράμματα  und  λόγοι,  im  §  11  ver- 
steht er  die  βλασφημίαι  falsch,  am  Anfang  des  §  12  interpolirt 
er  den  Text  mit  der  grössten  Willktirlichkeit,  weil  er  die  τεταγ- 
μένη τέχνη  nicht  versteht.  Ich  füge  noch  hinzu,  dass  er  sich 
auch  im  §  12  genöthigt  sieht,  zu  δοκεϊ  ein  αύτοϊς  (im  Sinne  von 
^meinen  Gegnern')  hinzuzudenken  (S.  196),  und  dass  er  schliess- 
lich im  §  13  die  παραδείγματα  missdeutet.  Gerckes  Textinter- 
pretation bietet  in  der  That  ein  lehrreiches,  daneben  aber  fast 
unheimliches  Beispiel  davon,  wie  ein  phantasiereicher  und  combi- 
nationsfahiger  Gelehrter  sich  durch  vorgefasste  Theorien  verleiten 
lassen  kann,  sich  über  die  einfachsten  Interpretationsregeln  hin- 
wegzusetzen. 

Ich  gebe  ganz  kurz  meine  eigene  Erklärung  des  besprochenen 
Abschnittes.  Isokrates  greift  Concurrenten  an,  die  in  markt- 
schreierischer Weise  versprochen   haben,    ihre  Schüler  die  Rede- 


504  Rsder 

kanst  ebenso  leicht  lehren  zn  können  wie  die  elementare  Schreih- 
knnst.  Diese  Kunst  (nicht  die  Kalligraphie,  sondern  die  Ortho- 
graphie) ist  die  im  §  12  erwähnte  τεταγμένη  τέχνη,  die  mit  der 
rhetorischen  Techne  nichts  zu  than  hat.  Isokrates  wirft  also  hier 
seinen  Gegnern  vor,  dass  sie  in  gedankenloser  Weise  (λ€λήθα(Π 
σφας  αυτούς)  diese  mechanische  Fertigkeit  (τεταγμένην  τέχνην) 
mit  einer  Thätigkeit  vergleichen,  die  ein  künstlerisohes  Schaffen 
erheischt  (ποιητικού^  πράγματος  παράδειγμα  φέροντες).  Denn 
die  Orthographie  bleibt  stets  unverändert,  die  Reden  müssen 
sich  dagegen  nach  den  äusseren  Verhältnissen  und  den  καιροί 
richten,  und  die  Redner  dürfen  sich  nicht  immer  selbst  wieder- 
holen. Wer  sich  solcher  thörichten  Beispiele  oder  Yergleichungen 
(τοις  τοιούτοις  παραδείγμασι)  bedient,  sollte  vielmehr  Strafe 
zahlen  als  Geld  einnehmen. 

Von  Mer  alten  Techne'  ist  also  in  dem  ganzen  Abschnitt 
keine  Hede,  ebensowenig  wie  bei  Alkidamas  und  bei  Piaton.  Wie 
aber  Isokrates  über  die  ältere  Rhetorik  geurtheilt  hat,  sieht  man 
aus  §  19,  wo  ol  προ  ημών  γενόμενοι  και  τάς  καλούμενος  τέχνας 
γράψαι  τολμήσαντες  durchaus  nicht  freundlich  erwähnt  werden. 
Wie  vermag  Gercke  diese  Stelle  mit  seiner  neuen  Theorie  von 
Isokrates'  freundlichem  Verhältnies  zur  alten  Techne  zu  vereinigen? 
Ob  dagegen  Alkidamas  zu  den  Concurrenten  gehört,  die  Isokrates 
§§9  —  13  angreift,  lässt  sich  nicht  entscheiden;  es  spricht  nichts 
dafür,  aber  auch  nichts  dagegen.  Aber  die  Annahme  der  Früheren 
(Spengel,  Vahlen,  Keinhardt  usw.),  dass  Alkidamas'  Sophistenrede 
gegen  Isokrates  gerichtet  sei,  der  später  im  Panegyrikos  den  An- 
griff beantwortet,  ist  unerschüttert.  Es  bleibt  noch  übrig,  die 
Haltung  Platons  den  Rhetoren,  und  zwar  namentlich  dem  Isokrates, 
gegenüber  zu  betrachten.  Bei  dieser  Untersuchung  habe  ich  aber 
mit  Gercke  nichts  mehr  zu  thun,  der  meine  Behandlung  des 
Phaedros  principiell  ignorirt,  sondern  muss  einen  neuen  Anlauf 
nehmen. 

Π. 

In  einem  interessanten  und  werthvollen  Aufsatz,  'Isokrates 
und  die  Sokratik'  (Wiener  Studien  27, 163  ff.  und  28,  1  ff.)  hat 
H.  Gomperz  namentlich  auf  das  Verhältniss  zwischen  Isokrates 
und  Piaton  ein  neues  Licht  geworfen.     In   mehreren  Punkten  ist 

^  Hiermit  stimmt,  dass  Alkidamas  §§  2  und  34  die  Verfasser 
schriftlicher  Reden  als  ποιηταί  bezeichnet. 


Alkidamas  und  Piaton  als  Gegner  des  Isokrates  505 

er  zu  demselben  Ergebnies  gelangt  wie  ich,  was  mir  um  so  er- 
freulicher erscheint,  als  wir  offenbar  von  einander  unabhängig 
gearbeitet  haben ;  nur  in  einer,  wie  es  scheint,  nachträglich  hin- 
zugefügten Anmerkung  (28,  35)  thut  Gomperz  meiner  Arbeit  Er- 
wähnung. 

Was  unser  Verständniss  des  Verhältnisses  zwischen  Piaton 
und  Isokrates  immer  so  sehr  erschwert  hat,  ist  die  Thatsache, 
dass  trotz  der  schweren  und  langwierigen  Missstimmung,  die 
namentlich  bei  Isokrates  gegen  Piaton  zu  Tage  tritt,  dennoch 
am  Schluss  des  Phaedros  eine  anscheinend  sehr  anerkennende 
Aeusserung  über  Isokrates  vorkommt.  In  früheren  Zeiten,  als 
der  Phaedros  allgemein  als  einer  von  den  frühesten  unter  Piatons 
Dialogen  galt,  erklärte  man  das  Verhältniss  so,  Isokrates  habe 
den  sokratischen  Kreisen  von  Anfang  an  nahe  gestanden  und  sei 
ein  Jugendfreund  Piatons  gewesen,  dieser  habe  ihn  deshalb  im 
Phaedros  so  freundlich  beurtheilen  können;  eben  daraus  folgerte 
man  aber  auch,  dass  der  Phaedros  in  eine  frühe  Zeit  gehöre, 
denn  nachdem  Isokrates,  zB.  schon  in  der  Sophistenrede,  seine 
ganz  unphilosophische  Gesinnung  an  den  Tag  gelegt  hätte,  wäre 
ein  freundliches  Verhalten  Piatons  ihm  gegenüber  unmöglich  ge- 
wesen.    Auf  diesem  Standpunkt  steht  zB.  Gercke  noch  jetzt. 

Nun  zeigt  Gomperz  mittelst  einer  Durchmusterung  von 
Isokrates*  Keden,  dass  gerade  in  den  frühesten  Reden  durchaus 
keine  freundliche  Gesinnung  gegen  Piaton  oder  überhaupt  gegen 
die  Sokratiker  zu  Tage  tritt,  sondern  vielmehr  heftige  Ausfälle 
gegen  diese  Philosophen  vorkommen;  später,  namentlich  in  den 
kyprisohen  Keden  und  im  Busiris,  habe  Isokrates  sich  dagegen 
viele  sokratischen,  antisthenischen  und  platonischen  Gedanken  an- 
geeignet, um  schliesslich  in  den  Reden  seines  hohen  Alters,  zB, 
in  der  Antidosisrede,  die  Angriffe  der  früheren  Reden  zu  wieder- 
holen. Da  nun  Gomperz,  worin  ich  mit  ihm  ganz  einverstanden 
bin,  den  Phaedros  verhältnissmässig  spät  ansetzt  —  er  geht  sogar 
bis  zum  Jahre  371  herab  (28,  42)  — ,  sucht  er  zwischen  der  freund- 
lichen Aeusserung  über  Isokrates,  die  sich  in  diesem  Dialoge  findet, 
und  der  Thatsache,  dass  Isokrates  in  den  Reden,  die  derselben 
Zeit  angehören,  häufig  platonische  Gedanken  vorträgt,  einen  inneren 
Zusammenhang  und  meint  sogar,  dass  der  Philosoph  und  der 
Rhetor  um  diese  Zeit  eine  'Kartellierung'  geschlossen  haben  zu 
dem  Zwecke,  der  studirenden  Jugend  gegenüber  einander  gegen- 
seitig zu  empfehlen.  Als  aber  schliesslich  Aristoteles,  um  dem 
Isokrates  Concurrenz  zu  machen,  seine  eigene  rhetorische  Schule 


506  Rseder 

eröffnete,    habe    Isokrates  den   Kampf  gegen    die   Akademie    τοη 
Neuem  aufgenommen  (28,  37  ff.). 

Um  die  Richtigkeit  dieser  Combinationen  prüfen  zu  können, 
gilt  ee  zunächst  darüber  ins  Reine  zu  kommen,  wie  die  Benutzung 
sokratischer  oder  platonischer  Gedanken  bei  Isokrates  zu  beur- 
tbeilen  ist.  Namentlich  gilt  dies  von  den  Reden  der  mittleren 
Periode,  denn  darin  bin  ich  mit  Gomperz  ganz  einig,  dase  nur 
bei  diesen  die  Möglichkeit  vorliegt,  Anzeichen  von  einer  freund- 
lichen Gesinnung  dem  Piaton  gegenüber  zu  finden,  und  für  be- 
sonders werthvoll  halte  ich  seinen  Nachweis,  dass  die  früher  und 
zum  Theil  jetzt  noch  so  beliebte  Annahme  einer  zwischen  den 
beiden  Männern  bestehenden  Jugendfreundschaft  keine  Stütze  in 
der  Ueberlieferung  findet.  Unter  den  Reden  der  mittleren  Periode 
kommen  aber,  wie  gesagt,  hauptsächlich  die  kypriscben  Reden 
und  der  Busiris   in  Betracht. 

Es  ist  ein  höchst  eigenthümliches,  aber  gewiss  in  der  Haupt- 
sache richtiges  Bild,  das  uns  Gomperz  durch  seine  Analysen  von 
dem  Gedankeninhalt  dieser  Reden  bietet.  Moralisirende  Aue- 
führungen, die  ebensogut  einem  sokratischen  oder  kynisohen  Philo- 
sophen oder  gar  Piaton  selbst  angehören  könnten,  stehen  den 
seichtesten  und  unphilosophischsten  Aeusserungen  friedlich  zur 
Seite.  Es  kommt  mir  aber  vor,  dass  Gomperz  mit  grösserem 
Eifer  den  philosophischen  als  den  unphilosophischen  Aeusserungen 
des  Isokrates  nachgegangen  ist.  Folgende  Stelle  aus  der  Rede 
προς  Νικοκλεα  hätte  wenigstens  verdient  aufgenommen  zu  werden 
(II  39):  σοφούς  νόμιίε  μη  τους  ακριβώς  περί  μικρών  ερίζοντας 
άλλα  τους  ευ  ττερι  μεγάλων  λέγοντας,  μηδέ  τους  τοις  μέν  δλλοις 
εύοαιμονίαν  ύπισχνουμένους,  αυτούς  b'  έν  πολλαϊς  άπορίαις 
όντας,  ίη  dieser  Rede,  die  nach  Gomperz  (28,  25)  Vollständig 
unter  sokratischem  Einfluss  steht ,  findet  sich  also  eine  Schmähung 
gegen  die  sokratischen  Philosophen  ganz  von  derselben  Art  wie 
in  der  Helene  (X  5)  und  in  der  Sophistenrede  (Xill  3.  20).  Und 
in  derselben  Rede  (il  41)  findet  sich  auch  der  oben  (S.  498)  in 
einem  anderen  Zusammenhange  citirte  Ausspruch,  es  gelte  die 
Gedanken  der  anderen  Schriftsteller  zusammenzustellen  und  in 
formeller  Beziehung  auszuschmücken.  Isokrates  hat  sich  gewiss 
selbst  richtig  beurtheilt,  und  es  ist  kaum  glaublich,  dass  die 
Sokratiker  es  sich  zur  Ehre  angerechnet  hätten,  dass  ein  philo- 
sophischer Parasit,  wie  jener  es  war,  ihre  Schriften  in  systema- 
tischer Weise  ausbeutete,  während  er  sie  selbst  nach  wie  vor 
als   'Eristiker    schmähte.     Gomperz   selbst   hat    sich    wenigstene 


Alkidamas  und  Platou  als  Geguer  des  Isokrates  507 

von  Isokrates  nicht  täuschen  lassen.  Verächtlich  spricht  er  von 
Isokrates'  'schönsten  sokratischen  Paraenesen';  zwar  hätte  dieser 
in  äusserlicher  Hinsicht  Piatons  Hoffnungen  [im  Phaedros  —  sofern 
dieser  Dialog  in  eine  frühere  Zeit  fällt]  vollkommen  erfüllt;  aber 
Isokrates  sei  doch  'nie  etwas  anderes  gewesen  als  ein  hohler 
Wortmacher',  der  es  'vortheilhaft  gefunden  habe,  über  sokratische 
Gemeinplätze  zu  deklamiren^*  (28,35).  Dies  führt  Gomperz  aus, 
um  es  als  unglaublich  erscheinen  zu  lassen,  Piaton  habe  im 
Phaedros  so  schön  über  Isokrates  prophezeien  können,  bevor 
dieser  sich  als  sokratischer  Deklamator  entschleiert  hätte;  aber 
sollen  wir  denn  glauben,  dass  jene  sympathischen  Worte,  als 
vaticinium  ex  eventu  gefasst,  nach  dieser  Entschleierung  möglich 
gewesen  seien?  Sollen  wir  glauben,  Gomperz  habe  wie  wohl 
fast  die  ganze  Nachwelt  den  Isokrates  durchschaut,  Piaton  sei 
dagegen  so  einfältig  gewesen,  dass  ersieh  durch  hohle  Deklamationen 
habe  täuschen  lassen,  so  dass  er  die  früheren  Schmähungen  ver- 
gessen habe,  obgleich  diese  Schmähungen  gleichzeitig  mit  jenen 
Deklamationen  nochmals  von  Isokrates  wiederholt  wurden? 

Nun  meint  aber  Gomperz,  der  ßusiris  des  Isokrates  sei 
besondere  dazu  geeignet  gewesen,  eine  Freundschaft  oder  doch 
ein  leidliches  Verhältnies  zwischen  Piaton  und  Isokrates  anzu- 
bahnen; hier  seien  die  Schmähungen  der  Helene  'förmlich  zurück- 
genommen' worden  (28, 42).  Untersuchen  wir  nun  einmal,  ob 
diese  Auffassung  des  Busiris  haltbar  sei.  Ich  stimme  freilich 
Gomperz  bei,  wenn  er  wie  früher  Teichmüller  (I  101  flF.)  an  mehreren 
Stellen  des  Busiris  Beziehungen  auf  Piatons  Staat  erkennt,  ver- 
mag aber  nicht  diese  Beziehungen  als  so  besonders  freundliche 
aufzufassen.  In  Isokrates'  Verwerfung  der  Mythen,  die  über  die 
Thaten  der  Götter  und  Halbgötter  Unschickliches  vorbrachten 
(XI  38  ff.),  sehe  ich  nur  eine  Entlehnung  platonischer  Gedanken 
von  derselben  Art,  wie  wir  sie  in  anderen  Reden  beobachtet 
haben.  Andere  verhält  es  sich  dagegen,  wo  Isokrates  auf  die 
von  Piaton  entworfene  Staatsordnung  selbst  anspielt.  Nicht  nur 
berichtet  Isokrates,  dass  eine  Staatsordnung,  die  mit  der  platonischen 
die  Hauptzüge  gemein  hatte,  von  ßuairis  in  Aegypten  eingeführt 
worden  sei  (XI 15  ff.),  sondern  auch  mit  dem  von  Piaton  empfohlenen 
Studienplan  verhalte  es  sich  in  derselben   Weise  (XI  23). 


^  Noch  in  der  Antidosisrede,  die  in  eine  Zeit  föllt,  wo  zwischen 
Isokrates  und  Piaton  jedenfalls  keine  Freundschaft  bestand,  bedient 
eich  der  Rketor  nach  Gomperz  (28,  3)  eines  ähnlichen  Verfahrens. 


508  Reder 

Was  meint  nun  leokrates  damit?  Mit  seiner  kleinen  Rede 
verfolgt  er  ja  den  Zweck,  dem  Rhetor  Polykrates  zn  zeigen,  wie 
eine  Lobrede  auf  Bnsiris  zn  machen  sei.  Polykrates  hätte  seine 
Sache  schlecht  gemacht;  anstatt  den  Basiris  gegen  den  Yorwnrf 
zu  vertheidigen,  dass  er  die  Fremden,  die  nach  Aegypten  kämen, 
opferte,  hätte  er  ihn  vielmehr  sogar  als  Menschenfresser  darge- 
stellt (XI  5).  Das  wäre  eine  sehr  ungeschickte  Vertheidigung, 
meint  leokrates:  nein,  wenn  Polykrates  etwas  recht  Schönes  über 
den  Busiris  sagen  wollte,  dann  hätte  er  ihn  die  platonische  Staats- 
ordnung in  Aegypten  einfuhren  lassen  sollen!  üieruber  artheilt 
Gomperz  so,  leokrates  habe  es  als  einen  ^  Ruhmestitel  des  Basiris 
angeführt,  dass  er  den  Studienplan  der  Akademie  in  Aegypten 
eingeführt  habe*  (27, 196).  Ich  frage  umgekehrt:  ist  es  denn 
eigentlich  ein  Ruhmestitel'  für  den  Studienplan  der  Akademie, 
dass  er  als  eine  Erfindung  des  menschenopfernden  oder  menschen- 
fressenden Könige  hingestellt  wird?  Wenn  das  ein^Compliment' 
für  Piaton  sein  soll,  dann  ist  es  jedenfalls  ein  recht  ungeschicktes 
Compliment. 

leokrates'  eigenes  Urtheil  über  den  Studienplan  der  Akademie 
wird  auch  nicht  ganz  genau  von  Gomperz  referirt.  leokrates  sagt 
über  die  Unterrichtsfächer,  die  Piaton  für  die  Jugend  empfiehlt: 
ών  τάς  δυνάμεις  o\  μέν  ώς  προς  ίνια  χρησίμους  έπαινοΟσιν,  οι  b' 
ώς  πλείστα  προς  άρετήν  συμβαλλομίνας  άποφαίνειν  έπιχειροΟσιν 
(XI  23).  Mit  Recht  nimmt  Gomperz  an,  daee  leokrates  durch 
ol  μέν  eich  eelbet,  durch  ol  bi  die  Platoniker  bezeichne;  wenn 
er  aber  von  der  platonischen  Ä^neicht  bemerkt,  dass  sie  von  leokrates 
^nicht  nur  ohne  ein  Wort  der  Kritik  (wenn  auch  mit  einem  leieen 
Vorbehalt)  erwähnt,  eondern  auch  implicite  gebilligt'  werde,  scheint 
er  dae  έπίχειροΟσίν  übereehen  zu  haben;  die  Platoniker  haben  ee 
unternommen,  die  ethieche  Bedeutung  einee  mathematischen,  astro- 
nomischen und  dialektischen  Unterrichts  nachzuweisen,  aber  dass 
dies  Unternehmen  gelungen  sei,    dafür  steht  Isokrates  nicht  ein. 

Und  nun  Piaton  selbst;  wie  urtheilt  Isokrates  über  ihn? 
Nehmen  wir  mit  Gomperz  (27, 196  f.)  an,  Piaton  gehöre  za  den 
XI 1 7  erwähnten  τών  φιλοσόφων  τους  . . .  μάλιστ'  εύ^οκιμουντας, 
dann  muss  dennoch  die  Bemerkung,  dies  sei  'ein  ostentatives  — 
wenn  auch  gewiss  von  inneren  Vorbehalten  begleitetes  —  Lob', 
als  unzutreffend  bezeichnet  werden.  Denn  dae  Verbum  eubOKl- 
μεΐν  bedeutet  ja  doch  nur  eo  viel  wie  *  Beifall  finden  and  zeugt 
hier  ebensowenig  von  wahrer  Anerkennung,  wie  wenn  es  bei  Piaton 
eelbet  (Hipp.  mai.  p.  291  A)   von  Hippiae  heisst:    εύδοκιμοΟντι 


AlkidaTnas  und  Piaton  als  Gegner  des  Isokrates  509 

έπι  0οφίςι  έν  πα0ΐ  τοις  Έλλη0ιν.  Mit  demselben  Spott  spricht 
sieb  Isokrates  (XI  28)  auch  über  Pytbagoras  aus,  der  nach  seiner 
Darstellung  seine  religiösen  Gebräuche,  wie  Piaton  die  Staats- 
tbeorien^  aus  Aegypten  eingeführt  haben  sollte,  ηγούμενος,  €i 
και  μηδέν  αύτψ  bia  ταύτα  πλίον  γίγνοιτο  παρά  τών  θεών, 
άλλ'  OÖV  παρά  γε  τοις  άνθρώποις  έκ  τούτων  μάλιστ'  εύοοκιμή- 
(J61V.  Dies  habe  er  auch  in  der  That  erreicht,  fährt  Isokrates 
fort,  und  die  Wirkungen  dauern  noch  immer  fort:  in  γαρ  καΐ 
νυν  τους  προσποιούμενους  εκείνου  μαθητάς  είναι  (d.  i.  Piaton) 
μάλλον  σιγώντας  θαυμάίουσιν  f\  τους  έπΙ  τψ  λέγειν  μεγίστην 
boEav  έχοντας  (XI  29).  Eine  Bewunderung,  die  den  Schweigenden 
zu  Tbeil  wird,  ist  gewiss  nicht  nach  dem  Sinne  des  Rhetors. 

Ich  finde  also  im  Busiris  keinerlei  Sympathie  für  Piaton, 
sondern  nur  Spott  und  Hohn,  und  es  scheint  mir  unglaublich, 
dass  diese  Rede  eine  freundliche  und  versöhnliche  Stimmung 
gegen  Isokrates  bei  Piaton  habe  erwecken  können.  Dazu  kommt 
schliesslich,  dass  ich  auch  nicht  bei  Piaton  im  Phaedros  diese 
Stimmung  habe  finden  können.  Ich  habe  früher  (Piatons  phil• 
Entwickelung  S.  269  ff.)  nachzuweisen  versucht,  dass  die  Polemik 
Piatons  im  Phaedros  in  mehreren  Beziehungen  gerade  auf  Isokrates 
zutrifft,  und  will  diesen  Nachweis  hier  nicht  wiederholen.  Nur 
auf  die  scheinbar  lobenden  Aeusserungen  über  Isokrates  am  Schluss 
des  Dialogs  möchte  ich  für  einen  Augenblick  zurückkommen. 
Gomperz  (28, 35  Anm.)  bezeichnet  meine  Auffassung,  das  Lob 
über  Isokrates  sei  in  der  That  ein  'schneidender  Hohn ,  als  ganz 
unannehmbar:  *  niemand  konnte  es  als  solchen  verstehen/  Merk- 
würdigerweise zeigt  sich  nun  aber,  dass  Gomperz  selbst  eine 
Auffassung  jenes  Lobes  vorträgt,  die  sich  mit  der  meinigen  recht 
stark  berührt,  die  ihm,  wenn  ich  mich  nicht  irre,  noch  nicht  be- 
kannt war,  als  er  den  Text  niederschrieb,  zu  dem  er  die  eben 
angeführte  Anmerkung  später  hinzufügte.  Ganz  wie  ich  es  ge- 
than  habe,  legt  er  auf  Piatons  Ausdruck  τΙς  φιλοσοφία  ein 
grosses  Gewicht;  *eine  gewisse  Philosophie  —  darin  verräth  sich, 
glaub*  ich,  nicht  undeutlich,  dass  Piaton  sich  hier  etwas  unbehag- 
lich fühlt'  (28,36).  Ja,  das  glaub'  ich  auch;  ich  glaube  sogar, 
dass  Piaton  sich  Isokrates'  'Philosophie*  gegenüber  sehr  unbehag- 
lich fühlte.  Wenn  Gomperz  sich  nur  dazu  bequemen  will,  seine 
Auffassung  ein  wenig  schärfer  auszusprechen,  dann  glaube  ich, 
werden  wir  uns  über  die  Stelle  verständigen  können;  ich  bin 
meinerseits  bereit,  das  'Schneidende  aus  dem  Hohne  fortzulassen, 
wenn  nur  der  Hohn  selbst  bestehen  bleibt« 


510  Raeder 

Daneben  möchte  ich  nochmals  wie  vorher  das  φύσει  im 
Lobe  betonen;  die  'Philosophie,  die  bloss  auf  der  Natnranlage 
beruhte,  hatte  für  Piaton  keinen  Werth.  Die  Worte,  die  Piaton 
seinen  Sokrates^  sprechen  läset,  haben  nach  meiner  Auffassung 
diesen  Sinn:  Isokrates  ist  ein  wahres  Wunderkind,  ein  'Natur- 
philosoph' (man  gestatte  mir  diesen  Gebrauch  des  Wortes  im 
Sinne  von  φύ(Τ€ΐ  φιλόσοφος);  der  wird  es  gewiss  einmal  weit 
bringen  —  weiter  als  Lysias.  Das  νέος  έτι  Ισοκράτης  kann  ich 
aber  unmöglich  in  dem  Sinne  verstehen,  wie  Gomperz  es  will: 
'als  Isokrates  die  Sophistenrede  und  die  Helene  schrieb,  war  er 
noch  jung,  und  ich  will  ihm  das  nicht  nachtragen/  Zu  dieser 
Erklärung  sage  ich  mit  Gomperz:  'Niemand  konnte  das  verstehen.' 
Erstens  konnte  Piaton  nicht  seinen  Sokrates  auf  Reden  hindeuten 
lassen,  die  viele  Jahre  nach  seinem  Tode  erschienen,  und  zweitens, 
wie  jung  war  denn  eigentlich  Isokrates,  als  er  die  beiden  er^ 
wähnten  Reden  verfasste?  Wenn  wir  Gomperz  glauben  sollen, 
der  die  Sophistenrede  um  388  ansetzt  (27,  168)  und  die  Helene 
'vor  380'  (27,  174),  schrieb  Isokrates  diese  Reden  als  ein  Jüngling 
von  48,  bezw.  gegen  56  Jahre!  Somit  scheint  mir  weder  der 
Basiris  noch  der  Phaedros  dazu  geeignet,  uns  an  ein  zeitweiliges 
gutes  Verhältniss  zwischen  Piaton  und  Isokrates  glauben  zu  machen. 

III. 

Alkidamas  und  Piaton  —  so  lautet  das  Schlussergebniss  — 
haben  alle  beide  einen  Kampf  gegen  Isokrates  geführt,  Alkidamas 
auf  einem  rein  rhetorischen  Gebiete,  Piaton  von  einem  höheren 
geistigen  Standpunkte  aus.  lieber  den  Fortgang  des  Streites 
zwischen  Isokrates  und  Alkidamas  wissen  wir  nicht  viel,  und  die 
Person  des  Alkidamas  steht  überhaupt  in  dunkeln  Umrissen  vor 
uns.  Wir  wissen,  dass  Piaton  sich  einige  von  seinen  Gedanken 
angeeignet  und  in  seinem  Sinne  verwerthet  hat,  aber  ob  zwischen 
den  beiden  Männern  sonst  ein  Verhältniss  bestanden  hat,  wissen 
wir  nicht.  Tür  Piaton  war  Alkidamas  gerade  so  wichtig  wie 
Isokrates',  meint  Gomperz  (28,  28)  vielleicht  mit  Recht,  aber  wir 
wissen  nichts  davon. 


^  Ich  meine  natürlich  die  Gesprächsperson  Sokrates,  den  *  plato- 
nischen' Sokrates,  nicht  den  '  historischen',  wie  Wendland  (Berl.  phil. 
Wochenschr.  1906,  Sp.  395)  anzunehmen  scheint,  der  mich  so  verstanden 
hat,  als  ob  ich  meinte,  Piaton  unterscheide  sein  Urtheil  über  Isokrates 
von  dem  günstigen  des  Sokrates.  Ich  gehöre  eben  zu  denen,  die  das 
vaticinium  über  Isokrates  '  in  jetzt  beliebter  Manier  in  sein  gerades 
Gegentheil  umdeuten   (ebend.  Sp.  388). 


Alkidaraas  und  Piaton  als  Gegner  des  Isokrates  511 

Dagegen  wissen  wir,  daes  in  der  Person  des  Isokrates  die 
Rhetorik  dem  Piaton  in  einer  Gestalt  entgegentrat,  mit  der  er 
sich  nicht  versöhnen  konnte.  Dadurch  dass  Isokrates  sich  nicht 
scheute,  den  platonischen  Dialogen  Gedanken  und  Sentenzen  zu 
entlehnen  und  nach  seiner  Art  aufzuputzen,  konnte  er  Piatons 
Sympathie  unmöglich  gewinnen.  Für  Piaton  hlieh  Isokrates 
immer,  was  er  war,  ein  hohler  Deklamator;  zwischen  Piaton 
und  Isokrates  war  keine  Versöhnung  möglich. 

Kopenhagen.  Hans  Raeder. 


AUS  RHETOREN-HANDSCHRIFTEN 


6.  Weitere  Textqnellen  für  Johannes  Diakonos. 

Scoriac.  T.  III.  10  [Sf],  Pergament-Hs,  12.  Jh.,  23,6x21  cm ; 
f.  1 — 24  ergänzt  im  15.  Jh.;  der  alte  Text  beginnt  f.  25r:  Herrn. 
IT.  ib,  II  277,  27— 425, 14  Sp.,  faet  gar  keine  Scholien ;  f.  228  ν : 
'Ερμογένους  περί  μεθόδου  δβινότητος,  bis  f.  267  ν,  die  Ränder 
von  einer  wenig  jüngeren  Hand  (12. — 13.  Jh.)  mit  Scholien  bedeckt 
(f.  236  V  nnd  267  ν  haben  keine,  ein  paar  Seiten  wenige  Scholien). 
Durch  Beschneiden  der  Ränder  nnd  durch  Feuchtigkeit  haben 
viele  Scholien  gelitten. 

Vat.  gr.  105  [Vk],  Papier-Hs,  13.  Jh.  (f.  418  r:  έτελβιώθη 
ή  παρούσα  βίβλος  έπ\  τών  χρόνων  του  φίλοχρίστου  δνακτος 
Ιωάννου  του  Δούκα  [1222—1254]  και  "Αννης  της  €ύσ€β€στάτης 
Αύγούστης,  Βασιλείου  του  άγιιυτάτου  και  οΙκουμενικοΟ  πατριάρ- 
χου, παρά  αμαρτωλού  μονάχου  Θωμά  κτλ.),  25  χ  16, 8  cm.  f.  363  ν: 
'Ερμογένους  π.  μεθ.  δειν.,  —  407r;  für  eich  geschrieben  ist  der 
Kommentar,  lagen  weise  mit  dem  Text  abwechselnd,  Anfang  f.  371  v, 
Schluss  f.  418r:  Έκτορα  ίβαλε,  W  VII  1349,6. 

SfVk^  enthalten  den  Kommentar  des  Johannes  Diakonos 
(s.  o.  S.  127  f.)  im  Anfang  unverkürzt,  weiterhin  stark  znsammen- 
gestrichen.  Vk  hat  die  üeberschrift:  ερμηνεία*  |  του  Κορίνθου^ 
εΙς  τό  π.  μεθ.  δειν.  έ£ήγησις ;  in  Sf  ist  die  erste  Zeile  des 
Kommentars  mit  der  Üeberschrift  —  falls  eine  da  war  —  weg- 
geschnitten, der  Schluss  aber  stimmt  mit  Vk,  nur  sind  in  Sf 
die  drei  letzten  Wörter  zerstört.  Zu  Herm.  448,  28  (s.  o.  S.  143; 
W  Vll  1310,4)  geben  Sf  Vk:  του  hk  κατά  *ΑνΙ)ροτίωνος  λόγου 
την  ύπόθεσιν  εύρήσεις  παρά  (έν  Vk)  τω  ΔοΗαπατρΙ^  έν  τώ 
πρώτω  τόμω  (fehlt  Vk)  τών  ευρέσεων.  Also  ist  der  Auszug 
SfVk    im   12.  Jh.  angefertigt,  wenn  nicht  am  Ende  des  11. 

^  Sf  war  einmal  von  de  Hoor  für  Graevon  eingesehen,  der  dazu 
Thcile  von  Vk  prüfte  und  Diels  (Vorsokr.2  II  617)  und  WilamowiU 
(S.-B.  d.  Preuss.  Ak.  1907,  3  A.  1)  neue  Bruchstücke  mittheilte. 

2  Das  'Gregor -Räthsel  kann  ich  noch  nicht  lösen. 

^  lieblicher  ist  ΔοΕαπατρής;  andre  Formen  aber  fand  ich  nie  in 
Hss.     Ich  druckte  Rh.  M.  02,  581  A.  1  nach  Walz  aus  einem  Hs-Titel 


Aas  Rhetoren-Handschriften  513 

Nur  den  Anfang  enthalten  5  Hss:  Yat.  141  (14.  Jh.;  reicht 
bis  πρώτον  W  VU  1109,  12)  und  eine  Gruppe  von  Hes  des 
16.  Jh.,  sämtlich  bis  λίχνοις  (vgl.  W  VU  1107,7)  reichend: 
Ambr.  738,  Taurin.  236  (1904  verbrannt),  Salamanc.  1—2—10, 
Mus.  Brit.  16  D  12.  Auch  diese  geben  in  der  Ueberschrift  Κορίνθου 
oder  του  Κ.;  ich  habe  Vat.  141  (s.  o.  S.  133)  und  Salam.  zn 
S.  133 — 136  ob.   verglichen:    die  Vorlage  stand  Yk   sehr  nahe. 

Laur.  56,  1  [Lo],  Papier-Hs,  13.  Jh.,  f.  52 r:  άπό  τής 
έ£ητήσ€ΐυς  του  μητροπολίτου  Κορίνθου  εΙς  τό  π.  μεθ.  beiv.  του 
'  Ερμογένους,  eine  kürzere  Fassung  des  W  VII  gedruckten  Gregor- 
Kommentars  (doch  ist  das  Verhältniss  noch  genauer  zu  unter- 
suchen). Auf  den  Rändern  stehen  von  Texthand  60  Nachträge, 
offenbar    aus   Job.  Diak.;    die    meisten    hat    Walz    in    den  An- 


ΔοΗοπατρής,  jetzt  habe  ich  festgestellt,  dass  die  Hss  dort  ΔοΗαιτατρίς 
geben,  also  ΔοΗαπατρής.  —  Von  Dox.'  Arbeitsweise  und  von  der  Aus- 
dehnung seiner  Studien  ein  klares  Bild  zu  gewinnen,  Echtes  und  Un- 
echtes zu  scheiden,  seine  Wirkung  auf  die  Folgezeit  zu  bestimmen,  wird 
bald  möglich  sein.  Hier  ein  Beitrag.  Als  Verfasser  einer  grammatischen 
Schrift  erscheint  Dox.  nur  im  Scor.  Ψ.  IV.  16:  Ιωάννου  τοΟ  ΔοΗαπάτρη 
π€ρΙ  θ€ωρητικής  γραμματικής.  Die  Hs  ist  aber  von  Darmarios  ge- 
schrieben, am  Rand  steht  von  spätrer  Hand  (keinenfalls  Darmarios  I): 
Θβωνος;  Anfang:  τήν  προς  τους  άπό  τών  μαθημάτων  άντίρρησιν,  in  Wirk- 
lichkeit also  Sextus  Empiricus  (einen  von  Darm.  1570  geschriebenen 
Sext.  in  Nürnberg  verzeichnet  Murr,  Memorabilia  bibliothecarum  Norimb. 
I  53).  Die  Etikette  'Dox.'  muss  zugkräftig  gewesen  sein,  da  der  alte 
Fälscher  sie  so  viel  verwandt  hat.  —  Scor.  Ψ.  IV.  4  zeigt  Dox.  als  'Philo- 
sophen' :  f.  477  r  (vgl.  f.  544  r)  Συνοπτικόν  σύνταγμα  φιλοσοφίας  *  Ιωάννου 
ΔοΗαπάτρη,  τοΙς  φίλομαθέσι  τών  βύσεβών  άρ(στη  σύνοψις  €ΐς  πΑσαν 
τήν  λογικήν  πραγματ€(αν  (Anf.:  ύϋσπερ  οΐ  άναγινώσκοντες  πρώτον  μέν 
τά  στοιχεία),  ein  spätrer  hat  den  Darm.  —  denn  auch  diese  Hs  ist  von 
ihm  —  verbessert, '  1ω.  ΔοΗ.  getilgt  und  an  den  Rand  geschrieben  Γρηγορ(ου 
ποιηθέν.  —  Dass  Darm,  den  Namen  Dox.  in  den  Titel  der  Einl.  W  VI 
4—30  hineingemischt  hat,  stellte  ich  Rh.  M.  62, 582  fest;  jetzt  kenne  ich 
anch  seine  Vorlage,  durch  die  Lücken  im  Papier  (zB.  VI  4, 4  διε1[  ]ov) 
erwiesen:  Scor  Σ.  II.  15  (13.— 14.  Jh.)  f.  175  r— 177  v,  ueberschrift  bis  auf 
unkenntliche  Reste  weggeschnitten;  diese  Hs  hat  er  auch  im  Scor.  T.  II. 
9  f.  297  r  abgeschrieben,  aber  ohne  Dox.'  Namen  —  Zu  Rh.  Mus.  aaO. 
berichtige  ich,  dass  Scor.  Σ.  I.  15  (Dox.  zu  TT.  εύρ.  AB]  und  Φ.  II.  18 
(zu  ΓΔ)  zwar  beide  von  Darm,  geschrieben  sind,  aber,  wie  die  Masse 
beweisen,  nicht  1  Hs  gebildet  haben.  —  Im  Scor.  Q.  III.  12  mit  dem  un- 
sinnigen Titel  '  Ιωάννου  Σικελιώτου  τοΟ  λεγομένου  ΔοΗαπάτρη  ε(ς  τό  π. 
εύρ.  Ερμογένους  βιβλίον  erkenne  ich  seine  Hand  nicht,  aber  auf  dem 
Vorsatzblatt  steht  'de  Andrea  Darmario',  aus  seiner  Fabrik  —  falla 
mau  damit  überhaupt  rechnen  kann  —  mag  die  Hs  stammen. 
Bheio.  lau;  f.  Pbllol.  N.  F.  LXllI.  33 


514  Rabe 

merkungen  abgedruckt,  „Med.  1";  ihre  Unabhängigkeit  von 
Gregor  W  VII  erhellt  aus  Stellen  wie  VII  1146  a.  6;  1199  a. 
78;  1275  a.  9  und  10;  1278  a.  4;  1279  a.  9  (κδν  μυριάκις); 
1321  a.  15  (Stheneboia).  —  Dass  die  Nachtrage  nicht  aus 
der  Fassung  SfVk  stammen,  zeigen  schon  2  Stellen:  Lo 
f.  73 V  (Anfang  abgeschnitten):  ^στ€φ)ανιυθήναι  βουλήν  τίνα 
(τήν  Joh.)  δόξασαν  μέν  <τά  δλ>λα  πάντα  καλώς  β€βουλ€υσθαι 
.  .  .  λαβοΟσαν?  έκ  του  δήμου  <τά  χρήματα  τριή>ρ€ΐς  ου  ποιή- 
σασαν?  *  τούτου  <έλά>βοντο  τοΟ  ψηφίσματος  ώς  παρανόμου 
Τραφέντος  Εύκτήμιυν  και  Διόδιυρος,  das  fehlt  in  8fVk  (β.  ο. 
S.  512  u.),  auchW  VII  1310,5  f.  steht  weniger;  es  ist  eben  aus 
der  Joh.• Fassung  Vat.  2228  f.  480  ν  zusammengezogen.  —  Ebenso 
ist  es  im  Stheneboia- Abschnitt,  s.  o.  S  147;  SfVk  (unter  Ver- 
mengung mit  dem  Aischines-Citat):  6  τοίνυν  ούδενός  ήττων 
τών  σοφών  Ευριπίδης  .  .  .  φησι  ταύτα  (5έ•ΕύριπίΙ)ης  fehlt) 
έν  Z0ev€ßoi(ji  τψ  οράματι  είσάγων  τον  Ββλλβροφόντην  γνωμο- 
λογοΟντα'  ίστι  bi  ή  ακολουθία  ουτιυ  (das  Folgende  von  ΓΤροϊτος 
an  fehlt!);  aber  Lo  (vgl.  Job.):  ταύτα  λίγει  Ευριπίδης'.  .  . 
ίστι  bk  f]  ύπόθεσις  αυτή*  ΤΤροϊτος  ή  ν  *Ακάμαντος  κτλ.  — 
Ein  Stück  kann  ich  auch  bei  Joh.  nicht  nachweisen.  Lo  f .  68  ν : 
Κτησιφών  ίγραψβ  ψήφισμα  στεφανώσαι  τον  Δημοσθένη  - 
'Αθηναίων.  Aber  in  Lo  ist  mehrfach  die  Joh.-Vorlage  geändert, 
besonders  gekürzt,  und  die  Bestandtheile  jenes  Nachtrages  liegen 
sämtlich  in  sehr  ausführlichen  Scholien  des  Joh.  vor,  der  £rgänzer 
konnte  also  das  ψήφισμα  daraus  zusammensetzen. 

Die  Fassung  SfVk  ist  für  den  Text  wichtig.  Ich  gebe  nach 
meiner  Vergleichung  die  Abweichungen  von  den  oben  S.  133 — 151 
mitgetheilten  Textausschnitteii  (also  nicht  einen  vollständigen  Be- 
richt) aus  Sf,  aus  Vk  aber  nur  bis  S.  138  Mitte ;  wo  ich  für  Vk  keine 
Abweichung   (in  Klammern)  verzeichne,   stimmen  VkSf  tiberein. 

133.  1—7  abgeschnitten,  Anfang  €ίς  Sf  (1.  2  6.  o.  S.  512!  3  fehlt 
Vk.  4  f|-o  fehlt  Vk.  5.  6  τεχν.  και  έλλόγιυς  Vk.  7  και  st.  ή 
Vk.  9  μέν  fehlt  Vk)  10  ου  st.  ουδέ;  καταληκτικός  (-πτός  Vk); 
φαίνεται  μέν.  (12  της  beiv.  ίλλ.  Vk)  15ώς  το  et  οίον.  22  6 
fehlt;  κ€Ϊος.  (23  fehlt  Vk.  24  δεινότητα  .  .  λέγει  Vk.  25  χρήσθαι 
Ιοεαις  Vk)  29.  30  πόρρ.  χρήσ.  τι.  30  (περιποιήται  Vk)  τώ  (το 
Vk).  (33  τής  fehlt  Vk) 

134.  (3  ψυχική  fehlt  Vk)  Π  στοχάσασθαι  (στοχάΐεσθαι  Vk).  8 
fehlt.  9-ll=Text  (9-11  πράγματος:  fehlt  Vk^j.  Γ2τό  ζήλουν. 


^  In  Vk  fehlen  die  Lemmata  ;  die  Scholion  sind  durch  verweisende 


Aus  Rhetoren-Handschriffcen  515 

(13  μέν  St.  bk  Vk)  19  (μόρια  Vk)  τινά!  (των  λόγιιιν  Vk)  22 
fipa  fehlt  (ποιεΐν  Vk.  30  ονόματος  Vk)  31  τώ  όΰνώ  Sf  (aus  τό 
avüi),  Vk.  (32  κ€ϊσθαι  τό  όνομα  Vk) 

135.  1  φασί  (φησι  Vk)  3  ?χ€ΐν-6και  abgeschnitten  Sf.  (5  παρά 
Vk)  10  €υρης(€Οροις  Vk).  13(£ß'  st.  des  Lemma  Vk)  τε  Sf.  15  τόν  — 
16  σημαίνειν  fehlt.  (16  περιπ.  Vk)  20  (6—21  έργ.  fehlt  Vk, 
dafür  Εγ')  γενόμενος  —  21  έργ. fehlt  Sf(anch  Salem.!).  22  άλλ' 
έφ'  οΐς.  (23  αυτοί,  ο  aus  η  ?  Vk.  έκ  st.  κα\  Vk)  24  βουλώμεθα. 
25  ύποδηλουμένης  (άποί).  Vk)  (26  ή  vor  έν  fehlt  Vk)  32  erstes 
und  zweites  ή  fehlt.    33  (τάς  fehlt  Vk)  τα  δλλα. 

136.  (2  της  fehlt  Vk)  —  zu  Joh.  f.  425  ν :  das  Longin-Citat 
fehlt  SfVk,  dann  geben  sie:  Ιστέον  1)έ  δτι  6  του  παραοείγματος 
ορισμός  τοιούτος  έστι  .  .  .  ώς  ίχει  (και  fehlt  SfVk)  τό  „τόν 
(του  fehlt  SfVk)  Δημοσθένους  δρα  μοι  βίον"^  κτλ. 

137.  zu  Joh.  f.  427 ν:  5  ούπερ  μή  πρ.  6  τό  όφελος  Vk,  (ge- 
tilgt?) Sf.  11  και-  138,  3  πόλις  fehlt. 

138.  4  προστεθέντα  .  .  ίητεϊται  (ίητουνται  Sf?).  —  zu  Joh.  f. 
430  r:  (έιυλοκρασία  έκαλειτο  Vk)  παρά  τό.  —  Von  hiea*an 
nur  nach  Sf:  Joh.  f.  437  .  .  .  f|  Ιστορία  παρατεθήσεται 
(αυτά  —  μου  fehlt  Sf)  •  τέως  bk  νυν  δκουε  *  δτυς  κτλ. 

139.  Job.  f.  459  Γ  fehlt. 

140.  (Joh.  f.  462)  fv  τινι  τών  οραμάτων  φησίν  ύποθέμενος 
γάρ  6  ποιητής  τόν  Μα  εαυτόν  εις  πολλά  μεταβάλ- 
λοντα και  πανουργότατον  φ  η  σι  ν  ήδη  κτλ.,  weiterhin: 
περ\  αύτοΟ;  έπιθυμοΟντας;  τόν  5έ;  έΗελεϊν;  άληθεύ''''. 

141.  (Job.  f.  466  γ)  3  μικρών;  λέγοις.  13  Sf  scbliesst  mit 
χωρίων ! 

143.  Auch  die  Prokop-Stellen«  fehlen;  f.  475 r  fehlt;  über  f. 480 


Zahlen  zu  dem  in  derselben  Hs  enthaltenen  Herm.-Text  bezogen;  die 
Zählung  beginnt  hier  mit  Sa'. 

1  Aphthon.  II  24,  25.  —  Zu  tilgen  ist  o.  S.  130  Z.  17  xoO  (hinter 
Ιωάννου). -S.  139  Ζ  15  1.4230,28*;  Ζ.  17  1. 'G:  1230,32*.  — S.  128 
ob.  i^t  nachzutragen :  cod.Mairit.  bibl.  universit.  Ε  1,  15  Ιωάννου  διακόνου 
τής  μεγάλης  εκκλησίας  Κπόλεως  έγκώμιον  εΙς  τόν  αγιον  ΤΤέτρον  τόν  φιλό- 
πταιχον,  Anf.  ώς(?)  μέν  μ€γ{στη  τοΟ  αγώνος  ή  ύπόθεσις  καΐ  δείται  γεν- 
ναίου ^ήτορος  (Martin,  Nouv.  arcbives  d.  missions  scient.  II  129). 

3  Da  diese  neu  sind,  theile  ich  sie  aus  Yat.  2228  nachträglich 
mit:  π€ρΙ  bi  τάΕ€ως  άρκέσ€ΐ  ?v  ήμίν  έκ  Προκοπίου  τοΟ  ΓάΖης  παράδειγμα* 
έκ€ΐνο  γάρ  μ€ταβάλλων  τό  [Hom.  Μ  322]  *ώ  πέπον,  cl  μέν  γάρ  πόλβμον 
π€ρΙ  τόνδ€  φυγόντβ'  άπό  τοΟ  τέλους  ήρΗατο  καΐ  τήν  τάΗιν  μετέβαλ€' 
*διά  νίκης  ελπίδα  καΙ  τήν  ήτταν  φέρων  ανέχομαι*  οίδα  τήν  φύσιν,  τών 


516  Rabe 

8.  ο.  S.  512  (Dox.);  f.  481  rv^  fehlt. 

144.  f.  482 Γ  abgeschnitten  bis  7  ΤΤειρίθους.  Dann:  8  im  τ[] 
πβρσεφόνης  μνηστείαν  (μετά  θησ.  fehlt).  12  έπι  hk  τόν  κέρβ. 
15  μιςΐ  πράξει  fehlt. 

145.  2  ουν.  7  χρίπτη.  9  fehlt.  11  θεού  bk.  12  προς  Χέχος 
fehlt.  14  ήκω  —   146,  24  fehlt. 

146.  (Job.  f.  486)  6  (vor  Εύρ.)  fehlt. 

147.  1  ήττων  τών  σοφών  (τών  ποιητών  fehlt).  3  ίρωτα  fehlt,  φησι 
(st.  λέγει).  4.  5  fehlen.  6  bfc  —  Εύρ.  fehlt.  7.  8  ίστι  bk  ή  ακο- 
λουθία οοτιυ  (Προΐτος  —   148,  16  fehlt)«. 

148.  17  ένστρέφονται.  19  6  b'  εΙς  τό  σώφρον  και  τά  0ής. 
20—26  fehlen,  statt  dessen:  λέγει  bi  ταύτα  περί  τής  σθενεβοίας 
τής  του  προίτου  γυναικός  '  αοτη  γάρ  ήράσθη  τοΟ  βελλεροφόν- 
του*  <ό  bfe>  άνήρ  αυτής  προϊτος  τ<όν  £ένον>  ψεύγοντα  δια 
φόνον  ήγνισε  του  μυσους. 

149.  1 — 6  bk  abgeschnitten  ,  ebenso  7  κα\  —  8  συμφορών. 
9  εΙς  θρήνους  διεγείρε  ι  ν.  13— 150, 20  ^  λέγουσι  fehlt;  dann: 
τραγψδία  bk  ώνομάσθη  δτι  τράγος  ώρίσθη  δίδοσθαι  τοις 
νικήσασΓ  και  οΐμαι  ώς  οιά  τούτο  έο.  τοις  τρ.  τούτο  τό  £παθλον 
κτλ.  24  οδν. 

151:  der  Acharner- Abschnitt  stark  gekürzt. 

Beiläufig  sei  hingewiesen  auf  einen  noch  za  untersuchenden 
Kommentar  in  Messina.  Cod.  Salv.  119  enthält  einen  TT.  μεθ.- 
Kommentar  im  Auszug,  s.  Rh.  M.  50  [1895],  242;  namenlos, 
Ueberschrift:  ΕΙς  τό  περί  μεθόδου  δεινότητος.  Als  ich  mich 
vor  14  Jahren  mit  dieser  He  beschäftigte,  kannte  ich  dae  weitere 
hsl.  Material  noch  nicht.  Doch  genügen  meine  kurzen  Aufzeich- 
nungen, um  festzustellen,  dass  nicht  Job.  Diak.  zu  Grunde  liegt; 
denn  bei  dem  fehlen  u.a.  ihr  Anfang  f.  136r:  Ιστέον  δτι  αΐ  λ^Εεις 

Motpiliv  τάς  μηχανάς  έΗ€π(σταμαι '  δθεν  άμ€(νυ]ν  ή  μάχη.  καΐ  άριστ€ύ€ΐν 
έπ€(γομαι,  πρΙν  γήρας  1δ€ΐν,  καΐ  παιδ€υθήναι  καλώς,  ώς  ού  μόνον  ή^  μάχη 
Φ^ρειν  οΐδε  τόν  θάνατον*,  καΐ  πάλιν  άπό  τοΟ  τέλους*  'noOdi  πολ^μιον 
ή  βάλλ€ΐν  ή  ττβσεΐν  έπ€ΐγόμ€νον  (•νος?),  ναΙ  μά  τήν  ΜΜραν,  ή  ν  κοί 
φβύγων  πάντως  άλώσομαι.  δώμ€ν  γάρ,  ώς  ού  δεΐ  λαμπρόν  γενέσθαι 
μαχόμενον  •  ούκ  ένοχλήσ€ΐ  γήρας  (έν  όχλήσει  γηράσαντα  ?),  απαθή  (άπειθή 
cod.)  δραπέτην  μάχης  άθάνατον   (αθανάτου  cod.)  ούκ  οίδα   γ€νόμενον.* 

^  Zu  spät  sah  ich,  dass  diese  Stellen  mit  den  Bruchstücken  aus 
Lysias  und  Hypereides  auch  bei  Georgios  stehen  (Schilling  S.  687.  689). 
Aber  in  Georgios  sehe  ich  nicht  die  Quelle  des  Johannes. 

'  Vgl.  jetzt  V.  Wilamowitz,  De  Euripidis  Stheneboea,  Classical 
Philology  III  [1908]  226  f. 

8  Y.  Wilamowitz  S.  232. 


Aus  Hhetoren-Haiidschriften  517 

κτλ.  =  W  VII  1095,  16—22;  ebenso,  was  da  anschliesst:  ό  bk 
καιρός  γεγονβ  κατά  ήθους  προσθήκην  τινός  κτλ.  =  VII  1098, 
11— -21;  ferner  f.  139  ν  τό  περί  μ€θ.  beiv.  κατά  τινάς  κτλ.  = 
VII  1115,9;  f.  173  r  —  175  ν  nicht  in  der  Fassung  4es  Job., 
sondern  =  W  VII  1159,  15—1161,22;  die  Hs  bricht  ab  f.  176v 
παραδοΗολογίαν  bia  τής  έπιμο|,  VI!  1163,  30:  fehlt  Job. 
Aber  auch  unser  Gregor  W  VII  war  nicht  oder  wenigstens  nicht 
für  alles  die  Vorlage:  nach  λέγεται  (W  VII  1098,  21)  folgt  eine 
Erklärung  τό  ΣαΟλος  όνομα  έπ\  μηνύσει  πράγματος  ευρηταΓ 
κα\  γάρ  διώκων  έσάλευε  τήν  ο!κουμένην.  καιροΟ  bk  Ibiou  τυχόν 
(so)  τό  όνομα  εΙς  Παύλος  μετετέθη,  und  mehr,  was  bei  W 
VII  fehlt. 

7.  Greorgios. 
Paris,  gr.  2919  [Ργ],  10.  Jh.,  enthält  eine  erklärende 
Schrift  zu  Hermogenes'  Staseislehre,  f.  1  r :  (Τχόλια  (Τύν  θεψ  εΙς 
τήν  διαίρεσιν  |  άπό  φωνής  του  αύτου  γεωργίου  |  του  μόνου 
σοφιστου  άλεΕανδρείας.  Zwei  spätre  Hände  (15.  Jh.?)  schrieben 
auf  den  unteren  Rand :  πίναΗ.  άπό  φωνής  γεωργίου  του  μόνου 
σοφίστου  άλεζανδρείας  σχόλια  εις  τήν  διαίρεσιν  und  βιβλίον 
^ητορικόν  N^XLI.  lieber  die  Schrift  hat  Schilling*  berichtet, 
er  schreibt  (S.  067):  Γεωργίου  του  Μόνου,  σοφίστου  Άλεδαν- 
ορε{ας.  Ζη  einem  Beinamen  Monos  kenne  ich  keine  Parallele. 
Man  neigte  dazu,  beim  Citiren  statt  des  Namens,  der  leicht  zu 
Verwechslungen  führte,  nur  den  Beinamen  anzugeben ;  so  kenne 
ich  jetzt  5  Äphtbonios-Erklärer  namens  Johannes,  da  citirte  man 
einfach  ό  Δοζαπατρής,  ό  Γεωμέτρης,  oder  man  nahm  die  Her- 
kunftbezeichnung: vom  Metropoliten  Johannes,  ό  Σάρδεων, 
über  dessen  wiedergefundenen  Aphth. -Kommentar  ich  demnächst 
berichten  werde,  war  infolgedessen  sogar  der  Name  vergessen; 
erwähnt  sei  noch  der  Metropolit  Gregor,  ό  Κορίνθου.  Aber 
ein  Μόνος  ist  mir  nie  begegnet,  immer  Γεώργιος;  es  ist  doch  auf- 
fällig, dass  nur  im  Titel  seiner  Schrift  der  unterscheidende  Bei- 
name erhalten  sein    sollte  und  sonst  anscheinend  nie.     Walz  VI 


1  Quaestiones  rhetoricae,  Flcckeis.  Jb.  Suppl.  28  [1903],  665  f.  — 
Dass  Georgios  vorher  einen  Kommentar  zu  der  'μέθοδος*,  II  138—142, 
geschrieben,  legt  Glöckner,  Ueber  den  Komm,  des  Job.  Dox.  zu  den 
Staseis  des  Herm.,  Progr.  Bunzlau  1908  8.  28  f.,  m.  E.  richtig  dar.  G.'s 
Annahme  S.  30,  dass  dieser  1.  Theil  in  einer  Hs  für  sich  stand,  be- 
stätigen die  dürftigen  Reste  der  alten  Qnatemionenzahlen :  f.  121  r 
wohl  nur  zu  (ι)Ζ  zu  ergänzen  (also  eigentlich  f.  129),  216  r  λ  (also 
f.  233);  ursprünglich  enthielt  Ργ  262  Blätter. 


518  Rabe 

505  betrachtet  μόνου  als  Abkürzung  fur  μονάχου  ;  dan  geht  nicht, 
auch  den  Reisebericht  des  Janos  Laskaris  (um  1492)  im  Vat. 
1412^  f.  80r   kann    man  nicht  dafür    heranziehen,    denn  da  steht 

t' 
„έν  τοις  σερ  τά  εις  τήν  άπουλίαν"  ein  Hs-Titel :   „σχόλια  εις 

την  διαίρεσιν  τών  στάσεων  άπό  φωνής  γεωργίου  του  μόνου 
σοφιστου  άλεΗανδρείας**,  nicht  —  wie  Κ.  Κ.  Müller  im  C.  f.  Β. 
1,  402  druckt  —  μονάχου. 

In  Ργ  fehlt  nach  f.  24  und  f.  215  je  1  Lage.  —  Eine  voll- 
ständige Hs  des  bιαίpεσις-Kommentar8  ist  Vat.  gr.  1328  [Υγ], 
Papier-Hs,  wohl  noch  13.  Jh.  S  üeber-  und  Unterschrift  von  Pf 
fehlen.  —  Endlich  sind  aus  einer  Pergament-Hs  des  10.  — 11.  Jh. 
5  Palimpsestblätter  erhalten  in  der  Aristeides-He  Vat.  gr.  1298 
[Va].  Von  den  3x2  inneren  Blättern  einer  Lage  (nach  meiner 
Berechnung  war  es  die  vierte)  sind  5  erhalten: 

I  f.  345;  Π  f.  335;  ΙΠ  -.  f.  353;  II  f.  332;  I  f.  348 
(30  Zeilen  auf  der  Seite;  Schriftraum  18X13  cm).  Der  den 
ersten  dieser  Blätter  entsprechende  Text  ist  in  Ργ  ausgefallen, 
erst  zu  f.  332  r  Z.  30  beginnt  Ργ  wieder  ουκ  fjv  ούν  αύτώ 
έχυρά  (Schilling  668);  ich  bestimme  daher  den  Inhalt  von  Va 
nach  Vt. 

Va    f.  345 r:  !  τή?    εργασία  χρήσεται  =  νγ    f.  13 ν    Ζ.  30.  — 
345 ν:  Ι  ταΟτα  τά  έγγραφα  =  14r  14;  Schluss:  και  χρή  σκο- 
πεϊν  μη  πως|=  14r  29. 
Va  f.  335   Ζ.  2    (Ζ.  1  unleserlich);    λάθωμεν  =  νγ  14 r  29.  - 
335  ν  Ζ.  8:    Λυσίας    έν    τώ  κατά  Καλλιφώντος  =  14ν    18; 
Schluss:  υπό  του  τεχνικού  προβλήματος  | -=  1 4 ν  28. 
Υα    f.  353r:  |  περί    τών    κεφαλαίων  =  νγ    15ν  4.    —    353ν: 
Ι  ταυτολογών   και  ουδέν  =  15 ν  18;   Schluss:  δτι  ουκ  ήού• 
νατο|=  15  ν  32. 
Va  f.  332  r  (Anfang  unsicher)    Ζ.  5:  ?νιοι  bi  τών  τεχνικών  και 
προσοιιυρίσαντο  =  Υγ  15ν  34.   —    332ν:   |  ή?  τής    δυνά- 
μεως έΗέτασις=15ν  13;  Schluss:  πλέον  έpώή|  =  16r27. 
Υα  f.  348  r:   |δσα    έκ    τής    Ιστορίας  =  Υγ  16r  27.  —  348ν: 
Ιτεροις  πειστέον  =  16 ν   11;    Schluss:    πρά^ις    η',    ίτι  περί 
βουλήσεως  και  δυνάμεως,  πέμπτον  <οέ  έστι)  κεφάλαιον  ή 
εργασία  τής  βουλήσεως  |  =  V  γ  16  ν  24.  25. 

*  Der  Schreiber  nennt  sich  f.  130  ν:  τέλος  σΟν  θ€ώ  άγίψ  τών 
στάσεων,  άγια  τριάς  βοηθει  τψ  σφ  δούλψ  Ίιυάννη  τφ  *Α[ρ?]ϋλάτη, 
Monokondylion,  das  letzte  Wort  unsicher.  —  Der  Text  νγ  stellt  eine 
Verschlechterung  von  Va  dar;  beide 'ex  libris  Fulvii  Ursini*! 


Aue  Rhetoren-Handschriften  519 

Ein  Citat  Λυσίας  έν  τψ  κατά  Καλλιφώντος  stellte  Δ.  Mai^ 
in  Va  f.  335  V  fest  (daher  der  Titel  bei  Thalheim  LXXU  p.  362); 
bei  seinen  vergeblichen  Versuchen,  den  Fund  zu  bergen,  ist 
das  Blatt  nicht  besser  geworden,  auch  ich  habe  hier  vieles 
nicht  entziffert.  In  Vy  f.  14v  (πραΗις  ς''  fxi  πβρι  τής  τών 
έλεγχων  απαιτήσεως)  ist  trotz  der  üeberklebung  alles  lesbar: 
και  τούτο  bfe  χρή  γινώσκειν,  ώς  έν  τισι  μέν  οικείους  και  συγ- 
γενείς μάρτυρας  τών  Ηένων  προκριτέον,  έν  τισι  hk  Ηένους 
μάλλον  τών  οικείων,  δτι  γάρ  ίσθ'  δτε  μάρτυρας  συγγενείς  προ- 
κριτέον,  δηλοϊ  Λυσίας  έν  τώ  κατά  Καλλιφώντος•  περί  παρακα- 
ταθήκης γάρ  f|  κρίσις,  του  μέν  λέγοντος  μηδέν,  ών  δέδωκεν, 
άπειληφέναι  (?Va;  δεδωκέναι  ειληφέναι  Υγ),  του  hk  φάσκον- 
τος  πάντα  άποδεδωκέναΓ  του  δέ  απαιτούντος  μάρτυρας  παρα- 
φέροντος  Ηένους,  6  έτερος  φησίν,  ώς,  εΐ  τό  δέον  έποίει, 
μάρτυρας  έχρην  οικείους  παρέχεσθαι'  τά  γάρ  τοιαύτα  ουκ 
έπΙ  τών  Ηένων  εϊωθε  γίνεσθαι,  άλλ'  έπι  τών  οικείων,  ούτω 
γουν  έφη  έπι  λέ£εως•  „ει  μέν  περί  ύβρεως  ή  αίκίας  ή  τίνος 
άλλου  τών  τοιούτων  την  δίκην  συνέβαινεν  εΤναι,  εΐκότως 
τους  έΗωθεν  έχετε  (εϊχετ'  δν?)  μαρτυρουντας '  έπεώή  δέ  περί 
<παρα)καταθήκης  αποδόσεως,  ούχ  έτερους  έχρήν  <παραφέ- 
ρειν)  άλλα  τους  οικείους,  οος  ανάγκη  τά  πραχθέντα  εΐδέναι." 
ώστε  συγγενείς  προκριτέον  εις  μαρτυρίαν,  δτε  περί  πράγματος 
f|  κρίσις  μη  εΙωΟότος  έπι  τών  τυχόντων  γίνεσθαι'  έπεί,  εΐ  περί 
έτερου  τινός  οίον  φόνου  ή  μοιχείας  ή  τών  τοιούτων  τινός 
γένηται  κρίσις,  τότε  μάλλον  Ηένους  τών  οΙκείων  προκριτέον  εις 
μαρτυρίαν  δόΗουσι  γάρ  πως  κατά  προσπάθειαν  τής  συγγε- 
νείας μαρτυρεϊν  καί  τι  προσχαρίίεσθαι. 

Bruchstücke  von  Athanasios  und  Eustathios  scheinen  wir 
zu  gewinnen  mit  Hülfe  des  Abschnittes  W  VII  613,  14,  der,  wie 
jetzt  Υγ  zeigt,  aus  Georgios'  Erörterungen  „περί  του  δυνατού** 
stammt  (zur  πραγματική;  nach  der  Zählung  von  Ργ  —  vgl. 
S.  3  A.  1  —  wäre  das  die  48.  πράΗις),  f.  113  ν  (zu  Herm.  II 
165,  5  f.,  vom  συμφέρον  und  δυνατόν):  έίήτησαν  ί)έ  τινές  καΐ 
περί  τής  τάΕεως  αυτών,  ποιον  άρα  του  έτερου  προτάττεσθαι 
χρή.     κα\  ό  μέν  Ευστάθιος  σκοπεϊν  φησι  χρεών,  ποιον    αυτών 

1  Scriptorum  veterum  Vat.  coli.  2,  584 ;  die  Nummer  der  He  nannte 
Mai  nicht.  Dass  die  ebenda  besprochenen  Palimpsestblätter  aus  Ari- 
stoteles Politik  in  Va  stehen,  ist  gleichzeitig  festgestellt  von  Heylbut 
(Rh.  Mus.  42  [1887],  102)  und  Nolhac  (La  bibliotheque  de  Fulvio 
Orsini,  S.  171);  den  Rhetoren-Palimpsest  scheint  niemand  der  Beachtung 
werth  gehalten  zu  haben. 


520  Rabe 

Ισχυρότβρον,  κάκεϊνο  μάλλον  ύποτάττειν  έβούλβτο  γάρ  ό 
άνήρ  εΙς  τά  Ισχυρότερα  μάλλον  καταλήγειν.  'Αθανάσιος  bt 
τουναντίον  προτακτέον  φησί  τά  Ισχυρότερα,  ϊν'  άπ'  αυτών 
μάλλον  άρΗώμεθα.  ούτως  μέν  ούτοι,  έστι  (ήμεϊς  W  VII)  bi,  δ 
και  πολλάκις,  τούτο  καΐ  νυν  λίΗομεν  προτάΗομεν  (-ιυμεν  Υγ) 
γάρ  καΐ  ύποτάΗομεν  (-ωμεν  Υγ)  τά  Ισχυρότερα  κα\  πολλαχου 
του  λόγου  θήσομεν  οοτε  γάρ  μόνιυς  προτάΗομεν  οδτε  μήν 
μόνιυς  ύποτάζομεν.  Dieselben  Grundsätze  liegen  vor  in  προΕις 
V  „^€pl  βουλήσεως  κα\  δυνάμεως*'  (zum  στοχασμός);  gerade 
bei  Rhetoren  sind  Identifikationen  eine  heikle  Sache,  aber  hier 
scheint  es  mir  doch  so  zu  liegen,  dass  u.  S.  521  Z.  14  unter 
τινές  Athanasios  und  Z.  19  unter  έτεροι  Eustathios  zu  verstehen 
ist.  Für  die  Beurtheilung  der  Ueberlieferung  trifft  es  sich,  dass 
die  folgenden  2  Kapitel  die  einzigen  sind,  für  welche  alle  3  Hss 
vorliegen,  Ργ:  f.  25r,  Va:  f.  332v,  Υγ:  f.  16r. 

Τρίτον  W  έστι  κεφάλαιον  τούτο,  ίητουμεν  γάρ,  πότε 
μάλλον  ισχύει  ταύτα  έν  τοις  λόγοις  τά  κεφάλαια,  τήν 
βούλησιν  τέ  ψημι  και  τήν  ούναμιν.  λέγομεν,  δτι  άε\  μέν 
Ισχύν  £χει  τινά  έν  τοις  λόγοις,  άλλα  μάλλον,  δτε  ώρισμένον 
5  καΐ  κυριον  υπάρχει  τό  πρόσωπον  εΐ  γάρ  άπό  των  εγκωμιασ- 
τικών τόπων  ίχουσι  τήν  έΕέτασιν,  εοδηλον,  δτι  μάλλον  εύ- 
πορίαν  ίχουσι  τά  κύρια  και  ώρισμένα  ήπερ  τά  προσηγορικά* 
τά  μέν  γάρ  κύρια  δλους  τους  εγκωμιαστικούς  τόπους  ούναται 
ίχειν.  εΐ  γάρ  τις  έΗετάσει  έπι  Δημοσθένους,  και  πατρίδα  αυτού 
10  λέΗει  και  γ^νος  καΐ  τροφήν  και  επιτηδεύματα  καΐ  πράΗεις  κα\ 
δσα  2τερα.  τά  δέ  προσηγορικά  δτε  δή  κοινήν  ίχοντα  ποιό- 
τητα άγαπητόν  εΐ  έκ  δύο  τόπων  έΗετασθήσονται,  άπό  επι- 
τηδευμάτων τ^  φημι  καΐ  πράξεων  τό  δέ  τοιούτο  πλατύτερον 
είρήκαμεν  έν  τή  μεθόδω.  καΐ  εΐ  τούτο  αληθές,  προφανές,  δτι 
15  μάλλον  Ισχύει  ή  βούλησις  και  ή  δύναμις,  δτε  κύριον  κα\  ώρισ- 
μένον  τό  πρόσωπον,  ή  δτε  προσηγορικόν.  και  έτι  μαλλόν 
έστιν  Ισχυρότερα,  ήνίκα  αληθινή  έστιν  ή  ύπόθεσις'  έπι  μέν 
γάρ  των  κυρίων  κα\  ώρισμένων  έκεϊνα  λέγομεν  μόνα,  δσα  παρ€- 
λάβομεν  έΕ  Ιστορίας,  και  ούχ  οΙόν  τε  έτερον  τι  προσάπτειν, 
20  δ  μή  παρέδωκεν  ήμϊν  ή  Ιστορία*  οΐον  εί  τά  περί  Δημο- 
σθένους έΕετάσω,  ουδέν  τι  πλέον  έρώ,  ή  δσα  έκ  τής  Ιστο- 
ρίας περί  αύτου  παρέλαβον.     έπι  δέ  των  άληθων  υποθέσεων 

οι 
2  τήν  —  3  δύναμιν  fehlt  Va  Υγ      9  έΕβτάσοι?  Υα;  -σ€ΐ  Ργ  ||  viell. 
τά  πβρί        10-11    καΐ  οσα   ^τβρα   fehlt  Υγ        12  έκ  Ργ  Υα;    καΐ  Υγ 
19  ούκοιοντ'  ίτ.  Ργ 


Au8  Rhetoren-Handechriften  521 

πάντα,  δσα  τυγχάνω  γινώσκων,  λβγαι.  ανάγκη  bi  πάντα 
σχ€Οόν  €ΐί)έναι  τα  έπι  τών  χρόνων  μου  γενόμενα,  ή  μέν  ουν 
ιστορία,  δσα  ποιεϊ  τις  συγγραφής  ά£ια,  έκεϊνα  περιίχεΓ  ου 
γαρ    και    μίχρι   τών   ευτελών  καταγίνεται,     ό  μίντοι  αληθή 

5  μελετών  ύπόθεσιν  και  μέχρι  τών  ελαχίστων  οίδεν,  δσα  ίπραΗεν 
ό  κρινόμενος,  και  πάντων  μέμνηται.  αληθή  bk  λίγομεν  ύπό- 
θεσιν τήν  έπι  τών  ήμετίρων  γενομένην  χρόνων  ώστε  ή 
μέν  αληθής  ύπόθεσις  ώρισμίνον  πάντως  και  κύριον  έχει 
πρόσωπον,    ου    παν   bk    πρόσωπον   ώρισμένον   έν    αληθινή 

10  έΗετάίεται  υποθέσει .  έν  τούτοις  τοίνυν  και  τό  τρίτον 
κεφάλαιον. 

