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Full text of "Rheinisches Museum für Philologie"

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Β     1.179, 


442 


Rheinisches  Museum 

fOr 

PHILOLOGIE. 


(■'/3CS 

Herausgegeben  ., ■■  ■■ 


Otto  Ribbeck  nnn  Franz  Buechelen 


Nene  Folge. 

Fünfzigster  Band. 
Mit  drei  Abbildungen  im  Texte. 


Frankfurt  am  Hain 

J.  D.  Sauerländer's  Vorlag. 
1895. 


n^- 


VerzeicTiniss  der  Mitarbeiter 

von  Band  XXV— XL  Villi  und  ihrer  Beiträge  τοη  Band  XXXV  an. 


^ 


Alirens,  H-  L,,  in  fTaimover  f  (Sß, 

578.  \m) 
Amsel,  G,,  in  Schvireidnitz  (43,309) 
Audreseii,  G.,  in  Berlin 
Anton,  H.,  in  Jena 
Apelt,  0.,  in  Wiiimar  {3S,  1»j4.  3ö, 

27.  43,  203.  4»,  59.  50,  394) 
Arnim,  IL  von,  in  Rostock  (4t,  270. 

43,  3ij0) 
Äsbach,  J.,   in  Prüm  (35,  174.    M, 

38,    :i7,  2^5) 
Aubert^    L.  C.  M.,   in    Chrlstiaiiia 

(36, 178) 
Aufrecht,  Th.,   in  Bonn    (35,  320, 

37,  484,  40,  im.  43,  318) 
Auafeld,  A*,   in  Bruchsal  i;50,  357) 
Badbam,  C,  in  Sydney  t 
iiaehrciJB,   E,,  in  Groinngeu  f 
Bacunikcr  C,  in  Breslau 
BarthoSd,  Tli.,  in  ilümburg 
Bartbolomae,     Chr.,     in    Münster 

(45,  151) 
Barwinski,   B.,   in   Deulscb•  Krone 

(43,310) 
Bauer,  Α  ,  in  Graz  (30>ίϊ24) 
Bauuack,  J.,    in  Leipzig   (37»  472. 

38,  2i)3) 

Biicher,  F„  iu  Halle  (37,  57*>.  42, 
144.  43,β3ίλ  45.:  18,  47,  «39) 

Becker,  G.,  iu  Bonn  f  (37,*i42) 

Bclocb,  J,,  in  Rom  (39,  34.  23ΓΙ  43, 
101.  45, 4ii5.555.  4i>,Hl.  ä0,250) 

Bcnudorf,  0.,  in  Wien 

BtTgk,  Th.,  in  Bonn  f  i35,  244. 
36,87.   37,50.208.355,   38, 52ö. 

39,  607  i 

Bernays,  J.,  iu  Bonn  f 

Bethe,  E..  in  Bostock  (46,  51L  47, 

577.  4H,  91.  355.  484} 
Biese,  Α.,  in  Kiel  (36, 322.  38,  il34) 
Binsfeld,  J.  P.,  in  Coblonz  t 
Birt,  Th.,  in  Marburg  (38,  IH7.  40, 

521.  45,491.  46, 152.  50,31,  1»J1) 
Blass,  F.,  in  fklle  (35,  74.  287,  36, 

H04.  37,  151,    38,  •ί12.  40,1.  41, 

313.  43,  2»;8,  44,  L  lOiJ.  47,  209} 
Blas*,  Π.,  in  Berlin  t 
BITimner,  H.,  in  Ziiiich 
Bui'hme,  J.j  iu  Hamburg  (42,  28H) 
Bannet,  M.,  in  Montpellier 
Boor,   C,  de^    in  Breslau   (45,  477, 

47,  321) 


Born  ein  ann,  L,,  in  Hamburg 
Brambafch,  W.^  in  Karlsruhe 
Brandt,  S.,  in  Heidelberg  (36,ΐ;30. 

38,  ίΐ03.  47,  390) 
Braun,  W.,  in  Wesel 
ßreitenbach,  L.,  in  Naumburg  t 
Brocker,  L.O.,  inllümburg  (40, 415) 
Bru^maun,  K.,  in  Leipzig  (43,  3t^, 

480) 
Erugmann,  0.,  in  Leipzig  (50,  478) 
Bruhn,  E.,  in  Kiel  (45,  273.  48,  β28. 

49,   li;8) 
Bruns,    J.,    in    Kiel    (43,  Hik  161. 

44,  374.  (113.  45,  138.  223) 
Buchholti,  H.,  in  Berlin 
Buecheler,  F.,  in  Bonn  (35,^5.69, 
93.  279, 390. 495. <)27. mi.  36,235, 
329,  4H3.  478.  (i20.  37,  53.  22«. 
294,  32L  516.  Wo.  38,  132.  474. 
476.  479.  507.  637.  640.  39.  15L 
168.  274,  315.  408.  558.  620.  40, 
148.  304.  309.  475.  627.  SuppL 
41,  1.  IIH.  160.  310.  311.  454. 
634,  42,  151.  198.  317,  472.  582. 

43,  12H.  151.  291.  479.  557.  44, 
317.  32L  633.  45,  159.  161.  321. 
46. 159.  233.  632.  48, 84.320.  631. 

49,  17B) 

Buerinann,  H.,  iu  Berlin  (40,  387) 
Btigge,  S„  in  Chrigtiania  (40,  473) 
Buute,  B.,  in  Leer  (43,  317) 
Bureseh,     K.,     in    Athen   (44,  489. 

U,  193.  47,  329.  40,  424) 
Bursian,  C,  in  Miinchen  t 
BuBolt,   G.,   in  Kiel    (37,  312.  637. 

38,  150,  307.  309.  627.  629.  39, 

478.    40,  156.  466) 
Busse,  Α..  in  Berlin  (49,  72) 
Bywater,    L,    in    Oxford    (37,  633. 

39  157.  42  62) 
Caucr,F.i  inlierHn  (41,387.  46,244. 

50,  348) 

Cftuer,  P.,  in  Kiel  (36,  131.  38,  470. 

44,  347.  47,  74) 

Choledniak,   J.,   in  St.  Petersburg 

(42,  186) 
Christ,  W.,  in  München  (36,  26) 
Cicboriue,  C,  iu  Leipzig  (44,  440) 
Claasen,  J.,  in  Hamburg  t 
Clemm,  W.,  in  G »essen  f 
Cohn,  L.,  in  Breslau  (43,  405) 
Couway,  R.  J,,  in  Cardiff  (49,480) 


IV 


Yeneichniss 


Consen,   F.,    in   Berlin    (S6,  506. 

41,242) 
Crecelias,  W.,  in  Elberfeld  t 
Crasios,  0.,  in  Tübingen  (S7,  308. 

38, 307. 39, 164. 581.  627. 40, 316. 

464.    42,386.   43,197.305.461. 

478.623.   44,309.448.    45,265. 

46,  318.    47,  61.   48,  152,  299. 

49,299) 
Gnno,  J.  G.,  in  Graodenz  f 
Cnrtius,  C,  in  Lübeck 
Cartins,  E.,  in  Berlin  (50,  373) 
Barbishire,  H.  D.,   in  Cambridge 

(44,  319) 
Daub,  Α.,  in  Freibnrg  i.  B.  t  (35. 56) 
Dechent,   H.,  in  Frankfurt   a.  M. 

(35,  39) 
Deecke,  W.,  in  Malhansen  i.  £.  (36, 

576.  87,  373.   89,  141.  638.  40, 

133.  638.  41,  191.  460.  42,  226) 
Deiter.  H.,  in  Aurich  (37,  314) 
Piels,  H.,  in  Berlin  (86,  343.  42,  1. 

46,  617.  49,  478) 
Dieterich,  Α.,  in  Marburg  (46,  25. 

48,  141.  275) 
Dietze,  J.,  in  Hamburg  (49,  21) 
Dilthey,  K.,  in  Göttingen 
Dittenberger,  W.,  in  Halle  (86, 145. 

463.  47,  324) 
Domaszeweki,  A.  v.,  in  Heidelberg 

(45, 1. 203.  46, 599.  47, 159.  207. 

48,  240.  342.  49,  612) 
Droysen,  H.,  in  Berlin 
Duemmler,  F.,  in  Basel  (42,  139 

179.  43,  355.  45,  178) 
Duentser,  H.,  in  Köln 
Duhn,  F.  V.,  in  Heidelberg  (36, 127. 


Duncker,  Α.,  in  Kassel  t  (36, 152) 
Dyroff,  Α.,  in  Würzburg  (50, 481) 
Dziatzko,  K.,  in  Göttingen  (85, 305. 

87, 261.  89, 339.  44, 634.  45, 639. 

46,47.349.  47,634.  49,559) 
Egenolff,  F.,  in  Heidelberg  (85, 98. 

564.  36,490) 
£llis,  R.,  in  Oxford  (48,258) 
Elter,  Α.,  in  Bonn  (41, 517.  46, 112. 

47, 130.  629) 
Engelmann,  R•,  in  Berlin 
Enger,  R.,  in  Posen  f 
Enthoven,  L.,  in  Strassburg  i.  £. 

(46,  480.  48,  472) 
Eskuche,  G.,  in  Kassel  (45, 236. 385) 
Eussner,  Α.,  in  Würzbur?  f 
Eyssenhardt,  F.,  in  Hamburg 

Fabridus,   £.,   in  Freiburg  L  Br. 
(46,  337.  589.  48,  448) 


Faltin,  G.,  in  Neu-Ruppin  +  (39,  260) 

Fielitz,  W.,  in  Pless 

Flach,  H.,  in  Hamburg  f  (35,  191. 

86,316.624.  88,  4(;i) 
Foerster,  R.,  in  Breslau  (35, 471. 37, 

480.  4ii3.  485.   88,  421.  467.  6:V). 

40,  453.  631.  637.  43,  505.  49, 
167.  168.  481.  60,66.  640) 

Foerster,  Wend..  in  Bonn 
Foerster,Wilh., in  Duisburg  (36, 158) 
Fraenkel,  Α .,  in  Schaff  hau8en(39, 1 59) 
Fränkel,  M.,  in  Berlin  (47,  47:)) 
Frederking,  Α.,  in  Mainz  (40,  114) 
Freudenberg,  J.,  in  Bonn  t 
Freudenthal,  J.,  in  Breslau  (35, 408. 

639.  43,486) 
Frey,  J.,  in  Münster 
Frick,C.,  in  Höxter  (43, 123.  44,3(Ϊ9. 

46,  106) 
Friederich,  Β.,  in  Hannover  (38, 471) 
Friedländer,  L.,  in  Strassburg  (42, 

310) 
Froehner,  W.,  in  Paris  (47,  291) 
Froitzheim,  J.,  in  Strassburg 
Fuchs,  R.,   in   Dresden   (49,  532. 

60,  576) 
Fuhr,  K.,  in  Beriin  (37,  299.  4(W. 

41,307.  60,304) 
Funck,  Α.,  in  Kiel 

Gaedechens,  R.,  in  Jena 
Galland,  C,  in  Strassburg  (37,  26. 

41,  292) 

Gardthausen,  V.,  in  Leipzig  (39, 317. 

40, 599.  45,612.  46,619.  60,311) 
Geizer,  H.,  in  Jena  (85,514.  44,  2<>7. 

48,1611 
Gercke,  Α.,  in  Greifswald  (41, 2*\(\. 

470.  42,  262.  590.  44,  127.  210. 

47,319.  48,41) 
Gilbert,  W.,  in  Dresden  (39,511. 

40,  210) 
Gildemeister,  J.,  in  Bonn  f 
Gloeckner,  F.,  in  Strassburg  (35, 481) 
Gloel,  H.,  in  Wesel  (37,  136) 
Goetz,  G.,  in  Jena  (85,  4>51.  87,  141. 

40,324.  41,318.629) 
Gomperz,  Th.,  in  Wien  (44,  472) 
Graf,  £.,  in  Gumbinnen   (43,512. 

44,  469.  46,  71) 
Grosser,  R.,  in  Wittstock 
Gundermann,  G.,  in  Giessen  (41 ,  632. 

44,  637.  45,  361.  46,  489) 
Gustafsson,  F.,  in  Helsingfors 
Gntschmid,  A.  von,  in  Tübingen  t 

(87,548.   44,267) 

Haeberlin,  C,  in  Halle  (45, 21. 311) 
Hagen,  H.,  in  Bern  (36,  569) 


der  Mitarbeiter. 


^ 
^ 


I 


Halm,  K.,  in  München  f 
Haussen,  ¥.^  in  SnDtiago  (37t  252. 

Härder,  Chr.,    in  Neumünster  (48, 

4Ö3) 
Hartfelder,  K.,  in  Heidelberg  f  (3Ö, 

227) 
Haupt,  Η  j  in  Giessen 
Heerdcgeo^  F.,  in  Erlangen  (S8, 120. 

245) 
Heidenbain,  F.,  in  Strasburg  i.  W* 
Heidtmann,G.,iDPf«ffL'Ddorf(4,'l,iri3) 
Heinze,  R.,  in  Straasburg  (45i  497) 
Hclbig,  W.,  in  Rom 
Hense,  0„  in  Freibtirg  i,  Br  (30,  3ö9. 

52L  41,27.  45,541.  47,  21^.  49, 

174.  δΟ,  140J 
Henzen,  W.,  in  Rom  f 
Hertling,  G.v„  in  München  (39, 44ij) 
Hert«,  M.,  in  Dreelau  |  (43,  :J12) 
Herwtrdeu,    H.    van,    in    Utrecht 

(36,  45ti.  529.    37/24 L    40,^*44. 

43,7a.   44.  ÖIOJ 
Hettner,  F.,  in  Trier  (3β,  435) 
Ho>denmnn,  H.,  in  Halle  f  (36, 4(>5, 

»il7.  38,  mi) 
Heydenreicbj  K.,  in  Schneeberg 
Hiiylbut,  G.,  in  Hamburg  (39, 157. 

mo.  41,  304.  4^,  102) 
Hiller,  F,,  in  Halle  t  (36, 312. 37, 5i;7. 

39,  321.  40,  201.  41,  :Ji)8.  42.  üil) 
Hirsclifeld,  G.,  in  Königsberg  f  (42, 

20ii:  44,  an) 

Hirzol,  R.,  iu  Jena  (39,  lGi>.  41»  153. 

42,  23ίί,   43,  314.  U31.   45»  419. 

47,  351)) 
Hocfner,  M.  J.,  in  Mainz 
IIoereehelDjaun,  W.,  in  Dorpat  (35, 

373.  3ϋ,ιίίιΠ.  4(MJ 
Uoirmann,    E.,    in  Wien   (39,471. 

40,  150.  41,151.  42,479.  43, 15f>. 
50, 90.  484.  48β) 

Holiu,  Α.,  in  Neapel 

Holzapfel,  L.,  in  Leipzig  (37,  448. 

38,i;:H) 
Hosiua»  C,  inMiin&tcr(43,  494.  46, 

287. 577.  47, 4t^2. 48, 3H0.  5<l,  2«ίΐ} 
liuclaen,    Chr.,    in  Rom    (45,  284. 

49,  37i>.  (ϊ29) 
Hug»  Α.,  in  Zürich  f  (40,  397) 
Huschko,  E.,  in  Breslun  f 
Ihm,  M.,  in  Hallo  (42,487.  44,522. 

45»<i2:-'.  e:!9. 4G,323  371.494.  (i21 . 

47,  31L*,    48»  (t35.  479.  49,  247. 

31ίκ  479.  50,  191.3(>7) 
Ihue,  W,,  in  Heidelberg 
nherg,J..inLeip7jg(42,43ü.  44,207. 

45,111.  47,489) 


Immi»cb,  0 .,  in  Leipzig  (44, 299. 553, 

46,  488.  G13.  48,  290.  512) 
hier,  M.,  in  Hamburg  f 

Jacoby,  K.,  in  Hamburg 
Jahnke,  R.,  in  Coblenz  (47,  4Γ,0) 
Jnn,  C.  V.,  in  Strassburg  (46,  557) 
Jeep,   L.,   in  Königsberg  (56,  351, 

37,  425.   43,  (30.  44,  25) 
John,  Cm  in  Stuttgart 
Judeich,  W.,  in  Marburg  (47,  53) 
Junghlut,   Π.,   in  Frankfurt  a.  M. 

(38,394) 
Jun^mann,  E.,  in  Leipzig 

Kaibel,  G.,  in  Strassburg  (44,3l<5) 
Kolkmann,  Α.,   in  BeHin  (37,397. 

30,5f!L  42,489) 
Karo,  G.,  in  Bonn  {48,  311) 
Kekule,  R.,  in  Berlin  (39, 48l.  40, 

308.  43,4H1) 
Keller,  L.,  in  Miineter 
Keller,  0-,  in  Prag 
Kiderlin,  M,,  in  München  (46,  9) 
Kiesäling,  Α.,  in  Strassburg f 
Kiessling.  G.,  in  Berlin  f 
Kirchner,  ί.  Ε.,  in  lierlin  (39»  '3ω. 

40,377.  43, 145.  44, 154.  46, 488. 

47,  550) 

Klatt,  M.,  in  Berlin  (45,  335) 
Klt'bs,   R,  in  Berlin  (42.  Ui4.  43, 

321.  44,273.  45,  43(;.  47,  1.515) 
Klein,  J.,   in  Bonn    (35,  154.  317. 

490.634.  36ji34.  37,271.43,159) 
KlnsBmann»  E.,  in  Hudolßtadt  f 
Knaack,    G.,    in    Stettin    (48,  632. 

49,  310.  47*5.  52t^) 

Koch,  IL  A.»  in  Öchulpforte  t 
Koob,  J„  in  Marburg  (44,  575) 
Kock,  Th.,  in  Weimar  (35,  2(il.  4H8. 
37,130.292.   39,118.  41,^5.315. 
43,  29.  tiu5.  45,  50.  46,  '2^^'X   48, 
208,  579.  49,  1B2.  Γίύ.  50, 140) 
Koehler,  U.,  in  Berlin  (39.  293. 46, 1) 
Koepp.  F.,  in  Berlin  (39, 209.  40, 111. 

48,  154.  485.  50,  2HH) 
KoerU%  Α.,  in  Berlin  (45,  172) 
Kohlmann,  P,,  in  Emden  t 
Kopp,    Α.,    in    Berlin    (40,371.  4ί, 

247,  37β.  42,  Ihs) 
KüTsch,  Th.,,  in  Moskau  (41,  155) 
KrascbeninnikofT,  M.,  iu  Rom  (48, 

ii34) 
Krause,  J.,  in  Köln  f 
Kroll,  W.,  in  Breelau  (47,  457. 599 

50,  *i3ii) 

Krnogür,  G.,  in  Dessau 
Krumbaeher,  K.,  in  München  (39, 
348.  478) 


VI 


Yerzeichniss 


Krumbbolz,  P.,  in  Eisenach  (41,321. 

44, 286.  50, 205) 
Kuebler,   B.,   in    Berlin   (45,  485. 

46,  324) 

Knhnert,  E.,  in  Königsburg   i.  P. 

(49,  37) 
Lange,  K.,    in  Tiibingen  (35,110) 
Lange,  L.,  in  Leipzig  f 
Lattes,  E.,  in  Mailand  (49,  317) 
Lehre,  K.,  in  Königsberg  t 
Leo,  F.,  in  Götlingen  (35,  23(>.  431. 

38,  1.311.317.  39,470.  40,  KJl) 
Lewy,  H.,inMülhau8en  i.E.  (41,307. 

48,  398.  472) 
Loewe,  G.,  in  Göttingeu  t  (38,315. 

479) 
Luckenbach,  H.,  in  Karlsruhe  (36, 

308) 
Ludwich,  Α.,  in  Königsberg  1 35, 298. 

473.  497.   36,  19β.  304.  464.  (>23. 

37,20ί;.4ί)4.  38, 133.  .370.  41,302. 

437.  592.  627.    42,  233.  474.  547. 

im.   43.  472.  564.    44,  194.  468. 

45,  11.  46.  139j 
Luebbert,  E.,  in  Bonn  f  (41,  468) 
Luet Johann,  Chr.,  in  Grcifswald  f 

(37,  496) 
Lugebil,    K.,   in  St.  Petersburg  f 

(43,1.220) 
Machly,  J.,  in  Basel 
Manitius,  M.,  in  Dresden  (44,  510. 

45, 153.316.485.  46, 150.493.622. 

47.  465.  Suppl.  48,  313.  474.  49, 
170.  50, 152.315.  ♦;41) 

Martin,  F.,  in  Posen  f 

Marx,   F..   in   B:e<lau  (39,65.  41, 

549.   42,  251.    43,  136.  376.  (;40. 

46,420.60<i.636.  47,157.  50,321) 
Mau,  Α.,  in  Παπί  (36,326.  37,319) 
Meier,  P.  J.,  in  Braunscbwcig  (37, 

343.  42,122) 
Meister,  R.,  in  Leipzig  (37,312) 
Mendelssohn,  L.,  in  Dorpat  ^36,302. 

38,126.  42,525) 
Meyer,  E.,  in  Halle  (36, 120.  37, 610. 

41,560.  42,81.  146) 
Meyer,  W.,  in  Göttiugen 
Meyncke,  G.,  in  Rom 
Michaelis,  Α.,  in  Strassburg 
Mollat,  G.,  in  Kassel  (42,<5;J9) 
Morawski,  C.  von,  in  Krakau 
Mordtmann,  J.H ,  in  Constantinopel 
Morsbach,  L.,  in  Göttiugen 
Müllenbach,  E.,  in  Bonn  (41,319) 
Müller,  C.  Fr.,   in  Kiel    (46,  320. 

50,301) 
Müller,   H.  J.,  in  Berlin  (43,  (»37. 

44,319) 


Müller,    K.  K.,    in  Jena   (36,  145. 

38,454.   39,467) 
Müller,  L,  in  St.  Petersburg 
Müller-Strübing,  H.,  in  l^ndonf 
Muenzel,  R.,  in  Marburg  (40,  148. 

465.  r,.32) 
Hake,  B.,  in  Berlin  (40,  145) 
Natorp,    l•.,    in    Marburg    (38,  28. 

41,:)49.  42,374) 
Neumann,    K.  J.,    in    Strassborg 

(35,  308.  485.   36,  155) 
Niese,    B.,    in    Marburg    (38,  54>7. 

42,  559) 
Nietzpche,  F ,  in  Naumburg 
Nipperdcy,  K.,  in  Jena  f 
Nissen.   H.,  in  Bonn   (40,  .38.  ;J29. 

480.41,481.42,28.43,236.45,100. 

47,  161.  49,  1.275) 
Nitzsch,  K.  W.,  in  Berlin  f 
Noack,  F..  in  Athen  (48,  420) 
Norden.  E.,  in  Groifswald  (48,  31S. 

529.  49,  194) 
Oder,  E.,  in  lirrlin  (43,  541.  45,58. 

212.  6;i7.  48,  1) 
Oehmichen,G.,  in  München  (43,524. 

46,  99) 
Opitz,  Th.,  in  Dresden 
Osthoff,  IL,  in  Heidelberg  ^36,481. 

37,  152) 
Otto,  Α.,  in  Opi)eln  (41, 36Ί.  42,  ;5(>2. 

5:U) 
Overbcck,  J.,  in  Leipzig  (41,  67) 
Papadopulos-Kerameus,  Α.,  in  St. 

Petersburg  (42,  15.  46.  160.  HU) 
Patzig,  E.,  in  Leipzi^i^  (37,  67) 
Paucker,  C.  v.,  in  Heval  f  v^^o,  586. 

37,  5:)6.  38,312) 
Peiper,  R.,  in  Bre>lau 
PeppniüUer,   R.,   in  Stralsund  (40, 

4(>2.  620) 
Pernice,  K.,  in  Berlin  (44,  5»)8.  46, 

495.  626) 
Peter,  K.,  in  Jena  t 
Petersen,  E.,  in  Rom  (50,  \W,]) 
Pfleiderer,  E.,  in  Tübingen  (42, 153) 
Pilugk-Harttung,    J.   v.,   in  Berlin 

(41,  7:i) 

Philippi,  Α.,  in  Dresden  (35,  607. 

36,  245.  472.  41,  13) 
Pomtow,    H.,    in    Eberswalde  (49, 

577.  627) 
Preuner,  E.,  in  Grcifswald  (49,  313. 

362) 
Prinz,  R.,  in  Königsberg  f 
Rabe,  H.,   in  Hannover   (47,  404. 

48,  147.  49,625.  50,148.211) 
Radermacher,  L.,  in  Prüm  (47, 569. 

48,  622.  49,  163.  50, 137. 475) 


der  Mitarbeiter* 


I 


Happ,  Α.,  in  Stuttgart 

HassoWf  H.,  in   Weimar  (iOi  312, 

43,  583) 
EaucheiieteiD,  K.,  in  Aurau  f 
Reitzeiisteio,  R.»  i-  Strassburg  (43, 

44:5) 
Retliy,  G.,  in  Bern 
Reuss,F,,iETrivrbacb(:ifi,  IGl.  38.1  IS) 
Rihbeck,   O.,   iu   hai\mg   (35,  10Γ>. 

30.  i  lil  im.  37,  Γι4,  417.  ΰ31,  (ί2Η. 

38,  4Γ*(.λ    :\ίΚ  :Πό,  «29.    40.481. 

4lj;iH.ii::il.  42MU  44,305.472, 

45,  14ί>.  147.  313.   4C,  m\,  mi, 

47,ri97Ji2H.  49,472.  50,277.314. 

RihbcL-k.  Wa.^  in  Marburii  (43,i!3(]) 
Eibb^-uk,  Wo.,   in    Berlin   (35,  WJ. 

CIO,    3ii,  J3±  38,  471) 
Riühitr,  (),,  in  Ikrlin 
RiccklitT,  J.,  in  Ilcnbronn  f 
Hicse,  Α.,  in  Frankfurt  a.  M,  (3ίί, 
20α  473.    U,  1Γ.4.    31),  iUil    41, 
63iK    42,  1Γ.2.    44,  33  L  45SS) 
RinsSf    E.,    in  üamlitirij  (4ίί,  307* 

49.  177) 

Rilsckl,  F„  in  Leipzij^  f 
RocmtM-,  A,,  in  Erliingen  (30^  491) 
Rüfiiiatih.  FI,|  in  Zwickau  f 
Ro!i(lf%  Ε ,  in  Πι  itklber;;  (3[>,  lf,7. 
3üi).  47t).    3fi,  :iyO.  524.    37,  Ι4Γ.. 

n\'}.  38,2'»K3oi.  m,  ini.  m,m, 

41,170.  42.47Γ*.  43.303.  4'h,47<;. 

4H,  na  49,  Ϊ12  j.  i;24.  ©o,  i.fioo) 

Roadi.T,  W,  iL,  in  Wurzon  (44,:il2) 
Rossbacb,   ü,,    in   Köiiig^sltery    (44, 

<I5.  431.  4«,  311.  48,i'i92j 
Rossber;:,  K.,  in  Ilililesbcini  {38, 152) 
Rucbl,    F,    in   Koni^flKiT;^  (3C.  11. 

43,5!ί7-  40,  \AtlA:Iil  47,  1Γ>2.4ί;0. 

4H,  r>(i5.  49,  2:»<;.  50,  nij 

Rysscl,  V„  in  Zürieb  (4H,  175) 
Savelsberg,  J,,  in  Aiidien  f 
Scilla,  R.  V.,  in  Iniishruek  (45.  474) 
SchuLfer,  Α.,  in  Bonn  f  (38,310) 
Suharnhacil],  Π,,  in  Altcnhurii  t 
aban/,  M.,  in  Wür/4mrj,^  (30/215» 
;8^j2.  37, 13!K  3H,i:i8.:K)r..  m.AVl 
41.  IW.  308.  44,  :i05.  47L  480. 

50,  1 14) 

ScboLT,  E„  in  Saarbrückt*n  (3C,  272* 

442.  lilU) 
Scbfφ'^B»  G.,  in  Speier  (48,  482) 
»chlee,  F.,  in  Berlin  (40/147) 
Scbmitl.  W.,  in  Tübin^n-t,  (4^,473. 

G2S.  48,  53,  mn  49, 133*  50,  :m. 

310) 
BcbmtiB,  Α.,  in  Parcbim  f 
Sebmidt,  B.,  in  Freiburg  i.  Br,  [30, 1) 


ScbmidU  J,»  in  Königebßrgt  (44. 397. 

4HL  45,  14H.  157.  318,  482.  59^. 

640.  40,  77.  334.  47,  114.  325) 
Scbniiilt,  Leop,,  in  Marburg  f 
Selimidt,  M.,  in  Jena  f 
Schmidt,  0.  E.,  in  Meissen  (35,  313, 

40,  OlL  47,241) 
Scbmitz,  W.,  in  Köln  (37,317) 
8clmeider,  R,,  in  Duisburgs 
Schoelb  F.,  in  Heitiulberg- (35,  543. 

*m.    37,  124.    4(i,320.    41,  18. 

43,  298,  419.   44,  158.  280.   60, 

1551 
Scboell,  R.,  in  Münc*hen  |  (42, 478) 
Schoene,  Α.,  in  Kiel 
Sctioene.  Α.,  in  Bl&seuits!  (46,  153) 
Schocuemann.J., i. Sclikwe  (42, 407) 
Sc b reiber,  Tb.,  in  Leipzig 
Sebroeder,  P.,  in  London  {35,  33li) 
Scliubring,  J.,  iu  LiibeL?k 
Scbulten,  Α.,  in  ISerlin  (50.480) 
Stibult'.s**,  F.,  in  Ilfiinbnrg 
ScbtiltK,  Α.,  in  Breslau 
Scbulxc,  E,,  in  Homburg  v,  d,IL  (35, 

483.   41,  151) 
Scbnlzp,  W.,  in  Grittingi  η  (48,  248) 
Schumacbcr,  K.,  in  Karlsr uIil'  (4Ϊ, 

223.  IJ2H.   42,  14S.  310.  <J35) 
Scbnaler,  P.,  in  Leiftzig  f 
Scbwabi',  L,,  in  Tübinj^'cn  (30,  47(i. 

40,  25) 

Scbwartz,  E.,   in  Gteisen  (40,223* 

41,203.  44,  104.  BJl) 
Scbwarz,  W,,  iu  Neuwied  (48,  258. 

49.  35;i) 
Seook,  0,,  in  Greifswald  (37,  l.  598. 

41,  101.  4i),  1*54.    48,  VJH  ii02. 
49»20H,  f;;iO) 

Sceli*for,  K.,  in  Meiwen 
Seum'e,  Tl.,  in  Stadn  (37,033) 
Sieyliii,    W,,  in    Li-ipzig  fSJi,  348. 

3Ü,  102) 
Sicvers,  0.,  in  Wolfenbuttcl  f 
Simeon,  B„  in  Freiburg  i.  B.  (41^ 

038) 
Sitzler,  J  ,  iu  Badt^n-Badon 
8kutHcli,  F.,    in  Breslau    (47,   138. 

48,  303) 
Sommerbrodt,  J.,    in   Breslau  (36, 

314.  37,299  30, 0;j0.  40,100) 
Somiy,  Α .,  in  St,  Ptslersburg(41,  .Ί73) 
Spüyer,  J.  iS.,  tu  Gronin^a^n  (47,ii38) 
Sppimgel,  J*  G,,  in  Keilbau  Thiir, 

(46.54) 
SUehels(!lieid,   Α.,   in  l^ondon  (35. 

312.  0;W.    3(j,  L57.  321) 
8tabb  J.  M,,  in  Münster  (38,  143. 

3ö,  307*  458.  4li0.   40,  439.  029. 


Verzeich nisB  der  Mitarbeiter• 


U,  250.  481.  fil4.    48,  157.   49, 

(Ϊ20.  50,a82.  504]) 
Starigl,  Tb.,  in  Müncben  (39,  231, 

428.  5ϋ(ί) 
Stephan,  Gh.,  in  Köln  (40,  263) 
Stemkopf  j  W.,  in  Dortmund  (47, 468) 
8teading"i  IL,  in  Warzou 
Steup,  J.,  in  Freibiirg  i.  Br.  (35,321, 

(MO) 
Stieb,  J.,  in  Zweibrücken  (3ß,  175j 
Struvc,  Tb.,  in  St.  Petersburg 
SubkoWf  W.,  in  Moskau 
Sudhaus,  S..  in  Bonn  (44,  52.    48, 

152.32L502) 
Suficmihb  F.,  in  Groifewald  (35,475. 

486.  40,  563,   42,  140.   46,  326. 

40,  473) 
Swoboda,H.i  in  Prag(45,2as.  46,497, 

49,  321) 
Sxanti^,  E.,  in  Wien  (40,  506) 
Teicliraiilier.G,,  in  Dorpat  t  {36, 309) 
Teufel,  F.,  in  Karlsruhe  f 
Teuffei,  ΛV^,  in  Tübingen  t 
Tbouret,  G.,  in  Berlin  (42,  426) 
Tbunieybcn,  R,,  in  Freiburg  i.  Br. 

(43,  347J 
Tiedke,  IL,  in  Berlin (35, 47 1. 42. 138) 
Toepilar,    J.,    in    Basel    {U,    142. 

4δ,  371.  40.  22Γι) 
Traubis  L.,  in  München  (%%  467. 

477.  6:30.   40,  153.  155.    44,  478. 

47,  558,  48,  284) 
Trieber,    C,    in   Frankfurt    a.  M. 

(43,  5(59) 
Tümpel,  C,  in  Neustettin  (46,  528. 

6:16) 
ühbg,  G,,  in  Heidelberg 
üngcr,  G,  F.,  in  WüTzburpr  (35»  1, 

36,50.  37,  ]5;ΐ.6;ΐ6.  38,157,481) 
Urlieb»,   IL  L.,   in  Würzburg  (44, 

474.  487) 
UHicbs,  L.v .,  hl  Wiirzbur^  t  i44. 259) 
Uaeupr,  IL,  iu  Bonn  (35,  131.    ä7, 

47^»,    4L  5iX).    43,  149.  150.  320. 

47,  154.  414.  4ίί»  461.  50,144) 
Valilen,  J.,  in  Berlin 
Viertel,  Α.,  in  Giittingen  (36,  150) 
Visdier,  W,,  in  Busel  t 
Yiiet^L  van  der,  in  Π  aar  lern  (40»  155. 

42,  145.314) 
Vogtil,  F.,   in  Nürnberg  (41,  15S. 

43,319.  44,532) 
Voigt,  G.,  in  Leipzig  t  (^6»  474) 
Voigt,  M.,  in  Leipzig  (36^  477) 
Vollmer,  Α.,  in  Dürc  η 
Vollmer,  F.,  in  Brüssel  (4a,  343) 


Volquarilsen,  C.  Α.,  in  Göttiugen 
Wacbendorf,  Π.,  in  Düsseldorf 
WachsmutU,  C.»  tu  Leipzig  (35,  448. 

490,    36,  597,    37,  506,    30,  4<J8. 

40,283.469.  42,462.  43,21.306. 

44, 15L  153,320.  4I>,  476.  46,  327, 

329,  465,  552) 
AVaektrnagel.  J.,  in  Biiael  (44.  63L 

45,  480.  48,  299) 
Wagner,    R,,    in  Dresden  (41,  134.      ■ 

46,  378.  618)  I 
Weber,  tL,  in  Eisenach  (44,  307)  ' 
Wecklein,  N.,  in  Müucbön  (35»  152. 

631,    06,  135.    37,  630.    38,  136. 

41,  302,  469,  627) 
Weitie,  0.,  in  Eisenberg  <3S,  540) 
Weizsäcker,  P.,  in  Calw  (35,  350) 
Wellhaueen,  J,,  in  Göttin  gen 
Wellmann,  E,  in  Berlin  (40,30) 
\Velzhufer,  H.,  in  München 
Wendland,  P.,  in  Berlin  (4t.  309) 
Werner,  J-,  in  Lenzhurg  (42,  637. 

43,  639) 
Westcrburg,  E,,  in  Barmen  t  (37, 

35.  38.  92) 
Wßyniau,  K.,  in  München  (42,  637. 

43,635   45,320.  47,640.  50,154) 
Wietkmana,  A,,  in  Bonn  (35,364. 

38,  381) 
Woeimin,  E.V.,  in  München  (57,  83. 

30,  156.    41,  155,  472,    42,  144, 

310,485.  43,308.  44,  488.  47. 610. 

48,  312.  49,  270.  50, 152.  320) 
WoIlBeitren,  M.,  in  Krefeld 
Wolters, P.,in  Athen (3S. 97,  41,342) 
Wotke,  C,  in  Wien  (43,  494) 
Wünsch,  IL,  in  Rom  (40,  91) 


Zacher,  K.,  in  Breslau  (45,. ^24) 
Zanfremeister.    K.,    in    Heidelberg 

(30, 634, 6,35. 636. 40, 480.  42, 483) 
Zanieke,  E.,  iu  Leipzig  (39,  1) 
Ziegler,  L.,  in  München 
Ziehen,  J.,  in  Frankfurt  a.  M.  (50, 

643) 
Zielinski,    Tb.,    in    St.  Petersburg 

(38,625,    39,73.301.    44,  15(i) 
Zimmermunn,  A,,  in  Cello  (45,  493. 

50,  159) 
Zingerle,  Α.,  in  Innsbruck  (4L  317) 
Ziuijerle,  J.,  in  Innsbruck  (48,  2ΐίΟ} 
Zipperer,  W,,  in  Würzhurg 
Zitjdmann,  E.,  in  Bonn  (40  SuppL 

.   41,11'^) 

Zuntpt,  A,  W,,  in  Berlin  f 

Znrborg,  Π.,  in  Zerbst  f  (38,  464) 


Inhalt. 


S«ite 

Nekyia.    Von  E.  Rohde GOO 

Zar  Geschichte  der  älteren  griechischen  Lyrik.    Von  J.  Bei  och  250 

Aischylos  und  der  Areopag.    Von  F.  Caaer 348 

Thukydides  über  das  alte  Athen  vor  Theseus.    Von  J.  M.  Stahl  566 

Piatons  Sophistes  in  geschichtlicher  Beleuchtung.  Von  0.  Α  pelt  394 

Lessing  und  Reiskcs  zu  Aesop.    Von  R.  Foerster 66 

Do  Christophen  commentario  in  Hermogenis  librum  περί  στά- 
σεων.   Von  Η.  Rabe 241 

Anecdota  medica  Graeca.    Von  R.  Fuchs 576 

Topographie  und  Mythologie.    Von  E.  Curtius 373 

Paralipomena.    Von  E.  Rohde 1 

Thessalos  der  Sohn  des  Peisistratos.    Von  J.  M.  Stahl 382 

Zu  den  Assyriaka  des  Klesias.     Von  P.  Krumbholz 205 

üeber  das  angebliche  Testament  Alexanders  des  Grossen.    Von 

A.  Ausfeld * 357 

üeber  die  Weihinschrift  der  Nike  des  Paionios.    Von  F.  Koepp  268 

Antikritische  Streifzüge.    Von  0.  Ribbeck 277.  558 

Die  vaticanische  Ariadno  und  die  dritte  Elegie  des  Properz. 

Von  Th.  Birt 3L  161 

Aviens  ora  maritima.    Von  F.  Marx 321 

Die  Epigramme  des  Damasus.    Von  M.  Ihm 191 

Römische  Dichter  auf  Inschriften.    Von  C.  Hosius 286 

Zur  Ueberlieferung  des  älteren  Seneca.    Von  M.  Ihm 367 

Die  Abfassungszeit  des  Octavius  des  Minucius  Felix.    Von  M. 

Schanz 114 

Die  peregrinen  Gaugemeinden  des  römischen  Reichs.    Von  A. 

Schulten 489 

Die  tarquinischen  Sibyllenbücher.    Von  E.  Hoff  mann 90 

Blitz-  und  Regenwunder  an  der  Marcus-Säule.  Von  E.  Petersen 

(Mit  drei  Abbildungen) 453 


Inhalt. 


Μ  i  8  e  e  1  1  e  η. 

Beltt 

Kritisch- Exegetisches. 

Varia.    Scripsit  L.  Radermacher 137. 475 

Bruchstück  eines  Hexameters.    Von  Τ  h.  Κ  ο  c  k 140 

Za  den  Monatskyklcn  der  byzantinischen  Kunst  in  spätgric- 

chischer  Litteratur.    Von  C.  F.  Müller im 

Zum  codex  Palatinus  dos  Lysias.    Λ^οη  Κ.  Fuhr .'304 

Nachtrag  zum  Le\icon  Messancnse  de  iota  adscripto.    Von  II. 

Rabe 14« 

Ein  Fragment  des  Ennius.    Λ'οη  Ε.  Wölfflin 1Γ>2 

Ad  Porcii  Licini  de  Terontio  versus.    Scripsit  0.  R 314 

Zu  den  Sprüchen  des  Publilius.     Von  0.  Brugmann 47« 

Zu  dem  Gedichte  de  laude  Pisonis.    Ein  Fragment  aus  Ciceros 

Ilomerübersetzung.    Zu  dem  Mimographen  Marulhis.    Von 

M.  Manitius ]Γ>2 

Zu  Q.  Serenus  (Sammonicus).  Zu  Maximianus.  Von  demselben  f>41 

Zum  Florilcgium  des  Micon.    Von  demselben ,'ΠΓ) 

Zur  Anthologia  Latiua  epigraphica.     >Γοη  C.  Weymann 1Γι4 

Zu  dem  Turincr  Cicero-Palimpsest.    Von  F.  Schoell 1Γ>Γ> 

Litterar  historisches. 

Ein  Vorbild  des  Hcrodas.     Von  0.  Hense 140 

Die  chaldäischcn  Orakel.    Von  AV.  Kroll r>;JO 

Eine  Reise  des  Aclius  Aristides  in  die  Milyas.    Λ^οη  W.  Schmid  *iOS 

Zu  Menander  von  Ephesos  und  Laeto».    Von  F.  Ruh  1  ....  141 

Zu  den  Anticatonen  des  Caesar.    Von  A.  Dyroff 481 

Der  Vorname  des  Rhetors  Seneca.    Von  E.  Wölfflin 320 

Grammatisches. 

Zu  Titus  titus  titio  titulus.    Von  A.  Zimmermann 1Γ)1) 

Antiquarisch -Epigraphisches. 

üebersehenes.    Von  H.  ü sener 144 

Das  Alter  der  Vorstellung  vom  panischen  Schrecken.    Von  W. 

Schmid.. 310 

Das  Ikariongebirge.    Von  R.  Foerster (»40 

Das  aquilicium.     Sardi  venales.    Von  E.  Hoffmanu 4S4 

Fortuna  populi  Romani.    Von  J.  Ziehen (>43 

Die  Eroberung  Jerusalems  durch  Uerodcs.  VonV.Gardthauscn  311 


Paralip0fflena. 


1,  Harpyieix  {Psyche  67).  Die  Natur  der  Earpyien  iet 
niclit  leicht  zu  verkennen.  Odyss.  υ  77  τάς  κούρας  "Αρπυιαι 
άνηρέίψαντο  will  vollkommen  daeeelbe  besagen  wie  kurz  vorher 
die  Worte  (UG):  ΤΤανδαρίου  κούρας  άνίλοντο  θύελλαι.  Die 
Harpyien  sii^d  die  in  Sturmwinden,  θύελλαι,  wirksamen  GeiBter*. 
Winde  geben  das  deutlichste  Beiepiel  der  Thätigkeit  unsichtbarer 
Kräfte,  d.  h,  nach  mythologi flüher  Voretellungsweiee,  uneichtbarer 
ούαίαΐ,  Wesen  oder  Personen.  Die  Sinne  (eelbet  der  Geruchs - 
eiun)  spuren  ihre  Anwesenheit;  man  sieht  ihre  Wirkungen,  man 
hört  ihre  Stimmen  im  Säuseln  der  Luft,  wo  Winde  leise  Flögel 
schlagen,  echreokhafter  im  Brausen,  Fauchen  und  Schreien  des 
Sturmes,  der  plotzlioh  auffahrenden  Bö.  Unheimliche  Geister, 
deren  Wirkung  der  Wirbelwind,  der  Sturm  ist,  sind  die  "Αρττυιαι^ 
die  Eaifgeister,    die  Fortreiesenden  ^.     Wie  dies  Homer    deutlich 


•  Es  wird  hier  ein  Anfang  mit  der  Veröffentlichung  einiger  Kx- 
»rse  gemacht,  die  lu  meiner  'Psyche*  in  Auseicht  gestellt  worden  waren, 
ort  aber  nicht  auBgeführt  werden  konnten  (s.  Vorr.  p.  VI). 

t  Wie  aus  den  homerischen  Versen  sich  entnebraen  lasse  (mit 
MilühbÖfer^  Anf.  d.  Kunst  ti4,  dem  Engelmann,  Lex.  d.  Mythol.  1, 
184Γι.  55  sich  anachUeeet)»  dass  die  Harpyien  '  Sturm  wölken'  seien, 
itil  nicht  eifizusehiK  —  Von  den  Combinationen  eines  Aufsatzes  im 
Journal  of  Hdlenic  studies  1893  p.  103  — U4  über  Art  vi nd  Heimath  der 
Harpyien  kaiin  ich  mir  uichts  aneignen. 

^  Die  Etymologie  und  Bildung  des  Wortes  blieb  auch  den  Alten 
gamt  durchsichtig.  Herodian.  Lentz.  l  281,  19 ff.  Άρ€πυ1αι  (Etym.  M. 
IHH,  20:  Beiachrift  auf  einem  Geftss  aus  Aegina»  Myth.  Lex,  I  1H43/4 
ftbgehildet),  mit  '  Vocalentfaltung*  nach  p. 

Ratio.  Uu«,  r*  FbUoL  N.  F,  L,  ^ 


2  Rohde 

aasspriclit^,  so  ist  ee  Dichtern  nnd  auslegenden  Grammatikern 
dee  Alterthnme  allezeit  völlig  gegenwärtig  geblieben.  "Αρτιυιαι 
δν€μοι  καταιγι5ώΟ€ΐς,  δαίμονες  ή  δνεμοι  άρπατικοι,  τών  άνεμων 
ΟυΟτροφαί:  βο  nnd  ähnlich  wird  ihr  Wesen  bezeichnet  (Schol. 
Od.  α  241;  Eustath.  II.  1051,  4;  Oü.  1414,  38 ff.;  Hesych.  s.^Ap- 
πυιαι;  Etym.  Gud.  80,  17;  Lex.  de  spirit.  212  Valck.). 

Nnn  aber  haben  in  homerischer  Dichtung  diese  Geister  des 
Sturmwindes  die  ganz  eigenthümliche  Function,  einzelne  Menschen 
aus  dem  Bereich  der  Lebenden  zu  entraffen,  an  einen  unbekann- 
ten Ort  zu  entführen,  oder,  wie  die  Töchter  des  Pandareos  (υ  77. 
78),    in  die  Unterwelt  zu  entrücken,    Leib   und  Seele  zugleich^. 


1  Auf  die  homerischen  Stellen  beruft  sich  hierfür  Schol.  Apoll. 
Rhod.  I  1016. 

>  Aus  Odyss.  α  234—243;  υ  61—82  läset  sieb,  wie  P&yche  65 f. 
ausgeführt  ist,  keine  andere  VorstelluDg  entnehmen,  als  daes  die  Ilsr- 
pyien  Lebende  mit  Leib  und  Seele  aus  dem  Bereich  der  Menschen  ent- 
rücken. Dieterich,  Nekyia  56  findet  dort  vielmehr  ausgesprochen,  dass 
die  Harpyien  schnellen  Tod  bringen  und  die  Seelen  der  Todten  zum 
Hades  entraffen.  Dass  aber  die  Harpyien  Tod  bringen,  muss  man  in 
jene  Verse  erst  hineinlesen,  um  es  darin  zu  finden.  Es  ist  durchaus 
nur  gesagt,  dass  sie  den  Menschen  unsichtbar  machen  (άίστον  εποίη- 
σαν α  235;  οΙχ€τ*  αϊστος  απυστος  α  242;  ιΧις  [wie  die  Harpyien 
die  Pandareostöchter]  ^μ^  άϊστώσ€ΐαν  —  υ  79),  ihn  entraffen  (νϋν 
hi  μιν  άκλ€ΐώς  "Αρπυιαι  άνηρβίψαντο  α  241,  υ  77;  άναρπάζασα  —  υ  63; 
άνέλοντο  66);  dass  sie  ihn  tödten  ist  mit  keiner  Sylbe  angedeutet;  und 
wenn  sie  nur  seine  ψυχή  entführten,  so  könnte  von '  Unsichtbarwerden ' 
des  Menschen,  dessen  sichtbares  έγώ,  sein  Leib,  ja  am  Orte  bliebe, 
nicht  geredet  werden.  Nein,  es  ist  ganz  unverkennbar  von  einem  voll- 
ständigen αφανισμός  des  Leibes  und  der  Seele  die  Rede  (wie  es  auch 
Eustathius  richtig  versteht).  Der  Tödtung  durch  Artemis  wird  die 
Entraff nng  durch  die  Harpyien  entgegengesetzt  υ  61  ff. ;  70. 80  (ή  f ucira 
63  kann  ja  hier  nicht  bedeuten:  *oder  nachher*,  wie  D.  umschreibt, 
sondern  nur:  *oder  sonst*  el  hi  μή  — ).  α 236  bedeutet:  έπ€ΐ  oö  κε  Οα- 
νόνη  π€ρ  ώδ'  άκάχοιμι:  ich  würde  nicht  so  betrübt  sein,  selbst  wenn 
er  gestorben  wäre  (nicht:  wiewohl  er  gestorben  ist);  er,  den  Ocol 
d'iOTOv  εποίησαν  ist  also  nicht  gestorben.  —  Der  durch  die  Harpyien 
Entraffte  ist  'entrückt*,  wie  so  viele  Gestalten  der  Sage,  von  denen 
mein  Buch  Erwähnung  thut.  Entrückung  durch  θύελλαι  blieb  eine 
nicht  undenkbare  Sache;  wenigstous  als  Redensart  erhielt  sich  der 
\Vunsch:  möchte  ich  —  nicht  sterben,  sondern  vom  Winde  fern  fort 
geführt  werden.  S.  die,  Psyche  692  angeführten  Stellen  der  Tragiker. 
Der  neugriechiche  Volksglaube  schreibt  die  Fähigkeit,  lebende  Men- 
echen  €ΐς  διεστηκότας  τόπους  zu  entraffen,    den  Xeraiden    als  Geistern 


Paralipomena. 


^ 


Geradezu  ale  Todesdämonen,  die  Seelen  Sterbender  entraffend, 
erecheiiien  eie  bei  Marcellus  Sidetes  in  dem  Gedicht  auf  Regula 
(Kaib.  ep.  lap,  1046),  v.  14.  Der  gelehrte  Dichter  folgt  hier 
theile  homerischen  Versen^  theils  vielleicht  alter  volkethUmlichcr 
Voretellung,  wie  eie  auf  einzelnen  Vasen  bildlich  wiedergegeben 
iat  (s.  Jahrb.  d*  arohäol.  Instit.  I  21 1)^  wenn  anders  die  dort 
abgebildeten  Gestalten  (und  ebenso  die  sehr  ähnlitibeu  vier  Flü- 
gelgeatalten  auf  dem  sog*  Harpyienmonument  von  Xantlioe)  wirk- 
lich Harpyien  voretellen  sollen,  und  nicht  etwa  Reren  oder  Si- 
renen oder  andere  Todeegeister• 

In  die  Unterwelt  ent  raffen  die  Harpyien  jeden  falls  ale  an 
ihren  eigenen  Aufenthaltsort,  Dort  eucht  sie  Pherekydee  der 
Theologe,  nach  dem  der  Tartarae  bewacht  wird  von  den  Harpyien, 
dee  Boreäe  Töchtern,  und  von  der  Thyella  (Origen.  c,  Geis,  VI 
42,  p. 378  Lamm.)**  Am  Eingang  zur  Unterwelt  lagern  mit  an* 
deren  üngethümen  auch  die  Harpyien:  Virg.  Äen,  (*,  289•  Aus 
den  Stygiae  undae  kommen  eie  hervor:  3,  215,  Celaeno  sagt 
von  eich  selbst  Furiarum  ego  masima  3,  252.  Mit  den  £rinyen, 
den  wahren  HöUengeistem,  vergleicht  die  Harpyien  schon  Aeschyl. 
Eumen,  50  ff. 

Die  Harpyien  sind  also  Geister  des  SturmeSi  des  Wirbel- 
windes, die  aber  in  nächster  Verbindung  mit  dem  Seelenreiche 
stehen  und  selbst  dort  ihren  Aufenthalt  haben*  Windgeister  in 
naher  Beziehung  zum  Seelenwesen  begegnen  auch  sonst  bisweilen. 
Orphische  Verse,  in  denen  erzählt  wurde,  wie  die  Seele'  in  den 
Menschen  komme,  herbeigetragen  von  den  Winden,  kannte  Ari- 
stoteles (de  anim,   1,  5.  8*  Psyche  Alb ^  3).     Einer  der  orphieohen 


des  Wirbelwindes  zu:  B.  Schmidt,  l'olksl  d.  Neu^r.  1,  123 f.  (der  125 
üurchÄUs  treffend  au  die  Harpyien  erinnert).  —  Nur  ent  raffe  η  die  ΪΙλτ* 
pyien  gleich  ganz  aus  dem  Bereich  der  lebenden  Menschen  in  den 
Hades;  und  so  kommt,  was  das  Verhältniss  des  Entrafften  zum  Reiche 
der  Lebendigen  betrifft,  fhro  Gewaltthat  der  eines  Todesdämoni  gleich. 
^  Auch  wenn  Akusilnos  die  goldenen  Besperidenäpfel  von  den 
Harpyien  bewachen  lieae,  Epimenides  τάς  αύτάς  εΐναί  φησιν  χαΧς  Έσπ€- 
ρίσιν  {τάς  Άρττ^ίας):  Pbilodem,  ττ.  €ύθ€ρ,  ρ,  43,  so  wird  dio  ferne  Gei- 
eterweh  des  Westens,  π^ρην  κλυτοΰ  *i»K€avoto,  als  Aufenthalt  der  Har* 
pyien  gedacht;  denu  dnrl  ist  d<?r  Garten  der  Götter,  dessen  Aepfel  die 
Hesporiden  bewachen  (deren  Natur  «m  deutlichsten  dai'in  sich  anzeigt^ 
düss  sie»  nach  Hesiod,  Th,  211  ff,,  nls  Kinder  der  Nyx  Geschwister  sind 
des  Moros^  Thanatos,  üypnoSf  der  'Ovetpoi,  des  ΜΦλος  καΐ  Όϊίο<^  der 
'  MoiroUi  Keren»  des  Γι^ρας  und  der  KrisJ, 


4  Rohde 

Hymnen  (38),  der  die  Knreten,  den  έν  Σαμοθρήκη  δνακτ€ς  sie 
gleieheetzend,  als  Windgeieter  faset,  feiert  diese  als  Ζωογόνοι 
πνοια!  (2),  πνοιαΐ  φυχοτρόφθΐ(22).  Die  in  Anika  verehrten 
Tritopatoren,  bei  der  Eheechlieeenng  nnd  beyorstehenden  Menech- 
werdong  einer  neuen  Seele  angerufen,  sind,  nach  den  bestimmten 
Angaben  der  Alten,  Windgeieter  nnd  Ahnenseelen  zugleich  (s. 
JP$pche  226,  1.  700).  Die  Winde  sind  es,  die  ou  τα  φυτά  μόνον 
άλλα  καΐ  πάντα  ίψογονοΟσι:  Geopon.  9,  3.  Aus  alten  Sagen 
ist  in  phantastische  Zoologie  der  Alten  das  oft  wiederholte  Mär- 
chen von  den  brünstigen  Stuten,  in  denen  der  Wind,  sie  schwän- 
gernd, ein  neues  Leben  und  Seele  niederlege,  übergegangen 
(Yarro,  r.  rusi.  II  1,  19.  Yirg.  G.  3,  279  ff.  u.  a.,  s.  Leopardi, 
saggio  sapra  gli  errori  popolari  degli  antichi,  Opere  IV  234  ff.). 
Ein  mythisches  Beispiel  hierfür  sind  schon  die  zwei  Rosse  des 
Achill,  τους  £τ€Κ€  Ζβφύρψ  άνέμψ  *Άριτυια  ΤΤοϋάργη,  βοσκό- 
μένη  λ€ΐμώνι  παρά  ^ν  Ώκ€ανοΐο  II.  TT  150  f.  ^  Wobei  der 
weibliche  Windgeist,  die  Harpyie,  jedenfalls  auch  als  Stute  ge- 
staltet gedacht  ist  und  ihre  Abkömmlinge,  Xanthos  und  Balios, 
nicht  als  Pferde  gewöhnlicher  Art,  sondern  als  menschenartig 
beseelte,  rosegestalte  Dämonen  (Xanthos  fängt  ja  nachher  nicht 
nur  lu  reden,  sondern  gar  die  Zukunft  vorauszusagen  an :  Τ  404  ff.). 
Solche  geisterhafte  Pferde  werden  von  Dämonen  der  Unterwelt 
(deren  ja  auch  die  Harpyie  einer  ist)  hervorgebracht:  das  Ross 
Arion  ist  geboren  von  einer  Harpyie  (oder  einer  Erinys):  Schol. 
IL  Ψ  346;  Hesych.  s.  'Ap(uiv;  die  Mutter  des  Pegasos  ist  die 
Oorgone  Medusa*. 

In  solchen  Sagen  bringen  die  Windgeieter  Ijcben  und  Be- 
seelung. Sie  entreissen,  wie  die  Harpyien  nach  ihrem  Namen  und 
in  ihrer  gewöhnlichen  Function,  Seelen  dem  Reiche  der  Lebenden 
in  der  Yolkssage,  deren  Plato  gedenkt  (Phaed.  70  A.  u.  ö.,  s. 
Psyche  556,  1),  nach  der  die  ausfahrenden  Seelen  der  Sterbenden 
von  Wind  und  Sturm  ergriffen  und  fortgeführt  werden. 

Es  ist  offenbar,    dass    der  Yolksglaube    einen   genauen  Zu- 


^  Nachahmung  bei  Νοηηαβ,  Dumys,  37,  15r)ff.,  wo  Boreas  die 
RoBse  Xanthos  und  Podarge  erseogt  mit  der  Σι&ον(η  "Αρπυια  (d.  h.  der 
thrakisohen,  wie  Boreas  selbst  Thraker  ist). 

>  £in  Pferd  auf  Todtenmahlreliefs  (selbst  wo  die  Todten  Weiber 
oder  Kinder  waren)  vielfach  dargestellt,  wird  viel  wahrscheinlicher  (von 
Milohhöfer  n.  a.)  als  Symbol  der  nun  in  das  Geisterreich  eingetretenen 
Verstorbenen  gedeutet,  denn  als  Wahrzeichen  ritterlichen  Standes. 


Paralipomens,  6 

eammetihaBg  und  yerwaQdtscliaffclklie  ßezieliuiig  zwischen  den 
Geistern  dee  Windes  tind  den  'Seelen  erkannte.  Die  ψυχή  be- 
kundet diese  Verwandtscbaft  sohon  in  ibrem  Kamen;  nicht  min- 
der deutlich  da,  wo  sie  (wie  seit  Xenophanes  so  vielfach)  als 
ττνεύμα  benannt  und  definirt  wirdj  d,  h.  als  bewegte  Luft,  alt 
der  Träger  ond  sozusagen  der  Körper  des  Windes*.  Die  mit  der 
Hekate  dahinfahrenden  Seelen  der  αωροι  heiseen  άνεμων  eTbuuXov 
ίχοντ€ς,  wie  wilde  Winde  αγρία  €Γυρ(2οντ€ς  (Pariser  Zauberbucb 
Z.  2734f.y  P' ^^  WesB.)*  Gleich  den  Seelen,  die,  in  nordischen 
Sagen^  im  *wüthenden  Heere'  dshinbrauseD,  sind  sie  von  Sturm- 
geistern nicht  mehr  unterschieden.  So  sind  die  Τρΐτοπάτορ€ς 
ungleich  Seelen  der  Vorfahren  und  Windgeister.  Man  kann  wohl 
fragen,  ob  nicht  auch  die  Harpyien  ihrer  ursprünglichen  Natur 
naoh  dem  Seelenreiehe  angehören  als  unselige,  unruhige,  wild 
dahinstürmende  ^Seelen\  Yon  den  Keren  heisst  es,  dass  sie 
die  Yerstorbenen  davontragen  zum  Hause  des  Hades:  τον  Κήρες 
έβαν  θανάτοιο  φερουσαι  ^\ς  'Aibao  δόμους  (Od,  £  207 ;  ΙΚ  Β  S02 ; 
vgl.  Β  834 ;  Λ  332).  Die  Keren  aber  sind  ihrer  ursprünglichen 
Art  nach  Seelen  der  Abgeschiedenen,  körperfreie  Seelen  (s,  Psyche 
219,  2).  Es  bestand  also  die  Vorstellung^  dass  umherechwe- 
bende  *  Seelen'  andere  Seelen,  wenn  sie  aus  ihrem  Leibe  entwei* 
chen,  zum  Hades  entraffen,  wie  es  auch  die  Harpyien  thun,  Ke- 
ren einer  besonderen  Art^  grimmige  nud  unheilbringende  Keren 
möchten  auch  die  Harpyien  ursprünglich  zu  bedeuten  haben.  Sie 
sind  bei  Homer  zu  eigenen  Dämonen  geworden,  nicht  anders  als 
die  Keren  auch,  deren  Seeleunatur  sich,  deutlieber  als  die  der 
Harpyien,  in  einzelnen,  uns  zufällig  erhaltenen  Spuren  in  späte- 
rem Cnltus  und  Sprachgebrauch  verrätb. 

Wie  leicht  der  Uebergang  im  Winde  fahrender  iSeelen  in 
Windgeister  sich  vollziehen  konnte,  laeseu,  nächst  einigen  oben 
erwähnten  Beispielen  aus  griechischem  Glauben,  die  nicht  wenig 
zahlreichen  Falle  ermessen,  in  denen  unser  heimischer  Volksglaube 
einen  solchen  Uebergang  ganz  unverkennbar  aufweist  (s.  Mann- 
rdt,  German.  Mijihen  269  f.  u.   ö.)* 


*  ιτν€€μα  ^  Μρϋς  (^ύσις.  Doxogr.  374  a,  23.  Hero,  niechanic* 
in  dem  aus  Strato  entnommenen  Abechnitt  (p.  121,  15  ff,  ed,  Diele 
[Ber.  d.  Berl  Akad.  1893]):  —  &ιά  tf\  ύπολητττέον  σώμα  ilvai  τόν 
άίρα•  τίν€ται  bi  πν€θμα  κιν»ιθ€ίς*  ού&έν  χάρ  €τ€ρόν  icxi  πν€Ομο  ή 
άήρ  κινηθείς. 


Rohde 


'Und  siebt  man  genau  hin,  so  eohimmert  noch  durch  die 
getrübte  Ueberlieferung  eine  Spur  davon  durch,  daee  die  Eri  ny  β 
eines  Ermordeten  nichts  anderes  war  als  seine  eigene  zürnende, 
eich  selbst  ihre  Rache  holende  Seele,  die  erst  in  späterer  Umbil- 
dung zu  einem,  den  Zorn  der  Seele  vertretenden  Höllengeiet 
geworden  ist'.  Psyche  p.  247.  —  Die  in  diesen  Worten  ausge- 
sprochene Vorstellung  hat,  wie  mir  vorkommen  will,  für  solche, 
denen  die  Entwicklung  des  Seelencultes  und  des,  im  griechischen 
Religionswesen  damit  Zusammenhängenden  anschaulich  klar  ge- 
worden ist,  etwas  ohne  Weiteres  und  vor  aller  besonderen  Nach- 
weisung  Einleuchtendes  ^  Die  Nach  Weisung  ihrer  Richtigkeit  kann 
sich  gleichwohl  nur  in  der  Verfolgung  halbverwischter  Spuren 
bewegen.  Unsere  älteste  Ueberlieferung  zeigt  ja  bereite  ein  von 
dem  in  jenen  Worten  als  das  ursprüngliche  vorausgesetzte  ganz 
verschiedenes  Bild  der  Erinyen.  In  den  homerischen  Gedichten 
begegnen  sie  uns  als  von  der  ^ Seele'  des  Verletzten  unterschie- 
dene, ihm  gegenüberstehende,  von  ihm  herbeigerufene  Dämonen. 
Bei  Hesiod  sind  die  Erinyen  ein  eigenes  Dämonengeschlecht, 
Töchter  der  Nyx^  oder  Töchter  des  Uranos,  aus  dessen  Bluts- 
tropfen entstanden,  eine  Folge  der  ersten  Frevelthat  des  Sohnes 
am  Vatwr». 

Doch  sind  bei  Homer  die  Erinyen  noch  weit  entfernt  von 
der  Verblasenheit  der  Vorstellung,    in  der  neuere  Darstellungen 


^  Daher  auch  Kenner  dieser  Dinge,  wie  Dieterich,  Nekyia  55, 
Gomperz,  Griech.  Denker  106  meiner  oben  wiedergegebenen  Behauptung 
zugestimmt  haben.  —  Inzwischen  hat  auch  Crusius,  Mfjthol.  Lexik.  II 
1163,  56fif.  eine  der  meinigen  sehr  ähnliche  Ansicht  vom  ursprünglichen 
Wesen  der  Erinyen  aufgestellt  und  theilweiso  begründet.  Doch  schien 
es  nützlich,  meine  Vorstellung  mit  der  Begründung,  wie  ich  sie  mir 
zurechtgelegt  hatte,  genauer  auszuführen. 

*  Denn  die  Κ  ήρες  νηλ€Οποινοι,  αΥ  τ'  dvöpuiv  τ€  θ€ών  τ€  παραι- 
βασίας  έφέπουσι  κτλ.,  Theog.  217.  220 fif.  sind  ja  jedenfalls  die  Erinyen 
(vgl.  Schoemann,  Opusc.  2,  143 f.),  wiewohl  der  Verfaeser  oder  Zusam- 
mensteller  der  Theogonie  das  vielleicht  nicht  bemerkte  oder  (durch 
den  Nsmen:  Κήρ€ς)  verstecken  wollte,  weil  er  die  Erinyen  schon  aus 
den  μήδ€α  Κρόνου  hatte  entstehen  lassen  (V.  185).  Die  Erinyen  als 
Töchter  der  Nyx  kennt  Aeschylus,  Eum,  322;  416,  Lykophron  437, 
vielleicht  auch  Euphorien  (s.  Meineke,   AnaH,  AI,  94). 

»  Theog,  185. 


Paralipoinenii.  7 

den  *  Begriff  ihres  Wesen»  wiederzugeben  beanepmchen,  Sie 
sind  durcbaue  COncrete  Wesen,  dereo  Inhalt  unter  eiueD  Begriff 
öberbaupt  nicht  gefasst  werden  kann.  Dämonen  einer  ganz  eige- 
nen Art.  Zwar  auch  wohl  im  Auftrag  der  ünterweltBgötter*, 
oder  obne  besonderen  Auftrag,  eigenmäcbtig,  hemmend  oder  an- 
treibend unter  Mensclien  thätig^;  ganz  beponders  aber,  und  in 
humeriscber  Weit  von  allen  Dämonen  sie  allein,  MeiBchen  zu  farclit• 
barem  Dienet  gewärtig.  Sie  können  durch  den  Fluch  einee 
Menschen  aus  dem  Erebos  an*e  Licht  heraufgezwungen  werden^. 
Die  άρά  wirkt  mit  zauberhaftem  Zwange  auf  sie,  wie  in  späterer 
ZauberpraxiB  ανάγκη,  κατάίϊ6(Τμοι,  βιαστικαΐ  άττειλαι  auf  die  Gei- 
ster der  Unterwelt  ^  Nicht  jedem  beliebigen  steht  solche  άρα, 
die  Möglichkeit  einer  ίτταγωγή,  έπιπομττή^  Έρινύος  zu.  Die 
Mutter,  der  Vater  kann  dem  gegen  eie  oder  ihn  frevelnden  Sohne 
die  Erinye  ecbieken^,  nicht  der  Sohn  dem  Vater  oder  der  Matter; 
ηρ€σβυΤ€ροισιν  Ερινύες  αίέν  ί'πονται  (IL  15,  204),  d.  h,  dem 
älteren  Mitglied  der  Familie'*  Denn  dass  auaaerhalb  der 
Bluteverwandtechaft  Jemanden,  dass  etwa  jedem  in  eeinem  Rechte 
Gekränkten  die  Erinys  zur  Verfügung  stünde,  davon  steigt  sich 
keine  Sjiur,  Es  kann  daher  auch  nicht  (wie  oft  geschehen)  ge- 
sagt werden,  dass  nach  homerischer  Auffassung  '  Gewieseneangst 
die  Erinys  aufrufe,  Von  Gewissensangst  läfst  sich  in  dem  Um- 
kreise homerischer  Cultur,  wenn  man  dem  Worte  seinen  vollen 
Sinn  lassen  nnd  nicht  der  Erbaulicbkeit  die  thatsächliche  Wahr- 
heit opfern  will,    nur    mit  Vorbehalt    reden,     Warum    sollte    sie 


*  11.  9,  453  ff,  (vgl  Ariatonic.  zu  9,  5β9.  571).  Aber  auch  da  ist 
dpa  und  Beschwörung  der  Erinyen  dorch  den  beleidigten  Vater  voran• 
gegangen« 

3  IL  19,  418ϊ  Od.  15,  234.    Vgl.  IL  19,  87 ff. 

»  IL  9,  453 ff.  566ff.    Od.  %  lS4ff.    Vgl.  auch  U.  21,  412f. 

*  F^pche  379. 

»  Fif^che  249,  1 ;  378,  2;  379  Anm. 
«  Der  Vater:   IL  9.  453ff.;   die  Mutter:    IL  9,  566f.;   21,  412f,, 

Od.  2,  134 ff.;  11,  279f. 

"^  Warum  rächt  nie  die  Erinye  eine  Beechadigung  des  Sohnes 
durch  den  Vater?  Es  war  nicht«  m  räcbeut  wo  dem  Vater  volle  pa• 
tria  potestae  über  die  Kinder  zustand.  Von  der,  ale  einst  auch  grie- 
chischcm  Rechte  wohl  bekaent,  selbst  da»  tpatere  Familienrecht  noch 
in  deutlichsten  Spuren  Kunde  giebt  (auch  wenn  man  von  dem  Boloui* 
sehen  περϊ  τών  άκρίτων  νόμος  [Sext.  Empir.  Pyrrhon,  hypct,  3,  211 
u.  a.]  absehn  will). 


8  Bohde 

aber,  weon  überhaupt,  aieb  nicbt  beim  Horde  einei  niebt  der 
eigenen  Familie  angebörigen  Hannes  in  dem  Mörder  regen?  und 
doob  ttberfSllt  naob  eolcber  Tbat  keine  Erinje  den  Mörder.  Sie 
überfällt  aber  überhaupt  nach  bonierisoher  (hierin  von  der  tragiaoben 
verschiedenen)  Anffassnng  den  Frevler  nicht,  wie  es  doch  die  '  Oe- 
wissensangst '  thnn  mttsste,  spontan,  in  nothwendiger  Folge  seiner 
Uebelthat;  es  bedarf  nach  einer  solchen  That  durchaus  des  Bache- 
befehls des  beschädigten  Familienmitgliedes,  dem  die  Erinjs  lur 
Verfügung  steht,  damit  diese  wirksam  werde.  Warum  sie  in 
dieser  Weise  nur  dem  von  dem  nächsten  Blutsverwandten  Be* 
schädigten,  nicht  dem  ausserhalb  der  Familie  des  Uebelthäters 
Stehenden  zur  Verfügung  steht?  Dafür  lässt  sich  schwerlich  ein 
anderer  Grund  erdenken,  als  dass  eben  dort  die  Erinys  rächend 
eingreift,  wo  ein  menschlicher  Rächer,  ein  Bluträcher,  wie  inner- 
halb der  Sippe  dessen,  den  ein  Stammfremder  erschlagen  hat, 
nicht  gefunden  werden  kann  (s.  Psyche  246)  ^  —  Der  Mutter, 
dem  Vater,  lebend  oder  im  Tode  beschädigt  oder  gekränkt  vom 
eigenen  Sohne,  kommt  also  die  Erinys  zu  Hülfe,  aufgerufen  aus 
der  Tiefe  des  Erebos^  wo  ihr  Sitz  ist.  Sie  bringt  dem  Ver- 
fluchten Tod  (entrafft  auch  ihn  in  den  Hades)  ^  oder  Kinderlo- 
sigkeit^, oder  sonst  Unheil  ^  Im  Eidschwur,  dessen  Bekräftigun- 
gen, ihrem  wahren  Wesen  nach,  eventuelle  Selbstverfluchungen, 
dpai,  sind,  wünscht  der  Schwörende  sich  selbst,  falls  er  mein- 
eidig werde,  Bestrafung  durch  die  Erinyen  im  Hades,  nach  sei- 
nem Tode•.  — 

Die  spätere  Zeit  lässt  wohl  an  einzelnen  Stellen  eine  stark 
erweiterte  Vorstellung  von  Wesen  und  Amt  der  Erinyen  zu  Worte 
kommen;  zumeist  aber  bleibt  sie  —  was  auf  diesem  Gebiet  des 


1  Als  dämonische  Beschutserinnen  dessen,  dem  kein  Beschützer 
und  Rächer  unter  Menschen  lebt,  sind  die  Erinyen  auch  gedacht,  wenn 
einmal  πταιχών  Έρινύ6ς  fingirt  werden  (Odyss.  17,  475).  Ebenso:  €ΐσΙ 
καΐ  κυνφν  'Ερινύες,  Append,  proverh,  Π  20.  Έρινύς  Ικ€σ(η,  ApoUon 
Bhod.  4,  1042  (anders  gemeint  sind  die  ΕενικαΙ  Ερινύες,  Plat.  qnsi. 
8,  357  Α.). 

s  n.  9,  568  ff.  (mit  Aufschlagen  der  Hände  auf  die  Erde,  als  auf 
die  Decke  der  Unterwelt.  Psyche  111,  2.  693).  Sie  sind  im  Hades: 
Od.  20,  78;:il.  19,  259  f. 

β  Π.  9,  571.    Od.  17,  476  f. 

*  II.  9,  454f. 

5  dXTca  πολλά:  Od.  11,  279 f. 

β  II.  19,  259  f.  Vgl.  3,  279  f.  Psyche  60. 


.  Paralipomena. 


9 


Glaiibeiiß  nichta  überraechendee  hat  —  der  engeren  und  Ursprung- 
Heben  Aoscbanungy  die  diese  unheimlichen  Geatallen  gebildet 
hatte,  näher  aU  die  homerischen  Gedichte. 

Die  Erinyen  werden  hier  gedacht  als  Rächerinnen  nicht  so- 
wohl anderen  Frevele  als  epecieH  des  Mordes  *,  des  widerrecht- 
lichen Todtscblags;  nicht  gleichmässig  jeden  Mordes,  sondern  der 
Ermordung  von  Blutsverwandten ^  daher  nicht  der  Ermordung 
des  Gatten  durch  die  Gattin,  wohl  aber  der  Ermordung  der  Mutter 
durch  den  Sohn  :  wie  aus  den  Erörterungen  der  Tragödie  über 
die  Greuelthaten  im  Hause  der  Pelopiden  bekannt  ist*.  Die  be- 
rühmtesten, vorbildlichen  Sagenbeispiele,  die  Geechichten  vonOreet, 
von  Alkmaeon,  stellen  die  Rache  der  Erinyen  an  dem  Mutter- 
mörder vor  Äugen.  Die  Mutter,  mehr  als  der  Vater,  bedarf  der 
dämonischen  Bluträcher,  da  menschlicbe  Bluträcher  am  eigenen 
Sohne  ihr  nicht  leben  ^.  Immer  treten  sie  ein,  nicht  neben  dem 
irdischen  Rächer,  sondern  da,  wo  er  fehlt.  Man  kann  auch  sagen: 
nicht  als  das  'Gewissen'  des  Mörders  treten    sie  in  die  Erschein 


>  βροτοκτονοΟντας  Ικ  δόμυυν  έλαύνομεν  Aeech.  Eum,  421.  πρά- 
κτορ€ς  αϊματος  Γάτ  ungerecht  Getodtete:  Eum,  319.  336 f.  (speciell  aber 
πατήρ  f\  xcKOöaa  ν€οπαθής  rufen  sie  ao,  Eum.  507 ΑΓ.),  αίματος  τινύ• 
μεναι  φύνον.  Eurip.  Oresi,  32 1  ff.  αίματος  τιμωρίαι  ibid.  400.  α^  τους 
αδίκως  θνήσκοντας  οράτε.    Eurip.  El.  112. 

2  προς  Έρινύοιν  αίμα  σύγγονον  ^€ΐ.     Eurip.  Herc.  für.  [Uli. 

3  S,  Psyche  523.  —  Id  lockerer  Auflassung  wird  auoh  der  Gattin, 
die  den  Gatten  getödtet  hat,  die  Erinye  in  Aussicht  gestellt:  Sopb.  ^, 
276.  488  ff..  Trach,  809, 

*  F^ychc  523,  1.  Für  den  Vater  findet  sich  auch  nicht  immer 
ein  berufener  Bluträcher  am  eigenen  Sohne  und  »einer  Sippe.  Daher 
auch  für  ihn  vielfach  die  Erinya  eintritt.  —  Daa  vom  Staate  geordnete 
ßlutrecht  späterer  Zeit  nimmt  auf  diese  uralten  Reohtsgedanken  nur 
insoweit  Räcksicht,  als  es  sie  wie  einen  religiösen  Hintergrund  seiner 
Satzungen  bestehen  laset  (s,  Patfche  243  ff,).  Dass  aber  z.  B.  Solon  den 
Vaternjord  nicht  unter  gesetjeliche  Strafe  gestellt  habe  (sondern  etwa 
gar  die  Strafe  hier  der  πατρός  Έρινύς  iiberlaaeen  habe)  —  wie  noch 
kürzlich  als  eine  Thatsache  verkündigt  worden  ist  —  iat  Tollkomroen 
undenkbar.  Die  Bezeugung  dieser  angeblichen  Thateache  ist  die  mÖg- 
lichet  sohlechte:  sie  ßndet  sich  in  einem  nngirten  Apophthegma  des 
Solon  (Laert.  D.  1,  59;  Cic,  pro  Rose.  Am,  §70;  daraus  Oroeiue  V  16 
\L•  a.  w.),  das  vermuthlich  auf  nichte  anderem  als  dem  Stillschwei- 
gen Bolonischer  Gesetze  von  einer  besonderen,  über  die  sonstige  Be- 
strafung einer  Mordthat  noch  hinausgehenden  Bestrafung  der  Thal 
eines  πατροφόνος  aufgebaut  ist. 


10  Bohde 

oung  und  in  Thätigkeit,  eondern  anstatt  des  Gewieaens^.  Die 
Angst,  die  Furcht  des  Thäters  (wenn  nicht  ausdrücklich  der  zau- 
berhaft zwingende  Fluch  des  Verletzten)  rufen  sie  herauf,  nicht 
das  Gewissen,  das  Bewussteein  der  Verletzung  eines  allgemeinen 
Gesetzes.  Sie  vertreten  nicht  dae  allgemeine  Gesetz ;  die  einzelne 
jedesmal  thätige  Frinys  vertritt  ganz  ausschliesslich  ihren  dienten 
und  dessen  Anliegen.  Sie  kümmert  sich  allein  um  diesen  einzel- 
nen Fall.  Eine  ganz  persönliche  Bachebefriedigung  sucht  und 
gewährt  sie.  Wie  völlig  die  im  einzelnen  Fall  thätige  Erinys 
dem  Einzelnen  diene,  ihm  allein  angehöre,  drückt  sich  in  auf- 
fälliger Bestimmtheit  darin  aus,  dass  der  Name  des  Einzelnen  im 
Genitivus  (partitivus,  oder  possessivas)  mit  dem  Begriffe  Έρινύς 
verbunden  wird. 

Eine  Anzahl  von  Beispielen  möge  diesen  Sprachgebrauch 
erläutern.  Ij  II.  21,  412:  oÖTUi  Kev  τής  μητρός  Ερινύας 
έΕαποτινοις.  2)  Epikaste  erhängt  sich ;  τψ  b'  (dem  Oedipus) 
δλγεα  κάλλιπ'  όπίσσιυ  πολλά  μάλ'  δσσα  Τ€  μητρός 'Ερινύες 
έκτελβουσιν  Odyss.  11,  279  f.  3)  Nur  ein  anderer  Ausdruck  fiir 
μητρός  'Ερινύες  sind  μητρός  έγκοτοι  κύνες  Aesch.  CTioeph.  924 
(τάς  του  πατρός  bi  —  925).  1054.  4)  Orest  in  Arkadien  zum 
Gericht  getrieben  υπό  Ερινυών  τών  Κλυταιμνήστρας  Pausan.  8, 
34,  4.  5)  Aesch.  Sept.  886 f.:  nach  dem  Wechselmorde  der  bei- 
den Brüder:  κάρτα  b'  αληθή  πατρός  Oibmöba  πότνι' Έρινύ ς 
έπέκρανεν.  6)  Sept,  720 ff.:  πίφρικα  —  πατρός  εύκταίαν  ΐρινύν 
τελέσαι  τάς  περιθύμους  κατάρας  Olbmoba.  7)  Sept.  70:  unter 
den  von  Eteokles  angerufenen  Dämonen :  —  'Αρά  τ*   Ερινύς  πα- 


1  Deutlich  ist  dies  noch  in  Aeschylus'  Bühandlung  der  Orestes- 
sage. Von  einem  innen  wirksamen  Drucke  des  Gewissens,  einem  den 
Orest  beherrschenden  Schuldbewasstseio,  ist  da  nichts  zu  spüren.  Die 
Erinyen,  als  μητρός  σύνδικοι  {Eum,  764),  verfolgen  ihn;  sobald  durch 
die  ισοψηφία  des  Gerichte  deren  Ansprüche  abgewiesen  sind^  ist  er  ganz 
frei  und  von  allen  Qualen  entbunden;  völlig  erleichtert  geht  er  nach 
dem  Richterspruch  ab.  Wie  wäre  es  möglich,  dass  ein  Richterspruch 
ihn  von  den  Forderungen  seines  eigenen  'Gewissens'  losspräche,  und 
zwar  ohne  Reue  und  Busse  von  ihm  zu  fordern  ?  Die  Erinyen  sind 
eben  auch  hier  nichts,  was  unsern  Begriff  des '  Gewissens*  symbolisirte. — 
Schon  anders  ist  es  bei  Euripides,  der  in  der  That  in  den  Μανίαι,  μη- 
τρός αϊματος  τιμωρίαι  nichts  anderes  mehr  sehen  kann  als  Personifi- 
cirungen  der  Ηύνβσις  des  Orest,  οτι  σύνοιδε  6€iv'  είργασμένος  (Or.  3%). 
Aber  damit  sind  die  Erinyen  ihres  lebendigen  Daseins  beraubt  und  zu 
allegorischen  Schemen  herabgesetzt. 


Paralipotnena. 


11 


τρός  ή  μ€τασθ€νής  (vgl,  695  ff.:  πατρός  Άρά  —  Έρινύς), 
8)  Soph.  Ο*  C,  1434 :  der  Heimweg  des  Folyneikeß  wird  echUmni 
nein  προς  loube  πατρός  τών  xe  τουϊ)*  {του  πατρός)  Έρινύυυν, 
ίί)  πατρός  ου  φ£ύε€σθ'  Έρινυς  Eurip.  PJwcn,  624.  10)  Here: 
oiba  πόθ€ν  μεθΕπιυ  τάί>€  ττήματα  *  πατρός  (dee  Kronoe)  Έρινύς 
ΰβριν  άπατίΖ:£ΐ  με  βιαίομένοιο  τοκήος.  Νοηη,  Dhn.  31,  262 f. 
11)  Heeiod*  Theog.  472 f.:  Khea,  im  Begriff,  den  Zeus  zu  gebären, 
flucht,  wie  sie  ihn  vor  Kronoe  verberge,  und  τίσαιτο  b*  Έρινυς 
πατρός  έοιο  παίί>αινθ*  (diee  zngeeetast,  mit  Schümann,  Oimsc. 
II  408)  ους  κατάπινε  μέγας  Κρόνος  άγκυλομήτης.  12)  Eurip. 
Med.  13i>0f. :  lason  zur  Medea:  αλλά  σ'  ΐρινύς  όλ£<Τ€ΐ€  τέκ- 
VUJV  φονία  τε  Δίκη  (Med.:  τις  hl  κλύει  σου  θεός  ή  baipujv; 
Er,  also  ganz  persönlich,  ein  Dämon).  13)  Aesch.  Agam,  1432 f.; 
Klytaemneetra  Hpriebt;  μα  την  τελειον  της  έμτις  παιοός  — 
Έρινύν.  14)  Orph.  frg.  281,  5  Ab.:  ϊϊειναΐ  γαρ  κατά  γαΐαν 
Ερινύες  είαΐ  τοκήιυν  (aie  Rachedämunen  für  die,  die  γονε'υυν 
θ^μιΟτας  gekränkt  haben).  —  ßoeondere  merkwürdig  15)  Hero- 
dot  4,  149.  Als  den  Aegiden  häufig  die  Kinder  gtarhen,  ibpv- 
σαντο  έκ  θεοπροπίου  ΐρινύιυν  τών  Λαίου  τε  και  Όι6ιπό- 
b^MJ  ίρόν:  welchen  Galt  auch  die  Aegiden  auf  Thera  fortsetzten. 
(Hier  sind  die  Erinye  *de§  Laioe  und  die  'deftOedipiis'  däinonische 
OultperBonen).  Ifi)  Pausan.  9,  5,  15:  τών  6έ  Έρινύιυν  τών 
Λαίου  και  Οίϊ>™οος  Τΐσαμενώ  (dem  Enkel  des  Polyneiken)  μεν 
ουκ  έγένετο  μήνιμα,  Αύτεσιώνι  be  τφ  Τΐ€Γαμενου  (βο  dass  Aut. 
auswanderte).  17)  In  diese  Reihe  gehört  auch  noch  das:  "Αώου 
και  θεών  *Ερινύες  bei  Soph.  Antig.  1075.  Die  Götter,  epeciell 
Hadee,  eind  hier  die  Gekränkten:  θεών  Ερινύες  also  ganz  eo 
wie  sonst  τοκήιυν,  πατρός,  μητρός  Ερινύες.  18)  So  auch  Δίκης 
Έρινύς  Heraklit,  Briefe  9,  3  ρ.  287  Herch.  19)  Dies  (ν.  17.  18) 
freiere  Weiterbildungen  der  üblichen  Auedruckeweise.  So  auch 
πτωχών,  κυνών  ΐρινύες  (s.  oben);  είσι  και  ιμειροντος  Ερινύες 
Νοηη.  Ώίση,  16,  294.  20)  Έρινύς  αίματος  έμφύλοιο  (5είϊθυπό- 
τος  Άψύρτοιο)  ύστερόπους  έπεται  (der  Medea  und  dem  lason): 
Otjih*  Argon.  1162  f.  (die  Argonauten  überlegen  eich,  ob  sie  nicht 
die  beiden  tödten  sollen,  άποστρέψ^υΟΐ  b'  ΐρινύν  1175)* 

Noch  eind  einige  Beispiele  zu  beachten,  in  denen  ein  Posseeeiv- 
pronomen  zu  dem  Worte  Έρινύς  eich  stellt.  21)  τήν  σήν  Έρινύν 
(Polyneikes  zu  Oedipus)  Soph.  0.  C.  1299.  22)  ApolL  Rhod.  4, 
386.  (Medea  zu  lasonh  έκ  bi  σε  πάτρης  ούτίκ'  έμαι  σ'  έλά- 
σειαν  Ερινύες.  23)  Ερινύας  ημετέρας  ftuint,  SmjTu.  3,  109,— 
(Aüders  τεάς  Ερινύας  Nonn.  Diath  31j  59.     Vgl.  44,  256). 


12  Rohde 

In  einzelnen  der  hier  aufgex&hlten  Beiipiele  iit  Έρινύς 
unverkennbar  als  Appellativom  yeretanden,  den  Zorn»  den  Finch, 
die  Rache  des  Gekränkten  bezeichnend  (to  nr.  11;  wohl  auch 
1;  21;  8)^.  Nicht•  eo  sehr,  wie  gerade  dieser  Sprachgebranoh, 
nach  dem  Έρινύς  mit  einem  Genitivne  poetCMivne  (oder  parü- 
tivni)  verbunden  wird,  musete  dasn  fähren  oder  verfuhren,  dae 
Wort:  Έρινύς  als  die  Bezeichnung  einer  Eigenechaft  oder  Thi- 
tigkeit  des  Menschen,  deeeen  Namen  im  Genitiv  hinzugeaetit  war, 
zu  veritehn.  Aber  dies  ist  ein,  nicht  sehr  hSufig  auftretender 
metonymischer  äbusus.  In  der  überwiegenden  Hehrzahl  der  F&Ue 
Iftsst  sich  Έρινυς,  mit  dem  Genitiv  eines  anderen  Substantive 
verbunden,  nur  als  Benennung  einer  concreten  Person,  eines  ein- 
zelnen Dämons,  verstehn.  In  diesen  Fällen  haben  wir  also  die 
eigenthttmlicbe  Erscheinung  vor  uns,  dass  ein  Dämon  als  zuge- 
hörig zu  einem  bestimmten  Menschen,  als  diesem  angehörig,  als 
ein  Theil  oder  ein  Besitz  eines  Menschen  und  nur  dieses  einzigen 
Menschen  bezeichnet  wird.  Sinn  und  Grund  dieser  Erscheinung 
werden  wir  am  leichtesten  aus  einer  Analogie  durchsichtigerer 
Art  erläutern  können'.    Man  liest  hie  und  da  von   einem  προς- 


1  Ganz  deutlich  appellativiech:  λάγου  τ*  dvoio  κοί  φρενιΰν  έρι- 
νύς Soph.  ÄtUig,  603.  —  Ohne  hinzogefagten  Genitiv  steht  *Ερινύς  noch 
mehrmale  in  appellatiyisoher  Bedeutung.  Merkwürdig  Apoll.  Rhod.  2, 
220 f.:  Μ  όφθαλμοίσιν  (des  Phinens)  Έρινύς  XoS  έπέβη»  am  nächsten 
vergleichbar  mit  dem  Ausdruck  des  Eunp.  Phoen,  960:  Menoekeus,  für 
Theben  sich  opfernd,  wird  den  Argivem  schlimme  Heimkehr  bereiten , 
μέλαιναν  κ  ή  ρ'  έπ*  ομμασιν  βαλών. 

'  Eine  andere  Analogie  böte  der  Ausdruck:  ό  άλάατωρ  τινός. 
Ζ.  Β.  ό  παλαιός  δριμύς  άλάσταιρ  *Ατρ^ως  (der,  in  Klytaemnestrens  Ge- 
stalt, den  Agamemnon  getödtet  hat),  Aesch.  Ag,  1601  f.  άλάσταιρ  TTe- 
λοπιδών.  Xenarch  oomic.  ΠΙ  614  Mein,  ό  σός  άλάοτιυρ,  Eurip.  Phoem$8, 
1556  (1593.  Med.  1333.  άλάστωρ  ούμός  Soph.  0.  C.  788).  Der  Αλάσταιρ 
ist  nicht  wesentlich  verschieden  von  der  *Ερινύς.  Ζ.  Β.  deutlich  Pau- 
san.  8,  24,  8:  Alkmaeon  fliehend  τόν  *Ερις>ύλης  άλάστορα,  d.  h.  ihre 
Erinys.  μά  τους  παρ'  *Άι6ην  νβρτ^ρους  άλάστορας  Eur.  Med,  1059,  d.  h. 
die  Erinyen  als  Qu&lgeister  im  Hades,  νοσ^ν  il  άλαστόραιν  Soph.  TVack, 
1235  sBs  μα(ν€σθαι ;  was  die  Erinyen  bewirken,  άλάσταιρ,  der  umirrende 
Geist  (ein  πλάνης  δαίμαιν,  vgl.  Lobeok,  Paralip,  450  Anro.),  von  άλά- 
σθαι  benannt,  ist  nächst  verwandt  den  Seelen  der  Αταφοι,  βιοθάνατοι, 
die  auf  Erden  umirren  müssen  (s.  Aycfte  374).  Von  sich  selbst  sagt 
die  als  βΐδαιλον  erscheinende  Seele  der  Klytaemnestra,  einer  βιαιοθάνο• 
τος:  αίσχρώς  άλΦμαι.  Aesch.  Eitm,  98.  Die  Entwicklung  des  Be- 
griffs ist  dann  eine  sehr  ähnliche  wie  bei  dem  der  *Ερινύς.   Die  irrende, 


PiLraiipomenft. 


18 


ιρόηαιος  (δαίμων)  einer  Ermordeten:  6  ττροςτρόπαιος  του  απο- 
θανόντος, ό  Μυρτίλου  προςτρότταιος  u.  a.  (e.  P^i^rÄe  241.  252)* 

Der  προςτρότταίος  des  Ermordeten  ist  der  Dämon»  der  eich 
dieeea  einzelnen  Todten  annimmt,  für  ibn  die  Raclie  eintreibt. 
Hier  versteht  man  aber  besser,  wer  der  ηροςτρότταιος  ist,  ale 
dessen  Inhaber  der  einzelne  Ermordete  dadurch  bezeichnet  wird^ 
daae  sein  Name  im  Genitiv  hinzugesetzt  wird«  Es  wird  biswei- 
len deutlich  ansgesproehen,  daes  der  Ermordete  selbst,  dase  eeiae 
'Seele'  der  προςτρότταιος  ist^  als  solcher  eich  ihre  Rache  holt. 
6  Τ€θνηκώς  τοις  αιτίοις  προςτρότταιος  έσται.  Ήριγόνην  ττρος- 
τρόπαιον  τοις  Άθηναίοις  γενέσθαι  u.  β.  w,  (Psyche  241).  Wie 
die  ψυχή  je  nur  Einem  Menschen  angehört^  so  auch  nur  diesem 
Einen  der  προςτρύπαιος,  zu  dem  die  beleidigte  Seele  geworden 
ist.  Daher  die  Verbindung  mit  dem  Genitivus  des  Namens  dieses 
Menschen.  Die  Erinya  nun  ist  dem  προςτρόπαιος  auf  das  nücbste 
verwandt  ή  τύχη  παρέστησ€ν  (Φιλίιπτιυ)  ΐρινυς  και  ΤΤοινάς 
και  Προςτροπαίους  {Poijb,  23,  10,  2):  alle  drei  Bezeichnungen 
sind  synonym  *.  Wae  bei  dem  προςτρόπαιος  heller  hervortritt, 
läset  sich  auch  für  die  Erinys  noch  mit  binliinglifher  Deutlich- 
keit erkennen.  Auch  ihr  Wesen,  die  Möglichkeit,  sie  untrennbar 
eng  verbunden  zu  denken  mit  dem  Einen  beleidigten  Menschen 
und  sonst  mit  Niemanden,  versteht  man  erst,  wenn  man  sie  als 
das  eigenste  Eigentbum  dieses  Einzelnen  erkennt,  als  dessen  an- 
deres Ich,  als  die  Seele  des  Ermordeten,  des  Gekrankten,  die  sich 
selbst  ihre  Rache  holt. 

Die  Seele  selbst  wird  zur  Erinys,     Es    fehlt  nicht  ganz  an 
solchen  Stellen,    an   denen    das    ohne  Umschweife  ausgesprochen 


anruhige  Seele  wird  zu  einem  eigenen,  dem  Ermordeten  beistehenden 
δαίμων;  άλάστιυρ  bedeutet  dann  einen  κακός  δαίμοίν  überhaupt;  das 
Wort  wird  bald  auch  appellutivisch  gebraucht,  im  Sinne  von  Unheil, 
Fluch,  Verderben  (σαυτή  τΓ|>οςραλ€Ϊς  άλάατορα  Eurip.,  fr,  H74.  dXd- 
στορα  ΤΓροςτρφ€σοαί  τινι,  u  ä»  Spätetv.  s,  Wyttenbuch  ad  Plut.  Qitaest. 
gr.  25  p.  2l)7Ä.).  und  so  wird  es  allmäldich  zur  Bezeicbnung  eines 
abatracten  Begriffs»  von  dem  man  nur  nicht  auftgehn  darf,  um  sein 
ureprüngHches  Wesen  zu  erfaseen.  (Etym.  Gud.  32,  28:  άΧάατωρ'  6 
ν€κρός,  ό  φονεύς  [gedacht  ist  wohl  an  Stellen  wie  Aeach,  Eum,  23ü], 
Kol  ό  αφορών  τους  φόνους  Ζ€ύς  [s,  die  sehr  merk  würdigen  Worte  de» 
Aeecb.  SitppL  415]). 

*  ΠοιναΙ  καΐ  ΈρινιΊες  (ττοΐνιμοι  Έρινύίς  Soph.  Ai,  843)  Öfter  als 
Synonyma  verbunden:  Arr,  Epicti•!.  2,  20,  17  und  sonst  (t.  Heuister- 
hus,  Lucian«  Btpont,  1Π  p.  347). 


14  Rohde 

wird.  Bei  Apolloniae  Rhod.  III  703  f.  droht  Chalkiope  der  Schwe- 
ster: schwöre  mir,  zur  Rettung  meiner  Kinder  mitzuwirken,  ή 
σοί  Tc  φ(λοις  σύν  παισΐ  θανούσα  €Την  iE  Άΐοευ  στυγβρή  μβτό- 
maOcv  Έρινύς.  Deutlich  ist  hier  gesagt,  dass  die  Gekribikte 
nach  ihrem  Tode  selbst  zur  Erinys  werde.  —  Aeschyl.  S^. 
975—977,  und  wiederholt  986—88,  in  der  Klage  um  die  im 
Wechselmord  gefallenen  Söhne  des  Oedipus,  heisst  es :  Ιώ  Μοίρα 
βαρυοότ€ΐρα  μογερά,  |  πότνιά  τ'  Οίοιπου  σκιά,  |  μέλαιν'  Έρινυς*, 
ή  μ€τασθ€νής  τις  cT.  Hier  wird  die  σκιά  Oibmou,  d.  h.  das 
είδιυλον  des  Oedipus^,  der  μέλαινα  Έρινύς  gleichgesetzt:  die 
Seele  des  unseligen  Vaters  ist  selbst  zur  £rinys  geworden.  — 
Man  kann  wohl  auch  die  Verse  des  'Agamemnon*  hier  in  Be- 
tracht ziehen,  in  denen  Kassandra,  in  grässlicher  Anschaulichkeit, 
redet  von  dem  κώμος  der  Erinyen,  der  sich  im  Hause  der  Pelo- 
piden,  π€πιυκώς  βρότειον  αίμα  festgesetzt  habe,  ein  κώμος, 
δύσπβμπτος  ίΕιυ,  συγγόνων  Ερινυών  {Ag,  1190).  Es  scheint 
ja,  als  ob  die  σύττονοι,  die  im  Tode  vorangegangenen  Miti^lie• 
der  des  Geschlechtes  der  Pelopiden,  hier  selbst  als  Erinyen  be- 
zeichnet werden  sollen,  Erinyen  also  die  zürnenden  Seelen  jener 
Vorfahren  selbst  heissen^ 


1  Sonach  Poreon  die  meisten  neueren  Ausgaben;  μέλαινα  τ*  *Epi- 
νυς  die  He.  Das  τ'  zu  streichen,  macht  ja  das  Metrum  noth wendig. 
Entstanden  wird  es  sein  aus  gedankenloser  Nachahmung  dos  Anfangs 
des  vorhergehenden  Kolon :  πότνιά  τ'  (weitergehende  Aenderungen  — 
Streichung  des  σκιά  u.  a.  —  sind  nicht  gerechtfertigt). 

-  Anders  lässt  sich  das:  σκιά  ΟΙδίπου  (der  ja  in  den  Septem  als 
todt  gilt)  nicht  verstehn.  σκια{  die  Schattenbilder  der  vom  Kr>rper 
gelüsten  'Seelen',  τοί  bi  σκιαΐ  άΐσσουσιν  Odyss.  10,  49Γ).  Anrufung 
des  Verstorbenen :  άρηΕον,  έλθέ  καν  σκιά  φάνηθί  μοι.  Eur.  llvrc.  für, 
494.  Eines  Todten  ανδρός  ούκέτ'  οντος  άλλ'  ήδη  σκιάς  Soph.  Ai.  1257. 
σκιάν  άνωφ€λή :  den  Todten.  Soph.  El.  1157.  Die  σκιαί  im  Hades, 
ihre  ehemaligen  Doppelgänger,  die  lebenden  Menschen,  verklagend: 
Luc.  Necyom,  11.  13. 

8  So  versteht  die  Stelle  Crusius,  Mythol  l^xik.  II  1103,  59  ff. 
Möglich  freilich,  vielleicht  wahrscheinlicher,  ist  es»,  dass  συγγόνων  nur 
als  ein  Epitheton  zu  Έρινύων  gefasst  werden  soll.  Wie  in  συγγόνψ 
ΦΡ€ν(  Sept,  lOiM;  συγγόνοισι  τέχναις  Pind.  Dann  wären  die  Erinyen 
nicht  selbst  σύγγονοι,  sondern  den  συγγόνοι  eigen,  und  die  σύγγονοι 
Έρινύ€ς  nichts  anderes  als  Έρινύ€ς  Ταντάλου,  Πέλοπος  θυέστου,  Άτρίως. 
Immer  noch  schiene  die  Identität  der  Seelen  diestT  σύγγονοι  mit  d^n 
Erinyen  durch. 


Paraüpomena. 


15 


Aus  Bokhen  Ausfiprücben  scheint  ein  Bild  der  Erinjen  wi- 
der, wie  es  einer  «rBlten,  in  bomerischer  Dichtung  zeitweilig  ver- 
hüllten, später  aber  deutlicher  wieder  hervorbrechenden  Vorstel- 
imig  entspricht:  nach  der,  wie  der  Verletzte  sich  selbst,  ohne  An- 
rufung einer  allgemeinen  Recbtsgewalt,  sein  Recht  nimmt,  oder 
der  Überlebende  Genosse  einer  B^amilie,  eines  Geschlechts  für  den 
ruchlofi  erBcblageneii  Verwandten  Reubt  und  Rache  einzufordern 
die  Pflicht  hatS  so  da,  wo  ein  irdischer  Bluträcber  nicht  lebt, 
Jie  in  ihrem  Zorne  mächtige  *  Seele'  des  Verletzten,  nicht  um 
^iner  allgemeinen  Kechtsordnang  wilieo,  sojidem  nur  um  ihre 
eigensten  Ansprüche  auf  Rachd  und  Vergeltung  gewaltsam  zu  be- 
friedigen, sich  selbst  Genugthuung  von  dem  Mörder  holt,  und  in 
ihrer  Rachgier  zur  blutlechzenden  Erinys  wird.  Es  iet  nur  der 
παλαιός  τών  αρχαίων  μύθος,  der  hier  Gestalt  gewinnt,  jener 
μοθος,  nach  dem  der  Ermordete  selbst,  6  θανατωθείς  βιαίοίς, 
θυμουται  τώ  δράσαντι  νίοΟνής  ών*  den  Mörder  Ο€ΐμαίν€ΐ,  καΐ 
ταραττόμενος  αυτός  ταράττ^ι  τον  ίϊράσαντα,  und  diesen  zwingt, 
aus  dem  Lande  zu  fliehen,  ύπ€£6λθ€Ϊν  τψ  παθόντι  τάς  ώρας  π& 
^αας  του  ένιαυτου.  Hat  man  in  diesen  Worten  Piatos  (Leff,  !^, 
Ϊ65  D;  E)  nicht  eine  anschauliche  Beschreibung  dessen  vor  sich, 
liras  die  Dichterfabeln  von  den  Wirkungen  der  Erinys  eines  Er- 
'niordeten  zu  berichten  wissen^?     Aber  statt  der  Erinys  wird  hier 


*  Ist  ein  zur  Blutrache  Berufener  sm  Leben,  saurat  aber,  seine 
'ilicht  zu  thun,  so  treibt  ihn  die  Erinys  des  Ermordeten  (der  Ermor* 
Jete  fielbat  vermittelat  der  Erinyen:  Eur.  Or.  580  ff*)  an:  AescU.  (fto. 
iff.     Vgl.  Antiphon,,  Ttiral  3  a,  4. 

5  Besonders  die  Flucht    aus    dem  Lande,    in    dem    die  üebelthat 
geschehen  ist,    in  den  Sagen    so   oft    als  Wirkung  der  Erinyen  darge- 
stellt, hier  sehr  bestininit  als  ein  Ausweichen  des  Thätera  vor  dem  ira* 
^BiiJV  bezeichnet,    läsat  erkennen,    daas  der  ιταΒών  und  die  Erinys  iden- 
lisch  sind.     Die  alte  Vorstellung  iet  offenbar  die,    das«    der  Groll    des 
irmordeten    und    seiner  Erinys    nur  innerhalb    der    Grenzen    der  Ge• 
Ujeinde,  des  Landes,  denen  er  angehört,  mächtig  iet:  daher  der  δράσας 
dem  παθών  sich  entzogen  hat»  sobald  er  jenseits  der  Grenze  ist;  dort, 
ftusserhiilb  des  Macktbereiclies  der  beschiidigten  Seele»    kann    er  daher 
fcuch  (wovon  zahlreiche  Sagen  und  Geschichten  Beispiele  geben)  gerei- 
^uigt  werden,  καθαρσίου  ruTXdvctv,  and  wieder  in   menschliche  Gemein- 
tchaft  eintreten.  —  Von  der  Verdrängung  dee  Mörders  aus  dem  Lande 
Lseiner  That  durch  die  Erinys  des  Ermordeten  wird  ein  weiterer  Schritt 
Itu  der  Geleitung  jedes»  der  seiner  Heimath  den  Rücken  kehrt,    bis  an 
Idie  Grenze  des  Heimat  übe  reiches»    dureh    die  Erinyen    (als   έττίσκοποΟι 
[gemacht  in   dem  merkwüx*di|^en  pythagoreischen    αύμβολον:    αποδήμων 


16  Rohd• 

unTerhohleii  der  Gemordete  telbst,  alt  eigener  R&oher  seine•  πά- 
βημΟι  genannt  Nicht  die  Erinyen  eondem  direot  τάς  τών  Αδικα 
παθόντων  ψυχάς  nennt  Xeoophon,  Cprap.  β,  7,  18  alt  die  welehe 
die  grollten  φόβους  τοις  μιαίφόνοις  έμβάλλουσιν.  Aeschjl. 
Choeph.  323 ff.:  φρόνημα  toG  θανόντος  ου  οαμάΣ€ΐ  πυρός  μαλ€ρΑ 
γνάθος,  φα(ν€ΐ  5*  ΰστ€ρον  οργάς  κτλ.  Soph.  EL  1417  Veim 
Tode  der  Eljtaemneitra :  Τ€λοΟσ'  άραί  (die  Flüche  dei  ermorde- 
ten Agamemnon)  ΙώΟχν  o\  γας  κάτω  κ€ίμ€νοι,  παλίρρυτον  γάρ 
αίμ*  ύπ€£αιροΟσι  τών  κτανόντων  ο\  πάλαι  θανόντ€ς.  Die  θα- 
νόντ€ς  ebeni  ίο  weit  lie  au  Erinyen  geworden  lind.  Die  Erinyi 
dei  Oekrinkten  verfolgt  den  Uebelthäter  bii  in  den  Hades  nnd 
qnält  ihn  anch  dort,  θανών  b'  ούκ  δγαν  έλ€υθ€ρος.  Aber  auf 
dem  Hadeigem&lde  de•  Poljgnot  in  Delphi  enchien  die  Seele  de• 
Vaters  selbst,  den  Vatermörder  würgend  (Paosan.  10,  28,  4). 
Sie  eben  ist  πατρός  Έρινυς^.  Die  Erinyen  sind  es,  die  den 
Finch  deR  üekränkteu  ausfuhren*;  sie  selbst  werden,  wo  die 
Anwendung  ihres  Namens  schon  zur  Metonymie  neigt,  den  *Apai 
gleichgesetzt  ^  In  Wahrheit  sind  sie  ganz  persönlich  gedachte 
Fluchgeister   (*ΑράντιΟ€ς:  r.  Hesych.  s.  άράντισιν).     Die  Erinys 


Ίί\ς  οΙκ(ας  (vielmehr  wohl:  τής  ο(κ€(ας)  μή  ^πιστρ^φου*  Έρινύ€ς  γάρ 
μ€τέρχονται  (β.  Pnyche  ΙΠΊ  Α  um.).  Anders  weins  ich  diese  Yorstellong 
nicht  abzuleiten. 

^  Man  küuntc  auch  au  das  Münchener  Vasenbild,  das  den  Mord 
der  Kinder  der  Medea  darstellt  (Baumeister,  Denlbm.  Abb.  980)  erinnern, 
auf  dem  nicht  die  £rinys,  sondern  das  ctöuiXov  *Αήτου  erscheint,  der 
unnatürlichen  Tochter  den  Οίστρος  schickend,  der,  einer  Erinys  &hn- 
lich  gebildet  und  ausgerüstet,  auf  dem  Schlangenwagen  erscheint.  Bei 
Aeschylus,  Prom,  567 ff.  ist  der  Οίστρος  (hier  nicht  ^  Bremse)  iden- 
tisch mit  dem  €(δωλον  "Αργού,  δν  ούδ^  κατβανόντα  γαία  κ€ύβ€ΐ,  Αλλά 
τάν  τάλαιναν  il  ^νέρων  π€ρ<ΐ»ν  κυναγ€Τ€ΐ.  Also  das  €Τδωλον  des  Ermor- 
deten selbst,  als  rasend  machender  Racheg^ist  (von  der  Erinys  nur  im 
Namen  verschieden)  jagt  auch  hier  die  Frevlerin. 

^  S.  oben  die  homerischen  Beispiele.  Ganz  spät  noch  [Orph.] 
IMh,  598:  dpai  τ'  άγνάμπτοισιν  Έρινύσι  πάγχυ  μέλουσαι.  Dionya.  Hai. 
(mtiq.  8,  53:  ßapclav  dpdv  καΐ  6€ΐνάς  Ερινύας  άντ'  ^μαυτής  καταλινοΟ- 
σά  σοι  (dem  Sohne)  τιμωρούς.  Apoll.  Rhod.  3,  712;  αράς  τ€  στυγ€ράς 
καΐ  'Ερινύας.  Neben  einander  angerufen  'Apd  und  Έρινύ€ς:  Soph.  EL 
111.  112. 

^  *Apal  —  κ€κλήμ€θα.  Aesch.  Eum.  417.  Personificirte  'Apa(, 
sUtt  der  Έρινύ€ς  eintretend:  Aesch.  Cho.  40(>;  Sept.  953 f.,  Soph.  0.  i?. 
4l7f.  'Αρά  Έρινύς  πατρός:  Α.  Sept,  70.  (Ein  eigenes *Αρας  ΐ€ρόν•Αθή- 
νησιν,  Hesych.). 


Parftlipomena. 


17 


ist  der  rechte  αραιός  (δαίμων).  Der  άραΐος  aber,  der  noch  aue 
der  tJnterwelt  den  Beleidiger  treffen  kaue,  ist  der  Beleidigte  selbst, 
die  'Seele'  des  Beleidigten:  Avie  in  maneben  Stellen  der  Tragiker 
deutlicb  gesagt  ist  (s.  ^st^che  241  Änm*  534,  3)^.  Vor  alkm 
ersteht  als  ein  solcher  άραϊος,  γονεύς  έχγόνοις,  ώς  oubelq  έτε- 
ρος ολλοις  (Plat»  Leg.  11,  981  C}.  Dieser  άραϊος,  zu  dem  der 
gekränkte  Vater  dem  Sohne  wird,  was  ist  er  anders  als  ττατρός 
Έρινύς?  — 

Als  Verkörperung  der  ßnstersten  Gedanken  alten  Seelen- 
glaubens  wird  die  Erinya  noch  in  dunkeln  aber  nnverkennbaren 
Sparen  späterer  Zeit  uns  anscbanlich  und  yerständlich.  Es  ist 
mit  ihr  nicht  anders  als  mit  den  Keren^  deren  Seelennattir,  bei 
Homer  ganz  verdnnkeltj  in  einigen  Andeutungen  späterer  Zeit 
wieder  hervortritt^.  Früh  ist  auch  die  ursprüngliche  Art  der 
Erinyen  von  fremden  Elementen  überwachsen.  Die  alten  Seelen- 
geister werden  dämonisirt,  zn  geisterhaften  Mächten  gemacht,  die 
von  dem  Einzelnen,  seinem  Leben  und  seiner  willkürlichen  Ver- 
fügung unabhängig  und  abgetrennt  sind.  Aueh  für  den  Einzelnen 
treten,  und  nun  auch  schon  hei  seinen  Lebzeiten,  statt  der  einen, 
ihm  allein  zustehenden  Erinys,  die  Erinyen  im  Allgemeinen,  und 
wie  eine  untrennbare  Schaar  gleicbartiger  Wesen,  ein**.  Ihre  An- 
zahl, von  Anfang  unbegrenzt,  wie  die  Zahl  individueller  Seelen- 
geister,  deren  jeder  eine  Erinys  werden  kann,  zieht  sich,  da  sie 
einmal  von  den  menschlichen  Individuen  gänzlich  abgetrennt  und 
rAüs  individuellen  Sonderwesen  zu  eng  umgrenzten  Typen  verwan- 


^  Hierher  gehören  auch  die  'Heroen*  die  sich  selbst  unmittelbar 
^ftche  holen  (Psyd^  177  ff.). 

*  Niclit  grundlos  werden  oft  Keren    und  Erinyen    zusammen  ge- 
innt  (/.,  B.  Mosch.  4,  14-  QuinL  Srayrn.  1*2,  547  f*),  ja  einander  gleich 

setzt,      Κήρ€ς    Ερινύας  Aeecb,  Sept  10ΐί5.     Κήρ€ς   statt    der  Erinyen 
m  Morder  verfolgend:  öopb.  0.12,472;  Eurip.  El  1252 f.     (Vgl  Cru- 
liuB,  M^thol,  1^.  2,   114ti). 

•  Eigentlioh  kommt  je  einem  Menschen  nur  Eine  Erinys  zu.    Und 
fto  denn;  ττατρός  Έρινύς,  τ^ς  έμής  παΐ&ός  Έρινύς  u.  ä.,    in    den    oben 

.10.11  ]iufge/.ablten  Beispielen:  Nr.  5.  ii.  7.  10.  12.   13.  lö.  20.  21;  vgl. 

^uch  11.  9,  571;  19,  87;  Odyas.  15,  2B4.     Dann  aber  Έρινύ€ς  nicht  nur 

nehrerer  vereinter  Subjekte  (wie  in  Nr.  11.  14.  15.  16)    sondern  eines 

iiniselnen  MeuBohen:  μητρός  Έρινύ€ς  u.  a,:  Nr.  1.  2.  (3)  4.  8.  9,  19.  22. 

'23  (der  eine  raft  Έρινΰς  aar  II.  9,  454;  Od.  2,  135).    —    Ganz  analog 

ist  es,  wenn  von  Iveren^    davon  eigentlich    aucb  dem  Einzelnen  nur  je 

LEine  zukommt,  eine  unbestimmte  Mebriiuhl  einem  Einzelnen  zuertheilt 

[l?ird:  wie  schon  bei  Horai-r  vielfach. 

BIMÜL  Miu.  f.  Philol.  N.  F.  U  ^ 


18  Rohde 

delt  sind,  auf  die  heilige  Drei  zueammen  (ganz  ähnlicb  wie  man 
nun  drei  Tritopatoren  verehrt,  oder  statt  der  alten  Moira,  der 
rechten  dea  Moria,  drei  Moiren,  auch  drei  Hören,  Chariten  u.e.  w). 
Sie  haben  nun  nicht  mehr  dem  Rachegelüete  des  Einzelnen  zu 
dienen ;  sie  werden  zu  Schützerinnen  eines  allgemein  verbindlichen 
Rechtes;  ΤΤραΕιοίκαι  heissen  sie  darum.  Im  Dienste  des  Zeus 
wahren  sie  überall  die  Ordnung  seines  κόσμος,  in  der  sittlichen 
Welt,  als  aller  κακών  πανουργημάτων  δφυκτοι  κύνες,  und  selbst 
in  der  unbeseelten  Natur,  in  der  sie  πάντα  τα  παρά  φυ(Τΐν  zu- 
rückhalten. Im  höchsten  Sinne  fasst  ihr  Amt  Heraklit  auf,  dem 
sie  als  Gehilfinnen  der  Dike  gelten,  die  inmitten  des  πόλεμος, 
der  alle  Mannichfaltigkeit  der  Welt  bildet  und  umbildet,  Recht 
und  Regel  behütet. 

Aber  in  aller  Ausweitung  ihres  Wesens  bewahren  sie  un- 
verkennbar die  Grundzüge  ihrer  uranfänglichen  Anlage.  Sie  blei- 
ben allezeit  mit  dem  Seelenreich,  aus  dem  sie  entsprungen  sind, 
in  engster  Verbindung.  Ihr  Wohnsitz  ist  der  Hades  ^,  in  dem 
die  Seelen  hausen.  Bis  in  den  Hades  verfolgen  sie  den  von  ihnen 
Gejagten^.  Im  Hades  strafen  sie  die  Unseligen,  als  ένέρων  U- 
peiai^  Sie  dringen  aus  der  Unterwelt  in  das  Reich  der  Men- 
schen herauf,  gleich  anderen  Seelen^.     Als  Hunde  erschemen  sie 


1  DieErinycn  im Erebos,  im  Tartaros  dauernd  hausend:  U.  9,  571  f.: 
19,  259 f.  Od.  20,  78.  Aesch.  Eum.  72 f.:  κακόν  σκότον  νφονται  Tdp- 
ταρόν  θ*  ύπό  χθονός  115.  395  f.  Orph.  hymn.  69.  Unter  den  καταχθό- 
νιοι θεοί  auch  die  Erinyen  genannt,  C.  7.  Λ,  III  1423.  1424.  Oft, 
seitVirgil,  bei  römiseben  Dichtem.  Unter  anderen  Unterirdischen  an- 
gerufen die  '  Ερινύες  ύποχθόνιοι  in  Defixionen,  in  Grabfluchen  (Def.  auf 
Cypem :  Psyche  654,  1 ;  Grabfl.  in  Cilicien :  Psyche  632.  Vgl.  noch  Lon- 
doner  Zauberbuch  195 ;  Pariser  Zauberb.  1418.  Ins.  aus  Euböa  *Εφημ. 
άρχαιολ.  1893  ρ.  175,  Z.a3.  34.  Ins.  aus  KreU:  Athen.  Mittheü.  1893, 
p.  211). 

«  Aesch.  Eum.  267  ff.  337.  422  f.  Vgl.  Eurip.  Orest.  265.  [Plat.] 
Äxioch,  371  E. 

^  ivipwv  lepiai  Eurip.  Orest»  260.  Strafe  der  επίορκοι,  ύπό  γαΐαν, 
durch  die  Erinyen:  Π.  19,  259 f.  Auf  Vasenbildem  Sisyphos,  Ixion  im 
Hades  durch  Erinyen  gepeinigt:  s.  Rosenberg,  Die  Erinyen  (1874) 
p.  72 — 76.  Die  ακάθαρτοι  im  Hades  von  den  Erinyen  gefesselt:  pytha- 
gor.  μΟθος  nach  Alex.  Polyh.  bei  Laert.  D.  8,  31. 

*  Umgehen  der  Erinyen  auf  Erden,  am  fünften  Monatetage:  He- 
siod,  Op.  803  (vgl.  auch  Psyche  ββ  f.  A.d).  Pythagoreisches  σύμβολον: 
Psyche  377  A.  Als  in  der  Nähe  befindlich  können  sie  dem  Epimcni- 
des  helfen,  nach  der  merkwürdigen  Sage  bei  lamblioh.  V.  Pyth,  222. 


FamlipomenA. 


η 


der  Oberwelt,  wie  die  unruhigen  Heelen  im  Hchwarme  der 
Hekate  *,  Erbarmungiilos  treiben  sie  ihr  Wild  um,  erregen  den 
Unglücklichen  Wahnsinn,  gleich  den  ningelienden  Seelen  und  He- 
roen^. Wie  Vampyre  denkt  sie  eich  Aeechylus,  die  dem  Leben- 
den das  rothe  Blut  aussaugen^.   Hier  iet  ihre  alte  Seclennatur  noch 


ί8ί6  werden  gedaobt  als  umgehcuJ  und  die  Tbaten  der  Menschen  er- 
spähend (um  von  Frevelhaftem  alsbald  Meldung  zu  thun).  Auf  solchen 
Glauben  baute  Menedemus  derCyuiker,  der  Ερινύος  άναλαβΟίν  σχήμα  trc- 
ριή€ΐ,  X^TUJV  επίσκοπος  οφίχθαι  έΗ  "Aibou  τϋϋν  άμαρτανομένων,  απιυς 
πάλιν  κατιών  ταοτα  απαγχέλλοι  τοΤς  έκεΐ  οαίμοσιν.  (Laert.  D*  6,  102. 
Vgl.  übrigens  Lucian  Καταπλ»  7  extr)«  Chrysipp  sprach  von  umwan- 
delnden φαΰλα  δαιμόνια^  οίς  ol  Qcol  δημίοις  χρωνται  καΐ  κολασταΐς  έπΙ 
τους  ανόσιους  καϊ  όδίκους  ανθρώπους*  mit  aolchen  έρινυιίι5€ΐς  τινές 
καΐ  ποίνιμοι  (ΤΤοιναΙ  =  'Ερινύες:  β,  oben)  &αίμον€ς,  επίσκοποι  ßiujv  καί 
οϊκυυν,  vergleicht  Plutarcb,  Qt^aeJit  Jiom.  δ1  (wenig  treffend)  die  rörai- 
ichen  Laves.  Diesen  auf  Erden  umwandelnden  Erinyen  (επίσκοποι 
γάρ  cloiv  [αΙΈρινύ€ς]  ταιν  παρά  φύσιν.  Schol.  Β  ΪΚ  Τ  418;  πάνθ"  όρώ- 
σαι  Soph.  Ο,  C.  12.  ΕΙ  1342;  Λί.  Κ^^  ist  der  επίσκοπος  baipuuv,  von 
dem  Babrius  fab,  11,  4  spricht,  ifachstverwaudt  (επισκόπους  ίχοι  Ερι- 
νύας Ider  Grabschänder]  auf  der  wunderlicheu  jüdisch-griechischeu  Grab- 
schrifi  aus  Euböa,  Έφημ.  άρχ.  189i:J  ρ.  175).  Auf  Erden  uro  wandelnde 
Bellen:  an  den  Anthesterien:  β.  Psyche  21'»  ff.  μορμόνες  πλανήτες  δαί- 
μονες Hesych.  (β.  Pnifcl^  372  Α.).  Namentlich  doipoi,  βιοθάνατοι  (die 
unter  Umständen  xu  Erinyen  werden)  gehen  um ;  auch  άταφοι :  Psyche 
20 L  240,  1.  374.  Solche  άλάστορες  sind  auch  die  Erinyen.  Mit  der 
Ausdehnung  ihrer  Functionen  anf  einen  Schutz  der  allgemeinen  Rechts- 
ordnung wird  aus  ihrem  Ürairren  auf  Erden  ein  άμφιπολεύειν  als  επί- 
σκοποι der  grossen  Götter,  zur  Wahrung  des  Rechtes.  Wie  völlig  auch 
dies  55U  der  alten  Seelennatur  der  Erinyen  passt,  leuchtet  ein,  wenn 
man  sich  des  hesiodischen  Berichtes  von  den  Seelen  der  Menschen  des 
goldenen  Geschlechts  erinnert,  die  πάντη  φοιτώντες  έπ*  a\av  Recht  und 
Unrecht  beachten  Op,  124 ff.  (Seelen,  wie  vielfaltig  auf  Vaeenbildern, 
uro  die  Lebenden  flatternd:  πυυτωμίνην  ψυχήν  [πατρό^ς]  Οπερ  σοΟ  — 
Eur.  Orest  675  t  u.  a.  pgijchc  542,  2). 

*  Erinyen  als  Hunde  (bellend:  Eiirip.  Jph  T.  293f.)oftbei  den 
Tragikern  (naroentlich  Εητίρ.  Ei.  1352 ff.):  Ruhnken,,  EpisL  crlt  1,  94. 

[Die  'Seelen'  mit  der  Hekate  als  Hunde  umschweifend:   Psyche  375,  1. 

*  Wahnsinn  erregen  die  Erinyen  ihren  Opfern  durchweg:  es  be- 
darf keiner  Beispiele  (darum  seilest  Μανίαι  genannt.  Paus,  8,  34,  1. 
Vgl.  Eurip.  Oresi.  400.  Ερινύες  ήλϊοιώναι  Kaib.  cp.  lap,  1136).  Wahn- 
sinn bringen  Εκάτης  έπιβολαΐ  καΐ  ηρώων  έφοδοι;  s.  Psyche  37(3,  1. 

°  Die  Erinyen  (das  Blut  der,  als  Opfer  der  Rache  Erschlagenen 
sclilörfend:  Aeeeh.  Choqßh.bntj  ^pam.  1188ff.  So  trinken  die  Seelen 
das  Blut  der  Opfer;  schon  Odyss.  λ;  Eurip.  ßfc537ff.^  und  sonst  [P.-iy• 


90  ßohde 

kMun  verhlUlt:  VampyriBmiiB  ist  in  dem  Volkeglaaben  aller  Zei• 
t»  die  Sache  unrahig  umgehender  Seelen  ^ 

Sie  fordern  auch  einen  Galt,  der  in  allem  dem  Cnlt  der 
χθόνιοι  ond  der  Seelen  gleich  iet'.  Man  nennt  ihren  Namen  un- 
gern; sie  sind  ανώνυμοι,  wie  anruhige  Seelen'.  άμεταστρ€ΐττί 
geht  man  an  ihren  Heiligthümern  vorüber;  ro  wendet  man  beim 
Seelencult  den  Blick  zur  Seite  ^.  Vorsichtig  nennt  man  sie  mit 
begütigenden  Worten,  *Αβλαβίαι  ^,  Σεμναί  Solcher  Euphemismus 
siemt  sich  im  üult  der  χθόνιοι®.  Die  finstere  Seite  ihres  We- 
sens und  Wirkens  ist,  wie  bei  allen  χθόνιοι,  der  Phantasie  be- 
sonders gegenwärtig;  bisweilen  erscheinen  sie  als  reine  Teufel, 
die  ohne  Torausgegangenen  Frevel  dem  Menschen  Böses  anthun  ^. 


ehe  222,  3])  trinken  den  Lebenden  das  Blut  aus.  Aesch.  Eum,  (s. 
Psjfche  24H,  2).  —  εΙαροπιΣιης,  die  bluttrinkende,  *Ερινύς:  alte  Variante 
(sUtt  ήεροφοΐτις)  II.  19,  87  (Schol.  Townlei.). 

^  Tylor,  Primit.  cuUure  2, 175  ff.  Zu  solchen  bluttrinkenden  Vam- 
pyren  werden  namentlich  Seelen  von  βιοθάνατοι  und  Ατας>οι :  Β.  Schmidt, 
VoÜud.  d.  Neugr.  1,  161  f.  (βιοθάνατοι  einer  eigenen  Art  sind  auch  die 
£rinyen).  Sie  halten  sich  zunächst  au  Mitglieder  ihrer  eigenen  hinter• 
lasienen  Familie:  Schmidt  α.  0.  164. 

'  Nächtliche  Opfer,  ganz  verbrannt;  als  χοαί  νηφάλια,  μελίκρατα 
(β.  Stengel,  Griech.  CültuaaUerth.  H^i)  ομπαι,  eine  Art  Honigkuchen  (wie 
auch  sonst  für  Seelen  und  χθόνιοι):  Callimach.  fr.  123  (über  die  Be- 
reitung dieser  πέμματα,  Philo,  q.  o.  prob,  lib,  20,  p.  467  M.),  πέλανοι, 
wie  sonst  den  Todten  (s.  Stengel,  Hermes  29,  287),  πόπανα  καΐ  γάλα  in 
Töpfen  ihnen  hingestellt,  ähnlich  wie  bei  Opfern  für  Todte  und  He- 
roen: P9yche  218,  2. 

8  τοίϊς  άνυινύμοις  θ€θ1ς  Eurip.  /.  Taur,  944  (ος  τρέμομ€ν  λέγειν 
Soph.  Ο.  C,  129),  d.  h.  den  δυσωνύμοις,  ungern  mit  Namen  angerufeneu. 
So  ορνις  ανώνυμος  die  στρίγΕ,  der  Todtenvogel:  Carm,  poptä.  26  Bgk. 
(τάν  άνώνυμον  κέρκον  Herondas  5,  45.  Vgl.  Anthol.  Pal.  12,  332,  1). 
So  aber  auch,  auf  den  cyprischen  Defixionen,  oi  ώδε  κατψκημένοι  duipoi 
καΐ  ανώνυμοι  (Psyche  654,  1),  von  den  unruhigen  Seelen  gesagt. 
Umschreibend:  ai  απαραίτητοι  θεαί,  Ins.  ausLesbos,  Coliitz  Dialektins, 
255,  d.  b.  die  firinyen. 

*  ας  παραμειβόμεσθ'  άδίρκτως  Soph.  Ο.  C.  130.  Vom  Opfer  für 
die  Er.  muss  man  άφέρπειν  άστροφος:  ibid.  490.  So  bringt  man  Opfer 
für  Seeleu  durchweg  άμεταστρεπτί  dar:  Psydie  377  Anm. 

δ  Ins.  aus  Erythrae.  Dittenb.  SylL  370,  68  (p.  538).  Eigentlich 
sind  sie  Βλάβαι  und  heisseu  auch  so:  Soph.  Äntig,  1104  (vgl.  Aesch. 
Eum.  491). 

«  Psyche  192.  696. 

^  S.  Lobeck  ad  4;."  p.  86.    So  im  Grunde  schon  Odyss.    15,  234 


ParalipOTneua. 


21 


Ho  eiüd  verbreiteter  Vorstellung  die  ηριΐί€ς,  die  auf  die  Ober- 
welt einwirlc enden  Seelen,  wesentlich  κακυυτικοί*.  Aber  wie  die 
Seelen  so  gut  Heileatnee  senden  und  bewirken  als  Schlimmee,  so 
können  auch  die  Erinyen  ßringerioiien  des  Guten  »ein.  Als  Εύμ€- 
νίί>€ς  belfen  sie  beim  Ackerbau,  bei  der  Geburt  der  Kinder^: 
sie  wirken  Gutes  genau  in  dem  umfang  wie  die  Seelen  der 
Todten». 

Alle  diese  Züge,  die  liervoretecbendsten  in  dem  Bilde  der 
Erinyen,  kann  man  nicht  verstehn  noch  ableiten,  wenn  man  die 
weiteste  Entfaltung  ihres  Wesens,  als  Hüterinnen  des  Rechtes 
schlechtweg,  als  Symbole  einer  im  Inneren  des  gegen  dieses  Recht 
Frevelnden  »ich  regenden  Gewissensunruhe,  als  Schutzgeister  des 
κόσμος  in  Natur  und  Mensch enwesen,  zum  Ausgang  derBetraoh- 
tung  nimmt,  und  liier  die  Wurzel  ihres  Wesens  sucht.  Hat  man 
diese  Wurzel  in  der  Natur  der  Erinys  als  eiuer,  eich  selbst  Eache 
nnd  Genugthunng  holenden  'Seele'  eines  todtlich  Verletssten  auf- 
gefunden, 80  versteht  man  nicht  nur  alle  jene  wesentlichen  Züge 
ihrer  Erscheinung  ohne  weiteres  leioht  und  vollstündig,  sondern 
findet  auch  ohne  Mühe  den  Weg  auf  dem,  von  dem  QuelJpunkt 
ihrer  Art  aus,  BegriiF  und  Gestalt  der  Erinys  sich  zu  der  Breite 


(auch  α  19,  87).  Dann  Sophokl  Aj,  10:34;  JVach  lOol;  fr.  519.  4; 
Eurip,  Med,  12i;0.  (Spät  z.  li  Heliod,  Adh.  II  4,  p.41,  19  Bk/)  πάντα 
γάρ  τά  τεράστια  καΐ  παράλογα  öokci  ύιτ*  *Ερινύιυν  γίν€0θαι  Schol.  AD 
IL  Τ  418.  Daher  auch  böno  Menecheu  gleichniseweise  eine  Erinye  ge- 
nannt werden  (LoK  a.  0.):  Helena  hei  Aeecb.  Äg.  749;  Eurip.  OresL 
1390;    Aegistb   und  Klytaeranestra  bei  Soph.  EL  1080  hιhύμa  ΈρινΟς. 

*  S.  FByche  225,  4.     So    wird    der  άλάστωρ,    eigentlich  eine  un- 
I  aelig  umirrende  Seele  eines  βιαιοθάνατος»    oft  geradezu   all  Teufel  und 

bösartiger  Quälgeist  gedacht,  und  ebenso  wie  Έρινύς  (mit  der  der  άλάσ- 
TUJp  fast  identisch  ist)  ala  eine  ße%eicbnung  teuflisch  böser  lebender 
Menschen  verwendet  Vgl,  Aesch,  PerB.  354.  Soph.  Äi.  Sil,  Eurip. 
El  979  f,  άλάστιυρ  ώνθρωίΓος:  Menander,  Fr,  com.  Mein,  IV  186,  Bato 
t*.  IV  499  (v.  5);  Demosth.  (k  cor.  296;  fah.  leg,  305.  Dionys  der 
r  Jüngere  war  άπάσης  Σικ€λ(ας  άλάστ^ρ :  Klearch  ν.  Soli  bei  Athen.  12, 
|641C.  (Philipp  άλάστωρ  της  'Ελλάδος.  Aristid.  1  730,  1  Dind.).  Spl- 
tere  brauchen  das  Wort  vielfach  so;  s.  Jacobe  ad  Philosir.  Imag. 
ip.  629  f. 

*  Beides  mehrfach  erwähnt  im  Epilog  der  '  Eumeniden'  (icapitov- 
€Οθ€νοΟντα,  καΐ  τών  ßporcimv  σιτ€ρμάτων  οαττηρίαν  907.  909.  Opfer 
an  die  Eunieniden  ττρό  ΐΓαΐδιυν  καΐ  γαμηλίοι»  τέλους  Η3δ). 

^  Die  Seelen  bringen  dem  Ackerhau    und    der  ehelicheu  Fruoht- 
f- barkeit  Segen.    S.  PsycJic  22ij. 


22  Rohde 

vnd  Fülle  antiredehnt  hat,  in  der  sie  dichteriech-religiöter  Phan- 
Ueie  tich  xaletst  dantellte. 


3. 

Noch  eiD  Anhang  zur  'Pflyche',   eine  Abwehr. 

In  dem  zweiten  Bande  seiner  '  Geechichte  dee  Alterthnms' 
(Stnttg.  1893)  bringt  Eduard  Meyer  auch  einen  Abriis  griechi- 
•eher Religiontgeechichte.  Indem,  was  hierin  von  altgriechiachem 
Seeleneolt  gesagt  wird,  iet  dem  Verfasser  mein  Bach  (d.  h.  detaen 
erste,  ihm  damals  allein  vorliegende  Hälfte)  unleugbar  von  er- 
hebliehem  Notxen  gewesen.  Dafiir  hängt  er  denn  seiner  Darstellung 
in  Anmerkungen  eine  Anzahl  von  Censuren  an,  die  meine  Arbeit 
als  möglichst  wenig  nutzbringend  erscheinen  lassen  sollen. 

Auf  S.  93  wirft  er  mir  'unhistorieche  Auifassung  und  Iso- 
lirung  Homers'  vor;  'völlige  Isolirung  Homers*  abermals  S.425.  — 
Nun,  wenn  das  den  Homer  Wollig  isoliren*  heisst,  dass  ich  seine 
Gedichte  durch  Betrachtung  der  in  ihnen  enthaltenen  survivcds 
älteren  Seelencultes  und  Seelenglaubens  an  Brauch  undj  Glauben 
einer  dunklen  Vorzeit  nach  Möglichkeit  anzuschliessen  suche, 
und  durch  alle  Folgezeit  den,  im  Wettstreit  mit  anderen  Ein- 
flüssen ununterbrochen  tief  einwirkenden  Einfiass  der  homerischen 
Vorstellungen  von  Götterreich  und  Seelenreich  überall  nachweise 
—  dann  habe  ich  Homer  'isolirt'. 

Allerdings  aber  habe  ich  den  homerischen  Gedichten,  wenn 
ich  sie  auch  in  keiner  Weise  isolirt  habe,  doch  ihre  Sonderstel- 
lung gegenüber  der  Vorzeit  sowohl  als  dem  volksthümlichen  Glau- 
ben und  diesem  entsprechenden  Cult  der  späteren  Zeiten  mit  stär- 
kerem Nachdruck  und  schärferer  Betonung  gewahrt,  als  das  sonst 
üblich  ist.  Der  Dichter,  die  disparaten  Vorstellungen  des  Volks- 
glaubens sichtend,  ordnend,  verschmelzend,  εΙς  μ{(χν  Ib^av  (Tuvo- 
ρών  τά  πολλαχή  διεσπαρμένα,  vergleichbar  darin  dem  platoni- 
schen Dialektiker,  schafft  sich  ein  Gesammtbild  von  einem  Götter- 
reiche, ein  anderes  von  einem  Seelenreiche,  nach  einheitlichen 
Typen,  das  sein  (und  seiner  Kunstgenossen  und  Nachfolger)  Eigen- 
thum  ist,  und  von  dem  eine  ungebrochen  gerade  Linie  der  Ent- 
wicklung zu  dem,  was  uns  in  den  mannichfaltigen  Gebilden  spä- 
teren Volksglaubens  entgegentritt,  nicht  führt  noch  führen  kann. 
Dies  —  nicht  erfunden,  sondern  an  den  vorliegenden  Thatsachen 
mit  unbefangenem  Blicke  wahrgenommen  und  mit  Bestimmtheit  aus- 
gesprochen zu  haben,  soll  ein  Fehler  sein?    Ein  Fehler  nur  darum, 


ParalipoiDeiia. 


23 


reil  efl  dem  neueiäten  ετυτίροψ^ύς  gefällt,  Jie  rirbtige  Einsicht 
in  die  eigenartig  »elbatändige  Stellung  Homers,  ohne  deren  Be- 
achtung der  Gang  griecliißcher  Religionfientwioklung  überhaupt 
nicht  begriffen  werden  kann,  Dach  Kräften  wieder  atu  ver- 
dunkeln? — 

Ja»  aber  meine  'unbiHtorieche  ÄufiTaReung  !  Als  ich  eohrieb, 
war  freilich,  wie  hier  'hiBtorißch'  aufzufassen  sei,  noch  nicht  offen- 
baret. Jetzt  haben  wir  die  Geechiehte  des  AUerthums»  Band II.  Ihr 
Verfasserj  und  dieser  allein,  befindet  »ich  im  glücklichen  Vollbesitz 
der  historischen  Auffassung';  jede  seiner  Meinungen  und  Be- 
hauptungen ist  ihr  maassgebender  Ausdruckt  Worin  ich  von 
diesem  KavLUV  geschichtlicher  Wahrheit  abgewichen  bin,  soll  in 
§  76  und  277  enthüUt  werden.  In  §  76  werden  einige  Bparliche 
Bemerkungen  über  griechischen  Seelenglauben  vorhomeriecher  Zeit 
gegeben.  '  Im  Allgemeinen  wird  hiefiir  auf  mein  Buch  hinge- 
wiesen. Dann  aber  wird  meiner  VoreteUung  von  einem  utarken 
und  lebendigen  Seelenglauben  jener  ältesten  Zeit  die  hietorieche 
Auffaeeung  entgegengeBtellt  Barnach  ist  der  Todte,  nach  dem 
Glauben  schon  jener  frühesten  Yorzeit,  kein  mächtiges,  *  leben- 
diges Wesen*,  'nur  der  Todtenoult  verhilft  ihm  künetlioh  «u  einer 
Scheinexistenz'.  *  Pietät  und  religiöse  Sitte'  allein  rufen  deo 
Todtencnlt  hervor;  Furcht  vor  der  Macht  der  ahgeschiedenen 
Seelen,  sich  zu  rächen,  ist  nur  ^  etwas  secundäres  :  denn  —  wo 
ffndet  sich  davon  eine  Spur  bei  Homer?*.  —  Hier  muss  ich  nun 
doch  über  die  Unklarheit  der  einzig  historischen  Auffassung  mich 
einigermaaasen  wundern.  Ich  hebe  aufs  Stärkste  hervor,  wie  nich- 
tig und  ohnmächtig  dem  homerischen  Dichter  die  Seelen  der  Ab- 
geschiedenen sich  darstellen,  und  entnehme  dann  dem  Contrast, 
in  dem  zu  dieser  Auffassung  der  gewaltige  Pomp  alten  Seelen- 
Gultes  steht,  der  in  einzelnen  survivals  noch  im  Homer  sieh  er* 
kennen  läset,  dass  dieser  alte  gewaltige  Seelencuft  nicht  aus  der 
völlig  verhlassten  homerischen»  sondern  aus  einer  ganz  anderen 
höchst  lebendigen  Vorstellung  von  Kraft  und  Macht  der  Seelen 
entsprungen  sein  muese,  die  bei  Homer  verschwunden  sei*  Gegen 
diese  Argumentation   soll  es  ein  Einwand  sein,    dass    doch    von 


ί  Wer  durchweg  πάσης  τής  Ιστορίας  5ρον  εαυτόν  troui,  der  wird 

^  freilich  an  anderen  Historikern  wenig  Geschmack  ßnden  können.    Immer 

überTÄBcht  doch  die  kühle  Respektlosigkeit,  mit  der  hier  fz.  B.  p.  iK))auoh 

ί  von  den  bedeutendsten  YorgÜngern  geredet  wird^  selbst  von  einem  Munne 

Iwie  George  Grote,  Öv  ούδ'  aivtiv  τοΐαι  κακοιοι  θέμις. 


U  ttoHde 

der  für  älteete  Zeit  von  mir  vorausgesetiten  Vorstellung  von  der 
Macbt  der  Seelen,  eict  fär  Vernachlässigung  zu  räolien,  keine 
Spur  sich  finde  —  bei  Homer! 

Der  Historiker  eeinerseits  gelangt  zu  der  Annabme  eines 
von  jeher  ganz  schattenhaften  Seelenglanbens  einfach  dadurch, 
das«  er  die  boinerißchen  Vorstellungen  von  der  nichtigen  Wesen- 
losigkeit  der  hilflosen  βϊοωλα  καμόνπϋν  in  die  ältesten  Zeiten 
des  Griecbenthums  ilberträgt*.  Neu  ist  ja  diese  Annahme  (für 
die  irgend  eine  Begründung  niemals  versucht  worden  ist^  auch 
hier  nicht  versucht  wird)  nicht:  alle  unsere  Handbücher  tragen 
sie  vor<  Aber  die  Verfasser  der  Haudbücber  wussten  noch  nichts 
oder  allzuwenig  von  den  jener  Voretellnug  widereprecbenden  That- 
Sachen :  die  Reste  grossartiger  Grabtempel  aus  mykenäischer  Zeit  ^ 
kannten  sie  kaum;  die  βατνιναϊβ  eines  älteren  Zuatandes  des  Glau- 
bens und  Branche»,  die  Homer  erhalten  hat,  hatten  sie  als  solche 
nicht  beachtet  Wer  heute  noch  an  der  Hand  buch  erlehre  fest- 
halten will,  muse  sich  mit  jenen  TbatsacKen  anseinandersetzen. 
Sie  (wenn  auch  möglichst  abgeschwächt)  zuzugestehn  (wie  hier 
geschieht,  p.  119;  182 f.),  dann  aber  die  Notbwendigkeitj  au» 
ihnen  die  geeigneten  Schlüsee  zu  ziehen^  einfach  zu  ignorireii 
(wie  hier  überall  geschieht) :  das  ist  nicht  erlaubt,  am  wenigsten 
einer  ernsthaft  so  zu  nennenden  bietoriecben  Anffassnng.  Für 
alle  übrigen  Völker  und  Stämme  würde  der  Scblues  von    einem 


1  Nacbher,  §  276,  venichert  der  Verf.  doch,  bei  Homer  aei  *  die 
alte  Voratelluiig  von  der  Wesenioaigkeit  des  Daseins  der  Psyche  nacb 
dem  Tode  womciglicb  noch  gesteigert*.  Wie  die  WeeenloBigkeit  der 
Vorstellung,  die  er  §76  der  ältesten  Zeit  vindicirt,  noch  gesteigert 
werden  könnte,  und  worin  sie  die  homeriacbe  Dichtung  noch  gesteigert 
babe,  hätte  er  doch  erzählen  sollen  —  wo  möglich. 

2  Da  für  meinen  Versuchj  dem  grieohißchen  Seeleucult  und  See- 
lettglauben vorhomeriscber  Zeit  nahe  zu  kommen,  die  Ueberseugrung, 
in  den  mykcnäischen  Grabbauten  Ueberreste  griechischer  Urzeit  vor 
Augen  EU  haben,  wesentlich  bedeutend  ist,  wollte  ich  (p,  31)  die,  dieee 
Üeberzeugung  bekräftigenden  Gründe  in  einem  KxLCurs  des '  Anhange«* 
ausführen.  Das  ist  jetzt  nicht  mehr  vonnöthen.  Die  Meinung,  dus 
die  mykenäische  Cultur  einem  un griechischen  Stamme  angehöre^  h&i 
gegenwärtig  wohl  kaum  noch  Vertreter ;  die  Gründe,  die  als  Trager  dieser 
(wie  stark  immer  durch  fremdläudiBche  Einäüsec  bestimmten)  Cultur 
einzig  griechische  Stämme  (etwa  des  14.  und  der  bis  zum  Π.  fol- 
genden Jahrhunderte)  zu  denken  gestatten,  sind  mehrfachj  am  über- 
iengendsten  zulet«t  von  E.  Reiech,  Verh.  d.  Wiener  FhüoUgfnetTSt 
p.  99 — 122  ausgeführt  worden. 


Paralipomena. 


25 


utarkeD,  einnlicli  reichen  Öeeleocult  (wie  der  des  vorhonierischen 
Zeiträume  unleugbar  war)  auf  Jie  entsprecbende  Starke  und  sinn- 
liche Lebendigkeit  des  Seelenglaubene,  aue  dem  jener  entsprun- 
gen ^  eein  müsse,  ohne  weiteres  zugegeben  werden.  Bei  den  Grie- 
chen  allein  mnRs  es  andere  sein :  eie  mtieeen  mit  abstracten,  ge- 
dankenbaft  farblosen  Vorstellungen  gleich  in  der  Frzeit  ange- 
fangen haben,  bei  denen  andere  Völker  erst  spät,  wenn  viele 
Schlangenhäute  tinnHch  bunter,  naiv  handgreidicber  Phantasmen 
abgeworfen  sind^  anzulangen  pflegen.  Eine  rein  geistige^  nur  im 
Wohlwollen  wurzelnde,  für  Mh  selbst  nichts  erwartende  *  Pie- 
tät' muss  es  sein,  die  diesen  ältesten  Griechen  eingab,  mit  Hin- 
eohlachtnng  von  Menschenopfern  und  dem  Blut  der  Stiere  nnd 
Sehaafe  die  Seelen  der  Vorfahren  zu  erquicken,  Pferde  wnd  Flnnde 
ihnen  zu  opfern ;  prächtige»  crzfnnkelnde  Gewölbe  errichtete  eine 
SSeit,  die  den  Göttern  noch  keine  Tempel  erbauen  mochte,  den 
Seelen  der  Ahnen,  ihnen  allein  zu  Beeitss  und  Aufenthalt;  sie 
häufte  kostbarsten,  den  Lebenden  entzogenen  Besitz  in  den  Bebau- 
euDgen  der  Seelen  an    —    nnd    das    alles  in  der  üeberzeugnng, 


^  Entsprungen:  darum  handelt  es  sich.  Was  Meyer  p.  119  (§  7ίϊ) 
vorbringt,  um  seine  unbewiesene  Behauptung,  dti&e  achon  in  ältester 
Zeit  die  Vorstellung  von  der  vÖUigen  Nichtigkeit  der  abgeschiedenen 
Seelen  geherrscht  habe,  zu  empfebleo :  ein  Widerspruch  zwischen  reli- 
giöeem  Glauben  (wie  hier  zwischen  dem  bochgeateigerten  SeelenciiH  der 
Unseit  und  dem  angeblich  ebenso  uralten  Glauben  an  die  W es en losig• 
keit  der  so  verehrten  Seelen)  komme  oft  vor:  das  trifft  gar  nicht  die 
Frage,  um  die  es  rieh  handelt,  Fortbestebn  kann  ein  starker,  »innlioh 
reicher  Brauch  neben  einem  farbloe  gewordenen  Glauben!  zahlreiche 
Beispiele,  auch  des  griechiechen  Religionslebens,  lehren  es.  Aber  ent* 
Sprüngen  kann  ein  solcher  Brutich  nicht  sein  aus  einem  eolcben,  ihm 
völlig  incongruenten  Glauben.  Es  wäre  ja  ganz  thöricht,  zu  meinen, 
dass  ein  religiöser  Brauch  iemals  und  irgendwo  entstehen  könne  aus 
nichts^  oder  aus  etwas  anderem  qIb  einem  Glauben,  der  in  ihm  seinen 
Dothwendigen,  die  Empfindungen  und  Anscbauungeu  der  Zeit,  die  den 
Brauch  erfand^  adaequat  nach  aussen  darstellenden  Auedruck  fand.  Die 
Griechen,  die  in  ältester  Ürsioit  jenen  lebhaften  Seelencult  entstehen 
lieesen,  und  diesen  bis  tu  der  ilöhe  des  Glanxes  und  der  Furchtbarkeit 
entwickelten,  die  uns  die  mykenä lachen  Grabbauten  und  die  8nrvivals 
des  alten  Seelencultes  im  Homer  vor  Augen  stellen,  raitsaen  nothwen- 
diger  Weise  einen  diesem  Pomp  dt^r  Verehrung  entsprechenden  starken 
Glauben  an  Macht,  Gewalt  und  Leben^ikraft  der  also  verehrten 'Seelen' 
gehabt  haben.  Nachher  konnte  der  Brauch  stehn  bleiben,  während 
der  Glaube  sich  verschob:    aber  darum  handelt  es  sich  hier  gar  nicht 


9$  Rohd•: 

daM  die  ko  rerehrt«  ond  zom  Genas«  anegernttcte  abgeschiedene 
Swk  '  keio  reales  Wesen'  mehr  sei,  bewnsstlos,  des  Genusses 
maiMhi^,  kraftlos  und  machtlos.  Bei  den  Griechen  allein  misate 
lnnuM:h  eine  Wirknng  ohne  zureichenden  Gmnd,  ja  ohne  jeden 
Cirvrd  einiretreten  sein.  Die  Gesetze  der  Logik  sind  aber  auf 
ά^  iranzen  Erde  die  gleichen ;  die  religiöse  Logik  operirt  iberall 
ia  gleicher  Weise.  Das  vor  allem  lehrt  die  Tergleichende  Be- 
tra«ht«Jig  primitirer  Religionsformen  nnter  allen  Völkern  der 
Erd«*,  ans  der  nichts  zn  lernen  der  allerdings  sicher  ist,  der  ihre 
Arbeiten  and  Ergebnisse  nicht  beachtet.  Ich  habe  vielfach  Ge- 
legenheit genommen,  griechischen  Volksglaaben  and  heiligen  Braneh 
mit  rl^ichen  oder  analogen  Erscheinungen  bei  anderen  Völkern 
atr  Erat  (^m  liebsten  solchen,  die  mit  den  Griechen  weder  Ur- 
gemeinsehaft  hatten,  noch  durch  Zawanderang  in  Ideenanstaoiich 
treten  konnten)  zu  vergleichen,  uro  auch  aus  solchen  Analogien 
hervortreten  zu  laseen,  daes  das  religiöse  Leben  der  Griechen 
nicht  auf  dem  Isolirschemel  gestanden  hat,  auf  dem  es  wohlmei- 
nende Schnlroeisterei  einer  immer  noch  nicht  ganz  vergangenen 
Zeit  festhalten  möchte  ^.  Die  gegenwärtig  mit  Eifer  betriebenen 
iftodien  der  niederen,  d.  h.  der  wahrhaft  volksthümlichen  My- 
thologie lehren  an  tausend  Beispielen  dasselbe.  Wir  lernen 
immer  mehr  aach  auf  griechischem  Boden    die   aas  ältester  Zeit 


*  Der  Hieioriker  des  Alterthums  bringt  griechischen  Seelenglauben 
mehrfach  in  Parallele  mit  dem  aegyptischen.  Das  ist  nicht  glücklich : 
ein  voll  and  eig^enartig  entwickelter  Glaube  eines  Volkes,  wie  der  See- 
lengUnbe  der  Aegypter  (den  übrigens  auch  erst  Maspero's  Forschun- 
gen in  das  richtige  Licht  gerückt  haben)  bietet  kein  genügendes  Ob- 
jekt zur  Vergleichung  mit  dem  eeinerseite  auch  schon  weit  von  seinen 
Ursprüngen  fortg'^schrittenen  Glauben  eines  andern  Volkes.  Nur  die 
Wurzeln  der  Glaubensbaume  der  verschiodenen  Völker  haben  geroein- 
samen Grundf  in  den  allgemeinen  Trieben  des  Menschenüinnes,  und 
können  daher  mit  Nutzen  miteinander  verglichen  und  auseinander  er- 
Üniert  werden.  Die  weitere  Ausbildung  difTerensirt,  nach  besonderer 
Anlage  und  besonderen  Lebensbedingungen,  die  einzelnen  Gewächse  so 
stark,  dass  eine  Vergleichung  werthlos  wird  und  violrochr  indiriduali• 
sirende  Betrachtung  allein  angebracht  ist.  Vorständiger  Weise  benutzt 
man  daher  auf  religionsgeschichtlichero  Gebiete  xu  Vergloichungen  und 
darauf  gebauten  Analogieschlüssen  nur  die  Glaubensmeinungen  und 
Cultsitten  solcher  Völkerschaften,  die  in  den  Anfängen  religiöser  Ent- 
wicklung hängen  geblieben  sind,  und  aus  dorn  (tlaubcn  und  Brauch 
civilisirter  Völker  nur  die  auch  in  ihnen  nirgondH  fehh^ndrn  UolKTreste 
eines  primitiven,  wurzelhaft  ursprünglichen  Religionszustaiidos. 


Paralipouietia* 


27 


erhaltenen  Ueberreete  einer  etark  einnlichen,  von  aller  abßchwä- 
chenden  Symbolik  freien  Äuffaeenn^  dee  Geisterreicbes  beaobten; 
man  wird  ancb  die  spätere  Entwicklung  zu  einer  geistigeren  und 
abetraoten  ÄuffasBung  nicbt  recht  verstehn  noch  nach  Verdienet 
würdigen  können,  wenn  man  sie  mit  ihren  Anfängen  schon  in 
eine  Urzeit  zurnckverlegt»  der  sie  gänzlich  fremd  war. 

Meine  'unhistorigcbe  Auffassung'  soll  sich  weiter  (nach 
§  277)  zeigen  in  der  *  Ablehnung  gesicherter  Ergebniese  der  Ho- 
meranalyee  (z.  B,  S.46ff.)*.  *  Gesichert'  sind  nämlich  solche  Er- 
gebniese  dieser  eonft  so  unsicheren  Änalysei  denen  die  souveräne 
'historische  Auffassutig  ^  ohne  sich  mit  Begründungen  weiter  aufzu- 
halten, ihr  Flacet  ertheilt:  diesesmal  die  von  mir  allerdings  gänz- 
lich verworfene  Kirchh  off 'sehe  Annahme,  dass  die  Nekyia  in  λ 
zu  den  ältesten  Stücken  der  Odyssee  gehöre  (M.  p,  104.  405). 
Im  Lichte  der  historischen  AufFa§ieung  wird  'der  Kern  der  Ne- 
kyia ^  gar  zu  dem  *  ältesten  Stück  der  Odyssee'  überhaupt.  Wie 
arg  sie  sich  mit  dieser  Behauptung  compromittirt,  bemerkt  die 
historische  Auffassung  nicht  Dass  die  Nekyia,  auch  ihren  älte- 
sten Bestandtheilen  nach,  spät  erst  in  die  Odyssee  hineingedichtet 
ist,  das  gerade  ist  eeit  langem  so  gut  *  gesichert  wie  nur  irgend 
etwas  in  homerischen  Dingen  gesichert  sein  kann,  gesichert  nicht 
durch  improvieirte  Einfälle,  sondern  durch  handfeste  Gründe,  die 
man  nicht  beseitigt  hat,  wenn  man  eich  erlaubt,  sie  zu  ignoriren, 
oder  eie  wirklich  nicbt  kennt'.  —  Mit  Schlagbäumen  so  schwäch- 


1  Dieser  'Kern  der  Nekyia*,  in  dem  wir  *die  älteeten  Beetftnd- 
theile  der  Odyssee '  zu  verehren  haben,  besteht,  wie  p,  104.  405  gelehrt 
wird,  in  Od.  λ  102-104,  121—224;  boffeallich  doch  nicht  allein  in  die- 
len Veraen,  die  für  eich  gar  keinen  Bestand  haben,  Daaa  die  Verse 
121^ — 137  in  einem  der  Nekyia  erst  spät  eingefügten  Stück  stehen,  ist 
«war  länget  mit  sehr  heachlenswerthen  Gründen  erhärtet  worden ;  aber 
die  brauchen  ja  nicht  widerlegt  zu  werden,  wo  die  '  historiicbe  Auf- 
faaanng*  entscheideL  Mir  gelten  (nicht  nur  119—137,  wie  vielen  Ho* 
roerforfichern,  sondern)  116 — 137  furinterpolirt;  der  urtprüngliche  Kern 
der  Nekyia  wurde,  nehme  ich  an,  gebildet  durch  die  fim  einzelnen  epä- 
ter  etwas  erweiterten)  Unterredungen  den  Odysseue  mit  Elpenor,  Tire- 
Btae,  Antikleia,  Agamemnon,  Achill^  sein  Zusammentreffen  mit  Patro- 
kloB,  Antilochofi,  Aias.  Noch  der  Dichter  der  Verse  in  ψ  322 — 325 
scheint  die  Nekyia  nur  in  diesem  Umfang  gekannt  zu  haben. 

^  Die  Stellen,  an  denen  Lauer,  Köchly,  Kammer,  Bergk,  Niese 
und  manche  Andere  die  nirgends  widerlegten  Gründe  für  die  un- 
leugbare Thatsaehe    späterer  Eindichtung  der  Nekyia   in    die  Odysiee 


28  Rohde 

lieber  Conttniction  m-ird    ee    kaum  geliDgeo,    mir  'den  Weg  χα 
vereperren'  (§276  Anm.).  — 

Auch  vom  Heroencnlt  wird  einiges  gesagt,  §  277.  Die  von 
alters  herkömmliche  Meinung,  dafts  die  wahren  Heroen  depoten- 
zirte  Götter  und  eben  als  solche  eines  Cnltes  theilhaftig  seien,  wird 
hier  aufs  Neue  ausgeführt,  ohne  neue  Argumente,  aber  mit  yer- 
stirkter  Entschiedenheit  der  Behauptung.  Mir  hatte  sich  ans  der 
Betrachtung  der  Thatsachen  die  Anfschauung  bestätigt,  dass  der 
Heroencnlt  seinen  Ursprung  und  seine  Wurzeln  in  altem  Ahnen- 
colt  habe.  *Von  einem  Ahnencultus  finde  ich  hier  keine  Spur', 
wird  eingewandt.  Langen  Jüchens  hätte  es  doch  dazu  nicht  be- 
durft. Den  Griechen  gelten  die  ήρυ3€ς  <in  nachhomerisehem 
Sprachgebrauch)  als  verstorbene  und  nach  dem  Tode  zu  höherer 
Verklärung  aufgestiegene  Menschen,  die  an  ihren  Gräbern  einen 
gesteigerten  Seelencult  geniessen.  Geschlechter  und  fürstliche 
Familien  feiern  als  den  άρχηγέτης  ihres  Stammbaumes,  nach  dem 
sich  Familie  und  Geschlecht  benennen,  einen  solchen  verstorbenen 
heroisch  verehrten  Menschen  der  Vorzeit.  Wie  man  die  Vereh- 
rung eines  solchen  ήρως  όρχητ^της  anders  nennen  soll  als  Ahnen- 
cult,  ist  nicht  abzusehn.  Dass  der  Ahnencult  nur  die,  ihre  ganze 
Art  allerdings  bestimmende  Wurzel  der  Heroenverehrung  ist, 
nicht  ihren  ganzen  Umfang  ausmacht,  habe  ich  ja  wohl  deutlich 
genug  ausgeführt.  Immer  blieb  der  Heroencult  die  Verehrung 
einst  (in  Wirklichkeit  oder  nur  der  Sage  nach)  auf  Erden  leben- 
dig gewesener  Menschen,  eine  höhere  Art  des  Seelencultes,  und 
insofern  in  vollem  Umfang  dem  Gebiet  meiner  Untersuchung  an- 
gehörig. Nach  der  ' hiRtoriechen  Auffassung'  sind  die  Heroen 
vielmehr  depotenzirte  Götter.  Eine  Aufzählung  solcher,  aus  Göt- 
tern zu  Heroen  herabgesetzter  Gestalten  schliesst  (p.  429)  der 
jubelnde  Ausruf:  '  alle  diese  Znsammenhänge  hat  Kohde  verkannt  . 
'Verkannt'  —  ich  glaube  wahrhaftig,  das  ist  ernsthaft  gemeint. 
Ich  habe  diese,  aus  verbreiteten  Handbüchern  jedermann  bis  zum 
Ueberdruss  bekannten  ^Zusammenhänge*  nicht  hervorgehoben, 
weil  sie  allesammt,  nicht  nur  die  Ueberzahi  der  von  modernen 
Mythylogen  nur  fingirten,  sondern  auch  die  wirklich  nachweis- 
baren Fälle  eines  Ueberganges  von  Göttern  zu  menschlichen  Hel- 


entwickelt  haben,  brauchen  Kennern  diow?!•  1>ΐη^;ΐ'  nicht  erst  bezeich- 
net zu  werden.  In  dor  Hegel  wird  ja  nur  <mii  iii>loh(T  üImt  honuTischo 
Angelegenheiten  öffentlich  das  Wort  zu  nehmen  Hich  für  berufen  halten. 


t^aralipotueDa. 


29 


'den,  ^mlt  memem  Thema  nichts  m  thuii  hatten^.  Dem  griechi- 
ficben  Glauben  sind  die  Cultheroen  —  oi  και  τάς  τελετάς  έσχή- 
KQCTiv  ηρώων;  mir  von  iHesen  hatte  itli  zu  reden  —  alle  ohne 
AuBnahme  früher  Menechen  gewesen,  die  auf  Erden  gelebt  haben. 
Mögen  unter  den  Helden,  die  spater  heroischsn  Ciilt  genoseen, 
auch  einige  sein,  die  in  der  That  ältestem  Glauben  als  Götter 
gegolten  hatten,  ho  hat  das  auf  die  Vorstellung^  die  man  eich  von 
ihrem  Uehergang  in  den  Heroenstand,  und  von  dem  Wesen,  von 
der  Entstellung  der  Cultberoen  überhaupt  machte,  nicht  den  ge- 
ringsten EinflusB.  Niemals  wird  ein  Gott  unmittelbar  zu  einem 
CnltherOF,  sondern  jedesmal  nur  nach  seinem  Durchgang  durch  die 
MenBcbennatur,  nach  dem  Tode  in  sterblichem  Menschenleibe.  Ein 
solcher,  einst  zum  Menschen  herabgesunkener  Gott  wird  ganz  auf 
dieselbe  Weise  aus    einem   sterblichen  Menschen    zum  Cultheroe, 


^  Die  Entstehung  mancher  Heldengestalt    griechischer  Sage    aus 
älterer  Göttergestalt  hat  zuerst  K*0.  Müller  recht  beachtet;  aber  aoton 
I  er  hat  dieaem  bemerkenswerthen  Vorgange    vielfach    eine    viel  weitere 
Ausdehnung  zugesprochen  als  sich  nach  unserer  Kenntnise    mit  gutem 
GewiBsen  behaupten  läset.     Seine  Nachabmer  haben  die  Uebertreibung 
göiteigert;   und  gegenwärtig  ist  seine  Lehre,    zu  einer  öden  Schablono 
ausgebildet,  mancherorten  herrecheode  Modeopiniun:   in  die  denn  auch 
der  Historiker  des  Älterthums    sich  vollständig  verstrickt    hat.    Selbst 
die  alte  Schnurre  νου  Odysseua  als  einem  verkappten  Sommergott  (oder 
'  sterbenden  Natiirgott'  p,  103)    wird  uns    hier    nicht    geschenkt.     Man 
könnte  etwa  noch    mit  lasoii,    der  *  Hypostase*    eines  Fünfmnnatgottps 
aufwarten»  der,  nach  der  prächtigen  Entdeckung  eines  Mythenforachers 
|τοη  Gewicht,   sein  Signalemeot  in  den  fünf  Buchstaben  seines  Namens 
sich  herum  Irägt^    die  ja  offenbar  die  Anfangsbuchstaben  der  Mo- 
Jiili,    Auguetj    September,  October,  November^  bedeutsam  verei- 
nigem —  AVarum    ich    auch    die  wirklich  vorhandenen  Bei&piele    einer 
Herabsetzung  alter  Göttergestalten  ins  Menschliche  in  meiner  Betrach- 
[tuug  ausser  Acht  zu  lassen  hatte,  ist  Pnifche  p.  ti8,  2;  I4i?f*  wohl   hin- 
1  reichend  angedeutet,     8o  winde  ich  mich  auch    hei    der   oft  geliörten^ 
I  anch  in  dieser  Gesch.  d.  Alt.  p.  117;  429  wiederholten  BehaiiptQug,  dass 
►  die  nach  Elysion  entrückten  Helden  und  Heldenfrauen  eigentlich  Gott- 
heiten seien,    nicht  aufgehalten  imhen,    selbst  wenn  sie  mehr  wäre  als 
I  elieu  eine  Behauptung^  ein  unbeweisbarer  und  nicht  im  mindesten  wahr- 
(seheinlicher  EinfaÜ.     Die  Griechen    haben    unter   den    also  Entrückten 
niemals  etwas  anderes  sich  vorgestellt  als  menschliche  Helden,  die  durcli 
I  Göttergunst  auf  eine  eigene  Art  dem  Loose  menschlicher  Vergttnj|:lti'li- 
'keit  enthoben  seien,     Den  griechischen  Glauben     aber  hatte  ich  dar/.u- 
■tellem     Das  Einmengen  moderner  Theorien  hätte  diesen  nur   vordun* 
kein  und  verzerren  können. 


30  ttohde  t'aralipomenA. 

und  zu  einem  Cultheros  völlig  derselben  Art  und  Cltiee,  wie 
aihderei  von  sterblichen  Müttern  geburene,  ganz  und  von  jeher 
irdische  Menschen  auch.  Sein  Cnlt  als  ήριυς  ist  daher  auch 
völlig  der  gleiche  wie  bei  allen  Heroen :  ein  gesteigerter  Todten- 
cnlt.  Der  Heroencultus  ist  eben  ganz  und  gar  eine  Art  des  See- 
lencultes,  ein  Cult  seltener,  nuignae  aninute^  der  Heroenglanbe 
eine  eigene  merkwürdige  Phase  griechischen  Seelenglauben•,  der 
Glaube  an  das  Aufsteigen  auserwählter  Menschenseelen  nach  dem 
Tode  zu  höherem,  mächtigerem  Leben.  Heros  kann  nur  werden, 
wer  Mensch  gewesen  ist;  was  er  vor  seinem  Menschenleben  vor- 
gestellt haben  möchte,  ist  für  den  griechischen  Glauben  gleich- 
gültig, und  so  denn  auch  für  den,  der  griechischen  Glauben,  nicht 
die  Meinungen  und  Behauptungen  moderner  Mythologielehrer, 
darzustellen  hatte.  — 

Genug  von  diesen  kritischen  Bemängelungen  meiner  Arbeit. 
Sie  verfehlen  ihr  Ziel.  Ich  denke  nicht,  dass  sie  Schaden  zu 
thun  vermögen.  Aber  sie  bringen  auch  keinen  Nutzen.  Es  giebt 
ja  auch  eine  productive  Art  der  Kritik,  die  aus  eigener  positiver 
Arbeit  das  Material  unserer  Kenntniss  vermehrt,  unser  Verständ- 
niss  in  dem  Feuer  neuer  fruchtbarer  Gedanken  läutert  und  ver- 
tieft, und  so  ein  eigenes,  besser  treffendes  Bild  an  Stelle  des  von 
den  Vorgängern  aufgestellten  zu  schieben  vermag.  Von  dieser 
aufbauenden,  wahrhaft  förderlichen  Kritik  ist  in  der  Darstel- 
lung dieser  neuesten  Geschichte  des  Alterthums,  was  den  Gegen- 
stand meines  Buches  betrifft^,  keine  Spur.  Schade;  gern  schiede 
man  ja,  auch  von  dieser  unliebsamen  Begegnung,  πολλά  biba- 
σκόμενος. 

Heidelberg.  Erwin  Rohde. 


1  Es  geht  freilich  auch  anderswo  ähnlich.  Wo  z.  B.  der  Historiker 
sich  anschickt,  einen  Abriss  der  griechischen  Litteraturgeschichte  der  von 
ihm  behandelten  Zeit  einzulegen,  thut  er  alle  seine  Vorgänger  auf  die- 
sem Gebiete  mit  der  Note  *  sämmtlich  unkritisch*  summarisch  ab(p.  588). 
Wer  hiemach  erwarten  sollte,  dass  nun  in  der  eigenen  Darstellung  des 
überlegenen  Kritikers  die  Litteraturgeschichte  ein  ganz  anderes  Ansehen 
gewinnen  werde  als  bisher,  der  würde  sich  arg  getäuscht  sehn.  Zu 
einer  construotiven  Kritik  will  es  auch  hier  nicht  langen. 


3t 


Die  vaticanisehe  Ariaöee  und  die  dritte  Elegie 
des  Pröperz. 


1. 

Wer  im  Museum  des  Vatican  den  Saal  der  StatueTi  betritt, 
deaeen  ereter  Blick  fällt  leiclit  auf  die  könig^liclie  Figur  der  schla- 
fenden Ariadne  ι  und  Bein  Bliük  kann  nicht  davon  finden.  Zum 
Ultesten  Prunk-Inventar  des  Belvedcre  hat  sie  gehört,  und  sie 
spielt  noch  immer  eine  der  stummen  Hauptrollen  in  diesem  päpst- 
lichen Marmortheater.  Das  männliche  Geschlecht  in  eeiner  Schön- 
heit  sehen  wir  im  Vatican  überall  und  durch  alle  Möglichkeiten 
vuriirt;  nicht  so  das  weibliche.  In  Anadncn  aber  ist  das  Weih 
verherrlicht»  nicht  zwar  als  Göttin,  nicht  auch  in  alltäglichem 
und  zufälligem  Reize,  sondern  aus  Himmliflcliem  und  Irdiscliem 
gemischt,  wie  die  echte  Poesie  zu  mischen  pflegt. 

Und  ein  Anderes,  das,  weil  ungewohnt,  wohltliätig  berührt. 
Diese  alten  Götter  und  Heldcu  pflegen  zu  stehen  auf  ihren 
Postamenten  ;  es  sind  '  Statuen ',  *  Standbilder  ,  Ganze  Biegen  bil- 
den sie.  Nicht  oft,  daas  sich  einer  von  ihnen  einmal  zu  sitzen 
getraut,  wie  der  schöne  Paris  dort  zur  Recliteu»  der  der  Göttin 
der  Liebe  den  Apfel  spenden  will.  Hier  endlich  eine  Liege- 
figur!  Uns  überraecht,  wie  groflsartig  die  selten  bcliandelte 
Aufgabe,  Liegende  zu  bilden,  ihre  Lösung  gefunden  hat,  und  es 
erwacht  das  Verlangen,  sich  nach  verwandten  Lösungen  umxu• 
thun.  Mir  aber  fiel  im  Angesicht  dieses  Denkmals,  das  einer 
Schläferin  gesetzt  ist,  der  Lieheadichter  Properz  ein  und  seine 
oiAlerisehe  dritte  Elegie,  und  ich  glaubte,  die  schlafende  Cynthia 
selbst  vor  mir  verewigt  zu  sehen. 

I^muefigen  Stunden    bin    ich    diesea  Eindrücken    nachge- 


32  Öirt 

gangen.  Und  obschon  ich  sehe,  daes  das  Grnndmotiv  der  Ariadne- 
gestalt  von  Neueren  durchaus  nicht  verkannt  worden  ist,  meine 
ich  (loch,  daee,  waR  in  diesem  Bildwerk  schlummert,  noch  tiefer 
herausgeholt  werden  kann,  wenn  wir  länger  vor  ihm  verweilen. 
Ein  Versuch  sei  hier  vorgelegt,  bei  welchem  ich  auch  die  Hülfe 
des  Properz  nicht  verschmäht  habe. 

£s  handelt  sich  um  Darstellung  schlafenderFrauen, 
vornehmlich  in  freistehender  Plasti  k.  Properz  kann  uns 
den  Weg  weisen.  Im  dritten  Gedichte  seiner  Monobib- 
los  will  er  die  schlafende  Geliebte  schildern.  Um  anschaulich 
zu  sein,  erinnert  er  den  Leser  an  bekannte  bildliche  Darstellungen. 
Es  sind  deren  drei,  mit  welchen  er  anhebt:  erstlich  die  müde 
Ariadne  auf  ödem  Strand,  zweitens  Andromeda,  die  nach 
ihrer  Befreiung  auf  hartem  Fels'  zum  ersten  Mal  Schlaf  findet; 
endlich  die  Edonerin  oder  Bacchantin,  die,  ermattet  vom  Rei- 
gen, in  das  Gras  am  Fluss  gesunken  ist.  Da  Cynthia  allen  dreien 
glich,  80  gab  es  ein  bestimmtes  Motiv  müde  ausruhender 
weiblicher  Gestalten,  das  auf  verschiedene  Personen  der 
Mythe  angewendet  wurde,  bald  als  Ariadne,  bald  als  Andromeda, 
bald  als  Bacchantin  sich  deuten  und  benennen  Hess  und  doch 
immer  dasselbe  war.  Suchen  wir  dies  Liegemotiv  festzustellen. 
Dafür  sind  die  Werke  aus  Marmor  am  brauchbarsten,  weil  sie 
mehr  Deutlichkeit  und  mehr  Ständigkeit  im  Motiv  zeigen  als  die 
antiken  Malereien.  Wir  unterscheiden  aber  vornehmlich  zwei 
Darstellungsweisen  ^, 

^  libera  iam  duris  cotibus  accubuit,  Properz  v. 4;  man  könnte 
auch  übersetzen  wollen:  schon  vom  harten  Fels  befreit;  doch,  um  an- 
dere Gründe  zu  übergehen,  ist  die  Angabe  der  Lagerstätte  hier  er- 
\vünscht,  und  dass  diese  Gestalten  auf  harten  Felsen  gelagert  zu  sein 
pflogen,  werden  wir  öfters  wabrnchmeu. 

2  Fast  ganz  entkleidet  und  ganz  gestreckt  und  im  genauen  Profil 
liegt  die  Endymionstatue  in  British  Marbles  XI  Tafel  4.*J;  das  Arm- 
motiv ist  nicht  sicher,  der  r.  Arm  ergänzt;  eben  so  ungewiss  die  Arm- 
stellunpf  des  Pan  ebenda  Tafel  42.  Singular  scheint  das  Armmotiv  des 
Hermaphroditen  mit  Kranz  im  Haar  bei  Clarac  IV  pl.750  n.  1829  Β  (collect. 
Lansdowne,  Michaelis  Ancient  marb.  n.  12),  singulär  der  berauschte  Po- 
lyphcm  bei  Gerhard  ant.  Bildw.  Taf.  (),3,  n.  2;  ebenso  der  eingeschlafene 
Hermaphrodit,  der  den  Kopf  auf  die  r.  Schulter  fallen  läset,  b.  Clarac IV 
pl.  027  n.  1425  Β  (Ince  Blundoll  Hall,  Michaelis  n.  25),  sowie  die  sog. 
Bacchantinnen  ebenda  IV  pl.  703  n.  1Γ>Γ)8  u.  1GG7;  letztere  n.  16<>7  liegt 
mit  Haupt  und  Rücken  auf  erhobenem  Felsen  wie  auf  einem  Kopfkissen ; 
erstere  n.  1GG8  ist  ganz  flach  hingelegt,  den  Kopf  auf  der  1.  Schulter, 
die  r.  Hand  im  Schooss. 


Die  viiticaniflobo  Ariaduu  und  die  dritte  Elegie  des  Propcrjc.      33 


Eratlicli  schlummernde  Mädchen  als  Bmnneniguren ;  wir 
wollen  sie  yorlinfig  als  Nymphen  bezeicbnen;  ein  wohlerhal- 
tenes Beispiel  gibt  der  Vatican  im  Cortile  des  Belvedere  Nr,  30  ^ 
Ein  Mädchen  in  erster  Jngendbliithe  liegt  aohlemmemd  auf  fei* 
dgem^  aber  ebenem  Boden ;  der  Kopf  ist  ftir  den  Beschauer  rechte ; 
aber  sie  liegt  nicht  flach  ausgestreekt,  sondern  der  Oberkörper 
ist  gehoben;  dies  ist  in  Nachahmung  der  Eubebetten  der  Alten^ 
des  lectus  (tricliniarie)  geschehen,  auf  welchem  man  in  der  Weise 
ruht,  dass  der  eine  Arm  sich  aufstützt  und  der  Oberkörper  in 
lialb  sitzender  Lage  gehoben  ist.  Ueberbaupt  aber  pflegen  in 
plaatieoben  Bildwerken  nur  die  aufgebahrten  Todten  flach  zu 
liegen*.  Der  Kranke  hat  nieisteus  den  Eücken  durch  Polster 
hoch  aufgestützt,  wie  die  liebeskranke  Laodamia  auf  dem  Sar- 
kophag im  Vatican,  Kandelabergalerie  N,  112j  vgl  den  kran- 
ken JüugliDg  in  dem  Relief  bei  Hirt,  Bilderbuch  Tafel  11,  3 
(Baumeister  N.  330)*  Nicht  anders  Sophonisbe  auf  dem  pom- 
pejanischen  Bilde  zu  Neapel,  die  liegend  den  Griftbecber  leert; 
oder  Alkeatis  auf  dem  Krankenlager  auf  einem  Sarkophag  der  Villa 
Albani  (z.  B.  bei  Röscher,  Myth.  Lex.  I  S.  234).  Nicht  anders 
die  Liebespaare  auf  der  Kline,  in  zahllosen  Belegen,  anders  nicht 
die  Statuen  der  Gestorbenen,  die  in  Unzahl  oben  auf  den  Sarko* 
phagdeckaln  liegend  angebracht  sind.  Die  Erbohang  des  Ober* 
körpers  pflegt  auf  dem  lectus  durch  ein  starkes  Polsterkiesen  be* 
wirkt  zu  werden,    das    sich  am  Kopfende    an   die  hoch  ragende, 

ioft  auch  breite  Seitenlehne  des  lectuS|  die  ihrerseita  schon  Stutze 
ist,  anlehnt 
Der  Darsteller  der  schlafenden  Nymphe  musste  für  eine 
andere  Stütze  sorgen.  Er  liest  sich  den  Felsenboden  erst  all- 
mählich und  dann  um  eine  ganze  Stufe  erheben;  auf  dieser  Stufe 
liegt  eine  lirnet  aus  deren  schräg  nach  vorne  gekehrter  Oeinung 
das  Wasser  rinnt  oder  rinnen  soll.  Auf  das  Fussende  dieser  Urne 
stützt  sich  endlich  beteuern  der  linke  Arm  der  Schlafenden;  der 
Unterarm  hebt  sich  leise  mit  der  Schwellung  des  Getässes,  indem 

1  Was  etwa  an  ihr  ergänzt  ist,  vermag  ich  aus  der  mir  vorlie- 
genden Photographie  nicht  zu  entnehmen. 

^  Flach  liegt  auch  die  gestorbene  Frau  auf  dem  römischen  Relief 
bei  Clarao  II  Tafel  154,  332  (Baumeiater^  Denkmäler  N.  325)»  wenn 
schon  sie  den  1.  Arm  noch  aufetüt^t  und  das  ÜEiiipt  auf  die  Linke  lehnt 
wie  eine  noch  Lebende.  Die  gebarende  Semcle  auf  dem  Sarkophag- 
raüd  Eeole  de  Rome,  Melaugee  YiU  p.  502  liegt  flach  auf  der  Kline, 
L den  Kopf  auf  der  Lehne;  durch  die^e  Haltung  ist  sie  zagletch  alsTodtu 
lüder  Stiirbende  cbarakterisirt, 

R^iXL  Ulli,  r,  Pkllol.  H,W.L•,  8 


34  Birt 

er  schlaff  und  ohne  alle  Anstrengung  aufliegt.  Der  rechte  Arm 
aber  ist  eigenartig  und  reizvoll  angeordnet;  da  nämlich  eine 
Kopflebne  fehlt,  senkt  die  Nymphe  ihr  Hanpt  auf  ihre  hochge- 
stützte  l.  Schulter,  schaltet  aber  zwischen  linke  Schalter  nnd 
Wange  die  rechte  Hand  ein,  am  die  Stützung  zu  erhöhen  and 
weicher  zu  machen*.  So  deckt  denn  der  rechte  Arm,  indem  er 
sich  bis  an  die  linke  Wange  hebt,  die  Brust  halb  zu  und  gibt  eine 
gefällige  Linienfuhrung,  indem  der  rechte  Oberarm  dem  linken 
fast  parallel  erscheint,  der  rechte  Unterarm  parallel  mit  der  obe- 
ren Nackenlinie  emporläuft  und  die  Brust  ihre  Reize  halb  zeigt 
und  halb  verbirgt.  Die  Figur  ist  bis  auf  den  Schooss  hinab  nn- 
bekleidet;  der  Mantel,  auf  dem  sie  liegt,  deckt  den  Unterkörper 
ganz  zu  und  kommt  am  1.  Unterarm  mit  seinem  anderen  Ende 
wieder  zum  Vorschein ;  auf  diesem  anfliegend  hängt  er  in  Falten 
über  die  Urne.  Während  Beine  und  Taille  gerade  und  schwer 
anfliegen,  macht  der  Oberkörper  von  den  Hüften  ab  eine  starke 
Biegung  nach  links,  oder  für  den  Beschauer  nach  vorne,  so  diM 
er  sich  schön  betrachten  lässt.  Dem  entspricht,  dass  der  rechte 
Fnss  über  den  linken  geschlagen  und  so  das  Knie  nnd  das  ganze 
rechte  Bein  höher  erhoben  erscheint;  die  ganze  rechte  Körper- 
seite, die  für  den  Beschauer  die  fernere,  bildet  so  den  änseersten 
Contour,  und  es  erscheint  am  Körper  nichts  Wesentliches  zuge- 
deckt. 

Die  Nacktheit  —  im  Geschmack  der  jüngeren  Knnst  — 
war  nothwendig,  schon  damit  das  hübsche  Armmotiv  sich  dar- 
stellen konnte;  sie  entspricht  übrigens  dem  Gebrauch  des  täg- 
lichen Lebens;  denn  beim  Nachtschlaf  entledigt  man  sich  seiner 
Kleider;  daher  ist  auch  der  Fuss  nackt  und  ohne  Sandalen  ge- 
bildet Der  ganze  jugendliche  Körper  aber  athmet Frieden  und  voll- 
kommene genussreiche  Ruhe.  Die  Kopflage  ist  beqnem  genug; 
um  den  Mund  ist  ein  Zug  des  Behagens,  und  die  Augen  sind 
schwer  nnd  fest  geschlossen  wie  im  sorglosesten  Schlaf,  der  nnr 
angenehme  Träume  gibt. 

Diese  Btnnnenfigur  war  augenscheinlich  im  Alterthum  be- 
liebt und  ist  oft  angefertigt  worden ;  Repliken  stehen  in  Rom  und 
anderswo  verstreut  und  wenig  beachtet;  mehrere  im  Giardino 
della  grande  Pigna,  zwei  in  der  Vorhalle  des  Casino  Villa  Borg- 


^  Anders  z.  B.  die  sterbende  Kanake  auf  dem  Vasenbilde  archäol. 
Ztg.  41  Tfl.  7,  deren  Kopf  nach  links  direkt  auf  die  1.  Schulter  hinab- 
fällt. 


Βΐθ  vaticRDiscbe  Ariftdne  ιπκΐ  dio  dritte  Elegie  dea  Fropers.      35 


I 


I 


* 


heee.  Engliscbe  Exemplare  bei  Clarac  IV  pL  750  m  1829  Α 
und  B.  Mitunter  liegt  übrigens  die  Figur  in  umgekehrter  Rieh- 
tuQg  üüd  hat  das  Kopfende  links.  Aber  ancb  auf  Reliefs  findet 
sich  dieselbe  Anordnung  bisweilen;  man  vergleiclie  die  gleioMalle 
balb  entblösst  liegende  GestÄlt  auf  dem  Grabrelief  des  Louvre, 
Ärchäol  Ztg.  Bd,  20  Tafel  159;  sodann  R.  Rocbette,  Mod.  inadite 
tab.  5  n.  2  (für  Thetis  gehalten);  ebenda  das  Relief bild  tab.  X  Α 
ti.  ^f  sowie  tab,  42  n.  2.  Endyoiiou  selbst  schläft  mit  diesem  Nym- 
phenniotiv  bei  Clarac  II  pL  165  n.  72.  Endlich  ist  es  auch  auf 
die  kleinen  Grabstatuetten  der  mit  Keule  and  Löweufell  scblum- 
merntlen  Amor  e η  übertragen  worden;  vgl.  z.  B.  Ancient  Marbles 
XI  Tafel  37;  Wiener  Exemplar  bei  Clarac  IV  pl  644  n.l475; 
und  öfter  ^ 

Man  wird  zugestehen,  dass  das  Problem,  eine  Schla- 
fende statuarisch  zu  behandeln,  in  dem  besprochenen  Typus 
nicht  ungeschickt  gelöst  ist.  Wer  Nachte  fest  schlief,  wird  auch 
im  Altertbum  sich  selbst  entlastend  den  Kopf  in  die  Kiesen  zu- 
rückgelegt haben  und  die  Arme  bequem  auf^s  Lager  oder  auf  den 
untern  Korper  haben  fallen  lassen.  Denn  auch  der  Arm  will  im 
Schlaf  rasten,  und  der  Kopf  liegt  gerne  auf  einer  Fläche^  die 
breit  unteretützt  und  ausserdem  kühler  ist  als  seine  eigene  Kör- 
perwärme. Bei  einer  Statue  dagegen  würden  dem  Leib  parallel 
liegende  Arme  eine  dürftige  Monotonie  der  Form  geben,  und  das 
£aupt,  das  auf  einer  breiten  ansteigenden  Fläche  aufläge,  würde, 
nna  en  face  zugewendet,  durch  den  Contour  dieser  Fläche  hässlich 
abgeschnitten-.  Eine  Lösung  der  Aufgabe  in  der  Weise  der  Kö- 
nigin Luise  von  Hauch,  die  doch  keine  Todte,  sondern  eine  Schla- 
fende ist,  hat  das  Älterthum  kaum  versucht;  sie  liegt  zu  flach, 
wie  nur  die  aufgebahrteu  Todten  liegend     Die  Königin  Luise  ist 


I 


^  Bei  diesen  schlafenden  Grab-Ämoretten  findet  steh  übrigens  die 
grofldte  Mannigfaltigkeit  des  Liegemotive,  8.  bei  Clarac  IV  pL  7G1  ίΤ. 

^  So  wird  allerdioga  bisweilea  der  Todte  CKder  Sterbende  gebettet, 
wie  Meleager  auf  dem  Borgbesischen  Sarkophag  bei  Vraeonti  Monum, 
Borgh.  lab.  28,  wo  er  im  scharfen  Profil  liegt,  das  Haupt  fast  noch  auf 
dem  Kopfkissen  aufruht;  aber  es  wird  eben  durch  eine  helfende  Hand 
etwas  iu  die  Höhe  gehoben  ;  vgl  Ckrao  II  pL  201  n.  209. 

^  Flach  liegt  auch  die  schlafende  Bacchantin  des  Museo  Pio  Cle- 
mentiüo  (tom.  III  pl  43;  vgl.  Clarac  IV  n.  1G68)^  aher  ihr  Kopf  neigt 
sich  zur  Seite  auf  die  Schulter;  grade  gerichtet  auf  dem  Felsen  schläft 
die  andere  Bacchantin  bei  Clarac  IV  n.  Iß67,  aber  ihr  Oberkörper  ist 
•tark  gehoben. 


de  tiirl 

jedoch  in  kluger  Weise  auf  Betrachtung  von  allen  Seiten  be* 
rechnet^,  während  die  schlafenden  Marmorfranen  des  Alterthnmi 
faat  nur  ein  en  face  haben  nnd   nur  einer  Seite    sich    snkehren. 

2. 

Ein  iweiter  nnd,  wie  es  scheint,  älterer  Typus  schlafender 
Frauen  in  statuarischer  Behandlung  ist  vorzüglich  durch  die  ν  a- 
ticanische  Ariadne  vertreten,  Galerie  der  Statuen  N.  414 
(aus  parisohem  Marmor),  deren  näherer  Besprechung  wir  uns  hier 
widmen  wollen.  Die  Ariadne  von  Madrid  sowie  die  florentinische 
im  Palasso  Pitti'  können  dabei  nur  gelegentlich  herangeiogen 
werden.  Winckelmann  hat  versäumt  einen  Hymnus  auf  dieses 
Bild  SU  singen;  es  mag  freilich  schon  vor  ihm  oft  genug 
geschehen  sein  \  £r  wies  nur  die  unbegründete  Benennung 
Cleopatra  zurück  und  bezeichnete  es  (wie  schon  Andere)  als 
Nymphen  Die  richtige  Deutung  wird  der  Vergleichung  an- 
derer Darstellungen  verdankt^,  vornehmlich  der  perinthischen 
Broncemünze  bei  Müller-Wieseler,  A.Denkmäler  II  n.  417^  Dazu 
kam  Anderes,  viele  Ariadnen  auf  campanischen  Wandgemälden, 
Sarkophagreliefs,  geschnittene  Steine,  insbesondere  aber  die  im 
gleichen  Saale  des  Vatican  daneben  aufgehängte  Reliefplatte  ge- 
ringen Umfangs  (no.  416),  in  deren  Mittelfelde  wir  Ariadnen  schla- 

^  Dieser  Vortheil  fehlt  den  vielen  marmornen  Grabdenkmälern 
der  Renaissancezeit,  die  den  Todten  langgestreckt  auf  dem  Sarge  liegend 
darstellen;  denn  man  sieht  diese  Bildwerke  meist  nur  in  Wandnischen, 
meist  auch  im  scharfen  Profil  und  oft  gar  von  unten,  so  dass  von  der 
Figur  das  Meiste  verloren  geht.  Andrea  Sansovino  wollte  diesem  Mangel 
abhelfen,  als  er  in  S.  Maria  del  Popolo  die  Kardinäle  Girol.  Basso  della 
Rovere  und  Asoanio  Sforza  auf  ihren  Sargen  sich  aufstutzen,  nach  vorne 
wenden  und  halb  sitzend  schlafen  Hess;  der  Beschauer  hat  so  erst  wirk- 
lich ein  Bild  des  Gestorbenen,  die  Figur  bekommt  ein  en  face;  aber 
die  Pose  ist  zu  mühsam  und  die  Schwierigkeit  nicht  mit  vollkommenem 
Erfolge  gehoben. 

'  Letztere  bei  Brunn,  Denkmäler  Nr.  1(>8.  £s  kommt  hinzu  die 
Statue  der  (Collect  Pembroke,  s.  ClaracIV  pl.  7Γ>0  η.  1821);  Matz-Duhn 
η.  532. 

*  S.  Michaelis,  Jahrb.  d.  k.  deutschen  arch.  Inst.  V  S.  20. 

*  Werke,  herausg.  v.  H.  Meyer  und  J.  Schulze  VI  1,  S.  222;  vgl. 
Michaelis  a.  a.  0.  S.  48. 

^  YgL  Visconti  opere  varie  IV  p.  90  (der  Museo  Pio  Clem.  II 
pl.  Β  n.  ß  und  V  pl.  8  verglich).  Friederichs -Wolters  Gipsabgüsse 
n.  1672;  Heibig,  Untersuchungen  über  die  camp.  Wandmalerei  8.252  ff. 

*  Vgl.  Baumeister,  Denkmäler,  u.  131. 


Die  vaticaoiechti  Ariadiie  und  die  dritte  Elegie  dee  ΓΓοι>βΓΕ,      37 


fend  Beben,  Efl  würde  zwecklos  sein,  längst  Bekanntes  an  dieser 
Stelle  noch  einmal  anfzuzäbleo  ^. 

Der  FeUettj  auf  dem  die  vatieaniaclie  Ariadne  ruht,  ist  einH' 
gemäss  ergänzt;  auch  die  Repliken  zu  Madrid  nnd  Florenz  υ.  a., 
auch  die  Reliefplatte  zeigen  den  Felsen,  Das  griechische  Epi- 
gramm Εις  δγαλμα  *  Αριάδνης  bezeugt  ihn  ausdrücklich  :  όπΙρ 
πέτρας  Κ€κλιμ€ναν.  Ergänzt  sind  auch  die  Gewandtheilei  die 
unterhalb  des  Oberkörpers  üher  diesen  Felsen  herabhängen  ^.  Der 
etwae  tiefer  hängende  rechte  Fuss  und  die  Gewandetüoke,  die  vom 
üniarkörper  tief  herabfallen,  zeigen  an^  dass  die  Basis,  auf  der 
sie  ruhte,  allerdings  von  einer  Höhe  war,  die  der  Höhe  einer 
Kllne  etwa  gleichkam.  Die  Unterlage  war  aber  ferner  stark  nach 
rechte  ansteigend  so  besehaiFen,  dass  der  Oberkörper  zu  halb 
sitzender  Haltung  sich  erheben  kann  und  der  grössere  Theil  des 
Büokena  sich  anlehnt.  So  ruht  sie  'semieupiua*  wie  Ovid^s  Ge- 
liebte auf  der  Kliie  (Ovid.  Am.  1  14,  20);  und  zwar  mit  dem 
Kopfende  nach  rechts.  Ihr  linker  Ellenbogen  stützt  eioh  auf  den 
höchsten  Punkt,  gleichsam  die  Lehne  der  Basis;  auch  diese  Lehne 
wird  als  Felsen  zu  denken  sein. 

Mit  dem  Nymphentypus  stimmt  der  Ariaduetypus  mit  Aui- 
nabme  der  Theile  iiberein»  die  eben  das  Problem  auemachen, 
Ariadne  hält  den  Oberkörper  noch  um  ein  klein  Weniges  steiler; 
der  Winkel  vom  Fussende  bis  zur  obersten  Kopfhohe  gemessen 
beträgt  bei  der  Nymphe  etwa  25,  bei  Ariadne  etwa  28  Grad^ 
Auch  sie  hat  das  rechte  Unterbein  über  das  linke  geschlagen; 
den  Oberkörper  hat  sie  uns  wenn  nicht  halb»  so  doch  in  Viertel• 
Wendung  zugekehrt,  und  der  Effekt  ist  auch  hier,  dass  ihre  (für 
ans  entferntere)  rechte  Seite  in  der  ganzen  Länge  der  gewaltigen 
Figur  die  linke  Seite  überragt  und  einheitlich  den  grossen  Contonr 
gibt;  und  das  herrliche  Gebäude  ihres  Leibes,  ein  GeEtde  mit 
Thal  und  Hügeln^  liegt  so  vor  uns  da,  dass  wir,  anoh  tiefer  ste- 

Ihend,  einen  Ueberhlick  mit  reizvollen  Verkürzungen  gewinnen. 
1  Vgl.  Miiller^s  Handbuch  der  ArchäoL  3β4,  X  Stark  io  Berich- 
ten d.  Sache.  Ges.  d.  Wi&B.  ISm  H.  22 ;  dazu  0.  Jahn,  arcbäol.  Beiträge 
8. 275 ff.;  Furtw&ngler,  Annali  deir  Instit.  L  (1878)  S.eOff.;  Muüer-Wie- 
seler,  Denkm.  II  n.  417— 432, 

a  Vgl  Heibig,  Führer  n.  212. 

^  Das  Madrider  Exemplar  h'egt  flacher,  und  das  florentinische 
zeigt  den  Oberkörper  so  weit  zurückgelegt,  dass  die  Schönheit  des  Auf* 
baues  verstört  ist  und  sogar  die  Verhältnisse  leiden;  denn  die  Beine 
erscheinen  zu  lang  und  mächtig,  der  Rumpf  zn  kurz. 


38  Birt 

Wie  aber  kommt  ihr  Haupt  zur  Ruhe?  Bei  der  Nymphe 
halfen  hierzu  beide  Arme ,  and  die  Nymphe  schlief  fest  Ariadne, 
weil  ihr  Schwerponkt  eich  nach  links  geechoben  hat»  stützt  sieh 
anch  nur  mit  dem  linken  Arm;  der  rechte  bleibt  schlaff  und  ohne 
Nützen.  Anf  die  linke  Schalter  wollte  ihr  Hanpt  sinken;  die 
aber  hängt  selbst  zn  tief.  Deshalb  knickt  eich  der  anfgest&tite 
1.  Arm  stark  ein,  hebt  den  Unterarm  nach  oben  nnd  ist  just  im 
Begriff,  das  Hanpt  mit  dem  Handrücken  aufzufangen ;  weich  biegt 
sich  das  Handgelenk;  der  Handrücken  gibt  eine  Horizontale,  und 
der  Kopf,  den  wir  beinah  en  face  sehen,  hat  sich  gleichfalls  in 
fast  wagerechte  Lage  herabgeneigt,  und  die  Linie  der  Brauen  und 
des  Mundes  steht  annähernd  vertikal.  Der  Kopf  wird  gleich 
aufliegen.  Aber  er  liegt  noch  nicht  auf;  er  hängt  noch  uoge- 
stfitzt.  Ariadne  schläft  zwar;  das  Gesicht  zeigt  es;  aber  sie  hat 
die  Ruhepose  noch  nicht  gefunden ;  sie  hat  sich  bewegt  und  wird 
gleich  die  Wange  auf  die  Hand  legen.  Wer  am  Fussende  des 
Bildwerks  steht,  kann  es  sehr  deutlich  sehen,  dass  weder  Backen 
noch  Schläfe  die  Hand  berührt;  ein  Abstand  liegt  dazwischen  und 
Schläfe  und  Backen  sind  daher  voll  aasgearbeitet ;  nur  das  über- 
hängende Haar  liegt  an  der  Handwurzel  an.  Die  fein  und  sicher 
andeutende  Kunst  des  Bildners  bewährt  sich  schon  hier.  Er  gibt 
nicht  vollkommene  Ruhe,  sondern  einen  bewegten  Moment  in  der 
Ruhe;  die  Schlafende  regt  sich  vor  uns;  sie  hat  die  tiefste  Rast 
noch  nicht  gefunden. 

Dass  diese  Auslegung  das  Richtige  trifft,  bestätigt  auch  noch 
die  linke  Hand  selbst.  Diese  Hand  steht  horizontal.  £s  ist 
klar:  wenn  das  Haupt  wirklich  auf  ihr  lehnte,  würde  sie  sich 
keinen  Moment  so  halten  können;  sie  würde  vielmehr  sogleich 
weiter  nach  unten  einknicken  und  mit  ihrem  Unterarm  einen 
spitzen  Winkel  bilden.  Mit  der  Klarheit  des  Anatomen  ist  dies 
von  W.  Henke  hervorgehoben  Κ  Aber  der  Künstler  gibt  uns  eben 
einen  früheren  Moment  Das  Haupt  belastet  die  Hand  noch 
nicht. 


^  W.  Henke,  Vorträge  über  Plastik,  Mimik  und  Drama,  Rostock, 
1892  p.  98:  *Die  Glieder  haben  noch  Haltung.  Diese  nur  mies  ig  gebo- 
gene linke  Hand  müsste  tiefer  einknicken,  wenn  der  Kopf  wirklich  fest 
auf  ihr  läge  [dies  ist  aber  auch  nicht  der  Fall !],  und  dann  müsste  der 
Kopf  auch  tiefer  niedersinken  und  der  andere  Arm  wieder  von  ihm 
herabfallen'.  Henke  will  daraus  schlieeeen,  dass  der  griechische  Künst- 
ler die  grösste  Schlaffheit  der  Qelenke  (im  Gegensatz  zu  Michel  Angelo) 


Dio  VAiioantBohe  Ariadnu  uaa  die  dritte  Elegie  des  Properz.      39 

Ein  Sarkophagrelief  ist  geeigDet,  das  Gesagte  zu  illustrireii, 
vorauegeeetzt,  dasB  die  ZeicIiQiing  io  Archäol.  Ztg*  Bd.  7    Tafel 

20,  1  zuverläeßig  ist.  Ein  Jüngling  (der  Verstorbene),  balb  ent* 
bloeet,  iet  in  der  AFiadnestellung  dargestellt;  aber  seine  Augen 
amd  geötfuet,;  er  erwacbt ;  nnd  die  1.  Stützband  bat  sich  nun  aoboo 
eben  etwaa  vom  Haupt  gelost ;  auch  der  über  dem  Haupt  liegende 
Arm  wird  von  einem  Eros  schon  um  weniges  in  die  Höhe  ge- 
hoben. Der  Entschlafene  soll  %um  seligen  Leben  erwachen.  Hier 
ist  das  Aufgeben  der  Stützung  jnst  so  zur  Anschannng  gebracht, 
wie  wir  bei  unserer  vaticanischen  Statue  den  Moment  sehen,  wo 
sie  beginnen  soli 

Nehmen  wir  aber  einmal  den  folgenden  Moment  vorweg; 
möge  ihre  Schläfe  und  Wange  fest  auf  der  Hand  lasten.  Wird 
ihr  Schlaf  alsdann  als  ein  wirklich  ruhiger  erscheinen?  Auch  dies 
muss  verneint  werden;  denn  das  Schema  des  Aufetiitiens  selbst 
schildert  schon  die  Sorge  und  qualvoll  unruhigen  Gedanken.  Ein 
aufgestützter  Schlaf,  das  Gesicht  auf  der  Hand,  ist  ein  Sorgenschlaf. 

Das  Arrangement  ist  jedoch  noch  nicht  zu  Ende.  Auch  der 
niüssige  rechte  Arm  war  unterzubringen,  und  liier  vorzüglich  offen- 
bart sich  uns  ein  berechnender  Sinn,  der  eifektvoll  aufbaut, 
vielleicht  aber  auch  abermals  der  Psychologe,  der  klug  beobach- 
tet. Es  galt  die  Figur  nicht  durch  breite  Linien  zu  durchschnei- 
den; es  galt,  um  das  Gefiihl  der  Grossheit  zu  erzeugen,  den  Bau 
noch  a:u  erhöhen,  ferner  den  starken  Winkel  zu  verdecken,  den 
der  nach  links  geknickte  Kopf  mit  der  aufsteigenden  Halslinie 
bildet.  Der  entblösste  volle  rechte  Arm,  mud  erhoben,  legt  sich 
breit  einrahmend  über  das  Haupt;  der  Ellenbogen,  weich  zum 
wirklichen  Bogen  gerundet,  mit  dem  sanft  geneigten  Unterarm, 
bildet  80  den  schönen  Höhepunkt  des  ganzen  Bildwerkes,  es  ist 
wie  der  Giebel  dieses  Menschengebäudes.  Der  Unterarm  liegt  am 
Haar  auf;  die  Hand  iet  von  oberhalb  der  Handwurzel  moderne 
Ergänzung;  man  erkennt  aber,  dass  sie  auch  ursprünglich,  wie 
jetzt,  nicht  in  das  Haar  noch  in  den  Schleier  fasste,  eondern  wohl 
noch  halb  frei  hing  und  also  wohl  noch  nach  einem  Stützpunkt 
Süchten     Auch  dies  würde  bestätigen,    dass  ein  Moment    d&rge- 


anszudrncken  venchmäht  hätte,  Es  wäre  im  Grunde  eiae  Unfähigkeit, 
das  GewolHe  ganz  auszudrucken;  aber  dase  diese  Fähigkeit  vorbanden 
wa?!  beweist  schon  der  erste  von  mir  besprocbene  Typus  schlafender 
Frauen. 

^  An  der  Ariadue  in  Madrid  siud   'grosse  Stücke    beider  Arme' 
ergänzt. 


40  Biri 

stellt  ist,  der  die  tiefste  Rahe  erst  vorbereitet  Die  Wirknog  über 
für  Zeichnung  und  Contour  ist  die  glücklichste ;  denn  von  der  r. 
Hüfte  bis  lum  erhobenen  r.  Ellenbogen  hinauf  bildet  sich  jeM, 
aus  Gewand-  und  Eörperumriss  znsammengesetst,  eine  bewegte 
gerade  Linie,  die  alles  zusammenfasst ;  und  der  Körper  steigt  jetzt 
wie  eine  Treppe  von  links  nach  rechts  in  zwei  Stufen  empor. 
Das  r.  ünterbein  bildet  zun&chst  mit  dem  Horizontalniveaa^  auf 
dem  es  liegt  oder  liegend  zu  denken  ist,  einen  stumpfen  Winkel 
von  etwa  186  Grad;  genau  denselben  Winkel  bilden  sodann  mit 
einander  das  r.  Ober-  und  ünterbein  an  der  Stufe  des  Knie*s. 
Vom  Oberbein  steigt  dann  der  Oberkörper  steiler  und  in  einem 
Winkel  von  etwa  118  Grad  empor.  Die  Linie  aber,  die,  wie 
gezeigt,  den  Oberkörper  rechts  von  der  Hüfte  bis  zum  Ellenbo- 
gen umreisst,  hat  just  die  gleiche  Lftnge,  wie  das  r.  Unterbein; 
in  zwei  Linien  gleicher  Lftnge  steigen  also  die  Stufen  an.  In 
diesen  Proportionen  entspricht  die  Wirkung  gewiss  der  Absieht 
des  Künstlers. 

Ein  weiterer  Gewinn  der  besprochenen  Armhaltung  ist  aber 
noch,  dass  die  schöne  Brust  jetzt  frei  bleibt  und  mit  und  ohne 
Gewandung  gezeigt  werden  kann,  sowie  dass  der  Bildhauer  uns 
einen  vollen  Frauenarm  in  günstigster  Lage  meisseln  konnte. 

So  ist  formal  durch  das  eigenartige  Armmotiv  eine  Har- 
monie der  Verhältnisse  gewonnen,  deren  Reiz  jeder  empfinden 
wird.  Was  aber  drückt  dies  Motiv  aus?  Hat  es  auch  patho- 
logisch seine  Bedeutung?  Wir  haben  es  bewundert;  befremdet 
es  aber  nicht  zugleich?  muss  es  den  Betrachter  nicht  beunruhi- 
gen? Wer  erträgt  es,  im  Schlaf  das  Haupt  mit  dem  Arm  zu 
belasten,  wenn  das  Haupt  selbst  nicht  fest  aufliegt  ?  Ist  die  Lage 
und  Haltung  bequem  genug?  ist  sie  natürlich?  und  kann  sie 
dauern?  Wir  dürfen  sagen,  das  Motiv  ist  nicht  nur  schön,  es 
ist  auch  wahr,  und  dies  grösste  Lob  wollen  wir  dem  Meister 
nicht  vorenthalten. 

Wer  tief  müde  ist,  reckt  sich  gern  und  weitet,  um  tiefer 
zu  athmen,  die  Brust  aus,  wie  es  der  Schlaf  braucht  Die  Brust 
wird  geweitet,  indem  der  Arm  sich  nach  oben  hebt,  und  der  er- 
hobene Arm  fällt  wieder  über  das  Haupt,  nach  dem  Gesetz  der 
Trägheit  und  weil  der  Unterarm  einer  Stütze  bedarf.  Das  Motiv 
kann  somit  schlaffe,  süss  gedankenlose  oder  auch  dumpf  trauernde 
Stimmung,  ein  traumhaftes  Yersunkensein,  endlich  das  erste  Ent- 
schlummern oder  den  Dämmerzustand    begleiten,  der  dem  Erwa- 


Die  vatlofttiiBohe  Ariadji«  nm\  die  dritte  Elegie  des  Froperz. 


U 


eben  voranfliegt '*  Einen  festen  Schlaf  drückt  es  dagegen  nirgend«- 
aue,  ßondern  der  umdämmerte  Geht  iftt  in  jedem  Fall  so  weit 
wach,  dass  der  Wille,  wenn  auch  in  ganz  nnbewnsater  Regung, 
die  Muskelkraft,  soweit  nöthig,  anspannt  und  die  Arrahaltung  be- 
wirkt. Im  tiefen  Schlaf  dagegen  lösen  sich  die  Glieder,  und  der 
Arm  mues  fallen. 

Ein  Gott  in  Marmor  kann  miide  sein,  aber  nicht  Hegen; 
höchstens  setzt  er  sich.  Gewöhnlich  aber  stehen  die  milden  Göt- 
ter, und  legen  den  rechten  Arm  lasa  über  das  Haupt.  Ich  brauche 
nur  den  Apoll ino  zu  nennen;  aber  in  vielfältigen  Exemplaren 
sehen  wir  Dionys  und  den  Apoll  so  staluarisoh  hingestellt;  es 
sind  Bilder  der  grössten  Schlaffheit  derer,  die  nach  der  Anspan- 
nung in  inueischea  Träumen  oder  in  leisen  Rausch  sich  verlieren. 
So  aber  steht  auch  die  verwundet  ausruheude  Amazone  Poly- 
klet's.  So  steht  —  nm  zum  Winzigsten  üherzoepringen  —  die 
hiibeche  Amorette  als  Brunnenfigur  in  der  Casa  della  gran  Fon- 
tana zu  Pompei.  Unter  den  Wandmalereien  Pompei*8  ist  ein 
NarcisB,  der  stehend  die  Rechte  über  Jae  Haupt  legt  und  trau* 
meri«ph  niedersohaut  auf  sein  Spiegelbild  (Heibig»  Wandgem. 
n,  1350);  ein  Apoxyomenos,  der  ebenso  stehend  im  Striegeln  sich 
auemht  (Rom.  Mitth.  d.  Inst.  ΙΙΓ  S.  200);  auf  einer  Neapler  Vase 
mit  Marsyas-Relief  (ArchüoL  Ztg.  27  S.  29)  legt  ein  Satyr  (?) 
nackt  dastehend,  den  r.  Arm  über  den  Kopf  als  Zeichen  lebhaf- 
ter Trauer*  (eo  Miohaelis). 

Ganz  ebenso  bei  sitzenden  Gestalten  der  campanischen  Wand- 
getniilde;  so  der  Jüngling  bei  Heibig  n.  1823;  ein  Apoll,  n,  187; 
ein  Ganymed  an  den  Felsen  gelehnt  n.  153;  auf  dem  Bild  n<  213 
ist  Apoll  in  der  gleichen  Pose  und  blickt  dabei  sinnend  die  neben 
ihm  stehende  Baphne  an.  Dazu  das  römische  Gemälde  aus  dem 
Hause  in  Trastevere,  naobgezeichnet  in  den  Monum.  des  Instituts 
XII  Taf.  31  n.  L  Dies  kann  uns  auf  das  Ha  wk  ins'sche  Β  ron• 
eerelief  geringen  ümfangs  hinleiten  (bei  Millingen,  Uned.  mo- 
num. Η  12;  Baumeister  K.  84),  auf  welchem  ein  Liebespaar  ge- 
bildet ist;  die  Frau,  vielleicht  Aphrodite,  sucht  sich  entblössend 
das  Verlangen   ihres  Geliebten,    vielleicht    des  AnchiseB,    zu  er• 


*  Andere  gemeint  ist  die  Gehärde,  wenn  in  lebhafter  Trauer  die 
Hand  hinter  das  Ohr  greift,  oder  dieselhe  bei  Muscbelbläsern;  s.  Sittl, 
Die  Gebärde»  der  Gr,  u.  Römer  S.  274, 

^  Nirgends,  wenigstens  in  guten  Bildwerken;  natürlich  ist  das 
Motiv  wohl  auch  sinnloa  weitergeföhrt  und  übertragen  worden, 


42  Bin 

wecken  ;  er  eitzt  in  eorglicher  Kleidung  weich  zarfickgelebnt  neben 
ihr,  starrt  in  Gedanken  achtlos  nnd  träge  vor  sich  hin  und  hat 
den  1.  Arm  über  den  Kopf  gelegt.  Sein  Hund  aber  echUft  ihm 
zu  Füssen.  Hirt  und  Hand  halten  also  Mittagsrast;  diea  aoU  der 
Hand  andeuten;  und  auch  der  Hirt  bat  also  genickt.  Da  hat  eich 
die  schöne  Frau  zu  ihm  gesetzt  nnd  ihn  aufgeweckt.  Seine  Arm- 
haltung  aber  zeigt  noch  an,  dase  er  eben  in  Schlummer  Teraun- 
ken  war^ 

£in  vornehmes  Beispiel  aber  ist  unter  den  grossen  Herku- 
laner  Broncen  der  junge  Faun  in  Neapel  (Museo  naz•  n.  5624), 
der  trunken  hinten  über  sinkt,  dabei  sich  dehnend  den  Arm  schlaf- 
süchtig oder  schon  schlafbefangen  über  den  Kopf  legt  und  tief 
mit  offenem  Munde  und  Nüstern  athmet^;  auch  er  kann  in  dieser 
Stellung  nicht  verharren ;  er  mnss  nur  zu  bald  nach  hinten  über 
stürzen.  Die  bewegte  Haltung  dieses  Burschen  zeigt  auf  das 
schönste,  was  das  Armmotiv  besagt :  nicht  den  Frieden  des  Schlum- 
mers selbst,  sondern  den  Zustand  vor  oder  nach  ihm,  oder  daa 
Suchen  nach   ihm. 

Dies  ein  Berauschter.  Es  hiess  ja  im  Sprichwort:  *ein 
Weinseliger  hebe  die  Achselhöhle''.  Und  so  zeigt  das  nämliche 
Armmotiv  der  von  Odysseus  mit  Wein  eingeschläferte  Cyclop 
(Raoul  Kochette,  Mon.  in^dits  tab.  62  n.  3);  der  Zecher  auf  dem 
Yasenbild  b.  Gerhard,  Ant.  Bildw.,  tab.  71 ;  Bacchus  selbst  ebenda 
tab.  104  n.  4;  Bacchus  auf  dem  Wagen  im  Thiasus,  z.  B.  bei  Cla- 
rac  II  pl.l4d  n.  145  (vgl.  Dutschke  I  n.  52);  Silen  auf  dem 
Schlauch  schlafend,  z.  B.  Terracotte  im  Compte  rendu  v.  1875 
(ed.  1878)  Taf.  2  n.  27.  Dies  führt  uns  auf  Gemälde,  die  den 
trunkenen  Hercules  bei  der  Omphale  schildern  wie  in  der 
Casa  di  Sirico  (Heibig  n.  1139).  Als  Zuschauer  im  Hintergrund 
ist  es  hier  Gott  Dionys  selbst,  der,  den  r.  Arm  über  das  Haupt, 
halb  sitzt,  halb  da  liegt;  vorne  aber  gewahren  wir  Hercules  auf 
der  £rde  haltlos  berauscht  und  im  Begriff,  die  nämliche  Lage 
einzunehnen.  Er  ist  noch  wach;  ruht  auf  dem  1.  Ellenbogen;  sein 
r.  Arm  aber  ist  steil  in  die  Luft  gehoben;    er  schlägt  noch  ein 

^  Die  sonst  gegebene  Auslegung,  dass  der  Jüngling  schüchtern 
und  zurückhaltend  sei  und  Ermunterung  brauche,  trifft  dio  Hauptsache 
nicht,  wie  man  sieht. 

3  Der  barberinische  schlafende  Faun  in  München  legt  den  Arm 
dagegen  nicht  über,  sondern  hinter  den  Kopf. 

^  Vgl.  Kratinos  fr.  298  Kock ;  οίνωμ^νον  μασχάλην  δραι  Aelian 
epist.  15. 


Dit3  vaticauische  Ariadnc  und  die  dritte  Elögie  des  Properz. 


13 


1 


^ 


k 


chnippolien,  indeee  seine  Lippen  lallen.  Wir  seben  es :  der  Ann 
föllt  gleich  aufs  Haupt  heruDter»  Dann  wird  er  dem  Rcliaden- 
Irohen  Dionye,  der  genau  über  ihm  angeordnet  ist,  gan«  gleichen  ; 
dann  wird  aach  Omphale,  die  von  ihrem  Sitz  auf  ihn  herschaul, 
sich  ihm  eo  gesellen^  wie  lich  oben  dem  Dionye  die  Bacchantin 
geeellt  hat.  Ein  anderes  Bild  Pompeji's  (hei  R.  Rochette,  pein- 
tnres  tab.  19)  gibt  die  gleiche  Scene;  hier  ist  der  Arm  dem  Her- 
oales schon  etwas   weiter  nach  hinten  hinabgea unken. 

Eine  schwere  Müdigkeit,  die  aber  im  tiefen  Schlaf  ihre  Be- 
friedigung noch  nicht  findet  oder  sie  zu  verlieren  im  Begriffe  ist, 
dies  drückt  der  rechte  Arm  der  vaticanischen  Ariadne  aus ;  Hie 
muse  ihn  erst  eben  bei  halbem  Bewasstseia  so  hingelegt  haben^ 
nnd  er  kann  und  wird  nicht  lange  so  liegen  bleiben- 

Achten  wir  endlich  auf  Mond  und  Angesicht,  po  ist  von 
den  Lippen  abzusehen^  die  so  wie  die  Nase  dem  Ergänzer  gehö- 
ren; die  rechte  etwas  eingezogene  Oberlippe  gibt  dem  Unterge- 
eicht  einen  beinahe  unliebenswürdigen  Ausdruck,  und  es  ist  dies 
nicht  der  Mund,  an  dem  ein  junger  Bacchus  sich  berausohen 
«lochte.  Der  tiefe  Mundspalt  aber  macht  jedenfalls  sichtbar,  wie 
tief  die  Suhlaferin  den  Athem  zieht.  Die  Augenlider  sind  zuge* 
fallen;  indessen  sind  die  Augen  doch  nicht  ganz  geschlossen; 
vielmehr  lässt  sich  zwischen  dem  Rand  des  oberen  Lides  und  dem 
unteren  vom  Augapfel  noch  ein  Spültchen  sehen;  es  ist  das  ge- 
brochene Äuge  dessen,  der  mit  dem  Schlaf  kämpft  und  ihm  unter- 
legen ist,  vielleicht  aber,  am  bald  aufzuschrecken  aus  wirren 
Träumen. 

So  liegt  vor  uns  diese  colossaliscbe  Entschlummerte.  Ihre 
heroische  Bildung,  die  Fülle  und  Grossartigkeit  der  Formen  ver- 
räth,  dass  sie  sich  keinem  Irdischen  vermählen  wird.  Das  Auge 
des  Betrachters  lernt  den  Reiz  der  Linienführung  und  des  Auf- 
baues geniessen;  der  Gedanke  sucht  die  Nator  dieses  Schlafes  zu 
begreifen  und  in  Mitleid  nachzufühlen.  Indessen  lebt  sie  vor 
uns.  Wir  meinen  ihren  Busen  wogen  zu  sehen,  ihr  tiefes  Ath- 
men  zu  hören,  und  ein  Ehrfurcht  Gebietendes  ist  um  sie  gebreitet, 
daee  wir  sie  nicht  zu  wecken  wagen. 


Mit  derselben  Scheu  stand  Properz  vor  seiner  Cynthia; 
suchen  wir  denn  schon  jetst  aus  dem  Dichter  für  das  Gesagte 
die  Bestätigung  und  Ergänzung.  Es  wird  in  grosser  Kürze  ge- 
schehen eein*     Sein  Oedicbt  erscheint  wie  ein  Coinmentar  zu  un- 


44  Birt 

eerein  Bilde.  £e  fragt  sich  nur,  in  wie  weit  Propere  richtig 
interpretirt  hat.  Stehe  denn  der  Text  selbst  voran,  drei  Vers- 
gruppen  zu  je  fünf  Distichen  und  ein  Scblnsstheil  lu  achten: 

Qualis  Thesea  iaonit  cedente  carina 

Langnida  desertis  Gnosia  iitoribus, 
Qualis  et  accubnit  primo  Cephela  somno 

Libera  iam  duris  cotibus  Andromede, 
5  Nee  minus  adsiduis  Edonis  fessa  choreis 

Qualis  in  herboso  concidit  Apidano : 
Talis  Visa  mihi  möllern  spirare  quietem 

Cynthia  non  certis  nixa  capnt  manibns, 
Ebria  cum  multo  traherem  vestigia  Baccho 
10      Et  quaterent  sera  nocte  faces  pneri. 

Hanc  ego  nondum  etiam  sensus  deperditus  omnes 

Molliter  impresso  conor  adire  ioro; 
Et  quamvis  duplici  correptum  ardore  iuberent 

Hao  Amor  hac  Liber,  durus  uterque  deus, 
15  Subiecto  leviter  positam  temptare  lacerto 

Osculaque  admota  sumere  tarda  ^  manu, 
Non  tamen  ausus  eram  dominae  turbare  quietem 

Expertae  metuens  iurgia  saevitiae, 
Sed  sie  intentis  haerebam  fixus  ocellis 
ao      Argus  ut  ignotis  cornibus  Inachidos. 

Et  modo  solvebam  nostra  de  fronte  corollas 

Ponebamque  tuis,  Cynthia,  temporibus 
Et  modo  gaudebam  lapsos  formare  capillos, 

Nunc  furtiva  cavis  poma  dabam  manibus 
35  Omniaque  ingrato  largibar  munera  somno, 

Munera  de  prono  saepe  voluta  sinu. 
Et  quotiens  raro  duxti  suspiria  motu, 

Obstipui  vano  credulus  auspicio, 
Nequa  tibi  insolitos  portarent  visa  timores 
80      Neve  quis  invitam  cogeret  esse  suam  — 

Donec  diversas  percurrens  luna  fenestras, 

Luna  moraturis  sedula  luminibus, 
üompositos  levibus  radiis  patefecit  ocellos. 

Sic  ait  in  molli  fixa  toro  oubitum: 


1  So  habe  ich  das  überlieferte  et  arma  zu  verbessern  versucht 


bie  vaticaiiisoho  Ariadnc  uud  die  dritte  Elegie  des  Pro|>ers(.      45 

95  Tandem  te  noetro  referene  inturia  lecto 

Alteriue  clausis  expiilit  e  foribue? 
Naraque  ubi  loBga  meae  coneumpsti  tempora  noctis 

LangmdnB  exacÜB  ei  mihi  eideribus? 
0  utbam  talea  producae  improbe  nootest 

Me  niiseram  quäl  es  eemper  babere  iubes, 
Nam  modo  purpiireo  faLlebaai  ßtamine  somDiini 

BnrsOs  et  Orpbeae  carmine  feeea  lyrae ; 
Interdiim  leviter  mecum  deserta  querebar 

Externo  Ion  gas  eaepe  in  amore  moras^ 
4fi  Dam  me  locnndie  lapaaui  sopor  impnlit  alle. 

lila  fnit  laorimU  ultima  cura  meie. 

Die  Elegie  ist  wie  ein  Bild,  asm  wir  betrachten  können.  Ei 
ist  späte  Nacht  (sera  nox  v.  10).  Cynthia  athmet  linden  Schlaf 
(moUem  epirare  qiiietem  7),  indem  sie  auf  weichem  Lager  ruht 
(torus  V-  12,  raollia  toru»  v.  34).  Sie  ruht  eomit  auf  dem  lectue 
in  der  vorhin  aueführlich  besprochenen  Weise^  hat  die  Beine  ho- 
rizontal aufgelegt j  den  Oberkörper  aber  in  acbarfem  Winkel  halb- 
sitzend aufgerichtet  und  ihn  durch  die  Lehne  mit  Kissen  unter- 
etUtst  Der  Dichter,  der  sich  nicht  getraut  Cynthia  zu  wecken 
(v.  17),  legt  ihr  Geschenke  in  den  Schooss  (βίηηβ);  aber  ihr 
Sohooss  ist  so  steil  (prouue),  dass  sie  wiederholt  herunterrollen 
(munera  de  prono  saepe  yoluta  sinn  y,  2G).  Damit  ist  die  Kor- 
perhaltang  aufs  beste  gemalt,  und  wir  erkennen  die  schlafende 
Ariadne.  Ihr  Haupt  aber  ferner,  horeu  wir,  ist  nicht  fest,  son- 
fderfi  unsicher  aufgestützt;  als  Kopfstütze  hat  Gyn  thia  kein  Kissen, 
'  sondern  nur  die  Hände :  es  heisst  v.  8 :  non  certie  nixa  caput 
manibue. 

Man  wird  diese  Worte  nicht  dahin  auslegen  wollen,  als 
'  h&tte  sie  beim  Liegen  ihren  Kopf  gleichzeitig  auf  beide  Hände 
gelegt.  Ein  Schläfer  sclimiegt  wohl  gel.  beide  Hände  ineinander 
und  schiebt  sie  so  zusammen  unter  eine  Wange;  aber  er  thut 
dies  nur,  wenn  sein  Haupt  ausserdem  noch  auf  dem  Kissen  sicher 
aufliegt  Sonst  ist  eine  solche  Stützung  unausführbar  oder  docli 
sehr  unpraktisch  und  wird  sich  kaum  irgendwo  dargestellt  finden. 
Aach  die  Nymphe  des  Typus  I  benutzt  natürlich  nur  eine  Hand, 
indem  sie  die  Schulter  hochzieht.  Daran,  dass  Cynthia  etwa  beide 
KUanbogen  auf  einen  Tisch  stemmte  und  so  den  Kopf  in  beide 
Hände  lehnte,  eine  beliebte  Köchimien&tellung,  ist  noch  weniger 
EU  denken.      Dies  würde  ihr  ja  überdies  grosse  Sicherheit  gege- 


40  Birt 

ben  haben,  und  das  ausdrückliche  non  certie  manibue  wäre  nicht 
zu  verstehen.  Eine  gewisse  dichterische  Freiheit  des  Aaedmeks 
ist  also  allerdings  nicht  zu  verkennen;  und  doch  sind  wir  nicht 
genötbigt  anzunehmen,  dass  der  Plural  manibus  hier  einfach  für 
den  Singular  fungire.  Freilich  hat  der  Dichter  augenscheinlich 
zunächst  nur  sagen  wollen:  'das  Haupt  auf  die  unsichere  Hand 
gestützt*;  aber  in  dem  malerischen  Bestreben,  das  Bild  der  Ge- 
liebten möglichst  detaillirt  zu  geben,  gedenkt  er  auch  der  zweiten 
Hand:  auch  diese  ist  eine  unsichere.  Wie  das  gemeint  ist,  ver- 
räth  die  Ariadnestatue ;  denn  jeder  fühlt  hier :  ihre  linke  Hand 
kann  für  das  Haupt  keine  feste  Stütze  sein;  die  rechte  aber  liegt 
über  dem  Kopf  noch  viel  haltloser,  und  sie  wird  wer  weiss  wie 
bald  heruntergleiten«  Die  Properzstelle  erklärt  sich  also  ans  der 
Armbaltung  der  Ariadne,  und  wir  haben  sie  etwa  zu  übersetzen : 
'das  Haupt  aufgestützt  bei  unsicheren  Händen*. 

Zur  Bestätigung  ist  an  dieser  Stelle   an  ein  Epigramm  des 
Paulus  Silentiarius  zu   erinnern,    das   ähnlich    dem  Properzischen 
Gedicht  componirt  ist  und  so  anhebt  (Anthol.  Palat.  V  275)  : 
AeuXiviu  χαρίεσσα  Μενεκρατις  ίκχυτος  υπνψ 

Κεϊτο  περί  κροτάφους  πήχυν  έλιξαμ<ένη' 
Τολμήσας  5'  έπέβην  λεχίιυν  υπέρ  . . . 
Also  auch  hier  die  schlummernde  Geliebte,  der  sich  der  Dichter 
unbemerkt  naht;  und  auch  sie  hat  den  einen  Arm  und  Ellenbogen 
um  ihre  Schläfen,  d.  i.  über  ihren  Scheitel  rankend  herumgelegt. 
Der  Aehnlichkeiten  zwischen  Properz  und  diesem  Paulus  Silen- 
tiarius sind  bekanntlich  so  viele,  dass  ein  Zusammenhang  zwischen 
ihnen  bestehen  muss  und  der  eine  zur  Auslegung  des  anderen 
sehr  wohl  benutzt  werden  kann.  Es  erklären  sich  solche  Aehn- 
lichkeiten am  wahrscheinlichsten  aus  gemeinsamem  Vorbild. 

Man  sieht,  wie  genau  es  gemeint  ist,  wenn  Properz  im 
ersten  Vers  die  schlafende  Ariadne  zum  Vergleich  heranzieht. 
Auch  sagt  er  dort  nicht  'nt',  er  sagt '  qualis  iacuit  Gnosia,  tali  s 
Visa  mihi  Cynthia*;  man  verstehe  dies  genau:  'wie  beschaffen 
die  Gnosierin  da  lag,  so  beschaffen  schlief  Cynthia*. 

Wenn  ihr  der  Dichter  aber  v.  24  heimlich  in  die  hohlen 
Hände  Früchte  steckt,  so  kann  damit  hauptsächlich  wohl  nur  die 
eine  rechte  Hand  gemeint  sein.  Diese  rechte  ist  bei  der  Ariadne 
vielleicht  nicht  ganz  richtig  ergänzt ;  man  denke  sich  ihre  Finger 
nach  der  Anleitung  des  Properz  etwas  geschlossener,  die  Hand 
'  hohler '  (cava),  so  dass  sie  eventuell  etwas  fassen  kann.  Das 
kleine  vaticanische  Relief  (oben  S.  36)  gibt  dafür  eine  etwas  gün- 
stigere Handhaltung. 


Die  vaticanieclie  Ariadne  imd  ctie  dritte  Eleg^ie  dee  t*roperii.      47 


Ee  bleibt  übrig,  ιιπη  die  Situation  τιη*1  den  SeelenKuetand 
Cynlbia's  zu  veranBcbatiUcben.  Ee  iet,  ak  hätte  Properz  die  in 
BiMern  oft  gegebene  Gesell icbte  von  AnadTieii,  die  von  Baeclins 
ftcblafend  gefunden  wird,  hier  in  die  Gegenwart  nnd  in  ein  eige- 
nes Erlebnifls  übersetzen  wollen ;  eo  eorglicb  wahrt  er  die  Ana- 
logie der  Fabel;  »ie  erfuUt  das  ganze  Gedicbt, 

Cynthia  bat  die  Nacht  diirchwacbt;  die  Sterne  bleichen 
bhon;  es  naht  der  Morgen  (exactis  eideribua  v.  3β;  longa  tem* 
pora  noctis  v,  ii7).  Auck  Ariadne  scliliift  bei  Nonnos  Dionye.  47» 
275  u.  331j  bis  die  Morgenröthe  erftcheint.  Cynthia^e  Zimmer 
bat  Feneter,  die  Holzladen  stehen  offen  (v.  31);  der  Mond  wirft 
sein  Licht  binein;  also  ist  das  Gemach  wohl  tiicbt  zu  ebener  Erde, 
sondern  im  ereten  Stock  zu  denken.  Der  Geliebte  ist  trenloe 
(v.35if,);  sie  ist  verlassen  (wie  Ariadne);  sie  hat  sich  wach  zu 
halten  versucht  mit  Handarbeit  (atamiue  fallebara  aomnum  v.  41) 
oder  mit  Saitenepiel  (v.  42);  hat  dabei  vor  sieb  bin  (mecuioa)  ge- 
klagt über  ihn  (v.  43),  hat  geweint  (v.  46),  bia  sie  hingeglitten 
ist  auf's  LAger  (lapsam)  und  angenebmer  Schlaf  sie  nmfangea 
(v.  45)*  Die  Augen  sind  ruhig  gescbloseen  (compoeiti  v.33);  aber  ab 
und  zu  seufzt  sie  im  Schlaf,  bewegt  sich  bisweilen  unrubig  (euspiria 
duxti  raro  motu  v.27)  und  es  scheint,  dass  sie  peinigende  und  angst- 
volle Träume  hat  (v,  28 — 30) ;  in  der  Tiiat  ist  ihr  Schlaf  so  leicht, 
dass  hernach  ein  blendender  Mondatrabl  sie  weckt  (v.  33).  Da  kommt 
der  Dichter  vom  laugen  baochisohen  Gelage  spät  zu  der  einsamen 
Schläferin,  gleichsam  selbst  ein  Bacchus,  umgeben  von  SklaA^en, 
die  die  Fackeln  schwenken  (v.  9  u*  10),  ein  trunkener  dionysi- 
eeher  Tbiasoe,  und  versenkt  sich  nun  staunend  ohne  Ende  in  den 
Anblick  der  ruhenden  Schönheit  (durch  viele  Zeilen,  v.  11 — 30) 
genau  so  wie  auch  der  Gott  nach  bekannten  Darstellungen  stau- 
nend und  bezaubert  in  Betracbtung  versunken  steht  (Βαύματι  μιΕεν 
ίροίτα  Nonnos  47»  273J.  Auch  auf  dem  Sarkopbagbild  von  Orti 
(Visconti  V  8)  erscheinen  dabei  Licht  tragende  Figuren  im  Ge- 
folge des  Diouys.  Die  Analogie  scheint  vollBtandig  —  nur  frei- 
lich mit  dem  Unterschied,  dass  Properz  von  seiner  Domina  schliees- 
liüh  mit  argem  Schelten  empfangen  wird  (v,  35 ff.);  denn  er  hat 
erst  die  Holle  des  Tbeseus  gespielt  und  will  nun  die  dee  Bao- 
ohus  spielen. 

Wir  wissen  nun,  wie  Properz  die  vaticanisohe  Gestalt  oder 
och  ihres  gleichen  verstanden  hat  Von  Theseus  verlassen,  hat 
"auch  Ariadne  die  Nacht  in  Unruhe  und  Wehklagen  wachend 
.Terbracht,     Aurh  Ariadne  ist  dabei  wider  Willen  eingenickt  und 


48  ßiri 

aafs  Feleenlager  gesunken  (ygl.  lapea  bei  Propen  τ.  45);  ihr 
Athem  ist  tief,  aber  unrahig,  and  Träume  ängsten  auch  aie  and 
zeigen  ihr  die  Untreue  ihres  Geliebten  (vgl.  v.  27 — 30).  In  der 
Lage,  die  sie  beim  £innioken  sufällig  eingenommen,  beharrt  aie 
noch,  und  ihre  Kopfstützung  ist  eine  unsichere  wie  die  der  Cyn- 
thia  (non  certis  manibus).  Aber  bei  alledem  erscheint  der  Schlaf 
lind,  den  sie  atbmet  (mollis  v.  7 ;  auch  bei  Philostrat  I  15  ist 
der  Schlaf  Ariadne^s  μαλακός);  denn  er  ist  auch  für  sie,  die  sich 
überwacht  hat,  eine  Erlösung  und  Linderung. 

Die  £legie  des  Properz  fällt  etwa  in  das  Jahr  80  oder  28 
Yor  Christo;  die  Ariadnedarstellung,  der  sie  nachgedichtet  ist, 
existirte  also  80,  ja  90  Jahre  früher  als  die  vielen  Ariadnebilder 
Pompeji's,  von  denen  die  meisten  nicht  vor  63  nach  Chr.  gemalt 
sein  werden.  Jene  Darstellung  hat  daher  allen  Anspruch  in  der 
Geschichte  dieses  Stijet's  als  wichtigstes  Monument  zu  Rathe  ge- 
zogen zu  werden.  Welcher  Kunstgattung  gehörte  es  an?  £e  war 
keine  Statue  wie  die  Vaticana,  es  war  vielmehr  ein  Eeliefbild 
oder  wahrscheinlicher  ein  Gemälde.  ( 

Der  Dichter  deutet  dies  selber  an.  Mit  unserer  Vaticana 
Hesse  sich  schon  schwer  vereinigen,  dass  Properz  v.  23  die  herab- 
fallenden Haare  Cynthia's  formt  oder  zurecht  legt,  dass  er  sie 
mit  Blumen  kränzt ;  der  verdeckende  Schleier^macht  dies  unmög- 
lich. Dieser  Schleier  fehlt  auf  der  vaticanischen  Beliefplatte; 
diese  stimmt  also  hierin  besser  zu  den  Voraussetzungen  des  Ge- 
dichtes. 

Ferner  lesen  wir  gleich  im  v.  1 :  '  Ariadne  lag  da,  indessen 
das  theseische  Fahrzeug  entweicht  (Thesea  iacuit  cedente  carina); 
also  sah  man  das  Schiff  gewiss  mit  dargestellt  wie  auf  jenem 
Helief  oder  aber  in  der  Art  der  campanischen  Schildereien. 

Sehr  schön  hat  aber  im  Folgenden  Properz  diese  Bilder 
nachgeahmt.  Wie  kam  Cynthia  zur  Ruhe  V  Es  heisst  im  v.  45, 
dass  der  Schlaf  selbst  sie,  die  Hinsinkende,  mit  angenehmen  Flü- 
geln schlug: 

iocundis  lapsam  Sopor  iropulit  alis. 
Die  FditoVen  müssten  hier  zur  Verdeutlichung  des  Verständnisses 
Sopor  durchaus  mit  grosser  Initiale  drucken.  Properz  denkt 
hier  an  die  Personification,  die  er  so  gut  wie  wir  aus  den  Ge- 
mälden kannte,  an  den  beflügelten  Genius  Sopor,  in  dessen  Schooss 
eben  Cynthia  sowohl  wie  Ariadne  gelehnt  ist.  £in  Beispiel  sei 
aus  Heibig  hier  angeführt,  N.  1237:  'Ariadne  ....  schläft,  an  den 
Schenkel  eines  geflügelten  Jünglings  angelehnt  ....     Das  Gesicht 


Die  vaticaniscbe  Anadne  and  die  drifte  Elegie  des  Properz       49 


iet  ideal  und  milden  Änedracke^  die  gewaltigen  Fittige  dmikel- 
grÜD  und  wie  es  eelieint  unbefiedert  ....  Ohne  Zweifel  ist  die 
Figar  männlich  und  Hypnoe  zu  benemien' ;  vgl,  noch  N.  1239 
und  956.  Für  die  Benennung  Hypnoe  hat  die  Properzstelle  ale 
ausdrückliches  Zeugnies  zu  gelten.  Dazn  stimmt,  dass  Dionya 
bei  Nonnos  47,  278^280  räth,  wer  die  Schlaferin  aein  mag,  und 
sie  ohne  Zandern  als  Pasithea^  die  Gemahlin  dea  Hypnoa,  hezeich* 
net;  oienbar  weil  sie  in  deaaen  Sohooeae  ruht.  So  drucke  man 
aber  aueh  beim  TibuU  I  2^  90  den  Somnue  grose  und  belaeee 
ihm  seine  fulvae  aiae.  Auf  dem  Bild  N.  1237  sahen  wir  die 
Farbe  der  Flügel  dunkelgrün.  Warum  sollen  sie  nicht  auoh  wie 
dunkles  Gold  schimmern? 

Endlich  aber  ist  noch  charakteriatisch,  daas  Properz  die 
Schläferin  nicht  zu  wecken  wagt,  sondern  in  Staunen  und  entzück- 
lem Bewundern  sich  vor  ihr  lange  verweilt;  es  ist  achon  hervorgeho- 
ben, wie  auch  Bacchna  geradeso  auf  den  Gemälden  in  den  Anblick 
der  Schönen  entzückt  verloren  dasteht,  als  wäre  er  gebannt  und 
wagte  nicht  sie  anzurühren,  sie  zu  erwecken;  ao  auch  die  Relief- 
platte.  Kein  einziges  der  Bilder  zeigt  auch  nur  den  Versuch 
piner  Umarmung  oder  dea  Knaaes  (dieaee  beides  wagt  auch  Pro- 
"perz  nicht  zu  versuchen  v.  1 5  und  1 6)*  So  will  auch  bei  Nonnoe 
47,  279  der  Gott  aie  nicht  eher  wecken  lassen,  bis  der  Morgen 
aufleuchtet.  Der  Moment  vor  ihrem  Erwachen  iat  im  Bilde  ver- 
ewigt und  gleichsam  endlos  gemacht.  Und  an  solch  ein  Gemälde 
I dachte  Properz.  Auf  ihm  glich  die  Äriadne  in  allen  Hauptdingen 
kr  grossen  vaticanischen  Gestalt. 
eir 


Dieselbe    ist    aber  in 
sich   um  das  Stadium 


Soweit  die  Ekphrasis  nach  Properz. 
einem  Punkt  jsu  berichtigen.  Es  handelt 
des  Schlafes,  den  Anadne  schläft. 

I  Es  scheint,    dass  einige  einen   doppelten  Ariadneschlaf  vor- 

ausgesetzt haben  ^.     Freilich  ist  dies  nirgends  ausdrücklich  gesagt . 
rst  schläft    sie    mit  Theaeus    auf  dem  Lager  vereint;    während 
lieeee  Schlafes  täuscht  er  sie  und  flieht.     Dann  erwacht  sie  und 
es  folgt  ihre  Wehklage.     Endlich  der  zweite  Schlaf;  dies  ist  der- 
"enige,  in  welchem  Dionys  sie  finden  wird. 

Solchen  Hergang  setzen  die  oampaniscben  Wandbilder  vor- 
aus, wenn  man  nicht  annehmen  will,  daas  dieaelben  verschiedenen 


^  Dies  leugnet  Furtwangler  in  den  Annali  Bd.  50  S.  99. 

RHAlO.  Mtti.  f.  FUiluL  N,  F,  L.  ^ 


50  Birt 

Trwiiuomem  folgen.  Ιλ  der  entea  CUaee  tob  Büdera 
AriadAe  §cbhftna  ud  Tbceeu  im  Begriff  η  catüAeB.  Die  sweite 
seigt  die  Heroine  w  aeh  nnd  klngead.  wibrend  IVnens  echon  in  im 
Feme  naf  dem  Sehiff  entweiekt;  die  dritte  endlicli  seigt  «ie  wie- 
der entschlafen,  wibrend  κΐιοη  Dionji  da  lit  nnd  aie  WCndn 
tet.  Enihlen  nna  die  drei  BflderelaMen  ein  nnd  dienelbe  Fkbe!, 
•o  hat  ehen  Ariadne  zweimal  geachlafen. 

Den  gleichen  Hergang  setzt  TieUeieht  OTid*s  sehnte  Heroide 
Torans.  Denn  hier  erzählt  uns  die  Heldin,  wie  sie  mitTheaens  aaf 
dem  toms  geschlummert,  qoi  nos  aceeperai  amhos  (τ.  51  ff.X  nnd  nnn 
Terlassen  sei;  es  ist  Mondschein  (wie  hei  Propen).  Se  indet 
Mittel  nnd  Zeit,  einen  Brief  an  den  Trenloeen  anfsnaetsen-  Beror 
Dionja  eintrifft,  wird  sie  den  Stift  aher  hinlegen  mlsaen,  nm 
aaf  s  nene  einzuschlafen ;  denn  nach  der  Tradition  darf  der  Gott 
sie  nur  so  antreffen  ^  φ 

Ich  glaube,  dieser  Yorstellungsweise  ist  auch  Proper«  hei 
seiner  Interpretation  des  Bildes  gefolgt;  er  dachte  an  diesen  swei- 
ten  Ariadneschlaf.  Man  könnte  zwar  mit  Grund  sagen:  warum 
die  Worte  so  pressen  ?  wer  verlangt  vom  Dichter  genaueate  Dureh- 
ffthrung  eines  Yergleicbes?  Aber  Properz  gibt  eine  vier&ehe 
Analogie.  Er  stellt  zasamroen  1)  Cyntbia,  die  vom  langen  Nacht- 
wachen ermüdet  einschläft,  2)  Andromeda,  die  lange  Zeit  an  den 
Felsen  gefesselt,  ermüdet  einschläft,  3)  die  Edonerin,  die  vom 
bakchischen  Beigen  ermüdet  einschläft.  Er  scheint  abo  auch 
4)  in  Ariadne  Uebennüdnng  nach  langer  Anstrengung  ausgedrückt 
gefunden  zu  haben. 

Eine  andere  Tradition  weiss  dagegen  nur  von  einem  Ariadne- 
schlaf; sie  scheint  älter,  nnd  sie  ist,  weil  minder  complicirt,  die 
echtere.  Es  ist  freilich  unsicher,  ob  Catuirs  Beschreibung  im 
Carmen  64  hierher  gehört.  Auf  der  grossen  Gewandstickerei, 
die  er  vor  uns  ausbreitet,  war,  was  merkwürdig  ist,  der  Schlaf 
Ariadne^s  überhaupt  im  Bild  nicht  vorgestellt,  sondern  auf  dem 
einen  'Theil*  (pars)  des  Werkes  sab  man  sie  schon  erwacht  (v.  56), 
dem  Schiff  nachschauend  (v.  52 — 65),  auf  dem  anderen  den  Gott 
Bacchus  mit  seinem  lärmenden  und  musioirenden  Thiasos  (v.  251  — 
264) ;  und  zwar  wird  nicht  erwähnt,  dase  etwa  auf  diesem  zweiten 
Theil  Ariadne  noch  einmal  und  dann  schlafend  zu  sehen  war. 
Ist  die  Figur  vom  Dichter  nur  übergangen?  oder  setzt  er  voraus. 


^  Freilich  kommt  als  Ausnahme  auch  vor,  dass  er  sie  wach  und 
klagend  antrifft;  s.  das  Bild  Heibig  n.  1^34. 


Die  vaticaniscbe  Äriadoe  und  die  dritte  £legie  dei^Properz.     51 

daee  Dionye  zu  der  Klai^enden  kam,  sie  aUo  nicht  acblafend  fand  ? 
oder    ist  etwas  auflgefallet]?^     üebrigenB    sucht*    hier  der  Gott 

nach  ihr  (quaerens  v.  253)^    rnid    es  war    keii»  zu fälligee^ Finden. 

Sicher  weiRs  der  späte  Nonnos  nur  von  einem  Schlaf,  im 
Bach  47,  Ariadne  schlummert  ununterbrochen  Hb  zum  Morien, 
aber  sie  glaubt,  es  sei  nur  so  lange  ein  aüseer  Schlummer  gewe- 
een,  bis  Theseus  eich  davon  gemacht  (v.  320);  sie  bnt  dabei  von 
der  Hochzeit  mit  TheseuB  zu  Ätben  geträumt  (v.  322  ff.).  £r  iet 
noch  derselbe  Schlaf,  in  dem  Bacchus  sie  antrifft  (v.  271),  und 
er  gebietet  voreret,  sie  nicht  zu  wecken  (v.  275 ff.};  erst  nachdem 
er  sie  bewundert  hat,  erwacht  Ariadne  (v.  296)  aber  ohne  den 
Thiaeos  zu  bemerken  (v.  297);  sie  vermiest  den  Theseua  sogleich 
(v.  332)  und  klagt  ihr  Leid,  nach  dem  Schiff  ausspähend  (v.  30 Off.), 
Unbemerkt  hört  Bacchus  ihre  Klagen,  sie  ergötzen  ihn  (v.  419  f.) 
und  er  spricht  sie  endlich  Hebend  an  fv*  428). 

Nonnos  hat  hiermit  eine  alte  Auffassung  bewahrt^.  ITrspriing- 
lich  haben  die  Künstler,  die  den  Mythus  bebandelten,  sich  eon- 
sequent  mit  ihr  begnügt. 

Pausanias  gibt  I  20,  3  die  wichtige  Nachricht  von  einem 
^resko  bilde  im  Diouysosterapel  zu  Athen:  anf  ihm  war 
zu  sehen  Ariadne  schlafend^  Theseus  sich  einschiffend  und  ztigleich 
Dionysos  schon  herantretend:  Άριάονη  καθ£υ5ου0α  και  θησεύς 
αναγόμενος  καΐ  Διόνυσος  ήκων  ές  τής  *  Αριάδνης  την  άρτταγήν. 
Andere  Gemälde  mit   bacchischem  Inhalt,  wie  der  tragische  Aus- 


*  Büi  Catull  sind  vieileicbt  nach  v*  253  zwei  Verse  •uagofalletu 
Mau  weiss,  da^s  Hesponston  von  Versgruppen  aich  nicht  selten  beobachten 
lässL  So  entsprechen  in  dieser  Partie  des  Catull  iu  der  That  xunächat 
die  zwei  ^^hlussverse  205,  266  den  Ktnleitiingeversen  50  und  51 ,  Ebenso 
itsprechen  die  14  beschreibetiden  Verse  251  —  21ϊ4  eachlich  den  IG  Ver- 
pn  52  —  67»  Nun  scheint  im  v.  254  doch  unerlasalich  mit  Bergk  qiiae 
um  tu  lesen »  da  ?*ar«fn  v.  256  folgt.  Dies  quae  eetzt  die  f*?blende 
Erwähnung  des  Msnaden  voraus ;  es  müssen  also  wohl  nach  v^  253  Worte 
gestanden  haben,  in  denen  sie  gennnnt  wurden.  Ist  dem  so,  so  ist  uieht 
uusgeschtossen,  das»  auch  der  Schlaf  Ariadne'e  hier  Erwähnung  fand. 
Die  zwei  ausgefailenen  Zeilen  konnten  folgenden  Sinn  enthalien: 
ii  Te  somno  victam  tandom  apectabat  in  ora, 

^^m  Spectabant  Satyri,  spectabant  Maenades  ipsae 

^^B  Quae  tum  eqe. 

^f  3  Dass  Nonnos   unter   dem    Kintiuss   eines  Bildes   steht,    verräth 

■      eine  genauere  Uebereinatimmung    mit  dem  Ariadnebild    des  Philostrat 
1  15;    bei  Beidt'n    lierrseht  Sghweis?fn,    imi   Ariadoe    nicht   ru    wecktu 


52  Birt 

gaog  des  Pentheae  und  dee  Lyknrgoe,  befanden  eich  daneben ;  et 
war  also  ein  Freekencyklue. 

Dies  Bild  war  gewiss  alt,  war  vielleicbt  schon  im  5.  Jhd. 
und  in  des  Perikles  Zeit  entstanden  ^  nnd  darf  von  ans  an  den 
Anfang  gestellt  werden.  Das  Arrangement  best&tigt  diese  Mnth• 
massnng;  es  war  augenscheinlich  sehr  einfach  und  streng  symme- 
trisch nnd  gab  nur  drei  Figuren.  Ein  dreifiguriges  Arrangement 
war  damals  für  solchen  Gegenstand  beliebt;  wir  kennen  Vasen- 
bilder  des  4.  Jhds.,  auf  welchen  eine  Bacchantin  schläft  und  swei 
Pane  oder  zwei  Satyrn  sie  betrachten  (Stephani,  Yasensammlnng 
der  Erm.  n.  2161;  Heydemann,  Neapler  Vasen  n.  818);  und  dies 
dient  weiter  zur  Erläuterung  eines  berühmten  statuarischen  Wer- 
kes des  Praxiteles,  das  dem  gleichen  bacchischen  Kreise  ange- 
hörte: ich  meine  Patrem  Liberum  Ebrietatem  nobilemque  una  Sa- 
tyrum;  auch  hier  zwei  männliche  Gestalten  um  eine  weibliche. 
Drei  Figuren  also  gab  auch  das  Gemälde.  Der  Thiasos  des  Dio- 
nys  fehlte  noch;  und  es  ist  klar,  dass  der  ankommende  und  der 
davoneilende  Liebhaber  an  den  Seiten  als  Pendants  angebracht 
sein  mussten;  denn  sie  durften  sich  gegenseitig  nicht  wahrneh- 
men. Ariadne  konnte  also  nur  in  der  Mitte  liegen ;  es  kann  aber 
sogar  vorausgesetzt  werden,  dass  sie  dem  Dionys  näher  gruppirt 
war  als  dem  Theseus.  Denn  der  bewundernde  Gott  musste  ihr 
nahe  stehen ;  die  Flucht  des  Theseus  wurde  deutlicher,  wenn  man 
ihn  schon  weiter  entfernt  sab. 

Just  diese  DarRtellung  wird  uns  nun  in  der  schon  öfters 
erwähnten  vaticanischen  Keliefplatte  dargeboten.  Die  feine 
Arbeit  zeigt,  dass  dies  kein  spätes  römisches  Werk  ist  *.  Es  scheint 
mir  fast  zwingend,  anzunehmen:  in  dieser  Platte  hat  sich,  wenn 
schon  auf  indirektem  Weg  und  unter  stilistischen  Veränderungen, 
das  Tempelbild  zu  Athen  im  Entwurf  erhalten.  Von  der  raum- 
ausfüllenden  Hintergrundsfigur  (einer  Orts-Personification)  kann 
hier  abgesehen  werden.  Im  Uebrigen  ist  das  Relief  zweifach,  ja 
dreifach  lehrreich.  Es  überliefert  uns  erstlich,  wie  gezeigt,  eine 
Anschauung  von  dem  athenischen  Gemälde;  es  sichert  uns  zwei- 
tens die  Deutung  der  grossen  vaticanischen  Statue;  denn  Ariadne 


(vgl.  Kalokmann,  Rhein.  Museum  37  S.  416  Anmerkung),  während  bei 
Catnll  das  Getöse  des  Schwarmes  besonders  geschildert  wird,  v.  255  ff. 

1  Vgl.  Furtwängler.  Annali  Bd.  50  S.  90. 

>  Ueber  das  Belief  0.  Jahn,  Arch.  Beiträge  S.280;  Heibig,  Füh- 
rer n.  214. 


Die  vaticanische  Ariadtie  und  die  dritte  Elegie  dea  Properz.     53 

'ist  eben  hier  dieselbe;  es  gibt  uns  aber  sogar  vielleicht  drittene 
über  eine  BacchaedarstelliiEg  Belehrung. 

Die   Jtiuglingefigur    dieses  Heliefei    die    links    auf  Ariadne 

"^wohlgefallig  lächelnd  herniederschaut,  kam  nur  Dionysos  sein; 
einen  einsfielnen  Satyr  dahinzustellen  hätte  keinen  Sinn  gehabt; 
und  es  gibt  Thorheiten,  die  man  niemandem  zutrauen  darf,  Daa 
attische  Gemälde  he  weist  äherdies,  dass  Dionye  selbst  die  Pen• 
dantfigar  gewesen  ist.  Dieser  «ehr  jagendlich  gebildete  Gott 
(puerum  nennt  ihn  ja  auch  Ovid*  Met  III  655)  mit  dem  Kranz 
im  Haar,  mit  dem  Rehfell  über  der  L  Schulter  gleicht  nun 
aber  dem  sog.  Na  reise  ausi  Pompeji  in  hohem  Grade.  Daas  auch 
dieser  Narcise  nichts  als  ein  junger  Bacchus  iatf  sieht  wohl  jeder; 
schon  die  Cothurne  genügen  es  zu  erweisen^.  Man  glaube  nun 
nicht,  dase  dieser  Narcise  wirklich  einer  Musik  zuhöre^;  es  sieht 
freilich  für  uns  Moderne  ganz  so  aus.  Wann  aber  ist  Dionye 
in  der  musikaliechen  Situation  eines  Lauschers  gewesen,  die  ty- 
pisch hätte  abgebildet  werden  können?  Auch  weiss  ich  nicht, 
ob  die  scheinbar  taktirend  gehobene  r.  Hand  für  die  Alten  da« 
ftüsdrückte,  was  wir  voraussetzen,  Ein  antiker  Lauscher  wird 
bonst  wohl  so  charakterisirt,  dase  er  die  Band  hinter  die  Ohr- 
muschel legt.  Die  vaticanische  Platte  gibt  die  Deutung;  je  langer 
ich   mich  in  den  Narcistn  hineindenke,  je  glaublicher  wird  es  m^Lr, 

^dase  er  um  den  jugendlichen  Dionysos  gibt,  der  selig-heiter  auf 
lie  schlafende  Ariadne    herniedere  ohaut.     Auch    wenn 

"man  mit  Häuser^  den  rechten  Fuss  tiefeF  stellt,  blicken  die  Augen 
doch  immer  beobachtend  schräge  nach  unten.  Die  eigenartige  Hand* 
(  bewegung^  aber  drückt  Erstaunen  und  Bewunderung  aus,  wie  auch 
auf  dem  Herculaner  Gemälde  bei  Helhig  n.  1235  Bacchus  staunend 
die  Linke  erhebt,  und  zwar  genau  in  gleicher  Höhe.  Und  auch 
Pan  oder  Silen  erheben  auf   diesen  Bildern  mit  demselben  Aue- 

SP         1  Vgl.  Vergil  Georg.  II  8;    Dionys   muss  die  Gothurne  absieben, 
wenn  er  den  Wein  keltern  will. 
^  So  Ovürbeck,  Pompeji,  4.  Aufl,  S.  554. 
I         a  S.  Jahrbuch  d.  arch.  Inst.  1889  p.  118. 
F  *  Dasa  er  etwas  in  den  Fingern  hielt,  wie  Uaueer  glaubt  (ebenda 

jüiieiger  S.  190),  scheint  mir  schon  darum  nawahrscheinlich,  weil  ein 
geeigneter  Gegenstand  nicht  erfindlich  ist.  Die  betr,  Finger  sind  im 
Innern  roher  gearbeitet,  vielleicht  nur  deshalb,  weil  der  Bhck  nicht  bo 
leicht  dorthin  fallt;  auch  das  Innere  der  anderen  Hand  ist,  wenn  ich 
■jiach  einer  Copie  echlieeeen  darf,  eorgloser  ausgeführt. 


54  Biri 

draok  die  Baolite  (vgl.  Helbig  1236;  1239);  dftsn  die  BUder  ihn- 
Hohen  Inhalts  bei  Helbig  n.  544;  n.  545;  n.  546.  Aber  auch  in 
der  Litteratnr  erscheint  das  blosse  Heben  der  einen  Hand  als 
Zeichen  der  Bewnndernng,  so  in  finripides*  Cyelopen  v.  418  ^. 
Wenn  aber  der  Narciss  dabei  noch  Danmen  and  Zeigefinger  Tor- 
streckt,  so  scheint  dies  eine  Begleitgeb&rde  des  Sprechens  (kei- 
nesfalls eine  Drohnng);  denn  nach  Sittrs  Bemerknngen '  streekt 
jnst  so  der  Sprechende  Daumen  nnd  Zeigefinger  ans;  wir  dürfen 
also  oder  sollen  daraas  entnehmen,  dass  der  bewnndemde  Dionys 
eben  die  Frage  thnt:  wer  ist  diese?  oder  schon  eben  das  Wort 
spricht,  das  Ariadnen  erweckt  ^ 

Mit  diesem  'Narciss'  hat  man  einen  Dionysostoreo  in  Mar- 
mor verglichen,  welchen  Florenz  besitzt  and  der  in  der  £rgin• 
zung  mit  einem  Knaben  zur  Orappe  vereinigt  ist^.  Die  £rgin- 
zangen,  sa  denen  eben  auch  jener  Knabe  gehört,  sind  ganz  nnsn- 
verlässig.  £s  ist  aach  nicht  sa  erweisen,  dass  dies  je  eine  Gmppe 
war^,  dass  wir  ans  also  z.  B.  etwa  einen  Panther  hinzuzudenken 
h&tten*.  Wahrscheinlich  gemacht  ist  nur,  dass  der  *  Narciss'  auch 
als  grosses  Marmorwerk  existirt  hat. 

Durch  Stil  und  Charakter  gehört  er  dem  Kreise  praxitali- 
scher Kunetübung  au  ^  oder  ist  doch  den  unter  praxitelischem 
Einfluss  stehenden  hellenistischen  Werken  beizuzählen^  und  ge- 
mahnt uns  lebhaft  an  jenen  jungen  Dionysos  des  Praxitelea  in 
Bronce,  der  uns  von  Kallistratos  beschrieben  wird*:  er  trug  ein 
Rehfell;  der  Körper  war  der  eines  zarten  jungen  Menschen;  das 


^  Oefter  freilich  beide  Hände,  tollere  manas,  so  Catull  53,  4; 
Cicero  Aoad.  II  63;  epist.  ad  div.  YII  5;  vgl.  Apoll.  Rhod.  3,  257;  bei 
Ovid  auch  bei  Bewunderung  einer  Gestalt  Metam.  10,  580;  vgl.  8itt1, 
Die  Gebärden  der  Griechen  und  Römer  (1890)  S.  13. 

«  a.  a.  0.  S.  285. 

*  Wenn  Sittl'e  Beobachtung  zutrifft,  dass  das  Vorstrecken  von 
drei  Fingern  jüngerer,  das  von  zweien  älterer  Kunstweise  entspricht, 
so  wäre  der  Gestas  vielleicht  für  eine  Zeitbestimmang  mit  zu  ver- 
wenden. 

*  Dütschke,  A.  Bildw.  in  Oberitalien  III  n.  231 ;  Heydemann,  Drit- 
tes Hall.  Winckelmannsprogramm  1879  S.  73  f. 

^  S.  Overbeck  a.  a.  0.  und  Dütschke. 

β  So  Brunn,  Bullet  1863  8.  92;  Haaser  S.  116. 

7  Overbeck  8.555. 

8  von  8ybel,  Weltgesoh.  der  Kunst  8. 326. 
^  Kallistratos  sUt  8. 


Die  vAtioaniecho  Ariadne  und  die  dritte  Elegie  des  Properz.      55 

lockige  Haar  epheuumkräDzt;  im  heiteren  Antlitz  gkth volle  Äu- 
gen^; doch  Btützte  er  eich  auf  eeinen  Tbjreue. 
I  Hier  mag  der  Cunoeitat  halber  eingeschaltet  werden,   dase 

une  in  der  Rhetorik  ad  Hereunium  IV  18  unter  Erläuterungen 
über  lateinischen  Stil  folgender  Probeeatz  erhalten  iet:  'broncene 
Beeren  hingen  auf  das  lieMichete  herein'  (bacae  aeneae  amoenie- 
iime  impendebaut}«  Dieser  Satz  kann  wohl  nur  aus  einer  Ekphra- 
eis  genommen  sein;  und  es  echeint  eich  um  einen  broncenen  Bac- 
chus mit  einem  Kranz  von  Weinbeeren  oder  Beeren  dea  Epheu 
gehandelt  zu  haben,  wie  er  im  Narciea  vor  una  eteht. 

Die  Plastik  hat  also  zwm  Figuren  aus  jenen  alten  Ariadne- 
gemälden  in  freistehenden  Werken  verewigt;  den  Dionye  und  die 
Ariadne. 

Gehen  wir  zu  Properz  weiter,  ao  scheint  das  Bild,  aus  dem 
ihm  seine  Anschauung  iosSi  theils  jenem  Eeüef,  theila  schon  den 
campauiflchen  Wandbildern  geglichen  zu  haben.  Ariadne  schlief 
hier  &chon  im  Schooes  des  Hypnos ;  und  Theseus  war  nicht  selbst 
mehr  zu  sehen,  s andern  das  Schiff  entwich  nur  in  der  Ferne. 
Das  Ariadnemotiv  war  dagegen  dasselbe  wie  auf  dem  Relief,  und 
jedenfalls  war   hier    auch  nur  e  i  η  Ariadneschlaf  verausgeietzt*. 

Endlich  ist  auch  noch  Philostrat  in  seinem  Äriadnebild  (Ima- 
ginesI15)  Zeuge  für  den  einen  Schlaf  der  Verlassenen,  und  zwar 
wiederholt  eich  hier  in  freier  Behandlung  die  alte  dreigliedrige 
Composition  der  Keliefplatte :  Theseus  auf  dem  SchifT,  Ariadne 
im  Schlummer,  Dionye  sie  betrachtend;  letjsterer  aber  ist  von  sei- 
nem Thiasos  umgeben. 

Und  die  vatioanische  Statue,  endlich,  kann  nur  in  die- 
^  eem  Zuaammenbang  und  insbesondere  nach  dem  Relief  interpre- 
tirt  werden,  auf  dem  ihr  Ebenbild  wiederkehrt.  Der  Bildner  hat 
auch  hier  eioherlich  nur  den  einen  Schlaf  gemeint,  den  Ariadne 
noch  schläft,  nachdem  eben  Theseus  davongegangen.  Und  es 
ergibt  sich :  nicht  das  Eingenicktseiny  sondern  das  Erwachen- 
wollen  ist  in  diesem  Monument  geschildert.  Daher  die  Bewegung 
in  der  Ruhe;  daher  dies  Auge,  das  sich  öffnen  will;  daher  das 
Sorgenvolle  dieses  Friedens.  Sie  war  tief  in's  Bewusstlose  ver- 
sunken; aber  sie  spürt  in  ihrer  Betäubung,  dass  sie  einsam  und 
gemieden  ist.    Ein  Traum  hat  sie  geängetet;  sie  stöhnt  leise ;  sie 


*  von  8jbe],   Weltgesch.   der  Kunst  δ.  245;   diese  Augen  miieeen 
wir  UHR  eben  in  Emaille  hinisudenken. 

^  Auch  war  bieTf  wie  wir  eehen  werden»  Ariadne  g&n£  bekleidet» 


56  Birt 

ändert  eben  anbewoeet  die  Lage  und  eobiebt  den  Arm  nmch 
Stützung  encliend  über  ihr  Hanpt,  das  eich  eben  anf  die  Unke  Hand 
niederzulegen  im  Begriff  ist.  Wie  afficirend,  wie  Mitleid  und 
Furcht  erregend,  diese  Unruhe  und  Friedlotigkeit  einer  Schla- 
fenden ! 

5. 

Aber  Ariadne  ist  nicht  ganz  verstanden  ohne  ihre  C^wan- 
dung;  auch  diese  ist  nicht  nur  schön  und  reich,  sondern  bedeu- 
tungsvoU. 

Die  campanische  Malerei  führt  die  Heroine  durchgingig  bis 
an  die  Hüften  entblösst  vor ;  es  war  zu  verlockend,  den  nackten 
Körper  in  Farben  zu  zeigen;  von  dieser  Gewohnheit  sind  dann 
weiterhin  die  Ariadnereliefs  der  Sarkophage  abh&ngig.  Aber 
auch  Catull  und  Ovid  tragen  Sorge  auszumalen  und  zu  begrün- 
den, wie  die  Trauernde  ihre  Gewandung  verliert  (Catull  ▼.  64  ff. 
delapsa  e  corpore).  In  der  sorglichen  Bekleidung  verrith  sieh 
uns  eine  ältere  Kunstauffassung,  die  keuscher  und  zugleich  viel- 
sagender ist.  Wir  sehen  diese  Bekleidung  auf  der  vaticanischen 
Reliefplatte  und  setzen  sie  danach  für  das  athenische  Freskobild 
voraus.  Aber  auch  das  Gem&lde,  dem  Properz  folgt,  war  darin 
conservativer.  Denn  auch  von  Cynthia  müssen  wir  annehmen, 
dass  sie  am  Webstuhl  ihren  Geliebten  in  voller  Kleidung 
erwartet  hat  und  also  in  voller  Kleidung  auf*s  Lager  gesun- 
ken ist.  Mit  ihr  wird  das  Abbild  der  Heroine  verglichen. 
Auch  Andromeda,  auch  die  Bacchantin  zieht  Properz  zum  Ver- 
gleich heran ;  vollbekleidete  schlafende  Bacchantinnen  werden  wir 
aber  spfiterhin  in  der  That  kennen  lernen,  und  da  Andromeda, 
so  lange  sie  am  Felsen  hing,  Chiton  und  Himation  trug  (man  sehe 
nur  das  Andromeda-Relief  im  capitolinischen  Museum),  so  wird 
sie  nach  ihrer  Befreiung,  wenn  sie  von  Müdigkeit  überwältigt 
in  den  ersten  Schlaf  verfiel,  derselben  sich  nicht  entledigt  haben. 

Mit  dieser  Gewandung  ist  viel  gesagt.  Die  ovidische  He- 
roide freilich  macht  uns  deutlich,  wie  sie  mit  Theseus  das  Lager 
in  Liebe  getheilt  hat.  Die  ältere  Kunst  dachte  anders  und  min- 
der genusssüchtig.  Sie  legte  zwischen  die  beiden  Liebhaber,  wie 
das  Belief  zeigt,  das  Mädchen,  den  Gürtel  ungelöst,  die  Sohlen 
noch  an  den  Füssen.  Damit  war  dem  zweiten  Bewerber  gesagt, 
dass  sie  dem  ersten  ihre  Jungfräulichkeit  nicht  geopfert  hat.  Es 
ist  werthvoU,  dass  eben  dies  von  Konnos  betont  wird ;  er  betont, 
dass  sie  Jungfrau  blieb  (παρθένος  ν.  270,  422,  428),  und,  weil 


Die  vaticaoiacbe  Ariadne  und  die  dritte  Elegie  des  Proper««      57 


I  bekleidet  da  liegt  (ού  τυμνόν  έχει  |5obO£V  ΟΕμας  \\  28H), 
will  Dionys  bei  Nonnos  eie  nicht  der  Thetie,  sondern  der  jung- 
fräulichen Artemis  oder  der  Athene  vergleieben  (v.  285 — 294). 

Daher  nun  der  Eindruck  der  Keuechheit,  der  Reinheit  und 
Jnnab barkeit,  der  aus  dem  grossen  Marmorbild  des  Vatican  selbst 
überwältigend    uns    ergreift.     Das   Gewand    redet    seine  Sprache 

Iinit  gros  Β  artiger  Deutlichkeit. 
Aber  das  Gewand  ist  zugleich  malerisch  behandelt^  und  es 
besagt  noch  mehr.  Die  Brust  ist  noch  mit  dem  Strophion  sorg- 
sam aufgebunden  und  der  Chiton  nnier  der  Brast  susammeilge- 
iasst  (die  Ariadne  auf  dem  Relief  zeigt  vielmehr  Gürtnug  in 
der  Taille)*  Wie  belästigend  fiir  den,  der  sohläftl  So  wird  der 
SprÖdigkeit  die  Bequemlichkeit  zum  Opfer  gebracht.  Nur  die  Ne- 
stelung  des  Chitons  über  der  I.  Schulter  hat  sieb  gelöst,  und  die 
1.  Brust  Hegt  frei.  Die  starken  Sandalen,  fest  geschnürt,  hat  sie 
noch  an;  wie  beechwerlich  auch  dies!  Die  glücklieb  schlafenden 
Nymphen,  die  w^ir  zuerst  besprochen,  haben  sich  der  Sohlen  so- 
wie der  Giirtung  entledigt.  Und  Ariadne  liegt  auf  dem  weiten 
Peplos ;  dieser  Mantel  hebt  sich  hinter  ihrem  Rücken  aufwärts 
und  hüngt  Hintergrund  gebend  als  Schleiertuch  über  ihrem  Haupte, 
so  dass  das  Kopfhaar  nur  halb  freiliegt.  Der  Über  das  Hinter- 
haupt gehobene  Mantelj  aus  griechischen  Frauenstatuen  und  atti- 
schen Reliefs  bekannt  genüge  ist  hier  mit  gutem  Yortbeil  bei- 
behalten;  vornehmlich  der  leere  Winkel  zwischen  den  beiden 
Unterarmen  Ariadne' β  wird  so  elegant  und  doch  ungesucbt  aus- 
gefüllt Dieses  Mantelmotiv  fehlt  auf  dem  Relief,  weil  auf 
einer  Reliefplatte  eben  ein  solcher  Hintergrund  nicht  erst  ge- 
schaffen 2U  werden  brauchte.  lieber  den  Beinen  kreuzt  sich  der 
Mantel,  mit  frauenhafter  Sorgsamkett  übergelegt^  zieht  sich  dage- 
gen unter  dem  l.  Oberschenkel  kraus  gedrückt  zu  unordentlichen 
Falten f  eine  anmuthige  Verwirrung.  Hiermit  ist  in  massvoller 
Weise  ausgedrückt,  dass  Ariadne  ursprünglich  nicht  so  dalag, 
sondern  eben  durch  Drehung  ihre  Lage  verändert  hat.  Aus  der 
Beschaffenheit  der  Bekleidung  erratben  wir  wieder  den  Seelen- 
xustand  der  Trägerin:  aus  der  Unordnung  den  Unfrieden.  Alles 
offenbart  die  Weisheit  des  Bildners^  der  mit  schlichten  Mitteln 
viel  besagt:  er  bat  den  fruchtbaren  Moment  gewählt  und  gibt 
une  eine  vornehme  Dame  zu  sehen,  wie  sie  eben  noch  schön  ge- 
kleidet gewandelt,  wie  sie  jetzt  in  ihrer  Kleidung  jungfräulich 
entschlummert  ist  und  wie  endlich  dieser  Schlummer  nicht  dauern 
kano ;  sie  muss  sich  buld  regen,  bald  wenden;  ein  Zufall,  ein 
Moudstrahl  kann  sie  wecken;  wird  es  Heil  oder  Unheil  sein? 