Τέταρτον  bu  έστι  περ\  τής  τά£εως.  ίητουμεν  γαρ  και 
έπι  τούτων  πάλιν  τήν  κατ'  οίκονομίαν  τάΗιν  τήν  γάρ  κατά 
φύσιν  εξετάζοντες  τάΗιν   έλέγομεν  εΐκότως  προτερεύειν  τήν 

16  βούλησιν,  νυνί  bk  τήν  κατ'  οίκονομίαν  έπιίητουμεν  τά£ιν. 
και  φασι  τίνες,  δτι  έκεϊνο  προτακτέον,  ώτινι  Ισχύομεν  έν 
τώ  λόγψ  μαλλον,  οίον,  εΐ  τή  βουλήσει  Ισχύει  τις,  έκείνην 
προταττέτω,  εΐ  bk  τή  δυνάμει,  τήν  δύναμιν  χρή  γάρ,  φασίν, 
άπό  τών   Ισχυρότερων  ήμας   άρχεσθαι   ώσπερ   προκαταλαμ- 

20  βάνοντας  τήν  γνώμην  τών  δικαστών  και  δεικνύντας,  ώς 
ίσχυράς  f  χομεν  δικαιολογίας,  ούτως  μέν  τινές,  ϊτεροι  bέ  φασιν, 
δτι  τά  Ισχυρότερα  μαλλον  ύποτακτέον  καΐ  τελευταία  θετέον, 
ϊνα  τών  Ισχυρών  δικαιολογιών  έτι  μνημονεύοντες  ο\  δικασται 
υπέρ   ημών    κρίνωσιν    εΐ   γάρ   προτάΗομεν   τά    Ισχυρότερα, 

25  βλάβην  ου  τήν  τυχοΟσαν  έαυτοϊς  προΕενοΟμεν  •  του  γάρ  λόγου 
προκύπτοντος,  άρχονται  λοιπόν  ο\  δικασταΙ  εΙς  λήθην  τών 
προτέρων  έλθεϊν,  τουτέστι  τών  Ισχυρότερων,  και  σκόπει  λοιπόν, 
πόση  έκ  τούτου  γενήσεται  βλάβη,  κατά  τούτους  τοίνυν  τους 
λόγους  οΐ  μέν  προτάττεσθαι  βούλονται  τά  Ισχυρότερα,  οΐ  δέ 

30  ύποτάττίσθαι.  Ιστέονδέ,  δτι  ούδετέροις  πειστέον  ώς  γάρ  άε\ 
λέγομεν,  τά  Ισχυρότερα  κα\  προτάττειν  δει  καΐ  ύποτάττειν  καΐ 
διά  παντός  απλώς  τιθέναι  του  λόγου  •  τοις  γάρ  Ισχυροτέροις 
πολλάκις  χρησόμεθα.  δεϊδέ  τούτο  προσθεϊναί'  πλην  εΐ  μή  τι 
έτερον  ήμας  μόνως  ύποτάΗαι  τό  Ισχυρόν  έκβιάσεται '  τούτψ  γάρ 

3β  τω  λόγψ  κα\  Δημοσθένης  έν  τψ  κατ'  ΑΙσχΙνου  Ισχύων  μαλλον 
τή   βουλήσει   αυτήν  μαλλον  μετά    τήν   δύναμιν  έτα£εν.    δύο 

2  τά  .  .  γβνόμενα  Υγ;    τών  .  .  γενομένων   ΡγΥα  3  τής   Υγ 

^  οίδε  πάντα  δσα  Υγ        7  γινομένην  Υγ;  γενομένων  Ργ        10  τοίνυν 
fehlt  Υα?,  Υγ       12  δέ  et.  γάρ?       14  έλέγομεν  hinter  βούλησιν  Υα  Υγ 

21  Ισχυροτέρας  Υα  Υγ    24  προτάΕωμεν  ΥαΥγ    31  προτάσσειν  Υγ;  ?Υα 
34  μόνως  verderbt?        34  έκβιάΖεται  Υγ        36  μΟλλον  tilgen? 


522  Rabe 

γάρ  δντιυν  εγκλημάτων,  της  τε  τών  Φωκέιυν  απώλειας  και 
της  δωροδοκίας,  τήν  μέν  δύναμιν  έν  τψ  πρώτψ  τεθεικεν 
έγκλήματι,  φημι  bk  έν  τή  των  Φωκίων  άττωλείςι  •  ήδύνω  γάρ 
άπολέσαι  τους  Φωκεΐς '  τήν  bk  βούλησιν  έν  τφ  Αλλω  είργάσατο 
S  έγκλήματι '  ήβούλου  γάρ,  φησίν,  άπολέσαι  τους  Φωκεϊς,  επειδή 
έδωροδόκησας.  εΙσάγεται  δέ  τό  έτερον  ίγκλημα  έκ  της  μετα- 
θέσεως  τής  αίτιας  *  άπήγγειλας  τα  ψευδή,  άπολέσαι  τους  Φιυ- 
κεϊς  βουλόμενος.  ό  δέ  φησιν  οτι  οοχ  εκών  άπήγγειλα  τά 
ψευδή,  άλλ'  άγνοήσας.  έκ  τούτου  λοιπόν  τό  δεύτερον  τίκτεται 
10  έγκλημα  *  εκών  γάρ,  φησί,  και  βουλόμενος  άπήγγειλας  τά  ψευδή 
ώς  δωροδοκήσας  ώστε  ευλόγως  τελευταία  τέτακται  ή  βουλησις, 
επειδή  ούτως  ή  ανάγκη  παρεσκεύαίεν.  καΐ  μήν  τη  βουλήσει 
μάλλον  ϊσχυεν  ό  Δημοσθένης'  πιθανόν  γάρ  τό  λέγειν  δτι 
ήβούλου  προδουναι  ώς  δωροδοκήσας  ήπερ  λέγειν  δτι  ήδύνω 

16  άπολέσαι  τους  Φωκεΐς*  πώς  γάρ  ΑΙσχίνης  είς  άνήρ  τοσούτας 
τών  Φωκέων  πόλεις  ήδύνατο  άπολέσαι;  ώστε  μάλλον  Ισχυ- 
ρότερα ήν  ή  βούλησις  καΐ  δμως  διά  τίνα  περίστασιν  αυτήν 
τελευταίαν  έταΗεν  ό  ^ήτωρ.  ώς  ουν  προείρηται,  προτακτέον 
και   ύποτακτέον    άεΐ  τά    Ισχυρά,    εΐ  μή  τις  ημάς    βιάσεται 

ao  περίστασις. 

Schillinge  Angaben  über  Ργ  —  in  der  Hauptsache  sind  es  die 
namentlichen  Braohstücke  —  sind  nach  meinen  4  Revisionsproben 
bei  aller  Knappheit  meistens  hinlänglich  genau,  um  andre  Texte 
danach  zu  bestimmen.  Die  Ueberschriften  S.  669 — 671  stimmen 
ausser  f.  26  ν  (τής  fehlt  Ρ  γ),  f.  238  ν  (nicht  239r;  πράΗις  fehlt); 
Ρ  γ  setzt  jeder  üeberschrift  σύν  θεώ  vor.  Zur  25.  πράΕις, 
S.  671  —  676,  berichtige  ich  aus  Ρ  γ  (von  einigen  Kleinigkeiten  ab- 
gesehen): §4,  4  έκφράσομεν  (ο  aus  ω);  4,  6  δτι  τε;  5,3  είναι 
του  δρου;  7, 11  τό  άοιάφορον;  10,5  καταυτου;  12,  7  φΐλόσο(ρον; 
14,  2  ταύτό;    15,  16  ούκε[π  m  2  aus  τ]ι,    also    έπι  (vgl.  νγ); 

17  und  18  έκλ[ι  aus  ει]πειν  (vgl.  Υγ).  Sodann  f.  25,  S.  668 
Ζ.  8  έχυρά  ή  τής ;  15  κατορθουν;  ferner  αυτω,  am  Rand  (hinter 
έγκλημα)  steht  αυτών,  das  von  m  1  wieder  getilgt  ist.  Ein 
Versehen  ist  S.  742,  7  untergelaufen ;  S.  668  war  festgestellt, 
dass  in  Ργ  zwischen  f.  215  und  216  eine  grosse  Lücke  ist,  da 
durften  die  Worte  f.  215  ν  άκόλουθον  ουν  —  φαμέν  ουν  nicht  als 

1  όντων  τών  έγκλ.  Υγ  3  bi   Ργ  Va;    δή  Υγ    ||    ήδύνω    Ργ; 

?  Υγ  Υα  5  ήβούλου  Ργ ;  ήβούλετο  Υα  Υγ  6  έδωροδόκησεν  Υγ  ||  τό 
δ€ύτ€ρον  Ργ  13  ό  fehlt  Υγ  ||  ττιθανώτερον?  13  ότι  fehlt  Υγ  14  προ- 
δουναι Ργ  und  sicher  (Accent  erhalten)  Υα;  προδόσειν  Υγ  ||  ότι  fehlt 
Υγ       15  άτΓολ^σειν  Υγ        17.  18  τ€λ€υτα(αν  αυτήν  Υα  Υγ  ||  €Ϊρηται  Υγ 


Aus  Rhetoren-Handschriften  523 

Einleitung  des  Athanasios-Citats  f.  216r  gegeben  werden;  Vt 
f.  Il4r  giebt  den  richtigen  Anfang:  προσ6ιορι2όμ€νος  6έ 
'Αθανάσιος  φησίν,  δτΐ€ΐπ€ρΙ(8.  668  irrthümlich  έπι)  τυράν- 
νου ή  σκέψις  ίσ€ται  κτλ. 

Eine  durchgehende  Verschiedenheit  zwischen  Ργ  und  Υγ 
veranschauliche  ich  an  der  25.  πράΗις  (Seh.  671).  Vyf.  55v 
Ueberschrift  (roth) :  περί  συλλογισμού.  πρα£ις  κε'^  dann  (roth) 
Hermogenes  Text  (am  Rande:  κείμενον):  II  153,27  Sp.  6  συλ- 
λογισμός —  154,  2  χρήσεται  πάντιυς  (Ργ  giebt  nur  153,  27—29), 
dann  (roth):  έΗήγησις  (fehlt  Ργ),  dann:  μετά  την  προβολήν,  τον 
δρον  και  τον  άνθορισμόν  μέτεισιν  άκολούθιυς  κα\  έπΙ  τον  συλ- 
λογισμόν.  και  χρή  γινώσκειν  δτι  t  περί  του  συλλογισμού 
ζητούνται  κεφάλαια  (Ργ:  διαλεχθεις  περί  τε  προβολής  καιδρου 
και  άνθορισμου,  με'τεισι  νυν  ακολούθως  και  έπι  τον  συλλο- 
γισμό ν.  και  χρή  γινώσκειν  δτι  επτά  ίητοΟσι  περί  του  συλλο- 
γισμού κεφάλαια).  So  geht  es  durch:  Υγ  giebt  den  vollständigen 
Herrn. -Text,  U  143  —  174  Sp.,  Ργ  hebt  nur  einzelne  Sätze  als 
Lemma  heraus.  Da  muss  die  eine  Recensio  durch  absichtliches 
Aendern  entstanden  sein,  hier  muss  sich  entscheiden,  welche  die 
ursprüngliche  ist. 

Dass  wenigstens  die  kurzen  Lemmata  von  Ργ,  also  die  An- 
fänge der  νγ-Lemmata,  schon  im  Archetypus  standen,  geht  aus 
deren  Text  hervor;  obwohl  das  zusammen  nur  etwa  4  Teubner- 
seiten  sind,  stehen  doch  da  ΡγΥγ  für  sich  gegenüber  allen 
anderen  untersuchten  Herm.-Hss  an  6  Stellen:  153,  28  ταύτα  fehlt 
(in  2  geringen  Herm.-Hss  Stellung  geändert:  ταύτα  διαφέρείν) ; 
154,5  και  (nach  δτι)  fehlt;  5.  6  ταραχών;  30  έστιν  fehlt; 
156,  10  τρίτος  έστιν  ό;  vgl.  161,  16  τψ  — προς  τι  fehlt  Ργ, 
μέχρι  του  προς  τι  fehlt  Υγ.  Im  übrigen  geht  der  Text  ΡγΥγ 
nicht  einheitlich  mit  einer  Gruppe  der  Herm.-Hss ^,  neigt  aber 
mehr  zu  AcVc;  dass  auch  in  der  Georgios-Ueberlieferung  noch 
am  Herm.-Text  korrigirt  wurde,  zeigen  die  Stellen  164,  4  (πραγ- 


1  Υγ  giebt  die  Zahlen  nicht  regelmässig ;  zuletzt  f.  84  v,  πράΠις  λη'. 

2  Jede  der  Hauptgruppen  Pa  Pc  und  Ambr.  523  [Ac],  ürb.  130 
Vc]  ist  wieder  zwiespältig.  Die  4  Hss  sind  ungefähr  gleichaltrig  (11.  Jh.). 
AcVc  zeigen  auffallende  Korrekturen;  ein  Beispiel;  Die  Widmung  des 
3.  B.  TT.  εύρ.,  ώ  κράτιστε  'Ιούλιε  Μάρκε,  ist  von  vielen  falsch  gedeutet 
(vgl.  Rh.  M.  62,563  A.  1;  Glöckner  im  Dox.-Programm  S.  18),  Vc  giebt 
μάρκ€  Ιούλΐ€  und  die  v.  1.  (nicht  ml,  aber  gleichaltrig)  γρ  καΐ  μάρκ€ 
αϊλΐ€ ;  Ac  giebt  θ€Οφιλ€  (ohne  ν.  1.) ;  ία  Vat.  104  (12.  Jh.)  steht  m  1 
nur  μάρκ€,  m2  hat  Ιούλΐ€  übergeschrieben. 


524  Rabe 

ματική  AcVcVy,  es  fehlt  PaPcPt,  steht  aber  als  v.  l.  in  PaPc) 
und  ΙΓ)5,  32  (ποιουμ€ν  AcVcVt,  ποιοΐμεν  ΡβοΡγ).  Da  nun  anch 
Vt  in  den  Herrn. -Theilen,  welche  in  Ργ  nicht  aufgenommen  sind, 
zu  AcVc  hinneigt,  ist  aus  den  Leearten  nichts  zu  entnehmen;  die 
Herm.-Citate  innerhalb  des  Georgios  beweisen  natürlich  nichts. 
Ich  glaube,  dass  die  Frage  durch  eine  Eigentbümlichkeit 
mancher  jüngeren  Hss  entschieden  wird.  Die  Herm.-Hse  mit 
sog.  Maximos ^-Kommentar  (W  V)  sind  auf  den  ersten  Blick  kennt- 
lich: Text  und  Kommentar  wechseln  ab  in  ganz  festen  Ab- 
schnitten^; so  war  also  schon  ihr  Archetypus  angelegt;  ob  nun 
Max.  Plan,  ihr  Urheber  ist  oder  nicht,  die  Zeit  um  1300  wird 
stimmen.  —  Die  Hss  der  P-Elasse  vom  11. — 14.  Jh.  haben 
durchweg  Randscholien ;  aber  Monac.  8  ( 16.  Jh.)^  hat  im  Apbthonios 
den  Wechsel  von  Text  und  Kommentar  eingeführt  (bei  den  Her- 
mogenes-Schriften  giebt  Monac.  8  nur  die  Scholien  ohne  den 
Text),  und  ähnlich  ist  es  im  Oxon.  Barocc.  195  (15.  Jh.).  — 
Weiter    führen   uns    die    Hss    des    Aphthonios- Kommentars    des 

'  Ich  habe  Rh.  M.  62,  250  A.3  bemerkt,  dass  dessen  Verfasserschaft 
in  den  Hss  schwach  beglaubigt  ist;  dass  aber  die  Unechtheit  schon  als 
erwiesen  betrachtet  wird,  will  ich  verhüten.  Jetzt  habe  ich  Dutzende 
von  Max.-Hss  aufgeuommeu  und  seinen  Namen  noch  viermal  in  der 
üeberschrift  der  Einl.  W  V  212  gefunden:  Vat.  2228  f.  15  ν  (β.  ο.  S.  129), 
gleichlautend  Estens.  59  (15.  Jh.)  f.  13  r  und  Vat.  1729  (16.  Jh.;  aus 
Esteus.  59?)  f.  93  r;  diese  3  Zeugen  sind  als  einer  zu  rechnen;  nichts 
beweist  Burnes.  78  (14.  Jh.)  f.  6  r:  προλ€γόμ€να  τής  Ρητορικής,  erst 
von  spätrer  Hand  ist  zugefügt  ΜαΕίμου  τοΟ  Πλανούδη.  Wichtig  aber 
ist  Laur.  S.  Marc.  291  (14.— 15.  Jh.)  f.  19  r:•  τοΟ  σοφωτάτου  κυροΟ 
Μαξίμου  τοΟ  Πλανούδη  σχόλια  κατά  σύνοψιν  €ΐς  τήν  /^ητορικήν  +  προ- 
λ€τόμενα  τής  /Ρητορικής  (W  V  212).  und  ich  habe  bei  erneuter  Prüfung 
des  Paris.  2920  (s.  Rh.  M.  62  aaO.)  festgestellt,  dass  ursprünglich 
freilich  nur  die  üeberschrift  προλεγ.  τής  ^ητ.  eingetragen  war,  dass 
aber  die  nachträglich  zwischen  dieser  und  der  Zierleiste  untergebrachte, 
dem  Laur.  gleichlautende  τοΟ  σοφ.  —  ^ητορικήν  von  erster  Hand  nach- 
getragen ist;  ich  bemerke  noch,  dass  diese  beiden  Hss  unter  12  ver- 
glichenen Hss  jener  Einl.  ganz  eng  zusammengehen.  Ein  endgültiges 
ürtheil  wird  sich  nicht  fallen  lassen,  ehe  die  verschiedenen  Theile  der 
Max.-Sammlung  genau  untersucht  sind. 

^  Dem  widerspricht  nicht  die  abweichende  Anlage  im  Monac.  327 : 
hier  ist  eine  verstümmelte  Hs  (13.  Jh.)  einer  anderen  Gruppe  (für  die 
n.  a.  bezeichnend  ist,  dass  in  Π.  Ιδ.  am  Schlüsse  jeder  Ιδέα  eine  σύνοψις 
steht)  im  14.  — 15.  Jh    ergänzt  aus  der  Max.-Klasse. 

^  Richtung  Pa;  eng  verwandt  mit  Palat.  23,  vielleicht  gar  daraus 
abgeschrieben.  Die  Verwaltung  der  Münchener  Bibliothek  sandte  mir 
freundlichst  die  Hs  nach  Hannover. 


Aus  Rhetoren-Handschriften  525 

Johannes  von  Sardee  (β.  ο.  S.  517).  In  der  jungen  He  Vat.  1408 
(15.  Jh.,  vielleicht  gar  zweite  Hälfte)  ist  der  Kommentar  mit 
den  Yollständigen  Abschnitten  eines  Apbth.-Textes  verbunden,  der 
nicht  völlig  zu  den  von  Johannes  vorausgesetzten  Lesarten 
stimmt;  in  einer  alten  Hs,  11.  Jh.,  fehlt  dieser  vollständige  Aphth.- 
Text:  er  ist  spät  zu  dem  Kommentar  gefügt ^  —  Das  grosse 
Corpus  Vat.  2228(14.  Jh.;  o.  S.  128)  zeigt  gar  den  Schreiber,  der 
Text  und  Kommentar  zu  verbinden  hatte,  bei  der  Arbeit:  f.  99  ν 
hatte  er  geschrieben  [Aphth.  47,  3]  ώσπερ  6  Θουκυδίδης  —  οπιυς 
ώρίσατο'  έκφράΖΙοντας  δέ,  damit  war  er  zu  weit  gekommen,  er 
strich  also  έκφράΖ!οντας  bk  gleich  wieder  aus  und  schrieb  erst 
aus  dem  Dox.-Kommentar  die  Erklärung  toCto  ό  μέν  Σάρδεων 
—  f.  100 ν  και  τών  συμμάχων;  dann  f.  100 ν  wieder  Text: 
εκφράζοντας  bi.  bei  —  σχήμασι  usw.;  daraus,  dass  er  erst 
2  Worte  zu  viel  vom  Aphth.-Lemma  schrieb,  geht  hervor,  dass 
er  aus  zusammenhängendem  Aphth. -Text  abschrieb.  Ebenso 
f.  108  v:  [Aph.  51,9]  καί  μοι  τάς  —  14  προσιόν  αύθις,  dann 
strich  der  Schreiber  αΰθις  durch,  änderte  den  Accent  προ(Τΐόν, 
schrieb  die  Erklärung  dazu,  bis  dann  das  neue  Lemma  kam: 
αύθις  άτυχοΟσι  κτλ.  Das  wiederholt  sich  zB.  zu  TT.  στάσ.  11 
153,  31,  TT.  ib.  268,  29,  TT.  μεθ.  beiv.  442,  24.  —  Ich  kenne  das 
nicht  aus  alten  Hss ;  auch  bei  Georgios  wird  die  ältere  Text- 
quelle da  die  ursprüngliche  Fassung  haben. 

Dass  Vt  trotzdem  manches  Gute  enthält  gegenüber  Ργ, 
mögen  die  Abweichungen  zur  25.  πραξις  zeigen,  S.  672 — 676  Seh. 
(vgl.  0.  S.  5^2). 

§2,  Z.4.  δ  τουτίστι  τό  ατελές.  10  αληθώς.  11  έπανα- 
τείνασθαι.  §  3,  3  τε  fehlt.  4  τελείου.  6.  7  τήν  ούσίαν. 
10  την  τυραννίδα.     13  τυραννίδα  (st.  δουλείαν).     16  εΐ  fehlt. 


*  Anders  wieder  im  Vind.  130  (13.— 14.  Jh.):  zu  einem  Aph.-Text, 
der  mit  dem  des  Laur.  57,5  (mit  Dox.'  llomilien!)  fast  identisch  ist^ 
dem  Vat.  109  und  Basil.  70(11.  Jh.)  und  weiter  Yc  (o.  S.  523  A.  2)  nahe 
steht,  sind  Einleitungen  und  Erklärungen  des  Joh.  Dox.,  Job.  von  Sardes 
(ungenannt ;  als  ^τ^ρος  έΕηγητής  bezeichnet)  und  einer  dritten  Sammlung 
gefügt,  so  zwar,  dass  umfangreichere  Stücke,  die  Dox.  und  Sard.  über- 
einstimmend enthielten,  nur  einmal  geschrieben  wurden.  Darüber  später, 
ebenso  wie  über  Auszüge  aus  Joh.  Sard.  nebst  Zuthaten  im  Laur.  60,  15 
(11.  Jh.,  namenlos;  veröff.  von  Sabatucci,  Studi  ital.  16  [1908],  63 f.) 
und  über  die  Frage,  ob  auch  der  TT  cöp.-Kommentar  Marc.  483,  Salv. 
118  von  Joh.  Sard.  ist.  Der  Basler  Universitätsbibliothek  und  der 
Wiener  Höfbibliothek  schulde  ich  Dank  für  die  Uebersendung  der  Hss. 


526  Rabe 

18  την  τυραννίδα.  §  4,  4  έκφράσομεν.  6  (bi  fehlt)  άνΰσαι 
οτι  τέ.  7.13  \br\,  14.  15  αυτόν  Ι6ών  ό  τύραννος  έπερχόμβνον. 
§  5,  1  οέ  fehlt.  2  τό.  3  του  δρου  τό.  6  γαρ  καΐ  §  7,  3 
καθαρός.  5  τά  fehlt,  τό  οιάφορον.  10  τα  (nach  βλου)  fehlt 
11  τό  (nach  ούκέτι)  fehlt,  τό  διάφορον.  §  8,  2  τή  fehlt.  4  έπα- 
νατείνασθαι.  5  έστι  τό  πεπραγμίνον.  §  9,  4  έκτ[ϊ  ans  €i]v€iv. 
5  έκτίνειν.  8  ταύτα  —  16  έστιν  fehlt;  dann:  οίον  δημοσία 
ήδίκησας•  ούοέν  γαρ  οιαφίρει  δν  τε  έπι  σμικροΐς  αν  τε  έτη 
μεγάλοις  (τις  fehlt)  άοικήση.  §  10,  2.  3  εύφημοτέροις.  3  ΤΓρο[σφ 
in  Ras.  ?]ίριυμεν.  5  κατ'  αύτου.  7  προσφερόμενον.  §12,4 
είσήεσαν  fehlt.  6  έδεδίει.  7  φιλόσοφον.  15  αύτώ.  §  13,  1.2 
τό  κεφάλαιον.  5  οίον  fehlt.  6  τψ  fehlt.  §  14,  3  τίς  γεγονώς 
κωλύεται.  §  15,  2  και  καθόλου.  12  χρήσηταί.  6  fehlt.  12.  13 
χρήσεται  τή  μεταλήψει.  του  (vor  συλλ.)  fehlt.  15  χρήσηταί. 
16  ουκ  έπΙ  μόνης.  18.  19  έκλείπειν.  20  ό  δρος  έμττέση.  και 
(vor  ό)  fehlt. 

8.  Konstantin  iiaskaris  and  der  Christoph  oros- 
Kommentar. 
Cod.  gr.  43(Ir.;  jetzt  4579)  der  Nationalbibliothek  in  Madrid 
enthält  als  Kern,  f.  76 — 180,  eine  Papier-Hs  des  13.— 14.  Jh., 
Hermog.  TT.  εύρ.,  TT.  ib.,  TT.  μεο.  δειν.,  stellenweise  viele  Sche- 
uen; Anfang  (f.  1—75)  und  Schluss  (bis  f.  219;  f.  220—227 
gehören  nicht  dazu)  sind  später  ergänzt,  in  der  Hauptsache  von 
Lasknris,  derauf  f.  181  ν  schrieb :  Κωνσταντίνος  6  Λάσκαρις  έν 
'Ρόοψ  κτησάμενος  έχρήτο  άεί*  καίπερ  παλαιςΐ  καΐ  σαπρςί. 

Die  Vorlage  für  die  Einleitungen  f.  1  sq.  (W  V  212)  und 
für  den  Staseis-Kommentar  f.  189—219  (W  V  232-323)  ist  in 
der  sog.  Maximos-Klasse  zu  suchen,  von  den  übrigen  Ergänzungen 
können  wenige  daher  stammen;  ein  grosser  Theil,  f.  8  ν — 39  ν, 
59  r — 61  V,  ist  ein  Auszug  aus  dem  Kommentar  des  Christo- 
phoros.  Von  diesem  ist  nur  1  Hs  bekannt,  Messan.  Saly.  119 
(13. — 14.  Jb.);  der  dürftige  Bericht,  den  ich  Rhein.  Mus.  50 
[1895].  241  f.  und  52,  632  über  diese  Hs  gab,  berücksichtigt 
nur  die  neuen  Citate.  Der  Christ.-Kommentar  wird,  da  für  seinen 
wesentlichen  Inhalt  jetzt  bessere  Quellen  bekannt  geworden  sind 
(Georgios  durch  Schilling,  Neilos  durch  Glöckner),  nicht  voll- 
ständig herauszugeben  sein;  für  die  Ueberlieferiingsgescliichte 
wird  er   immer  einen  gewiesen  Werth  habon. 

Salv.    119   hat   im   Christ.-Kommentar    die    Lagen   A,  B,  θ 
eingebüsst;  der  von  Laekarie  benutzte  Text  war  vollständig.    Als 


Aus  Rhetoren-Handschriften  527 

Lask.  die  Chriet.-Hs  fand,  machte  er  zonäcbst  einige  Notizen, 
das  sind  f.  59  r:  Σημειώσεις  τινές  εΙς  τάς  στάσεις  του  Ερμο- 
γένους, Anf.  Ιστίον  δτι  πανταχού  (anf  dem  Rande  das  κείμενον 
nachgetragen  [Herm.  II  138,  1  Sp.]  όνομα  b'  άφεις  εΤναι  κτλ.), 
Schluss  f.  61  V  [zu  139,  32]  παίδες  υμών  δπερ  δδηλον.  Nach 
einiger  Zeit  —  er  hatte  sich  anderes  Papier  besorgt  (Wasser- 
zeichen verschieden)  —  machte  er  einen  vollständigen  Auszog, 
f.  8  v:  ΈΕήτησις  τών  στάσεων  Έρμογε'νους,  und  als  er  an  Herm. 
138,  1  kam,  verwies  er  auf  jenen  ersten  Auszug,  f.  18  ν :  '*Όνομα 
b*  άφεις  είναι  τούτο  κοινόν  ή  και  συμβεβηκός  τών  ίητημάτων 
απάντων.'  <  )ούτου  την  έΕήγησιν  εύρήσεις  έν  τώ  ά  τών  τριών 
φύλλων  τών  πρό  του  κειμένου  τών  στάσεων  ^  ούτως  όρχομένην  * 
ιστέον  δτι  πανταχού  την  στάσιν  με'χρι  του  άει  (f.  59r:  γάρ) 
ειδοποιείται  τά  ζητήματα.  Da  sehen  wir  den  Gelehrten  bei 
der  Arbeit,  das  Wesentlichste  notirt  er,  Uebersehenes  trägt  er 
auf  den  Rändern  nach  oder  auf  eingelegten  Zetteln. 

Ausschöpfen  wird  man  den  Matritensis  erst  bei  der  Be- 
arbeitung der  geeammten  Staseis-Eommentare.  Ich  verfolge  mit 
diesen  Veröffentlichungen  überhaupt  zunächst  den  Zweck,  für 
die  vorbereitete  Rhetoren- Ausgabe  die  üeberlieferung  zu  klären, 
vom  grandlegenden  Material  Ausschnitte  zur  Kritik  vorzulegen, 
auch  andre  in  den  Stand  zu  setzen,  an  der  Hand  dieses  Materials 
den  Werth  der  von  mir  übersehenen  oder  falsch  eingeschätzten 
Ηθθ  zu  bestimmen;  dass  werthvolle  neue  Citate  nicht  bis  zum 
Erscheinen  der  Rhetoren- Ausgabe  zurückgehalten  werden  dürfen, 
ist  selbstverständlich. 

Der  Name  Christophoros  fehlt  bei  Laekaris  in  der  üeber- 
Schrift,  also  fehlte  er  auch  wohl  in  seiner  Vorlage.  L.  hat  aber 
den  Verfasser  erkannt;  Salv.  14  ν :  χριστοφόρος'  φημι  bk.  έγώ 
κτλ.,  Lask.  f.  10  ν:  προς  δ  ό  Χριστόφορος  φησι;  Salv.  f.  23  r: 


^  Der  Text  von  TT.  στάσ.  beginnt  jetzt  f.  71  r,  die  Hs  hat  also 
nicht  die  von  Laekaris  vorausgesetzte  Anordnung.  —  Der  umfangreiche 
handschriftliche  Nachlass  des  L.  muss  einmal  zeitlich  geordnet  werden, 
erst  dann  wird  man  ihn  für  die  Geschichte  unsrer  Wissenschaft,  der 
Bibliotheken,  einzelner  Hss  gründlich  nutzen  können.  Einen  gewissen 
Anhalt  giebt,  wo  Daten  fehlen,  natürlich  vielfach  das  Papier,  das  L. 
nach  Bedarf  kaufte  (Matr.31:  Κωνστ.  ό  Λάσκ.  .έξέγραψβν  . .  Ιν  Μεσσήνι^ . . 
oÖT€  δή  παπύρου  κρ€ίττονος  επιτυχών  έν  τή  πόλ€ΐ);  dass  man  aber 
schon  durch  die  Wasserzeichen  zu  festen  Zeitbestimmungen  kommen 
kann,  halte  ich  gerade  jetzt  nach  dem  Erscheinen  des  grossen  Werks 
von  Briquet  (Les  Filigranes,  1907)  für  ausgeschlossen. 


528  Rabe 

Χριστόφορος•  φημ\  γουν  έγώ  κτλ.,  Lask.  f.  13 ν:  έγώ  οέ  ό 
Χριστόφορος  προς  τούτο  φημι  ua. 

Von  einer  Einleitung  theilt  L.  nichts  mit,  er  beginnt: 
[Herrn.  II  133,4]  'Πολλών  δντων  και  μεγάλων'*  λ€ληθότιυς 
διαγράφει  τήν  ^ητορικήν  6  Ερμογένης  οΙονει  λίγων  αυτήν 
τίχνην  εΤναι  [133,  7]  *κάν  ταΐς  βουλαΐς  κάν  τοις  όικαστηρίοις 
και  πανταχού'  ήγουν  έν  τοις  θεάτροις.  άντΙ  bk.  του  είπεϊν 
'τίχνην'  σύστημα  έγκαταλήψεων  έγγεγυμνασμίνων  προς  τι  τέλος 
εοχρηστον  των  έν  τώ  βίψ  εΤπε  (βο).  bia  μέν  του  'συνίστησι' 
τό  σύστημα  εμφαίνει,  bia  hi  του  'καταληφθέντα'  και  τδλλα  (βο) 
το  έγκαταλήψεων  έγγεγυμνασμένων,  bia  bk.  του  *σαφή'  και  των 
έΗής  τό  προς  τι  τέλος  εοχρηστον  των  έν  τω  βίψ.  τούτο  bfe 
πεποίηκεν  εύλαβηθείς  Πλάτωνα  πειθούς  bημιoυpγόv  f|  δλογον 
τριβήν  αυτήν  όνομάσαντα.  έστι  bk.  τό  σύστημα  ώσπερ  γένος, 
τα  bh.  λοιπά  οιαφοραι  συστατικαί.  έχρήσατο  bk  πλαγιασμιυ, 
ϊνα  πολλά  περιλάβη.  'πολλών'  φησιν  'όντων'  ήγουν  βιβλίων, 
προγυμνασμάτων  κτλ.  Es  folgt  noch  etwa  ein  Dutzend  Scbolien ; 
das  letzte  auf  f.  8  ν  iet:  [133,  16]  'έστι  τοίνυν  άμφισβήτησις'. 
τό  μέν  άμφισβήτησις  γένος,  τά  bk.  λοιπά  bιαφopα(*  τό  μέν 
γάρ  'λογική*  προς  όιαφοράν  των  ποιητών,  τό  bk  'επιμέρους'  οιά 
τό  καθόλου  τών  φιλοσόφων  ό  γάρ  βήτωρ  τό  μερικόν  δίκαιον 
ίητεΐ.  Dann  f.  9  r:  [133,  18]  'περί  του  νομισθέντος  δικαίου' 
ήγουν  του  νόμω  τεθέντος  και  κυρωθέντος*  ου  γάρ  τό  όντως 
Μκαιον  ζητούμε  ν,  άλλ'  όπερ  δν  ό  λόγος  opiCoi  όίκαιον.  που 
γάρ  άν  τις  εϊποι  οίκαιον  τό  Ηενηλασίαν  γίνεσθαι  έν  Λακεοαί- 
μονι;  έπει  bk  τούτο  παρ'  αύτοϊς  νόμψ  κεκύρωται,  έΗετάίομεν 
αυτό  ώς  δίκαιον.  1η  dieser  Erklärung  beginnt  jetzt  ^  Saly.  119. 
Die  verlorene  Lage  θ  im  Salv.  stand  zwischen  f.  49  und  50; 
ich  durfte  Rhein.  Mus.  50,  ^44  als  Schlues  des  Eustathios-Citats 
nicht  προτάσεων  drucken,  Lask.  f.  17r  giebt  statt  dessen  μή 
συνισταμένων  καθ'  εαυτών.  In  diesem  neuen  Stück  steht  ua. 
f.  18r  das  MinukianCitat  Sop.  V  77,  13.  In  den  Erörterungen 
f.  19  r  [Herm.  138,  9]  παντός  ούτινοσουν  προτεθέντος  ζητή- 
ματος. Οερι  μεθόδου  τών  στάσεων,  περί  στοχασμού  setzt 
dann  Salv.  f.  50  wieder  ein. 

Konstantin  Laskaris  erhielt  1467  die  Professur  in  Messina, 
sein  Gehalt  wurde  'a  monasteriis  Graecis',  von  den  Basilianer- 
klöstern    in  Sizilien    aufgebracht.     Die    alte    Zeit    der  Hss    ging 


*  Ob   die    beiden  ersten  Lagen  des  Salv.  wohl  ganz  von  dem  im 
Matr.  ausgezogenen  Anfang  des  Christ.- Kommentars  eingenommen  waren  ? 


Aus  Rhetoren-Handsohriften  529 

damals  dem  Ende  entgegen;  das  erste  griechische  Buch»  das  im 
Druck  erschien,  war  die  griechische  Grammatik  des  Konstantin 
Laskaris  (Mailand  1476).  Aber  dieser  (f  1501  in  Messina)  er* 
lebte  nicht  mehr  die  Yerwirklichnug  der  Bestrebungen  des  Aldus 
Manntius,  er  blieb  für  die  alten  Texte  noch  auf  Hss  angewiesen. 
Die  kaufte  er,  wo  sich  die  Gelegenheit  bot,  sonst  .verschaflPte  er 
eich  Abschriften  oder  exoerpirte.  Das  Basilianerkloster  Sanoti 
Salvatoris  bei  Messina  barg  eine  kleine  Sammlung  griechischer 
Hss,  noch  heute  in  ihren  Resten  ^  ist  die  durch  eine  Reihe  aus- 
erlesener Texte  ein  wahres  Juwel  unter  den  kleineren  italieni- 
schen Bibliotheken.  Auch  ohne  ausdrückliches  Zeogniss  dürften 
wir  annehmen,  dass  Laskaris  diese  Bibliothek  seinen  Stadien 
nutzbar  machte;  bot  ihm  doch  Messina  sonst  repht  wenig  dafür, 
denn  er  klagt  im  cod.  Matr.  20  (Oppian  1488;  Ir.  Θ.  82):  .  .  έν 
Μεσσήνη  τής  Σικελίας,  έν  i^  καΐ  βίβλων  καΐ  -χραφέων  tybeia^ 
und  in  einer  seiner  Vorreden  (bei  Legrand,  Bibl.  Hell.  I  16):  έν 
Μεσήνΐ)  τή  τών  λόγων  έpημίqL  Aber  wir  haben  sein  Zeugniss  im 
Matr.  56  (i.  J.  1488;  Ir.  S.  191):  πολλά  γ&ρ  πονήσας  μόλις 
ευρον   τό   περί  τόνων  τοΟ  Θεοδοσίου  έν   βίβλψ  παλαιή  τής 


^  Die  Salvatore-Hss  haben  es  schlimm  gehabt;  ob  aber  wirklich 
das  Bombardement  von  1848  die  Hauptschäden  verursacht  hat,  wird 
mir  immer  zweifelhafter.  Irgend  ein  Unglück  scheint  mir  im  16.  Jb. 
vor  1563  eingetreten  su  sein.  Anderseits  schreibt  der  Jenenser  Professor 
K.  Göttling  am  24.  Juni  1824  aus  Neapel  an  Goethe  (Briefwedisely  hr^. 
von  Kuuo  Fischer ;  nachgewiesen  von  Glöckner):  'S.  Salvatore  de'  gred 
.  .  .  hat  einige  hundert  griechische  Handschriften,  aber  meist  theolo- 
gischen Inhaltes,  ein  altes  pharmaceutisches  Lexikon  über  Bereitung  der 
Medicameote  und  eine  unbekannte  Rhetorik  ausgenommen,  beide  ohne 
Anfang  und  £nde.  Die  Manuscripte  werden  von  den  unwissenden,  aber 
höchst  gefälligen  Brüdern  auf  eine  grftssliche  Weise  behandelt,  und 
schwerlich  ist  in  50  Jahren  viel  davon  zu  benutzen.  Bessere  Ausbeute 
ward  bei  den  Benediktinern  von  8.  Placidus  gefunden,  die  etwa  hundert 
Handschriften  von  lateinischen  Classikem  besitzen,  neuerdings  schon 
eingebunden  und  gut  gehalten,  aber  ungekannt  und  unbenutzt.  Ein 
Petronius,  den  ich  leider  nicht  mit  einer  gedruckten  Ausgabe  ver- 
gleichen konnte,  mag  wohl  das  merkwürdigste  darunter  sein  .  Göttling 
kann  nicht  alhsu  viele  Salv.-Hss  eingesehen  haben;  die  'Rhetorik'  ist 
offenbar  Salv.  118  oder  119.  —  Vor  9  Jahren  ging  ich  einmal  auf 
die  Suche  nach  dem  Petron,  erfuhr  aber  nur,  1848  sei  'alles'  verbrannt. 
Auch  das  müsste  erst  noch  sicherer  nachgewiesen  werden;  wer  ver- 
lorene Hss  sucht,  muss  ein  gut  Theil  Optimismus  besitzen.  Sind  doch  erst 
kürzlich  noch  7  Hss,  die  in  jenen  unruhigen  Zeiten  aus  Catania  ver- 
schwanden, wieder  aufgetaucht. 

Bbeio.  Mus.  f.  Phllol.  H.  F.  LXIII•  84 


h30  Rabe  Aot  Rhetoren-Handsdirifteii 

μονής  τοΟΣωτήρος  τής  έν  τψ  ακρωτηρίψ  Μεσσήνης, 
and  wenn  er  in  seinem  Testament  (bei  Le^rrand  I  p.  LXXXIII) 
diesem  Kloster  seine  Saidaa-Hs  vemacbt  ^im  Inventar  von  15f>3 
wird  dort  noch  eine  solche  aafgefnhrt\  so  weist  auch  daa  auf 
mehr  als  vorübergehende  Beziehungen  za  dessen  BficherFamm- 
lung.  Nun  verzeichnet  das  Inventar  von  1563  (Batiffol,  L'abbaye 
de  Rossano  128  f.)  in  der  S.  Salvatore- Bibliothek  2  Has  von 
Hermogenes-Eommentaren,  18  und  59,  and  1  Hs  dea  Hermogenei 
mit  Kommentar,  112;  allen  fehlte  der  Anfang,  18  und  112  auch 
der  Schlass.  Ich  kenne  in  Messina  nur  2  Rhetoren-Haa,  Salv. 
118'  mit  Sjrian  na.,  Salv.  119  mit  Christophoroa  und  einem 
Kommentor  zu  TT.  μ€θ.  b€iv.  (s.  o.  S.  516);  beiden  Haa  fehlt 
Anfang  und  Schlass.  Da  identificire  ich  unbedenklich  die  2  Kom- 
mentar-Hss  des  alten  Inventars  mit  den  noch  heute  erhaltenen. 
Dass  Salv.  119  aber  Laskaris' Vorlage  ist,  bedarf  m.  E.  bei  der 
Lage  der  Dinge  keines  Beweises ;  die  Hs  hatte  eben  damala  den 
Anfang  und  Lage  θ  noch  nicht  eingeblisst. 

Hannover.  Hugo  Rabe. 


^  Der  anonyme  Stasciskommentar  darin  muss  einmal  grondlidi 
untcreuclit  werden;  ich  bezweifle,  dass  ich  den  im  Rh.  M.  &5  [1900], 
liA  richtig  beurtheilt  habe. 


MOTIV  UND  PERSÖNLICHKEIT 


IL 
Die  Büeser  Vergile. 

Vergile  Darstellung  von  den  Büesern  im  Tartaros  zeigt 
starke  Abweichungen  von  der  landläufigen  Tradition.  Die  Δη- 
stösse,  die  man  darin  fand,  haben  zu  sehr  verschiedenartigen 
Versuchen  geführt,  Ordnung  zu  schaffen;  man  hat  nicht  bloss 
mit  der  Annahme  sprachlicher  Verderbnisfle,  sondern  auch  mit 
der  von  Interpolationen  und  Versverstellungen  gearbeitet.  Das 
ist  keine  Kleinigkeit  bei  einem  Dichter,  dessen  üeberlieferung 
so  alt  und  gut  ist,  wie  kaum  die  eines  zweiten  antiken  Autors. 
Auch  Eduard  Norden,  so  eindringend  und  treffend  durchweg  sein 
Urtheil  sein  mag,  hat  doch  gerade  an  der  wichtigsten  Stelle  des 
Sünderkatalogs  eine  bestimmte  Entscheidung  abgelehnt.  Hier 
sind  also  noch  Probleme,  die  wir  um  so  weniger  ausschalten  können, 
als  sie  auf  dem  Wege  liegen,  den  unsere  Betrachtung  ein- 
geschlagen hat.  Ich  stelle  an  der  Spitze  der  Untersuchung  das 
Material  zusammen,  das  für  die  Beurteilung  Vergile  die  Grund- 
lage schaffen  soll.  Das  Wichtigste,  was  wir  über  Büsser  im 
Hades  durch  antike  Üeberlieferung^  erfahren,  ist  folgendes: 
Ilias  Γ  276  ff.  Τ  258  ff. 

In  einer  Anrufung  der  Erinyen  wird  gesagt,  dass  sie  Eidbrüchige 
unter  der  Erde  züchtigen;  beidemal  mit  denselben  Worten. 
Odyssee  XI  576  ff. 

Tityos  liegt  hingestreckt  auf  der  Erde.  Zwei  Geier  hacken  an 
seiner  Leber.  Tantalus,  bis  zum  Kinn  im  Wasser  stehend,  vermag 
dennoch  seinen  Durst  nicht  zu  stillen,  weil  die  Welle  versiegt,  so  oft  er 
sich  zum  Trinken  bückt;  ebenso  versagen  sich  ihm  die  Baumfrüchte»  die 
über  seinem  Haupte  hangen.    Sisyphos  wälzt  den  Stein. 

1  Die  Vasenbilder  (s.  u.  S.  532.  544.  546)  geben  durchweg  keine 
Namen,  typisch  sind  auf  ihnen  besonders  Frauen  mit  Krügen  und  ein 
steinwäl/.euder  Mann. 


53*2  U  ad  er  m  acher 

Lied  von  der  Rückkehr  der  Atriden: 

Aihenaios  281  B;  die  Worte  müssen  angeführt  werden:  φΐλή{>ονον 
δ'  ol  ποιηταΐ  καΐ  -rtv  άρχαΐόν  φασι  γενέσθαι  Τάνταλον.  ό  γοΟν  τήν  tu»v 
•Ατρ€ΐδών  ποιήσας  κάθοδον  άψικόμενον  αυτόν  λ^γ€ΐ  προς  τοος  θ€θύς  καΐ 
συνδιατρίβοντα  έΕουσίας  τυχ€ΐν  παρά  τοΟ  Διός  αΐτήσασθαι,  δτου  ^πιθυμ€ΐ. 
τόν  δέ  προς  τάς  απολαύσεις  άπλήστως  διακ€ΐμ€νον  υπέρ  αοηϊιν  τ€  τούτων 
μνεία  ν  ποιήσασθαι  καΐ  τοΟ  ίήν  τόν  αυτόν  τρόπον  τοΙς  θ€θ1ς.  έφ'  οΤς  άγα- 
νακτησαντα  τόν  Δία  τήν  μέν  €ύχήν  άποτελέσαι  διά  τήν  ύπόσχεσιν,  οπίϋς 
δέ  μηδέν  άπολαύη  τΰιν  παρακειμένων  άλλα  διατελή  ταραττόμ€νος,  υπέρ  τής 
κεφαλής  έΕήρτησεν  αύτψ  πέτρον,  δι'  δν  ού  δύναται  τών  παρακ€ΐμένυιν 
τυχείν  ούδενός.  Die  Strafe  kann  docli  nur  so  verstanden  werden,  dass 
Tantalos  zwar  beim  Mahle  liegt,  aber,  von  einem  überhängenden  Felsen 
bedroht,  nicht  wagt,  zuzulangen.  Kino  abweichende  U  eher  lieferung  weist, 
dass  er  unter  den  Berg  Sipylos  gestürzt  wurde;  vgl.  Welcker  Rhein.  Mos. 
X  S.  252  if.  Quelle  ist  nach  Sobolion  Od.  λ  582  ein  Asklepiadea;  ist  du 
der  Isokratesschüler  aus  Tragilos,  der  in  seinen  Τραγψδούμ€να  die  Mythen 
der  Tragiker  zusammenstellte,  so  wftre  auch  diese  Erzählung  relativ  alt. 
Panyasis  in  der  Herakloia  (Paus.  X  21), 9) 

Theseus  und  Peirithoos  sind  an  einem  Felsen  festgcwachsen. 
Ueber  die  weitere  Tradition  s.  Hieterich  Nekyia  S.  90  ff.;  sie  beschrankt 
zum  Theil  die  Bindung  auf  Theseus. 

Pindar 

1.  Ixion,  an  einem  Flügelrad  befestigt,  wirbelt  in  der  Luft. 
Pyth.  2,  t'2  ff  vgl.  Apollodor  epit.  I  20,  Sophocles  Philocl.  676  ff.  Euri- 
pides  Heracles  1297  mit  der  Anmerkung  von  Wilamowitz.  Ixions 
Fesselung  in  der  Unterwelt  wird  zuerst  ohne  genauere  Angaben  von 
ApoUonios  Rhodios  Arg.  3, <)2  erwähnt;  erst  die  Lateiner  sprechen 
sich  bestimmt  aus:  TibuU  I  :i,  73  illic  lunouem  temptare  bcionia  aosi 
versantur  celeri  noxia  membra  rota.  Properz  V  11,23.  Ovid  Metam. 
IV  461  Vergil  Georg.  III  38.  IV  4«3.  Ovid  Metam.  X  42  Statine  Theb. 
IV  539,  Seneca  Apoo.  14,5,  doch  liegt,  wo  die  römischen  Schilderungen 
übereinstimmen,  wohl  ein  alexandrinischer  Dichter  zugrunde.  Diodor 
IV  69  sagt  nur,  die  Strafe  habe  den  Ixion  nach  seinem  Tode  betroffen. 
2.  Tantalos  wird  von  einem  Steine  bedroht,  dor  über  seinem  Haupte 
hängt:  Isthm.  8,  9,  Ol.  1,54  ff.,  das  stimmt  zur  κάθοδος  *  Ατρειδών,  aber 
auch  zu  Archilochos  fr.  55,  und  neben  diesem  nennt  ein  gelehrtes  Scholion 
/u  Olymp  1,97  als  Zeugen  noch  Alcäus  (vgl.  fr.  93)  und  Alcman  (vgl. 
fr.  >*3):  *  Αλκαίος  bi  καΐ  'Αλκμάν  λίθον  φασίν  έπαιωρ€Ϊοθαι  τφ  Ταντάλψ* 
^πο(ηθ€  δέ  καΐ  *  Αρχίλοχος•  μηδ'  ό  Ταντάλου  λίθος  τήσδ'  υπέρ  νήσου 
κρ€μάοθω.  Vgl.  das  Vasenbild  Baumeister  Τ.  87  Abb.  2042.  Dieser 
Tradition  folgt  Antipater  Sid.  epigr.  XLII  (II   17  Hr.): 

Τάνταλ€,   καΐ  σέ  δέ  γλώσσα  διώλεσ€  καΐ  σέο  κούραν 
χά  μέν  έπετρώθη,  σοΙ  δ'  ίπι  δ€ϊμα  λίθος. 

Polygnotos  (Tansanias  Χ  28  ff.) 

1.  Kin  πατραλοίας   vom  Vater  gewürgt.    2.  Kin   Ιερόσυλος   wird 
von    einem   Weibe  (Έρινύς?)    gestraft.     3.  Όκνος   dreht    einen  Strick; 


Motiv  und  Persöulichkeit  533 

oine  Eselin,  die  dabei  steht,  frisst  das  jedesmal  fertige  Ende.  4.  Thrseus 
und  Pcirithoos,  auf  Stühlen  (?)  gefesselt.  5.  Zwei  Frauen,  nach  der  Bei- 
schrift αμύητοι,  schleppen  Wasser  in  zerbrochenen  Schalen.  6.  Sisyphos, 
den  Stein  walzend.  7.  Vier  Personen,  Greis  und  Greisin,  Knabe  und 
Mädchen,  tragen  Wasser  in  ein  Fase.  Nach  der  Vermuthung  des 
Pausanias  erfolgt  die  Strafe  wegen  Verunehrung  der  eleusinischen  My- 
sterien. 8.  Tantaloe  erleidet  dieselbe  Züchtigung  wie  bei  Homer;  ausser- 
dem hängt  ein  Stein  über  seinem  Haupte.  Dieser  Zug  nach  Archilochos 
wie  der  Perieget  bemerkt. 

Aristophanes  Ranae  146  ff.: 

Irdische  Verbrecher  stecken  in  Schmutz  und  Kot. 
Piaton 

Gorgias  525  Ε :  Tantalos  Tityos  Sisyphos  mit  Hinweis  auf  Homer. 
Gorgias  493  Α  unter  Berufung  auf  orphisch-pythagoreiache  Excgetcn:  die 
Ungoweihten  schleppen  in  einem  Sieb  Wasser  in  das  durchlöcherte  Fass. 
Republik  363  D  mit  Nennung  orphischer  Quellen :  Die  Gottlosen  stecken 
tief  im  Schmutz  (vgl.  Phaedo  69  C)  oder  tragen  Wasser  in  einem  Siebe. 
Vgl.  Bion  bei  Diog.  Laert.  IV  50.  Ebenda:  Feurige  Männer  feaseln, 
schinden  und  walken  den  Arrhidaios  und  andere  Frevler. 

Axiochos 

Tantalos,  Tityos,  Sisyphos  wie  bei  Homer.  Gottlose  werden  von 
Tieren  bedroht  und  mit  Fackeln  gesengt.  Endlich  Aavatbwv  öbpciai. 
Hierzu  ist  wohl  Lukian  zu  stellen,  der  mehrfach  (Timon  18,  Hermot.  61 
Mortuorura  dialogi  11,4)  erwähnt,  dass  die  Danaostöchter  Wasser  in 
ein  durchlöchertes  Fass  schöpfen.  Ihm  folgen  Pseudoplut.  conv.  sept. 
sap.  160  Β  Porphyrius  de  abst.  3,  27  Alciphron  ep.  I  2, 1.  Dies  ist  auch 
die  Version  der  römischen  Dichter  (nach  denen  man  römische  Skulpturen 
zu  beurtheilen  hat,  die  Waser  bei  Pauly-Wissowa  S.  2090  zusammenstellt): 
Tibull  I  3,  79  et  Danai  proles,  Veneris  quod  numina  laesit,  in  oava 
Lethaeas  dolia  portat  aquas;  Horaz  III  11,26;  Ovid  Metam.  X  43,  der 
von  Horaz  direkt  abhängt;  vgl.  Servius  zu  Aeneis  X  497.  Diodor  I  97 
redet  nicht  von  den  Danaiden.  Dagegen  sind  von  Wichtigkeit  Nach- 
richten, die  sich  bei  Suidas  und  Paroemiographen  finden  (v.  βίς  τ€τρη- 
μ^νον  πίθον  άντλ€ΐν  oder  άπληστος  πίθος*  vgl.  Leutsch-Schneidewin  zu 
Zenobios  cent.  II  6  und  Apostolios  cent.  VI  79).  Ihre  Quintessenz  ist 
diese  (vgl.  bes.  Apostolios  1.1.  und  Suidas):  Der  Mythos  erzähle,  die 
Gottlosen  (άσ€β€ΐς)  schöpften  im  Hades  in  ein  durchlöchertes  Fase. 
Diese  Strafe  treffe  die  Seelen  der  Ungeweihten  (αμύητοι),  ausserdem 
thörichte  Mädchen,  die  auch  Danaiden  heissen  (καΐ  κόραι  δέ  ήπ€&ανα{, 
αί  καΐ  Δαναΐδες  καλοΟνται). 

Man  darf  behaupten,  dass  Ixion  und  die  Danaiden  eigentlich 
erst  zum  römischen  Hadea  gehören;  die  Quelle  der  üeberlieferung 
ist  schwerlich  viel  älter  als  der  Axiochos ,  w^ohl  Alexandriuerzeit. 
Am  einfachsten  liegt  die  Sache  da,  wo  in  der  alten  Dreiheit  Tan- 
talos, Tityos,  Sisyphos  der  eine,  Tityos,  durch  Ixion  ersetzt  wird: 
Ovia  Metam.  X  41  ff.,  Properz  V  11,23,    Bücheler  Anthol.  1186,  14  ff. 


534  Radermacher 

Jedenfalls  ist  für  die  römischen  Darstellungen  auch  die  Rolle  der 
Tisiphone  als  Aufseherin  über  die  Züchtigungen  im  Hades  charakte- 
ristisch, die  der  älteren  griechischen  Dichtung  ganz  unbekannt  ist,  in 
Rom  dagegen  zum  festen  Bestände  gehört.  Lukian  stimmt  auch  hier 
zur  römischen  (alexandrinischen  ?)  Tradition,  vielleicht  durch  Vermitt- 
lung des  Menipp. 

Vergil 
Von  Aeneis  580 ff— 627  mag  der  Text  wörtlich  angeführt  wer- 
den, soweit  er  der  Besprechung  als  Unterlage  zu  dienen  hat:  hie 
genus  antiquum  terrae,  Titania  pubes  —  fulmine  deiecti  fundo  volvuntur 
in  imo.  hie  et  Aloidas  geminos  inmania  vidi  corpora,  qui  manibus 
magnum  rescindere  caelum  adgressi  superisque  lovem  detradere  regnis. 
vidi  et  crudelis  dantem  Salmonea  poenas,  dum  flammas  lovis  et  sonitus 
imitatur  Olympi.  —  Es  folgt  die  Erzählung  vom  Frevel  des  Salmoneus. 
595  nee  non  et  Tityon,  Terrae  omnipotentis  alumnum,  cemere  erat, 
per  Iota  uovem  cui  iugera  corpus  porrigitur  rostroque  inmania  voltur 
obunco  inmortale  iecur  tondens  fecundaque  poenis  viscera  rimaturque 
epulis  babitatque  sub  alto  pectore  nee  fibris  requies  datur  uUa  renatis. 
quid  memorem  Lapithas  Ixiona  Pirithoumque  ?  quos  super  ^  atra  silex 
iam  iam  lapsura  cadentique  inminet  adsimilis;  lucent  genialibua  altis 
aurea  fulcra  toris ;  Furiarum  maxima  iuxta  accubat  et  manibus  prohibet 
contingere  mensas,  exsurgitque  facem  attolens  atque  intonat  ore.  hie, 
quibus  invisi  fratres,  dum  vita  manebat,  pulsatusve  parens  et  fraus 
innexa  clienti,  aut  qui  divitiis  soli  incubuere  repertis,  nee  partem  posuere 
suis,  quae  maxima  turba  est,  quique  ob  adulterium  caesi,  quique  arma 
secuti  inpia,  nee  veriti  dominorum  fallere  dextras,  inclusi  poenam  ex- 
pectant.  ne  quaere  doceri,  quam  poenam,  aut  quae  forma  viros  fortunave 
mersit.  saxum  ingens  volvunt  alii  radiisque  rotarum  destricti  pendent; 
sedet  aeternumque  sedebit  infelix  Theseus,  Phlegyasque  miserrimus 
omnis  admonet  et  magna  testatur  voce  per  umbras:  discite  iustitiam 
moniti  et  non  temnere  divos.  vendidit  bic  auro  patriam  domin umque 
potentem  inposuit;  fixit  leges  pretio  atque  refixit.  hie  thalamum  in• 
vasit  natae  vetitosque  hymenaeos 

Der  sicherste  Weg  für  die  üntereaohang  scheint  der, 
von  den  Arten  der  Strafen  auszugehen.  Es  ist  unverkennbar, 
dass  die  Erfindung,  die  eich  in  ihnen  zeigt,  etwas  Typisches  hat, 
sodass  sich  bestimmte  Kategorien  unter  einem  gemeinsamen 
Gesichtspunkt  zusammenfassen  lassen.  Freilich  hat  noch  vor 
kurzem  Salomon  Reinach'  diese  Thatsache  einfach  ausser  Acht 
gelassen  und  versucht  gerade  die  hervorstechendsten  Schilderungen 
auf   Missverständnisse    antiker  Malereien   und    Plastiken    zurück- 


^  Dazu  die  varia  lectio :  quo  super.  Von  dieser,  offenbar  schlecht 
bezeugten  Variante  (s.  Norden  im  Commentar)  gehen  die  aus,  die  an 
der  Stelle  irgendwelche  Aenderungen  vornehmen. 

2  Revue  archeologique  1903  S.  27  ff. 


Motiv   und  Persönlichkeit  585 

zuführen.  Ich  kann  mich  nicht  entschlieseen,  dem  Rationaliemue, 
der  sich  in  diesem  Einfall  immerhin  geistreich  bethätigt,  Vertrauen 
zu  schenken.  Längst  hatte  meines  £rachtens  Albrecht  Dieterich 
den  richtigen  Weg  gewiesen.  Er  hat  bereits  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dass  die  Erzählungen  von  Tantalos,  Sisyphos,  Oknos 
und  den  Danaiden  in  ihrer  Conzeption  die  grösste  Aehnlichkeit 
zeigen,  und  er  hat  dann  die  Frage  gestellt^  ob  hier  nicht  harm- 
lose attische  Volksüberlieferungen  und  Märchen  von  mystischen 
Theologen  aufgegriffen,  zu  Hadesstrafen  nmgestempelt  und  erst 
von  ihnen  auf  jene  mythischen  Namen  gesetzt  worden  sind^  Ich 
hoffe,  eine  genauere  Betrachtung  des  Materials,  das  wir  vorlegen 
werden,  wird  uns  nicht  nur  ermöglichen,  Dieterichs  Auffassung 
zu  präzisiren,  sondern  zugleich  auch  den  Weg  zum  ^^erständniss 
Vergile  erschliessen . 

Für  das,  was  Sisyphos  thut,  haben  die  Griechen  in  ματαιο- 
πονία  einen  charakteristischen  Ausdruck  besessen.  Denn  wenn 
man  unermüdlich  einen  Stein  auf  einen  Berggipfel  wälzt,  von 
dem  er  mit  Sicherheit  regelmässig  wieder  hinabrollt,  so  ist  das 
eine  Arbeit^  die  jeden  Zweckes  und  Sinnes  entbehrt.  Es  springt 
in  die  Augen,  dass  die  Strafen  des  Oknos  und  die  der  Danaiden 
unter  den  gleichen  Gesichtspunkt  fallen.  Nun  muss  auf  ein  bisher 
unbeachtetes  Zeugniss  hingewiesen  werden. 

Der  Kirchenvater  Basilius  schreibt  de  legendis  Graecis 
libris  c.  17:  τών  έν  Αϊοου  κοΚαΖομένων  ούοέν  πάσχοντες 
άνεκτότερον,  άτεχνώς  εΙς  πυρ  Ηαίνοντεζ  καΐ  κοσκίνψ  φέροντες 
öbujp  καΐ  εΙς  τετρημένον  άντλουντες  πίθον.  Es  ist  anzunehmen, 
dass  sich  diese  Aeusserung  auf  den  mythologischen  Hades  bezieht ; 
denn  aus  christlicher  Apokalyptik  kennen  wir  nichts  dergleichen. 
Basilius  war  ein  gebildeter  Mann,  ursprünglich  Heide  und  Rhetor ;  an 
der  Zuverlässigkeit  seiner  Worte  darf  nicht  gezweifelt  werden.  Er 
unterscheidet  das  Schöpfen  ins  durchbohrte  Fass  und  das  Wasser- 
tragen im  Sieb  als  zwei  verschiedene  Slrafarten,  wie  das  eigent- 
lich natürlich  ist^.     Er  kennt  noch  eine  dritte,  neue:   Wolleins 


*  A.  Dieterich,  Nekyia  S.  76,  77.  Schon  Crusius  hatte  für  'die 
irriti  labores,  die  in  den  nachattischen  Ünterweltsdarstellungen  eine  so 
grosse  Rolle  spielen,  zum  besten  Theil  Volksschwänke  und  die  attischeu 
Komiker*  als  Quelle  angenommen:  Märchenreminiscenzen  im  antiken 
Sprichwort  (Görlitzer  Philologenvers.  1889)  S.  39. 

2  Longin  Rhet.  p.  204,13  Hammer  (576  W)  sagt:  α1ν(ττ€ται  δέ 
καΐ  6  κατατετρήσθαι  δοκών  πίθος  καΐ  τό  έν  Αϊδου  κόσκινον,  οτι  μηδέν 
στέγειν  δυνάμεθα  τών  εΙς  τήν  ψυχήν  είσιόντων.    Dass  er  zwischen  zwei 


536  Radermacher 

Feuer  krempeln  ;  auch  dies  ist  ματαιοπονία,  etwas  Aehnlichee  wie 
das,  was  Oknos  zu  thun  gezwungen  ist,  dessen  Arbeit  der  Esel 
frisst. 

Weiter  mag  uns  eine  Umschau  in  unserem  eigenen  Yolks- 
thum  lehren,  einmal  wie  beliebt  an  sich  die  Fiktion  von  derartig 
sinnlosen,  zweckwidrigen  Arbeitsleistungen  ist,  und  zweitens, 
dass  sie  sich  allerdings  nicht  unter  einen  bestimmten  litterarischen 
Gesichtspunkt,  etwa  den  des  Sprichworts  oder  des  Märchens 
allein  einordnen  lässt.  Man  kann  zwei  Gruppen  scheiden,  eine  von 
solchen  Unternehmungen,  die  auf  eine  nach  Lage  der  Umstände 
thörichte  Handlung  hinauslaufen,  eine  zweite  von  solchen,  die 
ausserdem  gar  nicht  ausführbar  sind.  Genau  so  ist  es  bei  den 
Griechen;  wer  Wolle  ins  Feuer  krempelt,  handelt  thöricht,  aber 
Wasser  in  einem   Sieb    zu   tragen,  ist  an  sich  unmöglich  \ 

Ich  muss  mich  auf  eine  Auswahl  von  Beispielen  beschränken. 
Aus  dem  Sprichwort^. 

Der  Nothwendigkeit,  mehr  Proben  zu  geben,  sind  wir  enthoben 
durch  die  Sammlung  Christoph  Lehmann's,  der  unter  dem  Stichwort 
Vergeblich  bemerkt:  Welcher  vergebliche,  unnütze  Arbeit  gethan,  von 

Strafen  scheidet,  ist  daraus  nicht  sicher  zu  entnehmen;  wahrscheinlich 
ist  er  von  Plato  abhängig. 

*  Parallelen  aus  anderen  Litteraturen  zB.  Benfey  Pantschatantara 
I  238,  Faeroeische  Märchen  Ztschr.  des  Vereins  für  Volkskunde  II  S.  162. 
Detter  und  Heinzol,  Saemundar  Edda,  zu  Harbardhslied  1 9.  Singer, 
Ztschr.  für  die  Volksk.  II  S.  296  (aus  dem  babylonischen  Talmud), 
ülr.  Köhler  Kleinere  Schriften  3.  Bd.  S.  293  ff.  Borchardt,  die  sprich- 
wörtlichen Redensarten  im  deutschen  Volksmunde  N.  177  *den  Bock 
melken  (Italienisches).  Puiser  de  l'eau  dans  un  ßlet  sagen  die  Franzosen: 
Revue  de  Paris,  Juli  1907  S.  29.  Von  den  modernen  Griechen  notire 
ich  eine  Sage  bei  Politis  N.  234:  danach  ist  der  Mann  im  Monde  Kain; 
er  ist  verurtheilt,  die  Gebeine  seines  ermordeten  Bruders  in  einem 
durchlöcherten  Korbe  zu  sammeln.  Er  ist  erlöst,  wenn  der  Korb  voll 
ist  vgl.  Politis  235  (dieselbe  Sage  aus  Kreta).  Die  Römer  haben  nach 
Ausweis  von  Otto*s  Sammlung  wenig  Eigenes  gehabt;  ilas  Meiste  scheiut 
den  Griechen  entlehnt.  Originell  klingt  apud  novercam  queri,  plumbeo 
gladio  iugulare,  aquam  a  pumice  postulare  u.  dgl.,  auch  Horaz  sat.  I 
1,  90  (mit  Heinzes  Anm.),  sat.  I  10,  34.  Die  Fabel  von  dem  homo 
numerans  fluctus  (Furia  CD  III)  ist  zweifellos  aus  dem  Sprichwort 
κύματα  αριθμείς  herausgesponnen  und  schwerlich  alt.  Englisches  giebt 
Shakespeare  *Viel  Lärm  um  nichts*  2.  Aufz.  1.  Sz. 

2  Man  vergleiche  noch  W  Borchardt,  Die  sprichwörtlichen  Redens- 
arten im  deutschen  Volksmunde  2.  Aufl.  (von  Wustmann)  unter  N.  1ΐ5β 
Gegen  den  Strom  schwimmen,  und  N.  177  den  Bock  melken  ~  N.  378 
Flöhe  hüten. 


Motiv  und  Persönlichkeit  537 

dem  sagt  man:  Er  hat  leer  Stroh  gedroscheu,  ein  leer  Nuss  aufgebissen, 
den  Esfl  beschoren,  ein  Mohren  gebadet,  den  Krebs  lernen  für  sich  gehen, 
den  Tauben  ein  Lied  gesungen,  den  Blinden  ein  Spiegel  geschenkt, 
den  Fröschen  ein  Fuder  Wein  zum  Bad  verehret.  Hat  Speck  im  Hunde- 
stall gesucht,  der  Flöh  gehüt,  die  Garn  vergebens  gesteckt,  Moses'  Grab 
gesucht.  Welche  das  thun,  die  verrichten  eben  so  viel,  als  die  mit  dem 
Hintern  ein  Nuss  wollen  aufbeissen. 