&8  Birt 

Und  vielleioht  hat  ans  der  Meieter  eogar  auf  diese  Sohiok- 
aalefrage  andeatend  die  Antwort  voranegegeben.  Ariadne  trigt 
nm  den  1.  Arm  das  m&cbtige  Schlangenarmband.  Ein  Zierrath,  aber 
mehr  als  ein  Zierrath.  Die  Schlange  eignet  vorsftglioh  derMftnade, 
nnd  fie  trägt  sie  lebendig  nm  den  Arm  getehlnngen^  oder  aber 
anch  als  Spange  nachgebildet^.  Ariadne  aber,  wenn  sie  erwacht, 
wird  dem  Dionye  and  seinem  Thiasos  angehören;  sie  wird  die 
Chorführerin  nnd  Königin  der  Mänaden  sein.  Daran  soll  das  Arm- 
band den  Wissenden  erinnern. 

6. 

So  spüren  wir  wirklich:  in  dieser  Sterblichen  sohlift  eine 
Göttin. 

Ueberlassen  wir  sie  denn  einstweilen  ihrem  Marmorsohlaf 
nnd  ihrer  Znknnft. 

Die  Annahme  liegt  nahe,  dass  eine  solche  Ennstschöpfong 
schon  im  Alterthnm  nicht  ohne  Rnhm,  nicht  ohne  Einflnss  ge- 
wesen ist.  Wer  Schlafende  bildete,  mochte  versacht  sein,  sich 
an  dies  Modell  za  halten.     Sehen  wir  nach,  wie  weit  dies  sntrült. 

£e  ist  geeignet,  den  Unterschied  zwischen  Plastik  und  Ma- 
lerei zn  erläntem,  wenn  wir  wahrnehmen,  wie  frei  sieh  die  eam- 
panische  Wanddecoration  bewegt.  Anf  dem  römischen  Gtemllde, 
das  Properz  sah  nnd  als  bekannt  voranssetste,  war  das  Armmo- 
tiv  der  Anadne  noch  trea  wiedergegeben  —  ich  nenne  es  kon  das 
Ariadnemotiv  —  ;  nnd  die  Heroine  war  noch  sorglich  bekleidet 
Anf  den  campanischen  Bildern  gewahren  wir,  wie  sieh  die  Malerei 
inzwischen  im  Yerlanf  von  fast  hundert  Jahren  freientwickeltnnddem 
Triebe  znm  Variiren  nachgegeben  hat.  Die  Plastik  sucht  einen  Typns 
zn  wahren;  auf  der  bemalten  Fläche  hingegen  ist  die  Variation  ge- 
stattet nnd  nnr  zn  nahe  gelegt ';  und  nnr  ein  blöder  Handwerker  malte 


1  Vgl.  z.  B.  da•  Relief  der  Villa  Albani,  Zoega  BasnriL  II  82; 
Baumeister  n.  931.    Catall.  64,  258:  sete  tortis  serpentibne  inoingebant. 

*  So  z.  B.  fünfzigstes  Progr.  zum  Winckelmannsfeste,  Berl.  1890 
Tafel  m. 

*  Dies  sei  im  Hinblick  auf  Fortwingler  hervorgehoben,  der  Annali 
Bd.  50  S.  98  daraus,  dass  das  Ariadnemotiv  auf  den  Bildern  Pompeji's 
nicht  treu  nachgeahmt  ist,  folgern  will,  dass  die  Statne  zn  der  Zeit 
noch  nicht  existirt  habe,  als  die  Erfindung  jener  Bilder  gemacht  wurde. 
Eine  gewiss  bedenkliche  Folgerung.  Das  Motiv  kam,  wie  Propers  nns 
verrieth,  allerdings  auch  trea  nachgeahmt  auf  Gemilden  vor.  Wie  aber 


Die  vaiicftniBche  Äriadoe  und  die  dritte  Elegie  dee  Propere.      d9 

wirkMcbe  Copieöi  nicht  so  jene  Decorateure  Pompeji'e,  die  doch  noch 
zu  viel  Talent  hatten  und  sieh  daran  vergnügten,  die  CompoBi* 
tion  fast  in  jedem  Fall  abzuändern.  So  ißt  zwar  die  Entblöeeung 
des  OberköTpere  von  ihnen  gleich mlseig  durchgeführt,  nhngene 
Aber  die  Haltung  Ariadne's  mannigfach  abgewandelt;  bald  liegt 
sie  Yome  über  und  kehrt  uns  die  Riick&eite  zu  (so  Mus.  naz. 
ή.  92Θ6),  bald  hat  eie  beide  Arme  schlaff  am  Körper  entlang 
(ebenda  9052),  Mitunter  Rehen  wir  sie  auch  über  den  Kopf  den 
Arm  legen,  aber  der  andere  Arm  dient  dabei  nicht  als  Stütze 
dee  Hauptes^  und  das  Arkdnemotiv  ist  also  nur  halb  gewahrt, 
80  n.  9271  und  9278;  Heibig  n.  1235*);  R  Eochette,  Peintnree 
tab.  Θ;  nicht  andere  die  Ariadne  im  Gemälde  des  Philostrat** 

Α  1b  stabiler  bewährt  sich  uns  dagegen  da  β  ρ  lae  tische  Kunst* 
handwerk  auch  noch  in  der  jüngeren  Zeit;  denn  auf  den  Ariadne- 
reliefs  der  Sarkophage  ünden  wir  das  Armmotiv  oft  und  unge- 
schmälert beibehalten :  so  auf  dem  erwähnten  Sarkophag  zu  Con- 
etantinopel;  vgl*  Galeria  Giustiniana  I  tab.  84;  Clf^ac  Π  pl.  127 
in,  US  u*  150;  Gerbard,  ant.  Bilw.  tab.  110  n.  2;  Matz-Duhn 
'ii*225G  (Palazzo  Colonna);  n.  2259  (Villa  Panfili);  2263  (Villa 
^Casali)^. 

Aber  das  Ariadnemotiv  hat  in  der  jüngeren  griechiech-römi- 
ecben  Kunst  noch  viel  weiteren  Einfluse  auegeübt,  und  man  über- 
trug es  auch  auf  andere  Gegenatände,  hie  weilen  ungenau  und  ao, 
daee  es  auch  den  tiefen  Schlaf  darzustellen  beetimmt  ist. 

Wieder  ist  es  Properz,  der  uns  in  den  Versen  3 — β  aue- 
1  drücklich  bezeugt,  dass  man  in  gleicher  Weise  wie  Ariadne  auch 
[die  Andromeda  und  eine  Bacchantin  im  Bilde  sah.  Es  ist 
von  vorne  herein  zu  schliessen,  dass  das  Motiv  hier  genau  wie- 
derkehrte. Alle  drei  vergleicht  er  mit  seiner  Cynthia;  wenn  aber 
drei  Dinge  einem  vierten  gleich  sind,  so  sind  sie  unter  einander 
auch  gleich*  Es  fand  also  einfache  Heb  ertragung  des  Motive 
etatt,  und  es  war  in  Folge  dessen  wohl  nicht  immer  leicht,  die 
Monumente  von  einander  zu  untersoheiden. 

Eine  so  beBohafifene  Andromeda  scheint  bis  jetzt  nicht  nach- 


kann  eine  Serie  von  Malern^  die  denselben  Stoff  repetiren,  «rieh  an  eine 
pliiatißche  Vorlage  dauernd  binden? 

1  In  Helbig'»  Beechreibung  der  Wandgemälde    fehlt    leider  Öfter 
eine  genaue  Angabe  über  das  Armmotiv« 

>  Denn  er  sagtr   μασχάλη  hi  ή  h^hä  φον€ρά  rtäca  (Imag.  1  15). 

>  Vgl.  Jahn,  Arch.  ßeitr.  S.294. 


60  Birt 

gewiesen.  Auch  sie  lag  auf  dem  Felsen  (s.  oben  S.  32).  Mög- 
licher Weise  war  die  Ben^nnng  Andromeda  nnr  ein  Deutangs- 
versuch. 

Um  so  mehr  Hesse  sieh  über  die  Bacchantin  sagen»  und 
das  Properzzeugniss  ist  für  sie  besonders  nützlich. 

An  ein  sehr  ähnliches  Kunstwerk  denkt  augenscheinlich  auch 
Ovid  (Amor.  114,  21);  er  findet  seine  Geliebte  Vormittags,  noch 
bevor  sie  frisirt  ist,  auf  dem  Ruhebett;  sie  liegt  semisupina  (vgl. 
oben  S.  37),  also  wie  Ariadne ;  aber  auch  dies  stand  ihr  gut: 

ut  Threcia  Baoche 
cum  temere  in  viridi  gramine  lassa  iacet. 

Wollen  wir  nach  dem  nächstliegenden  Beispiel  greifen  ?  Im 
selben  Saal  des  Yatican  und  in  unmittelbarer  Nähe  der  Ariadne 
ist  die  Marmorstatuette  aufgestellt,  die  in  allen  Hauptsachen  zu 
ihr  stimmt  (s.  Clarac  IV  pl.  703  n.  16<>9;  der  Kopf  ist  ergänzt); 
auch  sie  sor^ich  gekleidet,  die  eine  Brust  frei;  auch  sie  trägt 
die  Sandalen.  Nur  liegt  ihr  Kopfende  links  und  nicht  rechts. 
Da  indess  an  der  Echtheit  dieses  Bildes  Zweifel  bestehen^,  so 
kann  sie  hier  nur  unter  Vorbehalt  verglichen  werden.  Ihr  Arm 
stützt  sich  auf  eine  Urne';  aber  auf  eine  Quellnymphe  können 
wir  gleichwohl  nicht  schliessen;  auch  Amoretten  schlafen  ja  als 
Brunnenfiguren  auf  Urnen  gestützt  und  sind  darum  doch  keine 
Nymphen  ^  Auch  hier  kein  ruhiger  Schlaf;  man  sieht  vielmehr, 
diese  Person  ist  eben  erst  auf  den  Felsen  hingesunken  (concidit 
Properz  v.  6),  und  es  Hesse  sich  nur  an  eine  Bacchantin  denken ; 
dazu  passt  die  auffallende  Zuthat  der  Schlange,  die  sie  im  Chiton 
trägt  und  die  zu  der  romantischen  Einbildung  verleiten  könnte, 
es  sei  Cleopatra^s  Tod  gemeint.  Die  Schlange  ringelt  sich  intim 
von  unten  an  ihrem  rechten  Busen  empor  und  schmiegt  das  Köpf- 
chen zärtlich  an;  den  Leib  aber  ringelt  sie  nach  hinten  und  unter 
der  blossen  Achsel  der  Schlafenden  hin  im  Innern  des  Chiton  auf  ihren 
Kücken.  Das  Thier  ist  im  Kleid  zu  Hause.  Es  ist  wie  die  Illustration 
zu  dem  δφίς  παρειάς  des  Dionysos  Sabazios  (vgl.  Demosth.  de 
Corona  260;  Theopbr.  char.  16  n.  a.),  der  den  thrakischen  und 
macedonischen  Mänaden  eignet.     Denn  diese  Schlange  wurde  im 


1  S.  Furtwängler  a.  a.  0.  S.  98,  Note. 

2  Diese  Urne  soll  Ergänzung  sein,  nach  Stark  a.  a.  0.  S.  25. 
8  Vgl.  z.  B.  Friederichs -Wolters  u.  15ö4. 


Die  VÄticanieohe  Aria4ne  and  die  dritte  Elegie  des  Properz.     Gt 

Busen  getragen^.     Sie  zeigt  somit  die  tbrakiscbe  Mänade  elu,  so- 
wie die  Urne  den  Bach  oder  Fluss  anzeigen  mag,  an  dem  sie  — 
lant  Properz  —  niedergefallen    ist.      Der   Flofls   ist    der    tbessa- 
liache  Äpidantis ;   so  genau   lokalisirt  der  Dichter  die  Gentalt, 
I  Solcherlei  Darstellungen    kannte  Properz,     Auf  Fläcbenbil- 

dem  begegnen  sie  uns  öfter,  und  es  wird  bie  und  da  erlaubt  sei, 
die  allgemeinere  Bezeichnung' Nympbe*  mit  der  concreteren  *  Bac- 
chantin '  zu  ersetzen. 

Auf  dem  Sarkophagrelief  voll  frecher  bacohieeher  Soenen 
zu  Neapel  (Gerhai'd  A*  ßildw.,  tab,  lU  n*  2)  liegt  vor  einem 
tempeiartigen  Bauwerk  auf  einer  fei  Ibed  eckten  Erhöh  η  ng  (KHne?) 
ein  Mädchen,  ganz  bekleidet  wie  Ariadne  und  mit  dem  Armmo- 
tiv der  Ariadne,  nur  den  Kopf  noch  weiter  zurückgelehnt,  dae 
I  r.  Bein  noch  hoher  aufgestellt.  Die  Umgebung  beweist  hier,  dass 
dies  nur  eine  Bacchantin  sein  kann  (».  Gerhard,  Text  S*  358). 

Auf  einem  Reliefbilde  bei  R.  Rochette,  Mon,  ined.  tab.  10  Α 
η.  l  sehen  wir  vor  einem  Satyrn  wiederum  ein  sorglich  geklei- 
detes Mädchen  nach  Art  Ariadne's  schlafen;  eine  grosse  Schlange 
ringelt  eich  von  ihr  zum  Satyrn  auf.  Properz  und  seine  Zeit 
verttand  solches  Bild  von  einer  Bacchantin.  Nicht  anders  steht 
es  mit  dem  Bilde  ebenda  tab.  10  Ä  n.  2. 

Sodann  das  Kelief  der  Villa  Albani  (z.B.  ArchäoL  Ztg. 38 
lab.  13,  3):  ein  Satyr  beschleicbt  ein  Mädchen^  das  im  Ariadne- 
motiv  gelagert  eoblummert-. 

Auf  einem  pompejaniachen  Gemälde  beendet  sich  wiederum 
ein  Mädchen  (Nymphe?),  ein  'blaues  Gewand  über  den  r.  Arm 
und  die  Schenkel,  auf  einem  Felsen  in  halb  sitzender,  halb  lie- 
gender Stellung,  indem  sie  den  I.Arm  über  das  Haupt  legt 
und  den  r,  Ellenbogen  auf  eine  Urne  stützt  (Heibig  n.  1014). 
Man  denke  an  die  Statuette  des  Vatican  zurück,  die  ich  zuers^t 
besprach.  Verwandt  damit  das  Bild  bei  Heibig  n.  lOIU;  auch 
in  dem  sog.  Uuellorakel  (Heibig  n.  1017)  hat  die^Nymphe  die- 
selbe Pose• 

Endlich  das  inzwischen  zerstörte  Bild  der  Casa  del  citarista 
(Heibig  m  566):  'Am  Rande  eines  Baches  schläft  eine  halb- 


'  Per  sinum  ducunt,  cum  inittant  (Firmicus  Mat.  p.  15B.);  in 
Binum  dimittitur  .  .  .  et  eximitur  ruraua  ab  ioferioribus  partibue  atque 
imis  (Arnob.  V  21).     Vgl.  PrellerRobert,  Or.  MythoL  I*  S.  709. 

^  Vgl.  Th,  Schreiber»  Die  hellenistischen  Rel!€n>ilder.  3.  Liefe* 
rang,  Tafel  24. 


62  Biri 

nackte  BaoohantiOy  das  Tympanon  und  den  Thyrtoi  neben 
eich.  Zu  ihren  Füssen'  n.  •.  w.  Leider  wird  uns  das  Annmo- 
tiv hier  nicht  mit  angegeben.  Weil  Thyrsos  und  Tympanon  da- 
neben lagen,  hat  man  den  Titel  '  Nymphe'  hier  nioht  beliebt. 

Aber  dieselben  Mänaden  im  selben  Ariadneschlaf  sind  sogar 
schon  auf  Vasenbildem  des  4.,  ja  des  5.  Jhdts.  vor  Chr.  nach- 
gewiesen^; diese  Vasenmalereien  sind  zweifellos  älter  als  unsere 
Ariadnestatue  selbst,  und  es  kann  also  auch  nicht  sicher  gefol- 
gert werden,  dass  die  anderen  soeben  aufgezählten  Mänadenbilder 
etwa  unter  dem  £influss  der  Ariadnestatue  entstanden  sind.  Ffir 
einige  von  ihnen  mag  dies  gleichwohl  nicht  unglaubhaft  scheinen. 

Wir  lernen  aber  noch  dies:  dass  den  Künstlern  das  Wesent- 
liche am  Ariadnemotiy  nur  der  über  den  Scheitel  gebogene  Arm 
war;  nur  er  beeinfiusste  den  Aufbau  charakteristisch ;  nur  er  wird 
ständig  so  festgehalten.  Die  Unterstützung  des  Gesichts  durch 
den  anderen  Arm  Hess  sich  abändern,  da  er  keine  wichtige  Linie 
gab  und  sich  für  das  Haupt  ein  anderer  Ruhepunkt  unschwer 
herstellen  Hess.  Es  wird  damit  freilich  ein  ausdrucksvoller  Zug 
beseitigt:  der  Schlaf  ist  so  ein  ruhigerer  und  minder  sorgenvoller 
geworden. 

Vor  allem  aber  folgern  wir:  Ariadne  selbst  istBacche;  und 
wenn  sie  auf  Felsen  schläft  und  wenn  die  Mänade  auf  Felsen 
schläft,  so  ist  zwischen  ihnen  kein  Unterschied.  Dieselbe  Figur 
kann  für  beides  genommen  werden  und  ist  offenbar  ganz  beliebig 
unter  beiden  Namen  gegangen.  Der  Statuentypus  war  gleichsam 
homonym;  er  war  wie  ein  Wort  mit  zwei  Bedeutungen. 

Dessen  sind  sich  auch  unsere  Dichter  vollauf  bewusst  Ovid, 
wenn  er  die  auf  Nazos  verlassen  Umirrende  schildern  will,  sagt, 
sie  sah  aus  wie  die  schweifende  Mänade,  Her.  10,  47: 
Aut  ego  diffusis  erravi  sola  capillis 

Qualis  ab  Ogygio  concita  Baocha  deo. 
Wichtiger  aber  noch  ist  der  zweite  Vergleich ;  Catull  c.  G4  v.  61 
citirt  ausdrücklich  ein  Marmorwerk ;  die  trauernde  Verlassene  sei 
wie  das  steinerne  Bildniss  einer  Bacchantin  anzuschauen:  Saxea 
ut  effigies  bacchantis;  und  hierzu  gibt  uns  gleichsam  Ovid  das 
Genauere,  daselbst  v.  49: 

Aut  mare  prospiciens  in  s a  χ  ο  frigida  s e d i 

Quamque  lapissedes,  tam  lapis  i  ρ  sa  fui. 
Also  das  Marmorbild  einer  erschöpft  dasitzenden  Ariadne;  sie 


1  Furtwängler,  a.  a.  0.  S.  92  ff.    Vgl.  unten. 


Die  mticaniscHe  Äriadiie  und  die  dritte  Elegie  des  Properz.     63 

eelbat  eo  flieinem  wie  ihr  Fekensitx!  Ein  Exemplar  dieees  Sitz* 
bildes  kennen  wir  eehr  gut.  Ee  ist  die  sog.  Breedener  Ari* 
adne^;  man  darf  somit  dieie  Statue  ruhig  so  zu  benennen  fort- 
fahren; die  Ovidworle  konnten  wie  ein  Epigramm  darunter  sieben. 
Weil  aber  Ariadne  Mänade  ist,  so  war  eben  β  och  diese  sitzende 
8  tat  α  e  gewiss  homonym  ;  saxea  iit  ef6giee  bacchantiii,  so  ver* 
gleicht  sie  auch  CatulL  Alßo  wird  die  entsprechende  lauschende 
Figur  auf  dem  Mareyaesarkophag  Monum,  instit*  VI  tnb.  18  hier- 
nach als  eine  Manade  und  als  eine  Freundin  des  Marsyas  inter- 
pretirt  werden  rnttesen,  an  dessen  Schicksal  sie  Antheil  nimmt; 
denB  dafl  Sitztuotiv  ist  hier  getreu  wiederholt  Dasselbe  oder 
dach  ein  sehr  ähnliches  Bild  erscheint  dann  nochmals  als  Ariadne 
auf  dem  Salzburger  Mosaik  mit  Theaeusdarstellungen. 

Wir  haben  in  Obigem   die  Verwendung   des  Nympbentitels 

ί  etwas  einzuschränken  versucht  und  glauben  vor  allem,  dass  weib- 
liche schlafende  Figuren,  am  Wasser  gelagert,  vielfach  als  schla- 

ffeade  ßaGchaDtinnen  verstanden  worden  sind.  Die  Nymphe  im 
Gefolge  des  Dionys  wird  selbst  zur  Manade,  Wenn  ich  also  am 
Anfang  meiner  Ausführungen  den  ersten  Typus  liegender  Frauen- 
figuren schlechtweg  als  Nymphen  bezeichnet  habe,  so  ist  auch 
diese  Bezeichnung  nicht  ganz  sicher.  Die  Urne  könnte  den  Zweck 
haben,  da»  Lagern  am  Bach  —  in  herboso  Apidano  —  wie  es 
Froperz  für  die  Mänade  als  typisch  gibt,  zu  einem  plastischen 
Ausdruck  zu  bringen. 

Aber  auch  andere  Uebertragungen  des  Ariadnemotivs,  die 
Properz  nicht  erwähnt,  lassen  sich  ohne  Mühe  nachweisen;  nur 
meistens  so,  dass  der  Korper,  wie  öfters  auch  bei  den  Mänaden 
und  auf  den  späteren  Ariadnebildern,  bis  zu  den  Hüften  entbli^sst 
gezeigt  wird, 

I  Ein  Liebling  des  jüngeren  Zeitgescbmacks  ist  der  Herma- 

phrodit. Es  kg  nur  zu  nahe,  gerade  dies  phantastische  Ge- 
schöpf liegend  und  im  Schlaf  vorzuführen  und  sodann  den  er- 
staunten Späher  daneben.  Es  ist  dies  zwar  ein  anderes  Erstaanen 
als  das  des  Bacchus,  aber  die  Nachahmung  im  Bilde  bot  sich 
von  selbst  dar;  so  finden  wir  den  Hermaphroditen  auf  geschnit- 
tenen Steinen;  auch  die  Handstiltzung  des  Kopfes  ist  mit  Treue 
beibehalten  ^. 


»  Abgebildet  bei  Clarac  IV 
Duhn  n.  833. 

«  Vgl  Roecher  1  S.  2330. 


pl.  f»H4    D.  1263  ff.     Vgl    dazu  Mat«• 


64  Birt 

Beeonders  gMohiokt  und  deutlich  ingleioli  ist  die  Umbil- 
dang  in  einer  Franengestalt  des  capitolinieoben  Pnteal  mit  den 
Soenen  ans  AcbiU'f  Leben  anigeftthrt^  Ein  breites  Bild 
zeigt  bier  rechts  Achill  unter  den  Lykomedestöchtem,  wie  er 
bewaffnet  enteilen  will.  Links  aber  liegt  einsam  schlafend  auf 
der  ElineDeidamia;  sie  ist,  nach  jüngerem  Geschmack,  fast  ganz 
entkleidet ;  das  Motiv  aber  ist  genau  gewahrt,  und  auch  die  Stütz- 
band  fehlt  nicht.  Die  Auslegung  gibt  sich  uns  hiernach  von 
selber:  wir  sollen  uns  denken^  dass  Achill  (als  Mftdchen)  noch 
vor  kurzem  mit  ihr  vereint  gelegen  hat,  wie  Theseus  mit  Ariad- 
nen.  Achill  aber  hat  sie,  während  sie  schlief,  verlassen  und  ist 
schon  im  Begriff,  fUr  immer  zu  enteilen,  so  wie  dies  Theseus 
gethan.  Nun  stttrst  auf  sie  von  links  eine  Dienerin  herzu,  um 
der  sorgenvoll  Schlummernden  den  Stand  der  Dinge  anzuzeigen; 
und  wir  sehen,  sie  wird  gleich  geweckt  werden. 

Bei  anderen  Uebertragungen  dagegen  ist  die  Stützhand  weg- 
gelassen und  der  frei  gewordene  Arm  verschieden  verwendet 

So  liegt  die  Rhea  Silvia,  zu  der  Mars  sich  findet,  auf 
dem  Gemälde  der  Titustbermen^  (s.  Müller* Wieseler,  Denkm.  II 
253;  Baumeister  n.  961);  dieselbe  ebenso  auf  der  Ära  Casali  im 
Yatican,  vierte  Seite,  oberster  Streifen ;  dieselbe  aufgeschnittenen 
Steinend  Eine  Beliefplatte  im  Lateran  aber  (n. 46)  bietet  mit 
dem  gleichen  Motiv  als  Pendants  auf  der  einen  Uälfte  die  Bhea 
Silvia  dar,  auf  der  anderen  den  schlafenden  Endymion,  den  Selene 
aufsucht  ^ 

Und  vor  allem  Endymion  sieht  man  noch  oft  so;  ich  ver- 
weise auf  den  Sarkophag  des  capitolinischen  Museums  (bei  Ri• 
ghetti  I  64;  Baumeister  n.  523;  Hypnos  hat  hier  Stirnflügel) ;  die 
Sarkophage  bei  Gerhard  tab.36,  tab.37,  tab.  39;  ebenda  tab.  38  ist 
Endymion  sogar  bekleidet.  Ferner  Galeria  Giustiniana  I  tab.  110; 
Clarac  II  pl.  170  n.  70  u.  71;  denselben  auf  Gemälden  bei  Hei- 
big n.  951  u.  952.  Zugleich  auf  den  1.  Arm  gestützt,  Michaelis 
Ano.  marbl.  Wobum  Abbey  86. 

Andere  Uebertragungen :  ein  pompejanischer  G  a  η y  m  e  d, 
bei  Heibig  n.  156  so  beschrieben:  'Ganymedes  ...  die  Linke 
über  das  Haupt  legend,    die  Rechte    mit  dem  Speer  aufge- 


^  Abgebildet  z.  B.  Wiener  Vorlegeblätter  Serie  Β  Tafel  9. 

^  Sie  liegt  flacher  gestreckt;  der  bärtige  Hypnos  hat  Stirnflügel. 

»  Vgl.  Muller -Wieseler  Π  η.  252. 

♦  Vgl.  Gerhard  ant.  Bildw.  tab.  40  n.  2. 


Die  vaiicanucbe  Ariadue  and  die  dritie  Elegie  dci  Properss.     β5 

slütsct,  liegt  Bcblafend  auf  Beiuer  reolitetj  Chlamys.  Unter  aeiiien 
Schenkeln  sieht  man  die  Spuren  .  .  .  vielleicht  des  Hypnos'.  Fer- 
ner die  schlafenden  Faune  in  statuarischer  BeliandluBg  bei  Clarne 
IV  |>1, 715  n.  r\  dfV  schlafende  Hirt»  idylliseh  gruppirt»  im  Va- 
tican,  hei  Clarac  IV  pl.  741  n.  1784  (Helhig,  Führer  n.  108). 

Ein  weisses  Glasrelief  endlich  auf  der  sog.  Portlandvaee 
im  Britifib  Museum  gibt  als  Gegenntück  zu  Peleus  und  Tbetifi(?) 
eine  dreiiigurige  Siiene  (s.  Millingen,  üned.  Mon.  I  pl.  A,  Bau- 
meister n,  1884bX  in  der  Mitte  auf  hoher  Felsenbasis  eine  schla- 
fende Frau  in  AriadneBtellung,  die  H.  über  dem  Haupt;  die  L. 
ist  herabgelassen  und  hält  eine  gesenkte  Fackel;  man  bat  auf 
Alkeatis  geratben.  Die  Erfindung  einer  Schlafenden,  von  zwei 
beobachtenden  Figuren  umgeben,  wird  uns  noch  öfter  begegnen 
und  war  offenbar  schon  auf  dem  ältesten  Äriadnegemälde  verwen- 
det (b,  oben  S.  52). 

Den  meisten  dieser  Scenen  ist  ausser  dem  Armmotiv  ge- 
meineam,  dass  sie  Liebesscenen  sind  und  dass  die  geliebte  Person 
im  Schlaf  tiberraseht  wird.  Von  Ariadnebildern  scheint  die  Er• 
findnng  auegegangen  und  auf  andere  Heroinen  sowie  auf  geliebte 
Knaben  übertragen.  Dass  dem  so  ist«  bestätigt  eben  die  vaticani- 
sehe  Ariadnestatue*  8ie  beansprucht  mutbnmsslidi  ein  hüheres 
Alter  als  das  Meiste,  was  wir  sonst  angeführt;  sie  oder  iloeb  ilir 
noch  älteres  Vorbild  hat  das  Motiv  berühmt  gemacht. 
(Schluss  folgt.) 

Marburg.  Tb.  Birt. 


X  Vgl  Anthol.  PlÄnn^l,  η.94β. 


Ebeln.  Mus.  f.  l'tailnL  K.  F.  L. 


66  Foeriter 


Lessing  und  Reiskee  zu  Aesop. 


Als  ReiRkc  mit  seiner  Frau  im  August  1771  bei  Lessing 
in  Wolfenbüttel  zum  Besuch  war,  kam  die  Kede  auch  auf  den 
alten  in  Augsburg  befindlichen  Codex  unedirter  Fabeln  des  Aesop, 
auf  welchen  Job.  Michael  Heusinger,  der  ibn  selbst  eingesehen 
hatte,  in  der  Praefatio  seiner  Ausgabe  der  Fabnlae  Aesopicae 
graecae  mit  den  Worten  hingewiesen  hatte:  Oj^erac  tarnen  pre- 
tium  facief,  qukunque  posüiac  tofius  codicis  huius,  tjui  non  erudi- 
tos  tantum,  sed  acres  acfäosque  oculos  postuJat,  dcscrihendi  moU- 
stiam  devorabif.  Da  Reiske  Beziehungen  zu  Augsburg  hatte,  seine 
Frau  aber  ein  Vergnügen  darin  fand,  Lessing  einen  Gefallen  zu 
erweisen,  so  versprach  Reiske,  sich  die  Handschrift  kommen  und 
—  er  selbst  war  damals  schon  recht  augenleidend  —  durch  seine 
Frau  abschreiben  %u  lassen.  Und  so  sah  sich  Lessing  nach  der 
Beseitigung  einiger  Hemmnisse,  über  welche  ein  Brief  Reiske*8 
an  ihn  aus  dem  Mai  1772  (Redlich,  Briefe  an  Lessing,  Nr.  326) 
berichtet,  noch  in  demselben  Jahre  1772  im  Besitz  einer  Ab- 
schrift der  Augsburger  Fabeln  und  stattete  den  Dank  für  diese 
Liebenswürdigkeit  in  seiner  Abhandlung  über  ^Romulus  und  Ri- 
micius'  (Zur  Geschichte  und  Literatur.  Aus  den  Schätzen  der 
Herzoglichen  Bibliothek  zu  Wolfenbüttel.  Erster  Beitrag,  Braun- 
schweig  1773)^  mit  folgendem  Complimente  (S.  72)  ab:  '£ine 
solche  Handscbrift  findet  sich  auch  in  Deutschland  in  der  Bib- 
liothek der  Stadt  Augsburg,  auf  die  schon  seit  1741  Jo.  Michael 
Heusinger  die  Gelehrten  aufmerksam  gemacht  haben  sollte.   Sein 


1  Lessing  schickte  ihn  mit  einem  Briefe  am  22.  Januar  1773  an 
Reiske  (Redlich,  Briefe  Lessinga  N.302). 


Leesiog  und  ReUkea  zu  Aeeop. 


07 


Zeugniss  und  eeine  Vereicherung,  hätte  ich  gemeint,  müeste  die- 
een  Schatz  an  das  Licht  zu  bringen  olm  fehl  bar  veranlassen.  Aber 
auch  das  ist  nicht  geschehen.  Vielleicht  weil  et»  «ich  nicht  der 
Mühe  verlohnte?  Es  verlohnt  sich  ihrer  recht  sehr,  wie  ich  ganz 
gewiss  weifis.  Denn  endlich  bin  ich  »o  glücklich  gewesen,  eine 
Abflcbrift  von  he«agteni  Angfthnrgiseheni  Codex  zu  erhalten,  aus 
der  ich  sehe,  iass  er  alle  meine  Erwartung  übertrifft.  Diese 
Abschrift  igt  von  der  Hand  der  Madame  Reiske,  die  sich  damit 
um  die  griechische  Literatur  unendlich  verdienter  wird  gemacht 
haben  ak  eine  Madame  Dacier  mit  allen  franKösischen  Ueber- 
aetzungen,  wenn  man  künftig  eiomiil  den  Aesop  einzig  so  lesen 
wird,  wie  man  ihn  ohne  ihr  Zuthnn  vielleicht  noch  lange  nichts 
vielleicht  auch  wohl- nie  gelesen  hätte'  (Hempel  XI  2,  9B9) '. 

Nun  sind  zwar  bisher  keine  Proben  der  Beschäftigung  Les* 
einge  mit  dieser  FabelRammiung  der  Äugsburger  Handschrift  zu 
Tage  getreten,  aber  das«  er  Aufzeichnungen  zu  ihr  hinterlassen 
hatte,  wnsste  man  aus  der  Bemerkung  seines  Bruders  Karl  (Gott- 
hold  Ephraim  Leseings  vermischte  Schriften,  Zweiter  Theil,  Ber- 
lin 1784  S.  22β):  'Ausser  diesem,  was  hier  vom  Aesop  vorkömt, 
hat  mein  Bruder  einen  Heft  von  drey  Bogen  in  Oktav:  Erklä- 
rungen über  den  Aeeop,  nachgelaesen»  die  mit  denen,  welche 
er  dem  griecbiechen  Manuscripte  beygefilgt,  dessen  er  in  seinem 
ersten  Beitrage  zur  Geschichte  und  Litteratur  aus  den  Schätzen 
der  herzoglichen  Bibliothek  zu  Wolfenbüttel  No,  2  8.  72.  geden- 
ket, schon  einen  ziemlichen  Kommentar  ausmachen;  sie  sind  aber 
nur  in  deutscher  Sprache  gesehrieben'.  Und  das  von  demselben 
herausgegebene  *  Lehen  Leseings  nebst  seinem  noch  übrigen  litte- 
rarischen Nachlasse,  dritter  Tbeil,  Berlin  1795  enthielt  die  An- 
kündigung dei'  Herausgube  der  FabelHannnlung  mit  Lessings  An- 
merkungen, Denn  Fülleborn,  welchem  Karl  Lessing  die  Heraus- 
gabe dieses  Theile.s  des  Naclilasjücs  lihirtragen  hatte,  schreibt  im 
Vorwort  S.  XIX:  das  philologische  L'ublicnm  hat  noch  einen 
wichtigen  Bejtrag  zur  alten  Literatur  auH  Lessings  Nachlasse  zu 


*  Ich  benutze  die  Girk^gcnbeit  xui•  Aufkliiniij;(  eioe^  Namens  in 
derselben  Abhaiidhiu^  (S.  ί>2;ϊ).  Wenn  Leasing  schreibt,:  *  Fiben  dieses 
Manuscript  ist  es  ohne  Zweifel,  welches  er  (Giidiua)  an  eincni  andern 
Orte  Sciaaaianum  Rimicii  codicem  nennet,  h'h  bekenno  meine  Unwissen- 
heit, warum  Sciassianum,  Mir  föllt  weder  ein  Ort  noch  ein  Gelehrter 
ein,  nach  welchem  es  diese  BencDnung  fuhreM  könnte*,  so  ist  unzwei- 
felhaft Samuel  Schass  gemeint,  desen  Begleiter  Gudius  war,  der  Stifter 
de«  jedeuj  Kieler  liekannten  Stipendium  Schaseianum. 


68  Foereter 

hoifeD,  eine  Handschrift  der  Aeeopischen  Fabeln,  von  der  Madame 
Eeiske  abgencbrieben,  und  von  Leasing  mit  einigen  Anmerkungen 
begleitet,  welche  ein  gelehrter  Philolog  überarbeiten  wird  *,  Aber 
der  weeentliche  Theil  dieees  Vereprechena  ist  bia  heute  unerfüllt 
geblieben.  Zwar  gab  Schneider  Saxo,  welcher  mit  Karl  Leaaing 
kurz  vor  dessen  Tode  in  Breslau  bekannt  geworden  war  und  die 
Abschrift  der  Handschrift  nebst  den  Anmerkungen  von  ihm  zum 
Geschenk  erhalten  hatten  den  griechischen  Text  heraus:  ΜΥΘΟΙ 
ΑΙΣΩΤΤΕΙΟΙ.  Fabulae  Aesopiae  e  codice  Augustano  nunc  primum 
editae,  Vratislaviae  1812,  aber  ohne  die  Anmerkungen.  Nur  bis- 
weilen nahm  er  kurz  auf  ein  Urtheil  oder  eine  Textverbesserung 
Lessinge  Bezug  ^.  Seitdem  ist,  so  viel  ich  weiss,  von  der  ganzen 
Arbeit  keine  Rede  gewesen. 

Um  so  grösser  war  meine  Freude,  als  es  mir  jüngst  glückte, 
die  Anmerkungen  mit  der  Abschrift  wieder  zu  finden  und  zwar 
in  einer  Handschrift  der  Breslauer  Universitäts-Bibliothek  —  IV 
Qu.  104**  — ,  welche  auf  dem  Einbände  die  Aufschrift  trägt: 
Schneiden  Collectanea  ad  Aesopi  fabulas. 

Es  ist  ein  aus  80  Blättern  bestehender  Quart- Band.  So- 
wohl auf  der  Innenseite  des  Deckels  als  auf  Blatt  1  stehen  Ein- 
tragungen von  Karl  Lessings  Hand  über  Ausgaben  der  aesopi- 
Bchen  Fabeln  von  Gottlieb  Ernesti,  Leipzig  1781  an  bis  zum 
I^eipziger  Drucke  der  Ausgabe  von  Francesco  del  Furia  (1810), 
dazwischen  auch  die  Bemerkung:  Siefte  des  />.  Jiciske  Brief  vom 
13.  Febr.  1773  fast  zu  Ende  an  meinen  Bruder, 

Auf  Blatt  2  steht  von  Leasings  Hand: 


^  Dadurch  erweist  sich  die  Angabe  des  Rccensenten  des  dritten 
Theils  von  Lessings  Leben  in  der  Allgemeinen  Literaturzeitung  März 
179G  N.  98  Sp.  780,  dass  Frau  Reiske  die  Abschrift  dem  Hofrath 
Eschenburg  geschenkt  habe,  als  irrig,  ebenso  wie  die  Behauptung, 
dass  Reiske  selbst  die  Abschrift  gemacht  hal>e.  Auch  Willielm  wurde 
durch  diese  Angabo  getauscht.    Siehe  unten  S.85  A.  2. 

*  Am  unbegreiflichsten  ist,  dass  auch  er,  der  sowohl  Reiskes  als 
seiner  Frau  Handschrift  kannte,  Reiske  für  den  Schreiber  hielt.  Frei- 
lich ist  es  das  Schicksal  dieses  apographum  gewesen,  auch  weiter  zu 
den  seltsamsten  Irrthümem  Anlass  zu  geben.  Nicht  nur  wurde  Schnei- 
ders Behauptung  von  Scholl  (Gesoh.  d.  griech.  Litt.  1, 184)  wiederholt, 
sondern  Halm,  Fabulae  Aesopicae  collectae  p.  ΠΙ  sq.  Hess  gar  Sohnei- 
der  die  Sammlung  ex  codice  Augusteo  bibliothecae  Wolfenbuttelanae 
veröfifentlichen. 


LeesiDg  und  Reiskes  xu  Aeeop,  69 

Ein  älterer  u*  besserer 

Äesup 

als  der  gewöhnliche  des  Planudes 

aus 

einer  Augsburgischen  Handschrift 

gezogen  ^ 

von  3iad.  Eeiske. 

Mit  Blatts  beginnt  die  Abechrift,  deren  Ueberschrift  lautet: 

Aesopi  fübnlae  e  codice  August ano  p,  80,    N.  3^* 

μύθοι  του  αίαώπου:  κατά  ςοχεϊον. 
Sie  ßcLlieißt  auf  fol-  78"^   mit  den  Worten    ού   οόλιυς  χρή 
έαν  φύεσθαι  (=  ρ.   115,  20  ed.  Schneider).      Blatt    79  und  80 
«ind  leer. 

Leseing  selbst  ist  an  eine  Paginirung  der  Abschrift  gegan- 
gen, indem  er  mit  rother  Tinte  die  ßlattzahlen  in  die  rechte 
obere  Ecke  setzte,  kam  aber  nicht  über  Blatt  28  hinaus.  Die 
Anmerkungen  hören  noch  eher,  bei  Fabel  138,  welche  auf  Blatt 
25"^  steht,  auf.  Mit  rother  Tinte  schrieb  er  auch  im  Anfange 
die  Zahlen  vor  einzelne  Fabeln,  wek'he  sie  in  der  sogenannten 
plan  ud  ei  sehe  η  Sammlung  Iiaben,  durch  drei  Sterne  bezeichnete  er  die 
bisher  unbekannten  Fabeln.  Mit  rother  Tinte  machte  er  endlich 
anch  Textvcrbesseruugön  am  Rande  der  Abschrift:  so  in  Nr*  2 
l  μάλλοις  (Text:  μαλίοις);  ebend.  άμιλ\α  (Text  άμιλλα);  in  Nr,  41 
L  npoanaiZüJ  mm  t^oee  (Text:  ττρός  παίίω);  in  Nr.  72  L  λάβων- 
ται  (Text:  λάβαιται);  in  Nr.  73  I.  oup'f€iov  (zu  μίλισίΤουργόν) ; 
in  Ni\  81  i.  θεντος  (zu  €κχυθ€ντι);  in  Nr.  89  ην  (zu  ττροσθήκβν); 
In  Nr. 94  μ  (zu  έπου);  in  Nr.  102  αϊ  {m  beiE) ;  in  Nr.  120  l  iv 
σχολαϊς  (Text:  ένσχολεϊς);  in  Nr,  125  ς  (zu  Treweipou);  in 
Nr.  127  ύ  (zu  άττοθνήκείν).  Aber  die  eigentlichen  Anmerkungen 
eebrieb  er  mit  schwarzer  Tinte  auf  besondere  Blätter,  mit  denen 
er  die  Abschrift  dnrehsehiessen  liese. 

Diese  Annierknngen  bezeichnen  zunächst  regelmäseig  die 
Nummern,  unter  denen  sich  die  betr.  Fabeln  in  den  Sammlungen 
von  liaimdes  und  Nevelet  befiiulen.  Sodann  erörtern  sie  in  erster 
Linie  die  Vurziige,  seltener  die  Mangel,   welche  die  Fassungen  der 


^  Yon  späterer  (wohl  utcht  Karl  Lessings,  sondern  des  in  Aussicht 
genommenen  EditorB)  HaTid  geändert  in:  genommen. 

3  p.  80  N,  *Λ  ist  die  Augsburjtier  Signatur  des  Codex,  des  jetzigen 
Monaciiiisis  gr.  ΓΜ>4  {fol.  295  sq.),  den  paginae  von  Reisers  Index  manu- 
scriptoruni  Bibtiothccae  Augustauae  (Augsburg  lUTu)  entlehnt. 


70  Foereter 

Fabeln  in  der  Augeburger  Sammlung  vor  denen  der  übrigen 
8ammlungen  haben.  Die  Gründe,  welche  Legeing  für  sein  — 
wohl  auch  in  Zukunft  gültiges  —  Urtheil  von  der  Vorzüglichkeit  die- 
ser Sammlung  vorbringt,  sind  meist  sachlicher  Art;  doch  bemerkt 
er  auch  zu  Fabel  19,  dass  diese  Sammlung  vor  der  'gemeinen* 
auch  'dergleichen  eigenthUmliche  und  Kemworte\  wie  πέλμα 
voraushabe.  Auch  auf  das  Alter  und  die  Quellen,  sowie  auf 
die  Nachahmungen  der  Fabeln  wird  eingegangen,  dabei  zu  Fa- 
bel 109  und  135  die  Bemerkung  gemacht,  dass  die  Fabeln 
Lokmans  aus  dem  Griechischen  übersetzt  seiend  Unter  den  Be- 
merkungen über  die  Anordnung  der  Sammlungen  ist  besonders 
der  zu  Fabel  110  aus  einem  falschen  Epimythion  gezogene  Scblaee 
hervorzuheben,  dass  Planudes  eine  Sammlung  wie  die  Augsburger 
vor  sich  gehabt  habe.  Aber  mit  besonderer  Vorliebe  werden  Lee- 
arten abgewogen  und,  thcilweis  sehr  gute,  Textverbesserungen  vor- 
gertragen.  Dabei  wird  bisweilen  (zu  Fabel  67,  74,  88)  zustim- 
mend oder  bestreitend  Rücksicht  auf  Randbemerkungen  der  Frau 
Reiske  genommen ,  welche  Auslassungen  in  der  Handschrift 
konstatirt  oder  Acnderungen  vorgeschlagen  hatte'. 


*  Ueber  'Pilpay*  spricht  er  zu  Fabel  2h, 

^  Diese  Randbemerkungen  hat  Schneider  nur  7uni  Tlieil  erwähnt. 
Da   sie   der  Reiskia   grösstentli'M'ls   zur  Khre    gereichen,    tlicilc  ich  sie 
hier  volleiüiidi^  mit : 
Fab.  21  p.  V\  1 :  <lele  εντός  (zwisohon  ήθύμουν  und  iv  τοσούτψ). 

—  32  ρ.  IS,  4  παρακείμενον  Ftatt  περικείμενον. 

—  ;i-3  ρ.  19,  ()  όλυμπιονίκων  st.  όλυμπιονικαίων. 

—  44  ρ.  24,  7  άναδύντες  st.  άνα6ύναντες. 

—  Γ)ϋ  ρ.  2S,  1  μετήλλαΕε  st.  καθήλλαΕε. 

—  Γ)1  ρ.  2«,  \:\  καταλλαγάς  st.  μεταλλαγάς. 

—  .58  ρ.  .*Vi,  Γ>  άπολλύουσι  st.  άπόλλουσχ. 

—  Γ)1)  ρ.  i]2y  2  ί>ίνην  st.  ^(να. 

—  ίΙ(»  ρ.  8.'),  4  μαγ€ίρου  st.  αύτοΟ. 

—  *»7  ρ.  3<»,  ;]    'hier  iiiuss  entweder   etwas    falsch    j^eschrieben   seyn 

oder  etwas  fi'lilvu.     Doch  ist  im  Mst.  keine  Lücke*. 

—  74  p. :)!»,  i»stj.  zu  dvOpuiTTOv  είναι  ^φασκε :  '  liier  fehlt  ohne  Zweifel 

etwas;  im  Maiiuscripte  ist  aber  keine  Lücke*. 

—  ><l  i>.  4.*5,  1  iTpoacöaai  st.  προςασαι. 

—  84  ρ.  44,  :J  έπισημαινομένου  st.  ύποσημαινομένου. 

—  88  ρ.  4«»,  5  μελλήσας  st.  άμελήσας  (rait  Unrecht  von  Lessiug  ver- 

worfen). 

—  89  p.47,  2  ίς\ν  st.  έσθίειν. 

ρ.  17,  12  παρά  st.  περί. 


LeBflin^  und  Reieke?  zu  Aesop. 


71 


Der  bei  weitem  groeete  Theil  der  Anmerkungen  ist  offen- 
bar unmittelbar  naeli  Empfang  der  Abscbrift,  kurz  vorber,  ebe 
er  pein  obenerwalintes  Urtbeil  über  den  Werth  der  Sammlung  in 
den  Beitrügen  drucken  liess,  also  noch  im  Jabre  1772  geechrie- 
ben.  So  erklärt  sicli,  daes  er  zn  Fabel  118  (vgl.  zu  Fabel  3) 
zwar  auch  die  vita  Aeeopi  citirt,  aber  nur  in  der  bei  Nevelet  ab- 
gedruckten dem  Maximue  Planudes  zagescbnebenGn  RecensiüUp 
nicht  in  ilerjenigen  Fassung,  welche  er  im  Februar  des  folgenden 
Jabres  1773  durcli  eine  ebenfalle  von  Frau  Heiske  gemacbte  Ab- 
scbrift ^  kennen  lernte, 

Docb  fehlt  es  nicht  au  nachträglichen  Zusätzen,  wie  eie  fort- 
gesetzte Lektüre  zu  bringen  pflegt.  So  hatte  er  zu  Fabel  8  (Ai- 
ΰυυπος  ποτέ  ό  μυθοττοιός)  zuerst  angemerkt:  *  Biese  Fabel  ist 
unserer  Handschrift  ganz  eigen,  und  ich  glaube  nichti  daee  mau 
sie  sonst  irgeuds  wird  gelesen  haben.     Freylich  aber  gehört  sie 


p.  Ϊί2, 

p.53, 
p,  51, 


Fab.  92  p,  49,  8  πάντα  et,  ταΟτσ. 

—      04  ρ.  50,  3  ήκ€  προς  τήν  ί^ίνην  st.  ή5€  προς  τήν  ^ίνα. 

ρ.  δΟ.  5  άποΙσ€ται  st.  ύποίσεται* 

4  θηρευτικόν  at.  θ€ωρητι>ΕΟν. 
11  ύποθεΐναι  fit.  έπιθ€ΐναι. 
7  άποδώσιν  et.  άποοώσοίίσιν. 
ϊ  ρ.  54.  8  λύπης  st  νίκης. 
[  ρ.  55,  8  έτίίίν  st.  ociiiv* 

ρ.  55,  19  γίναινται  et*  γεννώνται. 
>  ρ,  5β,  9  πολυτ€λΦς  st.  πολυετώς. 
?  ρ,  59,  5  συν^ίώσθη  st,  συν€£ώθιι. 
J  ρ.  IJ4,  iJ  πάρα  ατή  σα  ι  st.  π€ριστήΐϊαι. 
ϊ  ρ.  6S»  4  άφαιρησομένη  st,  άφαιρίθησομ^νη. 
?  ρ.  7']^  2  αυλίαν  st.  auXmvav. 
]  ρ.  73,  1  πλαϊΐόμενος  et.  ΤΓ€λα2όμ€νος. 
)  ρ.  77,  2  επιτυχόντων  st.  αποτυχόντων. 

ρ.  77,  8  ίσταύριυσαν  at    έστρωσαν. 
ί  ρ,  Μ3,  1  μητραγ ύρται  st.  μινΓΤορται. 
Ι  ρ.  88,  11  *add*  ουκ'  zwischen  άμοιβάς  und  ύποδώόναι. 
1  ρ.  90,  fi  βυρσο6^ψΐ}  st.  βυρσοδίΟσι. 
J  ρ,  91,  Η  έΕανίστασθαι  et,  έΕαναστηαέσθαι. 
J  ρ<  101,  2  τόπψ  st.  πσταμψ. 
i  ρ.  105,  5  κώμης  st.  ρώμης. 
]  ρ.  106,  5  άφυύις  st.  €ύφυώς. 
ι  ρ.  108,  Η  ^χθροίς  et.  άνθρώποις. 

ϊ  ρ.  108,  1  'f.  παταασόμενα'  st ασόμ€να. 

)  ρ.  109,  '**  άμ€λ£ϊν  St.  άμ£λ€Τσθαι. 

VgL  über  diesü  unten  S,  75  f. 


72  Foefster 

mehr  unter  die  Sclinaken  und  Possen  des  Aesopne,  als  daes  sie 
eine  eigentliche  moralische  Fahel  neyn  sollte'.  Nachtrftglich 
schrieb  er:  *Doch  nun  finde  ich,  dass  Hudson  diese  Fabel  aas 
einem  Ms.  Gall.  herausgegeben;  und  sie  ist  bey  ihm  die  312te. 
In  dem  Hauptmanschen  Abdrucke  p.  248.  Allein  der  Hudson- 
sche  Text  kan  doch  wenigstens  aus  unserm  sehr  verbessert  wer- 
den. Z.  E.  für  τόν  bk  bia  βουλομενον  bietet  Hudson  ganz  ohne 
Verstand  τών  bk  διανοουμένων '. 

'Sogar  Aristoteles  hat  sie  schon  Meteorolog.  XI.  als  wirk- 
lich Λ'οηι  Aesop  angeführt  . 

Einige  solcher  Nachträge  lieferte  ihm  die  Eenntniss  der 
Lesarten  einer  zweiten  Handschrift,  welche  er  durch  C.  W.  be- 
zeichnet. So  hat  er  in  Fahel  23,  zu  seiner  Anmerkung  zu  άτι• 
θάσσψ:  *  Sollte  es  nicht  vielmehr  heissen  τιθάσσψ  als  ότιθάσσψ? 
Denn  ein  wildes  konnte  der  Mann  doch  nicht  sogleich  unter  den 
Hähnen  gelm  lasKen'  nachträglich  hinzugefügt:  'τΐ^(Τ(Τώ  hat 
auch  wirklicli  der  C.  W.':  zu  Fabel  .*J(>  ή  άπνουν  f\  δψυχον 
lautet  die  Anmerkung:  *ή  δψυχον  ist  offenbar  das  (rlossema  von 
δπνουν  und  mnss  ganz  weg';  und  ein  Nachtrag:  *ü.  W.  hat  auch 
blos  δψυχον*.  Zu  Fabel  48  steht:  *C.  W.  lieset:  Βοτάλην  άπό 
τίνος  θυρίοος  κρεμαμίνην  elbev  νυκτρις' ;  in  Fabel  ü6  lautet  die 
Anmerkung  zu  πρώτου:  'dieses  niuss  auf  den  Koch  oder  Fleischer 
gehen,  bey  welchem  die  .Jünglinge  um  Fleisch  handelten;  dessen 
Erwähnung  in  dem  Vorhergehenden  also  fehlt.  Oder  soll  für 
πρώτου  blos  μαγείρου  stehen?*;  nachträglich  hat  er  hinzuge- 
fügt: 'C.  W.  lieset  auch  wirklich  μαγείρου*.  Schneider  hat  mit 
einer  mir  an  dem  sonst  so  gewissenhaften  Manne  unbegreiflichen 
Leichtherzigkeit  in  diesem  C.  W.  einfach  einen  codex  Augustanas 
alter  gesehen ;  wenigstens  schreibt  er  zwei  von  den  vier  in  Rede 
stehenden  Lesarten  (Fabel  23  und  48)  diesem  Codex  zu.  Aber 
ganz  abgesehen  von  der  Unerklärlichkeit  der  Sigle  C.  W.,  weder 
Reihenfolge  noch  Lesarten  stimmen  zu  den  beiden  anderen  ehe- 
maligen Augustuni,  jetzigen  Monacenses  gr.  551,  fol.  262^  sq. 
und  525  fol.  21^  sq.  Am  nächsten  lag  es  in  dem  W.  Wolfen- 
btittel  mit  seinem  Codex  gr.  71  zu  sehen,  aber  auch  diese  Ver- 
muthung  hat  sich,  einer  freundlichen  Mittheilung  des  Herrn  Ober- 
bibliothekar Dr.  V.  Ueinemann  zufolge,  nicht  bestätigt.  Witten- 
berg und  Weimar  hatten  keine  Aesophandschriften,  und  so  blieb 
nur  Wien  übrig,  und  hier  fand  sich  in  der  That  das  Gesuchte. 
Ein  bisher  fast  unbekannt  gebliebener  Codex  der  Hofbiblio- 
thek, phil.  graec.  CLXXVTTI  (foL  311  sq.)  enthält,  was  von  kei- 


r^eRHi»^  mui  EeiBkee  z«  Aeeop, 


TS 


nem  andern  wenigetens  der  bielier  bekannten  Codicee  gelten 
dürfte*,  fiowolil  die  Fabeln  in  der  vnn  Lessing  angjemerkten  Eei- 
benfolge  ak  auch  die  obigen  Lesarten-.  Ob  Lessing  den  Codex 
aelbfit  in  Wien  im  Jabre  1775  eineab  oder  dnrcb  einen  Andern 
—  vielleiebt  gar  dunliFieiskes  Vennittehing;  vgL  unten  S.79  Z.13  — 
Hitlheilnngen  über  ibn  empfinge  vermag  ich  zur  Zeit  niebt  zn  sagen. 
Bisweilen  tritt  eine  inhaltliche  Beriibrnng  Äivischen  diesen 
Anmerkungen  und  jenen  hervor,  welche  sich  iii  ilem  von  Leseing 
angelegten  grossen  ^  KoUektaneum^  iinden  und  aus  diesem  von 
Eechenburg  hervorgezogen  worden  sind  l  Icli  halte  die  Zneam- 
menstellung  der  folgenden  für  lehrreich.  Es  lautet  die  An- 
merkung: 

in  nufierer  Handechrift 


stu  Fabel  9. 
Die  vierte  unter  den  planii- 
deiecben.  Der  Unietand,  dass 
hier  der  Fuchs  in  den  Brnnen 
ftllt,  anstatt  dasR  er  mit  dem 
Fachs*  zugleich  herabsteigt,  wie 
in  dem  gemeinen  Texte,  iatsebr 
wichtig.  Denn  nur  tladurcb  wird 
der  Fuchs  nicht  selbst  des  Ta- 
dels würdig,  mit  dem  er  den 
Bock  verlacht.  Oder  konte  er 
es  im  voraus  schon  ganz  gewiss 
wissen y  dasB  sich  der  leichtglän• 
bige  Bock  so  würde  hintergehen 
lasten« 


in  den  KollektaTieen(Eechenhurg 
I  452;  Hempel  XI  2,  liX)7) 
Fabel  IV. 
Im  Griechischen  wird  diese 
Fabel  auf  zweierlei  Art  "^  erzählt. 
Das  eine  Mal^  nämlich  springt 
der  Fuchs  nicht  mit  in  den  Brun- 
nen hinab,  sondern  kommt  nur 
dazu,  als  der  Bock  sich  verge- 
bens herauszukomtuen  bemüht. 
Und  so  ist  die  Fabel  einfacher 
und  besKer.  Der  Dmetand  zwar, 
dass  der  Fuchs  über  die  Hör- 
ner des  Bocks  hcrausspringt,  ist 
sinnreich^  alleiu  er  macht  den 
Fuchs  einer  gleiclien  Unvorsich* 
tigkeit  schuldig.     Denn   wusste 


t  Am  nachäten  nivhi  dies^ui  Wiener  Codex  der  Harleianus  5543 
(Hausrath  J.  J,  Suppl.  XXI  iilO;  auch  in  Fabel  48  stimmt  er  nach 
einer  freundlichen  Mittheilung  Haueraths  rait  diesem  übereiu),  aber 
Nr.  9  (der  Α ugsbiuM^^erSam ml ung)  ==   V2  C.  W.  (45  Halm)  fehlt  in  ihm. 

^  Nur  bietet  der  Codex  in  Fabel  48  in  Wahrheit  eicht  clftev  νυκ- 
τρις,  sondern  übe  νυκτ€ρ1ς.  Für  freundliche  Mittheilungen  über  die 
Wiener  Handschriften  bin  ich  dem  Herrn  Cuetos  Dr*  Goldlin  von  Tie- 
fenau  zu  grossem  Dank  verpachtet. 

*  Auch  zwischen  unsrer  Anmerkung  zu  Fabel  27  und  der  zu  Phac- 
drus  l  7»  *J  in  der  Abhandlung  *  Üeber  den  Phaeder'  (Hempel  XI  2, 
10 IH)  ist  Debereioatimmung. 

*  Lee^iing  wollte  Bock  schreiben. 
5  [EU,  NevoL  4  und  281.]  β  [Nevel.  284.] 


74 


Foerster 


Zu  Fabel  90. 
Die  91  ste  outer  den  Planu- 
deischen.  Ich  bin  noch  nicht 
recht  gewiss,  worauf  es  bey 
dieser  Fabel  eigentlich  ankörnt. 
Etwa  darauf,  dass  Merkur  dem 
Tircsias  beidemal  Erscheinun- 
gen nante,  woraus  für  den  ge- 
genwärtigen Fall  nichts  zu 
■chliessen;  und  das  zweytemal 
gar  eine  Krähe  κορώνη  anzeigte, 
von  welcher  ein  jeder  wusste, 
dass  sie  οιιυνισμόν  ουκ  Ιχ^ι, 
wie  auch  in  der  98ten  Planu- 
deischen  Fabel  ausdrücklich  ge- 
sagt wird?  SchlosR  er  also  dar- 
aus, dass  der  Man,  dessen  Au- 
gen er  sich  itzt  bediente,  ihn 
nur  zum  besten  habe,  u.  wohl 
selbst  der  Dieb  seyn  möge. 


eM  auch  der  Fuchs  schon  ganz 
gewiss,  dass  der  Bock  so  dumm 
sein  und  sich  dazu  bequemen 
würde? 

Fab.  XCI  (Hempel  S.  1010). 

Ich  möchte  wohl  wissen,  wie 
die  Ausleger  diese  Fabel  mit 
der  98  sten  und  99  sten  vergli- 
chen, wo  von  der  κορωνη  aus- 
drücklich gesagt  wird:  otuivt- 
σμον  ουκ  έχ€ΐ.  Wer  diese 
Schwierigkeit  nicht  aufzulösen 
weiss,  versteht  die  ganze  Fabel 
nicht. 

Sie  muss  aber  so  aufgelöst 
werden,  dass  TiresiasdenMer- 
cur  eben  daran  erkannte,  dass 
er  ihm  schon  zum  zweiten  Mal 
einen  unrechten  Vogel  nannte, 
aus  dem  nichts  zu  schliessen 
war. 


Zu   Fabel  108. 
(έκίλευσεν    αυτήν    οιά    τάς 

(η) 
αρχάς  €ΐσ€λθ6Ϊν.) 

a)  Dafür  stehet  in  dem  ge- 
meinen Texte  ohne  allen  Ver- 
stand hxä  του  δχλου.  Die  be- 
wuseteVerbeeserungdieserStellc. 


Fab.  CIV  (Hempel  S.  loil). 
Anstatt  öia  του  όχλου  muss 
man  lesen ;  bia  του  όχθου,  d. 
i.  durch  die  Lippen.  Und  nun- 
mehr erst  kömmt  in  die  ganze 
Fabel  ein  Verstand.  6  όχθος 
aber  heient  eigentlich  littus, 
ripa;  im  figürlichen  Verstände 
aber  bedeutet  es  auch  die  Lip- 
pen, so  wie  auch  το  χ€ΐλος 
labium  und  ripa  bedeutet  ^ 


J  Υ  fr],  Kolleklauocn  I  2.Ί2. 


Leeatog  und  Heiakes  zu  Aesop, 


75 


Man  sielit,    ciasn    unsere  Anmerkungen    später  Bind  ab  die 

äer  Kollektancon,  was  zu  dem  Ergebnisfi  der  Ermittelungen  über 

iie  Zeit,  der  letzteren  durcliaus  fitiinmt.^     Als  Lesfting    den   Ein- 

[trag   in  die  *Kollektftneen'  «u  Fabel  IV  machte,   kannte  er  noch 

niclit  die  Faeeun;;^  der  Äugeburger  Sammlung,    sondern   nur    die 

[äbiilicbe  bei  Kevelet  284;    als    er    unsere  Anmerkung    zu  Fabel 

190  acbrieb,  war  er  in  der  Lösung-   der  Schwierigkeit  etwas  un- 

picherer,    und    bei   der  *  bewusBten  Verbesserung     zu    Fabel  108 

fliat  er  offenbar  die  der  *  KoHektanceu     δχθου  im   Sinne''. 

Die  vollständige  VerÖlfentliuhiing  der  Anmerkungen  Boll  als* 
[bald  in  der  Zeitpcbrift  für  vergleichende  Litieraturgeecbichte 
[(Band  θ  Heft  1)  erfolgen. 


Am  12.  December    desselben  Jahres  1772    echickte  Reieke 
[den  Katalog  der  Bücher-  und  Handiscbrifteusamralung    des    kurz 

1  Vgl  Escheiiburg  1  8.  XIV. 

^  Meiner  Meinung  nach  ist  Leesing  die  Losung  der  Schwierigkeit 

Fliieht  gelungen.  Ich  finde  eine  der  Pointen  der  Fabel  pferade  in  dem  Gegen- 

*mize  der  Bedeutung  des  Adlers  und  ihr  Krühf  für  die  Mantik.   Nicht  jeder 

Vogel  ist  ein  ^ναίσιμος  {OiL  0,  ISl.  b.  in  Merc.M3sq.  Calüm.  lav.  Pal).  123): 

jder  Adler  isi  der  wirkeamste  aller  olujvoL  (τ€λ€ΐότατος  π€τ6ηνιϊιν  11.  θ,  247 

Wf   315   mit  den  SeliQlien)^    und  trotT^dum  dieser  jetzt  sogar  il  dpi- 

öTCpdJV  έπΙ  δεΙιά  flog,    also    besomler?!  bedeutmi>4HVoll   scheinen  muiste 

(Od.o,  52:Ksq. ;    ß,  lUi;    II,  μ.  2.H7sq.  Pind.  Isibm.  V  Γ1Ο;    Xen.   Anab. 

VI  L  2^1),    i^rklärtp  Toireaia»    μή    irpöc    αυτούς   τοιΊτον  €Ϊναΐ-     Hermes 

.mochte  schon  triumphiren.      Dagegen  hat  die  Krähe    keine    mantiache 

Craft  gerade  nach  Aussage  der  üeopieohei»  Fabeln  9H  und  *)!•  (vgl.  auch 

'  Ariel  Av.  5),   Teiresias    aber  wusste  ihr,    ijhwohl  sie  noch  dazu  ruhig 

auf  einem  Baum  ^ass  und  hald /um  Ilimmeh  brdd  zur  T^rde  guckte,  Wocb 

das   σήμ«  έναίαιμον  (II,  β,  .'»Γκ•ί)  dafür»  das«  ('Iij>*r  der  niinmh'schen  und 

natürlich    kein    anderer    alti    der   άρχος    ψηλητίων    (h.    in    Merc.   292) 

fund  ΡοΟκλ€ψ  (Sriph.  fr.  9:^2^  X.J  mv  Erde  gekommen  und  ilie  Rinder  ge- 

itohien  Iiabe^  7.u  entnebmen.     Dom  Teiresiaa  war  verliehen  (CaBiaL  1. 1.) 

TvüjaeiToi  h*  όρνιθας,  δς  αϊσιος,  οϊ  τ€  ττ^τονται 

ήλιθα,  Kul  uoiujv  ούκ  άγαθαι  πτ^ρυγ€ς* 

ipollod.  hibl.  II Ι  (Ι,  7  τύς  άκοάς    δίακαθάραααν  ηασαν  opvlöujv  φωνήν 

{ΐιοιήσαι  ουνιέναι)*     Er   let    der  Schüler   des  Meisters  Apollon^  welcher, 

Bachdem  er  von  dem  Alten  in  Oncliej^tos  ilcn  Rinderdiebstahl  erfaiiren 

ijbaty  aus  dfr  Beobachtunsr  eines  Vogels  auf  Hermea    als  Diob    schliesst 

f(h.  in  Merc.  2ϊ'1|.    Der  Diel>  Hernif«  lernt  wie  damals  den  Apollon,  so 

'jetKt  den  Teirenias  als  ηανομφαίος  (h.  in  Merc.  473)  kennen. 

^  Auf  due  Richtige,  von  Schnoider  gefundene^  6ιά  τοΟ  dpxoö  (vgl. 
Arietot.  bist.  anim.  Π  17  ρ.  uOTa  3o)  iit  er  nicht  gekommen* 


76  Foersier 

vorher  in  Leipzig  veretorbenen  Kathe-Aeseesor  Stieglitz»  welche 
im  Anfang  dee  nächsten  Jahres  versteigert  werden  sollte,  an  Lee- 
sing, und  bot  ihm,  so  ihm  'eines  und  das  andere,  sowohl  von 
den  gedruckten  Büchern  als  anch  von  den  Haonscripten  (p.  158  sq.) 
anstehe',  seine  Dienste  zur  Erwerbung  an  (Redlich,  Briefe  an 
Lessing  N.  341  in  der  Hemperschen  Lessingansgabe  XX  2,  638). 
Lessing  antwortete  darauf  am  22.  Januar  1773  (Redlich,  Briefe  von 
Lessing  N.  302,  ebend.  XX 1,  546):  Ίη  dem  übersandten  Kataloge 
sticht  mir  Manches  in  die  Augen,  das  ich  gar  zu  gerne  für  mich 
oder  für  die  Bibliothek  haben  miichte,  wenn  mir  nicht  auf  alle 
Weise  die  Hände  gebunden  wären.  Wenn  die  Auction  wenigstens 
doch  nur  erst  gegen  künftige  Johannis  gehalten  würde'.  Frau 
Reiske  errieth,  dass  jenes  'Manches'  sich  auf  nichts  mehr  be- 
ziehe als  auf  eine  von  Cober  angefertigte  Abschrift  von  Fabeln 
des  Aesop.  Und  so  musste  sich  Reiske  gleich  auf  die  Beine 
machen,  zum  Proclamator  gehen  und  sich  diese  Abschrift  geben 
lassen.  'Wips!  (sagt  der  WandebeckerV  \  schreibt  Reiske  an 
Lessing  am  13.  Februar  1773  (Hempel  XX  2,  663),  '  setzte  meine 
Frau  sich  hin,  schrieb  das  Dingelchen  ab,  und  in  drei  oder  vier 
Tagen  war  das  gethan\  Dann  las  sie  ihm  den  Text  der  Hand- 
schrift vor,  er  las  ihre  Abschrift  nach  und  'kleckte*  dabei  einige 
'  vermeintliche  Emendationes'  an  den  Rand,  die  er  jedoch  alsbald, 
nachdem  er  sich  von  dem  wahren  Charakter  der  ganzen  Schrift 
überzeugt  hatte,  grossentheils  als  Verbesserungen  des  Autors 
zurücknehmen  wollte.  Am  13.  Februar  überraschte  er  Les- 
sing mit  der  Abschrift  und  jenem  in  aufgeräumtester  Stim- 
mung verfassten  Briefe  (Redlich  N.  353).  Die  Handschrift  selbst 
erreichte  in  der  Auktion  einen  viel  höhern  Preis,  als  er  Reiske 
angemessen  schien,  da  sie  nicht  die  Fabeln,  sondern  nur  einen 
βίος  —  genauer:  zwei  βίοι  —  des  Aesop  enthielt.  Wem  sie  zuge- 
schlagen wurde,  sagt  er  nicht.  Auch  der  Abschrift  wird  in  Lessings 
Schriften  nnd  Briefen  keine  Erwähnung  gethan«  Und  so  waren 
beide  apographa,  sowohl  das  Coberianura  als  das  Reiskianum, 
verschollen,  bis  Westermann  das  erstere  in  einer  Handschrift  der 
Breslauer  Universitäts•  Bibliothek  gefunden  zu  haben  meinte  und 
in  dem  Schriftchen: 'Vita  Aesopi  ex  Vratislaviensi  ac  partim  Mo- 
nacensi  et  Vindobonensi  codicibus  nunc  primum  edidit,  Brunsvi- 
gae  et  Londini  1845'  herausgab.  Aber  ein  Blick  auf  die  Hand- 
schrift  —  IV  Qu.  44  —  genügte,    um    mich    von    dem    Irrigen 


1  Claudius. 


Louing  und  tlm»kee  tu  Aeeop« 


tt 


lieaer  Annalimc  zu  Uberzeugeu.  Es  ist  vielmehr  die  Äb«chriit 
der  Reiskia  «ei bat.  We«terraftnn  beruft  sich  allerdinge  damuf 
φιοά  bi^  tervf  in  nmrgine  legtintur  noUilat    ab    cadem  qua  feo'fus 

^manu  sniptae  Cdieri  nrmiiNC^,  aher  konnten  tliese  Noten  nicht  au  β 

lern  aμ^>graphuπl  Coberiaimm  herübergenommcn  «ein?     Und    die 

andbemerkuiigen  rühren   nicht,    wie   Kainpmann  an  Westermann, 

^welcUer  die  Handschrift  nicht  selbst  geeehen  hat,  meldete,  von 
Schneider  Saxo  her.  —  dieaer  schrieb  ganz  anders,  —  sooderu 
etud  die  vonReiske  an  den  Rand    gek leckten  Emendationes'.  Schnei* 

tders  Name  ist  mitbin  aus  Westennannst  kritischem  Appai'at  zu 
atfernen  und,  jedoch  mit  der  obigen  Einscliriinkung»  durch  den 
Kelskes  zu  ersetzen.  Schneider  war  nur  Beßitzer  der  Hand- 
schrift, hatte  sie  aber  nicht  erstanden  —  denn  zur  Zeit  der  Auk- 
tion war  er  nicht  mehr  in  Leijizig  —  sondern,  wohl  zuaamiiieu 
Imit  dem  apographum  der  Äugsburger  Fabeln,  von  Karl  Lessiug 
ium  Geschenk  erhalten. 
I  Aber  jet'/t  kann  ich  auch  das  apographum  Coberianum 

nachweisen,    Ks  ist  der  Codex  der  Königlichen  Bibliothek  in  Dres- 
den   l>a   1L\  welchen  ich  Dank   der  Liebenswürdigkeit  des  Iferrn 
Oberbibliothekar    Ui\  Schnorr  v,  Carolsfeld  hier  einsehen  durfte, 
Kj)ie  Breelauer  Abschrift  stimmt  mit  der  Dreedeuer   genau    über- 
Bain,  und  die  unten  (A.  1)  abgedruckten  Randbemerkungen  finden 
^bich  hier  mit  denselben  Worten,  nur  ohne  den  Zusatz   Cdidij  uml 
^nach  die  Vergleich tuig  der  Hchrift  des  Dresdener  Codex  mit  der 
Cübers  (z.  B*  in  einem  Briefe,  welchen  er  aus  Prag  im  Beceraber 
17Γϊ9  an  Clodius,  den  Bibliothekar  des  Königs  in  Dresden,  in  grie- 
chischer Sprache  geschrieben  hat(MsG.  Dresd.  C.  110*  N.  71)),  dient 
^^fur  EJestätigung  dieses  Ergebnisees.     Auch  glaube  ich  in  der  spä- 
^Pter  mit   dickem  Tintenstrich    unleserlich    gemachten    ereten  Zeile 
der  Handschrift,    welcher  über    dem  Anfange  Άισώιτος  ό  μύθο- 
ποιος  φρύΕ  το  γ^νος,  τιϊχη  5έ  5οολος  ateht^    noch  Δώρον  und 
θ€Οφΐλος  Κώβερος  zu  erkennen.     Wahrscheinlich   ist  der  Codex 
^■gleich  bei  der  Yereteigerung  177^  in  den  Besitz  der  KtintgUcheu 
Bibliothek   übergegangen.     Wenigstens    ist    Herr  Dr.  Schnorr  v. 
Carolsfeld  geneigt,    in  der  auf  der  InnenstTile  des  Einbandee  ge- 
machten Eintragung:    Ε  Cod.  BibL  Eleot.  Bavariae   die 


1  Auf  Blatt  1^  steht  zu  Είστην  (ρ.  8,  20  West.):  sie  divinn,  graeca 
feri  eram  erant.  Cober;   auf  Blatt  ii«"   tu    ην    iu  έγγράφΐ^ν  (ρ.  10,  23); 
Γ  HMdo  an  recte^  nam  hae  duae  Utiime  erasat  erant,  Cobtr. 


78  Foersier  ' 

Hand  des  damaligen  Bibliothekars  Johann  Michael  Francke  (f  1775) 
zu  erkennen. 

Dieser  Bibliothek  β -Vermerk  scheint  jeden  Zweifel  über  die 
Provenienz  des  apographnm  Coberianum  auszQschlieseen  nnd  doch 
ist  er  trügerisch.  Schon  Westermann  bemerkte,  dass  sich  in 
Hardts  Katalog  der  Codices  graeci  Monacenses  ßavarici  kein  Codex 
verzeichnet  finde,  welcher  einen  βίος  AicTiinrou  enthalte,  und  Haus- 
raths  Vermuthung  J.  J.  Suppl.  XXI  2Gt>,  dass  der  jetzige  Mona- 
censis  525  die  Vorlage  gewesen  sei,  scheitert  einfach  daran,  dass 
dies  ein  ehemaliger  Augustanus  (=  p.  75  n.  2)  ist,  abgesehen 
davon,  dass  der  Text  (fol.l54Ond  1—20)  beträchtlich  abweicht. 
Und  um  den  —  an  sich  allerdings  wohl  statthaften  —  Gedanken 
an  eine  Nachlässigkeit  HardtK  abzuschneiden,  bemerke  ich,  dass 
die  auf  meine  Bitte  von  den  Herren  Dr.  v.  Laubmann  und  Keyss- 
ner  mit  dankenswerthester  Zuvorkommenheit  angestellten  Nach- 
suchungen keinerlei  Anhalt  für  das  Vorhandensein  eines  solchen 
Codex  ergeben  haben.  Dass  endlich  nicht  an  einen  seitdem  in 
Verlust  gerathenen  Codex  gedacht  werden  dürfe,  wird  die  fol- 
gende Auseinandersetzung  zeigen.  Die  Frage  ist  allerdings  eine 
der  verwickeltsten,  welche  mir  auf  diesem  Gebiete  vorgekommen 
sind,  nnd  ich  wünschte  wohl,  um  mit  Keiske  (in  unserm  Briefe 
an  Lessing)  zu  reden,  'den  so  desperat  verfitzten  Knaul  behut- 
sam und  glücklich  zu  entwickeln*.  Westermann  hat  allerdings 
mit  einer  Vermuthung  das  Richtige  getroffen,  aber  ohne  jegliche 
Kenntniss  des  wirklichen  Sachverhalts  und  ohne  zu  ahnen,  welche 
Schwierigkeiten  ihr  entgegenstehen. 

Die  erste  Frage:  worauf  beruht  jene  Eintragung:  Ε  C  ο  d. 
Bibl.  Elect.  Bavariae?  lanst  sich  nur  auf  einem  Umwege 
beantworten.  Dieselbe  Meinung  nämlich,  welche  diese  Eintragung 
bekundet,  hegte  auch  Reiske.  Nachdem  er  in  jenem  schon  mehr- 
mals herangezogenen  Briefe  Lessing  mitgetheilt  hat,  dass  das 
apographum  nur  die  vita,  nicht  auch  die  Fabeln  des  Aesop  ent- 
halte, fährt  er  fort:  'doch  begnügen  Sie  sich,  mein  lieber  Lessing, 
indessen  mit  diesem  Vorschmacke.  Auf  das  Frühstück  soll  hof- 
fentlich die  Mahlzeit  selbst  bald  nachfolgen.  Wir  wollen  Rath 
schaffen.  Mit  Nächstem  will  ich  an  den  Herrn  von  Oefele  schrei- 
ben. Der  soll  mir  den  Codicem  in  natura  schicken.  Doch,  ich 
wette  drum,  es  werden  auch  da  eben  dieselben  Fabeln  stehen, 
die  Sie  schon  aus  dem  Augsburgischen  Codice  haben  .  Schon 
dies  würde  genügen,  da  von  Oefele  Bibliothekar  der  Kurfürst- 
lichen Bibliothek    iu  München   war.     Aber   er    fügt   auch    noch 


Lesting  und  Reiakes  in  Aeeop, 


79 


^ 


bmEu:  'Indeeeeti  könnte  docli  wohl  diese  baieriNclie  Abechrift  der 
Äugeburgiöchen  iu  Tiiaiichtni  Stellen  zn  Hülft;  komraen  ,  Woher 
wusete  Reiske,  daRs  dieBP  Ahsrhrift  von  Beinern  ehemaligen  Zu- 
hörer  Cüher  in   München  geiuacht  sei  ? 

Die  von  WeBtermaim  vergeblich  gesuchte  Autwort  auf  dieee 
Frage  gibt  uub  eiu  hier  xum  ersten  Male  veröffentlichter  Brief 
vom  21.  Februar  l77^},  in  welchem  lieiske  seinem  VerBprecheu 
gemäss  Herrn  von  Oefele  um  Uebereendnng  des  Codex  ersucht. 
In  diesem  Briefe  hei  est  es  :  Est  in  amicls  nteis,  fjnen^  ]sitmmi  fa- 
fio,  LessingiH^,  poeta  illc  nobilisj  scetme  Germankae  Sophocles^ 
idemque  Aesopus  vernaeutus,  Is  noram  parat  fabularnm  Aesopi 
fdifioTfem,  Qtwd  C(jo  eorplum,  qmhus  possum,  modis  omftibus  se- 
cundafis^  conscribo  umitque  copias  mtxiliares,  —  I^uper  admodum 
wisi  vitam  Aempt^  α  ^ulgata  item  diversanif  eandentf  quam  Man- 
tefalcoHius  aUqnando  rerepit  α  se  e  codke  Florentino  edendam^ 
camque  e  codke  Bavarko  txscrlpiam,  Miraris  procul  dubio,  qui 
poliluit  ega  sim  apographa  codkis  Monachknsis^  quem  α  ie  nun- 
tpiam  ad  we  missmn  fuissc  tibi  ron^cius  sis,  IHcam  brevihts.  Kr- 
scripserat  iUam  vifam  nliquando  apud  vos  commoranSy  Coherus. 
Verum  tarnen  non  ab  hoc  ipso,  sed  per  ambages  potttus  sum  apo- 
grapho  Cuhermuh  Bibliothcca  insignis^  α  senatore  quodam  nontrate 
relktüy  hastae  publicae  subjccfa  nuper  admodum  distrahebatur, 
Erant  ibi,  cum  afü^^  hand  aspernandis^  rompluscula  apographa 
rodicum  graeconon,  α  Cobera,  et  nescio  α  quo  alio^  e  cadicibits 
Momichknslhus  factiu  —  Erant  porro^  si  fides  esset  indici, 
sau  Catalogo^  fabulae  Ae^opij  e  codice  Monachiensi  ex- 
svriptae;  ab  ipsius  Coheri  manu,  Sed  meniiebatur  ille 
Cntalogns.  Habui  penes  me  per  aliquot  dks  illaa  schedas  et  ab  tixore 
faicribetidas  curavi;  ret^im  fabufas  Aesopi  nulias  ibi  veperi^  sed 
solnm  modo  vitam  illam  ubwJ. 

Also  der  Auktionskatalog^  der  Stieglitz^echen  Sammlung 
bildete  die  Grundlage  für  Reiske's  Annahme.  Und  das  Gleiche 
Tvird  für  die  Eintragung  des  Bibliothekars  gelten.  Wie  schlecht 
diese  Quelle  war,  erfuhr  Keieke  bald  selbst^  ate  er  nicht  die  Fa- 
beln, sondern  nur  die  vitae  des  Aeaop  in  der  HandBcbrift  fand. 
Daea  der  Katalog  auob  über  die  Provenienz  der  Handschrift  eine 
irrthümliche  Angabe  macht,  lässt  sieb  negativ  und  positiv  be- 
weisen* 


1  Von  einer  Antwort  Oöft4es  gibt  es  keine  Spur. 

^  Ein  £xempkr  desselben  war  leider  niL'ht  rnebr  anf/utreiben. 


80  Poersier 

Allerdinge  hatte  Cober,  von  dem  Stieglitz  die  Handecbrift 
mit  andern  erhalten  hatte,  in  München  vieles  abgenchneben  —  dies 
ist  die  Quelle  des  Irrthams,  —  aber  diese  Abschrift  erwähnt  er 
weder  in  einem  aus  München  am  10.  Februar  1760  an  Clodius 
in  Dresden  gerichteten  Briefe  (Msc.  Dresd.  C.  110*  N.  70).  in 
welchem  er  seine  dortigen  Arbeiten  aufzählt,  noch  in  dem  um- 
fangreichen, leider  nur  noch  unvollständig  erhaltenen  Berichte, 
welchen  er  nach  Beendigung  seiner  dreijährigen  Reise  im  Jahro 
1762  an  Reiske  erstatteten  Hier  heisst  es  über  seine  in  Mün- 
chen ausgeführten  Arbeiten :  Quod  autem  principaleni  hibUoihccam 
liberrime  potuerim  excuiere^  et  quoscunque  vdlem  Codices  doml  de- 
scribere,  uni  Oefelio  deheo.  Ex  anecdotU  mihi  descripsi  ires  Tac- 
iicoa  graecos^  Polychronii  scholia  in  nonnullos  libros  Sacrae  Scrip- 
turaCj  Glossarium  Gr.  V,  et  Nävi  Testamenti^  et  in  quibus  edefidis 
iam  maxime  versor,  Jamblichi  librum  de  commtmi  Mathematica 
scientia,  rccensitum  α  me  ad  duos  Codices  Vindobonenses  et  Li- 
banii  Orat.  Declamationes  et  epistolas  ne  nuperri^He  (juidem  α  Cot- 
laro  nee  Bongiovanno  editas,  Latifte  etiam  rerti  Jtdii  Poilucis 
Chroniconj  ex  uno  tarnen  eoque  mendoso  et  mutilo  Codice,  Die 
Aesopabschrift  umfaest  nicht  weniger  als  59  Blätter  in  Folio. 
£e  wäre  sehr  seltsam,  wenn  er  eine  so  grosse  Arbeit  hier  über- 
gangen hätte. 

Aber  es  läset  sich  auch  positiv  die  Vorlage  für  Cobers 
apographnm  nachweisen  —  zwar  nicht  durch  jenen  Reisebericht, 
welcher  leider  mit  der  Aufzählung  der  Handschriften  im  Colleg 
der  Spanier  zu  Bologna  abbricht,  wohl  aber  durch  die  erhaltene 
Handschrift  selbst.  Am  12.  April  1760  nämlich  hatte  Cober 
München,  wo  er  bei  Bianconi  Hauslehrer  war,  verlassen  und  war 
nach  Italien  gereist.  In  Florenz  freundete  er  sich  mit  den  Be- 
nediktinern der  Badia  an  und  wälzte  in  ihrer  schönen  Biblio- 
thek den  berühmten  Codex  N.  94,  welcher  ausser  dem  Xenophon 
Ephesins  und  Chariton  auch  die  zwei  vitae  und  die  Fabeln  des 
Aesop  enthält  (fol.  96  sq.),  welchen  Montfaucon  (Diar.  Ital.  p.366) 
mit  der  Bemerkung  erwähnt  hatte,  dass  er  aus  ihm  Aesopum  Deo 
favente  ediren  wolle.  Ja»  Cober  trug  kein  Bedenken,  die  Erinne- 
rung an  die  geleistete  Arbeit  durch  ein  Epigramm  zu  verewigen, 


1  Dies  ist  der  Reisebericht,  welchen  Reiske  in  seiner  Lebensbe- 
schreibung S.  118  erwähnt.  Vom  Concept  hat  Herr  Professor  Heibig  ein 
Bruchstück  in  der  Stadtbibliothek  zu  Bantsen,  an  dessen  Gymnasium  Cober 
nachmals  Conrektor  wurde,  gefunden  und  mir  freundlichst  zugeschickt. 


Letsing  und  Heiskes  isq  Aesop. 


81 


irelches  er  auf   die  Innenseite   des  Einbandea    des    hent    in    der 
Xnurenziana  (Conv,  Boppr.  627)^  befindliclieij  Codex  eintrug: 
^K  χα!ρ£Τ€  ΣΕΐνοφίλαι  BtvebiKTou  χαίρ6τ€  μοΟσαι, 

^H  αϊς  μία  νυν  τρισσάς  βίβλος  έχ6ΐ  χαρίτας 

^Η  και  την  μέν  Είνοφών,  τήν  θήκ€  6'  όττη  χαριτώνος, 

^^  aiciLUTTou-  5έ  τριτήν  κώβ€ρος  άντιτίαΕί:  ^ 

Eiazu  die  Unterscbrift 
Ιωάννης  θ€Οφιλος  κώβερος,  σάΕυυ  ίγραψεν:  >- 
Nun  liegt  efi  allerdings  nälier.  das  ΑΙιΤώπου  in  Vers  4  auf 
ie  Fabeln  —  diese  wurden  bekanntlich  erst  von  Furia  aue  dem 
!odex  herftusgegeben  —  zu  beziehen.  Aber  Cober  könnte  doch 
«üch  den  βίος  oder  die  βίοι  mit  abgeschrieben  habe«.  Darüber 
^—kann  lediglieh  die  Vergleitdmng  der  Lesarten  eeineR  apographum 
^^■nit  denen  der  Handschrift  entscheiden,  und  dieee  läset  mich  aller* 
^^Blngs  nur  zu  einem  bejahenden  Schlüsse  kommen.  Sehon  die  in 
^^Oen  Novelle  Letterarie  raitgetheilten  Anazüge  ergeben  eine  weit- 
gehende Cebereinstimmuiig  auch  in  Vereehen,  aber  da  sie  mir 
nicht  genügten,    wandte  ich  mich   in  Bezug  auf  besonders  bedeu- 

ItODgevülle  Stellen  an  Herrn  Festa,  welcher  meiner  Bitte  um  Prü- 
jfeug  aufe  bereitwilligste  entsprach.  Ich  will  hier  nur  dae 
Bignifikanteste  mittheilen.  In  pag,  7,  11  der  Westermann'schcn 
[Ausgabe  bietet  Cobers  Äbfichrift  nicht  κάλλιστα,  sondern  αλλιστα, 
offenbar  deshalb,  weil  das  κ  im  Florentiner  Codex  etwas  ver- 
blieben ist.  Und  kann  man  ζ  weife!  η ,  dass  dieser  Codex  seine 
Vorlage  war,  wenn  Cober  (p.  8,  22)  ζβατην  echrieb  mit  der  Be- 
merkung:  sie  dhnrio.  gracca  fere  erasa  etant^  und  der  Florentiner 
Codex  Εέα  und  dahinter  eine  Rasur  bietet,  oder  wenn  Cober 
^wp.  10,  23  έγγραφων  schrieb  mit  der  Bemerkung:  nescio  an  recU. 
^Kßam  iioe  daac  llüeme  erasae  erant^  und  der  Florentiner  Codex 
(foL  96^)  έττράφ  und  dahinter  zwei  verblichene  Buchstaben 
bietet?  Sollte«  diese  Rasur  und  Verbleichung  der  Schrift  auch 
auf    ein  Mittelglied   zwischen     dem    Florentiner  Codex    und    dem 


1  Vgl.  Festft  in  den  Studi  italiani    di    filologia    claseica  I  172 aq* 
Ein  ausführlicher  Bericht  über  den  Itilialt    der  Handschrifti    soweit  er 

lesop  angeht,  wurde  von  emem  Ungenannten   in  den  Novelle  Lettera- 
rie puhblicate  in  Firenze  FAnno  1779  ool.  fiOB-filO;  βΕ^ί-ίΗΟ;  (inl  — 
gegeben.     Hier  findet  sich  auch  coL  657  das  Epi(iramm  Cobers  mit- 
l^heilt.     Eine  Ileviston  di^s  Äbtlrucks  verdtinke  ich  der  Gefälligkeit  des 
Herrn  Festa, 

2  Korrigirt  aus  αίαοίπον. 

BUtia.  Hut.  r.  E'tiiluL  N.  F.  L.  6 


82  Foersier 

apographniDy  also  den  vermeintlichen  MonacensiR,    übergegangen 
sein?     Kaum  denkbar. 

Und  doch,  ich  gestehe  pr,  gab  es  einen  Zeitpunkt,  wo  ich 
glaubte,  dies  Rchier  Unbegreifliche  begreiflich  finden  zu  mtieeen. 
Vor  mir  lag  eine  von  anderer  Hand  gemachte  Abschrift  der  bei- 
den Aeeopviten  mit  der  Aufschrift  vor  der  ersten  vita : 

Atsopi   Vita 

e  Co(l.  Ms.  BibUothecae 

KlccL  Baiariae 

descripta 

et  collata  cum  illa,  quac  in  Codice  Au• 

giLstano  p.  75.  n,  2.  reperitur, 

α 

Bcnedicto   Wilhehn,  , 

17Wi, 

und  vor  der  zweiten  vita: 

Altera  eademque  hrevior 
Aesopi  vita 
tx  eodem  Codice  Biblioth,  Βαν, 
descripta^ 
quae  et  in  Codice   Vindobon, 
PhiloL  Gr.  N.  CLXXVIII 
(olim  133 J   p.  3 11  sq. 
reperitur, 
cuiusque  descriptioncm  cum  hac, 
quam  dώeo  Adclungii  Celώ.  hu- 
manitati,  contuU  ex  eaque 
emendavi. 
Benedict   Wilhelm,    dessen   Name    im    Nomenciator 
philologornm    fehlt,    den   29.  März  1763    zu  Augeburg    geboren, 
in  Leipzig  Schüler  von  Reiz,  1847  gestorben^,  hatte  schon  in  jungen 
Jahren  den  Plan  zu  einer  auf  breiterer  handschriftlicher  Grund- 
lage ruhenden  Ausgabe  der  Aesopfabeln  gefasst,    war  aber  nicht 
über  die  Sammlung  des  Materials  hinausgekommen  und  hatte  die- 
ses der  Bibliothek    der  Klosterschule  Rossleben,   an   welcher  er 
1786  Conrektor,  von  1800  bis  1837  Rektor  war,  vermacht.     Er 
hatte  im  Jahre  1796  den  im  ersten  Theile    dieses  Aufsatzes  be- 


1  Vgl.  Herold,  Geschichte  der  Klostcrschule  Rossleben,  Halle  1854. 
S.  48  fr. 


Leeeiog  und  Ileiekes  zu  Aesop> 


83 


hÄtjdeltcn  Codex  der  Aesopfabeln  mit  zwei  andern  zur  Verglei- 
ebung  erliaUen,  als  dieselben  nocL  in  Augsburg  waren,  und  Latte 
nicht  nur  dies  Faktum^  «ondern  ziigleicli  aueb  die  Vergleiobung  von 
Florentiner,  WienerundMoäkanerHandscbrifteu  durch  eineSubskrip* 
lion  in  jenem  Codex  verewigen  zu  niiiseen  geglaubt.  Diese  von  Hardt^ 
mitgetheilte  Subskription :  Novissime  confulit  cton  Florenttnis^  Vin- 
dchonetisibus  et  MoscoiHcnsibus  Benedicius  Wilhelm  AugmlanuSj 
Conrecfor  Lycmi  Ώύ3ΐώί€η8ί3  anno  k,  S.  1796.  mensc  Auffusio  er- 
weckte 80  grosse  Erwartungen,  dase  icb  es  für  nötbig  bielt^  Ein- 
elobt  in  Beine  Sammlungen  zu  nebmen,  und  der  jetzige  Rektor 
der  Kloaterscbule,  Herr  Frofeeeor  Br,  Heilniann  entsprach  meiner 
Bitte  um  Üebereendung  derselben  in  der•  freundlichsten  Weiae. 
Der  mir  zugänglich  gemachte  Apparat,  welcher  die  Signaturen 
Aa  18,  52ϊ  54,  64,  66,  68  txägt,  umfaeet  in  der  That  KoMatio- 
Tien  von  Angsburger,  Wiener,  Florentiner,  Moskauer  Handechrif- 
t€D>  welche  theils  am  Rande  der  Ausgaben  von  Hauptmann  (Leip- 
zig 1741),  Heusinger* Klotz  (Eisenach  und  Leipzig  1776),  Gott- 
lieh Emeeti  (Leipzig  17B1)  eingetragen  sind,  theüs  eigne  Hefte 
bilden.  Per  erste  Band  aher  (Aa  48),  die  durchschosfiene  Aus- 
gabe von  Hauptmann,  enthält  als  Einlage  auf  21  Quaternionen  die 
Abschrift  der  beiden  Viten  des  Aeaop  mit  den  oben  mitgetheilten 
Aufschriften. 

Die  Vergleich  η  ng  des  Textee  ergab  fast  völlige  Ueberein- 
stiramung  mit  dem  Cober'scben  apographum,  und  dadurch  schien  die 
Provenienz-Angabe  des  Stieglitz'schen  Auktionskatalogs  bestätigt 
zu  werden.  Und  dazu  schien  ferner  zu  stimmen,  dass  eine  zweite 
Notiz  in  einer  kurzen  Abhandlung,  welche  die  Ueberschrift  trägt: 
Mecensio  torum  codknm  Mi<s,  qui  ad  rccmsendas  et  augendas  Äesopi, 
Gahriae  aliorumque  fahul<ia  in  hoc  vdumine  congestaSj  fuerutd  ad- 
bitaCj  auf  Blatt  1  des  22.  Quatemio  zwar  auch  eine  von  Wilhelm 
IS  dem  Florentiner  Codex  gemachte  Abschrift  der  beiden  Viten, 
aber  als  in  einen  andern  Band  eingetragen  erwähnt:  uiram^ic  (sc, 
Harn)  in  aliud  volumen  transtuU.  Andererseits  war  auffallig,  dass 
nihelm  entgegen  seiner  sonstigen  Gewohnheit  die  Bezeichnung 
Codex  BiUioth,  Bavar.  ohne  jede  Angabe  der  Signatur  gelassen 
haben  sollte.  Noch  auffälliger  war  folgende,  nachträglich  von 
Wilhelm  am  Rande  oberhalb  der  Ueberschrift  Βίος  ToO  πανθαυμά- 
στου  ΑΙσώττου  gemaclite  Bemerkung:  Pnores  Codicis  pagtJlne  um 
m  vetuBiate  Ua  erani  atiritae^  et  nonnulla  ab  initio  tarn  obUUerata^ 


1  Catal.  codd.  mas.  bibl.  r^.  B&v.  t.  Υ  ρ*  432. 


84  Foereter 

u(  sine  alieuo  admhiinilo,  (Jescripfiofiem  puia  B'ihl.  Bar.  nuUo  modo 
legere  potuissem.  Pagellac  Augnstani  Codicis  pessime  sunt  ordi• 
nafae,  sed  sfudii  assiduifate  otntiia  periineniia  rcpcri  tmidem.  Diese 
AVorte  können  Mch  nur  auf  die  Aagsburger  HandKchrift  p.  75 
n.  2  (=  Monac.  gr.  525)  beziehen,  deren  Varianten  Wilhelm  am 
Rande  der  ALschrift  eingetragen  hat.  Denn  das  erste  Blatt  die- 
ses Codex  (verbunden,  daher  jetzt  als  fol.  154  gezählt),  ist,  weil 
«ehr  abgerieben,  schwer  le-^bar.  Aber  wie  konnte  Wilhelm  seine 
Abschrift  des 'codex  bibl.  Bavar/  ein  nlicnumadminicidimi  nennen? 
Es  muss  ihm  eine  Abschrift  (doKcrij»ti<>^  des  'codex  bibl.  Bavar.' 
vorgelegen  haben. 

Wem  er  diese  verdankte,  lässt  sich  aus  der  Aufschrift  der 
zweiten  vita  entnehmen,  wonach  er  eine  Abschrift  des  Wiener 
Codex  mit  der  Abschrift  des  Codex  Biblioth.  Bav.,  die  er  Α  d  e- 
1  η  η  gs  Freundlichkeit  v«Tdankte,  verglich.  Dieser  war  von  1787 
bis  zu  seinem  Tode  1806  Oberbibliothekar  der  Königlichen  Bib- 
liothek in  Dresilen.  Mithin  hat  Wilhelm  nicht  einen  'codex bibl. 
Bavar.  ,  sondern  das  ihm  von  Adelung  geschickte  apographum 
Coberi  abgeschrieben. 

Eine  Prüfung  des  Textes  beider  Abschriften  lieferte  nur 
eine  Bestätigung  dieses  Ergebnisses.  Ich  fiilire  nur  das  Entschei- 
dende an.  Der  Florentiner  Codex  hat  der  Ueberschrift  der  ersten 
Yita  Βίος  του  πανθαυμάστου  Αίσώττου  <lie  Worte  vorausgeschickt  : 
Αίσωπος  ό  μυθοποιός  φρυΕ  μέν  ήν  το  γίνος,  τύχη  hk  δούλος, 
ebenso  Cober'und  Wilhelm,  nur  hat  Cober  die  Worte  μέν  ή  ν 
weggelassen,  welche  demnach  auch  bei  Wilhelm  fehlen.  WieCober, 
bietet  Wilhelm  an  der  oben  (S.  81)  angeführten  Stelle  αλλιστα  statt 
κάλλιστα,  während  er  ohne  weiteres  Εεστην  und  έγγράφην,  letz- 
teres allerdings  mit  Weglassung  des  ersten  bei  Cober  etwas  un- 
deutlichen γ  und  des  Accentes,  herübergenommen  hat.  Mehr 
Belege  für  die  völlige  Abhängigkeit  Wilhelme  von  Cober  zu  geben 
wäre  zwecklos. 

Auch  die  zweite  vita  hat  Wilhelm  nicht  mit  dem  codex 
Vindobonensis  philol.  gr.  CLXXVIII  selbst  Λ'erglichen,  son- 
dern durch  eine  Abschrift  kennen  gelernt,  welche  ihm  Friedrich 
Bast,  Sekretär  bei  dem  Gesandten  von  Heesen-Darmstadt  in 
Wien,  hatte  machen  lassen  und  am  27.  März  1794  zugeschickt 
hatte.  Diese  Abschrift  nebst  dem  Begleitschreiben  liegt  in  dem 
Hefte  mit  der  Signatur  Aa  66  pag.61 — 63,  welches  in  sehr  schö- 
ner Schrift,  theils  Collationen,  theils  Abschriften  aus  den  drei 
Wiener  Codices  (phil.  gr.  192,  243,  178)  der  Aesopfabeln  enthält. 


Lcwitig  aiid  ReisltCB  jsu  Aesop. 


^f* 


Auch  die  Aesopfabeln  der  Handficla'rft  der  Μ  ο  β  k  a  u  e  r 
Sytiodalbildiotbek  285  hat  Willielni  nicht  selbst  verglichen,  sou* 
Jern  aue  der  von  Matthaei  angefertigten  Abschrift  entnommen*, 
welche  dieser  1788  an  die  KanigL  Bibliothek  in  Dresden  (jetjat 
Codex  Da  31)  verkauft  hatte. 

Nicht  anders  verhält  es  sich  endlich  mit  deu  Florentiner 
Handschriften.  In  dem  Bande  mit  der  Signatur  Aa  66  liegt  auch 
ein  Heft,  welches  das  Vorwort  zu  einer  Ausgabe  den  Babrius 
and  Ignatiue  bilden  sollte.  Die  Aufsfihrjft  lautet :  Babrii  \  eius- 
qtic  ImHatoris  atque  \  Epifornahris  \  Metticae  Fahellae  Äcsupio/C^  \ 
j^  iredecim  memhranorum  \  ßdem  \  una  cum  Froffmeniis  e  Sutda  | 
ue  caUcctis  \  primutn  conhmcHm  etlitae  \  per  |  Benedktum  Wil• 
fccfin.  I  180(j,  Hier  berichtet  Wilhelm  über  die  von  ihm  benutz- 
ten Aeßophand Schriften.  Nachdem  er  erwähnt,  dasa  er  die  drei 
Aagsborger  Codices  p.  80  N.  3^,•  p.  75  N,  2;  p.  38  N.  55  eelhst 
theils  verglichen,  theils  abgeßchrieben  und  durch  Bast  Abschriften 
und  Vergkicbungen  der  Wiener  Codices  erhalten  habe,  fahrt  er 
fort:  Oeniqtte  Aäelufufiits  Dassäorfiusque  et  stta  et  bibliothecae 
Dresdensis  EkHorafis^  cui  praesunt  tanfa  cum  dignitale^  —  sua 
non  denetjarunf  aturtlia,  inrnio  sua  sponte  obiuleruntf  atque  dumnmi 
Florcnimoium{Ähhat,  N,94  et  70\  Medkd  untus  {Flut,  V  91)^, 
quos  hämo  quidam  Itahs  sibi  descripMt^  et  Musquensium  {S.  S* 
Synod,  N,  282,  Ms.  Ttjpogr.  S,  N.  13),  quorum  descriptionem 
müyta  Hla  Dresdenms  Uhliotheva  indusiriae  Matthaei  Wittehcnj. 
Profess&ris  Clari^simi  debet,  copiam  fecerc,  JDe  his  vero  subsidiis 
critieis  atio  tempore  ptura  d  isser  cm  its.  Also  auch  die  Florentiner 
Codices  hat  Wilhelm  nur  durch  Abschriften  gekannt  und  ihre 
Lesarten  in  die  Hauptmann'sche  Ausgabe  eingetragen.  Da  sich 
nmi  aber  unter  diesen  Florentiner  Codices  auch  jener  der  Badia 
N»94  befindet,  welcher  die  beiden  βίοι  enthält,  stellt  sich  wieder 
der  kaum  beseitigte  schlimme  Gedanke  ein,  dass  Wilhelme  apogra- 


*  Nach  einer  handschriftlichen  Notiz  auf  p.  19  in  Aa54  hat  Wil- 
h«ilm  die  Abschrift  am  8.  Januar  1797  zurückgeschiokt. 

^  Ueber  diesen  sagt  er:  Primnm  corum  Eeiskii  ιιχστ»  uti  mihi  ipsa 
aliquamh}  .scripsU^  ιψ^ΐυΐα  quailain,  Lcj^sinyio  excerfmt,  eiusque  fahcUa- 
rum  descriptionem  Imhere  dtcunt  EschefώHrginm.  Vgl.  oben  S.  itS  A.  1. 
Die  Vttrghnchung  der  drei  HaDdechrifteu  batt«  er  uaoh  einer  haod- 
[schriftlicheu  Notiz  iu  Aa5l  pag.  13  am  54.  August  17%  vollendet, 

•  Diese  91  ist  versciiriebeu  statt:  X,  Vgl.  S.  6»i,  87,  88  und  Bandim 
[CfttaL  codd*  Laur.  Graec.  I  p.29. 


86  Foertter 

phum  derselben,  weim  auch  durch  das  Mittelglied  der  Abschrift 
eines  ItcUus  auf  die  Florentiner  Handschrift  zurückzuführen  sei. 
Die  Beseitigung  dieser  Schwierigkeit  und  damit  die  Lüsung  des 
letzten  Käthsels  konnte  nur  erhofft  werden,  wenn  es  gelang,  der 
Abschrift  dieses  Ifalus  habhaft  zu  werden. 

Ilarles  hat  unter  den  Znsätzen  seiner  Ausgabe  von  Fabri- 
cius  bibl.  gr.  vol.  I  p.  634  sq.  (ed.  Hamburgi  1790)  über  Aesop- 
handschriften  folgende  Notiz:  Addamy  cel.  Adelung  ex  seciione  qua- 
dam  Ubrorum  accepisse  eaemplar  Venetitm  in  12,  aptid  Francis- 
cum  liampazetum  1561,  {uti  calanio  adscripfion  est),  quod  doctiis 
quidam,  sive  Italus,  sive  GaUus,  futiirae  cditioni  paraverat\  nam 
in  Charta  iniecta  scriptae  sunt  et  variac  lectioncs  ad  editas  fabu- 
lasj  et  quaedam  inedifae,  e  codd.  tum  Florentino  bibl,  Monachor, 
Cassinensium  sacc,  XIII.  tum  Bavarico^  in  quo  sunt  190  fabulae^ 
secundum  aiphabet um^  e.r  quo  descripta  est  vita  utraque;  denique 
e  codice  Mediceo,  Insunt  quoque  Gabriae  seu  Ignatii  X  Villi, 
tetrasticha  inedita  e  codice  Medicco  Flut,  V  col,  X,  De  hac  col- 
lect ione  cel,  Matthaei,  cuius  humanitati  dcbco  illius  notitiam,  in 
sinyxdari  commentatiane  ubcrius  se  disputaiurum  esse^  et  specimina 
(additis  varii^  lectionibus  e  codd,  Mosqucnsibus)^  adiecturunt,  per 
litteras  mihi  siynificacit.  Diese  Beechreibung  seinen  mir  trotz 
der  in  ihr  herrschenden  Verwirrung  sowohl  auf  die  von  Adelung 
an  Wilhelm  geschickte  Abschrift  der  Florentiner  ('«»diccs  als  auch 
auf  den  jetzt  unter  den  Dresdner  Iliimlsclirifteii  ^  DiU)4)  befind- 
lichen Druck  zu  passen,  welcher  im  Katalog  Schnorrs  von  Carols- 
feld  so  beschrieben  ist:  \Acsopi  fabulac.  Kjccmplar  typis  Impres- 
sum α  viro  docto  sacculi  18,  cutn  duobm  cmld,  Mcdirco-Lanrcn- 
tianis  collatum,  Accedit  ubvrior  dcsrripfio  hör  um  rodicum*.  Und 
die  Vermuthung  hat  sich  durch  rntersuciniiig  «1er  mir  freundlichst 
von  Herrn  Schnorr  v.  Carolsfeld  übersandten  Ausjrube  nach  bei- 
den Seiten  hin  bestätigt.  Es  ist  die  Ausgal-o:  Aesopi  Phrygis 
Fabellae  Graece  Et  Latine,  Cum  aliis  opusculis,  quoruni  index 
proxima  refertur  pagella.  Venetiis.  Mit  Tinte  ist  hinzugefügt : 
apud  Franciscum  Kampazetum  3IDLX1.  Die  Ausgabe  enthält 
zunächst  (p.  4 sq.):  ΑΙΣΟΠΟΥ  ΒΙΟΣ  ΤΟΥ  ΜΥΘΟΠΟΙΟΥ  ΜΑΞΙ- 
MQI  ΤΩι  ΠΛΑΝΟΥΔΗι  ΣΥΓΓΡΑΦΕΙΣ,  dazu  auf  ρ.  4  von  einer 
Hand  des  vorigen  Jahrhunderts  Varianten  mit  der  Ueberschrift : 
Variae  lectiones  ad  marg.  graeci  contextus  sunt  petitae  e  cod. 
membran.  Abbatiae  Flor,  qui  est  num.  27.  eleganter  et  nitide 
scriptus  saec.  XV  \    Dann  folgen  von  p.  102  bis  p.  2ol  ΑΙΣΩΠΟΥ 


^  Heut  ist  es  Cod.  Laür.  Conv.  soppr.  ϋ9. 


Lessing  und  Reiakes  siu  Aesop. 


87 


ΜΥΘΟΙ.  Dieser  Theil  ist  durchscboBBen  und  in  der  ersten  Co- 
luniDe  der  Blätter  »ind  von  der  obigen  Hand  eingetragen  '  lectiones 
yariae  petitae  e  cod.  qui  extat  inter  Codd.  biblioth,  Abbatiae  Floren- 
tinae  num,  94*,  in  der  zweiten  Columne  *  Variae  lectiones  petitae  e 
cod.  Abb.  27  [^  70],  desgleichen  zahlreiche  ganze  Fabeln,  welche 
in  der  Anegabe  fehlen.  Auf  dem  Blatte,  welches  zwischen  p.  112 
und  113  eingeheftet  ißt,  Endet  eich  aticli  eine  Bemerkung  über 
einen  Codex  Mediceus  eaec.  XV<  der  mit  dem  Worte  ρουληθ€Ϊ(Τα 
(in  Fabel  8)  beginnt;  aber  der  Sohltxea  lautet:  Ceterum  quouiam 
hio  codex  parum  differt»  idque  ut  videtur,  tantnm  scriptoris  er* 
rore  enbinde,  nihil  visum  fuit  eo  uti\  und  dementsprechend  fehlen 
die  Varianten  aus  ihm.  Von  pag.  232—253  folgen  ΓΑΒΡΙΟΥ 
ΕΛΛΗΝΟΣ  ΤΕΤΡΑΣΤΙΧΑ,  13  an  der  Zahl  ebenfalh  mit  Varianten 
aus  einer  Handschrift  (einem  Medicens  ^  Laur.  V  10),  Mit 
pag.  254 — 255  Έκ  των  άφθονίου  σοφιστου  προγυμνασμάτων 
und  pag.  256  ΐκ  τών  φιλοατράτου  Εικόνων.  Μΰθοι.  (Inc.  Φοιτώσιν 
θ\  μύθοι  deH,  ώ0τΐ€ρ  ή  κωμωδία  τώ  οάω  [=^  imag.  1 3])  acbliesst  das 
Exemplar  des  Druckes.  Es  folgen  von  derselben  Hand  geschrieben 
auf  4  Blättern  Nachträge  zti  ΓαβρΙου  τραμμοίτικοΟ  και  Έλληνος 
τετράςίχα  auß  dem  Mediceus,  auf  2  Blüttern  Μύθοι  του  ττατριαρ- 
χεύααντος  κυρίου  γρητορίου  aus  dem  Cod.  66  der  Biblio- 
theca  Monacensis,  anf  2  Blättern  Fabeln  der  έρμην€ία  των 
σχ€ί)ών  Διονυσίου  του  θρακός  aus  dem  Codex  233  der  Biblio- 
thecs  Monacensis,  endlicb  auf  3  Blättern  —  die  grösste  Ueberra- 
»chung,  jene  bereits  oben  (S. 83)  citirte  Receosio  eornm  codicum  Hss., 
(jui  ad  receneendas  et  augendas  Aesopt^  Gabriae  alioruinque  fa- 
bulae  in  hoc  ν  ol  um  ine  congestas,  fuerunt  adhibitae.  enthalt  end 
einen  Beriebt  über  den  Codex  der  Badia  94,  ans  dem  ich  nur 
die  folgenden  Stellen  heraushebe:  ^  Fabulas  praecedit  duplex  Aesopi 
vita,  una  duorum  folioram,  —  altera  multo  quidem  longior»  sed 
ttt  aetate,  sie  oralionis  castit^te  inferior.  Utramque  in  aliud  vo- 
lamen  transtuli.  —  Fecit  summum  illarum  (fabularum)  ab  editis 
diacrimen,  ut  Antonius  Maria  Salvini us  rogatus  a  Montefalconio« 
et  lo.  Lamius  iScipionis  Matlei  causaa  eas  deecriberent,  Salvinias 
quoque  nonnulla  verba  quae  vetustate  paene  evanuerant^  in  mar* 
gine  oodicie  reatitueret.  Sed  quod  seiam,  nee  istorum  quisquam« 
nee  ille,  qui  ante  aliquot  annos  Aeaopi  fabellae  Graecas  cum  ver- 
«ione  Etrusca  edidit,  Angelus  Maria  Ricciue,  Grc,  litter.  Flo- 
rentiae  Professor,  aüquam  fabulam  huius  oodicie  protulit  Itaque 
dubitavi  primura,  easetne  eitnnu  aliqiia  ανέκδοτος  necne.  Laniios 
quidcm,  a  me  rogatus,   negabiit,    m  eam  rem  exploratam  habere. 


R8  Foerstcr 

Neveleti  vero  ve\  Flauiitmaniii  Aesopuni,  ex  quo  certior  fierem, 
nuRquam  reperire  potcraui.  Coactu»  igitur  sunt,  tutum  codicem 
partim  exscribere,  partim  ad  eam,  cuius  copia  erat,  Venetam  edi- 
'tionem,  Francieci  Rampazeti  Humtn  anno  MIOLXI  emissam,  re- 
ccneere.  Excerpsi  etiamMedicei^  codicis  lectiones,  iieque  in  altera 
paginae  parte  locum  dedi.  —  Cum  Xeveleti  editionem  amieus  qui- 
dam  pauliflper  commodaeset,  intellexi  X Villi,  tetrasticha  Gabriae 
ex  iie,  qnae  deseripeieeem,  nondum  edita  fuisse.  Haec  ego  post 
edita,  a  nie  reccnnita,  in  hoc  volumen  inpcrui.  Codex,  quo  uhus 
euni,  Florentiae  exstat  in  bihliotli.  Medio,  ad  D.  Laurentii  Plut.  V 
vol.  X.  Hinc  etiam  insoriptio  est,  tetniRticliis  a  nie  praefi.xa. 
Videtur  tarnen  Babriuo  vel  BabriaH  ma;:i8  quam  Gabriae  dicen- 
dum\  usw. 

.  Wilhelm  hat  also  auch  die  Florentiner  Handschriften  nicht 
selbHt  eingesehen,  sondern  alles  über  ric  sannnt  der 'liecensio  aus 
diesem  ihm  von  Adelung-  gesandten  Bande  wörtlich  abgeschrieben. 
Auch  das  oben  (S.  83)  erwähnte  utramqttc  vitam  Aosop'i  in  aliud 
Volumen  (ranstuU  gilt  nicht  von  ihm,  sondern  vom  Schreiber  des 
Dresdner  Exemplars. 

Wer  war  dieser?  Nun  kein  liahis  und  kein  GalluSf  sondern 
—  Cober.  Denn  wie  die  Hand  mit  der  «einigen  stimmt,  so  steht 
auf  dem  zwischen  pag.  190  und  191  eingehefteten  Blatte  als  letzte 
Bestätigung  folgende  Subscription:  Affjnc  hie  finis  erai  fabular. 
Aesopi  sine  dubio  rnuiilus, 

έτέλησα  τη  κί,  μήνοσ  του  ιουνίου 

πέρασ  καταλαμβάνων  έν  φλωρεντίοΕ 

έν  τη  τήσ  πόλεωσ  άββατία  του 

άγιου  βενεοίκτου:  -^  Κωβεροσ:  *>- 
Sie  steht  in  Uebereinstimmung  mit  der  Note,  welche  er  auf 
dem  Vorsatzblatte    der    anderen  Handschrift    der  Badia  (70)    ge- 
schrieben   hat^: 

Και  τούτο  ττροτοτύπον  Κώβερος  πέρας  είληφεν  (kor- 
rigirt  aus  εϊληφα(?) 

ετει  τής  σωτηρίας  ημών  'αψΕ:  — 
Und  nun  nur  noch  zwei  Worte,    welche    uns  zugleich  zum 
Ausgangspunkte  der  Untersuchung  zurückführen.     Ks   zeigt  sich, 

^  Ein  Verseilen  statt:  Alibatiae  Florentiuae  Codicis  rccentioris 
L'7  =  70. 

2  Vgl.  seine  obige  (S.  M5)  Aeusserung :  Adclungius  Dassdorfiuequo 
et  sua  et  bibliothecae  Droedensis  obtulerunt. 

'  Ich  verdanke  auch  sie  der  Freundlichkeit  von  Fceta. 


Lessing  und  ReiskcB  zu  Aosop.  89 

dass  Reiske  Cober  Unrecht  getban  hat,  wenn  er  in  dem  Briefe 
vom  13.  Februar  1773,  mit  welchem  er  Leesing  die  Abschrift 
der  beiden  βίοι  schickte,  schreibt:  ^  Dass  der  Xarr  Cober  nicht 
auch  die  Fabeln  selbst  mit  abgeschrieben  hat,  die  doch  auch  in 
eben  demselben  Codice  standen,  das  kann  ich  wahrhaftig  nicht 
begreifen.  Der  Pinsel  musste  doch  sich  einbilden,  an  den  Fabeln 
wäre  weniger  gelegen  als  an  dem  platten  griechisclien  Eulen- 
spieger.  Cober  hat  auch  die  Fabeln  theils  abgeschrieben,  theils 
verglichen.  Aber  der  andere  Satz  desselben  Briefes:  Mieses  von 
München  hergekommene  NVerkchen  ist  just  eben  dasselbe,  das 
Montfaucon  aus  einer  ilorentin Ischen  Handschrift  ediren  wollte' 
ist,  mit  Streichung  der  Worte  '  von  München  hergekommene  zur 
Wahrheit  geworden. 

Als  Grundlage  einer  neuen  Ausgabe  dieser  zwei  βίοι  Ai- 
(Τώπου  haben  nicht  die  apographa  Wilhelms,  der  Reiskia,  Cobers, 
sondern  der  Florentiner  Codex  zu  dienen.  Einen  codex  Bavari- 
cns  derselben  hat  es  nicht  gegeben. 

Breslau.  K.  Foerster. 


90  Ilüffmauu 


Die  larquiniseheii  Sibyllen-Bücher. 


Die  Bedeutsamkeit  der  HibylliniHchen  Bücher  für  die  Er- 
weiterung des  römiRcheii  Götterkreisee  und  (ieetaltung  des  Cultus 
rechtfertigt  es,  die  Frage  über  Herkunft  und  Wesen  dieser  Bücher 
einer  Kevieiün  zu  unterziehen. 

Als  hei  dem  Brande  des  Capitols  im  J.  83  v.  Chr.  auch 
die  Sibyllen-Bücher  vernichtet  worden  waren  und  dieselben  durch 
Sammlung  der  auf  griechischem  Boden  verbreiteten  Sibyllensprüche 
wieder  hergestellt  werden  sollten,  war  es  besondere  Erythrae, 
dessen  Spruchsammlung  den  Hauptbestand  für  die  neuen  Sibyllen- 
bticher  beisteuerte.  Hätten  die  mit  der  Sammlung  betrauten  Ge- 
sandten sich  nur  nach  Erythrae  begeben,  so  möchte  dies  als  Be- 
weis gelten  können,  dass  eine  Erinnerung  an  die  Herkunft  der 
cumanischen  Sibyllensprüche  auf  die  jonische  Stadt  zurückwies; 
da  aber  auch  in  Unteritalien,  in  Sicilien,  auf  Samos  und  zu  Ilium, 
ja  selbst  in  Afrika  und  in  den  italischen  Colonien  nach  Sprüchen 
gefahndet  wurde  ^,  und  es  somit  nur  auf  eine  möglichst  vollstän- 
dige Sammlung  von  Sibyllensprüchen  überhaupt^  abgesehen  war, 
so  ergibt  sich,  dass  nur  der  Ruf  der  erythraeischen  Sibylle  als 
der  weitaus  berühmtesten  und  die  Reichhaltigkeit  der  ihr  zuge- 
schriebenen Spruchsammlnug,  nicht  aber  eine  mythische  Tradition 
ihre  Bevorzugung  veranlasste*^.     Selbstverstiindlich  musste  das  so 


^  Tac.  An.  (i,  12.     Dionye.  4,  ti*2  unltr  Berufung  auf  Varro. 

-  'cuiuscumquo  Sibyüae  nonjinc  fuerunt*  Lact.  Inst.  1,  «>,  11. 

'^  Aus  iltT  Stelle  des  Ps.  Aristot.  d.  mirab.  ausc.  c.l6:  Έν  τή 
Κύμη  τή  π€ρΙ  τήν  Ίτσλίαν  δείκνυταί  τις,  ώς  foiKC,  θάλαμος  κατάγειος 
Σιβύλλης  τής  χρησμολόγου,  ήν  πολυχρονιωτάτην  γ€νομίνην  παρθένον 
διαμεϊναί  φασιν,  ούααν  μέν  Έρυθραίαν,  υπό  τίνων  όέ  τήν  Ίταλίαν  κατοι- 


Die  tarquinisclieij  SibylleD-Bücher, 


91 


asammengebraclite  Material,  falls  es  nicht  scbon  an  Ort  und 
Stelle  genügend  geprüft  war,  einer  Sichtung  in  dem  Sinne  unter- 
zogen werden,  daes  aue  dem  selben  lierauagehoben  wurde,  was  für 
ßom  bedeutsam  ersclieiiien  konnte.  Wähnte  man  nun  durch  die 
so  entstandene  Sammlung  die  verlorenen  curaanischen  Bücher  wie- 
der hergestellt  zu  haben,  und  bildeten  die  aus  Erytbrae  stam• 
mendeu  und  in  ihrer  ilerkunt't  zweifellosen  Sprüche^  den  Hanpt- 
bestand,  so  erklärt  sich  wohl,  wie  die  Meinung  sich  bilden  konnte, 
dass  die  Sibylle  von  Cumae  und  die  von  Erythrae  identisoh  seien  ®,  — 
die  Sibylle  nmsste  von  Erythrae  nach  Cumae  gewandert  sein'* 
ÜasB  Varro  diese  Meinung  tbeilen  konnte,  mag  freilich  befrem- 
den; schon  die  metrische  und  akroetichisohe  Form  der  neuen 
Hpriiche  hätte  ihre  Verschiedenheit  von  dsn  alten  cumanischen 
erweisen  müsseu*  Erklärbar  wird  dies  nur  dadurch,  dass  die  si- 
tyllinisohen  Bücher  lange  Zeit  vor  ihrer  Zerstörung  nicht  mehr 
waren  benutzt  worden,  und  dass  die  früher  aas  ihnen  entnomme- 
nen Weisungen  nur  ihrem  Inhalte  nach,  nicht  in  ihrer  authen- 
liechen  Form  überliefert  waren.  Der  Mangel  genauerer  Kunde 
über  die  verlorenen  Bücher  erhellt  ja  auch  aus  dem  Umstände* 
daea  man  über  das  Material  derselben,  ob  sie  auf  Palmblätter 
oder  auf  Papyrus  geschrieben  gesvesen  seien,  um  von  der  Haut 
der  Ziege  Amalthea  abzusehen,  streiten  konnte.  Befremdlicher 
noch  ist,  dass  auch  die  neuere  Forschung  an  der  Identität  der 
cumanischen  mit  den  erythraeiachen  Sprüchen  festhält.   Lässt  man 


KouvTiüv  Κυμαΐαν,  ύπό  bi  τινιυν  ΜΕλ^γκραιραν  καλουμένην  —  ergibt 
eich,  dus'*  nicht  italische  Tradilioii  dm  cumaniecbe  und  erythraeiadie 
Sibylle  identitioirtc,  sondern  dnss  nur  die  griechische  Auffassung  der 
Ilerophile  von  Erythraea  als  der  Sibylle  κατ'  έΕοχήν  mit  ihr  auch  die 
Cumanerin  identiücirte.  Die  Erythracer  hatten  ja  auch  die  aus  Mar- 
kos stammende  und  auf  Samos,  :;u  Klaros,  auf  Delos  und  zu  Delphi 
^ftreteude  Hcrophile  als  die  ihrige  ία  Anspruch  genommen  (vgl.  Paus. 

Ίίο,  η,  5.  Τ). 

'  Lact.  a.  a.  Ο.  g  13:  et  sunt  singalarum  (Sibyllarum)  singuH 
Hbri.-  quos,  quia  Sibyllae  nomine  ingcnbuntur,  unius  esse  creduut,  sunt* 
^106  confüsi  nee  discerni  ac  suum  cuique  adsignari  potest  uisi  Ery- 
thrteae,  quae  et  nomen  säum  verum  carraini  inseruit  et  Erythraeam 
16  Dorainatum  iri  praelocuta  est,  cutn  esset  orta  Babylone* 

^  Serv»  z.  Verg,  Aen.  6,  86:  Viirro.  ..  requirit  a  qua  sint  fata  Ro- 
mana  cuascripta.  —  ducitur  tarnen  V;irro,  ut  Erythraeam  credat  scrip- 
$\Aue^  quia  poat  incensuni  ApoUinis  tcmplum  (!)^  in  quo  fuerant,  apud 
Erythrnju  insulum  ipsa  inventa  sunt  carmina. 

»  Serv*  z.  Verg.  Aeo*  »j,  321. 


92  Hoffroann 

aach,  was  eben  über  die  Form  bemerkt  wurde,  un  berückeicht  igt, 
80  erhellt  doch  die  grosse  Verschiedenheit  der  Sprüche  aus  Ery- 
thrae  von  denen  aus  Cumae  daraus,  dass  die  ersteren  sich  als 
Vorhersagungen  gerirten  *,  während  die  alten  echten  Sprüche 
nur  Anweisungen  waren  zur  Sühne  bedrohlicher  Anzeichen  und 
zur  Abwendung  obwaltenden  Unheils-,  also  nicht  vaticinia  son- 
dern remedia  Sibyllina,  wie  Plinius  sie  treffend  bezeichnet  (N.  H. 
11,  105)». 

Wenn  trotzdem  die  cumanisehen  Sprüche  aus  einer  in  Klein- 
asien  entstandenen  Sammlung  sich  herleiten  sollten,  so  müsste 
diese  zu  der  Zeit,  als  die  römischen  Gesandten  zu  Erythrae  nach 
Sibyllensprücben  forschten,  längst  verloren  gewesen  sein,  so  dass 
nur  Wahrsager-Sprüche  der  bezeichneten  Art  noch  zu  finden  wa- 
ren, aber  nicht  mehr  jene  alten  Anweisungen,  bedrohliche  Pro- 
digien  und  Xothstand  jeder  Art  durch  Cult   und  Sühne  gewisser 


*  Die  Sprüche  der  Ileropliile  werden  genügend  charakterieirt  durch 
die  der  Erzählung  in  Ennius  Euhemerus  entsprechenden  Weissagungen 
über  die  Titanen,  Kronos-Saturu,  Rheia-Ops  und  ihre  Kinder  (Lact.  1, 
14,  8),  sowie  durch  die  auf  Helena,  Troia's  Eroberung  und  Homer's 
Lügen  bezüglichen  Prophezeiungen  bei  Paus.  10,  12,  2.  5  und  Lact.  1, 
(3,  9.  Aehnliche  vaticinia  ox  eventu  sind  die  Athens  Niederlage  bei 
Aigos  potamoi  (Paus.  10,  i),  11),  den  Kampf  der  Lacedaemonier  und 
Argiver  um  Thyrea  (ebd.  §  12),  deu  Verfall  des  macodouischon  Reiches 
(ebd.  7,  8,  S)  und  das  Erdbeben  auf  Rhodos  (ebd.  2,  7,  1)  betreffenden 
Sibyllensprüche.  Analoger  Art  sind  ja  auch  eine  ganze  Anzahl  Sprüche 
der  heutigen  Sammlung. 

■  Niebuhr,  R.  G.  P,  S.  5<ί1 :  '  So  weit  die  livianischen  Decadcn 
reichen,  ist  der  Zweck  der  Befragung  nie,  wie  bei  dem  Besuch  grie- 
chischer Orakel^  Licht  über  die  Ereignisse  der  Zukunft  zu  erhalten, 
sondern  zu  vernehmen,  welchen  Dienst  die  Götter  forderten,  wenn  sie 
durch  Landplagen  oder  Wunderzeichen  ihren  Zorn  kund  gethau'. 

3  Der  angebliche  Spruch  der  sibyllinischen  Bücher,  der  gelegent- 
lich der  Rogation  des  Terentilius  Ilarsa  feindlichen  Angriff  auf  die 
Stadt  und  ein  Blutbad  verkündete  und  von  Zwistigkeiten  abmahnte, 
wurde  von  deu  Tribunen  ebenso  als  erdichtet  *ad  impediendam  legem* 
erklärt  wie  die  Schreckenskundo  eines  angeblich  von  den  Volskern  und 
Aequern  g».iplanten  Krieges  gegen  Rom  (Liv.  .'>,  10,  71^'.).  Dass  die  Tri- 
bunen im  Beeilte  waren,  unterliegt  keinem  Zweifel ;  der  drohende  Krieg 
blieb  aus,  dafür  suchte  die  patrizisch-sabinische  Partei  durch  den  be- 
kannten Gewaltstreich  des  Hcrdonius  die  Plebs  einzuschüchtern.  — 
Welche  Bewandtniss  es  mit  jenem  Sibyllen-Spruche  hatte,  der  die  Ueber- 
schreitung  des  Taurus  verl>ot  (Liv.  38,  15,  ;);,  hat  schon  Niebuhr  1*  GG2 
nachgewieseu. 


Die  iarquiniscben  Stbyllen-Büclier. 


93 


Gottheiten  abzuwenden.  Wo  liegt  nun  aber  ein  Beweis  vor,  daee 
auf  griechischem  Boden  jenseits  oder  diesseits  des  HelleBpont  auf 
Grund  solcher  Sprüche  nnd  im  Hinblick  auf  bestimmte  Gott- 
heiten wären  Sühnnngen  vorgenomBien  worden,  untl  zwar  von 
Staatewegen,  nicht  von  Seiten  Privater?  Bedeutung^loi  in  ihrer 
Heimath  müssten  jene  alten  Sihylleiiöprüche  erst  auf  freniflem 
Boden  zn  Bedeutung  und  praktischer  Verwendung  gekommen  sein. 
Alle  diese  Bedenken  nun»  die  gegen  die  Herkunft  der  cu- 
manißchen  Sibjllen^Bücher  aus  Kleinaeien  oder  Griechenland  «pre- 
ohen,  sollen  vor  der  Thatsacbe  verschwinden,  dasß  es  doch  grie- 
cbiecbe  Gottheiten  seien,  deren  Cult  jene  Bücher  gefordert  hätten  : 
dnrch  diese  sei  ja  insbesondere  die  Herbeiholung  des  Atsculap 
aue  Epidauroe(461/293)  uülI  der  (itii/ermii^/er  ans Pessin ob (500/204) 
angeordnet  worden*  Aber  gerade  im  letzteren  Falle  läset  sich 
unschwer  erweisen,  dass  nur  die  tTuheetimmtheit  des  Sibyllen- 
Spruchee  Anlass  gehen  konnte,  denselben  auf  eine  iVtimde  ausser- 
itaheche  Gottin  zu  beziehen.  Richtiger  nämlich  als  Livins,  der 
Bchon  im  Spruche  selbst  die  Göttin  vom  Ida  genannt  sein  laset 
lind  dessen  Darstellung  auch  sonst  offenbar  an  Verworrenheit  lei- 
det ^  berichtet  Ovid  den  Wortlaut  und  Hergang  Fast.  4,  257 ff.; 
Carminis  Euboici  fatalia  verba  sacerdos  Inspicit;  inspectum  tale 
fuisse  feront:  *^ Mater  abest:  Matrem  iubeo,  Romane,  reqniras. 
Cnm  veniet,  casta  est  accipienda  manu\  Obacurae  sortis  patres 
ambagibus  errant,  Quaeve  parens  abait,  quove  petenda  loco.    Con- 

»snlitur  Paean,  'Divum'que  ^arcessite  Matrem*  luq^uit,  '  in  Idaeo 
^  Liv.  29,  10,  4:  Civitalem  eo  tempore  reoens  religio  invaserat 
invento  carmine  iu  libri«  Sibylliniä  proptür  crebrius  eo  anoo  de  caelo 
lapidatom  inspectis,  quandoquc  hostis  alieoigcna  terrae  Italiae  bellum 
intaliseet,  eum  pelli  Italia  vincique  poase,  si  Mater  Idaea  a  Pessinuute 
Romam  advecta  foret.  Id  cirmen  nb  decem  virie  inventum  eo  magie 
patres  movit,  qaod  et  legati,  qui  donnm  Delphos  portaverant,  refei-e- 
baoi,  et  BacrifieaatibTiB  ip^is  Pythiu  Apolloni  laeta  exta  fuisse  et  re- 
eponttim  oraculo  editum,  maiorem  multo  victoriam  quam  cuius  ex  spo- 
\m  dona  portarent  adesae  populoRomauo.  Wegen  Steinregena  werden 
die  Bücher  befragt,  und  sie  geben  ala  Bescheid,  wie  der  Feind  aus 
Italien  verdrünf;t  werden  könne;  nach  Delphi  sind  Gesandte  geschickt 
worden,  um  dem  Gotte  einen  Antheil  an  der  Siegeabeute  zu  überbrin- 
geu,  und  sie  erbalteu  ohne  Befragung  vom  Orakel  einen  Spruch,  der 
den  Eomern  einen  noch  glänzenderen  Sieg  in  Aussicht  stellt,  natüHich 
im  Hinblick  auf  die  IlerüLernabme  der  idaischen  Göttin.  Diese  Dar- 
steilttog,  meine  ich^  richtet  sich  selbst. 


04  Hoffmaiin 

est  invenienda  iugo'.  Nicht  der  Spruch  Bclbst  alflo  nannte  die 
phiygische  Göttin,  Bondern  das  delphieche  Orakel  war  es,  das 
begreiflicher  Weise  nach  grierhiflchem  VerfitändniHs  die  gepuchte 
*  Mutter*  auf  die  '  rröttermntter*  vom  Ida  deutote.  Der  in  den 
Büchern  gefundene  Spruch  hatte  nur  an  eine  im  Staatecultus  noch 
nicht  vertretene  mütterliche  Göttin  mahnen  \volh»n,  an  eine  alte 
göttliche  Herrin  dcB  römischen  Bodens,  deren  Sühne  zu  einer  Zeit, 
wo  ein  auswärtiger  Feind  auf  diesem  Boden  8tan<i.  um  so  ilrin- 
gender  geboten  sein  musste,  als  sie  ja  selbst  ob  ihrer  Verdrän- 
gung durch  die  (xötter  des  Capitols  dem  herrschenden  Volke  zür- 
nen mochte.  Befremdlich  genug  mnss  auch  dem  römischen  Senate 
die  Aufklärung  der  Pythia  erschienen  sein.  In  frommer  Scheu 
zwar  fügte  er  sich  der  Weisung  und  liess  den  heiligen  Stein  aus 
PessinuB  holen,  aber  richtiger  als  die  Pythia  fand  er  heraus,  dass 
die  '  Mutter  des  Sibyllenspruches  nur  heimischen  Ursprunges  »ein 
könne.  So  wurde  der  Göttin  vom  Ida  zwar  der  ihr  eigenthüm- 
liche  Dienst  belassen,  aber  ihn  übten  nur  die  aus  der  phrygischen 
Heiniath  derselben  herüber  genommenen  Priester,  während  für 
die  Bürger  die  Theilnahme  an  dem  orgiastischen  Culte  verpönt 
war:  vom  Standpunkte  des  Staates  aus  erblickte  man  in  der  Göttin 
als  der  gesuchten  und  nun  gefundenen  '  Mutter '  nur  eine  der 
Heimath  zurückgewonnene  göttliche  Stammmutter.  Nicht  auf  das 
Marsfeld,  wohin  sie  als  fremde  Göttin  gehört  hätte,  wurde  sie 
versetzt,  sondern  in  dem  ältesten,  echtesten  Theile  Roms,  auf  dem 
Palatin  erhielt  sie  ihren  Platz.  In  dem  uralten,  angeblich  λόπ 
Enander  gegründeten  Tempel  der  Victoria  wurde  der  göttliche 
Stein  niedergelegt*,  bis  13  Jahre  später  neben  der  ehrwürdigen 
caea  Komuli  der  Tempel  der  'Grossen  Mutter'  fertig  stand-.  In- 
dem so  ihr  Cult  mit  den  Anfängen  von  Rom  in  Zusammenhang 
gebracht  wurde,  ist  es  begreiflich,  dass  insbesondere  den  Patri- 
eiern  eine  Verpflichtung  zur  Verehrung  der  Göttin  erwuchs,  und 
dass  sie  am  Fest  der  Göttin  die  Erinnerung  an  den  Geschlechter- 
Verband  der  drei  Altstämme  durch  gegenseitige  Bewirthungcn 
feierten^.     Die    Antiquare    mochten    die  Magna  Mater    mit   Maia 


1  Liv.  29,  14,  13. 

^  Liv.  3i),  36,  3.  üeber  die  Lage  des  Tempels  Becker,  Topogr. 
S.   421. 

^  Cal.  Praen.  zum  4.  April;  nobilium  mutitationes  cenarum  soli- 
tae  sunt  fleri,  quod  Mater  Magna  ex  libris  SibuUinis  arcessita  locum 
mutavit  ex  Phrygia  Romam.  —  Gell.  18,  2,  11:  postoa  quaestio  ietaeo 


Die  tarqu ί nieeben  Sibyllen-Bücher. 


95 


oder  OpB  identificiren  ^  dem  Cnltus  war  eine  solclie  Aufaseung 
fremd»  wie  dies  aus  den  verecliiedenen  Feetzeiten  dieser  Göttinnen 
erhellt. 

Ein  ätnlicbee  Mieeverständnise  war  ea  gewesen,  in  Bolge 
dessen  im  J.  461/293  Aesculap  aus  Epidauros  herlibergeholt  wor- 
den war»  Livins  (10,  47>  7)  freilicli  und  nach  ibm  Valerlus  Ma- 
ximus (If  8j  2)  geben  deu  Sprach  bo,  ale  ob  derselbe  nnmittelbar 
auf  den  epidaurischen  Heilgott  gelautet  habe;  indem  aber  Ovid 
(Met.  15,  626  if.)  die  betreffende  Weisung  dnrch  das  delphisclie 
Orakel  ergehen  laest,  so  ist  wohl  klar,  dass  anch  damals  *das 
Orakel  zum  Orakel  geschickt  nnd  ilim  dort  ein  Sinn  unterlegt 
wurde,  der  dem  Sibyllensprache  durchaus  fremd  war.  Aber  wie 
nachmals  bezüglich  der  plirygischen  Göttermutter,  so  leitete  auch 
bezüglich  des  gesuchten  Heilgottes  den  Senat  das  richtige  Geriihl, 
daea  der  heimische  Sibyllensprucb  nur  einem  heimieohen  Gotte 
künne  gegolten  haben.  Aeaculap  erhielt  seinen  Tempel  auf  der 
Tiber- Inaelt    aber  er  musste  denselben  mit  Yeiovis  tbeilen^,    mit 


li,  quam  ob  causam  pairicii  Megaleneibus  mutitare  sotiti  sinti  plebei 

erealibus. 

1  Macrob.  1,  12,  20.  21.     Aruob,  3,  32. 

^  Ovid*  F,  1,293  nennt  irrthümlich  JiipiU^r  alsTempelgenoasen,  wäh- 
rend die  Fasti  Praen.  richtig  am  1.  Januar  Opfer  [Aesciiljapio  *  Vediovi  »in . 
insula  ansetzen.  Wenn  Serv.  z,  Verg,  G.  2,  380  von  Ziegen-Opfern  für 
Aesculap  in  Rom  berichtet,  ao  ist  auf  diesen  ein  Opfer  bezogen,  djis  mir 
dem  Veiovis  gelten  konnte,  deaaen  atehendes  Symbol  die  Ziege  ist.  Im 
Cult  des  Asklepioe  zu  Epitlauros  war  dae  Ziegenopfer  verpönt  (Sext. 
£mp.  Pyrrh.  hypot.  3,  220J.  —  Auf  der  Stelle,  wo  einet  der  Tempel 
de«  Aeecukp  und  Yeiovis  gestanden  haben  muas,  Lst  in  neuerer  Zeit 
eine  Inschrift  gefunden  worden,  in  der  aich  der  Name  lupiter  iurarius 
findet.  Die  Anaicht  von  Canina  und  Gerhard,  die  diesen  lupiter  lura- 
rius  mit  Veiovis  ideutiiicirtenj  bekämpfte  Preller  ('Auagewählte  Auf- 
sätze a.  d,  Gebiet  d.  class,  Altthsw."  S.  27<:if.),  der  unter  dem  Schwur- 
goit  nur  Diiovia,  d.  i.  lupiter  verstanden  wissen  wollte.  'Ei  ist  der 
Gott  des  vom  Himmel  ausstrahlenden,  überall  hindringenden,  alles  auf- 
kliirenden,  also  Allgegenwärtigen  und  allwissenden  Lichtes,  bei  welchem 
eben  deshalb  geschworen  wurde'.  Vom  modernen  Standpunkte  aus  mag 
eine  solche  Conslruction  des  Licbtgottea  als  Eidgott  recht  probabel 
erscheinen,  antik  ist  sie  nicht.  Eidhüter  sind  nicht  die  herrschenden 
himmlischen  Götter,  sondern  die,  denen  der  Eidbrüchige  verfällt,  die 
unterirdischen  Götter,  die  Götter  der  Vorzeit,  unter  den  Schutz  dea 
vonteitigen  unterirdischen  Saturn  sind  in  Rom  Staats  -  Schatz  und 
Staata-Archiv  gestellt,    und    da   in  letzterem  die  Beamten  den  Eid  auf 


90  Hoffmann 

jeiioni  vorzeitigen  Jupiter,  der  zum  hilfreichen  Gotte  nur  insoferD 
wunloy  als  durch  »Sühne  desselben  dan  Uehel  behoben  wurde,  das 
ale  Schickung  Reines  Zornes  erechicn. 

Haben  wir  sonach  bezüglich  der  Magna  Mater  und  den  Aes- 
culap  gesehen,  dass  diese  fremden  Gottheiten  nicht  im  Sibyllen- 
Spruche  genannt,  sondeni  in  denselben  und  zwar  durch  das  del- 
phische Orakel  hinein  interpretirt  Avurden,  so  unterliegt  es  hin- 
sichtlich der  übrigen  durch  die  sibyllinischen  Bücher  veranlassten 
Culte  überhaupt  keinem  Zweifel,  dass  sie  heimischen  Ursprungi« 
waren,  dem  vorrömischcn  Latium  angehörten.  Nicht  einmal  aus 
Cumae  selbst  scheint  ein  Cnlt  herüber  genommen  worden  zu  sein. 

Freilich  gilt  es  noch  immer  als  ausgemachte  Tliatsache, 
dass  der  Cult  des  Apollo  zugleich  mit  den  sibyllinischen  Büchern 
Λ'οη  Cumae  nach  Kom  gekommen  sei^  Dass  Apollo  in  Cumae 
zur  Zeit  der  Tarquinier  bereits  verehrt  wurde,  mag  feststehen: 
dass  er  aber  untrennbar  von  der  cunianischen  Sibylle  gewesen 
sei,  darf  man  nicht  aus  der  *  nahen  Berührung*  folgern,  in  wel- 
cher alle  Sibyllen  zu  diesem  Gotte  stehen'-;  die  cumanische  Si- 
bylle gehört  eben  nicht  zu  den  Prophetinen,  und  wenn  die  Höhle 
derselben  nahe  dem  Tempel  des  Apollo  auf  der  Burg  von  Cumae 
gclegeu  und  ihr  Grab  in  dem  Tempel  desselben  sich  befunden 
haben  soll,  \venn  sie  bald  Schwester,  bald  Gattin  oder  Geliebte, 
bald  Priesterin  desselben  heisst^,  so  sind  eben  nur  auf  sie  die 
Beziehungen  übertragen,  in  welche  die  griechischen  Sibyllen,  ins- 
besondere die  gergithisch-erythraeische  zu  Apollo  gesetzt  wurden. 


die  Gesetze  ablegen,  so  hangt  dius  doch  wohl  mit  der  Eigenschaft  des 
Gottes  als  Eidhüter  zusammen.  Darum  hi'iset  er  ja  auch  '  Vater  der 
Wahrheit'  (Plut.  Q.  R.  11).  Der  Diospitcr,  den  der  Fetial  bei  der 
Selbst  Verfluchung  im  Falle  des  Vertriigsbruches  anruft  (Liv.  1  24,  S) 
und  dessen  Strafe  auch  der  den  '  Jupitcr-Stein-Eid'  schwörende  im  Falle 
wissentlichen  Truges  über  sich  herabruft  (Paul.  sb.  lapidem  silicem 
p.  115  0.  M.),  kaun  nur  der  bei  Devotionen  übirrhaupt  angerufen«»  Die 
pater  sein  (cf.  Varro  L.  L.  5,  Gli).  So  begreift  sich  auch  wie  der  vor- 
zeitige Vciovis,  der  mit  Saturn  einen  der  Altäre  des  T.  Tatius  theilte 
und  dem  zusammen  mit  Die  pater  und  den  Manes  bei  der  Devotion 
die  Feinde  überantwortet  werden  (Macrob.  13,  10,  11),  als  Jupiter  In ra- 
rius  bezeichnet  werden  konnte. 

1  Prcller,    röm.  Myth.    1  147.    Marquardt,    11.  St.-Verwaltg.  HP, 
S.  359  f. 

2  Marquardt  a.  a.  0. 

3  Die  Belege  gibt  Mqdt.  a.  a.  0. 


Die  tarquiDischou  Sibyllen-Biiüher. 


97 


Wenn  aber  als  Bevv'eifl  für  die  gleichzeitige  Anfnabme  des  Apollo- 
Cultue  mit  den  sibylliDiBclien  Bücbeni  die  TUatsacbe  gelten  soll, 
dass  unter  dem  letzten  Tarquinier  zum  eretenmale  eine  Befragung 
des  delphiacben  Orakels  von  Rom  aus  etattgefunden  babe^  so  ist 
wolll  zu  beachten,  dass  diese  Bendung  nach  Delphi  aosser  jeder 
Beziehung  lu  den  sibylL  Büchern  etebt.  Sie  geschah  nicbt  von 
Slaatßwegen,  sondern  wegen  eines  das  tarquinieche  Haus  bedro- 
henden Prodigiums^ ;  die  Beziehungen  der  Tanjuinier  aber  zu 
Delphi  waren,  abgesehen  von  der  Herkunft  des  AbnheiTn  De- 
in a  rat  aus  Korintb,  durch  das  heimathliche  Caere  gegeben^  das 
seit  alter  Zeit  ein  SchatzbauB  in  Delplii  besass^.  Wäre  der  Cnlt 
BS  Apollo  so  eng  mit  den  BibylHnischen  Büchern  als  '  seiner 
rabe  ^  verknüpft  gewesen^  wie  man  gemeinhin  anuimmt,  dann 
würde  wohl  nicht  bloss  diesen  Büchern,  sondern  auch  dem  Gotte 
selbst  ein  Platz  auf  dem  Capitol  eingeräumt  worden  seiu;  statt 
dessen  erhielt  er  nur  auf  nicht-Htädtigchem  Boden  im  südlichen 
Marsfelde  ungewiße  in  welcher  Zeit  einen  Platz  angewiesen,  das 
Apolliuare,  und  erst  im  J.  321  d.  St.  wurde  ihm  daselbst  ein 
Tempel  gelobt  und  zwei  Jahre  später  dedicirt.  Wenn  dann  im 
J.  355  d.  St.  bei  dem  ersten  durch  die  sibyllinischen  Bücher  be- 
fahleuen  Lectistemium  Apollo  mit  Latona  und  Diaoa  die  erste 
Stelle  einnahm,  so  ist  ihre  Heranziehung  wie  die  des  Hercules, 
Mercur  und  Neptun  wohl  nur  auf  Anordnung  der  mit  der  Aus- 
deutung des  Spruches  betrauten  Duumvirn,  uicht  auf  ausdrück- 
liche Weisung  der  Bücher  selbst  erfolgt*.     Der  Spruch  der  Mar- 


*  Liv*  1,  5G,  4:  Haec  agenti  portentum  terribile  viaum:  anguis 
ex  columna  liguea  elapsus  cum  terTorem  fugamque  in  regia  fecisset, 
ipsius  regia  non  tarn  subito  pavore  perculit  pectus,  quam  anxiis  inple- 
vit  curie,  itaque  cum  ad  publica  prodigia  Etrnsci  tantüm  vates  adbi- 
bereniur,  hoc  velut  domeetioo  exterritus  visu  DelpboB  ad  maxime  in- 
clitum  in  torris  oracalum  mittere  statuit. 

2  Strab,  5  p.220.    VgL  Herod,  1,   hM. 

β  Den  Beweis  dafür  findet  Marquardt  8.359,  11  in  Tib.  2^5, 15, 
und  diese  Stelle^  die  doch  nur  der  neuen  Sammlung  gilt,  wird  auch 
von  Schwegler  1,  802,  1  und  Lange,  Hdb.  I^  448,  8  als  Beweis  dtirt, 
dass  die  sibyllinischen  Sprüche  im  Hexameter  abgcfasst  waren! 

^  Klauütm,  Äen,  u.  d.  Pen.  S.25H:  'Lectistornion  sind  isueret  in 
Folge  eine«  Sibynenspruchs,  wiewohl  schwerlich  nach  auadröcklicber 
Vowchrift  des  griechischen  Textee  eingerührt'.  Das  Lectistemium  galt 
Gottheiten,  die  ausserhalb  des  StaatscuUus  und  wohl  in  näherer  Bezie- 
hung ?,nr  Plebs  standen.    Das  Ausserordentliche    war   geschehen,   dass 

Blt«lu,  ila».f.  Plillol.  K.  F.  L.  7 


98  Hoffmann 

cier  war  es,  der  in  der  Noth  des  zweiten  puniecben  Krieges 
die  Stiftung  der  ludi  Apollinares  veranlaeste;  darauf,  dose  nacli- 
träglich  auch  die  gleiche  Weisung  in  den  eibylliniechen  Bücbern 
gefunden  wurde,  iHt  bei  der  Abeichtlichkeit  des  ganzen  Vorganges 
und  bei  dem  Umstände,  daee  dieeen  Büchern  eine  auf  Sieg  über 
die  Feinde  lautende  Prophezeiung  durchaus  fremd  sein  mueete, 
kein  Gewicht  zu  legen  ^. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  denjenigen  Culten,  die  unzweifel- 
haft auf  Anordnung  der  eibylliniechen  Bücher  eingeführt  wurden. 
Die  erste  von  denselben  befohlene  Sühne  galt  dem  Dis  paier  auf 
dem  im  Marsfelde  belegenen  Terentum.  Dass  unter  ihm  nicht 
etwa  ein  aus  Griechenland  herübergenommeuer  Unterweltegott  zu 
verstehen  ist,  erhellt  schon  aus  der  Beziehung  der  gens  Valeria 
zu  seinem  Cultus.  £in  Valesius  soll  seinen  in  der  £rde  verbor- 
genen Altar  am  Ufer  des  Tiber  auf  dem  Terentum  aufgefunden 
und  an  demselben  die  Heilung  seiner  kranken  Kinder  erlangt 
haben;  ein  Valerius,  der  Consul  des  ersten  Jahres  der  Kepublik, 
ist  es,  der  den  Gott  zu  sühnen  die  ersten  Indi  Terentini  feiert. 
Den  Anlass  gab  eine  schwere  Pest,  welche  das  Land  befallen 
hatte^.  Aber  Seuchen  sind  ja  nur  Schickungen  einer  zürnenden 
Gottheit,  und  Anläse  des  Zornes  sind  Vorkommnisse  im  Staate, 
die  eine  Sühne  erheischen.  Somit  dürfte  der  eigentliche  Grund 
für  die  Feier  jener  Spiele  die  Vertreibung  der  Tarquinier  gewesen 
sein,  ein  Ereignies  von  so  einschneidender  Bedeutung  nicht  nur 
für  die  Staateregierung,  sondern  auch  für  den  Bestand  der  Bür- 
gerschaft als  der  Cultgemeinde,  dass  es  nicht  ungcsühnt  bleiben 
konnte.  Aus  gleichem  Anläse  wurden  aucli  die  ludi  Roniani  um 
einen  Tag  vermehrt,  und  an  dieeen  Tag,  die  Iden  des  September, 


unter  den  gewählten  ü  Consulartribunen  Γ>  Plebejer  waren.  Nur  dem 
Gütterzorne  konnte  dies  zugeschrieben  werden,  der  sich  auch  in  der 
Strenge  des  Winters  und  in  einer  schweren  Pest  aussprach.  Daher  die 
Befragung  der  Bücher.     Liv.  5,  13,  3  ff. 

^  Wenn  Livius  25,  12,  11  berichtet,  dass  der  Senat,  nachdem  er 
einen  Tag  mit  der  Auslegung  des  Carmen  Marcium  zugebracht  hatte, 
die  Deceravirn  beauftragt  habe,  *ut  de  ludis  Apollini  rcque  divina  fa- 
cienda inspicerent*,  so  iet  iu  diesem  Berichte  offenbar  irrig,  dass  die 
Decemvirn  über  die  Art  und  Weise  der  dem  Apollo  zu  veranstaltenden 
Spiele  die  Bücher  haben  befragen  sollen.  Eine  solche  Weisung  über 
das  einzuhaltende  Ceremoniell  konnte  nicht  aus  den  Büchern  entnom- 
men werden,  sondern  war  Sache  der  Deoemvim  selbst. 

9  Val.  Max.  2,  4,  5.    Zosim.  2,  8. 


Diij  tarciuiiiischcn  SibylleD-Bücher, 


m 


knüpfte  sieb  die  Kriunerutig  an  die  Venreibung  lier  Tarquiöier, 
den  AmUantntt  der  ersten  ConBuU  uad  die  Einweihung  des  von 
ilem  letzten  Tarquinier  gegründeten  capitoHnisnben  Jupiter-Tetn- 
jieis.  Das  Ende  der  Künigeberrechaft  in  Rom  musate  billig  &\s 
bedeutaamer  Abschlues  einer  Periode  im  Leben  des  rümiachen 
Yolkea  erBcheinen^  und  so  bildeten  die  ludi  Terentini  den  Ana- 
gang  für  die  Indi  aaecularea. 

Der  zweite  Cnlt,  den  die  eibylünisoben  Blieber  anbefahlen, 
galt  der  Ceres  und  mit  ihr  vereint  dem  Über  und  der  Ltbera, 
Miaswacba  und  die  Kriegsiiolb  in  dem  letzten  Kampfe  gegen  die 
vertriebenen  Tarquinier  batten  gezwungen^  in  den  aibylliiiiscben 
Bücbera  Abliilfe  zu  ßnchen.  So  gelobte  denn  der  Dictator  A. 
Postum ius  der  Göttin  und  ihren  Beiaaaeen  den  Tempel,  der  am 
tarquiriifichen  Cirous  maximus  gelegen,  drei  Jahre  später  (261/493) 
durch  den  Conaul  Sp*  Cassius  dedicirt  wurde.  Für  den  echt  ita- 
lischen Ursprung  der  Ceres  bürgt  sowohl  ihr  Käme  (vgl.  altital. 
Cerus,  umbr.  cerfe),  wie  insbesondere  ihre  Zugehörigkeit  zur 
Flebß.  Wenn  ihr  Tempel  das  Archiv  der  Plebs  wurde,  wenn 
demselben  die  von  den  plebeiecbeii  Aedilen  auferlegten  Straf- 
gelder nnd  die  Güter  derer,  die  sich  an  den  saoroaancten  plebei- 
eoben  Magistraten  vergriffen  hätten',  und  so  auch  die  Güter  der 
wegen  Hocbverratb  verurtheilten  [so  die  des  Sp.  Cassius)  zufielen, 
wenn  der  Tempel  nh  Asjl,  selbst  verstand  lieb  nur  für  die  Plebs, 
galt^j  wenn  am  Cerea-Feste  die  Plebejer  ganz  ebenso  das  muti- 
tare  Übten  wie  die  Patricier  am  Feste  der  Göttermutter  (s,  o, 
S,  ίί4  Α.  2),  dann  kann  doch  wohl  kein  Zweifel  sein,  dass  Ceres 
nnd   ihre  Kinder,    Liber-Libera,    aus    eclit    plebeischer   Heimath 


1  Liv.  3,  55,  7. 

3  Nou.  p,  44  Merc. :  pandere  Varro  exiatimat  ea  causga  diei,  quod 
qiii  ope  indigerent  et  ad  asylum  Cererie  confugiseent,  panie  daretur. 
pandere  ergo  qnaei  panem  dare  et  quod  niimqimm  fanum  tftlibna  clan- 
deretur.  De  vita  populi  Rom.  lib,  I:  Hanc  Dearn  (sc,  Paiidam,  so 
mu9S  offenbar  ergänzt  werden)  Aeliu»  putat  esse  Cererem:  aed  quoil  in 
aeylam  qiii  confugiseet,  panis  daretur,  esae  nomen  fictum  a  parie  dand*» 
(pandere,  quod  est  aperire]*  Die  eingeklammerten  Worte  halte  ich  für 
ein  Gloaeem»  das  durch  die  Auülassung  von  Paodam  im  Hinhlick  auf 
die  obige  Erklärung  von  pandere  veranlasst  war.  Ob  das  Asyl  lur  die 
Brodsuchenden  bestimmt  war,  mag  sehr  zweifelhaft  sein.  Wahrachein- 
ticher  ist,  dasa  die  von  den  patrieiaeheo  Magistraten  mit  Strafe  Hedrob- 
ten  in  dieeen  Tempel  flücliteteu,  nm  hier  den  Sehnt«  der  Tribunen  an- 
xurufeD. 


100  Hoffmann 

Btammten  und  mit  der  griecliiecben  Demeter,  Dionysos  und  Per- 
eephone  nichts  gemein  hatten.  Ob  überhaupt  Liber  von  Anfang 
an  die  Natur  des  Dionysos  gehabt  habe,  darf  zweifelhaft  erschei- 
nen ;  auf  jeden  Fall  aber  ist  diese  Trias,  von  den  Eleusinien  ab- 
gesehen, in  denen  neben  Demeter  und  Persephone  auch  lakchos 
Gegenstand  des  Caltus  war,  auf  griechischem  Boden  ganz  unbe- 
kannt. Marquardt*e  Vermuthung  (S.  362),  dass  diese  Trias  ^wahr- 
scheinlich ihre  Heimath  in  der  Gegend  von  Troia  hatte,  und  in 
den  gergithischen  Sibyllenorakeln  recht  wohl  ihre  Stelle  finden 
konnte',  wird  nicht  durch  den  Nachweis  bei  Klausen  (8.  274 f.) 
gestützt,  dass  vereinzelt,  nicht  aber  gemeinsam,  in  Städten  Klein- 
asiens ausser  Demeter  und  Kora  auch  Dionysos  verehrt  wurde. 
Ganz  ungehörig  ist  es  aber,  wenn  man  mit  dem  Cnite  dieser 
alten  plebeischen  Ceres  die  Berufung  von  Priesterinnen  aus  dem 
griechischen  Unteritalien  in  Verbindung  bringt.  Als  *  griechi- 
sches Fest'  wird  ausdrücklich  nur  das  von  den  Frauen  gefeierte 
sacrum  anniversarium  Cereris  bezeichnet^,  und  nur  für  diese  Feier 
bedurfte  es  der  Berufung  griechischer  Priesterinnen,  die  aus  Πί- 
derirten  Gemeinden  Grossgriechenlands,  insbesondere  ans  Neapel 
und  Velia  genommen  wurden  ^  Zum  erstenmale  wird  dieses  Jah- 
reefest  der  Ceres  gelegentlich  der  allgemeinen  Trauer  nach  der 
Niederlage  bei  Cannae  erwähnt',  und  dass  dasselbe  nicht  lange  vor 
dem  zweiten  pnnischen  Kriege  eingeführt  worden  war,  bezeugt 
Arnobius^.  Dass  die  sibyllinischen  Bücher  diese  griechische  Ce- 
res-Feier veranlasst  hätten,  wird  nirgends  berichtet ;  ungleich 
wahrscheinlicher  ist  es,  dass  die  Ereignisse  im  ersten  punischen 
Kriege  oder  auch  vorher  die  im  Samniterkriege,  Ereignisse  also 
auf  dem  Boden  Siciliens  oder  Unteritaliens,  Veranlassung  gaben, 
vielleicht  in  Folge  eines  ΛΌtum  publicum,    den  Cult  der  griechi- 


*  Paul,  p.  i>7  M. :  Gtaeea  saera  festa  Cereri«  ex  Graecia  trans- 
lata,  quae  ob  inventionem  Proserpinae  matronae  coleljant.  Qaae  laera, 
dam  non  essent  matronae,  quae  facerent  propter  cladem  Cannensem  et 
freqoentiam  lugentium,  institutum  est,  ne  ampliua  centum  diehus  luge- 
retor.    Dazu  die  Stelle  des  Amobius  in  A.  4. 

s  Cic  p.  Balb.  24,  ,V>.    Val.  Max.  1,  1.  1. 

»  LiT.  22,  5(5,  4.    34,  i?,  15.    Plat.  Fab.  Max.  18. 

^  AdT.  natt.  2,  73:  sacra  Cereris  matria  non  qnod  vobis  inco- 
gnita  essent,  adscita  paulo  ante  (sc.  vor  dem  Kriege  mit  Hannibal), 
obtentnm  est  ut  Graeca  dicautur  novitatem  ipsam  testificante  eo- 
gnomine?     •.  .^ 


Die  tarquiniecheu  SibylleD-Bächer. 


101 


ecken  Demeter  nach  Rom  zu  übertragen.     Dieses  Gelübde    Ideen 
die  Frauen,  daber  die  Feier  pro  populo  stattBndet^. 

Als  drohende  Prodigien  im  J.  563/191  zur  Befragung  der 
sibylliTiiechen  Bücher  zwangen,    wurde  das  ieinnium  Cereris  ein- 

l geführt  und  beBtimmt,  da»e  ee  jedea  fünfte  Jahr  wiederholt  wer- 
den solle.  Ob  dies  auf  Grund  des  uumittelbaren  WortlauteH  de• 
gefundenen  Spruches,    oder  erst  in  Folge    der  Interpretation  sei- 

ί  tene  der  Decemvirn  geschah,  iet  insofern  zweifelhaft,  als  der  Be- 
scheid der  letzteren  neben  dem  ieiunium  für  Ceres  noch  Äuf  wei- 
tere Siihnuti^en  lautete^. 

Als  endlich  siur  Zeit  der  gracchischen  Wirren  im  J.  621/133 
die  fiibjllini sehen  Bücber  die  Sühne  der  antiquissima  Ceres  an- 
befahlen, da  war  es  eben  nur  der  Witz  der  Decemvirn,  der  diene 
älteste  Ceres,  statt  unter  den  alten  latiniechen  Erdgüttinnen,  auf 
dem  Boden  des  griechischen  Demeter- Persephone-Mythne  in  dem 
aicilischen  Henna  suchen  liess  ^. 

In  dae  Jahr  516/238  fällt  die  Stiftung  des  Tempels  der 
Fhra  am  Circue  maximus  und  die  Einsetzung  der  ludi  Florales 
auf  Grund  der  sibyllinischen  Bücher^.  Die  Verankasung  war 
Miss  wachs,  mit  dem  Flora  das  Land  wegen  ihrer  Vernachlässi- 
gang  seitens  des  Staates  gestraft  hatten    Im  Cult  der  sabiniechen 


^  Cic.  d.  legg.  2,  9t  21;  uoctarna  mulierum  sacrifiGia  ne  sunto 
praeter  olla,  quae  pro  populo  rito  fient:  neve  quem  initianto  niai,  nt 
adsoletf  Cereri  Graeco  sacro.  (Vahlen  bemerkt:  'neue  quem  pauci  de- 
terioruin,  oeque  A.  ueq.,  BH".  Da  das  initiare  auf  die  eacra  Cereris 
beschränkt  werden  soll,  ist  zu  leseu :  neue  quoi  initianio,  nisi  ut  adso* 
let,  Cereri  Graeco  sacro,) 

^  Liv.  3^1,  37,  4:  eorum  prodigiorura  cauaa  libros  SibylÜnos  ex 
aenatus  confiulto  decßmviri  cum  adieaent,  renuntiaverunt,  ieiunium  in- 
stituendiim  Cereri  esse  et  iil  quiuto  quoque  anno  aervandum;  et  ul  no- 
vemdiale  sacruni  fieret  et  unum  diem  supplicatio  CBset,  coronnti  sup- 
plicarent;  et  cousutP.  Corurdius  quibun  diia  quibugque  hoatiis  edidissent 
decemviri  secrificai'et. 

β  Cic.  VeiT.  4.  4i),  108.  Val.  Max.  1,  1,  1.  Lact.  Inet.  div. 
%  4,  29. 

*  Plin,  N.  H,  18,  28<i,     Vellei,  I,  14,  18. 

*  'Me  quoque  Homani  praeteriere  patres*,  Hast  Ovid  F.  5,  312 
die  Göttin  sprechen»  Zur  Strafe  schützte  sie  nicht  mehr  Feld  und  Gar- 
ten, die  Blumen  welkten^  Stürme  ücrslÖrtcn  die  Blüthe  des  Oelbaumf^s, 
Hagel  vernichtet*-^  die  Saat;  da  (v.  327)  couvenero  p»*tro8  et,  si  bene 
floreat  anuuiif  uuminibue  uostrie  annua  feata  voveut. 


V^  Hoffmaon 

GeiKbl^hter  Roms  hfttte  Fiora  seit  alter  Zeit  ihren  Platx^,  und 
a«f  ihren  Mhinitchen  Urvprane  weist  aach  ihre  VerehroDg  in  den 
«biKiech-aaiDDititchen  r^andüchaften  hin-.  Mit  der  Feier  der  Flo- 
ralien  ron  Seiten  d^•  Staate«  verhält  e^  «ich  ganz  ebenso  wie 
mit  der  j^leichfalU  darch  die  «il• vi lini sehen  Bücher  an^ordneten 
offentliehen  Feier  der  SitinrnaUen  neit  dem  J.  όίΤ,  217^  In  bei- 
den Fällen  war  die  Feier  und  die  Art  derselben  nicht  etwas 
nenea:  neu  war  nnr.  da««  die  Volksgemeinde  als  solche  die  Fett- 
feier übte,  die  "bis  d.ihin  nur  ein  Tbeil  derselben  geübt  hatte. 
An  der  Lascivit»!  d^T  Florali^u  trugen  selbstverständlich  die  ai- 
bjUinischen  Bür-her  keine  Schuld^,  vielmehr  mu<s  dies  von  jeher 
das  charakteriatiaclie  Moment  der  Feier  dieser  alten  Erdgöttin  ^ 
inmitten  der  liindiicheu  Bevölkerung  gewesen  ftf'in. 

Besüglich  der  Götter,  die  zu  den  von  den  sibyllinievhen 
Büchern  angeordneten  I^di^eruien  zugezogen  wurden,  ist  schon 
oben  (iS.  97  A.4)  bemerkt  worden,  daes  ihre  Auewahl  jedenfalls 
Sache  der  Interpretation  seitens  der  Fünf-  oder  Zehnmänner  war. 
Nur  von  dem  im  J.  536/218  veranstalteten  Lectisternium  für  In- 
tenias  und  der  snpplicatio  ad  aedem  Hemdis  heisst  es,  sie  seien 
nominatim  angeordnet  worden**.  Ob  bei  dieser  Gelegenheit  luven- 
tas  als  die  dem  griechischen  Herakles  verbundene  Hebe  aufge- 
fasst  worden  sei,  was  bei  der  in  Kom  längst  schon  verbreiteten 
Kenntniss  der  griechiKchen  Mythen  und  der  dadurch  veranlassten 
Ausgleichung  römisch-latinischer  und  griechischer  Göttergestalten  * 
leicht  erklärlich  wäre,  mag  fraglich  sein;  jene  alte  capitolinische 
luventas  dagegen,    die    gleich  Terminus    der   Exauguration   beim 


1  Zu  den  angeblich  von  Titus  Tatiue  gestittcteu  Altären  zählt 
auch  der  der  Flora  (Varro  L.  L.  5,  74),  und  zu  deu  Flamines  des 
Numa  auch  der  Floralis  (ebd.  7,  45).  Auf  dem  sabinischen  Quirinal 
lag  ihr  Tempel  (Becker  Topogr.  S.  574). 

2  S.  d.  Belege  hol  Preller,  K.  M.  I»,  S.  4:K),  2. 
^  Liv.  22,  1,  20. 

*  Dies  scheint  Manjuardl  zu  meinen,  indem  er  S.  ^-)7S  schreibt, 
dass  'der  altrSmisclio  Charakter  der  Flora  sich  erst  veränderte,  seit- 
dem im  J.  51 G  auf  Anordnung  der  sibylliniscben  BQchcr  die  Floralia 
eingesetzt  waren,  welche  durch  ihre  unsittliche,  dem  altrömischen  Wesen 
ganz  fremde  Feier  bekannt  sind'.  Er  vergase,  was  Augustin  G.  D. 
7,  21  von  der  Feier  dos  Liber  '  in  lialiae  compitis  *  und  speciell  in  der 
alten  Penatenstadt  Lavin ium  berichtet. 

*  Vgl.  m.  'Arvalbrüder*  S.  15,  <ί5. 
"  Liv.  21,  »i2,  i). 


Die  tarquiniscben  Sibylleii-Biiclier. 


lOS 


Baue  iks  Tempels  widerBtand  und  daher  in  denselben  anfgcuom- 
men  werden  mnsste,  bat  mit  Hebe  nicbts  gemein,  vielmehr  acbeint 
sie  gleich  der  luturna  (Djutarna)  eine  alte  Nebenform  der  luno 
ICH  sein  ^ 

In  dem  folgenden  Jahre  537/217  wurden  nach  der  Unglück* 
lictieii  Schlucht  am  trasimeniRchen  See  nach  Befragung  der  eibyl* 
linischen  BUclier  der  V'enus  Erycina  uod  der  Mens  Tempel  ge- 
weiht. Da  auch  in  dieeem  Falle  der  BeBcheid  der  Deoemvirn  auf 
eine  Reibe  weiterer  Sühnungen  lautete  -,  so  muss  es  zweifelhaft 
bleiben,  ob  jene  beiden  Gottheiten  in  dem  Spruche  selbst  genannt 
waren.  Dass  diese  Venus  trotz  ihres  fremden  Epithetons  nur  die 
seit  alter  Zeit  auf  latinischem  Boden  in  Lavinioni,  Ardea,  Alba 
Longa,  Gabii  verehrte  Gottin'*  sein  kann,  darauf  weist  schon  der 
Umstand  hin,  dass  ihr  Tempel  auf  dem  Capitol  selbst,  auf  dem 
Platze  der  Staategott  hei  ten^  errichtet  wurde-  Wie  verschieden 
von  ihr  die  Göttin  des  sicili  sehen  Ery  χ  wiir,  zeigte  sich,  als  einige 


*  iSchfm  dtts  Ait^r  dioser  Götter g*?8t alt  beweist,  dass  sie  nioht  die 
FersonificHtioii  des  abstrakten  BegriÖcs  vun  iuventaft  sein  kann.  Nur 
der  Anklang*  mag  die  Identificirung  mit  diesem  Appelktivom  veranlasst 
haben.  Ursprünglich  dürfte  der  Name  der  Gattin  luventä,  luvi*tina 
getautet  haben,  womit  zu  Tergleicheu  sind  Lubi-tina  (Lubentia),  Capro- 
tina  und  vielleicht  aticli  die  Namen  der  angeblichen  Situationsgottbei- 
tau  luga-tinust  Limen-tinus,  Yolu-tina.  Die  umgokebrte  Compoeition 
durfte  in  Tan-aquil  vorliegen,  verglichen  mit  dem  Namen  der  den  Tar- 
(^uiniern  verwandten  AquiUii  (Liv.  2,  4;    Ακύλλιοι  Dion,  5,  ii.  7). 

^  Liv.  22,  9f  0:  (Q.  Fabius  Maximua  dic^tator  . . .  perviciti  ut . . . 
deccmviri  Hbros  Sibyllinos  adire  inberentur,)  qui  in&pectie  fatalibus 
libris  retlulLTunt  pairibuSf  quod  eius  belli  causa  votam  Marti  foret,  id 
ηοΊΐ  rite  factum  de  iutogro  atquo  amplius  faoiendum  esse,  et  lovi  ludet 
magnoi  et  aedes  Venen  Brucmae  ac  Menü  vovendas  esse,  et  supplica- 
tionum  lecUeterniutnque  habiindutn,  et  vcr  sacrum  vovendum  oett. 

*  üebtir  den  Vonus-Tempel  £ü  Lavinium  als  gemeinsames  Heilig- 
tbuiu    einer    latinischen   Opfergenosseuschaft,    au    deren   Spitze    Ardea 

.  itand,  8.  Strabo  5  p.  2.Ί2.  Dass  die  in  Lavinium  verehrte  Venus  den 
Beinamen  Krucina  gofiilirt  haben  muss,  beweint  jene  Siige,  dasa  eben 
diese  Venus  Λ^ηοΗ«^  auäSicilien  nach  Italien  gebracht  habe  (Yen na  Ery- 
cina, quam  Aeneas  socum  advexit,  Serv,  z.  Verg.  b.  I,  720,  vgl.  Solin. 
Polyh,  2,  141;  die  Sage  knüpft  eben  an  diosea  Epithtston  an.  Für  Harn 
wäre  es  Ubrig<*ns  niOglich»  dass  das  fremde  Epithutou  Erucina  au  die 
Stelle  eines  anklingenden  heimischen  getreten.  Da  Venus  Schütr-erin 
der  Gärten  ist  (Varro  d.  r.  r.  l,  1,  ίί.  Paul.  p.  58,  14  M.),  so  konnte 
man  an  Huncina  denken,  die  angebliche  Göttin  des  jälcus. 


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J«khi\>  ^YJiwx  viMKid  *»lVit  xacj:  S.I»  tiitt-aTirm  -ra^'.  Xicbt 
«ut  «Uüli«^h#ttk  tWd^.   «wdeR  KwwT^uJi    »  shafwiaw    tot 

«uvoi'KoiKl  itfcr%'»•  durv^  •1*β  H:ir>CiJi*iiiL»«ii#c  rsk.mi3fRiittnctK«  A*f- 
li^«4U»X  iu  ihit^r  H^tmath  wsm.  •»  ]Lifn'4  HtcLrta^  cit  ihr  Fe« 

Uvv  Ν  ouu>i  Kniciua  den  ürrirsiL  i.if  trtJL  '..LOt.-:.!-!  fnöfaS^.  fi»  bess 
AU^^h  ttutoi"  ihr  eine  *he,     I-pt  Τ«®»    laii»    fceufHitif»  β•ί€ 

•üheii  »^eo  durch  die  i<»iiMa--:;:L  ϊλ*  •ί»ιπ-•«ι!-4  F-utisin»  iimiiaMet 
WMt,  konnte  ei«  ivat  ΐίΐΞ'*  .«•r^o«  l  if  vi-^j.  Xns  aaazrafes• 
ul•^!'  *nuo  solche  Vtrf*yziirfX'j,<L  *--i.r<  t:ir!T.;w:i  &>icnCe»  C4ute 
««i|Uiver«täudUeh  βΙϊΙ:  τολ  t>i  ♦r-.y..-a-fr:i.*a  Bai:JL<n  c«»«iBt 
•uiii,  die  nur  auf  ftrtiiiiiL*•  ιή-ίτ  UMeriaZ'i  I*»  "^cja^^sj^v  «te- 
hundti  Uötterdieaste  bia»*  4i»ii-  Am  airtifcea  li*r:  «  ^*i  Xcb« 
iin  Minerva  xu  deakei- 

\U  O^Ä^/ι■e».*  Bti  TVarc  vür  i-#i  vir»!  :■??  V^a.««  »Kk  <vei 
weitere  Tempel  *»f  GtÄ*•!«  iir  n' τΐΐ^ΐκ'-•-?^  Bi<h«r  crrkkte; 
wur^leu,  der  erster»  im  J.  A^'f  2*9,  ιΙλ  Zim^Kh^  liäSnmeaL  ύτψ^τλ 
Mtuprum  verurtheüt  w^'>rl*a  -wtnu^  i*T  Aa-:*re  Lm  J.  o14.  i40L  als 
drei  Vestalinen  f:<h  i«  Fa*si»?iC•»•  «(*=.τΙ[1γ  r^BLii:AC  kattta.  !■ 
beiden  Fällen    Ιιαπ^'ε.  ^Mmhl'^^t-^  A-.z*•!:*".     li*  Bi^frafrur   der 


*  In  Ο V  i• i' 4  B--.  ei  /j,'  V'^rc  ■  i  .•*  Η :  jx  :  i  :*:  ;-  r  V  m  w  •  •;  r  p4:r£a  Co»- 
liua  iit  iwar  irri?.  dw•  τ-  <  *  ιλ:  *>-«•* i*^  ri-e*  Sibjil-Yceprecii*!  τ«ι 
MaiH)ellut,  demKr-/'.*rr»tr  ■joc  ^.irvk-L*.  -.  l.c  ί1•-'.ι  IbtiKnzea  «to  Üki 
(Fii»t,  4,  ϊ^Τοΐϊ.Ν  'Ui*r/-:n  -i^nw  -<  v-y.'.  c-^rä^ie:  «1:1,  wect  er  die 
Kinfuhnm?  d*r  «icii.*;r.ir-  G'.trin  d».-n  Mar-!ir.Ii4  ;TSi.*ftn»;bi.  Ob  »e 
von  dieeem  erocirr  »ir»i*  jn--^•  »luz  ii:.rji*  m^-oi•!  ^rf»  cuii  τ. '»Τβ^, 
oder  ob  Maroillij  =.ir  Ίί^•λ  -la  •ί•τΙίϊοιΙ.*  sieb  τ  ?rp!li Λΰβί  hAbe•  ikp 
)iuf  romifchfrTB  fc>iiiii  ri-.  τ.  ♦.;'.-.  zu  τ:ίΛτ2.  Iw•  tich  ziich:  eatdckeidcn ; 
JMleufalU  tk^it  ir»irt<*  i*r  iir.-=^  iu  '^i«.i'i*n  ric  «•ιί..*ί".^  (^labie  niker 
üb  der  ipä.>re  L^i'L^-V;-*  Sr.-v'.  ia  w-uiu•?»  «irr  0>iis:.il  L.  Porciiu 
»S70/1-St  d-.-r  O'".•.«'!  ri-im  TeaifKil  ?el/b*.e.  M-Ti^ii^her  W.ii<e  :r;&:  diefer 
Tempel  n-ir  a»  i.^  ^:.-ΐ;^:  -.'γι^'?  ΛΙγαγ«  .>i-:r  *Λθ?ΙΙαπι  mufder  Area,  mit 
der  eich  v.rL^T  •ί>,  0*Ziiin  ha::?  be^ndjea  rülpsen.  Aeknlieh  Tcrbieh 
«3  eich  ja  lücfa  mii:  «J-rr  tr >^:iQr.if  drs  Apo'.Io-Tempeis  aaf  dem  lilars- 
felde  aaf  d-;m  «c&ji  früher  dem  G  jttr  geweihten  Apoll ioar,  desj^eickeo 
mit  der  Grand ao^  d*»  Tempels  der  Ititlo  Lacioa  aaf  der  ihr  langet  ge- 
weihten arei  CPiin.  X.  Η    1»:.  iMi  u.  a.  m. 

^  Ot.  f.  if  ^Ά :  namina  ralzares  Yeneris  celebrate  paellae  cett. 

^  Liv.  2:^,  31.  '»:    atraqoe  Tnedesj    in    Capitolio   eat, 
di«crt;tati. 


Die  Urquiuieclieii  Sibyllen- Buch  er. 


105 


etbylUniiücben  Bücher  nöthi|i  gemacht*.  D^ss  aber  unter  der  Ve- 
nne  Obpeqiiens  und  der  Vertkordia  nur  die  alte  (Venüe)  Murtm 
verstanden  wurde,  erhellt  aus  der  Lage  des  einen  wie  des  arideren 
Tempel?   in    dem    nach    der  Mureia    benannteii  Thale    des  Üircns 


masEimus'' 


I 


Hiermit  ist  die  Aufzäblaug  der  durch  die  eibyllinischen 
Bticher  verantassten  Culte  beendet  und  ale  Ergebnies  darf  gelten, 
dasa  die  Weisungen  dieser  Bücher  sich  nie  auf  auelandiache  Gott- 
heiten, sondern  nur  auf  fiokhe  erstreckt  haben,  die  längst  schon 
von  einem  Bruchtheile  de«  römischen  Volkes,  sei  es  der  Alt- 
stämme,  sei  es  der  Plebs  verehrt  worden  waren,  aber  von  seiten 
der  Geearamtgeuieinde  noch  keine  Auerkeniuing  gefunden  hatten* 
Ee  liegt  ja  auch  nahe,  daes  nur  solche  Gottheiten  als  zürnend 
gedacht  werden  kraintMi  —  und  um  den  in  Prodigien  sich  kund- 
gebenden Gölterifioru  handelt  es  sich  ja  stets  —  denen  ein  An- 
recht Huf  Verehrung  zusteht;  dies  können  aber  nur  Götter  de§ 
rämifichen  Bodens,  Götter  der  Väter,  Gotter  eines  der  Gemeiode 
irgendwie  zugewachsenen  Voikstheilee  sein.  Höchst  beacbtens- 
werth  ist,  das«  den  Plebejern,  bevor  sie  noch  zu  den  Staateprie- 
eterthümem  zugelasseo  wurden,  die  Tb  ei  Inahme  an  dem  mit  der 
Befragung  der  eibyllinischen  Bücher  betrauten  Decenivirate  zuge- 
standen wurde.  Diese  Concession  erklärt  sieh  zur  Geniige  daraus, 
dass  die  durch  die  SibyllensprÜche  geforderten  Culte  in  ihrer 
Mehrzahl  aus  den   beim^thlichen  Ganeu  d^r  Plebs  stammten» 


*  Liv.  10,  31,  8.  —  üeber  da«  mit  dem  Incest  dör  Vestalinen"^in 
Verbindung  gebrachte  prodiginrai  das  sich  an  der  Tochter  des  Ritters 
Helvius  vollzog,  lul.  Obseq.  'Λ1  i97),  Oros,  Γ>,  15,  20,  Plutarch  Q.  R, 
HS  bezitiht  auf  dieses  rrodi^iuni  i^lsehlioh  die  angebliche  Weisung  der 
sfbyliiniachen  Bücher»  ilaKS  anf  dcTii  Forum  zwei  Griechen  und  zwei 
Gallier  lebendig-  begraben  werden  sollten.  Nur  in  den  aus  Etrarien 
stAtninenden  libri  fatales  konnte  eine  solche  Weisung  enthalten  aeiUi 
da  nur  etrurischer  Buden  durch  die  griechischen  Arisiedlungen^.an  der 
Westküste  und  durch  dits  Angriffe  von  Sicilicn  und  Phnkaea  her,  an- 
dererseits darch  die  Gallier  im  N^orden  bedroht  war  Die  Eingrahung 
bezweckte  ja  nur  die  fictive  Erfiillung  dt^a  Gutterschlusees,   falls  durch 

solcheu  den  Fremdlingen  der  Besitz  des  Landes  bestimmt   wäre. 

2  Occker,  Topogr.  S.  172,  i">S2. 


ΙΟβ  HoffinaDn 

Beacbtet  man  nun,  dami  zur  Befragung  der  Bttcher  bei  eii^^' 
getretenen  Prodigien  nar  dann  geechritten  wnrde,  wenn  die  Pon^^* 
tifteea  aaf  Gmnd  ihrer  Bücher  eine  Procnration  nicht  anzuordnenden 
yermocbten  (Marqnardt  S.  343,  6),    so    ergibt    eich  daraus,    dag-      -^ 
die  sibjllinijicheii  Bficher  in  gewiefter  Weise    eine  Ergänzung   z^^*Q 
den  PontificalbScbem   bildeten.     SelbstveretSndlich    konnten   letz  -^* 
tere  nnr  Anweisnngen  über  die  Sühne  der    znm  Staatacnlt  gehö- 
rigen Gottheiten  enthalten,    während  die  Weienngen    der  sibjUi- 
niachen  Bücher    solchen  Gottheiten   galten,    die    darch    neaartig^^ve 

Prodigien  ihren  Ansprach  anf  Verehrung    seitens    der  Geeammt^ 

gemeinde  geltend  machten.  Neben  den  angeblich  von  Numa  ver — -  ' 
faasten,  den  of&ciellen  Galt  betreffenden  Pontificalbüchem  müssen 
die  am  Ende  der  Eönigszeit  entstandenen  sibyllinischen  Bücher 
ein  Verzeichniss  localer  and  partieller  Gälte  aaf  dem  inzwischen 
erweiterten  Gebiete  Roms  befasst  haben.  In  diese  neaen  Indigi- 
tamenta,  wie  man  derartige  Aufzeichnungen  wohl  nennen  darf, 
müssen  auch  solche  Gülte  aufgenommen  gewesen  sein,  welche  ein 
sacrales  Band  zwischen  der  römischen  Gemeinde,  oder  richtiger 
zwischen  gewissen  Stammsippen  derselben  und  benachbarten  Ge- 
meinden bildeten.  Den  Beleg  dafür  gibt  die  Thatsache,  daee  die 
alljährlich  unter  Mitwirkung  von  Fetialen  vorzunehmende  Erneue- 
rung des  uralten  Bündnisses  mit  Laurentum,  das  seinen  Ausdruck 
in  dem  Opfer  fand,  das  jedes  Jahr  von  den  höchsten  römischen 
Magistraten,  selbstverständlich  gemeinsam  mit  denen  der  Lauren- 
ter,  in  Lavinium  verrichtet  wurde,  auf  Anordnung  der  sibyllini- 
schen Bücher  erfolgten  Vorher  war  das  Opferfest  zu  Lavinium 
ein  sacrum  populäre;  durch  die  sibyllinischen  Bücher  wurde  es 
ein  sacrum  publicum^. 


'  Während  Livius  i>.  11,  15  mir  berichtet,  dass  nach  dem  Latin  er- 
Kriege im  J.  414/340  das  Bündnies  mit  dem  treu  gebliebenen  Lanren- 
tum  wieder  herprpstellt  und  seitdem  alljährlich  erneuert  worden  sei, 
zeig^  eine  Inschrift  aus  der  Zeit  des  Kaieere  Claudius  (Mommsen  Inscr. 
R.  Neap.  2211,  Grell,  n.  2275),  in  >velcher  ein  pater  patratus  popnli 
Lanrentis  foederis  ex  libris  sibullinis  percutiendi  cum  popnlo  Romano 
sacrorum  principiorum  populi  Romani  Quiritium  nominisque  La[8]tini 
qnae  apud  Laurentes  coluntur  . . .  erwähnt  wird,  das«  die  jährliche  Er- 
neuerung des  Biindesvertrages  durch  Fetialen  auf  Weisunpf  der  sibylli- 
nischen Bücher  beruhte.  Dass  damit  nicht  die  neue  Sammlung  gemeint 
sein  kann,  bedarf  keines  Nachweises. 

^  Das  Böndniss  mit  Lavinium- Laurentuiu  geht  auf  die  L'rzeit 
Roms  zurück;  es  wurde,  wie  die  Sage  lautet,  'erneut',  nachdem  Tituf 


Die  tÄrqaiDiicben  Sibyllen- 11  ücher. 


107 


Wae  zu  einer  solchen  Aufzeichnung  partieller  Culte  veran- 
laesen  konnte,  Ifiaet  eieh  unschwer  vcrmuthen. 

Der  Erbauung  des  capitoliniFtchiin  JupitPr-TempelR  durch 
den  letzten  Tartjuinier  lag  dift  Äbflicht  zu  Grunde,  filr  die  durch 
I  Sonderculte  getrennten  Beetaudtlieile  des  römischen  Volkes  ein 
religiöses  Centnim  zu  fitdmHen.  Der  nach  der  Tradition  von  Numa 
gestiftete  Cu!t  verband  nur  die  beiden  Altstämme,  die  Kamne» 
und  Titiee;  ihr  eacralei^!  Centrum  bildete  die  alte  Regia  mit  ihren 
Gottheiten.  Ausserhalb  dieser  Opfergenosaenechaft  standen  die 
Luoeree  und  die  inzwischen  durcli  Eroberung  oder  Verträge  dem 
Staate  zugewachsenen  Volksniassen.  Für  die  Gesammtgemeinde 
sollte  nun  der  Tempel  des  capitoliujficheu  Jupiter  mit  seinen 
Beieaaeinnen  das  einigende  Centrum  bilden.  Damit  war  nicht 
eine  Unterdrückung  der  altväterlichen  Culte  der  einzcluen  Stamm- 
«ippen  beabeichtigt,  im  Gegentheil  wt\r  es  ja  zu  allen  Zeiten  eine 
Hauptaorge  der  Poutiiicee,  die  Aufrechtbaltung  der  von  den  Vor* 
fahren  uberkümmenen  Culte  zu  überwachen.  Enthielten  die  Bü- 
fher  der  Pontifices  den  Götterbestand  und  die  Cult-  und  Hühn- 
vorsohriften  für  die  Gemeinde  zur  Zeit  von  Numa  und  Α  neu» 
3iartiae,  so  muftste  im  Anechluse  an  den  von  dem  letaiten  Tar- 
(juinier  geplanten  reiigiöeen  Synoikismos  auch  eine  Aufzeichnung 
und  Regelung  der  in  den  übrigen  Sippen  der  römischen  Gemeinde 
gepflegten  Culte  sich  als  nothig  heratiMtellen:  für  die  vergrösflerte 


Taiiue  bei  dem  Opfer  zu  Lavinium  von  den  Laurentern  erschlagen 
worden  war  (Liv.  1,  14).  Aber  eben  diese  Sage  darf  ah  Beweis  gelten^ 
dasi  von  den  beiden  Altstämnien  nur  die  Ramnes  dem  Sacralverbandii 
angehörten,  während  die  Titks  aueserhalb  desselben  standen.  Die  Er- 
liählung  von  dem  Erscheinen  ihres  liäuptliiigs  bei  dem  Opferfeste  zu 
Lavinium  ist  die  harmlose  Einkleidung  für  den  Versuch  der  Titiea, 
eich  gewaltsam  in  diesen  rcUgiÖB  und  verwandtschnftlich  gesclilossenen 
Kreis  einr/udrängen ;  als  Murd  des  Königs  dagegen  erscheint  in  der  sa< 
hinisohen  Tradition  die  Niederlage»  welche  den  Eindringlingen  durch 
die  laviniatiscben  Opfergenossen  bereitet  wurde.  Die  conventionelle  Dar- 
stellung, dass  die  Laurent  er  durch  die  Ermordung  di^s  Ttitius  nur  die 
Verletzung  ihrer  Gesandten  durch  'Verwandte'  desselben  rächen  woll- 
ten^  ist  eben  nur  der  Versuch  /u  erklären,  weshalb  diese  angeblicbe 
Frerelthat  der  Laurent  er  vonseiten  des  Romiilua  ungeahndet  geblieben 
sei  (Liv.  L  11»  '^}«  Die  AUeinherrscljiift  des  Romuius  ist  der  Ausdruck 
fiir  die  voritbergehende  Inferioritnl  der  Tities,  bis  neue  Zu  zu  go  nus  den 
üabinerbergen  ihnen  diu  iu  den  Königen  Numa  und  Α  neu  s  Mar  dus  sich 
Aussprechende  Oberherrschaft  zurück  gewannen. 


im  HoffaaBB 


\ 


fireBetnd«  mumten  μ.  auch  4ie  nea  bioia^kofliaeBea  Gottkül^^*^ 
btidectfAm  werdeo. 

Der  Tempel  an/  dem  Capitol  »Und  fertig .  aber  der  Grüd^^^^ 
war    rert rieben.     Die  Weibe   roUzog    der   Coiml    M.  Hontia^     -^ 
aber  oer  ία  Namen  der  patrieitcben  Gemeinde,  wibresd  der  Plel^=^ 
der  Zotritt  zu  den  StaaUfottbeiten,  d.  b.  das  Recbt,  direb  Coi 
aaln  aot  ibrer  Mitte  den  Willen  dieser  Gottbeiten  dueb  die  Ai 
spielen    einzobolen,    erst    naeb  jabrbnndertlangem  Kampfe   dsrcK^  "^^ 
die  Hoiniseb'sestiffcben  Gesetze  erwirkt  wurde. 

Die  rertriel/ene  tarqninisebe  Sippe  batte    sieb   naeb  Csma^  ^^ 
gewandt,  nnd  dortbin  waren  wobl  ancb  jene  Aofzeicbnmigen  Hbec:  ^^r 
die  Culte  gekommen,  die  nicbt  zn  denen  der  berrscbenden  patri--     ^* 
eiseben  Gemeinde  geborten.     Der  Vemacbliseignng   dieser  C«li 
galten  die  bedroblichen  Prodigien.      Die  Mittel,    sie    in    stibnei 
konnten  nur  jene  Aafzeichnnngen  geben  ^     Wie  diese  wieder  iiac! 
Rum  kamen,  mag   rätbselbaft  sein.      Die   gewöbnlicbe    Traditionen^ 
llsst  die  sibyllinischen  Btteber  von  dem  letzten  Könige  erworben^^ 
werden,    eine  andere  Version  jedocb  setzt  ihre  Anfnabme  in  dis^*^ 
Zeit    der  Conimln^.     Eine  Bestätigung    für    diese  Ueberlieferung- 
möchte  darin  Hegen,  dass  erst  in  dem  ersten  Consnlatsjabre  von 
einer  Befragung  der  Bücher  verlantet  und  dass  der  Anläse  dasQ^ 
wie  oben  bereits  gelegentlich  der  ludi  Terentini  ausgeführt  wurde, 
Prodigien  gegeben  hatten,  die  mit  der  Abscbaffnng  des  Königs- 
thuniK    und    der  Vertreibung   der   Tarqninier    in    Zusammenhang 
müssen  gestanden  haben.    Es  begreift  sich,  welche  Bedeutung  das 
consularische  liom  in  seinem  Kampfe  gegen  die  tarquiniscbe  Coa- 
lition  jenen  Büchern  beimessen  ronsste,  in  denen  es  die  Mittel  fand, 
die  feindlichen  Götter  sich  geneigt  zu  machen. 

Beachtung  verdient  auch,  was  über  die  Verurtheilung  eines 
der  beiden    ersten  Sibyllen-Priester  wegen  Trug    bei    der  Befra- 

ί  KiKenthiimlich  ist,  das»  Val^Tius  Max.  1,  1,  l.'J,  wo  er  von  der 
BüMtrafuijg  einre  verriltherieclien  Duumvirn  durch  Tarquiniiie  berichtet, 
nicht  die  eibylliniscben  Bücher  nennt,  sondern  'librum  secreta  rituum 
eivilium  nacrorutn  iso  Kempf  nach  Novak  und  Gertz,  —  secreta  ciuiliam 
sacr.  Halm;  sccretarium  oder  secretorium  oiu.  die  Hdschft.;  vielleicht 
Meretinrum  ciu.  sacr.)  continentem,  custodiae  suae  commissum'.  Dass 
ValeritJS  nicht  nus  Eigenem  so  die  sibyllinischen  Bücher  kann  umschrie- 
ben hüben,  Hondfrn  einem  älteren  Borichterptatter  gefolgt  sein  muss, 
unterliegt  wobl  keinem  Zweifel. 

»  Suid.  Ήροφίλα,  ή  καΐ  Σίβυλλα  'Ερυθραία  . .  .  καΐ  ήλθεν  €ίς' Ρώ- 
μη ν  έν  τοΙς  χρόνοις  τών  ' Υπάτων,  Αλλοι  bi  Τορκυνίου  κ.  τ.  λ. 


e  terquiniechen  Sibyllen -Bfi eher. 


fξnΏg  der  Blieber  ^  oder  wegen  Yerrathee  dereelben  an  die  Kach- 
barn Rom»*  oder  an  ©inen  Sabiner'*  berichtet  wird*  Der  Vorfall 
^rird  wie  die  Erwerbung  der  Bücher  unter  die  Regierung:  dea 
Tarquinius  verlegt,  aber  der  Name  des  verrütheriBchen  Duunivim 
Jüarrus  Ärilius'^  erinnert  zu  sehr  an  jenen  Marrufi  AgiiiUine,  der 
alft  Schwesteraobn  des  Tartjuiniii»  Collatjuus  und  al»  Genosse  der 
Verschwörung  zur  Wiederherstellung  des  Königthum«  bekannt  ht^ 
&1b  dasB  nicht  die  Verniuthung  gerechtfertigt  wäre,  da*»«  einVor- 
Icofnnmiee  ans  der  Zeit  nach  dem  Sturze  des  Tarquinius  in  die 
.  X#it  seiner  Herrschaft  zurückdatirt  und  dent  entsprechend  umge• 
formt  worden  ist.  Der  Verdacht  eines  Missbrauches  der  Bücher 
z»  Gunsten  der  vertriebenen  Konigseippe  mag  κη  Beginn  des  ron- 
etilarischen  Eegiuientes  nahe  genug  gelegen  haben, 

AlsThat§ache  gilt,  dass  die  Rihvllininchen  Bücher  \nprierhiiirher 
Sprache  abgefasRt  waren.  Im  Grunde  liegt  dafür  kein  anderer 
beweis  vor  ale  der,  daas  dem  mit  der  Befragung  der  Bücher 
betrauten  (Jollegium  zwei  Diener  als  Dollmet  scher  seien  hei- 
li^egeben  worden.  Daas  dies  (inechen  gewesen,  erhellt  wenigfttene 
nicht  aus  dem  Berichte  des  Dionyeius  (4,  62),  der  nur  von  ^ημό0ιoι 
θ€ράποντ€ς  Ppricht,  ohne  sie  al«  Griechen  zu  bezeichnen''^;  die 
Beiziehung  sprachkundiger  Diener  würde  aber  auch  begreiflich 
ee'iD,  falls  die  Bücher  in  der  oscischen  Sprache  von  Cumae  oder 
in  einem  der  mannigfachen  Idiome  ahgefasat  waren,  die  in  der 
Königezeit  auf  r9mii»ch*latjniscbcm  Boden  geBprochen  wurden^. 
Aber  eben  der  Bestand  dieser  noch  nicht  zu  einer  Schriftsprache 
«►iiBgeglichenen  Dialekte  macht  den  Gebrauch  des  Griechischen  für 


'  Dien.  4,  62:    <\Μκ€ΐν   τι    δόΕ«ντα   ircpl   τήν  ιτίστίν  ..,  (π^ίστίν 
vprmuthet  Bucbeler), 

2  Zonar.  7,  11. 

3  Valer.  Max.   1,1,  IX 

*  Μάρκος  *Ακίλλ(ος  heisift  er  bei  Zoneras  a,  a.  Q.  (nach  Bio  Caas.?); 
Μάρκος  Άτυλιος  (Sylburg.  fora.  ΆκύλϊοςΙ  bei  Dioüyi^iiis.  4j  »j2;  m. tul- 
fium  geben  die  Fldtfohftt,  (LA)  \m  Valcr.  Max.  1,  1,  i:\  matilium  dio 
Epii.  Nepot. 

*  In  dem  Berichte,  dem  Ζοηβιέβ  a.  a.  0.  folgt»  dass  man  gleich 
n&cb  Aufnahme  der  Bücher  zwei  Männer  in  Gnechenlaml    angeworben 

άναγνιυσομίνους  ταϋτα   κα\  έρμηνεύσοντας,    ist   offenbar    auf   die 

it  der  Erwerbung  der  alten  Bücher  über  trage  π  ^  was  seit  Bestand  der 

auf  griechischem  Boden  gesammelten  Sibyllen-Orakel  nöthig  ge- 

len  war. 

•Nissen,    Ital.    Landeekunde  I    S, rj5iV:    'Die    Sprachverwirrung, 


110  UoffniAuu 

uiufttnirreicbere  Aufzeichnungen  nicht  eben  un wahrscheinlich,  zunc^Be^l 
bei  den  vielfachen  Beziehungen,  welche  die  Tarqninier  zu  Gr  Se- 
oheuUnd  und  zu  griechischen  Colonien  auf  italiaobem  Bod  ^^ 
hatten. 


Wenn    die  tarquinischen  Cult- Aufzeichnungen  mittelbar  ai 
Camae  atammten,  so  lag  ea  nahe,  eie  mit  der  SibpUe  in  VerbL 
dnng  zu  bringen,  deren  Gestalt  in  der  LK^calaage  von  Camae 
geben  war. 

Ea  fragt  sich,  welche  Vorstellung  sich  ursprünglich  mit  de 
Beteichnong  ^Sibjßiia    verband. 

Die  alte,  auf  \'arro  zurückgehende  Erklärung  des  Namen 
hmt  Σίβυλλα  als  Compositum  von  (Πός  (äolisch^  ^ός)  vn 
βούλλα  (richtiger  βόλλα.  aolisch  βουλήκ  *itaque  Sibyllam  dictan^^^ 
fsHie  quasi  θ€θβθύλην*^.  Neuere  Sprachforscher  halten  das  *aibylla^^ 
für  echt    italisch    und   finden    darin    den   Sinn  *ictisf  Fraa*'.     D^^i 


welche  in  AltitaUen  herrschte,  erincert  an  die  liegende  vom  Thannbais 
ffQ  BsWK  . . .  Latein  vini  am  400  τ.  Chr.  saf  einem  Ranme  von  etw» 
^0  d^^tschtHn  ^aairatmoilen  ge^pn^rhen.  50viel  wir  sehen  mit  mancher' 
Set  diAlektiÄAt^a  Abweichunireu.  Die  Sprsobe  war  in  Ti^Ilem  FIum  be* 
irnffetu  Ä*  ds»  Λ  d«?n  Gelehrten  um  ΙΓιΟ  ν.  Chr.  Mühe  körtet^,  ein^ 
um  λΧ^  al^£i«ite  Urkunde  tu  Terstchen*. 

^  N»oh  Meister.  Gr.  Dialekte  I.  S.  l:?:^.  4  5oH  <ηός  nicht  iolisch, 
Ä>n»>Wr.i  iakoaüs^*h  «»iii.  Ab^r  «^-^hon  Betifey.  Gr.  Wun^llex.  i  S.  2ΐ>* 
machte  ^irv^n  Ahrws  der  «.n«>;  für  dorisch  erklärte,  die  Bemerkang: 
wvhl  nicht  bxxs»  dori:<ch'.  Tebr^nf  dürfte  σιος  eicht  sowt>hl  eine 
«2taWkt»c^^  Nelvrifonn  wn  ^ός  al»  rtemiehr  eine  Parattet-BiUeng  za 
«MttWiUfc  ft^iau  IV^uf'ich  der  AcwutUAtic«  «ηύς.  β€Ος.  Tefeiwi  ich 
aac  c.^  TV«  u:r  $c<:\x:  ;u  d<f  S.'^t'^  U^^cwrv«  und  die  Hoasendenaage 
we  Obus»'  Ν  tlf.  vVj:I.  2L.  Forvten  u.  SariAtea*  Sc:M.  Ä^•  Toc^peira• 
Ißirfte  ObtwrtAUk^eu  da59  iie  V^Haua  i^{  -ος  4ls  Oxrtoaa  p«Mfr«  ab 
lUnrtooA  *ciiw  Be%i<u: *«:=;<  iAl*fr.  So  *r^:c:  *;cä  fir  dt»  viei  Tvrachte 
iKev«;  »TW?  lWi$>fC*=^  **i  W.  >^i    rT:jvkte::"•    --Lad  flr  Λος  rv«  W.  nv 

fijcvut^c  j^nvML:.  tYDfäxt•  <»^f*«nv»;  . 

*  ljic^:aa^    !.  -^  7.    Yj«  Sfr*.  s    Vers:    Aet:,  ;v  44Cv  •;^  1?. 

*  Γ"•ίί.  Lex    Κ^^ΐΊκ.  f.  Λν      »;*{=;:<  »:    .r.  »«af&it!;^  aWodk,  «et- 
xaI*Ma     x^:•»»  ^iCtfat»•:^    airt«.    <νΐ•ί   «*«*  Kr^i^t.    .lad   ^us  IWauaatif 


t>te  iarquinieclieQ  Stb3f1l€ii-fitic3t)(!f. 


in 


m^ber  rlae  Wort  auf  italiöcliem  Boden  nur  von  iler  Selierin  von 
ί  CJutnae  gebmiicht  worden  ist  ^,  kaiui  es  iiicbt  anderen  Sinn  und 
si^ndere  Ableitun**  haben,  als  das  griecliitjche  οΐβυλλα.  Ich  stimme 
daher  Varro  bei,  dasa  in  diesem  Worte  ein  Compositum  von  υιός 
^^orliegt,  nur  dürfte  der  zweite  Theil  nicht  auf  ßouXXu  (βόλλα) 
asn  l)eziolien  sein»  sondern  auf  den  Stüuini  ΙΛ^  PIA,  von  dem  ΐΧ-αος 
(^tX-cuu^),  ϊλ-ημι,  Ιλ-ήκω,  ιλ-άσκομαι  η.  β.  w.  abgeleitet  eind. 
iJas  componirte  σΐθ•Ρίλ-θ  ((Jiu-FiX-o)  *  bedeutet  eonacb  'Gott- 
^^tihnend  . 

^H  Analog    der  ßtldung   uihI    Bedeutung    von    σίβυλλα    dürfte 

'     tiuch    der  Name  Ηροφίλη   sein,    den    die    cnmäische  Sibylle   mit 

der  erythräiscben  tlieilt.  Im  Volksniunde  wurde  ήραί*Ρίλη  (ηριυ€ς=^ 

lare»)  ^,  die  'Heroen-    oder  'Todten-Sühnerin  ,    zur  Ηροφίλη,    zur 

*  HfMageliebten  ^*,  obwohl  die  Sibyllen  außser  aller  Bezieliung  zur 

lera  stehen. 


Κ 


achte  sie  /m  οϊτΐιτ  Greisin',  —  Mux  Müller,  Vorlea.  üb.  d.  W'issi'niehafI 

Sprache,  deulscli  v.  BüUger,  S.  34iJ:  "sihylla  oder  sibulla  iat  ein  De 

inutivum  des  itiil.  sabus  oder  sabiue,    tveisr^   ein  Wort,  welcbea  zwar 

i  den  K]asi$ikern  nicht  gefunden  wird«    aber   in   den    ital.  Dialekten 

istirt  haben  niues.  Das  franz.  sage  »etjtt  ein  ital.  sabius  voraus,  denn 

kann  von  sapiens  oder  aapiua    nicht   hergeleitet  werden'.    —    J.  G, 

unü  in  d.  Jahrb.  f,  Phil.  u.  Päd.  IH7H,  B.  Π7  S,  80T:  \..  der  Name 

ler  Sihylla  ist  nicht  htlleniiäch,    sondern  echt  italisch,    er    ist  deutlicli 

abgeleitet  von  dem  altlat.  sibus,  perstbus:  callidns  sive  acutus,  [s^raeu* 

is  (Fest.  S.  33i>.  2t7),  osk  sipus:  sciens'. 

1  Die  Albnnea  von  Tibnr  mit  ihren  'sortee'  uod  dem  Traum ora- 
kel  di3s  Faunus  in  ihrem  iL• ine  heisst  bei  den  älteren  Autoren  nur 
nympha;  erst  in  den  Verzeichnissen  der  Sibyllen  bei  Lact» η «  und  Said ae 
wird  sie  diesen  beigeüählt. 

^  Die  Verdoppelung  von  λ  in  σίβυλλα  erklärt  sich  entweder  aus 
;er  Äoliachen  Form  Ελλαης  fiir  ϊλαος  (Meisler  a.  a.  0*  1,  Ι4'ί),  orler  aus 
ler  Aaiimiiation  von  ι  fj)  in  dem  Derivaturti  cnßuX-j-o. 

i*  Wenn  Jordan  hei  Preller,  1ί.  Myth,  l•'^  HD,  1  meint,  dasii  die 
,r6nder  der  GlMichNtellung  dua  lares  und  ήριο^ς  in  die  Reihe  der  pbi- 
phireuden  Grammutiker'  (der  Anhänger  der  Btoisohen  Dämonen  lehre) 
hören,  so  behebt  eich  dieser  Scrupel  durch  den  von  Wasaner  ι  de 
^woum  apiid  Graecos  eultu^  1883,  p.  18)  geführten  Nachweis,  '  heroai 
dem  rfttioue  honoratos  esse  atque  inferos'. 

*  So  übersetzt  den  Namen  Sidieiffele  in  Pauly's  R.  Kncykl.  VI  1, 
S,  1143S  unter  Beziehung  anf  Klauaeu  S,  3ϋΓ>^  Jer  aber  nur  au'i  dem  Na- 
men folgert,  dsss  'Mera  die  gergithische  Sibylle  bevoriugl'* 


113  HoffmAan 

Ιο  σίβυλλα    wie    in  'Ηροφίλη    spricht    sich    &l8o  nicbt  ά^^ 
Moment   der  Wahrugung,  sondern   das  der  SUbne  aoe.     Stth^*^ 
und  Mantik  h&n^n   eng   mummen^:   Apollon  Reibst   vereint  %^ 
sieb  die  eine  wie  die  andere  Kraft.  Aus  der  Todtensfihne  erwncbtf 
die  Kekromantik.    £ine  nralte,  überall  verbreitete  Yontelliing  ist 
es,    dass    die    Todten    —    die  Unterirdischen    —  den    Lebenden 
xümen;  ihrem  Zorne,   nicht  dem  der  herrschenden  Götter,    wird 
alles  Uebel,  das  ein  Land  trifft,  Pest,  Misswachs,  Kriegsnoth  zn- 
geschrieben:    ihre  Sühne  nun  ist  es,    die   man  von    ihnen   selbst 
erfiügt;  und  sie  offenbaren  ihre  Forderungen  durch  Traume,   die 
sie   senden,    oder   durch  Stimmen,   die  aus  der  Tiefe,  in  der  sie 
hausen,    sich  vernehmen  lassen.     £rst  später,    obwohl   schon    in 
alter    Zeit,    entwickelte    sich  der  Glaube,   dass    man    die    Abge- 
schiedenen   auch   über   anderes   als   ihre   eigene  Sühne    befragen 
könne.     So  entstanden  die  Heroen-Orakel^    und    die  Künste    der 
Nekromomantie,  und  die  *  Heroen• Sühnerin*  Herophile  wurde  zur 
Prophetin. 

Wie  in  Griechenland  Thesprotien  mit  seinem  Acheron  und 
Kokytos,  *o  war  in  Italien  die  Gegend  von  Cumae  oHt  dem 
Avemus-See  als  Sitz  eines  Todtenorakels  und  nekromantischer 
G«brinehe  bekannt;  hierher  verlegte  man  ja  auch  die  Nekjia  der 
Odyasee  (Strabo  5.  344j.  Thesprotien  und  Cumae  haben  daher 
ihre  Sibylle'.     Wenn  Vergil  die  cumSische  Sibylle  als  Priesterin 


^  Ueber  die  Verbindang  von  χρησμολόγος.  καθαρτής,  (ατρόμανης 
Lobe^,  Agl.  p.Slo.  :>1.\  5,  —  speciell  iu  Bezug  auf  Orpheus,  ebd. 
ρ.  :STsqq. 

*  Zu  den  \od  Deneken  in  Roscber*s  Myth.  Lex.  I  Sp.  :M8^  mnf• 
gevihlten  orakelgebenden  griechischen  Heroen  gest^Uen  sich  auf  itaii- 
tchem  IMlen  die  Gestalten  der  in  der  Sage  als  vorzeitige  I^ndesherr- 
scher  gefassten  Picos  und  Faunus.  und  das  Orakel  des  Geryones  zn 
Padua  (Soet.  Txb.  14).  Ab  orakelgebend  erweisen  sich  auch  die  lares 
ΐήρακς)  in  der  Sage  τοη  Attus  Xavias,  der  sie  über  die  veriorenen 
Sdiweine«  und  nach  Auffindaug  derselben  über  den  Ort  befragt,  wo 
die  ihuen  gelobte  gr5sste  Traabe  zu  finden  sei  (Dion.  λ  71 V  Da  durdi 
die  Sihae  der  rnteriniisehen  die  auf  ihivn  Zorn  zurückgeführten  üebel 
behoben  werden,  so  werden  die  Heroen  auf  diesem  negatiTen  Wege 
anak^  dem  Vewiis  (s.  o.  S.95f.)  zu  dXciücoKot  und  zu  heilkräftigen 
D&nnonen«  auch  wenn  in  ihrem  Mythus  sidi  keinerlei  Bexiehuug  zur 
Hetlkunst  findet.     \gL  IVoeken  a.  a.  0.  Sp.:i47£»ff. 

'  Susi.  U  :^  p.740  Bhd.:  Ιί^*λλα  Kvuaia  καΙ  Σίβυλλα  θ€σνρατης. 
Ouoius  χpv^9liOi^ς. 


Die  tarqainischcn  Sibyllen-Bücber.  113 

des  Apollo  und  der  Hekate  bezeichnet  (Aen.  6,  35),  so  ist  in 
dieaer  Doppelbeziehang  angedeutet,  dase  die  mantische  Kraft  der 
Sibylle  der  Unterwelt  gilt.  Vergil  folgte  darin  gewies  nur  der 
Looal-Tradition,  welche  die  Sibylle  mit  derTodtensühne  and  Todten- 
beschwörang  in  den  Greklüften  am  Averner-See  in  Verbind ang 
brachte.  Daas  Cumae  die  Sibylle  nicht  als  Prophetin  kannte,  er- 
hellt aus  der  Thateachc,  dasR  daselbst  keine  Sprüche  von  ihr 
existirten.  Knüpfte  sich  an  ihre  Gestalt  also  nur  die  Yorstellung 
der  Sühne,  dann  begreift  sich  wohl,  wie  die  mittelbar  aus  Cumae 
herrührenden,  auf  Sühne  der  Götter  abzielenden  Aufzeichnungen 
als  Werk  dieser  Sibylle  gefasst  werden  konnten. 

Wien.  Emanuel  Hoffmann. 


iumId.  Mdi.  f.  pniioi  N.  y.  I.. 


114  Sohani 


Die  Abfassungszeit  des  Octavios  des  Minncias  Felix^ 

Ein  Beitrag  zum  YeretäDdnise  des  Dialoge. 


Seit  Minncias  Felix  dnrch  Loelöenng  von  Arnobine  seine 
Rchriftstellerische  Individualität  erhalten,  ist  er  Gegenstand 
einer  zweifachen  literarischen  Controverse  geworden;  einmal  war 
es  die  Zeit  des  Autors,  die  man  zu  ermitteln  suchte,  dann  wollte 
man  auch  über  das  Ziel,  das  sich  der  Autor  mit  seiner  Schrift 
gesteckt  hatte,  ins  Reine  kommen.  Von  diesen  beiden  Problemen 
zog  das  erste  bei  weitem  mehr  die  Aufmerksamkeit  auf  sich,  als 
das  zweite.  Allein  trotz  der  grossen  Anzahl  von  Untersuchungen, 
welche  über  die  Zeit  des  Minucius  Felix  an  den  Tag  getreten 
sind,  ist  im  Wesentlichen  doch  nur  eine  Methode  zur  Lösung 
des  Problems  in  Anwendung  gekommen,  die  literarische  Vergleichung, 
Man  fand,  dass  Minucius  Felix  sich  mit  Gedanken  Tertullians, 
welche  dieser  im  Α pologeticus  ausgesprochen,  berühre,  und  legte  sich 
demnach  die  Frage  vor,  bei  welchem  der  beiden  Autoren  das 
Original,  und  bei  welchem  die  Copie  vorliege,  und  bestimmte 
danach  die  Zeit  des  Minucius  Felix.  Diese  Untersuchung  hat  aber 
einen  eigenthümlichen  Verlauf  genommeu.  Nachdem  man  früher 
lange  Zeit  hindurch  bei  Tertullian  das  Original  und  bei  Minucius 
Felix  die  Copie  statuirt  hatte,  suchte  £bert  ^  in  einer  ausführ- 
lichen Abhandlung  die  umgekehrte  Behauptung  zu  begründen. 
Diese  Ausführung Ebert's,  dass  Minucius  Felix  dasOrginal,  Tertullian 


^  Tertullians  Yerhältniss  zu  Minucius  Felix  im  12.  Bd.  der  Abh. 
der  Bäche.  Gesellsch.  der  Wissensch.  (5.  Bd.  der  Abh.  der  philol.  bist. 
Klasse)  p.  :I20. 


Die  Abfassuogsgeit  des  OotäTii}»  det   Minncitie  Felix. 


iie  Copie  darbiete,  fand  grossen  Anklang.  Die  wenigen  diesen- 
jenden  Stimmen^  die  eich  dagegen  erhoben,  fanden  fast  keine 
^Beachtung  1*  Erst  eine  im  Jahre  1887  erschienene  Abhandlung 
dee  Franzosen  Maesebieau^  scheint  der  Saehe  eine  andere  Wendung 
gegeben  zu  haben.  Er  trat  mit  Energie  fiir  die  alte  Anechauung, 
daes  Tertullian  von  Minnciue  Felix  benutzt  sei,  ein,  setzte^  den 
Octaviue  in  die  Zeit  von  238  —  246  und  machte  damit  Eindruck 
in  der  wissenschaftlichen  Welt.  Wenigstens  zwei  hervorragende 
Gelehrte,  K.  J.  Neamann  und  Ad,  llarnack  haben  die  Ebert'sche 
Boctrin  verlassen.  Der  erstere  schreibt :  '  Die  Priorität  Tertalüans 
vor  Minucius  Felix  halte  auch   ich  jetÄt  durch   die   Untersuchung 

ίτοη  Masaebieau  gesichert'*  und  reiht  lienigemäss  den  Octaviue 
ni  das  Jahr  248  oder  wenigstens  in  die  Zeit  unmittelbar  vorher 
■In,  in  der  die  Jubelfeier  des  tausendjährigen  Reiches  bereits 
geplant  war^  Auch  Harnack**  erachtet  es  für  wahrscheinlich, 
dass  Minuoins  Felix  von  Tertullian  abhänge,  unter  allen  Umstanden 
hält  er  eine  Abhängigkeit  Tertullian»  von  Minucius  Felix  für 
unmögUch  und  eetat  letzteren  ine  3.  Jahrhundert.  Beide  Gelehrte 
rücken  sonach  die  Frage  wieder  an  die  Stelle,  wo  sie  eich  vor 
Jahrhunderten  befunden.  Die  Methode  der  literarischen  Ver- 
gleichung  hat  also  die  Streitfrage  nicht  zur  endgllligcn  Lösung 
gebracht ;  nicht  bloss  wurde,  wie  wir  gesehen  haben,  nach  dieser 
Methode  die  Abhängigkeit  Tertulliane  von  Minucius  und  umge- 
kehrt erwiesen,  sondern  auch,  dass  beide  aus  einer  dritten  Quelle 
Ngeechdpft  haben^j  so  dass  alle  Möglichkeiten  abgethan  sind, 
k  Dies    ist    der   jetzige     Stand    der    fiir    die    Geschichte    der 

Christlichen  Literatur  nicht  unwichtigen  Frage«     Wer  in  dieselbe 
eingreifen  will,    wird  sich    daher,     wenn   er  eine    definitive  Ent- 


Ϊ  Siehe  die  Aufzählung  bei  Keim,  Celsua  wahres  Wort,  Zürich 
1873  p, 153. 

3  L'ApologOtique  de  Tertullien  et  lOotavius  de  Mitjücius  Felix 
(Revue  de  Thistoire  des  religions  T.  XY  (1887)  p.  310). 

«  p.  MG. 

*  Der  rom.  Staat  und  die  allgem.  Kirche  1.  241  Aura.  5. 

*  p.251  Anm.3. 

*  Geechichte  der  altchriitl.  Litt  1,  G47- 

'  Dies  hat  zuerst  W.  Hartel  in  der  Zeitlohn  f.  ßsterr  Gymn. 
20.  (18i>9)  p,  348  vgl.  hm.  p.  Si^T  auBgeBprochcn  und  dann  in  ein- 
geheüder  Weiee  Wilboltij^  De  Minucii  Felicia  Üctavio  et  Tertulliuni 
apologeticoi  Bresl.  1Ö87  (Bresl.  Philologe  Abb.  II  Ij  eu  begründen 
versucht. 


11(>  Schanz 

flcheidtmg  herlioifülireu  will,  nach  neuen  Wegen  umsehen.  U 
glaube  einen  solchen  nenen  Weg  gefunden  zu  haben,  und  leg 
denselben  den  Fachgenossen  zur  Prüfung  vor. 

Unseren  Ausgang  nehmen  wir  von  der  Frage  nach  dei 
Zwecke  der  Schrift.  Wir  stossen  auch  hier  auf  eine  nicht  gering— SS® 
Schwierigkeit.  Wir  erwarten,  dass  in  einer  Apologie  des  Christene*"^• 
thums  dessen  fundamentale  Lehren  besprochen  werden,  allein  wi  -S^ 
werden  in  unserer  Erwartung  getäuscht  Gerade  die  specifiscK^  ^ 
christlichen  Dogmen,  die  zur  Erkenntniss  des  Christenthums  ab  -^c)• 
solut  nothwendig    sind,    wie    die  Offenbarung  Gottes,    die  Sünde^  -^^i 

die  Erlösung,  sind  in  auffälliger  Weise  bei  Seite  geschoben;  Oc '* 

tavius  stellt  sich  uns  viel  mehr  als  Philosoph  denn  als  Christa  ^^ 
dar,  was  er  gibt,  ist  nicht  viel  mehr,  als  ein  philosophiechei  ^^  "^ 
Monotheismus  ^ 

Zur  Erklärung    dieser   merkwürdigen  Erscheinung    wurden  .^c^ 
zwei  Wege  eingeschlagen.      Man    sagte    einmal,    Minucius   Felix    ^^^ 
ist  im  Besitz  der    christlichen  Wahrheit    gewesen,    aber  er  hielt    ^=^ 
es  nicht  für  opportun,  die  Grundwahrheiten  des  Christenthums  zu       -* 
entwickeln.     Das    seltsame  Schweigen    des  Minucius  Felix    hätte       ^ 
also    nur  einen  methodologischeti  Grund.     Dieser  Anschauung  ist       -^ 
z.  B.  Dombart,  der  unter  Anderem  folgendes  vorbringt':  *  Minu- 
cius hielt  offenbar  den  Angriffen  auf  die  Person  Christi  gegenüber 
Zurückhaltung  und  Schweigen  vorläufig  für  das  Zweckmässigste.  — 
Zunächst    musste  erst  eine   feste  Grundlage  vorhanden  sein,    auf 
der  man  weiter  bauen  konnte.    Eine  solche  war  für  die  Juden  das 
alte  Testament;  für  die  Heiden  aber  galt  es  erst   eine  solche  zu 
schaffen,  und  dies  ist  offenbar  der  Hauptzweck,  welchen  Minucius 
in  seiner  Schrift  verfolgt.  Ohne  bei  seinen  Lesern  etwas  anderes 
vorauszusetzen  als  Vernunft,    Wahrheitsliebe    und  Kenntniss    der 
heidnischen  Literatur,  sucht  er  vor  Allem  drei  Dinge  festzustellen: 
Die  Existenz  Eines  Gottes^  die  Regierung  der  Welt  durch  dessen 
aUwaUende  Fürsorge    und    die    sittliche  Eeiiüieit  der    christlichen 
Glaubensgenossenschaft,    Die  ersten  beiden  Punkte  belegt  er  durch 
historische  und  philosophische  Gründe,    für  deren   Würdigung  er 
sein  Publikum,    die    gebildete  Heidenwelt,    genügend   vorbereitet 


*  Vgl.  darüber  besonders  die  Dissertation  Kühn's,  Der  Octavius 
des  M.  F.  Eine  heidnisch-philosophische  Auffassung  vom  Christenthum, 
p.  30»  p.  31,  namentlich  p.  GO. 

3  Octavius.  Ein  Dialog  des  M.  F.,  übersetzt  von  B.  Dombart, 
2.  Ausg.  Erlangen  1881  p.  X. 


Die  Abfassungizeit  de«  Octaviue  des  Minucms  Felix. 


117 


wmwte,  niid  von  der  Wahrheit  eeines  Zeugniseee  ftir  den  rei- 
nen Wandel  der  CbriBten  konnte  sich  jeder  seiner  Leser  bei 
redlichem  Willen  durch  den  ÄngenBchein  ilherzeug^fln.  Weiter 
lu  gehen  und  sich    näher    auf    spezifiech  chrietliche  Lehren   und 

I  Verhältnisse  einzulafisen ,  vermied  Mintieiug  üff'enhar  deshalb^ 
vseü  es  zur  richtigen  Erfassung  derselbeti  anderer  Grund- 
lagen   bedurfte^   als  er  sie  bei  seine}*   heidnischen  Lesern    voram- 

[seUen  konnte^.  Diese  Erklärung  macht  also  das  Zugeständniiis, 
daee  die  Schrift,  eome  sie  vorliegt,  keine  Apologie  des  Christen- 
thnme,  sondern  nur  eine  Vorbereitung  für  daseelhe  ist.  Zur  wirk- 
Hoben  Einführung  in    das  Chrietentbnm  wäre  sonach  —  dies  ist 

[  die  noth wendige  Ciinsequenz  —  ein  zweiter  Unterricht  noth wendig, 
in  der  die  Dogmen  des  Oirietentlnims  erörtert  werden.  Und  wirk- 
lich hat  ein  franzöeisober  Gelehrter,  P.  de  Filice,  diese  Consequenz 
gezogtu.  *A  nos  yeux  ,  sagt  er\  lOctavins  n^eet  quVne  intro- 
daction  a  difforents  traitέfl  d'apologetiqne  .  Ein  solcher  Tractat 
(de  fato)  sei  36,  2  angekündigt;  es  sollten  aber  noch  andere  folgen, 
um  die  verschiedenen  chrifiilichen  Wahrheiten  zu  erläutern*  Man 
könnte  meinen,  das«  für  diese  Aulfassung  die  Worte  sprechen,  in 
welchen  Caeciliue  Natalia  nach  dem  Vortrage  des  Octavius  seine 
Umkehr  bekundet  (40,  2):  'Quod  pertineat  ad  summam  quaeetionis, 
et  de  Providentia  fateor  et  de  deo  cedo  et  de  eectae  iam  nostrae 

l&ineeritate  consentio.  etiam  nunc  tarnen  aliqua  consuhsidunt  non 
obetrepentia  veritati,  sed  perfectae  instiCutioni  necessaria,  de 
qnibns  crastino,  quod  iam  sol  occasui  decltvis  est,  ut  de  toto  con- 
gmentes  promptius  requiremus*.  Allein  bei  genauerer  Erwägung 
der  Worte  sieht  man,  das»  dies  nicht  der  Fall  ist.  Denn  die 
versprochene  Ergänzung  bezieht  sich  nur  auf  Nebenpunkte  der 
Reenltate^  welche  durch  das  Gespräch  gewonnen  sind.  Diese 
Reanltate  sind  aber  aufs  deutlichste  bezeichnet.  Es  sind  die  gött- 
liche Vorsehung,  der  Monotheismus  und  die  Keinheit  der  Christ- 
Heben  Secte  ;  diese  Lehren  stellen  dae  'totnm'  dar,  in  Bezug  auf 
welcbee  volle  üebereinntimmting erzielt  ist;  es  kann  sich  daher  in  dem 
in  Aussicht  gestellten  GeRpräch  nur  noch  um  unwesentliche  Einzel- 
heiten handeln,  welche  aber  daa  *  totum    nicht  umstoseen  fnon  ob- 

fetrepentia  veritati).  Davon^  dass  die  festgestellten  und  von  Caecilius 
Katali  β  angenommenen  Lehren  nur  das  Fundament  sind,  auf  dem 


Ϊ  fitude   aur  rOctaviue,  Blois  1880   p.  117    (vgL  Küiin    p.  VIUJ. 
Derselben  Anficht  ist  Maasehieau,  Revue  de  ThiBtoire  des  religionsT.XV 
,11687)  p;320. 


118  Schanz 

weiter  gebaut  werden  soll,    dasH  Caeciliue    noch    in  der  Vorhalle 
des  ChristenthoniR  steht,    daes    der  eigentliche   christliche  Unter-  —  — 
rieht  erst    noch    kommen  wird,    davon  ist  bei  dem  Schriftsteller 
nicht    im  Mindesten    die  Hede.     Wir    können    sonach    nicht    die 
Schrift    als  eine  Einleitung    in    das  Christenthum,    als  eine  Vor-  —  — 

bereitnng  zu  demselben  ansehen.    Diese  Erkenntniss  hat  die  6e ^ 

lehrten  auf  einen  anderen  Weg,  die  Schwierigkeiten  zu  Ideen,  ge 

fährt.  Man  verwarf  ein  durch  methodische  Rücksichten  bedingtes  Ver "^ 

schweigen  christlicher  Lehren  und  stellte  vielmehr  die  Behanptnng'^^M 
aaf,  dass  die  in  dem  Dialog  dem  lleidenthum  entgegengestellte^^ -β 
Anschauung  die  volle  und  ganze  Anschauung  des  Verfassers  sei..»  -£• 
Diese  Ansicht  bringt  also  den  Minucius  Felix  in  einen  Gegensatz ^^c^ 2 
zum  Ghristenthum.  Wie  soll  aber  ein  solcher  Gegensatz  erkl&rt^^^ 
werden  ?  Keim  meint,  Minucius  Felix  sei  ein  Neubekehrter.  *Ale^^  β 
Product  eines  Neuhckelirien  hält  sich  das  Buch  im  Ganzen  an.^  -* 
der  Oberfläche  *^  Und  für  einen  Neubekehrten  hielt  auch  Kühn-e::=«> 
in  seiner  scharfsinnigen  Dissertation  unseren  Verfasser;  denn  er 
schreibt:  'Wir  haben  es  mit  einem  Anfänger  in  der  christlichen 
Erkenntniss  zu  thun  und  dürfen  von  ihm  nicht  viel  mehr  ver- 
muthen,  als  was  er  gesagt  hat'^.  Minucius  Felix  ist  ein  Ken- 
bekehrter,  'der  in  der  ersten  Liebe  für  die  neue  Lehre,  nach 
seiner  Fassung,  für  den  moralphilosophischen  Monotheismus  eine 
Lanze  bricht'^.  Allein  dieser  Ausweg  hebt  die  Schwierigkeit 
nicht.  Auf  dem  Standpunkt,  auf  dem  Minucius  Felix  im  Dialog 
steht,  kann  ein  Neubekehrter,  der  wirklich  Christ  sein  will,  nicht 
gestanden  haben.  Wir  können  uns  nicht  denken,  dass  Minadus 
Felix  in  Bezug  auf  die  Grundwahrheiten  des  Christenthnms  so 
im  Dunkeln  gelassen  wurde  ^,  dass  er  seinen  philosophischen 
Monotheismus  für  das  Christenthum  halten  kann.  Wir  werden 
vielmehr  zu  der  Annahme  gedrängt,  dass  Minucius  Felix  sich 
selbst    in  einen    bewussten  Gegensatz  zum  Christenthum    gestellt 


1  Rom  und  das  Christenthum,  Beri.  1881  p.  472. 

a  p.  62. 

8  p.  63. 

^  Schon  eine  Stelle  genügt,  um  diese  Annahme  zurückzuweisen: 
29,  2  quod  religioni  nostrae  hominem  noxium  et  cruoem  eius  adscribi- 
tis,  longe  de  vicinia  veritatis  erratis,  qui  putatis.  Deum  credi  aut  me- 
ruitse  noxium  aut  potuisse  terrenum.  Aus  dieser  Stelle  folgt,  dass  M.  F. 
Christus  für  einen  Gott  hält  (Kühn  p.  40,  Dombart  p.  VIII).  Damit  ist 
aber  die  Offenbarung  gegeben. 


f&seiiiigtKeit  den  Uutuvme  dea  Minncioi  FeJiiic* 


lat,  daes  er  mch  ein  eigenes  Chrietentbum  auf  philoeopLiecher 
Grundlage  conetmirt  hat»  Äncli  diese  Äneicbt  hat  ihren  Vertreter 
gefunden,  Bährens  macht,  nm  es  kurz  zu  sagen^  den  Minuciue 
Telix  zu  einem  Vorläufer  von  Straues  und  Renan  ^  Allein  wie 
^ann  man  eich  denken,  daea  eich  ein  Mann  den  Heiden  gegenüber 
zum  Vertheidiger  des  Chrietenthunie  aufwirfti  der  sich  doch  eageo 
mnee,  daae  er  etwas  ale  Chrietenthum  hinstellt,  das  eeiue  Mit- 
brüder nicht  anerkenneni  der  eich  also  einer  absichtlichen Täuachung 
schuldig  maoht,  der,  während  er  offen  gegen  die  Heiden  vor- 
geht, eich  zu  gleicher  Zeit  etil! schweigend  gegen  seine  Gtaubens- 
genossen  kehrt?  Es  ist  eine  ünmöglichkeiL  Wir  müssen  Minu- 
ciue Felix  für  einen  wirklichen  Christen  halten,  nur  müssen  wir 
sein  Schweigen  über  die  fundamentalen  ehristlicben  Dogmen 
anders  zu  deuten  suchen,  als  es  oben  geschehen  ist,  und  eine 
solche  bietet  sich  uns  ungesucht  dar, 
^h  Die  Composition  des  Dialogs  beruht  darauf,  dass  zwei  Kedner 
^Btrscheinenf  und  dass  der  einen  Eed^i  welche  die  Eeligion  der 
^■Täter  vertheidigt,  eine  andere  gegenübergestellt  wird,  welche 
flir  das  Christen thum  eintritt  und  zwar  in  der  Weise^  dass  diese 
Gegenrede  sich  genau  an  die  erste  Rede  anschliesst.  £s  ist  nun 
klar,  daee,  wenn  die  Rede  des  Heideni  durch  welche  die  des 
Christen  ihre  Bestimmung  und  ihr  Mass  erhält,  durchaus  eine 
Schöpfung  des  Autors  ist,  wir  die  Schwierigkeiten  nicht  bannen 
können.  Ganz  anders  aber  gestaltet  sich  die  Sachlage,  wenn 
der  beidnisohen  Rede  ein  fremdes  Werk  zu  Gmnde  liegt.  In 
diesem  Fall  ist  die  Vertheidignng  nicht  mehr  frei,  sie  muss  sich 
nach  einer  bestimmten  Vorlage  richten ;  sie  muse  die  dort  vor- 
gebrachten Anklagen  widerlegen,  sie  braucht  aber  nicht  darüber 
hinauszugehen.  Der  Apologet  vertheidigt  jetzt  das  Christentbum 
nicht  an  und  für  sich,  sondern  er  weist  nur  einen  bestimmten 
gegen  dasselbe  erhobenen  Angriff  zurück;  seine  Schrift  ist  dann 
keine  eigentliche  Apologie  des  Christentbums,  sondern  nur  die 
Ahwebr  einer  bestimmten  gegen  dasselbe  gerichteten  Offensive. 
Jedermann  wird  aber  zugeben,  dass  unter  Umständen,  z.  B.  wenn 
der  Angriff  durch  die  PersÖnlicbkeit  seines  Urhebers  eine  grosse 
Tragweite  erhält,  eine  tüchtige  Abwehr  der  Sache  einen  besse- 
ren Dienst  leistet  als  eiua  votlständige  Darlegung.  £s  fragt 
sioh    also,    ob    wir    eine  von   aussen    gegebene   Vorlage,    welche 


k 


1  Ausgabe  p.  Xlli  statuo  Miuuoium   —   aliquaUitius  praeoetsisse 
Straussios  nostros  Eeuaiioaquti. 


Il^i  Scbanr. 

«J^r  Aijla»>>  /u  atm  Dialog  geworden,    nachweiBen  können.     Der  "=^ 
Autor  bat  allerdingH  eine  Andeatung  gegeben,  welche  naeb  dieser    '^ 
Weite  weiüt.     Α  1h    der    Heide    die    ficbändlicben  Gaetm&bler    der     — :er 
Cljrjaten   vorrückte,    fübrte    er  znr  Begrändnng    eeinea  Vorwurfe      ^^ 
Folgende«  an  (ii,  0):     et  de   convivio  notum  eet;  paseim  omnee      ^^ 
lociintur,    id  ei  tarn  Cirtensis  uostri   testaiur    oratio.     Wer   dieser      '"^ 
CirtenMJH  int,  eritbüllt  uns  die  Gegenrede,  (31,  2):    sie  de  isto  et        :* 
tu  UN  Front  ο  non  ut  adiirmator  teetimoniom  fecit,  sed  convicinm  nt       ^^ 
oratf>r  Hd»perMit.     \)tr  'Cirtensie  noster*  ist  aleo  Fronto,  und  auf      "^ 
eine  Rede  dcHHelben    nimmt  die  Vertbeidigung    ausdrüoklicb  Be- 
zug.     Werden  wir    also    in    einer   Rede    Frontoe   jene    von    uns         ^ 
hyiiotbetiMcJi    »tutuirte    Vorlage    erblicken?     Scbon    an    und    für         "^ 
•ich  Hpricht  ΛΙΙυκ  für  eine  eolcbe  Annabme.     M.  Comelins  Fronto  ^ 

war  damulN  ein  lencbtendcB  Geetirn  am  literariscben  Himmel,  er  war  "^ 

diiM  Haupt  einer  gruHHcn  Scbulc.     Sein  Rubm  war  so  bedeutend,  « 

dasN  (^r  riogur  /um  Prinzonerzieber  erkoren  wurde.  Hat  es  nicbt 
alle  WubrHcbeinlicbkeit  für  sieb,  dase  die  Cbristen,  wenn  ein 
Holüher  Mann  dufl  Wort  gegen  eie  ergreift,  und  zwar,  wie  es 
Nukrint,  aJH  nrHtiT  literarlHober  Bestreiter  des  Cbristentbums  \ 
in  c'inu  groNHe  Aufregung  kommen  müeeen?  Jet  es  niobt  wahr- 
Nubrinliob,  daHN  die  OhriRten  Hcbon  wegen  der  Folgen,  die  eine 
Holuhn  Stimnir  uuh  den  gebildeten  massgebenden  Kreisen  nach 
Hiob  xiebt'u  konnte,  abwebreud  aufgetreten  sind?  Die  angedeutete 
Wabrncboinliobkoit  fallt  zu  stark  in  die  Augen  als  dass  sie  von 
den  (lolobrton  UberHeben  werden  konnte.  Scbon  van  Hoven  * 
hat  das  richtige  Vorbältniss  geahnt.     Aube  ^  bat  in  ausführlicher 


'  llurnack.  (iosobirbto  der  Mtchrisil.  Litteratur  1,  868.  Aube, 
hiütoir««  d«»9  poreooutions  do  IVgliso  —  la  polemique  paienne  ä  la  iin 
dw  11**  «itVlo  Γλγι!»*  ISTs  p.  71. 

'  KpiMoU.  ab^Oiiruckt  in  Lindners  Ausgabe,  vom  J.  177:)  p.  291: 
ner  dubi(:inuiii.  ipiin  ad  buius  (Frontonis)  oonvioia  obtiqne  retundenda 
diaUyun^  »uum  Minuoius  vvnsoripserit.  qui  simplioit^r  eundem  impng- 
UAiv  ob  nintiuni  im^vr^toris  favonun  vis  uusus  o«t,  lict*t  et  argumen- 
Uu-uni  ^HMulorv  ot  5t iU  cU'irantia  cum  ipio  cortasso  nobis  videatur.  Sue- 
tam  oi)im  dulo^:!  mt\livvriiato.n),  no  dioam  humilitatem  Minuciani  »tili 
ulvrU»  ot  V(Mui«taj^  ior.ci^imo  svipt^r^vit  et  Tul::an»m  sublimitatom  band 
raiN^  a<s)tuMt,  ^niiu*  in*ntuti  raf.ononi  ni::Um  aliam  ίητοηίο.  quam  qaod 

*  Λ  Λ Iv  !  *« t  **•  ii: 0  Λ  r.*ich  ^  ^  Η  :* :  c : re  io*  porsöc  l:  \  '.ons  de  l'ej U«  — 
U  Tari**  iSTSli  ΐϊν.  Avart-lVnx^*  ρ  Vll  a:>v^  lUMtanien:  Coraelins  Fron- 
to«—  ί\τ:ν::  uui  »ii\'A:v.*:*.v>- vvr.:rs:  Irt  cinx ticas  eü:rt  li»5et  1β5,  Nooi 


retellung  dafür  geeproehen,  auch  Harnack  führt,  nachdem  er 
zwei  oben  erwähnten  Stelleu  tiher  Fronto  aus  UDeerer 
ebrift  beigebracht,  fort  (l.  c.) :  *  Vielleicht  hat  Frontos  Kede 
dem  Verfasser  des  Dialogs  noch  melir  StoiT  für  seine  heidnieche 
^brtie  geliefert'.  Allein  durchgedrungen  ist  dieee  Hypotheeef  wie 
ftm  «clion  aus  der  »weifelnden  Äuedruckiiweise  Haruacks  er- 
Blien  kann,  keineswegs  ^.  Die  Hypothese  kann  zur  Gewieeheit 
■hoben  werden  durch  eine  Stelle  des  Dialogi,  welche,  durch 
eine  Interpolation  entstellt,    bisher  eine  ricttige  Erklärung  nicht 

Ifunden  hat     Minucius  Felix    schliesst   nämlich    seinen  Bericht 
er  die  Rede  des  Caeciliue  Natalis  mit  folgenden  Worten  (14^  1) : 
ic  Caecilius  et  renidens  (nnm  indignationie  eius  tumoreni  effusae 
Itionis  impetus  relaxaverat) :  Ecquid  ad  haec,  ait,  Octariue,  homo 
iutinae  prosapiae,  ut  pietorum  praecipuus,  ita  poßtremue  phüo- 
iophonim?*     Die    letzten   Vv'orte  homo  —  philoeophoruni    haben 
$n  Erklärern    grosse    Schwierigkeiten    bereitet.     Besonders    das 
tort  ^pistornm'  erregte  solchen  AnstOBs^    dass  man  es  für  ver- 
rben  erachtete  und  andere  Worte    an    eeine  Stelle  setzte.     Am 
listen    Beifall    hat    die    Conjectur    des    Änebacher     Professors 
ober*   'Chrietianorura'    gefunden,    Halm    nennt    sie    in    seiner 
sgabe    eine  emendatio  pabiaria.     Allein    das  Wort  ^pistorum* 
durchaus  echt.     Wer  eich  der  Geschichte  erinnert,  dase  Plau- 
B,  um  seinen  Lebensunterhalt  zu  gewinnen,  sich  an  einen  'pistor 
rdang    und    im  ^pistrinum'    eine    Anzahl  Komödien    schrieb*, 


b^ons  rien  de  ce  factum  que  deux  breves  mentione;  mais  l'auteur  qui 
I  foornit,  Minucius  Felix,  apalogiate  de  Teglise,  vingt  ou  trente  ans  plus 
fa  et  qui  connaissait  evidemraent  le  diecoure  di*Frotiton,  nousparait  daas 
>  plaidoyer  du  paien  Cecilius,  qu^il  fait  parier  au  commenoement  de  Bon 
dialogue,  avoir  reprodiiit  lea  arguments  de  Fronton,    ou    pouvoir    tout 
moirts  noijs  eri  tjonner  quelque    idee.     Man   sieht^    dass  Auhe    seine 
^skht  nur    als    eine  unsichere  Hypothese    aufstellt,  (vgl.  auch  p.  83). 
kAbfasBung  desOctavius  netzt  er  in  die  Zeit  von  176  und  180  (p.  80) 
laset  ihn  sonach  nach  dem  Tod  Frontos  entetehen»  den  er  zwischen 
und  172  ansetzt.     Es  sind  dies  ganz  unrichtige  Annahmen. 
^  So  wii-d  z.  B.  Aube  von  G.  Boiisier  bekämpft,  Journal  de«  Sa- 
ute 1S83  p.  438. 

^  in  dem  Programm  Obeerv.    noDPullöe    criticae    in  quaedam  P. 

ilii  et  Minucii   Fei.   loca,  Ansbach  1791  p.  Xlll. 

^  GelL3^  3,  11  Saturionem  et  Äddictum  et  tertiam  quandam  .*  , 

[  pistrino  eiint  acripsisse  Varro  et  plerique  alii  memorirtp  tradiderunt, 

iii  pecuiiia  omni,  quam  in  opci  ia  artiticum  scaenioortim  pepererat,  in 


122  Schans 

muee  dieeee  pistor  in  Zaeammenhang  mit  dem  Voraaegebeiiden 
bringen  und  daran  festhalten,  daes  die  Anspielung  auf  Plautue, 
die  mit  *  honio  Plautinae  prosapiae  begonnen  wurde,  mit'pietor' 
fortgeHetzt  wird.  Allein  worauf  zielt  die  Anspielung  in  den 
beidfu  Wendungen?  Manche  Krklärer  haben  die  beiden  Aue- 
drücke auf  dm  niederen  Stand  bezogen  und  zwar  auf  den  niederen 
Stand  der  ChriRten,  zu  denen  Octaviue  gehört.  Diese  Deutung 
rührt  von  Kigaltius  her,  der  über  die  Stelle  Folgendes  sagt: 
'  Plaut intie  pn^sapiae  prima  quidem  fronte  ad  Plautinos  tantum 
iocos  referri  videatur.  At  subinde  illum  ipeum  hominem  Plau- 
tinum  in  pietrioum  trudit,  ubi  tres  fabulas  scripsisse  M.  Accium 
Plautum  Varro  et  plerique  alii  tradiderunt.  Hoc  vero  pistrinensis 
militiae  probruni  torquet  in  Octavium  Caecilius  ob  religionis 
Christianar  simplicitatem,  ouius  sequaees  magna  pars  erant  idiotae 
et  opifices,  ut  pistoree,  sutores  et  id  genus  alii.  Ait  igitur 
Octavium  esse  quidem  inter  pistores  Christianos  praecipuum  ut 
inter  philoeophos  postremum.  Dieser  Erklärung  folgt  im  \Ve- 
MQtlichen  Dombari*:  *Mit  den  Ausdrücken  'Sippschaft  des 
Plantus'  *  Müblkneehte  *  wird  offenbar  auf  den  niedrigen  Stand 
ier  Mehrz;ihl  der  Christen  angespielt.  Octavius  wird  dieser 
^Sipp«chait*  beigeiühlt,  nicht  weil  er  selbst  niedrigen  Standes 
w»r.  sondern  weil  er  mit  christlichen  Arbeitern  und  Sclaven  in 
innigster  Gemeinsohalt  lebte.'  Allein  die  Erklärung  des  Kigaltius  ist 
eine  Usmöflichkeit.  Ganz  abgesehen  davon,  ob  prosapia  Plautina 
eine  geei^cete  Weniuac  i<:.  um  den  niederen  Stand  zu  bezeich- 
nen. Ä.»  err^:irt  i?n  gro#*ien  An^ttoss.  dass  dem  Octavius  Pra- 
dicate  luerrheil:  werJen,  die  ihm  nicht  gebühren.  Wie  kann 
der  Autor.  mu$«  si^*h  doch  jeder  l.eser  tragen,  den  Oi-tavius«  dem 
er  in  dem  Dialog;  eine  au^gezeichrete  Bildung  und  den  Bemf 
eine*  Advokaten  turbeil:  Γ-ϊ^.  3•.  niederen  Standes  sein  lassen? 
Die  Ausdttoht  der  Erklärer,  dass  iVtavius  nur  als  Repräsentant 
eine»  rieder^n  Stands  ewcheine.  is:  verfehlt,  denn  als  Reprisen* 
taateu  eiuer  Klass^e  kann  doch  der  Schrittsteller  nur  den  hin- 
steiler,  der  die  Fi  ce  ν  sc  harte  η  jener  Klasse  ixier  tum  siindesten 
a:ci5  i;e  jcegtrn:b.r;'.ij:eK  an  sich  iräjct.  Ater  es  hardel:  sich 
a>.vh  ;tÄ  asiere  K.<>fr.  sc  bitter    des  O.-tavjus    an    unserer    Stelle, 


Die  AbfasBungszeit  de»  Octftvius  dee  Minucius  Felix. 


123 


felche  bei  der  erwähnten  Auffaseung    der  Stelle    keine  Deutung 
finden.     OctaviuB    soll  unter    den  Leuten    uiedrigen  Standes,   wie 
68  die   Christen  sind,    die    erste  Stelle    einnebtnen,    dagegen    die 
letzte  unter  den  pbiloaopbiscb  Gebildeten,     Allein  wie   kann  der 
Autor    seineu  OctaviuB,    dem    er    so    wenig  Cbrietliches    in   den 
Mund  legt,  den  ereten  Christen  nennen  ?     Wie  kann    er  den  Oc- 
tavius  den  letzten  der  Philosophen  nennen,  den  Octavius,  den  er 
in  seiner  Schrift  fast  nur  ale  Pliiloßophen  zur  Darstellung  bringt 
und  den  er  bewundert  *(|uod    malevolos    iedem    illis    quibuB   ar- 
mantur  pbiiofiopborum    teli»   retudisflet  ?     Dann,  welche  Rohheit 
JäflBt  sich  MinuciuB  Felix    bei  den    fraglichen  Worten  gegen  Oc- 
taviue  zu  Schulden  kommen,  der  Autor^  bei    dem    die  Urbanität 
eine    hervorstecliende    Eigenechaft    ißt^?       Einen    andern    Weg 
fiohJägt  M.Haupt  ein;   er  geht  von  dem  unleugbar  richtigen  Ge- 
danken aus,  dass  ^homo  Plautinae  proeapiae    und'pietor    wirkliche 
Eigenschaften  des  Octaviua  darstellen ;  er  etatuirt  daher  ^ :  Octa* 
vine  aliquo  modo  pistrinam  exercebat.     Bezeichnend  ist  hier  der 
Ausdruck  'aliquo  modo\     £e    iet  allerdtnge    keine    leichte  Auf- 
gabe ',    eich    den  Octavius  als  Hiller    zu    denken    und  zwar  ale 
den     ersten    Müller,    den  Octavius,    welchen    uns    der  Autor   als 
einen  Mann  von  außgezeicbneter  Bildung  darstellt  und  den  er  als 
Anwalt  thiitig  sein  laest?     Aber  reihet  zugegeben,  dasB  Octavius 
aliquo  modo  pistrinani  exerisebat,   eo  eind  trotzdem  die  Schwierig- 
keiten nicht  beseitigt ;   die  Eohheit  der  Aeueserung  ist  jetzt  noch 
stärker    und    es    bleibt  unerklärt  der  Vorwurf  *postremus  philo- 
sophorum  \ 

Wir  sehen,  die  bisherigen  Versuche,  unsere  Stelle  zu  er- 
Idären^  sind  alle  gescheitert.  Es  ist  daher  ein  neuer  Versnob, 
die  Stelle  zu  deuten,  ohne  allen  Zweifel  berechtigt.     Wir  sohrei- 


1  Kühn,  Der  Octaviua  dee  M.  F.  p.  8. 
\^  Opuec.  Ήί  390- 

Holden  theilt  in  seiner  Ausgabe  (Cambridge  1853)  p.  87  aas 
den  Nöten»  die  Jacob  Gronoviua  der  im  Brit.  Mus.  beßndlicheu  Aus- 
gabe des  Ouzülius  beiges  ehr  ieben,  folgende  miti  die  sich  ebenfalls  gegen 
den  pistor  kehrt :  *  an  Octavius  pistor  tantas  profectiones  inetituit,  qoa- 
les  in  principio  huius  opuscult  supposuit  auctor?  et  visendi  am td  gratia 
dies  aliquosRomae  facit?  et  pistoriensia  negotiii  eum  vocarunt  Romam? 
et  convietu  et  familiaritate  multa  usus  fuit  cum  hoc  pmtOre  Mtnucius, 
insignis  causidiciisP  et  pistor  ille  tarn  dootus  fuitj  ut  fabulas  hietunas* 
que  gentiliftmi  haberet  percognitas,  non  nHquas,  «ed  univ^rsas,  ut  ex 
Ulis  possot  delectum  facere?   Etiam  qui  convenit  pistor  et  philosophus?* 


IIN 


Sohnfiü 


ten  ZQer&t  zur  iDterpretation  der  Worte:  homo  Plantinae  proea• 
piae  Qt  pietorum  praecipwne,  ita  poBtremue  pliilosopborum.  Offen- 
bar will  der  Schriftsteller  mit  den  Worten  '  homo  Plautinae 
prosapiae*  nichts  anderes  bezeichnen  als  einen  Plautiner.  Daa- 
eelbe  rnnes  bei  der  engen  Beziehung,  die  zwiecben  *homo  Plan- 
tinae prosapiae*  und  'pistor  besteht,  aufh  pistor  bedeuten,  nur 
daae  hier  noch  der  Nebenbegriff  des  VerächtlicbeD  hinzu  kommt, 
indem  Flau  tu  8  nicht  als  Dichter,  sondern  als  ehemaliger  Mübl- 
kneobt'  Torgeführt  wird.  Die  Worte  cbaracterieiren  also  einen 
Mensdien,  der  Plautiner  ist  utid  zwar  der  erste  unter  den  Fiau- 
tinem^  aber  der  I  et  sie  unter  den  Philosophen*  Wessen  Bild  ist 
mit  diesen  Worten  gezeichnet?  Auch  niebt  der  Schatten  eine« 
Zweifels  ist  gegeben,  es  ist  das  Bild  des  M.  Cornelius  Fronte. 
Alle  Züge  passen  auf  ihn  nnd  zwar  nur  auf  ihn. 

Es  ist  1)  bekannt,  dase  Fronto  es  alg  eine  Hauptaufgabe 
des  guten  Stilisten  ansah,  abgestorbene  Worte  aus  alten  Anturen 
zurückzurufen  nnd  dass  er  Plautus  ala  eine  besonders  wichtige 
Quelle  fitr  die  Bildung  des  Wortschatzes  betrachtete  —  er  ist 
aleo  eio  homo  Plautinae  prosapiae. 

2)  Es  ist  bekannt,  dass  Fronto*»  Stilnenernng  ihn  zum  an- 
geiehenen  Haupt  einer  groseen  Schule  (seeta)  machte  —  er  ist 
pietorum  praecipuue,  d.  b.  der  Meister  der  Plautiner,  der  Antiquarier. 

3)  Es  ist  bekannt»  dass  Fronto  ein  einfältiger  Menscb  war, 
dessen  Welt  nicht  die  Gedanken,  aotidem  die  Worte  waren  — 
er  ist  postremus  philoeopborQm,  als  Wortkrämer  nimmt  er  die 
erste  Stelle  ein,  als  Denker  die  letzte. 

Sind  diese  Erwägungen  richtig  —  und  sie  müssen  richtig 
aein  — ,  80  ergiebt  sich  mit  Noth wendigkeit  die  Scbluesfolgerung 
Öciavius^  ist  eine  Interpolation^  welche  von  einem  Leser  her- 
rührt, welcher  die  feine  Beziehung  auf  Fronto  nicht  erkannte 
and  sich  dem  Irrthum  hingab,  der  homo  ki>nne  kein  anderer 
sein  als  Ootavius,  der  dem  Caecilius  Natalis  en^cgnete.  Der 
Irrtbum  ist  leicht  erklärlich,  weniger  erklärlich  ist  es  dagegen, 
wie  ein  solcher  Irrthum  sich  durch  Jahrhunderte  forterben  und 
wie  derselbe  sogar  die  scharfsinnigsten  Gelehrten  auf  Abwege 
führen  konnte. 

Steht  durch  Ausscheidung  des  Wortes  'Octavius'  die  Be- 
ziehung der  fraglichen  Worte  auf  Fronto  fest,  so  ist  klar,  dase 
die  Rede  des  Caecilius  Natalis  mit  der  Rede  Frontos  in  einem 
gewissen  Zusammenhange  stehen  niuss.  Welcher  Art  dieser  Zu- 
sammenhang ist,  wird  eine  genauere  Bctraihtung  der  iS teile  dar- 


■ 


Die  Abfaesungszeit  des  Oütavme  des  MinaciuB  Felix. 


125 


»n.  Caeciliu»  bricht,  Tiaehdem  er  »eine  Vertheidignng  der  alten 
BeligioD  beendet  hatte,  in  die  bahnenden  Worte  aus,  deren  Grund- 
gedanke ist:  *Wagt  darauf  etwafl  der  Flautiner  Fronto?'  Man 
eiebt,  Cäcilioe  ruft  den  Fronto  zu  einem  Weltkampfe  auf,  deutet 
aber  zugleich  an,  dase  dieser  dabei  unterliegen  werde.  Zu  welchem 
Wettkampf  aber?  Es  ist  keinem  Zweifel  unterworfen,  dasfl  ßicb 
der  Wettkampf  nicht  auf  die  Sache  beziehen  kann;  der  Schrift- 
steller, der  das  Cbristentbum  vertheidigen  will,  kann  doch  wahr- 
lieb  niobt  auf  den  Gedanken  kommen,  seinem  Caecilius  noch 
wuchtigere  und  einecljneidendere  Anklagen  g^gen  das  Christen- 
thttm  beizulegen,  als  sieh  in  der  Rode  Frontos  vorfanden.  Der 
Wettkampff  in  dem  Caecilius  eich  den  8ieg  zngpncbt^  kann  flieh 
sonach  nicht  auf  die  Makrie  beziehen,  eondt^rn  nur  auf  die  Form^ 
auf  den  StiL  Und  in  der  Tbat,  wer  nur  einige  Zeilen  aus  der 
Gorrespondenz  Frontos  gelesen,  mn»e  sich  gestehen,  dass  zwischen 
der  Rede  des  Caecilius  und  den  Briefen  Frontos  die  grösste  Stil- 
Terschiedenheit  besteht.  Dass  aber  der  Stil  des  Caecilius,  d.  h. 
des  Minucius  Felix,  ein  blühender  und  geschmackvoller,  der  Stil 
Frontos  dagegen  ein  abgeschmackter  ist,  dies  sieht  wiederum 
Jedermann  auf  den  ersten  Blick.  Wenn  daher  Cäcilius  am  Schluss 
seines  Vortrages  höhnt:  '  wagt  darauf  etwas  Fronto  ?',  so  will  er 
sagen,  dass  Fronto  nicht  im  Stande  ist,  eine  solche  Darstellung 
za  geben,  wie  sie  Cäcilius  gegeben,  mit  anderen  Worten,  dass 
er  in  stiliRtiscber  Beziehung  tief  unter  ihm  steht,  Dass  wirklich 
der  Wettkampf  nach  dieser  Seite  hin  gedeutet  werden  muss, 
lagen  schon  die  einleitenden  Worte  nahe,  welche  den  ungenannten 
Gegner  nach  einer  stilistischen  Eigeuthümlichkeit,  nämlich  als 
Plautiner  characterieiren.  Aber  auch  das  Folgende  laset  uns  darüber 
nicht  im  Unklaren  sein.  Minucius  entgegnet  nämlich  als  Schieds- 
richter auf  jene  höhnischen  Worte  des  Caecilius  Folgendes  (14,  2): 
Parce  in  eum  plaudere :  netjue  enim  priiis  exuUiisse  tc  dignum  est  coii- 
[  eionitate  sermonis,  quam  utrimqne  plenius  fuerit  peroratum,  maxime 
cum  non  laudi,  set  veritati  disceptatio  vestra  nitatur  .  Minucius 
Felix  spricht  also  von  einem  frühzeitigen  Frohlocken  (exultare). 
Aber  worin  soll  sich  das  exultare  zeigen?  Fast  alle  Erklärer 
und  üebersetzer  antworten:  in  der  eoncinnitas  sermonü.  Allein 
loh  frage,  wer  wird,  wenn  er  die  Worte  so  liest,  wie  sie  bisher 
gelesen  wurden;  Ecqnid  ad  haec  audet  Octavius,  homo  Plautinae 
prosapiae,  ut  pistorum  praecipuus,  ita  pastremus  philuflopharum?  auf 
den  Credanken  kommen,  Caecilius  wolle  sich  mit  Octavius  in  einen 
Wettstreit  in  Bezug  auf  die  Form,  die  ooncinnitas  sermonis  einlaaeen  ? 


126 


Scbi 


Wer  wird  nicht  vielmelir  die  böbuiacbe  Aufforderung  dee  CaeciUufi 
dftbio  interpretiren,  dase  ÜGtav^itie  tiicbts  Stklthaltigts  der  Rede  des 
Caeciliue  entgegen  zu  stellen  haben  werde,  dass  eg  sieb  also  um  die 
Maierie,  nicht  um  die  Form  handelt?  Die  Erklärer  und  üebersetzer 
gehen  an  dem  merkwürdigen  concinnitae  sermonis  Torüber,  nur 
ein  Mann  bat,  so  weit  ich  sehe,  Änetoes  genommen,  nämlich 
Dombarty  der  ^  concinnitate  eermonie  von  ^  dignum  abhängig  macht 
und  demnacb  übersetzt;  'Unterlage  deine  höhnenden  Bemerkungen 
gegen  ihn*  Es  wäre  gegen  die  fflekhmassigc  Ordnung  des  Ge- 
spräches^ wenn  du  dich  als  Sieger  brüeten  würdest,  ehe  beide 
Tbeile  sich  gründlicher  ausgesprochen  haben,  heeonders,  da  euer 
Streit  nicht  Rohm,  eondero  Wahrheit  zum  Ziele  hat\  Allein 
'concinnitae  eermonia*  kann  unmöglich  das  bedeuten,  was  Dombart 
in  die  Worte  hineinlegt,  es  kann  nur  eine  Eigenschaft  der  Rede 
des  Caeciliue  auedrücken.  Es  ist  ereicbtlich,  die  Worte  ^concinnitaa 
sermonie  spotteten  der  Erklärung,  weit  die  Interpolation  Octaviue 
die  Blicke  der  Erklärer  nach  einer  Seite  hin  lenkte,  wo  eine  con- 
cinnitas  sermonis  nicht  am  Platze  ist.  Durch  Ausscheidung  dee 
eiogeachobenen  Wortes  erhalten  wir  erst  die  Möglichkeit,  die 
coDcinnitas  sermonis  richtig  zu  deuten,  weil  jetzt  eine  andere 
Persönlichkeit  als  Octavius  in  Frage  kommt^  nümlieh  der  be- 
rühmte Rhetor  M.  Cornelius  Fronto, 

Damit  ist  das  YerhiltniM  des  Fronto  zu  der  Rede  dea 
Caeciliue  Natalis  klargestellt  Fronto  hat  die  Gedanken  aus  der 
Rede  Frontos  benutzt  ^.  Die  Benutzung  gibt  er  ja  ausdrücklich 
zu  —  aber  er  hat  diese  Gedanken  in  seineti  Stil  umgesetzt,  Mi- 
nucius  Felix  konnte  auch  gar  nicht  andere  A^erfahren,  wenn  er 
die  Einheit  des  Stils,  welche  das  antike  Kunstwerk  erfordert, 
bewahren  wollte,  Minuciua  Felix  eröffnet  daher  gegen  Fronto 
einen  doppelten  Kampf,  er  widerlegt  nicht  bloss  seine  sachlichen 
Argumente  gegen  das  Christenthum,  er  kämpft  zu  gleicher  Zeit 
gegen  seinen  elenden  Stil  und  er  kämpft  damit  gegen  ein  achweree 
Gebrechen  seiner  Zeit.  Deo  gegen  das  Christenthum  gerichteten 
Angriffen  Frontos  setzt  er  die  Rede  des  Octavius  gegenüber,  die 


^  Die  Meinung»  dass  Gaectlius  nicht  die  Gedanken  aus  der  Rede 
Frontos  vorträgt,  ist,  wenn  einmal  die  Btoziehung^  des  Dialogs  äu  der 
Rede  Frontos  feststeht,  ungereimt.  Minueius  Felix  würde  die  Wirk- 
samkeit seiner  Vertheidigung  völlig  lahmlegen,  wenn  er  der  Anklage 
Frontos,  die  er  erwähnt,  aus  dem  Weg  geben  und  andere  AnkkgepQokte 
Tortragen  wollte. 


>ie  Abf&ignngszeit  des  Octarms  des  Minaclüs  Felix. 


12t 


BtiHstiechen   Thorbeiten    des    berühmten    Maonea    glaubt    er    am 
irirkeameten  dadurch  zu  bekämpfen,  daee  er  die  Hede  Frontoa  in 
seiner  Darstellung   wiedergibt    und    den    Caeciliue     am    Schlüsse 
aaerafen  läast,    daee    so   etwas  Fronto  nicht  fertig  bringen  werde. 
Nun  nickt  auch  die    eingeschoheire  Rede    des  Minncius  Felix    in 
die    rechte  Beleucbtung;    sie  enthält   eine  Kritik    der    damaligen 
berrechenden  utiUetiflchen  Richtung;  die  Worte  'non  de  praesenti 
actione,  sed  de  toto  genere'    weisen  ja    deutlich    auf   den    allge- 
meinen Character   der  Betrachtung  hin.     Mit   scharfem  Auge  er- 
^ kannte  Minucius   Felix    die  Gebrechen,    welche    der  Rhetorik    in 
jener  Zeit  anhafteten,  und  fiihrt  dieselben  dem  Leser  vor  Äugen. 
Er  verwirft  nicbt  die  Päege  der  Form,    aber  er  tadelt^   dass  die 
iuesere  Form  oft  der  Wahrheit  Eintrag  thnt;    (die  Nichtachtang 
der  Wahrheit  von  Seite  der  Redner  hat  den  Autor  auch  uncli  zu 
einem  besonderen  scharfen  Tadel  gegen  Fronto  veranlasst  (31,  2): 
fic  de  isto  (convivio)  et   tuns    Fronto    non    ut    adfirmatur    testi- 
raonium  fecit,  sed  convicinm  ut  orator  adspersit).     Die  Schuld  an 
diesem  beklagenswerthen  Zustande  tragen  nach  ihm  die  ZubÖrer, 
welche    sich    durcb  den    berückenden  Glanz   der  Worte  verleiten 
lassen,    die  Sache  hintanzusetzen  und    kritiklos  den    rednerischen 
Aufstellungen  zuzustimmen.    Er  deckt  auch  die  Folgen  dieser  kritik- 
losen Leichtgläubigkeit  auf*    Einem  Tbeil  der  unvorsichtigen  Zuhö- 
rer werden  später  die  Augen  geöffnet;  sie  werfen  sich  sich  dann  dem 
Skepticismus  in  die  Arme  uod  werden  Mieologen,  wie  viele  durch  die 
itchlimmen  Erfahrungen,  die  sie  mit  den  Menschen  machen,  znMisan- 
thropen  werden  —  die  Anspielung  anf  Flatos  Phaedo  (B9d)  liegt  offen 
Vor.  Diesen  Standpunkt  tbeilt  Miniicius  Felix  nicht,  er  empfiehlt  eine 
ine   Einzelne  gehende  Prüfung,  er  gestattet,  dass  wir  uns  an  den 
*argutiae*  der  Redner  erfreuen,  aber  verlangt,  dass  wir  das,  was 
wir  auf  Grund  der  sorgfältigen  Prüfung  als  das  Richtige  befunden 
haben,  anerkennen  und  uns  aneignen.    Diligenter  quaotum  potest, 
eingüla  ponderemus^    ut    argutias   t^uidem  laudare,  ea  yerO|  quae 
recta  sunt»  eligere^  probare,  suscipere  possimus,  lauten  die  schönen 
rorto. 

Es  dürfte    jetzt  an  der  Zeit  sein,    eines  Ein  wundes    zu  ge* 

lenken,    der    gegen    unsere  These,    dass    die  Hede    des  Caecilius 

^^ms  die  gegen  die  Christen  gehaltene   Hede  Frontos^  aber  im  Stile 

des  diinucius  Felix  wiedergibt ^  erhoben  werden  könnte.    Nach  dem 

Lunsägiich  traurigen  Eindruck,  den  die  erhaltenen  Producte  Frontos 

f*uf  uns  machen,    dürfte    Manchem   schwer  werden,    in  der  RtAe 

des  Caeciliue  Frouto  wieder   zu  erkennen.     Allein   man  vorgesee 


128  Schanz 


Ν 


Dicbt,    dass  die  Gedanken   Frontos  durch  einen  Meister  des  Stil  ^Ä* 
reprodacirt  werden;    man  lasne  «ich    nicht   von    dem  Zauber  de    ^*^^^ 
Form  bestricken.    Fasst    man  allein  die  Gedanken  ine  Auge,   s^  -^o 
wird  man   nichts  finden,    was    man    dem  Fronto    nicht    zutrane^  ^^^ 
könnte.     In    seiner    Vertheidigung    des  Heidenthnnis    hängt    dim  ^  i^ 
Rede  des  Caecilius  von  Cicero  de    natura    deonim  ab,    wie  Behr    'rx  r^ 
and  ihn   ergänzend  Xeumann '    nachgewiesen   haben.     Fronto  ha'  .^^  λΧ 
Cicero  und  zwar  alle  »Schriften  desselben  auf's  eifrigste  etodirt'^^    ^'» 
dass  er    aber  bei    seiner  Leetüre  nicht  bloss  auf  die    Warte  sei»  i  -i" 
Augenmerk    gerichtet,    sondern    auch  auf  andere  Dinge,    müsseiK  -^  en 
wir  aus  seiner  Aeusserung  über  seine  Excerpte  aus  Ciceronisoheix  -^^en 
Briefen    folgern  ^,    dort    spricht    er    aucli    von    seinen  Excerptei^  ^^en 
de  philosophia,    de  republica.     Dass    aber    ein  Römer,    der  übeK  -^*  ^^ 
religiöse  Dinge    schreiben  will,    Cicero  de  natura  deonim    in  di^  -5  -^^® 
Hände     nehmen     wird ,     ist     übrigens     selbstverständlich ,    anckS^  ^^ch 
Minucius  Felix    hat    es    gethan.     In   den  Angriffen  aber,    die  em^^  ^^ 
gegen    die  Christen    richtet,    konnte   er  sich    auf  weitverbreiteti^  ^* -^* 
Sagen,    die    über    die  Christen    im  Umlauf    waren,    stützen,    eiir*  ^  '" 
Stadium    von  Schriften    war    hier    kaum    nöthig.     Und   wirkliche^  ^^° 
weist    er    ausdrücklich    auf   die    bezeichnete  Quelle   hin  mit  denc*  "^" 
Worten  Ui^^•    ^^c    de    ipsis,    nisi    subsisteret  veritas,    maxime^^  ^^^ 
nefaria  et  honure  praefanda  sagax  fama  loqueretur\    Aber  seihet^  ^^' 
hier  streut  er  Lesefrüchte  aus  Ciceros  Buch  •■*   ein.    Und  was  hat  ^  -^^ 
Fronto  aus  dem  zusammengelesenen  Material  gemacht?    Welches  ^^  ^^ 
ist  der  Eindruck,    den   das  Ganze    hervorruft?     Jedermann  wird    -^--* 
zageben,  dem  Fronto  ist  es  nicht  gelungen,  eine  straffe  Gedanken-     — '  " 
einheit  herzustellen.     Er  geht  von  dem  Skepticismus  des  Cicero-       ' 
niachen  Cotta  aus,  ihm  als  einem  Verächter  der  Philosophie,  d.  h. 


*  Der  Octavius  di»?  M.  Minucius  Felix  in  seinem  Verhältnisse 
tu  Cicoros  Büchern  do  natura  deorum.     Jenarr  Dies.  li>70. 

*  Rhein.  Mus.  :i»i  Oi^-'*^^  P•  1•"^'*• 

*  p.  ivi  N.  Cicennui  scripta  omnia  studiosiesime  lectiuvi. 