Darin  mag  manches  Entlehnte  sein,  aber  namentlich  der  Schluss 
lässt  an  kraftvoller  Originalität  nichts  zu  wünschen  übrig. 
Aus  erzählender  Litteratur. 

Anzuführen  wäre  eine  Reihe  von  Dichtungen,  die  U bland  (Schriften 
III 218  f.)  unter  dem  Titel  'Lieder  von  unmöglichen  Dingen'  behandelt  hat  ^. 

In  einer  Sage  der  Stadt  Osnabrück  werden  als  Friedensbedingung 
p^efordert  ein  paar  himmelblaue  Windspiele  und  zwei  Eichbäume  ohne 
Knoten,  nach  anderer  Ueberlieferung  zwei  Rosenstöcke  ohne  Dornen 
(Ad.  Wrasmann,  Sagen  der  Heimat  S.  26).  Ein  Schwank  bei  Grimm 
(Märchen  195)  handelt  davon,  wie  ein  Soldat  den  Teufel  hinters  Licht 
führt,  indem  er  von  ihm  verlangt,  mit  Gold  einen  Stiefel  zu  füllen, 
dessen  Sohle  heimlich  abgetrennt  ist. 

Das  Märchen  ist  vertreten  durch  die  Geschichte  vom  Hirten- 
bübchen (Grimm  Hausmärchen  N.  152,  wo  die  Parallelen  in  der  An- 
merkung der  Gebr.  Grimm  zu  vergleichen  sind).  Die  FVagen,  die  gelöst 
werden  sollen,  sind:  Wie  viele  Tropfen  Wasser  sind  im  Weltmeer? 
wie  viele  Sterne  stehen  am  Himmel?  wie  viel  Secunden  hat  die  Ewigkeit? 
Es  kann  aber  kein  Zweifel  sein,  dass  überhaupt  die  im  Märchen  ge- 
stellten Aufgaben  eine  scheinbar  unerfüllbare  Forderung  enthalten;  so 
wenn  im  siebenbürgischen  Märchen  dem  Helden  der  Auftrag  gegeben 
wird  (Haltrich  S.  120),  einen  ungeheuren  Teich  in  einer  Nacht  trocken 
zu  legen,  in  Wiese  umzuwandeln,  die  Wiese  zu  mähen,  Heu  zu  machen, 
das  Heu  in  Schober  zu  bringen,  dass  man's  am  Morgen  nur  gleich  ein- 
führen könne.  Motiv*»,  die  wir  in  ähnlicher  Form  anderswoher  kennen, 
kehren  wieder  (Wasser  in  einen  Weidenkorb  schöpfen:  Jegerlehner,  Am 
Herdfeuer  der  Sennen  S.  121,  vgl.  S.  78).  Man  wird  freilich  gut  thun, 
bei  der  Sammlung  von  Beispielen  alles  auszuscheiden,  was  rein  naiv 
phantastisch  ausgedacht  erscheint,  dagegen  wird  man  aufnehmen  dürfen, 
was  den  Stempel  humoristischer  Erfindung  trägt.  Im  Lügenmärchen 
(Grimm  159  m.  Anm.)  fliegen  die  gebratenen  Hühner,  schwimmen  Mühl- 
steine über  den  Rhein  ^.  Einen  besonderen  Typus  vertritt  das  Märchen  von 
der  verkehrten  Welt,  nämlich  den  thörichter  Handlungen,  deren  Er- 
gebnis ein  nichtiges  ist. 

^  Hierhin  gehört  aus  dem  Mittelalter  die  Erzählung  des  Tann- 
häuscr,  dass  seine  Dame  ihm  geboten  habe,  aus  der  Provence  die 
Rhone  nach  Nürnberg  und  die  Donau  über  den  Rhein  zu  leiten,  auf 
einen  See  ein  elfenbeinernes  Schloss  zu  bauen  usw.  S.  W.  Hertz  Aus 
Dichtung  und  Sage  S.  21  f. 

-  Vgl.   dazu  Freudenthal,   Ueber  die  im  Talmud  vorkommenden 


538  Radermacher 

Unmögliches  als  Strafe. 

Nach  Trierer  Glauben  sind  un vermählt  gebliebene  Mädchen  ver- 
urtheilt,  nii  dem  Weiher  zu  Wawern  (Kr.  Prüm)  den  Fröschen  Strümpfe  zu 
stricken  Κ  Es  ist  eine  Probe  von  vielen  ^.  Schon  Haberland  hat  im  Globus 
XXXIV  S.  205  ff.  ein  sehr  reiches  Material  über  die  Bestrafung  alter 
Jungfern  zusammengestellt;  Zingerle  (Tirolensia  S.  133  ff.)  und  Waser 
(Archiv  für  Religionswissenschaft  II  S.  59  ff.)  geben  dazu  interessante 
Nachträge  Sandtragen  in  einem  Sieb,  Wasserschöpfen  mittels  eines 
geflochtenen  Korbes  spielen  danach  eine  besondere  Rolle.  Wichtig  ist 
festzustellen,  dass  nicht  bloss  alte  Mädchen,  sondern  auch  Hagestolze 
zu  solchen  vergeblichen  Arbeiten  verdammt  werden.  Eine  werthvolle 
Ergänzung  bilden  drei  von  C.  Sartori  ^  aufgezeichnete  Sagen  aus  dem 
Regierungsbezirk  Minden.  Die  eine  (N.  2)  erzählt  von  einem  ver- 
storbenen Leutnant,  dass  er  nach  seinem  Tode  als  Geist  häufig  wieder- 
kam und  allerlei  Unheil  anrichtete.  Um  ihn  zu  bannen,  wird  ein 
katholischer  Geistlicher  bestellt.  Der  schafft  den  Geist  zu  Wagen  nach 
Darlaten,  einem  Walde  bei  Uchte,  giebt  ihm  einen  Eimer  ohne  Boden 
in  die  Hand  und  sagt:  'Mit  diesem  Eimer  sollst  du  jenen  Teich  aus- 
schöpfen.* 'Was  dann?'  fragte  der  Leutnant.  *Dann  zähle  die  Blätter 
auf  den  Bäumen.*  Aehnlich  ist  eine  Sage  aus  Sielhorst  (N.  5)  und  Holsen 
bei  Bünde,  in  der  der  Geist  geheissen  wird,  mit  einem  bodenlosen  Eimer 
eine  Quelle  zu  leeren.  Man  möchte  vermuthen,  dass  sich  hier  die  ur- 
sprünglichste Bedeutung  des  άμήχανον  als  eines  Bannzanbers  enthüllt. 
Wie  man  dazu  kam,  das  Motiv  auch  auf  alte  Jungfern  anzuwenden, 
lehrt  die  dritte  Geschichte  aus  Südlengern  (Kr.  Herford) :  Hamels  Marie 
war  eine  reiche  Bauerntochter,  die  sich  dem  Teufel  ergeben  hatte.  Als 
die  Eltern  ihren  Umgang  mit  dem  Teufel  merkten,  wiesen  sie  sie  aus 
dem  Hause.  Aber  Marie  kommt  immer  wieder,  selbst  nach  dem  Tode 
in  Gestalt  einer  Krähe,  die  ruft:  Ha  ha  ha,  ich  bin  schon  wieder  da! 
Man  bestellte  nun  den  Pastor  aus  Bünde,  und  dieser  wies  sie  in  den 
kahlen  Berg.  Ergab  ihr  einen  Eimer  ohne  Boden  und  ein  hölzernes 
Beil  mit  der  Weisung,  sie  solle  mit  dem  Eimer  den  Teich  im  Berge  aus- 
leeren und  mit  dem  Beil  den  Wald  abhauen;  dann  könne  sie  zurückkehren. 

Nun  zu  den  Griechen!    Das  Sprichwort  liefert  dort  unserer 

Märchen  Orient  und  Occident  III  S.  353  ff.  Wollner  zu  Leskien  und 
Brugmann,  Litauische  Märchen  N.  35,  Köhler  zu  Gonzenbach  Sizilische 
Märchen  37. 

^  Ph.  Laven  in  der  Ztschr.  für  Rheinische  und  Westf.  Volks- 
kunde 1  (1904)  S.  234. 

^  Nach  dem  Glauben  der  Normandie  müssen  unvermählt  gebliebene 
Mädchen  am  Himmelsthor  ewig  tourloure  schreien  (Canet,  Blason  popu- 
laire  de  la  Normandie,  Ronen  et  Caen  1859  II  138;  Turelure  ist  der 
Name  der  verkehrten  Welt):    Hertz,  Spielmannsbuch  S.  450. 

^  Ztschr.  des  Vereins  für  Rheinische  und  westfälische  Volkskunde 
1906  S.  294,  ff.  N.  1,  2,  5.  Parallel  die  Sage  bei  Wrasmann.  S.  55  (der 
Spuck  am  Violenbach)  aus  dem  Kreise  Melle,  S.  96  aus  Lingen. 


Motiv  und  Persönlichkeit  539 

Betrachtung  noch  reicheren  und  originelleren  Stoff,  aU  das 
Deutsche;  aus  dem,  was  die  Parömiographen '  bieten,  gebe  ich 
nur  eine  Auewahl. 

Wolle  ine  Feuer  krempeln  (€ΐς  πΟρ  εα(ν€ΐς  Paroemiogr.  vgl.  Ari- 
staenetus  II  20). 

Eine  Fischreuse  aufblasen  (τύργαθον  ψυσ^ς  Paroemiogr.  Ari- 
staenetus  a.  a.  0.). 

Mit  einem  Schwamm  einen  Nagel  einschlagen  (σπόχτψ  πάτταλον 
κρού€ΐν  Mantissa  Prov.  II  88  Aristaenetus  a.  a.  0). 

Einen  Ziegel  waschen  (πλίνθον  πλύν€ΐς  Paroemiogr.  Suidas,  Photios 
V.  övou  πόκαι  s.  Scholion  Aristoph.  Ran.  186). 

Einen  Schlauch  rupfen  (άσκόν  τίλλειν  Suidas,  Photios  a.  a  0.). 

Einem  Schlauch  das  Fell  abziehen  (άσκόν  6^p€tv  Paroemiogr. 
Eustath.  zu  Homer  IL  Ε  137  ρ.  531,  8  Κ  21  ρ.  787,  10  Solon  bei  Plutarch 
Sol.  14.), 

Auf  Felsen  säen  (κατά  πετραιν  σπ€ίρ€ΐς  oder  πέτρας  oncipciv 
Paroemiogr.). 

Ins  Wasser  säen  (€ΐς  ΰδωρ  σπε{ρ€ΐς  Paroem.). 

In  den  Himmel  schiessen  (€ΐς  ούρανόν  τοΕ€ύ€ΐς  Paroem.). 

Wolken  kämmen  (ν€φέλας  Haiveiv  Paroem.). 

Einen  Esel  scheeren  (övov  κ€{ρ€ΐς  Zenob.  V  38). 

Dem  Löwen  den  Bart  stutzen  (τόν  λέοντα  Ευρ^ς  Paroem.). 

Ein  Licht  am  iMittag  anzünden  (λύχνον  έν  μεσημβρίςι  απτ€ΐν 
Paroem.). 

Fröschen  Wein  spenden  (βατράχοις  οΙνοχο€ΐς  Paroem.). 

Wind  mit   einem  Netz  fangen    (δικτύψ   αν€μον  θηράν  Paroem.). 

Einen  Delphin  schwimmen  lehren  (ΔελφΙνα  νήχεσθαι  διδάσκεις 
Paroem.  3). 

Die  Sterne  zählen  (αστέρας  αριθμείς  Paroem.). 

Den  Meersand  messen  (άμμον  μετρεΐν  Paroem.). 

Einen  Mohren  weiss  waschen  (ΑΙΘίοπα  αμήχειν  i'aroem.). 

Einen  Ledersack  zum  Sieben  benutzen  (μολγόν  αΐνειν  Aristophanes 
V.  Schol.  ad  Aristoph.  Eq.  959). 

Einen  Kochtopf  bemalen  (χύτραν  ποικίλλειν  Paroem.  Suid.  Photios 
V.  Övou  πόκαι). 


*  Ich  führe  die  einzelnen  Stellen  nicht  an,  weil  sie  nach  dem 
Index  Proverbiorum  bei  v.  Leutsch-Schneidewin  leicht  zu  finden  sind. 
Vgl.  Crusius  aO.  S.  38,  Friedländer  Sittengesch.  S.  471,  0.  Rosebach 
Rhein.  Mus.  48  S.  599  Anm.  1.  Eine  Zusammenstellung  von  αδύνατα 
geht  unter  Plutarchs  Namen,  im  ganzen  32  Nummern,  jetzt  bei  Bernar- 
dakie  VII  S.  463  f.  vgl.  v.  Leutsch  Vol.  I  S.  343  ff. 

^  Verständlich  wird  durch  diese  Beispiele  das  kleine  Gedicht 
Anthol.  Palat.  11, 8.  Das  Feuer  'brennen'  ist  μάταιον,  wie  einen  Fisch 
schwimmen  lehren;  Conjecturen  sind  demnach  abzuweisen.  Vgl.  So- 
phoclcs  frg.  ine.  694,  Theognis  Vs.  106,  Pseudophocylides  Vs.  152. 


540  Radermacher 

Gegen  einen  Misthaufen  anräuchern  (προς  κοπρυϋνα  ΘΟμιον  Suid. 
Phot.  V.  Övou  πόκαι). 

In  das  durchbohrte  Fass  schöpfen  (€ΐς  τόν  Τ€τρημένον  πίθον 
άντλ€ΐν;  so  die  Aelteren,  zuerst  Xenophon  Oec.  VII  40)  oder:  in  ein 
durchbohrtes  Fass  schöpfen  (Paroem  ). 

In  einem  Sieb  Wasser  tragen  (κοσκίνψ  U6uip  φέρ€ΐ:  irti  των 
αδυνάτων  Paroemiogr.,  als  Wunder  von  der  Vestalin  Tacda  vollbracht 
Dionys.  Hai.  Ant.  II  69  p.  383  R.  auch  mit  einem  Sieb  Wasser  schöpfen 
κοσκίνψ  άντλ€ϊς  Maoarius  V  20). 

Diese  Beispiele  dürften  genügen,  um  zu  zeigen,  wie  reich  an 
burlesken  Einfällen  das  griechische  Sprichwort  gewesen  ist. 

Aus  erzählender  Litteratur. 
Ich  nonne  die  derbe  Anecdote  von  Zeus  und  den  Eseln  (Korais 
fab.  112)  Ein  echter  Schwank,  dem  moderne  Parallelen  nicht  fehlen  ^ 
ist  die  Erzählung  bei  Pseudoplutarch  Septem  Sap.  conv.  151^:  der 
König  von  Aethiopien  hat  mit  Amasis  einen  άγων  σοφίας  and  verlangt 
von  ihm,  das  Meer  auszutrinken.  Der  weise  Bias,  um  seinen  Rath  an- 
gegangen, giebt  die  Auskunft:  φραΐέτα}  τοίνυν  τφ  ΑΙΘίοπι,  τους  εμβάλ- 
λοντας €ΐς  τά  π€λάγη  ποταμούς  έπισχ€ΐν,  ?ως  αυτός  iicirivci  τήν  νΟν 
ουσαν  θάλασσαν.  Anonym  steht  die  Geschichte  später  im  Syntipas- 
roman^.  Margites  und  andere  Dummköpfe  zählen  die  Meereswogen; 
Akko  versucht  Nägel  mit  einem  Schwämme  einzutreiben*.  Auch 
eine  Erzählung  Lukians  ist  auf  sprichwörtliche  Redensarten  zurück- 
zuführen Vita  Demouactis  28:  Demonax  sieht  zwei  Philosophen  strei- 
ten; nachdem  er  eine  Weile  zugehört,  bemerkt  er:  Scheint  nicht 
der  eine  einen  Hock  zu  melken,  der  andere  ein  Sieb  unterzuhalten?^. 
Von  den  Aufgaben,  die  in  der  griechischen  Sage  den  Heroen  ge- 
stellt werden,  finden  einige  anscheinend  hier  ihre  Erklärung.  Wenn 
Herakles  angewiesen  wird,  in  einer  Nacht  den  Augiasstall  auszu- 
misten, 80  ist  die  Aufgabe  weder  leichter  noch  viel  appetitlicher,  als 
ein  Zimmer  voll  verschimmelten  Brotes  auf  einmal  aufzuessen  (Haltrich, 


^  Vgl.  Leskien  u.  Hrugmaun,  Litauische  Volkslieder  und  Märchen  34, 
'Wie  ein  Mädchen  gegen  den  König  das  Spiel  gewann.  Der  König 
verlaugt,  ihm  von  einer  Flachsschebe  hundert  Halbstück  Leinwand  zu 
spinnen.  Das  Mädchen  bricht  die  Reiser  eines  Rohrbesens  in  kleine 
Stücke  und  fordert,  dass  aus  ihnen  eine  Werkstatt  gebaut  werde,  in 
der  es  die  Leinwand  weben  könne  usw.  Hierzu  giebt  Wollner  in  der 
Anm.  S.  n7.i  eine  Fülle  von  Parallelen. 

>  Syntipas  S.  125— 138  B.,  wo  zwei  Parallelerzählungen. 

8  S.  oben  S.  4δί). 

*  Vgl.  τράγον  άμ^λγ€ΐν  Plutarch  Prov.  Boissonade  20  Apostolius 
XVII  .3*2 a.  Diogenian  VII  05  giebt:  πότ€ρον  ό  τόν  τράγον  άμέλγυιν 
άφρο  νεότερος  ή  ό  τό  κόσκινο  ν  ύποτιθείς;  €Ϊποις  άν  ό  τόν  τράγον.  Das 
stammt  aus  einer  anderen  Fassung  der  bei  Lucian  erzählten  Geschichte ; 
ein  Sprichwort  ist  es  nicht. 


Motiv  und  Persönlichkeit  541 

Siebenb.  Märchen  173).  Im  Märchen  von  Amor  und  Psyche  muss  das 
Mädchen  die  einzelnen  Kömer  von  einem  g^rossen  Haufen  verschiedener 
Sämereien  bis  zum  Abend  sondern  (Appul.  Met.  VI  10^).  Ueber  antike 
Spuren  des  Märchens  von  der  verkehrten  Welt  hat  Otto  Crusius  ge- 
bandelt^.  Ferner  gehört  in  diesen  Zusammenhang  die  Fahrt  in  das 
Land,  wo  die  Esel  geschoren  werden:  βίς  δνου  πόκας,  wie  es  bei 
Aristophanes  Ran.  186  heisst.  Freilich  scheint  bereits  Aristarch  an  der 
Lesung  Anstoss  genommen  und  im  Anschluss  an  den  Oknosmythos  €ΐς 
Όκνου  πλοκάς  vermuthet  zu  haben:  diese  Yerbessernng  hat  sich  bis 
heute  vielfach  in  Texten  behauptet.  Sie  ist  trotzdem  falsch.  Einestheils 
wird  das  ehrwürdige  Alter  der  üeberlieferung  gerade  durch  Aristarchs 
Conjectur  ausser  Zweifel  gestellt.  Der  gelehrte  Grammatiker  aber, 
dessen  Einwände  bei  Suidas-Photios^  und  im  Scholion  zur  Stelle  er- 
halten sind,  hat  richtig  gesehen,  dass  es  sich  um  ein  άμήχανον  handelt. 
Moderne  hätten  auf  das  Sprichwort  €ΐς  Άφάννας  *nach  Nirgendheim* 
hinweisen  sollen^,  oder  auf  das  Land,  'wo  die  Mäuse  Eisen  fressend 
Man  darf  es  Aristophanes  nicht  verwehren,  wenn  er  selbst  seinem 
bärbeissigen  Charon  einen  Witz  zumuthet ;  dass  es  ihm  gar  nicht  darauf 
ankommt,  nur  Orte  der  Unterwelt  zu  nennen,  zeigt  εΙς  κόρακας  im 
selben  Zusammenhang.  Das  ungarische  Märchen  kennt  eine  Gegend, 
wo  man  den  Flöhen  Hufeisen  schlägt,  und  andere  nicht  minder  phantasie- 
volle ^.  Aus  griechischen  Märchen  stammt  demnach  wohl  die  Redens- 
art όπου  αΐ  (so)  Ιλαφοι  τά  κέρατα  άποβάλλουσι,  die  von  den  Parömio- 
graphen  falsch  erklärt  wird.  Der  Witz  ist  doch,  dass  die  weiblichen 
Tiere  gar  keine  Hörner  besitzen  "^ ;  das  erkannte  schon  Crusius. 

Endlich   ματαιοπονία   als    Strafe.     Was   oben    bereits    zu- 
sammen gestellt  ist,  braucht  hier  nicht  wiederholt  zu  werden. 


^  Der  Zug  ist  alt;  denn  es  scheint,  dass  ihn  Petron  parodirt 
c  13G  Bücheier. 

2  Verhandlungen  der  40.  Philologenvers.  1889  S.  38  f. 

8  V.  δνου  πόκαι.    Dazu  Hesych  v.  övou  ιτόκαι,  Zenobius  Prov.  V  38. 

*  Zenobius  III  92,  Plinius  N.  H.  III  11, 104.  Dazu  die  erläuternden 
Bemerkungen  von  Crusius  aaO.  Parallel  geht  auch  das  Sprichwort  övov 
Κ€{ρεις  έπΙ  τών  μάταιόν  τι  ποιόύντων;  vgl.  Crusius  Rhein.  Mus  42,414. 

^  Crusius  Untersuchungen  zu  den  Mimiamben  des  Herondas  71  flf. 
Wichtig  sind  hier  noch  Verse  des  Plautus  Asiii.  31  flf.,  auf  die  hinzu- 
weisen ich  mich  begnüge,  weil  Prescott  sie  eben  ausführlich  behandelt 
hat  American  Journal  of  Phil.  1908  S.  57  flf. 

^  Wlislocki,  Volksglaube  der  Magyaren  S.  45  hat  vieles  der  Art 
zusammengetragen.  Weitere  Parallelen  sind  zu  finden  bei  W.  Hertz, 
Spielmannsbuch  S.  449  f.  und  in  Jacob's  Türkischer  Bibliothek  II  Bd. 
(1905)  S.  18  Anm.  Robert  Petsch,  Formelhafte  Schlüsse  im  Volksmärchen 
(Berlin,  Weidmann  1900)  steht  mir  nicht  zur  Verfügung. 

'^  Man  darf  also  den  Scherz  bei  Walahfried  Strabo  (Uliland  Ges. 
Schriften  III  319  Anm.  170)  vergleichen:  cornutos  acquirat  equos.  Ein 
Witz  mit  Eselshörnern:  s.  Singer  Ztschr.  f.d.  Volkskunde  1892  S.  296. 


542  Radermacher 

üeberechaat  and  vergleicht  man  die  vorgelegten  Proben  aus 
dem  Deutschen  und  Griechischen,  so  zeigt  sich  eine  vollkommene 
Ueberein^timmung  im  Spiel  mit  Einfällen,  die  zum  Theil  von 
grotesker  Phantastik  sind.  Man  mag  über  den  Werth  von  Ana- 
logien denken,  wie  man  will,  jedenfalls  wird  das  eine  klar, 
dass  die  Strafen  eines  Sisyphos,  Tantalos,  Oknos,  der  Danaiden 
von  dem  übrigen  Material  nicht  leicht  getrennt  werden  können. 
Dann  ist  eine  Feststellung  wichtig.  Es  sind  im  letzten  Grunde 
Schöpfungen  des  Volkshumors,  mit  denen  wir  hier  zu  thun  haben. 
In  den  meisten  Fällen  liegt  diese  Thatsache  so  deutlich  vor  Augen, 
dass  sie  nicht  weiter  bewiesen  zu  werden  braucht.  Ob  es  sich 
darum  bandelt,  Fröschen  Strümpfe  zu  stricken,  oder  einen  Wein- 
schlauch  zu  rupfen,  es  ist  augenfällig,  dass  diese  Erfindung 
komisch  sein  will.  Wer  derartiges  thut,  über  den  kann  ein  Ver- 
ständiger nur  lachen. 

Die  humoristische  Erfindung  hat  sich  aber  in  sehr  ver 
sohl  edenartiger  Weise  bethätigt,  und  es  ist  nicht  leicht  festzu- 
stellen, was  hier  das  prius,  was  das  secundum  war.  Der  Zahl 
nach  ist  wohl  das  Sprichwort  am  stärksten  vertreten.  Läset  es 
sich  auch  nicht  sicher  beweisen,  so  darf  man  doch  die  Vermathung 
wagen,  dass  bei  ihm  die  Anfänge  liegen;  sie  wird  unterstützt 
durch  die  Beobachtung,  daes  griechische  Schwankerz&hlung  viel- 
fach nur  Einkleidung  und  Rahmen  für  eine  sprichwörtliche 
Redensart  liefert.  Aber  wir  werden  noch  sehen,  dass  es  auch 
Schwanke  gegeben  hat,  die  sich  keineswegs  so  leicht  auf  ein 
Sprichwort  zurückführen  lassen.  Wenig  Bedeutung  für  die  Be- 
urtheilung  der  Sachlage«  hat  es,  wenn  das,  was  ursprünglich 
komisch  sein  sollte,  den  Späteren  nicht  mehr  so  erschienen  ist. 
Es  kann  ja  kein  Zweifel  darüber  bestehen,  dass  der  Dichter,  dem 
wir  die  Erweiterung  der  homerischen  Nekyia  verdanken,  etwa  die 
Sisyphosepisode  in  tiefstem  Ernste  erzählt.  Möglicherweise  legt 
er  ihr  sogar  eine  symbolische  Bedeutung  unter.  Wir  wissen 
nicht,  welchen  Kreisen  er  angehörte,  kennen  die  Einflüsse  nicht, 
denen  er  unterworfen  war.  Da  muss  die  Constatirnng  genügen, 
dass  die  Erfindung  der  Motive  an  sich  mit  theologischer  Speco- 
lation  nichts  zu  thun  hat;  diese  kann  darum  doch,  wie  es  bei 
den  ürphikern  geschehen  ist,  mit  bereits  vorliegenden  gearbeitet, 
allenfalls  auch  ein  neues  nach  gegebenen  Mustern  geschaffen  haben, 
so  gut  wie  Seneca  Neues  erfindet,  wenn  er  den  Claudius  in  der 
Unterwelt    mit   einem  Becher  ohne  Boden  Würfel  spielen  läset ^ 

*  Apocolocyntosis.  14,  4. 


Motiv  und  Persönlichkeit  543 

Nur  in  ihrem  letzten  Grunde  liegen  diese  Dinge  fernab  von 
jeglicher  Symbolik,  und  es  ist  ein  eelteamee  Spiel  des  Zufalles, 
dass  sich  die  Söhne  an  dem  erbauten,  was  das  derbere  Ge- 
schlecht der  Ahnen  belustigen  konnte.  Wahrscheinlich  würden 
die  Verbindungslinien,  die  zwischen  volksthümlicher  Scberzdicblung 
und  Höllenstrafen  besteben,  nocb  deutlicher  hervortreten,  wären 
wir  in  der  Lage,  über  das  Verbältniss  der  freien  Motive  zu  ihrer 
Anwendung  in  einem  bestimmten  Falle  jedesmal  Sicheres  und 
Genaues  zu  erkunden.  Indem  wir  uns  dieser  Frage  zuwenden, 
kommen  wir  Yergil  einen  Schritt  näher.  Dreimal,  bei  dem  Zuge 
des  Wollkrempelns,  des  Wassertragens  im  Sieb  und  des  Scböpfens 
in  das  durchbohrte  Fass,  finden  wir  ja  Sprichwort  und  Jenseits- 
strafe  selbständig  neben  einander. 

Für  den  Oknosmythos  hat  dann  Rossbach  vermuthet,  dass 
die  Malerei  des  Polygnotos  nichts  sei  als  eine  Illustration  für 
ein  attisch-jonisches  Sprichwort^).  Aber  seinem  Hinweis  auf 
das  aristophanische  €ΐς  'Όκνου  πλοκάς  vermögen  wir  nicht  zu 
folgen,  weil  wir  diese  Lesung  für  falsche  Conjectur  halten;  die 
Gründe,  die  für  Richtigkeit  der  Ueberliefernng  sprechen,  sind  oben 
auseinandergesetzt.  Freilieb  kennt  Pausanias  ein  jonisches  Sprich- 
wort, das  auf  Oknos  Bezug  nimmt  und,  wie  der  Perieget  sagt,  Leuten 
gilt,  die  Unnützes  treiben:  6  άνήρ  ούτος  συνάγει  του  "Οκνου  τήν 
θώμιγγα  „der  Mann  sammelt  (?)  das  Seil  des  Oknos'^  Wir  brauchen 
uns  mit  dem  genaueren  Verständniss  dieser  Worte  nicht  abzumühen ; 
denn  wenn  einerseits  klar  ist,  dass  der  Strick  des  Oknos  in  beiden  Fällen 
der  gleiche  ist,  so  ist  doch  andrerseits  nicht  weniger  deutlich,  dass 
das,  was  Polygnot  malte,  wenigstens  unmittelbar  keine  Illustration 
dieses  Sprichwortes  sein  kann.  Der  Künstler  stellte  eine  Handlung 
dar,  die  nicht  einmal  ganz  einfach  ist,  einen  Mann,  der  an  einem 
Strick  dreht,  und  eine  Eselin,  die  das  fertige  Ende  auffrisst,  ohne 
dass  der  andere  darum  seine  vergebliche  Arbeit  aufgiebt.  Ale 
Schwank  gedacht,  wird  eine  solche  Scene'  ohne  Weiteres  ver- 
ständlich. Daher  scheint  es  mir  als  Combinätion  nicht  unbegründet, 
wenn  Rosebach ^  den  Oknos  in  die  Gesellschaft  des  Margites  und 
seinesgleichen  stellt;  ein  Sprichwort  des  Apostolios,  in  dem 
Oknos  gewarnt  wird,    Bohnen  roh    zu  essen  —  das  ist  ja  doch 


1  aaO.  S.  598. 

*  Schon  Robert  vermuthete  daher  als  Vorlage  eine  Fabel:  Die 
Nekyia  des  Polygnotos  S.  62 ;  er  hat  damit  m.  £.  den  Kern  der  Sache 
getroffen. 

^  Nach  dem  Vorgang  von  Crusius  in  dem  angeführten  Vortrag. 


544  Radermacher 

eine  Dummheit  —  hat  ihn  zu  Reiner  Annahme  geführt.  Er 
hätte  noch  darauf  hinweisen  können,  dass  auch  die  anderen 
Narren  ματαιοττονία  treiben.  Im  übrigen  ist  die  Persönlichkeit 
des  Oknos  so  wenig  aufgeklärt^,  dass  man  über  Vermuthungen 
nicht  hinauskommt. 

Sehr  viel  klarer  liegt  der  Fall  der  Danaiden,  und  wenn 
ich  noch  einmal  etwas  ausführlicher  darauf  eingehe,  so  ge- 
schieht es  nur,  um  einige  Dinge,  die  gelegentlich  verwechselt 
worden  sind,  so  scharf  wie  nöthig  ist  von  einander  zu  schei- 
den. Ich  gehe  aus  von  dem  Sprichwort  εΙς  τόν  τετρημ^νον 
πίθον  άντλεϊν.  Wenn  die  Aelteren  übereinstimmend  so  sagen, 
wird  es  die  ursprüngliche  Formulierung  sein.  Dann  ist  der 
Artikel  zu  beachten;  er  hat  nur  dann  Sinn,  wenn  ein  bestimmtes 
Fass  gemeint  ist.  Mit  anderen  Worten :  nicht  das  Sprichwort 
ist  das  prius,  sondern  die  Vorstellung  des  Gegenstandes,  an  den 
es  anknüpft.  Nun  besitzen  wir  die  Malerei  einer  schwarzfigurigen 
Vase^),  die  sich  heute  in  München  befindet;  oft  genug  beschrieben, 
mag  sie  hier  trotzdem  noch  einmal  kurz  charakterisirt  werden. 
Wir  sehen  hinter  dem  steinwälzenden  Sisyphos  aus  dem  Boden  ein 
riesiges  Fase  ragen,  an  dem  auf  jeder  Seite  zwei  weiblich  gebildete 
Seelchen  in  kurzem  Chiton  emporklettern;  sie  tragen  Kannen  in 
den  Händen.  Zwei  weitere,  d  ie  den  oberen  Rand  erreicht  haben, 
leeren  den  Inhalt  ihrer  Hydrien  in  das  Fase  aus.  Es  ist  offen- 
bar eine  ünterweltsscene;  sonst  wäre  das  Auftreten  des  Sisyphos 
unerklärlich.  Dass  von  den  vier  Betheiligten  die  fünfzig  Danaos- 
töchter  vorgestellt  werden  sollen,  ist,  wie  längst  festgestellt 
wurde,  nicht  wahrscheinlich.  Kein  Wert  ist  darauf  zu  legen, 
dass  bei  Polygnot  gleichfalls  gerade  'vier  Mysterienfrevler'  mit 
Wasserschleppen  bestraft  werden ;  sie  sind  ja  doch  verschiedenen 
Geschlechtes.  So  bietet  sich  für  die  Malerei  nirgends  eine  sichere 
Anknüpfung;  wir  haben  kein  Recht,  den  wasserschleppenden 
Seelen    des  Bildes    irgend    einen    bestimmten  Namen    beizulegen. 

Anderseits  ist  schon  vorhin  betont  worden,  dase  Tragen 
von  Wasser  in  einem  Sieb  und  Schöpfen  in  ein  Fase  ohne 
Boden  verschiedene  Dinge  sind.  Ausdrücklich  werden  sie  von 
Basilius  auseinandergehalten.  Allerdings  scheint  es,  dass  die 
Mystik  der  Orphiker  mit  beiden  Motiven  gearbeitet  hat.  Platon 
kennt    in    der  Republik    nur  das   Siebtragen ;    im  Gorgias    redet 


»  Vgl.  Robert  aaO. 

2  Dargestellt  zB.  Baumeister  Abb.  2040. 


Motiv  und  Persönlichkeit  545 

er  vom  Waeeerscbleppen  in  ein  durchlöcbertes  Faes  vermittels 
eines  Siebes;  d.  h.  die  um  einer  symbolischen  Ausdeutung  willen 
vorgenommene  Combination  beider  Motive  führt  zu  einem  voll- 
ständigen Unsinn,  da  doch  im  Sieb  längst  kein  Wasser  mehr 
vorhanden  wäre,  bevor  es  zum  Ausschütten  in  das  Fass  käme. 
Allein  daraus  ergiebt  sich,  dass  eine  Scheidung  unerlässlich  ist. 
Schon  Polygnot  hat  sie  nach  dem  ausdrücklichen  Zeugniss  des 
Pausanias  vorgenommen  ^).  Nirgendwo  wird  aber  meines  Wissens 
Wassertragen  in  einem  Siebe  den  Danaiden  bestimmt  zugeschrieben; 
hieraus  folgt  zunächst  ohne  Weiteres ,  dass  bei  ihnen  von 
der  Umdeutung  eines  Regenzaubers  keine  Rede  sein  kann^. 
Ohnehin  gehört  zu  dieser  Combination  eine  kleine  Schiebung; 
Wasser  in  einem  durchlöcherten  Gefäss  wegschaffen,  ist  eine  un- 
vernünftige Handlung,  dagegen  Aussprengen  von  Wasser  mittele 
eines  Siebs,  die  Nachahmung  des  Regnens,  so  lange  ganz  ver* 
nünftig,  als  man  an  Aehnlichkeitszauber  glaubt.  Beide  Dinge 
wurzeln  in  verschiedenen  Grundlagen.  Alles  Weitere  haben 
bereits  Andere  erschlossen.  Erst  der  im  2.  Jahrhundert^  ent- 
standene Axiochos  spricht  von  Obpeiai  der  Danaiden  in  der 
Unterwelt;  der  Sinn  dieser  Worte  muss  sich  aus  den  frühe- 
sten Zeugnissen  ergeben,  die  deutlicher  reden,  denen  lateini- 
scher Dichter  und  Lucians,  die  das  Wassertragen  in  ein  löche- 
riges Fass  als  Strafe  der  Danaostöchter  bezeichnen.  Dann  aber 
liegt  eine  Motivübertragung  vor;  denn  nach  der  älteren  Tradition 
sind  es  namenlose  Mädchen,  die  jene  Strafe  leiden.  Noch  die  antiken 
Philologen  haben  gewusst^,  dass  das  Motiv  nicht  fest  an  der 
Person  der  Danaiden  haftete.  Auch  der  Grund  der  Uebertragung 
ist  verständlich.     Man  hat  ihn    in    dem  Volksglauben    gefunden, 


*  Ein  Anfang  der  Vermischung  findet  sich  bei  Polygnot  insofern, 
als  unter  der  Gruppe  derer,  die  Wasser  in  einen  πίθος  tragen,  eine 
Greisin  erscheint,  deren  Krug  zerbrochen  ist;,  sie  entleert  den  Inhalt 
der  Scherbe  (δστρακον)  ins  Fass.  Das  ist  ja  auch  immer  noch  mög- 
lich, dagegen  bei  einem  Sieb  (κόσκινον)  ist  es  unmöglich,  und  so  ist 
gegenüber  Piaton  ein  erheblicher  Unterschied.  An  sich  differenzirt, 
sind  doch  beide  Motive  nahe  mit  einander  verwandt;  zum  mindesten 
lag  eine  Verwechselung  bei  ihnen  sehr  nahe. 

«  Gruppe  Gr.  Mythologie  S.  831. 

8  Wilamowitz  Gott.  Gel.  Anz.  1895  S.  977  ff.  Brinkmann  Rhein. 
Mus.  51, 441  ff. 

*  S.  das  Zeugniss  der  Parömiographen  ;  oben  S.  533.  Es  muss 
Dümmlers  wegen  betont  werden,  der  die  Verbindung  mit  den  Danaiden 
für  ursprünglich  hält,  Delph.  17  ff. 

^liein.  Mne.  f.  Philol.  N.  F.  LXUI.  35 


546  ßadermaohef 

der  ewiges  Wassertragen  als  Strafe  der  αγαμοι  kannte  ^  Hier 
sehen  wir  somit  deutlicher,  dass  der  Zusammenhang  zwischen 
Motiv  und  Persönlichkeit  keineswegs  ein  fester  war. 

Noch  eine  Thatsache  verdient  hervorgehoben  zu  werden. 
Wenn  die  Strafe  des  VVassertragens  für  die  Unvermählten  zusam- 
menhängt mit  dem  gesamten,  oben  beigebrachten  Material  —  und 
daran  kann  doch  kein  Zweifel  sein  — ,  so  verdankt  sie  dem 
Volkswitz  ihren  Ursprung.  Da  trifft  es  sich  günstig,  dass  wir 
noch  eine  recht  alte  Malerei  besitzen,  auf  der  die  Scene  offenbar 
mit  Absicht  als  komiscli  dargestellt  ist.  Es  ist  eine  in  Palermo 
gefundene  Lekythos').  Das  Bild  zeigt  in  archaischer  Darstellung 
einen  Mann,  der  einen  Esel  treibt;  wir  dürfen  ihn  Oknos 
nennend  Hinter  ihm  ragt  ein  gewaltiger  πίθος  aus  der  Erde, 
auf  dessen  Rande  ein  menschliches  Wesen  steht  und  einen  Krug 
ausgiesst.  Rechts  davon  überpurzelt  sich  eine  weibliche  Figur; 
ihre  Hydria  fällt  zur  Erde.  Von  links  stürmen  zwpi  Männlein 
und  zwei  Weiblein  heran;  einer  hüpft  über  eine  Gestalt  hinweg, 
die  geduckt  auf  einem  Steine  sitzt,  ein  zweiter  stösst  in  der 
Eile  nicht  bloss  eine  Kanne  um,  die  ihm  im  Wege  steht,  sondern 
verliert  ausserdem  gleichzeitig  die  eigene  vom  Kopfe«  Das  ist 
keine  Parodie  des  Danaidenmythos^,  um  so  weniger  als  neben 
den  *alten  Jungfern^  auch  'Hagestolze  erscheinend  Sind  diese 
nicht  auch  von  Polygnot  gemalt  worden?  Einmal  hat  er  eine 
Scene  dargestellt,  in  der  zwei  Frauen  Wasser  in  zerbrochenen 
Schalen  schleppen,  dann  eine  zweite,  in  der  vier  Personen,  zwei 
männliche  und  zwei  weibliche,  Wasser  in  ein  Fase  giessen; 
hätte  er  in  beiden  Fällen  αμύητοι  gemeint,  wie  Pausanias  will, 
so  hätte  er  zum  mindesten  die  Gmppen  nicht  trennen  dürfen. 
Nun  zeigt  doch  die  Analogie  der  Vasenbilder,  dass  die  vier 
Büsser  vielmehr  mit  Sisyphos  zu  einem  engeren  Bilde  zusammen- 


«Vgl.  Kuhnert  Archäol.  Jahrb.  VIH  1893  S.  111  Dieterich 
Nekyia  70  *  Waser  Archiv  für  Religionsw.  II  S.  47  ff.  Wilamowitz  zum 
Herakles  1016. 

2  Publicirt  Archäol.  Anzeiger  1870  S.  42.  Vgl.  C.  Robert  Ärch. 
Anz.  1890  S.  25. 

8  Robert  aaO. 

*  Dies  betonte  bereits  Kuhnert  Arch.  Jahrb.  1893  S.  110. 

^  Es  ist  auch  keine  Unterweltsparodie;  dann  dürften  Pluton  and 
Proserpina  nicht  fehlen.  Die  Figuren  des  Oknoe  und  des  am  Felsen 
Gebannten  sollen  nur  zeigen,  dass  wir  im  Hades  sind,  sie  geben  das 
Localcolorit. 


Motiv  und  Persönlichkeit  547 

gefaeet  werden  müsßen.  Bei  der  ersten  Gruppe  las  der  Perieget  die 
Beiechrift,  in  der  die  Frauen  als  üngeweihte  bezeichnet  waren*; 
fiir  die  zweite  zieht  er  selbst  den  Schluss*;  ich  möchte  vielmehr 
glauben,  dass  diese  vier  Büsser  als  αγαμοι  verstanden  werden 
müssen. 

Wir  kommen  zu  Sisyphos  und  damit  zu  Vergil ;  denn  von 
seinen  Worten  ist  auszugehen  VI  608  ff. : 

hie,  quibus  invisi  fratres,  dum  vita  manebat, 
pulsatusve  parens  et  fraus  innexa  clienti, 
aut  qui  divitiis  soli  inoubuere  repertis, 
nee  partem  posuere  suis,  quae  maxima  turba  est, 
quique  ob  adulterium  caesi,  quique  arma  secuti 
inpia  nee  veriti  dominorum  fallere  dextras, 
inclusi  poenam  expectant .  ne  quaere  dooeri, 
quam  poenam,  aut  quae  forma  viros  fortunave  mersit. 
saxum  ingens  volvunt  alii,  radiisque  rotarum 
destricti  pendent;  sedet  aeternumque  sedebit 
infelix  Theseus,  Phlegyasque  miserrimus  omnis 
admonet  etc.  (es  schliessen  sich   an  Vaterlandsverräther, 
betrügerische  Sklaven  ua.). 
Die  Verse  folgen  auf  die  Schilderung  der  Strafe   des  Ixion 
und  Pirithous,  sie  reden  von  sterblichen  Sündern,  von  denen  eine 
Reihe  nach  der  Art  ihrer   Verschuldung   bestimmt  charakterisirt 
wird;  mitten  darein  eingelegt  erscheinen  wieder  mythische  Frevler. 
Die  nächste  Frage  ist,    wo    der  Uebergang    zu  ihnen  stattfindet. 
Die   allgemeine  Annahme,    der  auch  Norden  folgt,    macht    einen 
Einschnitt  vor  saxum  ingens  volvunt  alii;  dann  wäre  der   erste 
in  der  Reihe  Sisyphos,  der  den  Stejn  wälzt,  wer  ist  der  zweite? 
Ixion,    an    dessen  Namen    alle    übrige  Tradition   die  Strafe   des 
Rades  knüpft,  kann  es  nicht  sein;  denn  er  ist  bereits  an  anderer 
Stelle    genannt,    in    engster  Verbindung  mit  Pirithous,    und  alle 
Kunst  philologischer  Kritik  ist  nicht  im  Stande,  ihn  von  diesem 
Genossen  zu  trennen.      Ausserdem  müsste  Vergil  dann  von  dem 
poetischen  Plural  einen   ziemlich   ausgiebigen  Gebrauch  gemacht 
haben ;  natürlich  ist  das  möglich,  aber  wenn  wir  nun  bei  Lukian 
im  Menippos  14  ebenfalls  von  Rädern  (τροχοί)  im  κολαστήριον 
lesen,   mittels  derer  sterbliche  Sünder  gezüchtigt  werden,    wenn 

*  X  31,  9  \biq.  μέν  δή  ουδέν  επίγραμμα  έπΙ  kKaripq.  ταιν  γυναικών, 
έν  κοινφ  bi  έστιν  έπΙ  άμφοτέραις  είναι  σφάς  τών  oö  μεμυημένιυν. 

•  έτεκμαιρόμεθα  δ'  βίναι  καΐ  τούτους  τών  τά  δρώμενα  Έλευσίνΐ 
4ν  ούδενός  θεμένιυν  λόγψ. 


548  Radertnacber 

wir  dann  dort  dem  Ixion  gleichfalls  an  anderer  Stelle  begegnen 
—  er  ereebeint  in  uesellschaft  des  Sisyphoe,  Tantaloe  und  Tityoe 
(14  Scbluss)  — ,  80  erbebt  sieb  der  Verdaebt,  ob  ee  nicht  auch 
bei  Yergil  irdische  Yerbreober  sind,  die  'radiis  rotarum  dectricti 
pendent'.  Wenigstens  wäre  damit  eine  sehr  ernsthafte  Schwierig- 
keit beseitigt,  nämlich  die,  dass  Ixion  bei  ihm  in  einer  Weise 
gestraft  erscheint,  die  von  sonstiger  U  eberlief  er  ung  abweicht  und 
dass  anderseits  ein  Heros,  der  gerädert  wird,  nicht  einmal  einen 
Namen  erhält;  auf  den  hätte  er  doch  gerechten  Anspruch,  um 
Irrthümer  und  Anstösse  auszuschliessen.  Allerdings  giebt  die 
Sibylla  dem  Katalog  der  sündhaften  Menschen  zunächst  einen 
scheinbaren  Abschluss  mit  den  Worten:  ne  quaere  doceri,  quam 
poenam  (expectent);  doch  fallt  dann  auf,  dass  der  Katalog  nach 
antiken  Begriffen  keineswegs  vollständig  ist,  zweitens  dass  er 
nachher  ohne  weiteres  wieder  aufgenommen  wird.  Wenn  also  der 
Dichter  fortfährt:  saxum  ingens  volvunt  alii,  so  denkt  der  un- 
gelehrte Leser  doch  wohl  an  sterbliche  Sünder.  Ich  glaube  nun, 
jene  scheinbaren  Abschlussworte  der  Sibylle  fordern  im  Grunde 
eine  andere  Erklärung;  sie  betonen  bloss,  dass  es  eben  noch  viel 
mehr  und  schlimmere  Strafen  giebt  als  die,  von  denen  geredet 
wird,  und  dass  die  Zeit  fehlt,  alle  Einzelheiten  zu  berichten. 
Nun  sei  darauf  hingewiesen,  dass  von  all  den  irdischen  Sündern, 
den  Ehebrechern  und  Consorten,  gesagt  wird :  hie  inclasi  poenam 
expectant,  das  heisst  wörtlich:  hier  warten  sie  eingesperrt 
auf  ihre  Strafe.  Warum  wird  das  Warten  und  die  Einsperrung 
so  besonders  hervorgehoben  ?  Es  kann  kaum  ein  Zufall  sein,  wenn 
wir  in  einer  sehr  alterthümlicben  Höllenvision,  die  in  den  Akten 
des  Apostels  Thomas  steht  (55  f.),  lesen,  dass  die  Seelen  der 
Sünder  im  Hades  sämmtlicb  in  einer  Höhle  eingeschlossen  sitzen 
und  dort  so  lange  warten  müssen,  bis  sie  an  die  Reihe  kommen. 
Dann  werden  sie  zu  dem  χάσμα  geschleppt,  wo  die  Strafe  voll- 
zogen wird:  dort  gewahrt  man  πυρ  φλεγόμενον  και  τροχοί 
πυρός  έκεϊσε  έ τρέχον,  ψυχαι  δέ  έ  νεκρεμαντο  έν  τοις 
τροχοΐς  έκείνοις.  Wenn  ich  nicht  irre,  legt  die  nach  Lage 
der  Dinge  auffallende  üebereinstimmung  (sie  bleibt  auch  dann 
sehr  gross,  wenn  man  einen  besonderen  carcer  animarum  im 
Hades  Vergils   nicht  zugestehen  will)  den  Scbluss^  auf  eine  ge- 


^  Schon  Norden,  der  die  Apokalypse  natürlich  kennt,  hat  diesen 
Schluss  gezogen,  aber  die  üebereinstimmungen  gehen  weiter ,  als  er 
annahm. 


Motiv  und  Persönlichkeit  549 

meinsame  Quelle  nahe ;  selbstveretändlich  kein  Dichter,  sondern 
ein  mystischer  Theologe  ist  es  gewesen,  dem  Vergil  folgt,  wo 
er  von  den  sündigen  Menschenseelen  redet.  Auf  Grand  dieses  Zu- 
sammenhangs aber  haben  wir  durchaus  das  Recht,  unter  den 
Frevlern,  die  gerädert  werden,  ausschliesslich  Menschen  zu 
sehen,  da  ja  Ixion  an  anderer  Stelle  genannt  ist.  Wir  erkennen 
nun  auch  deutlich  die  Schwierigkeiten,  in  die  der  Dichter  sich 
verstrickte,  als  er  den  überkommenen  mythologischen  Apparat 
mit  seinem  Mystiker  zusammenarbeitete.  Natürlich  ist  seine  Dis- 
position schlecht  und  bleibt  schlecht ;  niemand  darf  es  leugnen. 
Nur  darf  man  mit  solchen  Gründen  nicht  gegen  die  Ueberlieferung 
argumentiren,  zumal  alle  Versuche,  durch  Yersumstellung  zu 
helfen,  vergeblich  sind ;  der  einzig  gerechtfertigte  Sohluss  ist  der 
auf  Schwierigkeiten  bei  der  Quellen  Verarbeitung,  deren  Fugen 
noch  deutlich  sichtbar  geblieben  sind. 

Kehren  wir  nun  zurück  zu  der  Frage,  die  uns  von  Anfang 
beschäftigte.  Wenn  in  den  radii  rotarum  unbestimmte  sterbliche 
Frevler  gepeinigt  werden,  so  ist  es  eine  nothwendige  Consequenz, 
dass  die  Worte  saxum  ingens  volvunt  alii  nicht  auf  einen  Mann 
bezogen  werden  können,  sondern  gleichfalls  eine  allgemeine 
Strafart  bezeichnen.  Es  ist  gar  nicht  ausgeschlossen,  dass  man 
den  Sisyphos  hierbei  mitverstehen  darf;  denn  um  es  kurz  zu 
sagen,  Yergils  Disposition  ist  nur  dann  zu  entschuldigen,  wenn 
wir  annehmen,  dass  er  den  scharfen  Unterschied  zwischen  sterb- 
lichen und  mythischen  Frevlern,  mit  dem  seine  modernen  Kritiker 
rechnen,  nicht  gemacht  hat. 

Wollen  wir  nun  nicht  lieber  aus  der  Ueberlieferung  lernen, 
dass  für  den  Dichter  jener  strenger  Unterschied  gar  nicht  be- 
standen hat?  Ist  es  aber  nicht  Sisyphos  allein,  der  den  Stein 
wälzt,  so  folgt  weiter,  dass  das  Motiv  nicht  an  die  Person  des 
Heros  gebunden  war.  Wo  die  dürftige  antike  Ueberlieferung  erst 
zum  Reden  gezwungen  werden  muss,  ist  es  vielleicht  angebracht, 
auf  die  Parallele  zu  verweisen,  die  deutsches  Volksthum  liefert; 
schon  Zingerle  hat  sie  aufgezeichnet.  Tiroler  Sage  erzählt  von 
einem  feuerigen  Hirten  bei  Ried,  der  einen  Mühlstein  in  den  Ab- 
grund werfen  und  immer  wieder  heraufholen  muss;  ein  anderer, 
der  die  Kuh  einer  armen  Wittwe  in  den  Abgrund  stürzte,  erleidet 
nach  seinem  Tod  die  gleiche  Strafe,  nur  dass  er  statt  des  Steines 
eine  Kuh  schleppen  muss.  *Im  Pitzthal*,  heisst  es,  war  ein 
Holzarbeiter,  der  jedesmal  beim  Holzschiessen  einen  Stamm  heim- 
lich bei  Seite  schaffte ;  zur  Strafe  musste  er  nach  dem  Tode  einen 


550  Radormacher 

solchen  Holzblock  jede  Nacht  auf  den  Berg  hinaafwälzen ;  war 
er  damit  oben  angelangt,  so  schoes  der  Stamm  wieder  in  die 
Tiefe/     Hier  haben  wir  noch  namenlose  Busserl 

Man  darf  sich  nicht  durch  den  Umstand  beirren  lassen, 
dass  der  Name  des  Sisyphos  bei  Vergil  fehlt.  Auch  die  Da- 
naiden  werden  nicht  genannt,  vor  allem  nicht  Tantalos.  Man 
mu88  sich  bewusst  werden,  was  diese  Thatsache  bedeutet.  Tan- 
talos, Sisyphos,  Tityos  gehören  seit  Homer  zum  festesten  Be- 
stände der  Hadesschilderungen,  auch  bei  den  Römern.  Yergil 
erwähnt  nur  den  Tityos.  Der  einzig  annehmbare  Schluss  ist, 
dass  er  von  dem  sozusagen  feststehenden  Typus  mit  Bewusstsein 
hat  abweichen  wollen.  Er  wollte  originell  sein  und  er  durfte  es. 
Wir  können  dabei  ganz  absehen  von  der  Frage,  ob  ihm  nicht 
Quellen  geflossen  sind,  die  wir  heute  nicht  mehr  kennen.  £s 
ist  doch  klar  geworden,  dass  in  der  Verwendung  der  Motive, 
ihrer  Bindung  an  bestimmte  Persönlichkeiten  eine  gewisse  Frei- 
heit bestanden  hat.  Auch  bei  Theseus  und  Piritbous  schwankt 
die  Ueberlieferung  insofern,  als  bald  beide,  bald  nur  einer  an 
den  Felssitz  gefesselt  erscheint.  In  der  Ueberlieferung  Vergils 
ist  Pirithous  zu  Ixion  gesellt.  Beide  liegen  beim  Mahle,  der 
Tisch  ist  mit  den  lockendsten  Speisen  besetzt,  aber  eine  Erinys 
hindert  die  Hungernden  am  Zugreifen;  über  ihrem  Haupte  droht 
ein  Stein  block.  Die  homerische  Schilderung  von  der  Strafe 
des  Tantalos,  der  seinen  Hunger  nicht  sättigen  und  seinen  Durst 
nicht  stillen  kann,  ist  sehr  ähnlich.  Nun  hat  Dietericb  den 
Tantalos  der  Odyssee  zur  Gruppe  der  Danaiden,  des  Sisyphos 
und  Oknos  gestellt,  von  seinem  Standpunkt  aus  mit  Recht ;  wir 
dürfen  indess  nicht  ausser  Acht  lassen,  dass  auch  ein  erheb- 
licher Unterschied  vorhanden  ist.  Gewiss,  die  unablässigen 
Versuche  des  Tantalos,  zu  essen  und  zu  trinken,  sind  etwas  Ver- 
gebliches; wer  will,  mag  darin  selbst  vergebliche  Arbeit  sehen. 
Aber  sie  haben  für  den  Heros  noch  eine  Gonseqnenz,  die  in  den 
anderen  Fällen  fehlt,  nämlich,  dass  er  ewig  hungern  und  dürsten 
muss  und  auf  diese  Weise  die  schwerste  körperliche  Pein  er- 
fährt. Bei  den  Danaiden,  bei  Oknos  und  Sisyphos  ist  von  einer 
leiblichen  Züchtigung  keine  Rede.  Mit  anderen  Worten :  was 
Tantalos  erleidet,  hat  Sinn  nur  als  Strafe,  das  andere,  was  Oknoe 
und  seinesgleichen  treiben,  ist  auch  als  Handlung  eines  Thoren 
möglich    und  verständlich.     Es    scheint    mir    ganz  entscheidend, 


1  Zingerle,  Tirolensia  S.  133. 


Motiv  und  Persönlichkeit  551 

dass  bei  Tantalos  aller  Humor  ausgeschlossen  ist;  man  wird 
besser  tbun,  das  Tantalosmotiv  für  sich  zu  behandeln.  Es  ist 
bereits  gesagt,  dass  sieb  bei  Vergil  in  der  Bestrafung  des  Txion 
und  Pirithous  der  gleiche  Grundgedanke  zeigt;  seine  Ausgestal- 
tung ist  verschieden.  Mit  Recht  hat  Dümmler  nocb  einen  dritten 
Mythos  in  diesen  Zusammenhang  hereinbezogen,  den  von  Phineus, 
der  durch  die  Harpyien  am  Mahle  gehindert  wird.  Die  Aehn- 
lichkeit  mit  der  vergilischen  Schilderung,  nach  der  die  Heroen 
zu  Tische  liegen,  aber  nicht  essen  können,  weil  eine  Erinys 
ihnen  wehrt,  ist  in  diesem  Falle  so  gross,  dass  man  auf  einen 
Zusammenhang  schliessen  möchte.  Die  Freiheit,  mit  der  das 
Motiv  bald  hier  bald  dort  auftritt,  lässt  seine  Beweglichkeit  ver- 
muthen.  Ueberlegung  zeigt,  dass  die  Conception  der  Strafart  nicht 
überall  aus  der  Persönlickeit  heraus  entwickelt  sein  kann. 
Hungerleiden  als  Strafe  ist  im  Grunde  bei  einem  Schlemmer  am 
Platze.  Wenigstens  die  gesamte  spätere  Apokalyptik  wendet  mit 
Vorliebe  den  Gedanken  an,  dass  die  auferlegte  Busse  irgend  eine 
Beziehung  zur  That  haben  müsse,  er  liegt  so  nahe,  dass  man  ihn 
auch  für  älteres  Yolksthum  in  Anspruch  nehmen  möchte.  Wie 
dem  auch  sei,  wir  sehen  im  Liede  von  der  Rückkehr  der  Atriden 
diese  Gedankenverbindung  thatsächlich  durchgefuhrt.  Tantalos 
wünschte  sich,  so  erzählt  der  alte  Dichter,  ein  Wohlleben  gleich 
dem  der  Götter;  der  Wunsch  ging  nur  halb  in  Erfüllung,  da 
er  vor  der  herrlichsten  Speise  und  dem  besten  Trank  ewig 
hungern  und  dürsten  musste.  Um  des  guten  Zusammenhanges 
willen  wird  man  diese  Mythenbildung  für  eine  ursprüngliche 
halten  dürfen.  Mindestens  bei  Ixion  und  Pirithous  liegen  die 
Dinge  anders;  denn  ihre  Sünde  war  ύβρις.  Dafür  ist  Hunger 
nnd  Durst  gleichfalls  eine  Strafe,  aber  nicht  die  geeigneteste. 
Sehe  ich  recht,  so  ist  weiter  die  Erfindung  der  Odyssee  geschickter 
als  in  der  κάθοδος  ^Ατρειδών.  Ein  Fels,  der  einen  verzweifelt 
Hungernden  bedroht,  ohne  je  herabzustürzen,  wird  ihn  im  Laufe 
der  Zeit  nicht  daran  hindern,  einen  Versuch  zum  Essen  zu  wagen. 
Man  wird  schliessen  dürfen,  dass  das  Motiv  des  Felsblocks  von 
dem  Dichter  der  κάθοδος  anderswoher  übernommen  ist,  und  da 
treten  die  Lyriker  hinzu,  die  einfach  sagen,  dass  über  dem 
Haupte  des  Tantalos  ein  Fels  hing.  Dies  mag  in  besonderem 
Zusammenhang  gleichfalls  originale  Dichtung  sein.  Die  Ver- 
schuldung des  Heros  wird  jedenfalls  auch  noch  anders  angegeben 
als  in  der  κάθοδος  und  charakterisirt  sich  dann  regelmässig  als 
ύβρις.     Pindar  giebt    als  Begründung  der  Strafe,    dass  Tantalos 


552  Raderraacher 

Nektar  and  Ambrosia  den  Göttern  entwendete  und  seinen  sterb- 
lichen Genossen  schenkte  (Ol.  I  61if.)^  Mag  es  nur  für  die 
κάθοδος  blosse  Yermuthung  bleiben,  dass  sie  zwei  verschiedene 
Motive  combinirte,  fest  steht  die  Sache  für  Polygnotos.  Giebt 
man  aber  erst  zu,  dass  eine  Verknüpfung  getrennt«^  Motive 
möglich  war,  so  wird  man  sich  auch  an  einer  Uebertragung  auf 
andere  Personen  nicht  stossen.  Denn  sie  erfolgt  im  Grunde 
nach  dem  gleichen  Gesetz,  dem  der  Freiheit  poetischen  Schaffens. 
Wir  müssen  lernen,  dass  wir  es  auch  bei  den  Jenseitsstrafen 
mit  Wandermotiven  zu  tun  haben.  So  erklärt  sich  weiter,  dass 
die  Strafe  des  Tantalos  bei  Valerius  Flaccus  II  193  auf  Phlegyas 
und  Theseus  übertragen  wird,  während  Statins  (Theb.  I  713  ff.) 
den  Phlegyas  allein  nennt;  so  erklärt  sich  die  Strafe  des  Ixion 
*  und  Pirithous  bei  Vergil. 

Die  Erzählung  in  der  κάθοδος  'Ατρειδών  trägt  durchaus 
lehrhaften  Charakter,  und  es  ist  bemerkenswerth,  dass  Tantaloe 
dort  seine  Strafe  für  einen  vermessenen  Wunsch  erleidet.  Dieser 
Umstand  erlaubt  uns  noch  eine  Geschichte  hier  anzuknüpfen, 
deren  Zusammenhang  ohne  Weiteres  deutlich  ist,  die  aber  den 
Märchenton  treuer  gewahrt  hat.  Es  ist  die  Erzählung  von 
König  Midas.  Auch  ihm  wird  ein  Wunsch  erlaubt;  seine  Sünde 
ist  nicht  φιληδονία,  sondern  .  Habsucht.  Die  Strafe  ist  ent- 
sprechend. Midas  hat  gebeten,  dass  alles,  was  er  berühre,  sich 
in  Gold  verwandle;  da  geschieht  das  Schreckliche,  dass  auch 
die  Speisen,  die  er  zum  Munde  führt,  zu  Golde  werden.  Gemein- 
sam ist  der  Wunsch,  dessen  Erfüllung  nicht  verweigert  wird, 
und  die  Strafe  des  Hungers  bei  bereitstehendem  Mahle  ;  wie  es 
dazu  kommt,  dass  der  Frevler  nicht  essen  kann,  wird  jedesmal 
nach  verschiedener  Erfindung  erzählt.  Wenn  mich  meine  Emp- 
findung nicht  täuscht,  trifft  aber  die  Geschichte,  die  bei  Ovid  unter 
dem  Namen  des  Midas  geht  ^,  am  treuesten  den  Volkston;  sie 
hat  ausserdem  einen  nahen  Verwandten  in  dem  sicher  volke- 
thümlichen  Schwank,  den  Phädrus  erzählt:  eine  meretrix,  der 
Merkur  einen  Wunsch  erlaubt,  bittet,  dass  alles,  was  sie  anrührt, 

*  έχ€ΐ  μβτά  τριών  τέταρτον  πόνον  bezieht  man,  wie  ich  glaube, 
mit  Nothwendigkeit  auf  drei  andere  Büsser,  ob  das  nun  Tityos,  Sisy- 
phos,  Ixion  sind  (Welcker  Rhein.  Mus.  X  S.  249)  oder  nicht.  Welcker 
irrt  jedenfalls,  wenn  er  annimmt,  dass  Pindar  den  Ixion  im  Hadee 
leiden  läset;  damit  fällt  sein  Schluss,  dass  auch  Tantalos  nach  P.  im 
Hades  büsse. 

2  Metam,  XI  90  ff. 


Motiv  und  Persönlichkeit  553 

ihr  folgen  möge,  spürt  einen  Kitzel  in  der  Naee^  greift  nach  ihr 
und  verlängert  sie  im  Ziehen  fast  bis  auf  die  Erde.  Moderne 
Märchen  \  in  denen  einem  scheinbaren  Glückskind  Wünsche  ge- 
währt werden,  die  dann  zu  seinem  Unglück  ausschlagen,  gehen 
parallel.  Dass  es  im  Alterthum  Aehnliches  gab,  beweist  die  von 
Crusius  ans  Licht  gezogene  Legende  von  den  Thoren^),  die 
wünschen,  Gott  zu  werden,  und  zur  Strafe  sich  in  Fische  ver- 
wandeln, ferner  die  reichliche  Verwendung  des  Wunschmotivs 
in  der  philosophischen  Diatribe.  Wir  haben  oben  den  Tantalos 
von  Oknos,  Sisyphos  und  den  Danaiden  getrennt.  Was  die  κάθοδος 
von  ihm  weiss,  ist  so  erzählt,  wie  es  ein  frommer  Dichter 
thut,  der  von  der  grossen  Strafe  der  Gottlosen  redet,  um  sich 
und  seine  Zuhörer  zu  erbauen.  Aber  ein  Zweifel  kann  nicht 
bestehen,  dass  auch  er  seine  Motive  aus  dem  reiohquellenden 
Born  volksthümlicher  Ueberlieferung  schöpfte;  wenigstens  die 
verwandten  Erzählungen  tragen  zum  Theil  noch  den  Stempel  des 
Humors,  dessen  Spuren  bei  Tantalos  verloren  gegangen  sind. 

Nur  bei  Tityos  hat  es  den  Anschein,  dass  er  von  Anfang 
bis  zu  Ende  in  seiner  ursprünglichen  Sphäre  bleibt.  Nie  wird 
von  ihm  eine  andere  Strafe  als  die  des  Geiers  berichtet,  und 
doch  kennt  die  Sage  von  Prometheus  das  gleiche  Motiv;  wenig- 
stens in  einem  Falle  ist  also  auch  hier  eine  Uebertragung  denk- 
bar. Für  Prometheus  ist  Hesiodos  in  der  Theogonie  (521  ff.) 
der  älteste  Zeuge;  daneben  giebt  es  die  Spur  einer  Sage,  dass 
der  Japetide  in  der  Unterwelt  weilte  und  dass  ein  Versuch  ge- 
macht wurde,  ihn  zu  befreien,  indem  man  seinen  Hüter  bestach®. 
Dies  Schwanken  der  Ueberlieferung  scheint  gegen  Prometheus  zu 
sprechen;  ergiebt  sich  so  die  Wahrscheinlichkeit,  dass  die  Strafe 
des  Geiers  dem  Tityos  ursprünglich  zugedacht  war,  so  wird  man 
auch  hier  den  Gedankenzusammenhang  nicht  verkennen :  denn 
es  weist  auf  Reflexion  hin,  wenn  der  Riese  für  seinen  Anschlag 
gegen  Leto  an  der  Leber,  dem  Sitz  des  Begehrens,  gestraft  wird. 

Ziehen  wir  noch  kurz  für  Vergil  die  letzten  Consequenzen 
unserer  Betrachtung. 


*  Vgl.  Grimm  19  'Vom  Fischer  un  einer  Fru'.  Zu  der  Phädrue- 
fabel  8.  die  Parallelen  Grimm  III  S.  104. 

2  Philologus  N.  F.  II  S.  228.  Dazu  Grimm  III  S.  28  Liebrecht 
Germania  XIV  S.  92  Wallner  zu  Leskien-Brugman,  Lit.  Märchen 
Nr.  31  S.  573. 

β  Horaz  carm.  II  18,  34  nee  eatellee  Orci  callidum  Prometliea 
revexit  auro  captus.     Aeschylus  Prom.  1018  ff.  ist  anders. 


554  Radermacher 

Wir  luüssen  uns  gewöhnen,  das  Hin-  und  Herepielen  der 
Sage  als  etwas  Selbstverständliches  zu  nehmen.  Gewiss  giebt 
es  Dichter,  die  sklavisch  einem  früher  geschaffenen  Typus  folgen; 
wir  haben  aber  inzwischen  gesehen,  dass  die  üeberlieferung 
Vergils,  wenn  wir  ernsthaft  versuchen,  sie  so,  wie  sie  ist,  zu 
verstehen,  sehr  wohl  in  ihrer  Eigenart  begriffen  und  begründet 
werden  kann.  Es  wurde  schon  gesagt,  daes  die  Indizien  auf 
ein  bewusstes  Streben  des  Dichtere  nach  Originalität  weisen; 
er  hätte  ja  auch  sich  selbst  am  meisten  geschadet,  hätte  er  nicht 
Neues  gegen  Homer  geboten.  Dafür  ist  nun  noch  ein  Zengniss 
vorhanden,  seine  Schilderung  der  Strafe  des  Salmoneus.  Dieser 
Heros  ist  in  der  Unterwelt  ein  vollkommenes  Novum.  Und  was 
Vergil  von  ihm  erzählt,  ist  für  die  Interpreten  ein  Kreuz  ge- 
blieben bis  auf  den  heutigen  Tag:  Vs    585 

vidi  et  crudelis  dantem  Salmonea  poenas, 
dum  flammas  lovis  et  sonitus  imitatur  Olympi. 
Ich  will  auf  die  einzelnen  Versuche  einer  Auslegung  nicht 
genauer  eingehen;  mit  den  älteren  hat  Norden  aufgeräumt;  seine 
eigene  Auffassung,  die  sich  auf  ein  Beispiel  Pindars  stützt,  ist, 
wie  mir  scheint,  selbst  aus  der  Verlegenheit  geboren.  Methodisch 
ist  es  nicht  einwandfrei,  die  uugebändigte  Periodik  des  Lyrikers 
mit  dem  klaren  und  ruhigen  Fluss  epischer  Rede  auf  eine  Linie 
zu  stellen.  Vom  Standpunkt  der  lateinischen  Grammatik  liegt  nur 
eine  Deutung  unzweifelhaft  nahe  ^  wonach  der  Satz  mit  dum  an- 
geben muss,  worin  die  poenae  des  Salmoneus  im  Hades  bestanden. 
Allerdings  ist  es  eine  seltsame  Strafe,  dass  der  Heros  im  Jenseits 
fortfahrt  den  Blitz  des  Zeus  und  den  Donner  nachzuahmen. 
Andrerseits  wissen  wir  von  antikem  Volksglauben  doch  ver- 
hältnissmässig  nicht  viel,  selbst  der  deutsche,  an  sich  besser  be- 
kannt, giebt  nur  wenige  unmittelbare  Parallelen,  die  immerhin 
eine  wörtliche  Auffassung  Vergils  als  möglich  erscheinen  lassen. 
Ich  führe  eine  Sage  au3  Siebenbürgen  an  (Fr.  Müller,  Sieben - 
bürgische  Sagen  *  N.  74  S.  48  Der  Totengräber  im  Himmel) : 
Ein  Totengräber  thut  einen  Blick  in  die  Hölle ;  da  siebt  er  zwei 
Weiber  mit  aufgelösten  Haaren,  die  ein  Sieb  gefasst  halten  und 
sich  darum  zanken,  zwei  Hunde,  die  einander  beinahe  zerfleischten, 
endlich  am  Bergabhang  einen  alten  Mann,  der  schweisstriefend 
in  einem  Schiebkarren  unablässig  Erde  führte.  Er  erhält  die 
Auskunft:   'die  zwei  Weiber    haben    in    ihrem    Leben    um    eines 


^  Vgl.  Gruppe  Griech.  Mythologie  S.  1021  ^. 