*  p.  107  X.  momini  mo  oxo-rpsisso  o\  Ciceroni«  epislulis  ea  dum- 
taxat,  quibus  iuossot  aliqua  do  oloquontia  noI  ρ}ηΙο$ι*}•}Μα  vel  de  repM- 
Nica  disputatio;  praotorea  si  quid  ologanU.r  ^^tait  vloganti)  aut  verbo 
notabili  dictum  vidorotur.  oxwrpsi. 

*  So  fuhrt  or  S.  l-S  die  droi  Aihoistoü  Thooaorus  aus  Cyrene, 
DiaifnrAN  au«  ΜιΊοι»  und  Prot, »jroras  au«  AbdiMM  an,  um  zu  zeigen,  dass 
NO  μοΠίοικ*  MouüoluM)  kiMiu'  Hodouuiui;  };o\%innt-u  konntrn.  Cotta  hatte 
abi»r  ilii»••!•  Vornucho  diT  »Iroi  .\th<*iNt<iu  duivhaus  nicht  greiiogschltzig 
b(>handi*ll  (I,  l»:i,  \\)i). 


Die  Abfassungazeit  des  Octaviua  dea  MiöQcioe  Felix,  129 

dee  tieferen  Denkens  musete  ja  dieeer  Standpunkt  äusserst  will- 
kommen sein,  weil  er  sehr  be<iuem  war.  AUeiB  er  konnte  von 
dem  äusserlicb  angenommenen  Skepticismus  niobt  die  Brücke  zu 
dem  festen  Glauben  an  die  beimiscben  Götter,  den  er  verlangt, 
finden.  Zwischen  Skepsis  uud  Tradition  besteht  eine  unauflgefUllte 
Kluft ^  Als  Skeptiker  muss  er  sich  «ogar  der  Waffen  der  Stoiker 
bedienen*  Es  Hegt  also  eine  scbwacliej  Frontoe  durchaus  würdige 
Vertbeidigung  des  Heidentbnms  vor,  eine  Leistung,  wie  Stolberg 
sagt,  ohne  Höbe  und  ohne  Tiefe  ^. 

Doch  genug.  Wir  wenden  uns  jetzt  zu  einigen  Fragen, 
welche  mit  der  Composition  der  Schrift  in  Zusammenhang  stehen. 
Man  streitet  darüber,  ob  dem  Dialog  eine  wirklich  etattgefundene 
Uoterredung  zu  Grunde  liegt.  Diese  Streitfrage  ist  jetzt  definitiv 
eiitechieden.  Wenn  die  Hede  des  Caecilius  nichts  anderes  ist,  als 
dieReproduction  eines  Frontonianiechen  Schriftstücke,  so  kann  auch 
die  Rede  des  Octavlus^  die  sich  genau  an  die  Rede  des  Caecilius 
anscbliesst,  nicht  wirklich  gehalten  worden  sein.  Was  aber  die 
zwei  Persönlichkeiten  anlangt,  so  liegt  kein  Grund  vor,  sie  für 
fingirt  zu  halten*.  Wir  hören  von  einem  später  in  Cirta  lebenden 
Caecilius  Nata!is\  wir  werden  daher  auch  den  Caecilius  Natalis 
för  einen  Cirtensis,  vielleicht  sogar  für  den  Vorfahren  des  jüngeren 
halten;  es  mag  dies  der  Grund  gewesen  sein,  warum  der  Autor  ihm, 
dem  Landsmann  Frontos  des  letzteren  Rede  in  den  Mund  legt. 
Yon  Octavins  spricht  Minnciua  Felix  mit  solcher  Wärme^  dass 
wir  uns  nicht  denken  können,  dass  die  Persönlichkeit  fingirt  ist. 
Man  darf  vielleicht  sogar  vermuthen,  dass  wirklich  ein  gemein- 
samer Aufenthalt  mit  dem  Freunde  in  Ostia  tiefe  Eindrücke  in 
der  Seele  des  Minncius  Felix  zurückgelassen  und  dass  er  mit 
seiner  Schrift    zugleich    dem  verstorbenen  Freunde    ein  Denkmal 


*  Schon  dieser  Widerspruch  allein,  meine  ich,  nöthigt  uns,  bei 
der  Hede  des  Caecilius  an  eine  Vorlage  zu  denketi,  nicht  an  ein  von 
Minuciuei  selbst  gefertigtes  Produkt,  denu  da  der  Autor  auf  deu  Wider- 
spruch durch  Octavius  aufmerksam  machen  lasst,  so  wäre  ea  doch  sehr 
sonderbar,    wenn  Minucius  selbst  diesen  Widerspruch  construirt  hätte. 

^  Russwurm,  Octavius^  Hamburg  1824  p.  XXV* 

*  Kühn,  Der  Octavius  des  M.  F.  p.  7    halt  die  Person  des  Octa- 
fur  fingirt,    d.  h.  der  Verfasser   habe   sich   unter   Octavius   selbst 

^dargestellt  (p.  8).    Dagegen  Bährens  p,  VII. 

*  Vgl.  Dessau*  üeber  einige  Inschriften  aus  Cirta  Hermes  15 
(1880)  471, 

Rbelll.  Mufl.  t.  FLUul.  N.  F.  L.  9 


190  Schanz 

setzen  will.     Caecilius  wäre  dann  nur  eine   künstlich  herange^^ 
gene  Persönlichkeit  und  es  will  uns  scheinen,    dass   der  Schrii 
steller  dies  mit  einem  feinen  Zu*?  dadurch    angedeutet  hat,    da 
er  den  Caecilius  aattc  unrennitfelt  in  Ostia  auftauchen  läset,  ohi 
ans  zu  sagen,  wie  er  dahin  gekommen  ^.    Von  den  künstlerisch• 
Ideen  des  Werks  kann  man  überhaupt  nicht  hoch  genug  denken,  wer 
man  sich  in  dasselbe  vertieft.  Auch  dies  möge  noch  in  einem  Punk      -^^^ 
erläutert  werden.     In  seiner  Anklage  ist  Caecilius  besonders  darl^"  *^* 
her  erbittert,  dass  Λλ^  nn  ichildetc  Christenvolk  über  die  höchst^^  ^^ 
Dinge  ein  sicheres  \Vi«»8en  zu  haben  vorgibt  (Γ»,  4):  indignandur   -^i» 
Omnibus  et  omnibus  indolescendum    est  andere  quosdam,    et   hc^  ^^^ 
stadiorum  rüdes,  literarum  profanos,    expertes  artium    etiam  so  ^cz^^^ 
didäirum,    certum    aliquid    de  summa    rerum  ac.  maiestate  dei  d^  K3e- 
ceniore,  de  qua  tot  omnibus  saoculis  sectarum  plurimarum  nsqis:^  i^® 
adhuo  ipsa  philosophia  deliberat.     (.)ctaviu8  geht  in  seiner  WideK  ''^^'^' 
legung  auch  auf  diesen   Vorwurf  ein  und  weist  ihn  in  eingehec^^  -^n- 
der  Wei^e  zurück.     Allein  wir  haben  noch  eine  Widerlegung,  on^:^*'  ^°^ 
zwar  die  beste  durch  die  Schrift  selbst.   Welchen  tiefen  BUndrucL  ^:^  ^^ 
muss  sie  auf  die  damalige  gcbildfio  Gesellschaft  gemacht  haben   ^^  °' 
Diese  war  des  Glaubens,  dass  die  christliche  Secte  sich  aus  niederer  ^^ ""^" 
ungebildeten  Leuten  /usammensetze  ;  und  jetzt  erscheint  ein  Chriei^ -^^*^ 
mit  einer  Schritt,  welche  auf  der  Höhe  der   formalen  und  mate^^^^' 
riellen  Bildung  ?:eht      Jetzt  wird    uns    noch  verständlicher    ein^  m^^^t 
Entcheiuung,    tür    die  wir    schon    früher  eine  Erklärung  gesnchr  ^^  "^ 
haben,  das  auiTallende  Schweigen  von  specitisch  christlichen  Dingen*  m-^^* 
Minuoias  Felix  will  den  thatsächlichen  Beweis  liefern,  dass  ancliK^  "^^ 
ein  Chris:  im  Besitz  vier  vollen  heidnischen  Bildung  sein  kann;  nursoC^^^ 
vermag  ein  solcher  auf  die  damalige  ma-isgebende  Gesellschaft  einm- —  ^" 
wirken  un ;  die   gegen  das  Christen: hum  bestehenden  Vorurtheile^^^ 
ία  ier*tore::;   der  Autor  stellt   sich  daher  auf  den  Standpunkt  άβΓ*"     ^ 
natioralei;  Bü -li-g  ur.d  käiiuft  mit  denselben  WaiTen.  die  auch  seine   ^^ 
Gegrer  fuhren•;  er  tuhrt  sie  nicht  in  eine  ihi^ea  unverständliche 
Welt.     Pass  der  Au:or  auf  dicseai   Staudpur.kt,    auf  den  er  sieh 
gestellt,  lu  mar.cher  Behauptung  sich  drängen  iässt,  die  mit  dem 


^  Audem  g\\ie;ue;  \ou  Schwenke,  /ci:*ohr.  f.  proiest.  TheoL  9 
OSS.S^  p,  x^; 

*  V\\  \  e.\|sv!t;;i  opnv.oii«**  o'.uv.vava  ferme  phf.oi^^fhomsi,  quibnt 
inUufruM  ijloviA  e*t,  IVuiu  v;r."a;n  tv.u'.:;*  iuv:  αο*;»:::λ>ίί  r.oininibiis,  ut 
%;ui>i»  srbiti^i^tur  nut  nunc  C)u'.*:^Ar.v^^  ρϊ\;^^5ν^ρϊϊθί  cs$e  »ut  piilosopbo• 


Ι)ΐ6  AbfassiiOgdzeit  dea  Octävius  des  Miduciub  Felix,  13t 

Chrletentbuin  in  Widerstreit  etelU^  ist  erklärlich^  aber  auch  ent- 
schuldbar,   bandelt    e»  sich  doch  nicht    um    eiüe  Darlegung    der 

I  clirietlichen  Lehren,  eondern  nm  eine  Ztirückweieung  der  gegen 
das  Christenthuin  verbreiteten  Yorartheile  ^. 

Der  Ausgang  unserer  Untersuchung  war  die  Frage  nach 
dem  Ziel  der  Schrift.  Das  gewonnene  Reanltat  wirft  uns  noch 
einen  bedeutsamen  Nebengewinn  ab,  es  beantwortet  uns  auch 
die  Frage  nach  der  Zeit  der  Schrift  und  führt  damit  eine  lange 
Controverse  zu  ihrem  Ende.  Wenn  die  Worte  (14,  1)  'ecquid 
ad  haec  audet  homo  Plautinae  proeapiae,  ut  pistoruin  praecipuue, 
ΙίΆ  postremuB  pliilosophonim?  ,  wie  wir  nachgewisen  haben,  Fronto 

\wam  Wettkampf  herausfordern,  ao  muse  Fronto  damals  noch  am 
Lehen  gewesen  sein.  Damit  iet  ein  Satz,  der  öfters  als  Ver- 
muthnng  ausgesprochen  wiirde^  zum  erstenmal  erwiesen,  derBatz: 
Der  Dialog  Oäavius  ist  jbu  Lebzeiten  Fronios  geschrieben^. 
Wäre  uns  das  TodcRJahr  Frontos  bekannt,  so  hätten  wir  mit 
diesem  Jahr  den  terminus  ante  quem  der  Schrift.  Alleio  wir 
kennen  jenes  Jahr  nichts  wir  können  es  nur  annähernd  fest- 
stellen. Der  feste  Punkt,  von  dem  wir  hierbei  auszugehen 
habeH)  ist  die  Thateache,  dasa  Fronto  bereits  unter  Hadrian  dem 

I  Senat  angehörte  *.  Daraus  muss  mit  Mommsen  ^  geschlossen 
werden,  dass  er  vor  138  die  Quästur  bekleidete  und  demnach 
vor  113  geboren  wurde ^,    Allein  da  er  an  der  citirten  Stelle  aus- 


*  Vgl.  den  bekannten  Satz  20,  4:  quae  (miraeula)  si  ©asent  facta, 
fierenti  quia  fieri  non  posaunt,  ideo  nee  facta  sunt. 

*  Kühn  hat  in  seiner  Dissertution  (Der  Octavius  dea  M.  F*)  den 
Gedanken  scharf  zur  Geltung  gebniclit,  dass  der  Christ  durch  die  Wider- 
legung des  Heiden  auf  eine  schiefe  Richtving  gedrängt  werde.  'M.  hat 
»ich  in  Wirklichkeit  durch  die  ganze  Anlage  zum  Stoieismus  hinüher- 
drangen  lassen' fp^iiO).  intereasaut  ist  es,  wie  der  chriBtlicbe  Standpunkt 
manchmal  plötzlich  durchbricht.  So  hatte  M.  F.  für  die  Lehre  vom 
Weltbrand  die  Atitorität  der  Philosophen  eingeaetzt.  Am  Schlüsse  setzt 
er  an  Stelle  der  Autorität  ult  PLilosophen  die  AutoritÄt  der  Prophe- 
ten (34,  5);  animadvertis  pbiloBophoseadt^m  disputare  quae  dicimuB,  non 
quod  nos  aimus  eorum  vestigia  subsecuti,  sed  quod  illi  de  divinis  prae- 
dicüonihus  profetamm  umbram  interpolatae  veritatis  imitati  sint. 

"  Vermuthungsweise  wurde  die  Abfasaung  des  Octavius  zu  Leb* 
Seiten  Frontos  behauptet  von  Bährena  p.  VI,  Kühn  L  c.  p.  68. 

*  p.  25  N*  schreibt  er :  Di  vom  Hadrianum  avom  tuura  laudavi  in 
saep^numero. 

6  Hermee  8  (1874)  216. 

^  Mommsen,  Rom.  St^atsr.  1,  472    '  Zur  Uebemahme  der  Quästur 


132  Schanz 

drttcklich  tagt,  daee  er  'eaepennmero'  auf  Hadrian  im  Senat  Lob- 
reden gebalten,  eo  werden  wir  docb  wohl  annehmen  mfinen,  dm 
diese  Lobreden  nicht  eämmtlich  in  ein  Jahr  fielen,    aondem  licb 
auf  mehrere  Jahre  vertheilten.     Wir  werden  daher  folgern  dftr 
fen,  daes  Fronto  138     schon    einige  Jahre   im  Senate  thätig  g^f 
wesen,  also  seine  Geburt  etwa  nm  drei  Jahre  mindestena  hinasB-^' 
rücken;    er  war  also  geboren  vor    etwa  110.     Eine   andere  ES^  ^ 
wägung    führt    zu    dem    gleichen  Kesultat.     Der  Schwiegeno^K^ 
des  Fronto  war  der  tüchtige,    aus  der  Geschichte  bekannte  VS^^' 
torinus.     Als  Fronto    seine  Tochter  verlobte,   war  er  scbon   e^^*^ 
betagter  Mann  Κ      Mommscn    bemerkt   weiter  ':    *Ελ  mute  di^  -^^ 
gegen  Ende  der  Regierung  des  Pins  geschehen  sein,    da  Harci^^  '^ 
in  dem  ersten  Brief,  den  er  als  Kaiser  an  Fronto  8cbreibt|   ibc:^^^ 
zu  der  incolnmitas   filiae,  nepotnm,    generi  Glück  wüntcbt. 
male  also,  etwa  161,    hatte  Fronto    schon  mehrere  Enkel*, 
nach  werden  wir  Fronto  gewiss  bei  der  Verlobung  seiner  Toehte^^  ^ 
zum  mindesten  55  Jahre  alt  sein  lassen.   Wir  kämen  so  auf  eic:^^^^ 
Geburtsjahr,    das   zwischen  103 — 106  liegt.    Bedenken  wir  ηηιικ:^^^'*^ 
dass  Fronto  sich  in  dem  Briefwechsel   als  ein  kränklicher  Man^^^^'"^ 
darstellt,  so  werden  wir  sein  Leben  nicht  über  Marcus*  Tod  binans^-^^" 
erstrecken  können;    er  wird    also    nicht  viel  über  175    —    dei^^^' 
letzte  terminus  post  quem,  den  wir  nachweisen  können  •,  —  bin^-^^' 
aus  gelebt  haben  ^     Der  Octavius    muss   also   vor  Marens'  To 
geschrieben  sein.    Wir  kommen  aber  noch  um  ein  BeträohÜicbe 


ist  fähig,  wer  am  Antrittsiage  im  laufenden  25.  Lebensjahr  steht; 
diese  Regel  —  hat  die  ganse  Kaiserzeit  hindurch  bestanden*. 

^  Denn  er  sagt  in  demselben  Buche,  in  dem  er  dieser  Verlobmig 
gedenkt  (p.  201N):  ego  quoque  ut  spero,  quoad  aeUitis  vii  viguU^  in 
officiis  oivilihus  non  obsoure  versatus  sum. 

*  Hermes  8  (1874)  209. 

*  Mommscn,  Hermes  8  (1874)  216. 

*  Könnten  wir  nachweisen,  dass  Gellius  von  Fronto  als  einem 
Verstorbenen  spricht,  so  würden  wir  eine  bestimmtere  Begrenzung 
für  die  Lebenszeit  Frontos  erhalten.  Allein  ein  solcher  Nachweis 
kann  leider  nicht  geliefert  werden.  Mit  einer  Schlussfolgerung,  wie 
sie  Th.  Vogel  macht  (Philos.  Abh.  M.  Hertz,  dargebracht  BerL  1888 
p.8  Anm.):  Frontonem  non  iam  vixisse,  cum  Noctes  Atticae  compone- 
rentur,  inde  potissimum  colligo,  quod  librorum  eins  nusquam  mentio 
fit  Parum  urbanum  fuisset,  hoc  silentium,  si  vir  M.  Aorelio  impera- 
tori  tarn  familiaris  etiam  tunc  floraisset,  werden  sich  nur  wenige  be- 
f^onden. 


At)faaeungszeit  des  Octaviua  des  MmSSiii^SISr 


iveiter  zurückj  wenn  wir  die  Stelle  18^  5  betrachten.  Es  beisst  bier: 
ni  forte,  qnoniam  de  provideiitia  ntilla  dubitatio  est,  inquirendüm 
putae,   ntrum  nnius  imperio  an  arbitrio  plurimorum  caeleste  reg- 
num  gubernetur;    qaod  ipsam  con  est  multi  laborie  aperire  cogi- 
t&oti  imperia  terrena,    qnibue   eiempla  utique  de  coelo.     Quando 
'§4nquam  regni  societas  aui  cum  fide   coepit  auf  sine  rmore  desiii? 
omitto  Pereas    de    equorum    binnitu    auguranteß    principatnm,    et 
Trhebanomm  par,    mortuam  fabilani,     transeo.     Ob    pastorum   et 
oaeae  regnum    caesim    nnum   de  geminia    memoria  notiseima  est. 
Oeneri  et  eooeri  bella  toto  orbe  diffusa    sunt,    et  tarn  magni  im- 
perii  dnos  fortnna  non  cepit.    Vide  cetera:  rex  nniia  apibus,  dux 
mnne  in  gregibns,  in  armentis  rector  uniis.     Tu  in  caelo  summam 
onaiestatem  dividi  oredas  et  ecindi  veri  illiuH  ao  divini  imperii  totam 
^jotestatem  ?    Der  Autor  will  den  ein&n  Gott  erweisen  ;    er   zieht 
3Ti  diesem  Zweck    eine  Analogie    zwischen    der  himmliBchen  Re- 
gierung und  den  irdischen  Regierungen;    was   hier  gilt,    will  er 
auch   dort    gelten  lassen.     Wie    eine  Doppelregierung  auf  Erden 
sich  unmöglich   erweist,    so    ist    auch    eine  Doppel regierung    im 
Himmel  nicht  denkbar.     Kann  aber  ein  Schriftsteller  ein  solches 
Argument  in  Anwendung  bringen,  wenn  zur  Zeit  der  Abfassung 
seiner  Schrift    eine    eolche    Doppelregierung    besteht    oder    kurz 
vorher  bestanden    hatte?     Kann    er  schreiben;    quando    nnqnam 
regni  eocietaB    aut   com   fide  coepit  aut  sine  cniore  desüt?     Ich 
erachte    dies    mit   Schwenke  ^    für    eine    Unmöglichkeit*     Sonach 
muss  die  Schrift  vor  IGlj  d.  h.  vor  dem  Condominat  des  Marcus 
und  L•   Yerus  geschrithen  sein^  sie  fällt  also  eniweder  in  die  Ee- 

Pffierungsjseit  des  Anioninns  Ptus  oder  Hadrians. 
Damit  ist  unsere  Untersuchung  zu  Ende ;  doch  dürfte  es 
gerathen  sein,  noch  in  Kürze  darzulegen,  welche  Tragweite  die 
gewonnenen  Resultate  für  die  mit  Minucius  in  Zusammenbang 
stehenden  Fragen  haben.  Vielfach  hat  man  ein  Äbbängigkeits- 
verhältniss  des  Minucius  von  apecifisch  christlichen  Apologeten 
etatnirt  AlleiUt  wenn  man  sieb  das  Ziel  vor  Augen  hält,  das 
sich  der  Autor  des  Octavins  mit  seiner  Schrift  gesteckt  hat^  wird 
man  es  von  vornherein  für  unwahrscheinlich  halten,  dase  Mi- 
QQcias  Felix  steh  an  specifisch  christMcbe  Apologeten  gewandt 
habe,  denn  sie  konnten  ihm  das  nicht  bieten,  was  er  brauchte. 
Und  in  der  That    ist   kein   einziger  Beweis    in    dieser  Richtung 


»  Jfthrb*  f  protoBt,  Theol.  0  (1883)  p,  289, 


ΊΜ  Schanz 

mU   erbracht    anzaseheo.     Wir    wenden    ans    zu    den    einzelncs^s^n 
Apologeten: 

1,   Man  hat  behauptet:  «lass  Minucius  Felix  aas  Tertnlüanemis 
Ap-ologeticue  geschöpft  habe  ^.     Derjenige,    welcher  nach  nneeres^^er 
Untersuchnng    noch    ein  solches  Abhängigkeitsverhältniss  vertrat  "e- 
ten    will,    mnss    vor   Allem    den  Beweis    liefern,    das  M.  Fronter  λΧο 
nocb  nach  der  Abfassung  des  Apologeticus,   also   nach    197    g^  "S^" 
lebt  habe.     £inen    solchen  Beweis  wird    aber  Niemand    antrete^^  en 
können  und  wollen.     £s    ist    sonach    definitiv    entschieden,    da^  Ά88 
yiihHc'tu.i    nicht    von    TertnUian    ahlUingen  kann.     Wenn    noch  im:       in 
jöng«ter  Zeit  auf  der  Grundlage    der  Gedankenvergleichung   d^  Jer 
Versuch  gemacht    wurde,    Minucius    Felix    in  Abhängigkeit    voez:^  on 
Tertullian  zu  bringen,  so  erkennt  man  jetzt,  wie  trügerisch  solchzX^  ^^ 
Vergleichungen  sind. 

2)  3iÄn  hat  behauptet,  dass  Minucius  Felix  und  Tertollia 
auf  eine  verlorene  lateinische  Apologie  zurückgehen.  Wer  nac 
nnsenn  Aufsatz  noch  diese  Ansicht  aufstellen  will,  niu-^s  sich  z^m  -^^' 
Dächst  die  Frage  vorlegen,  ob  es  wahrscbtinlich  sei,  dase  ei«::^'  -^^ 
Schrift,  welche  bereits  vor  längerer  Zeit  erschienen  war,  weicht^  "® 
eich  gegen  den  berühmten  Landsmann  Fronto  gewandt  hatte  un^"^'^^ 
welche  Cyprian,  Lactantius  und  Hieronymus  kennen,  dem  Tei^^  ^sr- 
tallian  unbekannt  blieb  oder  von  ihm  bei  Seite  geschoben  wurd^  ^ie. 
Diese  Wahrscheinlichkeit  leugnet  soirar  der,  welcher  am  au^^  ^®" 
führlich-ten  für  die  gemeinsame  Qin  Ile  des  Minucius  Felix  un^  ^:^ι^ 
des  Tertullian  eingetreten,  ^^'ilhel•ι!l ;  denn  er  schreibt^:  ne  ^=^ ®^ 
vero  Tertullianus,  opinor,  Oc^aviiiüi  in  i » in  siiani  non  convertieset^  ^  » 
si  hie  libellus  alii^uanto  ante  Apologotirum  edilus  esset.  Xan^-^*" 
etiam  Minucium    celebritaic    ac    TiDuiine  t'x«'ellont*}m  fuisse  ex  ec^  ^^ 

satis  apparet,  quod  nobilissimus  «juisque  soriptor  ecclesiasticne 

Cyprianum    dico    et    Lactantimn    vi    HitToi.yniuni   —    facere    nor^*^ 
potuerunt,  quin  Octavium    expilurent.      Kr    sieht    sich    daher    zu 
der  Vermuthung  gedränirt:     Fortusse    duo    illi  apologetae  eoden 
fere  tempore  scripserunt,  ita  ut  alteri  alterius  über  ignotue  esset««-^ 
Wilhelm  drückt  uns  strlbst  die   WallVn    ire^ren  sich    in  die  Hand, 

3)  Man  hat  behauptet,  dass  Minurius  Felix  Iti  seiner  Wider^ 
legung  auch  den  AngrilF  im  Auirc  luit,  den  Celsus  in  seinem. 
'Wahren  Wort'    ^^ogen   das    Christentlium    gerichtet    hat  ^     Wir 

^  /.  li.  Mnssi»hi4»aii,  v«;!.  ol»en  p.  1I.">. 

*•*  |)r  Mimicii  Ki»lii?is  Oi-tavio  et  ΓΐτΙιιΙΙίαηΙ  apolo;^etico  Kresl.  1Ö87 
(Hnnl.  riiilol.  Abb.  II    I    p.s|). 

^  K.Miii  Cfl'iiM,  Wiiln•'•,  Wort,  /iirieli  IST.I  p.  ΐ:»Γ.  'Die  Schrift  de• 


I 


Die  Abfaseangft^cit  des  Octavios  des  Miaucius  Felix.  135 

baben  nachgewiesen*  dase  eine  Hede  Frontoe  die  Vorlage 
Uly  durch  welche  die  Yertbetdigung  dee  Minuciue  Felix  bestimmt 
irird.  Diese  Hypotheee  ist  ako  irrig.  Aber  auch  cbronologiech 
iet,  wenn  uneere  Aufstellungen  richtig  sind,  eine  Abhängigkeit 
Ü&B  Minuciue  Felix  von  Celeus  unmöglich ;  denn  Celeus'  wahres 
Wort  trat  in  den  Jahren  177  —  180  ans  Licht',  bt  also  später 
als  der  OctaviuB. 

4)  Han  hat  behauptet,  das»  Minuciue  Felix  den  Athena- 
goras  benützt  bat  ^.  Allein  des  Athenagoras  Apologie,  die  mei- 
nes Erachtens  allein  in  ßotracbt  kommen  kunn,  iet  177  ge- 
ecbrieben,  altio  später  als  der  Octavius  ^ 

5)  Man  hat  behauptet,  das3  Minuclua  Felix  de»  Theopbilue 
Bücher  au  Antolykus  benutzt  hat  *.  Allein  diese  Schrift  fälit  in 
die  Regierungszeit  des  Commodus^,  also  nach  dem  Octavius. 

6)  Man  bat  behauptet,  dase  Minuclus  Felix  die  Apologien 
Justins  benutzt  hat.  Für  die  Beurth eilung  dieser  Behauptung 
gewinnen  wir  aus  unserer  Darlegung  keinen  Anhaltspunkt;  da 
die  Apologien  (oder  die  Apologie  **)  in  die  Zeit  des  Kaisers  An- 
toninus  Pias  fallen  ',  so  können  wir  nicht  entscheiden,  ob  die 
Apologien  oder  ob  der  Octavius  früher  entstanden  ist»  Es  bleibt 
sonach  nur  übrig  eine  Vergleichung  der  Gedanken  in  beiden 
Schriften.  Hier  sind  aber  sichere  Beeultate  nicht  erzielt  wor- 
den.    Schwenke  kommt  zu  der  Ansicht,  dass  Minucius  ans  Justin 


Minaciua  ist  am  wahrscheinlichsten  knrz  vor  dem  Jahr  180  geschrieben  und 
beabsichtigt  unter  anderm  auch  eine  Antwort  an  Cehus,  dessen  Angriff 
dem  Caecilius  zugetheilt,  dessen  Name  aber  aus  bchiuklichkeit,    da  die 
Disputation  in   eine  bedeutend  frühere  Zeit  zurück  ν  erlegt  wird,    nicht 
j  genannt  ist'.     Siehe  dagegen  Aube,  histoire  des  persecutions  Π  80. 
^  Neumann,  Der  röm,  Staat  und  die  allgem.  Kirche  1,  58,  1. 
^  Loesche,  Jahrb.  f.  proteet.  TheoL  8  (1882)  p.  168. 
^  Keim,  Rom  und  das  Chriatenthum  p.  450. 

Dombart  in  seiner  Ansg.  p.  133. 
*  Keim,  1.  c.  p.  487. 

^  Harnack    (Texte    und  Untersuch,    von    Gebhardt    und  Harnack' 
1j  115),  'Die  sog.  1,  und  2,  Apologie  des  Justin  sind,  wie  aus  inneren 
Gründen    geschlossen   werden  muss,   eio  einziges  Werk,    resp.  die  sog. 
zweite  isi  ein  vor  Veröffentlichung  der  gröesereo  Apologie  zugefügter 
Xachtrag  zu  ihr'. 

'  Engelhardtj    Dixs    Christeothum   Justins»    Erlangen  1878    p.  71, 
'Darüber,    Ja?3  die  erste  odt^r  grössere  Apologie  in  die  RegieruugHzeit 
I  Kaisers  Antoninus  PiuB,  also  in  die  Zeit  von  138  — 161  fallt,  herrscht 
Zweifel*, 


13G      Schanz  Die  Abfaesong  des  OcUvioa  des  Minadot  Felix. 

geschöpft  hat  ^.  Allein  Wilhelm  bezweifelt  dieses  Ergebniss  Κ 
Anch  Hamack  behauptet,  dass  nicht  festzustellen  sei,  ob  Minn- 
cine  den  Justin  gelesen  ^  Allein  wenn  auch  die  Abhängigkeit 
des  Minucius  Felix  Yon  Justin  feststände,  würden  wir  nicht  viel 
ffir  die  Frage  nach  der  Zeit  des  Octavins  gewinnen.  Da  das 
Jahr,  in  welchem  die  Apologien  Justins  abgefasst  wurden,  nicht 
sicher  ermittelt  werden  kann  ^,  müssten  wir  uns  mit  dem  £r- 
gebniss,  dass  die  Apologien  in  die  Zeit  des  Kaisers  Anioninus 
Pins  fallen,  begnügen,  in  diesem  Fall  wäre  also  nur  die  Zeit 
Hadrians  für  die  Abfassung  des  Octavins  ausgeschlossen. 

WQrzburg.  M.  Schanz. 


1  Jahrb.  Γύτ  proteet.  Theol.  9  (1883)  p.  277. 

«  1.  c.  p.  60. 

*  Geschichte  der  altchristl.  Litt.  1,  ITX)  und  Texte  und  Unter- 
such, von  Gebhardt  und  Harnack  1,  132:  *  Nicht  sicher  ist,  dass  Minu- 
cius  Felix  die  Apologie  des  Justin  gelesen  bat.  Man  beruft  sich  dafür 
gewöhnlich  auf  Octav.  29  und  30,  vgl.  mit  Apol.  1,  55  2,  12.  Allein 
diese  Stoffe  brauchen  nicht  durch  directe  Vermittelnng  des  Justin  an 
Minucius  gekommen  zu  sein,  und  was  sonst  an  Parallelen  aufgewiesen 
worden,  ist  nicht  erheblich*. 

^  Vgl.  die  verschiedenen  Ansätze  bei  Engelhardt,  1.  c.  p.  72  f.. 
Keim,  Rom  und  das  Christenthum  p.  425. 


137 


Miecellen. 


Varia, 
Α  eoHto  dicendi  genere  non  rede  recedi  existtimü  Diodori 
XVn  11,  5:  όμου  b*  ήν  —  μυγμος  και  βοή  και  παρακ€λ€υσις, 
παρά  μέν  τοις  Μακ€Ϊ>όσι  μη  καταιαχΰναι  τάς  τιροτ€Τ€νημ€νας 
άνοραγαθίας,  παρά  hi  τοις  θηβαίοις  μη  TTEpiibeTv  τ€κνα  και  γο- 
ν€ΐς  ύττέρ  avbpanobiCTpoO  κιvbuv€ύovτας,  quod  viJtjtur  corngeu- 
dum  esse  μη  TTtpiibEiv  τ^κνα  <^και  γυναίκας)  και  γονείς  κτλ. 
Scilicet  hietonciR  Graeols  nee  eolam  iis  ueitatiseima  dictio  est 
παΑ€ς  βΐνβ  τίκνα  και  γυναίκας  quo  nomine  mnltitudo  imbellis 
legitime  comprehenditnr,  ut  in  ipso  illo  Diodori  capite  §  3;  ol  hk 
Θηβαίοι  —  συνάτΓΓ€ΐν  μάχην  ιτρό  τής  ΤΓόΧειυς  ήτοιμάΐοντο» 
Τ€κνα  6e  και  γυναϊκ€ς  συνέτρεχαν  εις  τα  Ιερά,  Sic  TLucydides, 
»ic  qui  poetea  fuere  atque  ipjie  Diodarns  locis  permuUis  quo« 
enumerare  neqoe  utile  neque  Tiecessarinm.  Rarum  est  invetRo 
ordine  γυναίκες  και  τταΐοες,  v^elüti  loaepham  in  archüeologia  ecri- 
bere  memini,  corif.  Thiic.  III  104,  3  V  3,  4  Dion.  Chrys.  VII  10 
μετά  γυναικός  αύτου  και  Kaibujv  Luciani  Alex.  261  γυναίκα  και 
τέκνα  ίχυυν.  interdum  autera  tit  ut  tertium  adiciatur:  τέκνα  καΐ 
γυναίκες  και  γονείς  Diod.  Χ  VI  Π  δ,  τέκνα  καΐ  γυναίκας  και  τους 
Τεγηρακότας  Diod.  XVII  28 1  sf^u  mutatie  vicibae  Ευν^εδραμήκει 
|άρ  σχεδόν  αττασα  ή  ττόλις  αμα  γυναιΣι  και  γέροικτι  και  παιδί- 
Οίς  Lociani  Alex.  221.  Quin  etiam  quartuui  additur:  Isocr.  Ar- 
chid.  71  τους  μέν  γονέας  τους  ημετέρους  αυτών  καΐ  τους  παϊ- 
6ας  καΐ  τάς  γυναίκας  και  τον  δχλον  τον  άλλον,  quod  dictionis 
tumidae  atque  elatae  Isocrateae  egregiiim  exemplum  non  solum 
articulie  additis  convincitar,  Herodis  Attic.  p.  176»  12  παίδες  καΐ 
γυναίκες  και  πατέρες  γέροντες  και  μητέρες,  sed  vides  genue  hoo 
iUctoribiiH  esse  aceammodatiu*. 

lain  vero  in  iUa  formula  neque  Hberoruni  neque  matmiu 
familtae  mentionem  faßile  deeideres  neque  huc  pertinet  qnod  Ari- 
Ätides  rhetor  dicit  II  421  lebb :  έμοι  δε  λόγοι  πάσας  προσηγο- 
ρίας και  πάσας  δυνάμεις  έχουσι.  και  γαρ  παΐδας  καΐ  γονέας 
και  πράξεις  τε  και  αναπαύσεις  και  πάντα  εθέμην  τούτους,  quae 
est  gloriatio  rbetorica,  nurratio  hiiatorioa  non  est.  A^lde  quod  si 
και  γυναίκα  ain^okrem  adieciaset,  aequabililatem  verboram  tur- 
Vaeeet^,  si  και  γυναίκας,  praeter  hoc  ne  decenter  quidem  loqui 
«eset  vieus. 


Ϊ  £xeinpia  quaedam  congesaimue  mas,  rlien.  48  p,  636.  Hie 
öroplcr  similitudinem  addo  Philostr,  v,  Apoll,  p.  15*  29  K^:  καΐ  γάρ  ιται- 
bia  Ευνέρρυήκει  καΐ  γύναια  καΐ  ώλοφύροντο  οΐ  γ^γηρακότες. 

3  neque   aptum    est   λόγους   γυναίκα  τίθεσθαι.     Ceterum   adeatj 


i:i-  Miao<:i*:n. 


\ 


I)*ri.iri»•    .  .:^rri   |Hit»r-t   i.!:ii  •.■.•iiiUiii  uiiiittrre  liceat.    »|uenrmv- 
a.lm'.:-:n:   f.*.'     .  ,r   l>l..ni*   Ci.iy-.  XI   τ•,  l-l.  -  'U  Arn.:    uetn^ö 
"aii'jüv  τ -VC".•:,  ν  KCi'i  γονβ',ίν  και  χι  ηαάτυυν.    -juo'i  minus  aeffs^    r»» 
?uierar'-:i:    -:   ;'αι  ί..^:;:*.•:*  aiiTf*  "fove-juv   ■[«•►'•»sr:;    ηαηι.*  vMeo.  tjuc""  -    "^ 
T];u.:i:     -  11  ί  •>λ  2  .ϋ•;•='Γ^:  τταϊ^^,ς  ^€  κ«/ι  γυναίκας  ανοραπ^^   ^' 
V.am,   i:    1'-•  ;. -.   Η•...    >•    Γ1:ΐ;:ν•1.  s  !.\   li   >•«■  tra-ii:  παϊΰας  fcrr^Äe 
γυναίκας  :*^>;:ar:ofcic7av  |Ηη•::::•ί•  ι-   w*:«|u•*  iilrariis. 

Ιύ  .  '.j.  Γ..^\::.ι  -••  i|u-j  1  'jra  .i  ίίχίται.ί  €v  τώ  παρόντ — ^K^^• 
•^iiae  1•.'  *:•.  •.;  ul  dli-j*  üurti-r-r•;  rtiriu<.  .ii'uJ  alios  saepius  utri'  »^' 
vcfi-aMr.  1.  ':  ι  *i  •|';:  Xf'/όνψ  .*υ]»{Ί»•!  Ίϋπ:  r>«ie  existimaveniD•  ^r-a":*. 
cert-  i'..*:-•  -  :.  '  :>:  i;:rr  i^ii:  ■.•.;; im  .y^-srat  «jJion.iiiiis  τό  παρόν  nom  ä'ä^I' 
r.ativur:  -  •  !■  jm:;•.  >:«•  κατά  τύ  τταμόν,  ττρός  τό  παρόν,  €ΐ  λ"  -^^ 
τού  παμίΐντ',ς    ιΐΐ.ι   ί."•ρ.ι•ϊιι  iju..iijUr.•  siirnidcdtu. 

>';•1  cv  τώ  παρό'/τι   χρόνψ    i|  >um    «j^'*'!"*•'    ^^    ^**^    ^^^^  ^=^       *^^ 
anti-iTii•  r::  :i.i    vrlur    ^'j\>\i.   Kl.   l-'.'.S,    ♦»:   rt-rentitiribas    velut  V\\z:M    ^^' 
tirch'j  Γ.'.ΓΤ.  --41,  '.     « >mi  i:;u  *-i.ini  χρόνος  «u^  st  intiTum  cum  πά£^  '^" 
p€iui  vtrrr-.  -ι:."-  . .; :  [ιΐΓίτίΓίΐΓ  vrr  ir.!!:i>  κοφός,  «jU-ire  raro  i^uideire  -trem 
sea  rei.ti:  'i  <i-\i  tv  τώ  ταρόντι  καιρώ    1>υ«  r.  Ar^-t.j.T,'^.  Dem.  43.39^  <_^-H. 
At  v;iliir*  'i::'..ii;':;  r*r  r.  ΐΓϊ.  <τ;:ϋτοΐ  fcv  τψ  ^apovTi  λόγψ  QsurpArin^  .^i^Qt. 
i^iiam   in   -j':  ι^-γ:'.:.»::!!   :Μ.ί«:ϊ   'him  I>ior.ysii  liai.   Übtrllu!»  pertraetaO^*.^' 
uM  ♦*«:  'l^r  Ι.ν>\ι  |.  4''  k:  ότι  b*  ουκ  ^Γραψ€  Λυσίας  τόν  ύπέ^  :^^ ^P 
Νικίου  λύ τον  —  τΓολλοίς  τ:άνυ  τ^καηρίοις  ατiυ^€ΐ£αι  ουνάμ€νο»  ^^^^^ 
ουκ  €χω  καιρόν  ev  τώ  "αρόντι  λόγψ.     Hin•  eniiu   ratiune  uequ»  ^-^  "® 
afite  Di'-n;. -:  ::.i   «j'iis  ι  ..iiü   I«'«.>:*Lis  t-st,   :i:s.   tV-rtt•  ad  auetores  per-""^-  ^'^' 
'hvn  nos   r  r  jv•--:.!!.!?;.     t-r   1•!..τν-:!>   if.se.  si  ita    loqutrnui    feeisse•"^^* 


initiuiL•,  i\iu  .,  ...^iL  r,    tr\..-:n!:a  •  s:.t: -»r•  t,  ^ύ  tv  τφ  παρόντι  ηοΐΓ«  ^^n 
minus  ti-::::.ta  '.j..:-?   1.  il•  .it,  κατά  το  τταρόν  !:.iul  paucis,   έν  Tif^g^'^ 
ττσρό'/τι  χρό^ψ  [i.^-iia.      Lim   viit?  «juain   irielt-L^ans   et  alienum  m:^        ^ 
6ιτ:ρ:υΓ':   }■■  !::>-iii:  =  '   ;•::  λόγος  vu«;d)<uliim   iiitra  triam  jH?riodonine.  *^^^"' 
«piriarr:    i.l-  t''r:ii<  li"•".-   π '..-'.iru:»;.    u?   ilÜi•    Ki-^tum   vi-ietur.     SeJ^^  "^ 
n•;   i«;!:.-T>   <n\  lu  rr  .i:i;i.  i  1 1,  *.•;ιΐιι  χρόνος  »•ι  λόγος  alibi  quoque^^    ^ 
'iiit:\t::-r:iiL-V"  •■  .»r.r'.i.-a  r>:-"  i'•:  utuvi'i'i.  tv  τώ  ταρόντι  χρόνψ  Dio- 
nv-.i'::n.   ■;♦"   •■»^i.••^.   s«'ri[-*is<ir  •:•.![;"♦;  !♦■<.     Naiii  si  ijuis  ha»*  i>eca8ione 
•le    r>io!.i-   <•.Γν.<..ί;ΐ.  lüL   VII    117    v.>»^   a.ii.nv  ol-lr.    sciat    ea  verba - 
η:τ;ΐ!•.'Γκ:•.   '■:.-':.-u  (•..•rni]M    iili-a;;:     υυκοΰν    τό06    utv    οϊμαΐ 
ταντί  τυυ  ίϊηλον  και  πολλάκις  λ€γόα€νον  ίνΤί-^ς.    ότι  βαφ€ΐς   και 
μυρεψούς    —    το    uev  άριστον    αή  Trapabtxtat^ai  καθόλου  τάς 


riatouis  .V'.•..::.  ι*1:>Ε:  Τα'-τα  οϋν,  l;j  τ:uι^t:  και  γ.^νής  τιυν  τ€λ€υτη- 
σάντιυν,  ^κ-τίνί  xe  tu»! 'κητττον  ηιιΐν  vuiv  λΙ:':  ■.•TraTftWttv  —  recte 
ιριϊίΐ.τϊΐ,  !  ΐ:ι  ;>,  ...'.ϊ  \\•γ\  a  :':.ί*,  * -Μ  <  •λτϊ.^!ι»'  -ι.»1..<  i'lo>;  a  ϋ•>  initur  neque 
mulii;r.  s  •,ι.   •■  .t.':  .;.•.'  a-.i>ii:.*. 

*  l••;  i  :-i  iii-un.i  t-»  ^:.•Λ  toOtu;  bV]  τJιτ|:f■ΐτ:ψ,^.tiΓpt^:'^'.€ια;^lιlκoτΓr€OV 
(.(KCipovcoi'  Γ-:  -  •Λλ.  fovT  itt^.W.mV;  7•"ν."ι•.•ΓΤϊ:τίν''Γ i'Li; t v'.vTiL'vx  ;ίκατασκ€υας 
itXj)ilOT«.'v:  K:  ■.-.vTM  Ml  V  •.■  .^)♦;^^tιv  κ:Ί  ^.κα,  i-.r.uTTtic  ιίΞιονντα  συμπα- 
peivai  Kui  «r:  j' .-um:  .Ίη^-i:  λ'.ττα;«.••••ντ«  .τν -.r^^iHitiv.  i^\iA-  iriSTuimu^, 
<fiiii':.ti:iiM  ::  .^•  .•:Λ;ιη:.  V-.\\.  >  i  •  \\  ^^(•τ^■\  07  ι  ■.ΐ;νη«•α•ν  Ι.  «ίντιατασιά- 
Ζουσιν,  :\ut  ι-  ;..i  »in-us  rur  αυτοϊ  liuiv  im  ρ:  utiiicj»•..  aviu-iuUir,  roliquis 
:iüu  aJviuiiir,  «miu  i-iit-ui  &:ii.iiUir;i  ^ϊμιιι  :i;a.\iMio  Ovi.v-iiiUa  sit.  \am 
jioi'fiiu  ^..ru•.:m  luviuia;•.  iii  tivroi  U'•":  ii.il•.  *.  n•.  p:,•  uüa  est  in  vcrbis 
oppositiü  <iua  poiiuletur. 


MisuelleB. 


139 


ΤΓΟλ€ΐς,  το  b€  ήμϊν  έν  τφ  παρόντι  λόγψ  ^ιορτσαι  μηί^ίνα  αν 
τοιοϋτον  γίγνεσθαι  των  ήμετέριυν  πενήτων  κτλ.  Hie  ήμϊν  male 
habere  de  Arnim  adnotat,  kavov  a  Pflu^kio,  αρκούν  a  Kayöercj, 
έμόν  vel  έφ'  ήμΐν  ab  Einperio  tf^mptalnm  case  addit,  quae  eatia 
violenta  vidtintiir.  Uuid  si  λόγψ  vitiosiun  {-»se  ijostia  iii>»piit»4tiQ 
doceat,  quuniani  ήμΐν  i>er  se  ngii  habet  quud  oÜ'endcre  |iu.isit.  Coni- 
ciasrTObE  ημϊν  έν  τψ  παρόντι  λψον  SiopicJai.  Nota  ti'iiiiem  est 
qtiae  inter  άγαϋός  άμείνιυν  et  αγαθός  λφυυν  staiiiitur  (Ji^crepantia. 
Äc  Tie  de  companitivo  diiiritef«,  adeae,  si  pla<-'(?bit,  Luciaiium  Alex. 
254:  ομ€ΐνον  be  αυτόν  £ΐπ6Ϊν  τον  χρησμόν,  Arriani  [nirip!.  c. 
XXIl  και  τούτους  παρ'  αυτού  του  θ€θύ  αιτ€Ϊν  Wpeiov  χριαμε- 
νους  έπΙ  τών  iepeicuv,  €ΐ  λώόν  ύφιαι  και  αμ€ΐνον  θΰααι.  'Εχ- 
pediatne^  vertit  »nlerpruä   IdtiDus^ 

κατηφώ  nee  po^ftis  uöitatum  est  neque  in  proea  ante  Ari- 
Motelem  invefiitui%  dciiule  apiid  Pbiloneni  loois  compluribusj  tum 
Paendoluc  Λ  mores  415,  Sed  suporcst  teniporam  ioiuna  F-efibü- 
nactie  i^ophistae  protrepticns,  in  quo  de  bonuDe  ex  pugna  seee 
rticipierite  haec  Ιΐ'μ;υηΙηΓ  ρ.  172  St.:  δίχα  bk  διαιρεθείς,  τψ  άναχα»* 
ρ€Ϊν  υπηρετών  και  τον  επιόντα  αμα  κίνδυνο  ν  φυλάτταιν  κατά 
φύσιν,  ταχευυς  και  τον  άντιστάτην  ου  ουνήσεται  άμύνεσθαι. 
Haeo,  quae  cormpta  esi^e  iam  Reiskitia  et  Dobracns  uionuernnt, 
iic  velim  reslitnun:  και  τον  επιόντα  δμα  Kivbuvov  φυλάττων» 
κατηφήσει  ταχέως  και  τον  άντιατάτην  ού  ουνήσεται  άμύνεαθαι, 
cum  proauntiatiu  covrapta  λπΙϊιιιπ  pöperisse  videatur-.  Pravlerea 
notabiK  Heiiycbii  pbflsam:  καταφήίΤας  άπορήσας  άνιάσας. 

Scilicet  ut  qnacquti  rarissiiiiLi  Hunt,  ita  facillime  pessumdan- 
lor.  DücumeiJto  mi  Flatarcbus  praec.  gen  rei  pnbl.  H14C:  Oü 
μόνον  be  b€i  παρεχειν  αυτόν  τε  και  τήν  πατρίδα  προς  τους 
ηγεμόνας  αναίτιο  ν  άλλα  και  φίλο  ν  Ιχειν  άεί  τίνα  τών  άναι  bu- 
νατιυτατιυν.  Cui  loco  Bernnrdiikis  adnotntionein  baue  siibiecit: 
'Alterutram  gcrib,  aut  τών  άνα»,  quod  piüustat,  aiit  τών  buva- 
τοίτάτυϋν.  Τη  Palatino  dvu)  snpia  est  scriptum  prima  manu*. 
TTnde  fit  nt  paullo  aliter  utquti  editor  sa^aciseimus  de  eniendatione 
verborum  iudicemuü,  »Sic  enim  rem  s«  habere  existimamua:  Plu- 
tarcbura  dedisse  τίνα  τών  άνυϋτάταιν,  hoc  libraritiruin  sive  Bocor- 
dia  sive  ignorantia  corniptum  abiiese  in  τίνα  τών  δυνατωτάταΐν, 
ficd  exstttisse  correctorem  qui  avuJ  super  syllabas  corruptu»  ad- 
deret,  qualis  lere  est  rerum  st« tue  in  Palatino  ^,  in  rcliquis  librie 


*  Fhilö^tr,  V,  ApolK  I  p.  24,  7  K.;  ouTe  .*....  oöte  6μίν  λψον 
άτΓελθ€ίν  ττρο  τούτου,  cf,  ρ.  91,  .'ϊ. 

^  Ibidem  ρ,  17U,  .•ϋ)ΙΙ.  άλλ^  Λμύνατ€,  δσο ν  έκαστος  δυνατός  Ιστι»  τφ 
θεψ  L  τιϊ>  θείψ  {seil.  nom.  το  θ€ίονΚ  ρ,  17:ϊ,  1  ή  άλλο  τι  τταρ«σκ€υάσατ€ 
κάλλιον  ή  άμ^ινον  1.  κάλλιον  αημείον  ϋ{\  'mh*n :  υύκοΰν,  ootrep  (sie  leg^ 
edunt  Önep)  είπον  όλίγψ  ττράϊίθβν,  ούοείς  δν  KuAAtov  ηαρασκ€υά<ίαι  ση- 
μ€Ϊον.    ρ,  17^^,   15  οΐ  μέν  äkKoi  "Ελληνας  !,  οΐ  τΛρ  ύλλοΓΈλληνές. 

^  et  Platonia  Hipp,  maiür.  2lsll  καΐ  ilveu  τούτου  μ€τά  ευνομίας 
αδύνατον  οίκεΐν^  ubi  iJtrhauKius  adnotat:  ανομίας,  sod  eu  supra  versum : 
άνομ(ας  ViLdob.  siippb  7.  Quarnquiim  illo  loco  n«  ευνομίας  quidem  ea- 
num  VI  de  tu  Γ.  Cuntra  apud  Piutiirchura  si  τών  uvoj  verum  esset,  nemo 
6υνατυιτάτα>ν  gloesam  addidisset,  scd  τών  6υνατών. 


140  MisoeUen. 

ävu)  in  ipsam  verborum  contextum  receptam  eet.     Sic  Lys.  κατα^^τα 
Διογ.  ρ.  515  R  et  τούτων  τοις  et  τούτων  traditur,  τούτοις  emen—  .β=βι- 
datur,    sie  Dionye.  ilal.  de  Dem.  1031  αληθές  ώς  editnr  αληθώς. ;^^  «ς, 
sie  Dionis  Chrys.  VII  133  pro  ανέραστων  ερώτων  in  oodidbui»  .Kvms 
ανέραστου    των   έρώντων  ecribitur.     Verum   in  Plntarcho   illa(E>.Kvud 
Incramur  quüd,  qua  ratione  eiusmodi  corruptelae  naecantar,  aniniBjcvine 
libri  fides  edocet. 

Atque  haec  qnidem  bactenne.  Neque  tarnen  finem  dispatand:X>  M^di 
prinefaciemui«  quam  emendatum  proposuerimus  Plutarcbi  locnm  qnr.cy'fiui 
est  morr.  777  Η :  ει  μέν  ής  ή  Βάτων  ή  ΤΤολυόεύκης  ή  τις  δλλο^ ^> ^ος 
Ιδιώτης  ιά  μέσα  των  πόλεων  άποόιόράσκειν  βουλόμενος,  i}^^  έ> 
γωνίφ  τι  VI  καθ*  ήσυχίαν  αναλύω  ν  συλλογισμούς  καΐ  περιίλκων  ^^β-*υν 
φιλοσόφων  δσμενος  αν  σε  προσεοεΕάμην  και  συνήν.  Ednnt'.cs.Kjan 
καΐ  περιέλκων  φιλοσόφων,  ασμενος  fiv  σε  προσεδεΕάμην  κτλ-^'Λ^-τλ 
Libri  titulus  est  περί  του  δτι  μάλιστα  τοις  ήγεμόσι  hü  τόν  φι-^^^ΐϊ^φι 
λόσοφον  όιαλέγεσθαι. 

Prnmiae.  L.  Radermaoher. 


Brachstüek  einee  Hexameters. 

In  den  Sitzungsbericbten  der  Berliner  Akademie  der  Wiesen- ä3K '^  ^' 
Bchaften  1891  S.  571  erwähnt  Diele  einen  unbekannten  Hexame-^-*^•^^ 
teranfang    aus    den  Schollen   der  Genfer  Iliashandschrift:    ώκυά-Α>•-•'^ 

λοισ<ι'>  ποοών  άνηρύγμασι,  'd.  h.  άναρύγμασι'  sagt  Diele,  *alsao^  "l® 
άναρήτμασι*.  Aber  was  sind  ποόών  άναρήγματα?  Auf  deneat^^^^J 
richtigen  Weg  führt  Aristoph.  Vög.  925  οΐάπερ  ϊππων  άμαρυγά.-^^  ^ 
Denn  es  kann  wohl  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  man  zn  ecbreibenJ^^^  ' 
bat:  ποδών  άμαρύγμασι.  Die  Verba  dieses  Stammes  sind  f:^  ^^^ 
μαρμαίρω,  άμαρύσσω,  μαρμαρύσσω,  die  Substantiva  dazu  μαρ-  -^^"^ 
μαρυγη,  άμαρυγή,  άμάρυγμα.  Hom.  Od.  8,  2G5  μαρμαρυγάς  ^^  ^ 
θηεϊτο  ποδών.  Apoll.  Rhod.  2,  42  (αστέρος)  άμαρυγαί.  3, 1017 
άμαρυγάς  οφθαλμών.  4,  1004  άμαρυγαί  μήνης.  Die  Form 
άμάρυγμα  ist  meines  Wissens  zuerst  in  einem  hesiodischen  Frag- 
ment bei  Etym.  M.  77,  31  Χαρίτων  άμαρύγματ'  έχουσα,  bei  den 
späteren  Dichtern  nicht  selten  zu  finden.  So  Theokr.  23,  7  άμά- 
ρυγμα χείλεος.  Apoll.  Rhod.  3,  2S7  άμαρύγματα  (der  Augen). 
4,  845  ώκυτερη  άμαρύγματος  ήέ  βολάων  ηλίου.  Die  άμαρύγ- 
ματα ποοών  sind  durch  die  angeführte  Stelle  der  Odyssee  wobl 
hinlänglich  ijre.sichert. 

Weimar.  Theod.  Kock. 


Ein  Vorbild  des  Herodas. 

Eubulos  dichtete  sowohl  einen ΤΤορνοβοσκός  (com.  II  p.l94K.) 
als  auch  einen  Οκυτεύς  (com.  V  1  p.CLXXXVlM.  II  p.  198  K.). 
Man  verdankt  letzteren  Titel  dem  schol.  Hippocr.  epid.  V  7 
(=  Erotian.  20,  9  KL),  als  dessen  Schluss  Daremberg,  Noticci 
et  extraits  p.  215  και  Εύβουλος  έν  Σκυτεϊ  veröffentlichte,  früher 
freilich  (s.  Gott.  gel.  A.  1852  S.  424)  και  Εΰβουλος  έκ  Σκυτ€ΜΟν, 


i 


Miecelleti. 


141 


^tntt  dessen  er  έκ  Σκυτέοϊν  vorschlug,   Kork  έκ  Σκυτΐως,  Worauf 
iiese  DiRcrepanz  zurückzuführen,  vermag  ich  jetzt  ohne  Einblick 
die  betretfenden  Yaticani  iiicbt  auszumaclien,   doch  scheint  eie 
fhuG  weeentlichen  Belange  selbst  wenn  etwa  έν  Σκυτείψ  ('iichu- 
erwerkätätte  )  das  Richtige  wäre.     An  den  Ausfall  eines  ande- 
rn Diobternamens  zn  denken,  bietet  sich  kein  Anlass»     Es  liegt 
demnach  nahe,  den  Komiker  zu  den   Vorbildern  des   Mimianiben- 
dicbters    zu   zählen,    und    dieee  Vermuthung    gewinnt    au  Wahr* 
scheinliL-hkeit   durch    den    Umstand ,     dass    das    ziemlich    eekf^ue 
Wort  κοχώναι,  welches  an  der  erwähnten  Stelle  aus  dem  €κυτ6ύς 
ies  Enbutofi  an^^eführt  wird^  sich  einmal  auch  bei  Herodas»   und 
^'ar  gerade  in  eeinem  Cκuτ€ύς   wiederfindet,  V.  49.    Die  Erklä- 
er  werden  also  Keclit  behalten^  welche  B^rodas  III  26  Οίμιυνα 
'im   Einklang    mit    den  Neigungen    des  Kottalos  auf  den  Wurf  im 
Würfelspiel  bezogen,  derselbe  fand  neben  anderen  feeine  Erwähnung 
hn    den    Κυβισταί    des  Eubulo«  («PoUux  7,  205).     Möglich,   daee 
BiOch    die    ότεφανοπώλώες    desfielhen    Dichtere   einzelne  Farben 
teliehen  haben    (vgl   fr.  99  K/).      Die  Verse    Herodas   VIT  5<iff. 
Erinnern  in  ihrer  ergötzlichen  üeherfülle  an  die  endlosen  Küchen- 
zettel und  andere  launige  Aufzählungen    der  Komödie.     Mit    der 
(Vorliebe  der  mittleren  Komödie  für  das  parodisrhe  Element  stimmt 
put  dip  Travestie  der  attischen  Gerichtsrede  im  zweiten  Mimlamb, 
Freiburg  i.  B.  0 1 to  Η  e  η  s  e. 

Zu  Aknauder  von  Epticeos  und  Laetos. 
Oben  S.  259  ίΤ-  ist  gezeigt  worden,  dasa  die  240  Jahre  von 
|er  Gründung  von  Tyros  bia  zum  Tempelbau  mit  irgend  wel- 
bhem  System  jüdischer  Chronologie  nichts  zu  thun  haben.  Es 
ie&se  sich  aber  natürlich  behaupten,  sie  eeien  trotzdem  nicht  hi- 
'etorisch,  sondern  von  irgend  einem  tyrischen  Chronographen  er- 
funden^ der  die  Zeit  \"on  der  Gründung  der  Stadt  bis  zur  Grün- 
dung dee  grOBsen  Tempels  in  Tyros  gleich  G  Generationen  gesetzt 
habe.  Mir  ist  das  hüchet  unwahrscheinlich,  nm  so  mehr,  da  ich 
pas  der  Yergleichung  der  Stellen  A.  J.  VIII  3,  1  §  62  und  c. 
Lp.  I  18  §  126  zu  schliessen  geneigt  bin,  die  Zahl  240  sei 
lern  Josephos  nicht  als  solche  üherliefert,  sondern  von  ihm  er- 
echnet  worden.  Mit  zwingenden  Gründen  widerlegen  läest  eich 
lie  obige  Annahme  freilich,  soweit  ich  sehe,  nicht;  sie  zu  bewei- 
■en  ist  auf  der  andern  Seite  mindestens  ehenso  unmöglich.  Für 
ije  von  mir  vorgetragenen  chronologischen  Ausführungen  ist  die 
Trage  vollständig  unerheblich;  für  diese  ist  es  ganz  gleichgiltig, 
bh  das  Datum  1199  a.  C.  tlir  die  Gründung  von  Tyros  hiBtorisch 
et  oder  nur  für  historisch  gehalten  wurde.  Ich  glaube  indessen 
nachträglich  noch  ein  sogenanntes  Fragment  des  Menander  kurz 
besprechen  zu  sollen.  Der  Unwerth  desselben  ist  zwar  längst 
erkannt  worden;  einer  oder  der  andere  könnte  sich  aber  doch 
vielleicht  verleiten  lassen,  BchlÜHse  daraus  zu  ziehen.  Es  steht 
Clemens  von  Älexandrien,  Strom m.  I  21  §  114  p.  380  f.  Pott. 
^lautet  folgendermaaeen:  Εϊραμος  την  έαυτου  θυγατέρα  Χο- 
Ιίομώνι  Μΐκυ0ι  κα0*  οος  χρόνους  μ€τά  τήν  Τροίας  αλωσιν  Me- 


145 


Miecellen, 


v€\aw  ύς  Φοινίκην  δφιΗις,  υίς  φηΟΊ  Μέναν5ρος  6  ΤΤ€ρταμηνός 
και  Λαϊτος  έν  τοις  Φοίνικίκοΐς.  Wenn  das  bei  Meiiander  c:e- 
i»tanklen  hiitte,  «o  i^tliiule  ee  allenliniitt  schlimm  nm  aeine  Chrono- 
logie und  um  eeiue  lyrischen  Annalen.  Ep  fehlte  nur  iiocih,  dass 
er  uns  vou  einem  Besuch  der  srhünen  Helena  im  Harem  des 
weisen  Balomo  berichtet  hätte.  Aber  es  liegt  nur  ein  Mispver- 
IndnifiB  von  Seiten  de«  Clemens  vor.  Heine  Ui^elle  istTatianoe 
rOr,  ad  GraecoR  c.  Ij7  p.  3Hf.  S^^hwartz.  i>ort  wird  folt^endes  aup- 
geführt:  Μετά  be  τους  Χαλ^αιους  τα  Φοινίκων  ούτιυς  ίχιι.  Γε- 
γόνασι  τταρ'  αύτοΐς  övbpcq  τρ€ίς.  Θεοοοτος,  Ύψικράτης,  Μιΐιχος• 
τούταιν  τάς  βίβλους  εις  ΈΧληνίδα  κατέιαίιν  φωντ^ν  Χαϊτος' 
6  και  τους  βίους  τϋυν  φιλοσόφων  ίπ  ακριβές  ττρατματευσάμΕ- 
νος.  Έν  2>ή  ταΐς  τών  πρθ€ΐρημ€ναίν  ιστορίαις  ί>ηλθΟται  κατά 
τίνα  Tüjv  βασιλείον  Ευρώπης  αρπαγή  γεγον^ν  Μίν^λάου  τ€  €ΐς 
ττιν  Φοινίκην  αφιΕις  και  τα  π^ρι  Χ^ίραμος,  οστις  Σολομώνι  τψ 
Ίουδαίυιν  βααιλεΐ  προς  χαμον  6ους  την  έαυτοΟ  θυγατΕρα  καΐι 
ζύλυυν  παντοδαπών  ϋλην  ύς  την  του  ναού  κατασκβυήν  έ5αίρή- 
σατο.  Και  Μένανδρος  be  6  Π6ρτσμηνός  π€ρΐ  τών  αυτών  την 
όνατραφήν  εποιήσατο.  Του  bk  Χειράμου  6  χρόνος  ήδη  που  τοις 
Ίλιακοϊς  trfiiei*  Σολομών  bk  ό  κατά  Χ€ίραμον  πολύ  κατωτβρός 
έύτ\  της  Μιυα^ιυς  ηλικίας  Gtinz  so  unsinniji^  ist  also  dieser 
Berii-'ht  nicht,  wie  der  tles  Ckvnien«.  Für  ilenander  aber  lernen 
wir  so  gut  wie  iiiehis  darauB*  Detin  es  ist  klar^  dass  Laetoa 
direkt  oder  indirekt  die  Quelle  des  Tatiau  ist^  die  Bemerkung 
überMenander  blos  angeiiiekt;  gelesen  hat  diesen  Tatian,  nadi  seiner 
sonstigen  Gelehrsamkeit  zu  urtheilen,  gewisa  nicht,  leb  bezweifle 
auch  »ehr  stark,  ob  er  Laetos  selbst  zu  irgend  einer  Zeit  seines 
Lebena  einmal  in  Hunden  geballt  hat,  halte  es  vielmehr  für  wahr- 
scheinlich, dass  seine  ganze  Weisheit  aus  lußtus  von  Tiberias 
etamint^.  Es  fulgt  aus  den  Worten  des  Apolugoten  keiuesweg^s, 
das»  Menauder  alles  das.  was  Laetos  berielitet  hatte,  auch  be- 
richtet hatte;  von  Europa  und  Menelaos  braucht  er  kein  Woii; 
gesagt  zu  haben.  Ja,  wenn  wir  die  sonstigen  Gewohnheiten 
chrisllicber  Heidenbekebrer  bedenken,  braucht  Menander  nicht 
einmal  genau  das  von  Hirom  erzählt  zu  haben,  was  aus  Laetgg 
angeführt  wird;  er  konnte  als  gelehrtes  Dekorationsstück  ver* 
wendet  werden,  auch  wenn  er  von  einer  Hochzeit  Salomos  mit 
einer  Tochter  lliroms  kein  Wort  gesagt  hatte.  Dass  er  wirklich 
davon  v^esproehen  hatte,  ist  mir,  wie  ich  gestehen  mUB8,  sehr 
zweifelhaft;  loscpbos  wenigstens  wUrde  uns  dieses  Fnctum  kaum 
vorenthalten  haben.  Die  jüdischen  Bücher  der  Könige  wissen 
vou  einer  solchen  Heirath  nichts;  die  Geschichte  scheint  aus  1. 
(IJI.)  Könige   11,  1    herauegesponuen    zu  sein,    wo    von  Sidonie- 


^  Diese  Form  bieten  die  Handschriften  des  Tatian  und  Movere 
II  1  S.  337  und  Harnack  in  seiner  Uebersetzung  haben  sie  heibtdjaltuu. 
Allein  die  bei  Euiiebioa  Praep,  cvX  U,  10  überlieferte  Form  <ί6ιτος  führt 
doeh  wohl  eher  auf  das  Ααΐτος  dos  Giemen», 

^  Ueber  Tatians  A'erhältrdss  zu  diesem  vgL  Gutschmid,  Kleine 
Schriften  II  S.  l%ff. 


Miseellen. 


143 


rionen  im  Harem  des  Salomo  die  Bede  ist.  Und  da  Salorao  von 
Beinen  Weibern  dazu  verführt  wurde,  der  Asiliorct,  dem  Scheupal 
der  Sidünier,  Höhen  zu  errichten,  so  hat  man  vielleicht  schon  im 
Altertbum  wie  Movere  ^ei^chloR^en,  Uass  diese  SidoiiieriDnen  *eine 
tnehr  aU  gewöhnliche  littremsstellung  inne  gehabt  haben.  IHe 
'Annäherang'  der  Zeit  des  llirom  an  die  Troika  verdankt  natür- 
lich blo^s  dem  apologeliüchen  Interesse  ihren  Ursprung,  für  das 
ein  so  unbeetimmter  Ausdruck  wie  i'f'fit^i  fiehr  betjuem  war* 

Mit  dem  Werke  de»  Laeto«  steht  ee  übrigens  eigenthümlich. 
Mochüfl  soll,  wie  Strabon  XVI  p.  757,  ohne  es  i^elbst  zu  glauben, 
dem  Poseidonios  nacherzählt,  ein  alter  phünikii4cher  Philosoph  aus 
der  Zeit  vor  den  Τρυυϊκά  gewe§en  i^ein.  Wo  er  sonst  vorkommt, 
geschieht  es  in  übelster  Geeellschaft.  Athenaeoe  111  p.  126* 
«teilt  ihn  neben  Sanchuniathon,  bei  Io«epho8  A.  J,  I  3,  9  §  lOT 
wird  er  neben  dem  faiechen  Hekataeoa  und  dem  famosen  Hiero- 
nymn»  von  Aegypten,  den  Tertullinu  Apolog.  c»  11)  für  einen  König 
Tun  Tyros  erklärt  \  als  Gewührsniunn  für  den  Berieht  über  die 
Süwdfluth  angeführt,  Laertioi»  Diogenes  Prooem.  §  1  f^agt,  dase 
er^  von  einigen  für  den  BegrÜTider  der  Philosophie  erklärt  werde, 
wie  Zalmoxis  der  Thraker  oder  Atlas  der  Libyer  von  andern. 
Seine  Sache  wird  nicht  besser  dadurch,  dass  ihn  Jamblichos^  Vita 
Pyth*  §  14  für  einen  phönikischen  Physiologen  erklärt^  der  eine 
Prophetenßchulo  gründete,  Wai;  ihm  vollends  den  Hals  bricht 
ist  seine  Atoraenlehre,  über  die  es  nach  Zeller,  Philosophie  der 
Griechen  Ρ  S.  843  f.  überflüssig  ist,  auch  nur  noch  ein  Wort  zu 
verlieren.  Wir  haben  es  ohne  allen  Zweifel  mit  einem  littera- 
riechen  Betrüge  zu  thun.  Ob  es  bei  den  Phunikern  eine  Ueber- 
lieferung  von  einem  alten  Weisen  namens  Mochos  oder  Moschos 
gegeben  habe,  an  welche  der  Betrüger  anknüpfen  konnte,  oder 
nicht,  lässt  sich  nicht  ausmachen. 

Da  das  Buch  ohne  allen  Zweifel  kosmogonischen  Inhalts 
war^,  so  ist  nicht  anzunehmen,  dass  darin  von  Knropa  und  Agenor 
gehandelt  wurde,  auf  alle  Fälle  konnte  ein  Autor,  der  vor  der 
Zerstörung  Trojas  geschrieben  haben  sollte,  nicht  von  Menelaos 
handeln*  Diese  iiotizen  werden  also  Theodotos  oder  Hypsikratee 
zu  verdanken  sein*  Von  den  Letzteren  wissen  wir  gar  nichts. 
Wenn  Theodotos  ein  phönikischer  Annalist  gewesen  sein  soll,  so 
mtiBs  der  Name  natürlich  eine  Uebersetzung  aus  dem  Phöniki- 
schen sein  sollen.  Erwähnt  wird  der  Autor  im  Vorbeigehen  von 
Joeephos  c.  Ap.  I  23  §  216,  neben  Tbeophilos,  der  über  die 
Ileirath  Salomos  mit  Hirams  Tochter  ebenso  berichtete,  wie  Lae- 
tos  nach  Tatian  (Euseb,  Praep.  ev.  IX  34).  Josephos  scheint  ihn 
als  Griechen  bezeichnen  zu  wollen,  jedenfalls  erklärt  er  ihn  für 
einen  Nicht- Juden,   der  infolge  dessen  über  die  Juden  nicht  über- 


1  Das  mit  Vossiua  für  eioo  Verwechselung  mit  Köuig  Hirom  zu 
erklären,  halte  ich  für  gewagt. 

'  Oeberliefert  ist  'Ώχος, 

^  Neben  Strabon  und  Inaephof»  zeigt  dne  vor  allem  das  Bruch• 
stüok  bei  Damaakioa  Ttcpi  τών  Ttpd/TUJv  άρχων  c.  125  ter. 


144 


Miacellen. 


all  «.^enau  berichte,  obwohl  er  das  hohe  Älter  des  Volks  erhärte. 
Ui]«l  TiMfi  kann  ich  mich  einer  Vernrnitliu ng  nicht  enthalten.  Sollte 
dieser  Theodütos  des  Laetos  identisch  mit  dem  Theodutoe  ßein^ 
aus  dem  Eueehios  Praep.  ev•  IX  23  Aaszüge  aus  Alexander  Po- 
lyhistor erhalten  hat?  Was  da  criiählt  wird,  betriiTt  ii^raelitische 
und  kananäische  Urgeschichte  und  konnte  ganz  gut  in  einem 
weitlfiuftig  angelegten  Werke  über  phönikiiiche  Geschichte  etehen. 
Der  Theodütoa  des  Eueebios  bringt  nämlich  ebenso  wie  der  des 
LaetoH  griechjBcbe  Mythologie  mit  der  sy riechen  Geschichte  in 
ZüBammenhang ;  er  lässt  z,  B.  Sichem  von  einem  Sohne  deaHer• 
mes  gegründet  w^erden,  Eußebios  gibt  seinem  Werke  fälschlich 
den  Titel  περί  Moubaituv  ;  er  war  kein  Jude,  sondern  ein  Sama- 
riter^ und  wich  schon  ang  diesem  Grunde  yon  der  jüdischen  Tra- 
dition viel  fach  ab*  Von  Salomo  und  Hiram  nicht  minder  wie 
von  den  Erzvitern  zu  reden  aber  hatte  er  alle  Veranlassung,  da 
das  Reich  Davide  und  Salomos  ja  ein  Ruhmestitel  auch  der  Nach- 
kommen der  zehn  Stämme  war*  Der  Theodotos  des  Eusebioe 
echrieb  freilieh  in  Versen,  aber  wer  sagt  uns,  dass  es  der  des 
Laetos  nicht  auch  gethan  habe?  Ks  ist  nicht  unwahrscheinlich, 
das»  auch  Mochos  seine  Weisheit  in  Hexametern  verkündete; 
einem  uralten  Physiologen  und  Prophetenlehrer  stand  das  besser 
an,  als  simpele  Prosa,  Unter  diesen  Umstünden  halte  ich  es 
nicht  für  ausgeiichlossen,  dass  die  Φοινικικά  des  Laetos  ein  eama- 
ritanischer  Betrug  waren,  eine  Tendenzschrift  zur  Verherrlichung 
von  Israel,  die  man  einem  Phon ik er  untergeschoben  hatte,  wie 
die  Juden  ähnliche  Lügenbücher  von  Griechen  und  Persern  ver- 
fasst  sein  liessen. 

Daraus  ergäbe  sich  als  terminus  ante  quem  für  Laetos  die 
Zeit  des  Alexander  Polyhistor-  Und  auch  vor  Poseklonioa 
muss  er  gesehrieben  haben.  Es  ist  nicht  anzunehmen,  dass  ein 
Schwindler  sieh  die  doppelte  Hübe  gemacht  hätte,  neben  dem 
griechischen  noch  einen  phöniki sehen  Text  seines  Fabelbuchs  zu 
schmieden,  und  Poseidonios  >vird  zwar  wohl  für  den  Hausge- 
brauch aramäisch  verstanden  haben,  aber  schwerlich  phonikisch 
und  gewiss  nicht  so  viel,  um  ein  philosophisches  Buch  in  dieser 
Sprache  lesen  zu  können. 

Ich  benutze  die  Gelegenheit,  um  ein  paar  Druckfehler  in 
dem  Aufsatz  über  die  Gründung  von  Tyros  zu  berichtigen.  S.  261 
Z.  0  V.  0.  ist  ^sicherer'  statt  'sicher'  zu  lesen.  S,  262  Z.  1  der 
>iotc  lies  Ά.  J.  VIH  3,  1  §  62  \  S,  264  Z.  3  v,  o.  ist  zu  le- 
sen: *dae  doch  erst  von  Africanus  auf  Jahre  Adams  und  dann 
von  Eusebioe  auf  Jahre  Abrahams  reducirt  worden  ist\ 

Königsberg.  Franz  Rühl. 


llebereehones. 
Eine  ganz  vernachlässigte,  sehr  willkommene  Quelle  für  die 
Kirchengeschichte    der    Zeit    des    Arkadius    und    Theodosius    II, 


1  Freudenthal,  Hellenistische  Studien  S.  9[>f. 


Miscellen. 


Ii5 


welche  eine  neue  Bearbeitung  um  sa  mehr  verdient*  als  der  ein- 
zige bieberige  Druck  in  den  Acta  sandorum  Juni  B.  III  30S  ff. 
nacb  einer  lückenhaften  Handfichrift  veranfitaltet  ist,  die  Lebena- 
beecbreibung  des  Äbten  von  Riifinianae  Hypatioii,  enthält  auch 
einige  Nachrichten,  welche  dem  Philologen  von  Interesse  sein 
werden-  Da«  ausführliche  Buch  let  von  einem  unmittelbaren 
Schüler  des  Hypatios^  namens  Kallinikoe,  verfasat  und  liegt  uns 
in  der  Auegabe  eines  Ungenannten  vor,  welcher  laut  des  Vor- 
worta  seine  redactionelle  Thatigkeit  auf  die  Besaerung  ortho- 
graphischer Fehler  beschränkt  hatte.  Wje  er  sieb  dariiber  aae- 
»pricht,  wird  man  nicht  ungern  vernehmen  (p.  308'): 

έναλλάίας  αυτών  ΐαύτόν  HseJ  έγώ  και  6ιορθυυσάμ€νος*δ<ία 
κατά  την  τών  Σύρων  ί>ιάλ€κτο  ν  και  την  προσοϋσαν  αύ- 
τοΐς  5α(ίύτητα  έ5όκ€ΐ  προς  την  <Τυνήθη  ημών  ίίΐηλλάχθαι  φω- 
νήν,  τουτ'  ^στι  του  ήτα  (Ττοιχείου  €Ϊς  τό  el  μεταβολήν  ή  του 
ϋϋ  6ίς  το  Ö  ή  το  άνάϊίαλιν,  Ϋ|  τοιαύτα  τινά  βραχέα»  μήτ€  ίμοί 
τής  εναλλαγής  φ€ροντα  Kivbuvov  μήτ€  τώ  συντάΕαντι  έκ  του 
ιδιώματος  τής  γλώττης  είς  6  παρελήφθησαν  τιρός  τους  €ντυτ- 
χάνοντας  φέροντα  κατάτνυϋσιν.  πλέον  be  τι  παρασαλ€0(Γαι 
τών  συνταγεντιυν  ή  έν  προσθήκη  ή  έν  ύφαιρίσει  τολμηρόν 
ήγησάμην. 

l»ie  Zeit,  in  welche  das  Leben  dea  Hypatios  fallt,  bot  der 
Heidenmission  noch  Aufgaben  genug.  Auch  Hypatios  war  wieder- 
holt in  die  Lage  versetzt  das  Heidenthum  zu  bekämpfen.  Durch 
sein  und  seiner  Mönche  energiechea  Auftreten  vermochte  er  die 
Erneuerung  der  Olynipischen  Spiele  im  Theater  zu  Chalkedon 
XU  verhindern,  die  ein  kaiserlicher  Beamter  Leontios  beabsichtigte 
(c•  45  p,  331^).  Wichtiger  sind  uns  Angaben  über  Culte  Bithy- 
niene*  Nach  o*  41  p.  329*•  schritt  er  gegen  den  dortigen  Baam- 
cultnB  ein: 

ΖΙήλον  hk  €ίχ€  θ€θυ,  και  πολλάκις  τόπους  έν  τή  Βιθυνών  χώρφ 
άπό  πλάνης  εί^ΐϋλικής  ήμέροϊσεν*  ει  που  γάρ  ήκουσεν  ή  hiv- 
bpov  ή  δλλό  τι  τοιούτον  δτι  προσκυνουσί  τιν€ς,  ήρχετο  έκεΐ 
€ύθέα»ς  παραλαβών  τους  μονάΖοντας  τους  έαυτου  μαθητάς, 
και  κατακόψας  αυτό  κατεκαυσεν  έν  πυρί'  καΐ  οϋτω  λοιπόν 
κατά  μ^ρος  Χριστιανοί  γεγόνασιν,  και  γαρ  6  κύρις  Μοίνας  ό 
τούτου  πατήρ  (als  Lehrer)  γενόμενος  ουτυυς  ήμΐροίσε  την 
θρ<)ίκην  καΐ  Χριστιανούς  έποίησεν. 
Am  lehrreichsten  ist  folgende  Mittheilung  c.  70  p.  343'^: 
ποτέ  hi  γεγονεν  αυτόν  άπελθεϊν  εις  έπίσκεψιν  άb6λφύJV  εΙς 
την  ivbov  χυϋραν  τών  Βιθυνών,  δπου  και  ό  'Ρήβας  έστι  πο- 
ταμός, καΐ  ήν  έν  τψ  καιρώ  έκεινψ,  δ  περ  λεγουσιν,  ό  κάλα  θο  ς 
τής  μυσερας  Άρτέμι6ος*  δ  περ  κατ'  ένιαυτόν  ή  χώρο 
φυλάττουσα,  ούκ  ^Εήρχοντο  εις  μακράν  obov  ήμΐρας  πεντή* 
κοντά.  αύτοΟ  bi  βουλομένου  όοευειν  ίλεγον  αύτώ  οι  εντό- 
πιοι* Πού  άπίρχη,  Ανθρωπε;  6  5αίμων  σοι  Ιχει  άπαντήσαι 
έν  τή  ό6ώ.  μή  δοεύσης.  πολλοί  γάρ  έπηρεάσθησαν.  ό  bk 
*Υπάτιος  άκουσας  ταύτα  έμειοίασε  λ^γ^υν*  Ύμείς  ταύτα  φο- 
βεισθε,  έγώ  bk  έχω  τον  συνο5εύοντά  μοι  Χριστό  ν,  έν  τώ 
OÖV  όδεύειν  αυτόν  θαρσαλέος  ί-λευυσ  tlssj   ήν     δίκαιος  χάρ 

Bbtln.  Mm.  t  Phlloh  Ν.  F.  L.  10 


140 


Mifroeilen. 


ιΐις  λέων  πέϊτοιθ€ν   (Sprüche  Stil.  28,  li    άττήντησβ  bl  αύτψ 

γυνή  μακρεα  (vielL  μακραία?  AA,s$,  μακρά)  ώς  56κα  avbpÄv 

το  μήκος,  <^\\  νήθουσά  re  π€ρΐ€πάτ€ΐ  και  χοίρους  ^βοσκεν,  ώς 

ούν  tibev  αυτήν,  ευθύς  εαυτόν  έσφράγισεν  και  έατη  ευχόμενος 

τφ  θεώ,  και  ευθύς  εκείνη  αφανής  έγενετο,  και  ο\  χοϊροι  μ€- 

γάλψ  ι^αίεψ  έφυγον,  καΐ  οιήλθεν  άβλαβης. 

Irre  ich  mich  nichts    so  falU    durch  diese  Xorhricht  erwünecbtee 

Liebt  aucli  auf  die  von  Kallimachoe  gefeierte  ProzeiifiioD  wiit  dem 

Kalatlios    der    Demeter.     Eine    alexandrioißche    Münze    aue    dem 

XIII.  RegierungRJahr  Trajatis»  von    E.  Gerhard   Ant.    Bildw,  Taf, 

305,   15  ubgebiliiet,    zeigt  uür  auf  vierspäonii^eni    Triumphwageü 

den  Kalathos :    otienbar    eine    Garbe    ragt    «laraus    hervor.     Das 

passt  schlecht  zu  dem  Eingang  des  Kaüimacheischen   Gedichtes: 

3  τόν  κάλαθον  κατιόντα  χαμαι  θασεΐαθε,  βεβαλοι, 

μηϊϊ*  άπό  τώ  τεγ^ος  μηο'  υψόθεν  αύγάσαησθε: 

hier    birgt    der    heilige  Korb  Hymbole    des   Geheimcultuf!,    deren 

Allblick  den  Ungeweihten  verwehrt   ist;    die    überragende  Garbe 

kann  jeder,    der  Äugen   hat^    von  der  Ötraese  aus  sehn,    auf  der 

niemandem  vertagt    ist    zu  eteben    und    zu    ecbauen.     Aber  man 

wird  eich    leicht    über2eiigen,    dauB    in    dem   Hymnue    überhaupt 

nichta  auf  ein  Erntefeet  hinweist.    Im  Gegentheil,  Wendungen  dee 

Gebete  wie  V.  121  f, 

ώς  άμιν  μεγάλα  θεός  εύρυάνασσα 
λευκό  ν  Ια  ρ,  λευκόν  5έ  θέρος  και  χεϊμα  φέροκτα 
ή£εΐ  καΐ  φθινόπιυρον,  έτος  b*  εις  άλλο  φυλαίεΐ 
und  Υ.  13ί> 

φέρβε  βόας^  φέρε  μαλα,  φέρε  στάχυν,  οΓσε  θερισμόν 
vermag  ich  Sinn  nnd  Ziveck  nur  unter  der  Vorausfletznng  abzti- 
gewinnen,  dass  eie  einem  Feste  dee  beginnenden  Frühjahres  oder 
defi  Vorfrühling»  galten,  bei  welchem  der  Segen  der  Demeter 
für  die  aufeprieseende  Saat^  günstiger  Friibling,  reichliche  Ernte 
erfleht  wurde.  Muse,  wie  man  wohl  mit  Recht  annimmt  (a.  Preller, 
Demeter  und  Pere.  S,  42,  21),  der  alexandriniecbe  Demetercult 
auf  Athen  zurück  geführt  werden,  eo  bieten  eicb  die  kleinen  My- 
sterien des  Monate  AnthetiteTiou  ale  geeigneter  Anlast  zu  jenem 
gotteadienettichen  Brauche  dar.  Auch  der  bitbyuiecbe  Artemis- 
monatf  der  Βενδίόειος,  fällt  ine  Frühjahr;  die  beiden  Exemplare 
dea  Theonischen  Hemerologion  legen  ihn  üherein stimmend  auf 
den  23.  März  las  22,  April,  eo  zwar,  da*?«  der  alte  Neumondetag 
dem  24.  Mär/  entspricht  (b.  ßullett-  delF  inet.  1874  p.  77  f.). 
Ein  anderer  Artemismonat  besteht  daneVien  nicht,  wohl  aber  ein 
Δημήτριος  im  Herbet.  Das  Feet  des  Kalatboe  der  ßendie  muee 
aleo  jenem  Früblingemonat  angehören.  Ihm  geben  50  Tage^  ent- 
weder ganz  oder  zum  grösseren  Tbeile,  voraus,  während  deren 
man  nach  dem  Volkeglaubeu  keine  Reiee  unternehmen  darf;  ea 
Bind  offenbar  ήμεραι  άττοφράόες,  Fastentage,  wie  eie  zur  Früh- 
lingszeit paesen.  Der  CnltUK  der  grossen  Göttermutter»  wenigetena 
wie  er  im  kaieerlichen  Rum  üblich  war,  gibt  Bchon  durch  die 
Kalenderkge  der  Fe«te  vom  22.  bis  27.  März  Anläse  zur  Ver- 
gleiebuug;    dae  Freudenfest    der  Hilaria  Hei    auf   den  25.  MärZi 


Miiuellen. 


147 


nur  einen  Tag  nacb  dem  Keumi>nd  des  bitbyni&chen  Bendideioe* 
Doch  ich  will  Anderen  StofiF  geben^  nicbt  Combi natianen  aus- 
8|}innen,  welchen  eine  anareichende   Uirterlage  noch  fehlt* 

II,  leb  reihe  gleich  einen  anderen  Beitrag  zur  alten  Religions- 
geechicbte  Kleinaaiene  an.  In  einem  bei  uns  kaum  bekannt  ge- 
wordenen Werk  (Μνημδϊα  άτωλογικά  vöv  τιρώτον  έκ5ιδόμ€να 
Venet.  1884*  8)  hat  Theophilos  JohanniB,  ein  (xeistlicher,  der  sich 
bibaiCTujp  της  φιλολογίας  nennt^  endlich  deu  griechischen  Wortlaut 
der  von  seinem  Schüler  Georgios  verfaesten  LehensbeRf^breibang 
des  h.  Theodoroe  von  Sykeon  nach  der  Handfichrift  der  Marciana 
veröffentlicht  (S.  361  ff,).  Ee  findet  «ich  darin  folgende,  für  die 
Vorstellungen,  die  in  Galatien  von  Artemis  herrschten,  belehrende 
Nachricht  c.   16  p,  375: 

ήκου€  hi  TT€pi  τίνος  τόπου  δντος  άττό  (Τημείαιν  οκτώ  (von 
dem  Geburtsort  dee  Th.»  Sykeon  bei  ÄnaBtaBinpt>ltH),  καλου- 
μένου *Apx€ctj  ύυς  μή  ούνασθαί  τίνα  τώ  τόττψ  έκίίνψ  προα^τ- 
γίσαι,  μάλιστα  hi  τή  ώρα  τή  μ£στιμΡρινή,  ί>ιά  τό  ιΐ€ριηχ6Ϊ(Τθαι 
την  λ€τομ£νην  "Αρτε  μι  ν  μετά  πολλών  δαιμόνων  έκύ  6ιατρί- 
peiv  και  άΐϊΐκειν  μ€χρι  θανάτου,  Εενιίόμενος  ούν  έηι  τή  τοι- 
αύτη φήμη  dv  ταϊς  ημεραις  του  ίουλίου  και  αύγούστου  μηνός 
μετά  τό  πληρούν  αυτόν  την  τής  τρίτης  ώρας  ψαλμψΜον 
άπήρχετο  δρομαιος  κατά  τόν  τόπον  €Κ€Ϊνον,  και  ολον  τό  μ€- 
σημβρινόν  οιήγεν  έκ€Ϊ  έν  τοις  νομιίομενοις  τόποις  της  *Αρ- 
τ€μιϊ>ος,  μηΐ)€μιας  ου  ν  αυτώ  πονηράς  ένεργ^ί^ις  φαινόμενης 
δια  της  του  Χριστού  αντιλήψεως  ύπεατρεφεν  έν  τώ  μαρ- 
τυρίψ  <wo  er  sich  aufzuhalten   pflegte). 

Dais  aach  die  europäificben  Kelten  diese  Vorstellang  theilten, 
geht  aus  einer  schon  von  Lübeck  hervorgezogenen  Äeiseerang  des  h. 
Symphorianue  aus  dem  Lande  der  Haeduer  her  vor,  der  in  den 
Acta  c.  6  bei  Rninart  p.  83  (Amsterd.  1713)  erklärt:  *  Dianam 
quoi^ue  daemonium  esae  nieridianum  (mit  Anspielung  auf 
Psalm  90,  6  δαιμονίου  μεσημβρινού)  flanctorom  industria  inve- 
ettgavit :  quae  per  compita  carrens  et  «ilvaruin  secreta  perlu- 
etrane  ,  .  .  Triviae  sibi  cognomen,  dum  tnviis  insidiatur,  obtinΏit^ 
Beachtenswerth  ist  auch  die  Hervorhebung  des  Schwärm«  der 
Artemis  (μετά  πολλών  ίϊαιμόνων)^  wae  für  die  von  C.  Dilthey 
io  dieser  Zeitschrift  25,  H27  C  entwickelte  alte  Vorstellung  von 
Artemis  als  tosender  Führerin  der  wilden  Jagd  (vgL  auch  Find. 
Pyth,  3,  32  μένει  θύοισαν  άμαιμακέτιμ)  als  weiterer  Beleg 
gelten  kann, 

IIL  Endlich  möchte  ich  auf  ein  Zeugniss  für  den  alten 
Fels*  und  Steincultus,  von  dem  eich  in  Kleinasien  so  manche 
Sparen  finden  (wer  kennt  nicht  den  Niobefels  am  Sipylo»?),  die 
Aufmerksamkeit  lenken.  Im  Leben  des  h.  Paulus  des  jüngeren 
(f  9Ö6),  das  unlängst  von  Herrn  Hippolyt  Delahaye  in  den  Äna- 
lecta  Bollandiana  (1892)  B,  XI  herausiiegeben  worden  ist,  er* 
fahren  wir^  dass  noch  im  zehnten  Jahrhuirdert  ein  heiliger  8tein 
auf  der  Höhe  des  Latmoa-Gebirges  Verehrung  genoss.  Man  ver* 
amtaltete  Wallfahrten  zu  dem  Stein,  um  Regen  zu  erfleheir,  selbst 
die  frommen  Einsiedler  des  Gebirge  glaubten  dort  Erleuchtungen 


148  MifceTlen. 

und  göttlicho  (inalrngubcn  zu  ciiipf:iiigt*n.  DasA  ftchoii  frühe  ein 
eisernes  Kreuz  an  dem  Stein  befestigt  war,  konnte  an  dem  alt- 
heidnischen  Charakter  dieser  Verehrung  nichts  ändern;  es  be- 
zeugte nur»  dass  das  Christenthum  von  dem  Erbe  der  Heiden 
Besitz  ergriffen  hatte.  Man  staunt  über  ilie  Zähigkeit  eines  Cnltas, 
der  vermuthlich  schon  vor  der  hellenischen  Einwanderang  an  der 
Stätte  gehaftet  hatte. 

Es  wird  genügen,  wenn  ich  den  Anfang  der  breiten  ¥.τ• 
Zählung  hersetze  (c.  18  p.  53): 

Αύχμός  ίπέσχε  την  Μίλητον  και  απορία  υόατος  επιεικώς 
έσχατη,  συμφρονήσαντες  ουν  ανόρες  έκ  biaq>opujv  κιυμών 
ουκ  έλάττους  των  τεσσαρόκοντα  συνίασιν  &μα  και  λιτανείαν 
ποιούνται,  και  σύν  ασμασι  φιλοθέοις  του  δρους  άνίασι  την 
άκρώρειαν.  τούτο  bk  ου  μόνον  ύψηλότατον  και  ύπερνεφες. 
άλλα  και  άναβήναι  κομιόή  ουσχερε'στατον.  παρά  τούτου  την 
άκρώρειαν  κείται  λίθος  υπερμεγέθης,  δς  και  άγιος  έκ  πολλού 
ήοη  ώνόμασται  λίθος.  κτλ. 

Nachher  c.  19  ρ.  55  heisst  es  ausdrücklich  von  jener  in  der 
Zeit  des  h.  Paulus  unternommenen  Procession :  ol  την  λιτανεία  ν 
του  αύχμοΟ  χάριν  έκεϊσε  ποιούμενοι  .  .  .  έπει  κατιόντες  άπό 
του  άγιου  λίθου  άπ'  εναντίας  τω  σττηλαίψ  γεγόνασιν,  ου  ό 
θειος  ΤΤαΟλος  έτύγχανεν  ων,  παρά  τω  τόπω  στάντες  έτε'λουν 
εύχήν. 

Bonn.  Η.  Usener. 


Nachtrag  zam  Lexicon  Meesanense  de  ieta  aseripte. 

(Rhein.  Mus.  47.  404-413.) 
Bei  einer  Nachvergleichung  des  cod.  S.  Salv.  118  in  lies- 
eina  konnte  ich  die  fast  erloschenen  Schriftzüge  an  manchen  Stellen 
besser  erkennen  und  die  Ueberklebungen  ganz  entfernen.  Es 
gelang,  zwei  losgelösten  Fetzen^  den  ursprünglichen  Platz  zasu- 
weisen  und  so  u.  a.  den  Titel  Άχαιόε  θηεεΐ  zu  gewinnen.  Daza 
stellte  ich  einige  Flüchtigkeitsfehler  meiner  Abschrift  fest.  — 
Die  mir  bekannt  gewordenen  Besserungen  und  einige  Besserange- 
▼ersnohe  (meistens  nach  gütiger  brieflicher  Mittheilung)  schalte 
ich  ein. 

280  γ  11.  και  τά  ii  αύτου  ist  zu  halten:  'μονψ^€Ϊν  mit  Τ 
(Beispiel  ans  Aristophanes*  ΕΙρήνη),  ebenso  die  davon  ab- 
geleiteten Formen  wie  (Beispiele  aus  Kratinos'  ^Qpai)  μονψ- 
Εήςωμεν  und  μονψοήεειεν*. 

ν  11.  ?v  γ'  ίτι  Kaibel 

▼  22.  ναι  CUV  τώ  Τ  έ  ν  μια  ευλλαβή  εοφοκλήο 

ι 

281  r2.  vεocφ[er8te  Hälfte  eines  α]bαcτω(od.  ο?)ν 

*  Dieselben  werden  jetzt  in  einem  besonderen  Umschlage  in  jenem 
Codex  aufbewahrt.  —  Dem  Präfekten  der  Univereitäte-Bibliothek  za 
Messina,  Cav.  Caracciolo,  spreche  ich  meinen  Dank  aus  für  die  gütigst 
eriheilte  Erlaubniss  su  einer  eindringenderen  Untersuchung  jener  Blätter. 


Miecellen, 


149 


Γ  3»  C9abQll  Buchet.]iui 

0 

Γ  6,  cO  ,  also  hier  sicher  €ύθεϊα 
Γ  15,  ενικής  τα  τοιαύτα  CTTaviuuc  cuvaXt  (so) 
15α.φεταΓ  μέvavbpΌC'  νηρηκτκ  im  ί)€Χφινο^ 
Γ  17.  δτι  μήν  Naück.  —  17/18.  και  νικώ  bi   xujpk  του 
η  το  εύκτικόν  Ιχ€ΐ  το  Γ  'aber  auch  der  Optativ 
νικψ  ohne  η  hat  das  Γ'   Lud  wich. 
Γ  10/20.  νικψ  μέν  ό  ιήΟ€  πόλ€ΐ   λίγοίν    τό    λώΐτον  Rader- 
m ach  er- 

281  ν  1.  [Endstrich  eine«  γ]ίτονε;  also  και  τό  €φψν  έν  cuvai- 
p€C€i  [il^Tove 

τ  3.  €οφοκλή£  ιοκ^τη 

ν  5.  bicuXXaßujc 

ν  10.  θουκυίίίοης  8 

ν  11.  καλλίας 

282  γ2.  bi  ή[οΓ.  7  Buchst  Je  ά\λ'  έχει  τό  Γ:  όΕύπρωι 

3.  poC    CUV   [τώ  r*]     καΐ    όίυΐΓρώ[1    Buchst?] ρ υυ ι 
oEuK^ 

4.  ρατι  άχαιοε  θη€€ΐ*  ο[7Γ]ηι  και  ττήι  cwv  τώ  ϊ 

5.  ά)€  ττροεΐρηται  [4  Buchet ,    dann  wohl  cj    οποτέρα 
άντι  του 

6*  owoT^pujc  ουκ  [ίχ€ΐ]  βραχύ νομέ νου  του  ϋ  liic 
7•  ιτοτΐρα[οΓ.  7  Buehat.]μ€voυ  bi  ΪΕίΐ  τό  1  ίχον  κα\ 
8.  έπφρημ[ατικήν  cu]vTaEiv:  —  omcuj  ού 

_      θ 
9*  κέχ€ΐ  τό  Τ  i[cTi]v  kujc  άπό  τήο  έττι  προ;  — 

In  Γ  2  nach  bk  ή  der  obere  Tbeil  dee  zweitnächsten  Buch- 
etaben erhalten,  ähnlich  der  oheren  Hälfte  eines  ω;  aber  üj  un- 
möglich, weil  jener  B^iehstahenrefit  rechts  nach  nnfen  ofifen.  Da- 
her weder  hä  ή  [napaboci]c  noch  ϊ)€  'HjpüJbiavoJc  möglich.  — 
Von  r  4  θη€€ΐ  fehlt  der  obere  Bogen  des  Θ;  von  οττηι  auch  der 
horizontale  Balken  des  π  erliennbar.  —  r  7  ίχτ€ΐνομένου  kaum 
möglich  wegen  den  erhaltenen  Aneatzee  dee  ersten  Buchstaben; 
kleiner,  nach  recht»  offener  Bogen  etwas  über  Zeilenhöhe  (für 
Spir.  aeper  zu  niedrig).  —  r  8  cuJvxaEiv  wohl  eicher;  Acceat 
erkennbar,  ebenso  dae  erste  v, 

r  10.  optCKfdann  %  dos  m;    1  Buchet,]oc  [cuv]  τώ  Γ  die 

πατρώιθ€  καΐ 
Π.  τώι  T[cr,  4  Buchst,,  über  dem  ersten  stand  ein  Acut; 

scbliesslicb  wohl  Rest  eines  κ]αΐ 
r  12.^vaTT^[daDD  erste  Hälfte  eines   μ  (nicht  v!),    dann  τ 

oder  erste  Hälfte  eines  π;  2  Buchst ]τήν^  also  dva- 

πφπει. 
r  15.  δρηαι  —  op€ai 

ι 
Γ  22.  φάγηςι 


1Ü0  Miioellen. 

28*2     ν  1.  (Am    Kanäle    ein    AnftihrangAhäkchen^,    anfe    Citat 
hinweieend)  παππώιοο*  ούν|τψ  ΐ  ]αα 

2.  πατπηϊιιοο  ο?  ßioc  cuko[8  Bacliet.]b?oiEuc? 

3.  παρατραγωιοήοαι  cuv  τ[ψ  Γ  •  Στρ]οττΐ€ 

4.  φοινίαακ'  έγώ  γάρ  αυτόν?  naparpaTUJi 

5.  hf{ca\  τί  μoι[dann  durchgeetricheDes  €]K€v(od.  ρ?) 
[3  Buchet.jio?  [dann  wobl  Interpunktion]  παρειυι 

6.  τμένηο  τήε  Oupafüntertheil  des  c;  3  BQchBt.]TUJ? 
Γ  atLangetrich  des  p;  2  Bucb8t.]T0q>avnc  (abge- 
kürzt) 

7.  λημνίαιο  .  παρη[ Anfang  eines  α;  8—9  Bucbstju 
(od.  0?)    •  μάχη 

8.  bi  Ti  και  cO  παρηαο*  im  [  ]ήιοθο  έοτιν:  — 

9.  κα\   fcTiv  ivecTÄTOc   x?[dannv1    od.  €i?   od.  uj? 

ι 
(kein  p!)  4 -β  Bucbet.jcc  γαρ  ς>η  τ' 

10.  άργήλιος'  από  του  9n[dann  Untertbeil  eines  c; 
dann  nacb  unbescbriebenem  Stückeben  obere  linke 
£cke  eines  χ;  1  Haebet.]ni2Iui. 

11.  CUV  τώ  1  im  Toü  οεομαΓ  χ[ρηί£]ιυ  γαρ  cT 

lä.  ρηταΓ  παρωι  κα\  ή  χρηοτ[2  BαcbBt.]μ(v?)  [IBaohst.] 

τ  _ 
13.  ηοο  npöbo  Γ'  χρηκμωιοΟ€'  cuv  τώ  Γ 
ν  7  ζη  ergänzen:  παρή[αο  ουκ  Ιχ^χ  (^der  Accent  und  τόπι 
€1  der  invssere  Tbeil  erkennbar^  τΐό  ΐ"  'μάχη.  —  τ9/10.  Nauek 
«od  WiUmowitz  wiesen  uiicb  bin  auf  Auakreon  fg.  40B.;  also: 
'ci  γάρ  φή  Ταργήλιοο*,  από  του  φη[οί  —  χρ]ήι&ϋ.  Abgese- 
hen von  der  Lücke  (5—6  Bacbst.)  nacb  ένεοτώτοο,  ist  für  wei- 
tciv  Worte  kein  Platz;  also  bat  wobl  der  Scbreiber  einiges 
aisgtrlaMen  ιχωριε  τού  Γ  u.  dcl.). 

τ  16.  χpηcμφ^όληpoc  WiUniowitz  ^χρηιομο^€ληρθ€  cod.) ; 

ans  den  Σοφίοταί  des  Komikers  Piaton. 
V  24.  άτικοΐο  eod, 
V  25  26.  *  Kinem  Komiker  geboren  vielleicbt    die  Worte  χψ 
£uTTtV€ic  χψ  δυμπόται  χψ  φυλ€ται'  Nauck. 
2S3     r  ι.  τώ  "i  άιϊ^Ι— 2  Bnebst.lr.- \i»d.  Tr?  u>  «darüber  Cir- 
cumtiexrr  ται  ςυλλαβαίΐ  Bucbst.:    Acut  erkenn- 
bar] oi'T  [Ansatz  eines  Bäckst.;  Lücke] 
2.  TOKi  To  μίν  ίν  1  έκθλιβ«  vtoc  ^Lückel 
ο.  i^  TTOioOvTtc  τού  α  και  ο  cic  ώ  και  [Lücke] 

4.  qv>'TtC  το  ^^il'T€pov  ι  TptnovT€C  κ[ Anfang  eines 
α;  l.Ux-kcl 

5.  ί  αναγχαιακ  «iic  το  χ*  χα•ι  η•μττανι  [Lücke] 

6.  χνΐϋΐ  ττνκνοι  βαβαΖιοι:  — 

r  7.  TU»  ί.         Nacb  ^ια  ιοίρΐ'η  die  Untenheile   eines  λ 

*  0)<*Μ»11νιι  Mcheu  vor  2S0  ν  Ι.  Τ.  1ι\  Π,   13,  Α    äSl   γ4,    16, 
ί.^  Λ.     \  1ί      ί>ί  χ  L  S,  4.  Τ.  Λ\  21.  2:ν      iS:»  r  7.  15.  16.   17,  19, 


Miecellen, 


liil 


und  Wühl  eines  φ;  also  bi'  ά[λφίτων],  vgl  Etym, 
Gnd. 
r  9.  τήο  κ[1  Buiihst.]T[o  od.  Anfang  einee  α]  bmXexTOV 
r  22/23,  cf.  Ariet.  fg,  228  K. 
Γ  24.  Pherecr.  fg.  62  K. 
183     V  1.  [er*  6  Buchst J  oc?  [dann  in  der  Zeile  naoh  rechts 
offener  Bogen;    diirüber   schräger  Strich,    vielleicht 
zu  einem  λ  gehörend,   wenn  auch  reichlich  lang  da- 
für; dann  Raum  für   iVä  Buchst.]  δορά  (od,  Ui??)" 
και  έν  cuvaXi9ni  (ßo) 
2*  [er.  5  Buchet. ;  λ]£γ£ται  hi  και  hiä  μόνου  του  δη 
2a.  [δα;   4-   er.  3  Buchst;  dann   Cotertheil  eines  Τ  od, 
dgL]c(od.€?!)XeuToc*  —  ώια€  rac  κάιμαο'  c6v 

3.  [τώ  T\  aicxuXoc  ψυχοιτααα*  ώιαι  cuv  τώ  Γ 

4.  [erre]  παρά  τό  όΐαι?  eiie  παρά  τό  ώιαία: 

5.  [ψί>]ή'  €ύν  τώ  Γ  παρώ  και  τό  ϋυιίιαϊον*  ιΰπολκ 
6*  tV[v  xp]ucuj  TevEL 

ν  10.  üjibe€  τ 

ν  Π.  πάντα'  άντι  ιοΰ  ώοήκει.  δμ€ίνον  Οέ  *  ανό^ώδει 

12,  xuipic  του  Γ. 
τ  13.  ώιίοροι 
ν  14.  οικίΖω 
γ15.  ό  έν€€τώ€ 
ν17,  ώικο5όμΐ|€αΓ 

ν  19.  ώ  ι  KT  e  ίρηχ  αϊ  jcuv  τΦ  i  ομοίως  [ok]Teipuj  χάρ' 
v2L  ώιμην  €ύν  τώ  ϊ  ώΓ?όμην  γαρ  ήν  από  του  οϊομαι: 
ν 23.  βάκχακ*  ώιμοι  cvv  [τώ]  \  τό  οϊμοι-  τό  bt  'ώμοι 

24.  biOTTtvec    (>ο)   πατρ?ο?κλ?€ΐς'   (Hom.  Π  49) 
ουκ  ^χ£Γ  oύbέv?  γαρ  οιμωκτι 

25.  κόν  έν  τούτιυ  [τ]υίί  ώμοι  άλλ' ήθικώ[ε]  κίΐται  τό 
μοι* 

Sohlieeelich  theile  ich  die  Buchetabenreete  mit,  die  auf  dem 
ertaltenen  Rande  des  folgenden  Blattes  (2B4,  de»  letiten  im  Ter- 
nio  279 — 284;  vorher  nur  Qnateraionen !)  erkennbar  waren. 
284  Γ  15  V.  η.  α  (ZeilenanfangeJ 
Π  Ol? 

10  TU! 

9  όνο 

8  ο  κά? 

6  OK 

5  Τ,     dann   nach    rechte  offener  Haken,    dann  der 
3»  Buchst.  0,  dann  γ 

4  6  αϊςαιπο 

3  cu? 
2  CUV 
1  τ  (am  Rande   ein  Häkclien) 

284    V  8  V.  n.  έ?χ?£ΐν  (Zeilenenden) 

6  τ?α? 

5  €χυυ 

4  π(od.  τ?)  ούλιν* 


15ä  MiMdleiL 

AtjEreKhIcsser.  ist  die  Entzifferung  des  Codex  hiemit  nicht; 
möchte  lieh  doch  «nch  einmal  ein  anderer  daran  Tcrtachen! 
HannoTer.  Hngo  Babe. 

Ein  Fragmeil  de•  Eiiiii. 

In  der  Darstellung  der  Samnirer-Kriege  heieet  et  hei  Li- 
viizs  9.  41.  15  «ccti.«  magi»  qaam  gladiis  fftritur  res^  mit  einer 
far  den  Prosaiker  auffallenden  Wortstellang.  Vergleicht  nun 
Ennius  ann.  172  V.  inicit  ioritatn*:  tenet  occaen\  iavat  res,  uid 
2 76  pellirnr  e  medio  »apientia.  π  geritur  res.  so  wird  man  kaim 
zweifeln,  dass  wir  bei  Livins  einen  Hexameterschln^s  des  Enmne 
Tor  uns  haben.  Wie  weit  man  daranf  Schlösse  bezäglich  der 
Qaellenbenatzung  baaen  darf,  wollen  wir  hier  nicht  nntersnchen. 

Xonchen.  Ed.  Wölfflin. 


Zi  lateiiisehei  Dickten. 
1.  Zw  des  Cedicktr  de  lande  Pisanis. 

Die  Persönlichkeit  des  Verfasser*,  als  welcher  jetzt  allge- 
mein Calpurcin«  ^i•:a]τz«  gilt,  tritt  an  zwei  Stellen  dee  uedicbtee 
in  einen  cnau!!-.' «Viren  Wi.ierspmch  mit  sich  eelbsL  Man  ver- 
gleiche  » Beehren«  P.  L.   M.  I.  2*21 

-n  ι^Ί.,-ί«!  iam  validac  mihi  rvbur  menti«  inesset 
E:  «olus  primos  iinpleret  spiritus  annos, 
Auderen  voces  per  carmina  nostra  referre, 
P:«•:•.  tnas:  sei  fessa  labat  mihi  pondere  cervix 
E:  rremeiacta  cadunt  sacciso  poplite  membra. 
mit  folgen i-i2  Verden: 

Sffvt  Est  mihi,  creie,  meis  animns  cocstantior  annis, 
Qcanvi«  nunc  iaver.ile  decns  mihi  pingere  mala« 
Coeperit  et  noniiam  vicesima  venerit  aestas. 
Diese  beiden  Angaben  schliessen  sich  einfach  an•  und  ohne 
Zweifel  mcss  daher  die  eine  beseitigt  werden.  Dem  eteht  die 
Ueberliefening  anch  nicht  im  Wege.  Sie  beruht  bekanntlich  auf 
dem  alten  Lorscher  Codex  von  J.  Sichard  nnd  den  zwei  Excerpten- 
handschriften  Pari«in.  7647  nnd  1790λ.  da  der  Atrebatensie  dea 
H.  Jnnins  nach  Baehrens  als  selbständige  Ueberliefemng  nicht 
in  Betracht  kommt.  Jedenfalls  war  zur  karolingischen  Zeit  ein 
Exemplar  des  Gedichtes  ins  Frankenreich  gekommen  und  daa  iat 
die  Qaelle  far  alle  noch  vorhandenen  Abschriften  gewesen,  da 
ja  der  verlorene  Lanrissensis  und  die  Parisini  enge  Verwandt- 
schaft zeigen.  Und  mit  den  letzteren  war  wohl  ein  weiteres 
Exemplar  gleichfalls  anf  das  nächste  verwandt,  das  sich  nacli 
einem  Bibliothekskataloge  im  11.  Jahrhncdert  in  einer  unbe- 
kannten französischen  Bibliothek  vorfand,  s.  M.  Manitina,  Philo- 
logisches ans  alten  Bibliothekskatalogen  S.  5*J  '  liber  catalepton 
Pisoni\  Denn  das  Gedicht  fuhrt  in  den  Älteren  Pariser  Ex- 
perten gleichfalls  den  Titel  *  Liuanus  in  t**i/<i/f ••/••« '.  So  erscheint 
die  Ueberliefening  vollständig  einheitlich,    wir  haben   nach  dem 


Miscellen. 


15B 


"Vorliegenden  Material  keinen  Grund,  zwei  Archetypi  für  die 
heutigen  HandBchriften  aninnebmen.  Daber  ist  auch  der  Hei- 
JuDgsversuch  ohne  jede  Gewalt,  er  drängt  sicli  faet  von  eelbet 
auf.  £e  bandelt  eicb  riämlicb  nur  um  die  Ausscheidung  der 
einen  von  beiden  angefübrten  Stellen.  Die  Verse  72  ff.  können 
unmöglich  aos  dem  Ganzen  berausfallenj  es  müssten  dann  Ve, 
72 — 80  gestrichen  werden  nnd  die  Anknüpfung  von  81  'Quare 
age*  bliebe  sinuloB,  Wer  den  Abecbnitt  lieBt,  wird  dem  obne 
weiteres  Recbt  geben  müssen.  Etwas  anderes  ist  es  mit  den 
Scbluseversen  259 — 26 L  Sie  können,  obne  das«  das  Gedicht 
Einbusse  erlitte,  wegbleiben;  es  würde  im  Gegentheil  Vs.  258 
einen  passenderen  Äbschlass  für  das  Ganze  ergeben,  als  der 
259  ff.  ausgeführte  Gedanke^  wo  die  conetantia  des  Dicbtefs,  die 
bedeutender  als  seine  Jahre  sei,  ohnehin  als  Schluse  kaum  be- 
rechtigt erscheint.  Viel  passender  wurden  sich  die  Verse  259  ff. 
an  252  anschliessend  wenn  man  sie  überhaupt  halten  könnte. 
Somit  glaube  icb,  dass  jene  drei  Scblussverse  des  Gedichtes  xu 
streichen  sind,  Sie  mögen  zufällig  vor  oder  während  der  karo- 
lingischen  Zeit  mit  dem  Schluseverse  äusserlich  in  Verbindung 
gebracht  worden  sein  und  wegen  der  Einheit  der  Ueberliefernug 
treten  sie  in  allen  späteren  Texten  auf. 

2.   Ein  Fragment  aus  Cicero»  HomeriiUenietxiiiig, 

Auguitin  bringt  in  der  Civitas  Dei  mehrfach  AnTührungen 
ans  Ht>mer,  aber  nirgends  nach  dem  griechischen  Original.  So 
citirt  er  IV,  30  p.  162  (Dom hart  I)  eine  Stelle  nach  Cio.  nat 
deor,  II,  28,  eine  andere  XXT,  8  (II,  441)  nach  Varro  de  genta 
populi  Romani.  Dann  führt  er  V,  8  (I,  178)  xwei  Verse  aas 
Ciceros  Uebersetzung  der  OdysEee  an  *Illi  quoqne  versus  Ho- 
merici  huic  sententiae  suffragantur»  quos  Cicero  in  Latinum  ver- 
tit\  Unbemerkt  ist  eine  vierte  Stelle  geblieben  111,  2  (I,  87) 
Nam  hunc  (seil.  Neptunum)  Homerus  .  ,  ,  inducit  magnnm  ali- 
quid divinantem,  quem  etiam  π  übe  rapuit,  ut  dicilf  ne  ab  Acbille 
occideretor, 

cuperet  cum  vertere  ab  imo\ 

Der  ilerauegeber  notirt  hierzn  richtig  II.  20,  302  ff.  Da 
nun  dieser  Vers  mcb  in  der  llias  latina  nieht  findet^  und  Augusdu 
V,  8  die  tJebersetxong  Ciceros  benutzt,  so  sind  die  aDgefiihrten 
Worte  jedenfalls  auch  dem  Cicero  zuäu weisen,  der  ja  seihet  mehr- 
fach Verse  aus  seiner  IHaeübersetzung   anführt, 

«1.   Zu  dem  Mlmographeu  Marullue. 

In  dem  Gedichte  eines  Paulinus  (S.  Paulini  epigrarama  ed* 
C.  Scheukl,  Corp.  ÖS.  eccL  lat  XVI,  499)»  der  zu  Anfang  dee 
5*  Jahrhunderts  im  südlichen  Gallien  sebrieh  (vgl.  Schenk!  a.  0. 
501  f.),  heisst  es  von  den  wohlhabenden  Frauen  Ve.  78  *Konue 
oavie  dietent  penetralia  uostra  fbeatris?  Accipiunt  plausus  lyra 
Flaeci  et  scaena  Marulll*,  wie  Schenkl  aus  dem  handfichriftlichen 
*roap«lli'  richtii?  hergpRtellt  hat,  Danuis  prgiebt  nlrh^  dass  auf 
dem  Theater  in  Südgallien    damals  neben  dem   Vortrage  Horazi- 


tu 


Miicellea. 


scher  Odeo  auch  die  Poeeen  des  ManiUae  noch  eine  Rolle  ΐφίβΐ- 
ten.  £e  ist  die  späteste  Erwähnung  jenes  Dichters,  da  die 
Schrift  des  Hieronymns  gegen  Rvkünus^  in  welcher  de^  MaruUiis 
gleicbfttlle  gedacht  wird  (11^  20),  etwas  früher  flUt.  Ungewiss 
ist  allerdings,  wer  jener  Paulinns  war  und  wo  er  gelebt  haU 
Schenkl  nimmt  an,  dase  en  der  Idae.  chron.  c.  25  genannte 
Bischof  Paul  in  UR  von  Bezier«  ist,  welcher  Annahme  ich  mich 
anBcbloes,  Doch  machte  mich  W.  Brandes  darauf  aufnierksaiD, 
dass  das  Beiwort 'Sanctoe'  nur  dem  Paulinus  Nolaniis  zukomme 
ond  dass  der  Name  *8,  Paulinus'  vom  Schreiber  des  Parisin- 
7558  vielieicht  fälschlich  auf  das  Gedicht  übertragen  worden 
nei;  er  hält  danach  zunächst  an  der  Autorschaft  des  CL  Marine 
Victor  fest.  Mit  den  Zeiten|?ahen  wäre  diese  Autorschaft  in 
vereinigen,  da  der  Tod  dee  Victor  innerhalb  der  Jahre  425 — 4^5 
fallt.  Danach  würde  sioh  als  Auffübrungsort  der  Poesen  dee 
MarulIuB  Masfiilia  ergeben.  Und  das  pas^t  zu  dem  Bilde^  wel- 
ches der  Dichter  von  den  zeitgenössischen  Frauen  entwirft,  gan« 
gut ;  denn  die  Beschreibung  führt  zweifelsohne  auf  eine  g^rosee 
Stadt  mit  wohlhabender  Bevölkerung  ^. 

Dresden«  H*  Manitina* 


Zir  Aitbolagia  Lattna  epfgraplilca. 
Das  durch  eine    epigraphiecbe  Sylloge    erhaltene  akro-  und 
telestichiaehe  Gedicht  des  ipanisdieii  Bischofs  ARcaricu«  an  Tueer- 
hedus  lautet  in  der  neuesten  Ausgabe  (Buecheler,   carmina  latina 
epigraphica  I  p.  347)  folgend  er  massen; 

Te  moderante  regor,  deus.   sit  mibi  vita  beatA 
Vt  raerear  abitare  loci»  tuus  incola  8(anct)i8 
Spem  capto  fore  quod  egi  veniabile.  ob  hoC 
Exaudi  libens  et  sit  fatenti  venia  largA 
Reor,  malum   merui,   «et  tu  bonus  aruiter  aufeR 
Heu  ne  cernam   tetrom  quem  uult«  et  uone  minacl 
Eden  in  regione  locatas  sim  floribuB  ad  hoC 
De  boret  ne  animam   meream  t'oruacibuß  aatV 
Ocurrat  set  tua  mihi  gratia  longa  perenniS. 
Sowohl    Buecheler,    ale    seioem    Vorgänger    De  Rosai   scheint   es 
entgangen    zu    sein»    daßs    hier   im   Wesentlichen    ein    Canto    aus 
dem   Gebete  vorliegt,  mit  welchem  des  Bischöfe  Landsmanu   Pru• 
dentius  seine  Baroartigenie  beRcbliesiit.   \'gl. 
ham.  933      te  moderante  regor 

935      Bpem  capio  fore,  quidquid  ago,  veniabile  apud  te 

937  confiteor,  dimitte  Ubens  et  parce  fatenti 

938  omne  malum  raerui:  sed  du  bonue  arbiter  aufer 
946  f.  ne  cernat  (anima)  truculentum    aliquem    de   gente   la- 

tronum , 
inmitem,  rabidunn,  valtuque  et  voce  minaci 


l  et  V».  65 f.,  70. 


^3  f,  D0D  poeco  beata  |  in  regmie  domüm 

\6  eit  flore  percDni  (candida  virginitae) 
\  ff»  at  Taibi  lartarei  eatis  est  si  «ulla  minietri 
oecjirrat  facies,  avidae  nee  Jiamnia  gelieunae 
devoret  hanc  animam  mersam  furnacibüe  imie. 
Die  Aenderuiigen,  welche  AscarituR  an  seiner  Vorlage  vor- 
noDinien  hat,  entspringen  —  von  eeiner  Stümperhaftigkeit  ab- 
*  g«eehen  —  tlieile  aue  der  heinmenden  akro-  und  teleiiticbieohen 
Anlage  eeines  Gedichte«,  theiJa  aus  der  geringereD  Dosis  christ- 
licher Demuth,  welche  dem  Bischöfe  im  Verbältnisfl  su  dem 
'Chrißti  reae*  tperisL  Η  5b2)  Pnidentiue  eignet  Denn  wäbrend 
dieser  «ich  der  Seligkeit  unwürdig  erachtet  und  zufrieden  ist, 
wenn  itin  *  poena  leviii  dementer  adiirat  (harn.  96ö),  ahoiinirt 
eich  jener  auf  einen  Platz  im  HimmeL  Für  die  Textkritik  ist 
die  Ermittelung  der  Quelle  nicht  ohne  Bedeutung.  Sie  zeigt,  dase 
Buecheler  mit  Recht  in  v.  6  die  Bezeichnunif  dee  (bez.  eines) 
Teufels  gesuclit  hat,  und  legt  für  dae  letzte  Wort  des  8.  Versee 
die  Besserung  *aeetu*  {vgl*  auch  Prud.  w  ^^4:  'aestuque  calor 
languente  tepescat*)  nahe. 

München*  Carl  Weyman. 


%Ti  dem  Turiner  Cicero-PaliiDpeeet. 

Auf  einer  Ferienreise  habe  ich  u.  a.  in  Turin  den  cicero- 
nischen  PalimpsestbläHern  einige  Stunden  gewidmet.  Obgleich 
ich  genöthigt  war  die  Arbeit  nach  zwei  Tagen  abzubrechen  und 
iji  diesen  Tagen  eelbst  zwar  durcb  die  Liberalität  und  Liebene• 
Würdigkeit  des  verehrten  Präfecten  und  der  Beamten  der  Natio- 
pal-Bibiiotbek  ausserordentlich,  durch  den  eo  nöthigen  Sonnen- 
echein  aber  nur  Bpärlicb  unteratützt  wurde,  so  will  ich  doch  im 
Folgenden  einige  Notizen  zusammenstellen:  einmal,  um  den  An- 
fang derTuUiana  endlich  richtig  zu  stellen^  sodann  aber,  um  im 
Gegensatz  zu  der  Aeusserung  P.  Krügerft  (Hermee  V  p.  146)  zvl 
zeigen,  daee  trotz  'der  bewährten  Genauigkeit  Peyrons*  —  die 
gewies  nibmwürdig  bleibt  —  'eine  Nachvergleichung  des  von 
ihm  Gelesenen^  doch  nicht  ganz  'nutzlos'  ist. 

um  mit  Kleinigkeiten  und  Kleinlichkeiten  zu  beginnen,  so 
hat  Peyron  —  namentlich  wo  er  bloss  Varianten  verzeichnet, 
keine  volUländige  Abechrift  gibt  —  Orthographica  ohne  die  Ge• 
nauigkeit  und  Consequenz  bebandelt,  die  er  selbst  für  notbwendig 
erklärte  und  die  wir  beutzutage  erst  recht  bei  einem  so  alten 
Qod  würdigen  Pergamen  verlangen.  Dies  betrifft  nicht  bloss  sich 
oft  Wiederholendes  (wie  AE  :  E,  AT:  AD,  -IS : -IIS  und  -ES), 
sondern  auch  Bemerkenewerthes,  wie  pro  Clueniio  §  3  (p.  102,  8 
M[üller])  INPLURANDA  statt  imphranda  und  pro  Caeiiö§67 
(p.  109,  16  M.)  UOMISATORUMQ-  statt  comissatorumqtie^ 
für  welche  Schreibung    ich    der  Kürze  wegen  auf  meine  Bemer- 


I 


ί 


»  Gleich  darauf  hat  der  Palimpsest  LYCNORÜM,    nicht   lyc^• 
rtorum  (wie  Peyron  angibt). 


154  Miscellen. 

Boher  Oden  auch  die  PoRsen  des  Marullue  noch  eine  KoUe  Rpiel- 
ten.  £8  ist  die  späteste  Erwähnung  jenes  Dichters,  da  die 
Schrift  des  Hieronymas  gegen  Rufinus,  in  welcher  des  Manillus 
gleichfalls  gedacht  wird  (II,  20),  etwas  früher  fällt.  U  η  gewiss 
ist  allerdings,  wer  jener  Paulinus  war  and  wo  er  gelebt  hat. 
Schenkl  nimmt  an,  dass  es  der  Idac.  ehren,  c.  25  genannte 
Bischof  Panlinus  von  Beziers  ist,  welcher  Annahme  ich  mich 
anschloss.  Doch  machte  mich  W.  Brandes  darauf  aufmerksam, 
dass  das  Beiwort  *Sanctus'  nur  dem  Paulinus  Nolanus  zukomme 
and  dass  der  Name  '  S.  Paulinus  vom  Schreiber  des  Parisin. 
7558  vielleicht  fälschlich  auf  das  (»edicht  übertragen  worden 
sei;  er  hält  danach  zunächst  an  der  Autorschaft  des  Cl.  Marine 
Victor  fest.  Mit  den  Zeitangaben  wäre  diese  Autorschaft  za 
vereinigen,  da  der  Tod  des  Victor  innerhalb  der  Jahre  425—455 
fällt.  Danach  würde  sich  als  AuiTührungsort  der  Possen  des 
MaruUus  Massilia  ergeben.  Und  das  ρπΗκΐ  zu  dem  Bilde,  wel- 
ches der  Dichter  von  den  zeitgenöHsischen  Frauen  entwirft,  ganz 
gut ;  denn  die  Beschreibung  führt  zweifelsohne  auf  eine  grosse 
Stadt  mit  wohlhabender  Bevölkerung  ^. 

Dresden.  M.  Manitias. 


Znr  Antholagia  Latiiia  epigraphicA. 

Das  durch  eine    epigraphische  Sylloge   erhaltene  akro-  and 
telestichische  Gedicht  des  spanischen  Bischufs  Ascaricus  an  Tuser- 
hedus  lautet  in  der  neuesten  Ausgabe  (Buecheler,  carmina  latins  ^ 
epigraphica  I  p.  347)  folgendermassen : 

Te  moderante  regor,  deus.  sit  mihi  vita  beatA 

Vt  merear  abitare  locis  tuus  incola  s(anct)iS 

Spem  capio  fore  quod  egi  veniabile.  ob  hoC 

Exaudi  libens  et  sit  fatenti  venia  largA 

Reor,  malum  merui,  set  tu  bonus  aruiter  aufeR 

Heu  ne  cernam  tetrum  quem  uultu  et  uoce  minacl 

Eden  in  regione  locatus  sim  floribus  ad  hoG 

Deboret  ne  animam  mersam  fornacibus  astV 

Ocurrat  set  tua  mihi  gratia  longa  perenniS. 
Sowohl    Buecheler,    als    seinem    Vorgänger    De  Rossi   scheint 
entgangen    zu    sein,    dass   hier   im  Wesentlichen    ein  Canto         ^ 
dem  Gebete  vorliegt,  mit  \velchem  des  Bischofs  Landsmana  ^Ξ^^ 
dentius  seine  Hamartigenie  beschliesst.  Vgl. 
ham.  933      te  moderante  regor 

935      spem  capio  fore,  quidquid  ago,  veniabile  apud  t^ 

937  confiteor,  dimitte  libens  et  parce  fatenti 

938  omne  malum  merui:  sed  du  bonus  arbiter  aufer 

946  f.  ne  cemat  (anima)  tracnlentum    aliquem   de  gent^      I* 
tronum , 
inmitem,  rabidnm,  vnltuque  et  voce  minaci 


ί  cf.  Vs.  65f.,  70. 


MiaoeUeD. 


155 


953  f.  Ώοη  poico  beata  \  in  regimie  donmm 

956      eit  flore  perenni  f Candida  virginitae) 

958  ff.  et  mibi  tartarei  eatis  est  si  nulla  minifitri 
occurr«!  faciesj  avidae  nee  flamma  gehen  nae 
devoret  haue  aTiimam  meream  forDacibuB  imis. 

Die  Aendermigeii,  wehbe  Afcarii üb  an  aeiner  Vorlage  vor- 
genommen bat,  entepringcD  —  von  seiner  Stümperhaftigkeit  ab- 
geeehen  —  theik  aus  der  hemmenden  akro-  und  teleetichiechen 
Anlage  seines  Gedichtea,  theilg  aus  der  geringeren  Dosis  christ- 
licher Demuth,  welche  dem  Bischöfe  im  Verhältniss  zu  dem 
*  Christi  reue'  ^perist.  II  582)  Prudentiue  eignet.  Denn  während 
dieeer  eich  der  Seligkeit  unwürdig  erachtet  und  zufrieden  iet, 
wenn  ihn  poena  levis  cleraenter  adurat  (ham.  9G^>J,  abonnirt 
sich  jener  auf  einen  Platz  im  Η  im  nie!.  Für  die  Textkritik  iet 
die  Ermittelung  der  Quelle  nicht  ohne  Bedeutung.  Sie  zeigt,  daae 
Buecheler  mit  Hecht  in  v.  6  die  Bezeichnung  des  (hez.  einea) 
Teufels  gesucht  hat^  und  legt  für  das  letzte  Wort  des  8.  Verses 
die  Besserung  *aeetu*  (vgl  auch  Prud.  v.  964  '  aestnque  calor 
languente  tepescat')  nahe. 

München.  Carl  Weyman* 


8« 


e: 

XL• 
0 
β 


Zu  dem  Tiiriiier  CkeroPalimpeest. 

Auf  einer  Ferienreise  habe    ich    u.  a.  in  Turin  den  Cicero- 

i  sehen  Palimpsestblättern    einige  Stunden    gewidmet.     Obgleicb 

Λ  genöthigt  war  die   Arbeit  nach  zwei  Tagen  abzubrechen  und 

^     diesen  Tagen  selbst  zwar  durch  die  Liberalitat    und  Liebene- 

*rdigkeit  des  verehrten  Präfecten  und  der  Beamten    der  Natio* 

»-l-Bibliolbek  ausserordentlich,     durch    den    so   nöthigen  Sonnen- 

liein  aber  nur  spärlicb  unterstützt  wurde,  so  will  ich  doch  im 

«Dlgenden  einige  Notizen  zuBammenstellen :  einmal,  nm  den  An- 

=»ig  derTuUiana  endlich  richtig  zu  stellen,  sodann  aber,  um  im 

^gensatz  zn  der  AeusRernng  P.  Krügers  (Hernies  V'    p,  146]  zu 

igen,    dasB  trotz    'der  bewährten   Genauigkeit  Peyrons*  —  die 

wies    nibmwürdig    bleibt  —  *eine  Nach  vergleich  ung    des    von 

^Äi  Gelesenen'  doch  nicht  ganz  'nutzloe"*  ist. 

Um  mit  Kleinigkeiten  und  Kleinlichkeiten  zu  beginnen,  eo 
^t  Peyron    —    namentUeh  wo    er    bloss  Varianten  verzeichnet, 
^ine  vollständige  Abschrift  gibt  —  Orthographica  ohne  die  Ge- 
nauigkeit und  Consequenz  bebandelt,  die  er  selbst  für  notbwendig 
ilärte  und  die  wir  heutzutage  erst  recht    bei    einem    so    alten 
d  würdigen   Pergamen  verlangen.     Dies  betrifft  nicht  bloss  sich 
Wiederholendes    (wie  AE  :  E,    AT:  AD,    -IS  : -US  und   -ES), 
^dem  auch  Bemerkenswerthea,  wie  pro  Chmith  §  3  (p.  102,  8 
Oller])  INPLURANDA  statt  imploranda  und  pro  Caelio  ^ßl 
'^^^-  109,  16   Μ.)    COMISATORUMQ•    statt    cömissatorimque\ 
*^^>'  welche  Schreibung    ich    der  Kürze  wegen  auf  meine  Bemer- 


^Vü 


1  Gleich  darauf   hat  der  Palimpsest   LYCNORUM,    nicht    lych- 
'^^»rum  (wie  Peyron  angibt). 


1&6 


Miscellen. 


kungen  zu  Persa'  568  und  MostelL^  989  verweise.  Auch  eoti* 
EiHge  Aeueserliclikeiten  sind  nachzutragen.  Z*  B.  ist  pro  Caelio 
S  54  (p.  103,  32  M.)  nach  poiuisset  ein  Äbeatjs  gemaeht^  was  für 
die  von  Halm  u.  A.  bevorzugte  Interpuuction  potuisset?  ei  und 
gegen  MüllerB  potuissei  et  spricht  ^.  Ftjrner  hat  Peyron  beßondera 
häufig  unterlnesen  die  eigenen  Correcturen  des  Schreibers  »u  bu- 
chen. Diee  ist  ja  gleicbgiltiger,  wo  die  verbesBerte  Lesart  ohne 
Weiteres  eingesetzl  ist^:  wesentlicher  ersclieint  es,  wo  die  Ver- 
beflseruii^  tiberflehen  isL  Z*  B.  ist  pro  Caelh  §41  (p.  99,  2)  in 
COßROBORATAM  da&  Μ  durdistrichen  und  puiictirt  und  §  56 
(p.  104,  29J  in  SEÜEKBOSE  dag  erste  SE  getilgt;  ebeneo  iet 
pro  Scauro  §  24  (p.  551,  35)  in  UStO  und  §  25  {p.  252,  6)  in 
ADOl  das  0  getilgt^  und  bei  dem  letzteren  Wort  ist  ein  klei- 
nes I  neben  1  geaetxt  (ADOl^);  ^azwifichen  aber  (ρ,  252,  l)  ist 
gar  nioht  INPROUINClÄMIPSA  überliefert  —  was  mit  Pey- 
ron  Bei  er  und  Halm  vertheidigen  wollten  — ,  sondern  das  Μ 
von  PRO  ÜI Ν  CIA  Μ  ist  getilgt  und  ein  Strich  bei  IPSA  nicht 
sichtbar,  so  dass  also  der  Codex  selbst  die  von  Kayser  und 
Müller  nach  Mai  eingesetzte  Lesart  bestätigt. 

Was  dann  weitere  Varianten  betrifftt  so  ist  es  ja  leicht  zu 
verschmerzen^  dass  Peyron  derartiges  übersehen  hat,  wie  pro 
Caelio  §54  (p.  103,  35}  negieret  statt  neghgeret,  sowie  §67 
(109,  21)  Ma  mniiere  statt  istam  mulkrem  und  g  68  (p.  109,  32) 
inquid  placui  statt  inquid  plucuit  oder  de  imp.  Gn,  Pontp,  §  41 
(p,  88,  32)  seuire  statt  seruire  und  §  42  (p.  89,  2)  cognostis  statt 


•ϊ  Zu  dem  Abschnitt  pro  Caelio  §38-42  (p.  97,  20-99,  22  M.) 
war  hervorzuheben j  daes  verschiedene  Zeilen  abgeBchnitten  sindt  näm- 
lich §41  se  rtpiipnantis  —  fiiicia  (p.  98,  31—33),  §  42  [for]U  inuene- 
ritis  —  &iitmita[ii^m}  (p.  99, 3— fcJ)  und  \ituluptasqxmiifa  (eJc  !)]i»öni?m  — 
püifimuni[itm\  ip  99,  15—15).  Dagegen  ist  pro  TuUio  §2  (|x  3»  UM.) 
von  teatthus  nicht  nur  TE8,  »ondern  auch  der  obere  Theil  von  TIB- 
deutlich  erhalten. 