Motiv  und  Persönlichkeit  555 

Siebes  willen  sich  tödlich  gehasst  und  verfolgt;  nun  miiesen  sie 
ihren  üass  and  Streit  auch  in  dieser  Welt  fortsetzen.  Die  zwei 
Hunde  sind  zwei  böse  Nachbarn,  die  ebenfalls  auf  Erden 
fort  und  fort  mit  einander  gehadert;  nun  müssen  sie  das 
schreckliche  Geschäft  auch  hier  ewig  forttreiben.  Der  greise, 
schwerarbeitende  Mann  an  jenem  Bergabhange  hat  auf  £rden 
seinem  Grenznachbar  in  jedem  Jahr  ein  Stuck  Land  abgepflügt; 
nun  muss  er  hier  die  gestohlene  Erde  mühsam  zurückführen  . 
Die  beiden  ersten  Fälle  sind  als  zutreffende  Analogien  auf  den 
ersten  Blick  kenntlich;  was  aber  den  dritten  anbelangt,  so  hat 
uns  eine  Sage  ans  Westfalen  den  Zug  aufbewahrt,  dass  ein 
Bauer,  der  bei  Lebzeiten  Stücke  vom  Grund  und  Boden  seiner  Nach- 
barn mit  unter  die  Pflugschaar  nahm,  nach  dem  Tode  verdammt 
ist,  den  Acker  ewig  weiter  zu  pflügen^).  Aus  solchen  An- 
schauungen heraus  könnte  auch  die  Bestrafung  des  Salmoneus 
unmittelbar  verständlich  werden.  Schwerlich  hat  Vergil  sie  er- 
funden; denn  so  individuell  ist  der  Zug,  dass  man  ihn  für  echt 
und  alt  ansehen  möchte.  Hier  wenigstens  stossen  wir  jedenfalls 
auf  kein   Wandermotiv. 

Im  übrigen  konnten  wir  ein  freies  Spiel  wahrhaft  poetischer 
Kräfte  beobachten.  Der  lockere  Zusammenhang,  in  dem  die 
Helden  der  Geschichten  mit  dem  Erzählten  selbst  stehen,  ist 
vielleicht  lehrreich  für  die  Strnctur  der  Sage  überhaupt;  freilich 
werden  dann  solche  Beobachtungen  für  alle  gefährlich,  die  das 
Wesen  eines  Heros  ans  dem,  was  von  ihm  berichtet  wird,  zu 
erschliessen  versuchen,  es  sei  denn,  dass  der  Nachweis  eines 
ursprünglichen  Zusammenhangs  zwischen  Motiv  und  Persönlich- 
von  ihnen  nicht  vergessen  wird. 

Münster.  L.  Rader  mache  r. 


Exkurs  zu  8.  458  ff. 
In  der  Koroibosfrage  bleibt  ein  Bedenken,  dem  ich  gleich 
an  Ort  und  Stelle  Ausdruck  gegeben  haben  würde,  hätte  nicht 
der  Zufall  gewollt,  dass  der  vergessene  Zettel,  der  die  Notiz 
enthielt,  erst  in  meine  Hand  kam,  als  der  Druck  so  gut  wie  be- 
endet war.  Nämlich  mit  der  Erzählung  des  Lukianscholions  be- 
rührt   sich    sehr    nahe    eine    merkwürdige  Legende  bei  Clemens. 


Wrasmann,    Sagen   der  Heimat  S.  81  'Der  nächtliche  Pflüger*. 


556  Radermacher 

Alex.  Protr.  p.  30  Potter  und  einem  Anonymus  Weeterm.  Mythogr. 
p.  348,  15  sq.;  es  kommt  da  zwar  nicht  zu  einer  πορνεία,  denn 
der  Liebhaber  des  Dionysos  stirbt,  bevor  er  den  ausbedungenen 
Lohn  empfangen  kann  dafür,  dass  er  dem  Gotte  den  Weg  in  den 
Hades  zu  seiner  Mutter  zeigte:  Dionysos  aus  Dankbarkeit  περί- 
κυλίεται  συκίνψ  φάλλητι.  Hier  heisst  der  Mann  ΤΤρόσυμνος 
oder  ΤΤόλυμνος,  er  ist  Argiver.  Das  Material,  an  dem  bisher 
Motivgleichheit  bei  verschiedenen  Persönlichkeiten  demonstrirt 
wurde,  genügt  ja  wohl  zu  der  Folgerung,  dass  dieser  Name  den 
anderen  des  Koroibos  in  der  Aneodote  nicht  ausschliesst,  es  ge- 
nügt aber  keinesfalls,  um  jeden  Zweifel  zu  beseitigen,  dass  in 
dem  verhältnissmässig  jungen  Scholion  (es  stammt  von  Arethas) 
ein  Irrthum  untergelaufen  sein  könnte.  Denn  Prosymnos  ist  ge- 
sichert (Pausanias  U  37,  5).  Man  muss  also  die  Kriterien  prüfen. 
Dann  ergiebt  sich  viererlei:  1.  dass  die  beiden  Geschichten  denn 
doch  nicht  vollkommene  Doubletten  sind,  2.  dass  Prosymnos 
speciell  argivischer  Ortssage  anzugehören  scheint  (Bethe  Rhein. 
Mus.  62  S.  451  Anm.  34),  3.  dass  diese  Sage  wahrscheinlich  das 
αίτιον  für  einen  Fetisch  giebt,  demnach  wohl  jünger  ist,  4.  dass  der 
Name  Koroibos  in  die  von  ihm  berichtete  Anecdote  vorzüglich 
passt  —  wenn  die  Etymologie  richtig  ist.  Man  wird  allerdings, 
um  einwandfrei  zu  verfahren,  diese  Anecdote  selbst  als  Stütze  der 
Etymologie  nicht  verwenden  dürfend  —  Σειρίτης  (S.  462)  wird 
von  Solmsen  zu  (Τείρ,  (Τείρ-ιος  gestellt,  also  ^Sonnenglutmann\ 
Dass  ein  Name  Θερέ(Ττης  (S.  462  Anm.  2)  an  sich  so  gut  möglich 
ist  wie  Όρέ(Ττης,  bemerkt  Solmsen  mit  Recht,  doch  kommt  für 
die  Beurtheilung  der  üeberlieferung  auch  die  Schreibung  θερίτης 
in  Frage.  AI»  Epitheta  von  Göttern  führe  ich  noch  an  Όμφακίτης, 
Σταφυλίτης,  Συκίτης,  wie  Dionysos  hiess  (Ael.  v.  h.  ΠΙ  41,  Sosibios 
bei  Athen.  78®).  Danach  kann  Διόνυ(Τος  Σκυλλίτας  nicht  der 
'Rebzweigträger'  sein  (üsener.  Der  hl.  Tychon  S.  33),  sondern 
das  Beiwort  sagt  nur  aus,  dass  der  Gott  zur  Rebe  gehört.  Aphrodite 
hiess  auch  Μιγωνϊτις  vom  Orte  Μιγώνιον  (Paus.  III  22,  l).  Ein- 
zelne Beinamen  scheinen  ad  hoc  erfunden,  wie  φίλοοίτης  für  Pan 
(Anth.  6,  112).  Die  νύμφαι  Σφραγίτιοες  verdanken  ihren  Namen 
anscheinend  einer  Dissimilation  aus  ΣφραγιΜτιδες  (νυμφών  αντρον 
Κιθαιρωνίόων,  Σφραγίόιον  όνομαίόμενον  Paus.  IX  3,  9).   Ist  ent- 


^  Es  bleiben  die  von  Solmsen  beigeschafften  Thatsachen  S.  458 
Anm.  3,  wo  die  Anführungszeichen  vor  'Allerdings'  und  nach  'über- 
nommen worden  ist*  irrthümlich  geschwunden  sind. 


Motiv  und  Persönlichkeit  557 

sprechend  φώίτης  auf  φιδιτίτης  zurückzuführen?  Ich  erwähne 
endlich  noch,  daRS  die  πόρνη  in  Athen  echerzhaft  τβγϊτις  hiees 
(PoUux  7,  201 ;  vom  Dach  des  Tempels  der  *ΑφροΜτη  πάνόημος?), 
Hesych  hat  freilich  στβγΐτιν  την  πόρνην. 


Exkurs  zu  S.  532. 

Eustathios  bemerkt  zu  Odyssee  1701,  23  t  δτι  bk  φαντασία 
fjv  και  τα  έπΙ  Σισύφω  βηθησόμβνα  πλάσματα  δηλοϊ  και  ό  Αλκμάν 
έν  τψ  όρίοντι  μέν  oubiv,  δοκ^ντι  bi.  Schon  Welcker  hatte 
an  dieser  Stelle  Anstoss  genommen  und  Bh.  Mus.  X  S.  252  zu 
lesen  vorgeschlagen  δηλοϊ  και  δ  Αλκμάν  έν  τούτοις*  όρέιυν 
μίν  ουόέν,  δοκέων  οέ.  Er  hat  damit  zweifellos  die  übliche 
Form  eines  Citats  hergestellt,  aber  er  hat  nicht  beachtet,  dass 
die  Griechen  auch  eine,  für  uns  etwas  befremdliche,  flüchtigere 
Methode  des  Gitirens  kannten,  für  die  gerade  jene  Stelle  aus 
Eustathios  ein  gutes  Beispiel  ist.  Ich  nenne  eine  Parallele,  die 
deshalb  interessirt,  weil  sie  für  beide  Arten  des  Citats  je  einen 
Fall  bietet  und  weil  sie  ausserdem  durch  das  Metrum  gesichert 
ist.  In  den  aristophanischen  Vögeln  ruft  Vers  57  Euelpides  παΐ 
παι.     Pisthetairos  corrigirt  ihn: 

τι  λίγ€ΐς  ούτος;  τόν  ίποπα  παΐ  καλβϊς; 

Hier  haben  wir  die  Normalform,  das  Citat  in  strengem 
Wortlaut.     Dann  fährt  der  Redende  fort: 

ούκ  άντι  του  παιόός  σ'  έχρήν  έποποϊ  καλβϊν; 
das  Spiel  mit  dem  Gleichklang  käme  hier  deutlicher  heraus, 
wenn  statt  παιόός  vielmehr  παΐ  dastände.  Nicht  einmal  das  nahe- 
liegende παΐ  παΐ  hat  Aristophanes  einzusetzen  für  nöthig  befunden. 
Man  mag  sich  die  Stelle  merken,  weil  sie  in  zweifelhaften 
Fällen  entscheiden  kann.  So  hat  bei  Demetrins  de  elocut.  §  29 
der  alte  Parisinus :  γίνβται  μέντοι  Τ€  χρήσιμα  ποτβ  (seil,  τά  παρ- 
όμοια), ώς  ^Αριστοτέλης  φησίν*  έγώ  έκ  μέν  'Αθηνών  €ΐς  Στά- 
γειρα  ήλθον  bia  τόν  βασιλέα  τόν  μέ-χαν,  έκ  bi  Σταγβίριυν  εΙς 
*Αθήνας  bia  τόν  χειμώνα  τόν  μέγαν.  ei  γουν  άφέλοις  τόϊτε- 
ρον  μέγα,  συναφαιρήση  και  τήν  χάριν.  Das  ist  zweifellos 
lichtig  und  τό  ?τ€ρον  μίγαν  in  jüngeren  Abschriften  des  Parisinus 
eine  aus  modernem  Gefühl  heraus  gemachte  Correctur.  Suidas 
voce  πάλαιαν  sagt:  παλαιόν*ο\  ρήτορες  έχρήσαντο  τψ  παλαιώ 
έπι  αργυρίου  έκ  οανβίσματος  οφειλομένου.  Gaisford  hat  mit 
Unrecht  παλαιψ  in  παλαιόν  verwandelt. 


55β  Badermacher  Motiv  und  Penönlichkeit 

Es  hängt  damit  zueammen  nocli  eine  Art  des  Citirene,  die 
uns  wegen  ihrer  Kürze  auffällt ;  dafür  ist  Hippocratee  π€ρΙ  ταιν  έν 
Κ€φαλή  τριυμάτ(υν21  ρ.  29  Efihlew.  ein  gutes  Beispiel:  (bei)  έπι- 
λιπβϊν  του  όστ^υ  λβπτόν,  ώσπβρ  κα\  έν  τή  πρ(σ€ΐ  γίγρα• 
ΤΓται,  gesagt  statt  έν  τψ  περί  πρίσειυς  λόγψ  und  jedenfalls  für 
uns  seltsamer  als  etwa  Quintilian  Inst.  or.  I  4,  17:  inde  in  eyl- 
labas    cura    transibit,  de  quibus  in  orthographia  pauca  adnotabo. 


EIDESIIELFER  IM  GHIECHISCHEN  RECHTE 


Die  Beweismittel  im  älteren  griechiechen  Processe  nnter- 
Bcheiden  eich  nicht  wesentlich  von  denen  des  heutigen  Processes. 
Betrachtet  man  insbesondere  das  Gerichtsverfahren  der  Griechen 
in  seiner  aasgebildetsten  Gestalt,  wie  wir  es  von  den  Athenern 
kennen,  so  sind  aach  dort  diejenigen  Formen  der  Beweismittel, 
die  am  häufigsten  auftreten,  Zeugen  und  Urkunden;  weiter  spielt 
der  Eid  eine  wichtige  Rolle  und  zwar  treffen  wir  ihn  in  der 
Form  des  zugeschobenen  Eides,  des  iusiurandum  necessarium  der 
Römer,  nie  in  der  Form  des  durch  die  Behörde  auferlegten  Eides  ^. 
Dagegen  ist  eine  dritte  Art  des  processualen  Eides,  der  process- 
begründende  Eid,  die  sog.  οιιυμθ(Τία,  im  modernen  Recht  nicht 
mehr  im  Gebrauch.  Da  einen  derartigen  Eid  der  Kläger  auf  die 
Klage,  der  Beklagte  auf  seine  Gegenrede  leistete,  eine  der  Par- 
teien durch  den  Ausgang  des  Processes  daher  der  Götterstrafe, 
die  nach  griechischer  Anschauung  auf  den  Meineid  folgte,  ver- 
fallen musste^  ist  es  erklärlich,  dass  man  in  späteren  Zeiten  den 
processbegrnndenden  Eid  verworfen  hat.  Sachverständigengut- 
achten und  Augenscheinseinnahme  kennt  der  attische  Process  nicht. 

Ebensowenig  begegnen  im  Process  der  Athener,  soweit 
wir  es  verfolgen  können,  zwei  weitere  Beweismittel,  von  denen 
wir  Spuren  in  andern  griechiechen  Stammesrechten  finden.  Es 
ist  dies  einmal  der  Eid  des  Richters,  den  dieser  bei  Vornahme 
einzelner  Handlungen  leistet.  Er  ist  ein  Mittel,  das  Recht  zu 
finden,  unterscheidet  sich  also  von  unserm  Richtereid,  der  eine 
Form  des  Beamteneides  ist.  Dieser  Schwurentscheid  begegnet 
vor  allem    im  Stadtrecht   von    Gortyn.     Der    Richter    soll    nach 


^  E.  Ziebarth,  De  iureiurando  in  iure  Graeco  quaestiones.  Dias. 
inaiig.  S.  42. 

2  Leist,  GraecO' italische  Rechtsgeschichte  S.  366  f.  Meier-Schö- 
mann  Lipsius,  Attischer  Process  S.  827. 


560  Meister 

dessen  Vorschrift  die  Entscheidangen  entweder  durch  5ικά2ΐ€ΐν 
oder  Kpiveiv  geben,  letzteres  stets  in  Verbindung  mit  seinem 
Eid;  im  Zweifel  soll  er  schwörend  entscheiden^,  das  5ικά2[€ΐν  ist 
ihm  nur  dann  erlaubt,  wenn  ihn  das  Gesetz  ausdrücklich  dazu 
ermächtigt.  Dass  hier  der  Eid  des  Richters  ein  Beweismittel  ist, 
ergiebt  sich  am  besten  daraus,  dass  er  bei  mangelnden  oder  sieb 
gegenseitig  aufhebenden  Zeugenaussagen*  vorgeschrieben  wird. 
Diese  Einrichtung,  die  nicht  vereinzelt  dasteht^,  erschien  noch 
Plato  80  trefflich,  dass  er  in  den  Νόμοι  ΧΠ  948  Ε  fordert: 
Einen  Eid  soll  der  Eichter  leisten,  wenn  er  im  Begriff  steht, 
Recht  zu  sprechen. 

Das  zweite  Beweismittel,  das  in  Ländern  griechischer  Zunge 
nur  ausserhalb  des  attischen  Processes  vorkommt,  verdient  des- 
halb unser  besonderes  Interesse,  weil  es  aus  dem  germanischen 
Recht  wohlbekannt  ist  und  dort  oft  Gegenstand  wissenschaftlicher 
Untersuchungen  gewesen  ist,  es  ist  das  Institut  der  Eideshelfer, 
d.  h.  der  Personen  im  Process,  die  den  Eid  der  Processpartei 
durch  ihren  Eid  verstärken,  im  Vertrauen  auf  den  Charakter 
der  Partei,  ohne  unmittelbare  Kenntnis  vom  Thatbestande.  Da 
der  Stellen,  in  denen  griechische  Eideshelfer  erwähnt  werden, 
nur  wenige  sind,  hat  man  dieses  Beweismittel  des  griechischen 
Processes  bisher  nur  wenig  beachtet;  Aufgabe  der  folgenden  Dar- 
stellung soll  sein,  den  Nachweis  ihrer  Existenz  im  griechischen 
Process  zu  führen  und  ihr  Wesen  darzuthun. 

Zunächst  sollen  hier  die  Stellen  aus  den  griechischen  Schrift- 
stellern und  Inschriften  zusammengestellt  werden,  in  denen  Eides- 
helfer anzutreffen  sind. 

I.  Aristoteles  Rhet.  I  15  p.  1376  a  23  ff.  giebt  eine  Ein- 
theilung  der  μαρτυρίαι,  die  am  Anfang  stehen  soll,  weil  sie  für 
die  Auffassung  der  Griechen  von  den  μάρτυρ€ς  charakteristiech 
ist.     Er  sagt: 

E\a\  hl  a\  μαρτυρίαι  a\  μέν  π€ρι  αύτου  a\  bk  π€ρι  του 
αμφισβητούντος  και  α\  μέν  περί  του  πράγματος  ο\  bk  π€ρ\  του 
ήθους,  ώστε  φανερόν  οτι  ούόεττοτ'  έστιν  άπορήσαι  μαρτυρίας 
χρήσιμης. 

Aus  dieser  Stelle  folgt :    Neben  den  That-  oder   wissenden 


1  Recht  von  Gortyn  XI  26-31. 

2  Recht  von  Gortyn  I  12  ff.    I  22  ff. 

'  Vergl.  darüber  Ziebarth  bei  Pauly-Wissowa,  Real-Encyclopädie 
der  classischen  Alterthumswiseenechaft  unter  'Eid*  V  S.  2081. 


Eideshelfer  im  griechischen  Rechte  561 

Zeugen  giebt  es  solche  πβρί  του  ήθους,  Gesinnungezeugen.  Diese 
werden  den  Thatzeugen  gegenübergestellt,  ihre  Auskunft  ist  gleich- 
falls χρη(Τίμη,  dh.  verwendbar  ein  Urtheil  darauf  zu  stützen.  Die 
Zeugen  π€ρί  του  ήθους  können  solche  über  guten  wie  schlechten 
Charakter  der  Processpartei,  also  Zeugen  des  Klägers  wie  des 
Beklagten  sein,  der  Ueberführung  oder  Entschuldigung  dienen. 
Da  weiter  Aristoteles  nichts  davon  sagt,  dass  er  nur  vom  Civil- 
process  oder  nur  vom  Stiafprocese  sprechen  wolle,  ist  anzu- 
nehmen, dass  in  beiden  Yerfahrensarten  Beweis  auch  durch  Ge- 
sinnungezeugen angetreten  werden  konnte.  Eh  ist  daher  klar, 
dass  die  Zeugen  π€ρι  του  ήθους  eine  wichtige  Gruppe  von  Zeugen 
bilden,  die  eine  andre  weit  grössere  Bedeutung  haben,  als  die 
heutigen  sog.  Leumundszeugen,  die  niemand  als  zweite  Gruppe 
den  wissenden  Zeugen  gegenüberstellen  wird,  deren  Zeugniss  nur 
als  beinahe  werthlose  Stütze  eines  Indicienbeweises  im  Straf- 
processe  in  ßetraclit  kommen  kann.  Es  wird  daher  der  Schluss 
iiiclit  ungerechtfertigt  sein,  dnss  die  Gesinnungszeugen  des  griechi- 
schen Hechts  dem  heutigen  Recht  unbekannt  sind,  dass  sie  statt 
mit  unseren  Zeugen  vielmehr  mit  den  Eideshelfern  des  germani- 
schen Rechts  zu  vergleichen  sind^,  denn  auch  deren  Auskunft  vor 
Gericht  war  gegründet  auf  ihre  Kenntniss  vom  Charakter  der 
Partei,  nicht  auf  das  Wissen  der  That.  Wenn  daher  im  folgenden 
von  μάρτυρβς  die  Rede  sein  wird,  kann  aus  dem  Wort  allein 
nicht  geschlossen  werden,  dass  es  sich  um  Zeugen  im  Sinne  des 
heutigen  Rechte  handelt,  denn  da  diese  innerhalb  der  μάρτυρες 
nur  eine  Gruppe  bilden,  können  durch  das  griechische  Wort  so- 
wohl That-,  wie  Gesinnungezeugen  getroffen  werden. 

II.  Im  Rechtsvertrag  zwischen  Chaleion  und  Oianthea 
(etwa  aus  dem  5.  Jh.  v.  Chr.)  begegnet  folgende  Bestimmung 
(Zeile  10—14;*:  --  —  Αϊ  κ'  άνόιχάίδντι  τοί  EevobiKai,  έπδ- 
μότας    heXe  jtö  ό  Εένος  όπάγδν  τάν  όίκαν  έχθός  προίένδ  καΐ 


^  Ebenso  Ziebarth,  De  iureiur.  in  iure  Gr.  quaest.  S.  40  Anm.  3. 
G.  Gilbert,  Beitrage  zur  Entwickelungsgesch.  d.  griech.  Gerichtever- 
fahrene im  Jahrb.  für  Philol.    Suppl    XXIil    S.  4G8  Anm.  1. 

2  Richard  Meister,  Berichte  der  Sachs.  Gee.  der  Wissenschaften 
18i)(i  S.  19  flf.  Die  altere  Litteratur  ist  dort  S  19  angegeben.  Dazu 
kommen  jetzt:  Di  tten  berger,  Inscriptiones  Graecae  IX  1,  33?};  Ch  Michel, 
Uecueil  d'inscriptions  grecques  n.  3;  Solmsen,  Inwcriptiones  Graecae  ad 
inlustrandas  diaicctos  selectae  ^  Nr.  35  S.  7β;  Dethier,  Wiener  Sitzungs- 
berichte XX.X  S.  4()2  flf.;  L.  Ott,  Beiträge  zur  Kenntniss  des  griechi- 
schen Kides.     Anhang  II  S.  103  ff. 

Rhein.  Uas.  f.  Philol.  N.  F.  LXIII.  36 


5Γ»3  Meister 

Fibio  Ε^νδ  άριστίνδαν,  έπι  μέν  ταΐς  μναιαίαις  κα\  πλίον  π€ντ€- 

καίΟ€κ*  άνδρας,  έπΙ  ταϊς  μ€ΐόνοις  ivyl*  άνδρας*. 

Die  Tnechrift,  aus  der  diese  Stelle  entnommen  ist,  enthält 
einen  Recbtsvertrag  zwischen  den  Städten  Chaleion  und  Oianthea 
im  oKolischen  Lokris.  Die  Lokrer  waren  ein  bekanntes  See- 
ränbervolk,  deren  rauher  Gewohnheiten  noch  Thukydides  gedenkt. 
Fremde  waren  auf  den  schwachen  Schutz  angewiesen,  den  Re- 
ligion und  Sitte  der  Einheimischen  ihnen  gab,  Rechtsansprüche 
konnten  sie  nur  dann  erheben,  wenn  sie  ihnen  durch  Staatever- 
träge garantirt  waren.  Dem  Rechtsschutz  der  Chaleier  in  Oianthea 
und  der  Oiantheer  in  Chaleion  dient  dieser  Vertrag.  Nachdem 
er  einige  materiellrechtliche  Vorschriften  erledigt  hat,  kommt 
er  mit  der  angezogenen  Stelle  auf  das  Verfahren  zu  sprechen. 
Sie  ist  civilprooessualer  Natur,  wie  sich  ans  der  Scheidung  der 
Sachen  nach  ihrem  Streitwerthe  schliessen  lässt.  Dabei  werden 
als  schon  bestehende  Einrichtung  die  Eevobkai  erwähnt,  der  Ge- 
richtshof, bei  dem  der  Fremde  Recht  zu  suchen  hatte,  wie  der 
Fremde  in  Rom  beim  praetor  peregrinus.  Man  muss  daher  an^ 
nehmen,  dass  unserm  Rechtsvertrag  schon  andre  der  Chaleier 
und  Oiantheer,  sei  es  untereinander,  sei  es  mit  andern  Städten, 
vorausgegangen  sind,  die  die  Einsetzung  der  Εενοοίκαι  angeordnet 
haben.  Die  vertragschliessenden  Städte  benatzen  hier  die  schon 
bestehende  Einrichtung  ^.  Die  Zahl  der  Εενοδίκαι  war  eine  gerade, 
denn  ein  όνδιχά2[€ΐν  konnte  vorkommen,  wahrscheinlich  waren 
es  zwei•.  Wenn  diese  Fremdenrichter  einstimmig  ihr  Urtheil 
fällten,  hatte  sich  der  Chaleier  in  Oianthea  oder  der  Oiantheer 
in  Chaleion,  der  gegen  einen  Einheimischen  klagte,  zu  bescheiden; 
herrschte  Stimmengleichheit  (andre  Fälle  sind  bei  zwei  Richtern 
nicht  denkbar),  konnte  drr  klagende  Fremde  versuchen  durch 
Wahl  von  έπιυμόταΐ  einen  für  sich  günstigeren  ürtheilsspruch 
zu  erzielen.     Die  hier   erwähnten  έπιυμόται  sind  von  der  Mehr- 

*  'Wenn  die  Fremdenricliter  zwieepältigfer  Meinung  sind,  soll  sich 
der  Fremde,  der  die  Klage  anbringt,  Kideshelfer  wählen,  ausser  dem 
Proxenos  und  seinem  eignen  (iastfreund  aus  den  Hosten;  im  Sachen, 
die  eine  Mine  und  mehr  betragen,  fünfxehn  Männer,  bei  geringereu 
neun  Männer/ 

^  R.  Meister  anO.  S.  34.  Nach  andrer  Ansieht  ist  das  Fehlen 
einer  Hestinimung  über  Ein9et^utιμ:  der  E€VO^(και  darauf  r.urUckzuführen, 
dass  die  uns  bekannte  Inschrift  nur  ein  Thoil  odtM*  eine  Kr^änr.ung 
eines  grt')««en  Vertrags  /.wischen  (Ί1aIeion  und  Oi«uthe;4  sei. 

^  R.  Meister  aaO.  S.  :<5. 


Eideehelfer  im  griechischen  Hechte  563 

zahl  der  Erklärer  ale  zngewählte  Richter  oder  Zusatzgeechworene 
gefaest  worden \  Gegen  diese  Ansicht  spricht,  dass  das  Wort 
έπωμόται  nichts  anderes  als  'Beschwörer*  bedeutet^,  sachlich  ist 
darauf  hinzuweisen,  dass  es  Richter,  die  sich  die  eine  Process- 
partei  selbst  in  den  Gerichtshof  wählt,  weder  in  Griechenland, 
noch  sonst  in  einem  andern  Lande  je  gegeben  hat,  dass  ein  Ge- 
richtshof von  17  oder  11  Richtern,  die  fast  alle  ^parteiisch'  sind, 
ein  Widerspruch  in  sich  selbst  ist.  Ferner  werden  dem  Kläger 
Vorschriften  gegeben,  aus  welchen  Kreisen  die  von  ihm  zu  be- 
schaffenden έπωμόται  stammen  sollen,  eine  negative:  nicht  der 
Proxenos  und  der  eigne  Gastfrennd,  und  eine  positive:  aus  den 
Besten.  Hält  man  die  έπιυμόται  für  zugewählte  Richter,  wer 
entscheidet  dann  darüber,  ob  der  Kläger  diese  Bestimmungen  be- 
folgt hat?  Die  HevobiKai  können  es  als  Collegen  der  Zugewählten 
allein  nicht  mehr,  nur  der  ganze  Gerichtshof  der  17  oder  11 
Richter.  Der  Kläger  könnte  daher  die  Vorschrift:  "^ans  den  Besten 
soll  er  wählen'  dadurch  illusorisch  machen,  dass  er  durchweg 
schlechte  Elemente  zuwählt,  dann  ist  er  bei  der  Abstimmung 
darüber,  ob  sie  wirklich  aus  den  Besten  stammen,  sicher,  dass 
keiner  zurückgewiesen  wird.  Den  Nachtheil  dieser  mangelhaften 
Einrichtung  würde  immer  der  Einheimische  getragen  haben. 

Es  bleiltt  also  nur  übrig,  die  έπωμόται  unter  den  μάρτυρβς 
des  Aristoteles  zu  suchen.  Dass  hier  von  wissenden  Zeugen  nicht 
die  Rede  sein  kann,  ergiebt  sich  ohne  weiteres  aus  dem  heX^(TTU), 
er  soll  wählen.  Eine  befriedigende  Lösung  ist  es  dagegen,  wenn 
man  die  έπιυμόται  als  Gesinnungszeugen  oder,  worauf  uns  die 
griechische  Bezeichnung  weist,  als  Eideshelfer  auffasst^.  Das 
Interesse  beider  Parteien  wurde  durch  eine  solche  Vorschrift  ge- 
wahrt. Der  klagende  Fremde,  der  sich  benachtheiligt  fühlte, 
konnte,  falls  er  sich  das  Vertrauen  der  Einheimischen  erworben 
hatte,  unter  diesen  ohne  Schwierigkeit  solche  finden,  die  ihm 
durch  einen  kurzen  Gang  vor  die  Fremdenrichter  zu  seinem  Recht 
verhalfen;  andererseits  war  auch  der  Beklagte  als   Einheimischer 


1  Zusammenstellung  der  Ansichten  bei  R.  Meister  aaO.  S.  36. 
Ott  aaO.  S.  120  übersetzt  έπωμόται  mit  'Geschworene'  und  setzt  sie 
den  όρκωμόται  gleich,  die  am  Schluss  der  Inschrift  erwähnt  werden, 
ebenso  Ziebarth,  De  iurei.  in  iure  Gr.  quaest.  S.  36:  'έπόμότας  aut 
όρκομότας* . 

2  R.  Meister  aaO.  S.  36. 

8  R.  Meister  aaO.  S.  37.  Zustimmend  Gilbert,  Beitrage  zur  Ent- 
wickelungsgesch.  d.  gr.  Gerichtsverf.  S.  468  Anra.  2. 


664  Meister 

genügend  geecbtitzt,  denn  dem  unredlichen  Fremden  stand  Nie- 
mand au8  den  Beeten  der  Stadt  gegen  den  Mitbürger  bei;  un- 
geeignete Eidesbelfer  aber  konnten  die  ΕβνοΜκαι,  da  nie  über 
den  Parteien  und  deren  Helfern  standen,  zurückweisen. 

Ob  der  Kläger  mit  seinen  Helfern  zugleich,  ja  ob  er  über- 
haupt vereidigt  wurde,  davon  sagt  die  Inschrift  nichts.  Daes 
er  selbst  schwor,  lässt  sich  daraus  schliessen,  daes  die  Eides- 
helfer  an  andern  Stellen*  συνιυμόται  genannt  werden;  dieses 
Wort  hat  einen  Eid  der  Partei  selbst  zur  Voraussetzung. 

Brachte  der  Kläger  für  die  Sachen  von  grösserem  Streit- 
werthe  (von  einer  Mine  an)  15,  für  geringere  Sachen  9  Eides- 
helfer auf,  so  siegte  er;  andernfalls  verlor  er  den  Process. 

III.  Im  Stadtrecht  von  Gortyn  finden  sich  folgende  auf 
unsre  Frage  bezügliche  Stellen: 

a)  Col.  Π,  Zeile  20—45  der  grossen  Inschrift^:  —  — •  αΤ 
κα  τάν  έλ€υθίραν  μοικίον  αίλ€θ€ΐ  έν  πατρός  Ι  έν  άοίλπιδ  Ι  έν 
το  ανδρός,  εκατόν  στατερανς  καταστασβϊ,  αΐ  hl  κ'  έν  δ(λ)λδ, 
π€ντ€κοντα,  αι  hl  κα  τάν  το  άπ€ταίρο,  δέκα,  αΐ  hu  κ'  ό  δδλος 
τάν  έλ€υθέραν,  bmXei  καταστασ€ϊ,  αΐ  bi  κα  δόλος  böXo,  πέντε. 
προΡειπάτδ  bi  άντι  μαιτύρδν  τριδν  τοις  καδεσταϊς  το  έναιλε- 
θεντος  άλλύεθθαι  έν  ταϊς  πέντ'  άμέραις,  το  bk  b6\ö  τοι  πάσται 
άντι  μαιτύρδν  buov.  αι  όέ  κα  μέ  άλλύσεται,  έπι  τοις  έλόνσι 
εμεν  κρεθθαι  όπαι  κα  λείοντι.  αΐ  bi  κα  πόνέι  δδλοσαθθαι, 
όμόσαι  τόν  έλόντα  το  πεντεκονταστατερδ  και  πλίονος  πέντον 
αυτόν,  Fiv  αύτδι  Ρέκαστον  έπαριόμενον,  το  b'  άπεταίρο  τρίτον 
αυτόν,  τδ  6έ  Ροικέος  τόν  πάσταν  άτερον  αυτόν,  μοικίοντ'  έλέν, 
6ολοσαθθαι  bk  μέΚ  —  — 


1  Vergl.  unt.  IV  und  Vi  S.  12  ff.  und  17. 

2  Bücheler-Zitelmann,  Das  Recht  von  Gortyn.  Rhein.  Mus.  18s5, 
Ergänzungeheft.  Die  Litteratur  findet  sich  bei  Collitz-Bechtel,  Samm- 
lung der  griechischen  Dialektinschriften  Nr.  4991.  Dazu  kommen 
Dareete-Haussoullier-Reinach,  Recueii  des  inecriptions  juridiques  grec- 
ques  Nr.  XVII  Bd.  I  S.  354  ff  ;  Solmsen.  Inscriptioncs  Graecae  ad  in- 
lustr.  dial.  eelectae  2  Nr.  30  S.  52  ff. 

^  'Wenn  er  mit  der  Freien  ehebrechend  (so  übersetzen  Bücheler- 
Zitelmann  μοικίον.  Vergl.  S.  101  Anm.  1.  Nach  andrer  Ansicht  ergiebt 
sich  aus  der  Gegenüberstellung  von  έν  πατρός  und  έν  άδελπιο  mit  έν 
το  ανδρός,  dass  μοικίον  'nicht  in  dem  engeren  Sinne  des  Khcbruchs  zu 
verstehen  ist,  sondern  in  der  weiteren  Bedeutung  des  stuprum,  der 
Verführung*.  Vergl.  Karl  Meister,  Indogernmnische  Forschungen  18 
S.  148  Anm.  1)  gefasst  wird  in  Vaters  oder  Bruders  oder  in  des  Mannes 
Haus,    wird   er  100  Stateren   erlogen,    wenn    aber    in  eines  andern  50, 


Eidesbelfer  im  griechischen  Rechte  565 

Diese  Bestimmnng  steht  im  zweiten  gröseeren  Abschnitt  des 
Gortyner  Stadtrechte,  der  die  geschlechtlichen  Vergehen  behandelt, 
jedoch  nicht  unter  strafrechtlichem  Gesichtspunkt,  sondern  nur  in 
dem  Sinne,  dass  er  die  Bussen  für  den  Verletzten  bestimmt;  er 
gehört,  wie  das  ganze  Gesetz \  dem   Civilrechte  an. 

Der  Thatbestand  des  Delictes  ist  klar,  dagegen  sagt  das 
Gesetz  nichts  davon,  wann  der  Schwur,  den  es  erwähnt,  gefordert 
wird  und  vor  wem  er  geleistet  wird.  Man  wird  nicht  fehlgehen, 
wenn  man  annimmt,  dass  er  im  Process  vor  dem  Richter  ge- 
leistet wird^.  Der  Gesetzgeber  hat  dies  als  selbstverständlich 
vorausgesetzt.  Zum  Processe  ist  es  auf  folgende  Weise  ge- 
kommen: Der  ertappte  Ehebrecher,  den  der  Ertapper  bei  sich 
festhält,  behauptet,  er  sei  'geknechtet* ^  dh.  er  habe  entweder 
überhaupt  nicht  Ehebruch  getrieben  oder  er  sei  nicht  in  flagranti 
ertappt  worden,  der  Ertapper  dürfe  ihn  daher  nicht  wie  einen 
Sklaven  festhalten,  auch  keine  Busse  beanspruchen,  der  Ertapper 
führt  ihn  daher  vor  den  Richter,  der  die  Sachlage  klären  soll. 
Da  der  vermeintliche  Ehebrecher  auf  seinen  Einwendungen  be- 
harrt, muss  der  Ertapper  auf  das  ürtheil  des  Richters  hin  die 
Wahrheit  seiner  Angaben  beschwören;  er  und  nicht  der  Beklagte 
wird  zum  Schwur  zugelassen,  da  gegen  diesen,  ^in  dem  die  Spur 
des  Verbrechens  dem  Richter  vor  Augen  gebracht  wird'*,  der 
Verdacht    spricht.      Die    Schwere    der    Beschuldigung    verlangt 

wenn  aber  mit  der  (Frau)  des  Genosslosen  10,  wenn  aber  der  Sklave 
mit  der  Frau  (ehebreohend  gefaset  wird),  wird  er  doppelt  erlegen, 
wenn  aber  ein  Sklave  mit  der  Frau  eines  Sklaven  5.  Er  soll  aber 
vorher  ankündigen  vor  3  Zeugen  den  Verwandten  des  im  Hause  Ge- 
fassten,  ihn  abzulösen  binnen  5  Tagen,  beim  Sklaven  aber  dem  Herrn 
vor  2  Zeugen  Wenn  er  (ihn)  aber  sich  nicht  auslöst,  soll  es  bei  denen, 
die  (ihn)  fsssten,  stehen,  mit  ihm  zu  verfahren,  wie  sie  wollen.  Wenn 
er  aber  sagt,  er  habe  ihn  geknechtet,  schwöre  der  Ertapper  im  Fall 
der  50  Stateren  und  mehr  mit  i  andern,  jeder  auf  sich  göttliche  Strafe 
herabrufend,  im  Fall  des  Genosslosen  aber  mit  2  andern,  im  Fall  des 
Häuslers  aber  der  Herr  mit  einem  andern,  er  habe  ihn  ehebrechend 
gefasst,  geknechtet  aber  nicht.' 

^  Bücheler-Zitelmann  aaO.  S.  43. 

2  Bücheler-Zitelmann  aaO.  S.  106. 

8  Die  Herausgeber  des  Recueil  lesen  (mitComparetti)  6ολοσαθθαι  = 
δολιύσασθαι  (vergl.  das.  S.  361  Anm.  1),  nicht  wie  Bücheler-Zitelmauu  =i 
δουλώσασθαι  (S.  106  Anm.  29)  und  übersetzen  das  Wort  mit  attire  dans 
un  pi^ge.     Ebenso  Solmsen,  Inscr.  Gr.^. 

*  Bücheler-Zitelmann  aaO.  S.  74. 


566  Meister 

jedoch,  daes  der  Kläger  nicht  allein  schwört,  sondern  dass  sein 
Eid  verstärkt  wird  durch  eine  bestimmte  Anzahl  Mitschwörender 
(1—4,  je  nach  der  Bedeutung  des  Falls).  Wie  sind  diese  Mit- 
schwörer  juristisch  zu  bezeichnen?  Um  wisfiende  zufällige  Zeugen 
kann  es  sich  nicht  handeln,  denn  dass  zufällig  die  geforderte 
Anzahl  Menschen  den  Ehebruch  gesehen  hat,  ist  nicht  möglich; 
testes  rogati  können  sie  nicht  sein,  weil  es  ^an  Zeit  gefehlt  haben 
mag>  sie  zuzuziehen*  ^ ;  man  muss  sie  daher  mit  Zitelmann  als 
Eideshelfer  auffassen^,  die  neben  der  Hauptpartei  schwören,  um 
deren  Eid  zu  unterstützen,  ohne  von  der  That  selbst  zu  wissen, 
nur  auf  den  Charakter  ihrer  Partei  fussend.  Nicht  ausgeschlossen 
ist,  dass  sie  den  Schreimannen  des  germanischen  Rechts  zu  ver- 
gleichen sind,  die  bei  handhafter  That  auf  den  Ruf  des  Ge- 
kränkten oder  Verletzten  herbeieilen  und  diesen  im  Prozesse  als 
Eideshelfer  unterstützen.  Ihren  Charakter  als  Eideshelfer  ver- 
lieren diese  auch  dann  nicht,  wenn  sie,  schnell  herbeigeeilt,  noch 
die  That  wahrgenommen  habend 

Durch  den  Eid  des  Klägers  und  seiner  Eideshelfer  werden 
dessen  Behauptungen  als  wahr  erwiesen,  der  Beklagte  wird  ver- 
urtheilt;  die  im  Gesetz  bestimmte  Busssumme  an  den  gekränkten 
Ehemann  oder,  falls  dieser  ein  Sklave  ist,  an  dessen  Herrn  zu 
zahlen. 

b)  Col.  III  Zeile  44- IV   Zeile  8: al   τίκοι    γυνά 

Κ€[ρ]€[ύο]νσα,  έπ6λ€υ(Ται  τοι  avbpi  έπι  στέγαν  άντι  μαιτύρον  τριόν. 
αι  bk  μέ  δεκσαιτο,  έπι  τάι  ματρι  ^μεν  το  τεκνον  t  τράπεν  ε 
άποθέμεν,  όρκιδτεροο  b'  εμεν  τός  καόεστάνς  και  τός  μαιτύ- 
ρανς,  αΐ  έπελευσαν.  αϊ  bk  Ροίκεα  τίκοι  κερεύονσα,  έπελείκται 
τδι  πάστοι  το  ανδρός,  δς  οπυιε,  άντι  μαιτύρον  [bujöv.  αΐ  hl  κα 
με  δεκσεται,  έπΙ  το  ι  πάσται  έμεν  το  τίκνον  τοι  τάς  Ροικ€ας. 
αΐ  bi  τοι  αύτδι  αυτιν  όττυίοιτο  προ  το  ένιαυτδ,  τό  παιδίον  έπι 


^  ßücheler-Zitelmann  aaO.  S.  76. 

2  Ebenso  Dareste-Haussouliier-Reinach  aaO.  S.  434,  Ziebarth,  De 
iureiur.  in  iure  Gr.  quaest.  S.  40. 

8  Schröder,  Deutsche  Rech tsgesch ich te  S.  366  n.  36,  v^l.  auch 
S.  88.  363.  376.  —  Griechische  Schreimannen  finden  sich  bei  Lysias  in 
der  Rede  über  die  Tötung  des  Eratostheues  §  23  ff.:  Der  betrogene 
Ehemann  Euphiletos  holt  Leute  herbei,  vor  deren  Augen  er  den  Ehe- 
brecher Erato8thenee  ertappt  und  tötet.  Dass  sie  im  Prozess  gegen 
Euphilet,  der  des  Mords  an  Eratostheues  angeklagt  wird,  nur  als  Ent- 
lastungszeugen auftreten,  ist  nicht  verwunderlich,  da  man  in  Athen 
zur  Zeit  des  Lysias  das  Institut  der  Eideshelfer  nicht  kannte. 


Eidesheltür  im  giiecliiscben  Hechte  567 

TÖl  ττάσται  έμεν  τόι  το  Ροικεος.    κορκιοτερον  Ιμεν  τον  έπελεύ- 
σαντα  και  τός  μαιτύρανς^ 

Die  Stelle  handelt  von  der  Zutragung  des  unehelichen  Kindes 
einer  geschiedenen  *  Freien  oder  einer  geschiedenen  Häuslerin. 
Sie  soll  gegenüber  dem  erfolgen,  der  das  nächste  Anrecht  auf 
das  Kind  hat,  d.  i.  der  geschiedene  freie  Ehemann  oder  der  Herr 
des  geschiedenen  Häuslers.  Den  Process,  in  dem  die  Verwandten 
der  Freien,  oder  der  Herr  des  Häuslers  und  mit  ihnen  die 
Zeugen  zum  Eide  kommen,  denken  wir  uns  folgendermaassen  ent- 
standen: der  Mann  der  geschiedenen  Freien  oder  der  Herr  des 
geschiedenen  Häuslers  verlangen  als  Kläger  die  Herausgabe  des 
unehelichen  Kindes,  da  die  Kindesmutter  oder  deren  Herr,  wie 
sie  behaupten,  ihrer  (oder  seiner)  Pflicht  nicht  genügt  habe,  das 
Kind  ihnen,  den  Berechtigten,  zugehen  zu  lassen,  sie  also  um 
ihr  Recht  gekommen  wären,  das  Kind  sich  zu  nehmen.  Beklagte 
ist  nicht  die  Kindesmutter  selbst,  sondern  die  Freie  wird  durch 
ihre  Verwandten  (καΟ€(Τταί)  vertreten,  die  Häuslerin  durch  ihren 
Herrn.  Als  Beklagte  haben  sie,  da  kein  Ausnahmefall  wie  oben 
III  a  S.  6  gegeben  ist,  Hecht  und  Pflicht  zur  Beweisführung, 
sind  also  näher  zum  Eide.  Da  der  Kläger  behauptet,  dass  die 
Zutragung  nicht  erfolgt  sei,  haben  sie  dies  zu  beschwören,  aber 
nicht  allein,  sondern  mit  ihnen  leisten  den  Eid  die  3  (bei  der 
freien  Mutter)  oder  2  (bei  der  Häuslerin)  Sollemnitätszeugen,  vor 
denen  die  bestrittene  Zutragung  geschehen  ist.  Auf  den  ersten 
Blick  könnte  es  scheinen,  als  ob  es  einfache  Thatzeugen  wären; 
sie  zeigen  jedoch  Besonderheiten,  durch  die  sie  sich  wesentlich 
von  den  wissenden  Zeugen  unterscheiden.  Zunächst  fällt  auf, 
dass  sie   überhaupt  vereidigt  werden,    was    von  den  Thatzeugen 


^  'Falls  gebärt  ein  Weib,  das  geschieden  ist,  soll  sie  (das  Kind) 
zugehen  lassen  dem  Mann  ans  Haue  vor  3  Zeugen.  Falle  er  es  aber 
nicht  annimmt,  soll  das  Kind  bei  der  Mutter  stehen,  es  entweder  auf- 
zuziehen oder  auszusetzen.  Eidlicher  (näher  zum  Eide)  seien  die  Ver- 
wandten und  die  Zeugen,  ob  sie  zugehen  Hessen.  Falls  aber  eine 
Häuslerin  gebärt,  die  geschieden  ist,  soll  er  zugehen  lassen  dem  Herrn 
des  Mannes,  der  sie  ehelichte,  vor  2  Zeugen.  Wenn  er  es  aber  nicht 
annimmt,  soll  das  Kind  bei  dem  Herrn  der  Häuslerin  stehen.  Wenn 
sie  sich  aber  mit  demselben  (Manne)  wieder  verheirathet  vor  Ablauf 
des  ersten  Jahres,  soll  das  Kind  bei  dem  Herrn  des  Häuslers  stehn. 
Näher  zum  Eid  sei  der,  der  zugehen  Hess,  und  die  Zeugen.' 

2  Nicht:  einer  Wittwe,  vergl.  Bücheier• Zitelroann  aaO.  S.  110. 


568  Meister 

im  Gortyniechen  Recht  nie  gesagt  wird».  Ihr  Eid  ist  sogar  so 
wichtig,  dass  der  Gesetzgeber  nur  ihn  erwähnt,  nicht  die  Aus- 
sage, die  sie  beeiden.  Schliesslich  steht  ihr  Schwur  in  einer 
Linie  mit  dem  der  Partei.  Dadaroh  verlassen  sie  die  Rolle,  die 
wissende  Zeugen  im  Process  zu  spielen  haben;  sie  treten  neben 
die  Partei  und  helfen  ihr  mit  ihrem  Eide.  Genau  so  wie  diese 
verlangen  sie  für  die  Darstellung,  die  sie  gegeben  haben,  den 
Schwur  abzulegen;  Partei  und  μάρτυρες  sind  beide  όρκιώτεροι. 
Wenn  sie  daher  mit  den  wissenden  Zeugen  auch  das  gemeinsam 
haben,  dass  sie  von  der  zu  beschwörenden  Thatsache  unmittel- 
bare Kenntniss  haben,  so  entfernen  sie  sich  von  diesen  und  nähern 
sich  zugleich  den  Eideshelfern  dadurch,  dass  sie  durch  ihren 
Eid  'der  Partei  rechtes  helfen.'  Die  Zwischenstufe  zwischen 
Zeugen  und  Eideshelfern  ist  erklärlich  für  ein  älteres  Recht, 
wo  beide  noch  nicht  scharf  geschieden  sind*.  Eideshelfer  aber, 
und  nicht  Zeugen,  möchte  ich  sie  deshalb  nennen^,  weil  ich  ihre 
Stellung  neben  der  Partei  für  ihre  wesentlichste  Eigenschaft 
halte^  sowie  mit  Rücksicht  darauf,  dass  der  Name  ^wissende  Eides- 
helfer  —  so  könnte  man  sie  vielleicht  bezeichnen  —  keine  contra- 
dictio  in  adjecto  enthält,  wie  das  Beispiel  der  germanischen  Schrei• 
mannen  zeigt*. 

c.  Aus  einem  zweiten  Gortyniechen  Gesetze^  Gol.  113  —  15 
stammt  folgende  Bestimmung: 

ϊππον  b[k]  κ[ή]μί[ο]νον  κονον  το  μεν  νυνατόν  έττιδιεθαι, 

άι  Ιγρατται.  αι  bi  κα  τετνάκηι  ή  μη  νυνατόν  ήι  <η>  έπώίεθθαι, 
καλήν  άντι  μαιτύ[ρ]ον  όυον  έν  ταϊς  πέντε,   αι  όείκσει,   όπή  κ' 


1  Vergl.  Recht  von  Gortyn  Ι  15.  18.  19.  II  19  ff.  IX  33.  IX  δΟ  ff. 
Χ  32.     Ueber  IX  38  und  39  vergl.  unt.  s.  VIII  S.  18  ff. 

2  Post,  Die  Grundlagen  des  Rechts  S.  449,  Bücheler-Zitelmann 
aaO.  S.  7G. 

8  Ebenso  Bücheler-Zitelmann  S.  77 ,  Ziebarth  S.  40.  Anderer 
Meinung  sind  Dareste-Haussoullier-Reiuach  S.  433  f. :  Die  mitechwören- 
den  μάρτυρες  werden  als  teraoins  assermentes  bezeichnet,  die  den  coju- 
reurs  (Eideshelfer)  zwar  ähnlich  sind,  aber  mit  ihnen  nicht  verwechselt 
worden  dürfen. 

4  Vergl.  oben  S.  566. 

^  Bücheler-Zitelmann,  Bruchstücke  eines  zweiten  Gesetzes  von 
Gortyn.  Rhein.  Mus.  188'i  S.  118  ff.  Sonstige  Litteratur  bei  Collitz- 
Beclitel  Nr.  4998,  dazu  Dareste-Haussoullier-Reinach,  Recueil  des  inscr. 
jurid.  gr.  Nr.  XVIII  Bd.  I  S.  392  ff. 


Eidesbelfer  im  griechischen  Rechte  569 

ήι,  κορκιότερον  ήμην  αυτόν  και  τόνς  μαιτύρανς,  αι  έπεδίετο  ή 
έπήλευσε  ή  έκάλη  όεικσίον^ 

Dieses  zweite  Gesetz  der  Stadt  Gortyn  'handelt  von  den 
Civilrechtsfolgen  einer  Beschädigung,  die  ein  Eigenthümer  von 
Haustieren  an  seinen  eigenen  Haustieren  durch  fremde  Haustiere 
erleidet/  Die  Beschädigung  besteht  in  der  angeführten  Stelle 
darin,  dass  ein  Tier  (Pferd,  Maulesel  oder  Esel)  im  Kampf  mit 
einem  andern  getötet  worden  ist  oder  infolge  von  dessen  Angriff 
in  das  Gebirge  geflohen  ist  und  sich  dort  verstiegen  hat,  viel- 
leicht ist  es  auch  auf  der  Flucht  umgekommen.  Der  Eigen- 
thümer des  getöteten  oder  vertriebenen  Tieres  muss,  um  nicht 
seiner  Ansprüche  gegen  den  ersatzpflichtigen  Herrn  des  schaden- 
stiftenden  Tieres  verlustig  zu  gehen,  im  Falle  der  Tötung  das 
tote  Tier  dem  Eigenthümer  des  schädigenden  Tieres  zugehen 
lassen,  im  Fall  der  Vertreibung  das  verstiegene  Tier  nach  Mög- 
lichkeit verfolgen  und,  wenn  die  Verfolgung  resuliatlos  verläuft, 
den  Ersatzpflichtigen  vor  2  Zeugen  laden,  damit  er  ihm  zeige, 
wo  das  verstiegene  Tier  sei.  Nur  wenn  der  geschädigte  Eigen- 
thümer diesen  Vorschriften  genügt  hat,  dringt  er  mit  seiner 
Schadensersatzklage  durch.  —  Es  hat  eine  Beschädigung  von  Tieren 
durch  Tiere  stattgefunden.  Der  Herr  des  getöteten  oder  ver- 
triebenen Tiers  klagt  gegen  den  des  schadenstiftenden  Tiers,. dieser 
wendet  jedoch  ein,  der  Kläger  habe  die  ihm  gesetzlich  zustehenden 
Pflichten  des  Zugehenlassens  oder  der  Verfolgung  und  Ladung 
nicht  erfüllt,  sei  daher  abzuweisen.  Durch  diese  exceptio  wird 
der  geschädigte  klagende  Eigenthümer  sachlich  Beklagter^;  er 
hat  daher  zu  heweisen,  dass  er  erfüllt  habe;  Recht  und  Pflicht 
des  Eides  fällt  daher  ihm  zu.  Mit  ihm  schwören  die  beiden 
Zeugen  und  zwar  beeiden  sie  nicht  nur,  dass  der  Kläger  geladen 
hat,  sondern  auch,  dass  er  verfolgte  und  im  Fall  der  Tötung, 
dass  er  zugehen  Hess.  Die  Ladung  ist  vor  ihnen  erfolgt,  in- 
sofern sind  sie  genau  so  zu  beurtheilen,  wie  die  μαίτυρες,  die 
mit  der  Partei  die  erfolgte  Zntragung  eines   unehelichen  Kindes 


^  'Pferd  aber  und  Maulesel  und  Esel  soll  er  nach  Möglichkeit 
verfolgen,  wie  geschrieben  steht.  Wenn  es  aber  tot  ist  oder  es  nicht 
möglich  ist,  es  zu  verfolgen,  soll  er  vor  2  Zeugen  binnen  5  Tagen 
laden,  damit  er  ihm  zeige,  wo  es  sei,  und  näher  zum  Eide  sei  er  und 
die  Zeugen,  ob  er  verfolgte  oder  zugehen  Hess  oder  lud,  um  nach- 
zuweisen.* 

3  Bncheler-Zitelmann  S.  129. 


570  Meister 

beschwören  (oben  III  b  S.  566f.)^.  Dagegen  hagt  das  β68«Ίζ  in 
dem  UHR  erhaltenen  Stück  nichts  davon,  dase  das  Zugehenlaesen 
des  getöteten  Tiers  in  ihrer  Gegenwart  geschehen  musste,  und 
auf  keinen  Fall  ist  anzunehmen,  dass  zur  Verfolgung  des  ver- 
stiegenen Tiers  der  geschädigte  £igenthümer  2  Zeugen  mitnehmen 
müsse,  der  Wortlaut  des  Gesetzes  spricht  dagegen.  Zufallszeugen 
können  die  μαίτυρες  aber  in  diesen  beiden  Fällen  nicht  sein, 
denn  es  heisst  όρκιότερον  ήμην  αυτόν  καΐ  τόνς  μαιτύρανς  bei 
allen  3  Konstellationen.  Das  will  sagen:  Die  beiden  Zeugen, 
vor  die  der  Kläger  gegebenen  Falle  feierlich  lädt  —  es  sind  viel- 
leicht Verwandte  oder  Nachbarn  — ,  unterstützen  ihn  auch  mit 
ihrem  Eide,  wenn  er  das  Zugehenlassen  oder  die  Verfolgung 
nachzuweisen  hat,  wenn  sie  auch  von  den  Thatsachen  selbst 
nichts  wissen,  sie  schwören  daher  im  Vertrauen  auf  den  Cha- 
rakter des  Klägers.  Damit  sind  die  μαίτυρες  in  diesen  beiden 
Fällen  vollständig  als  Eideshelfer  gekennzeichnet,  mit  den  That- 
zeugen  haben  sie  nichts  gemeinsam,  während  die  μαίτυρες  über 
die  Ladung  ebenso  wie  die  oben  unter  III  b  genannten  als 
*  wissende*    Eideshelfer  aufzufassen   sind. 

IV.  Inschrift  aus  Gortyn^. 

—    —  bεvbρέöv  καΐ  Ροικίας  ό[μόσον]τι  τον  όμόρδν  εν- 
νέα οι  έπάνκιστα  πετταμένοι,  ν[ικέν.     κ]αλίν   V  άντι   μαιτύ- 

6  pö|v  buöv  πρότριτον  τον  [ένεκυράκ]σαντα  μετρεσιόμενον  αί 
bl  κα  μέ  εϊει  καλίον[τι  άι  έγρ1ατ(τ)αι,  αυτός  μετρεθό  τ€  και 

10  προττονετο  προτέταρ[τον  Ι  άν]τι  μαιτύρδν  buöv  παρεμεν  ένς 
άγοράν.    όμνύμε[ν  bi  ε'Ι  μάν   τούτο   μέν    έστι   άβλοπίαι    bi- 

ιβ  καίδς  πριν  μολ€θ[θαι  τάν]  biKav,  δ  b'  ένεκύρακσαν,  |  μέ  εμεν 
νικεν  b'  ότερά  κ  οΙ[  —  — ]βμόσοντι  (fr.  Raum),  καϊ  κ'  ές 
στέγας  ένεκυράκσοντι,  πονίον[τι  με  *νΡ]οικεν  δ  ένεκυράκσαν, 

30  συνεκσομόσαθθαι  τον  όμό[ρδν  |  τον]  εννέα  τρίινς,  οίς  κο 
προΡείπει,  μέ  ένΡοικέν  ο  ένεκ(ύρακσ]αν  *  αΐ  bi  τίς  κα  τον 
όμόρδν—  (Rest  frei)*. 


^  Vergl.  Büchelcr-Zitelmann  S.  129. 

•2  Cüllitz-Bechtel  Nr.  4ί)8(ί.  Dareete-Hauseoullit^r-Reiuach  Nr.  XXXI 
üd.  2  S.  325  ff.     Das  in  eckigen  Klammern  Stehende  ist  ergänzt. 

^  Halbhcrr  ergänzt :  οτερα  κ'  ol  [πλί€ς  ό]μόσοντι.  Vergl.  darüber 
S.  Γ)71  Anm.  [). 

*  —  —  'was  in  Betreff  der  Baume  und  des  Hauses  9  von  den 
Nachbarn,  die  am  nächsten  wohnen,  beschworen  haben,  das  soll  er  im 
Procesä  gewinnen.     Er  soll  aber  vor  2  Zeugen  am  3.  Tage  vorher  den 


Eideshelfer  im  griecbiechen  Rechte  571 

Der  Inhalt  dieees  Gesetzes  lässt  sich  kurz  dahin  zusammen- 
fassen:  Es  ist  beim  non-dominus  gepfändet  worden,  der  dominus 
klagt  mit  der  Exekutionsinterventionsklage  gegen  den  Pfänden- 
den ^  Zwei  Fälle  werden  behandelt,  der  erste  betrifft  Pfändungen 
ausserhalb  des  Hauses,  im  zweiten  ist  aus  dem  Hause  selbst  ge- 
pfändet. Darin  allein  unterscheiden  sich  die  beiden  Fälle;  nicht 
ist  mit  den  Herausgebern  des  Recueil  des  inscr.  jurid.  gr.  an- 
zunehmen, dass  Fall  1  von  Pfändungen  auf  dem  Lande,  Fall  2 
von  solchen  in  der  Stadt  spricht^.  Wie  käme  sonst  das  Gesetz 
dazu,  sich  im  2.  Falle  auf  die  in  Fall  1  erwähnten  9  Nachbarn 
zu  beziehen? 

1.  Fall.  Die  Erklärung  macht  deshalb  Schwierigkeiten, 
weil  mehrere  Zeichen  an  entscheidender  Stelle  fehlen.  Wäre  die 
Ergänzung  in  Zeile  15  νικήν  V  ότερά  κ'  οι  [πλίες  όΐμόσοντι, 
die  sowohl  von  Blass  bei  Collitz-Bechtel,  wie  im  Recueil  des 
inscr.  jurid.  gr.  angenommen  ist,  richtig,  so  würde  sich  gerade 
für  unsre  Frage  wichtiges  Material  ergeben.  Ich  glaube  aber 
nicht,  dass  sie  sich  halten  lässt  ^  Der  Thatbestand  ist  folgender : 
Der  Gläubiger  Α  hat  nach  vorausgegangenem  siegreichen  Process 
gegen  Β  bei  diesem  gepfändet,  und  zwar  Bäume  und  Sachen,  die 
zur  Ροικία  gehören,  in  der  Meinung,  dass  diese  Gegenstände 
Eigenthum  des  Β  seien.     Eigenthümer  ist  aber  nicht  B,  sondern 

Piandenden  laden  zur  Ausmessung.  Wenn  es  aber  nicht  möglich  ist, 
ihn  zu  laden,  wie  geschrieben  steht,  soll  er  selbst  die  Messung:  vor- 
nehmen und  soll  vorladen  am  4.  Tage  vorher  vor  2  Zeugen  sich  auf 
dem  Markte  einzufinden.  Man  soll  aber  schwören:  Fürwahr,  diesem 
gehört  es  mit  Fug  und  Recht,  bevor  der  Process  geführt  wurde,  der 
aber,  von  dem  sie  {repfandet  haben,  (soll  8chwören\  es  gehöre  ihm 
nicht.  Siegen  aber  soll,  was  von  beiden  ....  Wenn  sie  aus  einem 
Hause  etwas  gepfändet  haben,  dann  sollen  mit  dem,  der  sagt,  dass  der- 
jenige gar  nicht  darin  wohne,  von  dem  sie  gepfändet  haben,  von  den 
9  Nachbarn  3  schwören,  denen  er  es  angesagt  hat  und  zwar  dass  der, 
von  dem  sie  gepfändet  haben,  nicht  darin  wohne.  Wenn  aber  einer 
von  den  9  Nachbarn  .  .  .* 

^  Vergl.  Civilprocessordnung  für  das  Deutsche  Reich  §  771. 

2  Dareste- Haussoullier- Reinach  aaO.  S.  327. 

3  Halbherr  hat  die  Ergänzung  augenscheinlich  aus  einem  gorty- 
nischeu  Gesetz  herübergenommen,  das  als  Nr.  5011  in  die  Sammlung 
griech.  Dialektinschr.  aufgeuommen  ist  Mit  der  hier  besprocheneu 
Stelle  ist  sie  nicht  in  Einklang  zu  bringen.  Auch  ist  in  Nr.  5011  die 
Sachlage  ganz  anders;  es  soll  nämlich  dort  bei  Meinungsverschieden- 
heit innerhalb  des  Hichterkollegs  siegen,  was  die  Mehrzahl  der  Richter 
beschworen  hat. 


572  Meister 

C.  Man  kann  sich  die  Verwechselung  erklären,  wenn  man  an- 
nimmt, dass  Β  und  C  an  einander  grenzende  Grundstücke  haben; 
die  im  Gesetz  genannten  9  Nachbarn  sind  dann  sowohl  Nach- 
barn des  B,  wie  des  C.  Bevor  C  vor  dem  Richter  sein  £igen- 
thum  von  Α  zurückverlangen  darf,  soll  er  nach  Vorschrift  des 
Gesetzes  den  Α  förmlich  vor  Zeugen  laden,  auf  dem  Grundstück 
selbst  festzustellen,  welche  Sachen  ihm,  dem  C,  und  welche  dem 
Schuldner  Β  gehören.  Folgt  Λ  dieser  Ladung  nicht,  wird  er  vor 
das  Processgericht  geladen.  'Was  9  von  den  Nachbarn  be- 
schworen haben,  soll  er  im  Prooess  gewinnen'  (1.  Satz  der  In- 
schrift); das  Subjekt  ist  C.  Die  Norm  des  Eides  steht  in 
Zeile  12 — 14:  [e^J  μάν  τούτο  μέν  έστι  άβλοπίαι  οικαίδς  πριν 
μολ€θ[θαι  τάν]  οίκαν.  Auch  der  Schuldner  Β  wird  vereidigt 
und  zwar  leistet  er  den  Eid  dahin  ab,  dass  die  von  C  in  An- 
spruch genommenen  Gegenstände  ihm,  dem  B,  nicht  gehörten. 
Nach  der  Ergänzung  würde  das  Gesetz  fortfahren:  Siegen  soll, 
was  die  Mehrzahl  beschworen  haben.'  Dieser  Satz  würde  in 
unlösbarem  Widerspruch  mit  den  Anfangsworten  der  Inschrift 
stehen,  die  ausdrücklich  verlangen,  dass  der  Sieg  von  allen 
9  Stimmen  der  Nachbarn,  nicht  bloss  der  Mehrzahl,  abhängig 
sein  soll.  Um  diese  Schwierigkeit  zu  umgehen,  nehmen  die 
Herausgeber  des  Recueil  des  inscr.  jurid.  gr.  die  Worte:  πριν 
μολ€θ[θαι  τάν]  οίκαν  aus  der  Eidesnorm  heraus  und  übersetzen: 
Avant  que  la  cause  ne  soit  plaidee,  le  saisissant  pretera  un  ser- 

ment  ainsi  con^u:  je  jure .     Wenn  diese  Auffassung  richtig 

wäre,  müssten  die  Worte  πριν  μ5λ€θ[θαι  τάν]  οίκαν  am  Anfang 
des  Satzes,  vor  der  Schwurnorm  des  saisissant  stehen,  nicht  aber 
zwischen  dem  Eide  des  Klägers  C  und  des  Β  (δ  b'  έν€κύρακ(Ταν). 
Die  Worte  πριν  μδλ€θ[θαι  τάν]  οίκαν  haben  vielmehr  ihren 
Platz  in  dem  Eide,  den,  wie  wir  gesehen  haben,  die  9  Nachbarn 
schwören,  sie  wollen  besagen :  die  von  C  in  Anspruch  genom- 
menen Gegenstände  müssen  schon  vor  dem  Process  zwischen  Α 
und  Β  Eigenthum  des  C  gewesen  sein;  hat  Β  nach  dem  Process 
eine  Schiebung  vorgenommen,  um  den  Α  zu  schädigen,  soll  C, 
an  den  Β  vielleicht  nur  zum  Schein  veräussert  hat,  nicht  durch- 
dringen. 

Da  ich  aus  den  angegebenen  Gründen  die  Ergänzung  viK€V 
b'  δτερά  κ'  οι  [πλίες  ό]μόσοντι  ablehnen  muss,  eine  andre  aber, 
die  zu  befriedigender  Lösung  führen  könnte,  vorzuschlagen  ausser 
Stande  bin,  soll  der  Fall  1  für  das  folgende  ausser  Betracht 
bleiben. 


Eideshelfer  im  griechischon  Rechte  573 

Im  Fall  2  hat  der  Gläubiger  Sachen  aus  einem  Hause  ge- 
pfändet, in  dem  wie  er  glaubt  sein  Schuldner  Β  wohne.  Der 
wahre  Eigenthümer  der  gepfändeten  Gegenstände  C  klagt  darum 
gegen  Α  mit  der  Eigenthumsklage.  Die  Wahrheit  seiner  An- 
gaben, 'dass  der  Schuldner  Β  gar  nicht  in  dem  Hause  wohne* 
hat  er  mit  3  von  den  im  Fall  1  erwähnten  9  Nachbarn  zu  be- 
schwören \  Diese  3  MitschwÖrer  sind  genau  so  zu  beurtheilen, 
wie  die  die  Zutragung  des  unehelichen  Kindes  beschwörenden 
μαίτυρες,  nämlich  als  Eideshelfer  der  Partei^»  da  sie  auf  deren 
Seite  schwören  und  ihren  Eid  verstärken;  dabei  haben  sie  insofern 
Aehnlichkeit  mit  Zeugen  und  sind  daher  als  wissende  Eideshelfer 
zu  bezeichnen,  weil  sie  als  Nachbarn  darüber  orientirt  sein  werden, 
ob  der  Β  oder  C  in  dem  betreffenden  Hause  wohne  und  weil  sie 
deshalb  auch  kraft  eigenen  Wissens  schwören. 