^  So  iet  pro  Smuro  §25   (p.252,  7  M,)  UR   über  (COLLOQUE- 
BAN)T  gerade  bo  übergeschrieben,  wie  vorher  lÜ  zu  DlCEis:  das  letz- 
tere, nicht  das  erstere  merkt  Peyron  an.     Aehnlich  ist  pro  Cluentio  §  3 
0  Α  US 

(p.  101,  23)  RELARGIRl   und   (p.  102,  IJ)    DOCEMCS   und  OREMIN 

R 
gesetzt,   sowie  §  6  (p  102,  23)  INGENISPÜDENTIÜM,   §6  (p.  102. 30) 
.U  AD 

ETNEQUm  und  (p.  103,  3)  SEDEXTREM  UM  (wo  mehrere  Bands  cbrif- 
ien   bei    Halm    ad    auslaesen).     Ferner   ißt  pro  TuUio   §  1  (p.  3,  1  M.) 

Ε 
ACURATACOGITATIONE  im  lesen.      Dass   pro  ΤίΗΙΐσ  §45    (ρ.  13,  β) 
zwnichen  UEL  und  AP8E  nicht  nnr  U,    sondern  ÜI  (mit  kleinerem  I) 
übergeschrieben  ρθϊ,  hat  schon  Keller  zweifelnd  bemerkt 

a  Ob  pro  Scauro  §27  (p.  252,  20)  in  ÜOCUlSSUET  da«  falsche 
U  getiljft  war,  läset  eich  wegen  Deckung  nicht  bestimmen.  Dagegen 
pro  TuIUo  §41  tp^  12,  12)  ist  in  ABLEGAE  die  Tilgung  des  Α  vor 
Ε  nicht  minder  dentlicb,  wie  in  anderen,  von  Peyron  angegebenen  Fällen, 
».  Β  in  der  folgenden  Zeile  des  D  von  ID  {für  das  keineswegs  Ν  cor- 
rigirt  ist). 


Miecelteii. 


157 


cagnouisfis.  Scbou  auffallender  i«t,  das»  er  pro  Cluentw  §  2 
(p.  100,  11)  DESIDERO  fdr  rowÄiiierö  aosser  Acht  lassen  konnte. 
Für  deu  Text  selbst  ist  beinerkenswerth,  dass  in  Clodium 
§  22  (p.  274,  23)  stwiacben  0  singulare  prodigium  ußd  monstrum 
ganz  deutlieh  ADÜ-  steht*,  wie  längst  naeli  Madvige  Vermu- 
ihiiDg  geschrieben  wird  (währeud  nicht  nur  Peyrün,  sondern  auch 
Beier  das  falsch  gelesene  Α  DO  als  at  ο  halten  wollten),  und  ilase 
pro  Γιι//ίο§39{ρ.  11,  29)  ehenao  deutlich  das  mit  Recht  bevorzugte 
DEPÜLSUä  zu  lesen  ist  und  das  von  Peyron  zv/eifelnd  einge- 
setzte DETRÜSÜS  ganz  ausgeschloeeen  erscheint. 

Mehr  noch  gewinnen  aus  genauerer  Lesung  zwei  Stellen 
d©r  Rede  pro  Scauro;  3  §2  (p.  247.  36j  liest  man:  Quid?  in 
omnüma  mofiutnentis  Giaeciae,  quoe  sunt  uerbis  ornatiora  quam 
rebuSf  quis  inuenifur,  cum  ab  Alace  fahuUsque  discesseris^ 
\γΗΐ  lamm  ipse  "^  Jgnominme  dohre*  ui  art  poefa^  uktor  insofens  stt 
iwctum  nun  potmt  pati\  praeter  Athenicnsem  Themisioclem,  qui 
[Be  ipse  morte  muitauit?  Aber  der  Palimpsest  hat  SK  IPSO  || 
MORTEMÜLTARIT  und  nicht  nur  muUarit  hätte  man  länget 
auch  80  herittelien  sollen,  stindern  auch  qui  se  ipsum  ist  nach 
dem  unmittelbar  vorhergehenden  gwi  tone» /pse,  eine  entschiedene 
Verbesserung.  Im  weiteren  Verlauf  dieses  AbBchnittes  hat  übri* 
gens  der  Palimpsest  selber  corpore  (p.  248^  8)  und  iecit  (p*  248, 
17),  wie  UmgKt  nach  Beiers  VermuthuDg  geschrieben  wird,  wäU• 
rend  Peyron  CORPORI  und  LEGIT  angab.  Dann  aber  schreibt 
man  nach  seiner  Angabe  pro  Scauro  23  §  47  (p*  257,  14)  cum 
icmplum  iUud  arderel^  in  medios  sc  huecit  ignes  et  eripuit 
fiamma  Palladium  ilfud.  qttod  quasi  pignus  nosirae  sahäis  atque 
imperii  Vestae  citsfodiis  [die  Umstellung  custodiis  Vestae  beruht 
nur  auf  einem  Versehen,  das  Kayser  und  Müller  von  Halm  über- 
nommen haben]  continetur.  Hier  hatte  ich  schon  früher  eripuit 
ex  flamma  verrauthet,  weil  unmittelbar  folgt :  Eripcret  ex  hac 
fUxmma  stirpem  profecto  suam^  gut  eripuisset  ex  ülo  incendh  . . , . 
Der  Palimpsest  hat  nun  ganz  deutlich  EEIPÜITEFLAMMA, 
nicht  ERIPLTITFLAMMA. 

Noch  wichtiger  iati  daee  das  erste  Blatt  der  Rede  pro  Tut- 
liOj  das  nach  den  Mittheilungen  von  Keller  (Semtistn  ad  M.  T. 
Cic.  I,  III  [Turici  1857]  p.  664)  und  Kriiger  (a.  a.  0.)  für  ver- 
loren oder  gar  für  gestohlen  galt,  sich  mittlerweile  wiedergefun- 
den hat  und  jetzt  gesondert  (nicht  bei  den  übrigen  Blättern  der 
Rede)  dem  Manuscript  Α  Η  2  wieder  beigelegt  ist  In  der  ersten 
eonnigen  Stande  meiuea  Turiner  Aufenthaltes  gelang  es  mir,  den 
verzweifelten  Anfang  zu  entziffern,  während  ich  mich  im  üebri' 
gen  bei  der  herrechenden  Trübe  an  so  achwierige  Stellen  nicht 
wagen  konnte. 

Es  ist  ebenso  auffaltend,  dass  Fejron  (und  Keller  mit  ihm) 
eich  begnügen  mochte  bei  der  Ergänzung  Anten  sie  hanr  causam 
aditram  recuperatores,  als  dass  bei  Baiter,  Kayser  uDd  Müller 


1  Gleich  darauf  9  23  (p.  274«  26)  sieht  deutlich  MULIEBRIESTE 
iiatt  muH f tri  itesie* 


168  MiMoUen. 

AnfnAhme  finden  konnte  die  Ergänzung  von  Beier  Antea  sie  hanc 
causam  agere  statueram  recuperatores,  neben  die  Beier 
eelbet  später  (Jahns  Jahrb.  I  [Ι82β]  ρ.  219)  die  Vermuthnng  stellte 
Antea  sir.  hanc  causam  aggressus  er  am  (oder  fueram)  re- 
cuperaiores.  Selbst  ein  flüchtiger  Blick  in  Peyrons  Apograpbum 
masste  zeigen,  dass  die  erste  Ergänzung  für  den  Raum  zu  klein, 
die  beiden  Beierschen  aber  dafür  zu  gross  waren.  Der  einzige, 
der  diesen  Gesichtspunkt  überhaupt  beachtete,  war  der  gelehrte 
Jurist  Ph.  £.  Huschke  in  seines  Oheiras  J.  E.  Huschke  '  Ana- 
lecta  litteraria*  (Lips.  1826)  p.  98,  der  danach  einsetzte  Actio- 
nem  priorem  sie  adieram,  recuperatores.  Dabei  maciite  sich 
Huschke  von  der  Lesung  der  ersten  Zeile,  wie  sie  Peyron  zwei- 
felnd gegeben  hatte,  vollständig  los,  und  das  war  ein  Fehler: 
denn  die  Peyron'sche  Lesung  der  ersten  Worte  ist  ganz  sicher 
richtig.  Trotzdem  kommt  diese  freie  und  kühne  Gestaltung,  die 
Huschke  noch  weiter  zu  begründen  suchte  mit  der  Nothwendig- 
keit,  die  Verhandlung  im  Eingang  deutlich  als  'actio  eecunda  * 
gekennzeichnet  zu  sehen,  im  Sinne,  keineswegs  im  Wortlaut,  der 
Wahrheit  am  nächsten.  Denn  trotz  der  Schwierigkeit  der  Ent- 
zifferung glaube  ich  folgende  Lesung  verbürgen  zu  können: 

ANTEASICHANCCAIJSA 

APÜDÜOSEGIRECIPERA 

TORES  1 
Glücklicher  —  und  doch  nicht  ganz  glücklich  —  ist  man 
bei  Ausfüllung  der  nächsten  Lücke  gewesen  zwischen  TORESUT 
und  TU||R0SADUERSAR10SARBI||TRARER.  Nachdem  Pejron, 
sowie  Beier,  Huschke  und  Keller  mit  ihm  ut  numquam  dic^ 
turos  versucht  hatten,  fand  allgemeinen  Beifall  Orellis  ut  infi^ 
tiaturoSj  das  sich  sofort  empfehlen  musste  durch  den  Hinweis 
auf  das  folgende  ut  ne  aduersarii^  quod  iufitiari  nullo  modo  po- 
tuerunt  cum  maxime  cuperent,  id  cum  confessi  sunt,  meliore  loco 
esse  videanfur,  das  aber  für  den  Raum  wieder  etwas  zu  klein  ist, 
wie  andererseits  die  Peyron'sche  Ergänzung  zu  gross.  Nach  Spa- 
tien  und  Resten  ist  vielmehr  sicher  zu  lesen: 

TORESUTINFITIASITU 

ROSADÜERSARIOSARBI 

TRARER 
Allerdings  hätte  man  auch  nach  dem  ciceronischen  Sprach- 
gebrauch vielmehr  infitiaturos  als  infitias  ituros  zu  erwarten  ge- 
habt: aber  nunmehr  ist  dieser,  später  von  Cicero  durchaus  gemie- 
dene Archaismus   den  ähnlichen  Beispielen  hinzuzufügen,  welche 
aus  den  älteren  Reden  (die  TuUiana  inbegriffen)  Hellmuth  in  den 
Acta  seminarii  Erlangensis'  I  p.  101  ff.  zusammengestellt  hat. 
Heidelberg.  Fritz  Scholl. 


1  Auch  die  Form  rectperatorfSy  die  Baiter  schon  vermuthnngs weise 
dem  Paliinpsest  vindicirt  hatte,  ist  sicher.  Lediglich  über  diese  Form 
verbreitet  sich  Müllers  Anmerkung. 


MiBoellen. 


159 


Ζα  TUufl,  titns,  titiu,  titnlue. 

Die  meiHten  Namen  für  Familienglieiler  (oder  urspr.  alle?) 
Γ  find  BOg.  Koeewörter»  Kiniler Wörter,  d,  h.  einfache  Natorlante, 
cf.  gr*  DiaL  ττά,  πάτητα,  hl.  papa  als  Bezeichnung  des  Vaters, 
neben  papae  πατταί  ab  Interjektion.  Solch  ein  Kinder-  bezw» 
Naturlaut  Ist  nun  auch  iat^  cf,  die  lateiniecben  Interjektionen  tat 
(PI.  Trnc.  ϋ63?)  und  iatae  neben  tata  Vater.  Neben  diesem  Stamm 
mit  α  finden  sich  auch  Formen  mit  e,  eo  im  Gr.  τέττα  (Väter* 
eben)  neben  lat.  Tettius^  und,  wie  ich  glaube  auch  mit  L  Ich 
ziehe  nämlich  mit  Mowat  hs  nomea  familiere  chez  leg  Homaina 
S.  25  f.  auch  Titus  hierher  und  berufe  mich  dafür»  ebenso  wie 
Mowat,  auf  theßMal.  τίταΕ,  τίτας  König,  τιτήνη  Königin,  als  deren 
nrspr.  Bedeutung  ich  Landesvater  bezw.  -mutter  aimehine.  Da- 
nach würden  den  Vornamen  Titus  urepr.  besonders  aolche  Kinder 
erhalten  haben,  die  eine  besonders  grogae  Aehnlichkeit  mit  dem 
Vater  zu  zeigen  und  somit  'der  ganze  Vater'  zu  sein  schienen. 
^Wir  hätten  darum  aber  in  der  Bezeichnung  des  Subinerköniga 
Tatine  noch  keine  Tautologie  zu  sehen»  wenn  auch  die  Homer 
'gern  bei  der  Namen gebnng  denselben  Stamm  doppelt  anwendeten, 
cf,  PompQs  Ponipilius,  Hostus  Boetitina;  denn  Tatius  würde  nicht 
auf  die  Aehnlichkeit  gehen»  sondern  nur  angeben,  dass  der  be- 
treffende der  Sohn  eines  Mannes  mit  dem  Cognomen  Tata  war 
oder  ein  *  Vaterssöhnchen*. 

Reine  Natur worte  sind  aber  auch  diejenigen,  die  den  Ton 
eines  Thierea  nachahmen,  und  es  wäre  bei  ihrer  nahen  Beziehung 
zu  einander  gar  nicht  zu  verwundern,  wenn  diese  mit  jenem  durch 
Zufall  einen  ähnlichen  Klang  aufwiesen.  Und  so  wäre  denn  auch 
die  Aehnlichkeit  von  Tihts  und  dem  Verb  tdiare  auf  diese  Weise 
zu  erklären,     tata  ( TUm)  :  titiare  wie  papa  :  pipiate? 

DasH  aber  der  Vogel,  die  Taube  gegenüber  τιτίς  eine  mit 
dem  Praenomen  T.  völlig  übereinstimmende  Form  erhielt»  kommt 
Wühl  daher,  düRs  die  Vorliebe  des  Volkes  beliebte  Thiere  gern 
mit  Mensch  enn  amen  zu  bezeichnen  —  ich  erinnere  an  renard^ 
Markolf  bezw.  Markwart  {der  Häher)  und  an  κά0τιυρ  —  hier 
mit  thätig  war.  VergL  fürs  Deutsche  Glöde,  Zeitschr.  f,  d. deutsch. 
Untern  V  S.  741  f.  Auch  musste  es^  als  man  sich  der  urspr. 
Bedeutung  von  Titus  nicht  mehr  bewusst  war,  für  eine  Mutter 
sehr  willkommen  sein,  ihren  Sohn  seinem  Namen  nach  als  ein 
Tätthchen  auffassen  zu  dürfen*,  Sollte  ^ai?ia»  eine  Möwenart  nach 
,Plin,  10,  '^^t  nicht  ebenfalls  zu  der  altern  Form  von  Gnia,  Gavia 
in  Beziehung  stehen?  Ich  glaube  sogar  in  caia  Prügel  (caiare, 
Icaiatio)  unsere  Caia  in  ironischer  Weise'  übertragen  noch  zu 
Ifinden,  insofern  nach  Fetitue  p.  238,  '33  M.  unter  Gaia  allgemein 
die  Braut,  die  Geliebte  verstanden  werden  und  bei  der  Aehnlich- 
keit des  Klanges  von  ο  und  g  im  Latein  diese  leicht  verwechselt 


1  Daraus»  dass  Zenodot  II.  2,  314  ητΐΖοντας  als  diapondeua  auf- 
fftSBt,  nebnie  ich  keine  Veranlaesung^  Uit4s  von  den  griechisoben  Worten 
£U  trennen,  da  da«  i  als  in  arfii  gelängt  aufgefasst  werden  kann. 


ΙβΟ  ΜίΜθΙΙβη. 

werden  konnten,  zumal  da  der  Unterecheidnngetrieb  darauf  hin- 
drängte, caia  von  Gaia  zu  trennen. 

Titio  der  Feuerbrand  als  der  knietemde,  ziscliende  etwa 
auch  personificirt  und  zu  Titus  gebildet,  nach  Analogie  von  Ru- 
fu8,  Bufio? 

Dafür,  dass  titus  in  übertragener  Bedeutung  gleich  penis 
war,  sowie  dass  τιτίς  sowohl  das  männliche  als  das  weibliche 
Glied  bedeuten  konnte,  bietet  das  Plattdeutsche  eine  passende 
Parallele.  Denn  nach  Schiller-Lübben  mittelniederd.  Wörterb. 
bedeutet  duve  Tnube  und  penis,  das  davon  abgeleitete  duvet  pu- 
dendum  muliebre^. 

Aus  der  letzten  Bedeutung  von  titus  kann  glaube  ich  auch 
titulus  mit  seiner  abweichenden  Bedeutung  erklärt  worden.  Grade 
wie  die  Deminutive  vonjuwis,  j^iicuUiS^  peif?ci7/fi«  in  übertragener 
Bedeutung  gebraucht  wurden,  so  auch  tHuIus^  und  wie  testis  so- 
wohl Hode  als  auch  Zeuge  bedeutet  (v^l.  das  deutsche  ^zeugen, 
erzeugen'  neben  *  Zeuge'),  so  konnte  wohl  auch  titulus  Aushänge- 
schild, Kennzeichen,  Zeichen  bedeuten  und  daraus  die  übrigen 
Bedeutungen  sich  entwickeln. 

Celle.  August  Zimmermann. 


^  Zu  vorstehendm  Ausführungen  bitte  ich  den  Aufsatz  Büchelers, 
W.  Archiv  Π  8.  lir»f.  u.  S.r>08  zu  vergleichen. 


Verantwortlicher  Redacteur:  Hermann  Rau  in  Bonn. 
(1^.  Dezember  1894) 


UalvertiUtt-Bachdruekerei  τοη  Carl  U«orgi  In  Boan. 


161 


Die  Taticanisehe  AriAdne  und  die  dritte   Elegie 
de»  Properz. 


I 


7, 

WanD  aber  ist  sie  oder  ibr  nichstee  Vorbild  entstaodeti  ? 
'^and  welcher  Epoclie  der  griechiecben  Kunat  ist  dieee  Schöpfung 
^tiKüweieen?  Unsere  Arcbäologen  änsBern  sich  ech wankend  und 
Äiirüökhaltend.  Heibig  in  seiaem  Führer,  einer  der  letztenj  die 
^in  ürtheil  geben,  hält  nicht  für  unmöglich,  dats  die  Erfindung 
:3ioch  dem  vierten  Jahrhundert  angehöre. 

So  wie  die  Venus  von  Milo  auf  Münzen  von  Magnesia  er* 
scheint»  so  unser  Ariadnebild  auf  Mtinzen  der  Stadt  Perinth  oder 
Heraclea.  Das  betreffende  Exemplar,  da«  bekannt  geworden,  ist 
eine  in  Perinth  geschlagene  Neocoren-Münze  des  Alexander  Se- 
verus*  und  kann  nicht  vor  dem  Jahr  222  nach  Chr.  auegegeben 
ieiQ^.  £e  scheint  danach,  daes  die  Stadt  in  dieser  späten  Zeit 
durch  ein  eolches  plastisches  Werk  berühmt  war.  Und  man  wird 
darin  niobts  Befremdliches  finden,  wenn  man  sich  erinnert,  dass 
eben  dort  der  Gottesdienst  des  Dionysos  blübte^  Das  Bildwerk 
kann    dort    lange  gestanden    haben    und  von    ansehnliebem  Alter 


gewesen  sein;  vielleicbt   ist  es    aber  auch  nur  eine  Copie  gewe- 
sen.   Biee  zu  entscheiden  fehlt  jeder  Anhalt*,     Es  glich  der  vati- 


ι  Β.  Wieeeler,  Alte  Deokm,  U  417;  Baumeister  n.  13L  Eckhel 
!>.  N.  11  S.40;  Mionnet  descr.  ί  S.412  η.  324;  R.  Rochette,  choix  de  p. 
Κ   49, 

2  Vgl.  Guilelraus  Buechner,  De  neocoriat  Giflsae  18rt8  ρ*10Γ)βΐΓ>2. 

*  β,  Jacobs,  Vermi echte  Schriften  V  S.  41ί>. 

*  Jacobs  freilich  meinte»  da»  Original  werk  sei  dae  Perinth  iiche 
gewesen,  Alexander  Severus  habe  es  dann  nach  Rom  entfubrt  und  £Ui' 
Erinnerung  hieran  habe  Perinth  das  Werk  im  Abbild  auf  seine  Miiiiien 
geprägt.  Selteam  genug,  einea  Statueoraub  so  zu  verewigen.  Zum 
Ulück  iflt  nichts  von  alledem  überliefert.  Ebenso  denkbar  wäre,  daas 
der  Kaiser  der  Stadt  damals  dies  Werk  schenkte  und  man  deu  Dank 
im  Mtinzbild  ausprägte. 

^n        Eh«lfi.  Um.  t  FhUai.  X.  F.  U  11 


18? 


Birt 


üaniHüheti  Statue  in  hohem  Masse ;  hatte  dieselbe  llichtutig ;  und 
Über  dem  Kopf  fehlte  Dicht  dei-  Hintergrund  gebende  Mantel, 
welche  Draperie  doch  auf  dem  kleinen  vaticaniechen  Relief  cba- 
rakteristiecber  Weiee  nicht  angebracht  let  {vgl.  S.  57). 

Wie  weit  verbreitet  der  Rubui  des  Werkes  im  Verlauf  der 
npäteren  Kaieerzeit  war,  kann  xibrigens  auch  noch  beiläufig  aue 
dem  Roman  des  Chariton  von  Aphrodieias  belegt  werden.  Hier 
wird  nämlich  I  c,  6  die  scheintodte  schöne  KaUirrhoe  vollge- 
wandet  auf  der  Bahre  getragen  und  es  heisst»  sie  habe  sich  dabei 
flo  groBsartig  ausgenommen^  dass  man  sie  allgemein  mit  der 
eohlafenden  Äriadne  verglich.  Die  Erwähnung  der  Gewan- 
dBög  empfiehlt  es,  auch  bier  an  eine  Statue  nach  Art  der  vati- 
caniechen, also  an  eine  Replik  eben  dieses  Monumentes  zw  den* 
kan.  —  So  wie  die  Heroine  auf  Naxos,  erwacht  dann  auch  Kal- 
lirrhoe  hernacb  hilflos  und  verlassen. 

Folgen  wir  jener  Münze  weiter,  so  war  das  Werk  in  Perinth 
nicht  allein  aufgestellt;  es  war  vielmehr  Theil  einer  Gruppe  von 
Statuen,  muthmasslich  auf  getrennten  Basen;  in  der  Mitte  hinter 
der  Heroine  stand  Diouys  im  Lockenhaar*  »υ  hoch  autgestellt, 
dass  kaum  mehr  als  seine  Füsse  durch  das  AriadnehiM  verdeckt 
und  tiberechuitten  wurden.  Weil  aber  diese  rieseniange  vertikale 
Gestalt  hinter  der  horizontal  liegenden  emporragend,  wie  ein  zu 
langer  Mast  über  einer  Barke,  einen  unbeschreiblich  hässlichen 
Anblick  gewähren  würde,  waren  neben  Dionys  rechte  und  links 
auf  gleich  hohen  Postamenten,  Erstaunen  und  Begierde  ausdrückend, 
weitere  Figuren  de»  Thiaeus  gruppirt,  die  dem  Gott  kaum  bis 
jtur  Brusthöhe  reichen  und  bestimmt  waren ,  die  Linien  auszu* 
gleichen,  die  Gruppe  zu  runden  und  die  hässlicb  leeren  Winkel 
2U  füllen.  Also  eine  Gruppe  von  zumeist  getrennt  aufgestellten 
Statuen  wie  die  Niobiden;  und  wie  bei  diesen,  zeigten  die  Plin- 
then  muthmasslich  Felsengrund. 

So  weit  das  Münzbild.  Ist  nun  die  Ariadne  in  Perinth  daa 
Original  unserer  Vaticaniechen  gewesen  und  hat  dort  noch  im 
B*  Jahrhundert  n.  Chr.  bestanden?  ist  di^  Vaticana  eine  Copie 
nach  ihr?  die  Statuen  von  Madrid  und  Florenz  etwas  freiere  Um- 
bildungen? Und  haben  wir  utib  das  Bildwerk,  da«  uns  so  ein* 
gehend  beschäftigt,  in  Wirklichkeit  nur  als  Theil  einer  Gesammt- 
gruppe  vorKustellen,  wie  sie  das  Münzbild  zeigt?' 

*  So  hat  man  in  der  That  angenommen;  s*  bes.  Fr.  Jaeobi^  Ver- 
mischte Schriften  V  S.  403fl\  Helbig  in  seinem  Führer  äuB*ert  eich  mit 
Grund  zurückhaltend  gegen  solche  Hypotbese. 


Die  TaticaniBche  Ariadne  tind  die  dritte  Klegie  dei  Properz.     16•^ 


Eine  gltickli^he  Erdodiing  können  wir  jene  Gruppe  nicht 
tienueii.  Das  steile  Co1o8i*albiM  des  Bacchus  hinter  Ariadnen  ist 
ein  Kreut  filr  da»  Auge,  und  die  Füllfiguren  reichen  nicht  hin  ι 
nne  auszuBöhnen.  Der  Ε  runder  ist  von  dem  Vorbild  dee  atti- 
acben  Wandgemälde«,  dae  wir  zum  Ausgangepunkt  nahmeis,  wilt- 
iürlich  abgewichen.  Nur  Ariadne  int  beibehaltcnj  wie  eie  war; 
ihre  Umgebung  gansE  verändert.  Der  etwas  weichlich  lockige 
!Baccbue,  wie  ihn  die  Münze  zeigt,  auf  einen  Satyr  gestützt, 
scheint  aber  nicht  einmal  im  ätil  mit  dem  Aria<Jnebi1d  zu  har> 
moniren  mid  einem  anderen  Zeitgeechraack  anzugehörend  Man 
liat  den  Eindnickf  ale  sei  er  mitaammt  den  Batjm  und  Paniaken 
«rat  naohträglich  hinzuoomponirt  ^. 

80  lenkt  Zweifel  und  Mi«sbehagen  von  der  Anaahniej  daae 
die  Statue  ureprünglich  Theil    einer  Gruppe  war,    immer  wieder 
liinweg.    Und  fragen  wir,  worauf  denn  für  una  seelisch  der  Haupt- 
:reiz   des  groseen  vaticanischen  Monumentee  beruht?     Es    ist  das 
Gefühl  der  Einsam  keit^  das  diese  Ariadne  erzeugt;    dem  Be- 
schauer wird  die  wonnige  Ueberraachujig,  die  der  Gott  einst  er- 
lebt, vermittelt:    ea  ist  ein  Gefühl,    tia»  uns  mit  Märchenzauber» 
,it    flüsser  Neugier   und  mit  heiliger  Scheu  erflUlt:    der    iiberra- 
ichende   Anblick    einer    tief    ein»am     wehrlos    schlafenden    Frau. 
DB  will  bedünken:    der  Künstler    hätte  seine  schöuete  Wirkung 
verstört,  hätte  er  den  Beschauer  daneben  gemeisselt. 

Was  unsere  Empfindung  uns  anzeigt,  scheint  durch  ein  Zeug- 
niee  aus  alter  Zeit  nocii  glücklich  beetätigt  zu  werden.     Auf  die 
^dtatoe  der  Ariadne*    besitzen  wir  zwei  griechisehe  Epigramme, 
Anthol.  Pal.  XVI  (Plannd,)  n.  145  u.   146: 
Das  eine  besagt: 
Fremdlinge,  rührt  sie  nicht  an,  die  steinerne  Maid  Ariadne, 

IBabs  eie  nicht  jäh  aufspringt  und  den  Geliebten  vermisst. 
Das  andere: 
*  Aach  er  ist  in  Sknlpfcurwerken    erhalten;    vgl.  Mus,  Ρίο  Ciem. 
I  42;  s.  Jahn  S.297. 

^  von  Syhet  macht  mich  darauf  aufmerksam,  dasa  die  Gruppe  auf 
der  Münze  so,  wie  sie  iat,  für  die  Münztlächc  zu  rech  tgee  teilt  scheinef 
dasB  übrigens  gewiss  Bacchus  und  nicht  Ariadne  die  Hauptfigur  war 
(wie  denn  der  Dionysoacult  für  Terinth  feststeht)  und  Ariadne  und  das 
weitere  nur  dasugetbao  scheine.  —  In  der  That  existirt  ein  Exemplar 
Leines  auf  den  Satyrn  gestützten  Diony§,  auf  dessen  Sockel  sich  nebenbei 
iie  Figur  der  acMafendeu  Ariadne  im  Kelief  befindet;  Jahn  a.  a.  0. 


IM 


Birt 


Sterblich  nicht  war,    der  dicli  ichuf.     Denn  wie  Bacclme  dich 

liebend  gewahrte, 

Da  du  auf  FeUgrund  lagst,  hat  er  dich  meieeelnd  geformt^. 
Der  Dichter  kannte  abo  nur  die  eine  Statue  und  fand  nur  sie  zu 
besingen.  Auch  sehen  wir:  weon  sie  aufspringt^  wird  sie  nur 
nach  Thesens  suchen ;  es  steht  also  nicht  da,  sie  wird  den  Dionye 
gewahren.  Und  ferner:  sie  liegt  so  da,  wie  Bacchus  sie  einst 
gesehen:  also  sieht  er  sie  jetst  nicht;  sie  ist  also  allein.  Und 
endlich :  '  Bacchns  selbst  hat  sie  geineisselt  ^.  Der  Gott  konnte 
sich  aber  doch  nicht  auch  noch  selbst  daneben  gemeisselt  haben  ; 
man  wusste  also  nur  von  der  einen  Figur.  Diese  Epigramme 
sind  gewiss  nicht  späi^  und  geben  Zengniss,  dass  mindestens  schon 
im  ersten  Jahrhundert  n.  Chr.,  vielleicht  aber  schon  im  ersten 
V.  Chr.^  Ariadne  als  ein  alleinstehendes  Werk  berühmt  war. 


1  Der  griechische  Text  ist  n,145: 
Εις  αγαλμα    Αριάδνης. 
OO  βροτός  6  γλύπτας*  οϊαν  bi  α€  Βάκχος  έραστάς 
dftev  ύπ^ρ  πέτρας  iieot  κεκλιμίναν. 
η.  146:  €ΐς  τό  αύτά> 

Edvoi^  λαΐνέας  μή  ψαύ€Τ£  τας  Άριά&νας 
μ  ή  καΐ  άναθρι^οκτ)  Θησέα  ΟιΖομ^νη. 
*  Βιίκχος  ist  granmiatiech  das  Subjekt  zu  lEcoc. 
"  Im  ersten  Epigramm  hat  πέτρας  die  erste  Sitbe  mit  Muta  cum 
liquida  ab  Länge  in  der  Senkung. 

^  Sie  standen  mutbmasslich  entweder  im  Kranz  des  Philippos  oder 
M!hon  in  dem  des  Mekager.  ChanikteriB tisch  ist  znuächei  die  enge 
Fassung  in  einem  Distichon.  Diese  ist  in  den  Wettepigrammen  auf 
Myrona  Ktih  von  Vielen  durchgeführt,  Änthol.  IX  713—738,  wo  alt 
Yerßmer  u.  a.  Antipater  von  Sidon,  Dioskoride»  aus  Mekager's  Samm- 
lung» Euenos  aus  der  späteren  erscheinen;  übrigens  einer  der  beiden 
Leonidan.  Auch  ^onet  werde  ich  hier  vorzüglich  Ekphraseis  in  einem 
Dietiohon  zum  Vergleich  benutzen.  Die  Hauptbeispiele  stehen  nnter  den 
Flanudea  bei  Jacobe.  Ein  altes  Beispiel  unter  Asklepiades'  oder  Poei- 
dipp'fl  Namen  n.  68: 

Κϋπριίκ)ς  &h'  cIkuüv  φέμ*  ibώμtBa  μή  BcpcviKoq. 
ΙηστάΕω  ποτέρα  φή  τις  όμοιοτφαν. 
Alt    gewiss    auch   u.  259  (α&ηλον);    dazu  326;  143  (Antipater  Macedo). 
D.  98  (Λλλο*  schwerlich  von  dem  Damag-etos  in  n.  %)  auf  den   trunken 
ila liegenden  Heraklei: 

Οΐίτος  ό  vöv  öirvü*  βεβαρημένος  ήοέ  κυπέΑλψ 
Κ€νται&ρους  νήφαιν  oivo βαρείς  6λ€σ€ν. 
Zu  der  Idee  dee  cweiten  Anadne-Epigramms:  *  rührt  sie  nicht  an,  dasi 
sie  nicht  aufspringt*    sind  uun  vorzüglich    die  folgenden  Analoga  vor- 
kandeu:  ii.  58  (ά&ηλον  €ΐς  βdιcχηv  Iv  Βυςαντίιυ): 


ι 


Die  vaticAniBchc  Ariadne  und  die  dritte  Elegie  des  Proporz,      165 


Ich  kann  nun  freilich  nicht  behaupten,  am»  dieae  Gründe 
ganz  zwingend  sind.  8ie  könnten  tänecben.  Vornehmlich  in  Rück- 
»cht  auf  jene  Epigramme  liesee  sich  denken,  dase  mögltcherweiee 


*l<rx€T€  τήν  Βάκχην,  μή  λαΐνέη  ΐϊ€ρ  έοΟσα 
ούΜν  ύΐΓ€ρθ€μένη  νηάν  ύπΕκπροφύγη. 
Dies  nimmt   sich  wie   eine  »pite  fftcbahmang   nach   jenem    aus.    Vor 
allem  aber  α.  iObj  muthmasfllicb  dee  jüngeren  Platon :  '  Den  Satyr  hat 
Diodoros  nur  in  Schlaf  versenkt,  aber  nicht  gemeieeelt;  etöe&t  du  ihOi  ao 
wirst  du  ihn  wecken'  : 

Τόν  Ιάτυρον  Διόδυυρος  έκοίμισέν,  ούκ  έτόρευαεν, 
fjv  νΐίΕΓίς,  έγίρίίς,  άργυρος  (?)  ΰπνον  ίχει. 
Dazu  das  αΐ)ηλον  u.  24Η.    Dann  aber  nochmale  derselbe  Platon  in  AnthoL 
IX  8^    auf  eine  Brunnengruppe»    Satyr    am  ijuell    nebst    schlafendem 
Amorf  V,  5:  gehe  teise 

μη  τά%α  κο€ρον 
κίνησης  άιιαλφ  κώματι  θΕλγόμ€νον. 
φιβΒ  Thema  ebenda  η.  Η27    von  Ammonioe   wiederholt).      Dieae  Aehn- 
lichkeit  mit  Plato  berechtigt  uns,  daa  zweite  Ar iadnegedi cht  n.  H6  der 
altereu  Sammlung  des  Meleager  vermuthungeweiee    zu    vindiciren  (vgl. 
O.  Benndorf,  De  anth.  Graec.  epigr.  u.  s,  w.,  1862,  S.  1—52). 

Daa   erste  AriadneL'edicbt    ii,  145    gibt    den  Gedanken:    Baochui 
selbst  und  kein  aterblicher  Künstler  könne  die  Figur  geechaufen  haben  ] 
denn  nur  er  habe    sie  ao  liegen  sehen.      Auch   dieser  Gedanke    kehrt, 
wenn  schon  nicht  ganj!  auageruhrtt  gerade  in  einem  Platostüoke  wieder : 
n.  leO  kommt  Aphrodite,    um    ihr    eigene»  ßildnise  anzuschauen,    naoh 
Knidos  und  fragt  nur:    'wo    bat  Praxiteles    mich    <)0  nackt  gesehen?'. 
Darin  liegt:  entweder  ist  Praxiteles  nicht  der  Urheber  des  Bildes  oder 
er  ist  kein  Sterblicher.      Nachbildungen   danach    sind  n.  l&ü    und  162. 
Xoch  gleichartiger  aber  das  Disticbon   Plato's  n.  IGl    auf  dieselbe  kni« 
dische  Gottin:    nicht  Praxiteles  hat  dicli  gemacht  und  überhaupt  kein 
Meisael:  sondern  du  stehst  selbst  da  wie  einst  im  Pariaurtheil : 
OÖT€  σε  ΠραΙιτέλης  τ€χνΛσατο  οοθ'  ό  σίδηρος' 
άλλ'  οΰτως  ίστης  ώς  τγοτ€  κρινομένη. 
Hie  Analogie  des  Ariadnestückee  ist  vollkommen;  wir  folgern,  daee  auch 
dies  so  alt  sein  kann.     Ausserdem  ist  noch  n«  168  zu  vergleichen. 

Uebrigene    findet  sieh  Analoges  aus  verschiedenen  Zeiten;    n.  60 
(des  Simonides;  in  zwei  Trimetern): 

Τ(ς  äb€;  —  Βάκχο.  —  τίς  hl  μιν  Hat;  —  Σκάιιας. 
Τίς  h*  ^Εέμηνε,  Βάκχος  ή  Γκόπας;  —  Σκόιτας. 
H.  81  {Philippoe  εΙς  το  Ιν  Όλυμιτίςι  Διός  Λγ^λμα) :  '  entweder  Zeus  zeigte 
sieh  dir  auf  Erden,  ο  Phidias,  oder  du  selbst  gingst  zum  Himmel  um 
ihn  »u  sehen'.     Etwas  ander«  n.  129  (αδηλον.  €ΐς  ΑΤολμα  Νιόβης) 
Έκ  ε^ής  μ€  θ€θΙ  τεϋίαν  λίθον^  έκ  6έ  λίθοιο 
Zm^v  ΤΤραΕιτ^λης  έμπαλιν  είργάσατο. 
Hier  itehcn  wenigstens  auch  die  Götter  dem  Künatler  entgegen.  In  dem 


lee 


Biri 


Ariftdne  aui  einer  Grapse  die  bermhmteete  Figur  gewesen  wSire 
and  man  eie  damals  alleio  aufzueteUen  sich  gewöhnt  hätte.  Und 
wer  sich  mit  mir  enteoblieset,  den  'NarcisR'  ab  einen  Ariadoen 
hetrachtenden  jangeD  Bacchtis  aufzOfaeeen  (a.  S.  53)»  konnte  gar 
daEU  weitergehen«  auoh  diesen  Jüngling  2u  einer  Gruppe  erg&n* 
zen  zu  wollen;  beide  könnten  zu  einander  streben,  und  es  wäre 
nachzusehen,  ob  *  Narcisa  ,  in  gleichen  Proportionen  neben  Ariadne 
anfgestellt,  stilietiscb  ihr  nicht  zü  lieutüch  widerstreitet.  In  der 
Keliefplatte  aber  wird  uns  mit  Ariadne  eine  dem  ^Narotsa*  im 
Stil  nah  verwandte  Figur  überliefert. 

Mir  ist  es  gleichwohl  unmöglich,  die  beiden  Bildwerke 
anders  als  gesondert  zu  betrachten.  Ich  brauche  nur  als  Analo* 
gie  an  den  gefesselten  Marsyas  (von  dem  die  Exemplare  so  asahl- 
reich)  und  an  die  yergeblichen  Versuche  zu  erinnern,  mit  ihm  den 
sog.  Schleifer  zu  Florenz  zu  einer  Gruppe  zu  vereinigen^.  Aus 
bekannten  Reliefseenen  oder  Gemälden  verselbständigten  eben  die 
Plasten  eine  einzelne  ausdrucksvolle  Fignr  und  überlieAsen  es 
der  Brinnernng  des  Beschauers,  sich  das  Fehlende  zu  ergänzen. 
Der  Ehrgeiz  strebte  dahin,  dass  man  aus  einer  Gestalt  einen 
ganzen  Vorgang  erschliesse*.  Ich  kehre  somit  zur  Ariadne  zurück 
und  halte  daran  fest,  daas  der  Bildhauer  aus  dem  alten  Ariadae- 
gesdälde  die  eine  llaaptfigur  herausgriff  und  sie  so  gestaltete,  dass 
•i•  ihr  Schicksal  ganz  ausdrückte.  Es  wäre  erwünscht 
nt  wissen,  welcher  Epoche  dieser  grosse  Künstler  angehörte. 


Achten  wir  auf  die  Durehdachtheit  und  Erhabenheit  dea 
Aufbaues,  auf  den  grossen  Stil,  mit  dem  die  Gliedmasaen  behan- 
delt, das  Gewand  angeordnet  ist,  auf  jene  keusche  Vornehmheit « 
die  Ton  den  entblosaten  Niedlichkeiten  der  campanischen  Ariadne» 
bilder  so  glorreieh  abstioht,  auf  die  Art.  wie  atr  Reiz  des  Wei- 
bes noch  so  gar  nicht  im  Pikanten  gesucht  wird,  sondern  ein 
edles  Ifasshalten  das  Ganze  beherrscht  und  die  Unbewueatheit 
der  eigenen  Herrlichkeit  diese  Sohläferin  verklärt:  so  kann  die 
Versuohung  entstehen,   bis  zu  den  Zeiten    der    glücklichsten  und 


tpüem  Gedicht  n.  24b  ist  ea  6oit  Dionjs  selbst,  der  aus  Mitleid  einen 
Satyr  in  eine  Statue  verwandelt  hat.  Wenn  n.  268  (Αδηλον)  Paean  selbst 
die  Sohrifton  des  Hippokrates  soll  geschrieben  haben,  so  ist  auch  das 
«in  verwKndttH'  G«danke^ 

*  Frieder iolt»-Wolteri  u.  liXC». 

*  Vgl  Vitry  in  fUvue  arohioL  lfm  8.  dM. 


Die  väticaaische  Ariadtie  und  die  diitt«  Elegie  des  Propere.      IHT 


gereifteeten  ghechieobeD  Kunet  umachauend  uns  surÜckweodeii. 
Freilich  muss  uqb  die  hohe  Frau  von  Meloe  waroen;  man  hatte 
diese  Venus  gar  der  Zeit  des  Phidiaji  für  würdig  befunden  und  muHf« 
■ich  doch  begnügen,  sie  in  die  junge  hellenietieohe  Periode  de• 
S.  oder  2.  Jahrhunderts  hinabzuriioken.  Möge  die  Archäologie 
tut  die  Ariadnefrage  endlich  einmal  mit  technischen  Kriterien  eine 
Entfloheidnng  bringen.  Hier  sei  nur  versucht,  die  Erfindung 
mit  der  Erfindung  anderer  Werke  zu  vergleichen. 

Die  Ariadne  gehört  zur  lüustr  a  tion  splastik»  d*  h. 
iie  gibt  kein  Oötteridol,  keinen  G-egenetand  der  Frömmigkeit  oder 
sonetigen  Ehrung»  eondern  sie  illuetrir t  nur  eine  Soene  an  ι 
der  erzählenden  Poesie  oder  aae  dem  Heldenmärchen.  Ee 
können  hier  im  Verfolg  nur  freietehende  Bildwerke  heran- 
gezogen werden,  die  dem  gleichen  Illustrationszweck  die- 
nen; denn  nur  »ie  bieten  eine  wirkliche  Analogie. 

Unter  diesen  aber,  no  viele  ihrer  aind,  ist  die  Aue  wähl  nicht 
groae.     Wie  fern  steht   —  um  an  dies  und  jenes   zu  erinnern  — 

^die  archaische  Bildung  der  Eleotra  mit  Orest  in  der  Neapler 
Gruppe!  Nicht  weniger  fern  die  Gruppe  des  Kenelaoe;  sie  ath- 
i&et  den  Geist  ihrer  jüngeren  Zeit  Das  gewins  groeeartige  Frauen- 
hüd  im  dieser  Composition,  Iphigenie,  wie  ich  sie  mit  Flasch 
nennen  möchte,  ifit  doch  viel  individueller  und  persönlicher 
charakterisirt ;  ihr  Ausdruck  ist  geistvoll  und  sprechend  und  brei- 

|tet  eine  gemiUhlich  menschHohe  Stimmung  um  eioh»  von  der  die 
Ariadne  niohte  weies. 

Oder  gar  die  Werke  der  pergamenischen  und  rhodiechen 
Manier.  Laokoon  und  seine  Söhne  sind  eine  Studie  des  körper- 
lichen Pathos  und  der  Muskeln;  Ariadne  ist  eine  Studie  des  see• 
lischen  Pathos  und  der  ebenen  Oberfläche.  Dazu  halte  man  noch 
den  bangenden  Marsyas,  £e  ist  der  nämliche  Grund,  weshalb 
man  den  sog.  Pasi^uino  oder  die  Gruppe  des  Menelaus  mit  Patro- 
clus  früher  anzusetzen  und  mit  den  Niobiden  äu  gleichen  geneigt 

|i«t  (β,  Friederichs -Wolters  S.  510):  auch  dieser  Held  gibt,  wie 
Ariadne«  seelieches  Pathos  und  nicht  physisches^. 

Ariadne  ist  nicht  als  knospenhaftes  Mädchen  in  eben  auf* 
blühender  Jugend,  sondern  in  der  VoUblÜthe  weiblicher  Leibes* 
Schönheit  dargestellt;  die  Arme  machtvoll  rund  und  vollen  Flei- 
SS.  der  Busen  entwickelt,  der  Wuchs  mehr  kräftig  als  schlank; 


1  Ώαιη  vgl  ilüii  Neapler  Hector,  den  Troilos  tragend,    0 verbeck 
15,  7;  Boecber,  Myth.  Lex.  1  S.  11*19. 


les 


Birt 


Geeiindheit  and  Reife  im  ganzen  Bau.  Hier  iet  kein  weichÜGber, 
kein  idyliitoher  Stil;  die  Behandlang  iet  echt  und  rein  heroisch* 

Idealfranen  gleichen  robusten  Schlages  sind  etwa  die  Venu« 
von  Milo  eelbet;  cder  jene  Göttin  auf  dem  Capitol  im  Saal  dei 
elerbenden  Fechterfir  die  man  als  Peraephone  beEeichnet  bat 
und  die  eine  pergamenische  Arbeit  zu  sein  scheint^;  oder  aber 
etwa  die  Selen  θ  im  Braccio  nuovo  n.  50  und  aus  den  heroisohen 
Malereien  die  herculaneneieche  Μ  edea ,  die  man  auf  Timomaehoa 
von  Byzanz  xurückführt  (Hclbig   n.  Γ2<ι4). 

Mehrere  der  genannten  Frauen  gleichen  eich  auch  in  der 
Uaartracht;  daa  Haar  ist  in  der  Mitte  einfach  gescheitelt;  die 
Stirn  umrahmt  vorn  eine  gehobene  Haarwelie;  hinter  dieser  Haar- 
welle liegt  ein  Diadem. 

Gewisse  intimere  Bezüge  zwischeit  der  Ariadne  undSeleiie 
sind^  meine  ich,  nicht  zu  verkennen.  Auch  diese  ist  ein  Coloseal- 
Irauenbild  mit  rein  genrehaftem  Motiv  (beide  Arme  ergiUizt). 
Auch  hier  wird  uns  statt  einer  Gruppe  nur  eine  Einzelfigur  ge* 
geben  und  diese  reicht  aus  ι  wir  denken  im  Geist  den  Endymion 
hinzu,  der  im  Schlummer  liegt  und  dem  sie  sieh  nahen  willj  no 
wie  wir  uns  bei  Ariadnen^  die  im  Schlummer  liegt,  im  Geist  den 
Dionys,  der  ihr  sich  nahen  will,  hinzudenken.  Und  endlich  der 
Endymion  selbst,  zu  dem  diese  Seiene  herabsteigt,  er  würde  maih* 
maasliob  Just  so  hingelegt  zu  denken  sein,  wie  Ariadne  daliegt; 
denn  gerade  auf  ihn  ist^  wie  wir  sahen,  das  Ariadnemotiv  mit 
gewieser  Ccnsequenz  übertragen  worden ,  So  sind  die  beiden  an 
Raee  so  gleichen  Frauen  Pendants;  Seiene  und  Ariadne,  die  lie- 
bende und  die  geEebte,  die  im  Schlaf  überraschende  und  die  im 
Schlaf  überraschte« 

Aber  noch  eine  andere  grosse  FrauenÜgur  drängt  sich  heran. 
Das  ist  die  Niobe  in  Florenz.  Auch  dies  ein  Illustrationswerk; 
auch  hier  die  Behandlung  einer  Heroenfabet  in  FreiBguren.  SteHt 
man  die  Ariadne  neben  diese  Niobe»  man  wäre  versucht  sie  für 
dieselbe  Person  zu  halten.  Ariadne  brauchte  sich  nur  za  erheben 
und  tragisoh  aufzustellen:  wir  würden  eine  Niobe  zu  sehen  glau- 
ben. Die  Niobe  brauchte  den  Mantel  nur  noch  hüher  über  das 
Haupt  zu  ziehen,  den  Chiton  über  der  linken  Schulter  nur  zu 
lösen»  und  sie  konnte  als  Ariadne  in  Schlummer  versinken.  Bei 
beiden  zeigt  die  PUnthe  den  Felsen.  Freilich  stellen  sich  für 
den,  der  genau  vergleicht^  auch  die  unterschiede   heraus;    to  ist 


1  a  Clario  111  L  117  u.  121.    Helbig,  Führer  n.  528. 


Die  vaiicADiiohe  Ariadne  und  die  dritte  Elegie  de«  Properz.      16d 


der  Hals  Niabe^e  länger;  ihr  Untergesiclit  ist  voller  tmd  dae  Oval 
nicht  daeeelbe.  Aber  die  Richtting  ϊβΙ  demjenigen,  der  nach  der 
Entetehungeieit  der  Ariadue  sucht,    hiermit  vielleicht    angezeigt. 

Die  Ariadne  wird  nacli  dem  Vorgang  der  Niobe  entstanden 
sein.  Denn  sie  ist  genrebafter  und  minder  heroisch  ule  dtese.  Auch 
waren  liegende  Figuren  (ausBct*  in  Giebelfeldern)  bia  dahin  kaum 
vorhanden,  man  denke  denn  an  halb  liegende  iiitzbilder  wie  die 
Schutzilehende  in  Palazzo  ßarberini,  ein  attiftchee  Werk  des  5* 
Jahrhnndei^te*  Wer  zueret  eine  grosse  Einzelfignr  liegend^  ja 
eeblafend  bildete,  machte  eine  Neuerung  nach  der  idylliachen  Seite 
Istn.  Der  sog.  sterbende  Foehter  gibt  dann  eine  Weiterentwick- 
lang  io'fl  Realistische;  und  die  pergamenische  Kunst  bat  liegende, 
eogar  flach  liegende  Figuren  öfter  Btatiiarisch  dargestellt. 

So  erscheint  aber  auch  die  Helene  unverkennbar  genrebafter 
als  die  Ariadne;  auch  die  Lieblichkeit  und  Weichheit  der  Formen 
hat  eich  geeteigert,  und  das  Gewand  ist  durcbsicbtiger  geworden. 
Die  schleicbende  Bewegung  mit  der  Einziebung  de»  Unterleibes 
ist  raffi.nirt  malerisch.  Der  Zug  in's  Idylljscbe  ist  hier  stärker; 
und  was  bei  Ariadne  noch  vornehm  und  streng-erhaben  war,  ist 
hier  ganz  zur  Anmuth  und  Lieblichkeit  geworden* 

Steht  80  Ariadne  zeitlieb  zwischen  der  Niobe  und  der  Helene 
in  der  Mitte,  so  würde  uns  die  Medea  desTimomachoa  vielleicht  in 
das  3.  Jhd,  V.  Chr.  weisen.  Man  konnte  freilich  sagen,  dass  auch 
diese  Medea  in  psychologischer  Durcharbeitung  über  die  Ariadne 
hinaus  eine  nicht  unbedeutende  Weiterentwicklung  anzeige.  Den 
gequälten  Seelenzustand  der  Ariadne  erratben  wir  nur  aus  ihrer 
Körperhaltung  und  noch  nicht  aus  ihren  (iesicbtszügen ;  der  Ma- 
ler Medea^s  dagegen  bat  die  ganze  tragische  Erregung  des  Mo- 
ments und  den  Krampf  der  Seele  wie  in  die  Handbaltung,  ganz 
ebenso  auch  in  die  Züge  de«  Antlitzes  selbst  gelegt;  der  gezo- 
gene Mond,  dt^r  geängstete  und  doch  furchtbare  Blick,  die  seit* 
liehe  Neigung  des  Kopfes^  ulles  int  hier  viebagend  geworden, 
indessen  ist  es  verfänglich,  ein  Marraorwerk  au  einem  Gemälde 
«Q  messen»  und  es  möge  genügen  den  Unterschied  zwischen  beiden 
angemerkt  zu  haben. 

Mit  welchem  Nutzen  dagegen  die  sog.  Thusnelda  in  Florenz 
zum  Vergleich  herangezogen  werden  könne,  vermag  ich  leider 
nicht  zu  erkennend 


1  Dies  thut  Wolbers^  Gipaubgüstu  S.  β2ίΙ.    Man  kann  hervorheben, 
dsss  auch  diese  Thusnelda  die  Füsae  kreuz t^   data  auch    sie  den  Kopf 


170 


Biri 


Aber  et  wird  nlitjslioh  eein«  etwa«  planiroUer  v^oriagefaen. 
llAlteii  wir»  «Utt  zufällig  xu  wählen,  vielmehr  einen  Ueberblick 
über  dii-  il  hl  «trftti  onnplastilt  in  freistehenden  Werken 
i^twa  Heit  dem  Beginn  dta  Γ>.  Jbds.,  am  ans  die  Möglichkeit  der 
EntitchiHiK  der  Artadtie  tu  verdeutlichen.  £e  ist  klar,  daae  nicht 
ulle  HhldenTiiärrhun  von  vorne  herein  in  gleichem  Masse  inter- 
cniit't  und  ithiHÜHche  V^iarkürperung  gefundea  haben.  Der  manu* 
lioh«ni  und  hr rbere  8inu  der  älteren  Zeit  bevorzugte  daa  Helden* 
hafte  uttd  Ktreux  Tragi  Hübe,  und  Liebe  und  Romantik  finden  erst 
Auidruck^  ale  die  Seelen  woicber  und  minder  epröde  geworden. 
Speoiell  nci  angemerkt,  date  in  dem  Westgiebel  des  Apollotem- 
pelt  t\i  Dülpht  xwur  Dionys  mit  seinem  Thiaeoe  zu  sehen  war, 
dif'  Figur  der  Ariadne  daraus  aber  nicht  beeondere  erwähnt  wird. 

In  drr  Zeit  der  iiUeu  Krzbildnerei  vor  Phidias  hat  achon 
Onata»  ab  Anathom  Hlr  Olj^mpia  die  Gruppe  der  nenn  loeen- 
den  Helden  aua  Homer  geformt,  daneben  Neetori  die  Looee  in 
Helm  MchUttehul  Individnoller  und  kühner  schuf  P^rthagoraa, 
der  Krsbildtier  in  Hbegium,  den  hinkenden  Philoktet,  Pereeua 
mit  Flügeln,  licn  Brudoikampf  des  tCteoklee  und  Polynikea.  ^  Die- 
tier  Epuch»  gohitron  auch  schon  weibliche  Gestalten  an:  der  erste 
AmaionentypuH,  die  »terbende  Peutheeilea  in  Wien,  deren  Au- 
gen sich  im  Tode  achliessen  wollen  ;  die  '  edle '  Gestalt  der  Alk* 
meiir  von  Kalatnitt»  nowie  Hermione,  Tochter  des  MeneUos« 
▼on  Kalaaiiü  fUr  Delphi  gearbeitet;  wie  w«f«n  diese  als  das^  wae  ■ 
m  bedeitteii  aoUleii,  oh«nUiliriiirt ?  Sodann  desPytbagoraa 
*iif  dem  Stier  titaende  Biropi  —  dies  sogar  aneeheinend  ein 
trottieh«««  Werk ;  da^h  ist  oieht  su  glauben«  das«  das  Pathos  der  ■ 
Utbo  hier  aehoi  irftndwie  aum  Ausdntck  kam.  Wäre  die  sog. 
PMthj^  dee  Vatiean  wirklich  Penelope,  die  verlassen  trauert, 
io  kitten  wir  für  die  Ariadne  ein  befremdlich  frnkca  Praeoedens, 
iil    itsttmtatnie«  Genrebild    ms   dtn  Beeriidi    der  Frmnenliebe. 


a«it  dtte  Hand  »Itttsen  will  uihI  den  Unlerarm  emtforsICAniL  Avfimiger 
«ittbeta  mir  swiesiisn  Artadti«  and  djeesr  Usmiiniwi  Oarmaorä  die 
PütereeytJlg;  4«r  elkackgrmpkiielM»  Zweek  der  Cliiaimiiiwng'  esnes  ed- 
Im  fiarbarettlgfi^  lelwial  mir  an  diirG«rmanim  m  «nler  Lioie  bemer- 
itU  sm  in  mm  fau  adbre  Bapon;  das  finaler  Me- 
SlisM^de  dsa  Anadnoks  na%t  mmi 

m  weUw  «Icr  BMnr  AriadM^ 


tmii^dtrl 


ittMHi 


Die  TAÜoftnieche  Ariadne  und  die  dritte  £tegie  des  Properz.      171 

Aber  Niemand  wird  zweifeln,  daee  die  Deutung  falsch  und  daes 
dicB  Werk  aus  der  illuetratioiitplastik   g&nz  zu  streichen  i§t^ 

lu  der  Aera  dee  Phidias  war  da«  hroncene  trojanische  Pferd 
Strongy  lion's  2u  Athen  mit  den  vier  üelden  wieder  streng 
heroiech  ;  nicht  andere  der  Perseus  dee  Myron  oder  dee  Lykioa 
g-roaee  Coroposition  in  Olympia:  Zen»,  Thetis  und  Eos^  Achill 
und  Memnon  und  weitere  Krieger,  auf  einer  Baeis,  Dies  aber 
auch  die  Zeit,  wo  die  beriihmfceeten  Amazonen  entßtanden :  die 
de«  Pbidiae,  die  'uiit  den  schönen  Waden'  des  Strongylion»  die 
verwundete  des  Kreeilas  sowie  die  gleiche  dea  Polyklet.  Und 
hiermit  beginnen  in  dieeer  Heihe  die  Ein  ze  If  t  guren^  die 
aaereichen  aich  eelhat  zu  erklären'. 

Ee  folgt  um  das  Jahr  400  Deinomenes,  der  die  Jo  und 
KaUisto  HcbRfft;  also  auüh  diL*e  Ein^ielbildiUBi^e  der  soeben  ange- 
gebenen Qualität.  Genrebafter  erewbeint  der  broncen<^  Phrixoa, 
den  Widder  opfernd,  vielleicht  des   Naukyde». 

Darauf  die  Zeit  dee  Praxiteles  selbf^t,  und  hier  subon 
•ehen  wir  alLee  aiob  vereinigen,  um  eine  Ariadne  möglicb  zu 
machen,  Skopas  Rtihaift  am  Fusg  deü  Areopag  die  Frauenbild- 
nieae  der  Eumeniden;  waren  dim  gar  etwa  schon  liegende  Ge- 
ilalten?  er  schafft  in  ebeneo  freiatehender  Plastik  eobon  die  be- 
rühmte Bacobantin,  die  daK  Zicklein  zerriesen  bat;  Praxiteles 
gleichzeitig  jene  Mänaden,  die  später  in  Rom  Aufstellnng  fanden ;  der- 
selbe ferner  das  Franenbild  der  Ebnetas.  Das  bacohische  Gebiet 
ist  hiermit  betreten;  Ariadne  unterscheidet  sich,  wie  wir  saheUf  von 
der  Mänade  im  Grunde  nur  dadurch^  dmn  Rie  einen  Namen  hat, 
Damala  entstanden  femer  uiuthmasslicb  die  Niobiden;  sie  sind 
ausser  den  Amazonen  in  der  Freiplastik  vielleicht  die  erste  grosse 
Darstellung  heroiscber,  gewandeter  Frauen  im  Pathos,  Und  eben 
der  FrauentypuB  der  Niohe  war  es,  der  «ich  uns  in  Ariadnen  zu 
wiederholen  schieih  Damale  kam  aber  endlich  auch  schon  die 
erste  Romantik  der  Liebe  binza  ,  und  zwar  derjenigen,  die 
Menschen  zu  Göttern  in  Beziehung  setzt.  Paris  erscheint,  und 
Eapbranor  charakterisirte  ihn  meisterhaft  zugleich  als  Marder 
Achills  und  als   Frauendienen     Also    auch  dies  eine   Einzeltigur, 


*  Vgl.  i.  B.  CoiligQon^  Histoire  de  la  eculpture  Geoque  I  (1892) 
6.   406. 

'  Dase  sohon  Alkamenea  die  Frokne  auf  der  Akropoli«  gebildetf 
bezweiielt  Bronn,  Gesch.  d.  gr.  Künstler  I^  p*  löö  eben  um  dea  Gegen• 
■tandee  willirn. 


172  ^^V  Birt 

die  auereichte  eioh  eelbit  tu  erklären.  Und  Leocbarei  bildet 
in  Bronoe  den  Ganymed.  den  der  Adler  des  Zeus  emporträgt. 
Mao  Tibereehe  nicht,  daes  das  dichterische  Motiv  bei  Ariadne  und 
Ganymed  das  gleiche  ist;  es  ist  der  Erdenmenech,  den  ein  Gott 
mit  seiner  Liebe  erhöht.  Diesen  beiden  Werken  sowie  den  Nio- 
biden  ist  äueeerüch  auch  dieg  gemeinsam,  daae  sie  dae  Belief 
nachahmen  und    fast    nur  anf  Aneicht  von  vorne  berechnet  sind, 

Endticb  Buden  wir  unter  8  i  1  a  η  i  ο  n's  Werken  eben  damals, 
ausser  den  Standbildern  des  Aobill  und  des  Theseus,  die  tra- 
gische pathetische  Figur  einer  sterbenden  lokaste;  man  ist 
fast  genöthigt  anzu nehmen  und  man  hat  zu  bezweifeln  keinen 
AnlasB,  dass  aui;h  diese  lokaste  schon  liegend  dargestellt  war: 
sie  war  in  Brouce;  dem  Metall  des  Gesichts  aber  mischte  der 
Künstler  Silber  bei,  die  Blässe  des  Todes  auszudrücken;  eine  sebon 
Krblasste  konnte  nicht  stehen.  Dies  ist  unter  den  Illnetratioiis- 
werken  die  erste  datirbare  Liegefigiir.  War  vielleicht  auch  die 
Ebrietae  des  Praxiteles  eine  liegende  Bacchantin  (vgl.  oben  S*  52)  ? 

Es  ist  sogar  vermuthet  worden,  dass  jene  lokaste  de«  Si• 
tanion  wie  Ariadne  die  Hand  auf  den  Scheitel  legte*;  doch  fallt 
es  mir  schwer  zu  glauben«  dass  das  Armmotiv  für  eine  Sterbende 
geeignet  war•,  lieber haupt  aber  müssen  wir  offen  bekennen, 
daee  die  Phantasie  versagt,    wenn  wir    uns  das  Bild   einer  eier- 


1  VgL  Winter,  Jihrbuoh  d.  arch.  Jaet,  V  S,  W^t 
^  Freilich  sehe  ich»  dass  auf  einem  älteren  Vssenbilde,  Sammlang 
SabourofT  Tafel  4^,  untere  Hälfte,  der  sterbende  Priamiia  jene  Haltung 
leigt;  aber  er  wird  von  Neoptolemos  t^ratochen,  und  indem  er  dabei 
hinten  nbf*r  fallt,  tmllt  auch  sein  r.  Arm  über  oder  hinter  »ein  Haupt; 
vgl.  daiiu  dm  Bild.  Rom.  MittheiL  d,  arch,  histit,  1Π  S.  108.  Die 
mit  Ariadnen  verglichene  KalUrrhoe  aber  iet  doch  nur  scbeintodt 
und  wird  bald  erwacheu  (oben  «S.  IU2)  Ferner  erinnere  iok  mich 
wohl,,  dass  von  Cleopatni  erzahlt  wird,  sie  hab«  im  Sterben  die  r. 
Hand  Jiuf  den  Kopf  gelegt;  aber  sie  that  es  nur,  um  die  Krone, 
das  Diadem,  ituf  dem  Haupte  festsubulten^  um  stolz  als  Kouigin  ku 
sterben  (Gjilen.  Bd.  14  S.  2-W;  Kühn:  λΐγουσιν  αυτής  €ύρ€θή[ναι  τήν 
%t\pCL  τήν  bciiav  έπΙ  τι^ν  κ€φαλήν  κ€ΐμ^νην  καΐ  κρατοΟσαν  το  ΐ»ιά^ημο, 
ώς  f  Ικός,  ΐνα  ,  .  βασίλισσα  οΟσα  βΧέιπγΓαι).  Hieraue  kann  also  höchstens 
gefolgert  werdt;»,  dass  sulche  Hsndh&Uung  dem  Sterbenden  sonst  nicht 
eignete.  Sehr  psesend  vergleicht  dann  Galen  ebt^^nda  den  Tod  der  Poly- 
dona in  der  TragiVdit•  und  dss»  auch  sie  im  Tod  besorgt  war  €θσχημόναις 
ifi0etv.  Kr  di'nkt  dabei  an  Euripides Hectiba  v,  Γ>4Γι  — 5»i3:  der  eigentUche 
Vi*rgi«iohungiipuokt  ist  aber,  das*  auch  Polyxen*  betont,  sie  wolle  aU 
FrtMe  und  sls  KSnigitochtiT  dahingehen  {τ,  545  u.  54fi).  Ueber  diese 
piolyiona  in  Knnstworkiin  s.  Anthal  Graeca  Plannd,  150  Jacobs. 


Die  VÄÜcaaisobe  Ärmiliie  und  die  dritte  Elegie  des  Proporz,     173 

beoden  lokaste  aU  Ein^eltigur  whltUch  vorzuetellen  veröucbeu; 
•α  daee  man  an  (lern  Namen  irre  wertlen  könnte.  Vielleicht 
lieeee  eich  wahrscheinlich  machen,  dasa  Si Union'«  Werk  vielmehr 
eine  sterhende  AI  kästle  war^.  Ee  sei  nur  noch  hinzugefügt^ 
daea  sich  in  Suhiaco  ein  Frauenkopf  befindet^  der  zu  der  Kunst- 
weiee  des  Silanion  nahe  Bezüge  zeigen  soll,  an  dem  ein  Loch  die 
Stelle  verrätb,  wo  die  Hand  anlagt  und  deeeen  Augen  gesohbaeen 
Bind.  Es  war  dies  vielleicht  schon  eine  Schlafende,  vielleicht 
schon  eine  liegend  Schlafende. 

Und  wir  hrauchen  nicht  weiter  hinahzugehen*    Eine  Ariadne, 
in  der  Auffassung  wie  sie  im  Vatiean  vor    uns    steht,    ist  schon 


^  Die  sich  erhängeDde  lokaste  konnte  keineafalle  dargestellt  sein. 
Die  berühmte  Schilderung  dea  Todes  der  lokaate  bei  Euripides  (Phoe- 
nitaeii  v.  1434  ßT.)  ergibt  aber  ein  dreifiguriges  Bild:  lokaste  hat  sich 
'  mit  dem  Schwert,  dass  sie  aus  dem  Leichnam  ihres  Sohnes  gerissen, 
^die  Kehle  durchstoaaeu  und  liegt  Lodt,  indem  sie  beide  Söhne  mit  den 
Armen  umfaaet  (vgL  PropersE  li  %  50).  loh  begreife  utchtj  wie  man 
sie  darstell eo  koniiter  ohne  dieee  Umstände  mitzugeben,  oder  wie  dae 
Bild  einer  Sterbenden  als  lokaste  erkannt  werden  konnte,  wenn  in  ihm 

i¥on  diesen  Umständen  nichts  mi  sehen  war:  weshalb  eben  Zweifel  an 
der  Benennung  selbst  entstehen.  Einsiger  Zeuge  ist  Phitarch  zweimal, 
feympoii.  V  1,2  καΐ  τήν  ΤΓ€πλασμένϊίΐν  Ίοκάστην  und  De  audiendie  poet.  3 
KqI  τήν  Σιλανίωνος  Ίοκάστην.  Vielleicht  scheint  es  ein  Wagniis,  beide- 
mal "Αλκηστιν  herzxustellen ;  aber  diese  Lesung  wäre  willkommen.  Ben 
ITod  der  Alcestis  darii urteilen  nmssle  nahe  iiegen;  denn  er  vollzog 
mich  auf  der  Bühne  selbst  (Eurip,  Ale.  v,  39^;  sie  liegt  dabei  angelehnt ; 
vgl*  V.  267),  und  er  hat  in  der  That  die  Kunst  «on>t  oft  beRchäftigt.  Auch 
»agt  Plutarcb  an  der  zweiten  Stelle:  'einen  MenscbeUj  der  krank  ist 
lind  Schwären  hat  (οποϋλον),  fliehen  wir  als  einen  unerfreulichen 
Anblick:  aber  den  Pbiloktet  des  Aristophon  und  die  lokaste  Silanion^R 
«eben  wir  mit  Vei^nügen,  welche  flocb  Hinschwindenden  und  Sterbenden 
ähnlich  dargestellt  sind'.  lokaste»  da  sie  stirbt,  ist  nun  kein  Pendant  zum 
Fhiloktet,  sie  ist  weder  krank  noch  mit  Schwären  behaftet;  wohl  aber  stirbt 
Aloeatis  an  Krankheit !  Euripides  sagt  von  Alcestis  v*  20:1  φθίνει  γάρ  καΐ 
μαραίνεται  νόαψ,  Phitarch  sagt  von  der  Stntue  an  der  zweiten  Stelle» 
I  »ie  sei  όμοίΐϋς  φθΐνουοι  π€ποιημένη,  an  der  erstercn,  sie  sei  ein  ΐκΧιπών 
Ανθριυττος  καΐ  μαρσινώμενος.  —  Wird  man  Bedenken  tragen  zweimal 
die  gleiche  Versckreibung  anzunehmen?  Aber  man  vergleiche  die  beiden 
Plntarchstelien  mit  einander ;  sie  sind  sich  so  (4leieh^  dass  es  im  Grunde  eiti 
und  dieselbe  ist^  der  Verfasser  hat  sich  selbst  ausgeschrieben ;  und,  war 
der  Irrthum  einmal  begangen,  ist  er  da^*  /.weite  Mal  iiioehanisch 
wiederholt. 

»  Winter  S.  li)7  Note  77. 


174  Birt 

damab»  am  Aasgange  des  4.  Jahrhanderta,  in  der  Thai  möglioh 
geweneD.  Die  £nt wicklang  flihrte  auf  sie  hin.  Und  mehr  ala 
dieee  Möglichkeit  hahen  wir  nicht  erweinen  wollen. 

9. 

Wir  haben  angesetst,  daee  der  £rfinder  der  Ariadne  von 
einem  Gemälde  gleich  dem,  das  xn  Athen  bestand,  angeregt  wor- 
den sei.  Beaüge  xnr  Niobe  haben  wir  gleichfalls  vermuthet. 
L&sst  sich  darthnn,  dass  er  anch  sonst  durch  gleichartige  Knnst- 
leistangen  beeinflusst  wurde,  die  ihm  voranflagen? 

Leider  sind  die  soeben  anfgesAilten  Werke  an  wenig  be- 
kannt, nm  irgend  welche  Schlüsse  zuzulassen  ;  es  mag  sein,  dass 
die  lokaste  oder  Alkestis  des  Silanion,  falls  Liegefigur,  im  Ge- 
wandmotiv Anregungen  darbot;  wir  können  indess  darüber  nichts 
aufitellen  und  sind  gezwungen,  uns  nach  anderer  Hülfe  umzu- 
sehen. 

Da  läge  es  nicht  fem,  an  die  attische  Bühne  zu  denken. 
Die  Schauspieler  auf  der  BUhne  sind  wie  bewegliche  oder  wan- 
delnde Statuen;  auch  sie  geben  plastische  Illustrationen 
der  Poesien,  und  zwar  freistehende,  auf  dem  grossen  Postament 
der  Bühne.  Dans  die  Illustrationsplastik  gerade  von  dieser  Seite 
Anregungen  empfing,  ist  nicht  zu  bezweifeln.  Jene  lokaate  oder 
Alkestis  in  £rz  war  von  der  Bühne  genommen  so  gut  wie  die 
Niobe,  Orest,  Klectra  und  Iphigenie.  Freilich  können  wir  nicht 
sagen,  dass  Ariadne  oder  gar  die  entschlummerte  Ariadne  eine  be- 
liebte Theaterfigur  gewesen.  Im  Uebrigen  aber  waren  Schla- 
fende auf  der  Sceue  nichts  Seltenes. 

Schlafend  sah  man  den  Heracles  in  den  Trachinierinnen  in 
die  Scene  getragen  (v.  071  ff.);  in  dem  nach  ihm  benannten  Drama 
aieht  man  denselben  Helden  angebunden  schlafen  und  dann  er- 
wachen (Heracl.  v.  1084-1042).  Ebenso  den  Philoctet  (Phil. 
V.  822  ff.),  und  zwar  heisst  es  hier :  ^  er  schläft  noch  nicht  lange ; 
denn  sein  Haupt  liegt  rücklings*  (κάρα  r^  ύπτιάΖεται),  bis  er 
aufwacht:  kivci  t^P  άνήρ  δμμα  κάνάτ€ΐ  κάρα  (ν.  866).  Im  Oreel 
des  Euripide^^  schläft  der  Titelheld  von  Elektren  gehütet,  und 
hier  wie  in  den  Trachinierinnen  und  im  Herakles  ist  man  ftngat- 
lich  besorgt,  den  Schlummernden  nicht  zu  wecken  (v.  186  ff.). 
Orest  athmet,  er  seufzt  (v.  15Γ>;  vgl.  Herakles  v.  1059)  und  be• 
wegt  sich  unruhig  im  Schlaf  (v.  16t>  ly  ηέηΧοχΟχ  Ktvei  δ^μας; 
vgl.  Herakl.  10<»0  παλίντροπος  στρές>€ται). 

So  bewegte  sich  im  Schlaf  auch  die  Cynthia   dca  Propen; 


tHe  vAÜeaiiiicIie  Ärkdne  und  die  dritte  Elegie  des  Proper2.     175 


pemde  die«  haben  wir  auch  an  iler  viiücainHcheii  Ariadne  a,U 
Merkmal  erkannt:  €V  ιτίττΧοίσι  Ktvei  bέμaς  (vgl,  oben  R.  38ff.). 
Aber  die«  Bind  I unter  Männer^eetalten  der  Tragödie.  Von 
Frauen  will  mir  ausser  den  Enmeniden^  nur  die  Iltona  des  spä- 
ten römiechen  Tragikers  Pacaviue  einfallen.  Iliona  sehlief  auf 
der  Scene  und  der  Geist  ihres  Bruders  oder  ihres  Sohnes  hatte 
ihr  diibei  im  Traum  zu  erscheinen.  Wir  erfahren  (scherzhaft 
genug)  von  einer  ÄufiFuhrung  dieses  Dramas,  bei  welcher  der 
Schauspieler,  der  Iliona  »pielte,  wirklich  einschlief;  denn  er  hatte 
zu  viel  Wein  getrunken  (schol.  Horaz  Sat*  II  3,  60).  Er  mag 
dabei  auch  den  Arm  über  den  Kopf  gelegt  haben,  wie  es  die 
Berauschten  thun. 

Aber  auch  Ariadne  selbst  hat  die  Bühne  betreten.  Zwar 
jtner  Pantomimue  im  Gastmahl  Xenophon^s  zeigte  sie  nur  mit 
Diooys  zum  seligen  Paar  vereinigt.  Jedoch  gab  es  ein  spätes 
Satyrspiel  ihres  Namens^  und  muthmasslich  sah  man  hier^  wie 
der  Gott  und  der  Satyrnchor  sie  schlafend  fanden^. 

Scheint  aber  die  attische  Bühne  zu  versagen,  so  bleibt  uns  als 
letztes  Hülfitmittel  die  erhaltene  Plastik  selbst^  die  dem  Jahre  *M)0 
Toraufliegt.  Und  hier  endlich  haben  wir  das  Werk  zu  nennen, 
da«  dem,  der  von  liegenden  Frauenbildern  redet,  von  vorne  ber- 
ein vor  Augen  «tehen  niuss*  Ee  ist  freilich  kein  Werk  eigent• 
Heber  freiHtehender  Plastik,  Ich  meine  die  grossartige  Oruppe 
der  'ThauBchweatem  (um  diese  bequeme  Benennung  beizubehal* 
ten)  vom  Ostgiebel  des  Parthenon.  Die  liegende  prachtvolle  Ge- 
italt  (H  bei  Michaelis}  lehnt  sich  hier  in  den  Schooes  der  eitzend 
kauerndeTi  Schwester,  so  wie  in  der  Spätknnftt  Ariadne  sich  in 
denScbooes  des  Hypuos  oder  eines  weiblichen  Flügelwe^ens  lehnt. 
Das  Motiv  der  Stützügur  i^t  so  alt  und  ist  hier  verherrlicht  wie 
nie  zum  zweiten  Mal. 


^ 


1  DieEurydike,  die  HickhngR  hinsinkend  dch  an  Sklavinnen  lehnt 
(Soph.  Aetigooe  \\  1188  ύπτία  hi  κλίνομα»  hdoaoa  πράς  hptmmoi)  gibt 
fSr  die  Phantasie  das  Bild,  das  wir  brauchen,  aogar  mit  einer  Stütz• 
figur;  aber  man  sah  ee  nicht  auf  der  Bubne.  Älcestin  stirbt  liegend 
auf  der  Scene  (t.  oben);  Hekai^e  in  den  Troadee  v.  98  liegt  vor  Gram 
kraftlos  da  (v,  58  hebt  sie  «lae  Haupt  utiJ  den  Nacken  vom  Boden;  vgl. 
¥.465),  ähnlich  endlich  auch  Peleus  in  der  Andromaclie  v,  1075  und 
lolaoe  in  den  Hcrakliden  v,  75;  aber  dies  sind  keine  ßohlafscenen. 

2  Pe.  Acron  xu  Horaz  ara  poet.  v.  221;  Satyrica  coeperunt  scri- 
l>ere  öt  Pomponius  Atalanten  vid  Sisyphon  vel  Ariad  iif  d:  üIbo  eine 
parodiscbe  Atellane  mit  Satyrn. 


m 


Btrt 


Aber  dieee  Liegende  echlief  Dicht,  Wir  s«heD,  wie  fest 
und  echwer  eie  aufliegt;  ihre  Taille  ist  gegürtet.  Aach  sie  war 
ichon,  wie  itd  Weeentlichei]  auch  Ariadfie,  mir  auf  ein  en  face 
berechiiet  Bei  einer  Giebelfignr  war  die»  iiotbwendig,  bei  eiaem 
frei  aufgefitellten  ABathem  nicht,  und  eomit  katin  schon  dieee 
Uebereinatinamung  bedeutsam  Rcbeineii.  Audi  ihr  Oberkörper 
liegt  aufgestützt  erhoben;  nur  ist  die  Aufsttitzung  minder  ateil; 
ferner  biegt  sie  den  Oberkörper,  wie  Ariadne,  dem  Beschauer 
zn;  aber  sie  thut  es  noch  beträchtlich  mehr  als  diese.  Bei  einer 
hochaufgeetellten  Giebelfigur  war  eben  die»  unerlässlieh ;  die  ge- 
meinsame Wirkung  beider  Unterschiede  aber  in  Steüheit  und 
Wendung  nach  vorne  ist,  dass  BcboosR  und  Bauchfläohe  bei  Ari- 
adnen  verschwindetr  bei  der  Partbenontigur  kriiftig  hervorgehoben 
erscheint,  Die  Brunnenoympben,  oder  der  erste  Tjpus  liegender 
Frauen,  iibnelt  hierin  nielir  der  Partbenonakulptur,  und  zwar  er* 
klärt  sich  dies  aus  denselben  Gründen. 

Wie  bei  Ariadnen  ist  sodann  unter  dem  Scbooss  der  Mantel 
kreuiweiie  llb*?r  die  Schenkel  gelegt^;  in  diesem  wichtigsten  Ge* 
wandmotiv  »in<l  also  wieder  beide  Frauen  sich  einig;  nur  schnei- 
det bei  jener  die  obere,  von  der  t.  Hüfte  dem  Schoose  zulanfende 
Mantdlinie  den  Linienzug  der  Beine  etwas  echroffer.  Ein  Unter* 
echied  ist  hingegen,  daaa  bei  der  älteren  Statue  Beine  und  Kniee 
mit  grosserar  Einfacbheit  fast  in  gleicher  Höhe  neben  einander 
Hegen  und  dass  die  Filsse  in  anderer  Weise  gekreuzt  sind  oder 
waren.  Auch  der  Chiton  gleitet  ihr  andere  von  der  Schulter, 
und  von  seinen  durchsichtigen  Falten  sind  noch  beide  Brutt«« 
ttedeokt.  Der  Umstand  selbst  aber,  dass  dieses  Untergewand  von 
der  eiueu  Schulter  und  zwar  von  der  vorderen  Sehulter  geglit* 
ten  ist,  ergibt  einen  gemeinsamen  Zug  von  bedeutender  Wirknng-. 

llir  Havipt  endlich  lehnte  sich  wach  und  in  aufrechter  Hai• 
tung  an  die  Schulter  di»r  Gefährtin.  Ihr  rechter  Arm  (für  den 
Betraebter  vorne)  steht  mit  dem  Ellenbogen  schräg  nach  unten 
auf  deren  Sohoos«  gestützt.     Der    andere  Arm    war   sogar  Dach 


t  Vgl  MiokaeliB  Parthenon,  Text  S.177:  *Die  obere  iiher  die 
Sebankel  g^eohlageoe  Fartie  des  Maniek  iat  noch  sehr  weich  uod  erst 
aUmfthlidi  werden  die  Manen  immer  gr^mtr  und  ruhiger,  jedoch  nie 
m  einfach  wif  dia  otfetibar  auü  dickerem  StoE  gebildete  Decke,  auf 
walchi^r  die  gantp  Figur  gelagert  bt\  Dasielbe  liease  fich  mutatts 
mutandit  von  der  Ariadne  sagon. 

*  Man  vergNchv  hiersii  die  kauernde  Sefautaflebende  im  Pai. 
BarlieriuL 


Α 


t>te  vatioA&rache  Ari&dne  uoH  rü«  dritte  Blleg^io  des  Propert,      l7f 

Torn  gestreckt,  und  keine  Hand  berührte  das  Haupt.  Endlich 
Terrtitb  keine  Falte  in  der  Gewandung  kleinliche  Unruhe  oder 
Misabehagen. 

So  ist  swar  das  Grundmotiv  des  Aufbaues  eines  weiblichen 
£5rpere  heroischer  Bildung  schon  hier  volletändig  vorhanden. 
Das  Detail  der  Au8fUlirui»j7  aber  stimmt  nur  theilwei^e  Uberein. 
Vor  allem  das  eigentliche  Armmoliv  int  in  der  groesartigen  Partbe- 
noneknlptuf  nicht  verwendet  und  konnte  hier  nicht  verwendet  sein* 

Man  darf  doch  wohl  annehmen,  das«  der  Bildner  der  Anadne 
die  Parthenons k η lptur>  zu  der  die  Modernen  bewundernd  wall- 
fahrten, gekannt  hat  Dem  sei  aber  wie  ihm  sei:  jedenfalls  itit 
Ariadne  nicht  ohne  bedeutende  Vorgängerin  gewesen,  und  wir 
haben  das  Recht,  beide  sorglich  zu  vergleichen  und  die  Eine  mit 
Hülfe  der  Anderen  zu  begreifen.  £β  läset  eich  kurz  genug  ea- 
gen^  dasa  fast  alle  Veränderungen,  die  der  jüngere  Künstler  vor* 
Diihm,  gemacht  i«ind,  um  zugleich  den  Schlaf  und  zugleich  das 
Fehlen  der  Seelenruhe  im  Schlaf  anzudeuten.  £e  geschah  also 
im  Dienet  genrehaft  psychologischer  Malerei«  Er  nahm  auch  die 
sitzende  Stütz figur,  die  Men&chenlehne  weg,  weil  sein  Gegenstand 
sie  nicht  erforderte,  und  es  gelang  ihm  so  das  Gefühl  der  Ein- 
aamkeit  zu  erzeugen,  das  er  bezweckte. 

Im  Hinblick  auf  die  Gewandung  Ariadne'e  ist  von  einem 
ueueren  Beurtheiler  geäussert  worden;  ihre  Anordnung^  sei  so 
künstlich,  dasa  eie  selbst  über  das  in  der  helleuietischen  Zeit 
Uebliche  hinaUBgebe,  und  dds  Werk  sei  deshalb  Welleicht  erst 
am  Anfang  unserer  Zeitrechnung  entstanden^*  Es  ist  nicht  tneiue 
Sachet  einen  bestimmten  Zeitaneatz  zu  gebeu;  ich  glaube  aberi 
data  bei  diesem  Urtheil  zweierlei  nicht  berücksichtigt  worden  ist: 
eratUoh,  dass  wir  es  eben  mit  der  Singularität  einerliegenden 
Gewandfigur  zu  th uu  haben;   derartige   Aufgaben   behandelte  die 


*  Frieder ichs -Wolter«  S,  62θ,  Wenn  es  dort  heisst:  '  Die  Draperie 
ist  oflTenbar  an  dem  Modell  ausgedacht  und  danach  aüsgearbnitet',  so 
meine  ich  das  auch.  Deuu  es  war  wohl  unerlüUslich,  für  die  tchwie- 
nge  Aufgabe  siob  ein  Modell  vor  Äugen  zu  fahren.  Mir  kommt  es 
troii  Benndorfe  Äueführungen  so  vor,  als  könne  auch  die  Parthenonfigur 
ohne  Anschauung  eiued  Modtille  oder  einer  genau  lo  hingelegttin  Figur 
aui  dem  Leben  nicht  zu  Stande  gekommen  sein.  Wenn  dort  endlich 
von  der  Draperie  gesagt  wird:  sie  zeige  einen  fast  modernen  Zug,  so 
ist  das  Moderne  eben  dies,  dass  eine  Liegefigur  be  ha  adelt  ist,  wie  dies 
Michel  Angelo  zu  thun  pflogt;  das  moderne  Motiv  konnte  nur  moderne 
Ckmaequenzeu  haben. 

Iteta,  Mm,  f.  PliUta,  H.  r  L.  18 


IIB 


Birl 


P!a«Ttik  soTiet  siebt,  wir  künaeD  sie  &1βο  auch  Dicht  ohne  Weiterea 
ale  Maesstab  verwenden.  Ea  iei  klar,  daes  der  Mantel  bei  einer 
Habendeo  ganz  andere  Scbwierigketteo  darbot  ale  bei  einer  ate- 
benden  Athene  oder  Niobe.  Woliin  sollte  der  Autor  die  gewal- 
tigen St  ofiTinasaen  tbnn?  Er  mueste  ibn  über  den  Knieen  ordnen, 
und  dies  konnte  kaum  angemeesener  gencbebeti  als  er  es  gethan 
bat.  I>ie  Anordnung  ist  nicht  küoatUcb,  sondern  notbwendig^ 
dabei  aber  immerbin  gescbmackvoll.  Sogar  die  Niobey  obwohl 
fltehend,  hat  an  der  einen  Seite  die  unteren  Manteltheile  gana  wie 
Ariadne  über  den  Knieen  znaaminengefaest,  und  das  macht  viel- 
mehr bei  dieser  einen  etwas  künetlichen  oder  minder  nattirliohes 
Eindruck;  denn  man  fragt  eiub,  wie  sieb  der  Mantel  dort  halten 
kann.  Ich  erinnere  bei  dieser  Gelegenheit  auch  an  die  im  J»  1892 
fdr  Berlin  erworbene  attische  Gewandstatoe  herrlicher  Arbeit,  die 
den  Partbenonskulptnren  gleicbgesetzt  worden  ist  Diese  Frau 
hat  ihren  L  Fuss  hoher  aufgestellt,  so  das»  ihr  l  Oberbein  schräge 
vorragt;  über  die«  und  das  L  Knie  ist  nun  von  rechts  her  die 
untere  MtisRe  des  Himation  geworfen;  aber  man  fühlt,  data  et 
sich  da  nicht  halten  kannV  Anj^ezeigl  wird  hiermit,  daaa  die 
Gestalt  fiich  eben  lebhaft  Tornchreitend  bewegt  hat 

Vorsicht  im  Urtbeil  wird  aber  noch  durch  das  Zweite,  was 
man  wohl  nicht  genugsani  erwogen  hat,  empfohlen :  durch  den 
Vergieic^h  der  Parthenonfigar,  wie  wir  ihn  oben  ausgeführt  haben* 
Wer  diese  beiden  liegenden  Frauen  neben  einander  hält,  wird  der 
thatiiHchUchen  Aehniichkeit  des  Gesammtaufbiities  und  der  Mantel* 
behandlung,  wennschon  es  eben  nur  Aehniichkeit  ist,  »ich  nicKt 
entziehen  können,  und  die  Nothwen<Hgkeit,  daaa  a wischen  beiden 
ein  Abstand  τοη  vier  Jahrhunderten  liegen  soll,  ist  nicht  vor- 
handen. Freilich  sehen  wir  bei  Ariadne  einiges  zweckmässig  ver- 
ändert: vor  allem  daa  unter  dem  1.  Knie  und  Oberbein  einge* 
presste  Mantelstiick  mit  seinen  wirren  Falten;  dass  dies  nicht 
virtuos  2u  bloss  äusserem  Effekt  so  gemacht  ist,  erhellt  aus  dem, 
was  ich  früher  gesagt  (S.  57). 

Etwas  anderes  ist  die  'Anordnung'  oder  das  Hotiv^  etwaa 
anderes  die  technische  Behandlung  des  Gewandes.  Was  diese  an- 
langt, 80  springt  die  principielle  Abweiohong  des  jüngeren  Künst- 
lers in  die  Augen.  Benndorf  hat  in  seinen  grundlegenden  Aus- 
führungen^   gerade   jene  liegende  Schwester   des  Parthenon    als 

1  S.  Jshrbuch  d,  srch.  Inttit.  Bd«  VIIl,   Anzeiger  S.  74.    K^kak 
Uaher  eine  weibliche  GewRndstatae  u.  s.  w.  Berlin  1894. 
>  tfntersnchangen  auf  Samothrake  Π  (1880)  S.  72. 


Die  vatiemiiieche  Arindiie  und  άιν  dritte  Elegie  de«  Properv.     1Ϊ9 


eohönetee  Beiapiel  der  ältereQ  voUeodeten  EunstweUe  verwendet^ 
welche  in  AbRehung  von  der  WirkÜGbkeit  dR.e  Kleid  mit  der 
Körperform  zu  einer  idealen  Einlieit  verwacheen  zei;?t  Schon 
das  nächste  Jahrhundert  nach  Phidias  bat  die  Emanoipirung  dee 
Gevandatofea  vom  Leibe,  an  dem  er  haftete,  gebracht;  dieee 
Emancipation  zeigen  um  uicfat  nur  die  herühmten  Standbilder  des 
Aeechinee  und  DeuioBlheneR,  die  Sitzbilder  des  Menander  und 
Posidipp,  unter  den  Frauengeetalten  die  jüngere  Nike  von  Samo- 
thrake;  sondern  schon  im  Praxiteles  war  dies  neue  Princip,  'die 
Natur  deeGewandea  sich  voll  aueleben  zu  laaeen  ι  fertig  da.  Wir 
haben  von  seiner  eigenen  Hand  das  eine  kosthare  Stick  der 
hängenden  Chlamya  am  Hermea  zu  Olympia;  eo  gewiaa  dies  'ein 
r&ffinirt  natürlichea  Draperiestüek  iBt^,  so  wenig  kann  rafßniHe 
Natörlicbkeit,  wenn  man  es  so  nennen  will,  der  Bekleidong  Ariad- 
ne'e  abgesprochen  werden  ;  man  mag  das  bei  ihr  sogar  im  ge- 
steigerten Sinne  verstehen.  Eine  andere 'raflinirte*  Gewandatudie 
aue  dem  Kreine  praxiteliacher  Kunstübung^  ist  der  sog.  Sardiinapal 
im  Saal  der  Biga  (mit  dem  gleichartigen  Exemplar  zu  London), 
der  in  diesem  Zusammenhang  Berücksichtigung  verdient;  die  Ge- 
wandung zeigt  hier  noch  reichere  Fülle,  der  Faltenwurf  dagegen 
weniger  Mannigfaltigkeit,  weil  dies  eben  eine  Stand figur  iwt.  Dazu 
kommen  aber  weiter  die  drei  praxiteliechen  Ueliefa  aua  Mantinea 
mit  Apollo  und  denMueen^;  diese  Figuren  verratben  wieder,  wie 
reich  schon  Praxiteles  die  Mantelmotive  entwickelte,  wie  selb- 
ständig  schon  er  das  Kleid  an  sich  wirken  liess.  Zur  Ariadne 
vergleiche  man  unter  ihnen  nicht  nur  die  sitzende  Muse  mit  dem 
Mantelatück  über  dem  Schooss;  sondern  für  den  in  Massen  ge- 
ballten, in  eich  eingerollten  Gewaudtheil,  wie  er  über  den  Enieen 
Ariadiie*e  zu  sehen  ist,  geben  auch  einige  der  stehenden  Musen 
annähernde  Analogieu. 

Günstiger  noch  ist  es  in  dieser  Beziehung  allerdings  die 
eog.  Pereephone  auf  dem  Capitoi  zu  vergleichen,  ich  meine  eben 
jene  grosse  Gewand figoTj  die  ich  schon  vorbin  S.  168  um  ihres 
Tjpus  willen  zur  Erläuterung  heranzog  und  die  ala  pergameniaoh 
ra  taxiren  ist.  Den  in  sich  eingerolUen  oder  eingedrehten  obereo 
Hanteltheil,  der  auf  den  Oberschenkeln  Äriadne*a  liegt,  finde  ich 
an  voUgewandeten  Frauengestaiten  nirgends    so   wieder  wie     hei 

1  Benndorf  S.  74, 

*  Vgl.  Toa  Sybel,   Weltgeschichte  d*  Kumt  8.  255;   derselbe   in 
Athen.  Mittheil.  Vill  S.  2<j ;  Petersen  in  Rom.  Mittheil.  1893  S.  74. 
Vgl.  Overbeck,  Gesch.  d,  grieob.  Plastik  U^  S.  SL 


ι» 


Birt 


ibr.  Ueberbaupt  aber  mag  es  ecbeioen,  dafls  die  groetftrti^e  und 
nicbt  enbtile  Art  der  ßebandlang  der  Gewandfalten»  die  Tonüg• 
lieb  auf  Deatliohkeit  auegobt  and  starke  Liebt-  und  Bcbattentbeile 
eonderti  dieser  capitoHnischen  Göttia  and  der  Ariadne  in  rer- 
wandter  Weise  e  ige  η  th  Um  lieb  ist. 

Die  Nike  von  Samothrake  Übertrifft  die  Ariadne  dagegen  an 
rafünirter  Kunst  augetischeinlicb  in  vielen  Fankten;  an  ibrer  ge* 
nialtacb  durcbeinander  geworfenen  ßekleidaog  wird  ROgar  eine 
knnstreicbe  Unterscheidong  der  Gewandstoffe  wahrgenommen* 

Die  gröeste  Neaemng  im  Bilde  Ariadne^a  war  endlich  daa  Arm- 
motivj  eine  groseartrge  Bereicherung  des  plasHscben  Ausdracka,  Wir 
dürfen  annehmen,  daes  der  Künstler  gerade  dieses  anf  dem  Wandbild 
des  DIonysoatempels  zu  Atben  vorgezeicbnet  fand.  Scbon  die  vati- 
cantscbe  Reliefplatte  legt  ans  diese  Annahme  nahe;  nnd  es  fehlt 
cum  Glück  nicbt  an  Bestätigung  von  anderer  Seite.  Ein  Vaaen- 
bild  schon  des  5.  Jbdts.  bietet  das  Motiv  oder  rirbtiger  einen 
Ansatz  und  Verbuch  es  ausiu führen  ;  auf  einem  bei  Corneto  ge- 
fundenen Gefass^  von  nocb  unfreier  Zeichnung  ist  schon  Anadne 
schlafend  zu  sehen ;  sie  ist  voll  bekleidet ;  ibr  Unterkörper  liegt 
im  Links-Profil,  den  Oberkörper  aber  dreht  sie  nach  links  oder 
nach  vorn  dem  Beschauer  zu  und  wendet  den  gesenkten  Kopf 
weiter  bis  zu  dem  Grade  in  gleicher  Richtung,  dass  er  im  Rechta* 
profil  erscheint;  über  ihn  hebt  sie  den  linken  Arm  empor,  tu 
welchem  Arm  also  der  Kopf  rubt,  indesa  die  r.  Hand  auf  dem 
Scbooss  liegt.  Der  Ansatz  zum  Ariadnemotiv  ist  nicht  zu  ver- 
kennen ;  der  Arm,  über  dem  Üopf  liegend,  sollte  die  Sorge  im 
Schlaf  zum  Ausdruck  bringen.  Uie  Nebenfiguren  übrigens  sind 
ganz  abweichend  gewählt  und  geordnet.  Dazu  kommen  auf  zwei 
Vasen  etwa  des  4.  Jbds,  die  Bilder  schlafender  Bacchantinnen, 
die  aebon  im  Voraufgebenden  (S.  62)  angeführt  sind ;  beide  Male 
der  Arm  rite  über  dem  Haupt;  beidemal  umsteben  sie  zwei  bae* 
obiscbe  Figuren.  Dazu  ein  drittes  StUck  aus  dem  Ende  def 
5.  Jbds.:  auf  einem  ansteigenden  Felsen  steil  Hegend  ecbllft  die 
lilänade;  sie  ist  ganz  bekleidet;  ibr  Gesiebt  steht  im  Profil;  der 
r.  Arm  liegt  über  oder  fast  hinter  dem  Haupt;  in  der  L.  hält 
«ie  den  Thyrsus ;  ein  Silen  beschleicht  eie^  Endlich  ein  um 
das  J.  400  gemaltes  Scheines  attisches  Gefäsa  in  der  Sammlung 
Sabouroff:    Dionys    mit   seinen  Tbiasoten.     Eine  Mänade,    Cboro 


*  Monura»  instit  XI  :?0. 

•  Anndi  Bd  hO  Tafel  J  n.  1, 


Dk  fiiicjimacbe  Aj-mdii«  tmd  die  dnite  Elegie  des  Propere.     1^1 

ben&DDtf  liegt  reell te,  vom  Tanz  müde,  aa  eine  Erhöbtmg  gelehnt 
und  ecbmiegtf  so  weit  die  ZerelÖrung  erkeDnen  läeet^  den  r.  Arm 
Über  deo  Kopf;  aucli  aie  ist  ganz  bia  zu  den  Füsaen  bekleidet^ 
So  früb  und  so  deutliob  war  in  der  Kl  ein  maierei  dae  pla* 
etiscb  »0  frucbtb&re  Motiv  ausgeprägt.  Man  mag  glauben,  daea 
es  aiioli  Kicomacbae  nutztei  wenn  er  auf  gröseerer  Tafel  'die 
BaccbeUi  von  Satyrn  bescblicben*  malte^  vielleiübt  aucb  Arieti- 
des  in  seiner  ^AnerubendeD*^;  beides  Maler  deaaelben  4.  Jbde. 
Hat  nun  die  bildende  Kunat  wirklich  noch  vier  Jahrbanderte 
lang  gezaudert,  bevor  sie  aioh  in  Erz  oder  Marmor  jene  Aue- 
raheDden  zu  eigen  machte,  um  ihren  doch  immer  engen  Besitz* 
etand  zu  bereichern?  Ein  Grund  znr  Scbücbternbeit  lag  nicht 
vor;  denn  schon  die  Vollptaetik  eben  des  5,  und  4.  Jhda.  hat 
sieh  auedrucksvoll  an  Aebnlicbea  gewagt.  Freilich  hatte  keine 
der  Liegefiguren  der  Giebelfelder  Atben*e  oder  Olympia'e  die 
Armhaltung  Ariadne^e  aufzuweisen;  wohl  aber  vielleicht  schon 
die  Marmoratatue  eines  sitzenden  Jünglinge  zu  Olympia',  dessen 
Rechte  erhoben  war  und  wohl  auf  dem  Kopfe  auflag,  ingleichen 
der  oben  erwähnte  Frauenkopf  in  Subiaco»  der  auf  Silanion  bezo- 
gen worden  iat  Sollte  dies  der  Kopf  einer  liegend  Schlafenden 
gewesen  sein,  so  wäre  damit  ungeMhr  die  ganze  Α nadne- Erfin- 
dung wiederholt  oder  aber  vor  weggenommen.  Eine  berühmte 
Studie  dieser  Art  ist  aber  jedenfalls  die  ausruhende  Amazone 
Folyklet'e  gewesen.  Das  iat  wohl  schwerlich  zufällig.  Das 
Werk  Pol>klet*s  war  eines  der  frühesten  und  namhaftesten  Bei- 
spiele der  illustrirendeu  Vollplastik,  um  die  es  sich  hier  ban- 
delt, die  einen  Moment  aus  dem  Heldenleben  der  Sage  heroisch 
awar»  doch  genrehaft  verkörpert.  Auch  in  ihm  der  Zug  des  Lei- 
denden und  dea  Gequälten  in  der  Kühe.  Es  war  alao  ein  ver- 
wandtes freistehendes  Bildwerk,  das  uneerem  unbekannten  Eünstler 
ein  Muster  lieferte  oder  ein  Beispiel  gab.  Bas  gleiche  Arm- 
motiv  ist  sodann  im  4.  Jhd.  auch  sonst,  aber  nur  bei  Standfignren 
und   hier    vielmehr    zum  Ausdruck    behaglich  süssen  Ausruhens 


'  Sammlung  Sabouro ff,  herauegeg*  v.  Furtwangler,  Tafel  55;  Furt- 
wängler  nimmt  an,  d&ee  Choro  beide  Arme  über  den  Kopf  zuB.xmmen 
legt  —  Auf  dies  Bild  machte  mich  College  v.  Sybel  aufmerksam,  der 
Überfaanpt  mit  freundlicbem  Interesse  diesen  Auuführungen  gefolgt  ist. 

»  Vgl.  Furtwangler  a.  a.  0.  S.95f. 

*  *VoD  einfacher  und  Bü>eng^  Arbeit',  i.  Friederichs  •Wolters 
m.  386. 


ttngewiindt  worden:  icli  denke  an  dae  Vorbild  det  ApolHno  in 
Florenz^  eowie  an  den  Bronoe-Erot  dea  Praxiteles,  der,  mit  der 
Linken  den  Bogen  ballend,  eeine  Rechte  über  den  Scheitel  bog^. 

unter  eolchen  Einflünsen  eoheint  die  Ariadne  entstanden  zu 
■ein;  und  eie  braucht  eich  ihrer  Vorbilder  nicht  zu  echimen. 

Dae  Alterthum  mgt  uns  von  Praxiteles,  an  eeinen  Marmor- 
werken leien  die  Arme  yorztiglich  bewandernewerth*;  wenn  ich 
dies  le^e,  bekenne  ich^  daes  mir  Ariadne  nnwillkürlich  einfallt;; 
denn  die  Schönheit  der  Arme  ist  wohl  bei  keinem  Bildwerke  mit  ^ 
solcher  Betonung  vorgetragen  als  hei  ihr.  Aber  et  ist  nicht 
mditlich,  ernetlich  an  den  Meieeel  des  Praxiteles  zn  denken 
nnd  ei  liegt  mir  nafürlioh  fern,  irgend  einen  Namen  zu  ver 
muthen^.  Nur  dies  glaube  ich,  wenn  ich  anf  die  Erfindung  achte» 
daiR  flieh  dafl  Werk  nirifende  »o  bequem  einordnet  wie  an  den  Schlnf^s. 
der  praxiteliecheii  Periode  oder  in  die  hel!eniHti«che  Zeit  nnmittelbar* 
nauh  ihr*  Unter  den  reichen  Rnnstunteriiehmongen  und  den  b<^ 
bnntpcherkigen  Werken  der  Zeiten  vom  Beginn  der  PtolemSer  bia 
xnm  römieohen  Kaifierthnm  finde  ich  nichtii,  wozu  »ich  die  Ariadne 
m  ganz  einleuchtender  und  natürlicher  Weise  stellen  liesae«    Man 


»  Vgl.  Frifderiehi-Wolten  0.1292  und  1297. 

β  S.  Brunn  I»  S.  239. 

^  Ehetank  ad  Herennium  IV  6. 

^  Von  Praxiteles  gab  ea  die  Ehrietaa  und  die  Maenaden;  an« 
Ariadne  int  gewieserTriaMen  Maenade  (vgl.  oben  S.  β2Γθϊ  j^ne  waren  in 
Hom  von  Aeinius  Pollio  aufgeetellt;  uneere  Ariadne  durfte  in  Kom 
gefuridi^D  worden  sein.  Eine  Bi^ziehnng  dea  sog.  '  Narcias*  zu  Dioriyg 
ηηά  Ariadne  iet  ob<?n  behauptet;  dieeer  Narciaa  wird  al>er  unter  die 
Wrrke  praxitelieoheti  ChHrakterB  geiietlt  (s*  oben  8.  54).  Bocb  wieder• 
hole  ich,  dae«  ea  mir  utimöglioh  acheini,  an  Praxitelei  aelbat  zu  denken; 
möge  Ariadne,  wie  Karoist,  iu  de*n  unier  praxiteliaihem  £infliiaa 
liebenden  helleniitiaehen  Werken  gehören.  Vielleicht  haben  die  Alten 
im  1.  Jhd.  vor  Chr.  den  Namen  dei  Bildhauers  lelbst  nicht  mehr  ge- 
Wlltat,  tO  wie  man  bei  den  Niobiden  ewiachen  Skopaa  und  Praxitelea 
•obwankte.  Aoeb  hierdurch  konnte  sich  dann  die  Annahme  empfeh- 
len, daae  die  Ariadne  eben  doch  auch  ein  ülteree  Werk  war.  Wir 
baben  verniutht*t^  daita  in  der  ersten  Hftlfie  des  1.  Jhds.  Tor  Chr.  die 
beiden  griechischen  Epigramme  €(ς  άτολμα  *  Αριάδνης  verfattt  aeien 
(oben  δ.  1<>4Γ)  Es  ist  he  merke  nswerth^  daM,  wahrend  dies•  Epigramme 
behaupten,  Baoolmt  selbst  und  kein  Sterblicher  »ei  der  Bitdhao^r.  sie 
dooh  diesen  StiTblichen  uns  nirhi  nennen.  Sonst  wird  in  den  gletoh• 
artigen  (Ird iohten  mit  Namen  wie  Phidias,  Myron.  Skopaa,  Praxitelei, 
Diodoroa  und  L^aipp  dod)  Luxus  genug  getriebra.  Vgl  oben  S.  165  Anm, 


Die  vaticaoiiohe  Ariadne  u&d  die  dritt«  £logib  dei  PiOperi.      Iö3 


:SEi6bin6  nur  deo  TJeberblick  τοπ  Monomenten,    wie  ihn  0 verbeck 
^n  eeiner  Plaetik  Π  4.  Aufl.  S.  38S    in    der  Form    der  praeteritio 
^bt:  er  ordnet  in  die  Zeiten  vom  3. —  LJbd*  vor  Chr.  zuid  Mar* 
lyaa  nnd  zur  Venue  von  Milo  aocb  die  cnpitoliniRcbe  Venös,  die 
EalHpygoB  in  Neapel,  dea  barberiniflcben  Faun»  den  Hermapbro- 
diten  und  die  Ariadne;  indem  er  die  letztere  frei  lieb  zn  denjeni- 
gen Werken  zählt,  für  deren  Zeitaneatz  die  Gründe  nicbt  durcb- 
ii8  Überzeugend  seien.     Die  Ariadne    neben   dem   barberini sehen 
Fannt  die  Ariadne  neben  dem  Hermaphroditen!   Man  halte  beide 
im  Abbild  neben  einander.     Man  wird    mein  Befremden    theilen. 
Da    ich    eben    von    Liegefigaren    in    freißtebender    Plastik 
handle,  darf  ich  nicht  nnterlaeaeni  besondere  auf  das  erstaunliche 
Stitndbild  dieeee  liegenden  Herrn  apb  ro  diten  binznweiRen.    Ich 
habe  bisher  zwei  Lieget jpen  nnterscbieden,  den  der  sogenannten 
Nymphen  als  BrannenfigareD  und  den  der  Ariadnen.     Im  Herma• 
phroditen  kommt    nnn    der    dritte  hinzu,    auch  er  fast  weiblich. 
Sr   ist  im  Alterthnm  Öfters  gearbeitet  worden;  Exemplare  stehen 
in  den  Uffizien,  im  Louvre,  in  der  Eremitage  zu  St.  Peterebarg, 
in   Villa  Borghese,    in    den  Diooletiansthermen,   das  letztere  vor* 
füglich  frisch  und  intakt^. 

Wer  wird  leugnen,  daes  auch  diese  Statue  eine  hoch  künat• 
leriscbe,  eine  virtuose  Leistung  ersten  Eanges  war?  Die  Figur 
planvoll  nackt  gebalten ;  der  Korper  mit  grösstem  Raffinement| 
«len  weichen  Rticken  nach  oben,  hingelegt;  der  Kopf  auf  beiden 
^rmen  ruhend;  aber  das  Gesicht  ist  wie  ein  Theil  des  Unter- 
liörpere  zur  Seite  gewendeti  damit  man  das  sehen  könne,  worauf 
ea  ankommt  Die  wollüstig  lasse  Haltung^  Stützung  und  Biegung, 
das  sinnlich  Träumerische  des  Beiicbta  —  die  Aagen  sind  wach 
gescbloseen*  —  malt  in  erschreckend  deutlicher  Weise  den  See- 
len* und  Sinnenzustand  dieses  nnheimlicb  schönen  Zwitterweeene, 
daa  gleichsam  sieb  selbst  gen i esst  —  ein  blübendea  Erzeugni•• 
ausschweifender  priapiscber  Phantasie. 

Soll  man  glauben,  dass  Hermaphrodit  und  Ariadne  in  ein 
und  derselben  Zeit  und  Culturphase  haben  entstehen  können?  der 
keuscheste  und  der  unkeusch eete  Marmor?  Mit  einer  rhetoriRcheu 
Frage  ist  hier  freilich  nichts  gethan^     Achten  wiir  indees  ledig- 

i  S.  KieseriUky  in  Annali  1682  8. 250. 

3  Dass  er  die  Äugen  im  Wachen  schlieBst,  scheint  mir  znmal  bei 
den  Exemplaren  anzanehmeuj   die  geechlechtliche  Erregung  veirathen. 

*  Vielleicht  steht  auch  das  minder  latoive  Florentiner  Exemplar 
dem  Original  am  näcbeten;  Kieeerit^ky  b.262. 


184 


Birt 


ΗοΗ  auf  dae  Liegeniotiv  :  muBB  nicbt  das  der  Ariadne^  da«  mit 
Vorsicht  aus  der  Partbenonfigiir  abgeleitet  sclieiTit,  das  frühere 
eeiB?  Denn  auch  in  solchen  Motiven  gibt  es  doch  eine  Ent- 
wicklung und  ein  natürlichea  Früher  und  Später.  Man  beachtsl 
vor  altem:  *Thau«chweBter'  und  Äriadne  aind  ßo  hingelegt^  daee 
man  sie  nur  von  vorne  sehen  soll ;  hei  jener  war  diee  nothwendig 
gewesen,  hei  dieser  blos  übernommen.  Der  witzige  Erfinder  dea 
Hermaphroditen  folgte  dem  nicht;  er  vereelbständigte  sich  und 
hiklete  sein  Werk  vielmehr  so,  dasa  man  es  von  allen  Seiten  um- 
gehen muss;  auch  bettete  er  die  Figur  niedriger;  und  RaucVe 
Königin  Luise  hat  somit  die  Ehre,  ihren  classischen  Yorgänger 
im  Hermaphroditen  zu  besitzen.  Dieser  Kniff  ist  aber  pergame- 
nisch.  Der  sterbende  Fechter  ist  das  hierhergehörige  Beispiel 
einer  pergamenischen  Liegefigur.  Auch  ihn  muas  von  allen  Seiten 
umschreiten,  wer  den  Absichten  des  Plasten  genügen  will. 

Und  wie  alt  beliebt  war  das  Ariadnemotiv,    in  wie  späten^ 
Monumenten  hat  das  Schema  des  Hermaphroditen  erst  seine  Ana- 
logien] ^     Für  Jen  aber,  der  geneigt  ist,  diesen  letzteren  bis  in*8 
2,,  ja  3.  Jhd.  v.  Chr.  hinaufzu rücken  ^,    würde  eich  für  Ariadne 
eine  Schlossfolgerung  von  selbst  ergeben. 


Kehren  wir  denn  noch  einmal  zur  vaticanitohen  Statue  selbst 
zurück  und  verweilen  uns  zum  letzten  Mal  vor  ihr.  Sie  hat  une 
£ur  Bewunderung  hingerissen  und  zu  einer  umständlichen  Ana- 
lyse ihrer  Vorzüge  veranlasst  Sehen  wir,  ob  sie  auch  eiuee 
Tadele  würdig  ist 

Ein  Coloesalwerk  darf  nicht  aus  oächster  Nähe,  AvigB  in 
Auge,  betrachtet  werden;  dass  dies  verkehrt  ist,  beweist  eben 
seine  Colossalität.  Wer  sich  gleichwohl  aus  Liebe  sum  Gegen» 
Stande  versocht  fühlt,  das  Angesicht  dieser  Schläferin  allein  tut 
sich  aus  nücbster  Nähe  zu  betrachten,  bemerkt,  dass  in  diesem  Ge- 
sicht ihn  etwas  störe*     Wie  mancher  beflissene  Heisende  hat  dies 


^  NimKch  auf  einigen  oampanischen  Wandbildern  und  noch  spa- 
teren Sarkophagen;  dazu  eine  zu  Athen  gefundene  liegende  Bacchan- 
tinnenstatue  des  1.  Jhds,;  vgl.  KieBeritzky  8.261. 

*  Vgl  Furtwängler  a,  a.  0,  S.  96.  Dass  Polykles  der  Erfinder, 
bleibt  unsicher  und  bat  Bedenken  gegen  sieb;  vgl.  P.  Perrmanu  bei 
Roicher,  M.  Lex.  1  S.  2332. 


Die  Tftticmnieobe  Ariftdne  uüd  die  dritte  Elegie  des  Proper«.     1S& 

wobl  schon  wahrgenommen!  So  iiotirt  denn  Wiiickelmauu  in 
seiner  Kun^tgeacbichte  mit  energiecher  Künee^  das  Geeicht  eei 
echief.  Nenere  Kenner  wiederholen  dies  und  begründen  vornehm- 
lich mit  dieeer  Wahrnehmung  —  waa  Winckelroann  nicht  gethan  — 
die  ADsicht,  daea  das  Werk  kein  Original,  eoudern  eine  Co- 
pie  wO, 

Mir  liegt  ea  fern,  diese  Frage  sen  benrtheilen  oder  das  Ver- 
liältniea  der  Repliken  in  Madrid  und  Florenz  zu.  der  vaticaniecben 
genauer  zn  untersuchen. 

Was  aber  jene  Schiefheit  betrifft,  so  glanbe  ich  nichti  das• 
iich  aua  ihr  Scblünse  der  angegebenen  Art  sieben  laeaeo,  und 
ich  möchte  versuchen,  dem  antiken  Marmorariu«  zu  einer  richtige- 
ren Schätzung  seiner  Arbeit  zu  verhelfen.  Es  handelt  sieb  um 
die  Gleichheit  der  beiden  Gesichtehälften.  Für  einen  Plasten  von 
einiger  Ttichtig^keit  mufis  eine  solche  verhältnieemä»Rig  leicht  her- 
Äuetellen  gewesen  sein;  und  es  schiene  mir  unbegreiflich»  wieder 
Urheber  unseres  MeiHterwerkes,  setzen  wir  auch  nur  einen  Co- 
pisten  an,  der  alles  andere  nach  feiner  Berechnung  und  ohne 
Fehl  vollendeti  ein  schiefes  AntliU  gemeisselt  hätte,  wenn  er 
ein  gerades  zu  meisseln  heabsj  cht  igte, 

£e  ist  nicht  leicht  zu  beschreiben,  worin  diese  Schiefheit 
besteht;  ich  kann  nur  nach  einer  guten  Photographie  urtheilen, 
die  den  Kopf  ganz  en  face  gibt. 

Die  linke  Gesiebt tthälfte,  die  scheinbar  auf  der  1.  Hand  rnht^ 
iit  schmaler  als  die  r.  und  gleichsam  in  Verkürzung  gebildet. 
Der  Bildhauer  hatte  hier  gewissermafisen  weniger  Platz;  er  mueete 
mit  dem  Raum  sparen,  weil  die  stützende  Hand  so  nahe  kommt, 
und  hat  deFtbalb  an  dieser  Seite  das  Volumen  des  Kopfes  gleich* 
aam  eingesobränkt.  Vielleicht  soll  dies  auch  für  den»  der  in  ge- 
sieroender  Entfernung  steht,  den  Eindruck  machen,  als  werde  daa 
Gesicht  durch  die  Hand   eingedrückt  und  verkleinert. 

Dazu  stimmt  oder  damit  steht  im  Zusammenhang,  dasa  der- 
eelbe  l  Backen  voller  ist  (oder  zu  sein  scheint),  sein  Fleisch  wie 
geach  wollen  etwas  mehr  nach  vorn  tritt ;  und  diese  stärkere 
Sehwellung  setzt  sich  bis  zum  unteren  Kinn  gleich  massig  fort« 
Dagegen  echemt  die  grosse  Fläche  der  r.  Wange  Hach  abzu* 
fallen. 

Vielleicht  hat  jene  Schwellung  m  naturalietiecher  Beohaoh- 


^  So  Frieder  ich« -Wolters^  gan^  ebenso  Η  eibig  in  Hinem  Fuibrer« 


IM 


Ein 


tung  ihren  Gr^ttid  gehabt.  Wer  auf  die  HaTid  geitüUt  echlKft, 
dem  zieht  eich  ja  wirklich  daa  Geeicht  echief,  der  Unterkief»r 
und  das  Fleisch  der  gestützteo  Wange  beginnt  χα  bangen,  oder 
aber  ee  wird  durch  die  stützende  Hand  ein-  und  nach  vorn  ge- 
preaet.  E»  mag  hier  einmal  an  ein  Bild  der  modernen  Kunst, 
an  Gabriel  Mb it  ^CbrtAtuB  erweckt  eine  Todte  ,  aus  dem  Jahre 
1876,  ein  Gemälde,  das  ja  photographiech  verbreitet  ist,  erinnert 
werden.  Das  Mädchen  liegt  auch  hier  mit  etwas  gehobenem 
Oberkörper;  der  Kopf  int  noch,  im  Erwachen,  aeitlich  schwer 
herabgesenkt*  Die  eentimental-realietische  Kunst  des  Malere  aber 
hat  es  sich  nicht  entgehen  lasf^en,  hier  die  Wirklichkeit  getreu 
zu  geben  und  das  Schief* hängende  der  gesenkten  Gesichtahälfte 
ad  oculos  zu  malen. 

Man  kann  annehmen,  dass  in  der  Ariadne  der  Bildhauer 
die  Wirkung  des  Drucke  der  Hand  auf  die  Wange  schon  anti- 
oipirt;  denn  flir  den,  der  nicht  nahe  steht,  seheint  sie  schon  auf 
ihr  aufzuliegen. 

£e  gälte  sich  nach  Äehnlicbem  umzuthun.  Ich  weiss  titeht| 
ob  viel  Material  dafür  vorhanden  ist ;  denn  es  handelt  sich  um 
Kopfe  Schlafender,  die  nicht  häufig  sind.  Mir  muss  genügen« 
xunichst  zwei  Analoga  beizubringen.  Das  eine  ist  eben  die  Nymphe 
des  Cortile  des  Vatican,  die  ich  am  Anfang  dieses  Anfeatses  be* 
sprach.  Ibr  Eopf  liegt  fest  auf;  die  linke  Wange  aber,  auf  der 
sie  sohlftft,  ist  klein  gedrückt  und  die  Gesichteform  dadurch  achiet 
Sodann  ein  nemtich  identisches  Exemplar  dieser  Nymphe  in  der 
Vorhalle  des  Caeino  der  Villa  Borghese;  wer  sich  entschlieest, 
diese  Figur  anzusehen,  wird  finden,  dfts•  sie  energisch  achiefei» 
Mund  hat. 

Was  der  bescheidene  Erfinder  dieses  Nympheotypua,  des 
auerst  besprochenen  Typus  Hegender  Frauenfiguren,  mit  Gltlek 
ausgeführt  hat,  dasselbe  kann  auch  der  Schöpfer  des  zweiten  in 
seiner  Ariadne  gewollt  haben:  dem  Realismus  und  der  Wirklicb- 
keit  auf  Kosten  der  Symmetrie  des  Angesichts  eine  berechtigte 
Concession  zu  machen* 

Doch  kommt  noch  ein  Anderes  hinzu  und  scheint  hier  n* 
gleich  mit  eingewirkt  zu  haben. 

Köpfe  wie  der  Zeus  von  Otricoli,  die  Inno  Ludovisi  und 
Farnese  oder  gar  die  Rondaninische  Meduse  sind  doch  wohl  Aiu- 
nahmen,  in  welchen  die  Gleichheit  und  der  Parallelismue  der 
beiden  Gef^icbt^bilften  fant  streng  oder  sogar  g&ns  streng  mathe* 
matisoh  durchgeführt  ist    Durch  Belebung  und  Bewegung  kommt 


i>M  Yatic»iii«öbe  Artftdue  und  die  dritte  £le^e  dt»  Properz>     167 


leicbt  irgend  eine  Verechiebning  in  dae  üntergesicbt,  mag  auch 
die  Nuance  meiatens  nor  aehr  gering  aein»  Bin  weilen  aber  itt 
sie  deutlicb,  ja  aehr  anialli^^  und  ee  erhebt  aieb  die  Frage  nacb 
ihrer  Berechtigung.  Beispiele  dieser  Art  aua  der  atitiken  Plaatik 
aind  τοη  W.  Henke  in  der  Zeit»chritt  für  bildende  Kunst  1886 
S.  257  ff,  eowie  in  den 'Vorträgen*  S.86  besprochen  nnd  die  Tliat- 
Sache  vornehmlich  an  der  Ventia  von  Mito  exemplifieirt  Henke 
loacht  wahraebeinUcli»  daee  diese  Schiefheiten,  die  das  Normale 
eicbtlich  überschreiten,  auf  eine  malerinche  Berechnung  zurückzu- 
führen sind.  Wie  der  Maler  den  une  mebr  abgewandten  Theil  des 
Körpers  verkiirst  behandelt,  so  hat  dies  aupb  der  Bildner  öftere 
beabsichtigt.  Ob  mit  Glück,  ist  eine  zweite  Frage;  denn  die 
antike  Malerei  zeigt,  dass  die  Alten  die  Gesetze  der  Perspektive 
nur  unsicher  zu  handhaben  wuaaten. 

Die  Nase  der  Venus  von  Milo  ist  schief;  ihr  Kopf  aber  lat 
nach  einer  Seite  gebogen;  Henke  erklärt,  dass  der  Künstler  eich 
auch  die  Geatalt  des  Kopfes  eelbst  habe  mit  biegen  lassen,  und 
zwar  nach  der  Seite  hin,  nach  der  er  gerade  hingewendet  ist 
Dasselbe  trifft  für  die  Kdpfe  mehrerer  Niobiden  zu;  auch  hier 
erscheint  das  Geeicht  *  nach  der  Seite  bin  verbogen,  wohin  ee 
eich  ^wendet,  und  also,  wenn  man  es  von  vorn  anaieht,  gar  nicht 
mehr  eymmetriach  .  Sie  sind  aber  auch  gar  nicht  darauf  berechnet, 
dasa  man  sie  genau  von   vorn  änaehen   solL 

Äehnlich  ist  nun  in  der  That  auch  an  dem  Kopf  der  Ari- 
adne  just  diejenige  Seite  verkleinert  nnd  verkürzt,  die  dem  Be- 
achauer  weggerückt  ist  Ba  kann  dies  aleo  auch  als  malerische 
Verkürzung  aufgt*fasst  werden,  die  auf  Täusch  ung  dea  Auges 
berechnet  ist  und  nur  für  einen  bestimmten  Standpunkt,  von  dem 
aua  man  die  Statue  betrachten  sollte,  erfunden  wurde* 

Mag  man  nun  dieser  oder  der  zuerst  versuchten  Erklärung 
folgen  —  und  es  wäre  sehr  wohl  denkbar,  dass  beide  üeberle- 
gungen  zugleich  auf  den  Künstler  eingewirkt  haben  —,  jedenfalls 
acbeint  aus  der  Form  dea  Gesichts  ein  Schluss  auf  das  Atelier 
des  Meistere  nicht  ratbsam. 

Hier  seien  aber  Uberdiea  noch  ein  Paar  Monumente  erwähnt, 
an  deoen  Aehnlichea  zu  bemerken  ist.  Voran  das  Colosealwerk 
grossen  Stiles,  der  Gallier  und  sein  Weib,  im  Museo 
Boncompagni  N,  43.  Der  Gallier  bat  sein  Weib  tödtlich  ver- 
wundet; und  während  er  sich  selbst,  hocbaufgericbtet,  mit  der 
Rechten  ersticht,  hat  er  die  Sterbende  mit  der  Linken  am  Arme 
gefasfit.     Ihre  Knie  Bind  schon    auf    den  lioden  geeuTikcn,     Ihre 


288 


Biri 


rechte  Kürperhälfte  hängt  tiefur;  denn  «ie  ist  durch  den  Griff  des 
Uuiucü  gleu^bi»am  an  ihrem  linken  Arm  aufgehängt  So  ilUt  ihr 
Geeicht  nach  rechte  auf  die  Schütter,  und  die  Nasenlinie  liegt 
stark  horizontaL  Diee  Geaioht  aber  ist  echief  und  verktürzt  sich 
ebeo  recht». 

Ee  wäre  denkbar,  daes  die  hängende  Figur  im  Arm  dee 
sog'  Pasquino  ähnlich  behandelt  geweeen;  und  es  verlohnte  »ich 
vielleicht,  das  florentinieche  Exemplar  daraufbin  anzusehen;  ebeneo 
der  tog.  Troilue  im  Arm  des  Hector  eu  Neapel. 

Aber  auch  an  den  herrlichen  broncenen  Faun  in  Neapel 
muis  ich  hier  wieder  erinnern,  der  einechlaft  und  dabei  das  Arm- 
motiv  der  Ariadne  zeigt;  eeiti  Mund  iet  offnen;  das  Geeicht  deal- 
Mch  schief;  die  tiefer  liegende  Seite  erscheint  kleiner*  Auch  dtea 
wie  bei  Ariadne.     Und  auch  dies  scheint  Verktinung. 

Weiter  aber  jene  geköpfte  Schläferin »  deren  Marmor- 
hanpt  man  im  Museum  der  Diocletiansthermen  auf  Sammetkiaaeo 
gebettet  hat.  Es  acheint  unmöglich,  sich  ans  diesem  Kopf  allein 
die  Stellung  des  verlorenen  Körpers  zu  vergegenwärtigen.  Jeden- 
falls beachte  man,  dass  auch  dies  Geeicht  schief  ist.  Die  rechte 
Wange  (für  den  Beschauer  links)  ist  dicker  und  steht  vor,  bo* 
sODders  am  oberen  Theil  und  um  den  Backenknochen;  die  1.  Backe 
erscheint  dagegen  gleichsam  eingebogen.  Dabei  ist  das  Kopf- 
haar  an  der  linken  Seite  abgebrochen  oder  nicht  ausgearbeitet, 
und  hier  lag  eine  Hand  oder  ein  Theil  des  Armes  an. 

Von  der  'Eubuleus^Büste  des  Praxiteles  ist  bemerkt 
worden,  dass  das  Haar  an  den  beiden  Kopfbälften  nicht  gleieh 
behandelt  ist  'Der  Beschauer  darf  sich  nicht  das  kleiuste  Stück 
zu  weit  nach  rechts  stellen,  wenn  es  ihm  nicht  unaogenehm  auf- 
fallen soll,  dass  die  Lockenmasse  auf  der  L  Seite  viel  voller  ist 
als  auf  der  rechten.  Das  tritt  nicht  hervor,  sobald  mao  gerade 
vor  der  Büste  steht* ^  Man  ist  geneigt  in  dieser  Büste  eiu  Ori- 
ginalwerk zu  erkennen. 

Au  oh  von  dem  Centaurenkopf  im  Mneeo  ChiaramoDti 
0*662  (Heibig,  Führer  n,  118)  habe  ich  mir  angemerkt,  dast  er, 
bei  geöffnetem  Munde,  das  Gesicht  etwas  schief  zeigt 

Daran  reiht  sich  dann  endlich  noch  die  sog.  ludovieiaoKe 
Meduse;  ein  Hochrelief  in  dem  Grade,  dass  es  als  Hundskulptar 


»  S.  P. J.Meier  in  Jahrbuch  d.  arch.  Inst  V   S.212. 
bei  ürumii  peukmäler  u.  74. 


AbbilduBg 


ϋιβ  ^rfttioftnisohe  Arittdne  ttbd  di«  dfitte  Elegi«  de•  Proport.     1R*I 


1i 


l^etrtcfatet  werden  kann ;  man  vergeBse  nicht,  daee  der  gaoze  Re« 
liefgrund  moderne  Ergänzung  isi.  Die  Äugen  sind  geschloeseni 
ee  iet  also  gewiss  der  Kopf  einer  Scblafenden.  Der  Kopf  darf 
daher  e^bwerlich  bq  senkreckt  gesehen  werden^  wie  man  ihn  auf' 
mhängen  und  zu  pbotographiren  pflegt  Man  lege  ihn  auf  einen 
tobragen  Tiaob  und  betrachte  ibn  τοπ  oben;  dann  hat  man  den 
Aohliok,  den  der  Künstler  gewollt;  darum  liegen  die  Locken  so 
feet  auf  der  oberen  Backe  und  Schläfe  wie  angeklebt  und  fallen 
nicht  frei  herunter,  wie  sie  sonst  doch  müpsten,  Dae  Gesteht 
aber  ist  wiederum  schief»  und  die  linke  oder  untere  Seite  ist 
anders  und  gepreset  bebandelt,  vielleicht  nur,  weil  dies  schliess- 
Uch  duch  eine  Art  Hochrelief  war^  Tielleicht  aber  auch,  weil  die 
wintere  Seite  als  zurückstehend  und  auf  dem  Kissen  liegend  ge- 
preset erscheinen  sollte. 

Die   Herme  des  sog.  Epimenides  im  Yatican,    Saal  der  Mu- 

βη  η,  512,  ist  dagegen   nicht  das  Bild  eines  Schlafenden   —   wie 

Ware  dies  auch  aufrecht  stehend  denkbar?    — ,    sondern    die  ge- 

e^hloasenen  Augen    drücken    in   ungeBcbickter  Weise  Erblindung 

^Hi*     Das  Geeicht  dieses  Homer  scheint  darum  ohne  alle  Schief- 

^^  heit  und  ganz  symmetrisch  gearbeitet*. 

^H  Derartige    gewiss    bewusste  Vernachlässigungen    de^  Rich- 

^F^igen  in  IdealfigtireUi  wie  ich  sie  aufgezählt,  in  welchen  der 
V  *i«t&rHchen  Körperlichkeit  etwas  eubtrahirt  wird  um  die  Verklei• 
DeruQg  zurückstehender  Theile  zu  steigern,  hat  eich»  nach  Hen- 
kt*! Ausführungen,  Michel  Angelo^  dtr  grosse  Ideal-Realist  der 
inodernen  Zeiten,  nie  gestattet.  Es  war  dies  eine  Annäherung  an 
4ie  Teehnik  des  Hochreliefe,  die  er  verschmäht. 

Derselbe  Michel  Angelo  aber  hat  ja  so  viele  schlafende  und 
wwhende,  liegende  und  kauernde  Gestalteo  gemalt  und  geraei•• 
«It;  obenan  die  Nacht  und  den  Morgen  am  Mediceergrab.  Das 
ArmiQotiv  der  Ariadne  (die  er  doch  sicher  gekannt)  verschmäht 
^r  überall  —  allerdinge  überall  bei  seinen  Liegefiguren.  Einmal 
*ber  hat  er  es  gleichwohl  verwandt;  er  hat  es  den  Alten  doch 
abgesehen.  Ich  denke  an  den  wunderbaren  sterbenden  Krieger 
iii  Paris.  Interessant  ist  doch,  dass  dieser  schone  Sterbende  ge* 
•chloasene  Augenlider  hat  und  dass  er  eben  den  Arm  auch  müde 
über  sein  sinkendes  Haupt  legt;  aber  er  steht  noch,  und  so 
kehrt  hier  die  Kunst  zu  dem  ältesten  Namen,  den  wir  genannt, 
nur  verwundet   ausruhenden  Amazone    des  Poljkiet   zurück,    die 


1  8.  Winter»  Jahrbuch  des  ar<sh,  Init,  V  S.  I64I. 


19<>    Btrt  Die  ? 4Uoam§eli(9  AriAdti«^  titid  aim  άπϋ«"  tSlef^i«  da•  t^operx, 

den  AuBgangspaiikt  bildete.  Man  balte  diese  marmornen  Ver- 
wundeteo  neben  einander  —  walcb  eine  Gesobichte  liegt  xwi- 
eoben  den  zwei  Standbildero! 

Soblieseen  aber  können  wir  diesen  Aufeats  niebt,  obne  aueb 
dem  Heister  Propera  dae  Lob  gespendet  an  baben,  daa  ibm 
reicbltcb  gebührt,  Ancb  etne  Poesie  lernt  man  nur  durch  £nt- 
gegenftetzung  und  Vergleichung  benrtbeilen.  Und  ein  Vergleich 
liegt  nur  zn  nah.  Man  eebe  endlich  noeb,  wie  der  junge  ele* 
giecbe  Streber  üvid  eins  seiner  Corinnagedicbte  anheben  an 
müssen  glaubt,  Amor.  1  10; 

Qualis  ab  Eurota  Phrygiis  avecta  carioie 
ConiugibuB  belli  causa  duobus  erat^ 

Qualie  erat  Lede,  quam  plumis  abditns  albis 
CsUiduft  in  fulsa  laeit  atlulter  ave, 

Quttlis  Amymone  siccis  erravit  in  agrie, 
Cum  premeret  summi  verticjs  nrna  comas, 

Talis  eras  .... 

Also  auch  bier  das  qualis,  qualis  und  talis.  Auch  hier  in 
drei  Distichen  drei  Vergleiche  aus  der  Kunstmythologie,  Auoh 
hier  betrifft  es  die  Sohanbeit  der  Geliebten«  Die  grobe  Nach- 
ahmung liegt  auf  der  Hand  —  aber  auch  der  Unterschied.  Bei 
Properz  beherrscht  die  Kunstanschauung,  die  sein  erster  Vera 
in  uns  erregt,  das  ganze  Gedicht  bis  zur  letzten  Zeile;  Pro5m 
and  Erzählung  sind  nothwenijig  für  einander,  das  Ganze  ein 
Organismus,  wie  ein  guter  Musiksatz:  die  ersten  Takte  schlagen 
das  Thema  an,  daa  Weitere  gibt  nur  die  Ausführung  des  The* 
mas;  und  nichts,  was  nirbt  zu  ihm  gehörte.  Bei  Ovid  hat  die 
Einleitung  im  Grunde  mit  der  Elegie  nichts  zu  thnn.  Sie  könnte 
ganz  andere  lauten,  sie  könnte  fehlen,  und  das  Gedicht  wäre, 
was  es  ist  So  arbeitete  dieser  Sohnelldichter  und  leiohtfü tätige 
Epigone.  Properz  war  gut  genug  um  nachgeahmt  zu  werden; 
aber  Ovid  tbat  es  so  obenhin  wie  möglich:  wie  ein  Tielbeeohif- 
tigter  Banmetster  die  Stuck fa^ade  vor  sein  Gebäude  klebt;  man 
kann  sie  herunterschlagen,  man  kann  sie  mit  einer  anderen  er- 
setzen: das  Haus  bleibt  dasselbe. 