V.  Aristoteles  Polit.  Π  8  p.  1269  a  1  berichtet:  δσο  T€ 
λοιπά  των  αρχαίων  εστί  που  νομίμων  €ύήθη  πάμπαν  εστίν, 
οίον  έν  Κύμη  πβρί  τά  φονικά  νόμος  εστίν,  άν  πλήθος  τι  παρά- 
σχηται  μαρτύρων  6  οιώκων  τόν  φόνον  των  αύτου  συγγβνών, 
ϊνοχον  €Ϊναι  τψ  φόνω  τόν  φβύγοντα. 

Dass  die  hier  erwähnten  μάρτυρ€ς  Eideshelfer  des  Klägers 
seien,  ist  von  mehreren  Seiten  hervorgehoben  worden';  auch  mir 
scheint  eine  grosse  Wahrscheinlichkeit  dafür  zu  sprechen,  dass 
nicht    wissende  Zeugen    damit   gemeint  sind^.     Die   Bezeichnung 


^  Obwohl  er  der  Kläger  ist.  Nach  den  Beweisregeln  hat  aller- 
dings im  allgemeinen  der  Beklagte  das  Recht  zum  Eide.  Aber  C  kann 
hier  sein  Eigen thum  beschwören,  der  Beklagte  Α  müsste  das  des  Β 
eidlich  versichern.  Vor  allem  ist  C  als  Kläger  deshalb  näher  zum  Be- 
weise, weil  er  für  seine  Behauptungen  die  Nachbarn  als  'Zeugen  im 
weitern  Sinn  hat,  der  Beklagte  Α  aber  nicht.  Vergl.  für  altes  deutsches 
Recht  Schröder,  Deutsche  Rechtsgeschichte  S.  85  f. 

2  Ebenso  Ziebarth  bei  Pauly-Wissowa  S.  2082;  die  Herausgeber 
des  Recueil  des  inscr.  jurid.  gr.  bezeichnen  sie,  wie  die,  die  den  er- 
tappten Ehebrecher  überführen  helfen,  als  cojureurs,  ohne  auf  die 
Frage  naher  einzugehen. 

8  Silberschlag  im  Gerichtssaal  Bd.  27  (1885)  S.  22  ff.;  Ziebarth, 
De  iureiur.  in  iure  Gr.  quaest  S.  41;  R  Meister  in  den  Berichten  der 
Sachs.  Ges.  der  Wies.  189ü  S.  37;  Gilbert,  Beiträge  zur  Entwickelungs- 
gesch.  des  griech.  Gerichtsverf.  S.  465:  Dareste- HaussouUier-Reinach 
Bd.  I,  S.  434. 

*  Wäre  es  möglich,  die  Worte  τών  αότοΟ  συγγ€να»ν  zu  μαρτύ- 
pu)v  zu  ziehen,  bedürfte  es  keines  weiteren  Beweises,  dass  wir  Eides- 
helfer vor  uns  hätten.     Aristoteles  weist  aber   mit    ihnen    darauf   hin 


574  Meister 

μάρτυρες  beweist  nichts  für  Zeugen  in  unsermSinn;  Aristoteles 
unterscheidet  ja,  wie  wir  gesehen  haben  (unter  I),  μάρτυρες 
π€ρι  ήθους  und  περί  πράγματος;  die  hier  erwähnten  μάρτυρες 
Tonnen  also  der  einen,  wie  der  andern  Gruppe  angehören.  —  Das 
Gesetz  in  Kyme  bestimmte,  dass  die  Vernrtheilung  nur  dann  er- 
folgen könne,  wenn  eine  bestimmte  Anzahl  μάρτυρες  das  Vor- 
bringen des  Anklägers  bestätigten.  Der  Tadel  des  Aristoteles 
richtet  sich  darauf,  dass  die  Quantität  der  μάρτυρες  entscheidend 
sein  sollte,  mit  andern  Worten,  dass  der  Ankläger,  wenn  er  statt 
der  verlangten  Anzahl  einen  'Zeugen'  weniger  stellte,  abgewiesen 
wurde  ^.  Gänzlich  unmöglich  ist  es  nicht,  dass  unter  den  μάρ- 
τυρες Thatzeugen  zu  verstehen  wären,  denn  es  hat  allerdings 
Gesetze  gegeben,  die  dem  Kläger  bei  Gefahr  der  Abweisung 
auferlegten,  seine  Klage  durch  eine  bestimmte  Zahl  von  Zeugen 
zu  stützen.  Beispiele  giebt  das  Stadtrecht  von  Gortyn  X  32 
und  IX  50:  Der  Gesetzgeber  verlangt  hier  je  nach  der  Höhe 
der  eingeklagten  Summe  mindestens  3  oder  2  Thatzeugen  vom 
Kläger.  Solche  Vorschriften  widerstreiten  dem  ausgebildeten 
Rechtsgefühl;  die  Kymäische  Bestimmung  würde  Aristoteles  daher 
mit  Recht  als  sehr  thöricht  verurtheilen.  Trotzdem  bin  ich  der 
Ansicht,  dass  hier  die  μάρτυρες  Eideshelfer  sind.  Denn  für  einen 
Mord,  eine  häufig  heimlich  vollbrachte  That,  eine  bestimmte 
Zahl  Thatzeugen  zu  forden  und  von  dieser  zufälligen  Möglichkeit 
die  Verurtheilung  des  Mörders  abhängig  zu  machen,  ist  selbst 
dem  archaischen  Gesetzgeber  in  Kyme  nicht  zuzutrauen ;  die 
Missbilligung  des  Aristoteles  wäre  aber  schon  genügend  begründet, 
wenn  der  Ankläger,  für  dessen  Darstellung  vielleicht  schon  alle 
Umstände  sprechen  würden,  trotzdem  die  Formvorschrift  erfüllen 
müsste,  μάρτυρες  in  bestimmter  Anzahl  aufzutreiben,  die  seinen 
Charakter  beleumundeten.  Aristoteles  drückt  sich  so  knapp  aus, 
dass  noch  eine  andre  Auffassung  möglich  ist,  nach  der  man  die 
scharfen  Worte  über  das  Kymäische  Gesetz  dahin  verstehen 
würde,  dass  nicht  der  Beklagte  zum  Reinigungseid;  wie  es  billig 
wäre,  zugelassen  wird,  sondern  der  Ankläger  zum  üeberführungs- 


dass  in  Kyme,  wie  auch  in  Attika,  in  Mordprozessen  der  Ankläger  ein 
Verwandter  des  Ermordeten  sein  musste. 

^  Anderer  Meinung  ist  Gilbert  aaO.  S.  4G5,  der  den  Tadel  des 
Aristoteles  auf  das  Institut  der  Eideshelfer  überhaupt  bezieht.  Gegen 
diese  Auffassung  spricht  vor  allem  die  Stellung  der  Worte  ύλήθάς  τι 
an  betonter  Stelle. 


Eideshelfer  im  griechischen  Rechte  575 

eid,  wenn  ee  ihm  nur  gelingt,  die  bestimmte  Anzahl  Eideshelfer 
zu  findend 

VI.  Aus  Theben  in  Aegypten  stammt  folgende  Inschrift^ 
ans  dem  2.  Jahrhundert  v.  Chr. : 

'Όρκος    δν    bei   όμόσαι  Ήρακλείοην  ^Ερμοκλίους    κα\ 

Νεχούτην  τον  άοελφόν  έτους  λς  Χοιοχ  τ€  ΤΤορεγίβοοι  Υεν- 

χώνσιος  έπι  του  Ήρακλίου•    τό  τραύμα  δ  έχεις  ου   πεποί- 
5  καμίν   σοι  ούο'  οϊοαμεν    τόν  πεποηκότα  σοι   και  'Αμμώνιος 

και  Έρμοκλής  οΐ  άοελφοι  συνομνυίτωσαν  αληθή    τόν  δρκον 
10  εΤναι.    ΕΙ  ό  θη  ///  .  .  |  τ  .  τ . .  ου  . .  ασιυ  .  //  ωμοσαν  τ  .  .  b  .  α 

αυτών  άπολύεσθαι  αυτούς,  εΐ  bk  [μη],  ίρχεσθαι  έπι  τόν  έπι• 

στάτην. 

Die  beiden  Brüder  Herakleides  und  Nechutes  sind  wegen 
Körperverletzung  angeklagt  worden.  Sie  bestreiten,  in  irgend- 
welcher Weise  an  dem  Vorgang,  bei  dem  der  Verletzte  (und 
Ankläger)  seine  Wunde  empfing,  betheiligt  gewesen  zu  sein, 
weder  wären  sie  selbst  die  Thäter,  noch  hätten  sie  —  darauf 
deuten  die  Worte  oöb'  oϊbαμ€v  τόν  πεποηκότα  bin  —  den 
Thätern  Beihülfe  geleistet.  Auf  frischer  That  festgenommen  und 
dem  Richter  zugeführt  sind  sie  nicht,  sonst  würde  der  Ankläger 
wohl  zum  Eide  berechtigt  sein;  sie,  die  Angeklagten,  werden 
vielmehr  zum  Reinigungseid  zugelassen.  Unser  Ostrakon  giebt 
ein  bedingtes  Endurtheil  des  Richters :  es  sagt,  dass  der  Process 
durch  Eid  entschieden  werde,  giebt  die  Eidesnorm  und  zum  Schlnss 
die  Folgen  der  Leistung  oder  Nichtleistung  des  Eides.  Schwören 
die  Angeklagten  nicht,  sollen  sie  vor  den  επιστάτης  kommen; 
wohl  um  von  ihm  bestraft  zu  werden,  der  Eid  wird  daher  in 
einem  Strafprocess  ^  auferlegt.  Mit  den  Angeklagten  sollen  ihre 
Brüder  Ammonios  und  Hermokles  schwören  und  zwar,  dass  der 
Eid  der  Partei  *rein  und  unmein*  sei.  Durch  die  Worte  αληθή 
τόν  δρκον  εΤναί  sind  sie  als  Eideshelfer  ^  characterisirt,  die  den 
Eid  der  Partei  verstärken  ohne  Wiesen  von  der  That. 

*  Eine  merkwürdige  Parallele  zu  dieser  Auffassung  der  Aristoteles- 
steile  ans  dem  germanischen  Recht  findet  sich  im  rugianischen  Land- 
recht,  Titel  19,  wo  der  alte  Brauch  getadelt  wird,  dass  der  Kläger  mit 
2  Eideshelfern  den  Beklagten  des  Mords,  dessen  er  ihn  zieh,  schuldig 
schwören  durfte. 

'  Ostrakon  Wiedemann  ίί2,  publicirt  von  Revillout  und  Wilcken 
in  der  Revue  flgyptologique  Bd.  VI  (1891)  8.  11.  Wilcken.  Griech. 
Ostraka  aus  Aegypten  und  Nubien  Bd.  II  Nr.  1150. 

»  Ebenso  Revillout  aaO.  S.  i« 

«  Ebenso  Ziebarth  1 


576  Meister 

VII.  Zwei  arg  verstümmelte  kretische  Inschriften  \  die 
eine  aus  Gortyn,  die  andre  bei  Lyttos  gefunden,  weisen  das  Wort 
όμωμόται  auf.  Es  ist  gesagt  worden^,  daes  es  mit  Eideshclfer 
zu  übersetzen  sei.  Da  der  Sinn  beider  Fragmente  wegen  ihrer 
Lückenhaftigkeit  unklar  ist,  sollen  sie  nur  der  Vollständigkeit 
halber  erwähnt  werden. 

Zwei  Stellen,  in  denen  Eideshelfer  gesehen  worden  sind, 
sind  m.  E.  anders  auszulegen.     Es  sind  dies: 

VIII.  Stadtrecht  von  Gortyn  IX  24—40  der  grossen  In- 
schrift»: 

al  άν[ο]€κσάμ[€]νος  e  ν€νικαμίνο[ς   e  ένκ]οιοτάνς 

όττελον  €  οιαβολόμενος  Ι  οιαΡβιπάμενος  άπο[θ]άνοι  Ι  τούτοι 
δλλος,  έπιμολέΎ  αιο(?)  προ  τδ  ένιαυτό,  ό  οέ  οικαστάς  οικαοοίτο 
πορτι  τά  [ά]πο7Γδνιόμ€να.  αΐ  μίν  κα  νίκας  έπιμδλέι,  ό  bικαστάς 
κό  μνάμον,  αϊ  κα  boei  καΐ  πολιατεύει,  οΐ  οέ  μαίτυρες  οι  έπι- 
βάλλοντες•  avboKo(b)  bk  κένκοιότον  και  bιαßoλας  καΐ  bιpεσιoς 
μαίτυρες  οΐ  έττιβάλλοντες  άττοττονιόντον.  ε  bi  κ'  άποΡείποντι,  bi- 
καbbίτö  όμόσαντα  αυτόν*  και  τόνς  μαιτύρανς  νικεν  τό  άττλόον^ 

In  diesen  Nachtragsbestimmungen  behandelt  das  Gesetz 
Schuld  klagen  nach  dem  Tode  des  Schuldners.  Der  überlebende 
Gläubiger  klagt  gegen  die  Erben  des  Verstorbenen.  Im  Processe 
treten  die  Angehörigen  als  Zeugen  auf.  Zitelmann^  nimmt  an, 
die  έπιβάλλοντες  seien  die  Verwandten  beider  Parteien:  'sie 
treten  für   beide  Parteien  als  Zeugen  auf.    Wenn  sie  nichts  aus- 


ί  CoUitz-Bechtel  Nr.  49i;4  und  5092. 

2  Dareste• Ilaussoullier- Reinach  Bd.  I,  S  434;  Ziebarth,  De  iureiur. 
in  iure  Gr.  quaest.  S.  40. 

3  Litteratur  β.  oben  S.  ΰ  Anm.  2. 

*  Nicht  όμόσας  τά  αύτΟϋν,  vergl.  darüber  Bücheler-Zitelmann, 
Recht  von  Gortyn  S.  71  Anm.  KJ,  S.  73  Aum.  23,  S.  171  Anm.  29. 

^  'Falls  einer,  der  Bürgschaft  geleistet  hat,  oder  die  Urtheilssumme 
oder  ein  Darlehn  oder  aus  einem  Delict  oder  einer  Verabreichung 
etwas  schuldig  ist,  stirbt,  oder  diesem  ein  andrer,  strenge  er  den  Pro- 
cess  im  Lauf  des  ersten  Jahres  an.  Der  Richter  aber  soll  urtheilen 
auf  die  Aussagen  hin.  Wenn  er  wegen  siegreichen  Urtbeils  processirt, 
sollen  der  Richter  und  der  Mnamon,  falls  er  noch  lebt  und  Bürger 
ist,  ferner  als  Zeugen  die  Angehörigen  aussagen,  wegen  der  Bürgschaft 
aber,  des  Darlehns,  der  Schuld  aus  Deliot  oder  Verabredung  sollen  als 
Zeugen  die  Angehiirigen  aussagen.  Wenn  sie  aber  versagen,  soll  er 
urtheilen,  duss  er  selbst  und  die  Zeugen  schwöre  und  das  einfache 
ereiege.' 

β  Bücheler-Zitelmann  aaü.  S.  171. 


Rideshelfer  im  griechischen  Rechte  577 

zusagen  wiesen,  so  soll  der  Richter  auf  Eid  erkennen :  schwören 
muss  dann  der  Kläger;  seine  Epiballontes,  welche  ein  Zengniss 
abzulegen  freilich  nicht  im  Stande  waren,  sollen  doch  als  Eides- 
helfer  neben  ihm  schwören/  Ich  halte  diese  Ansicht  nicht  für 
richtig^.  Denn  die  Angehörigen,  die  als  Zeugen  und,  wenn  sie 
versagen,  auch  als  Eideshelfer  nach  Zitelmanns  Ansicht  in  Be- 
tracht kommen,  sind  keine  feste  Zahl,  sondern  bald  viele,  bald 
wenige;  die  Zahl  der  Zeugen  kann  unbestimmt,  die  der  Eides- 
helfer  muss  jedoch  bestimmt  sein,  sie  kann  wechseln  mit  der 
Bedeutung  des  Falls,  nicht  mit  der  zufällig  vorhandenen  Zahl 
von  Angehörigen.  Der  Gesetzgeber  hätte  daher,  wenn  die  έπι- 
βάλλοντες  Eideshelfer  wären,  bestimmen  müssen,  wieviel  von 
ihnen  mit  der  Partei  zu   schwören  hätten. 

Wie  allerdings  der  Schwur  der  hier  erwähnten  μαίτυρ€ς 
zu  erklären  ist,  kann  ich  nicht  sagen,  da  die  Lesart:  5ικα55έτο 
όμόσαντα  αυτόν  και  τόνς  μαιτύρονς,  die  von  fast  allen  Heraus- 
gebern angenommen  ist,  m.  E.  widerspruchsvoll  ist  und  zwar  aus 
folgenden  Gründen : 

1.  Der  Gesetzgeber  bestimmt:  ol  bk  μαίτυρες  ol  έπιβάλ- 
λοντες.  Wessen  Angehörige  sind  gemeint?  In  erster  Linie  ist 
an  die  des  verstorbenen  Schuldners  zu  denken,  ausgeschlossen 
ist  aber  nicht,  dass  auch  die  Verwandten  des  überlebenden  Gläu- 
bigers und  nunmehrigen  Klägers  mitinbegriffen  sind,  da  sie  ^ale 
die  künftigen  eventuellen  Erben  an  dessen  Vermögen  interessirt 
sind'^'.  Das  Gesetz  fährt  fort:  'falls  sie  (d.h.  die  als  μαιτυρες 
auftretenden  έπιβάλλοντες  beider  Parteien)  versagen,  soll  er 
urtheilen,  dass  er  und  die  Zeugen  schwöre  und  ersiege  das  ein- 
fache* Obwohl  das  τόνς  μαιτύρανς  darauf  hinweist,  dass  auch 
hier  wieder  sowohl  von  den  έπιβάλλοντες  des  Beklagten,  wie 
Klägers  die  Rede  ist,  verlangt  die  Construction  des  Satzes,  dase 
unter  ihnen  nur  die  des  (überlebenden)  Klägers  verstanden  werden 
können,  denn  Subjekt  zu  νικεν  können  neben  dem  Kläger  nur 
dessen  έπιβάΚλοντες  sein. 

2.  Das  Gesetz  wäre,  falls  diese  Lesart  richtig  wäre,  sehr 
unvollständig.  Es  hätte  nur  die  Fälle  im  Auge,  wenn  alle  Zeugen 
versagen,  oder  wenn  ihre  Aussagen  gleichlautend  sind.    Dagegen 

^  Die  Herausgeber  des  Recueil  des  inscr.  jurid.  gr.  sprechen  sich 
Über  die  juristische  Natur  dieser  Zeugen  nicht  aus.  Vergl.  Bd.  I, 
S.  47H.  438. 

2  Bücheler-Zitelmann  aaO.  S.  171. 
Rhein.  Mus.  f.  Philol.  N.  F.    LXnL  37 


57d  Meister 

würde  nichts  bestimmt  sein,  wenn  die  έπΐβάλλονΤ€ς  des  Klägers 
versagen,  die  des  Beklagten  aber  zu  dessen  Gunsten  aussagen 
würden.    Sollte  dann  trotzdem  der  Kläger  zum  Schwüre  kommen? 

IX.  Im  Colonialrecht  von  Naupaktos^  sind  in  folgender 
Stelle  (Z.  43  ff.)  Eideshelfer  gesehen  worden  : 

—  —  αϊ  κα  μΙ  öiööi  τδι  ένκαλ€ΐμίνδι  τάν  btKCcv  δτιμον 
εΤμεν  καΐ  χρήματα  παματοφαγεϊσται,  το  μέρος  μ€τά  Ροικιαταν* 
5ιομό<Ται  hopqov  τόν  νόμιον*   έν  ύορίαν  τάν  φάφιΚιν  €Τμ€ν•. 

Ziebarth,  De  iurei.  in  iure  Gr.  quaest.  S.  41  hat  nach  dem 
Beispiel  verschiedener  Herausgeber'  τό  μέρος  μ€τά  Γοικιαταν 
als  Subject  zu  οιομό(Ται  gezogen  und  tibersetzt:  partes  litigantes 
una  cum  servis  sive  familia  οιωμθ(Τίαν  solemnem  praestent.  Die 
Γοικιαταί  seien  daher  als  die  Eideshelfer  der  Parteien  aufzufassen. 
Aber  Sklaven^  als  Eideshelfer  sind  nicht  denkbar,  sie  konnten 
nicht  einmal  den  Zeugeneid  leisten,  sondern  wurden  gefoltert^; 
um  so  weniger  kann  man  annnehmen,  dass  ihnen  der  noch  wich- 
tigere Eid  der  Eideshelfer  anvertraut  worden  ist.  Μέρος  ist  an 
dieser  Stelle  der  vom  Staat  verliehene  Kleros®,  der,  wie  das 
Gesetz  sagt,  dem  das  Recht  verweigernden  Richter  genommen 
werden  soll.  Mit  dem  lAndantheil  sollen  die  Γοικιαταί  eingezogen 
werden.  Warum  werden  sie  besonders  erwähnt?  War  es  nicht 
selbstverständlich,  dass  die  Häusler  mit  dem  sonstigen  Vermögen 
dasselbe  Schicksal   theilten?     Im   Gortynischen  Recht   war   dies 


1  Dittenberger,  Insoriptiones  Graecae  1X1,334.  Richard  Meister, 
Das  Colonialrecht  von  Naupaktos.  Berichte  der  Sachs.  Ges.  der  Wiss. 
1895  S.  272  ff.  Die  Litteratur  ist  dort  S.  273  angegeben.  Dazu  Michel, 
Reoaeil  d'inscr.  greoques  Nr.  285,  Solmsen,  Inscr.  Gr.'  34. 

'  'Wenn  er  (der  Beamte)  dem  Kläger  das  Recht  nicht  gewährt, 
soll  er  ehrlos  sein  und  sein  Vermögen  soll  eingezogen  werden,  sein 
Landantheil  mit  den  Häuslern;  schwören  sollen  sie  den  gesetzlichen 
Kid;  in  die  Urne  sollen  die  Stimmen  gelegt  werden.* 

"  Vergl.  darüber  R.  Meister  aaO.  S.  325. 

*  Ροικιαταί  sind  Sklaven.  Vergl.  Recht  von  Gortyn  ΠΙ  52  und 
IV  6  mit  IV  13;  II  27  mit  42:  Das  Gesetz  wechselt  in  diesen  Stellen 
zwischen  den  Ausdrücken  Ροικέ€ς  und  δόλοι.  S.  auch  Bucheler-Zitel• 
mann,  Recht  von  Gortyn  S.  63;  Dareste-Haussoullier-Reinaoh  Bd.  I 
S.  424. 

^  Meier-Schöraann-Lipsius  aaO.  S.  889.  Eine  im  Process  schwö- 
rende Sklavin  finden  wir  allerdings  im  Recht  von  Gortyn.  (Jeher  diesen 
Ausnahmefall  vergl.  Bücheler-Zitelmann  aaO.  S.  73. 

^  Dareste-HauBsoullier-Reinach  aaO.  S.  185  übersetzen  μ^ρος  mit 
lot  de  terre. 


Eideshelfer  im  griechischen  ttecbte  579 

nicht  der  Fall,  es  sagt  in  IV  32  ff.,  dass  der  Häuslerbeeitz  nicht 
zur  £rbmap8e  gehören  Galt  für  Lokrie  dasselbe,  so  musste  aller- 
dings hervorgehoben  werden,  dass  auch  die  Ροικιαται  mit  ein- 
gezogen werden  sollten. 

X.  Das  Gortynirtche  Fragment  nr.  132^  scheint  das  Wort 
[όρ]ςομότας  zu  enthalten,  das  auch  auf  einer  archaischen  Inschrift 
aus  Mantineia^  begegnet.  Beide  Male  fehlt  der  Zusammenhang. 
Das  Wort  όρςωμόται  als  Variante  für  όμωμόται  (Eideshelfer) 
aufzufassen,  wie  es  von  den  Herausgebern  des  Recueil  des  inscr. 
jurid.  gr.  angeregt  worden  ist*,  scheint  mir  nicht  richtige  denn 
im  Rechtsvertrag  zwischen  Ghaleion  and  Oianthea  Zeile  16  und 
17  werden  όpquJμόται  erwähnt,  die  im  Gegensatz  zu  den  oben  s.  11 
erwähnten  έπωμόται  stehen  und  Geschworene,  also  Richter,  sind. 

Wie  aus  dem  Vorstehenden  hervorgeht,  sondern  sich  die 
griechischen  Eideshelfer  in  zwei  Klassen: 

1.  Eideshelfer,  die  den  Eid  der  Partei  verstärken  ohne 
eignes  Wissen  von  dem  Thatbestande,  nur  im  Vertrauen  auf  den 
Charakter  der  Partei.     Zu  diesen  gehören: 

a)  Die  Eideshelfer  im  Vertrag  zwischen  Chaleion  und  Oian- 
thea,   die  der   klagende  Fremde  sich  aus  den  Besten  wählt  (Π). 

b)  Die  Eideshelfer  im  Stadtrecht  von  Gortyn,  die  neben 
dem  schwören,  der  den  Ehebrecher  ertappt  hat  (ΙΠ  a)*^. 

c)  Die  μαίτυρ€ς  im  zweiten  Gesetz  der  Stadt  Gortyn,  die 
durch  ihren  Eid  den  geschädigten  Eigenthümer  eines  Tiers  unter- 
stützen, der  die  Verfolgung  des  verstiegenen  Tiers  oder  das 
Zugehenlassen  des  toten  an  den  Eigenthümer  des  schädigenden 
Tiers  zu  beweisen  hat  (III  c). 

d)  Die   Blutzeugen  in  Kyme  (V). 

e)  Die  beiden  Brüder  auf  der  Thebanischen  Inschrift,  deren 
Eid  sich  darauf  bezieht,  dass  ihre  der  Körperverletzung  an- 
geklagten Brüder  einen  echten  Reinigungseid  geschworen  haben  (VI). 

2.  Eideshelfer,  die  sich  den  Zeugen  insofern  nähern,  als  sie 
a)  entweder  von   der  zu    beschwörenden  Thatsache  wissen, 

weil  sie  ihr  als  Sollemnitätszeugen  beigewohnt  haben :  die  gorty- 
nischen    μαίτυρβς,    die    die    erfolgte  Zutragung   des    unehelichen 


*  Bücheler-Zitelmann  aaO.  S.  137. 

2  CoUitz-Bechtel  Nr.  4969. 

3  Fougeres,  Bull.  Corr.  Hell.  Bd.  XVI  (1892)  S.  577. 

*  Dareste-Haussoullier-Reinach  aaO.  S.  434  Anm. 

δ  Sind  sie  Schreiniannen,  ist  es  zwar  möglich,  dass  sie  die  That 
gesehen  haben,  ihr  Wissen  ist  jedoch  irrelevant.     S.  oben  S.  566. 


Γ)80  Meister 

Kindes  an  den  gescbiedenen  Ehemann  der  Freien  oder  den  Herrn 
der  geschiedenen  Hänslerin  (III  b)  und  die  die  erfolgte  Ladung 
zum  Aufsuchen  des  verstiegenen  Tiers  beschwören  (III  c),    oder 

b)  als  Nachbarn  über  die  von  ihnen  zu  bekundenden  Eigen- 
thurasverhältnisse  unterrichtet  sind :  wir  trafen  sie  bei  der  Eigen- 
thumsklage  des  Dritten  nach  geschehener  Pfändung  beim  non- 
dominus  (IV). 

Die  meisten  der  Stellen,  in  denen  wir  Eideshelfer  gefunden 
haben,  sind  civilprocessualer  Natur.  Eideshelfer  im  Strafprocees 
sind  die  Blutzeugen  in  Kyme  (V)  und  die  zwei  Brüder  im  ägyp- 
tischen Theben  bei  einer  Anklage  wegen  Körperverletzung  (VI). 
Ein  Anklang  an  Strafprocess  findet  sich  ausserdem  in  dem  unter 
III  c  erwähnten  Falle:  hier  hat  der  Hauptverhandlung  vor  dem 
Processgericht  eine  formelle  Ladung  des  Beklagten  durch  den 
Kläger  voranzugehen,  damit  er  (der  Kläger)  dem  Ersatzpflichtigen 
zeige,  wo  das  verschwundene  Tier  sich  befinde.  Folgt  der  Be- 
klagte der  Ladung  nicht,  schwört  der  Kläger  mit  den  beiden 
Zeugen,  dass  er  geladen  habe.  Die  Ladung  hat  m.  E.  nicht  den 
Charakter  einer  Formvorschrift,  sie  verfolgt  vielmehr  den  Zweck, 
den  Beklagten  in  formelles  unrecht  zu  versetzen,  wenn  er  auf 
die  Aufforderung  hin  ausbleibt.  Vielleicht  hat  der  Kläger  für 
das  Beharren  des  Beklagten  im  Widerstände  eine  besondere  Busse 
beanspruchen  könnend 

Kläger  und  Beklagter  können  im  griechischen  Processe  mit 
Eideshelfern  auftreten,  je  nachdem  ihnen  die  Beweislast  zufällt, 
wie  bei  den  einzelnen  Fällen  gesagt  ist:  viermal  fanden  wir 
Eideshelfer  auf  Seite  des  Klägers  (II,  III  a,  IV  und  VI),  dreimal 
auf  der  des  Beklagten  (III  b  und   c  und  VI). 

Die  Zahl  der  Eideshelfer  schwankt  von  1  (beim  Ehebruch 
eines  Sklaven  mit  der  Frau  eines  Sklaven  III  a  a.  E.)  bis  15 
(im  Reehtsvertrag  zwischen  Chaleion  und  Oianthea  bei  einem 
Streitwerth  von  1  Mine  an).  Die  übrigen  vorkommenden  Zahlen 
sind  2  (Ehebruch  eines  Freien  oder  Sklaven  mit  der  Frau  eines 
Aphetären  III  a,  weiter  die  beiden  Sollemnitätszeugen  III  b  und  c 
und  die  zwei  Brüder  in  VI),  ferner  3  (von  den  9  Nachbarn, 
die  am  nächsten  wohnen,  sollen  3  schwören,  dass  der  Schuldner 
nicht  in  dem  Hause  wohne,  wo  gepfändet  worden  ist,  IV),  weiter 
4  (Ehebruch  des  Freien  oder  Sklaven  mit  der  Freien,  sei  es  im 


^  Für  den  analogen  Fall  im  germanischen  Recht  vergl.  Schröder, 
Deutsche  Rechtsgescbichte  S.  84. 


Eidoshelfer  im  griechischen  Rechte  581 

HauRe  des  Vaters^  Bruders  oder  Ehemannes,  sei  es  in  eines 
Andern  Haus,  III  a),  schliesslich  9  Eideshelfer  (Rech tsvertrag 
zwischen  Chaleion  und  Oianthea  bei  einem  Streitwert  unter 
1  Mine,  Π). 

Dass  mit  der  Bedeutung  des  Falls  die  rechte  Zahl  der 
Helfer  wächst,  zeigen  die  Beispiele  in  III  a  (hier  sind  die  Bussen 
massgebend,  die  an  den  Gekränkten  gezahlt  werden  müssen)  und 
II;  andre  Schlüsse  lassen  sich  kaum  aus  den  Zahlen  ziehen. 

Fast  immer  werden  von  den  Eideshelfern  besondere  Eigen- 
schaften verlangt,  die  sie  für  ihre  Rolle  im  Process  geeignet 
erscheinen  lassen  sollen.  Die  Blutzeugen  in  Kyme  bilden  hier- 
von kaum  eine  Ausnahme,  wenn  auch  Aristoteles  nichts  näheres 
über  sie  berichtet.  Denn  seine  Angaben  über  den  ganzen  Fall 
sind  in  der  citirten  Stelle  so  kurz,  verfolgen  auch  lediglich  den 
Zweck,  das,  was  an  alten  Gesetzen  tadelnswerth  ist,  hervor- 
zuheben, dass  man  aus  seinem  Schweigen  nicht  folgern  kann, 
die  Eideshelferrolle  in  Kymäischen  Mordprooessen  hätte  jedem 
offen  gestanden.  Wir  haben  gesehen,  dass  der  Chaleier  in  Oianthea, 
der  Oiantheer  in  Chaleion  sich  die  Helfer  aus  den  Besten  der 
fremden  Stadt  wählen  soll,  Blutsverwandte  sind  es  in  dem  the- 
banischen  ürtheil,  die  die  Unschuld  der  Angeklagten,  ihrer  Brüder, 
durch  ihren  Eid  erweisen  sollen,  im  Gortynischen  Recht  (Illb 
und  c)  sollen  die,  die  erst  als  Sollemnitätszeugen  gedient  hatten, 
im  Process  als  Eideshelfer  auftreten.  Dagegen  wurde  der  Ehe- 
brecher in  Gortyn  (III  a)  durch  nicht  näher  bezeichnete  andre 
überführt,  der  Kläger  schwor  πίντος,  τρίτος  und  Ατ€ρος  αυτός. 

Wir  haben  Eideshelfer  in  den  verschiedensten  Ländern  an- 
getroffen, wo  griechisch  gesprochen  wurde:  in  Lokris  (Π),  auf 
Kreta  (III)  und  (IV),  im  äolischen  Kyme  (V)  und  im  ägyptischen 
Theben  (VI).  In  Attika  hat  sich  keine  Spur  von  ihnen  gefunden, 
wie  leicht  erklärlich  ist:  Eideshelfer  sind  auf  kleinere  Verhält- 
nisse zugeschnitten,  wo  einer  den  andern  kennt;  in  der  grossen 
Stadt  und  bei  entwickelten  Verkehreverhältnissen  können  sie  nicht 
vorkommen. 

Nur  eine  der  angeführten  Stellen  sagt  mit  klaren  Worten, 
was  die  Eideshelfer  beschworen  haben  (VI):  die  beiden  Eides- 
helfer schwören  hier:  αληθή  τον  δρκον  elvai  (dh.  der  Eid  der 
Angeklagten).  Dieser  Schwur  entspricht  vollständig  dem  Eid 
der  germanischen  Eideshelfer,  dass  der  Eid  der  Partei  'rein  und 
unmein*  sei.  Ob  die  Eidesnorm  der  Helfer  in  den  übrigen  Fällen 
ebenso  gewesen  ist,  oder  ob  diese  dasselbe  beschworen,  wie  die 


582  Meister 

Partei,  läset  sieb  nicht  entscheiden.  Nicht  darf  man  für  die 
letztere  Auffassung^  geltend  machen,  dass  die  Rede  ist  von 
(Τυνομνύναι,  έπιυμότοι  oder  dass  Eideshelfer  und  Partei  zu- 
sammen näher  zum  Eide  sind,  die  Eidesnorm  der  Partei  und  der 
Helfer  daher  dieselbe  sein  müsse,  denn  die  *  Mitsohwörer'  in  VI 
((Τυνιυμόται)  schwören  gerade  nicht  mit,  was  die  Partei  beschwört, 
sondern  einen  eignen  Eid;  auch  schwören  die  germanischen  Eides- 
helfer bekanntlich  nicht  denselben  Eid  wie  die  Partei  und  wurden 
doch  coninratores  oder  consacramentales^  genannt,  eine  Bezeich- 
nung, die  den  griechischen  (Τυνίϋμόταΐ  entspricht. 

Die  Frage,  ob  die  griechischen  Eideshelfer  mit  geeammtem 
Munde  schworen  oder  nicht,  muss  wegen  Schweigens  der  Quellen 
offen  bleiben. 

Von  den  Eideshelfern  in  andren  Rechten  eignen  sich  die 
germanischen  am  besten  dazu,  in  Parallele  mit  den  griechi- 
schen gezogen  zu  werden,  da  wir  allein  über  sie  genauere  Kennt- 
niss  besitzen.  Wir  finden,  dass  die  Eideshelfer  beider  Völker 
sich  im  Wesentlichen  gleichen,  die  Verschiedenheiten  lassen  sich 
aus  den  anders  gearteten  Volkscharacteren  erklären. 

Zunächst  mag  es  allerdings  befremdlich  erscheinen,  dass  in 
Deutschland  Eideshelfer  hauptsächlich  im  Strafprocees  auftraten, 
während  die  griechischen  ihren  Hauptsitz  im  Civilprocess  haben 
(ob.  S.  580).  Jedoch  haben  in  späterer  Zeit  germanische  Eides- 
helfer  Eingang  in  den  Civilprocess  gefunden^,  in  der  Urzeit  aber 
herrschte  das  Strafrecht  so  vor,  dass  auch  *  die  priyatrechtlichen 
Ansprüche  in  den  Formen  des  Strafrechts  verfolgt  wurden'*,  und 
noch  in  der  fränkischen  Zeit  lag  der  Schwerpunkt  auf  dem  Straf- 
recht ^;  dass  wir  den  deutschen  Eideshelfern  der  alten  Zeit  nur 
im  Strafprocess  begegnen,  ist  daher  nicht  erstaunlich. 

Die  Eideshelfer  im  germanischen  Recht  waren  meist  solche 
des  Beklagten;  dass  sie  auch  auf  Seiten  des  Klägers  vorkamen^ 
ist  gewiss  ^  Vornehmlich  Eideshelfer  in  der  Art,  wie  die  Ky- 
mäischen,  von  denen  Aristoteles  berichtet,  finden  wir  ausser  in  der 
erwähnten  Stelle  des  rugianischen  Landrechts  (ob.  S.  575  Anm.  1) 


^  Die  Ziebarth,  De  iurei.  in  iure  Gr.  quaest.  S.  40  vertritt. 

2  Grimm,  Deutsche  Rechtsalterthümer  Π  S.  495. 

3  Grimm,  Deutsche  Rechtsalterthümer  II  S.  499. 
*  Schröder,  Deutsche  Rechtsgeschichte  S.  83. 

5  Schröder  aaO.  S.  345.  766. 
β  Grimm  aaO.  Bd.  Π  S.  499. 


Kideshelfer  im  griechischen  Rechte  583 

im  Augshurgischen  Stadtreoht,  wo  der  Kläger  den  peinlich  An- 
geklagten ühersiehent  schuldig  schwören  konnte  ^. 

Ueber  die  Zahl  der  Eideshelfer  in  Deutschland  und  Griechen  • 
land  läset  sich  nur  sagen,  dass  sich  ein  scharfes  Princip  in  beiden 
Ländern  nicht  aufstellen  lässt,  ein  einziger  Eideshelfer  kann  hier 
wie  dort  genfigen  ^  dann  finden  sich  die  verschiedensten  Zahlen, 
in  Deutschland  fiber  300  hinaus,  in  Griechenland  ist  die  Höchst- 
zahl in  den  angeführten  Stellen  15. 

Die  den  Germanen  eigne  ständische  Gliederung  macht  sich 
auch  bei  den  Eideshelfern  bemerklich.  Dadurch  unterscheiden 
sich  die  germanischen  Bestimmungen  über  die  Eideshelfer  von 
den  Bestimmungen  der  Griechen.  Dass  Sklaven  weder  nach  dem 
einen,  noch  dem  andern  Recht  Eideshelfer  sein  konnten,  versteht 
sich  von  selbst;  das  germanische  Recht  verlangt  aber  ausserdem» 
dass  die  Eideshelfer  demselben  Stande  wie  die  Partei  angehören 
mussten,  davon  hat  keins  der  griechischen  Zeugnisse  über  Eides- 
helfer etwas  angegeben  (vgl.  insbes.  Π  und  III  a — c).  Noch  in 
anderer  Beziehung  wirkt  der  Stand  verschieden  in  beiden  Rechten : 
nach  deutschem  Recht  brauchte  der  Beklagte,  wenn  er  höheren 
Standes  war,  weniger  Eideshelfer  aufzuhieten,  als  wenn  er  niederem 
Stande  angehörte.  In  Gortyn  dagegen  scheint  man  gegentheiliger 
Ansicht  gewesen  zu  sein,  denn  bei  der  Frage,  ob  das  Kind  einer 
freien  Mutter  zugetragen  worden  sei,  schwören  neben  der  Partei 
drei  Personen;  handelt  es  sich  aber  um  das  Kind  einer  Hans- 
lerin,  leisten  nur  2  Personen  den  Eid  neben  der  Partei.  Für 
griechische  Anschauung  wichtig  ist  auch  III  a  (Ueberführung  des 
Ehebrechers):  sowohl  der  Freie,  wie  der  Sklave  wird  in  dem 
Falle  des  Ehebruchs  mit  der  Freien  mit  4  Eideshelfern  überführt. 

Dass  in  Griechenland  der  Beklagte  dem  Kläger,  der  seine 
Klage  mit  Eideshelfern  beschworen  hatte,  ebenfalls  Eideshelfer 
entgegensetzen  konnte,  haben  wir  nicht  bezeugt  gefunden.  Ueber 
die  Eidesnorm  der  griechischen  Eideshelfer,  sowie  darüber,  ob 
sie  mit  gesamtem  Munde  schwören  oder  nicht,  ist  ohen  S.  581  f. 
gesprochen  worden. 

Das  Verhältniss  der  Eideshelfer  zu  den  Zeugen  ist  in  den 
germanischen  Rechten  ähnlich  gewesen,  wie  in  den  griechischen. 


1  Grimm  aaO.  Bd.  II  S.  499.    Vergl.  auch  Post,  Grundlagen  des 
Rechts  S.  456  f. 

2  Grimm   aaO.  Bd.  I  S.  285   Anm.  **,    ob.  II:    Ehebruch   eines 
Sklaven  mit  der  Frau  eines  Sklaven. 


584  Meister 

Auch  bei  den  Germanen  'fliessen  beide  in  einander^*;  auch  bei 
ihnen  findet  es  sich,  dass  Sollemnitätezeagen  im  Processe  zu 
Eideshelfern  werden,  so  erinnern  uns  die  III  b  und  c  als  Eides- 
helfer  erkannten  ehemaligen  Geschäftezeugen  daran,  dass  in  der 
fränkischen  Zeit  die  in  Freiheitsproceesen  zogezogenen  Ver- 
wandten des  Beklagten  dessen  Eideshelfer  und  nicht  Zeugen 
waren  ^.  Aehnlich  steht  es  mit  den  bereits  erwähnten  Schrei- 
mannen (ob.  S.  566). 

Weder  für  das  römische  noch  für  das  indische  Recht  ^  sind 
Eideshelfer  nachgewiesen  worden,  dagegen  sind  sie  den  Slawen 
nicht  fremd.  So  erforderte  nach  der  russischen  Prawda  jede 
Kriminalklage  Zeugniss  und  Eid  von  sieben  Menschen;  Waräger 
und  Ausländer  waren  nur  zwei  zu  stellen  verpflichtet*.  Sie  be- 
gegnen auch  im  kleinpolnischen  und  böhmischen  Recht  ^. 

Trotzdem  die  Eideshelfer  in  mehreren  indogermanischen 
Rechten  auftreten,  halte  ich  den  Schluss,  dass  sie  ein  ^arisches 
Eibtheir®  sind,  für  verfrüht;  die  Möglichkeit  muss  natürlich  zu- 
gegeben werden.  Gegen  die  Vermuthung  spricht  aber,  dass  die 
Eideshelfer  nicht  nur  den  Indogermanen  bekannt  sind,  sondern 
auch  im  grusinischen  (georgischen)  Gesetzbuch  des  Zaren  Wachtang 
von  1723,  im  mongolischen  Rechte  und  bei  den  Malaien  vor- 
kommen: besonders  auf  Bali,  im  indischen  Archipel,  'finden  sich 
die  germanischen  Eideshelfer  in  getreuer  Copie  wieder'  ^.  Es 
kann  sich  daher  sehr  wohl  um  eine  spontan  auftretende  Erschei- 
nung, vielleicht  auch  um  üebertragnngen  handeln. 

Die  Verwandtschaft  von  Eideshelfern  und  Zeugen  ist  mehr- 
fach hervorgehoben  worden;  es  ist  auch  gesagt  worden,  dass  die 
Grenzen  zwischen  beiden  oft  schwer  zu  ziehen  sind,  da  Zwischen- 
stufen Eigenschaften  zeigen,  die  einem  jeden  von  ihnen  eigen- 
thümlich  sind.  Die  Definition  der  griechischen  Eideshelfer  ist 
folgende:  Sie  sind  Beweismittel  der  Parteien  im  Process  und 
verstärken  deren  Eid  durch  ihren  Eid,  den  sie  im  Vertrauen  auf 
den  Charakter  der  Partei    leisten,    selbst    dann,    wenn    sie    vom 


1  Grimm  aaO.  Bd.  II  S.  401. 

2  Schröder  aaO.  S.  366  n.  36. 

^  Vergl.  J.  Kohler,  Altindisches  Processrecht. 

*  Poet,  Grundlagen  des  Rechts  S.  457. 

5  Post,  aaO.  S.  457. 

β  ßücheler-Zitelmann,  Recht  von  Gortyn  S.  7G. 

7  Post  aaO.  S.  445  f. 


Eideshelfer  im  griechischen  Rechte  585 

Thatbeetande  unmittelbare  Kenntnies  habend  Der  Hauptunter- 
Bchied  von  den  Zeugen  ist  also:  Der  Eideshelfer  urtheilt  im  Pro- 
cess  stets  wie  die  Partei,  der  Zeuge  gemäss  den  Thatsachen; 
Zufall  und  daher  für  die  rechtliche  Beurtheilung  gleichgültig  ist 
es,  wenn  der  Inhalt  des  Schwüre  der  Eideshelfer  sich  mit  den 
Thatsachen  deckt,  ebenso^  wenn  der  Zeuge  dieselbe  Darstellung 
wie  die  Partei  giebt.  Das  Verhältniss  zwischen  den  beiden  Be- 
weismitteln zeigt  besonders  deutlich  das  Gortynische  Recht :  hier 
stehen  den  beiden  Klassen  der  Eideshelfer  (oben  S.  579  f.)  zwei 
Gruppen  von  Zeugen  gegenüber:  neben  solchen,  die  über  That- 
sachen aussagen,  finden  wir  andere,  die  über  das  Recht  selbst 
Auskunft  geben,  zB.  darüber,  welcher  der  Parteien  das  Eigen- 
thum  des  im  Streit  befangenen  Sklaven  zustehe  (Recht  von  Gorty η 
1  19^).  Der  Zeuge  aber,  der  vom  Kläger  benannt  ist  und  im 
Process  aussagt :  dem  Kläger  steht  das  Eigenthum  zu,  giebt  eine 
rechtliche  Beurtheilung  und  stellt  sich  neben  die  Partei,  dadurch 
hilft  er  dieser  rechtes.  Trotz  dieser  Aehulichkeit  mit  den  Eides- 
helfern  bleibt  er  Zeuge,  dcLn  sein  Urtheil  gründet  sich  auf  die 
Thatsachen,  nicht  auf  die  Darstellung  der  Partei.  Wir  haben 
daher  folgende  Stufenfolge  von  μάρτυρες: 

1.  Eideshelfer  ohne  unmittelbare  Kenntnies  von  der  That. 

2.  Eideshelfer   mit    unmittelbarer  Kenntniss  von  der  That. 

3.  Zeugen  über  das  Recht. 

4.  Zeugen  über  Thatsachen. 

Zeitlich  gehen  die  Eideshelfer  den  Zeugen  voraus,  aber  die 
Zeugen,  die  anfange  nur  eine  kümmerliche  Stellung  neben  den 
Eideshelfern  im  Process  haben,  verdrängen  diese  schliesslich. 
Bekannt  ist,  welche  Bedeutung  im  ältesten  germanischen  Recht 
die  Eideshelfer  hatten,  dass  andrerseits  die  Germanen  der  Urzeit 
von  zufälligen  Augen-  und  Ohrenzeugen  überhaupt  nichts  wissen 
wollten^.  Die  Eideshelfer  starben  im  Laufe  der  Zeiten  aus, 
während  auf  die  Zeugen  immer  grösseres  Gewicht  gelegt  wurde. 
Auch  aus  den  angeführten  griechischen  Zeugnissen  über  Eides- 
helfer lässt  sich  wenigstens  das  erkennen,  dass  diese  meist  den 
älteren,    unentwickelteren    Rechten    angehören    (Π — V;    in    dem 

^  Mit  Rückeicht  auf  die  2.  Gruppe  der  griechischen  Eideshelfer 
(ob.  S.  579  f.)  mu88  die  ob.  S.  5ϋ0  gegebene  Definition  für  die  griechischen 
Eideshelfer  insofern  eingeschränkt  werden. 

^  Andere  Zeugen  über  das  Recht  finden  sich  in  1 15  uud  IX  33. 

3  Schröder  aaO.  S.  8H. 


586  Meister  Eideshelfer  im  griecbisohen  Rechte 

unter  V  erwähnten  Fall  spricht  Aristoteles  von  των  αρχαίων 
νομίμων),  nur  der  unter  VI  erwähnte  Fall  fällt  in  jüngere  Zeit 
(2.  Jahrhundert  v.  Chr.);  eine  Zeit,  in  der  die  Eideshelfer  die 
Zeugen  in  Schatten  stellten,  konnten  wir  dagegen  für  das  grie- 
chische Recht  nicht  nachweisen.  Im  Gegensatz  zu  den  angeführten 
Quellen  sind  die  Eideshelfer  in  den  jüngeren,  fortgeschritteneren 
Rechten,  vor  allem  im  Processreoht  der  Athener,  soweit  wir  es 
kennen,  völlig  verschwunden,  die  Zeugen  haben  ihre  Stellung 
eingenommen  (vgl.  ob.  S.  566  Anm.  3). 

Leipzig.  Richard  M.  E.  Meister. 


CAESARS   ANTICATO  UND  CICEROS    CATO 


Da8  PaRquill  Caesars  aaf  seinen  todten  Gegner  kennzeichnet 
mehr  als  anderes  die  politische  Lage  zur  Zeit  der  Schlacht  hei 
Monda  and  die  Lehenspsychologie  des  grossen  Feldherrn.  Das 
mag  es  rechtfertigen,  wenn  ich  zu  meiner  Misoelle  Rhein.  Mus.  L 
1895  S.  481  einen  Nachtrag  hringe,  ohne  mich  indes  hei  dem 
Sprachlichen  und  hei  der  Interpretation  der  antiken  Berichte  üher 
den  Titel  (dafür  Rieh.  Freee,  Beiträge  zur  Beurtheilung  der 
Sprache  Caesars.  München.  Diss.  1900  S.  20  Anm. ,  dagegen 
M.  Schanz,  Gesch.  d.  röm.  Litteratur  I^  S.  208)  aufzuhalten. 
S.  484  sprach  ich  die  Vermuthung  aus,  dass  Caesar,  um  Ciceros 
laudatio  unschädlich  zu  machen,  in  seinem  Anticato  mit  heissen- 
dem  Sarkasmus  den  Gegner  als  Verzerrung  des  stoischen  Tugend- 
ideals zeichnete.  Wenn  der  stoische  Weise  sich  allerlei  erlauhen 
durfte,  was  nach  gemeiner  Vorstellung  dem  Idealmensohen  kaum 
gestattet  war,  so  hahe,  meinte  ich,  Caesar  gezeigt,  wie  Cato  von 
solchen  philosophischen  Lizenzen  kräftig  Gehrauch  machte.  Einen 
Zug  der  Fragmente  (H.  Wartmann,  Leben  des  Cato  von  Utioa. 
Zürich  1859  S.  167  f.)  erhellt  vielleicht  der  Vergleich  mit  Horat. 
sat.  II  5.  Dort  lässt  sich  bekanntlich  (s.  Kiessling)  Odysseus, 
die  Verkörperung  des  stoischen  Weisen,  im  Erbschleichen  unter- 
richten. Der  Hieb  auf  die  Stoa  aber  ist  bei  Horaz  nur  dann  wohl  ge- 
zielt, wenn  die  Schule  sich  in  diesem  Punkte  eine  Blosse  gegeben 
dh.  eine  missdeutbare  Lehre  vorgetragen  hatte.  Es  ist  wohl  der 
τόπος  περί  χρηματισμοΟ  und  vor  allem  der  Satz:  Der  Weise 
sei  allein  χρηματιστικός  (s.  A.  Bonhöffer,  Die  Ethik  des  Stoikers 
Epiktet.  S.  234  ff.  240),  die  einen  Epikureer  oder  sonstwen  auf 
die  tolle  Idee  brachten,  den  Stoiker  jenen  Unterricht  im  vorzüg- 
lichen Gelderwerb  nehmen  zu  lassen.  Der  'Epikureer'  Caesar 
(0.  E.  Schmidt,  Der  Briefwechsel  des  M.  T.  Cicero.  Leipzig  1893 
S.  60)  dürfte  jenen  τόπος  im  Auge  haben,  wenn  er  den  Cato 
fdr  Teppiche  zu   hohe  Preise  fordernd,  in  der  Asche  des  ν  er- 


588  Dyroff 

storbenen  Bruders  Gold  mit  dem  Siebe  suchend  und  Gift  ver- 
kaufend einführt.  Seht  da,  so  würde  Caesar  etwa  gesagt  haben, 
gar  treiTlich  imitirte  Cato  den  stoischen  Weisen,  wie  er  im  Buch 
steht!  Nur  macht  er,  sich  ans  Aeusserliche  klammernd,  einen 
kuriosen  Heiligen  daraus.  Ein  Pendant  zu  solchem  Vorgehen 
wäre  der  epikureisch  gefärbte  Gryllos  des  Plutarch,  der  dem 
Odysseus  ins  Gesicht  demonstrirt,  wie  die  stoischen  Tugenden 
sämmtlich  bei  den  Thieren,  diesen  nach  der  Stoa  unvernünftigen 
Wesen,  in  vorzüglichem  Masse  anzutreffen  sind.  Auch  da  wird 
die  stoische  Tugendlehre  in  ihrer  Anwendung  verhöhnt.  Fast 
möchte  man  glauben,  bei  Horat.  epist.  I  19,  11  werde  auf  Caesars 
Gedankengang  angespielt: 

Quid  si  quis  vultu  torvo  ferus  et  pede  nudo 
Exiguaeque  togae  simulet  textore  Catonem, 
Virtutemne  repraesentet  moresque  Catonie? 
Man  imitirt  genau  die  hässlichen  Seiten  des  stoischen  Weisen 
und  glaubt  damit  die  stoische  Tugend  in  ihrem  Wesen  zu  be- 
sitzen. Das  meint  doch  Horaz.  Nur  dass  er,  im  Sinne  des  vor- 
sichtigeren Augustue,  den  Helden  der  römischen  Patrizier  nicht 
angreift,  sondern,  auf  ihre  Gefühle  eingehend,  ihm  seine  Achtung 
bezeugt,  wie  auch  carm.  11  l,  24  praeter  atrocem  animum  Catonie, 
was  in  vultu  torvo  ferus  nachklingt;  auch  carm.  I  12,35,  wo 
das  Lob  Catos  in  einem  Gedicht  auf  Augustus  nicht  befremdlich 
ist,  solange  Augustus  seine  Antwort  auf  Brutus  Cato  noch  nicht 
verfasst  hatten  Nun  hatte  aber  Caesar  den  Cato,  zum  Theil  mit 
denselben  Merkmalen,  wie  sie  oben  Horaz  hat,  lächerlich  gemacht 
(vgl.  Wartmann  S.  169).  So  hatte  demnach  bereite  Üäsar  die 
Karrikatur  der  kynisch-stoischen  Einfachheit  verwandt.  Die  Be- 
ziehung von  Ep.  I  19,  13  auf  den  älteren  Cato  (Munk,  Ueber- 
setzung)  ist  demnach  höchst  unwahrscheinlich.  Eine  merk- 
würdige Ideenassoziation  bei  Horaz  hat  es  zu  wege  gebracht, 
dass  Ep.  I  19  der  imitirte  Cato  unmittelbar  hinter  die  zu  stehen 
kommt,  die  Horazens  Warnung  vor  den  ^aesertrinkenden  Dichtern 
durch  unaufhörlichen  Weinschwelg  befolgten  (v.  1 — 11).  Merk- 
würdig ist  sie  wenigstens,  wenn  Cato  selbst  von  Caesar  als  einer 
geschildert  worden  war,   von   dem  gilt:    'Decipit  exemplar  vitiis 

*  Augustus  duldete  anfänglich  den  Cato-Kultus;  s.  Otto  Piton,  Die 
typischen  Beispiele  aus  der  römischen  Geschichte  usw.  Schweinfurt  1906 
S.  20  ff.  (Gymn.-Pr.).  Das  Programm,  das  mir  nachträglich  bekannt 
wird,  hat  viel  Material.  Vgl.  Adolf  Schmidt,  Gesch.  d.  Glaubens-  u. 
Denkfreiheit  usw.    Berlin  1847  S.  433. 


Caesars  Anticato  und  Ciceros  Cato  589 

imitabile'  (v.  17).      Von    den    Rhein.  Mus.  L    1895    S.  484   an- 
geführten   Stellen    hat   Senec.    tranqu.    an.  17,  9    denselben    Ge- 
dankengang  wie    Horat.  Ep.  I   19,  1  —  8;    vgl.  Senec:    Solonem 
Arcesilamque    indulsisse    vino    credunt.  .  .  .    Nam    sive    Graeco 
poetae  credimue  *aliquando   et  insanire   iucundum  est    (Anacr.  8. 
Horat.  carm.  4,  12,  28,  auch  I  37)  mit  Horat.:  Laudibus  arguitur 
vini   vinosus  Homerus.     Ennius    ipse   pater  nnmquam    nisi  potus 
ad    arma    Prosiluit  dicenda.     Seneca    aber    sagt    in    diesem   Zu- 
sammenhange :•  Ca/owi  ehrietas  obiecta  est:  facUius  efficiet,  quis- 
quis    obiecit  ei    crimen,     honest  um    quam    turpem    Catonem,      In 
'qnisquis'  liegt,  dass  der  Tadler  Catos  eine  hochgestellte  Persön- 
lichkeit   war;    ihren  Namen   verräth   uns  Plin.  ep.  3,  12:    Erunt 
officia  antelucana,    in    quae    incidere    inpune    ne   Catoni   quidem 
licuit,  quem  tamen  C.  Caesar  ita  reprehehdit  ut  landet  .  .  •  Po- 
tuitne  plus  auctoritatis  tribui  Catoni  quam  si  ebrius  quoque  tam 
venerabilis    erat?    (Memmius  bei  Plut.  Cat.  min.  6    kommt    wohl 
nur  als  Zeuge  in  Betracht).    Plinins  ist  uns  hier  ein  Commentar 
zu  Seneca.    Offenbar  stand  die  Argumentation  des  Plinius  in  den 
Catofreund liehen  Kreisen  Roms   längst   fest,    wie   ^or    allem  ans 
Livius    hervorgeht  (gloriae  eins  neque  profuisse  quemquam   lau- 
dando    nee    vituperando    nocuisse;    vgl.  auch  Plut.  Cat.  min.  6). 
Auf  Cato  Uticensis   muss   auch    Senec.  tranqu.  an.  17,  4  gehen: 
'Cato  vino  laxabat  animum  curis  publicis  fatigatum'.    (Eine  deut- 
liche   Anspielung    auf   Caesar    steht   De  const.  sap.  1,  3).     Jetzt 
wird    uns  Caesars  perfide  Darstellungsweise  ganz  klar :  Cato,  der 
Weise,  liegt  in  der  Gosse.     Die  schwärmenden  Jünglinge  finden 
ihn   —  und  erröthen.     putares  non  ab  illis  Catonem,  sed  illos  a 
Catone  deprehensos  fügt  Caesar  beissend  hinzu  (Plin.  ep.  III  12). 
So  sehr  leuchtet  aus  Catos  Antlitz  die  unverlierbare  Tugend  des 
stoischen   Weisen!    Das    viel  belächelte  Paradoxon!    Es    ist    mir 
darnm   trotz  Horaz    Epist.  U  2,  117  (Dillenburger.  W.  de  Vries, 
De  vita  M.  Porcii  Catonis  Maioris.    Groningae  1895  S.  175)  wahr- 
scheinlich, dass  Horaz  Carm.  III  21,  9  ff.  mit 

narratur  et  prisci  Catonis 

saepe  mero  caluisse  (maduisse)  virtus 
der  jüngere  Cato  gemeint  ist.    Hinzu  kommt,  dass  dort  vorangeht, 

'Non  ille,  quamquam  Socraticis  madet 

Sermonibus,  te  negliget  horridus,^ 
Der 'ille'  ist  Messala,  der  einst  im  Gefolge  des  Cato-Schwärmers 
Brutus  gegen  Antonius   gekämpft   hatte  (Kiessling)   und  sich  als 
Leser  der  'sokratischen'  Reden,  von  denen  er  trieft  wie  ein  Stoiker, 


590  Dyroff 

(Cato  las  vor  seinem  Tod  noch  den  platonischen  Phaedon,  vgl. 
auch  Wartmann  S.  170),  nur  durch  den  Hinweis  auf  einen  Philo- 
sophen (vgl.  auch  V.  14  sapientium  curas  mit  Senec.  tranqu.  an. 
17,4  Cato  lassahat  animum  curis;  s.  auch  Kiessling  selbst  zn  v. 
14  f.)  imponiren  Hess,  und  ein  solcher  war  nicht  der  alte  Cato, 
von  dem  Cicero  de  sen.  14,  16  (Kiessling)  übrigens  nicht  sagt, 
dass  er  Zechgelage  nicht  verschmähte  (es  heiset  nur:  propter 
sermonis  delectaiionem  iempestivis  quoque  conviviis  delector), 
sondern  nur  der  jüngere,  dessen  Tugend  wirklich  im  Wein  glühend 
wurde.  Darum  liegt  auch  kein  Grund  vor,  virtus  im  Widerspruch 
zu  virtus  moresque  Catonis  Ep.  I  19,  14  mit  Vauhe  Mannhaftig- 
keit* (Kiessling)  zu  übersetzen ;  vielmehr  ist  die  'horrida  virtus' 
die  rauhe  Tugend  des  Stoikers,  die  der  'altvaterische'  Cato  ge- 
legentlich im  Weine  lebendig  werden  Hess.  Martial  II  89,  1  denkt 
sicher  an  den  jüngeren  Cato : 

Quod  nimio  gaudes  noctem  producere  vino, 

ignosco  ;  vitium,  Gaure,  Catonis  habes. 
Denn  ihm  ist  Cato,  der  Censor  (epigr.  XI  2,  1  Α  triste  super- 
cilium  durique  severa  Catonis  frone,  vgl.  IX  28,  3.  Prooem.  I 
16  flp.  und  Petron.  p.  186,  3  Buecheler:  constricta  fronte  Catones 
damnatisqiie  novae  simplicitatis  opus)  ein  Verächter  der  Ver- 
gnügungen oder  ein  rigidus  homo  (IX  21.  XI  15,  1).  Den 
jüngeren  Cato  kennt  Martial  wohl;  er  verspottet,  stoischen  Ver- 
ehrern zum  Trotz,  seinen  berühmten  Tod  (epigr.  I  8,  78.  VI  32,5) 
und  gedenkt  seiner  republikanischen  Gesinnung  (XI  5)^.  In 
sexuellen  Dingen  (über  Caesars  Vorwurf  s.  Wartmaun  S.  166)  ist 
Cato  der  Typus  des  Heuchlers  am  Ende  des  Alterthums  für 
Luxorius  (Baehrens  P.  L.  M.  IV  418:  Nocte  formosas  subigis 
puellas,  {  Incubus  fiens  subito  per  actus  |  Qui  Cato  dudum  fueras 
per  astus.  A.  Riese,  Anthol.  Latin.  Ι  S.  280);  es  ist  augen- 
scheinlich, dass  der  späte  Dichter  bei  seiner  krassen  Charakte- 
ristik des  äusserlich  und  innerlich  verlumpten  'stoischen  Ma- 
gisters*, obwohl  ihn  auch  Martial  angeregt  hat  (vgl.  Friedländer, 
Sittengeschichte  lll^  S.  632  f.),  den  Horatius  übertrumpfen  will. 
Aus  dem  Angriff  Caesars  auf  Catos  Verhalten  gegenüber  seiner 
Gattin  Marcia  entwickelte  Quintilian  mit  der  Betriebsamkeit  des 
Rhetoriklehrers  das  Beispiel  einer  *thesis*  inst.  or.  III  8,  11:  *an 
Cato    recte    Marciam    Hortensio    tradiderit*  (X  5,  13  'Cato  Mar- 


'  V  .51,  5  ist  zweifelhaft,  aber  geht  doch  eher  auf  den  Uticensis. 
Zu  Martial  vgl.  auch  Schmidt  a.  a.  0.  S.  288. 


Caesars  Anticato  und  Ciceros  Cato  591 

ciam  honestene  tradiderit  Horteneio*  an  conveniatne  res  talis 
bono  viro),  Aebnlich  verkoppelt  der  Rhetor  an  zwei  andern 
Stellen  eine  stoieohe  Schulfrage  mit  der  Catofrage:  III  8,  37  *Ca- 
toni  petendos  honores  suadeamus?  und  III  5,8:  'An  Catoni  du- 
cenda*  sc.  uxor  (Beispiel  einer  ύπόθ€0ΐς  =  'causa*).  In  der  Ein- 
führung der  philosophischen  Schulfrage  in  die  Rhetorik  hat  er 
bei  den  Griechen  eine  Parallele  (s.  meine  Ethik  der  alten  Stoa. 
Berlin  1897  S.  237.  233  ff.  368  ff.).  Ein  pädagogischer  Grund 
kann  ihn  dazu  geführt  haben,  statt  des  stoischen  Weisen  den  zu 
seiner  Zeit  vielberufenen  Stoiker  Cato  einzusetzen.  Aber  die 
Geschichte  von  der  Marcia  und  etwa  noch  vom  Ehrgeiz  Catos 
konnte  er  nur  von  Caesar  wissen. 

Es  ist  für  unseren  Zweck,  die  Eigenart  des  Anticato  zu  be- 
stimmen, sehr  schade,  dass  in  dem  Duell  Cicero-Caesar  für  die  Mehr- 
zahl der  späteren  Römer  Cicero  siegte.  Floraz  wird  in  seiner 
Achtung  für  Cato  von  einer  Stimmung  getragen,  die  um  sich  ge- 
griffen hatte  und  nach  ihm  nur  noch  wachsen  konnte  (vgl.  zum 
Folgenden  auch  Ludw.  Friedländer,  Darstellungen  aus  der  Sitten- 
geschichte Roms  III  δ  S.  615  ff.  621).  Wie  der  Tod  des  Sokrates, 
80  machte  auch  Catos  freiwilliger  Tod  grössten  Eindruck ;  pflegen 
solch  ausserordentliche  Thaten  überall  mehr  zu  wirken  als  selbst 
ein  langes  Leben  voll  treuer  Pflichterfüllung  und  Sittenstrenge, 
so  müssen  die  Römer  —  berühmte  Vorfälle  der  altrömischen  Ge- 
schichte und  der  moralische  Erfolg  der  altohristlichen  Märtyrer 
beweisen  es  —  in  höchstem  Masse  zur  Verehrung  eines  glänzenden 
Abgangs  geneigt  haben.  Die  Stoiker,  deren  Vertreter  Diogenes 
mit  Carneades  und  Kritolaos  155  v.  Chr.  G.  von  Cato  Censorinus 
übel  behandelt  worden  waren,  thaten  ein  Uebriges,  um  den  Ruhm 
ihres  Gesinnungsgenossen  über  den  des  alten  Cato  zu  erheben. 
Anders  als  die  Epikureer,  die  in  ihrer  Unterrichtsfeindlichkeit 
(Quintil.  Π  17,  15.  ΧίΙ  2,  24)  vom  historischen  Beispiele  wenig 
Gebranefh'  machten  (Cic.  fin.  U  21),  legten  sie  auf  den  historischen 
Nnchweis  der  Möglichkeit  ihres  Ideals  und  auf  die  Aufstellung 
konkreter  Beispiele  grössten  Wert.  Wenn  Cicero  in  seinem  Cato 
minor  die  4  Cardinaltugenden  des  Stoikers  an  Cato  aufwies,  ein 
Verfahren,  das  später  auch  Plutarch  bei  Aristides  einschlug,  so 
glaubte  er  eich  darin  mit  dem  eins,  der  seine  laudatio  veranlasste, 
mit  Brutus  (vgl.  off.  III  4  aut  ab  illis  —  sc.  Deciis  et  Scipionibus  — 
fortitudinis  aut  ab  hoc  —  Fabricio  —  iustitiae  tamquam  sapiente 
petitur  exemplum).  Bei  Seneea  dem  Sohne  ist  dieses  Motiv  un- 
verkennbar (vor  allem    in  De    const.  sap.  1  3.  VII  1  usw.  aber 


592  Dyroff 

auch  zB.  ep  14,  12  ff.  71,  8  ff.  67,  13.  70,  19.  vgl.  97,  10.  118,4. 
120,  19.  24,  3—6.  De  prov.  U  9  f .  Wo  Cato  neben  anderen 
genannt  ist,  nimmt  er  länget  den  ersten  Rang  ein).  Der  be- 
deatendere  Censorinoe  moes  darum  weit  zurückstehen.  Er  gilt 
nor  als  vir  dar αβ  (ep.  86,  10.  87,9)  oder  als  Repräsentant  der 
simplicitas  mornm  (ep.  51,  12  was  Haase  im  Index  falsch  anf 
den  üticensis  bezog.  Für  den  Censorinas  spricht  der  Gegensatz 
zn  der  Ueppigkeit  Baiaes  und  das  Wort  ^adulterae'  im  Vergleich 
mit  Quintil.  V  11,  39.  Zu  simplicitas  vgl.  Petron  aaO.  simplicitas), 
oder  wird  mit  seinem  Urenkel  zusammen  angeführt  (ep.  95,  72 
64,  10  70,  22  104,  21  De  rem.  ΥΠ  1)  oder  wegen  nebene&chlicher 
Dinge  erwähnt  (fragm.  74  ep.  94,  27  122,  2).  J.  Breuer  (Archiv 
f.  Gesch.  d.  Philos.  N.  F.  IX  1903  S.  516ff.)i  hat  gezeigt,  dass 
die  Verehrung  des  jüngeren  Seneca  für  Cato  nicht  vorwiegend 
aus  politischen  Motiven  erklärt  werden  darf.  Gewiss  ist  für  den 
Philosophen  trotz  der  übertreibenden  Wendung  ep.  70,  22  'Catones 
Scipionesque  et  alios,  quos  audire  cum  admiratione  consuevimus, 
supra  imitaiionem  positos  putanius'  der  ethische  Zweck,  wirkliche 
Muster  der  so  unwirklich  scheinenden  Stoikertngend  zur  Nach- 
ahmung hinzustellen,  der  wesentliche  Grund  (ep.  11,  18;  vgl. 
A.  Bonhöffer,  Ethik  Epiktets  S.  152  Anm.  20).  Schon  in  Griechen- 
land muss  sich  bald  neben  den  mythischen  (Herakles,  Odysseus) 
und  halbmytbischen  (Anacharsis;  vgl.  Abaris)  ein  fester  Kern 
von  historischen  Mustern  (Sokrates,  bereits  bei  Zenon,  Aristides?) 
ausgebildet  haben ;  Ciceros  Schrift  De  ofßciis  wäre  ohne  dies 
undenkbar.  Cicero  ist  es,  der  nich  gegen  die  Gräkomanie  seiner 
Zeit  stemmend  {b.  auch  fin.  I  1),  zuerst  wie  in  der  Sprache  so 
auch  auf  diesem  Gebiete  der  römischen  Eifersucht  auf  die  Griechen 
Mittel  der  Abhilfe  schafft.  Darum  offenbar  legt  er  seine  philo- 
sophischen Disputationen  Römern  und  nicht  Griechen  in  den 
Mund;  so  etwa  die  Lehren  über  das  Greisenalter  dem  Cato 
Censorinus  und  nicht  dem  Tithonos  wie  seine  Vorlage,  Aristo 
von  Keos  (Cato  mai.  3).  De  divin.  11  2  erklärt  er  es  für  etwas 
Herrliches,  wenn  die  Römer  in  der  Philosophie  nicht  mehr 
griechische  Bücher  bedürften,  und  hofft  er  selbst  noch  zu  diesem 
Ziele  zu  gelangen.  Im  besonderen  lobt  er  seinen  Bruder  Quintus 
oder  vielmehr  sich  selbst,  dass  er  im  ersten  Buche  De  divi- 
natione  die  hervorragenden  Beispiele  zumeist  aus  der  römischen 
Geschichte    entnommen  (II  3).      Und    bezeichnend    ist   die  Wen- 


»  Vgl.  Schmidt  a.  a.  0.  S.  227. 