Marburg.  Tb.  Birt. 


itt 


Die  Epigramme  des  Damastts. 


I 


Ton  BamaBiie  berichtet  Hieronymug  de  vir,  ill,  103  elegans 
m  versibus  componendis  ingenium  habuit  muliaque  et  brevia  opus- 
cula  heroico  metro  edidiL  Er  meint  damit  gewiss  die  kleinen 
Gedichte,  die  Damaeue  za  Ehren  verschiedener  HeiMgen,  Mär• 
tyreri  Päpete  nnd  veretorbener  Cb rieten  gedichtet  hat  und  die  er 
gTöeetentheils  auf  Stein  einbauen  liee«.  Er  wurde  dadorch  vor- 
bildlich tviT  die  Späteren.  Speciell  die  Elogien  anf  die  Märtyrer 
eind  von  grossem  kolturgeBchicbÜicben  Intereaee,  aie  repräflen« 
tiren  'die  erst  od  Anfänge  einer  Legendenpoeaie  in  Versen  ^  und 
man  darf  Daniaeue  mit  gutem  Recht  als  den  ersten  officiellen 
cbrifltlichen  Epigrapbiker,  den  Begründer  des  chrietlichen  Epi- 
gramms bezeichnen*  Ein  Theil  dieser  Dichtungen  ist  ans  auf 
Stein  erhalten,  ein  Tbeil  bandschrifllieb  in  älteren  Inechriften- 
aammlungen,  die  Frucht  der  Wallfahrten  frommer  Pilger,  welche 
die  Gräber  der  Märtyrer  beauchten  and  die  örabschriften  kopir- 
tea•  Wie  viele  für  immer  verschollen  sind,  entzieht  eich  uneerer 
Sohätsung.  Einige  der  uns  erhaltenen  Gedichte  echeinen  übrigens 
lapidaren  Zwecken  nicht  gedient  zu  haben,  so  da»  Gedicht  auf 
Paulus,  das  sieh  in  vielen  Handschriften  den  Briefen  des  Apostels 
voraufgeschiokt  Endet,  und  das  auf  David,  das  vielfach  als  Pro* 
oemium  für  den  Psalter  diente.  Als  drittes  käme  hinzu  die  Mah- 
DUDg  an  einen  unbekannten  Chrieten  [ad  fralrem  qumdam  corri- 
piendum)^  falls  die  Autorschaft  des  Papstes  durch  die  eine  Hand- 
achrift    hinreichend     beglaubigt     erscheint  ^.      Dergleichen    mag 


*  Ebert,  Geschichte  der  christl.  lat.  Litteratur  I*  p.  128. 
«  Cod.    Aogelic.    V    3,   22    (Hr,    1515^      De    Rossi    Bull. 


critt. 


199 


U. 


Damaetie  Dach  manche  verfaeet  baben^  da  er  diese  Dicbtungaart 
offenbar  «ehr  gern  pflegte  und,  wie  Ebert  mit  Recht  bemerkt, 
die  Gelegenheit^  seine  Verse  in  Stein  zu  hauen,  eich  nicht  eheniio 
häufig  darbot.  Dasa  er  «eine  Gedichte  AelbRt  geeammelt  und  her* 
auegegeben  habe,  läset  eich  nicbt  er  weisen  und  iet  unwahrschein• 
lieh  trotz  des  eäidit  in  der  Vita  des  Hieronymus;  auch  ein  anderer 
wird  im  Alterthum  eich  dieser  Arbeit  nicht  unterzogen  haben. 
Aber  bekannt  war  die  Thatigkeit  de«  Papstes  auf  diesem  Gebiet 
jedenfalls^  der  ibm  nahestehende  Hieronymus  wusste  zweifelsohne 
darum,  wenn  er  auch  in  der  kurzen  biograpliischeo  Notiz  keines 
dieser  opuscula  namentlich  aufiibrt.  lu  einem  seiner  Briefe 
(XXII  22)  finden  wir  noch  die  beiläufige  Bemerkung,  Damaeue 
habe  aucli  iiber  die  VirginitÄt  versu  prosaque  geschrieben,  eine 
Notis,  mit  der  nicht  Tiel  anzufangen  ist  Die  Prosaschrift  ist 
verscbollenr  und  ob  die  metrieche  eine  längere  Arbeit  war,  oder 
oh  HieroDymus  eines  der  Elogien,  in  denen  der  Gegenstand  ge- 
streift war  (man  vgh  die  Gedichte  auf  Agnes  und  des  Damftaus 
Schwester  Irene),  im  Auge  hat,  muss  dabin  gestellt  bleiben.  Erat 
Terbältnissmäseig  spät  sind  Versuche  gemacht  worden,  die  Epi- 
gramme des  Damasus  zu  sammeln,  zuerst  von  Fabriciua  (Poet, 
vet  eccles,  rell.,  Basel  15Γ»2,  p.  771ff.)»  dann  von  Saraxani  (Rom 
1638)^  Ricinus  (Leipz.  1652)  und  endlich  von  Merenda  (Rom 
1754)^.  Eine  zutreffende  Würdigung  dieser  Ausgaben  gibt  De 
Rossi  im  ßulL  cristiani}  1884 — 85  p.  10  und  31.  Kr  ist  der 
erste,  der  darauf  hinweist,  dass  und  wie  das  echte  damasianisohe 
O-ut  Tom  unechten  geschieden  werden  müsse.  Denn  in  den  alteo 
Ausgaben  läuft  echtes  und  unechtes  bunt  durcheinanderf  derge- 
stalt dass  bei  Fabrioius  ron  1 1  Gedichten  nur  3  als  echt  bezeioh- 
net  werden  dürfen;  Sarazani  yerzeiehnet  40,  Hivinus  44  Nummern ;^ 
etwas  kritischer  verfährt  Merenda,  aber  auch  seine  Sammlung  ent«- 
hält  noch  mindestens  9  unechte  Stücke,  ganz  abgesehen  von  5  in 
der  Appendix  mitgetheilten*  Seitdem  hat  sich  das  Material  erheb- 
lich vermehrt,  De  Rossi *e  Verdienst  ist  es,  neue  Damasusinschrif- 
tcD  theils  aus  den  erwähnten  Inschriftensyllogen'.  theils  auf  Bteim 
nachgewiesen  zu  haben.  Um  nur  eins  zu  erwähnen,  das  wichtige 
Elogium  auf  Hippoiytus    hat   erat  De  Roasi    io    das  Gesichtsfeld 


^  Kach  dieser  Auigsbe  citire  ich.    Sie  ist  abgedruckt  bei  Migne 
FatroL  lat,  XUI. 

^  Das  Msterial  liegt  vor  im  2.  Bd,  leiner   Inseript,    christ.    urbi# 


i 


I)ie  Epigramm^  des  Dftmaelift. 


193 


der  modemeti  Forechuog  gerfiiikt^*  Es  bmucht  also  kaam  die 
Frage  aofgeworten  zu  werden,  ob  eine  neue  kriÜBche  Auegabe 
dieeee  eigenartigea  ohrietliohen  Epigrammatikers  wünechens- 
werlh  iat. 

Für  dte  £c1itbeitefrage  hat  De  Hoasi  folgende  drei  Krite- 
rien aufgeetellt^:  daa  Zeugnias  dea  Damaeua  nelbst,  den  Stil  und 
den  Scliriftcharakter. 

I  Nicht  weniger  als  35 mal  nennt  Damaaua  seinen  eigenen 
Namen  uod  iiwar  meisten»  im  Gedichte  eelbet,  wobei  er  eicb  als 
rectar  zu  bezeichnen  liebt>  z.  B.  Paule  tuos  Damasm  rolui  moit- 
strafe  triumphoa  (Merenda  n,  7),  ornavit  I/ama^us  tumulum  (cog- 
noscite)  rector  (n.  16),  versibus  hh  Damasus  supplex  tibi  vota 
rependo  (n.  15)^  cred'Ue  per  Dammam  possU  quid  gloria  Christi 
(d*  25)  und  ähnlich»  Zu  drei  Gedichten  ißt  der  Nüme  dea  Ver- 
fasflers  auf  Stein  in  Pro«a  beigefügt,  also  Damasus  epUcopus  fccit 
Eu^ώl•»  episcopo  et  mnrtyri  (De  Roesi,  Roma  sott,  II  p,  195 ff* 
Taf,  III  u,  IV);  die  Inscbrift  auf  lanuariuB  ist  eine  einfache  pro- 
saische Widmung  (BulL  crist.  1872  Taf.  V);  ein  weiteres  Prosa- 
fr&gment,  unbekannte  Märtyrer  betretend,  hat  eine  Uaiidsehrift 
aufbewahrt  (De  Ros«i  Inser.  christ.  II  p,  103,  34),  Dazu  kommt 
eine  Reibe  tbeils  metn»cber  theüs  prosaincher  Bruchstücke,  die 
nach  Aueweis  der  Buclistabenforra  (s.  u.)  Anspruch  erheben  dür- 
fen, als  damasianiHch  zu  gelten.  Wir  sind  bei  der  Mehrzahl 
derselben  zur  Annahme  berechtigt,  dass  der  Verfasser  genannt 
war.  Jedeufalb  darf  die  NennuTig  des  Verfassers  als  das  ver- 
gleichsweise sicherste  Indicium  gelten.  Aber  in  alten  Fällen 
kommeii  wir  mit  diesem  Hülfsmittel  nicht  aus.  Wie  schon  be* 
merkt,  beruhen  die  meisten  Inschriften  auf  den  Abschriften  alter 
Pilger,  und  es  fragt  i$ich,  welchen  Grad  von  Genauigkeit  wir 
denselben  beimessen  dürfen  für  diejenigen  Aufschriften,  auf  denen 
der  Name  des  Verfassers  nicht  im  Gedicht  selbst  genannt  war. 
Ufid  selbst  wenn  die  erste  Abschrift  auch  den  prosaischen  Theil 
der  Inschrift  entbielt,  ist  es  klar,  wie  leicht  dergleichen  Zusätze 
in  der  handschriftlichen  Ueberlieferung  untergehen  konnten.  Für 
diesen  Fall  muss  also  das  zweite  Kriterium  weiter  heifen.  So- 
dana kann  man  fragen,  ob  denn  wirklich  in  allen  Gedichten,  die 
den  Kamen  Damasus  aufweisen,    der  Papst   des  4.  Jahrhunderts 


^  Gerhard    Ficker,     Studien     %\\τ    Hippolytfrage.       Halle    1893 
p.  14.  39  er. 

'  Ball  cnit.  1884-05  p.  l&ff. 
IQMla.  Ma•»  f.  Ftiilol.  N.  F,  L.  19 


IM 


Ihm 


gemeint  ist.  Sa  heietit  ee  id  dem  Hymnna  auf  die  h.  Agathe 
(Merenda  u.  30)  pro  misero  rogita  Damaso^  Hier  iet  die  Eol- 
seheidung  freilich  nicht  ecHwer,  der  Hymtiiie  kaoo,  wie  l&Dgat 
erkannt  wurde,  nicht  von  Damaeus  herrühren,  und  ipeciell  jener 
Vera  entpuppt  sich  ats  grobe  Interpolation  Ε  pro  mtseris  supplicet 
damino)*  Jedenfalls  kommt  ali  weeentlichee  Kriterium  weiter  in 
Betracht 

II  der  Stil  und  die  Sprache.  Basi  Damasns  nicht  zu  den 
hervorragenden  Dichtern  gehört,  haben  eeine  eifrigeten  Verehrer 
bekennen  rnüatien;  von  wahrer  Poesie  let  wenig  bei  ihm  lu  epll- 
ren.  Bei  der  ibtn  abgehenden  dicbteriecheii  Erfindung«-  und  G-e* 
staltuDgfljcabe  ist  eein  Stil  lur  reinen  Manier  geworden,  immer 
wieder  dieselben  Formeln  und  Wendungen  müesen  herhalten^ 
Halbverse  und  ganze  Verse  werden  etereotyp  wiederholt,  ein  Vera 
kehrt  nicht  weniger  als  fünfmal  wieder '»  E«  zeigen  eich  in 
seinen  Gedichten  nur  wenig  Spuren  litterarischer  Bildung,  er  kennt, 
abgesehen  von  einigen  wenigen  schwachen  Reminiscensen  an 
andere,  nur  ei  neu  Dichter,  den  Vergil,  den  kennt  er  aber  gründ* 
lich^  in  ihm  lebt  und  webt  er,  ihm  verdankt  er  ziemlich  seinen 
ganzen  Wortschatz^  Um  das  klar  zu  machen,  genügt  es  nicht, 
auf  wörtliche  Entlehnungen  vergiliscber  Phrasen,  Formeln,  Halb* 
verse  und  ganzer  Verse  hinzu weisenf  selbst  einzelne  Worte  mUaaea 
dabei  berücksichtigt  werden,  die  sich  an  derselben  Verseteile  bei 
Vergil  wiederfinden,  das  ganze  Colorit,  der  Rhytbmus  must  be- 
achtet werden,  indem  Daniasua  vielfat;h  ähnlich  klingende  Worte 
an  Stelle  der  yergiltschen  setzt.  Versan ränge,  wie  exiemplo^  hinc 
pater^  non  (ultt  Ηθ€^  Veresnhlüsse  wie  penelralia  cordis  oder  Chri* 
iii,  iussa  tfrannij  prabcU  omnia  Christus  (Vergil  probat  auciot 
Äeestes),  coUa  dedere^  inelyta  mariyr^  vtscera  mairis,  regia  coeli, 
seltenere  Worte  wie  barathrumf  latkes^  Wendungen  wie  de  no- 
mine^ ßdes  rcrum^  longa  post  tempore^  die  häufige  Verwendung 
gewiftser  Lieblings worte  wie  pariler^  pariterque^  die  Parentbeten 
von  fateor,  prccor^  die  alterthümlieben  Formen  quis  (für  quibus% 
pmge^  sind  —  mutatis  mutandis  —  dem  Damasu»  ans  Vergil 
geläufig.     Sogar  ganz  christlich  berührende  Wendungen,  wie  inte- 


^  Vgl.  u.  a.  Le  Blaut,  Inscr.  chrSt  de  la  Gaule  in  der  Vorrede 
p.  CXXXüIt  Stornaioio,  Studi  e  docnimenti  di  »toria  e  diritto  VII 
18^6  p.  ^7  (T.  M.  Ämt^nd,  Studien  zu  den  Gedichten  des  Papstes  Da- 
masns, Progr,  Warzburg,  1H94  p,  15 ff, 

<  Zu9amtn*?U3teHutigeu  vergiliscber  Reminiscenzen  bei  ManitiuSf 
Rbein.  Mu<    45  p,  aii),  Stornaiolo  a.  0.  p.  23t    Amend  a.  Q*  p.  6ff. 


Die  Epigramm«  de«  Dttnuni. 


196 


^ 


m^raia  fideSf  stammen  ans  der  heidniBchen  Quelle.  Die  Anleli- 
oiitigen  an  Vergil  in  dem  oben  erwrähnten  Gedicht  ad  fratrem 
gnencfatii  corripi^mdum  machen  die  Autorschaft  des  PapRtee  ziem- 
lieh  wahrRohetnlich,  wenn  gleich  der  Übrige  Stil  von  dem  der 
Märtyrerelogien  absticht.  Beiläufig  eei  bemerkt ,  daea  Dama- 
•Qe  ausser  Vergil,  wie  es  ecbemtf  auch  den  Cento  eeiuer  Zeit- 
genoRsin  Proba  benutzt  hat^  nicht  weil  vergiliiche  Flicken  sieb 
bei  beiden  gemeinsam  finden,  eotidern  weil  einige  damaHianieühe 
Wendungen  in  den  Eingangivereen  der  Pruba,  dem  Wenigen,  wae 
als  ihr  geiRtiges  Eigentbum  gelten  kann,  sich  wiedertinden:  1  pia 
foedeta  pacis  (^Damasue  n.  7  sanctae  matris  pia  foe deraff  5  in- 
gignis  dipros  fiuUoqm  ix  hoste  iropaea  aatignine  canspersos  tu- 
isrtU  qucs  fama  iriamphos  (bei  DamaRue  tulerat  quae  ej:  hoüe 
ir&paea  und  ähnlich),  11  resera  ptmtralm  cordis  (Damaeue  ii.  1 
pur^ant  penetralia  cordis^  n.  13  tenuü  penetralia  cüräis,  n.  7  cm- 
3cendU  .  .  ,  .  pcneh-alia  Chrisfi).  Solcher  Centonen  waren  ja  im 
4.  Jbdt.  mehrere  im  Umlauf  und  wnrden  aelbiit  von  Männern 
gelesen,  die  an  geistiger  und  litterarischer  Bedeutung  den  Da- 
masus  weit  überragten,  z.  B.  von  Hieronymus  (epist  53,  7). 
Sodann  will  ich  auf  eine  andere  sprachliche  Eigenthiimlichkeit 
unseres  Dichters  aufmerksam  machen,  die  bis  jetzt  nicht  beachtet 
wwxfen  ist  und  die,  wie  mir  scheint,  Beachtung  verdient  Da- 
maaue  verschmäht  im  Verse  die  Copula  et,  er  ersetzt  sie  durch 
gue,  ganz  selten  wendet  er  ac  oder  at^ue  an*  In  prosaischen 
8lücken  findet  sich  et  einige  Male,  aber  im  Verse  steht  ei  nur 
för  etiamK  Nur  in  dem  verstümmelt  überlieferten  Gedicht  auf 
Marcus  (Merenda  n,  13)  steht  die  Copula  anscheinend  zweimal  in 
den  SchkssversL'ii  Et  Damastis  tumulum  cum  redäii  honorem  \ 
Uic  Marcus  Marci  vUa  fide  nomine  consors  j  Et  tnerilis  ,  ,  .  . 
(hier  bricht  der  Text  ab)*  Wia  Vers  7  so  sind  auch  die  ersten 
6  Varse  am  Anfange  verstümmelt,  der  8teiu  war»  als  die  Ab- 
sehrift  genommen  wurde',  ofi'enbar  an  der  linken  Seite  beschä- 
digt.    Um  so  auffälliger  ist  der  unbeschädigte,  metrisch  anfacht• 


Ρ  1  De  RoBsi,  Inacr.  christ.  II  p.  θΰ,  22  aspicei  et  hie  tumidm,  p.  190 

JfHtritcrqiie  et  nomine  Felix  (»Mereoda  n.  15  panier  de  nomine  Felix), 
Jjie  Ectjtbeit  dea  im  Cbronicon  lienedicti  bei  TertZi  Man»  Germ.  hiet> 
In  p.  t>97  (vgl  De  Rossi,  Bull,  criat.  1884— «5  p.'oi)  mitgetheiUea  Gö- 
^icNts*  wo  ee  heissl  et  iua  quae  cupio  fac  gaudia  cerner e  äancta^  darf 
I>e3trtttea  werdeu. 

S  De  Bossi,  Iuilt,  chriit.  Π  ρ.  108,  h%. 


bare  Β,  Yere,  xnmal  der  Name  dee  Mareue  bereits  im  I*  Vtr^ 
vorkommt  Ich  glaube  daher,  daee  daa  damasiaDiecbe  Gedicht 
mit^dem  Vera  ,  ,  .  ,  et  Damasus  n.  b,  w,  abechliesst,  daee  dae 
folgeode  nicht  mehr  dazu  gehört  In  ...  ei  steckt  zwelfelaohne  ein 
Verbiim,  man  kann  an  camposuit  oder  mit  TerribiJiniaB  an  omatfU 
denken,  unwahrRcheinlich  int  DeHosRi'e  Vorf^ehlag  [te  colU]  et  Da- 
masus  lumalo  Auf  keinen  Fall  bietet  die  Inecbrift  ein  noanfechl* 
baree  Zeugidee  für  den  Gebrauch  der  Copula  e/.  Damaeu»  geht  in 
seiner  Liebhaberei  Hir  die  Partikel  gut  eo  weit«  daee  er  eich  lie- 
ber eine  metrische  AbÄondertichkeit  erlaubt  mit  den  Messungen 
rrgnaque^  tefüquc.  Man  hat  diet^e  Fälle  durch  Conjectur  beaei«• 
tigen  wollen,  uhne  Grund:  ein  Steinfragmeiit  bestätigt  eie,  und 
die  bandsrhriftliche  üeberlieferung  länst  keinen  Zweifel,  daee  io 
dem  Gedicht  auf  David  (n.  1)  nicht  et  iela  oder  ac  tda^  aondem 
ttiäquc  dit?  daniaMiiinieihe  LeBung  iet,  wie  in  dem  gans  ähnlichen 
Vere  n.  25  protciunt  cVpeos^  falcras  fdnqut  cruenfa,  wo  der  Stein 
die  Lesart  der  Hrb.  b^Ktätigt.  Auch  in  den  4  Fällen,  wo  die 
Hsa.  re^niiqtw  bieten^  hatte  eich  Damaeas  leicht  andera  helfen 
können,  wenn  er  entweder  et  icgna  oder  regnumque  «Lbrieb.  Statt 
dessen  zug  er  vor,  bei  eein*3r  Liebhaberei  zu  bleiben.  Es  geht 
hieraus  hervor,  wie  vorsichtig  bei  der  Ergänzung  der  Fragmente 
verfahren  werden  mu^e*  Manche  der  stellenweise  Überaus  kühnen 
Ergänzungen  De  Uossl^s  tragen  diener  ErRcheinung  nicht  Rech- 
nung, Andererseits  sind  mifi  so  lange  nicht  neue  Funde  die  Hin- 
fälligkeit dieser  ßeubaohtung  erweisen,  Gedichte,  die  von  De  Roaei 
und  anderen  aus  diesem  oder  jenem  Grunde  als  damasianisch  be- 
trachtet werden,  wenn  sie  dieser  sprachlichen  Ersoheinting  nicht 
entsprechen,   von  vornherein  verdächtig, 

III  Das  sicherste  Indicium  für  die  Autorschaft  des  Da* 
maaus  bietet  nach  De  Hossi's  Urtheil  der  Schriftcharakter,  la 
bellissima  caI1igra6a  da  tutti  oggi  appeUata  damasiana*.  Daa  gilt 
naroentUch  für  die  in  den  letzten  Jahrzehnten  ziemlich  zahlreich 
anfgetaucbten  Bruchstücke.  Proben  dieser  damasianischen  Schrift 
findet  man  in  den  verschiedenen  Publikationen  De  Ro&ei'e  und 
sonst  ^.  Besser  bezeichnet  man  die  Schrift  als  philokalianische, 
denn  Furius  Dionjsins  Filocalus,  der  Bchreiber  des  amtliehen 
Kalenders  aus  dem  J.  354,  ist  der  Urheber  derselben:  erbat  sieh 
mit  dem  von  ihm  entworfenen  Alphabet  vorzugsweise  in  den 
Dienst  dieses  Papstes  fre stellt,    als  dessen  culior  atque  amator  er 


Z.  B.  bei  Häbner,  £%emplft  tcr.  epigr.  nr.  1143. 


Die  Epi^aoitne  des  Djiin»tu&. 


197 


sich  eelbet  auf  der  Grabachrift  <le«  Easebius  bezeicbnet^  Be- 
schreiben  läset  sieb  die  Form  der  Biicbstaben  nur  schwer,  βϊθ 
Bind  eebr  scbön  und  sorgfältig  eingemeiflselti  orthographische 
Schnitzer  mnd  sonstige  Steinmetzverseben  febten  fafit  ganz.  Ein 
Hauptcharakterifltikum  bilden  die  kleinen  zierlichen  Schnörkel 
ond  Schwänzchen  an  den  Enden  der  aonst  nach  den  besten  Ma- 
stern gebildeten  BuchRtaben.  In  jener  spaten  Zeit  wurden  der- 
gleichen »cböne  Buchstaben  nicht  mehr  eingebaueo*  Aber  die 
Fragmente  bedürfen  auch  einer  genauen  Prüfung,  die  Buch&taben- 
reate  an  den  Bruchstellen  müssen  auf  das  genaueste  festgestellt, 
et  mufis  2.  B.  darauf  geachtet  werden,  ob  etwa  der  Rest  einer 
eenkrechten  Hasta  einen  Grund-  oder  einen  Haarstrich  darstellt. 
Dann  niuss  bei  den  Ergänzungen  auch  auf  die  Symmetrie  Rück- 
aicbt  genommen  werden.  In  der  Regel  stehen  ÄnfangS'  und 
Endbuchstaben  iiemlicb  senkrecht  unter  einander.  Enthielt  also 
ein  Vers  mehr  Buchstaben  als  der  andere^  so  musste  Pbilocalus, 
der  entweder  selbst  den  Steinmetz  abgab  oder  unter  seiner  Auf- 
sicht nach  der  von  ihm  entworfenen  Vorlage  arbeiten  Hess,  Li- 
gaturen von  Buchstaben  schafifeni  oder  umgekehrt,  es  muteten  in 
kürzeren  Versen  swiscben  den  Buchstaben  grössere  Intervalle  ge- 
lassen werden.  Ligaltiren  sind  denn  auch  ziemlich  häufig,  Ab- 
kürzungen dagegen  sehr  selten-.  In  der  Regel  werden  die  Worte 
nicht  durch  Interpunktionezeichen  getrennt,  eine  Ausnahme  bildet 
daa  Eloginm  des  Eutyohiue  *  Die  Orthographie  ist  im  Allge- 
meinen  korrekt^  einige  wenige  Inkonsequenzen  laufen  mit  unter, 
z,  B*  prestai  neben  praestantia,  sepukkritm  neben  sepulcra  (puhra 
I  in  dem  Epitaph  der  Proiecta),  Es  fragt  sich  danach,  ob  zu  Πηη- 
eten  eines  einmaligen  triumfüSj  lahsoSf  scribsit  handschriftliche 
Lesnngen  triumphos^  lapsos  n.  b.  w.  aufgegeben  werden  eollen. 
Der  Kalligraph  des  Bamasus  schreibt  seinen  Namen  Filocaius^ 
Die  Ηβθ.  bieten  ferner  nebeneinander  conposuit  und  composuit^ 
^deunque  und  quicumque  und  ähnliches.  Hierfür  fehlen  bis  jetzt 
ZeOgnieee  auf  Stein,  unbedenklich  aber  wird  man  handschrilt- 
lieben  Lesungen  adsiduiSf  conloquiis  den  Vorzug  geben  vor  assi* 
4ms,  eolluquna  u.  e.  w«,  da  die  Steine  odgressus^  inmensi,  tVi/ti- 
v4em  bieten. 


Ϊ  BqIL  cnst.  1873  Taf.  XIL 
^  Am  häufigBtaQ  ist  que  abgekürzt.  (Q  ).     Sonflt    finden   lich  PA- 
BENTV;  XFl,  VmiB  ,  PRECIB,  EPISCOP- 

^  Merendfi  nr.  17.    Die  Insobnft  ist  ganz  erhalten. 


im 


Ihl 


Zweifelsohne  ist  dieser  besondere  Schriftobfirakter  ein  ββΐιτ 
werthvolJei  Kritermia,  Ganz  winzige  SteiOfragmeote  dtlrfen  da- 
durch mit  einem  hohen  Grade  von  Wahrecheinlichkeit  anf  Da- 
maeas  zurück ^efuhrt  werden^  oder  man  darf  wenigf^tena  eageD, 
daBfl  Rie  der  Zeit  deR  Damasue  nahe  stehen.  Baag  aber  alle  Reite 
philokalianischer  Schrift  durch  Damaaua  veranlaeat  sein  mlisaen^ 
iet  eine  unherechtigte  Annahme*  Weshalb  efilUe  denn  Pbilocalae 
ledi^ilich  für  diesen  Papst  gearbeitet  haben?  Wir  haben  Maater 
echt  philokalianificber  Schrift,  einfache  Propaanfscbriften  (z.  B. 
Timofetts  pre^yter)^  die  anf  DamaBua  znrtickzQ führen  nicht  der 
mindeste  Grnod  vorliegt.  Sodann  bähen  wir  mit  mehr  oder  minder 
genau  aufgefallenen  Nachahmungen  dieser  Schrift  zu  rechnen, 
bei  deren  Beurtheilung  die  höchste  VorRicbt  geboten  ist.  £e 
gebart  ein  tebr  geübtee  Äuge  dazu,  nicht  alle  b&ben  ao  genau 
geprüft  wie  De  Bosei,  und  auch  dieaer  iBt  seiner  Sache  nicht 
immer  sicher.  £a  galt  beiapiels weise  bis  vor  kurzem  als  ecbt 
daa  Gedicht  auf  Protua  und  Hyaciothua  nr.  27  (A&pke  descensum), 
obgleich  der  Name  des  Damasus  darin  nicht  genannt  ist,  eondem 
ein  unbekannter  Presbyter,  Kamens  TheodornSf  opus  consfrujtit, 
und  obgleich  echon  der  Umstand  Bedenken  erregen  mneate^  daat 
wir  von  Damasns  ein  oubeetritten  echtes  Blogium  auf  dieselben 
Märtyrer  heaitzeu  (nr.  26).  Jetzt  sind  nun  Brächet ücke  dieser 
Inscbrift  zo  Tage  gekommen«  die  naeb  De  Boeai'a  Urtbeil  zwar 
den  philokalianigchen  Schriftoharakter  zeigen,  aber  doch  mehr  die 
Hand  eines  Lehrlings,  nicht  die  des  Meisters  verrathen^  Aber 
selbst,  wenn  die  Burhetaben  sieb  in  nichts  von  den  ecbt  pbilo- 
kalianischen  unterschieden,  von  Damasua  könnte  daa  Gedicht  des- 
halb doch  nicht  herrühren.  Es  widerspricht  die  Orthographie 
(»pulcrhis^  adque  Yachinti^  eotutruerii),  das  btnzngefügte  Mono- 
gramm p,  Metrik  und  Stil.  Das  gleiche  gilt  von  der  Grabscbrift 
des  Leviten  Florentins  *  Das  eine  im  Lateran  beEndliche  Bruch- 
stück^ weist  nicht  den  echten  philokalianisohen  Schrifttypus  an(^ 
wenigstens  so  weit  ich  die  etwas  verwitterte  Inscbnftfläche  beur- 
tbeilen  konnte.  Die  Schreibung  orae  für  ure  spricht  auch  nicht 
dafür,  und  noch  weniger  haben  Metrik  und  Stil  etwas  Damasia* 
nisches    an  sich.     Ein    weiteres    pseudodamaaianisches  Fragment 


4 


1  Bull  criit.  1894  p,3^ff. 

>  Bull,  criat  1881  p.  34ff.    Inscr.  ehrist,  Π  ρ.  02,  57.     Bucheler« 
Antb,  epigr,  nr.  G73. 

*  Roller,  Lei  sataoombes  de  Bons  Π  Tai.  LKI  nr.  5. 


Die  Epigramme  de«  Damtiti». 


199 


tah  ich  unter  der  liebenewurdigeD  Fiihrnng  Prof,  Mamocbi's  im 
Coemeteriuin  Yalentini  an  der  Via  FiainiDia^.  Aucb  hier  ver- 
mochte ich  den  echten  Typus  nicht  zu  erkennen,  schon  die  Ge- 
staJt  de»  Α  mit  dem  winklig  geformten  Querstrich  giht  zu  denken. 
Also  der  Schriftcharakter  allein  bietet  durchaus  keine  sichere 
Gewähr  damasianiscben  Ursprungs,  die  anderen  Kriterien  müssen 
mit  zu  Hülfe  genommen  werden. 

Uehrigene  waren  nicht  alle  D  am  as  nein  Schriften  mit  philo- 
kalianiecher  Kunst  eingehauen.  Das  Elogium  auf  Nereus  und 
Achilleus  weist  nicht  die  echte  phitokalianische  Schnftform  auf 
(Bull,  crist,  1874  p,  20),  vielleicht  haben  wir  es  hier  mit  einer 
späteren  Nachbildung  zu  thun.  Das  Bruchstück  der  Grahschrift 
von  Damasus^  Schwester  Irene  zeigt  die  gewuhnliche  schlechte 
Buch  Stäben  form  jener  Zeit*,  Man  kann  geneigt  sein,  hieraus 
chronologiache  Schlüsee  zu  ziehen,  z.  B.  mit  De  Rossi  anzuneh- 
meUj  daes  die  Schwester  vor  Beginii  des  Pontißkats  des  Damasus 
gestorben  ist,  als  steh  Philocalue  noch  nicht  dem  Dienst  des  Bi- 
i^hoffl  gewidmet  hatte*  Das  mag  für  diese  eine  Grabsohrift  gelten. 
Aber  bedenklich  wird  diese  Argumentation  bei  Gedichten,  deren 
Aüthenticität  ohnebin  nicht  auf  festen  Füssen  eteht*  loh  meine 
die  Grabschrift  eines  unbekannten  Bischöfe  Leo,  angeblich  des 
Vaters  des  vorhin  genannten  Florentius^  von  der  ein  längeres 
Brnchstünk  mit  gewöhnlichen  Buchstaben  auf  dem  Campo  Verano 
IQ  Tage  gefördert  worden  ist^,  and  die  des  Leviten  Redemptus^ 
von  der  ein  Fragment  imCoemeterium  Callisti  auftauchte^.  Was 
die  letzte  anlangt,  so  kann  man  wenigstens  einige  etilistieche 
Argumente  für  Damasus  ins  Feld  führen  (die  Hemistichien  rapuit 
iibi  regia  codi  und  sumpsH  qui  €^τ  hüstt  tropma).  Bedenklich 
bleibt  aber  das  Fehlen  des  Automnmens  und  ein  auCilliger  Stein- 
metzfehler,  c^^tiefi , . .  statt  des  richtig  in  der  Hs.  überlieferten 
ccmore.  Im  heeten  Falle  haben  wir  es  mit  einem  Nachahmer  des 
Bamasue  zu  thun.  Durch  nichts  beweisen  läset  sich  die  Autor- 
iohaft  des  Papstes  für  das  Epitaph  des  Leo.  Man  sieht  wirk- 
Uoh  nicht  ein,  weshalb  Damaens,  der  doch  so  gern  seinen  Namen 


*  Vgl.  Marucohi  Bull  crist.  1888—89  p.  78.    Rom.   Quartaleohr. 
Π  ρ.  290.  ΠΙ  ρ.  337. 

*  Bull,  criei  1888—89  Taf.IX. 
«  Bull,  criet  1804  p.  54. 

*  Merenda  Appendix  nr.  IV.     De  Eosai  Roms  lOtt.  lÜ  p.  236  und 
p.  244  nr.  2  (hier  die  Abbildung). 


aoo 


ihm 


auf  Stein  verewigte,  dien  bei  der  Grab^chrift  einee  Bi^cbofe  ni 
getlian  hüben  eollte,  während  er  ee  auf  der  Grabechrift  der  iin$ 
unbekannten  Dame  Proiecta*  galanter  Weiee  für  angemeaeeD  ep^ 
achtete.  —  i 

Za  den  drei  von  De  Roeai  aofgeetelltea  Kriterien  füge  ie% 
als  viertes 

IV  daß  metrisch-proBndiPclie  Element,  dem  biaber  nicht  ge^ 
nUjcrend  Beachtung  geschenkt  worden  ist,  auch  von  De  Romi  nicht« 
Hieronymiis  ßpricht  von  der  Eleganz  der  damasianiwcben  Gedichts 
nnd  ganz  ohne  Grund  hat  er  sich  zu  diesem  Lobe  sicherlich  nichfc 
verfltanden,  wenn  auch  der  Begriff  tlegans  in  rersibus  componendig 
irtgenium  hahtdt  ein  »ehr  vap'er  ist.  Hätte  der  über  ein  so  reiche•; 
Wisften  verfügende,  mit  den  Klaeeikern  »o  gut  vertraute  Kirchen- 
vater in  den  Gedichten  eo  grobe  proeodische  Schnitzer  entdeckt^; 
mit  denen  die  heutigen  Gelehrten  rechnen  zu  mü8»en  glauben,  an 
wäre  da»  Lob  doch  etwa»  »ehr  gewagt,  zumal  auoh  von  der  Ε1θ• 
ganz  des  Inhalte  und  dea  eprachlieben  Änsdrucka  nicht  groea  di^ 
Rede  sein  kann.  Solche  metrische  Schnitzer  haben  zuaamineii« 
geetellt  Manitiue^  und  Birt^,  dabei  aber  erbten  und  unechte»  Gut 
nicht  auaeinander  gehalten.  Bei  der  Beurtheilung  der  Metrik  b&t: 
man  selbstverRtändlich  aufizngehen  von  den  absolut  eicber  über« 
lieferten,  d.  h.  auf  Stein  erhaltenen  Üenkiuälern.  yoH8tändif,* 
erhaltene  Originale  sind  fünf  Gedichte  nr.  17,  29,  B2,  33^  36«i 
Ferner  darf  die  Ueberlieferung  ala  sicher  gelten  für  nr,  12,  von 
dem  wir  eine  NacbbÜdnng  auf  Stein  aus  dem  6.  Jhdt  beaitzen  % 
und  ftir  nr.  19,  deeflen  Text  mehrfach  abgeech rieben  wurde:  erel 
im  vorigen  Jahrhundert  ist  der  Stein  verloren  gegangen  ^  Danm 
beBitzen  wir  grossere  Bruchstücke  von  4  Geilit^hten*  und  ver* 
Bchiedene  kleinere  Fragmente.  Alle  dieee  Stücke  zeigen  verhalte 
nissmässig  glntte,  nach  vergilischem  Mui^ter  gebaute  Verse,  Einigei 
harte  Elisionen  können  nicht  sehr  auffallen.  Freilich  führt  Ma-^ 
nitins  als  Schnitzer  an  tränstere^  während    doch    nur   ein  weiiij 


'  Da  Boflsit  Inicr.  chriet.  I  nr.  329. 
»  Rhein.  Mue.  45  p.  3Mi. 

*  Praef,  «einer  Claudian-Ausgabe  p.  LXYIL  

*  De  Roesi,  Roma  sott  Π  ρ,  195  ff.  Taf.  IIL  17,     Bull,  criet.  IB' 
pv  159  Taf.  XII. 

*  Inecr,  Christ  Π  ρ.  ß4,  13.  ρ.  107,  52.  ρ  437,  120. 

β  Merenda  nr.  26.    De  Rossi,    Bull  criet  18^0  p.8.    Roma  eott 
11  TatUI  iir.8  o.  8a  und  I  p. 287 ff.  mit  Taf.  IV  1. 


Die  Epigramme  den  Dama^ue. 


201 


^l>liclier  Fall  von  Synizese  vorliegt,     lieber  die  Meseutig  felUqm 
^^d  re^nüqm  ist  bereits  oben  das  nötbige  bemerkt.     Sonst  fällt 
^ir  ein  prowodiseber  Verstoss  aof,  in  dem  Gediebt  auf  Apnes  die 
^eesiing  Itifffthtes,     In  den  nur  bandscbriftlich  überlieferten  Ge• 
"if'hten  mehren  aicb  dieae  profiodiRcben   Licenzen   in  den  Stamm- 
silben,   die  für  jencR  Jahrhundert  im  Grnnde    nicbte    anfTallrgee 
^'^^eo.     Nach  Analogie  von   Iwjitltres    dürfen   wir    dem   Daraanae 
•iich  die  Mesiun^en  fübulas   und  fäcula  zutrauen,    ebenno  mlih' 
^*ct€m  und  eWholkfim,  da  diese  Worte  ponst  im  Hexameter  nicht 
S'^^erzuhringen  sind»  ferner  die  freie  Behandlung  der  Eigennamen 
-*  »^e^g,   Tiburii,      Kiehts    aiitt'alliges    hat  für  jene  Zeit  sernginf^^ 
^*^     Längnug  der  Endpübe  in  poptflüs  in  der  Araie  und  Cä80r  und 
*^    »egfieris  vor  folgendem  Hf/armfhe.   Wie  prdfnndttm  so  mipst  Da- 
'^^fin»  einmal  pröphefam^  Boufit  propheta^^  jmsfeä  nnd  posifäqftam^, 
^^iuNt  nnd  rifulisse.    Schwerer  sclion   entscbliepftt  man   eich    zur 
"^^tierkennnng  von  sacfanietifainr*  18  ι  nnd  süh  ärgere  {τ\τ,2^\,    Dae 
^  "»"Rte  liease    eich  bcReitigen,    wenn    man  schriebe    sacra   memhra^ 
^^ur  fürchte  ich,  die  Theologen  würden  Einspruch  erheben*    Aber 
^^a»  süb  offgere  fortznBcbaffen  ist  schwer;  ich  weiss  nirhts  genü- 
^gendee  an  die  Stelle  zu  setzen,    erkläre  aber  die  SteUe    für  ver- 
nichtig,  da  ein  Analtigon  in  den  Damasnegedicbten  fehlt.     Mani- 
"%inR  nimmt   ferner  mit  Recht  Anetoss  j^xt  impium  mahdtritm{nT.\\ 
Tniicbte  aber  sotdihüs  deposifis  in  demwelben  Gedicht  als  Arebais« 
muH  duTcbgeben  lassen.     Beide  Lesarten    beruhen    auf  schlechter 
Ueberliefernng,    es  ist  impia  nnd  e,Tpositis  zu  lesen.     Nichts  he* 
wtisen    für   Damasus    die  Messungen  trinü  cottiunctio  und  uerhü 
eeeinif  (nr.  3  n.  4),  da  die  Gedichte  unecht  sind.     Anders    ist  es 
mit    andern    Fällen    bestellt.     Wenn    Damasus    sechsmal    richtig 
frWe^  roisst,    sollte  er  sich  dann   ein  einmaliges  frätremque  ge- 
itattet  beben?     Ich  sage  nein,    zumal  diese  Messung  erst  durch 

iConjectur  hineingetragen  ist.  iJie  Ueberliefernng  (nr.  22)  bietet 
dvemque  frairemy  helfen  kann  man  sich  durch  Umstellung  civem 
frairemque  oder  wenn  man  sehreibt  mvemque  ac  frafrem.  Wenn 
Damasus  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  die  Quantität 
der  Endungen  richtig  beachtet,  soll  er  dann  haben  sagen  dürfen 
iniemeraiä  fide  (nr.  24)  neben  vitä  fid^  (ur*  13),  cum  nafis  ohhit 
Clferenda  Append.  nr,  III  vgl  De  Rossi  Inscr.  chriat.  I!  p.  88, 
102,  116,  136),  sanctt  Säiurninl  (nn20)?     Sollen   wir    ihm  ein 


1  Vgl.  L,  Müller,  de  re  metr.  p.  363. 
«  Ebd.  p.:34l• 


902 


Ibm 


t—   Übrigens  echlecht  suni  Inhalt  paflsendee  —  sinem  Debeu  e^m, 
sines^  sinior^    dia  preces  neben  pricibus    (in    demeelben  Gedicht 
und  sonst)  und  pricor^    ein   decC^ran^,    poenä    (Nomin.),    servcere, 
tiem  zutrauen?     £b  mues  hier  von  Fall  zu  Fall  entechieden  wer- 
den.    Da  ßloh    für  die  Verkiirsung  dee  ablativiecbeD  o,    wie  sie 
in  nr  24  mit  iniemeraiä  fide  vorliegt,  kein  weiteres  Beiepiel  bei 
Damasus  findet,    ist    ein  Zweifel    an   der  Richtigkeit  der  üeber- 
liefernng    berechtigt.      Dieselbe   aus  Vergil   entlehnte    Wenditng 
kehrt  in  einem  Bruchstück  wieder,    wo  es    richtig  beisst  inieme- 
rata  fides.    Der  Nominativ  wird  wohl  auch  in  nr.  24  herzustellen 
und  die  Wendung  als  parenthetische  Interjektion  aufzufassen  sein, 
analog  einer  anderen  dem   Damasns  geläufigen  Formel  «Mira  fides 
rerum*     In  nr.  13  sind  die  beiden  letzten  Verse,  wie  schon  oben 
aufigefuhrt  wurde,    als    unecht  zu  betrachten.     In  nr,  20  hinken 
gleiehfalls  die  Verse  10  nnd  11  nach.     Mit  Vers  0  stippluis  Jmec 
Daniasi  νσχ  est:    mnerare  sepidchrum  scbliesst  das  Gedicht  echt 
damasianiecb  ab,  ähnlich  wie  nr*  17  mit  exprtssU  Oamasus  merl• 
tum:    venerare    sepulchrum.     Die    beiden    folgenden    passen   zum 
Inhalt  nicht  und  stören    durch    die  groben  Fehler   prects   sancÜ 
SälummL     Also  weg   damit!     Aber    wo    bleibt   der    Name    dee 
Hirtyrers?     Darauf   kann    man    erwiderii|    dass    derselbe   ja  im 
Gedicht  selbst  nicht  vorzukommen  braucht,  dass  er  in  einem  vor 
oder  hinter  dem  Reiben  angebrachten  proeaischen  Zusatz  gestanden 
haben  kann.     Wir  brauchen  jedoch   diese  Ausflucht   nicht,    denn 
der  echte  Damasusvers  hat  sich,  wenn  nicht  alles  trügt,   in  einer 
der  alten  Syltogen  in  der  korrekten  Form  Saturnine  tibi  mariyr^ 
mea  mta  rependo  erhaltend     So    schlieest  Damaeus  sein  Gedichte 
auf  den  h.  Felix  von  Kola  nr.  15  versibtts  kis  Bamasus  supplex^ 
iUtn  rata  rependo.    In  dem  Epitaph  des  insofi^puer  Maurtte(nr.  21) 
befremdet  die  Messung  decörans  und  poen^t  nulla.     Vers  3  kana- 
leicht durch  Unifclellung  geheilt  werden  (culiu  decörans  meliort)^ 
Im  4.  Vers  ist  die  Ueberlieferung  auch  sonst  verderbt:  cui  poena^ 
nulla  deiectij  so  nach  der  besten  Hs.,  Varianten  sind  delicti  und- 
detecta*     De  Rossi's  Yereuch    cui  poena  nulla    defecii    befriedigt 
nicht,    denkbar  ist   eui  poena  est  nuÜa  relkia.     Das    wären    di^ 
wenigen  metrisch  anfechtbaren  Stellen  in  d«n  sicher  echten  dama^ 
sianischen  Epigrammen,     Nun  haben  De  Rossi    und  andere,    föi" 
die  meist  das  ürtheil  De  Eosei' s  massgebend  war,  noch  eine  Reihe 
anderer  Gedichte    als    damasiantsch    bezeichnet.      Wenn   in  die- 


1  De  Eoeti  Ineor.  ohrist.  11  p.  1 36,  IL 


Die  Epigramme  des  Damajus.  203 

ten  dergleicheD  gröbere  metriecBe  Veretöeße  T?orkoiiimeD,  eo  dtirfen 
wir»  glaube  icl•^  in  deneelbee  rticbt  zu  unterechätzende  Indicien 
g^gen  die  Echtheit  erblickeu,  zumal  bei  den  meisten  noch  andere 
erechwereTide  Umstände  ine  Gewicht  fallen.  So  gelten  die  drei 
Veree  aaf  die  h.  Felicitae  {Merenda  Append.  nrJII)  eeit  De  Roeei 
nnbeeeben  für  echt,  Confßssä  Christum  konnte  man  hingehen 
Ufieeny  aber  das  schauderhafte  cum  nails  obivii  unmöglich.  Gruter 
hatte  etil] schweigend  natus  an  die  Stelle  gesetzt,  und  dae  liesse 
eich  ztirNoth  vertheidigen  mit  der  Erwägunge  daes  nach  derTradi* 
tion  Felicitae  nur  mit  einem  ihrer  Sohne  zusammen  begraben  lag. 
Innere  Gründe  sprechen  jedoch  gegen  diese  ÄufiPasaung  und  zudem 
bieten  die  Hee,  übereiixstimroend  natls.  Ein  ausreichender  Be- 
weis für  die  ÄutorBchaft  des  Damasus  kann  nicht  erbracht  werden. 
Per  Verfaseername  fehlt,  die  Wendungen  tonfessa  ChrUium  und 
per  saecida  noinen  f  Vergil)  bieten  nichts  epecifiBch  DamaBianiecbee, 
Die  gleichen  Bedenken  bleiben  für  das  Elogium  des  Presbyter 
Sieinniaa  in  Kraft  ^  Dem  Damasue  traue  ich  servare  foedera  nicht 
20,  und  auch  die  Einschaltung  von  ei  nach  servare  wäre  nicht 
damasianisch.  Der  erete  Vers  mit  Stsinniüs  ponerc  menibra  hi 
zwar  auch  anstöseig,  aber  es  fragt  sich,  ob  nicht  vielmehr  der 
>Iame  Sisennus  gelautet  hat^.  üeber  die  beiden  peeudodamasia- 
ninehen  Grabpnbriften  auf  den  Bischof  Leo  und  dessen  vermeint- 
lichen Sohn  Florentiua  habe  ich  oben  gesprochene,  ebenso  über 
die  dea  Redemptue,  an  der  prosodiRch  noch  senem  zu  monireo 
wäre  in  dem  Vers  prophefam  ceiebrans  plactdo  modiilamme  senem 
(ob  sanctum?}.  Das  Elogium  des  Diakonen  Ti(frida{s)^  trägt 
gleichfalle  kein  Anzeichen  damaBianischen  Ursprunge  an  sieh| 
denn  der  in  dem  Gedicht  auf  Paulus  zweimal  wiederkehrende 
VereauBgang  praecepta  sectdus  iet  nicht»  als  eine  aonh  bei  anderen 
chrietlichen  Diehlem  nachweisbare  vergilianiscbe  Floskel. 

foh  fasse  das  Hesukat  dieser  Aueführnngen  kurz  zueammen. 


1  Migne,  Patrol.  ΧΠΙ  p,  1217.    DeRoeai,  Inicr.ohriet  II  p.  05,  17 

ip.  108,  5(>.    Biicheler,  Anth.  epigr.  nr.  759. 
I  ^  Sissinus  und  Siainnius  die  Hss.     Sisennu^  bei  Yen.  Fort.  I  2,  21* 

^  Das  metrisch  auatössige  Htm  m  dem  El0Q[^ium  des  Florentiut 
wird  beseer  durch  tdim  ersetzt  fiio  Bücheier  Anth. epigr. ß73).  Ob  das  aber 
auf  dem  Stein  gestanden  bat,  iat  sehr  die  Fage.  Ebendort  eoll  sanet^ 
Adverb  aein.  Im  Gedicht  auf  Leo  btjmerkeaawertb  dat  cweisilbige 
mäluL 

*  De  Htmi,  Rouitt  aott.  Ol  ρ  211.     Inecr.  chriat.  II  p.  108,  Ül, 


204  Ihm  Die  Epigramme  dee  Dttmatot. 

£in  Gedicht  darf  aln  echt  damaflianisch  gelten,  wenn  es  den  Na- 
men des  Vei  faseere  und  den  diesem  eigenthtimlichen  sprachlichen 
Ausdruck  ohne  die  gekennzeichneten  gröberen  prosodischen  Yer- 
etösse  aufweist.  Metrische  Fragmente  mit  den  echten  philokalia- 
nischen  Buchstahen  dürfen  dem  Damaeus  mit  einem  hohen  Grad 
von  Wahrscheinlichkeit  zugeschrieben  werden,  und  wenn  sich  in 
diesen  Besten  Berührungspunkte  mit  dem  damasianischen  Stil  zei- 
gen, darf  die  Wahrscheinlichkeit  zur  Gewissheit  erhoben  werden. 
Fehlt  der  Name  des  Damasus  in  einem  Gedicht  wie  nr.  10,  so 
bleibt,  da  hier  der  Stil  echt  damasianisch  ist  und  überdies  ein 
kleines  Bruchstück  die  philokalianischen  Buchstaben  zeigt,  die  An- 
nahme offen,  dass  der  Name  des  Verfassers  ausserhalb  des  Ge- 
dichte auf  dem  Stein  verzeichnet  war.  Ein  Gleiches  gilt  für  dai 
von  Merenda  in  die  Appendix  (nr.  II)  aufgenommene  Eloginm, 
wo  der  Stil  allein  als  Kriterium  in  Betracht  kommt.  In  allen 
andern  Fällen  bleibt  die  Autorschaft  des  Damasus  zweifelhaft. 

Ganz  ausser  Betracht  gelassen  habe  ich  bei  dieser  Unter• 
sochung  eine  Beihe  von  Gedichten,  die  zwar  in  den  Ans^abei 
stehen,  für  die  aber  jegliches  Zeugniss  der  Echtheit  fehlt,  sc 
den  Hymnus  auf  den  h.  Andreas,  den  auf  Agathe,  die  Gedichte 
auf  Christus  (nr.  2 — 5)•  Das  zweite  Gedicht  gilt  als  clandia• 
nisch ;  ob  mit  Recht,  sei  dahingestellt,  aber  nichts  berechtigt, 
von  einem  *  Carmen  Paschale'  des  Damasus  zu  sprechend  DU 
Spielerei  'de  cognomentis  salvatoris'  (nr.  5)  hat  ein  gewiasei 
Silvius  yerfasst^ 

Halle  a.  S.  Max  Ihm. 


^  Manitios,  Gesch.  der  christl.  lat  Poesie  p.  325  (vgL  p.  120). 
a  Bull,  crist.  1884—85  p.  9.    ManiUus  a.  0.  p.  120. 


Zn  den  Assyriaka  des  Rtemas. 


Im  6,  SupplementbiiTiile  des  Philologue  (S*  5D3ff*)  hat  J«  Mar• 
quart  in  einem  Aufsatz  über  *  die  Asuyriaka  des  Ktewiae  die  vor- 
pereiiiche  Oeecliichte  dieeea  Geechicbteech reihere  von  neuem  be• 
hanilelt.  Diese  Arbeit  unterlileat  es  zwar,  sieh  mit  den  Unter• 
each untren  derer,  die  dieselben  Fragen  früher  besprochen  haben^ 
aufeinander  zu  setzen  (vgl,  8.  55^*)^  nach  dem  Tone  zu  schlieesen 
deshalb,  weil  der  Verfaeser  dieser  Doktordisserlation  dieiielben 
seiner  Beachtung  niebt  für  werth  hält.  Immerhin  wird  die  Schrift 
denjenigen,  die  von  anderem  Standpunkte  aus  auch  unter  Berück- 
Bichtigung  fremder  Ansichten  sich  mit  Kteeiae  beschüftigen,  Ver- 
anlasnang  geben  ^  die  bebandeltea  Fragen  nochmale  durchzu- 
denken. 


Der  erste  Theil  'die  Vorlage  von  Diod.  II  1—34'  (S,504  — 
520),  der  festen  Boden  für  die  weitere  Untersuchung  gewinnen 
will,  könnte  fdglieh  ohne  Beiücksichtigung  bleiben,  wenn  nicht 
zu  befürchten  wiire,  daas  hte  und  da,  wo  man  die  Frage  nicht 
weiter  nachprüft,  Marquarts  Aufstellungen  die  Ansichten  über 
Ktesias,  Agatharchides  und  Diodor,  die  durch  die  Arbeit  vor 
allem  betroffen  werden,  beein aussen  könnten. 

Marquart  wendet  sieb  ohne  weiteres  der  Aufgabe  zu^  zu 
erweieen,  dass  das  Werk  dee  Agatharchides  von  Knidos  τά  κατά 
την  Άσιαν  direkte  und  einzige  Quelle  des  Diodor  für  die  asey- 
riech-medische  Geschifshte  war*  Die  Fragmente  des  Agatharchi- 
des findet  man  bei  Müller  FHG.  ΙΠ  S.  190 ff.  und  geogr.  gr. 
min.  I  8.  Ultf. ;  was  das  Werk  τά  κατά  τήν  Άσίαν  betrifft, 
so    bezweifelt    auch  Mar^uart   nicht    (S.  516)    die    durch  loseph• 


206 


ftrumbhoU 


«Dt.  lud.  XITl  empfohlene  und  wohl  allgemein  gebüligte  Annahme, 
dase  es  die  Diadochengeechirhte  bebandelte.  Er  Hucbt  aber  glaub- 
lich zu  machen,  daee  ab  Einleitung  ein  Ahrise  der  vordera^iati- 
achen  Geschichte  vorauegeechickt  war  (8,  517),  den  Diodor  be- 
nutzte^. Schwerlich  wird  aasser  ihm  jemand  glauben,  daae  man 
zur  Empfehlang  einer  Rolchen  Annahme  folgende  Worte  ans  de« 
Agatharch.  Schrift  irtpi  τής  ερυθράς  θαλάσσης  (b.  Photine; 
fHOM.)  anführen  könnte:  ττολλών  ήμΐν  υπίρ  τ€  τιΡΙς  Ευρώπης 
και  τής  *Α0ίσς  avaxtTptiMP^vtJJv.  Είΐ  gehört  grosse  Kühnheit  dazu, 
eine  derartige  allgemeine  Bemerkung  am  Ende  der  Schrift  über 
dae  Rothe  Meer  «α  solchen  SchlÜHBen  für  die  dort  gar  nicht  er- 
wähnte afliatische  GeacJuichte  zu  verwenden«  Ganz  gleiche  Be- 
weiekraft  hat  die  zweite  von  M.  herftngezogene  Stelle  (S.  "ilT) 
aus  einer  der  Schrift  Ttepi  T.  έμ,  8αλ.  eingefügten  Rede  (§  17  M.)« 
wo  vom  Untergange  älterer  Reiche  dk  Rede  iet  und  daa  me- 
dieche,  eyrieche  (d.  h.  aeByrische)  und  persieche  Reich  nach  denen 
des  Kaeandroe^  LyBimachos  und  Alexander  aufgezählt  werden. 
In  dteeer  Aufzählung  erkennt  M.  ohne  Weiterei  eine  aammariBobe 
Inhaltaangabe  einee  groReen  Geechichtswerke  dee  Agath.  Ea  aei 
nur  bemerkt,  daee  es  mehr  alA  zweifelhaft  let,  ob  ea  eich  an  jener 
Stelle  um  eine  Rede  des  Agath.  eelhet,  wie  H*  annimmt»  handelt 
(vgL  geogr.  gr,  min.  I  S.  U7  Anm.;  Sueemihl  a.  a.  0*  I  S.  691 
Anm.  278),  und  daae  diese  Inhaltsangabe  sehr  merkwürdige  Vor- 
stellungen von  der  Anordnung  jenes  GcRchichts werke  erweokea 
mtisste.  Im  übrigen  verlohnt  es  sich  wohl  nicht,  über  diese  Auf* 
Stellungen  viel  Worte  zu  verlieren.  —  Aber  nicht  nur  eine  aesy- 
rische  Geschichte,  sondern  auch  Excurse  über  Indien  und  Aegyp- 
ten  sind  nach  M,  in  Agath/s  Geschichtswerk  zu  finden  gewesen. 
Auch  hierfür  muFs  Photins  TT.  T.  έρυθρ.  θαλ.  §  110  als  Beweis 
dienen;  in  Betreff  Indiens  weiss  M.  (S.  509)  ausserdem  nur  an• 
zuführen^  daes  Agath.  die  Regenperiode  im  nördlichen  Indien 
erwähnt  hat  (Diod.  I  41,  8).  Mit  den  Beweisen  für  eine  ^ziem- 
lich umfangreiche  ägyptische  Gesohichte'  ist  es  nicht  besser  be* 
stellt  (S.  5 15 f.);  die  Thateachen,  daes  Agalh.  der  Nilfch welle 
Erwähnung  that  (Diod.  I  41,  4)  und  daes  er  im  2.  Buch  seiner 
'Ασιατικά  (Diod.  Ι1Γ  11,  1)  über  Aethiopien  sprach,  können  doch 


>  Vgl  V.  Gtttechmid,  KL  Sehr.  I  S,  25  mit  Anm,  über  die  Cn- 
wahrschetnlichkeit  aokher  Annahmen  im  Allgemeinen.  -^  Ich  bemerke, 
daes  schon  G*  die  Frage  aufwarf,  ob  Diod.  den  Agath.  selbst  benatile 
(S.  10;  vgl.  Sojemihl,  alezandr.  Litt.  I  S,  686). 


Zu  den  Assyriftka  des  Ktceka. 


MIT 


nocb  nicht  eine  Bebandliio^  der  igyptiflchon  Qescliichte  im  l.Baefc 
erweieeo.  Ebensowenig  darf  mko  aber  daraus,  daea  im  1.  und  3. 
BuchDiodor  eich  auf  ein  heimieclie  Gewäbreraänner  beruft,  ecbliesien, 
d&eti  Diodor  hier  einer  und  dereelben  Uuelle  d,  h.  dem  Aga* 
tharch.  folgt. 

Fragen  wir  iiun^  nachdem  wir  Marqu&rte  Yoraueeetzungen 
über  Beecbaffenheit  des  agatharchideiBchen  Werk»  dargelegt  haben, 
wie  Marquart  überhaupt  zur  Annahme,  Ägatharchidee  eei  für  die 
aeejrieche  Geechichte  Diodors  Quelle,  gelangt.  Sein  Gedanken- 
gang ist  folgender:  Diodors  Gewahremann  gehört  dem  2;  Jahr- 
hundert au;  Agatharchtdea  entstammeD  die  Arabien  und  Indien 
betreffenden,  mit  der  assyrischen  Geechichte  unlösbar  verbundenen 
Partien;  der  Name  Ariaeos  (c.  L)  beseitigt  die  letzten  Zweifel 
betr.  seiner  Person.  Aue  Diod.  II  5,  5 — 7  hatte  ich  Rhein.  Mua. 
41,  325  t  echliessen  zu  müssen  geglaubt,  daes  Diodor  bei  Ab* 
fasBung  der  aesyriacben  Geechichte  den  Kteaiaa  Tor  Augen  hatte: 
er  beruft  sich  dort,  um  Zweifel  an  der  Grosse  des  aesynscheE 
Heeres  zu  zerstreuen,  auf  das  Heer  des  Darius  gegen  die  Scythen, 
ein  Heer  des  syrakuflaniechen  Tyrannen  Dionyeiue  und  ein  romi- 
eehes  Heer  aus  der  Zeit  des  zweiten  punischen  Kriegea.  Die 
Berufung  auf  sicilieohe  Verhällniaae  verrith  einen  Zuaatz  des  Dio- 
dor, und  die  Grösae  des  persischen  Heeres  entspricht  den  Anga- 
hen  des  Ktesias.  Aus  dieaer  8telle  schtieset  Marqnart  gerade, 
dasa  Kteaias  nicht  Quelle  dea  Diodor  sei.  Bei  Diodor  heisst 
es  nach  Erwähnung  der  Peraer  ei  γάρ  τις  ....  τάς  εχθές  καΐ 
πρψην  συντ€λ£0θ€ίσας  τιράΕεις  ίπΐ  τής  Ευρώπης  σκ€ψαιτο, 
τάχίον  δν  ηκττόν  ήτή^Ταιτο  το  ^φέν,  dann  erwähnt  er  die  eici- 
lieohen  und  römiachen  Heere.  Daaa  εχθές  καΐ  ττρώην  ein  einheit- 
licher Auedruck  für  'neuerdinga  ist,  iat  eine  sonst  anerkannte 
Sache.  Dagegen  lehrt  Marquart,  dass  man  den  Ausdruck  zerlegen 
müsse;  mit  πρώην  sei  auf  DionysiuSj  mit  έχθίς  auf  die  Römer 
(225 J  hingewiesen.  Ich  erinnere  z,  B.  an  Diod.  XIV  67,  1,  wa 
»eben  εχθές  και  ττρώην  nur  eine  Thatsache  angeführt  wird,  εχ- 
θές —  ao  lehrt  Marquart  weiter  —  kann  vom  Jahre  225  nur 
der  sagen,  der  den  Verhältniaaen  nicht  allzuferne  ateht,  nicht  zwei 
Jahrhunderte  später  lebt,  wie  Diodor.  Man  vermiest  eine  ge* 
uanere  Angabe,  wie  lange  ein  solchea  εχθές  erlaubt  iat;  wenn 
Uarquart  Diod.  Π  17,3  auf  Ägath.  zurlickruhrt  (S.515),  so  ach  rieh 
Agath,  nach  168;  nach  dem,  was  er  8.515  über  Ariaeoe  aus- 
einanderaetzt,  sogar  nach  132.  Also  nach  100  Jahren  darf  man 
Doh  ίχθ^ς  sagen,  aber  nicht  nach  200.  —  Wenn  die  Regel  auf 


20B  Ktumbkoli 

stimmt!  Han  leiie  hierxu  Herp.  Π  53;  dort  heiest  ee:  δθεν  bk 
έγένοντο  . . .  ούκ  ήττιστέατο  μέ)(ρι  ου  πρώην  Τ€  και  χθες  ώς 
€ΐΐΓ€Ϊν  λότψ.  Ήσίοοον  ταρ  καΐ  *Όμηρον  ήλικίην  Τ€τρακοσιοισι 
£τ€σι  οοκέιυ  μ€υ  πρεσβυτέρους  γενέσθαι  κα\  ου  πλέοσι*  ούτοι 
οέ  είσι  θ\  κτλ.  ΑΙηο  auf  eine  am  40i)  Jahre  zariickliej^ende  Zeit 
weist  Herp.  mit  πρώην  Τ€  και  χθες  zurück;  den  Gegensatz  bildet 
(wie  die  Herausgeber  anmerken)  das  Alter  der  ägyptiftchen  Tbeo- 
gonie.  Bei  Diod.  5,  5  bildet  der  Krieg  des  Ninos  den  Gegen- 
satz; dem  gegenüber  waren  die  angeführten  Rüstungen  ^εχθές  καΐ 
πρφην  geschehen.  Mit  dieser  falschen  Interpretation  fallt  der 
Ausgangspunkt  für  alle  Hypothesen  M.'s  weg.  Nichts  hindert 
uns,  die  erwähnten  §§  allein  auf  Diodor  zurückznführen :  die  Tbat- 
saobe  aber,  dass  Diodor  direkt  dem  Ktesias  folgt,  bleibt  be- 
stehen. 

Ist  nun  von  M.  erwiesen,  dass  Diod.  1,  .5—6,  die  Bemer- 
kungen über  Arabien,  direkt  den  'Ασιατικά  des  Agath.  entnom- 
men sind?  Ueber  diese  §§  ist  schon  gehandelt  im  Rh.  Mus.  44 
S.  291  ff.;  dort  ist  gezeigt,  wie  sie  sich  völlig  mit  dem  von  Diod. 
II  48  Erzählten  decken,  dass  aber  II  48  verfasst  ist  unter  Be- 
nutzung des  XIX.  Buchs  des  Diodor  und  eines  Schriftstellers, 
der  den  Hieronymus  von  Kardia  ausschrieb.  Wenn  nun  der  be- 
treffende Schriftsteller  Agath.  sein  sollte  und  II 48  ihm  entstammte, 
so  ist  damit  noch  lange  nicht  gesagt,  dass  auch  o.  1,  5 — 6  ihm 
direkt  entnommen  ist;  es  genügt  wohl,  auf  den  eben  bezeichneten 
Aufsatz  zu  verweisen,  wo,  wie  ich  denke,  erwiesen  ist,  dass  es 
bedenklich  ist,  Wiederholungen  innerhalb  des  diodorischen  Ge- 
sohicbtswerks  für  die  Quellenbestimmung  der  benachbarten  Par- 
tien zu  verwenden  und  anzunehmen,  dass  diesen  Wiederholungen 
gleiche  Wiederholungen  in  Diodors  Vorlagen  entsprochen  haben; 
man  könnte  sonst  leicht  dazu  kommen,  eine  Eigenthümlichkeit, 
die  sich  bei  ^dem  elendesten  aller  Scribenten^  zeigt,  auch  bei 
einer  ganzen  Reihe  seiner  Gewährsmänner  anzunehmen.  —  Nau 
redet  Diodor  viermal  von  Arabien:  1)  II  1,  &f.  2)  II  48 ff. 
8)  III  43  ff.  4)  XIX  94  ff.  Dem  entsprechend  hat  M.  vier  Be- 
Schreibungen  Arabiens  bei  Agath.  angesetzt.  Wer  ihm  folgen 
wollte,  müsste  neben  der  Beschreibung  Arabiens  im  5.  Buch  von 
Agatharchides'  Schrift  π.  τ.  έρυθρ.  θαλ.  (Marquart  S.  505)  drei- 
malige Besprechung  des  Landes  in  den  Ά(Τΐατικά  annehmen,  ein- 
mal an  der  Diod.  III,  5f.  entsprechenden  Stelle  (S.  511f.),  dann 
in  einer  geographischen  Einleitung  und  schliesslich  beim  Feldiag 
das  Jahres  312  (8.512  A.22).     Was  man  dem  Diodor,  Am  vid• 


Zu  den  Assyriaka  dos  Kteaiae. 


'20*3 


.^S^^^^^^^^^^t  nicht  einmal  bat  zutrauen  wollen,  daes  er  ταϋ  glei- 

^zshea  Worten  dasselbe  mebrfaob'  berichtete,    soll    lum    sogar    der 

^^onet  hoch  geechützte  AgatharcliideH  (vgl.  Sueemihl  1  S.  689)    in 

"^ciocb  grösaerem  Umfange  getbau  haben;    was  bei  dem  VerfasBer 

^^iner  UniverealgeBcbicbte  erklürlich  und  nützlich  sein  konnte  (Bb* 

~^Tifl,   44,  269),    soll    auch  der  Geschichteechreiber   einer    kurzen 

^reäcbicbtsperiode  bereits    für  zulässig    erachtet    haben?  —  Man 

^wird  sich  hüten  müsseUi  das  Bild  des  Agatbarchides  in  der  Form 

-^zunebmeii,    wie    ee  Marqaart    einer  Yermuthung    t\x   Liebe    zu- 

recbt  gemacht  hat. 

Die  Aneeinandereetzungeu  über  die  Wiederholungen  bei  Dio• 
^or  liat  Marqnart  nicht  gekannt,    jedenfalls  nicht    widerlegt,    — 
I>ie  Stelle  des  1.  Kapitels  für  sich  ergibt  nicbts,  was  direkte  ße- 
uatzung  durch  Agath.  verlaitgte.     Allerdings  glanbt  M.  gefunden 
«u  babeiiy  daee  die  §g  organisch,   also  unlösbar  mit  ihrer  Umge- 
bung,   der  aseyriecheu  Geschichte,    verbunden  seien  und  auch  in 
der   Quelle  zusammen  gestanden  haben  müssten«     Da  er»  wie  oben 
erwähnt,  annimmti    dass  den  Wiederholungen  Diodors  über  Ära* 
V>ien  eben  solche  bei  Agath*  entsprachen,  nnd  da  an  der  ausführ- 
lichen Stelle  Diodors    im    19.  Buch    die  Bemerkungen   über    die 
Vergeblichen  Kriege  gegen  Arabien   sich  nicht  finden,    so  glaubt 
^r,   dass  diese  auch  bei  Agath,  an  der  Diod.  c.   1,  5 — 6  entspre- 
chenden Stelle   gestanden    haben   müssten»      Dass   diese    Bemer- 
ke QBgen  aber  nicht   dem  Diod»,    eoiidern    dessen  Quelle    gehüreu, 
ergibt  sich  für  ihn  aus  ihrer  Tendenz  :  sie  seien  offenbar  beatimn4i 
«ien   vergeblichen  Zug  des  Jahres  312    vorÄubereiten    und  seinen 
Ausgang  von  vor  η  herein  zu  entschuldigen   mit  Hinweis  auf  die 
"vergeblichen  Bemühungen  anderer  V^ölker,     Diese  tendenziöse  Bo- 
inerkung  habe  nur  Sinn    bei   einem  Schriftsteller    der    bellenisti- 
echen  Zeit,    dieeem  seien  also  die  §§    über  Arabien    entnommen. 
Diese  eomplicirle  Auseinaudersetzung  M/s  zerfälU  ganz  von 
«elbsl.  in  nichts,  wenn  mau  nur  die   betr.  §§  im  1.  Kapitel  liest; 
€8  ist  ohne  weiteres  klar,  daee  die  ^  Tendenz '  dieser  §§  ein  Un* 
ding  ist;  nicht  ein  Schimmer  von  Tendenz  ist  dort  zu  finden  (vgL 
V,  Gutscbmid,  kl.  Sehr.  I  S.  23).     M.  bat  mit  nichts   wahrschein- 
lich gemacht,  dass  die  g§  über  Arabien  ein  organischer  Bestand- 
theil  der   assyrischen  Geschichte   und    aus  Agatharebides    direkt 
entnommen  seien. 

Sehr  bequem  bat  sich  M.  die  Sache  mit  den  Indien  be- 
treffenden §§  des  16,  Kapitels  geniaclit;  naclidtm  er  die  innere 
Zueammengehorigkeit  der  Stelle  über  Arabieu  mit  der  aesyrieoheij 

Hli«ia.  Hui.  Γ.  PkiloL  S,  F.  h.  Η 


310 


Kftifnbliolft 


GeiM^hiclite  zu  erweisen  geanrht  bat,  conaUtirt  er  diote  m^leicli 
für  16t  ^ — 4  (S.  5  t  5).  Schon  oben  ist  gesagt,  daea  überhaopt 
eine  Scbildening  Indiene  bei  Agath.  nicht  zu  erweisen  iat.  M. 
geht  von  iJjfid.  Π  35 ff.  aus,  einer  aueftihrltcbereo  Besprechung 
Indiens^  in  der  er  so  viel  sprachliche  UebereinatimiDungen  mit 
den  von  ihm  auf  Agath.  zurück  geführten  Partien  findet,  daas  ihm 
gleicher  Uraprung  nicht  zweifelhaft  ist  Wer  die  verglichenen 
Stellen  S.  50β  nachsieht,  findet  leicht,  daes  die  aprachlichen  Con* 
oordanxen  nicht  grösser  sind,  als  nie  sein  müsHen^  wenn  ein  Schrift* 
steller  kurz  hintereinander  gleichartige  Dinge  aur  Darttellang 
bringt,  wie  hier.  Die  Annahme,  Diodor  eei  auch  sprachlich  eo 
abhängig  von  seinen  Gewährismannem^  daes  gleichartige  Aue* 
druck« weise  ohne  weiteres  lur  Handhabe  für  Bestimmung  der 
Quellen  dienen  könne,  beruht  nicht  nur  auf  einer  petitio  prin- 
cipii\  sondern  steht  auch  im  Widerspruch  mit  der  Tbatsache, 
daas  nach  der  sprachlichen  Seite  Diodore  Werk  eitiheitlich  erscheint 
Dabei  bleibt  auch  hier  der  ftfhcn  oben  gemachte  Einwand  beste* 
hen,  dass  selbst,  wenn  Π  34  ff  dem  Agath.  entnommen  sein  sotlta, 
0.   16,  3-4  zunlchst   als  Wiederholung  Diodora    gelten    müsste. 

Die  letzten  Zweifel  Μ  '«  beseitigen  ihm  Erwägungen,  die 
sieh  an  den  Namen  de!i  im  c.  1  genannten  Araberkönige  Ariaeoe 
knüpfen.  Die  an  dieser  Stelle  angewandte  Beweisführung  ist 
ganz  besondere  cbarakteristiseh  für  eine  Art  Quellen forecbungf 
die  einer  einfachen  und  natürlichen  Erklärung  abgeneigt  und 
lediglich  bestimmt  scheint,  die  Erkenntnisa  des  Richtigen  aufcu' 
halten* 

Nach  M,  soll  sich  die  Sache  so  verhalten:  Ariaeoe  ist  ein 
arischer  Name,  sein  Träger  alno  ursprünglich  ein  arischer  Kdntg 
(kein  arabisoher).  Να  η  macht  Etesias  (bei  Nie«  Dam.)  die  Ka* 
düster  beim  Sturz  des  Mederreicbes  zu  Verbündelen  der  Perser. 
So  werden  wohl  bei  Ktesias  auch  beim  Sturz  des  Assyrerreichs 
die  Kadusier  Verbündete  der  uegner  Assyriens  gewesen  sein,  wo 
jetzt  (Diod.  24^  5)  die  Araber  stehen'«  Aga tharchides  hat 
aber  in  der  assyrischen  Geschichte  die  langwierigen  Feinde  der 
Meder  und  Perser  gestrichen  und  dafU^r  die  Araber  eingesetzt. 
So  ist  auch  c.  1,  5  f.  der  Araberkönig  Ariaeoe  unecht,   niohthte* 


1  Vgl  M.  S.  521)  der  meint,  schon  das  Fehlen  von  loniamen 
ipteohe  gegen  Ktesias. 

^  Nitch  M.  S.  r>53  ist  der  Bericht  des  Diodor  über  Sar danapal  im 
Uebriffcn  >ine  getraue  Wiedergabe  de•  ktes,  BertchtsV 


?iu  fleti  AttyrmVa  Am  Kt^^ld*. 


911 


siaTiiflch;  Νίηιιβ  hat  nach  M.  nicht  arabieohe,  eondern  kaduftiflche 
UttterBtützUTig  gehabt;    allerdinge    scheint     ihm    dua   iik'ht  wahr- 
scheinlich für  den  Krieg  gegfn  Rabylorj,     Kurz,  er  denkt  es  »ich 
eo:  bei   Klesias  stand,  Ninos  »ei  von  den  Kaduftiern  unterstützt 
Worden  im  Krieg  g^gf^n  Medien;  AgatharcKid  es  machte  daraus: 
i^inos  wurde  ydu  den  Arabern  unteretützt  gegen  Babylon.   Nichte 
einfacher  als  das ί     Zam  Araber köuig  machte  aber  —  und   bier- 
init   schwinden  für  M.  alle  Zweifel  —  Agath,  den  Ariaeos  in  der 
£rinnerung  an  seinen  Zeilgenosfien  Arjaw  (seit  132),  den  Gründer 
«Jee   Reichs  Osrhoene* 

Abo  M.  sucht  zu  erweiseni  daee  der  ansehe  Name  Ariaeos 

Ureprünglich  einem  Kaduster  gehört»  und  dass  der  ar^ibieche  Käme 

^«inee  Zeitgenossen  Arjaw  dem  Agath.  den  AnlaBS  gegeben  habe, 

die    Araber  fiir  die  Kudusier  einzusetzen. 

\  Ich    glanbe,    die    ünwahr«cheiNlichkeit   derartiger    Vermn- 

t^iungen  und  ihre  ünbraachhgrkeit  für  Quellenunt«reuchung  liegt 

^uf  der  Hand;    wie  es  moglieh  sein  sollt  Quellen  zu  erforschen, 

"^venn   man  die  Möglichkeit  solcher  Entetellungen  dabei    za   Hilfe 

^Ä^imintj  wie  sie  hier  Agath,  dem  Ktesias  angethan  haben  soll,  ißt 

:M*i4theelhaft.     Und  wie  kam  Agatb.  dazu,  seinen  Zeitgenossen  von 

CDsrho^ne  durch  solche  Zurtickdatirang    zu  verewigen  —  voraus- 

^^esetzt  überhaupt,  dass  er  das  Jahr  132  noch  erlebte? 

In  der  assyrischen  Geschichte  des  Diodor  spielt   der  Name 

Oxyartee  eine  Rolle  (Diod.  6,  2j;    das  sprach  nach  Jaeoby,  Rh. 

31τιβ.   30,    8.  ^S2   dafür,    einen  Zeitgenossen  Alexanders    als  Ge- 

"^ährsmann  anzunehmen;    Marquart    wird  durch  Ariaeos  auf  das 

^nde  des  2.  Jahrhunderts  geführt.     Was  sollte  uns  hindern,  den 

^eleeys  und  Arbaces  zu  verwenden  und    einen  Zeitgenossen    des 

^enophon  (cf.  de  discr.  r.  Achaem.,  Progn  Eisenach  1891  p,  13, 

16)  als  Gewährsmann  des   Diodor  anzusehen? 

H.  selbst  hat  erkannt  (S.  537)^  dass  er  mit  seiner  Agathar- 
ohides-Hypothese  in  Schwierigkeiten^  die  nicht  zu  überwinden 
sind,  gerüth;  er  ist  leichten  Fusses  darüber  hih  weggeeilt.  Ή  eiset 
doch  Diod.  IIl  3,  1  (aus  Agatb.):  Σ€μίραμιν  5έ  ,  .  .  έττι  βραχύ 
^τής  Αιθιοπίας  προ£λθοι}σαν  άιτοτνώναν  την  έττι  το  σύμπαν  ίθνος 
OtpQTciaVi  dagegen  II  14,  4;  τής  ΑΙΘιοπίας  έττήλθε  τα  πλίϊστα 
καταστρεφομένπ*  Μ.  meint,  Agatb.,  der  dem  Ktesias  folge,  bnbe 
hier  dessen  Ansicht  ohne  weiteres  wiedergegeben;  damit  hilft  er 
nicht  über  die  Thatsache  hinweg,  dass  Diod.  II  14,  4  mit  Agitth. 
im  Widerspruch  steht,  und  dies  pflegt  man  gemeiniglich  gegen 
Benutzung  des  gleichen  Autors  geltend  zu  machen. 


8tS 


Krum^HoU 


II. 
Im  2,  Kap*  des  2.  Buche  gibt  Diodor  eine  Liste  der  von 


Ν 


den  Wer- 


mos  bezwungenen   Volker.     Er  leitet  eie  eto  mit  den 
ton  τάς  μέν  ouv  καθ'  έκαστα   μάχας   ή  τον    αριθμόν   απάντων 
HJ&V  καταπολεμηθέντίϋγ  ούοεις  τών  συγγραφών  άνέχραψ€,   τά  ■ 
b'  έτΓΐίΤημόιατα  τών  ίθναιν    άκολούθιυς  Κτη0ί<)ΐ  τώ  Kvtbiui  itci- 
ρασόμεθα  σύντομος  έττιοραμεΐν.     Ausdrücklich    beruft  eich  also 
Diodor  auf  Kteeiae,    ihm    seien  die  Namen  entnommen;    nur  mit  ■ 
gewichtigen  Gründen  wird  man    annehmen  dürfen,    daee  die  An* 
gäbe  falsch  eei^     M.,  (S.  523)  hat  zugegeben^  daee  die  Llete  kte- 
eianiecbe  Beetandtheile  enthält,  bezweifelt  aber,  daee  Ktesiae  eine 
LiBte  dieser  Vülker  überhaupt  gab;  er  beetreitet,  daes  sie  in  der 
von  Diodor  gegebenen  Form  bei  Ktesias  gestanden  haben  könne 
und  vermnthet,  dass  die  Liite  entweder  der  Bteuerliste  (lt€pi  tuiv  ■ 
κατά  τήν  Άσίαν  φόρων)  entnommen  oder  ans  den  Büobem  IX — XI 
(Geschichte  des  Kyroe)  ^^usammengestoppelt  sei.  —  Untersuohen 
wir  seine  Gründe« 

Schon  Nöldeke  (Herrn.  V  S.  445)  meinte,  das  Länderver* 
zeicbniss  Diodors  echeine  den  Text  des  Ktesias  nicht  genaa  wie* 
derzugebeiij  an  ktesianischer  Herkunft  zweifelte  er  nicht  M,  hat 
beeoudere  die  Namensform  ΔΕρβικιυν  als  gegen  Ktestas  bewei* 
send  angeftihrt  mit  Rückeicbt  auf  St.  B,  s.  y.  Δερβίκκαι  .  .  . 
Κτησίας  hi  Δ£ρρίους  (oder  Δερβισσούς  vgl.  Μ.  S.  611,  372) 
αυτούς  φησιν  f\  Τ^ρβισσούς;  die  Form  hei  Diodor  sei  nicht  zu 
erklären  bei  Benutzung  des  Kteeias,  Dio  Stelle  des  St.  B.  eignet 
eich  jedenfalls  schlecht  als  Beweiemittel,  zunächst  deshalh,     weil 


1  Vgl.  V.  Gutschmid»  Kl.  Sehr.  I  S.  13  f.  -  M,,  der  mit  Rocht 
G/s  genialen  Blick  in  Fragen  der  Quellenforschung  anerkennt  (S.  545), 
hat  siob  leider  wenig  mit  den  in  G.'a  Jenaer  Autritterede  aufgestellten 
Forderungen  und  Gesetasen  vertraut  gemacht.  Dazu  gehört  der  Sali; 
*  an  der  Annahme^  eine  citirte  Quelle  sei  wirklich  eiu^edehen,  soll  man 
so  lange  feithalten,  als  nicht  die  überwiegende  Wahmcheinlichkeit  des 
Gegentheils  nachgewiesen  ist*.  Ob  der  Satz,  'dass  die  einfachste  Lo- 
sung immer  noch  die  wenigsten  Chancen  des  Irrthums  bietet*  von  M. 
im  Auge  behalten  ist,  bleibe  dahin  gestellt.  Auch  das  über  Diodor 
S.  9  Gesagte  (wonach  er  mehr  Schrifteteller  als  andere  Autoren  des 
^Iterthtims  zur  Hand  nahm)  wäre  zu  beachten  gewesen.  Uebrigens  war 
Gotschmid  von  der  Richtigkeit  der  Khein.  Mus.  Bd.  41  für  unsere  Frage 
gewonnenen  Resultate  überzeugt. 


ZvL  den  Ae»ynakii  des  Ktefiiag. 


sia 


die  eretgenatitite  Nameneform  nicht  feststellt«     Aber  wae  soll  ee 
heieeen:  Kteeiae  nennt  eie  Δ€ρβι(σσ)ούς  η  Τ€ρβΐ(ΐσούς?    Heisst 
das,  Kteeiae  machte  von  dieser  oder  jener  Form  Gebrauch,  d.  h. 
er  benutzte    sie    beide?    oder  heieet  es :    er  benutzte    diese  oder 
jene,  ich  weise  ee  nicht  genan?     Also    hat  wohl   schon   der  Ge* 
währ&mann  des  St.  B.  über  die  von  Kteeiae  gebrauchte  Namens- 
form  nicht  ine  Klare    kommen   könneu,    weil  er  die  Stellen,    wo 
das  Yo!k  erwähnt  war,  nicht  in  Einklang  bringen  konnte*     Man 
wird  sehr  vorsichtig  bei   Benntzung    d«r  Stelle    des    St,  B.    sein 
müssen,  ^  Nnn  kommt  dazu,  dass  anch  Photins  im  Auszug  ans 
Kteeias  den  Namen  ΔερβϊΚ€ς  gibt  (§  6f,).    Für  M.  ist  dies  aller* 
dinge  ohne  Bedeutung,    da  er  S.  592  leugnet,    dass  Photins    den 
Kteeias  benutzt  hahe;    ihm  habe   der  Auszug  des  Pamphila  vor* 
gelegen.     Wir  würden  für  unsern  Zweck  nur  darauf  hinzuweisen 
haben,  dass  ebenso  gut  wie  Pamphiia  auch  Photius  selbst  für  die 
etwa  abweichende  Namensform  bei  Ktesias  die  gebräuchliche  ein- 
gesetzt haben  konnte.     Aber    es  lohnt,    mit   einem  Paar  Worten 
die  Methode  zu  kennzeichnen,  die  ohne  irgend  welchen  stichhal- 
tigen Grund  das,  was  wir  über  Photius  Bibliothek  wissen,  über 
den  Haufen  stösst.    Obwohl  Photius'  ausdrücklich  eigene  Lektüre 
des  Ktesias  bezeugt,  scheut  sieb  M.  nicht,  die  Richtigkeit  in  Ab- 
rede zu  stellen.     Έβ  wäre  doch  zunächst    der  Beweis    zu    tiefern 
gewesen,  dass  Photius  über  die  von  ihm  excerpirten  Schriftsteller 
anch    sonst   ähnlich  falsche  Angaben  macht,     In  unserem  Falle, 
l>ei  Ktesias j  kommt  hinzu,  dass  Photlua  doch  auch  einen  Auszug 
muB    den  Indien  gibt;   dass  aber  Pamphila  auch  diese  exeerpirte, 
liat  noch  niemand  augenommen.    Also  die  Indica  benutzte  Photius 
im  Original,  die  berühmteren  Persica  nicht  ?     Wir  müeeten  dann 
annehmen,  dass   Photius  auch  das  Urtheil  über  den  Stil  des  Kte- 
aiae  (p.  45  Bkk.,    vgl.  Müller^    Ktesias  p.  6)    der  Pamphila   ent- 
nommen habe,  ebenso  die  Bemerkung  am  Anfang  der  Indica  (§  1): 
iv  οΐς  μδλλον  iaivi^ei.     Glaube  das,  wer  will  1  — -  Es  bleibt  also 
dabei^  dass  bei  Photiui,  der  aus  Kteeias  excerpirte»  Δέρβικες  wie 
tei  Diodor  gelesen  wird.     Wie  ist  das  zu  erklären?     Es  ist  zu- 
angeben^    dass  die  Namensformen    hei  Photius   nicht    immer  viel 
Gewähr  bieten,     Sie  sind  z.  Th.  verstümmelt,  wie  an  Beispielen 
ans  den  Auszügen  des  Ktesias  und  Arrian   nachgewiesen  ist  (de 
Ctesia,  Eisenach,   Progr,  1889  8.  12 f.);  sie  sind  aber  auioh  z.  Th. 
absichtlich  abgeändert.     Der  Name  "Άγβότανα  (vgl.  St  B.  s.  v.) 
bei  Ktesias  ist  gewiss  entweder  von  Photius  zu  der  gelaufigeren 


214 


Κ  ru  mbbolz 


Handaclirift  des  Eteeias.  Auf  m^rnngfadhe  Omge^tnltüng  dee 
Textee  in  den  Handschriften  dieeee  vieli^eleeenen  Schriftetelter• 
läest  vielleicht  auch  die  Bemerkung  düs  Photiufl  BcblieftRen  ip  45* 
Bkk  ):  κέχρηται  Ö€  τή  Ίυυνική  1>ιαλ^κτψ,  et  καΐ  μή  5Γ  δλου, 
καθάττερ  Ήpόboτoς,  άλλα  κατ'  ένίας  τινάς  λέΐΐϊς.  Sollten  nicht 
die  Spuren  des  joni^ohen  Dialektes  durch  die  Abeckreiher  ver- 
wischt worden  sein?  —  Aber  in  unsereni  Falle  wird  man  nicht 
annehmen  dürfen,  dass  die  eigentbümiiche  Nameneform,  die  Kte* 
siae  dem  Volke  der  Derbiker  gab^  von  einem  Abschreiber  oder 
von  Photius  selbst  in  die  gebräuchliche  Form  abgeändert  worden 
iet;  dazu  war  doch  schliesslich  das  Volk  zu  wenig  bekannt,  beim 
Namen  Αχβάτανα  lag  die  Sache  ganz  anderR.  Man  könnte  auch 
einen  Augenbli'^^k  glauben,  daee  Kteeias  beide  Namen  neben  ein- 
ander stellte,  um  die  sonst  von  den  Griechen  gewghtte  Form 
ausdrücklich  zu  verwerfen.  Aber  diese  Annahme  würde  nnrdann 
atulässig  erecheinen,  wenn  Kteeiae  Veranlassung  gehabt  hätte,  8ioh 
ausdrücklich  gegen  Vorgänger  zu  wenden,  die  jene  gebräuchliche 
Nameneform  in  die  griechiRcbe  Litteratur  einführten.  So  bleibt, 
80  viel  ich  sehe,  nur  eine  Möglichkeit,  um  den  Widersprucb  zwi- 
flehen  Steph•  B.  und  Photius  zn  beseitigen:  in  der  Kte&iaa-Hand- 
achrift,  aus  der  der  Gewährsmann  dea  iät  B,  die  Formen  Acp* 
Ρισσούς  oder  Τ€ρβΐ0(Τθύς  &chöpfte,  war  der  Name  des  Volkes 
verderbt;  vielleicht  stand  an  der  Stellep  die  Anläse  zum  Irrthum 
gab,  Aepßi00uuv  statt  Δ€ρβΐκων,  und  jener  glaubte  eine  beeon- 
der  θ  Form  für  Kteeiae  darnach  annehmen  zu  sollen,  ünaere  Dio- 
dor stelle  erledigt  sich  dann  ohne  weiteres* 

Ei  eeif  um  unrichtigen  SchlÜJtaen  aus  den  Auszügen  dei 
Photius  auf  die  excerpirten  Werke  vorzubeugeui  an  dieeer  Stelle 
erlaubt,  an  einem  erhaltenen  Werk  die  Methode  des  Photius  etwas 
genauer  zu  beobachten  (einige  Bemerkungen  schon  Eisenacher 
Progr*  1889  8.  10 ff.).  Man  wird  dabei  das  bestätigt  finden,  was 
Gutschmid  (KL  Sehr.  I  3.  290)  bemerkte,  daae  wir  uns  Glück 
wünschen  konnten,  wenn  alle  Auszüge  so  reinlich  und  gewissen* 
haft  gearbeitet  wären ^  wie  die  des  Photius;  aber  man  wird  eich 
zugleich  diejenigen  Freiheiten  merken  müssen,  die  der  fleissige 
tind  gelehrte  Patriarch  sich  gestattete.  Man  wird  vor  allem  sicli 
gegenwärtig  halten,  dass  Photius  durchaus  nicht  mit  gleicher  Aus- 
führlichkeit die  verschiedenen  Theile  eines  Werkes  excerpirte; 
dass  also  ans  der  gröaseren  oder  geringeren  Ausführlichkeit  bei 
ihm  kein  Rückschluas  auf  den  umfang  seiner  Vorlage  gestattet 
ist.     Dabei  ficbeint  besonders  erwäbnenswerth}  daee  nicht  immer 


I 
I 
I 

I 


I 


I 
I 


Zu  am  AtByriAkft  d«•  Ktevt«». 


^15 


der  erste,  eondern  gelegentlich  gerade  der  2.  Theil  den  ausgezo- 
genen Werkee  ausfülir lieber e  Behandlong  erfährt,  ohne  daee  etwa 
der  Tnbalt  der  behandelten  Partie,  die  Wichtigkeit  der  in  Frage 
stehenden  Ereignisse  diese  Ungleich mäseigkeit  hinreichend  erklär- 
ten. Wenn  wir  z.  B.  den  Au^sug  ans  Arr.  anak  zu  diesem  Zwecke 
ine  Ange  fassen,  so  liegt  die  Ungleich mäflsigkeit  auf  der  Hand« 
Der  Auszug  umfasat  bei  Bekker  (S.  ii7f.)  102  Zeilen,  davon  be- 
Bchäftigen  sich  mit  den  ersten  5  Büchern  48,  mit  den  zwei  letzten 

54  Zeilen  (dem  entsprechen  in  Dübners  Arrian-Aui^gabe  148  reep. 

55  Spalten).  Dieser  Umstand  findet  aber  weder  seine  Erklärung 
in  dem  verecbiedenen  Umfang  der  Bücher  Arrians,  noch  in  der 
Wichtigkeit  der  letzten  Bücher;  die  entscheidenden  Ereignieee 
beim  Sturz  der  Acbaemenidenherrschaft  kommen  sehr  kurz  weg; 
die  3  ersten  Bücher  (die  Ereignisee  bis  zur  Gefangennahme  dea 
Besftus)  erfordern  7  +  3  +  9  Zeilen  {bei  Dübner  33 +  26  +  29  Spal- 
ten). Mit  grösserer  Ausführlichkeit  ist  der  Auszug  aas  den  S 
/olgenden  Büchern  hergestellt,  die  Ereignisse  der  Jahre  329 —-325 
(Kriege  im  Osten  des  persischen  Heiehes  und  in  Indien)  füllen 
I^i+16  +  15  Zeilen  (bei  Dübner  31+26  +  28  Spalten),  wäbrend 
das  7.  Buch  (τοπ  der  Rückkehr  aus  Indien  an)  39  Zeilen  inAn- 
eprnoh  nimmt  (bei  Dübner  27  Spalten).  —  Ebenso  wunderlich 
wie  die  oben  beobachtete  Thatsache  ist  es,  daee  Pbotiue  im  Aus- 
zug atte  Arrian  deutlich  die  Bücher  Ärrians  in  2  Grnppen  achei- 
det,  deren  eine  1—5,  die  andere  6  +  7  umfasst.  Er  scheint  ao 
eine  όνάβα0ΐς  und  eine  κατάβααις  Alexandere  ecbeiden  zu  wollen; 
10  beginnt  denn  der  Auszug  aus  dem  6.  Buch  ύπθ0τρέφθντι  be 

AXeEavbpiJj,  wie  das  5.  Buch  abschliesst  mit  den  Worten:  και 
τούτο  aiTtov  'AXeEavbpuj  της  άιτ'  *lvbujv  υποστροφής  κατ€στη ' 
bei  Arrian  ist  dagegen  von  einer  solchen  Gruppirung  nichts  zu 
bemerken;  man  würde  also  sehr  irren,  wollte  man  in  dieser  Be- 
ziehung aus  Photias  auf  den  gelesenen  Autor  zurnckscblieseen 
(vgl.  Marqnart  S.  592).  —  Nach  dem,  was  tiber  die  Ungleich- 
mäeeigkeit  des  Auszugs  gesagt  ist»  wird  ee  vielleicht  nicht  Wun- 
der nehmen,  wenn  einmal  Ereignisse  von  atr  grössten  Wichtig- 
keit übergaugen^  daneben  aber  minder  wichtige  Dinge  erwähnt 
werden.  Man  "wird  —  wenn  der  Auszug  aus  Arr,  für  typisch 
gelten  darf  —  die  Arbeitsweiee  des  Fhotiue  sich  so  zu  denken 
haben,  dass  er  zwar  den  betreffenden  Autor  vor  sieh  liegen  hatte, 
ihn  aber  nicht  beständig  einsah.  So  konnte  es  vorkommen,  dass 
Wicbtigea  gewiae  wider  die  Absicht  des  Fhotiue  wegblieb,  weil 
der  Patriarch  es  zu  erwähnen  vergaa^i;  an  anderen  Stellen  dage- 


21$ 


Krombbols 


gen  ficblog  er  die  betreffende  Stelle  dee  Arr.  nacb^  um  τοίΐι 
dig  EQ  teiHy  und  trotzdem  passirte  es  ibm  gelegentlieb,  das•  er 
ein  Glied  übersah.  Cbarakteristiüch  i§t  die  Stelle^  zu  der  Arr• 
VII  4,  5  f,  die  Vorlage  bildet.  Ee  ist  von  der  Hocbreitefeier  in 
Stiea  die  Rede  nnd  Pbotine  will  die  Kamen  der  von  Alexander 
vermiblten  Offiziere  und  ibrer  Frauen  angeben.  Dazn  mneete  er 
nattirlicb  den  Arr,  selbst  einseben  —  daa  rerratben  aacb  später 
zn  erwäbnende  wörtliche  Uebereinetitnmungen ;  —  aber  trotzdem 
hat  er  nach  Krateroe  und  vor  Ptolemaios  den  Perdikkas  über- 
teben.  Nach  subjektivem  Ermeepen  wird  man  in  verecbiedener 
Weise  fiber  die  Entbehrlichkeit  der  von  Photitie  übergangenen 
Ereignisse  nrtheilen;  neben  der  Stelle  Bkk*  67^  82,  wo  wohl  die 
Gattin  und  die  Kinder  des  Darine,  nicht  aber  seine  Mutter  als 
Gefangene  erwähnt  werden  (vgl.  Arr.  II  11,  9),  führe  ich  als 
von  Photiae  iibergangen  an  ans  Bncb  I  den  Zng  znr  Donau,  Ab- 
fall  nnd  Zerstörong  Thebens,  Kampf  nm  Milet  und  Halikamaas; 
aus  Bncb  II  die  Vorgänge  in  Gordion  und  Tarsus,  die  Kämpfe 
nm  Tyrus  nnd  Gaza;  ans  Bncb  ΙΠ  den  Zug  nach  Aegypten; 
ans  Bach  IV  die  Person  de«  Kallisthenes ;  aas  Bncb  VI  die  In- 
dnsfahrt  nnd  den  Zng  durch  Gedrosien;  aus  Buch  VII  die  Meu- 
terei zu  Opig.  Dem  gegenüber  würden  wir  die  Erwähnung  dei 
zweiten  Porus*  der  zwei  arabischen  Götter  und  die  Namenliste 
der  in  Su»a  Vermählten  gern  vermiseen,  — ^  Wird  aus  dem  Vor- 
stehenden hervorgehen,  wie  wenig  bei  Photitie  ein  argnmentnm 
ei  silentio  ara  Platze  ist,  so  ist  weiter  zu  beachten,  dase  anch 
von  Photius  selbst  gelegentlich  Zusätze  gemacht  sind.  Wie  er 
im  Eingange*  des  Auszöge  zueammen  fassend  über  die  drei  Schlach- 
ten gegen  die  Perser  berichtet,  so  hat  er  auch  selbständig  die 
verstreuten  Nachrichten  über  die  Verwundungen  Alexanders  zn- 
sammengefaist  (vgl,  de  Ctesia,  Progr  Eieenach  1889  S.  li);  auch 
bei  dem  6.  Bach  kommt  er  hierauf  zurück:  im  ταΐς  προτίραις 
πέντ€  ττληταϊς  buo  (libri  beuiepov)  ίτι  βάλλ€τα»,  ών  im  τή  ip- 
bόμrJi  καΐ  Τ€λ€υτδν  dbOKCi  (ρ.  6S*  31  ff.).  Mit  der  siebenten  Ver- 
wundung ifit  die  im  Kampfe  gegen  die  Maller  gemeint ;  da  aber 
nun  vor  dieser  im  6,  Buche  eine  Verwundung  nich^  erwähnt  wird, 
so  finden  des  Photius  Worte  ihre  Erklärung  lediglich  in  dem 
Arr.  Vi  11,  .7  dem'^Ptolemaeus  entgegengesetzten  Bericht  der  ο  ι 
μ€ν,  nach  dem  Alexander  damals  zweimal  verwundet  ward.  — 
Wenn  Arr.  VI  28,  6  seine  Ä  beichte  die  Indica  zu  Bchreiben^  zu 
erkennen  gibt,  m  bat  Pbotiu«  die  vollendete  Thatflacbe  im  An• 
tchluse  hieran  erwähnt,  selbst  aber  hinzugesetzt  Ίαινίκή  φράσ€κ 


2α  deia  Aeeyriaka  des  Kteeias« 


217 


Ganz  unabbängig  yud  Arr.  aneb.  ist  aber  bei  Photiue  die  Bemer- 
kung über  die  Flocbt  dee  Harpalus  (p.  68''  20ff.);  Her  ecbweift 
er  bereite  binnber  in  die  Schrift  Arriana  τά  μετά  *AAi£avbpov 
(vgL  p.  70*  12  f,).  —  Eine  gewisse  Freibeit  bat  sieb  PhotiuH 
auch  betreffe  der  Reiben  folge  der  Angaben  geetattet.  Nirgend  β 
hat  er  bierdiirch  die  Zuverläaeigkeit  eeinee  AuBKUgs  beeinträcbtigt; 
aber  die  Tbatsacbe  wird  man  festbalten  inüesen,  nm  eie  gelegen!* 
lieb  bei  der  Beurtbeilung  tuiderer  Auszüge  gegenwärtig  zu  baben. 
So  bat  er  den  Tod  des  Beesus  sogleich  bei  seiner  Gefangennabme 
angemerkt,  während  bei  Arn  diese  Dinge  getrennt  berichtet  wer- 
den (ITI  29  f.  lind  IV  7).  Während  bei  Arn  nach  der  Schlacbt 
bei  Gaogamela  der  Zug  nach  Pasargadae  und  dann  erat  da« 
Schicksal  des  Darios  berichtet  wird,  baben  bei  Pbotius  die  be- 
treffenden Angaben  den  Platz  getauscht.  Auch  die  Hinrichtung 
des  Philotas  ist  bei  Photius  an  anderer  Stelle  ala  bei  Arrian  be- 
richtet; der  Grund  liegt  in  dem  tTm stand,  dasa  Photias  die  Srblacht 
beiGangamela,  den  Tod  des  Darius  und  die  Bestrafung  des  BessuB 
iueammengeriickt  hat.  —  Hier  wäre  uocb  anzumerken,  dass  bei 
Ärr,  von  derlDdnsanscbwellnng  vor,  bei  Photius  nach  der  Schlacht 
gegen  Perus  erzählt  wird  (vgl.  anab.  Υ  0,  4.  Pbot.  p.  68*  16f.) 
und  dase  Photiue  die  Erwähnung  des  Maunee,  der  den  Thron 
Alexanders  zu  seinem  Verderben  einnimmt,  \*or  den  Bericht  über 
die  arabiachen  Pläne  verlegt  bat  (anab.  VII  24,  19  f.). —  Hieran 
möge  sieb  die  Erwähnung  zweier,  wenn  auch  nicht  wesentlicher 
Ab weicbungcn  von  Arrian  anscbliessen.  Arr*  V  7,  1  weisa  nicbtt 
Genaues  über  die  Bescbaffenbeit  der  Indusbrücke  Alexanders  an- 
tugeben  (ποτέρα  ττλοίοις  έΖ^Ευχθη  ό  πόρος  .  .  ♦  ή  γίφυρα),  meint 
aber  boicei  be  ίμοιγε  πλοίοις  μάλλον  ΖΙευχθήναϊ.  Pbot,  ρ.  68* 
12  gibt  diese  Meinungsäusserung  als  Thatsacbe  wieder,  —  We- 
nige Zeilen  später  (p.  68*  19)  bezeicbnet  er  den  zu  zweit  er• 
wähnten  Porös  ala  "ivbtiiv  βασιλεύοντα^  während  er  bei  Arr,  V 
20,  6  ϋτταρχος  Ivbüüv  beisst.  —  Schon  de  Ctesia  p,  13  ist  darauf 
hinge  wiesen,  dass  die  Namen  im  Auszug  aus  Arriaii  mehrfach 
verderbt  sind,  so  ΓΤαγασαΐς  statt  ΤΤασαργάδαις  (ρ.  67^  39), 
Άσκάνων  statt  ^Ασσακήνυυν  (ρ.  08*  12),  *Αρσινόη  nt  Βαρσίνη 
(ρ.  68*>  7);  ρ.  ^8""  20  bat  die  vulg.  Ύί»ά0πην,  nur  Bekkere  cod, 
Α  (Venetus)  das  richtige  Ύ5ραώτην.  —  Dass  nur  ivenige  Stellen 
eine  autfallende  wörtliche  Uebereinstimmung  zwischen  Arrian  und 
Photiue  zeigen,  ist  schon  de  Ctes.  p.  10,  8  erwlhot,  wo  vergH- 
ßUn  sind  Arr.  VI  28,  6  mit  Phot  p.  68»  39 f.  und  Arn  VII 
Z8,   1   mit  p.  Ca^  37  ff.     Hinzugefügt  fsei  hier   nocb    Pbot.  p.  68'^ 


216 


Ürumbtiole 


Ö— 18  (ketr•  Hucb2«it  in  Sa«)  im  Vergleich  mit  Arr.  Vit  4,  4  ff, 
uml    Arr.  VII  19,  6   ύις  im  "Αραβας   τους   πολλούς  =  Phot. 

ρ.  GS'*  32, 

Abgeeeheu  von  dem  Namen  der  Derbiker  sind  gegen  kte- 
eiaineahe  Uerktiiift  der  Volk  erliste  bei  Diad.  c  2  weitere  Beden- 
ken von  M.  erhoben  worden  im  Atiechlusf»  an  die  Erwähnung  der 
Χυυρομναΐοκ  Μ.  (S.  522)  glaubt  annehmen  zu  müeeen,  daeg 
dieeee  Volk  zuerst  im  10.  Buch  des  KteHias  Torkam.  Hierzu 
führt  ihn  St,  B,  β  Χοίραμναΐοι,  wo  m%  dem  10.  Buch  des  Kte- 
um  (Geschirhte  den  Kyros)  eine  Angabe  über  die  Art  dieeea 
Volke  gemacht  wird.  £r  soblieeet,  daee,  wenn  erat  dort  nibere 
Angaben  Über  da«  Volk  erfolgten,  en  schwerlich  vorher  erwähnt 
gewesen  sein  könnte.  Wir  eind  in  diesem  Fnlle  in  der  Lage,  an 
einem  Beispiel  aus  Kteeias  nachweisen  zu  können,  wie  faleeb 
diese  Art  dee  Schluf*eee  ist.  Nach  Phot  Pers.  §  49  hat  Kteaiaa 
bei  Erwähnung  des  jüngeren  Kyroa  über  die  Ableitung  des  Na- 
mens Κΰρος  gesprochen;  wüsRten  wir  nicht  anderswoher^  daes 
Ktesias  vom  äUern  KyroB  erzählte,  so  wurden  wir  mit  gleichem 
SchlttRse  wie  M.  eine  Erwähnung  des  Namens  Kyros  vor  der 
Phot.  §  49  entRprechenden  Partie  in  Abrede  etellen  müssen.  Aber 
H/i  Schluss  ist  überhaupt  voreilig.  Die  Stelle  des  St.  B,,  die 
sunächflt  die  Schnelligkeit  jenes  wilden  Volkes  bezeugt,  lehrt,  da 
Ktesias  im  VK  Buch  VeranlasRung  hatte,  die  Eigenschaften  die 
Volkes  zu  schildern.  In  einer  Völkerlinte,  wie  sie  Diod.  o. 
vorauszusetzen  scheint,  konnte  dazu  weder  Veranlassung  noch  der 
Platz  sein.  —  Aber  der  Name  dieses  Volkes  gab  M.  auch  in 
anderer  Beziehung  Anstoes:  die  Choramnier  zusammen  mit  den 
Derbikern  und  Borkaniera  stören  die  geographische  Anordnung 
der  Liste:  auch  das  beweist  für  M.,  dass  diese  Liste  eo  nicht 
dem  Ktesias  entnommen  sein  kann. 

Es  ist  nun  allerdings  bei  dieser  Beweisführung  wieder  von 
?om  herein  miselich,  dass  die  Wohnsitze  der  3  Völker  unbekannt 
sind.  M.  (S.610O  bemüht  eich  allerdings  zu  erweisen,  dase 
die  Choramnier  südlich  von  den  Baktrern,  die  Derbiker  südlich 
von  den  Sogdianern,  die  Borkanier  in  der  Gegend  der  Stadt  Αλ€- 
Savbpcia  έσχατη  gewohnt  haben.  Aber  bei  zweien  der  genann- 
ten Völker  gibt  er  selbst  die  Unsicherheit  seiner  Vermutbung  zu^ 
und  betreffs  der  Derbiker  ist  es  doch  bedenklich,  daea  er  sich 
mit  St.  B.  in  Widerspruch  eetit,  —  Selbst  wenn  wir  von  den 
Wohnvitten  dieser  ^  Völker  aber  absehen    und    sie    einmal  ant^ 


Zu  den  Aieyriali«  do»  KtesieB. 


21^ 


ä 


scbeiden,  bleibt  die  ReiheDfolge  der  Li^te  noch  m  lange  gestört, 
bie  wir  (M,  523,  55)    die  Paribyäer  binter  die  Hyrkaner  setzen. 

Beweist  nun  aber  eolcbe  peographiecbe  Unordnung  gegen 
■teeiani«rlie  Herkunft  der  Liste  ? 

Von  Kteaiae  Boheint  mir  bier  M.  zu  viel  TorauAzueetzexi. 
DasR  dieser  eine  vüllig  klare  VoretelluDg  von  den  WohnBitzeu 
der  im  Osten  des  Reicbs  an^üBRigen  Völker  gehabt  haben  soll, 
er,  der  iber  den  Verdacht,  Ninos  an  d<^n  Enphrat  verlegt  zu 
habeot  jedenfalle  keineswegs  erhaben  ist  (s.  b,  Jacoby  S.  571  ff), 
der  über  litdien  dae  tollste  Zeug  berichtete  und  in  mehr  al»  einer 
Beziehung  bei  alten  (Müller,  KteRias  S.  8)  und  neuen  Kritikern 
eicb  den  Vorwurf  der  Unzuverläs^tigkeit  zuzog«  ist  sehr  unwahr* 
scheinlieh.  Man  müsete  ihn  geradezu  mit  einer  genauen  E^arte 
arbeitend  denken,  wenn  man  viillige  Genauigkeit  betreffs  der  geo- 
graphiiichen  Anordnung  voraussetzt;  besonders  da,  wo  es  sioli 
um  wenig  bekannte  Völker  handelt  wie  hier.  So  etwas  wird  man 
dem  Ktesias  nicht  leicht  zutrauen.  —  Aber  vielleicht  ist  die  Vor- 
aaseetzung,  ein  «sorgfältiger  Scbriftsteller  des  Alterihuins  müsse 
eine  solche  Liste  in  genauer  geographiRcher  Ordnung  gegeben 
lubeBf  aobon  an  sieb  falsch.  Es  liegt  ja  nahe,  hier  auf  die  Sa- 
trapienliite  Herodots  III  noff.  hinzuweisen,  wo  ebenfalle 
die  geographische  Anordnung  nicht  eingehalten  ist.  Ich  stelle 
neben  einander  die  von  Herodot  gegebene  und  eine  geographiach 
geordnete  Folge  (betr,  der  Wohnsitze,  vgl.  Stein  L  h)K 

1.  Inner.  1.   Inner. 

2.  Lyder.  2,  Lyder. 
3•  Phryger.  3.  Phryger. 

4.  Eiliker.  4.  Eiliker. 

5.  Syrer,  5.  Syrer, 

6.  Aegypter. 6.  Aegypter. 


7,  Gandarer. 

8.  Eissier• 
Aesyrer. 
Meder. 
Kaepier. 
Baktrer, 
Armenier. 
Sagartier. 
Saker, 


7.  Eissier. 

8.  Aasyrer. 

9.  Meder. 
10.  Matiener, 
IL  Moscber* 

12.  Kaspier, 

13.  Armenier. 


14.  Saker. 

15,  Eaktrer. 


1  Die  gefiperrt  gedruckten  Namen  etören  die  Reihenfolge« 


Krumbholje 


16,  Parther. 

17,  Aethiopen 

18,  Matiener. 

19,  Mo  scher. 

20,  Inder. 


le.  Parther. 

17.  SiLgartier. 

18.  AetMoper. 

19.  Gandarer. 

20.  Inder. 


Es  ist  deutlich,  da«»  ein  gewieees  Bestreben  geographische 
Ordnung  einzuhalteo  vorhanden  ist:  die  6  ersten  Satrapien  liegen 
dieseeite  des  Euphrat«  1— S  dieeseite  des  Halje;  dann  sind  vor- 
wiegend die  Satrapien  westlich  vom  Stammland  Pereiene,  echliese- 
lich  die  östlichen  erwähnt.  5  Satrapien  sturen  offenbar  diesen 
Plan.  Man  wird  fragen,  wollte  Herodot  eine  geographische  Ord- 
nung einhalten  oder  nicht?  wollte  er  es,  so  ist  es  ihm  nicht  ge- 
langen. Es  wäre  mliseig,  eich  den  Kopf  darüber  zerbrechen  zu 
wollen,  wie  in  dem  ofßziellen  Aktenetitck,  dem  Herodot  die  Liste 
verdankt  {de  Asiae  minor,  satr.  p.  15  Α.),  die  Satrapien  geordnet 
waren.  Auch  in  der  Heeresliste  des  7.  Buches  hat  Herodot  eine 
geographische  Ordnung  hergestellt  (8tein  z.  VII  61);  auch  hier- 
aus darf  man  für  die  Satrapien  liste  gleiche  Abeicht  erschliessen. 
So  möchte  man  glauben,  daas  der  Versuch,  Ordnung  zu  schaffen, 
gescheitert  ist.  —  Eine  Beobachtung  betreffs  der  Reihenfolge  mag 
hier  dargelegt  werden,  so  wenig  es  auch  gelingen  will,  damit  ein 
völlig  befriedigendes  Resultat  zu  erhalten.  Merkwürdig  muea  ee 
erscheinen,  daes  sich  die  5  Verstellungen,  die  in  Herodots  Liste 
angemerkt  sind,  sämmtlich  erklären  lassen,  wenn  man  an- 
nehmen wollte,  daes  gleichnamige  Völker  innerhalb  der  Liste 
verwechselt  sind•  Die  Völker  der  7.  Satrapie  (Gandurer 
n.  6.  w.)  sind  südlich  vom  Hindukusch  zu  suchen  (Stein  z,  c.  91)« 
sie  stehen  jetzt  hinter  den  Aegyptern,  gehören  aber  am  heeten 
hinter  die  17.  Satr^iie  (Parikanier,  Aethioper  Ol  έκ  τής  Άαίης). 
Sie  sind  also  hinter  die  Satrapie  geratheo,  zu  der  die  ΑΙΘΙοττες 
Ol  ύπερ  Αίχύπτου  (Her.  VII  69)  gehören  musaten.  —  Die  Bak* 
trcr  (12.  Satrapie)  stehen  am  rechten  Platz,  wenn  man  sie  von 
den  Kaspiern  der  11.  Satrapie  trennt  und  hinter  die  mit  den 
Sakern  verbundenen  Kaspier  der  15.  Satrapie  Herodots  stellt.  — 
Die  Völker  der  !S.  und  19.  Satrapie,  die  zusammen  sich  in  die 
Nähe  der  Inder  verirrt  haben,  würden  am  rechten  Platz  stehen^ 
wenn  man  eine  Verwechselung  zwischen  den  Parikaniern  der 
17.  Satrapie  mit  denen  der  10.  annähme  (über  die  Lesart  s.  Stein 
£.  c.  92)  und  sie  demgemäss  hinter  die  Meder  stellte.  —  Auf 
diese  Weise  würden  drei  Gruppen  in  der  oben  bezeichneten  Weise 
geschieden  »ein*  Die  saubere  Ordnung  wird  dann  nur  noch  durch 
die  14.  Satrapie  geetorL     Wie  die  zweite  Gmppe  vom  Oaten  aus 


Zu  den  Antyriwlca  des  fCtesias. 


yn 


aufgeftihrt  wird  (mit  den  Kieeiern  beginnend),  80  würde  auch  die 
dritte  Gruppe  von  Osten  aus  paeeend  geordnet  sein,  wenn  man 
annähme»  daes  bei  Einordnung  der  Sogartier  n.  β.  w.  (Satrapie  H) 
die  Paktyer  des  öetlicheu  und  des  westlichen  Grenzlandee  von 
Iran  verwechaelt  sind  (vgl.  Stein  z.  c,  93).  Stellt  man  sie  von 
den  mit  den  Armeniern  verbundenen  Paktyern  (Satr,  13)  in  die 
Nübe  der  am  Hiudukuech  ansässigen  Namensvettern  {als  Satr,  17), 
so  ist  alles  iu  bester  Ordnung.  —  Ob  in  der  Eichtung  der  hier 
vorgetragenen  Beobachtung  die  Erklärung  für  die  Reihenfolge  der 
lierodoteiecheu  Satrapien  ku  suchen  ist,  bleibe  für  jetzt  dahin  ge- 
itellt;  zur  Beurtheiiung  der  M.^sohen  Aufatelluugen  betreffs  der 
Diodor'achen  Namensliste  wird  man  immerhin  auf  Herodots  Liete 
hinweisen  müssen. 

Ee    bleibt  noch   ein  Grund  K/e    gegen    die  Zurückfuhr« ng 
der  Liste  Diodors  (c*  2)  auf  Ktesiaa  zu  widerlegen.     In   der  Liste 
Wird  unter  den  von  Kinos  unterworfenen  Vülkerix  an  erster  Stelle 
-Aegypten  aufgeführt;    dazu    bemerkt   M.   S.  523:   'nach  Diod, 
I^   56  floheint  es  vielmehr,    daes  Etesias  Aegypten  erst  durch  Se- 
Txjiramis  erobert  sein  Iieas'.     An  dieser  Stelle  wird  vom  Ursprung 
cler  ägyptischen  Städte  Babylon    und  Troia  geredet,    und  Diodor 
l>emerkt  (§  5) :  ούκ  αγνοώ  b'  δτι  irepi  τών  €ίpημίvuJV  noXcujv 
Κτησίας  ό  Κνίοιος  ϊϊΐαφόρως  Ιστόρησε,  φήσας  τών  μετά  Σεμι- 
Ιΐηάμιίϊος   τταραβαλόντων    εις  Αϊγυτττόν    τινας  έκτικέναι  ταύτας» 
^it  keinem  Worte  ist,  wie  jedermann  siehti  hier  die  Rtde  davon, 
ciags    Semiratnis    erst    Aegypteu    unterwarf;    wie    andere   Theile 
ihres  Keiohs  (Biod*  TI  13  f.),  so  durchzog  sie  auch  Äegypten.    Aue- 
drUcklich  bemerkt  Diod.  Π  14,  3:  μετά  hl  ταύτα  την  τε  Αϊγυττ- 
τόν πασαν  επήλθε  καΐ  της  Λιβύης  τά  πλείστα  καταστρεψαμΐνη 
παρήλθεν  £ΐς*Άμμωνα;  also  es  wird  mit  klaren  Worten  der  Zug 
durch  Aegypteu  und  die  Unterwerfung  Libyens  geschieden,   Selbst- 
verständlich hat  deshalb  M.  diesen  Paragraph  für  nichtktesianisch 
erklärt,  während  §  l — 2  desselben  Kapitels  auch  ihm  als  ktesia- 
I   niach  gelten  müssen  (S.  537).      Man  sieht  auch   hier,    wohin    es 
führt,    wenn  sich   die  Quellenforsclumg  vom  Einfachen   und  Na- 
türlicheo  abwendet     Mit  der  Aufführung  Aegyptens  in  der  Län- 
derliste stimmt  es  vollkommen,  wenn  Bi  od.  c.  2,  1  von  Ν  in  ο  β  sagt 
έττήει    τά   κατά    την  Άσιαν   (τήν   εντός  Τανάώος  και  Νείλου) 
ίθνη  καταστρεφόμενος  και  .  .  .  ττλήν  Ίν5ών  και  Βοκτριανών  ταιν 
&Kk\JJV  άττάντιυν  κύριος  έγένετο;    ebenso   steht   im  Widerspruch 
mit  M/s  Annahme  das,  was  wir  c,  IG,  l   lesen,  wo  auch  die  Thä- 
tigkeit  der  Semiremi»  nur  mit  den  Worten  καταστήσασα  τα  κατά 


itrtimbfintc 

την  Αίθιοιτιαν  και  τήν  Λϊγυπτον  beneichnet  and  wo  der  indiflcb» 
Krieg  ausdrücklich  in  Gegenifatz  gebracht  iet  zu  der  vorausge- 
henden friedlichen  Regierung.  ÄUo:  alle  Aegypten  betrefiTendeii 
Angabe»  »ind  im  besten  Zusammenhang,  nur  eine  willkürliche 
Interpretation  eucht  die  Einheitlichkeit  dieser  Nachrichien  zu 
eteiren. 

So  bleibt  kein  stichhaltiger  Grund  übrige  der  un«  veran- 
Imsien  könnte,  die  Völkerliete  dem  Etesias  abtufiprechen  nnd  mit 
M.  anzunehmen,  sie  sei  aas  Kteme  Buch  ίΧ— XI  zuRammenge* 
«tappelt  oder  aus  seiner  Steuerliate  (von  Agatharchides)  mit  eignen 
Zuthaten  7.u8ammengebraut.  Daea  aber  Kteeias  eine  Linie  der  von 
Ninoe  unterworfenen  Völker  gab,  kann  kaum  xweifelhafl  eein. 
Da  direkt  oder  indirekt  doch  jedenfalls  b»ii  Abfaeftung  des  zweiten 
Kapitels  Diodore  Ktesiae  benutzt  iat  —  das  wird  allgemein  zu- 
gestanden, —  so  wird  hier  auch  für  Etesias  bezeugt,  dase  aach 
er  die  Kriege  des  Ninoe  im  Einzelnen  nirht  angab;  um  eine  Vor- 
atellung  von  dem  Umfange  dee  assyrischen  Reichn  unter  Ninoa 
m  g^ben,  musste  er  eben  die  Völker,  die  dieser  unterwarf,  nennen, 
wie  Diodor  bezeugt,  —  Mit  welchem  Rechte  übrigens  M.  an- 
nimmt, das»  die  Bücher  IX— XI  des  Ktesiae  eine  derartige  Fülle 
Ton  Völkernamen  gaben,  daas  aus  ihnen  die  Liste  Uiodars  zusam- 
mengestoppelt «ein  könnte,  ist  mir  unerfindlich;  vor  allem  wie 
dort  (Geschichte  des  Kyros)  z.  B.  Aegypten  erwähnt  sein  konnte. 


ill, 

Dass  bei  Diodor  ein  überarbeiteter  Ktesiae  zn  Grunde  liegt» 
wird  von  Marquart  zugegeben ;  mtinche  Stellen  der  ErzähloD^ 
gelten  ihm  sogar  tur  ktesianisch,  d.  h.  nicht  umgearbeitet,  eo 
(8.  534)  die  Erzählung  (c.  6,  6)  von  der  Einführung  der  medi- 
geben  Kleidung,  weiter  (8*  537)  der  Bericht  von  den  Zügen  der 
Semiramis  (c.  14,  l-*2),  schliesslich  (S.  547,  55 H)  die  Geschichte 
des  Ninyae  (e.  21)  und  Sar<)anap&l  (e.  24•  6— 2β,  7).  Daaa  aber 
Ktesias  nicht  selbst  dem  Diodor  vorlag,  sondern  in  einer  Ueber- 
arbeitung,  wird  —  abgesehen  von  der  unglücklicben  Agathar- 
ohidee-Hypothese und  der  petitio  prinoipii,  das•  ein  Kompilator 
wie  Diodor  nicht  den  Ktesias  selbst  benutzt  haben  könnte  — 
geaohloseen  aus  gewissen  Verschiedenheiten  zwischen 
Diodor  und  anderen  Scbriftatellern,  die  Ktesiae  oitiren 
oder  benutzten.  Bei  Beurtheilung  dieser  Stellen  wird  man  sich 
gegenwärtig  halten  müseeo»  daaa  in  jedem  einseloen  Falle  zn  an* 


Ψλ  den  ienyrinkn  Am  KtceiAs.  ü^l 

"Ä^Tiuchen  Utp   ob  Diodor  oder    der  betreffende  zweite  Autor  voe 
^S5teeia«  abweicht, 

I  Geben  wir  aus  von  der  G  eechichte  der  8  einiramisi  1d 

■^E3er  zunächst  ein  solcher  Widerspruch  mit  einem   Ktesiaefragment 
^^*B  Tage  tritt,    so  wird    es  erlaubt  sein  daran  zu  erinnern,    das» 
^Äb.  Mus.  41,  S26ff,  diese  Pariie  bei   Diodor  auf  Ktesias  zurück- 
^e^führt  wurde  l)  wegen  des  CitaU  c.  20.3,    2)  wegen  der  lieber- 
^iostimmnng  mit  dem  Änon•  de  mulier.,  3)  wegen  der  über  die  he- 
treffenden  Diodor- Partien  verstreuten  Citate  auB  Kteaiae,  4)  wegen 
I    ^er  Berührung  mit  anderen  Fragmenten  dee  Ktesias« 
'  Ein  Kapitel,  und  zwar  c.  10   (über  die  bangenden  Gärten), 

^a.11  ja  rein  ausser  lieb  betrachtet   der  Gefichiehte    der    Semiramis 
"^^Hgebört,  war  ecbon  im  Rh.  Mus.  4  t    S.  3)55  nicht  für  Kteaiae  in 
-A.ii8pruch  genommen  und  als  zweifelhaft  bezeichnet  worden,    Ja- 
^Cbby  hatte  es  KUtarcb  zugesprochen.  «Es    nimmt  eine  besondere 
^ Teilung  schon  deBhalb  ein,   weil  die   hnngenden  Gärten  ausdriick- 
*ich    von  den  Werken  der  Semiramis  geschieden  werden;  Jacoby 
lialte  die  Beieichnung    des  Σύρος  βασιλεύς    und    die  üeberein• 
^tiiDmiing  mit  Curt.  V  1,  32  0".    für   seine  Ansicht     geltend     ge• 
Xfciacbt.     So  fest  ich  sonst  von  der  Cnhaltbarkeit  der  Jacoby'schen 
Ülitarchos-Hypothese    überzeugt    bin   (vgl    auch    Gutschmid  KL 
Schr.   I  S.  25,   1),    hier  hat  er  das  Richtige    erkannt;    ich  glaube 
jetzt  mit  beBtimmtem  Beweis  dieses  Kapitel  auf  Klitareh  zurück- 
^Clihren  zu  können*    Im  §  3  spricht  Diodor  von  den  σύριγγας,  die 
^ie   Gärten  tragen,  und    ihrer  verschiedenen  Grösse;    f)    l^'  άνυι- 
-τάτυιι  σΰριγΕ  ούσα  πεντήκοντα   ττηχϋΕιν  το   υψος  £ΐχ€ν  in^ 
ούτή  του  παραϊϊείσου  την  άνιωτάτην  έπιφάνειαν  συν€£ισουμ€νην 
Ύφ  ττ€ρϊβ6λψ  τών  έπάΧΕεων.      Das  soll  doch  heissen,    daas    der 
oberste  Theil  der  Gärten  in  gleicher  Höhe    mit    den  Zinnen  der 
Stadtmauer  lag.     Vergleicht  man  nun  hiermit  Diod.  c,  7  §  4,  so 
eiebt  man,    dass  Ktesias    die  Höhe    der  Mauern   auf  50  Orgyien 
^Bgab,   ώς  b'  Ivioi  τών  vciyripujv   ίγραψαν,    πηχών   πεντή- 
κοντα.    Wer  aber  unter  den  fvioi  τών  vtUJTipuiv  zu  verstehen 
ist,  kann  nach  dem  Zusammenhang  nicht  zweifelhaft  sein;  im  §3 
sind  dem  Ktesias  ΚΚ€ίταρχος  καΐ  τών  οστ€ρον  μ€Τ*  ^AXcEavbpOU 
*iaßavTu>v  €{ς  την  Ααίαν  τινές*  gegenübergestellt     Die  Angabe 
dee  Uiodor  über  die  hängenden  Gärten  passt  also  nur  in  den  Zu* 


*  M.  8,555    halt   die   eben    angeführten  Worte  Diodort  für  ein 
fMonetrum;   es  iit  doeb  klar,  dass  das  ücrrcpov  die  zeitliche  Beziehung 
to  ICtetiai  Hertteltt. 


^24: 


KriMubliols 


eammenhang  der  klitarcliisohen  Scliilderung,  und  eo  sagt  auch 
Curt,  §  32  (also  Klitarch)  pensiles  liorti,  eummiim  murarum  alH- 
tudinein  aequaiitea ;  —  dazu  korarat  noch  anderes.  In  der  Scbil- 
derung  Babylons  bedient  eiicb  Diodor  durchweg  des  Praeteritmn; 
nur  einmal  weicht  er  davon  ab,  c.  10  §  2:  (ϋτν  b'  6  παράδεισος 
την  μέν  nXcupav  κτλ.  Sieht  man  nun  die  Schilderung  des  Kli- 
tarch  iiei  Ctirtius  1.  L  nach,  so  findet  man,  dass  hier  die  Beechrei- 
baug  Babylons  im  Praeeena  geschieht^  so  §32:  auper  arcem  . , . 
penailefi  horti  sunt.  Zu  den  ehe»  angeführten  Worten  sei  uocb 
bemerkt,  daae  hier  dem  lateiuiscboD  auper  arcetn  entepricht  παρά 
τήν  άκρόπολίν  (§  1),  während  sonst  (ausgenommen  c.  8,  6)  die 
Eeeideuz  zu  Ninoa  von  Diodor  βασίλεια  genannt  wird.  —  Die 
einzige  ausfülirliclie  Schilderung  der  hängenden  Gärten  muss  also 
auf  Klitareh  zurückgeführt  werden* 

Darf  nun  die  Erzähljng  des  AnoH,  de  mnlier,  ala  kteeianiech 
zur  Beurtheiluug  des  Diodor  herangezogen  werden  ?  Die  Gründe 
dafür  fiind  schon  Rh.  Mus.  41,  S27  angegeben.  Es  ist  dort  darauf 
hinge  wiesen,  dass  es  weniger  darauf  ankommt^  ob  der  Anon.  den 
Ktesiae  eelbst  benutzte;  die  Hauptaacbe  ist,  dass  e.  1  und  2  des 
Anon»,  die  nicbt  aus  Diodor  entnommen  sein  können  —  wie  auch 
M.  S.  545  zugibt  —  sich  in  den  Angaben  decken  mit  Diodor  und 
anderen  SchrifUtellern,  die  direkt  oder  indirekt  den  Ktesias  be- 
nutzt haben  müssen,  besonders  mit  NicoL  Dam.  und  Demetr»  de 
eloc.  Daraus  gewinnen  wir  die  Gewissheit,  daas  der  Änon-  kte- 
sianische  Nachrichten  enthält;  und  da  die  Natur  dieser  kurzen 
Kapitel  zu  der  Annahme  fast  zwingt,  dass  sie  einzeln  nicht  Kom- 
pilationen» sondern  Auszüge  aus  je  einer  Quelle  sind,  so  wird 
man  nur,  falls  es  erwiesen  wird,  nicht-ktesianisclie  Bestand tbeile 
in  diesen  Kapiteln  suchen.  Für  M.  S.  545,  133  sind  diese  Er- 
wägungen ohne  Belang ;  ihm  ist  der  Anon.  günstigsten  Fallea 
ein  Glied  der  agatharchidiscben  (nicht  diodoriscben)  Yersion  d.  b. 
doch  wohl  der  ktesianischen  Erzählung.  Was  hierneben  es  beisaen 
soll,  wenn  wir  S.  52G  leaen ;  die  weitere  Geschickte  der  Sem, 
bietet  zu  Ausstellungen  keinen  Anlass  und  wird  ausserdem  noch 
durch  den  Traktat  γυναίκες  έν  πολ.  συνετ,  κτλ.  bestätigt*,  ist 
mir  unklar  geblieben*  M.  gibt  zu,  dass  der  Dativ  "Oweip  aus 
dem  jonischen  Genetiv  OvveuJ  entstanden  ist;  es  iat  nicbt  ein- 
zuseben,  warum  dies  MiRsverständnisa  nicbt  möglich  gewesen  sein 
Boll  bei  Benutzung  des  Ktesias  selbst.  Der  Anon.  konnte  eben 
nicht  joniscb  decliniren  und  war  nicht  sorgfältig  genug,  um  eich 
bei  Kteeias  nach  den  einzelnen  Formen  des  Namens   uinzuseben: 


2u  den  AtayHnke  Ίβ6  Kteeiat« 


Mh 


^n-  hatte  ^n  einer  Stelle  den  Genetiv    safällig    aufgegriffen    und 
declinirte  nach  dieeem  falsch  weiter.  —  Daea  die  Worte  des  Α non, 
^-rrtßouXeuBeicra  bi  ύττό  του  Nivuou  έτ€ν€ύτησ€  die  Vermotlmng 
vxahe  legen^    Semiramis    sei  das  Opfer   einee  Attentate  geworden, 
^iobt  jedermann  ein.     Nun  ist  es  aber  bekannt^  daae  ein  AuRzug 
ΎΛΐη   βο  nnzuverläeelger  wird,    je  kürzer    er  zu&ammenfafiBt   (Gut- 
Bchmidj    KL  Sehr.  I  20);    eine    vorsichtige   Quellenuntereuchnng 
^«rird  mit  der  Tliateache  za  rechnen  haben,  daen  unter  der  Kürze 
dee  Anailrucke  eine  Angabe  schief  wird.     Dass    aber  dem  Anon. 
^ier  die  bei  Diod.  20,  1   erhaltene  kteeianieche   Vereian  vorliegt, 
ist  um  so  weniger  zn  bezweifeln,  als  die  Angaben  über  Lebens* 
dauer  (zu  echreiben  iet  natürlich  ^ß')  und  Regierungezeit,  die  uu* 
mnittelbar  folgen,  übereinetimmen  mit  den  Scblueeworten  Bind.  §  2, 
denen  ilann  die  Worte  folgen  Κτησίας  μεν  ούν , ,  *  τοιαύθ'  Ιστόρηκεν. — 
^BfiHonders  nimmt  Μ.  AnstoBs  an  c.  2  des  Anon*,  wo  der  Meiierkönig 
ώ  TTepCTÜJV  Ρα(Τιλ€ύς  und  Π^ραης  genannt  wirt!*   Es  ist  doch  jeden- 
falls auffallend,  wie  eicti   die  Nachrichten  Diodors  (c.  34)  und  des 
-Anonymus    mit    denen    des  "^Kteeianerä'    (M,    S.  524)  Nicolans  v, 
Damaspüs  und  des  Demetr.  de  eloc,  dem  doch  Kteeias  nach  der 
^atur  des  Fragmente  vorgelegen  haben  muss,    zu   einem  Ganzen 
zueammenschlieaBen.    In  dieser  Einheitlichkeit  darf  man  den  besten 
Beweis    für  gleiche  Quelle    der    genannten  Autoren    sehen.     Der 
Verlauf    der  Erzählung    ist    kurz    von  Gilmore,    Kteeias    S,  107 
(schon  früher  wohl  aueführlich  von  Boivin  in  den  Mem.  de  TAcad. 
des  Inecr.  β.  b.  Bahr,  Ktes.  S,  448)  dargelegt     Sollte  nun  wirk- 
lich die  Verwechselung  von  Persern  und  Medcrn  bei  dem  Anon. 
gegen  ktesianische  Herkunft  des  Abechnittes  beweisen?   Will  mau 
es  dieeem  Anonymus  nicht  zutrauen,    dass  er  für  die    zu    seiner 
Zeit  unbedeutenden  Meder  die  Perser  einsetzte,     wenn    doch    auf 
der  anderen  Seite    bekanntlich   die   gebildetsten   Griechen    ^noch 
über  IDO  Jahre  nach  dem  Untergange    der  medischen  Monarchie 
die  Perser  meietens  als  Meder  bezeichneten?'  (vgl.  Nöldeke«  Pere. 
Geecb.  8.  12 f.).  —  Ich  sehe  nirgends  einen  Grund,  nicht  sämmt- 
Hohe  bei  dem  Anon.  c.  t  nnd  2  vorhandene  Angaben  für  Recoo- 
struotion  des  Ktesias    zu  verwenden    und  besondere    den  Bericht 
des  Anon.  für  die  ktesiantsche  Herkunft  der  Semiramts-Geachichte 
als  Beweiamittel  anzuführen. 