Caesars  Antioato  und  Ciceros  Cato  593 

dang,  von  Gewalttbat  und  Grausamkeit  spreche  er  lieber  bei 
fremden  Völkern  als  bei  den  Römern  (Off.  II  8).  Dabei  kommt 
es  ihm  keineswegs  darauf  an,  dass  C.  Fabricius,  M*.  Curius,  Ti. 
Coruncanius  (Lael.  18),  Paulus,  Cato,  Gallus,  Scipio,  Philus  (ebd.  21) 
der  stoischen  Definition  des  wirklichen  Weisen  thatsächlich  nicht 
entsprechen.  Besonders  in  seinen  philosophischen  Werken  wimmelt 
es  bekanntlich  von  solchen  Beispielen.  So  nennt  er  Fabricius 
(Lael.  18,28.  Off.  113.  III  4;  22.  Nat.  deor.  Π  66.  Tusc.  146. 
III  23  usw.),  Curius  Dentatus  (Lael.  18.  28.  39.  Nat.  deor.  Π  66. 
Tusc.  I  46).  Indem  er  neben  die  griechischen  Muster  mög- 
lichst tiberall  römische  setzt,  wird  er  nicht  nur  für  Quintiliane 
verwandtes  Verfahren  bestimmend,  sondern  arbeitet  er  auch  der 
Livianischen  Geschichtschreibung  vor.  Es  kann  dahingestellt 
bleiben,  ob  hierin  Cicero  von  Varro  angeregt  ist. 

Die  Absicht  und  das  Verfahren  Ciceros^  geht  auch  aus 
seiner  fast  unwandelbaren  stilistischen  Manier  hervor,  auf  die 
man  längst  aufmerksam  wurde  (vgl.  zum  Folgenden  M.  Seyffert, 
Scholae  latinae  Π).  £r  trennt  als  Rhetor  und  als  stolzer  Römer 
die  'Auswärtigen*  und  die  *Nostri*  fein  säuberlich,  zuweilen  einen 
zweiten  Gegensatz  damit  verschränkend,  von  einander,  theils  aus- 
drücklich durch  solche  Worte  (Cato  mai.  82  Cyrus  quidem  haec 
moriens.  Nos  si  placet,  nostra  videamus  vgl.  De  divin.  I  20.  22. 
23.  39.  40.  43  usw.  De  fin.  Π  21.  De  off.  III  26  sed  omittamus 
et  fabulas  et  externa;  ad  rem  factam  nostramque  veniamus.  I  30 
De  Graecis  Socratem,  Pythagoram  Periclem,  Eannibalem  ex 
Poenorum,  ex  nostris  ducibus  Q.  Maximum.  Tusc.  disp.  I  30  Sed 
haec  vetera  et  a  Graecis,  Cato  antem.  46.  De  orat  III  33,  34. 
De  fin.  II  19.  Lael.  42  Themistocles  fecit  idem  quod  apud  nos 
fecerat  Coriolanus.  De  off.  I  26  de  Socrate  itemque  de  C.  Laelio 
III  2  Fabricius  qui  talis  in  hac  urbe  qualis  Aristides  Athenis 
usw.  Cato  m.  27.  30.  33.  De  fin.  V  22  usw.)  theils  durch  andere 
Trennungsmittel  (Off.  I  32  Africanus  —  qtwd  idem  fecit  Timotheus 
Cononis  filius.  I  30  Graeci  Themistoclem  et  Pheraeum  lasonem, 
factum  Solonis,  sunt  bis  alii  multi  dispares  itemque  aUi  qui  tä 
Sullam  et  M.  Crassum  videbamus.  Lysandrum,  contraque  Callicra- 
tidam  quod  in  Catulo  itemque  in  M.  Mucio  Mancio  vidimus).  Kein 
Trennungszeichen  setzt  Cicero  Nat.  deor.  I  38  Homerus  Archilochus, 
Romulus  Numa,  Pythagoras  Plato,  weil  Cotta  dort  aufs  gerade- 
wohl  zwei  Dichter,  zwei  Könige,  zwei  Philosophen  anführen  will. 


1  Ich  kürze  die  Zitate, 
»bein.  Mub.  f.  Pbilol.   N.  F.  LXIII.  38 


594  Dyroff 

Wenn  De  off.  III  4  dno  Decii  aot  Scipionee  aut  Fabriciue  ant 
Arietidee  ionti  der  Grieche  onmittelbar  neben  dem  Römer  steht, 
eo  berobt  das  wohl  aof  ecblecbter  Leeart,  die  ans  III  22  §  87 
eingeeehleppt  sein  mag.  C.  F.  W.  Müller  schreibt,  den  besten 
Handschriften  näher  kommend:  [ant  Aristides]  iostos  nominator. 
Die  römische  Rivalit&t  h&lt  auch  bei  Sallnstius  (Cat  8,  1  ff.  53,  3 
51,  28Lacedaemonii,  nostra  memoria  Sulla.  Hietor.  Aemil.  Lepid. 
4  f.  ohne  schftrfere  Trennung :  quid  a  Pyrrho  Hannibale  Philippo- 
que  et  Antioeho,  qnae  cuncta  scaevus  ille  Romulus)  und  Hora- 
tins  (ep.  Π  1,  19  te  nostris  ducibus,  te  Grais  anteferendo; 
ebd.  28  Graiorum- Romani)  noch  an.  Varros  Imagines,  Cornelius 
Nepos'  'Exempla'  wie  *De  viribus  illustribus',  die  einzelnen  Ka- 
pitel in  des  Yalerius  Maximus  entsprechender  Schrift  waren 
zum  Theil  sicher,  zum  Theil  vermuthlich  so  disponirt,  dass 
Römer  und  Auswärtige  deutlich  geschieden  blieben,  wofür  wieder 
Plntarchos  eine  Parallele  bietet.  Das  Bestreben,  auch  bei  den 
Römern  herrliche  Muster  zu  finden,  konnten  die  Stoiker,  die  bei 
allen  Völkern  die  vox  Dei  hörten,  nur  begünstigen,  was  wieder 
umgekehrt  manchem  altvaterisch  gesinnten  Römer  gerade  die 
stoische  Schule  lieb  gemacht  haben  muss.  R.  v.  Scala  hat  ffir 
die  Legende  des  Mucius  Scaevola  ja  stoischen  Einfluss  vermuthet 
Es  wäre  der  Untersuchung  werth,  wie  viel  von  dem  Ruhme  der 
Mutter  der  Gracchen,  die  als  gebildete  Frau  solchen  Stoikern 
verehrungs würdig  war,  auf  die  Rechnung  der  Richtung  kommt, 
um  von  dem  heiss  umstrittenen  Brief  der  Cornelia  zn  schweigen 
(vgl.  auch  hier  Ps.•  PI.  De  liber.  educ.  Schluss).  Nur  mochte  den 
Stoikern  strengerer  Observanz  die  scharfe  Betonung  des  natio- 
nalen Gegensatzes  nicht  eben  bequem  sein. 

Dem  ungeduldigen  Stilgefühl  des  jüngeren  Seneca  vollende 
war  die  pedantisch  umständliche  Hervorhebung  des  Gegen- 
satzes zu  lästig.  Darum  würfelt  er,  was  meines  Wissens 
Buecheler  zuerst  auffiel,  Griechen  und  Römer  durcheinander: 
Ep.  98,  12  ignem  Mucius,  crucem  Regulns,  venenum  Socrates, 
exilium  Rntilius,  mortem  ferro  adactam  Cato,  wohl  nach  De  prov. 
III  4  ignem  in  Mucio,  paupertatem  in  Fabricio,  exilium  in  Re* 
gulo,  tormenta  in  Rutilio,  venenum  in  Socrate,  mortem  in  Catone 
gebildet.  Ep.  24,  4  f.  (Socrates  zwischen  Rutilius  und  Metellus 
einerseits  und  Mucius  Scaevola,  Cato  d.  j.  andrerseits).  67,  7 
(Socrates  zwischen  Regulus,  Cato,  Rutilius  hier  und  den  Deciern 
dort).  Aehnlich  Ep.  7.  6  Socrati  et  Catoni  et  Laelio.  71,  17 
Socratem.    Catonem,    Regulum.     71,   7.    13,    14.    82,   20   (Fabii, 


Caesars  Anticato   und  Ciceros  Cato  595 

Lacones).  104,  27  f.  79,  14.  64,  10.  De  const.  VI  8  (Babylon, 
Carthago,  Numantia,  Capitolium).  Seine  Gleichgiltigkeit  gegen 
die  Nationalität  kommt  zum  Auedruck  ep.  24,  3  (rerum  vel  civi- 
lium  vel  externarum).  Die  Hervorhebung  der  römischen  Natio- 
nalität ep.  82,  21  (Leonidas  —  dux  ille  Romanue)  war  noth- 
wendig,  weil  dem  Schriftsteller  der  Name  des  Römers  nicht  einfiel. 
Indes  wird  dadurch  doch  offenbar,  dass  auch  er  das  griechische 
Beispiel  nicht  ohne  ein  römisches  Pendant  lassen  wollte.  Dafür 
spricht  auch  ep.  104,21  :  'Cum  Catonibus  vive,  cum  Laeliis,  cum 
Tuberone;  quodsi  convivere  etiam  Graecis  iuvatj  cum  Socrate, 
cum  Zenone  versare'.  Trennung  durch  die  Satzverschiedenheit, 
aber  ohne  weiteres  Diakritikon  De  prov.  III  5  ff.  De  const.  XVII 
1  ff.  (vgl.  Gylippo  in  Romanorum  castris  Quaest.  nat.  I  1,  14). 
De  const.  sap.  II  1  ff.  sucht  er  geradezu  die  griechischen  Bei- 
spiele zu  verdrängen.  Die  angeführten  Beispiele  beweisen,  dass 
auch  aus  dem  Kreise  der  Scipionen,  den  M.  Schneidewin  (Antike 
Humanität.  Berlin  1897  S.  22)  für  die  Geburtsstätte  des  Huma- 
nitätsprincips  hält,  zu  Seneca  Anregungen  drangen.  Sokrates 
freilich  brauchte  ihm  nicht  von  Cicero  (Tusc.  I  41  usw.)  emp- 
fohlen zu  werden.  Auf  Valerius  Maximus  machte  Ciceros  Ver- 
ehrung für  Sokrates  so  wenig  Eindruck,  dass  er  weder  dessen 
Tod  erwähnt  noch  ihn  als  willkommenes  Beispiel  für  Stand - 
haftigkeit  und  Tapferkeit  anführt;  VI  4,  2  handelt  es  sich  um 
Gedanken,  nicht  um  den  Tod  des  Griechen.  Auch  schätzt  Cicero 
die  Stoiker  Rutilius  und  Tubero  (s.  pro  Murena  36)  noch  nicht 
80  wie  Seneca.  Wohl  aber  wird  die  Verehrung  Senecas  für 
Laelius  wie  Scipio  (Kp.  11,  10  elige  itaque  Catonem  .  .  .  elige 
Laelium.  25,  6  auctoritas  .  .  .  Cato,  Scipio,  Laelius.  64,  10. 
104,  21  Catones,  Laelius,  Tubero.  De  remed.  VI!  1,  besondere 
ep.  64,  10  M.  Cato  uterque,  Laelius  Sapiens,  Socrates,  Plato, 
Zeno,  Cleanthes:  *ego  vero  illos  veneror  et  tantis  nominibue 
eemper  adsurgo',  vgl.  70,  22)  in  der  Wurzel  auf  Ciceros  Vor^ 
gang  zurückreichen.  Da  Seneca  der  Vater  den  Cicero  bewunderte 
(Beispiele:  Cato  von  ütica  suas.  VI  2,  controv.  VIII 4.  X  3,  5.  Mucius 
Scaevola  controv.  VIII  4.  X  2,  3.  Horatius  Codes  und  Decius 
X  2,  3  Codrus,  Curtius  VIII  4),  die  Philosophie  aber  hasste, 
und  der  Sohn  ihn  eifrig  las,  macht  die  Annahme  einer  Ab- 
hängigkeit nicht  die  geringste  Schwierigkeit.  Nur  dass  Cicero 
die  Beispiele  mehr  als  Beweismaterial  oder  zur  Erläuterung  be- 
nutzt, Seneca  aber,  pädagogisch  denkend,  die  Männer  als  Muster 
irgendwelcher  Tugenden    vorführt.    Auch   läset  Seneca    manchen 


596  Dyroff 

Namen,  den  Cicero  der  rbetorisclien  Fülle  oder  der  Abwechelung 
wegen  beibrachte,  unter  den  Tisch  fallen,  so  Corancanine  (Lael. 
18.  39.  Cato  mai.  15.  27.  43.  Nat.  deor.  Π  41.  66.  Orat.  III  33. 
Bmt.  14>  vgl.  Senec.  ep.  114,  13),  die  zwei  in  Spanien  gefallenen 
Scipionen  (Cato  mai.  75.  6  ff.  118.  ΙΓΙ  4.  Nat.  deor.  32.  Tuec. 
37,  46). 

Es  ist  somit  hauptsächlich  ein  doppeltes  Motiv,  das  bei 
Seneca  dem  jüngeren  Cato  zu  seinem  Ansehen  verhilft,  das  päda- 
gogische Bedürfniss  nach  Tngendmustern  aus  der  stoischen  Schale 
und  der  römische  Nationalstolz.  Laelius  wird  ähnlich  seinen 
Verdiensten  um  die  Stoa,  Rutilius  dem  Umstände,  dass  er  mit 
den  ersten  in  Korn  der  stoischen  Philosophie  huldigte,  Tubero, 
falls  er  nicht  selbst  Stoiker  war,  neben  seiner  stoischen  Einfach- 
heit der  Thatsache,  dass  L.  Paulus  Macedonicus,  sein  Grossvater 
(vgl.  Seneca  ep.  95.  72.  98,  13  mit  Valerius  Maximus  YIII  5, 1, 
fast  wörtlich  aus  Cicero  pro  Murena  36),  ein  Schüler  des  Panaetius 
war,  wie  Sokrates  seiner  Bedeutung  für  die  kynische  und  stoische 
Schule  die  Aufnahme  in  seinen  Kanon  der  Geisteshelden  mit 
verdanken.  Die  scholae,  in  denen  nach  ep.  24,  4  von  Butilins, 
Metellus  Numidicus,  Socrates,  Mucius  Scaevola,  Cato  mehr  aJe 
genug  die  Rede  war,  können  (wie  auch  Me  contemnenda  morte' 
zeigt)  nur  die  stoische  und  verwandte  Schulen  gewesen  sein. 
Ob  die  des  Attalus  (ep.  108,  3.  13 — 15:  Inde  mihi  quaedam 
permansere.  Er  liebt  Vergleiche  wie  Aristo  von  Chios:  ep.  9,  3 
63,  5.  72,  8.  63,  6.  Stoiker  nach  108,  13-15.  110,  14—20.  108, 
23.  67,  15)  oder  die  des  Sotion  (ep.  49,  2.  108,  7.  17)  oder  die 
des  Papirius  Fabianus  (Senec.  rhet.  contr.  2  praef.  1 — 5.  Senec. 
philos.  ep.  11,4.  102,12.  3.  100,9  und  12.  52,  11)  oder  die 
der  Sextii  (ep.  59,  7  Graecis  verbis,  Romanis  moribus  philo- 
sophantem.  73,  12;  vgl.  64,  2  f.  5.  98,  13.  64,  2.  59,  7.  64,2) 
muss  offen  bleiben;  gelegentlich  bemerkt  Seneca,  dass  ihm  nur 
Allgemeinheiten  aus  ihrer  Schule  festhafteten  (ep.  64,  3.  100,12). 
Wie  weit  für  den  jüngeren  Seneca  die  rhetorische  Litteratar 
bestimmend  war,  ist  weniger  leicht  anzugeben.  Philosophie  und 
Rhetorik  sind  bei  den  Römern  öfter  verbunden  gewesen,  als  bei 
den  Griechen.  Sein  Yater  war  Rhetor  und  sein  Lehrer  Fabianns 
einst  aus  der  Schule  der  Rhetoren  Blandus  und  Arellius  Fuscns 
(Senec.  Rhet.  controv.  2  praef.  1,  5)  zur  Philosophie  übergegangen. 
Dennoch  muss  man  sich  hüten,  Senecas  Beispiele  aus  Valerius 
Maximus  herzuleiten.  Zwar  haben  beide  dasselbe  Geschichtchen 
von    Tuberos  vasa  fictilia;    aber  Valerius   will  nur  eine    repulsa, 


Caesars  Anticato  und  Ciueros  Caio  597 

Seneca  (Ep.  95,  72  98,  13)  hingegen  die  Armut  damit  illustriren. 
Auch  weiss  Seneca,  was  Yaleriae  nicht  angiebt,  daee  die  Gefösse 
vor  der  Cella  Jappiters  aufgestellt  waren ;  das  Institut  der  Lecti- 
sternia  brauchte  Seneca  nicht  aus  Valerius  (II  1,  2)  zu  kennen. 
IV  3,7  freilich  ist  Tubero^  für  Valerius  ein  Beispiel  der  Ein- 
fachheit. Indess  kann  das  nicht  ins  Gewicht  fallen.  £p.  24,4 
stellt  Seneca  den  Metellus  unter  seine  Beispiele  für  tapferes  Aus- 
halten im  Exil  hinein,  wie  dieser  auch  Valer.  Max.  III  8,4  er- 
scheint (vgl.  IV  1,  13  sonst  ist  er  aus  anderen  Gründen  genannt). 
Aber  der  Philosoph  übergeht  dort  einige  Züge,  die  Valerius  kennt 
(Metellus  ne  sententia  sua  pellereiur,  patria,  in  qua  summum 
dignitatis  gradum  ορΗηώαή,  und  fügt  etwas  hinzu,  dessen  Valerius 
dort  nicht  Erwähnung  thut  (ut  rediret,  republicae  praestitit). 
Seneca  legt  den  Nachdruck  auf  das  Ertragen,  Valerius  auf  die 
constantia.  Auffallender  ist  die  Aehnlichkeit  zwischen  Senec. 
ep.  24,  4  Numquid  accidere  tibi,  si  damneris,  poteet  durius  quam 
ut  mittaris  in  exilium?  damnationem  suam  Butilius  sie  tulit  etc. 
und  Valer.  Max.  II  10,  5  Quid  damnatione,  quid  exilio  miserius? 
Atqui  P.  Butilio  (vgl.  VI  4, 4).  Doch  auch  hier  besteht  der- 
selbe Unterschied  (Valer.  Max.:  Butilio  oonspiratione  publica- 
norum  perculso  auctoritatem  adimere  non  potuerunt.  Cui  Asiam 
petenti  omnes  provinciae  illius  civitatee  legatoe  secessum  eius 
opperientes  obviam  miserunt.  Exulare  aliquis  hoc  an  triumphare 
iuetius  dixerit  ?  Senec. :  Damnationem  sie  tulit,  tamquam  nihil  illi 
molestum  aliud  esset  quam  quod  male  iudicaretur.  Exilium  . . .  etiam 
libenter  reditum  suum  Sullae  negavit,  cui  nihil  tuno  negabatur). 
Aehnlich  steht  es  bei  Fabricius  (Val.  II  9,  4  vgl.  Senec.  ep.  98, 13 
Val.  IV  3,6;  4,3  vgl.  Sen.  ep.  120,19  Val.  VI  5,1  vgl.  Sen. 
ep.  120,  6.  Seneca  neu  120,  6  a  Fabricio  aurum  Pyrrhi  repulsum), 
bei  Horatius  Codes  (Val.  III  2, 1  vgl.  Sen.  ep.  120,  7  Seneca 
neu:  \eniat  si  quis  vult,  sie  euntem  sequf),  bei  Laelius  (Val. 
IV  7,  7  V  5, 1  VIII  8,  1  vgl.  Senec.  ep.  95,  72.  Seneca  neu: 
Der  Beiname  'sapiens').  Auch  über  Cato  Censorinus  (ep.  87,9 
canterio  vectum  esse  et  hippoperis  quidem  impositis  vgl.  rem. 
Vn  1),  Sokrates  (ep.  24,  4)  ist  der  belesene  Seneca  genau  unter- 


^  Ich  beziehe  gegen  Perizonius  und  Kempf  die  Stelle  nicht  auf 
Aelius  Paetus  Sextus,  da  Aelius  Tubero  wie  Aelius  Paetus  (198)  ein 
Konsulat  führte  (118  v.  Chr.  G.)  und  uns  Tubero  als  Feind  vornehmer 
Gefässe  bekannt  ist.  Von  der  Verwechselung  des  Valerius  aas  ergab 
sich  dann  leicht  in  Verbindung  mit  Val.  Max.  IV  4,  9  der  doppelte 
Irrthum  des  Plinius  N.  H.  33,  143. 


598  Dyroff 

richtet,  obwohl  sich  bei  Yaleriue  nichts  darüber  findet.  Darnm 
iRt  es  nicht  erlaubt,  einige  andere  Uebereinstiromnngen  (Mnoi 
Scaevolae  patientia  Val.  Max.  111  3,  1.  Regnlue  I  1,  14  II  9,  8. 
Curins  Dentatne  IV  3,  5  vgl.  Sen.  ep.  120,  19.  Decii  V  6,  5;  6,  6 
vgl.  Senec.  ep.  67,  8,  darunter  auch  Cato  Uticensis  Val.  Max.  U 
10,  8  vgl.  Sen.  ep.  97,  8  Val.  Max.  III  2,  U,  VH  5,  6  vgl.  ep. 
120,  19  71,  8.  Neu  ep.  24,  fi)  auf  Abhängigkeit  Senecae  von 
Valerius  zu  deuten,  aei  ea  daaa  Seneca  eben  auch  aus  Cicero 
und  Livius  schöpfte,  sei  ea  dass  er  sich  seibat  Material  zusammen- 
stellte. Daaa  das  rhetoriache  Bedürfniss  der  Beiapielhäufung  und 
der  Variation  für  ihn  ebenao  in  Betracht  kam  wie  daa  philosophische, 
ist  aus  seinem  rhetorischen  Stil  abzulesen.  Stünde  Catoa  Tod 
bei  ihm  allein,  ao  würde  der  Ort  der  Quelle  eich  besser  he- 
zeichnen  lassen.  Aus  Persius  wiesen  wir,  dass  Gates  Tod  ein 
Lieblingsthema  der  Rhetoren  und  ihrer  Schüler  war  (111  44;  vgl. 
0.  Jahns  Commentar  S.  152.  Auch  Sen.  ep.  24,  6  f.).  Nicht 
nur  ist  in  den  quintilianischen  Deklamationen  Catos  Name  ein 
Gast  (s.  Index  hei  C.  Ritter),  sondern  auch  in  der  Instit. 
orat.  steht  er  mit  eigenthümlicher  Betonung  fast  als  vir  bonus 
(s.  oben). 

Es  sieht  fast  wie  stille  Opposition  gegen  Caesar  und  Au- 
guatua  aua,  wie  der  Rhetor  hier  verfährt.  Gilt  ihm  nicht  Cato 
neben  Scipio  und  Lncretia  als  Held  eines  grossen  Todes  (V  11, 
10)?  Und  stehen  nicht  III  8,  49,  wo  Cato  zuerat  neben  Caesar 
und  Cicero  allein  und  dann  neben  Hortenaiua,  den  Luonlli,  Snl- 
picius,  Cicero,  Caeaar  mit  aeinem  Vorfahren  zuaammen  genannt 
wird,  die  Worte:  'quorum  alter  (ac.  Uticenaia)  appellatus  est 
sapiena,  alter  niai  creditur  fuiaae,  vix  scio  cui  reliquerit  hnius 
nominis  locum'?  Eine  Stimmung  in  Rhetorenkreiaen  war  sicher 
für  ihn.  Schon  Seneca  der  Vater  deklamirt  suasor.  6,  2:  ^Cato 
solus  maximum  vivendi  moriendique  exemplum.  mori  maluit  quam 
rogare  —  nee  erat  Antonium  rogaturus  —  et  illas  usqne  ad 
ultimum  diem  puras  a  civili  sanguine  nianus  in  pectus  sacerri- 
mum  armavit';  derselbe  controv.  10,  3,  5:  'M.  Cato,  quo  viro 
nihil  speciosius  civilis  tempestas  abstulit,  potuit  beneficio  Caesaris 
vivere,  si  ullius  volui8eet\  Auch  da  knüpfte  sich  an  seinen 
Namen  ein  Rhetorenthema,  das  in  aligemeiner  Fassung  zugleich 
stoisches  Schulthema  war :  Ob  sich  Cato  (der  Weise)  mit  Recht 
tötete  controv.  8,  4.  Man  greift  kaum  fehl,  wenn  man  auch  für 
diese  Kreise  weitgehende  Abhängigkeit  von  Cicero  annimmt. 

Dennoch  ist  Adolf  Schmidts  (a.a.O.  S.  424)    Hinweis    auf 


Caesars  Anticato  und  Ciceros  Cato  599 

die  Verehrung,  die  Cato  als  Republikaner  genose,  auch  für  Seneca 
den  jüngeren  nicht  so  ganz  ausser  Rechnung  zu  stellen.  Cicero 
hat  eben  dadurch,  dass  er  in  seiner  Laudatio  seine  republikanischen 
Instinkte  unter  der  Hülle  der  Bewunderung  für  den  stoischen 
Tugendhelden  verbarg,  den  späteren  Republikanern  das  Kostüm 
zurecht  geschnitten,  in  dem  sie  möglichst  gefahrlos  mit  ihrer 
Gesinnung  kokettiren  konnten.  £r  gab  die  Parole  aus  von  der 
'Virtus'  Catonis  (Orat.  X  35,  vgl.  Schol.  ad  Juvenal.  VI'  337) 
und  brachte  die  Schlagworte  von  seiner  vitae  pietas,  abstinentia, 
severitas,  integritas  (s.  ViTartmann,  Schneider),  gravitas  (vgl.  zB. 
Martial  V  51,  5)  und  constantia  auf  (ad  Att.  12,  4  De  offic.  I  31). 
Und  wenn  er  auch  auf  die  Anregung  des  Atticus,  bei  dem  damals 
(46  V.  Chr.  Gr.)  manche  Caesarianer,  darunter  Hirtius  selbst  und 
Oppius,  zu  Gast  waren,  auf  Catos  Ansichten  und  seine  politischen 
Gesinnungen  und  Absichten  nicht  einging,  so  glaubte  er  doch  be- 
tonen zu  müssen,  dass  Cato  die  Lage  der  Gegenwart  und  der 
Zukunft  klar  durchschaut,  sein  ganzes  Können  zur  Verhütung  der 
Gefahren  eingesetzt  und  um  das  Geschehene  nicht  weiter  zu  sehen, 
das  Leben  aufgegeben  habe.  Von  ihm  rührt  der  Ausdruck  vir  bonus 
et  fortis  her  (De  divin.  II  1,3  vgl.  Quint.  aaO.).  Die  Ver- 
theidigung  seines  Selbstmordes  ist  De  offic.  I  31  im  Auszug  ge- 
geben (vgl.  Tusc.  I  30)  und  ebd.  111  16  der  Gedanke:  Ut  enim 
ceteri  ex  patribus  sie  hic^  qui  illud  lumen  progenuit,  ex  filio 
est  nominandus  wohl  auch  nur  Selbstcitat  (vgl.  Quint.  inst.  or. 
XI 1,  69  f.  VI  3, 112).  Die  Ehrung  des  Freundes  in  De  fin.  III 
und  IV  bedarf  keiner  Hervorhebung  (das  nähere  H.  Wartmann, 
Das  Leben  des  Cato  von  ütica.  Zürich  1859  p.  145.  F.  Schneider, 
De  Ciceronis  Catone  minore.  Ztsohr.  f.  d.  Alterthumswissenschaft 
1837  N.  140.  C.  Göttling,  De  Ciceronis  laudatione  Catonis  et 
de  Caesaris  Anticatonibus,  Opusc.  p.  153).  Aus  Cicero  hat  wohl 
wie  bekanntlich  auch  sonst  Valerins  Maximus  geschöpft,  so 
III  1,  2  (vgl.  Cicero  ad  fam.  16,  22  una  interpositio  de  quadrimo 
Caton»)  und  alles  andere,  was  er  Löbliches  von  Cato  hat  (vgl. 
Plut.  Cat.  min.  2.  Auct.  de  vir  ill.  80.  —  Senec.  ep.  97,  8  mit 
Valer.  Max.  II  10,8  über  die  meretrices).  Man  ziehe  daher  zur 
Rekonstruktion  des  Ciceronischen  Buches  Valer.  Max.  De  maie- 
state,  Quae  cuique  magnifica  contigerant.  De  indole  (bis),  De 
moderatione  14,  De  abstinentia  et  continentia  2,  12,  Libere 
dicta  aut  facta  5,  De  studio  et  industria  2,  De  bis  qui  humili 
loco  nati  6  ('Maximum  decns  posterior'  sc.  gentis  Porciae),  De 
fortitadine  14  mit  heran.    In  der  dem  kaiserfreundlichen  Schrift- 


600  Dyroff 

steller  so  schlecht  anstehenden  Apostrophe  an  letzterer  Stelle: 
^Tai  qnoqne  clarissimi  excesBUS,  Cato,  Utica  monnmentum  est, 
in  qua  eas  fortissimis  vtdneribus  tuis  pltts  gloriae  quam  sanguinis 
manavit;  siqnidem  constantissime  in  gladiam  incumbendo  magnum 
hominibus  documentum  dedisti  quanto  potior  esse  debeat  probis 
dignitas  sine  vita  quam  vita  sine  dignitaie  erinnert  mehreres  an 
Ciceros  Ausdruck sweise.  Da  Yalerins  Maximus  bald  eine  Fund- 
grube für  Khetoren  und  andre  Schriftsteller  wurde  ^,  so  kann  bei 
den  Späteren  gefragt  werden,  ob  sie  unmittelbar  an  Cicero  oder 
an  Valerius  herangegangen  waren.  Da  Ciceros  Cato  minor  bis 
auf  die  Zeit  des  Macrobius  herab  (Saturn.  VI  2  Priscian  X  3 
p.  485  vgl.  Tacit.  ann.  IV  34)  gelesen  wurde,  so  konnten  viele, 
darunter  auch  Horaz  von  dieser  Schrift  angeregt  werden ;  denn 
vom  lebenden  Freunde,  mit  dem  er  übrigens  zu  Zeiten  über- 
werfen war,  spricht  Cicero  nur  in  Reden,  in  Briefen  und  bei 
der  Darstellung  der   stoischen  Lehre  (Nat  deor.). 

Ciceros  Laudatio  war  so  eindrucksvoll,  dass  sich  Caesar 
über  sie  ärgerte  und  sie  selbst  auf  Anhänger  der  Kaiser  be- 
stimmend wirkte.  So  findet  bei  aller  Hochschätzung  Caesars 
Sallustius  auch  an  Cato  genus,  aetas,  eloquentia  beinahe  gleich- 
gross,  die  magnitudo  animi  und  gloria  ganz  gleichbedeutend  wie 
an  Caesar  (Bell.  Cat.  54)  und  rühmt  er  wie  Cicero  Catos 
integritae  vitae,  severitas,  constantia,  modestia.  Er  konnte  das 
um  so  leichter,  als  Caesar  tot  war.  Von  Livius  war  bereits  die 
Rede.  Velleius  Paterculus  nennt  Cato  Π  35,  2.  45,  5.  49,  3. 
Vergilius  stellt  auf  dem  Schilde  des  Aeneas  neben  Catilina  als 
Gegenspiel  Cato,  wie  er  den  'Frommen'  Recht  spricht  (Aen. 
VIII  670.  vgl.  Valer.  Max.  Lib.  diota  aut  facta  5.  Wagner, 
Quaest.  Yirgil  XXVIII  p.  512),  auch  er  ein  Zeuge  dafür,  dass 
Augustus   ursprünglich  gegen  Catos  Verherrlichung  nichts  hatte. 

Eine  geradezu  schwärmerische  Verehrung  für  Cato  aber 
bricht  in  einer  Gruppe  von  Gedichten,  die  von  Seneca  dem  jüngeren 
oder  doch  von  seinem  Kreise  ausging,  (Baehrens,  P.  L.  M.  IV  43 
24  S.  64  ff.  7—9  23,  25  4L  A.  Riese,  Anthol.  Lat.  397  ff.  1 
S.  312  ff.  413  ff.  I  S.  319  ff.  432  I  S.  329,  846  Π  S.  306)  in  Ver- 
bindung  mit  nachträglicher  Opposition  gegen  Caesar  (omnia  Caesar 
Vincere  qui  potuit  te  Cato  non  potuit)  unverhohlen  durch.  In 
vertraulichen  Gesellschaften,  wie  sie  auch  die  schlüpfrigen  Gedichte 


^  Als  ich  in  J.  1887  dies  L.  ürlichs  als  Vermuthung  ausgesprochen 
hatte,  bestätigte  er  mir  sie  aus  seiner  Kenntniss  der  römischen  Litteratur. 


Cäears  Anticato  und  Ciceros  Cato  601 

des  Seneoa  der  P.  L.  M.  hörten,  begeisterten  eich  Jünglinge  der 
Eaiserzeit  an  dem  Magnus  Cato  (9,  28,  25,  vgl.  Martial  I  78,  9 
magnas);  er  wird  aber  schon  zum  Heiligen  (sacri  Catonis  9,  25 
vgl.  Senec.  suas.  6,  2  sacerrimum  pectus),  und  ist  das  Ideal  der 
Freiheit  (liber  9  libertas  25).  Das  Gefühlsmotiv,  das  aus  seinem 
grossen  Tode  entsprang,  spricht  der  rhetorisch  gebildete  Dichter 
(yivit  si  moritur,  iussa  manus  haesit,  liber  servire  9  libertas 
servitio  25  magni  parva  25  usw.;  s.  auch  M.  Schanz,  Rom. 
Litteraturgesch.  Π  1901  2  S.  58)  mit  unkünstlerischer  Gradheit 
aus  (magnus  et  ob  finem  maior  Cato  23  vgl.  Seneca  suas.  6,  2 
maximum  vivendi  moriendique  exemplum).  Selbst  der  stoische 
Yorsehungsglaube  leuchtet  aus  diesem  gutgemeinten  Machwerk 
wieder.     Auf  die  Frage: 

Marmoreo  Licinus  tumulo  iacet,  at  Cato  nullo, 

Pompeius  parvo.  credimus  esse  deos? 
erfolgt  mit  Zuversicht  die  Antwort: 

Saxa  premunt  Licinum,  levat  altum  fama  Catonem, 

Pompeium    tituli:   credimus  esse    deos   (Baehrens   P.   L. 

M.  24). 
Wenn  nach  Lucan  dem  Cato  die  Victa  causa  gefiel,  so  hebt 
unser  Dichter  hervor,  dass  Cato  ^invictus'  blieb  gegenüber  Caesar 
(n,  VU)\  wie  denn  Manilius  in  ihm  den  victor  fortunae  preist 
(Breuer  520,  5).  Falls  es  richtig  ist,  dass  Lucan  auf  der  Laudatio 
Catonis  des  Thrasea  Paetus  (Plut.  Cat.  min.  37)  fusst  (Breuer  521, 6 
8.  aber  auch  C.  Hosius,  Fleckeisens  Jahrb.  145.  1892  S.  342), 
80  wird  auch  unser  Dichterling  von  ihm  beeinflusst  sein  (vgl. 
Lucan  IX  598  per  Syrtes  Libyae  extretna  mit  P.  L.  M.  23  Litore 
diverso  Libyae;  proctd  a  te  Roma.  25  peragravit  Syrtes).  Denn 
er  hat  neue  Seiten,  die  ich  bei  Lucan  nicht  finde :  das  Mitgefühl 
mit  den  Wunden  Catos,  die  Empfindung  dafür,  dass  Cato  fem 
von  Rom  begraben  liegt  und  ein  hässliches  Grabmal  hat  (über 
Pompeius  unwürdiges  Grabmal  Lucan  VIII  798,  816;  s.  C.  Hosius 
aaO.  S.  345),  den  Hinweis  auf  die  Grösse  seines  Todes,  die  an 
Thraseas  eigenes  Ende  erinnert.  Der  stolze  Freiheitsdrang  macht 
sich  am  Ende  fast  verbissen  Luft  in  den  Worten :  'Ne  sua  servitio 
premerentur  colla  tyranni  ,  Das  ist  echte  Leidenschaft,  eines 
Paetus  würdig.  Indess  auch  bei  Lucan  ist  Cato  der  eigentliche 
Held  (IX  600)  der  Freiheit   (si  steteris  umquam    cervice   soluta 


^  Ueber  die  Gegensätze  Caesar-Cato,  Nero-Thrasea  Paetus  s.  Schmidt 
a.  a.  0.  S.  367. 


602  Dyroff 

IX  608),  dem  der  Dichter  als  einem  Gott  am  liebsten  Altäre  vom 
römischen  Staate  errichtet  sehen  möchte  (IX  601  ff.).  Der  starke 
politische  Einschlag  (Ecce  parens  verus  patriae)  ist  hier  nicht  zu 
übersehen;  die  Zusammenstellung  mit  Pompeins  (Lucan  IX  599  f. 
Baehrens  P.  L.  M.  IV  43,  10,  14,  16,  64)  bestätigt  diese  Auf- 
fassung.  Wenn  die  Epigramme  nicht  von  Seneca  herrühren 
(s.  C.  Hosius,  Fleckeisens  Jahrb.  145.  1892  S.  351),  müsste  man 
schliessen,  dass  Lucan  sie  als  junger  Mann  gedichtet  habe. 
Wennschon  Breuer  (S.  516  ff.)  mit  Recht  im  Anschluss  an  Fried- 
länder und  Peter  den  Schluss  von  der  Vergötterung  Catos  auf 
die  politische  Gesinnung  verbietet,  so  ist  dieser  doch  da  znläseig, 
wo  die  'libertas*  des  Cato  seine  severitas  oder  andere  Tugenden 
in  den  Schatten  stellt.  Thrasea  wird  es  demnach  gewesen  sein,  der 
in  Cato  den  Republikaner  über  den  Philosophen  überwiegen  Hess. 
Den  älteren  römischen  Kaisern  wurde  der  Cultns  Catos 
bald  zuviel,  und  so  mag  die  Antipathie  gegen  ihn  ein  Beetand- 
stück der  Haus-  und  Amtstradition  geworden  sein.  Augustus 
folgt  als  Greis  der  Psychologie  Caesars,  der  seinerseits  in  den 
Schmähungen  des  Metellus  Scipio  auf  den  lebenden  Cato  (Plut.  57) 
ein  Vorbild  gehabt  hatte,  und  sucht  die  offenbar  noch  nachwirkende 
Laudatio  des  Brutus  zu  widerlegen  (Suet.  85^).  Danach  mag  ab- 
gesehen etwa  von  Thrasea,  der  jedoch  dem  Munatins  gefolgt  sein 
soll,  der  Einfluss  dieser  formell  ungelenken  (Cic.  ad  Attic.  18,  46 
de  dar.  orat.  21  Quintil.  X  1,  123)  Schrift  aufgehört  haben.  Von 
der  politischen  Thätigkeit  Catos,  die  Brutus  hervorzog,  weil  sie 
Cicero  vernachlässigt  hatte  (Cic.  ad  Att.  12,21  Wartmann  S.  154), 
schweigt  man  später  zumeist ;  ja  man  erwähnt  die  Schrift  kaum 
(vgl.  Quintil.  IX  4,  75).  Sueton  hat  sie  schwerlich  selbst  ge- 
lesen. So  theilt  sie  bald  das  Los  der  Laudationes  des  M.  Fadiue 
Gallus  (Cic.  ad  fam.  7,  24,  25)  und  des  mit  Cato  befreundeten 
Munatius  Rufus  (Plut.  Cat.  min.  25,  36,  37).  Die  uns  entgegen- 
getretene Catosch wärmerei  aus  der  Zeit  des  Claudius  und  Nero 
rauss  indes  weiter  um  sich  gegriffen  haben ;  sonst  hätte  Vespanian 
sich  nicht  über  die  Tragödie  *Cato'  des  Curiatius  Maternus  ge- 
ärgert (Tacit.  Dial.).  Eumolpus  bei  Petronius  (Buecheler  156,  10) 
singt  ganz  in  Lucans  Ton  davon,  dass  Caesar  sich  schämt,  Cato 
die  Bündel  entrissen   zu  haben,  und   dass   nicht  ein  Mensch,  eon- 

^  Der 'Eindruck'  0.  E.  Schmidts  aaO.  8.60,  als  ob  der  'Cato* 
des  Brutus  von  caesarischer  Gesinnung,  ja  vielleicht  von  Caesar  per- 
sönlich beeinfluest  sei,  scheint  mir  verfehlt.  Wartmanns  Auffassung 
ist  gefälliger. 


Caesars  Anticato  und  Cioeros  Cato  603 

dern  die  Macht  und  Grösse  Roms  in  Cato  unterlag.  Aehnlich  Sta- 
tins (im  Genethliac.  Lucani  Silv.  II  7,  61  ff.:  Libertate  gravem 
pia  Catonem  et  gratum  popularitate  Magnum;  vgl.  II  7,  114  f. 
Der  ältere  Cato  ist  in  den  Silven  nicht  erwähnt),  der  jedoch  aus 
dem  Herzen  Domitians  sprechen  mag,  wenn  er  singt:  Te  signa 
ferente    Et  minor    in    leges  iret  gener  et  Cato  pacis  (I  1,  27  f.). 

So  wurde  denn  der  Ruhm  des  alten  Cato  trotz  Ciceros  Cato 
maior  und  Cornelius  Nepos'  Biographie  fast  verdrängt  ^  Zur  Zeit 
einer  chauvinistischen  Schulreform  sang  der  Freund  Hadrians 
Annius  Florus  (vgl.  Fr.  Marx.  Chauvinismus  u.  Schulreform 
Breslau  1894  S.  16): 

Quippe  malim  unum  Catonem  quam  trecentos  Socratas'. 
Denn  da  nicht  vom  color  sermonis,  sondern  von  den  'mores  civis 
Romani*  die  Rede  ist,  mit  dem  Seneca  den  Cato  minor  gern  zu- 
sammenstellt, ist  nicht  an  den  Censorinus  zu  denken,  obwohl 
Hadrian  diesen  dem  Cicero  vorzieht  (Cato  neben  Cicero  als  Vor- 
bild der  Redner  Fr.  Buecheler,  Carm.  lat.  epigr.  Nr.  1251  II 
S.  588). 

Der  Beiname  'Magnus*  bleibt  dem  Cato  und  erscheint  zur 
Zeit  der  Vandalen  sogar  in  einem  Rätsel  vom  Schinken,  der  von 
den  Porcii  abstammt  (Symphosius  Baehrens  IV  382;  Riese  An- 
thol.  Lat.  Nr.  286,  85  I  S.  242).  Dann  aber  verschmilzt  das 
Mittelalter  beide  Catone  in  einen,  und  Dante  (Purg.  I),  der  für 
Brutus  und  Cassius  nur  die  Hölle  übrig  hat,  kann,  auch  darin 
seinem  Meister  Vergilins  getreu,  vor  dem  greisen  Cato,  dem  einst 
sich  Marcia  hold  gezeigt  (vgl.  darüber  Caesar  bei  Wartmann 
S.  167.   168),  in  Ehrfurcht  die   Knie  beugen. 

Dante  hat  hier  wie  sonst  nur  die  Summe  der  spätrömischen 
Entwickelung  gezogen.  Cicero,  Brutus  und  Thrasea  sind  dank 
den  Rhetoren,  den  Stoikern  und  den  Republikanern  durch- 
gedrungen. Des  Hirtiue  schlecht  geschriebenes  famoses  Libell 
ward  besonders  von  den  Grammatikern  herangezogen  und  zwar 
wegen  schlechter  Sprachformen,  obschon  Cicero  selbst  sich  um 
seine  Verbreitung  bemüht  hatte  (ad  Att.  12,  40.  44.  45.  47  vgl. 
12,41  Wartmann  aaO.).  Caesars  geschickterer  Angriff,  auch 
dieser  von  Cicero  als  Muster  einer  vituperatio  empfohlen  (Topic.  94 
Quintil.  III  7)    konnte    nur    satirische    Dichter    und    Biographen 


^  Für  den  Bischof  von  Gaeta  Patritiue  (um  1460)  ist  der  ältere 
Cato  der  iuhumane  (Italienische  Ausgabe  von  1553  Ί1  sacro  regno* 
Vm  Ib). 


604  Dyroff  Caesars  Anticato  und  Gioeroe  Gaio 

reizen  (β.  auch  Juvenal.  6,  337  Pliniue  N.  H.  VII  30,  117  Plutarch 
Caes.  3, 54  Cat.  mio.  passim  Wartmann  156,  160);  ausserdem 
trug  er  weseotlich  dazu  bei,  Cato  grösser  erscheinen  zu  lassen, 
als  er  nach  Mommsen  war. 

Vorstehende  Untersuchung  ist  1886/87  auf  Bueohelers  An- 
regung entstanden.  Ich  lege  sie  in  deutscher  Umformung  und 
mit  geringen  sachlichen  Veränderungen  und  Zusätzen  als  Er- 
innerung an  den  zu  früh  dahingegangenen  Herausgeber  vor.  Als 
wir  bei  einem  Zusammensein  im  letzten  März  —  dem  letzten  für 
mich  wie  für  viele  •—  auf  das  alte  Thema  kamen  und  ich  ihm 
meine  Auffassung  des  Caesarschen  Anticato  an  dem  Beispiele  des 
catonischen  Rausches  erläuterte,  rief  Buecheler  aus:  dann  hat 
Horaz  dies  Buch  gekannt  und  er  citirte  sofort  eine  Horazstelle 
—  ich  glaube,  es  war  carm.  III  21,  9  —  die  dadurch  ein  neues 
Licht  empfange. 

Bonn.  A.  Dyroff. 


DIE  INSELFAHRT  DER  CIRIS 


In  seinem  zweiten  Buch  über  die  Cirie^  hat  Sknisch  seine 
Verwunderung  darüber  ansgesprochen,  dass  die  Gegner  seiner 
Hypothese  die  geographisch  ganz  unmögliohe  Beschreibung  der 
Inselfahrt  (v.  469  ff.)  noch  nicht  gegen  ihn  verwendet  hätten. 
Sie  hätten  sich  wohl  selbst  überzeugt,  dass  es  bei  Vergil  um 
nichts  besser  stände ;  solche  geographische  Ungenaoigkeit  sei  in 
dieser  Poesie  gradezu  stehend,  man  solle  Dilthey  De  CaUim, 
Cydippa  48  ff.  vergleichen.  Hierdurch  eingeschüchtert  hat  Sudhaus 
die  Einzeluntersuchung  dieser  Verse,  die  er  im  Rhein.  Museum 
61,  31  begonnen  hatte,  auch  in  seiner  neusten  Publication 
(Hermes  42,  469  A.  1)  auf  einen  mythographisohen,  bzw.  stili- 
stischen Anstoss  beschränkt,  und  hierdurch  kühn  gemacht  Voll- 
mer*) seinen  Versuch,  Sudhaus  zu  widerlegen,  mit  dem  Satze  be- 
gonnen Mie  ganze  Inselfahrt  mit  all  ihren  Unglaublichkeiten 
stammt  doch  sicher  ans  der  hellenistischen  Vorlage  der  Ciris'. 
Dass  hier  nicht  nur  vorausgesetzt  wird,  was  der  Verfasser  be- 
weisen will ,  sondern  jene  geographischen  Unglaublichkeiten 
geradezu  zum  Kennzeichen  eines  vorliegenden  griechischen  Ori- 
ginals gemacht  werden,  während  wir  bisher  nur  von  einer 
leicht  begreiflichen  geographischen  Unklarheit  römischer  Dichter 
sprachen  und  jene  'Unglaublichkeiten  gerade  als  Spuren  des 
Eingreifens  des  lateinischen  Bearbeiters  zu  betrachten  pflegten, 
veranlasst  mich,  die  Stelle  noch  einmal  im  Zusammenhang  zu 
behandeln  und  an  ihr  Skutschs  und  Vollmers  Hypothesen  nach- 
zuprüfen. Den  Anstoss  dazu  danke  ich  meinem  CoUegen,  Herrn 
Dr.  A.  Klotz,  der  schon  vor  Jahren  die  Bedeutung  dieses  Ab- 
schnittes betonte  und  im  Gespräch  die  Frage  aufwarf,  welchen 
Anlass  der  Ciris- Dichter  wohl  gehabt  habe,  seine  Heldin  nach 
Delos  zu  führen. 


ι  Gallus  und  Vergil  S.  96  A.  1. 

•  Sitzungsber.  d.  Kgl.  Bayr.  Akad.  1907  S.  369  A.  1. 


606  Reitzenstein 

Ich  sondere  im  Abdruck  zunäcbet,  was  in  der  Beschrei- 
bung sachgemäss  ist  und  was  sie  unklar  oder  widerspruchsvoll 
macht ;  nur  bei  einem  Verse  (477)  kann  dies  auf  den  ersten 
Blick  zweifelhaft  sein.  Da  gerade  er  unmetrisch  überliefert  ist, 
habe  ich  ihn  zunächst  als  verdorben  in  der  Keihe  gelassen, 
um  nach  Entscheidung  der  Hauptfragen  auf  ihn  zurückzu- 
kommen : 

Labitur  interea  resöluta  ab  litore  clcissis, 
460  magna  repentino  sinuantur  linfea  coro; 

flectifur  in  viridi  remus  sale,  languida  fessae 
virginis  in  cursu  moritur  querimonia  longo, 
deserit  angustis  inclusum  faucibus  Isthmon, 
Cypselidae  magni  florentia  regna  Corinthi. 
465  praeterit  ahruptas  Scironis  profinus  arces 
infestumque  suis  dirae  lestudinis  exit 
spelaeum  multoque  cruentas  hospite  cautes. 
iamque  adeo  tufum  longe  Piraeea  cernit 
et  notas  eheu^  frustra  respectat  Afhenas. 
470  iam  procul  e  fluctu  Sal<iminia  respicit^  arva 
florentisque  videt  iam  Cycladas:  hinc  Venus  Uli 
Sunias  ^,  hinc  sfaiio  contra  pafet  Hermionea, 

linquitur  ante  alias  longe  gratissima  Delos 
Nereidum  matri  et  Nepiuno  Aegaeo. 
475  prospicit  incinctam  spumanti  litore  Cythnum^ 

marmoreamque  Paron  viridemque  adlapsa 

Oony  sam 
*Äeginamque  simul  *salutiferamque^  Seriphum. 
fertur^  et  incertis  iactatur  ad  omnia  ventis, 
cumha  velut  magnas  sequitur  cum  paruula  classis 

ι  secum  heu  dett. 

2  So  allein  die  üeberlieferung,  El  He'  Conjectur  prospicit  ist  mir 
unverständlich. 

8  So  Leo;  siniusB.  Härter  wäre  hinc  deus  iUi  Sunius  (Poseidon, 
dessen  Tempel  ebenfalls  auf  dem  Vorgebirge  liegt). 

*  cinthum  B. 

δ  So  allein  die  üeberlieferung;  sementiferam  verrät  sich  schort 
durch  seine  Stellunor  im  Arundelianus  als  Conjectur. 

ö  Eine  schwere  Interpunktion  vor  diesem  Verse  haben  die 
Herausgeber  wohl  mit  Recht  angenommen.  Selbst  unserm  um  die 
Geographie  angeblich  unbekümmerten  Dichter  ist  nicht  zuzutrauen, 
dass  er  Skylla  die  Inseln  Donysa,  Seriphos  und  eine  dritte  uns  noch 
unbekannte  'zugleich*   berühren    läset.      So    ist    der    Sinn:    Delos   ver• 


Die  Inselfahrt  der  Ciris  607 

480  Afer  et  hiberno  hacchatur  in  aequore  turbo, 
donec  täte  decus  formac  vexarier  undis 
non  Mit  ac  miseros  mutavit  virginis  artus 
caerulea  pollens  coniunx  Nepiunia  regno. 
Der  Dichter  will  trotzdem  die  voraueliegende  Beschreibung 
und  Rede    seine  Skylla  schon    mitten  in  den  Fluten   gezeigt  hat, 
in    rasch    fortschreitender    Schilderung    den  longus    cursus  von 
seinem  frühsten  Beginn  verfolgen^.  Der   aber  ist  natürlich  nicht 
Korinth,    sondern  Megara   selbst;    von    hier    kommt    die  Flotte, 
wenn  sie  zunächst    die  offene  Breite    des  Golfes   gewinnen  will, 
an  dem  Skironischen  Felsen  vorüber:  praeterit  äbruptas  Scironis 
protinus  arces.     Man    könnte    Y.  463,    464  nach  467   stellen; 
allein    die  Erwähnung    des  Eypselos-Sohns  Periauder   ist  so  be- 
fremdlich,   ein  Grund    für  Minos    noch    bis  zu  dem  eigentlichen 
Isthmos    (vgl.    die    betreffende    Schilderung     angustis    iticlusum 
faucibus)   zu  fahren^    so  unerfindlich,    dass    ich  die  Verse  lieber 
zunächst  als  störend  bezeichne. 


lassend  sieht  sie  Faros  und  Kythnos,  dann  von  Donysa  aus  Seriphos 
und  die  unbekannte  Insel.  Ueber  Sudhaus'  Conjectur  später  (S.  613). 
^  Das  wäre  an  sich  weder  unpassend,  noch  auffällig;  wohl  aber 
befremdet  der  Umstand,  dass  Y.  459—461  fühlbar  den  Aufbruch  schil- 
dern und  mit  ihm  das  Verstummen  der  Skylla  verbinden,  während 
umgekehrt  V.  390— 399  und  448—453  spätere  Momente  so  lebhaft  vor 
unser  Auge  gestellt  haben,  dass  jenes  Zurückgreifen  der  Erzählung  uns 
sofort  zur  Empfindung  kommt.  Dieser  Anstoss,  den  zuerst  Leo  (de 
Ciri  earmine  1902  p.  16)  angedeutet  hat,  würde  etwas  gemildert,  wenn 
Sudhaus  (Rhein.  Mus.  61,  31)  mit  Recht  die  zuletzt  erwähnte  Versgruppe 
nach  V.  477  gestellt  hätte.  Allein  eine  Lücke  ist  zwischen  v,  477  und 
478  nicht  fühlbar,  und  die  Wiederholung  des  iam  tandem  (V.  448  und 
454)  hält  den  Abschnitt  an  der  überlieferten  Stelle.  Dass  marmorea 
braechia  in  der  Rede  gedankenloser  oder  formelhafter  gebraucht  ist, 
als  es  in  der  Erzählung  wäre,  gebe  ich  trotz  manches  ähnlichen  Falles 
gern  zu,  finde  aber  andrerseits  die  Schilderung  der  drohenden  Seeunge- 
tüme (451 — 453)  im  Munde  der  erregten  Skylla  sogar  passender  als  in  der 
Beschreibung  des  Dichters.  Immer  bliebe  die  Schilderung  V.  390—399 
und  rechtfertigte  den  Anstoss,  den  Leo  nahm.  Das  Gedicht  ist  nicht  aus 
einem  Guss.  Wir  sind  in  einer  Zeit  oder  gegenüber  einer  Persönlichkeit, 
die  noch  nicht  frei  schaffen  und  der  griechischen  Vorlagen  entbehren  kann, 
und  doch  sich  an  sie  nicht  mehr  streng  schliessen  will.  Gerade  dies  möchte 
ich  in  der  Untersuchung  zeigen  und  versuchen,  auch  meinerseits  die 
Arbeitsart  des  Dichters  zu  bestimmen.  Ich  bedauere  es  lebhaft,  dass 
Skutsoh  nicht  wenigstens  seinem  zweiten  Buche  einen  Textabdruck  mit 
knappem  Gommentar  beigefügt  hat.  Er  hätte  den  Streit  rascher  und 
bester  zu  Ende  geführt  als   sprunghafte  Behandlung  einzelner  Stellen. 


βΟβ  Reitzenstein 

Sehen  wir  von  ihnen  ab,  so  ist  der  weitere  Verlauf  za 
Anfang  tadellos:  erat,  wenn  die  Höhe  von  Salamis  tiberwanden 
ist,  wird  Skylla  links  den  Peiraeeus  erblicken ;  mit  seiner  Er- 
wähnung verbindet  sich  die  Nennung  Athens*•  von  dort  stammt 
Nisos;  dort  ist  Skylla  bekannt  und  könnte  Hilfe  von  dort  er- 
warten^; die  Angabe  frustra  respectat  erinnert  den  Leser,  daee 
das  Schi£P  schon  weiter  geglitten  ist:  schon  muss  Skylla  sich 
umwenden,  um  Athen  noch  zu  sehen.  Wiederum  weiter  führt 
V.  470,  in  welchem  der  Ton  auf  procul  liegt:  nach  rückwärts 
versinkt  Salamis,  das  Skylla  von  Megara  täglich  gesehen  hat, 
fern  in  der  Flut;  noch  ein  wenig  weiter  (wiederholtes  iam)  und 
nach  vorn  erschliesst  sich  das  Von  Inseln  blühende'  Kykladen- 
meer.  Bisher  haben  alle  Angaben  auf  Skylla  bezug  genommen ; 
erst  jetzt  wird  ein  Punkt  fast  geographisch  genau  beschrieben: 
hinc  Venus  Uli  Sunic^  hinc  staiio  contra  patet  Hermionea,  Ich 
habe  Leos  Besserung  angenommen,  welche  voraussetzt,  dass  der 
Dichter  das  in  seiner  Vorlage  wohl  etwas  früher  erwähnte  Heilig- 
tum der  ΆφροΜτη  Κωλιός  (Strabo  IX  398)  mit  dem  der  Athene 
vom  Sunion  verwechselt;  den  Eingang  zu  dem  Golf  von  Her- 
mione  bildet  das  Sky Ilaion- Vorgebirge;  Sunion  und  Sky Ilaion 
geben  die  Grenzlinie  des  Saronischen  Golfes;  der  Dichter  hebt 
sie  scharf  hervor ;  doch  ist  ein  Zweck  zunächst  unerfindlich;  denn 
mit  einem  Male  springt  die  Erzählung  nach  Delos,  während 
doch  Minos,  wie  ein  Blick  auf  die  Karte  lehrt,  entweder  am 
Peloponnes  hinsegeln  und  über  die  Inseln  Kythera  und  Aegilia 
zur  Nordküste  von  Kreta  und  an  ihr  entlang  nach  Enossos 
fahren,  oder,  wenn  dies  zu  gefährlich  schien,  an  dem  Rand  der 
Kykladen  hinsteuernd  über  Kythnos,  Seripbos  und  Melos  sein 
Ziel  erreichen  mupste. 

Dies  Bedenken  würde  nicht  eben  schwer  wiegen,  wenn 
irgend  eine  griechische  Behandlung  der  Sage  Skylla  in  das 
Inselnieer  führte.  Von  einer,  an  die  wir  zunächst  denken, 
läset  es  sich  sogar  nachweisen,  dass  sie  es  nicht  that.    Allerdings 

^  notas  und  eheu  frustra  sichern  sich  gegenseitig.  Bei  Gelegen- 
heit sei  Vers  487  der  Aetna  berichtigt:  Quippe  nifiil  revocat,  certis 
nihil  ignibus  obstat,  Nuüa  tenet  frustra  moles,  simul  omnia  pugnant. 
Weder  ist  pugnant  hier  verständlich,  noch  läset  sich  frustra  als  paren- 
thetisch eingeschoben  (es  wäre  ja  vergeblich)  erklären.  Eine  leichte 
Umstellaug  bringt  mit  dem  grammatischen  VerständDiss  zugleich  volle 
rhetorische  und  rhythmische  Respoosion:  Quippe  nihil  revoeaty  certis 
nihil  ignibus  obstat,  nuUa  teuet  moles,  frustra  simul  omnia  pugnant. 


Die  Inselfahrt  der  Ciris  609 

weise  ich  von  der  Dichtung  des  Parthenioe  sehr  wenig;  aher 
dass  in  ihr  eine  Verwandlung  statt  fand,  hezeugt  ja  der  Titel 
•des  Werkes,  und  dass  Parthenioe  den  Namen  des  Σαρωνικός 
κόλπος  von  dem  σύρ€ΐν  oder  σαροΟν  der  Skylla  herleitete,  be- 
richtete jener  mythographisch-geographische  Traotat,  der  uns 
in  zwei  Auszügen  in  den  Scholien  zu  Dionysios  Periegetes 
420  und  in  dem  Scholion  zu  Euripides  Hippolyt  1200  vorliegt  ^ 
Wie  für  Euphorions  ebenda  erwähnte  Dichtung  der  Tempel 
der  Artemis  Σαρωνίς  auf  Aegina,  so  bot  für  Parthenioe  offenbar 
das  Skyllaion  auf  dem  Gebiete  von  Hermione  und  die  an  ee 
knüpfende  alte  Lokaltradition  den  Anhalt  (Strabo  VIII  373, 
Paueanias  II  34,  7,  vgl.  Enaack  a.  a.  0.  222).  Er  geetaltete  eie 
leicht  um,  indem  er  Skylla  nicht  auf  dem  Schiff  dee  Minoe  bis 
dahin  fahren  und  dort  ine  Meer  stürzen,  sondern  zu  ihrer  Strafe 
dorthin  schleifen,  nicht  sterben,  sondern  zu  ihrer  Rettung  dort 
verwandelt  werden  liess^.  Aber  diese  Verwandlung  muee  in 
der  Nähe  des  Skyllaion  stattgefunden  haben;  nur  dann  konnte 
dies  von  der  Verwandelten  benannt  sein.     Aleo  kann  die  Heldin 

^  Knaack  (Rhein.  Mus.  57, 205  ff.)  hat  sich  die  Erkenntniss  dieses 
Sachverhaltes  dadurch  abgeschuitten,  dass  er  die  Stellen  nicht  voll 
ausschrieb.  Zum  alten  Bestand  gehört  in  beiden  nur  die  Namens- 
erklärang,  erst  nach  Euphorion,  dann  nach  Parthenioe;  kleine  Dis- 
krepanzen in  ihr  (der  Jäger  Saron  verfolgt  in  der  einen  Recension  ein 
Wildschwein,  in  der  anderen  eine  Hindin;  Nisos  hat  in  der  einen  eine 
goldene,  in  der  andern  vielleicht  eine  purpurfarbene  Locke)  gehören 
nur  der  mythographischen  Tradition  an  und  sind  aus  Parallelberichten 
leicht  zu  erklären.  Die  Verwandlung  selbst  ist  beidemal  Zusatz,  die 
Angabe  des  Euripides-Scholions  über  sie  durch  Verkürzung  entstellt. 
Dass  das  Uebergebeu  nothwendiger  Einzelzüge  in  der  kürzeren  Angabe 
nicht  berechtigt,  sie  auch  bei  Parthenios  fehlen  zu  lassen,  brauche  ich 
nicht  nachzuweisen. 

*  Neben  der  Lokalsage  von  Hermione  war  also  eine  ältere  Er- 
zählung von  der  Verwandlung  der  Skylla  benutzt,  deren  Spuren  Ovid 
Metam,  VIII  bewahrt  hat.  Hier  wird  Skylla  in  nächster  Nähe 
Megaras  verwandelt,  und  zwar,  wie  es  einzig  sinngemäss  ist,  nach 
ihrem  Vater,  der  offenbar  im  Moment  des  Todes  verwandelt  war. 
Leider  genügt  die  von  Bücheier  (Rhein.  Museum  57,  323)  aufgewiesene 
Spur  nicht,  die  Quelle  zu  bestimmen;  ihr  Alter  hat  Bücheier  richtig 
betont.  Dass  auch  unser  Dichter  sie  kennt,  schliesse  ich  aus  v.  49—53, 
die,  ob  von  Vergil  abhängig  oder  nicht,  nur  unter  dieser  Voraussetzung 
Sinn  haben  (vgl.  v.  191  ff.).  Es  wäre  lockend,  weiter  zu  combinieren: 
hier  war  die  Verwandlung  der  Skylla  Strafe  und  ermöglicht  dem  Vater, 
sie  weiter  zu  verfolgen.  Der  Cirisdichter  kommt,  weil  er  beide  Fassungen 
kennt,  über  diesen  Hauptpunkt  nicht  zur  Klarheit. 

Bhein.  Mus.  f.  PhUol.  N.  F.  LXHI.  39 


010  Heitzenstein 

bei  Parthenioe  nicht  vorher  eine  ganz  grundlose,  beliebig  weite 
und  beliebig  lange  Fahrt  durch  dae  ägäische  Meer  gemacht 
haben,  sonst  war  es  Unsinn,  nach  dieser  Fahrt  den  Saroniscben 
Golf  zu  benennen.  Ist,  wenigstens  in  diesem  Teil,  Parthenioe 
benutzt,  so  ist  die  Inselfahrt  Zusatz  des  römischen  Dichtere,  der 
den  aitiologischen  Charakter  seiner  Vorlage  nicht  mehr  voll 
empfand  und  auf  die  Etymologien  griechischer  Namen  begreif- 
licher Weise  keinen  Wert  mehr  legte. 

Die    Erzählung    wird     mit    dem    Angenblick    zweckwidrig, 
wo  die  üebereinstimmung    mit  Vergil  beginnt;  aber  sie  wird  im 
gleichen  Moment    auch     stilistisch    anstössig.     Wir  müssen,    um 
das  zu  erkennen,  die  von  Sudhaus  und  Vollmer  begonnene  Ana- 
lyse in  etwas  weiterem  Zusammenhang   wiederaufnehmen.     Nach 
Delos    muss  Vergil  seinen  Helden  führen   und  von  da  durch  die 
Eykladen  nach  Kreta  fahren  lassen.     Er  verzichtet   darauf,    die 
Fahrt  bis  Delos  näher  zu  schildern,  nur  diese   für   die  Entwick- 
lung seiner  Erzählung  wichtige  Station   hebt    er  in  breiter  Aus- 
führung der  bekannten  epischen  Formel   hervor  (ΓΠ  73): 
Sacra  mari  colitur  medio  gratissima  telltis 
Nereidutn  tnatri  et  Neptuno  Aegaeo, 
75  quam  pius  arquifenens  oras  et  litora  circum 
errantem  Mycono  e  cdsa  Gyaroque  revinxit 
immofamque  coli  dedit  et  contemnere  ventos, 
huc  feror;  haec  fessos  tuto  placidissima  portu 
accipit .  egressi  vener amur  Apollin is  urbcm. 
Vollmer    findet     die    Erwähnung     des    Neptun     auffällig: 
sie    liege    nicht    im  Zusammenhang    der  Aeneis.     Ich    kann  das 
nicht  empfinden.    Es  handelt  sich  um  eine  schmückende  Hervor- 
hebung der  vielbesungenen  (Georg.  III  6)  Insel,  die  Kallimachoe 
(IV  11)  ähnlich  preist:  κ€ίνη  ί)'ήν€μΟ€σσα  καΐ  δτροπος  .  . 
πόντψ  ένεστήρικται.     Gerade  er  erwähnt,    dass  sie  den  Vortritt 
vor  allen  Inseln,    auch   den  grössten,    hat,    wenn  diese   sich    um 
Okeanos  und  Tethys  sammeln ;  die  heilige  Insel,  so  klein  sie  ist, 
ist  eben  auch  diesen  Göttern  die  liebste.     Wenn  Vergil  den  Gott 
des    ägäiRchen  Meeres  dafür  einsetzt,  so  kann  eine  Kenntnis  des 
Poseidonkultes    auf  Delos    mitwirken;  er  könnte  auch  daran  ge- 
dacht haben,  dass  Poseidon  nach   V^arro  Delos  mit  Krd beben  ver- 
schont   haben    soll  ^      Eher    dürfte   man  sagen,  der  Ciris-Dichter 


*  Auch  auf  tuto  placidissima   portu  liesse  sich   verweisen,    wenn 
es  gilt  di'n  OodankenKusamnitMihang  sich  zur  Empfindung  zu   bringen. 


Die  Tneelfahrt  der  Ciris  611 

habe    wenig  Anläse,    Deloe  in   zwei    Versen    hervorzuheben,    die 
noch  dazu  aus    dem  Charakter    der  übrigen   Beschreibung  fallen. 
Dass    er    dabei  die  Insel    des  Apollo    kurzweg   zur  Neptunsinsel 
macht,    beanstandete    bekanntlich  Sudhaus;    Vollmer    erklärt    es 
für  ,, gelehrt"    und  grade  darum  für  ursprünglicher  als  die  Ver- 
bindung   beider  Gottheiten    in  der  Aeneie^     Ich    könnte  es  nur 
für  verkehrt  halten,    und  möchte  bitten  mir  ähnliche  ,, gelehrte** 
Bezeichnungen    z.B.    für  Athen    nachzuweisen*;    doch   hoffe   ich 
weitere,  vielleicht   weniger    subjektive  Kriterien    in    der  zweiten 
Stelle  zu  finden.     Vergil  erzählt,    das    die  Genossen    zur    Fahrt 
von   Delos  nach  Kreta  mahnen;  dann  Alhrt  er  fort  (ΠΙ  124): 
linquimtis  Ortygiae  porius  pelagogue  volamus 
bacchatantque  iugis  Naxum  viridemque  Donysam 
Oharum  niveamque  Parum '  sparsasgue  per  aegfwr 
Cycladas  et  βτώί'ίβ  legimus  freta  concifa  terris. 
Ebenso  notwendig  und  schön  wie  hier  Unquimus  ist,  eben- 
so störend   und   befremdlich  wirkt  in  der  Ciris  linquitur,    Haben 
doch    die   unmittelbar   vorausliegenden  Verse  dann  ganz  unnötig 
einen  bestimmten  Punkt    bezeichnet    und  uns  auf  eine   Wendung 
der   Handlung    an    diesem    Punkte    vorbereitet*.     Eine    ähnliche 
stilistische  Härte  bringt  in  v.  476  das  Flickwort  adlapsa:  die  ver- 
schiedenen durch  que  verbundenen  Glieder  stehen  sich  nun  nicht 
mehr  gleich  und   die  Construction  wird   unklar  (vgl.  oben  S.  606 
A.  6).  Dabei  stammt  adlapsa  ans  demselben  Vorstellnngskreise  wie 
linquitur;  der  Gedanke  haftet  mehr  an  dem  Schiff  als  an  Skylla. 
'  I)ie  beiden  Verba  der  Bewegung  linquitur  und  adlapsa  stören  hier, 
wo    in    längerer  Ausführung    nur   von  dem   was  Skylla    schaut, 


^  Und  bei  Kaliimachos,  auf  den  schon  Skutsch  hingewiesen  hatte. 

2  Setzen  wir  Vergil  als  den  Früheren,  eo  hat  nicht  abstruse  Ge- 
lehrsamkeit, sondern  einfach  Freude  an  dem  Klang  des  Verses  Neretdum 
matri  et  Neptimo  Äegaeo  den  Dichter  der  Ciris  bestimmt.  Mehr  als 
zwei  Verso  durfte  er  Delos  wirklich  nicht  widmen,  so  liess  er  die  Er- 
wähnung Apollos  einfach  fort  —  kein  eben  schwerer  Fehler;  dennoch 
empfand  Sudhaus  richtig,  dass  die  Flickwörter  ante  cdias  longe,  welche 
den  Superlativ  (nicht  Elativ)  bei  Vergil  steigern,  ungeschickt  sind;  sie 
verführen  dazu,  eine  Absicht  zu  suchen,  und  legen  das  Missverständnis 
nahe,  in  das  Vollmer  jetzt  wirklich  verfallen  ist. 

8  Vgl.  Ovid  Met.  VII  4<)rS  in  der  Beschreibung  einer  Fahrt  des 
Minus  durch  die  Kykladen  marmoreavtque  Parofi. 

*  Linquitur  setzt  voraus,  dass  in  rascher  Folge  vorher  verschiedene 
Punkte  genannt  sind,  zu  denen  das  Schiff  kommt  oder  die  es  berührt. 


612  Reitzenstein 

die  Rede  gewesen  war'  —  so  urteilte  auf  meine  Frage 
0.  Plaeberg. 

Ich  bin  damit  echon  zu  y.  47^  gekommen,  dessen  Ein- 
fügung die  geographischen  Schwierigkeiten  verdoppelt.  Sie  ver- 
schwinden ebenso  wie  sämtliche  stilistischen  Bedenken,  sobald  man 
die  mit  Vergil  tibereinstimmenden  Verse  streicht.  An  die  An- 
gabe: Uinks  sieht  man  Sunion  rechts  das  Skyllaion  schliesst  dann 
lückenlos  'nach  vorn  das  umbrandete  Kythnos^  die  erste  grössere 
Insel,  die  Minos  auf  der  Fahrt  nach  Enossos  berühren  mnsste. 
Noch  ist  sie  nicht  erreicht,  aber  schon  werden  beim  Austritt 
ans  dem  Golf  die  Wogen  höher  ^,  die  Qual  der  Skylla  ver- 
grössert  sich.  Wenn  sich  jetzt  die  Meeresgöttin  ihrer  erbarmt 
und  sie  verwandelt,  so  mögen  doch  Skyllaion  und  der  Saronische 
Golf  richtig  nach  ihrem  Geschicke  benannt  sein. 

Erst  jetzt  kann  ich  zu  der  Frage  zurtickkehren,  ob  Y.  477 
zu  der  Grunderzählnng  oder  zu  den  störenden  Einlagen  gehört, 
betone  aber  von  vornherein,  dass  die  Antwort  ftir  die  Entschei- 
dung des  Hauptproblems  völlig  bedeutungslos  ist.  Ob  wir  fünf 
oder  sechs  Verse  dem  griechischen  Original  absprechen  mtisseD, 
ist  dafür  gleichgiltig;  selbst  der  Versuqh,  den  Vers  gewissermassen 
zu  halbieren  und  das  unpassende  Aegina  für  den  Römer,  Seriphos 
für  den  Griechen  zu  beanspruchen^,  würde  die  Sachlage  nicht 
ändern. 

Mir  allerdings  scheint,  da  Aeginas  Lage  durch  seine  Be- 
ziehungen zu  Athen  allgemeiner  bekannt  ist,  als  die  jener  Inseln, 
mit  seiner  Einführung  hier  das  Maass  der  Unklarheit  und  Unwissen- 
heit überschritten,  das  wir  einem  römischen  Dichter  zutrauen  dürfen; 
mit  Eecht    wird    das  Wort    allgemein    als  verdorben  betrachtet. 

1  Auf  den  Auedruck  wirkt  freilich  der  Gedanke  an  die  Fahrt 
durch  das  Kykladenmeer  mit  ein;  hier  herrschen  ja  die  incerti  venti. 
Gerade  das  widerspricht  freilich  der  Erwähnung  des  corus  v.  460,  die 
doch  nur  hervorheben  soll,  dass  Minos  mit  günstigem  Winde  in  schuellster 
Fahrt  die  Strecke  durchmisst. 

2  Vgl.  A.  1  die  Bemerkung  über  v.  478.  Als  letzte  Möglichkeit  er- 
wähne ich  endlich,  dass  jemand  den  Vers  für  den  alten  Bestand  in  Au- 
Bpruch  nehmen  und  die  Nennung  Aeginas  so  erklären  könnte,  dass  im 
Originale  gesagt  war  'rückblickend  schaut  sie  Aegina,  vorausblickend 
Seriphos'  (vgl.  das  oben  zu  v.  471  Bemerkte).  Mir  würde  freilich  in  dem 
Original  eine  derartige  Bestimmung  nach  vier  Himmelsrichtungen  höchst 
prosaisch  und  die  Nennung  Aeginas  ganz  unmotiviert  erscheinen.  Für 
den  Bearbeiter  wäre  die  Thorhcit  der  Verkürzung  nicht  geringer  als 
bei  eiuem  selbRständigen  Zusatz  Aeginas. 


Die  Inselfahrt  der  Ciris  613 

Dann  dürfen  wir,  da  Seriphos  vorzüglich  paest,  durch  Conjectur 
nicht  neue  geographische  Ungeheuerlichkeiten  einführen^;  eher 
darf,  da  wir  es  in  dem  alten  Bericht  mit  einer  gut  unterrichteten 
Quelle  zu  thun  hahen,  auch  ein  seltenerer  Name  eintreten,  wenn 
er  von  der  Ueherlieferung  nicht  gar  zu  weit  ahliegt.  Nun  liegt 
heim  Eintritt  ine  offene  Meer  zunächst  Belhina,  dann  Kythnos 
und  dann  etwas  südlicher,  der  Fahrtrichtung  des  Minos  ent- 
sprechend Seriphos;  alle  drei  Inseln  hilden  dem  Skyllaion  gegen- 
über einen  Bogen  oder  Hacken;  die  Beschreibung  wäre  genau, 
wenn  wir  läsen : 

prospicit  incinctam  spumanti  litore  Cythnum 
Belbinamque  simul  *salutiferafnque  Seriphum. 
Aber  freilich  —  ein  neues  Hemmniss  —  das  Beiwort 
salutiferam^  das  bisher  fast  einstimmig  verworfen  wurde,  hat  in 
Sudhaus  (Hhein.  Museum  61,  31)  einen  Verteidiger  gefunden : 
Seriphos  hat  früher  Danae  und  ihren  Knaben  gerettet  und 
bringt  jetzt  der  Skylla  Heil;  wir  müssen,  um  es  zu  halten,  die 
gesammte  erste  Hälfte  des  Verses  umgestalten.  Allein,  wollte 
der  Dichter  wirklich  andeuten,  dass  gerade  bei  Seriphos  die  Ver- 
wandlung der  Skylla  stattfindet,  so  musste  er  ihre  Beschreibung  un- 
mittelbar anschliessen  {Neptunia  enim  coniuna),  nicht  aber  durch 
die  nächsten  Verse  die  Vorstellung  einer  noch  weitereu  qualvollen 
Irrfahrt  erwecken ;  wollte  er  auf  Danae  hinweisen,  so  war  eine 
nähere  Bestimmung  {ante  aliis  oder  dergl.)  kaum  vermeidlich.  Auch 
fiele  das  Beiwort  gänzlich  ans  dem  Charakter  der  in  der  nächsten 
Umgebung  verwendeten  epitheta  ornäntia.  Was  wir  nach  ihnen 
erwarten,  kann  ein  Vergleich  mit  Ovid  Metam.  VU  463—465  lehren: 
ein  Produkt  von  Seriphos  ')  muss  genannt  sein,  und  wir  dürfen  uns 

'  Die  Aenderung  Aegüiamquey  so  leicht  sie  ist  (vgl.  Mela  II  111, 
wo  der  Vaticanus  Aegina  für  Aegilia  hat),  bringt  zwar  eine  weniger 
bekannte,  räumlich  aber  viel  weiter  entfernt  liegende  Insel  herein. 
Sudhaus'  nur  probeweise  vorgeschlagene  Lesung  et  Gyarum  Syrumque 
verlangt  nicht  nur  die  Abänderung  des  trefflichen  simtU,  sondern  auch 
Umstellung  des  que,  ohne  sachlich  voll  zu  befriedigen. 

-  Birts  Vorschlag  {de  Halieuticis  Ovidii  ρ  46),  die  Humanisten- 
conjectur  sementiferam  zu  halten  und  zu  deuten  'Seriphos,  auf  dem 
σέρίφος  (absinihium  marinum)  in  Feldern  angebaut  wird',  giebt  dem 
Adjektiv  einen  Sinn,  den  es  schwerlich  haben  kann,  und  geht  von  der 
unbeweisbaren  Vorstellung  aus,  dass  Seriphos  nach  einer  derartigen 
Kultur  benannt  ist;  ebenso  Silligs  Vorschlag  ahsinthiferam,  der  noch 
dazu  zur  Aenderung  des  simul  zwänge,  das  eich  unter  allen  Umständen 
tadellos  mit  prospicit  verbindet. 


614  Reitzenstein 

nicht  wundern,  wenn  wir  es    nicht   mit  grösserer  Sicberbeit    be- 
stimmen können  als  bei  Ovid  in  VII  464  das  Beiwort  von  Eytbnoe. 

Ob  man  serpidliferam  mit  Schenk!,  säliunciferam  mit 
Ellis  oder  nach  einem  Einfall  von  mir  sampsuchiferam  ecb reiben 
will  —  sampsuchus  bezeugt  Plinius  XXI  163  wenigstens  für 
Cypern  —  macht  wenig  aus;  wir  erkennen  den  Stil  der  poetat 
νεώτεροι,  deren  Führer  CatuU  ja  lasarpicifer  und  buaifer  in 
die  Literatur  eingeführt  hat. 

Ich  kehre  zu  der  Hauptfrage  zurück.  Fünf  Verse  haben 
sich  aus  sachlichen  und  stilietischen  Gründen  als  störend  erwiesen ; 
drei  davon  stimmen  mit  Vergil  überein;  alle  lassen  eich  mühe- 
los aussondern.  Dieser  Sachlage  wird  weder  Skutsch  gerecht, 
wenn  er,  ohne  auf  die  Erzählungeart  und  die  Uebereinstimmungen 
mit  Vergil  einzugehen,  sich  zu  dem  Nnohweis  erbietet,  dase 
auch  namhafte  römische  Dichter  geographische  Schnitzer  be- 
gangen haben,  noch  Vollmer,  der  erst  ein  griechisches  Original 
und  eine  lateinische  Bearbeitung  sondert,  um  dann  die  Fehler 
für  das  Original  vorauszusetzen.  Ein  griechisches  Original 
scheint  mir  jetzt  erwiesen;  wahrscheinlich  war  es  für  diesen 
Abschnitt  Parthenios.  Ein  Anlass  für  den  lateinischen  Be- 
arbeiter, dies  Original  zu  erweitern,  lag  offenbar  in  der  Bemerkung 
florentisque  videt  iam  Cycladas,  deren  Beziehung  auf  v.  475  und 
477  er  nicht  empfand;  er  wollte  die  Ικφρα(Τις  bereichern  und 
variieren  und  benutzte  die  Beschreibung  einer  Fahrt  durch  das 
Kykladenmeer  nach  Kreta  bei  Vergil  ^.  Das  scheint  mir  eine 
einfache  und  natürliche  Erklärung. 

Die  theoretische  Forderung  bei  jedem  mit  Vergil  überein- 
stimmenden Verse  nachzuweisen,  ob  er  nach  Inhalt  und  Zu- 
sammenhang in  der  Ciris  notwendig  sei,  hat  Skutsch  anerkannt. 
Gelingt  der  Nachweis  im  Einzelfall,  ohne  dass  der  Vers  sich 
zugleich  bei  Vergil  als  Zusatz  erweisen  liesse,  so  genügt  der 
Fall  als  Beleg  der  Priorität  der  Ciris  nicht.  Lässt  der  Vers 
sich  in  der  Ciris  ausscheiden,  so  erweckt  das  stärkereu  Verdacht; 
allein  bei  der  Gepflogenheit  der  poeta^  νεώτεροι,  Versschlues 
und  Schluss  eines  Satzgliedes  möglichst  zusammenfallen  zu 
lassen  ^,    genügt    zum  Nachweis    der    Priorität  Vergils    erst  die 

^  Bei  ihm  fand  er  ja  die  Worte  sparsasque  per  aequor  Cycladas. 

2  Vgl.  für  Catulls  G4.  Gedicht  Berliner  philol.  Wochenschrift  1907 
Sp.  152G  ff.  Der  Satzbau  ist  iu  unserm  Gedicht,  wie  zu  erwarten  war, 
einförmiger  und  schematischer,  vgl.  zB.  478—80;  81—83;  84—86; 
87-89;  1)0-92;  93-95;  96-98;   99—501;  502-4;  5-7.      Erst  jetzt 


Die  Inselfabrt  der  Ciris  615 

Beobachtung,  dass  in  der  Ciris  nach  Tilgung  des  fraglichen 
Verses  zwei  für  einander  entworfene  Glieder  sich  unlöslich  zu- 
sammenschliessen.  Einen  solchen  Fall  hat  Leo  (Hermes  42, 
55)  aufgezeigt  (Ciris  428  ff.): 

ten  ego  plus  patrio  dilexi  perdita  regno^ 
ten  ego?  nee  mirum;  vulfu  decepta  puella 

ut  vidi,  ut  perii;  ut  me  malus  abstulit  error 
non  equidem  ex  isto  speravi  corpore  posse 
tcUe  malum  nasci;  forma  vel  sidera  f alias, 
Gronau  dasselbe  ist  in  der  Schilderung  der  Minos-Fahrt 
der  Fall,  nur  dass  zu  den  stilistischen  Kennzeichen  des  Zu- 
sammenhangs das  sachliche  hinzutritt,  dass  eine  zweckmässige  und 
fein  überlegte  Erzählung  entsteht,  wenn  wir  die  mit  Vergil  überein- 
stimmenden Verse  streichen.  Auf  die  Mahnung  Skutsch^,  dass  eine 
einzelne  Stelle  in  keinem  Falle  dazu  berechtige,  gegen  ihn  das 
Wort  zu  nehmen,  muss  ich  erwidern :  wer  ein  namenlos  über- 
liefertes Gedicht  einem  bestimmten  Autor  zuweisen  will,  hat 
mit  einer  Fülle  von  Argumenten  die  Möglichkeit  seiner  Hypo- 
these darzuthun;  ihre  Unmöglichkeit  zu  erweisen,  kann  ein  Ar- 
gument gentigen,  und  wer  ein  solches  zu  kennen  glaubt,  hat  die 
Pflicht  es  vorzubringen.  Sind  die  hier  dargelegten  Beobachtungen 
über  die  Inselfahrt  richtig,  so  kann  weder  Gallus  noch  Vergil 
der  Verfasser  der  Ciris  sein.  Gerade  die  Zusätze  aus  der  Aeneis 
würden  nicht  den  seiner  eigenen  Absichten  sich  bewussten  Meister, 
sondern  den  ängstlichen  und  dabei  ungeschickten  Nachahmer 
verraten  (vgl.  Skutscb,  Gallus  und  Vergil  119).  Löst  man  aber 
die  Ciris  aus  Vollmers  künstlichem  Bau,  so  werden  die  schwachen 
Zeugnisse  auch  ihn  nicht  mehr  zu  tragen  vermögen^.     Mag  also 


folgt  eine  belebtere  Reihe  508—9;   10—11;   12—13;   14—16;    17—19; 
20—23;  24-28;  29;  30—32;  33—35;  36—37;  38—41. 

1  Gallus  und  Vergil  191  A.  1. 

2  [Drachmanns  interessante  Beobachtungen  (Hermes  43, 411)  darf 
ich  zum  überwiegenden  Theil  annehmen,  ohne  mich  zu  seinen  Schlüssen 
gezwungen  zu  fühlen.  Er  scheint  mir  viel  zu  wenig  zu  berücksichtigen, 
dass  wer  die  Ciris  glaubt  nach  Vergil  setzen  zu  müssen,  nach  wie  vor 
in  V.  5  4  ff.  {complures  illam  magni,  Messalla,  poetae  —  nam  verum  fate• 
amur,  amat  Pölyhymnia  verum  —  longe  alia  perhibent  mutatam  membra 
figura  Scyüaeum  mamtro  siucum  infestare  voraci;  iUam  esse,  aerumnis 
quam  saepe  legamus  Ulixi  Candida  succinctam  latrantibus  inguina  monstris 
DuUehias  vexasse  rates  et  gurgite  in  alto  deprensos  nautas  canibi^  lace- 
rasse  marinis,   sed  iieque  Maeoniae  patiuntur  credere  chartae  ivec  malus 


616  Reitzenstein 

die  αγαθή  £ρις  feetetellen,  wieviel  von  diesem  Verench,  zwanzig 


istorum  dubiis  erroribus  auctor)  einen  direkten  Verweis  aaf  Yergil 
suchen  muss  (Ecl.  VI  74  quid  loquar  aut  Scyüam  Nisi,  quam  fama 
secutaest  Candida  succtnctani  latrantibus  inguina  monstris  e,  q.  8.),  Wer 
dies  nämlich  thut,  muss  zunächst  eine  Absicht  darin  empfinden,  dass 
Vergil  hier  so  ausdrücklich  als  magnus  poeta  bezeichnet  wird,  und  wird 
die  folgende  Parenthese  {nam  verum  fateamur,  amat  Polyhymnia  verum) 
ebenso  mit  dem  Vorausgebenden  wie  dem  Nachfolgenden  in  Zusammen- 
hang bringen.  Wagt  doch  unser  Dichter  nur  deshalb  von  dem  magnus 
poeta  Vergil  abzuweichen,  weil  dieser  selbst  und  zwar  zweifelnd  von 
Homer  abgewichen  ist,  noch  dazu  einem  malus  auctor  folgend.  Die 
starke  Betonung  des  Lobes,  das  der  Dichter  doch  nur  wie  gezwungen 
ausspricht,  ja  fast  entschuldigt,  lässt  sich  wohl  begreifen.  Als  Vergil 
in  den  ersten  Gedichten  noch  schüchtern  über  die  Technik  der  poeioi 
νβώτβροι  und  Atticisten  herausging  (beide  Richtungen  berühren  sich  ja 
auf  das  Engste),  da  hatten  die  Kleinmeister  der  Schule  ihn  befehdet; 
archaische  Worte  wie  cuium  pecus,  der  von  den  Atticisten  geächtet« 
Plural  hordea,  ein  Wort  wie  tegmen^  das  CatuU  nur  vom  umhüllenden 
Kleide  gebraucht  hatte,  auf  den  schützenden  Schatten  übertragen  schien 
ihnen  plena  ruris  et  inficetiarum.  Zwei  oder  drei  Jahrzehnte  später  mochte 
selbst  ein  Anhänger  dieser  Schule  (der  übrigens  m.  E.  schon  in  reiferen 
Jahren  stand)  Vergils  Stellung  als  des  ποιητής  nicht  mehr  ganz  leugnen; 
auch  Vergil  wird  ihm  Vorbild,  aber  begreiflicherweise  nur  in  dem,  was 
sich  mit  der  überlieferten  und  bewussten  Schultechnik  noch  vertrug. 
Diese  Schultechnik  lehren  uns  Drachmanns  Beobachtungen  gewiss 
besser  kennen ;  aber  seine  Voraussetzung,  dass  diese  Technik  nach  Vei*gilB 
Hauptwerken  keine  Anhänger  mehr  gefunden  habe,  scheint  mir  einfach 
geschichtswidrig.  Was  verhöhnt  denn  Persius  in  der  ersten  Satire  als 
dilettantische  Modedichtung  seiner  Zeit  —  denn  auf  die  Thorheit,  die 
Verse  dem  Kaiser  Nero  zuzuschreiben,  braucht  man  wohl  nicht  mehr  ein- 
zugehen —  doch  wohl  den  weichen  Klang,  die  griechischen  Worte,  die  ge- 
suchten versus  spondiaci,  kurz  die  alexandrinische  Technik  und  die  Kunst 
des  Epyllious.  Im  Griechischen  lebt  die  alexandrinische  Kunst  als  das 
klassische  Vorbild  weiter;  trotz  des  starken  Einspruchs,  den  die  Epi- 
gramme der  Zeit  zeigen,  ist  sie  im  Grunde  nie  beseitigt.  So  hat,  wie 
Persius  ja  handgreiflich  zeigt,  jene  römische  Schule  immer  im  Gj-iechischen 
ihren  Rückhalt  und  dringt  gegen  Ende  des  ersten  Jahrhunderts  n.  Chr. 
sogar  wieder  vor.  Ich  glaube  nach  dem  Allen  aus  der  Ciris  sogar  schliessen 
zu  dürfen,  dass  Wiederholungen  gelungener  Ausdrücke  und  Verse,  ja 
selbst  ganzer  Versgruppen  innerhalb  der  römisch-alexandrinischen  Schule 
zunächst  häufiger  gewesen  sind,  als  es  die  wenigen  Fragmente  natur• 
gemäss  noch  erkennen  lassen.  Die  klassische  Dichtung  bringt  auch 
hier  eine  Befreiung  und  Beschränkung :  nur  den  eigenen  Werken  gegen- 
über setzt  ein  Meister  wie  Vergil  fort,  was  vor  ihm  ein  Dichterklub 
an  dem  gcwissermasseu  gemeinsamen  poetischen  Gute  geübt  hatte.   Dem 


Die  Inselfahrt  der  Ciris  617 

Yeree  im  Zasammenbaog  zu  erklären,  richtig  ist ;  ich  werde  für 
jede  Belehrung  dankbar  sein. 

Strassburg  i.  Eis.  R.  Reitzenste  in. 


dürftig  begabten  Nachfolger  war  diese  Technik  natürlich  bequem ;  er 
behält  sie  bei  und  erklärt  nur,  warum  er  auch  aus  dem  klassischen 
Meister,  und  aus  ihm  besonders  oft,  übernimmt,  was  dem  Gesammtton 
der  älteren  Vorbilder  nicht  widerstreitet]. 


DIE  IJOMKIl  METAPHKASKN  DESPKÜKOI'IOS 
VON  GAZA 


Die  beiden  Bruchstücke  des  Prokopios  von  Gaza,  die  H.  Rabe 
oben  S.  515  Anm.  2  in  Ergänzung  seiner  Auszüge  aus  des  Jo- 
hannes Didkonos  Kommentar  zu  περί  μεθόδου  οεινότητος (S.  127  ff.) 
mitteilt,  dürfte  es  sich  verlohnen  etwas  genauer  zu  betrachten. 
Ihr  Wortlaut  wie  der  Zusammenhang,  in  dem  sie  angeführt  werden, 
zeigt,  dass  das  Werk,  dem  sie  entnommen  sind,  von  gleicher  Be- 
schaffenheit gewesen  sein  muss,  wie  die  von  dem  Kommentator 
unmittelbar  vorher  (S.  141)  angezogenen  Μεταβολαι  και  μετα- 
ποιήσεις Δημοσθενικών  χωρίων  des  Sopatros,  d.  h.  es  gab  Para- 
phrasen ausgewählter  Homerstellen  in  verschiedenen  Stilarten.  In 
der  Tat  ist  ein  solches  Werk  Prokops  ausdrücklich  bezeugt  durch 
Photios  in  seinem  Artikel  über  Chorikios  bibl.  cod.  160,  in  dem 
er  auch  auf  dessen  Lehrer  zu  sprechen  kommt.  Ja  Photios  hebt 
von  den  Schriften  Prokops  mit  Nennung  des  Titele  allein  jene 
Homer-Metaphrasen  hervor  und  zeichnet  sie  überdies  durch  einen 
Lobspruch  aus,  der  erkennen  lässt,  dass  ihm  das  Buch  noch  selber 
vorlag :  τούτου  λόγοι  πολλοί  τε  και  παντοοαποι  φέρονται,  άΕιον 
ζήλου  και  μιμήσεως  χρήμα,  και  bx]  και  βιβλίον  δλον,  στίχων 
'Ομηρικών  μεταφράσεις  εΙς  ποικίλας  λόγων  ίδεας 
έκμεμορφωμεναι,  αί  μάλιστα  τήν  του  άνορός  ττερι  ^ητο 
ρικήν  ούναμιν  και  μελετην  ικαναι  πεφύκασιν  άπαγγέλλειν. 

Die  Paraphrase  hat  sich  im  rhetorischen  Unterricht  und  in 
der  rhetorischen  Kunstübung  des  Altertums  je  länger  desto  mehr 
eingebürgert.  Bedenken,  wie  sie  bei  Cicero  de  orat.  I  34,  154 
laut  werden,  wissen  Quintilian  X  5,  5  ff.  und  Theon  progymn. 
S.  62  f.  Sp.  mit  gleicher,  offenbar  herkömmlicher  Argumentation 
zu  entkräften.  Dion  Chrysostomos,  der  sie  selbst  vielfach  geübt 
hat^  empfiehlt  sie  dem  Adressaten  der  Schrift  περί  λόγου  ασκή- 
σεως (XVIII  =  68  Α.  §  18  S.  483  R.).  Sowohl  aus  seinen  Worten 

^  S.  de  dialogis  Piatoni  falso  addictis  S.  28. 


Die  Homer- Metaphrasen  des  Prokopios  von  Gaza  619 

als  aus  Hermogenes  π.  μεθ.  beiv.  c.  24  ergiebt  sich,  dass  sie 
damals  in  Praxis  und  Theorie  des  rhetorischen  Unterrichts  ihren 
festen  Platz  hatte ^.  In  den  Bereich  des  schulmässigen  Betriebes 
gehört  ersichtlich  auch,  was  Seneca  suas.  1,  12  als  von  Dorion  in 
metaphrasi  dictum  Homer i  anführte  ^,  ebenso  wie  die  Musteretücke 
(A  1  —  44.  ι  425 — 436)  im  Schlusskapitel  des  I.  Buches  von 
Aristides*  Rhetorik  (S.  510  ff.  Sp.).  Ohne  Zweifel  wird  man  aber 
in  der  Rhetorenschule  neben  dem  einfaclien  Paraphrasieren  und 
dem  nostra  pluribus  modis  tractare^  auch  das  Paraphrasieren  in 
verschiedenen  Stilformen  geübt  haben ;  ein  Beispiel  der  Art  findet 
sich ,  wenngleich  nicht  ausdrücklich  unter  dieser  Rubrik,  bei 
Demetrios  περί  ερμηνείας  296  f.:  hier  wird  ein  berühmter  Satz 
aus  dem  Kleitophon  (S.  407  b)  der  Reihe  nach  in  aristippische, 
xenophontische  und  aeschineische*  Ausdrucksweise  übersetzt  ^  In- 
zwischen ward  ans  der  Schnlübung  eine  literarische  Gattung,  die 
eich,  wie  bekannt,  steigender  Beliebtheit  erfreute  und  wachsende 
Ausdehnung  gewann®.     So    waren    die  Voraussetzungen    für    das 

^  Dazu  die  Kommentare  des  Gregorios  von  Korinth  VII  S.  1293  f. 
Walz  und  des  Johannes  Diakonos  oben  S.  141  ff.  Aus  späterer  rheto- 
rischer Literatur  wären  ausserdem  noch  die  P-Scholien  zu  Aphtlionios  II 
S.  590,29  ff.  Walz  und  Doxapatres  ebd.  S.  269  zu  nennen.  Die  Aus- 
führungen des  letzteren,  der  die  Metaphrase  von  der  Paraphrase  unter- 
scheidet, sind  bei  Walz  lückenhaft,  sie  lauten  nach  Mitteilung  Rabes 
im  cod.  Vindob.  130  (das  bei  W,^  fehlende  eingeklammert):  ή  δέ  μβτά- 
φρασις  διττή  έστιν  •  ή  γάρ  τά  υψηλά  καΐ  άνηγμένα  μ€ταβάλλ€ΐ  βίς  (τά 
βύτβλή  καΐ  ταπεινά,  ώς  ή  τιϊιν  τοΟ'Ομήρου  Ίλιάδων  μετάφρασις,  ή  τουναν- 
τίον τά  €Οτ€λή  μεταβάλλει  είς)  υψηλότερα,  ώς  αΐ  τοΟ  Λογοθέτου  έχουσι 

μεταφράσεις παράφρασις  δέ    έστι   τό  τά  είρημένα  μεταβάλλειν 

εΙς  ^τερα  μήτε  ευτελέστερα  μήτε  υψηλότερα  κτέ. 

2  Die  griechischen  Worte  Dorions  sind  nicht  erhalten,  sie  werden 
ähnlichen  Schlages  gewesen  sein,  wie  das  Zitat  bei  Demetrios  π.  έρμ.  115; 
sie  aber  mit  diesem  zu  identifizieren,  wie  Radermacher  tut,  liegt  kein 
zwingender  Grund  vor.  Das  Kyklopenabenteuer,  das  auch  im  2.  Muster- 
stücke  bei  Aristides  behandelt  wird,  scheint  einen  für  Paraphrasen  be- 
liebten Vorwurf  gebildet  zu  haben. 

8  Quintil.  X  5,  9  Hermog    π    μεθ.  δειν.  24. 

*  Es  war  ein  arger  Misgriff,  wenn  C.  F.  Hermann  die  'äschi- 
ncische*  Fassung  des  Satzes  unter  die  Fragmente  des  Sokratikers  auf- 
nahm und  dessen  Alkibiades  zuwies  De  Aeschinis  Socratici  reliquiis  S.  23  f. 

*  Der  hier  gebrauchte  Vergleich  (ώσπερ  τόν  αυτόν  κηρόν  usw.) 
kehrt  bei  Quintilian  im  Zusammenhang  mit  seiner  Erörterung  über  das 
nostra  pluribus  modis  tractare  wieder  X  5,  9. 

β  S.  Lehre    Pindarscholien    S.  50  ff.     Ludwich   Aristarchs    Hom. 


620  Brinkmann 

Entstellen  von  Werken  wie  die  dee  Sopatroe  und   Prokopioe  ge- 
geben. 

Eh  fügt  eich  glücklich,  daes  die  Probe  der  Kunst  Prokops, 
die  der  Hermogenes- Erklärer  ausgewählt  hat,  ein  Homerieches 
Wort  angeht,  das  in  der  antiken  Literatur  stärksten  Nachhall 
gefunden  hat,  die  Verse  Μ  322  ff.: 

ώ  πεπον,  ei  μέν  γάρ  πόλεμον  περί  TOvbe  φυγόντε 
αΐ€ΐ  br\  μέλλοιμεν  άγήρω  τ'  άθανάτω  τε 
ίσσεσθ',  οδτε  κεν  αυτός  ένι  πρώτοισι  μαχοίμην 
οδτε  κε  σέ  στίλλοιμι  μάχην  ές  κυοιάνειραν* 
νυν  b'  —  ίμπης  γάρ  κήρες  έφεστασιν  θανάτοιο 
μυρίαι,  &ς  ουκ  έστι  φυγείν  βροτόν  ούο'  ύπαλυΕαι  — 
ϊομεν,  ήέ  τω  ευχος  όρίΗομεν  ήέ  τις  ήμϊν. 
Nun  hätte  es  freilich  nur  geringen  Wert,  auch  wenn  es  möglich 
wäre,  etwa  alles  zum  Vergleich  heranziehen  zu  wollen,  was  an  diese 
Verse  anklingt  oder   in   alten  ^  und   neuen  Zeiten  mit  mehr  oder 
weniger  Recht  auf  sie  zurückgeführt  ist,  von  Kallinos'  Elegie  an- 
gefangen über  Demosthenes'  Kranzrede  §  97  bis  zu  Gregors  von 
Nazianz  Makkabäer-Enkomion  (MigneXXXV  S.  924  b)  und  weiter- 
hin.   Aber  es  ist  in  hohem  Grade  lehrreich  zu  verfolgen,  wie  die 
den  an  sich  naheliegenden*^  Gedanken  durch  besonderen  Schliff  und 
eigene  Fassung  so  eindrucksvoll  gestaltenden  Worte  des  Dichters 
von  den  verschiedensten  Geistern  der  verschiedensten  Zeiten  ihren 
Zwecken    dienstbar    gemacht    und    in  ihre  Sprachform    und  Stil- 
weise  umgesetzt  sind.    Die  nachfolgende  Zusammenstellung  solcher 
Paraphrasen  und  Variationen   von  den  Anfängen  der  Kunstproea 
an  bis  an  die  Schwelle  der  Renaissance  darf  zwar  nicht  den  An- 
spruch der  Vollständigkeit  erheben,  sie  wird  aber  nicht  nur  aue- 
reichen um  den   Beweis  zu  erbringen,  dass  jene  ευγενής  γνώμη' 
als    beliebter    τόπος    ττερι    φιλοψυχίας*  im    protreptischen    wie 

Textkritik  II  S.  483  ff.  Gehrmaun  Demosthenis  Thraois  μεταβολών 
Όδυσσείας  fragm.  Regim.  1890. 

^  [Plut.]  de  vita  et  poesi  Hom.  157,  [Luc]  Demosth.  enc.  5,  Gregor. 
Corinth.  in  Hermog.  VII  p.  1293  Walz. 

3  Dass  der  Gedanke  gerade  unter  einfachen  Kulturverhältnissen 
nahe  lag,  kann  z.  B.  der  bei  Böckel  Psychol.  der  Volksdichtung  S.  3G2 
angeführte  Schlachtgesang  der  Tonga-Insulaner  zeigen:  „Seid  Brave  in 
der  Schlacht.  Fürchtet  nicht  den  Tod.  Es  ist  weit  besser,  im  Kriege 
zu  sterben  als  zu  üause  ermordet  zu  werden  oder  langsam  hinzusiechen 
an  einer  Krankheit". 

8  Schol.  BT. 

*  Das  Wort  selbst  gebrauchen  Anon.  Jambl.  (l)  und  Theopomp  (3)• 


Die  Homer-Metaphrasen  des  Prokopios  von  Gaza  621 

paramythetiechen  Sinne  traditionelle  Verwendung  gefanden  hat, 
sie  kann  auch  daza  beitragen  in  anschanlicber  Form  den  Wandel 
vor  Augen  zu  führen,  dem  die  sprachliche  Kunet  und  der  Kunst- 
geechmack  innerhalb  jenes  mehr  als  tausendjährigen  Zeitraums 
unterlegen  hat. 

1.  Anonymus  in  Jamblichs  Protreptikos  S.  99,  18  Pistelli, 
Diels  Vorsokratiker  2  Π  S.  632: 

και  περί  φιλοψυχίας  bk  ώδ€  fiv  τις  π€ΐσθ€ίη,  δτι,  ei  μέν 
υπήρχε  τψ  άνθρώπψ  εΐ  μη  ύττ'  δλλου  άττοθάνοι  άγήρψ  τε 
εΤναι  και  άθανάτψ  τόν  λοιπόν  χρόνον,  συγγνώμη  &ν  <ήν> 
πολλή  τψ  φειοομένιυ  τής  ψυχής'  έπει  hk  υπάρχει  τψ  βίψ 
6  μηκυνομένψ  τό  τε  γήρας  κάκιον  δν  άνθρώποις  και  μη  άθά- 
νατον  εΤναι,  [κα\  ή]  άμαθία  ήοη  έστι  μεγάλη  και  συνήθεια 
πονηρών  λόγιυν  τε  και  έπιθυμημάτιυν ,  ταύτην  περιποιεϊν 
έπι  ουσκλείςι,  άλλα  μή  άθάνατον  άντ'  αυτής  λιπέσθαι,  άντι 
θνητής  οδσης  εύλογίαν  άέναον  καΐ  άει  ίώσον. 

5  viel],  κάκιστον  6  ή  tilgen  Pistelli  u.  Diels  9  λιπ^σθαι  dv  τι  θ. 
οοσης,  €ύ.  Diels,  oder  άντΙ  zu  tilgen?    Uebrigens  vgl.  Isokrates  VI  109 

2.  [Lysias]  Epitaphios  78:  εΐ  μέν  γαρ  οίον  τε  ήν  τοις 
τους  έν  τψ  πολέμψ  κινδύνους  οιαφυγοΟσιν  αθανάτους  εΤναι 
τόν  λοιπόν  χρόνον,  δΗιον  <δν  ήν>  τοις  2ώσι  τόν  δπαντα 
χρόνον  πενθεΐν  τους  τεθνεώτας•  νυν  bi  ή  τε  φύσις  και  νόσων 
ήττων  κο\  γήριυς,  ö  τε  δαίμων  ό  τήν  ήμετέρον  μοϊραν  είληχώς 
απαραίτητος.  79  ώστε  προσήκει  τούτους  εύδαιμονεστάτους  ήγεϊσ- 
θαι,  οϊτινες  υπέρ  μεγίστων  καΐ  καλλίστων  κινδυνεύσαντες  οοτω 
τόν  βίον  έτελεύτησαν,  ουκ  έπιτρίψαντες  περί  αυτών  τή  τύχη, 
oub'  άναμεΐναντες  τόν  αύτόματον  θάνατον,  άλλ'  έκλεΗάμενοι 
τόν  κάλλιστον^. 


Bei  Lesbonax  geht  dem  unter  5  angeführten  voraus  §  17:  ei  oOv  τις 
υμών  φίλοψυχΰιν  παρ€σκεύασται  άναχωρεΐν  ή  φεύγειν  ϊνα  σωθή,  ούκ 
όρθιυς  γινώσκει  τό  φίλοψυχεΐν  Ö  τι  εστίν. 

*  Auf  andere  Weise  wird  das  Homerische  Vorbild  zu  konso• 
latorischem  Zwecke  verwendet  in  den  Koraikerversen  bei  Plut.  cons.  ad 
Apollon.  p.  110  e  (Meineke  IV  S.  6(59  Kock  III  S.  429):  προς  τόν  έπΙ 
τφ  άώρψ  λυπούμενον  θανάτψ  * 

€Ϊτ'  €ΐ  μέν  ή  δεις,  οτι  τοΟτον  τόν  βίον, 

δν  ούκ  έβίωσε,  2ών  διευτύχησεν  dv, 

ό  θάνατος  ούκ  εύκαιρος•  εΐ  b*  ήνεγκεν  αΟ 

ούτος  ό  βίος  τι  τών  ανήκεστων,  ϊσως 

ό  θάνατος  αυτός  σοΟ  γέγονεν  εύνούστερος. 


622  Brinkmann 

3.  Tbeopompos  Fragra.  77  bei  Cleraens  Alex.  Strom.  VI  2,  21 
S.  7^9  P.  439  St. :  ei  μέν  γαρ  ή  ν  τον  κι'νουνον  τόν  παρόντα 
οιαφυγόντας  άοεαις  οιάγειν  τόν  έπίλοιττον  χρόνον,  ουκ  αν  ήν 
θαυμαστόν  φιλοψυχεΐν*  νυν  οέ  τοσαυται  κήρες  τψ  βίψ  πορα- 
πεφύκασιν,  ώστε  τόν  έν  ταίς  μάχαις  θάνατον  αϊρετώτερον 
εΤναι  οοκεϊν. 

Die  Worte  sind  ersichtlich  der  Ansprache  eines  Feldhcrrn  vor 
der  Schlacht  entnommen. 

4.  Cicero  er.  Philipp.  X  10,20:  magna  quidem  nos  epe  et 
prope  explorata  libertatie  causam  euecepimue.  sed  ut  concedam 
incertos  exitus  esse  belli  Martemque  communem,  tamen  pro 
libertate  vitae  pericnlo  decertandum  est,  non  enim  in  spiritu 
vita  est,  sed  ea  nulla  est  omnino  servienti.  —  ita  praeclara  est 
recuperatio  libertatie,  ut  ne  mors  quidem  sit  in  repetenda  liber- 
tate fngienda.  quod  si  immortalitas  consequeretur  praesentis 
periculi  fugam,  tamen  eo  magis  ea  fugienda  videretur,  quo 
diuturnior  servitus  esset,  cum  vero  dies  et  noctes  omnia  nos 
undique  fata  ciroumstent,  non  est  viri  minimeque  Romani 
dubitare  cum  spiritum,  quem  naturae  debeat,  patriae  reddere. 

5.  Lesbonax  Protreptikos  I  18  S.  31,  23  Kiehr:  εΐ  μέν 
ουν  ευ  ήοει  τις  δτι  τόνοε  τόν  κίνουνον  διαφυγών  μεθ'  ηδο- 
νής τόν  έττίλοιπον  χρόνον  οιατελέσας  συν  εύκλείςι  τελευτήσει, 
εΤχεν  δν  λόγον  τινά  ή  κακία*  νυν  δέ  πολλοί,  [και]  κακοί 
6  οόΕαντες  είναι,  ολίγον  χρόνον  βιοΟντες,  bia  την  ούσκλειαν 
άνιώμενοι  και  άτιμοι  τταρ'  έντίμοις  δντες,  κακώς  τόν  έπί- 
λοιπον  βίον  τελευτήσαντες,  ονείδη  τοις  παισι  κατέλειψαν. 
έπει  bk  ττεφύκαμεν  ουκ  αθάνατοι,  ττοΟ  κάλλιον  άττοθνήσκειν 
ή  υπέρ  ών  χρή  τιμωρουσι;  ποίαν  άλλην  άρετήν  κτιυμένοις 
10  ποιος  ήδίων  θάνατος;  τίνες  εύκλεε'στεροι  [οι]  αποθανόντες  ή 
<ο\>  οίίτιυ  τελευτήσαντες; 

Γ)  vielleicht  έπιβιοΟντ€ς  7  κατίλειψαν  Reiske:  καταλείψουσιν 
9  τιμωροΟντας  Kiehr         κτώμενους;  Hss.  u.  Ausgaben 

Γ).  Prokopios  von  Gaza  Homerische  Metaphrasen,  oben 
»S.  515,  2:  A.  δια  νίκης  ελπίδα  και  τήν  ήτταν  φέρων  άνίίομοΓ 
οίδα  τήν  φύσιν,  τών  Μοιρών  τάς  μηχανάς  έΕεπίσταμαΓ  δθεν 
άμείνων  ή  μάχη.  και  άριστεύειν  επείγομαι,  ττριν  γήρας  Ιδεϊν 
και  παώευθήναι  καλώς,  ώς  ου  μόνον  ή  μάχη  φερειν  οϊδε 
6  τόν  θάνατον. 

Β.  ποθώ  πολίμιον  ή  βαλεΐν  ή  πεσεΐν  έπειγόμενος,  ναι 
μα  τήν  Μοϊραν,  ήν  κα\  φεύγων  πάντως  άλώσομαι.    δώμεν  γαρ 


Die  Homer-Metaphrasen  des  Prokopios  von  Gaza  623 

ώς   ου   bei    λαμπρόν     γενέσθαι    μαχόμενον    ουκ   ενοχλήσει 

γήρας  άπειθή ;  οραττίτην  μάχης  άθάνατον  ουκ  olba  γενόμενον. 

Γ)  βάλλ€ΐν  έπ€ΐτόμ€νον    veib.  Rabe  9  αθανάτου    verb. 

Rabe,  weiterer  Aenderungen  überhebt  vielleicht  die  Interpunktion  άπειθή; 

7.   Nikolaos  Kabaeilas    (f  1371)   ΤΤροσφώνημα    εΙς    τον 
δγιον  Δημήτριον    in  Theophilos'  Joannii  Μνημεία  αγιολογικά 
S.  85:  και  μήν  εΐ  τέλος  ουκ  ήν  Χριστός  τά  καθ'  ήμας,  αθάνα- 
τοι b'  ήμεν  και  άγήρψ  ήματα  πάντα,  μάλιστα  μέν  oOb'  ουτιυ 
χρήν  δν  τών   παρόντων  αγαθών   έΕηρτήσθαι,    τά  γάρ  μείίο) 
τον  Χριστόν   και    τάκείνου    περί   πλείονος   άγειν,   άλλ'   ουν 
5  είχεν    άν   τίνα    τούτο    λόγον.     έπει   bk    θνητοί   πεφύκαμεν 
άνθρωποι,    και  τόν  του  περιεϊναι  και  2ήν  εΙς   πεϊρον  Ιόντα 
και  προς  ανάγκην  τεθνήΕεσθαι  προσδοκάν  f στι,  πώς  ου  δεινώς 
άτοπον,  εΐ    δ  στεφάνων  χωρίς  ανάγκη   παθεΐν,  ταύτα    μετά 
στεφάνων  καιρού  καλούντος  ούχ  έλοίμεθ'  άν; 
2  άγήρω  οΐήματα       3  χρήν  αν:  χρήναι 
Bonn.  Α.  Brinkmann. 


MISCELLEN 


Ζπ  Herodot  II  1β 

Textesfehler  besitzen  mitunter  ein  erstaanlich  zRhes  Leben. 
Eb  sind  25  Jahre  vergangen,  seitdem  ich  einen  solche  an  der  oben- 
genannten Stelle  befindlichen  berichtigt  habe,  und  der  erste  Blick 
in  die  soeben  erschienene  verdienstvolle  Herodot• Ausgabe  Karl 
Hude's  (Oxford  1908)  zeigt  mir,  dase  die  alte  Irrung  noch 
immer  das  Feld  behauptet.  Ich  spreche  so  zuversichtlich, 
weil  jene  kleine  £mendation  nicht  zu  denjenigen  gehört,  über 
deren  Richtigkeit  der  so  fehlbare  subjective  Geschmack  ent- 
scheidet, sondern  einzig  und  allein  das  logische  Denken,  dessen 
Regeln  für  alle,    allerwärts   und  zu   allen  Zeiten   dieselben  sind. 

Der  naive  Vater  der  Geschichte  liebt  es  bisweilen  eine 
Spitzfindigkeit  an  den  Tag  zu  legen,  die  seiner  Zeitgenossen, 
der  grossen  Sophisten,  nicht  unwürdig  wäre.  Solch  ein  subtiles 
Räsonnement  stellt  er  gern  in  den  Dienst  einer  Polemik,  die  er 
mit  Vorliebe  gegen  seine  Vorgänger,  vor  allem  gegen  Hekatäos 
richtet.  So  will  er  denn  den  Griechen  und  selbst  den  scharf- 
sinnigen Joniern  beweisen,  daes  sie  nicht  zu  rechnen  verstehen. 
Ihre  Doppel- Behauptung  nämlich,  es  gebe  drei  Erdtheile  (Europa, 
Asien  und  Libyen)  und  es  sei  der  Nil,  der  die  Grenze  zwischen 
Asien  und  Libyen  bildet,  leide  an  einem  inneren  Wiederspruch. 
Sie  müssten  vielmehr  einen  vierten  Erdtheil  annehmen  und  das 
ägyptische  Delta  für  diesen  erklären,  da  der  Nil  dieses  mit  seinen 
beiden  Armen,  dem  pelusischen  und  dem  kanobischen,  umspanne. 
Dieser  übermüthige  dialectische  Scherz  hat  nur  dann  Sinn  und 
Verstand,  wenn  wir  die  vorwitzige  Besserung  eines  Lesers  be- 
seitigen, der  die  Conclusion:  der  Nil  scheidet  nicht  die  beiden 
Welttheile,  in  den  Obersatz  des  Schlusses  hineinlesen  wollte  und 
die  Negation  dort  einführte,  wo  sie  ganz  und  gar  nicht  an  ihrem 
Platze  ist.  Die  Stelle  hat  unweigerlich  also  zu  lauten:  τέταρτον 
γαρ  br\  σφεας  προσλογίίεσθαι  <χρήν>  ΑΙγύτττου  το  Δέλτα,  ei 
μήτε  γέ  έστι  τής'Ασίης  μήτε  της  Λιβύης•  ου  γαρ  δη  (Ι.  ή  γάρ 
οή)  ό  Νεϊλός  γέ  έστι  κατά  τούτον  τόν  λόγον  ό  τήν  'λσίην 
ούρίΐων  της  Λιβύης,  του  Δέλτα  bi  τούτου  κατά  τό  όΗύ  περιρ- 
ρήγνυται   ό  Νείλος,  ώστε   έν  τψ  μεταΗύ  *Ασίης  τε  και  Λιβύης 


Misoellen  625 

γίνοιτ'  fiv^.  Noch  sei  bemerkt,  dass  ich  (χρήν)  einzasetzen  vor- 
schlug, da  in  der  besseren  Handschriften-Classe  b€i,  das  Krüger 
in  fbei  ändern  wollte,  fehlt.  Demselben  Gelehrten  wird  in 
Steines  Ausgabe  (1884)  die  Besserung  ή  statt  ου  zugeschrieben, 
meines  Wissens  mit  Unrecht.  Ich  habe  sie  in  Vorschlag  ge- 
bracht (Herodot.  Studien  I  Sitzungsber.  1883,  525  f.).  Die  Haupt- 
sache ist  dass  alle  neueren  Herausgeber,  so  Holder,  Herwerden 
und  jetzt  Hude,  den  Vorschlag  völlig  unberücksichtigt  lassen  — 
auch  Stein  hat  ihn  nur  erwähnt,  nicht  verwerthet.  So  schien  es 
denn  zweckmässig,  ihn  endlich  wieder  vorzubringen  und  zu  be- 
gründen. 

War  Archimedes  von  königlichem  Geblfite? 

Das  wird  wohl  allgemein  geglaubt  auf  Grrund  von  Plutarch 
Vita  Marcelli  14,  7  (365,  9  ff.  Dübner):  και  μέντοι  και  'Αρχιμήδης, 
Ίίριυνι  τψ  βασιλεΐ  συγγενής  ών  καΐ  φίλος,  ίγραψεν,  ώς 
κτΙ.  Doch  ist  es  mindestens  ebenso  möglich,  dass  die  gesperrten 
Worte  nur  Bezeichnungen  des  von  Archimedes  innegehabten 
Kanges  sind.  Ueber  diese  unseren  Adelstiteln  oder  Ordensane- 
zeichnungen verwandten  Prädicate  hat  einst  Letronne  (Recherchee 
pour  servir  k  Thistoire  de  l'Egypte  313  f.,  322  —  328  u.  376) 
gehandelt,  ungleich  eingehender  und  auf  ein  riesenhaftes  Urkunden- 
Material  gestützt  Strack  im  Rhein.  Mus.  LV  161  ff. :  'Griechische 
Titel  im  Ptolemäerreich.*  In  Ansehung  des  Ursprungs  dieser 
Titulaturen,  die  man  einerseits  schon  im  alten  Aegypten,  anderer- 
seits am  persischen  Hofe  antrifft,  mag  vielleicht  die  Vermnthung 
statthaft  sein,  dass  beide  Völker  aus  einer  gemeinsamen  Quelle 
geschöpft  haben,  die  dann  wohl  keine  andere  sein  könnte  als 
babylonischer  Hofbrauch.  Wie  dem  immer  sein  mag,  in  den 
Diadochenstaaten  war  diese  Titel-Institution  ungemein  weit  ver- 
breitet. Dass  auch  die  sicilischen  Fürsten  dieses  Machtmittel  an- 
zuwenden geneigt  waren,  das  liess  sich  von  vornherein  ver- 
mnthen.  Polybios,  auf  den  Strack  verweist,  liefert  den  urkund- 
lichen Beleg  dafür,  dass  diese  Uebung  dem  syrakusanischen  Hof 
zur  Zeit  des  Archimedes  nicht  fremd  war  (VH  8,  4).  Nur  ein 
Umstand  kann  Bedenken  erregen:  dass  nämlich  der  niedrigere 
und  der  höhere  Titel  hier  nebeneinander  erscheinen,  während  sie 
in  den  Inschriften  niemals  cumulirt  werden.  *Wer  eine  höhere 
Stufe  der  Ehrenleiter  erreicht,  legt  den  Titel,  der  die  niedrigere 
bezeichnet,  ab.*  (Strack  a.  a.  0.  175).  Allein  ob  sich  nicht  Plutarch 
solch  ein  Mangel  an  strenger  Genauigkeit  zutrauen  läset?  Wenn 
der  grosse  Naturforscher  zuerst,  wie  es  nicht  anders  sein  konnte, 


1  Ich  füge  eine  Uebersetzung  bei :  *Denn  sie  hätten  noch  einen 
vierten  Erdtheil  hinzurechnen  müssen,  nämlich  das  ägyptische  Delta, 
wenn  es  doch  weder  zu  Asien,  noch  zu  Libyen  gehört.  Denn  es  ist  ja 
doch  der  Nil,  der  nach  dieser  Ansicht  Asien  von  Libyen  scheidet;  nun 
spaltet  sich  aber  der  Nil  an  der  Spitze  des  Delta,  so  dass  dieses  zwischen 
Asien  und  Libyen  mitten  inne  zu  liegen  käme.* 

Bhein.  Mus.  f.  PhUol.  N.  F.  LZIII.  40 


«26  MisoeUen 

zum  ^Freund  des  Königs*  ernannt  und  später  zom  'Verwandten  des 
Könige*  vorgerückt  war,  sollte  da  nicht  ein  nm  die  Einhaltung 
strenger  Etikette  wenig  bekümmerter  Autor  die  beiden  Rucceeeiv 
erfolgten  Auszeichnungen  haben  verbinden  können?  Auch  ein 
Schriftsteller  unserer  Tage  würde  in  einem  analogen  Falle  schwerlich 
ein  Bedenken  hegen  zu  schreiben:  K.  K.  war  Commandeur  and 
Grosskreuz  eines  bestimmten  Ordens,  während  hier  ebenso  wie 
dort  die  später  verliehene  höhere  Ordensauszeichnung  die  frühere 
und  um  einen  Grrad  tiefer  stehende  gleichsam  auslöscht  und  in 
sich  aufnimmt. 

Wien.  Th.  Gomperz. 

Zu  Frsgaenien  des  Eiripides^ 

Der  oben  S.  127  ff.  von  Rabe  veröffentlichte  Commentar  des 
Logotheten  Johannes  zu  Hermogenes  bringt  einige  neue  sehr 
interessante  Dichterfragmente,  namentlich  aus  Enripides,  die  zum 
Theil  der  Verbesserung  bedürftig  sind. 

So  sagt  S.  145,  18  Herakles  von  Eurystheus: 

δς  μ*  ίπεμψ'  ^Άιδου  κύνα  is 

αγ€ΐν  KeXeuujv  Ιώντα  προς  Μυκηνίδας 
πύλας,  Ibciv  μέν  ού  θέλιυν,  άθλον  bi  μοι 
άνήνυτον  τόν  δώκεν  έίηνυκέναι. 
Hier   ist  in  τόν  bUJK€V  έΕηνυκέναι    alles,    zumal    auch    der  Inf. 
Perf.  unverständlich.     Ich  lese  τόνο'  φ€Τ^  ίΕηνυκίναι  und  ver- 
stehe έΕανυ€ΐν  im  Sinne  von  'zuweere  bringen,  herbeiführen*,  wie 
öoph.  Trach.  1022,  wo  der  Schol.  ίστι  μοι  έΗανύσαι  durch  ττροσ- 
άπτ€ΐν  ούναμαι  erklärt.     Das   passt,    sonst  läge  ja   έΕηυρηκέναι 
nicht  allzufern.     Freilich   ist  έζηνύκέναί  auffällig;   doch  lässt  es 
sich  schon    wegen    der  Paronomasie  άνήνυτον  έΗηνυκέναι  nicht 
antasten.   Auch  fehlt  Analoges  nicht  ganz;  denn  άνιχτιυ  :  ήνϋκα  = 
μυσα):μέμϋκα  (Hom.  II.  XXIV  420). 

Grösseres  Verderbniss  findet  sich  in  den  der  Stheneböa  ent- 
nommenen Worten  des  Bellerophon  S.  248,  14—26: 
ούπώποτ'  ηθέλησα  οέΕασθαι  λόγους 
ούο'  €ίς  νοσοΟντας  ύβρίσαι  δόμους  Είνος  ιβ 

μισών  Ιριυτα  Ο€ΐνόν,  δς  φθ€(ρ€ΐ  βροτους. 
οιπλοϊ  γαρ  ίρωτες  έντρέφονται  χθονί* 
ό  μέν  γεγώς  ίχθιστος  €ΐς  Αϊοην  φέρ€ΐ, 
6  6'  €ΐς  τό  σώφρον  έττ'  άρετήν  τ'  δγιυν  ίρως 
ίηλωτός  άνθρώττοισιν '  ών  €Ϊην  έγώ.  ao 

οόκουν  νομί2[ιυ  κα\  θαν€ΐν  γ€  σιυφρονών, 
άλλ'  €ΐς  άγρόν  γαρ  ϋχέναχ  βουλήσομαΓ 
ού  γάρ  μ€  λύει  τοϊσο'  έφήμενον  οόμοις 
κακορροθεϊσθαι  μή  θίλοντ'  εΤναι  κακόν  κτλ. 
Die  metrischen  Fehler  in  17  lassen  sich  leicht  so  verbessern: 

διπλοί  γ'  ίριυτες  έντρέφοντοί  <πως)  χθονί* 
penn  γάρ  ist  nach  Wiederholung   der    beiden    folgenden    Boch- 

1  [Vgl.  V.  Wilamowitz  Classical  Phiiology  III 1908  S.  225  ff.  D.  Red.] 


Miscellen  627 

etaben  aas  γ€ρ  entstanden;  γε  so  mitunter  satzverbindend  im 
Sinne  von  γάρ,  wie  Eur.  lA.  1394  B.  1183.  Tbuk.  140,4.  70,2. 
111  63,  2.  VI  86,  3;  zu  πως  in  allgemeinem  Gedanken  vgl.  Sopb. 
Phil.  448.  Eur,  Med.  119.  Mit  χθονί  ist  die  Erde  als  Scbauplatz 
menscblicben  Lebens  gemeint,  wie  wir  sagen:  es  giebt  zwei 
Arten  der  Liebe  auf  Erden  (so  έττι  χθονί  Soph.  Trach.  811).  Der 
in  18  entbaltene  Gedanke,  dass  die  scblimme  Liebe  in  den  Hades 
führe,  ist  weder  an  sich  angemessen  noch  bietet  er  zu  20  2!ηλ(υτός 
άνθρώττοισιν  den  erforderlichen  Gegensatz.  Mir  ist  kein  Zweifel, 
dass  αισχύ  νην  φέρει  statt  εΙς  Αΐδην  φέρει  zu  lesen  ist.  Vers  21 
fasse  ich  als  dubitative  Frage:  ουκ  ουν  νομίΐω  και  θανεΐν  γε 
σωφρόνων;  soll  ich  denn  nun  nicht  glauben  sogar  sterben  zu 
müssen,  um  rechtschaffen  zu  bleiben  ?  Von  νομί2Ιω  hängt  also  ein 
Begelirungssatz  ab,  worüber  Näberes  in  meiner  Kritisoh-hist. 
Syntax  S.  632,  2,  und  σωφρόνων  ist  finales  Part.  Präs.  de  conatu 
(ebenda  8.  150);  gerade  wie  hier  σωφρόνων  =  φστε  σωφρονεϊν, 
80  Plat.  Euthyphr.  8  c  πάντα  ποιοΟσι  καΐ  λέγουσι  φεύγοντες 
την  οίκην  =  ώστε  φεύγειν  την  οίκην.  Nun  gewinnen  wir  auch 
den  richtigen  Zusammenbang  mit  dem  Folgenden.  Denn  in  der 
brachylogischen  Verbindung  άλλα  —  γάρ  bezieht  sich  bekannt- 
lich άλλα  auf  einen  vorschwebenden  leicht  zu  ergänzenden  Gegen- 
satz; so  hier:  doch  in  die  Lage  werde  ich  nicht  kommen;  denn 
ich  will  hinausgehen  auf  das  Land;  es  nützt  mir  nämlich  nichts 
(λύει  =  λυσιτελεΐ)  hier  im  Hause  zu  bleiben  usw.  Den  falschen 
Anapäst  in  22  zu  beseitigen,  weiss  ich  keinen  andern  Rath  als 
έκμολεΐν  βουλήσρμαι  zu  schreiben  (Hesych.  ίκμολε'  έΗήλθεν. 
έΕέμολεν  έΕήλθεν).  Auch  vorher  147,  33  in  demselben  Stücke 
ist  τιμωμένους  offenbar  Glossem  zu  γαυρουμένους,  das  Stobäos 
bewahrt  hat.  lieber  das  Fut.  βουλήσομαι  vgl.  Krit.-hist.  Syntax 
S.  142,  2. 

Münster.  J.  M.  Stahl. 

Znr  Textkritik  von  Jnliaii.  Or.  IV 

Seit  Hertleins  Ausgabe  (1875)  ist  die  Kritik  der  beiden 
theosophischen  Reden  Julians  nur  wenig  gefördert  worden. 
Cobet  (Mnemosyne  1882  und  1883),  Naber  (Mnemosyne  1883), 
Klimek  (Coniectanea  in  Julianum  etc.  Dies.  Yratisl.  1883  und 
*Zur  Würdigung  der  Handschriften  und  zur  Textkritik  Julians.' 
Beilage  z.  Jahresb.  des  Kgl.  kath.  Gymn.  zu  Leobschtitz  1888) 
und  ich  selbst  ('Julians  Galiläerschrift  im  Zusammenhang  mit 
seinen  übrigen  Schriften.*  Beilage  z.  Jahresb.  des  Gr.  Gymn, 
zu  Freiburg  i.  B.  1904)  haben  einiges  beigesteuert.  King  (Julian 
the  Emperor  etc.  London  1888)  und  Mau  Cdie  Religionsphilosophie 
Kaiser  Julians'  usw.  Leipzig  u.  Berlin  1908)  berücksichtigen  in 
ihren  Uebersetzungen  die  Textkritik  fast  gar  nicht;  gleichwohl 
geben  auch  sie  dem  sachkundigen  Leser  an  vielen  Stellen,  wo 
ihre  Wiedergabe  unzureichend  erscheint,  Veranlassung,  den  Wort' 
laut  auf  seine  Richtigkeit  genauer  zu  prüfen.  Wir  behandeln 
im  folgenden  vorwiegend  solche  Schwierigkeiten,  welche  seit  der 


628  Miscellen 

letzten  Textgestaltang  keine  Beachtung  mehr  gefanden  haben, 
und  setzen  dabei  das  von  Hertleins  Adnotatio  critica  gebotene 
Material  stillschweigend  als  bekannt  voraus. 

P.  172,  13  (τάγοθόν)  συνίχον  αυτά  κο\  π€ριλάμπον  bietet 
kein  passendes  Objekt  zu  dem  vorausgehenden  θ€0Ϊς,  das  Klimek 
daher  (Progr.  S.  6)  streichen  will.  Aber  die  Götter  und  nicht 
κάλλος,  ουσία  κτλ.  (Ζ.  12),  worauf  Mau  mit  'diese  Eigen- 
schaften' zurückgreift,  bilden  den  Gegenstand  der  Zusammen- 
fassung und  ümleuchtung ;  vgl.  p.  1 73,  23 ;  179,24;  187,3;  193, 
12;  194, 10.  26;  196,  18;  203, 13.  Man  verbessere  daher  αυτούς. 

Ρ.  175,  19  (οι  Κυττρίιυν  ΐ€ρ€ϊς)  κοινούς  άποφοίνουσι* 
βωμούς  Έλίψ  και  Διί.  Vor  βιυμούς  vermisst  man  τους;  vgl. 
ρ.  186,  17  ίφαμεν  και  ττρότερον  (ρ.  175,  19)  ΙορΟσθαί  τε  ούτοϊς 
έν  Κύττρψ  και  άποοεοεϊχθαι  κοινή  τά  τεμένη. 

Ρ.  176,  9  (Ήλιος)  άνατείνιυν  τάς  ψυχάς.  Die  beiden 
letzten  Worte  bilden  unmittelbar  nach  dem  Z.  7  vorausgehenden 
αύτάς,  das  seinerseits  wieder  auf  Z.  6  τάς  ψυχάς  zurückweist, 
eine  lästige  Wiederholung. 

P.  176, 15  ό  μέν*  γενεαλόγων  (sc.  Ησίοδος)  entbehrt  der 
notwendigen  Anknüpfung;  es  empfiehlt  sich  daher  γάρ  vor 
γενεαλόγων  einzufügen. 

P.  181,  2  τής  μέν  (so.  ουσίας*)  μιμούμενος  (sc.  Ήλιος) 
τήν  συνεκτικήν  ούναμιν  .  .  .  τής  bk  τελευταίας  προκατάρχιυν 
wird  erst  durch  ein  dem  τελευταίας  entsprechendes  πρώτης 
hinter  τής  μέν  vollständig. 

Ρ.  182,  27  δ  bx]  τό  μέσον  έστΙ  .  .  .  παρίστησιν.  Aus 
dieser  handschriftlichen  Lesart  ist  das  Richtige  am  leichtesten 
durch  Aenderung  von  έστι  in  αύτοΟ  herzustellen;  vgl.  p.  175, 11 
τό  bk  μέσον  (sc.  ' Ηλίου;;  ρ.  180,  8  τό  μέσον  (sc.  τής  ουσίας 
αύτου  sc.  Ηλίου),  wodurch  Hertleins  Vorschlag  δτι  μέσος  έστι 
unwahrscheinlich  wird. 

Ρ.  183,  4  τών  περί  τόν  τελευταϊον  κόσμον*  hat  kein  Be- 
ziehungswort zu  τών.  Nach  Or.  V  ρ.  209,  22.  28;  221,  14 
dürfte  ουσιών  zu  ergänzen  sein. 

P.  186,  7  δσπερ  ist  Druckfehler  statt  δττερ,  das  dem 
folgenden  τούτο  in  Z.  10  entsprechen  muss. 

P.  186,  16  ist  hinter  αυτόν  statt  des  Punktes  ein  Frage- 
zeichen zu  setzen,  da  der  Satz  Z.  10  τουτο  ουκ  άν  τις  εΐκότιυς  . . . 
νομίσειεν  eine  rhetorische  Frage  enthält  und  nicht  eine  wirkliche 
Verneinung;  vgl.  p.  175,  3  πώς  ουν  ουκ  εΐκότως  .  .  .  ύπολαμ- 
βάνομεν  κτλ.;  ρ.  174,  18.  179,  8. 

Ρ.  186,  22  ούτος  (sc.  Απόλλων)  Ήλίψ  .  .  .  επικοινωνεί 
και  τήν  απλότητα.  Die  Aenderung  des  και  in  κατά  ist  leichter 
als  Hertleins  bia,  das  zudem  auch  durch  das  von  ihm  bei- 
gezogene bia  τής  άπλότητος  ρ.  194,7  nicht  gestützt  werden  kann. 

P.  187,  4  περιέχων  6  θεός  (sc.  Ήλιος)  τάς  αρχάς  τής 
καλλίστης  νοεράς  συγκράσεως  "Ηλιος  Απόλλων  έστΙ  Μουσηγέ- 
της  scheint  lückenhaft:  Vielleicht  ist  nach  Massgabe  von  Z.  19 
τό  bk  τής  καλλίστης  συμμετρίας  κα\  νοερας  κράσεως  περί  τήν 


Miscellen  629 

του  Μουσηγέτου  hinter  καλλίστης  einzuschieben  συμμετρίας 
και,  wodurch  die  Verbindung  mit  νοεράς  hergeetellt  würde. 
Dagegen  iet  Ήλιος 'Απόλλων  wohl  zu  streichen;  denn  ganz  ab- 
gesehen davon,  dass  das  Subjekt  ό  θεός  δοε  nicht  noch  einmal 
ausgedrückt  zu  werden  brauchte,  war  zuletzt  auch  nicht  von 
Helios-Apollon,  sondern  von  Helios-Dionysos  (p.  186,  24)  die 
Rede,  und  zudem  wird  der  Gott  ja  auch  an  der  späteren  Stelle 
ebenfalls  bloss  als  der  Museget  bezeichnet.  Hier  ist  wohl  Z.  19 
hinter  το  οέ  ein  Begriff  wie  αίτιον  (vgl.  p.  172,  10.  11.  20) 
und  vor  κράσεως  die  Präposition  συγ  ausgefallen ;  vgl.  Z.  5 ; 
p.  194,26. 

P.  187,  6  την  δλην  ήμϊν  (Ήλιος)  τής  εύταΗίας  ίιυήν 
συμπληροΐ.  Hier  wird  die  Wortstellung  besser,  wenn  man  2!ωήν 
hinter  τήν  setzt;  vgl.  Z.  21  το  συμπληροΟν  bi  τήν  εύταΗίαν 
τής  όλης  2ωής,  wo  aber  της  εύταΗίας  τήν  δλην  ίιυήν  zu 
schreiben  sein  dürfte. 

Ρ.  187,  7  έν*  κόσμψ.     Besser    έν    τψ  κόσμψ;    vgl.  Ζ.  8. 

Ρ.  188,  15  ("Ηλιος  τόν  τόκον)  έχει  και*  περί  εαυτόν 
ύττοστήσας  ist  wohl  durch  πρό  τοΟ  κόσμου  (vgl.  ρ.  187,  8) 
hinter  και  zu  ergänzen.  Hinter  ύποστήσας  ist  ein  Punkt  zu 
setzen,  so  dass  die  folgenden  Worte  φ  και  τόν  τέλειον  νουν 
οιανέμει  relativisch  anknüpfen.  In  dem  daran  anschliessenden 
Satze  καθάπερ*  δμμασιν  ένοικους  b\ä  του  φιυτός  τήν  όψιν*, 
ούτω  ί)έ  και  έν  τοις  (νοητοϊς  add.  Pet.)  bxä  του  νοερού  τταρα- 
οείγματος  . . .  πασιν  οΤμαι  τοις  νοεροϊς  τό  νοεϊν  καΐ  τό  νοεΐσθαι 
παρέχει  ist  offenbar  manches -ausgefallen.  Vielleicht  hiess  es  ur- 
sprünglich: καθάπερ  <γάρ  έν  τοις  φαινομένοις  τοις)  δμμασιν 
ένοιοούς  bxä  του  φιυτός  τήν  όψιν  <καΙ  τοις  όρωμένοις  τό 
όρατόν  (vgl.  ρ.  174,  9)>,  ουτιυ  bk  κτλ.  Das  von  Petavius  ein- 
gesetzte νοητοΐς  sowie  das  handschriftliche  νοερού  hätte  ich 
Progr.  S.  56  ff.  nicht  anfechten  sollen,  da  jenes  den  Begriff  des 
νοερόν  in  sich  scbliesst  und  deshalb  mit  dem  Wesen  des  intel- 
lektuellen Helios  nicht  unvereinbar  ist  und  das  intellektuelle 
Beispiel  auf  ihn  selbst  bezogen  werden  kann. 

P.  189,  1  έφ'  δσον  ήμϊν  οΐόν  τε  ήν  έφικέσθαι  τής  περί 
αυτόν  (sc.  "Ηλιον)  ευφημίας  σπεύοοντες,  οιεληλύθομεν  ist  wohl 
falsch  interpungiert:  Das  Komma  passt  besser  hinter  ευφημίας, 
so  dass  die  beiden  letzten  Worte  mit  einander  in  Zusammenhang 
gebracht  werden ;  vgl.  p.  204,  5. 

P.  190,21  ist  wohl  das  handschriftliche  ήμϊν  nicht  zu 
ändern,  da  es  sich  hier  um  die  allgemein  übliche  Bezeichnung 
der  Dioekuren  als  έτερήμεροί  handelt;  anders  ist  es  Z.  24  wo 
Heyler  mit  Recht  ύμεΐς  vorgeschlagen  hat.  Denn  hier  ist  von 
der  unkritischen  Erklärung  dieser  Bezeichnung  die  Rede. 
Störend  ist  in  dem  ganzen  Passus  die  Abgerissenheit  der  Diktion. 
Der  Sinn  ist  wohl  der,  dass  die  Polarkreise  den  Dioskuren 
gleichzusetzen  sind,  weil  sie  in  der  p.  191,  15  dargelegten  Be- 
deutung έτερήμεροι   und  dementsprechend  einer   μεγάλη  ανάγκη 


630  Miscellen 

(ρ.  190,  17)  unterworfen  eind.     Der  Ausdrack  μεγάλης  ανάγκης 
πλάστιγγες  dürfte  auf  ein  Zitat  zurückgehen. 

P.  194,  11  αδ  τψ  βασιλεϊ.     Besser  αύτψ  <τψ>  β. 

Ρ.  194,  20  άνθρώτΓΟίς  bk  αγαθά  όίοωσίν  *  Αθήνα  σοφίαν 
τ€  νοεί  ν  (βο  die  Handschriften)  και  κτλ.  Vielleicht  ist 
σοφίαν  τ'  Ινθεον  zu  schreiben;  vgl.  ρ.  198,  7  (Απόλλων) 
σοφίαν  .  .  .  Ιοωκεν  άνθρώποις  Ινθεον. 

Ρ.  195,2  (Αφροδίτη)  Ήλιου  ...  εγγύς  ούσα  και  συμπερι- 
θέουσα  και  πλησιάζουσα  πληροί.  Das  letzte  Partizip  ist  wohl 
prädikativ  zu  fassen  und  daher  das  ihm  vorangehende  και  zu  tilgen. 

P.  195,  5  beginnt  nach  Σώων  mit  ης  ein  neuer  Satz. 
Daher  ist  statt  des   Kommas  ein   Punkt  zu  setzen. 

P.  195,  9  αύγάς  ήοίστας  και  ακήρατους*  αύτου  του 
χρυσίου  στιλπνοτίρας.  Hier  scheint  vor  αύτοΟ  die  Conjunction 
καΐ  zu  fehlen. 

Ρ.  195,  10  Ιτι  μετριάσαι  βούλομαι  τής  Φοινίκων  θεο- 
λογίας ist  wohl  verdorben  aus  Ιτι  με  φράσαι  βούλει  τι  κτλ.; 
vgl.  ρ.  200,  10  βούλει  ...  Ιτι  σοι  ..  .  φράσω  κτλ.;  ρ.  200,  26 
Ιτι  σοι  βούλει  . . .  φράσιυ  κτλ.  Das  Verbum  μετριάσαι  ist  nicht 
julianisch,  und  auch  mit  Maus  Aenderung  τάς  Φ.  θεολογίας  ist 
nicht  geholfen,  da  dies  nicht  „die  Lehren  der  phönikischen  Theo- 
logie'^ bedeuten  kann. 

P.  198,  23  Άφροοίτην  Άθηνα  συγκαταπέμψας  ήμϊν,  κηδε- 
μόνα κτλ.  ist  falsch  interpungiert.  Das  letzte  Wort  gehört  als 
Objektsprädikativum  zum  Vorhergehenden  ;  daher  ist  das  Komma 
eine  Stelle  weiter  vorzurücken. 

P.  198,  26  γένεσιν  του  όμοιου.  Besser  γέννησιν;  vgl. 
ρ.   199,  2  άπογέννησιν  τοΟ  όμοιου. 

Ρ.  199,  27  hat  das  handschriftliche  φησί  ein  passendes 
Subjekt  in  ή  φήμη  und  ist  daher  nicht  zu  ändern. 

P.  200,  5  λυκάβαντά  φασιν  άπό  του  θεού  τον  ένιαύσιον 
χρόνον.  Das  handschriftliche  θεου  ist  richtig;  denn  Julian  will 
keine  etymologische  Erklärung  des  Wortes  λυκάβας  geben,  sondern 
aus  der  chronologischen  Bedeutung  desselben  die  Zugehörigkeit 
des  λύκος  zu  Helios  folgern. 

P.  200,  6  ούχ  "Ομηρος  μόνον  ούοέ*  ο\  γνώριμοι  τών 
'Ελλήνων  scheint  lückenhaft;  vielleicht  ist  hinter  ovbk  ein  Be- 
ziehungswort wie  o\  αλλοι  σοφοί  ausgefallen. 

Ρ.  200,  8  sollte  es  wohl  διανύε  ι  ν  statt  οιανύων  heissen,  da 
das  Verbum  zu  dem  Subjekt  λυκάβαντά  gehört. 

P.  204,  23  ♦αύτοΟ  ...  τι  συγγράφειν.  Die  in  der  Rektions- 
losigkeit  von  αύτου  liegende  Schwierigkeit  ist  am  leichtesten  da- 
durch zu  heben,  dass  man  περί  davor  einschiebt. 

P.  204,  25  έν  τούτω  το  πάνυ  ύπελάμβανον  τό  περί  τής 
ουσίας  αύτου  φράσαι  (so  die  Handschriften)  ist  vielleicht  ver- 
dorben aus  έν  τούτω  ούκ  άτοπον  κιλ.;  vgl.  Or.  V  ρ.  217,  20 
ούκ  άτοπον  ούν,  εΐ  κτλ. 

Freiburg  i.  Β.  Rudolf  Α smus. 


Miscellen  63] 

Zn  Julians  lY.  Rede 

Mit  Recht  bemerkt  R.  Asmus  oben  S.  628,  dass  die  Aus- 
führung Julians  S.  186,  10 — 16  H.  nicht  negativen  Sinn  haben 
kann,  es  wird  das  schon  formell  durch  καΐ  Ζ.  13  sicher  gestellt. 
Allein  es  geht  doch  nicht  an,  den  Nachsatz  τούτο  ουκ  fiv  τις 
εικότιυς  ....  νομί(Τειεν  ohne  weiteres  als  Frage  zu  nehmen. 
Also  ist  entweder  τοΟτο  ^7Γώς)>  ουκ  δν  τις  εικότιυς  wie  ζΒ. 
S.  175,  3  oder  wie  S.  175,  26.  229,  20  τούτο  ουκ  δν  τις  <ά7Γ>ει- 
κότως  ....  νομίσ^ιεν  herzustellen. 

S.  195,  3  wird  man  nicht  nur  wie  Asmus  καΐ  sondern  auch 
πλησιάζουσα  gerne  missen.  In  der  Tat  fehlt  beides  bei  Eusta- 
thios,  der  die  Stelle  im  Kommentar  zur  Odyssee  S.  1597,  58  an- 
führt: bio  και  ό  παραβάτης  φησίν,  δτι  σύγκρασις  τών  ουρα- 
νίων ή  Άφροοίτη  και  της  αρμονίας  αυτών  φιλία  και  ?νιυσις. 
*Ηλίου  γάρ  φησιν  εγγύς  ούσα  και  συμπεριθίουσα  πλη- 
ροί μέν  τον  ούρανόν  ευκρασίας,  ένοίοωσι  6έ  τό  γό- 
νιμο ν  τή  γή.  und  läset  sich  ein  zwingendes  Argument  dem 
Zitate  natürlich  nicht  entnehmen,  so  wäre  doch  der  Einwand  un- 
zutreffend, dass  auch  im  vorhergehenden  bei  Eustatbios  nicht 
alles  steht,  was  der  Juliantext  bietet;  denn  wie  schon  die  Form 
der  Einführung  zeigt,  soll  jener  Satz  nicht  wörtlich  wieder- 
gegeben werden. 

Die  Vermutung  von  Asmus,  dass  S.  195,  10  für  das  ver- 
derbte έτι  μετριάσαι  (ίτι  έπιμετρήσαι  Hertlein)  βούλομαι  τής 
Φοινίκων  θεολογίας  zu  lesen  sei  έτι  με  φράσαι  βούλει  τι;,  ver- 
trägt sich  nicht  mit  den  unmittelbap  folgenden  Worten  εΐ  bi. 
μη  μάτην,  ό  λόγος  προϊών  οείΕει,  oie  für  den  Gebrauch  der 
1.  Person  des  Verbums  im  vorhergehenden  Satze  volle  Gewähr 
leisten.  Warum  nicht  —  mit  ähnlicher  Wendung  wie  S.  201,  4  (Ιτι 
τούτων  μεΚον  ίχω  σοι  φράσαι . . .  τεκμήριον)  —  Ιτι  μίτριά  <σοι 
φρά)σαι  βούλομαι,  wenn  die  Ellipse  des  verbum  dicendi  ίτι 
μέτρια  σοι  βούλομαι  durch  Stellen  wie  S.  194,24  (ολίγα  ϊτι 
περί  'Αφροδίτης)  259,  4  (Ιχω  πλείονα  του  ανδρός)  279, 10  (μικρά 
ούν  υπέρ  τών  τής  φιλοσοφίας  . . .  μορίων,  wo  man  überflüssiger 
Weise  das  Verbum  hat  hinzufügen  wollen)  nicht  ausreichend  ge- 
rechtfertigt erscheint? 

Und  sollte  nicht  S.  204,  25  besser  als  die  Vorschläge  von 
Hertlein  (τόπον  ύπελάμβανον  του  ....  φράσαι)  und  Asmus 
(ουκ  δτοπον  υπ.  τό  .  .  .  .  φράσαι)  sowohl  dem  tatsächlichen 
Sachverhalt  und  der  eigenen  Ankündigung  Julians  (S.  170,  23 
τίς  ούν  ό  τρόπος  ίσται   τών  επαίνων;  ή  οήλον  δτι  περί  τής 

ουσίας  αύτου οιελθόντες  κτέ.)  wie  der  handschriftlichen  Ueber- 

lieferung  gerecht  werden  die  Schreibung  έν  τούτψ  τό  παν  (für 
πάνυ)  ύπελάμβανον  τψ  περί  τής  ουσίας  αύτου  φράσαι?  έν 
τούτω  —  τψ  'darin  —  dass  nach  bekanntem  Sprachgebrauch,  wie 
zB.  S.  216,  6  f.  258,  12. 

Bonn.  A.  Brinkmann. 


632  Miscellen 


Tibulliana 


L.    1   eleg.   6.    vss.    51—54.    saoerdoe  Bellonae    ita   monet 
amatoree  Deliae,  Tibulli  rivales: 

„Parcite,  quam  custodit  Amor,  violare  puellam, 
Ne  pigeat  magno  post  didicisse  malo. 
Attigerit,  labentur  opes,  ut  vulnere  ooetro 
Sanguis,  ut  hio  ventie  diripiturque  oinis." 
Deinde  poeta  ipee  addit: 

Et  tibi  ueeoio  quas  dixit,  mea  Delia,  poenae: 
Si  tarnen  admittaSy  eit  precor  illa  levis. 
Interpretes  vulgo  ita  explioant  locnm:  ei  tarnen  admittas 
culpam,  si  tamen  peccee,  i.  e.  infidelie  sie  mihi;  eed  nullom 
possunt  ex  aliie  scriptoribue  adferre  looum,  ubi  admiitere  absolute 
positum  idem  atque  peccare  significet.  Gerte  fugit  eos  verbum 
admittendi  absolute,  ut  hoc  loco,  positum  in  sermone  amatorio 
poetarum  Romanorum  significare:  virum  ad  se  admittere;  contra- 
rium  est:  negare.  Cf.  Ov.  Am.  I.  8,  51—53.  (monita  lenae  ad 
puellam  pulchram):  „Aera  nitent  usu,  vestis  bona  qnaerit  haberi, 
Canescunt  turpi  tecta  relicta  situ:  Forma,  nisi  admittas,  nuUo 
exercente  senescit**;  Prop.  III.  21,7.  (de  Cynthia):  „Vix  tamen 
aut  semel  admittit,  cum  saepe  negarit,^^ 

L.    Π.   eleg.  2.  vss.  5—  7.  poeta    die    natali  Cornnti    rogat 
Genium,  ut  propitius  adsit  sacris : 

Ipso  suos  adsit  Genius  visurns  honores, 
Cui  decorent  sanctas   mollia  serta  comas. 
Illius  puro  destillent  tempora  nardo. 
Interpretes  ad notare  solent:  puro  nardo,  i.  e.  unguento  nardino 
non  adulterato;  sed  certe  ineptum  esset,  si  poeta  de  deo  diceret: 
eum   non  uti    unguentis    adulteratis.     Mea   quidem    sententia  cor- 
ruptus    est    locus,     facile    tamen    sanari    potest    collatis    duobos 
Lygdami  locis,  ubi  manifesta  est  Tibulli  imitatio.   V.  Lygd.  4,28. 
(de  Apolline):   „Stillabat  Syrio  myrrhea  röre  coma"  et  6,  63—64: 
„lam   dudum  Syrio   madefactus   tempora   nardo    Debueram   sertis 
implicuisse  comas**;  adde  Hör.  Carm.  II.  11,  14 — 16:    „rosa  Canos 
odorati  capillos,  Dum  licet,  Assyrioque   nardo^^     Apud  Tibullum 
igitur  pro    puro  scribendum  Surio\    origo  autem    corruptelae  ex 
haplographia  {Illius  urio)  facillime  potest  explicari. 
L.  II.  eleg.  3.  vss.  1 — 4.  legimus: 

Rura  meam,  Cornute,  tenent  villaeqne  puellam : 
Ferreus  est  heu  heu,  quisquis  in  urbe  manet. 
Ipsa  Venus  latos  iam  nunc  migravit  in  agros 
Verhaque  aratoris  rustica  discit  Amor. 
Agitur  de  Amore  arante,  ut  in  Moschi   epigrammate  (Anth. 
Flanud.   200.)  etiam    in  gemmis  antiquis    saepe  conspicitur  deus 
parvulus  arans.  Quid    significant    igitur  hoc  ioco  verba  aratoris? 
Ea    certe    verba,    quibus    aratores    boves  pigros    hortari  solent, 
ut  Ov.    Pont.  I.  8,    55—58,    docemur:    ,,Et  discam,    Getici  quae 
norunt  verba  iuvenci^  Adsuetas  illis  adiciamque  minas*'. 


Miscellen  633 

L.  II.  eleg.  3.  ves.  71 — 72.  legimue  de  aetate  aurea: 

Tunc,  quibu8  adspirabat  Amor,  praebebat  aperte 

Mitis  in  umbrosa  gaudia  valle  Venus. 

In    editione  Tibulli    a    me  ourata  (Budapeetini,  1905.)    ad- 

notavi:    „Vss.  71 — 76.    poeta    ante  oculos   habait  Prop.  III.   13. 

35-37.,    ubi    agitur  de  amantibus  aureae   aetatis'^;    sed    addere 

debebam    etiam    Lucret.  V.  962:    „Et  Venue    in    eilvie    iungebat 

Corpora  amantum",  ubi  agitur  de  priscie  generis  humani  moribus. 

Budapeetini•  Gr.  N^methy. 


Ein  Vers  des  Martial  nnd  eine  stadtrömisehe  Grabsehrift 

Audes  ducentas  nuptürire  post  mortes 

Virumque  detnens  cineribus  tuis  quaeris 
20  Prurire  quid  sif  sattere  velit  saxum. 

Quis  coniugem  /e,  quis  vocabit  ua^orem 

Philomelus  avinm  quam  vocaierat  nuper'^ 
Die  obige  Stelle  aus  dem  dreiundneunzigsten  Gedichte  in 
Martials  drittem  Buche,  einer  groben  Invective  gegen  eine  liebes- 
toile  Alte,  galt  bisher,  wie  Schneidewins  und  Friedländers  Aus- 
gaben zeigen,  für  eine  crux  inferpretum.  Was  in  Z.  20  die  mass- 
gebenden Handschriften  der  Familien  Β  und  C  bieten,  ist  sinnlos^; 
und  die  früheren  Versuche,  aus  dem  Ueberlieferten  einen  Satz 
herzustellen,  der  sich  dem  Sinne  nach  den  vorhergehenden  und 
folgenden  Schmähungen  einreiht  —  wobei  meist  hinter  prurire 
V.  20  stark  interpungiert  wird  —  haben  zu  keinem  befriedigenden 
Ergebniss  geführt ^  Den  richtigen  Weg  zur  Heilung  hat  ganz 
neuerdings  A.  E.  Housman  {Journal  of  Philologe  XXX,  p.  235 ; 
Classicäl  Eeview  XXXII,  1908  p.  46)  gezeitigt:  in  dem  sonder- 
baren satiare,  satirae,  saciae  steckt  ein  Eigenname,  und  zwar  das 
Gentilicium  einer  durch  ihre  Langlebigkeit  sprüch wörtlich  ge- 
wordenen Römerin.  Housman  hat  mit  der  Martialstelle  über- 
zeugend combiniert  Plinius  n.  h.  Vli,  158,  wo  von  den  μακρό- 
βιοι die  Rede  ist:  ex  feminis  Livia  Eutili  LXXXXVII  annos 
eacesmtj    Statilia  {Sattilia  var.)  Claudio  principe  ex  nohili   domo 


^  Das  oben  stehende  haben  die  meisten  Handschriften  von  Fried- 
länders  Familie  Ca  (Eporediensis  Puteanus  Vossianus  und  Arundelianus 
Gronovii);  die  derselben  Familie  angehörigen  Α  und  G  haben  satire^ 
statt  satiare,  ebenso  der  zur  Familie  Β  gehörige  Codex  Q:  satirae  bietet 
der  Palatinus  (Fam.  B),  saciae  der  Florentiuus  (Fam.  Ca).  In  dem 
vortrefflichen  alten  Thuaneus,  jetzt  Parisinus  8071  (bei  Friedländer 
Fam.  A),  fehlt  der  ganze  Vers:  was  man  freilich  nicht  aus  Friedländers, 
sondern  aus  Schneidewins  Apparat  ersieht. 

2  Es  ist  vorgeschlagen  worden:  salire  si  velit  von  Rooy,  surire 
si  velit  von  Grotius  und  von  Eldik,  sarrire  si  velit  von  Schneidewin 
(der  Philol.  ΙΠ,  131  den  Sinn  der  Stelle  durch  futuere  quis  velit  saxum 
umschreibt)  in  seiner  grossen  Ausgabe  von  1842 ;  sarrire  quis  velit  von 
Schneidewin  in  der  Textausgabe  von  1853.  Die  letzte  Conjectur  hat 
Friedländer  in  den  Text  gesetzt. 


634  Miscellen 

LXXXXVIIII,  ferner  mit  Seneca   ep.  77,20:    ιηϊα  ......  . 

eHam  ^^esforis  et  Saftiae  hrevis  est^  quae  inscribi  monumenio  stw 
iiissif^  annis  se  nonaginta  novetn  vixisse.  Er  liest  demgemäse  mit 
veränderter  Interpunktion: 

Prurire  quid  si  Satfiae  velit  saaum? 
Immerhin  konnte  über  die  Nameneform  ein  leiser  Zweifel 
bleiben,  da  die  Ueberlieferung  bei  Martial  am  ersten  auf  Satriae 
zu  führen  scheint,  und  bei  Plinius  die  besten  Handschriften  Statiliae 
haben.  Die  Herausgeber  der  Frosopographia  Imperii  Romani 
haben  (III  p.  266  n.  620)  die  Form  Statilia  acceptiert,  und  er- 
wähnen die  V^ermuthung  Ph.  Fabias  {Revue  de  Philologie  1895 
p.  220),  wonach  die  Genannte  eine  Schwester  des  Consuls  von 
717  und  728  T.  Statilius  Taurus  gewesen  wäre.  Für  diese  An- 
sicht durfte  auch  der  Ausdruck  des  Plinius  ex  nobili  domo  an- 
geführt werden,  da  sehr  wenige  Mitglieder  der  gens  Satria  und 
kein  einziges  der  gens  Sattia  aus  der  frühen  Kaiserzeit  Anspruch 
auf  das  Präiicat  nobilis  machen  kann\  Und  doch  giebt  die  Ent- 
scheidung zu  gunsten  von  Housmans  Vorschlag  eine  stadtrömische 
Grabschrift,  eine  von  der  nach  Tausenden  zählenden  canaglia 
delle  iscrizioni  (wie  sie  G.  B.  de  Rossi  betitelte),  von  der  die 
meisten  Philologen  in  begründeter  Scheu  sich  fern  halten.  Einem 
der  wenigen,  der  sich  auch  um  dieses  öde  Feld  bekümmerte  und 
ihm  manche  überraschende  Frucht  abzugewinnen  vermochte,  Kranz 
Bücheier,  sollte  die  nachfolgende  Bemerkung  als  bescheidenes 
coroUarinm  zu  seinen  letzten  Prosopographica  (in  dieser  Zeitschrift 
1908  S.  190)  mitgetheilt  werden.  Nun,  da  uns  der  verehrte  Meister 
und  Freund  genommen  ist,  möge  sie  hier  stehen,  verbunden  mit 
dem  Ausdrucke  unwandelbarer  Dankbarkeit  für  den  grossen  Philo- 
logen, den  unübertrefflichen  sospifator  carminum,  von  dessen  nie 
versagender  Hilfsbereitschaft  alle  Bände  unseres  Inschriftenwerkee, 
und  nicht  zum  wenigsten  der  stadtrömische,  an  unzähligen  Stellen 
Zeugnis  ablegen  ! 

In  Garten  des  Palazzo  Barberini  auf  dem  Quirinal  stand, 
vom  17.  Jhdt.  bis  zum  Anfange  des  19.^,  eine  Marmorbasis  mit 
folgender  Inschrift   (CIL.  VI  9590): 

C.  MATTIO.  LYGDAMO 

MEDICO.  SATTIAE 

VIX.  ANN.  LXXVl 

MATTIA.  MOSCHIS 
5  PATRONO.  ISDE  CONIVGI 

T.  FLAVIO  AVG.  L.  MARTIA 


1  Die  Prosopographia  verzeichnet  (III  p.  175  n.  156)  nur  einen 
Sattius  vir  clarissimus  (CIL.  IX  I58S),  zu  dessen  Namen  hinzugefugt 
wird:  faciU  Diocletiano  recentior:  senatorisjhe  und  andere  Satrii  s. 
ebenda  n.  149—155. 

2  Der  Fundort  des  Steines  ist  unbekannt;  schon  die  ältesten  Ab- 
schreiber (Gudius  und  Fabretti)  kennen  ihn  in  hortis  Qmrituüüms 
Barberinorum,  und  ebenda  hat  den  Stein  zuletzt  (um  1830)  Girolamo 
Amati  gesehen. 


Miscellen  635 

LI.  CONIVGI.  SVO 

SIBI  POSTERTSQ.  SVIS 
Die  Herausgeber  bemerken  zu  Z.  2:  quid  Safiiae  sit,  non  in- 
tellegimus.  Es  dürfte  jedoch  nunmehr  keinem  Zweifel  unterliegen, 
dass  wir  darin  das  Gentilicium  der  von  Plinius,  Seneca  und  Martial 
erwähnten  Matrone  zu  erkennen  haben,  die  in  der  römischen  Ge- 
seliflchaft  der  neronischen  und  flavischen  Zeit  ihres  hohen  und 
wohl  auch  rüstigen  Alters  wegen  wie  Nestor  zum  Sprichwort  ge- 
worden war.  Sie  selbst  hatte  auf  ihren  Grabstein  mit  Stolz  die 
hohe  Zahl  ihrer  Lebensjahre  einschreiben  lassen:  mit  nicht  ge- 
ringerem Stolze  hat  ihr  Leibarzt  Lygdamus  in  sein  eigenes  Epitaph 
den  Namen  seiner  berühmten  langlebigen  Clientin  aufgenommen. 
Dass  seine  Freigelassene  und  Gattin  Moschis  in  zweiter  Ehe  einen 
Freigelassenen  eines  flavischen  Kaisers  geheiratet  hat,  stimmt 
vortrefflich  mit  dem  aus  Plinius  und  Seneca  für  die  Lebenszeit 
der  Sattia  zu  gewinnenden  Ansätze. 

Kom.  Ch.  Huel  sen. 


Za  Javenal  15,  90 

Juvenal  erzählt  einen  Fall  von  Menschenfresserei,  der  zu 
seiner  Zeit,  im  Jahre  127,  in  Aegypten  zwischen  den  Bewohnern 
zweier  Ortschaften,  die  aus  religiösen  Gründen  in  grimmiger 
Feindschaft  lebten,  sich  zutrug.  Friedländer  bemerkt  S.  574 
seiner  Ausgabe:  'Von  allen  Satiren  macht  diese  am  meisten  den 
Eindruck  seniler  Impotenz*.  —  'Der  Ausdruck  ist  stellenweise 
bis  zur  UnVerständlichkeit  unbehilflich'.  Zu  diesen  Stellen  rechnet 
er  auch  die   Verse  87 — 92,  welche  lauten: 

sed  qui  mordere  cadaver 
sustinuit,  nil  umquam  hao  carne  libentius  edit; 
nam  scelere  in   tanto  ne  quaeras  et  dubites  an 
prima  voluptatem  gula  senserit;  ultimus   autem 
qui  stetit,  absumpto  iam  toto  corpore,  ductis 
per  terram  digitis  aliquid  de  sanguine  gustat. 
Friedländer  schreibt  dazu  in  den  Anmerkungen:  'Trotz  des  sehr 
unbehilflichen  Ausdrucks  ist  der  Sinn  klar:  Man  frage  nicht,  ob 
an  dem  Genuss  des  Menschenfleisches  nur  die  Ersten  (Gierigsten) 
Gefallen  fanden,   sogar   die  letzten  fanden  es,   die  nur  Blut  zu 
lecken  bekamen.' 

Der  Ausdruck  scheint  mir  nicht  unbehilflich,  sondern  fehler- 
haft. Es  fehlt  offenbar  zu  ne  quaeras  et  dubites  der  Hauptsatz, 
der  in  dem  unpassenden  autem  nach  ultimus  zu  suchen  ist.  Für 
autem  ist  a  u  d  i  zu  schreiben  und  die  ganze  Stelle  lautet  dann 
ohne  den  geringsten  Anstoss :  'Aber  derjenige,  der  es  über  sich 
brachte  in  den  Toten  zu  beissen,  frass  nie  etwas  lieber  als 
dieses  Fleisch.  Denn  dass  du  nicht  fragst  und  zweifelst,  ob  etwa 
nur  die  ersten  Fresser  bei  solchem  Frevel  Genuss  empfanden,  so 
höre :  der  letzte  in  der  Reihe  fuhr,  da  der  ganze  Körper  bereits 
aufgezehrt  war,  mit  den  Fingern  über  den  Erdboden  und  kostete 
etwas  von  dem  Blute/ 


636  Miscellen 

Man  vergleiche  6,114: 

quid  privata  domus,  quid  fecerit  Eppia,  ouras  ? 
reBpice  rivales  divoram,  Clandiue  audi 
quae  tulerit. 
6,220:  quis  testie  adest?  quis  detulit?  audi.    12,  24:  genns 
ecce  aliud  diecriminis  audi.    3,  115:  audi  faoinus  maioris  abollae. 
11,64:  fercula  nunc  audi  nullis  ornata  macellis. 

München.  Karl  Meise r. 


König  Ogygee 

Erst  ep'äte  grammatische  TJeberlieferung  macht  uns  mit  dem 
Wort  von  den  ώγύγια  κακά  bekannt  (Suidas  und  Photios  s.  v., 
Append.  proverb.  V  42,  Eustath.  ad  Odyss.  p.  1893,  Sl)\  Aber 
in  dieser  erstarrten  Wendung  hat  sich  höchst  alterthümliches 
Sprachgut  erhalten ;  der  Beweis  ist  aus  den  Speculationen  zu 
entnehmen,  die  sich  schon  in  früher  Zeit  an  sie  knüpfen.  Bereite 
der  Logograph  Akusilaos  von  Argos  (fr.  14  FHGr  1  101),  nach 
ihm  Heilanikos  (fr.  62  153)  und  Philochoros  (fr.  8  I  385)  wissen 
von  einem  alten  attischen  König  Ogygos.  Es  ist  keine  Persön- 
lichkeit von  Fleisch  und  Blut,  sie  steht  in  völlig  lockerer  Ver- 
bindung mit  der  attischen  Sagengeschichte;  blieb  doch  nach 
Philochoros  das  Land  von  der  Zeit  seines  Ablebens  bis  auf 
Kekrops  189  Jahre  lang  ohne  Herrscher.  Die  einzige  Thatsache, 
die  mit  seinem  Namen  in  Verbindung  gebracht  wird,  ist  eine 
grosse  üeberschwemmung,  die  unter  seiner  Regierung  das  attische 
Land  verheerte:  in  der  üeberschwemmung  bestanden  eben  'die 
Nöte'  des  Sprichwortes,  und  es  ist  hinlänglich  klar,  dass  er  nur 
dazu  da  ist,  die  ώγύγια  κακά  zu  erklären.  £s  gab  also  in  Attika 
eine  Sintflutüberlieferung.  Die  Adjektivbildung  ώγύγιος  tritt  ja 
in  der  That  weit  früher  auf  als  der  substantivische  Eigenname, 
und  ihr  Sinn  ist  für  uns  noch  bestimmbar.  Wilamowitz  hat 
Homer.  Untersuch,  p.  16  ff.  gezeigt,  dass  νήσος  ώγυγίη  Odyse. 
l  172  nichts  weiter  ist  als  eine  okeanische  (oder  meerbespülte) 
Insel;  erst  spätere  machten  aus  dem  Adjektiv  einen  Eigennamen. 
Nun  wird  es  nicht  auf  Zufall  beruhen,  dass  an  der  nächstältesten 
Stelle  (Hesiod.  Theog.  806)  ώγύγιος  wieder  in  Zusammenhang 
mit  dem  feuchten  Element  steht :  Στυγός  δφθιτον  6bu)p  ώγύγιον : 
vergleiche  mit  υοωρ  ώγύγιον  ύγρόν  ubujp  Od.  b  458.  Folglich 
bedeutet  ώγύγια  κακά  *die  Wassernot'.  Die  eigentliche  Be- 
deutung des  Wortes  entschwand  früh  dem  Spraohbewusstsein. 
Bereits  im  5.  Jahrhundert  v.  Chr.  wird  es  nur  in  ererbten  Ver- 
bindungen und  in  Anlehnung  an  alte  Muster  verwendet.  Aischylos 
hat  Eumen.  1036  γάς  υπό  κεύθεσιν  ώγυγίοισιν  klärlich  unter 
dem  Einfluss  Hesiods;  im  übrigen  muss  ώγύγιος  als  traditionelles 
Beiwort  von  Στυγός  öbu)p  schon  bald  den  Sinn  'unterweltlich* 
erlangt   haben,   wie   sich   weiter  unten  ergeben  wird.     Wenn  der 


^  Zum  folgenden  vgl.  H.  Usener    Sintflutsagen  p.  43  ff.,    Götter- 
namen p.  237  ff.,  Wörner  Roschers  niythol.  Lex.  III,  1,  684  ff. 


Miscellen  637 

Dichter  Septem  321  Theben  πόλιν  iLb'  ώγυγίαν  nennt,  so  mag 
er  *eine  eo  altehrwürdige  Stadt'  verstehen.  Zngleich  lehrt  aber 
die  Stelle  im  Verein  mit  anderen,  daes  ώγύγιος  sich  als  stehendes 
Attribut  traditionell  mit  θήβαι  verband;  daher  θήβαι  ώγύγιαι 
Soph.  Oed.  Col.  1770,  ebenso  (mit  unursprünglicher  üebertragung 
auf  die  ägyptische  Stadt  des  Namens)  Aiechyl.  Pers.  37;  daher 
Ώτύγιοι  =  Θηβαίοι  bei  Pindar  fr.  23  Boe.  fschol.  Stat.  Theb.  2,85). 
Die  Dichter  folgen  hier  altem  Sprachgebrauch*;  denn  Theben 
hatte  auch  Ώγύγιαι  πύλαι  (Όγύτια  πυλώματα  Eurip.  Phoen. 
1113),  ein  Hain  und  ein  Hügel  bei  Theben  hiess  ogygisch  (schol. 
Stat.  Theb.  1,  348).  Das  Nachdenken  fand  also  vielfachen  An- 
laes,  dem  Ursprung  der  Ortsbezeichnung  nachzugehen,  und  es 
lag  nahe,  auch  für  ßöotien  einen  König  Ogygos  zu  erfinden^. 
Er  tritt  schon  bei  Korinna  auf  als  Sohn  des  Boiotos  (fr.  31  = 
schol.  Ap.  Rhod.  3,  1178).  Aber  weder  bei  Korinna  noch  bei 
Lykophron  1106  findet  sich  eine  Hindeutung  darauf,  dass  er  in 
seinem  Lande  eine  Ueberschwemmung  erlebt  habe.  Bei  Pau- 
sanias  IX  5,  1  erscheint  er  als  Beherrscher  der  Ektener,  eines 
Volksstammes,  der  früh  verschollen  ist;  hätte  die  Sagenüber- 
lieferung etwas  von  einer  Sintflut  gewusst,  so  hätte  sie  gewiss 
gern  diesen  Zug  verwendet,  um  das  Verschwinden  des  Volkes 
zu  erklären;  aber  bei  Pausanias  gehen  die  Ektener  nicht  durch 
Wassersnoth,  sondern  durch  eine  Seuche  (λθΐμώΟ€ΐ  νό(Τψ)  zu 
Grunde.  Man  hat  also  kein  Recht,  von  einer  böotischen  Flut- 
sage zu  reden.  Erst  hellenistische  und  römische  Zeugen,  die  den 
attischen  und  den  böotischen  Ogygos  nicht  auseinander  halten, 
setzen  auch  diesen  in  Beziehung  zu  einer  Flut:  Varro  de  r.  r.  III  1,  2 
und  bei  Augustin.  de  civ.  d.  21,  8  (hier  aus  Kastor),  Servius  ad 
Verg.  bucol.  VI46^     Zweifellos  steht  der  Name  der  Thore,  des 


^  Nach  θήβαι  ώγύγιαι  neuert  Aischylos  Pers.  974  ώγυγίους  *Αθάνας, 
wohl  auch  im  Gedanken  an  den  alten  König  Ogygos;  wie  Böotien 
(Steph.  Byz.  s.  Βοιωτ{α)  beisst  dann  auch  Attika  bei  Dichtern  ogygisch 
(Charax  fr.  24  FHG  III  642).  Aegypten  wird  ogygisch  genannt  (Steph. 
Byz.  8.  Αίγυπτος)  nach  dem  ägyptischen  Theben,  'βγύγιοι  sind  die 
Λύκιοι  (Steph.  s.  *Ωγυγία)  nach  ihrer  Stammmutter,  der  ogygischen 
Nymphe  Praxidike  (darüber  weiter  unten). 

«  Aristoderaos  fr.  2  a  (FHG  III  309  =  8chol.  Eur  Phoen.  1113)  kennt 
auch  ein  Grab  des  Ogygos;  diese  Notiz  ist  zu  beurtheilen  nach  Rhode 
Psyche  Ρ  164:  'Man  zeigte  und  verehrte  an  vielen  Orten  Gräber  solcher 
Heroen,  die  ihr  Dasein  nur  dichterischer  Phantasie  verdankten  oder 
wohl  gar  nur  leere  Personificationen  waren,  abstrahiert  aus  Namen 
von  Orten  und   Ländern,  deren  Urväter  sie  sein  sollten*. 

β  Ein  dritter  Ogygos  wird  genannt  als  letzter  König  von  Achaia 
bii  Polyb.  2,  41;  4,  1,  Strabo  8,  384.  Mit  ihm  starb  das  Königs- 
geechlecht  aus,  das  seinen  Ursprung  von  dem  Heros  Orestes  herleitete: 
Wie  die  Ώγύγιαι  νύμφαι  (die  Erynien,  s.  weiter)  den  Stammvater  mit 
ihrem  Zorne  verfolgten,  so  wird  auf  ihr  Wirken  —  das  will  der  Name 
"Ωγυγος  sagen  —  auch  das  schliessliche  Erlöschen  seines  Geschlechts 
zurückgeführt.  —  Die  Willkür  Späterer  macht  Ogygos  zum  König  der 
Titanen  (Kastor  fr.  1  in  C.  Müllers  Herodot  p.  166,  Thalloe  FHG  III 
517,  2.). 


638  Miscellen 

Haine  und  des  Hügels  im  Zueammenhang  mit  dem  Kaltne,  nnd 
glücklicherweise  lässt  uns  die  sakrale  üeberliefernng  nicht  im 
Stich.  Zwar  nicht  für  Theben,  wohl  aber  für  die  Landschaft 
südwestlich  des  Kopaissees,  die  Gemeinde  Haliartos  ist  ein  Heilig• 
thum  von  Grottheiten  bezeugt,  die  bei  Dionysios  έν  Κτί(Τ€(Τιν  fr.  3 
FHG  IV  394  (Phot.  lex.  446,  22)  und  bei  Paus.  IX  33,  3  Ώτύγου 
θύγατρες  genannt  werden.  Sie  heissen  auch  in  ihrer  Eigenschaft 
als  Schwuriröttinnen  ΤΤραΕιοίκαΐ.  Wenn  man  nun  glauben  könnte, 
hier  den  klaren  Beweis  dafür  in  Händen  zu  haben,  dass  Ogygos 
von  alters  her  seine  Stelle  im  Kultus  hatte,  so  läset  sich  diese 
Meinung  widerlegen.  'Ωγύγου  θύγατρες  ist  eine  junge  Bezeich- 
nung, die  ältere,  die  durch  sie  verdrängt  ist,  findet  sich  in  einem 
Fragment  des  Panyasis  bei  Steph.  Byz.  p.  633,  8  s.  Τρεμίλη:  ή 
Λυκία  έκαλεϊτο  ούτως,  άπό  Τρεμίλου,  ώς  ΤΤανύασις" 

Ινθα  b'  ίναιε    μίγας  Τρεμίλης   κα\    ίτημ€  *θύτατρα  (γυ- 
ναίκα Mein.) 

νύμφην  Ώγυγίην,  ήν  ΤΤραΕιοίκην  καλέουαιν, 
Σίβρψ  έπ'  άργυρεψ,  ποταμψ  παρά  όινήεντΓ 
τής  b'  όλοοι  παϊbες  Τλαιος  Ξανθός  ΤΤίναρός  τε 
και  Κράγος,  δς  κρατίων  πάσας  ληίίετ'  άρούρας.  ^ 
Also    sind  Ώγύγου    θύγατρες    an   die  Stelle   von  Όγυγιαι 
νύμφαι  getreten ;  diese  Neuerung  war  natürlich  in  dem  Glauben 
befangen,  das  Beiwort  dem  Sinne  nach  richtig  aufzufassen.    Frei- 
lich    müssen     wir    der     antiken     Interpretation     entgegentreten; 
Ώγύγιαι  νύμφαι  sind  nicht  Ogygostöchter,  sondern  (vgl.  Στυγός 
ubtüp     ώγύγίον)    Unterweltgöttinnen.       Die     *  verderblichen 
Söhne'  des  Tremiles  wurden  als  άγριοι  θεοί  in  Grotten  am  Kragos 
verehrt,    Alexander    Polyhistor  Λυκιακά    fr.   75   FHG   III  235  = 
Steph.  8.  Κράγος;  dass  sie  eine  Hadesgöttin  zur  Mutter  erhalten, 
begreift   sich    unschwer:    in    ihnen    scheinen    vulkanische  Kräfte 
verkörpert,  Meineke  anal.  crit.  ad  Athen.  Deipn.  p.  189  ff.    lieber 
das  Wesen  der  ägyptischen  Göttinnen  läset  sich  Bestimmtes  aus- 
sagen,    llias  Τ  259  sind  es  die  Erinyen,  die 
ύπό  γαΐαν 
ανθρώπους  τίνυνται,  δτις  κ'  έπίορκον  όμόσση. 
Sie  sind  Helferinnen  der   Dike  nach  Herakleitos  (bei  Plutarch  de 
ex.   11),    würden    also  TTpaEibiKai    heissen    können    (damit    fällt 
auch  Licht  auf  die  ΤΤραΕώίκαι  in  Lakonien   Paus.  III  22,  2  und 
Attika   Defixionum   tabul.  Nr.  109).      Von   den  Namen,    die  Pmu- 
sanias  für  die  drei  ogygischen  Nymphen  beibringt,  Αυλίς,  Άλαλ- 
κομενία   und  ΘελΕίνοια,  sind    die    ersten   beiden    aus    böotischen 
Städtenamen  abgeleitet;    θελζίνοια  aber  ('die  Sinnbetörende*)  ist 
passend  als   Name    einer  Erinye    gewählt,    die    nach  Homer  (Od. 
Ο  234)  die  δτη  sendet;    vgl.  auch  die  Ερινύες   ήλιθιώναι  ('die 
betörenden')  Kaib.  epigr.   1136:    In    der    Dreizahl    kennt  Attika 
die  Erinyen  seit   alter  Zeit  (Kurip.  Troad.  457);   jeder    der   drei 
Tage   am   Monatsende,    an   denen    eine  Areopagsitzung    stattfand, 
war    einer    von    ihnen    geweiht    (schol.  Aeschin.   1,  188).       Drei 
Göttinnen    erscheinen    auch  auf    einer    unteritalischen    Vase    des 


Miscellen  639 

4.  Jahrb.  (Monum.  inediti  del  inet.  IV  48)  und  auf  argiviechen 
Reliefe  (s.  Preller -Robert  Grieeb.  Mytbol.  837,  A.  1,  Rbode 
Psyche  I^  269).  Damit  ist  wohl  bewiesen  ,  dass  unter  den 
Όγυγιαι  νύμφαι  die  Erinyen  zu  verstehen  sind.  Ihr  Kult  muss 
einet  in  der  Landschaft  eine  weitere  Verbreitung  gehabt  und  ins- 
besondere in  Theben  eine  eifrige  Pflege  gefunden  haben.  Wie  die 
πυλαι  Όγκαΐαι  an  die  Άθάνα  "Ογκα,  die  Όμολώϊαι  an  Ζευς 
Όμολώϊος,  so  erinnern  an  die  Göttinnen  die  πύλαι  Ώτύγιαι. 
Es  ergiebt  sich  eine  nicht  ganz  unwichtige  Folgerung.  In  der 
Sage  erscheint  Theben  als  die  Stadt  der  sieben  Thore,  IL  Δ  406 
Od.  λ  263,  Hesiod  Opp.  162  und  in  der  kyklischen  Thebais. 
Wilamowitz  Hermes  26,  191  ff.  wollte  nur  drei  Thore  als  ge- 
schichtlich gelten  lassen,  unter  denen  sich  die  Ώτύγιαι  nicht 
befinden.  Aber  diese  können  nicht  Fiktion  sein  ;  also  dtirfen  wir 
uns  nicht  für  befugt  halten,  die  üeberlieferung  von  der  öieben- 
thorigkeit  Thebens  zu  verwerfen ;  es  war  vielmehr  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  dies  die  geschichtliche  Thatsache^  die  der  Er- 
findung der  Sieben  gegen  Theben  zur  Unterlage  diente. 

Sprachlich  stellt  sich  zu  ώγύγιος  —  dies  erkannte  schon 
Buttmann  Mythologus  I  205  ff.  —  'Ωγήν  'Ωκεανός  (Hesych  und 
Herodian  l  16  4);  das  Wort  war  ursprünglich  Konsonantstamm, 
davon  die  Ableitungen  ώγίνιον*  παλαιόν  (Hesych)  und  Ώγενίοαι * 
Ώκεανίοαι  (ders.,  Suidas,  Herodian  1  68  19).  Durch  Angleichung 
an  ωκεανός  erfolgte  Uebertritt  in  die  o-Deklinatiou :  Ώγηνός 
Pherekydes  von  Syros  New  classic,  fragm.  p.  23  le  (auch  bei 
Clem.  AI.  Strom.  VI  p.  741),  Herodian  I  181  27,  andere  Form 
"Ωγενος  Herod.  I  18012  Lykophron  231.  Durch  Hesiod.  iheog. 
806  ist  demnach  die  Stelle  des  Parthenios  (fr.  VII  p.  264  Mein.  = 
Herod.  I  117  as)  zu  erläutern: 
Δήλψ, 
συν  τή  έγώ  Τηθύν  τε  καΐ  ώγενίης  Στυγός  ubiup. 

ώγυγιος  kann  Digamma  im  Anlaut  verloren  haben,  da  F 
schon  bei  Homer  vor  dunkelen  Vokalen  geschwunden  ist.  Ριυγ- 
ύγ-ιος  betrachte  ich  als  reduplicirte  Bildung  des  gleichen  Stammes 
wie  υγ-ρός ;  wegen  der  verschiedenen  Quantität  der  Vokale  ver- 
gleiche man  etwa  αι-γΰπιός :  γυψ,  στιίφελός :  στΰφιυ  u.  dgl.  m.; 
dazu   würde  sich  auch  Ριυγήν  stellen  *. 

Berlin.  Hugo  Ehrlich. 

Stöcke  mit  Schlangenhant  (Zu  S.  54  f.) 
Im    Zusammenhang    mit    seinen     anregenden    Ausführungen 
über    Buchwesen    und    Bauwesen,    Trajanssäule    und    delphische 
Schlangensäule  sagt  Birt  S.  54,  dass  nach  Aelian  allerlei  gefähr- 

1  Wegen  lat.  uvidus  aus  *Tigmdu8  ist  wahrscheinlich,  dass  in 
ώγύγιος  die  i^  Laute  durch  den  Einfluss  des  benachbarten  i?  lautgesetz- 
lich einen  u-Nachschlag  verloren  haben ;  man  müsste  daher  statt  ώγήν 
ώδήν  erwarten  (cf.  άδήν:  inguen)\  γ•  wird  also  für  δ-  unter  der  Ein- 
wirkung von  ώγύγιος  eingetreten  sein;  oder  ist  ein  Ablaut  *Ρωδήν 
*ύγένος  (cf.  λειμών;  λιμήν)  ausgeglichen? 


640  Miscellen 

liehe  Tiere  verscheucht  werden,  wenn  die  Haut  der  Schlange 
άμφίσβαινα  um  einen  Stah  (βακτηρία)  geschlungen  werde 
(περικειμίνην).  —  Dem  entsprechend  folgert  Birt  weiter  ans  dem 
was  der  Scholiast  zu  Nikander  Ther.  376  erzähle,  die  Holz- 
brecher  oder  Steinbrecher  in  den  Bergen  häuteten  diese  Schlange 
und  wickelten  ihre  Haut  um  einen  Stock.  Die  griechischen 
Worte  sind  έκοείραντες  τήν  άμφίσβαιναν  τιθέασιν  έν  ^άβδψ 
το  οέρμα  αυτής.  Zum  drittenmal  redet  Biit  S.  55  von  der  um 
einen  Stock  gewickelten  beschriebenen   Haut  der  άμφίσβαινα. 

Liegt  hier  nicht  eine  falsche  Anschauung  vor?  Der  Stock 
wird  in  die  abgezogene  Schlangenhaut  hineingesteckt,  die  Haut  über 
ihn  hergezogen;  von  Wickeln  ist  keine  Rede.  Noch  heute  sind 
solche  mit  Schlangen•  oder  Aalehaut  überzogene  Stöcke  zu  kaufen. 

Maulbronn.  Eb.  Nestle. 

Zneatz  zn  •.  S.  472 

Meine  Yermuthung,  dass  das  reprehensus  est  α  Livio  Pöetio  im 
Brief  des  Valerius  ad  Rufinum  aus  Martial  1,61  censeiur  Apona 
Livio  durch  Verschreiben  oder  Verlesen  hervorgegangen  sei,  hat 
sich  rasch  bestätigt ;  besser  gesagt,  ich  hätte  es  gar  nicht  zn  ver- 
muthen  brauchen,  wenn  ich  statt  Friedlaender  und  Gilbert  die 
Ausgabe  von  Lindsay  (1902)  oder  selbst  den  alten  Schneidewin 
eingesehen  hätte.  Denn  Apona,  was  F.  und  G.  ohne  irgend  eine 
Bemerkung  im  Text  geben,  ist  überhaupt  nicht  alte  üeberlieferung, 
sondern  Conjectur  der  Ituli,  während  die  Handschriften  der  einen 
Klasse  B^  aponi  haben,  die  der  andern  C^  (seit  dem  10.  Jahrh.) 
dagegen  apofWy  was  ja  fast  von  selbst  zu  α  peno  (a  Poeno)  führen 
musste.  Darf  das  nun  wohl  als  endgültig  erledigt  betrachtet 
werden,  so  wird  die  Fpistola  ad  Rufinum  danach  kaum  mehr 
sonderlich  interessieren.  Dass  der  Verfasser  sich  aus  der  Liste 
Martials  gerade  den  Canins  a  Gadibus  und  den  Livins  Poenus 
herausgesucht,  wird  schwerlich  in  Erinnerung  an  den  utei'qne 
Poenus  bei  Horaz  c.  2,2,  11  geschehen  sein  oder  in  Anlehnung 
an  die  Erzählung  bei  Plinius  ep.  2,  3,  8  :  Gadiianum  quendam 
Titi  Livi  nomine  gloriaque  commofum  ad  viscndum  eum  ab  ultimo 
ierrarum  orbe  venisse  (W.  Map  kennt  allerdings  die  Briefe  des 
Plinius,  s.  Manitius  Philol.  47,  567).  Wie  stark  aber  der  Text 
dieser  Epistel  in  den  Handschriften  und  Ausgaben  verwildert  ist, 
hat  mir  ausser  dem  Leidensis  inzwischen  auch  eine  Collation  des 
Rehdigeranus  130  durch  Skutsch  gezeigt.  Es  lohnt  nicht  mehr 
die  Varianten  anzuführen  (dnius  iagidibus  her  cutis  poeta  facun- 
dissimus  ei  lenis  et  iocunde  etc.,  mit  L  übereinstimmend  hystorico, 
titius,  cattcior,  fulmineus  auster^  om.  incumbens,  stintque^  sol4itia); 
beaehtenswerth  ist  nur  dies  eine :  Euptis  huic  mors  reticuliSy 
was  man  hinter  hinc  3Γ.  r.  tesficidis  wohl  nicht  so  leicht  gesucht 
hätte.  A.   E. 

Verantwortlicher  Redacteur:  Adolf  von  Mess  ίο  Bonn 
(23.  September  1908) 


Register 


Aetna  (487)  β08, 1 

άγριοίΓοιός  346  ff. 

at  κ'  334 

AischyloB,  Vita  341  ff.  σιαιπώντα 
πρόσωπα  343  ff.  in  Sioilien  356  f. 

akno,  Jahr  316  ff. 

Alexis,  Philosoph  211  f. 

Alkidamae  und  Isokrates  495  ff. 

alter  uterque  318 

άμπ€ρέως  337  f. 

Amphietides  446  ff.  454  ff.  Am- 
phietes  455  f. 

άναπτύσσ€ΐν  τήν  φάλαγγα  41 

Anonymus  Jamblichi  (S.  99  Ρ  )  621 

Antipatros  von  Sidon  212  ff.  (An- 
thol.  VII  241)  213  ff 

Apollodoros  von  Athen,  Gramma- 
tiker 209  ff. 

areentdom  259 

Archimedes  625 

Arion,  τραγψ5(α  150 

Aristarch  208  ff. 

Aristogeiton  κατά  Ύπ€ρ€{δου  139 

Aristophanes,  Komposition  12  ff. 
Frösche  341  ff.  (Schol.  cod.  Ven. 
911)  341  ff. 

Aristoteles  (Rhet.  I  15  p.  1376  a 
23  ff.)  560  f.  (Polit.  li  8  p.  1269  a  1) 
573  ff.  f  Αθηναίων  πολιτβία  1—41) 
381  ff.  über  Kom.  u.  Trag.  150 

Arnobius  (VII  43)  409  f. 

Άσκληπιόδοτος  ΤΤ€ΐραΐ€ύς  218 

Athanasios,  Hermogeneskomm. 
519  f.  523 

Attius  Labeo  190  II 

Ausonius  230  ff. 

Auxentius  191   VI 

Baesarensis,  civitas  319 
Bassus  cos.  270  f. 
Bencius  Alexandrinus  224  ff. 
Berenice  193  X 
βωμολόχος  12  ff. 

Bheln.  Mue.  f.  PhUoL  N.  F.  LXni. 


Buchwesen  und  Bauwesen  39  ff. 
Büsser  im  Tartaros  531  ff. 

Caesar,  Anticato  587  ff. 

Canius  a  Gadibus  472  ff.  640 

Capito  190  III 

Carthago  269 

Cassius  Nomentanus,  D.  Cassius  D. 

1.  Dama  195  XIV 
Cato  d.  J.  und  d.  Ae.  587  ff. 
Catull  (68)  488  ff. 
Ceres  254 

Cicero  143    Cato  587  ff. 
Ciris  (54  ff.)  615.  2  (459  ff.)  605  ff. 

und  Vergil  79  ff.  93  ff.  Ovid  82  ff. 

Properz  87  ff.  91  ff.  TibuU  92 
compaginare,  -otto  42 
Constantin,  Kaiser  271  ff. 
Constantinopel  278  ff. 
Comelianus  rhetor  193  X 
Cornelius  Vitalis  191  V 
corntia  41.  44 

Crispus,  Caesar,  Hinrichtung  277  f. 
Curtius  (VIII  9,  35  f.)  158  ff. 

Dama  195  XIV 

Danaiden  533  ff. 

Dareniis  319 

Decennalien  276  f. 

δ^λτος  41 

Dialekte,  dorisches  Komödienbruoh- 

stück  329  ff.     Böotisch,  OpUtiv 

333  1 
διαμπάΕ  338,  1 
Dinon  62  f. 
Diodor60ff.  260 ff.  (XIII 77, 1-79, 7 

XV  49,  3.  4.  7)  378 
Dionysios  von  Hai.   (De  Thuc.  16) 

389,2 
Dionysos,  Μόρυχος  456  f.  * Αμφΐ€τής 

455  f. 
doviad  =:  dtiat  didt  259 
Doxapatres  512,  3 
Drakon  von  Lampsakos  150 
41 


642 


Register 


dupes  259 

η  und  α  337,  2 

-ed  258 

Eideshelfer  im  griechischen  Β  echte 

559  ff. 
€ΐκ  335 
βίλημα  44  f. 

Elegie,  Stil  488  ff.  Geschichte  493  f. 
Epicharm  (21,1)  334,  1 
Epigramm,lat.,  Phra8eologie,chri8t- 

liche  392  ff. 
έρμην€ύς,  -€ύιυ  336  f. 
ές  =  έκ  329  ff. 
ίσκλητος  330,  2 
Euphorion  141 
Euripides,    Peirithoos   144  f.    626 

Melanippe  145  f.  Stheneboia  147  f. 

626  f. 
Eustathios  (Hom.  Od.  κ  552  ρ.  1669, 

50)  445 
Eu8tathio8,Hermogene8komm.51 9  f. 
έΗ  iK  in  Dialekten  329  ff. 
έζ€λίσσ€ΐν  41 
explicare  aciem  40 

Georgios,  Hermogeneskomm.  517  ff. 
Geschichtsschreibung ,    griechische 

374  ff. 
Γλαυκίας  Θβτταλός  223, 1 
Gregor     und    Jobannes    Diakonos 

130  ff. 

Handschriften,  griechische,  Piaton- 
Handschrift  Vat.  796  Ω  235  ff. 
Plutarch,  Katalog  240  ff.  Text- 
geschichte der  Biographien  244  ff. 
Diodor  und  die  Konst.  Excerple 
260  ff.  Euripides  Rhesos  (Schluss 
Vat.  909)  419  ff.  Varia  (Vat.  gr. 
2315.  2316)  419,  1  Rhetoren- 
Handschriften,  Hermogeneskom- 
mentare  127  ff.  Johannes  Dia- 
konos zu  Hermogenes  TTcpl  με- 
θόδου δβινότητος  127  ff.  512  ff. 
Georgios  517  ff.  Hermogenes- 
Handschriften  523  f.  sog.  Maxi- 
mos-Kommentar  524, 1  Aphtho- 
nios-Kommentar  des  Johannes 
von  Sardes  524  f.  Konstantin 
Laskaris  526  ff.  Basilianerkloster 
Sancti  Salvatoris  529  f.  latei- 
nische, Valerius  Flaccus,  San- 
gallensis  und  Vaticanus  157  f. 
Ausonius,  cod.  Veron.  224  ff. 
(Codex  Leid.  Voss.  Lat.  Fol.  7)  473 

Herodot  (II  16)  624  f. 

Homer  (Ilias  Μ  322  ff.)  515,2.  620  ff. 

Horatius  (serm.  II  1,  86)  155  ff. 


hospita  397  f. 

Hostius,    Q.   Hostius    Q.   f.   Capito 

rhetor  190  III 
Hypereides  κατά  Δημάδου  144 

-(δης  455  f. 

üicet  393  f. 

Imitation,  bei  römischen  Dichtern 
79  ff.  SelbstimitationVergils97ff. 

in-  privativum  406  ff. 

Index  Stoicorum  J20  ff. 

Inschriften,  griechische,  Beziehun- 
gen der  älteren  attischen  üeber- 
gabe-  und  Rechnungsurkundeu 
423  ff.  (IG.  1  303/304  IV  1,  297  a 
297  b)  429,2  (I  300-302  IV  2, 
4323  S.  293)  434,  1  des  Konooi- 
schen  Mauerbaus  442  f.  Stoiker- 
inschrift (IG.  II 953)  197  ff.  (IG. 
IX  1,  333)  561  ff.  (IX  1,  334) 
578  f.  Stadtrecht  von  Gortyn 
564  ff.  576  ff.  (Collitz-Bechtel 
4986)  570  ff.  (4964.  5092)  576 
(4969)  579  (BSA.  X  172)  313  ff. 
(Wilcken,  Griech.  Ostraka  aus 
Aeg.  u.  Nub.  II  Nr.  1150)  575 
italische ,  altfaliskische  Vasen- 
inschrift 254  ff.  Stadtrecht  von 
Bantia  316  ff.  Saturnier  desTu- 
ditanus  (cos.  625/129)  321  ff.  (CIL. 
VI  9590)  634  f. 

Johannes  Diakonos  127  ff.  512  ff. 
und  Gregor  130  ff. 

Johannes  Eleemon,  Leben  des  hei- 
ligen Tychon  304  ff. 

Johannes  von  Sardes,  Aphthonios- 
kommentar  517.  524  f. 

Isokrates  und  Alkidamas  495  ff.  (II 
41)  498  (Xm  11.  9-13)  499  ff. 
und  Plato  504  ff. 

-ίτης  459  ff. 

Julian  (or.  IV)  627  ff.  631 

Julius  Suavis  193  XI 

Julius,  C.  Julius  Xystus  191   V 

Junius  Bassus  270  f. 

Juvenal  (XV  90)  635  f. 

Ixion  532  ff. 

κα,  mit  Optativ  333  ff. 

Kalender,  indischer  158  ff. 

kara  258 

Καταιβάτης,  Ζ€ύς  313  ff. 

κάθαρσις  361  ff. 

κέρατα  41 

Kleitarchos  58  ff. 

kn  im  Lateinischen  319 

Komödie,  altattische,  Komposition, 

βωμολόχος  12  ff.    κωμψδία    und 

τραγψδία  149  f. 


Register 


643 


Komparation,  griechische  310 
-Koujv  117  f. 
Korinna  161  fif 

Koroibos  446  ff.  457  ff.  458, 3.  555  ff. 
κραίνω,  Zerdehnung  122  ff. 
Kratippos,  Historiker  385  ff. 
Kreta,  neolithische  Kultur  319  f. 
Kunst  und  Buchwesen  45  ff. 

Lamprias,  Brief  239  ff. 

Laskaris,  Konstantin  und  der  Chri- 
stophoros-Kommentar  526  ff. 

Lesbonax  (protr.  1, 18)  622 

Licinius,   Quinquennalfeiem  476  f. 

Livius  Poenus  474.  640 

λοιπόν,  τό  λ.,  τοΟ  λοιποΟ  308 

Longinos  έν  τή  κατ'  αυτόν  Ρητο- 
ρική 136 

Lucian  1  ff. 

Lucillus  Tarraeus  192  IX 

Lykophron,  Alexandra,  Abfassungs- 
zeit 481  ff  (1439  ff.)  482  ff 

Lykurgos,  Redner  143 

Lysiades,  Archon  199 

Lysias  π€ρΙ  τοΟ  όιαφθ.  143  κατά 
KaUip.  519 

Maecenas  192  VIII 

μαίτυρ€ς  579  f. 

Mama,    Mamius,    MamuUa  257  f. 

Manilius  (1,  25—29)  311 

Margites  445  ff.  459  ff. 

μάργος  463 

Markellinos  (Vita  des  Thuk.  33)  385  f. 

Martial  (III  93,  18—22)  633  ff. 

Mavortius  195  XV 

Meddix  317  f. 

Melitides  446  ff.  450  ff. 

memar  sum  mit  Acc.  408,  3 

Menander,    Perikeiromene    283  ff. 

Samia  298  ff.  *Επιτρ^ποντ€ς  301  ff. 
Menandros  (zu   Demosth.  22)   143 
Menelaos,   Rhetor  211 
Metaphrasen,  rhetorische  618  ff. 
Methana  152 
μΐ€ρ€ύς  306, 1 
mitter e,  dimittere  156 
μνάσθαι  118  f. 
Mosaikrelief  465  ff. 
Motiv    und    Persönlichkeit  445  ff. 

531  ff. 

nai4chu8  =  nauarchus  480 
Negation,  im  Grieoh.  306 
Nestor  Larandensis  190  IV 
Nicomachus  Gerasenus  192  VII 
Nomentanus  195  XIV 


Νόμοι  (Basil.  VIII  tit.  1, 1  p.  326  H.) 

141 
non  indecent  u.  a.  413  ff. 
νσ  332 

Ogygos,  ώγύγιος  636  ff. 
Oknos  532  fl\ 

Ortsadverbien,  griech.  310 
ώς  ομοίως  u.a.  312  f. 
Ovid  und  Cirie  80  ff. 

pagina  41 

Panaitios  und  die  attische  Stoiker- 

inschrift  197  ff.  219.  220  ff. 
Papyri.  Hellenika  (Ox.  P.  V)  370  ff. 
παρέχ€σθαι  307  Anm. 
Παυσίλυπος  ΤΤ€ΐραΐ€ύς  198.  206 
pepara  .  .  .  259 
Philyllios,  Πόλβις  329  ff. 
Phoibammon  (zu  Demosth.  22)  143 
Pilius,  M.  Pilius  M.  1.  Timo  plastes 

191  V 
πινακίς  339  f. 
πίναΕ  tabula  48 
Ρ  lato  und  Isokrates  504  ff. 
πλήρης,  indeklinabel  306, 1 
Plinius  (epist.  III  1,  2)  413  f. 
Plutarch,    Schriftenkatalog,    Brief 

des  Lamprias  239  ff.     De  gloria 

Ath.   (Mor.  p.  345  C  ff.)   386  f. 

Vita  des  Andok.  (p.  834  D)  388, 1 
Polybios  222  f. 
Porphyrius ,    Publilins   Optatianus 

267  ff. 
Poseidon  ios  209  ff. 
pravos  255,  1 
Prokopios  152  ff. 

Prokopios  von  Gaza  515, 2.  622,  6 
Properz  und  Ciris  87  ff. 
Prosopographie  190  ff. 

Quinctius,  T.  Quinctius  Flamininus 

484  ff. 
Quinquennalien  476  f. 

^αΐφερ€ν5άριος  153 
Reduplication  im  Lateinischen  und 

Faliskischen  259 
Regina  190  IV 

Rhetorik  495  ff.  Metaphrasen  618  ff. 
Rolle,  Buchrolle  39  ff. 

Säule,  Trajanssäule  47  ff.  delphische 

Schlangensäule  51  ff. 
Salmoneus  554  f. 
Sappho  137 
Sattia  634  f. 
Saturnier  321  ff. 


644 


Register 


Soipio,  Ρ.  d.  J.  200  ff. 
Seemanneeprache,  lat.  479  f. 
σ€λίς  43  f. 
Semproniue,  C.  Sempronius  Tudi- 

tanus  (C08.  625/129)  321  ff. 
Seneca,  Epitapbiam  392  ff. 
sexennium  317  f. 
siffma  44 

süvae,  Büchertitel  475  f. 
sinnum  319 
Sieyphos  531  ff. 
Skylla  605  ff. 
Skytale  51 
Sokrates  345,  1 
Solon,  Elegien  150 
Sopatros,  Metaphrasen  141 
σώς,  σόος  120  f. 
stannum  319 
Statius  Silvae  475  f. 
Stöcke  mit  Schlangenhaut  54  f.  639  f. 
Suavis  193  XI 
Susarion  149 

tabula  πίναΕ  48 

Tantalos  531  ff. 

tau,  Τ  für  *  Kreuz'  44 

TelafUai{7)  259 

terra  398  ff. 

terrenm  394  f. 

Theopomp  372  f.  390,  3  (fr.  77)  622 

Theophrast   137 

θ€ρσ(της  462,  2   Θηρίτας  463 

Theepis  150 


Thukydidee  (V  45, 2)  152 
Tibull  und  Cirie  92  (I  6,  61—54  Π 
2,  5-7.  3,  1-4.  3,  71  f.)  632  t 
Timavus  321  ff. 
Timon  191  V 
Tityos  531  ff. 
Tmesis  337  f. 
τραγψ5(α  u.  κωμ.  149  f. 
triarchuSj  trierchus  480 
Triumphbögen  49 
Tuditanus  321  ff.  Messung:  326 
tutarchuSy  τοίχαρχος  479  f. 
Tutilius  194  XII 


Valerius,  ep.  ad  Ruf.  473  f. 
Vergil  und  Ciris  79  ff.  93  ff.  Selben 

citate  97  ff.    (.\en.  VI  580—627) 

531  ff. 
Verginius  Rufus  190  I 
Vergleiche  39  ff. 
Vicennalien  275  f. 
Victorinus  194  XIII 
Vokalkürze  und  -länge  HO 
Volcacius  194  XIII 
volvere  40  f. 

φαάνθη,  φαάντατος  108  f. 
φώως  108 

Zerdehnung,  epische  107  ff. 
Ζ€ύς  Καταιβάτης  313  ff. 
Z(e)xt08  258 


\ 


Carl  Qeorgi,  UuiTerBltäU-Bucbdruokerei  in  Bonn. 


Rheinisches  Museum 


PHILOLOGIE. 


Franz  Buecheler  tuitt  Auftust  Briiikmaiin. 


h  D.  Sauitriäiiders  Verlaq  in  Fftinkfurt  a    Μ 


MaI  dloHTJi  JuliroA  r4?rilorbeoeii  UtiirjUlmgeii  UiTntm^tHti^  dt« 
üftouliriri  Im  Htm  %rir  vm^  rft*iii  «ί^ΐϋ  Jalüit*ri  NJiriNC^Kiiiioit 

Porträt 

Büchelers 

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Porto  τΛπ»  unt4'r«cichnMeti  Vi«r|ji|r  tu  üt^xielivu. 
Pmiikrurt  n.  M„  Fiiik<riilio(ftr.  L'l 

J.  D.  Sauerländers  Verlai 


Antiquartats-Kalalog  Nr.  7. 

I  Klassische  Philologie  und 
Altertiiinskunde, 

«j».  4201V  NBinincrn. 
KnUiAlt  ttif  tttlilioliiult  dm  t  T'rnfe>«(Mir  Ui 

Ludwig  roll  S<!liwBh<*,  Töbinjicu. 

Bitte  )>ci  l)4*<Urt  f:^n,  ^taHu  luirl  Irititku  lU  vorlAii^ci• 
trim  H.  d.  I). 

R.  Stroh metz, 

luiL'uLandliiiiK  (ιιιί(  Ajjil<|tiflnal. 


ι  D.  Sauer laitders  Verlag  in  Frankfurt  a.  M. 


POi•  lUi?  ^ubirüiebeQ   Frriiniie  tiiMJ  Verehrer  dcwj 
X4>itsnlirirt  Imiteu  wir  roo  rlüBi  ilem  Jalilutrt  1*ίΊ^».μι  ί^ιοβο 

Porträt 

Büchelers 

«IOC  Aniatbl  ExrtupiAi'*^  imf  ^^«uicivui  Karton  im  Formm  S5x3> 
hiij^tvineH  (uHttu,  uuü  i«t  ilii<«  IMUl  tum  Pnifb«'  ν•>η  Μ.  I.^ii  i« 
Potto  vnni  uatüraRirbiicieii  Vprlni;  y.R  beitidi^ii. 
Kratikfurt  u.  X..  Fbkmluifetr.  ^i. 

J.  D.  SauerlSnders  Verlag;. 


**ν'ν-Λίν'ν'ν' 


himioiuW  irptelitinl^ 


Antiquarrats-Katatog  Nr.  7. 

^  Klassische  Philolo&rie  luid 
Altortuniskiiiule, 

'  Nnmriien». 

IviitliilU  ilu:   iUliliiuluac  •1ι-β  t  FffdV^sds   Hr. 

Ludwig  von  Sfliwalie,  Tilliin^eu. 

Dfllf    büi  ßftdArf  t^ift.  ctMu  lind   frnnko   yn   v->rlna|^ji, 
Πβι  m.  i.  D. 

R.  Stroh  nietz, 

nurbltMidlnii^  nttd  Anlu{iiiiriiil.