Gegen  Ktesias  scheint  nur  ein  Punkt  in  der  Jngendge* 
schichte  der  Bemiramis  zu  sprechen.  Im  4.  Kapitel  erzKhlt  Dia- 
dor  von  der  syrischen  Göttin  Derceto,  die  einem  jungen  Syrer 
Ji^  Semiramis  gebar,    dann    über  ans  Scham   den  Geliebten  ver* 


,  Un•.  t  PtiUol.  H.  F.  L. 


Ιδ 


ICriimHHolz 


* 


8ch winden  Ueee  und«  nachdem  Hie  dne  Kind  anegeeetzt  hatte,  licti 
in  den  fischreichen  See  hei  Äskalon  etürzte,  wo  aie  in  einen  Fisch 
verwandelt  ward.  Neben  diesen  Bericht  stellt  sich  ntin  eine  anf 
Rtesias  aasdräcklioh  zurückgeführte  Erzählung  bei  Eratosthenee 
catastensm.  38  (Robert):  Ιχθύς  ...  Ιστορ€Ϊται  hl  τΓ€ρι  τούτου, 
ώς  φησι  Κτησίας,  civai  ττρότ€ρον  έν  λίμντ)  τινί  κατά  την  Βαμ- 
βύκην  έμττεσούσης  bk  της  Δερκ€τους  (της  Αφροδίτης)  θυγα- 
τρός,  ή  ν  oi  nepi  τους  τόττους  οΙκοΟντες  Συρίαν  θ€Ον  ΐϋνόμα(Γαν 
(αιΐκχαι  αύτην).  Μ.,  der  diese  Stelle  besonders  ine  Ange  gefaset 
und  mit  der  Frage  über  die  Lage  von  Kinos  am  Euphrat  ver^ 
quiekt  bat,  meint  (S.  526),  dass  hei  Ktesias  Βαμβυκη  stand  und 
Agatharchides  im  Anschluss  an  Xanthu»  fr,  11  M.  (ή  hi  τ^'Ατερ- 
γάτις  [^  Derceto  Strabo  p.  785]  υπό  Μόψου  του  Auboö  άλοΟσα 
κατετΓοντίσθη  .,.  έν  τη  ircpl  Άσκάλωνα  λίμνη)  Askalon  einge- 
setzt habe.  Den  Grand  für  diese  Äenderung  sieht  er  darin,  das« 
Agatharchides  Βαμβυκη  mit  Kinos  am  Eupbrat  identißcirt  und 
deshalb  einen  anderen  See  für  die  Geschichte  der  Derceto  gewählt 
habe.  Wie  konnte  er  aber  zanachst  Βαμβυκη  für  Ninos  halten? 
Unmöglich  kann  man  doch  aus  Pbilostr.  vita  ÄpolL  und  Amm. 
Marc*,  die  allerdings  Bambyke  als  ή  άρχαια  Νινος  (vetus  Ninus) 
bezeichnen  (Nöldeke  Herrn.  V  464),  mit  irgend  welcher  Wahr- 
scheinlichkeit Bchliessen,  dass  irgend  ein  ernsthafter  Mensch  scboD 
zur  Zeit  des  Agatharchides  diese  Kamensgleichung  kannte  und  ia 
der  heiligen  Stadt  die  alte  assyrische  Hauptstadt  sab.  Ninos  lag 
nach  Üiod.  c.  27  unmittelbar  am  Euphrat ;  Hierapolis  dagegen 
würde,  selbst  wenn  es  mit  Karkemish  identisch  sein  sollt©  (Maa- 
pero,  Morgenl.  Völker  S.  186),  einige  Kilometer  vom  Flusse  ab- 
gelegen haben.  Nach  den  Kiepert'schen  Karten  (vgl.  Meyer.  Gesch* 
d.  Alterth,  I  S,  222)  müsste  es  vollends  weiter  ab  vom  Euphrat, 
südlich  von  Karkemish  gesucht  werden.  Wir  seheDi  es  ist  im 
höchsten  Grade  unwahrecbeinlich,  dass  jemand,  der  assyrische  Ge- 
achicbte  schrieb,  das  berühmte  Ninos  nnd  Bambyke  identificirte.  — 
Ware  es  aber  gescbelien,  *eo  musste  eich  von  seibat  ergehesr 
dasa  die  Jugendgescbichtt  der  Semiramis  und  jener  See  anders 
lokalieirt  wurden*  (Marquart  S.  525).  Warum  das?  Konnte 
Derceto  nicht  nahe  bei  jenem  Ninos  in  den  See  gestürzt  sein? 
Die  Mythographeu  bezeichneten  natürlich  die  Lage  des  Sees  nach 
der  henachbarten  Stüdt,  mochte  sie  auch  erst  später,  nach  jenem 
•agenhaften  Vorkommniss  gegründet  sein.  —  Wir  vermögen  also 
keinen  Grund  zu  entdecken,  aus  dem  Agatharchides  für  das  Bam- 
byke dee  Kteaiaa  aus  Xanthos  Äskalon    eingesetat    haben  sollte. 


I 

I 

I 


Μ 


Zft  den  A^t»^iiika  ά^9  Ktetiafi. 


ttf 


Der  Beriolit  Diodore  von  der  Jugendgeecbiclite  der  Semira- 
^*iis   wird  durcb  mehrere  Parallelen  gestützt,   die  lediglich  geeig- 
*iet   sind,  die  Zurückführung  auf  Ktesios  zu  beRtätigen»     Den  Na- 
Xrien  Derceto  bezeugt  ausdrücklich  als  dem  Ktesias  eigenthiimlich 
Strabo   p.  785  nnd  gibt  um  daiuit  einen  Anhalt,    um  die  ktesia- 
Miieclie  Ueberliefemng  zu  erkennen;  Athenag.  {legat.  pro  Chrisit, 26) 
l^ezeugt  mit   Berufung  auf  Ktesias  den  Namen  der  Göttin  und  die 
Verehrung  der  Tauben  (Diod.  4  §  6;    auch  ÄmpeL  Hb.  mem,  XI 
meldet:  Semiramie  Dercetis  nyniphae  filia  a  columbis  edacta).  Vor 
feilem  Btimmt  völlig  mit  Diodor  der  Aoon,,  der  ihre  Eltern,  ihren 
Pflegevater,  ihren  ersten  Gemahl  und  die  Sohne  ans  der  ersten  Ehe 
in  Uebereinstiramnng  mit  jenem  verzeichnet.    Auch  P«.  Lucian  irepl 
Χής  Συρίης  θ€θύ  14   benutzt  oifenbar  ktesianische  Nachrichten;  er 
"berichtet  von  der  Gestalt  der  Derceto    ήμισίη    μέν  TtJVr|,    το  bi 
οκόσον  έκ  μηρών  ές  δκρους    πό5ας    ιχθύος  oupq    άτΓοτ6ίν€ται 
(vgl.   Diod,  4,  2  το  μεν  πρόίΤωτΓον  ίχ€ΐ  γυναικός)»  und  von  der 
'Verehrung    der  Tauben  übereinstimmend   mit  Diod.  20,   2    (siehe 
dagegen  4,  6) ;  als  Grund  für  die  Verehrung  der  Fische  gibt  er 
Cvgl.  Diod.  4^  3)  die  Fischgestalt  der  Derceto  an*    —   Ee  bleibea 
die   auf  Eratosthenes   zurückführenden   Nachrichten.      Hier   wird 
zunächst  Derceto  als  Tochter  der  Aphrodite  bezeichnet,  wie  Ro- 
bert in  den  Kataster*  zweifellos  richtig  aus  den  SchoL•  Arat,  (vgl. 
Schol.  Germ.)  hergestellt  hat;    eine  Angabe«    die    allerdinge  mit 
den  übrigen  Nachrichten,  besondere  mit  Diodor  nicht  im  Wider- 
spruch steht,  aber  doch  auch  nicht  anderwärts  bezeugt  ist.    Wei- 
terhin wird,  wahrend  bei  Diod.  Derceto,  wie  gesagt,  Fischgeetalt 
annimmt,    hei  Eratosthenes    die  Göttin  von  einem  Fisch  gerettet 
(vgl.   Hygin  ed.  Bunte  p.  78  und  Schol.  Germ,  bei  Robert  p.  170), 
Schliesslich  kommt   noch    die  Verschiedenheit    der  Berichte   Dio- 
dore und  des  Eratosthenes  betreffe  der  Oertlichkeit  hinzu;    man 
sieht,    Marqnart    hat    nur  eine  Abweichung    des  eratosthenischen 
Berichtes  herausgegrifTen,  wir  werden  die  anderen  mit  ins  Auge 
fassen.     Dass  bei  beiden  Autoren  Ktesias  benutzt  ist,    ist    klar ; 
es  fragt  sich  also  lediglich,  welcher  von  beiden  hat  den   Bericht 
desselben  rein  bewahrt.     Ich  zweifle  nicht,  dass   in  diesem   Falle 
Diodor  den  Vorzug  verdient,    dass  er  einfach  die  Erzählung  deg 
Kteeiae  wiedergibt.     Eratosthenes  dagegen  verband  einen   beson• 
deren  Zweck  mit  der  Wiedergabe  der  GeBohichte;  er  verwandte 
sie  £ur  Erklärung  des  Sternbildes,     Hier  haben  wir  ee  eicherlich 
mit  einer  Beziehung:  zu  thnn,     die    dem  Ktesias    fremd   und  erst 
von  Eratoethenes    oder    seiner  Unelle    eingeführt  war.     Oifenbar 


22ί< 


Krumbhol« 


ist  dieeem  Zwecke  zu  Liebe  die  Erzählung  des  Kteei&t  dahiii 
ntugeändert,  dase  Derceto  Tun  einem  Fleche  gerettet  wird;  ob  bei 
dieser  Gelegenheit  Derceto  auch  2 ur  Tochter  der  Aphrodite  wurde 
oder  ob  diese  Kachricbt  dt^m  Ktesias  entstammt  und  bei  Diodor 
nur  weggelaseen  ist,  mna»  dahin  geetellt  bleiben.  Hiernach  ecbeint 
es  mir  ancb  nicht  zweifelhaft,  daes  die  Orteangabe  bei  Diodor 
die  areprüngliche  iet.  Sie  findet  noch  eine  Ergänzung  durch  dae 
Et,  M*  p.  493,  40  ΚαΟστρος  *  ποταμός  Λυοιας  "  άπό  ΚαΟστρου' 
Καΰατρος  bi  έστιν  υίός  Π€νθεσιλ€ίας  της  Άμαίόνος,  δς  έν 
Άσκάλωνι  ίιημε  την  Δ€ρκ€τώ,  καΐ  Ιί  αυτής  ίσχ£  τήν  Σ€μίρα- 
μιν,  ήτις  και  τα  Βαβυλώνια  τ€ίχη  κατ€σκ£ύασε.  Hier  iat  aUo 
Semiramie  als  Heroine  zur  Enkelin  der  Aniazonenkönigio  und  dea 
Achilleus  gemacht;  die  Benennung  des  Kayetroa  iat  wohl  dem 
Eteeias  fremd,  aber  wie  der  Name  Derceto^  so  wird  auch  Aaka* 
Ion  dem  Knidier  gehören*  In  Askalon  kennt  achon  Herod.  I  105 
das  Heiligthum  της  ούρανίης  Άφpobίτης;  weit  bedeutender  war 
allerdings  Hierapolie  ^  ßambyke  als  Kultetatte  der  Derceto.  Hier 
kennt  AeU  n.  a.  \l\  2  die  1χθύ€ς  \tpoi,  und  ihre  Beziehung  aur 
Derceto  verratben  die  Worte  τής  $€0Ö  τήν  6μόνοιαν  καταττν€- 
ούσης  (αύτοΐς).  Vgl  Plin.  V  19:  Bambycen,  quae  alio  nomine 
Hierapolia  vocatur,  Syrie  vero  Mabog  —  ibi  prodigioea  Atarga- 
tifl,  Graecie  autem  Derceto  dicta,  colitur  (8trabo  p.  765)  und 
XXXII  8:  Hieropoli  Syriae  in  lacu  Venerie  (pieces)  aedittionim 
Tocibue  parent.  Stellt  man  die  Frage,  ob  ea  näher  lag  fUr  Barn- 
byce  Askalon  in  dem  kte^ianiachen  Bericht  zu  ändern,  oder  fQr 
Askalon  Bambyce  einzusetzen,  so  wird  man  sich  für  das  letztere 
entacbeiden  müssen;  nach  Bambyce  schienen  See  und  heilige  Fiache 
£U  weisen  und  der  Yolksglaube  scheint  ja  dort  immer  gehaftet  zu 
haben  (Kiepert,  alte  Geogr.  S.  163,  4);  dortbin  hat  auch  Erato* 
atbenea  die  Gescbicbte  der  Derceto  verlegt  ^. 


1  Beiläu&g  mag  erwähnt  werden»  was  Tzetz,  chiL  IX  502 ff.  mit 
der  Jugendgescbicbte  der  Seminmii  gemacht  hat.  Einen  selbständtgan 
Wertb  bat  seine  ErzäbluDpr  Dicht,  da  er  den  Diodor  benutst.  Aus  die- 
sem ic.  5,  1)  stammt  die  Verderbniaa  Μ^νοινις  (ν.  525.  550.  565)  aus 
μέν  Όννης  (codd.  μ€ννόννης  und  μενόνης  nach  Vogel).  Man  kann  hier 
sehen,  was  Tzetz.  surecfit  braut,  sobald  er  von  seiner  Quelle  abgebt 
V.  506  f.  heisBt  es  liei  ihm 

'      αυτή  6^  αυτήν  ^μβί^λ« 
ίίς  λΐμνην  τήν  τοΟ  Μύρώος,  οίίΐτερ  καΐ  ΛίΓεττνίτη» 

Vielleicht  köuntf  man  uinun  Augenblick  daran  denken,  zur  Er• 
klirung  von  Μύρι6ος  uach  Pliu.  XKXII  8  Myra  in  Lyoiem   mit  stinaa 


Zu  deo  Aiiyridkft  des  KtoeU». 


229 


IV. 

Keine  Stelle  in  der  asiyrieclien  Geecbicbte  dei  Diodor  iit 
"Vielleicht  Öfter  beeproohen  worden,  aU  die  wiederholte  Angabe» 
•ΐ^ίηοΒ  habe  am  Euphrat  gelegen  (o.  3.  7,  27).  Man  bat 
l^mtürliob  gefragt,  stammt  dieser  Irrtbnm  von  Diodor  eelbet  oder 
Aue  seiner  Quelle?  nnd  wer  kann  der  Autor  gewesen  eein,  der 
^ieee  Angabe  vereßbuldete?  Jacoby  uabra  an,  Klitareb  fsei  ver- 
a.atwortlicb  zu  machen;  docb  darf  dieae  Annahme  wohl  als  abge- 
^lian  gelten  (Rhein.  Muf.  41  8.341).  Marquart  (S.  524)  kommt 
ma nächfit  zu  einem  negativen  Reenltat,  wenn  er  sagt,  die  Angabe 
liei  Diodor  mQßee^  da  der  Ktenianer  Xlkolaos  von  Damaekos,  der 
ΉΐϋΓ  noch  die  jonieohe  Form  "Oweiw  bewahrt  habe»  Ninoe  am 
Tigrie  kenne,  als  nichtkteeianifich  angesehen  werden. 

Richtig  iet,    data    bei  Nicol.  Ninoa    am  Tigria  liegt;    fr.  3 

O^et,  gr.  min.  1  p*  4,  5)  heiest  es:    k€X€U€1  τόν  Άρβάκην  Uvai 

^αρά  τόν  Τίγριν  ποταμόν  ^ίοντα  ιτΧησίον  τής  Νίνου  και  ττροσ- 

κλύ2!οντα  τό  τείχος,     Εβ  fragt  eich  nur,  ob  die  Behauptung  Mar- 

<|iiarte,    Nikolaoe    sei  Kteaianer,    über    alle  Zweifel    erhaben  ist. 

Solche  Bind  einst  geltend  gemacht  von  Jacoby  (zur  Beurtheilung 

der  Fragmente    des  Nikol.    von  Damaekoa:    Commentatt.    philo!. 

eemin.  phil.   Lipa.  1S74  S.  191 — 211);    da    meines  Wiaaena    die 

Frage  epäter  nicht  wieder  erörtert  worden  iat,    sei    hier    einige• 

dazn  bemerkt     Es  bandelt  sich  ftir  uns  um  die  Fragmente  1 — 4 

und  6,    die  wohl  meiBtene  dem  Ktesias  zugescbneben,    aber  von 

den  Herauegebera  den  Fragmenten  des  Kteeiae    nicht    eingereiht 

worden  sind.    Noch  der  neueste  HerauBgeber  Gilmore  Fagt(S.62): 

tbe    following    paaaage    of  Nikolaus    is  almoat  certainly    denved 

firoro  this  portion  of  Kteeiae'  work;    bnt  I  have  not  ventored  to 

ineert  it  among  bis  fragments  in  tbe  absence  of  direct  evidence. 


heiligen  Piscben   heranzuziehen;    aber  es  icbemt  docb  sweifelloi,   dass 
Tzetz.,    der  auch  ΙΠ  481  den  Nil  mit  dem  Etiphrat    renp.  Tigris    ver^ 
wechselt,  auch  hier  mit  seinen  G*3danken  nach  Aegypten  hiniiberechweift 
and  den  sog.  Moiris-So©  meint.  —  532  flF,  lauten  weiter: 
τφ  paoiAcT  τά  Βάκτρα  bi  Νίνψ  πολιορκοΟντι, 
μηΜν  6'  dvOciv  σθΐνοντι,  παρών  ό  ΤΤροκανδαύΙης, 
6  ιιρόταγος  τών  ταγών  τε  ιτάντιυν  τών  έν  οοτίροις. 
Der  Zusammenhang  erj^ibt,    daei   der  Vorgänger    des  Kandaules 
Onnes  ist,  der  auch  dem  König  seine  Gattiu  Eeigt  und  dabei  das  Lebt^ii 
dubü^st     Verdorben  ist  £v  ΐκιτ^ροις^    man  muss   έν  £υρ(ο(ς   sobreiben 
(vgl.  Diod.  Γι,  l:  τής  Συρίας  άιτάσης  άπο5€&Εΐτμ^νος  Οπαρχος). 


^m 


ibholi 


Mati  IiEtte  unbedenklich  diese  Fragmente  zur  Ergäozung  dee  kte- 
eianiecben  Werkes  heranziehen  sollen.  Sogar  die  ÄDnahme,  dasi 
NikolaoB  nicht  den  Knidter  eelbet,  sondern  einen  Auszug  aus  dem* 
selben  benutzt  haben  sollte,  ist  bei  der  grossen  Ausfuhrliobkeit 
und  bebagUchen  Breite  der  Darstellung  von  TornhereiD  hier  ao 
unwahrecheitiHoh,  dass  man  nur  bei  ganz  bestimmtem  Anhalt  zu 
einer  aolohen  Yermuthang  gelangen  würde;  es  müeaten  sich  ge* 
radesu  Abweichungen  von  Ktesias  finden,  die  man  dem  NikoUoa 
nicht  zuschreiben  konnte.  Wenn  wir  auch  jetzt  noch  an  der 
Voraussetzung  festhalten  dürfen,  dase  wir  in  Diodore  zweitem 
Buch  die  Grund züge  von  den  Aesyriaka  des  Etesias  haben,  — 
ob  darch  direkte  oder  indirekte  Benutzung  ist  zunächst  ohoe  Be- 
lang —  so  muss  jedermann  sofort  bemerken,  in  welch'  ungezwun- 
gener Weise  sich  die  in  Frage  stehenden  Fragmente  des  Nikolaus 
dem  Werke  des  Ktesias  einfügen  (vgl.  S.  225  über  Zarina).  —  £e 
wird  eich  empfehlen,  auf  eine  Anzahl  der  auffAlIendsten  üeber- 
einstimmuugen  zwischen  Nikolaos  und  Diodor  hinzuweisen.  Fr*  1 
berichtet  von  dem  Attentat  der  Sohne  des  Onnes  auf  ihre  Mutter 
und  wäre  zwischen  Diod.  g.  VJ  und  c.  20  einzufügen.  £e  setzt 
voraus  den  indischen  Krieg  der  Semiramis  (Diod.  c.  1β  — 19), 
ftuaser  Ninjae  die  Söhne  des  Onnes  (o.  5, 1)*  Der  erhöhte  Fiats 
der  Semiramis  über  dem  Lager  erinnert  an  c*  14,  2  (χοίματα  . « 
έφ'  liv  . . .  απαΟαν  κατώτττευε  την  παρ€μβολήν),  die  Erwähnung 
ihres  anstössigen  Lebenswandels  an  c.  13,  4.  (Kephalion  b.  Müller, 
Ktesias  8.  40»  der  nach  Marquart  8.  548  eine  '  kteaiaetieche  ^  [!j 
und  eine  sehr  gute  ktesianieche  Quelle  beuutzt  haben  muiii,  weiss 
ergänzend  von  der  Hinrichtung  der  Söhne  zu  berichten).  —  Fr•  2 
stellt  tich  neben  c.  23  f.  und  bespricht  die  Lebensweise  des  Sar* 
danapaL  Nikolaos  stimmt  hier  vortrefflich  mit  Diodor  und  Kte* 
fliaa  bei  Athen.  X.II  528;  dazu  gehören  dann  neben  verstreuten 
Naohrichten  die  entsprechenden  Schilderungen  bei  Justin  I  3 
(deasen  Angaben  auch  in  der  Reihenfolge  gut  zu  Diodor  stimmen ), 
bei  Dio  Chrysost.  und  Plutarch.  Ich  stelle  die  übereinstimmenden 
Kacbrichten  kurz  zusammen,  um  die  Gleichheit  zu  verdeutlichen. 

Dwxfor:  1.  τρυφή  —  2*  μη6*  ύφ*  ίνός  *.  άραοθαι  — 
8,  ρίον  flr\ut  γυναικός  —  4.  μ€τά  τών  ττσλλακίοων  —  δ.  πορ- 
φύρον  . .  ταλασιοοργών  — *  t>.  στολή  ν  τ^ναικείαν  —  7.  φιμυ* 
θίοις  .  .  κατ€σκ€ύαστο  —  8.  άτταλιί)Τ€ρον  ιτάσης  γυναικός  — 
^,  τήν  φίϋγήν  fxeiv  τ^^ναικώ^η  —  10.  (et  21,  2:  έν  τοις  Pam- 
λίίοις  .  .  biitpipcv).  — 


Zu  den  Aisyriaka  dct  Κΐφΐΐ&ι. 


2ai 


Justin:  2.  ad  bnnc  videndum  (quod  nemini  ante  etim  per* 
miesEm)  —  3.  mauere  corruptior  —  4.  inter  ecortoram  greges  — 
5.  purpuram  colo  nentem  —  6.  mnliebri  babltu  —  8.  moUitia 
corporie  —  11.  oculorum  laacivia.  — 
^k  Nikul  Dam  (fr.  2,  3) :  2.  άόυνάταιν  αυτόν  έραν  (S.  5  Ζ.  11)  — 
3.  γυναικ€ίψ  ήθει  χρώμ€νος  (2,  28)  —  4.  προς  xc  τάς  παλλα- 
κίδας άμιλλώμενος  (2,  26)  —  7.  έτχριόμ€νος  το  πρόσωπον  (2, 
25)  —  12,  τους  οφθαλμούς  ύποτραφόμΕνος  (2,  25)  —  10.  ivbov 
dv  τοις  βασιλείοις  διατριβών.  — 

Afhenaeus:  1,  τρυφών  —  2.  ύπ'  ούδενός  έωρδτο  —  4.  μετά 
τών  παλλακίδων  —  5.  Εαϊνοντα  πορφύραν  —  6.  τυναικ€ίαν 
στολή  ν  Ιχοντα  —  7.  έψιμυθιωμένον  —  10,  ίνδον  μένων  — 
11.  τα  λευκά  έπαναβαλών  τοΐν  όφθαλμοΐν  —  12.  ύπεγέγραπτο 
τους  οφθαλμούς  —  13.  άναβάδην  καθήμενον  —  14  γάλακτος 
λευκότερος. 

BioChrys.:  L  τής  Σαρδαναπάλλοιι  τρυφής(θΓ.64,  329 Κ0•  — 
3•  έίήλωααν  τον  εκείνων  (γυναικών)  βίον,  ώςτπερ  ΣαρΟανάπαλ- 
λος  (3, 125)  —  4.  ουκ  ήν  οιαγνώναι  τών  παλλακών  (62,  323)  — 
9.  οΕύτερον  φθεγγόμενος  ευνούχων  (62,  323)  —  13.  καθήστο 
αναβάδην  (62,  323)  —  11•  τους  οφθαλμούς  άναστρέρυον  (62, 
323)  —  14.  λευκός  (62,  323). 

Fiiitareh.  de  Alex,  fort.:  4.  έν  ταϊς  παλλακαΐς  (336  C.)  — 
5.  Οαινεν  οίκοι  πορφύραν  (336  C,  vgl  326  F.)  —  13»  άναβάοην 
καθήμενος  (336  C.)* 

AristoL  poL  Υ  8  (ρ.  1312*1.):  5.  Ιαίνοντα  —  4.  μετά  τών 
Τυναικών, 

Ktee.  b.  Poiiwx  Π  4:  11.  άναβάλλειν  τα  λευκά  των  οφ- 
θαλμών. 

dem.  Älej;,  paedag.  ρ,  108  Sylb,;  Σαρδανίπαλλον  ...  — 
13*  άναβάοην  έίΐόμενον  είσάγουσι  —  5,  πορφύραν  Εαίνοντα  και  — 

ί11.  τα  λευκά  τών  οφθαλμών  έπαναβάλλοντα. 
Έβ  schien  lohnend;  hier  eogleich  über  eine  VergleiohuDg  dee 
Diodor  und  Nikolaoe  hinauiiugeheD^  weil  die  Stellen  dae  sichere 
Mittel  geben,  eine  Partie  dee  kteßianiechen  Werkes  wieder  her- 
zaHiellen.  £e  ist  klar,  daas  allen  9  Autoren  eine  Daretellang 
des  Sardanapal  zu  Grunde  liegt  uad  daee  sie  (mit  Aueuabme  des 
Clem*  Alex.)  nicht  direkt  von  einander  abhängig  sind.  Es  exi- 
Btirte  offenbar  in  der  antiken  Litteratnr  nur  eine  vielgeleeene 
Schilderung  dieees  AflayrerkÖnige,  und  das»  die  auf  Kteaiae  zu- 
rückging, kauB  gar  iiidit  zweifelhaft  sein.    £iunnerQ  wir  uns  uun 


232  Krumb  Ho  1 1 

aucb  bei  dieeer  Gelegenheit  eines  Satze»,  den  Gutechmid  sweifel* 
loB  Tit4tig  betont  (Kl.  Scbr.  I  8.  10):  ^daee  die  Annabme^  der 
Wortlaut  einer  ersten  Quelle  habe  eich  durch  eine  oder  mehrere 
abgeleitete  Quellen  hindnrcb  erhalten,  immer  etwas  β  ehr  Bedenk* 
liebes  bat,  und  dass  da,  wo  eokbe  Fälle  vorliegen,  eine  geaunde 
Kritik  von  der  Annahme  auezugehen  haben  wird,  daes  das  Ver- 
wandtecbaftsverbältnise  der  Quellen  ein  engee  ist  .  Man  wird 
demnach  gerade  die  oben  angeführten  Stellen  mit  dazu  benatzeii 
mösBen,  um  die  betreffenden  Autoren  in  moglicbet  enger  Bezie- 
hung zu  Ktesias  zu  denken.  —  Zum  zweiten  Fragment  des  Ni- 
kolaos  ißt  noch  zu  bemerken,  dass  es  (wie  Diod.  21,  3.  24,  l) 
die  Zueamraenziehixng  der  Trappen  bei  Ninos  und  den  Meder  Ar* 
bakes  kennt  und  von  dessen  Unwillen  über  Sardanapal  weiss*  — 
Aufi  Fragra.  3  (vgl.  Diod.  c.  21)  bebe  ich  hervor  den  Verkehr 
zwischen  Arbakes  und  dem  Xbaldaeer  Belesys,  die  Yerechwö* 
rung  (Ά.  υπό  Βελέ^υος  παρ€κλήθη  Diod.  §  1  vgl.  Nikol.  p.  3 
Z.24ff.),  die  Erwähnung  der  aetrologiscben  Kenntnisse  des  Bele* 
eye  (Diod.  §  2  vgl  Nikol.  p,  3  Z.  21  ff.),  seine  Prophezeiung  (Diod. 
δτι  ττάντιος  αυτόν  bei  βασιλίΰσαι  πάσης  της  χώρας  ής  δρχ« 
Zapb.  :=  Nikol.  ρ,  4  Ζ.Ι.  26  Γ);  da»  Veraprechen  des  Arbakes, 
dem  Beleeys  die  Satrapie  Babylonien  zu  geben,  und  iwar  άτ€λή 
(Diod.  24,  3  vgl.  28,  4:  NikoL  p,  5,  3).  Bei  Diod,  (24.  4)  nnd 
bei  NikoL  (p.  5,  8  ff.)  führt  dann  ein  Eunuch  den  Arbakes  zum 
Sardanapal  und  wird  reich  beechenkt.  In  aneerm  Fragmente  ver* 
räth  nach  das  Gresprach  zwischen  Arbakes  und  Belesys  deutlich 
den  Ktesias ',  deutlich  ist  die  Beobachtung  des  Demetr.  de  eloo. 
§  222 f.  beetätigt,  dass  ή  λΕχομένη  άπό  Σκυθών  ^ήΐΤις  von  Kte• 
eias  vermieden  werde,  —  Kikol.  fr.  4  ergänzt  in  erwünschter 
Weise  Diod,  33,  1 — 2;  es  erinnern  an  Diodor  der  Mederkönig 
Artaeos,  Parsondes  (avbpeia!  vgl  Nikol.  p.  δ  Ζ.  26ff.),  die  Er* 
wähnung  einer  κρίσίς  (Nikol.  p.  U  Z,  18 ff.).  —  Nikol.  fr.  6  ge- 
hört zur  Geschichte  der  Zarina  (vgl.  oben  S.  225),  —  Auf  die 
joniechen  Genetive  *Ow€tu  (fr.  l),  Άρβάκ€ΐυ  (fr.  4)  und  Μαρμά* 
peuj  (fn  6)  hat  man  »ehon  geachtet  and  in  ihnen  Spuren  der 
ktesianiecheu  Sprache  erkannt  (Gutechmid,  KL  Sehr•  1  S.  17). 

Mancherlei  ist  nun  seiner  Zeit  von  Jacoby  geltend  ge- 
macht worden,  was  in  den  Fragmenten  gegen  Ktesias  beweisen 
soll.  Zunächst,  dass  in  fr.  l  die  Sohne  des  Onnes  derHemiramis 
Tiaohitellen,  bei  Diod.  20,  1  ihr  Sohn  Ninyas;  das  lasse  eich  nicht 
vereinigen-  Auch  ifnrquart  S,  543 f  hnt  natürlich  hierauf  ge- 
achteti  nur  einen  anderen  Hchlut^s  gezogen;  für  ihn  steht  es  feft| 


Ζα  den  AnBymka  dee  KteeijLi. 


SM 


'^^B  bei  Nikol.  und  Diod.  dieselbe  Geecbichte  erzählt  wird,  dasa 
^^  Bericht  dee  KteeiftB  bei  ereterem  vorlie^^t,  Ägatharchidee  aber, 
^*l  die  Sache  'pikanter     za  machen,    den  Thronfolger    eineetzte. 
^ine  solche  Annahme  ist  Tollig  willkürlich ;    hei    der  Kürze   dee 
*^  Citzuge  Diodore  wiesen  wir  von  manchem  ÄbHcbiiitt  des  Ktesia• 
^^>    gut  wie  nichtej    ich  brauche    nur  an  die  wiederboH  erwähnte 
^ieechichte  der  Zarina    zu  erinnern.     So   hat    er    eben   auch    das 
-^  ttentat  der  Söhne  erster  Ehe  übergangen,  waB  um  eo  eher  an- 
^xng^    als  ee  für  den  Fortgang   der  Erzählung  nicht  von  Bedeu- 
"t  xing  war     Schon  oben  ist  auf  Kephalion   hingewieeen»    der    die 
^Sinricbttjng  der  Sohne  erwähnt;  eine  einfache  und  natürliche  Er- 
klärung   musB    hierin    eine  Bestätigung    daftir  ßnden,    daaa    zwei 
^Attentate  berichtet  wurden,  während  Marquart  S.  547  hier  einen 
^V^ermittlungeversuch   finden  will.     Da    auch  Justin  I  2,  10   (und 
XMAcb  ihm  August,  d.  cW.  dei  XVIII  2)    von  Kachstellungen  des 
^Ninyae  erzählt  (denen  hier  Semiramis  zQm  Opfer  fällt),  so  mnes 
skDcli    Trogtts    nach  Marquart    S.  546    von  Agatbarchides    inlioirt 
^ein.     Auch  bei  Moses  Choren,  (hcrausg.  v.  Lauer  8.34 f.)  todtet 
Semiraroia  ihre  Stöhne,    die  ihr  Lehen  tadeln  und  wird  dann  von 
^iojae  auf  der  Flucht  nach  Armenien  getödtet.  —  Ganz  vorzüg- 
licli    paFst    die  Geschichte  von  den  zwei  Attentaten  in  den  Rab- 
itien  der  ganzen  Erzählung,    wenn    wir    die  Motive    in    Betracht 
2ieLeD.     Die  Söhne  des  Onnee  ftirchten  für  ihr  Leben:  sie  müe« 
een  gewärtig  sein,    dass  sie  Ninyae  als  ältere  Söhne  der  Semira- 
inie  und    gefährliche  Thronpräteudenten    heeeitigen    wird   (NikoL 
p.  1,  10);  deshalb  beschlieseen  sie  seinen  Tod.     Dann  mues  aber 
3Q  ihrer  Sicherheit  Semiramia    mit  fallen,    und    ihr  Beratber  er• 
leichtert  ihnen  diesen   Entechluse  durch  Hinweis    auf  die  Lebens- 
führung ihrer  Mutter  (p,  1,   14).     Der  Verench  miselingt,    Semi- 
ramii  bleibt  Königin.     42  Jahre    bat   iie  geherrscht,    Ninyae  itt 
ein  Hann  geworden;  er  sieht  in  der  Mutter  die  Ueurpatorin  und 
trachtet  ibr  nach  dem  Leben*     Da  tibergibt  sie  ihm  freiwillig  die 
Krone  nach  einem  Orakelspruch  des  Ammon.     (Nach  Trogus  bei 
Justin  I  2  hat  Semirarai«  beim  Regierungsantritt  sogar  vor  dem 
Volke  sich  für  den  Ninyas  ausgegeben^  da  sie  ihre  Herrschaft  ala 
unrechtmässig  ansieht;   auch  dies  kann  au«  Ktesiae  sein).     Diese 
Auseinandersetzung  zeigt,    dass    es  ganz    unmöglich  ist  anzuneh- 
men,  Agatharohides  habe  Ninyas  einfach  für  die  Söhne  des  Onnee 
eingeeettt.     Beim  ersten  Attentate  (NikoL)    ist  ja  das  erste  Ziel 
Ninyae  selbst,    nur    in    zweiter  Linie  wird    auch  Semiramis  mit 
hereingezogen.   —   Andere   Bedenken  erhebt  Jucoby  hetrefife  Frag- 


LPiimi 


meni  3  des  Nikolaoe,  WeoD  er  freilich  den  dramatuoben  Clit* 
rtikter  dtse  Fragmente  auf  Kosten  dee  *  Dicbters '  Nikolaos  eetzt, 
eo  Tergtest  er  dabei,  das»  mit  gleichem  Rechte  dieser  Umstand 
für  Kteeias  geltend  gemacht  werden  kann^  von  dem  Plnt  Artax.  6 
eagt:  ό  λόχος  αοτου  ττρος  το  μυθαι6€ς  και  5ραματικόν  έκτρ€• 
πόμ€νος  und  JJemetr.  de  eloüut.  (Müller,  Ktee.  fr.  27):  ττοίητήν 
γαρ. αυτόν  καλοίη  τις  €ΐκότα*ς.  Auf  den  auch  von  Jaooby  be* 
obachteten  Widereprucb  zwischen  Nikol,  und  Diod.  betrefls  der 
Lage  von  Ninos  komme  ich  gleich  zurück.  ^  Von  geringem  Be* 
lang  iet  €9  natürlich,  dass  der  Brief  des  Stryangaeos  bei  Demeir, 
(Müller,  Klee.  fr.  27)  und  Nikolaoä  (p.  18  Z.  21  ff,)  nicht  wörtlieh 
übereiuetimmt.  lier  sog*  Demetriue  gibt  natürlich,  um  etiliatiacbe 
Erörterungen  anzuknüpfen,  den  Wortlaut;  dazu  hatte  Nikolao« 
keine  Veranlassung.  Trotzdem  ist  die  Uebereinstimmung  immer 
noub  so  gross,  dass  über  die  Gemeinsamkeit  der  Quelle  nicht  der 
geringste  Zweifel  obwalten  kann.  —  Wenn  man  nun  weiterbin 
iu  Erwägung  zieht,  dass  mit  Heoht  fast  allgemein  auch  für  an- 
dere Partien  des  Nikülaos  Ktesias  als  Gewähremann  gilt  (vgl. 
s.  fi.  Bauer«  Eyrossage  S.  26  A.  3  und  Nöldeke,  Fers.  Aufs.  S.  14), 
so  wird  man  sagen  dürfen,  dass  auch  bei  uusern  fünf  Fragmenten 
alles  für,  nichts  gegen  ihre  direkte  Herleitung  aus  Ktesias  eprioht* 
Dann  müssen  aber  weiter  gerade  diese  Fragmente  mit  als  die 
lehrreichsten  Eeste  des  ktesianischen  Werkes  angesehen  werden, 
da  siCi  wenn  auch  nicht  wörtlich  wie  Demetrius,  so  doch  ans- 
fübrlicber  als  andere  Autoren  die  £rzählung  des  Enidiers  wieder- 
geben. Sie  bieten  tbatsachlicb  die  Möglichkeit,  seine  Geechicbti- 
Schreibung  auch  in  der  Einzelausfübrnng  kennen  zu  lernen  und 
die  Crtheile  anderer  über  ihn  zu  controlliren. 

Nach  diesen  Erörterungen  wenden  wir  uns  wieder  zu  fr,  S 
und  «einer  Angebe,  Ninos  liege  am  Tigris.  Die  Frage  ist  alao: 
gibt  Nikolaus  hier  den  Ktesias  richtig  wieder,  oder  lag,  wie  Dio- 
der  empfiehlt,  bei  Ktesias  ^iIl09  amEnphrat?  Selbst  diejenigen, 
die  dea  Ktesias  Unwissenheit  und  Leichtfertigkeit  bereit  williget 
anerkennen  (Meyer,  Ersch  u.  G  ruber  β.  Ktesiaa  8.  155*.  Nöldeke, 
Gott  GeL  Ana,  1884  S.29Ü,  1,  vgl.  die  Ansichten  andrer  bei 
Jieeby,  Rh.  Mus.  XXX  S.  571  ff,),  haben  die  fiir  solche  Verweeh- 
•tlni^  nöthige  Ignoranz  dem  Ktesias  doch  nicht  zutrauen  wollen; 
dem  *  guten'  Diodor,**  dem  /  elendesten  aller  Scribenten'  dagegen 
glaubte  man  zu  seinen  anderen  Confuaionen  auch  diese  noch  aufs 
Kerbholz  schreiben  zu  dürfen.  Ich  kann  mich  dieaer  Ansicht 
nicht  anachüesseni  bin  vielmehr  jetzt  fest  überzeugti  daasDiodor 


I 


Ζπ  den  Aveyriaka  dee  Ktestai. 


235 


^ 


die  Angabe  dem  Eteeias  entnahm*     Hierzu  fahrt  mich  ται  allem 
der  ümetaDd,    dass    die  falsche  Angabe  sieh  bei  Biodar  an  drei 

Terschiedenen  Stellen  findet;  die  drei  Stellen  sind  aber  der  Art, 
(laes  Diodor  eeiuen  Gewähremann  vor  Augen  haben  und  eineeben 
mueete:  dieees  echlieeee  ich  ans  den  Zahlenangaben,  die  eich  an 
jeder  der  drei  Stellen  finden,  und  zwar  im  engen  Zusammenhang 
mit  der  Erwähnung  des  Flusaee;    c.  3    §  2    bei  Erwähnung    der 
Gründung  von  Kinos  παρά  τον  Εύφράτην,  c.  7  §  2    bei  Errich- 
tung   des    königlichen  Grabmals,    endlich  c,  27  §  1,    wo    erzählt 
wird,  der  Euphrat  habe  die  Stadtmauer  niedergeworfen  έττΐ  0τα- 
ί>ίους  eiKO0iv*     Bei   eoluhen    Zahlenangaben    mues   jeder  Schrift- 
steller seine  Quelle  zur  Hand    uehmen  und  kann  eich    nicht    mit 
dem  begnügen^  was  ihm  bei  der  Lektüre  im  Gedächtnise  hängen 
geblieben  ist;    besondere  da,    wo  mehrere  Zahlen  zugleich  anzu- 
geben sind  (c.  3«  7)^    wird    ein  Einsehen    der  Quellen    unbedingt 
nötbig«     Ifit  diese  Annahme,  wie  ich  glaube,  richtig,  eo  wird  man 
iagen  müseen,    dase  die  Wiederkehr  deseelben  Irrthnms  Beweie- 
kraft  erhält.     Ee  wäre  schwer  zu  erklären^    wie    dreimal  Diodor 
da,  wo  bei  Kteeias  Tigris  stand,  den  Euphrat  genannt  haben  sollte; 
ohne  weiteres  eelbstverständlich    ist    die  Wiederholung  des  Feh- 
lere, wenn    er    im  Werke  des  Kteaiae  ecbon  vorhanden  wan  — 
Dürfen  wir  ihn  nun  dem  Kteeias  zutrauen?     Darüber,    was  man 
dem  Ktesias  zutrauen  darf  und  was  nicht,   gehen  nun  allerdings 
die  Ansichten  auseinander;  die  Uebertragung  der  Behietan-Inechrift 
von  Darius  auf  Semirami»  schreibt  ihm  Xiildeke  (Herrn*  V  S.  453) 
unbedenklich   zu,  Ed.  Meyer  (a.  a.  O*)  dagegen  glaubt  dies  nicht 
thun    2U  dürfen.     Noldeke    (Gau.  GeL  Anz.  1884  S.  299)    weiat 
darauf  bin,  dass  Kteaiae  länger  in  Babylonien    gelebt  hatte  und 
beide  Ströme  kannte;  deshalb  könne  man  bei  ihm  diese  Yerwech- 
eelung  doch  wohl  nicht  voraussetzen.     Ich  erinnere  nur  an  Xen. 
anab«  III  4,  lOff. ;    Xenophon    zog    über    das    Trümmerfeld    von 
Kiniveh,  ohne  es  zu  wissen,    und  Alexander   der  Grosse    stürzte 
dort   das  Achämenidenreich    uud  niemand  konnte    ee   ihm    sagen 
(Ed.  Meyer,  Gesch,  d.  AUerth,  1  B.  577).     Diese  Thatsaehen  leh- 
ren,   wie  völlig  die   Erinnerung    an  das  alte  Ninus  geschwunden 
war;  wie  viele  Leute  mochten  zu  des  Ktesias  Zeit  die  Lage  der 
Stadt  noch  kennen!     An  Ort  und  Stelle  war  gewiss  Ktesias  nie 
gewesen,    so  war    auch    für  ihn  die  Vorstellung  von  ihrer  Lage 
Dicht  deutlicher  ale  für  einen  anderen  Autor,  der  weiter  ab  vom 
Schauplatz  der  assy  riechen  Geschichte  wohnte.   Nehmen  wir  vollende 
an,    dass  er  sein  Werk,  speciell  die  Ά(Ι(7υριακά  nach  seiner  Rück- 


KrtiiiibKol• 


kehr  aue  Fereien  ecbrieb|  als  ihm  der  unmittelbare  Verkehr  mit 
beeiaer  Doterriobtetexi  Leuten  dee  Zweietromiandee  feblte,  no  aebt 
ich  keinen  Hinderangegrondr  die  VerlegOng  der  Stadt  nacb  dem 
£iiphrat  auf  Bern  Konto  zn  eetser),  wie  ee  die  oben  aD^etellten 
Erwägungen  über  die  Diodonttellen  zu  empfebleo  acbienen.  — 
"Dann  haben  wir  une  aber  weiter  mit  der  Thataacbe  absufinden, 
dasK  Nikolaos  mit  Kteniae  eich  im  Widerepntcb  befindet,  leb 
BCblieese  daraue  mit  njcbten,  dasa  Nikolaoe  den  Kteeiae  oicbt  be- 
nutzt baben  könne  —  das  machen  die  oben  erwähnten  Tbatsacbeu 
unmöglich^  —  sondern,  dafs  der  Aeiate  Nikolaoe  selbst  die  fal• 
sobe  Angabe  des  Ktesiaa  berichtigte.  Ich  sehe  keinen  Grand, 
zu  bezweifelHi  dass  ibm  das  hierzu  nöthige  Wiesen  zu  Gebote 
stand  (vgl  Müller  FHG.  III  8.  343),  und  gewiss  hat  er  den  Kte- 
sias  nicht  so  sklavisch  abgeechrieben,  dass  er  eine  als  fehlerhaft 
erkannte  Nachricht  in  sein  Geschicbtswerk  ohne  weiteres  hinüber• 
genommen  hätte. 

Wir  haben  oben  bereite  (8*  233)  Biodore  Er^hlung  vom 
Tcde  der  Semiramis  berührt  und  kommen  hier  darauf  suriek. 
Diodor  c.  20  gibt  bekanntlich  zwei,  oder  besser  drei  Versionen: 
nach  der  ersten  verschwindet  Semiramis  nach  dem  Attentat  des 
Ninyae,  nach  der  zweiten  wurde  sie  zur  Taube,  nach  der  dritUn 
herrschte  sie  bis  ins  hohe  Alter  (und  starb  wohl  eines  natürlichen 
Todes).  M^rquart  S*  544  ff.  findet  den  *  wirklichen  ktesianischeo 
Beriebt'  in  §  2  (ebenso  Jacoby  S.  603);  g  1  gibt  uaeb  ihm  die 
Darstellur^g  des  Agntbarobides  ratioDalistiecb  zurecht  geTDaebt, 
§  3  die  Vulgärtiberlieferung,  Dass  die  Verwandlung  in  eine  Taube 
bei  Ktesias  erztLhtt  war,  darf  als  feststehend  angesehen  werden; 
man  mag  sich  dafür  noch  besonders  berufen  auf  das  Ktesiat- 
Fragment  bei  Α t benag,  legat.  pro  Christ.  26  (Müller,  Ktesias 
8.  17*•)  und  sich  der  Erwähnung  dieser  Sage  erinnern  bei  Luc. 
dea  Syra  14  und  Ov.  met.  IV  47f,  Fraglich  ist  die  Sache  be- 
treffe des  §  1  Diodors.  Die  Bedenken  Jaeobys  glaube  ich  Rhein* 
Mus.  41  S.  328f.  zerstreut  zu  haben;  vor  allem  ist  kein  Gmitd 
vorhanden»  die  Beziehung  auf  das  Orakel  des  Ammon  (c,  14) 
gegen  Ktesias  anzufihren»  das  14.  Kapitel  wird  man  (vgl.  S*  221) 
unbedenklich  dem  Ktesias  zntheilen  dürfen,  und  zwar  nicht,  wie 
Marquart  will,  tbeilweise,  sondern  in  seinem  gAnzen  Umfange. 
Auch  das  Citat  des  Ktesias  am  Beginne  des  §  3  desjc.  20  scheint 
mir  zu  empfehlen,  den  ersten  Theil  des  Kapitels  ganz  auf  tho 
furfickzufiihren.  Ebeneo  wie  sicherlich  die  μυθολογούμενα  in 
c.  4,  4  ff«  auti  Ktesias  stammen  -^  Marquart  nimmt  an,  dass  die 


Zu  den  Attjrtjikii  dm  Ktoitai.  ^fit 

Jftrlie  von  Agatharchidee  überarbeitet  sei  —  und  die  Einfübmng 
ißit  den  Worten  μυθολογοΟσιν  ot  λοτιώτατοι    τών    έγχυαρίων 
den  Knidier  verrath,    ebenso  flind  aucb  c.  20,  2  die  Worte  {νιοι 
bi.  μυθολογουντές  φασιν  ans  Kteeiae  heriibergcnommen,  der  hier, 
wie  anderwärts,  zwei  Berichte  neben  einander  stellte.    Dazu  kommt 
oooh^  dasfl,    wie  auch  Mttrqnart  annimmt,    das  c.  20,  1   erwähnte 
Attentat    auf  Semiramis    bei  Ktesiae    erwähnt  war,    —    auf   die 
Person  der  Atteotäter  (vgl.  oben  S.  233)  kommt  es  hierbei  jetzt 
nicht  an ;  —  an  diese  yersion  knüpfen   dann  Justin  und  Kepha- 
Üoa  weiter  an,    —    Von  beeouderem  Interesse    ist    nun  aber  die 
Qaellenfrage  in  Betreff  der  '  Vulgarüberlieferung  ,  die  bei  Diodor 
JBit  den  rathset haften  Worten  *  Αθηναίος  6έ  και  τίνες  τών  dXXiyv 
συγγραφ^αιν  φασίν  eingeleitet  wird.     Es  wird  da  erzählt,  Semi- 
t&mie,  ursprünglich  eine  Hetäre,  sei  uemahlin  des  Kitinigs  gewor- 
den, bähe  sich  für  5  Tage  die  Regierungsgewalt  übertragen  lassen 
Und   diese  Zeit    benatzt,    den  K5nig    zu    stürzen.      (Ich    erinnere 
ilaran,  dass  c.  18,  1   berichtet   wird,  der  ImJerkÖnig  habe  an  Se- 
mirsiroie  geschrieben  ττολΚά  καν  αρρητα  κατ'  αυτής  €ίς  έταψειαν 
βλααφημήσας,  was  man  wohl  mit  c.  13,  4  erklären  wird).    Wer 
kmt   nun  dieser    Αθηναίος?     Man  hat  mancherlei  ^ermuthet;  man 
dachte  an  den  Philosophen  Athenäns  von  Beleucia,  an  Athenocles, 
mogar  an  Deinan  (vgL  Müller  FUG.  II  S.  89),  Jacuby  S.  564  sah 
den    Kamen    als    ßest    einer    Hand  bemerk ung    an.     Richtig    hat 
3lüUer,    Ktesias  S.  3S*    aus   Plin*    n.  h.  XXX.V  78    gescbloBsen^ 
dass  die  Erzählung    schon    um   das  Jahr  352    bekannt    war;    er 
siahm  an,  schon  Ktesias  habe  den  sogen.    Αθηναίος  cilirt.     Hier 
*war  meiner  Ansicht    nach    einmal  Marquart    auf    dem    richtigen 
IVege,  wenn  er  sagt  (8,  547,  139):  "es  wäre  auch  möglich  [Άπολ- 
λόδαιρος  6'  6]  'Αθηναίος';    an  diesen  hatte  ich  auch  schon  ge- 
dacht und  glaube  die  Aohaltspunkte  gefunden  zu  habend  die  Mar* 
quart  dort  verraisst.     Ich  erinnere  «nnächst    an  die  Citate  Diod, 
1  5,  1   ακολούθως  Άττολλο^ώρψ  τφ  Άθηναίφ  und  XIII  lOS,  1 
ΆπολλόΟοίρος  ό  *  Αθηναίος  φηαιν  und  an  ApoUod.  fr.  69  (FHG.  I 
S.  440),    das  bezeugti    dass  Apollodor   auch    assyrischen   Dingen 
seine  Aufmerksamkeit  zuwandte.     Unsere  Stelle  läest  sich  meines 
Erachtens    recht  wohl    den    Fragmenten  Apollodors    eingliedern. 
Unter  seinen  Schriften  pflegt  man  Tiepl  τών  Άθήνηΐίΐν  έταφίοαιν 
anzuführen  (Christ,  gr.  Litter*  S.  456);  so  citirt  Athenaeas  einmal 
(Apollod.  fn  239;    fr,  238    gibt   den  Titel  nicht  an,   sondern  nur 
den  behandelten  Gegenstand)  neben  Harpocr.  (fr.  240)   ncpi  τών 
/Αθήνηαιν  έταφών,    In  den  fr.  241  and  242  dagegen  citiren  H&r^ 


2ί« 


Kr  u  rn  Khol« 


pocrÄtion  und  Athenaeus  έν  τψ  π€ρι  tüsv  έταιρών»  Die  Verma- 
thnng  liegt  nicbt  fern^  dass  irepi  τιίιν  Άθήνησιν  ΐταιρΛιιιν  nar 
einen  Theil,  nnä  zwar  den  naturgemäfls  κτη  meisten  gelesenen  be- 
zeichnet; jedenfalls  aber  kann  in  der  fragliclien  Snhrift  recbt  wohl 
van  SemiramiB  die  Rede  gewesen  «ein.  —  Iwt  nun  dieee  Form  der 
Semiramie-Sage  dem  Diodor  durcli  ApoUodor  bekannt  geworden? 
loh  glaubR  nicbt,  Darch  Athen.  XIV  659  (Müller.  Kte«.  fr.  16) 
wird  bezeugt,  daes  im  zweiten  Bliebe  Ktesiat»  in  Üebereinstim- 
innng  mit  Berosus  erwähnte,  άγ€0θαι  ίορτί^ν  Σακέαν  προσογο- 
ρευομενην  έν  Βοβυλώνι  έττι  ημέρας  πέντί,  ev  α[ς  ίΒος  €Ϊνσι 
δρχ€σθσι  τους  οεσπότας  ύττό  τών  οικετών,  άφητ€ίσθαί  τβ  της 
οΙκίας  ϊνσ  αυτών  dvbebu  κότα  (Ττολήν  όμοια  ν  τη  ßamKiicrj,  δν  και 
καλβ(Τθαι  ί^αιτάνην.  Wenn  nicht  alles  trügt,  kann  Kteeias  dieses 
Feet  nur  erwähnt  haben  in  Verbindung  mit  der  von  Diodor  an 
dritter  Stelle  erwähnten  Version  der  Seniiramie-Sage,  mit  der  ja 
das  Fest  ganz  offenbar  auf  das  Engßte  znsammenbängt  So  ent- 
steht der  Widereprucb,  dasa  nach  Athen,  sich  die  Erzählung  von 
der  εταίρα  Semiramia  bei  Kteeias  fand,  bei  Diodor  dagegen  für 
diese  Version  ein  anderer  Gewährsmann  citirt  wird^  Man  wird 
211  erklären  versuchen,  wie  Diodor  dazu  kam,  zwei  Berichte  dee 
Kteeiae  in  dieser  Weise  von  dem  dritten  zu  eonderna  Es  scheint 
fast,  als  habe  er  sich  geecheut,  einfach  die  verschiedenen  Berichte 
des  Ktesias  als  solche  nebeneinander  wietlerzngeben.  Den  zwei- 
ten Bericht  schied  er  vom  ersten  durch  die  ans  Ktesias  herüberge- 
nommenen einleitenden  Worte;  für  den  dritten,  dem  Ktesiaa  kein 
Gewicht  beilegte  und  dessen  er  wohl  —  wie  Diodor  —  nur 
nebenbei  Erwähnung  that»  konnte  er  sich,  wie  er  aue  eeiner  Lek- 
töre  wusste,  auf  eine  Autorität  wie  ApoUodor  berufen^  der  seiner* 
seit»  den  Kteeias  benutzt  haben  mag;  so  hat  er  die  Gelegenheit 
wahrgenommen,  wie  oben  den  Klitarch,  so  hier  den  gelehrten 
Athener  anzuführen,  ge wisse rmassen  um  auf  die  Gründlichkeit 
seiner  Studien  hinzudeuten. 

Ea  erübrigt  noch,  einige  minder  wichtige  Stellen  kurz  zu 
heeprechen,  die  Marquart  für  seine  Aufstellungen  herangezogen 
hat.  Nur  einfacher  Erwähnung  wird  es  bedürfen,  dass  der  Ge- 
gensatz, den  Marquart  S.  549  zwischen  Diod.  22,  5  nnd  32,  4 
findet,  nicht  existirt.  Wenn  es  an  der  erstgenannten  Stelle  heisat: 
τοιαΟτ*  έν  ταϊς  βααιλικαις  άναγραφαΐς   ιστορεΐσθαί    φα0ιν   ο\ 


1  Man  vgl.  zu  diewr  Veraion  Dino  fr.  1  (FHÖ.  II  S.  88)  n.  Plut, 
amaior.  p,  753  D. 


Zu  den  A&syriaka  d^t  Klesiaf. 


939 


I 


βάρβαροι,    also  eine  nicht  direkte,    sondern  dnreli  Barbaren  ver- 
mittelte Benutzung    der  persischen  Annalen    voransgesetzt    wird^ 
80  widerspricht  dem  nicht  im  mindesteii   der  Aufidruck  in  c.  32, 
wo  es  von  Ktesia»  heisst  φησιν  έκ  τών  βασιλικών  5ιφβερών .  . . 
πολυπραγμονήσαι  τα  καθ'  ?κσστον  και  0υντα£άμ€νος  την  Ι0το- 
ρίαν  €ΐς  τους  Έλληνας    έίενεχκεϊν.     Vfin  Gewähre  miinner η    des 
Ktesias  ist  freilich  hier    nicht    ausdrücklich    die  Rede,    aber  mit 
keinem  Worte  ist  der  Annahme,    dase   er   eich  solcher   bediente, 
widersprochen-  —  Vielleicht  erscheint  es  atich  üherfiüeeig,  noch- 
mals den  Einwand  zurückzuweisen  (Marqaart  8.  55D)>  dass  Diod. 
'.  23,  4  (Σαροανάπαλλος    αίσχρώς  κατβστρεψε   τον   βίον)   und 
Ktes*  b.  Athen,  XU  528   (o   μίν  ouv  Σαροανάπαλλος   έκτότιιος 
ήϊϊυπαθήσας»  ώς  ένήν  γενναίως  έτελεύτησε)  nicht  zu  vereinigen 
seien.     Das«  Kteaias    im  Allgemeinen    sehr    ungünstig    über  Sar- 
danapal  urtheilte,   ist  ja  aus  den  Fragmenten  zur  Genige  ersicht- 
lich; ob  er  über  seinen  Tod  ein  Urtheil  noch  besonders  aussprach, 
das  wiesen  wir  nicht.     Dase  aber  bei  Diodor  da»  wo  er  das  Le- 
ben des  Mannes  geschildert  hat   und  wo    er    sich    anschickt    zu 
berichteni     wie    er  durch  dieses  Lebens  »ich  und  das  Reich  ver- 
nichtetei  das  Urtheil  nur  in  ein  αίσχρως  zuüammengefasst  werden 
kann,  ist  wohl  klar.    Dass  dagegen  ein  Schriftsteller,  der  berichtet 
hatte,  wie  sich  der  König  schliesslich   selbst  den  Tod  gab,   daza 
bemerken  konnte:    ώς    ένήν  γενναίως   έτελεύτησε,    sollte    einer 
besonderen  Hervorhebung  nicht   bedürfen.     Etwas    anderes  wäre 
CS,  wenn  die  Person  des  Sardanapal    bei  Diodor    und    Athenaeus 
in  ganz  verschiedener  Beleuchtung    erschiene;    dann   würde    man 
sieb  hüten  müssen,    für    beide  denselben  Gewährsmann  anzuneh- 
men.    Unklar  ist  vollends,  warum  dies  αΙιΤχρώς  nur  zum  Berichte 
des  Duris  passen  soll  (bei  Athen,  a,  a.  0.);    ist    es    denn   nicht 
ein  schimpfliches  Ende,    wenn    eine  Person    wie    der  Sardanapal 
des  EtesiaR,    der   sein  Reich    ruinirt    hat,    durch  Selbstmord   sich 
dem  rächenden  Arme    seiner  Feinde  entziehen    muss,    da    er    als 
Vertheidiger  seines  Reiches  nicht  zu  sterben  weiss?  —  Auch  die 
Beschreibung  der  rothen  Quelle  in  Aetbiopien  (c.  14,  4)  soll  nach 
Marquart  S. 538 'sich  mit  den  bei  Strabo,  Antig.   Caryst.»  Rotion 
und  Plin.  n.  b.  (vgl.  Gilmore  S.  55)  vorliegenden  Fragmenten  auR 
Ktesias  nicht  vereinigen  lassen*     Allerdings  liest  man  hier  ττηγή, 
κρήνη,  fons,  bei  Diodor  dagegen  λίμνη;  wenn  man  aber  beachtet, 
dast  Diodor  hinzufügt,   der  Umfang   dieses  Gewässers    habe  16Q 
Fuee  betragen,    so  wird    man  zugeben  müssen,    das«  ein  Wider- 
fpmch  iwiichen  Ktesias,  der  offenbar  von  einer  *  Quelle    sprach^ 


Μ) 


Rrumbholz  Zu  den  A^eyriaka  des  Kteaiae. 


deren  Umfang  er  angabt  und  Diodor,  der  svreifeUoe  in  <iieeefii 
Falle  berechtigt  war,  bicrfiir  λίμνη  zu  eeb reiben,  Dicht  existirt* 
Die  Schilderung  dee  Diodor  und  der  anderen  Autoren  iet  der* 
roaeeen  ähnlich,  daes  ganz  enge  Beziebungco  zwischen  ihnen  beste* 
hen  müssen.  Höchst  eigenthümücb  ist  ea^  wenn  Marquart  a*a,  O., 
obwohl  weder  Stiabo  noch  IModor  etwas  über  die  Lage  der  Quelle 
sagen  oder  andeuten,  betreife  der  Lage  einen  Widerspruch  zwi* 
aohen  ihnen  conetruirt. 

Ganz  ähnlich  ist  die  Methode  Marquarts,  wenn  er  an  der 
Bezeichnung  der  Keilmscbriften  alK  Σύρια  γράμματα  (S.  535  f.) 
und  an  der  Form  des  Namens  Βαχίστανον  ορός  Anstose  nimmt; 
weder  wissen  wir,  wie  Kteeiae  sonst  die  Keilinscbriften  nannte, 
noch  ist  uns  an  anderer  Stelle  der  Name  jenes  Berges  aus  seinem 
Werke  überliefert  Auch  Nöldeke,  der  zuerst  (Herrn,  V  S.  457) 
hervorhob,  dass  Ktesias  im  Allgemeinen  Άσαύριος  und  Σύριας 
richtig  scheide,  hat  an  unserer  Stelle  ktesianiscben  Ursprung  nicht 
geleugnet,  yielmehr  (S.  153)  angenommen,  dass  Σύρια  γράμματα 
die  übliche  Bezeichnung  der  KeilRcbrift  war.  Ganz  abgesehen 
davoUf  dass  unter  Umständen  mit  einer  Flüchtigkeit  des  Diodor 
zu  rechnen  ist,  werden  wir  Marquart  nicht  Recht  geben  können, 
so  lange  nicht  bewiesen  wird,  dass  für  Keilinscbriften  der  Aae- 
druck  Άσσύρια  γράμματα  überhaupt  üblich  war. —  Nicht  anders 
aber  steht  es  mit  der  Form  Βαγί0τανον;  mögen  auch  sonst  dem 
Ktesias  Formen  wie  Μιτρα5άτης  und  Στηθρα6άτπς  geläufig  eein, 
io  haben  wir  doch  kein  Eecbt,  deshalb  eine  Form  8αγά(Ττανον 
bei  ihm  vorauszusetzen,  die  nirgends  bezeugt  ist.  Bei  solcher 
Eechnung  mit  unbekannten  Grössen  wird  die  Quellenforschung 
nnmöglich  Erspriessliches  leisten  können. 

Eisenaoh.  Paul  Krumb  holz. 


I 


d 


De  (:bri8t0iih0ri  comtnentario   ie  Dermagenis  libmm 

περί  CTacetyv. 


I 


Codex  MeBHanensifi  8.  Salv.  119  (membranaeeus  fortaese  sae* 
cülo  Xni  exeunte  Hcriptu«.  176  foL  17  lin.  27X19  cm)  dao  in 
Hermogenem  conimentaria  contiDet,  alterum  f,  1  — 136r  in  librmn 
TTCpi  CTac€UJV,  alterum  f.  136r— 17(ΐ  cic  τό  ττερί  μ€θόϊ)ου  beivo- 
τητοε.  perieront  primi  qiiaterniones  duo  (rmno  codex  incrpit  a 
quat  Γ),  quaternio  Θ,  etiam  pluree  opinor  io  fme  ;  folii  1  margo 
esterior  decurtatue  eat 

Cbmtoplioruin  esee  cofnmentani  prioris  initio  matili  auetorem 
e  librarii  quadam  proprietatP  colligi  potest,  aaepiiii  enimnomen* 
eiae  flcriptaris^  cuiue  eententia  afferturt  rubrie  lilterie  loco  laiidato 
praepositum  eet  (non  in  margin©  eed  in  media  —  ei  res  ita  fert  — 
linea);  cf.  foi.  65  ν  Tupavvoc  rnbro,  tum  «olito  atraraento  άττολο* 
Τβιται  μέν  ό  Tupawoc  κτλ.  fol  β6ν  EocTa9ioc  rubro,  tum  άττο- 
λοτ^ΐται  be  δ  Eucrdöioc  κτλ.  fol,  71  r  Σαπτατρο€  rnbro,  tum  6 
bi  γ€  Σώτιατρος  κτλ.  sie  etiam  foL  68  ν  ςημ€ΐοτράφος  rubro,  tum 
6  hi  ςημειογράφοο  φηοίν  κτλ.^.     iam    vero    com    iilia   conferae 


1  Semper  fere  cjibu  nominativo;  genitivi  exemplum  est  foL  iSv 
Γυυπάτρου  (rtibro),  λέγ€ΐ  hi  καΐ  Iii/iraTpoc  ΐϊρο€ΐλιιμμένον  eTvai  κτλ.  cf. 
infra  fol,  49  V  EucTaeioo.  —  Per  se  intellegitur  verba  illa  rubro  ecripta 
non  ab  ipso  commeBtarü  auctore  inserta,  eed  solito  more  a  librario 
qoodam  in  margiae  archetypi  scripta  faisse;  ipsius  quoque  auctoris 
nomeD,  cui  in  textu  locua  oon  erat  (auctor  etiim  pronoraine  Ι^ώ  utitar), 
quondam  ascriptüm  in  noetrum  textum  irrepsisae  infra  videbie, 

3  Aliquotiens  eüam  quaedam  alia  verba  praeter  nomen  ipsum 
rubro  Bcripts  sunt,  ut  foL  56 ν  Spoc  luptovoO  rubro,  tum  solito  atra* 
mento  ό  bi  lupmvöc  κτλ.;    fol  27 r    κα!  ό  MivoiJKiavöc   τρία   φηςί   τά 

Β^ΙΔ.  Μη»,  t  FhlloU  Η.  F.  U  l^ 


r 


1%Ό9 


lioi••  loeos:  foL  14ν•μ£φάκιον  καλλιυπιίόμενον  φεύχα  iropviic^*^ 
fcf.  Herrn.  134,  9  Sp.).  o\  μεν  ίΕηγηται  arropoöci  itpoc  τούτ^^>• 
Χρκτοφόρο€  (rubro).  φημι  bk  έγώ,  δτι  bm  τούτο  τεθεικε  τ —  ^ 
παράδειγμα  ^*  fol.  15  ν  (vide  infra)  Χρκτοφόρος  (mbro).  έγβ-— i' 
b4  φημι  — .  fol,  22  ν  άποροΟΰ  hi  τινε€,  6ιά  τί  εΙπών  ό  τεχνικό^•^ 
*έφ'  olc  noiiicac  κρίνεται'  (Herm.  134,  26)  έπήχαγε  παρά^ειγμ^  ^ 

αφ*  ών  noiqcac  κρίνΕται*     ίνταυθα  γαρ  ό  φωραθειε  θάττΓΐυν -- 

Χρκτοφόροε  (rubro),     φημι  γουν  έγώ,  δτι  — .     fol.  30  r  άττορί^    ^ 
(mbro).  άπορουοι  bi  TiV€c  λέγοντες,   δτι  αιφειλε    το  άόύνατο^ —  ^ 
προτάττεςθαι  τοο  άττιθάνου  — .    και  οι  μέν  έ£ηγηταΙ  atropoGczi^i 
πρόε  τούτο.     Χρκτοφόροε    (rubro).     φημι    ου  ν   εγώ,    δτι    άλ^^^' 
έιτει&ή  — .   fol  46  Γ  άλλα  και  ό  του  άπολογουμίνου  λόγοε  οαθρό'  ^^ 
icTiv.    Xpιcτoφόpoc  (rubro),    καΐ  δττυυε  έρυ>.   ίρεί  γαρ  6  κοτή^^^* 
γοροε  —Κ     sicut  igitur  e.  g*  Euetathii  aut  Tyranni  nomina  rubr* — *o 
scripta  iaeequitur  Eustatlxü  aut  Tyrauui  fraginentura  repetito  n 
mme,   ita  plus  eemel  Chriitopbori  noiiien  rubrie  litterie  acnpta 
ineecuiitur    auctorie    ipaiua    verba    pronomiue    primae    peraona* 
έγώ  uei. 

Clirietapborue  ille  commeutarii  auctor  quando  vixerit,   eitD*> 
iclem  atquG  ille  MytilenaeuN}  ignoro*    auctoram  ab  eo  laadatoru 
quorum  aelatem  novimuR;  ultimus  eeae  mihi  videtur  Pbotiua.    ά< 
FUutii  in  bac  provincia  studiis  quantum  scio  nunc  primum  com 
perimuRi  primtim  etiam  hinc  innotuit  rhetorie  nomeii  vel  eigniücati 
6  εημείογράφοε,  de  quo  non  satie  mibi  constat;  parco  couiecturi^^ 

Commeutariuin  είε  τό  ττερι  μεθόοου  οεινότητοε  (euperscr-e 
rubr,)  incipit  foL  13i>r  (cf,  Gregor.  Corinth.  VII  1095,  1Γ>  Wali.  - 
Ίετ^ον  δτι  ai  \iHic  εορηνται  μέν  παρά  τοϊε  φιλοεόφοιε  ίη^Μ  *  ^^ 
μηνύεει  πράγματος  τινοε»  οίον  κύαιν  δ  φυλακτικός  ώνομάεθΓ•^^^^ 
κύυυν  6ιά  τό  παρρηειαετικόν*  καιρού  bl  ibiov  τυχδν  τό  δνομα:::^ -•^ 
μετετίθη  καΐ  έπι  τόν  κύνα  τόν  άετρψον  και  τον  θαλάττιον  "^^m 
Ιιυρακότεε  γαρ  ο\  μετά  ταοτα  έκατίροίν  την  βλάβην  κύναε  προε-  -^^ 
ηγορεύκαει.  δ  bi  καιρόε  γέγονε  (fol  13t>  ν)  κατά  ήθους  προεθήκη 
τινόε  άνθρωπου  ή  Εψου  ή  τυϊν  αλλατν  τήν  Ιπϊ  τών  ττραγμάτΐϋ' 


3| 


CüviCTuüvra  τό  εήτημα  rubro,  tum  ό  Η  Μινουκιανός  κτλ.  ict  Syrian— 
1100,13).  lemma  rubricatum  babes  e.  pf,  fol  1  r  π€ρΙ  τοΟ  νομιςθέν(το€:τ 
6ικαίθϋ)  ή  ςυμφίροντοε,  neo  ηοα  verba  απορία  et  λύεκ  foL3<ir,  31  ν ^ 
■emel  rubnim  atramentum  errore  ailhibitum  eaaeviiili  foL88r  in  e^empli^ 
ilb  τύραννο€  il  acTirreiTOVOC  iroXcuK  κτλ.,  ubi  verbum  τύραννοε  rubri* 
litterie  acripait  librariua  Tyranni  aophietae  male  recordatna. 

i  Eliam  fol  19  r,  19  v,  38  ν  Christophori  nomen  occarrit. 


De Chrietophori  commentario  inBermogetum  Übnim  frcpl  ctdcemv,    245 

γινομένηνκτλ.;  expL  foL  176  ν  (cf.  Greg.  Cor,  VII  1163,  30)  öca- 

nep  ήμέραιο  ήμεϊς*  και  oütujc  μέν  παρ£μυθή€ατο  την  παραδΟ' 
Εολογίαν  bta  τήε  €7τιμο|,  q^iae  ratio  interccdat  inter  epitoraen 
MesGaDenflem  plenumque  Gregorü  textuin,  fdturo  Gregorii   editori 

'  accuratiue  examinanduui  reliDquo.  Chrietopboruni  etiam  iüiu»  ex- 
cerpti  auctorem  eeee  i!ide,  φιοά  euperecnptioni  commeBtani  eic 
τό  π€ρι  μ£θόΙ)ου  b€ivOT?iTOC  nomen  ailditum  boh  eet,  nequit 
coiHgi* 

Ex  oommeDtario  in  librum  K€pl  CTac€UJV  locoe  auetoria  no- 
mine iDsigDitoBy   qui  atihuc  ignoti   sunt,  excerpere  et  piibltci  iorie 

[facere  abs  re  non  eeee  duxi;  quae  Chrietopliorus  ipae  docuit,  equi-^ 
dem  ab  oblivione  vindtcare  nolo. 

Üuae  robro  flcripta  codex  praebet,  lltterie  latitiB  diepoBilie 
imprime&da  curavi. 

Ineipit  follr  [ad  Herrn.  133,  17  Sp.]  τήν  ^ητορικήν  αρχαίο- 
ι τάτην  oijc<av>^.   πρό  γαρ  τών  νόμαιν  τα  ?θη^  δ  μετά  ταΟ(τα> 

κυρωθέντα  νόμοι  τ€γόνα€ΐν.  €ΐ  γαρ  ίλ<€Τ€ν>  'έκτων  παρ'  έκά• 
CToic  κειμένων  νόμων',  νεω^τέραν^  έδείκνιιεν  αυτήν  ο\  γαρ 
νόμοι  ve<^iiJTepujc>  τεθέντες  ήεαν.  —  'ιτ€ρ\  του  νομιςθέν^,τοε 
biKaiou^  ή  ουμφέροντοο*.  νομκθέντος  λέγει  του  \νόμψ^ 
τεθέντοε  και  κυρωθέντος  •  ου  γαρ  τ<,ό  άλϊΐθώε)  οίκαϊον  ίητουμεν 
άλλ*  δπερ  öv  κτλ. 

fol  15  ν  [llerm.  134,  9]  τέταρτον  άπορουοιν,  biä  τί  μη  ύττό 
τήν  όπαρίθμηςιν  τών  πραγμάτων  τό  τοιούτον  πίπτει  παράδειγμα 
πρόςωπόν  τε  καΐ  πράγμα  έχον  άλλ*  υπό  τήν  τών  προεώπων, 
καΐ  οι  μέν  έΕηγηται  φαςιν^  δτι,  έπεώή  MivouKiavöc  (Μ,  Ιο  γ)  εΗ 
μόναε  προεώπιυν  τάίειο  παραδέοιυκε,  θέλων  ουτοε  πλέον  τι  του 
Μινοϋκιανου  έπινοήεαι  bia  τούτο  έν  xok  προςιύποις  αυτό  έταΕεν, 
ϊνα  οοτω  παραοφ  τάίειε  επτά  προεώπων  ήμϊν.  XptCT09  0poc. 
^ίγώ  bi  φημι  —. 

fol.  2δΓ  [Herrn.  135,  4]  ficTC  Tpsk  πραγμάτων  ποιότητες 
και  ου  Wo  κατά  τον  Μινουκιανόν*.  αποτείνεται  πράε  Μινου- 
κιανόν  λέγοντα^,  οτι  ζητήματος  δντοε  ανάγκη  touc  άμφ'  έκατέ- 
pujv  λόγουε  ιεχυρούς  είναι  ^. 


*  fnargo  fohl  1  decurtattis  est;  etipplementa  uncis  (  )  saepii. 
foL  25  Γ.     *  cL  W«  V^  Γ)5,  17.    fortasiM?  quaedam  cxciderunt;  qTiiie 
eecuntur,  apeetant  ad  Herrn*  135,  19 sq. 
-  X^Turv  ct^d. 
■  similia  »ine  Minucinm  nomine  apud  Maroellltium  IV 138,  18  W. 


Ui 


Rabe 


fol.  29  V  [Herrn,  135,  26]  —  επειδή  biio  xaEeiC  ήνάτκαΙον> 
ή  μίν  νομοθ€τική  τα  ncucTaia  προτάΕαι  (φηα  χάρ,  οτι  btl  πρό- 
T€pov  τά  κακά  dvaipeiv  (fol,  30r)  και  outwc  έηάγειν  τα  χρήςιμα), 
η  6έ  φιλοεοφική  ήνάγκαε€  τά  εϋνΐ€τάμενα  *  ττροτάΕαι  (φηα  χώρ, 
ατι  b€i  τά  εντελή  τών  άτελϋίιν  ιιροτάττειν).  και  ό  μίν  Μινου* 
Ktavoc  τή  νομοθετική  έχρή€ατο,  δ  hl  Ερμογένης  ταϊς  6υο  μη- 
Ο€μίαν  άθ£τήcαc  — » 

fol,  3θν  IHerm.  136,  16]  uuc  bi  Φώτιθ€  Uj^x^  διαφέρει, 
δτι  έν  μίν  τώ  άτηθάνψ  ovV  d  γέγονεν  δλυκ  πκτεύομεν,  έν  bi 
τψ  άί>ό£ψ  ομολογείται  το  πράγμα  οτι  γέγονεν.  icTiov  bi  — . 
Χρκτοφόρος.  — 

foL  49ν  Εύεταθίου  ανατροπή  λύων^  ταύτην.  6  bk 
EucTaBioc  ανατρέπει  τούτο  λέγυυν,  δτι  Ibiqt  περί  του  απίθανου 
είπε  bC  ών  προςέθηκε  [Herrn.  185,  21]  'και  touc  il  ίκατερου 
μέρους  λόγου€  cOv  τψ  πιθανψ'.  λέγει  hk  6  αυτός  λύαιν  ιδίαν 
[sie],  οτι  ανωτέρω  ού  περί  acucraTuiv  Ιλεγεν  άλλα  περί  cuve- 
ςτώτων.  ουκ  εϊ  τι  be  μή  ςυνέςτηκε,  τούτο  εύθεα/ε  άεύςτοτον 
άλλα  και  έγγύε  άςυςτάτου.  άνυυτέρυιι  οδν  διέλαβεν  ό  τεχνικός 
περί  τών  ευνιεταμένιυν,  μίΕαε  bi.  τά  άεύςτατα  πάντη  και  τά 
έγγύε  άςυςτάταιν  άςύετατα  είκότως  ώνόμαεε*  τά  γάρ  μή  cuv- 
εετώτα  διεϊλεν  eic  άεύςχατα  και  έγγύο  άςυετάτυυν,  και  κοινώ 
μέν  ονόματι  και  τά  έγγύε  άςυετάτυυν  και  τά  πάντη  άςύετατα 
αςύετατα  καλεϊ  ώς  και  τούτων  κάκείνιυν  (fol.  50r)    προτάοεων. 

foL  50ν  [Herrn.  138,  9]  ό  bi  εοφιςτής  Φοιβάμμων*  φηείν, 
δτι  τό  '  εΐ  ςυνεετήκοΓ  εΐπεν  αντί  του  '  επειδή  ευνεετήκοι  \  die 
τό  'χρή  δ*  εΐ  ςοφόε  πέφυκαε'  άντΙ  του  '  επειδή  \ 

foL  54  ν  [Herrn.  138,  13]  6  μέν  ούν  εοφιςτηε  Φοιβάμμων^ 
λέγει  'ε1  μέν  έςχιν  διαίευκτικός  6  ή,  (fol  55  γ)  ου  δέχομαι  προε- 
Οήχην  "  ό  γάρ  ή  διαίευκτικόε  δηλοϊ,  δτι  ή  μόνον  εημεΐον  ή  μόνον 
εΐκόε^  εύρίεκεται,  ψευδής  δέ*  εί  δέ  έπΙ  του  καί  ευμπλεκτικοΰ 
λαμβάνουει,  δέχομαΓ.  ήμεΐε  bi  ουδέ  τούτο  δεχόμεθα'  δήλοι 
γάρ  -• 

fol.  65ν  [ad  Herrn.  139»  7  'αν  δέ  περί  πράγμα,  λογικήν*. 
άπορήςει  (foL  05  ν)  τις  πώς  διαιρήςει  φάεκιυν  έτέραν  είναι  τήν 
νομικήν  και  έτέραν  τήν  λογικήν.]  Τύραννος,  απολογείται  μέν 


foL  29  ν.  *  ευνκτώμενα  cod. 

fol.  49  ν.  *  λύυιν  cod,;  aut  Xuovroc  Bcnb.  aut  EucraBioc* 

fol.  50  V.  1  φϊβώμμιυν  ccmI. 

foL  54  V.  ^  βοφάμμικν  cod, 

fol.  55r.  ^  cticibc  cod. 


De  Cbrietopbori  ooratnentario  in  Hermogenie  librum  περί  crdceoiv*    245 


^ 


ό  Tupavvöc  oÜTUJc,  οτι  τών  ττίςτειυν  αι  μεν  ciclv  ατεχνοι  α\  hi 
ίντεχνοι,  aiexvoc  μέν  ουν  ttictic  f)  bia  μαρτύριυν  και  νόμων 
γινομένη»  ^vtexvoc  bk  ή  hC  ενθυμήματοο  και  τταραδΕίγματο^ 
έπεί  οΰν  έν  lak  νομικαϊο  α\  πολλαι  nicieic  άττο  έγγραφων  cici» 
bia  τοΟτο  λέγονται  νομικά! '  εϊ  γάρ  εϊη  νόμοε  μη  εξεΐναι  τον 
μοιχόν  eic  iepa  €κελθ€ΐν,  ούοεμιάο  τεχνηε  ή  anol>€i£ic  5εϊται 
τψ  είοιόντι  Hpoc  το  μη  τταραβεβηκεναι  (fol.  66  r)  τον  νόμον' 
αι  γάρ  τών  νόμαιν  δτεχνοι  κίςτεις  ciciv*  αΐ  hk  λογικαΐ  ώς 
μη  ^xoucai  ττολΧάο  έγγράφουε  mcTeic  δέονται  δεινού  καΐ  λογι* 
κοΰ  ^ήτορος'  όθεν  και  λογικαι  καλούνται  bia  το  τάε  έντε'χνουε 
πί€τεΐ€  Ιχειν,  αϊπερ  γίνονται  ιτροτά€€€ΐ  και  έττατωγαΐς  καΐ  ουλ- 
λογιιμοΪ€  καΐ  ένθυμήμα€ΐ  και  παρα5£ίτμα€ΐ  και  τοκ  έκ  του 
όμοιου  παpαθέceuJC,  Sc  ή  του  λόγου  τέχνη  έπινενόηκε  *  hio  και 
εικότιικ  αύται  λογικαι  κέκληνται  αι  την  έ2έτα£ΐν  της  δυνάμεως 
οεχόμεναι  του  λόγου*  Ιχουοι  γάρ  και  οΐ  λογικαι  ΤΓθλλά€  άλο- 
γους ιτίετειε»  οΐον  νόμους  και  μαρτυρίας,  ομοίως  hl  και  αι 
νομικαΐ  bέovται  λογικού  |5ήτορος  bia  το  και  αύτάς  πολλάκις  bia 
τιροτάςεαιν  και  έιταγιυγών  και  ςυλλογιομών  καΐ  ενθυμημάτων 
καΐ  παραδειγμάτων  Ιχειν  τάς  πίετεις  (ίοΚ  βθν).  Εύςτάθιος. 
απολογείται  5έ  ό  Εύςτάθιος  προς  touc  έττιλαμβανομενους  οίίτως, 
δτι  &ύο  δντων  έν  παντι  ίητήματι,  του  τε  άποδεικνύντοε  καΐ  του 
άποοεικνυμένου^  κυριώτερον  το  άτΓθϊ>εικνυμ€νον.  πρόε  οΰν  τούτο 
και  τάς  ςτάςεκ  λαμβάνομεν*  έάν  μέν  νόμος  rj  ό  άτΓθί>εικνύ- 
μένος,  νομικήν  καλουμεν  τήν  ςτάοιν,  έάν  hi  πράγμα  απλώς,  λο- 
γική ν  εϊναι  την  ςτάειν  έκοεΕόμεθα,  κδν  μύριοι  νόμοι  προς  κα- 
ταςκευην  αύτου  λαμβάνωνται.  έάν*  bk  6  Εύετάθιος  το  έτερον 
μέρος,  ώς  φηςιν  Γεώργιος  (ού  γάρ  δύνανται  εΙπεΐν,  δτι  hm 
τούτο  λέγεται  λογικόν»  διότι  περί  λόγον  ίχει  τήν  ίήτηςιν),  aVa- 
τρέψαντες  τάς  φαύλας  απολογίας  οίκείαν  ήμΐν  έκτιθέμεθα  και 
φαμεν  — . 

fol.  67 ν  [Herrn.  1S9»  10]  και  ό  μέν  Μινουκιανος  λέγει, 
δτι  δια  τούτο  λέγεται  πραγματική,  διότι  δυςχερώο  μελετάται 
και  πράγματα  τοις  μελετώςι  παρέχει*  (ποικίλη  γάρ  έετιν)  ή  δτι 
εργώδης  και  δύςκολος  τοις  εύροΰςιν'  έγίνετο^  (τα  γάρ  πράγ- 
ματα, φαςίν,  ειώθαμεν  έπι  της  δυςκολίαε  λαμβάνειν),  ϊτε- 
ροι  δί  — . 


fol  66  τ.    »  i^  ecrib.? 

foi  Γ>7ν,    »  et  ■  cf.  Walz.  ΥΠ  587 j  t7  et  588,  26  (eine  aomme). 

'  ifwOciv  ίγένετο  W.  VIL 


2m 


Rab« 


foL68v  ςημ€ΐοτράφο€.  ό  bk  οημειογράφοο  φ^cίy^  δχ^ 
λ6ίπ€ΐ  6  öpoc*  ου  ττ€ριλαμβάν€ΐ  γάρ  τάς  περί  τον  ιταρψχημένοΝ 
κατατ^νομεναο  ττραγματικάο  ^     λέγ^ι    be   bvo  επιχειρήματα.  

ίϋΐ  70 ν  δεύτερον  επιχείρημα  του  εημειογράφου  ic-^ 
τοιούτον. 

Ffagmenttini  longiue  quam  gravme  non  totum  exeoripsL, 

fol.  79 Γ  οεκατον  τό  κατά  €οφιεμόν,  οίον  τελευτών  i^nc 
ίχιυν  νόθον  και  γνή^ον  ειπεν  Ιί  fcou  κληρονομεϊν  touc  πετ3ΐ^ 
bac*  νόμου  —  — *  (fol.  79  ν)  και  ό  μέν  Tiipawoc  άντιλήψε^-Α*€ 
λέγει  τό  πρόβλημα,  ό  bi  Εΰοτάθιοο  μή  cuvicTacöai  λέγει  ά^^λ* 
έτερορρεπέε*  είναι.  ήμεϊ€  bi  — . 

fol.  79  ν  [Herrn.  130,  20]    επιλαμβάνονται    buo   Tivfec  tä3ö 
δρου,  Εύετάθιοε  και  ό  εημειογράφοε.  και  ό  μεν  Ευ€τάθιος  i*""»**i 
λαμβάνεται  oötuuc*    ή  άντίληψιε    έκ  του  φεύγοντος  χαρακτηβ^ζ^ί- ^ 
Ιεται,  (fol.  80 r)    ό  b*  öpoc  ου  περιλαμβάνει  εΐ  μή  τόν  κατή^^ — ^ο- 
ρον.  και  απολογείται  μέν  λέγαιν  οίίταιε»  δτι  υπογραφή  icTi  ι^^ώ 
ού  πάντα  φυλάο€ει•    και  γαρ   έν  ταϊε  ύπoγpαφαϊc  υποαιμήι—^Αΐ 
μόνον  το  ύποκείμενον  όπιυΐοΟν  βουλόμεθα.  ήμεΐο  bfc  — .  f 

foL  80  Γ  ό  bi  οημειογράφοε  oÜToic  φηείν,  δτι  οϋ  περιίλ^^^** 
βεν'  δλαε  τάε  αντιλήψεις  6  öpoc*  Icti  γαρ  δτε  τό  πεπραγμ^\τ-"*ον 
έετίν  ώε  υπεύθυνον  (οίον  νόμοε  τόν  μοιχόν  φονεύειν*  Tpicaj^piP*" 
ςτέα  καταλαβϋυν  μοιχόν  άπεκτεινέ  Tic  καΐ  κρίνεται  bημod^^*^v 
άbικημάτu»v),  Ιςτι  hi  δτε  αυτό  μεν  ουκ  ^ctiv  ujc  υπεύθυνο 
ςυμβάν  bk  τό  έξωθεν  έποίηςεν  αυτό  (foL  80ν)  ύκ  υπεύθυνο 
άλλα  φαμέν  — . 

fol.  88γ  κατά  Μινουκιανόν*    bl  ή  bιαφoρά  outuuc,    öti     -^*' 
μεν  τψ  δραι  περί  όμολογουμενου  άbtκήματoc  μήπω  bk  πεπρο-  ΠΓ• 
μίνου  ή  ίήτηεις  dcriv,   έν  bt  ttJ  άντιλήψει  αυτό  τούτο  ίίητα  ^' 
μεν,  ει  άbίκημα.  ου-  γαρ  ώμολόγηται  τό  άοίκημα  είναι  τό  γρ^* 
φειν  ÄV  TIC  βουληται  ή  <τό)^  τόν  άριετεα  τόν  μοιχόν  άποκτιν- 
νύναι*.    6  6έ  Γεώργιοε  *κοινυυνει'  φηοίν  {foL83v)    'τψ  δρψ  4 
άντίληψιε,  καθό  έν  έκατέρψ  αυτό  τό  πεπραγμένον  άbiκημα  λέγει 


fol.  68  ν.  *  npaKTiKac  cod, 

fol.  79  r.  cl  W.  V95,  28,  251,  20, 

fol.  80  r.  1  περι^λα^Ε  cod. 

fot,  ft3r.  1  de  Minuciano  cf.  Sop,  W.  V  96,  30, 

«  τό  ina.  W.  V. 
*  dnoKTCwüvai  cq± 


foL79v    »έτ£ροΑί^£πέ 


Chrietophori  comraentano  in  Hermo^enü  libram  ircpl  cTaC€UJV. 


1 


βίναι  δ  κατήγοροι  διαφέρει  be,  καθό  έν  μέν  τψ  ορψ  6  φεύγ^ν 
ομολογεί  πάν  \hc^  ύπεύθυνον  έπει  ttujc  έΕουςίαν  προβάλλεται ; 
τιάλιν  bk  διαφέρει,  καθό  έν  μεν  τώ  ορψ  άντίληψΐ€  ούκ  έμ- 
ττίπτ€ΐ*1 

fol.  89γ  ό  ςοφίετήχ  Φοιβάμμυυν*  φηα  μηδεμιι^ί  CTacct  €υμ* 
ττλ€κε€θαι  την  avTiciaciv,  έλέ'χχομ^ν  be  τοΟτον  — * 

foL  89  ν  bio  τόν  εοφκτήν  Φοιβάμμωνα^  έΕελίγχομεν. 
fol.  101  ν  ό  be  ΤΤορφύριος "  τοιαύτην  λίγει  διαφοράν,  οτι, 
ci  μέν  εϊη  το  αδίκημα  οίον  ένδεχόμενον  μη  τετεvήcθαι  άλλα 
θ€ραπεία€  τετυχηκίναι  Tivdc,  μετάςταοις  γίνεται,  οίον  aic  έττι 
του  7τρε€β€υτου*  δυνατόν  γάρ  ην  άΧλαχόθεν  αυτόν  λαβόντα 
€φόbια  πρε€βεΰ£αΓ  έάν  δε  ή  μη  ένδεχόμενον  έτέρυυς  γεγενήοθαι 
άλλα  πάοα  (fol,  1 02  γ)  ανάγκη  πραχθήναι  το  πραχθέν,  ςυγγνώ- 
μην  ποιεί,  ibc  Ιπι  τών  μή  άνελομένι^ν  δέκα  ορατηγών  τα  τών 
irecovTiuv  ςώματα  του  χειμώνοε  biaXaßovroc '  ού  γάρ  ήν  δυνα- 
τόν τινά  θεραπείαν  προ€αγαγεϊν  τψ  έκ  του  χειμώνοο  κιυλΰματι, 
ταύτΊ}  ςυνήνεοεν  Εύίτάθιοο. 

foL102v  ό  δέ  ΜένανδροΓ  τοιαύτην  λέγει  διαφοράν,  οη 
έν  μέν  μ€ταετά€ει  κρίνεται  έφ'  die  ουκ  έποίηοε  biov  bk  ποιήοαι 
(djc  ό  πρεεβευτηο  6  μή  λαβών  τα  εφόδια  και  μή  πρεεβεύεα€ 
δια  τούτο*  εφ'  olc  γάρ  ούχ  έποίηεε  δέον  noifjcai  κρίνεται),  εν 
bt  ευγγνώμη  εφ'  oic  έποίη€ε  δέον  μή  ποιεΐν  (ή  γυνή  ληφθειςα 
παρά  τών  πολεμίων  χοηφοροΰςα^  τφ  παίδι  και  τυπτομένη 
είτα  έ£ειποΟςα  τα  απόρρητα),  ταύττι  b'  ό  ςημειογράφος  και  ό 
Φοιβάμμυυν*  και  ό  Σώπατρος  €υνήνεεεν.  ουκ  ίχει  δέ  καλιΐτε  übe 
εκείνοι  νομίΐουαν.  Icti  και  μετάςταεις  έφ'  ofc  έποίηεεν,  ύκ  έπι 
TOÖ  *Αρχώάμου  του  άναεεύ£αντο€  δια  την  vocov  (fol.  103  r) 
μεταετά€εαΐ€  είναι  τό  πρόβλημα  ό  ΜινουκισνΟ€  έδόΕαοεν  άντι- 
αάςει^  ουμπλεκόμενον*.  ήμεΐα  δε  τής  πλάνη€  τό  αίτιον  έπιετά- 
μινοι  ου  περιπε^υμεν  τοϊε  αύτοϊς  άλλα  χρηςτήν  διαφοράν  άπο- 


ff>l  83 ν*    ^  πον  dicjHdvTUJc  cod.    ^  εκπίπτει  cod. 

foL  89  Γ.     ^  φοιβάμαιν  cod. 

foL  89  ν.     ^  φοϊβάμιυνα  cod. 

foL  101  ν,  »  de  Porphyrie,  cl  Walz.  VIl  2m,  24.   V  261,  h 

fol.  102 V.  *  φοιβάμυυν  cod.  '^  χοηφοροΰςα  Sop.  W.  V  101,  19] 
χοΥίφοροΟ  cod, 

fol.  103  r.  ^  ultima  huius  frogmenti  verba,  cum  ipse  cliarbulam 
Μϋίβιβββτχΐ)  benigne  dcscripeit  G.  Fraccaroli,  univereitatie  MessaDeDsis 
profefKor  humanissimus ;  idem  vir  doctiBBimae  inbus  ftlÜB  locis  dubiis 
meA  causa  codioem  Überall  sei  me  iterutn  inspexit, 

^  ευμιιλεκόμενος  cod. 


34d 


Babe 


I 


I 


ΐ>ώ€ομεν*  όμολογουμΕνης  μ€τοςτά€€ακ  cid  τα  προβλήματα.  δτ€ 
την  αιτίαν  μ€θί€τη£ΐ  im  ύιτεύθυνον  πράγμα, 

fol.  109  r  ό  be  EOcTaOioc  cHOubdiei  bei^ai^  δτι  oObciroTC 
6  φεύγων  κέχρηται  τψ  ρητώ.  έττιχειρεΐ  be  oütüjc*  άύ  Trpöc  τό 
ρητόν  ώρμηται  ή  διάνοια '  του  ^ητοΟ  ουν  μη  προηγηοαμένου 
Tiujc  άτταντή€€ΐ  ττρός  τό  ^ητόν  ή  5ιάναια; 

foL  llOr  [Herm.  140,  27]  ό  hi.  €οφΐ€τηο  Φοιβάμμυϋν  Χηρών 
λέτ€ΐ,  δτι  έκάτερος  κέχρηται  τη  btavoiqt,  και  τγοι€ϊ  την  κατά 
ρητόν  και  biavoiav  ίτερορρεπή  λέγων  τον  μέν  κατήγορον  κ€- 
χρήςθαι  τψ  ίητψ  και  τή  biavoiqi,  τόν  bi  φεύγοντα  μόνη  τή 
btavoiqt.  αίτιον  hk  τήο  ττλάνηε  τό  iiexal^iv  έκάτερον  τήν  γνώ- 
μην  τοΟ  νομοθέτου. 

foL  121 Γ  [Herrn,  141,  201  ίμεινον  hl  μάλλον  ό  Μινουκια* 
VOC  όρίΖεται  λέγων  'αμφιβολία  im  ρητόν  πολλά  οημαϊνον\ 

foL  131 Γ  ό  μίν  ούν  τεχνικόε  λέγει  την  τταραγραφήν  κατά 
μίαν  τών  νομικών  έχειν  την  έργαείαν,  ό  be  γε  Εύετάθιοε  φη€ίν«  y 
δτι  κατά  ετοχαεμόν  και  öpov  και  buo  τών  νομικών»  βητόν  <και>  ■ 
biavoiav^  λέγιυ  καΐ  άμφιβολίαν.   καΐ  κατά  ετοχαεμόν  φηείν  die 
κατά  Τιμάρχου,  κακι&ε  bi  λέγει. 

foL  132  Γ  6  V  Άρποκρατίων  είεάγει  ϊένον  τι,  τταραγρα- 
φήν λήγουεαν'  εΐε  παραγραφήν  otov  νόμοε  μετά  τοο  ετρατηγου, 
έαιε  δν  ετρατηγή,  ίδιωτικάε  μή  είναι  δίκαε '  εν  πολέμψ  <ετρα*  ^ 
τηγόε)*  ετρστιώτην  μή  φοροοντα  κράνοε  έμάετι^εν  *  (fol,  132  τ)  Ι 
έγράψατο  αυτόν  ό  ετρατιώτηε  ΰβρεωε,  ό  δε  κατά  τόν  νόμον 
ιτορεγράψατο'  μετά  τό  οιαδεχθήναι  τήε  ετρατηγίαε  πάλιν  έγρά- 
ψατο αυτόν  ό  ετρατιώτηε,  ό  hk  παραγράφεται  λέγων  hic  περί 
τών  αυτών  μή  είναι  δίκαε,  λέίει  γαρ  κατά  πρώτη  ν  ίήτηειν,  οτι 
bic  περί  τών  αυτών  ού  δίδωει^  δίκαε,  και  ibou  πρώτη  παρα- 
γραφή, λοιπόν  δευτέρα  ίήτηειε  *ϊνα  bi  μή  b6l\Aj  bC  όττορίαν 
δικαιιυμάτυυν  τοΰτο  ποιεΐν,  κρίνομαΓ  νόμοε  γάρ  τόν  ετρατηγόν 
Ιδιωτικάε  μή  bibovai  bίκαε^  ibou  γάρ  και  ή  δευτέρα  παρα- 
γραφή, ιετέον  δε,  δτι  ενταύθα  ή  υετέρα  Ζήτηειε  κατά  μίαν  τών 
λογικών  έΙετάΙεταΓ  λέ£ει  γάρ  πάλιν  Ίνα  δέ  μή  δό£αι  δΓ  άπο• 
ρίαν  δικαιιυμάτυυν  τούτο  ποιεΐν  άΕίυυε  εε  έμάετιίο,  δτι  ουκ 
έqH}pειε  κράνοε*,  και  λήγει  ειε  άντέγκλημα. 


foL  131  Γ.  ^  ^ιηηΐϊν  ^idvoiav  cod. 
fol.  132  Γ.  1  λίγουςαν  ood, 

fol.  132  ν.  «  bibm  ood. 


De  Ghrisiophori  oommentario  in  Hermogenis  libram  περ!  crdccuiv.    249 

Explicit  fol.  136  r  διαφέρει  5'  δτι  έν  μέν  τφ  άντεγκλήματι 
από  τη€  aiiac  του  πεπονθότοο  άντεγκαλεϊ,  έν  bi  τή  μεταλήψει 
ουκ  άπό  τοΟ  ά£ιώματο€. 


Index  ineditornm. 


Άρποκρατίιυν.  132r. 
Γεώργιοο.  66  ν.  83  γ. 
EOctaeioc.    49  ν.    66  ν.    79  ν. 

79  ν.  102  Γ.  109  Γ.  131  γ. 
Mivavbpoc.  102  ν. 
Μινουκιανόο.  15  ν.   25  γ.  30  γ. 

67  ▼.  103  Γ.  121  Γ. 


ςημειογράφοο.  68  ν.  70  ν.  79  ▼. 

80  Γ.  102ν. 
Tupawoc.  65  ν.  79  ν. 
Φοιβάμμων.    50  ν.    54  ν.    72  r. 

89  Γ,  ν.  102  ν.  110  Γ. 
Φώτιοο  38  ν. 


Hannoverae. 


fiago  Rabe. 


260 


Belooh 


Zur  fiescbichte  der  älteren  griechischeii  LjriL 


1.    Theognis   τοπ  Megara« 
Die  antiken  Literaturbietoriker  Beteten  Theognie  Blütbe,  wie 
bekanotf  um  OL  59,  aleo  gegen  540  v.  Chr.    Man  liat  «ar  Stütze 
dieeer  Aneicbt  auf  v.  1104  f.  nneerer  Theognidea  hingewieeen : 

ϋβρις  και  Μάγνητας  amiXcae  καΐ  Κολοφώνα 
και  Σμύρνην*  ύβρις,  Kupve,  και  υμμ   άττολΒτ 

denn  diese  Verse,  so  wird  behauptet,  könnten  nur  bald  nach  Smyrnae 
Falle  (am  575)  gedichtet  sein.  Wäre  dae  riobtig,  eo  mueete 
ihr  Verfasser  in  Kleinaeien  gelebt  haben;  denn  die  Zerstörung 
einer  ionischen  Mittelstadt  wird  in  den  übrigen  Theilen  der 
grjechiBchen  Welt  echwerlicb  einen  besonders  tiefen  Eindruck 
gemacht  haben.  Man  hat  denn  auch  ganz  neuerdings  das  obige 
Distichon Theogni»  absprechen  wollen;  wie  mir  scheint,  ohne  ge- 
nügenden Grund.  Vielmehr  hat  Theognie  seine  Beispiele  überhaupt 
nicht  der  Oeschichte  des  Tages  entlehnt,  sondern  der  Lektüre 
der  Dichter;  darum  nennt  er  an  erster  Stelle  Magnesia,  deeaen 
Katastrophe  in  die  Zeit  des  Kirameriereinfalls  gehört  (um  660), 
und  schon  von  Arcbilochos  erwähnt  wurde.  Von  dem  Fall  von 
Smyrna  und  Kolopbon  wird  Theognis  durch  Mimnermos  oder 
Xenophanes  Eenntniss  erhalten  haben  (vgl*  Xenopb.  fr.  S),  £e 
ist  also  klar:  so  wenig  uns  die  Erwälinung  von  Magnesia  ein 
Hecht  giebt,  Theognis  in  da«  VIL  Jahrhundert  hinaufzurücken, 
80  wenig  berechtigt  uns  die  Erwähnung  von  Smyrna  seine  Le- 
benszeit um  die  Mitte  des  VI.  Jahrhunderts  anzusetzen.  Ja 
wenn  die  Vermuthung   richtig  ist,    daas  er  hier  von  Xenophanes 


Zur  G endlich te  der  älteren  grieehitchon  Lyrik. 


261 


I 


abbängt^  eo  konnte  Tbeognie  ncbon  darum  kaum  vor  dem 
Anfang  de»  V.  Jabrbunderte  gelebt  haben.  Da»  wird  bekannt- 
Hob  beetätigt  durcb  das  Gebet  an  ÄpoUon  773—82  (Φοϊβε 
fivaE,  αυτός  μέν  έτπίρτυοσας  πόΧιν  δκρην);  denn  darüber,  daes 
diese  Verse  aiab  atifdenZug  des  Xerxes  beziehen,  iet  heute  doch 
wohl  önter  Verständigen  kein  Streit  mehr.  Theognis  absprechen 
dürfen  wir  die  Veree  aber  auch  nicht;  wir  miiesten  eonet  extra 
zu  unserer  Bequemlichkeit  einen  zweiten  megariscben  Klegiker  er- 
finden, von  dem  kein  Sterbenswort  überliefert  ist  Also:  Theognis 
hat  noch  im  Jahr  480  gedichtetj  kann  folglich  kaum  vor  540 
geboren  sein,  wenigstene  nicht  lange  vor  diesem  Jahr,  und  da  er 
die  Kyrnoslieder^  als  reifer  Mann  geschafifen  hat,  sind  diese 
etwa  um  i>00  entstanden ;  auf  ein  oder  auch  zwei  Jahrzehnte  mehr 
oder  weniger  kommt  hier  für  uns  weiter  nichts  an. 

Damit    erledigt    sich  zugleich  die    Frage    nach   der  Vater- 
stadt des  Dichters.     Es  ist  zwar  neulich  behauptet  worden^  daes 
wir    *  aus    dem    Theognis-Bucb    nichts    GeHchicbtUchee  erfahren'. 
8o  sehr   ich    aber  dem    Verfaeeer   von  ^Epigramm  und  Skolion' 
dankbar    bin    für    die    reiche  Anregung»    die  ich  seinem  schönen 
Buche    verdanke,    so    vielen    eeiner  BesultaLe    ich    zuetimme^    in 
diesem    Paukte    möge    er    mir    gestatten,    als  Historiker  anderer 
Meinung    zu    sein.     Freilich,    der  Dichter  «agt  uns  nicht,    gegen 
welchen  Feind  er  mit  Kyrnoe   ine    Feld   reiten  wollte,    oder  wie 
er  Mann  gebeiasen  bat,   von   dem  er  befürchtete,    daßs   er  sich 
zum  Tyrannen  von  Megara  auf  werfen  würde;  ja  nicht  einmal,  in 
welchem  der  beiden  Megara  er  zu  Hause  war.     Aber  er  erzählt 
uns  viel  wichtigere«,  er  berichtet  uns  über  die  socialen  und  po- 
litiscben  Zustande  seiner  Heimath.     Es  war  eine  Zeit  des  Stände- 
kampfes;   der  Adel    bat  soöben  seine  herrschende  Stellung  ver- 
loren,   die    bisher    rechtlosen  Bauern  haben  Antheil   an  den  po* 
litiscben  Eechten    gewonnen,    neben    dem  Adel    ist    ein    wohlha- 
bender BürgerBtand  aufgekommen,    und    ea    giebt   sogar  Junker, 
die  ihr  blaues  Blut  so  weit  vergessen,  um  reiobe  Bürger mädcben 
zu   heirathen,   oder  ihre  Töchter  reichen  Bürgern  zu  Frauen   zu 
geben.     Bei  der  Spannung  der  Farteiverhältnisse  droht  die  Gefahr 
der  Tyrannis,     Und    endlich  noch    ein    interessantes  Detail:    der 
Adöl  in  Theognis  Stadt  kämpfte  zu   Pferde  (54ίΐ— 54). 

Es  wird  nun  allerdings  weiter  behauptet,  daes  auch  die  Kyr- 
noslieder  zum  grossen  Tbeil  unecht  sind,  und  wir  von  Theognis 
nicht  mehr  als  etwa  SO— 90  Verse  besitzen»  Mit  den  Beweisen 
dafür  siebt  es  freilich  übel  aus;  immerhin  ist  ja  die  Mögliokkeit 


hl 


dM 


Beioch 


zutugeben,  doBs  ein  Tfaeil  dieser  Sprüche  gefälecht  ist.  Ich 
brauche  darauf  hier  nicht  näher  einzugehen,  denn  gerade  der  Tbeil 
der  Kyrnoeelegteen^  auf  den  ee  für  uns  allein  ankommt,  die  po- 
litiechen  Lieder,  sind  ganz  sicher  echt.  Und  zwar  au•  dem  ein- 
fachen Grunde,  weil  die  socialen  und  pottttechen  Zustände,  die 
darin  vorausgesetzt  werden,  in  der  Zeit  nach  Theognie  in  keinem 
Theile  der  griechischen  Welt  mehr  beetanden  haben,  oder  doch 
höchstene  in  ganz  abgelegenen  Gegenden,  die  für  die  Entstehung 
unserer  Tbeognidea  nicht  in  Betracht  kominen.  Denn  die  Tyran- 
nenzeit  ging  mit  den  Perserkriegen  zu  Ende,  and  damals  ist 
anoh  die  Adelsherrschaft  für  immer  gebrochen  worden.  Seitdem 
wUrde  es  keinem  Menseben  mehr  eingefallen  eein^  Vetwt  wie 
Theogn.   39—42  oder  5;l--60  zu  schreiben. 

Aber  auch  zu  der  Zeit,  tu  der  Theognii  lebte,  hätte  dieee 
und  ähnliche  Verse  im  nieaeischen  Megara  niemand  mehr  schrei* 
ben  können.  Denn  hier  war  die  alte  Adelsherrschaft  ja  schon 
vor  einem  Jahrhunderte  oder  noch  früher  durch  Theagenes  über 
den  Haufen  geworfen  worden*;    die   gute  alte  Zeit,   da  der  ge- 


^  Nach  der  Convention  eil  on  Chronologie  wäre   die  Revolution  in 

Mepfara  andertbalb  Jabrhonderte  vor  Tbeognis»  um  *i50,  erfolgte  Aber 
gehört  die  kylonische  Verschwörting  denn  wirklich  in  das  VIL  Jahr* 
l) ändert,  und  nicht  vielmehr  in  die  Zeit  zwischen  Solon  und  Pei^isira- 
to$?  Wir  wissen  ja  sonet  nicht«,  rein  gar  nichts  von  der  Ge- 
schichte Athens  im  VIL  Jahrhundert,  abgesehen  von  der  Gesetsgebuog 
Drakoiis;  und  auch  von  der  wissen  wir  riichti  wie  sie  tu  Stande  ge- 
kommen ist,  und  Aristoteles  hat  es  auch  nicht  gewusst.  Hat  es  da 
auch  nur  die  geringste  Wsthrscheinüchkeit,  dase  sich  gerade  über  das 
verunglückt«  Cnternchmen  Kylonq  eine  «o  detaillirte»  und  in  allen  Haupt- 
zügen offenbar  richtige  Uebcrlieferung  hätte  erhalten  sollen?  Die 
Alkmeoniden  sind  ja  bis  auf  Peisistratos  unangefochten  und  im  höch- 
sten Ansehen  in  Athen  geblieben  (GHech.  Geschichte  I  339  Ä.  t);  und 
wenn  leagoras  und  Kleomenes  es  vermochten,  KleLsthenes  Yerbannusg 
»uf  Orand  des  kylouiscbeu  Frevole  durchzusetzen,  ist  es  da  nicht  viel 
wahrscheinlicher,  dass  ugt  Urheber  diesee  Frevels  Megakles,  Kleisthenes 
Vater  gewesen  ist,  alt  sein  ITrgrossvater?  Es  ist  ja  eine  gan«  gewohn- 
liche Erscheinung,  in  unserer  Ueberlieferung  über  die  ältere  griechi- 
sche und  römische  Geschichte,  dasa  Ereignisse  in  eine  frühere  Zeit 
hinaufgeröckt  werden,  als  die,  in  der  sie  wirklich  geschehen  sind;  hier 
können  politische  Gründe  die  Veranlassung  dacn  gewesen  sein,  denn  je 
längere  Zeit  seit  dem  kylonischen  Frevel  vergossen  war,  desto  weniger 
lioBS  sich  Perikles  deswegen  zur  Verantwortung  ziehen.  Auch  ist  et 
möglich,  dass  ein  Megakles  bald  nach  der  Mitte  des  VII.  Jahrhunderts 
in  der  ArchontenÜ  führt  war.    Ein  strenger  Beweis   ist  ja  bei 


I 
I 


I 


I 


Zar  Gfiflchichte  der  altereo  griechieclien  Lyrik. 


^&3 


meine  Maoii  noch  'von  Recht  und  Gericht  nichte  wnsste'  (oöt€ 
bίκaς  fjbeaav  οΰτε  νόμους)  und  vom  Junker  nach  Belieben  mit 
Fuaeen  getreten  wurde,  war  schon  damals  zu  Ende  gegangen. 
Und  nicht  in  Megara  allein;  auch  in  seinen  Nachbarstädten  im 
Süden  und  Osten.  Dort  hatte  Kypselo«  in  der  zweiten  Hälfte 
des  VII.  Jahrhunderts  die  Herrschaft  der  Bakcbiaden  gebrochen; 
hier  Solon  hundert  Jahre  vor  Theognis  θ€ίΤμούς  δμοίους  τώ 
κακώ  T€  κάγαθώ  gegeben,  und  dann  Peieistratoa  dessen  Werk  mit 
eiserner  Hand  vollendet.  Von  der  Gefahr  einer  Tyrannis  vollende 
konnte  in  Megara  keine  Hede  mehr  sein,  seit  diese  Yerfassungs- 
form  in  allen  umliegenden  Staaten  gefallen  war,  und  Sparta  die 
Hegemonie  auf  der  griechischen  Halbinsel  hatte.  Wer  das  alles 
nicht  einsieht  —  ja  dem  Manne  kann  freilich  nicht  geholfen 
werden. 

Aber  es  giebt  einen  Theil  der  griechisehen  Welt|  in  dem 
wir  SU  Theognis  Zeit  eben  die  Zustände  finden,  die  der  Dichter 
in  seinen  £legieu  schildert:  Sicilien.  Ich  darf  hier  wohl  auf 
das  verweisen,  was  ich  an  anderer  Stelle  über  diesen  Punkt 
geschrieben  habe  (Fkckeiscns  Jahrbücher  1888  S.  729  f.).  Und 
bekanntlich  war  Theognis,  nach  dem  Zeugnise  nuseree  ältesten 
Gewähreinannesi  Flaton^  aus  dem  sicilisclieu  Megara.  Dass  die 
Verse  783—8  (ήλθον  μέν  γαρ  έχωτ^  και  €ΐς  Σικ€λήν  ποτέ  γαϊαν) 
keine  Gegeninstanz  bilden,  ist  ja  wohl  anerkannt:  die  (Τφρηγίς, 
der  Name  des  Kjrnos  fehlt,  Piaton  kann  die  Stelle  In  seinem 
Exemplar  nicht  gelesen  haben,  und  ihr  Ton  passt  wohl  für  einen 
fahrenden  Sanger  naoh  Art  des  Xenophanes^  keineswegs  aber 
für  einen  politischen  Verbannten  wie  Theognis.  Έβ  ist  also 
alles  in  scliönster  Ordnung.  Aber,  wird  eingewendet,  es  weist 
in  den  Kyrnosüedern  nichts  anf  Sicilien.  Ja,  weist  denn  etwa 
das  geringste  auf  das  nieaeische  Megara?  Denn  die  beiden  Ge- 
bete 11 — 14  und  773—82  sind  zwar  von  Theognis,  gehören 
aber  nicht  in  die  Kyrnoslieder.  Und  auf  Sicilien  weist  alter* 
dinge,  wie  wir  gesehen  haben,  der  sociale  Hintergrund  der  Kymos- 


dem  Zustande  unserer  lieber  liefer  uog  nicht  eu  fuhren,  aber  ebenso 
wenig  lüsat  sich  beweiaon^  a&an  das  Ereignisa  in  das  YIL  Jahrhundert 
gehört«  Denn  Harodot  und  Tbukydides  geben  keine  Zeitbeatimmuiig, 
die  olympiiohe  Siegerüate  ist  für  das  VU,  Jahrhundert  künstlich  zu- 
recht  gemacht,  und  die  Attbrs  nicht  minder.  Wir  können  hier  nichts 
anderes  thun,  als  Wahrscheinlichkeiten  gegen  einander  abwägen;  dpr 
aber  Hilscht  die  Wahrbüit,  d(*r  uns  glnul>en  machen  will,  er  wisse  etwas, 
wo  ein  Wissen  unmöglich  ist«  ι 


Öeloch 


lieder,  weitt  ferner  der  Umstand ,  dass  Tlieognie  und  Kymoe  ak 
Reiter  gedieut  habeo.  Dae  allein  würde  j^enügen,  dae  tiisaeiiobe 
Hegara  *  auej^aschlieseeD ;  denn  dieee  Stadt  mit  ihrem  felsigen 
Gebiete  hat  zar  Zeit  der  Pereerkriege  (vgl.  die  Grabachrift  auf 
die  gefallenen  Megarer,  Simenides  fr.  107  Bergk),  and  noch  im 
peloponneeieohen  Kriege  (Tbuk.  II  9,  3)  keine  Reiterei  gehabt. 
Wenn  dann  weiter  behauptet  wird,  die  Erwähnung  des  Unter* 
gangfi  von  Magneeia,  Kalopbon  und  Smyrna  habe  dem  Sikelioteii 
ganz  fern  gelegen »  no  lag  sie  dem  Grriechen  ans  dem  Mutterlande 
ungefähr  ebenso  fern  (lieitxenBtein  S.  60);  die  F^legie  der  Inner 
aber,  aus  der  diese  Angaben  geechöpft  ftind^  war  Theognie 
in  Siciilen  nicht  minder  zugänglich,  aU  im  eigentlichen  Grie- 
chenland. 

Auch  die  berühmte  Elegie  237—55  (ΣοΙ  μέν  ίγώ  πτέρ' 
^buKa)  spricht  keineewega  gegen  den  »iciliAchen  UrepruDg  ihre« 
VerfoflBera.     Da  heieet  es  freilich : 

oubl  Oavuiv  άπαλεΐς  κλβος  . . . . , 
Κύρν€^  καθ'  *Ελλάί>α  γήν  (ίτρωφώμ^νος  ή6*  άνά  νήσους 

1χθυΟ€ντα  ττερύυν  πόντον  ^τι'  άτρύγετον, 
ούχ  ϊττπιυν  νώτοισιν  ΐφήμενος,  άλλα  ύ€  ιτίμψίΐ 

άγλαά  Μουαάων  butpa  ίοστίφάνΐϋν. 
Aber  wie  sagt  denn  Tbeognis  Zeitgenosee  Xenophanee? 
ήΐ^η  θ*  ίτττά  τ'  ίασι  και  έΕήκοντ'  ένιαυτοί 

βληστρίίοντος  ίμήν  φροντίο*  άν'  Ελλάδα  γήν. 
Der  war  ein  loner,  und  er  lebte,  als  er  da•  schrieb,  wahreohein- 
lieh  im  helleniechen  Westen,  hatte  jedenfalls  dort  lange  gelebt; 
für  ihn  also  war  'Ελλάς  γή  ^H^i*  Land^  soweit  die  bellenieche 
Zunge  klang*  Und  für  Theognie  nicht?  Ja  noch  mehr:  Tür  den 
Bewohner  des  griechi sehen  Feetkndea  sind  die  Inseln  zunächst 
die  Kykladeni  dem  Begrifi^  des  'Kesioten'  haftet  immer  etwae 
verächtliches  an;  konnte  es  da  fUr  Kyrnos  eine  beeondere  Khre 
Bein,  auf  Sikinos  oder  Pholegandros  gefeiert  eu  werden?  Waren 
aber  Theognie  und  Kyrnos  Sikelioten,  dann  verstehen  wir,  warum 
dem  Dichter,  als  er  die  Worte  καθ'  Έλλά5α  γήν  geschrieben  hatte, 
sogleich  die  heimische  Insel  in  den  Sinn  kam.  und  wir  ver- 
stehen auch  die  auf  den  ersten  Blick  etwas  befremdenden  Worte 
ΙχθυΟ€ντα  περών  ττόντον  έττ'  άτρύγ€Τον 
ούχ  ϊπτηυν  νώιοισιν  έφήμενος. 
Der  Dichter  erinnert  sich  eben,  dass  man  von  Sicilien  nach 
den  Übrigen  Theilen  der  griechiachen  Welt  nur  zn  Schiffe  ge- 
langt^n  kann;    int    man    dann    drüben,   mag  man  den  Wagen  be- 


Zur  Geschichte  der  älteren  griechischen  Lyrik. 


δδ5 


ttteigen.     So  aufgefaset  gehen  die  \ΓβΓβθ,    deoke  iob,    eben  guten 
Sinn;    end  wir  köunen  die  Heepferde   und  eonetigen  Faheltbiere, 
auf  denen  KyrnoR  henimgerilten  «ein  eoll,  ruhig  ihren  Eriindem 
^^berlassen. 

^B  Das  Gebet  an   Phoebos  endlich  heweiet    nach   keiner  Rieh* 

^■nng  hier  etwas,  da  da»  siciliache  Megara  im  Jahre  480  zerstijrt 
^vwar,  die  ganze  Insel  nnter  Tyrannen  stand«,  und  nichts  natür- 
licher iat,  ala  dass  am-  Dichter,  der  Heimatb  beraubt,  in  der 
alten  Mutterstadt  eine  Zuflucht  suchte.  In  diese  Zeit  mag  auch 
das  Lied  an  Artemis  fallen  (11—14,  vergl.  Paus.  I  4%  1\  übrigens 
konnte  man  ja  auch  in  der  Colonie  zu  den  Göttern  der  Mutter- 
atadt  beten. 

Wir  sehen  aleo:  die  siciliache  Heimath  des  Dichters  ist 
durch  Piaton  bezeugt  und  wird  durch  den  Inhalt  der  Elegien 
bastätigt;  für  dae  nisaeiaohe  Megara  spricht  nichts,  als  die  Mei- 
nung des  Didymos,  die  sich  aber  nicht  etwa  auf  eigene  For* 
echungen  grfindet^  sondern  ausschlieeslich  auf  die  Elegie  ήλθον  μίν 
γάρ  ifm^e  και  εις  Σικ€λήν  ποτ€  ταϊαν.  Aber  diese  Ansicht  ist 
zur  παρά6οσις  geworden  in  einer  Zeit,  als  unsere  Tbeognidea  noch 
in  Bausch  und  Bogen  als  Werke  des  niegarisehen  Dichters 
galten ;  sie  ist  in  alle  unsere  Handbücher  der  Litteraturgcschicbte 
übergegangen,  und  sie  wird  sobald  daraus  nicht  verschwinden. 


Alkaeoe  nnd  der  Krieg  um  Sigeion* 


^B  Wie  bekannt  ist   die  Frage  nach   der  Zeit,  in  der  Alkaeoe 

^■gelebt  bat,  aufs  engste  verkntipfl  mit  der  Chronologie  der  Känapfe 
^fjiwischen  Athen  und  Mytilene  um  ά&η  Besitz  von  Sigeion.  Die 
neueste  Untersuchung  über  diesen  Krieg,  von  Johannes  Toepffer 
{RL•  Mus,  49,  230  ff  j  bat  nach  meiner  Ansicht  unsere  Erkennt- 
nisB  nur  wenig  gefördert,  denn  der  Verfasser  beschrankt  sich 
darauf,  zti  beweisen,  was  niemals  bestritten  worden  ist  Es 
ist  ja  ganz  evident:  wenn  die  alexandrinischen  Chronographen 
Hecht  hatten,  Alkaeos  und  Pittakos  an  das  Ende  des  ΥΠ.  Jahr- 
hunderts  zu  setzen,  wenn  Pittakos  den  Athener  Phrynon  im  Zwei- 
kampf erschlagen  hat,  und  dieser  Phrynon  identisch  ist  mit  dem 
Olympioniken  von  636,  wenn  Periandros  diesen  Krieg  durch  einen 
Bchiedsspruch  geschlichtet  bat^  und  das  uns  überlieferte  Todes* 
jahf  des  korinthischen  Tyrannen  glaubwürdig  ist,  dann  kann 
per  Krieg  nicht  identisch  sein  mit  dem  Kriege,  den  Peisistratos 


9M 


Beloch 


gegen  Mytilene  geführt  liat,  ού  γαρ  έν5έχ€ται  ταΐς  ήλικίαις,  dam 
müeaen  wir  aunehmen,  dass  die  Athener  Sigeion  den  M/ti)eDaeem 
zweimal  entnafteo  haben,  und  daee  folglich  nioht  ein  Krieg« 
eonderu  drei  Kriege  mm  den  Besitz  dieeer  Stadt  geführt^ 
worden  Bind  : 

1.  der  Krieg,  den  Periandroe  darch  eeioe  Verimtielaiig 
beendetOf 

2.  ein  Krieg,  in  dem  die  Mytilenaeer  Sigeion  zurückge- 
wannen, 

3.  der  Krieg  unter  Peieietrato». 

Also  nicht  das  galt  e§  zu  beweisen,  was  niemand  beswetfalt 
hat,  sondern  es  galt  zu  untersuchen^  wieweit  jene  Voraneeetzungeii 
berechtigt  sind.  Das  soll  hier  in  aller  Kürze  geschehen;  denn  aeit 
ich  diese  Frage  vor  Jahren  zum  ersten  Male  behandelt  babe^ 
Imt  fiich  theils  unser  Material,  theils  meine  Erkenntniss  erweitert. 
Toepffer  überzeugen  zu  wollen,  liegt  mir  dabei  natürlich  eehr 
fern;  denn  swei  Foreeher,  die  von  entgegengeeetsten  kriti- 
«dien  Prinzipien  ausgeben^  mliesen  auch  tn  entgegeugeaetstea 
Resultaten  gelangen,  und  hier,  in  einer  Detaiifrage,  hat  jeder 
das  Reoht,  zu  erwarten,  dase  ihm  sein  kritUcber  Ausgaogapunkt 
als  subjectiv  gegeben  zugestanden  wird.  Ich  selbst  gebe  Toepffer 
gern  au,  dasa  er  von  seinem  Standpunkte  aus  durchaus  correct  ge- 
tebloeaen  liat,  glaube  aber  aucb  meinerseits  darauf  Anspruch  zu 
haben,  das»  man  bei  der  Beurtheilung  meiner  Ergebnisse  auf 
meinen  kritisoben  Standpunkt  RilckeicLt  nimmt.  Nur  einen 
Fehler  finde  ich  in  der  Schlusskette  Toepffers:  den  leisen  Zweifel 
nämliob,  der  ihn  beschleicbt»  ob  Ptttakos  wirklich  als  Retiarier 
gegen  den  Myrmillonen  Phrynon  gekämpft  hat.  Das  ist  ja  io 
guten  Quellen  tiberliefert,  bei  Strabon  und  ähnlichen  Leuten;  was 
bleibt  uns  da  übrig,  als  ja  und  amen  su  sagen? 

Was  itib  zu  bemerken  habe  ist  folgendes.  loh  gebe  es  io 
aphoristischer  Form,  da  ich  Wiederholungen  von  schon  früher 
geiagtem  mögliohst  vermeiden  möchte. 

1)  Unsere  Ueberlieferung  weiss  nur  von  einem  Kriege 
wegen  Sigeion*  Herodot  setrt  ihn  in  die  Zeit  des  Peiaistratoa ; 
Strabon  nnd  Diogenes  geben  keine  Zeit  an,  haben  den  Krieg 
aber  ohne  Zweifel  um  600  gesetzt,  da  ihnen  Pittakos  als  Zeit- 
genosse Sotons  galt  Eusebios  gibt  Ol.  43,  3  als  Datum  des 
Zweikampfes.  Von  einem  Kriege  unter  Peisistratoe  sagen  alle 
diese  Quellen  nichts;  es  ist  aber  möglich,  ja  wahrscheinlich» 
daas    schon    die    gelehrten   Historiker    des    Ältertbums    dieselbe 


i 

I 


4 

I 
I 


Zur  Oeichichte  der  llteren  griediiachen  Ljrik. 


057 


Combination  gemacht  haben,  wie  ihre  moilernen  Nachfolger.  Eine 
ealcbe  Combination  iat  aber  sei betvere tan d lieh  kein  htstorieehee 
Zengniss,  ganz  gleich  ob  sie  Ton  £phoroB  hernllirt,  oder  von 
Max  Dnncker. 

2)  Kein  in  diesen  Dingen  ürtheilafähiger  zweifelt  heute 
mehr  daran,  dass  die  ganze  aue  dem  Ältertham  überlieferte 
Chronologie  der  griechischen  Geschichte  vor  den  Pereerknegea 
aaf  solchen  Combinationen  beruht,  mit  Ausnahme  einer  verhält - 
niesmässig  kleinen  Zahl  durch  die  Epoiijmen-  oder  Siegerlisten 
fest  bestimmter  Paukte.  Die  Grundlage  dieser  Combinationen 
bildete  die  Rechnung  nach  Generationereihenr  und  die  so  erhal- 
tenen Resultate  wurden  dann  in  Synchrouiemen  gezwängt.  Pie 
Methode  ist  ganz  richtig,  und  auch  wir  haben  keine  andere ;  alles 
bangt  davon  ab,  oh  sie  mit  der  nöthigen  Vorsicht  gehandhabt 
wird.  In  der  Regel  setzte  man  die  Dauer  der  Generation  zu 
lang  an,  und  erhielt  in  Folge  dessen  zu  hohe  Daten.  Das  gilt 
für  Archilochos,  Tyrtaeos,  Alkman,  Mimnermos,  Theognis  und 
sehr  viele  andere.  Hatte  ein  Mann  nun  vollends  das  Unglück, 
zu  den  sieben  Weisen  gerechnet  zu  werden,  so  ist  seine  Chrono- 
logie ganz  besonders  unzuverläesig,  denn  die  sieben  Weisen  soll- 
teii  ja  Altersgenossen  gewesen  sein,  und  dem  hatte  alles  andere 
sich  zu  fiigen.  Sie  mussten  also  alle  wohl  oder  übel  in  die  Zeit 
Solons  gerückt  werden.  Es  wäre  demnach  sehr  unvorsichtig,  auf 
die  Angaben  der  antiken  Chronographen  über  die  Lebenszeit  des 
Pittakos  irgend  welches  Gewicht   zu  legen. 

3)  Dass  die  Geschichte  von  Pittakos,  der  seinem  Gegner 
Phrynon  ein  Netz  über  den  Kopf  warf,  und  ihn  dann  mit  dem 
I)reizack  erstach,  dass  diese  Geschichte  nichts  weiter  ist  als  eine 
Legende,  ist  klar,  oder  sollte  es  sein.  Der  Strateg  von  Mytilene 
kann  doch  nur  in  schwerer  Rüstung,  oder  zu  Pferde  in  den  Krieg 
gezogen  sein^  und  haben  denn  die  Feldherrn  in  Pittakos  Zeit 
eloh  überhaupt  noch  im  Einzelkampfe  gemessen  wie  einst  die 
homerischen  Helden ?  Jedes  weitere  Wort  darüber  wäre  zu  viel; 
μή  γλβΐο»ίας  *ΑθήναΕ€,  üebrigens  hat  Toepffer  selbst  früher  über 
diesen  Punkt  viel  richtiger  geurtbeiltj  als  jetzt;  ich  verweise  auf 
die  Quaestiones  Pisisiraieae,  Eine  Legende  aber  wird  daduroh, 
dass  man  ihr  das  Wunderbare  abstreift,  noch  lange  nicht  zur 
Geschichte.  Und  es  ist  sehr  zweifelhaft,  ob  diese  Legende  ur- 
eprünglich  sich  überhaupt  auf  den  eigeiischen  Krieg  bezogen  hat, 
und  nicht  erst  später  damit  in  Verbindung  gebracht  ist,  als  dem 
einzigen  Kriege,  von  dem  man  aus  Pittakos  Zeit  Kenntnis»  hatte. 

EheiD.  Mufl.  f.  FblJol.  N,  F.  L.  Π 


268 


Beloeh 


Bei  jeder  flolclien  £rzahlung  iet  die  Poiiite  die  Haupteftclie ;  lüet 
iiegt  sie  darin,  daee  Fittakoe  durch  eeinen  Zweikampf  «einer  ätadi 
einen  streitigen  Landstrich  gewinn t^  der  dann  unter  die  Bürger 
aufgetheiit  wird  (Diod.  IX  12, 1,  Val  Max,  VI  5  E.vL  U  Laeru 
Diog.  I  75,  Poiyaen.  I  25);  ea  gab  noch  später,  wir  wiaeen  leider 
nicht  wo,  eine  ΤΤιττάκ€ΐος  χώρα  (Oiog.  I  75,  Plnt.  de  Hetod. 
malign,  15  ä.  868),  deren  Name  wahrscbeinlich  den  Anlaea  za 
der  ganzen  Legende  gegeben  hat  Nnn  haben  aber  die  MjrtUe- 
naeer  Sigeion  doch  nicht  wieder  bekommen,  da  ja  Periandros  den 
Krieg  damit  beendigt  haben  eoll,  dasfi  er  den  Besitz  der  ätadt 
den  Athenern  bestätigte.  Der  Zweikampf  des  Pittakos  mit  Phrj* 
non  wäre  ako  doch  fruchtlos  geblieben ;  und  dann,  wozu  t€tv^  de 
bruit  pour  une  omeleUe? 

4)  Wollten  wir  aber  trotz  alledem  den  Zweikampf  des 
Pittakoi  mit  einem  Athener  Phrynon  als  historisch  ansehen^  *<> 
bliebe  es  doch  ganz  nngewiss»  in  welche  Zeit  dieser  Zweikampf 
zu  setaen  wäre.  Denn  es  beweist  nicht  das  geringste,  daee  ein 
Φρύνιυν  'Αθηναίος  in  unserer  Olympiouikenliete  als  Sieger  im 
Stadion  OL  3ΰ  (^M)  verjceiehnet  steht,  da  dieses  YerzeichDisa 
für  das  VIII.  und  VIL  iTahrhundert  küjistlich  zarecht  gemacht 
ist,  und  für  die  Chronologie  gar  keinen  Werth  hat.  Dartiber  gele- 
legentiioh  Näheres;  für  jetzt  verweise  ich  auf  Gr.  Gesch.  I  S.  10* 
Und  wäre  die  olympische  Liste  auch  echt,  so  würde  daraus  noch 
lange  nicht  folgen,  dass  der  Sieger  von  Ol.  36  mit  dem  Gegner 
des  Pittakos  identisch  ist.  Wir  alle  wiesen  es  ja,  dass  dieselben 
Namen  in  griechischen  Familien  sich  beständig  wiederholen,  und 
wer  seinen  Pindar  kennt,  weiss  aucb^  dass  die  Sohne  und  £nkel 
der  Sieger  in  den  Nationalipieleu  sehr  oft  wieder  solche  Siege 
erningen  haben.  Auch  nennt  Diogenes  den  Gegner  des  Pittakos 
ja  ausdrücklich  παγκρατιαστής,  während  der  Phrynon  der  olym* 
pischen  Liste  im  Stadion  gesiegt  hat.  Gerade  wer  auf  das  Zeug- 
nisa  des  Diogenee  oder  ähnliche  Quellen  so  hohen  Werth  legt  wie 
Toepffer,  bat  am  wenigsten  das  Recht,  leichthin  über  dieaen 
Widerspruch  wegzugehen.  Und  wenn  in  dem  uns  erhaltenen 
Verzeichnifis  der  Olympioniken  zu  lesen  steht:  Φρύνυυν  'Αθηναίος, 
δς  Πιττακφ  μονομάχων  άντιρ^θη,  so  ist  das  ein  Zusatz  des  Be* 
daktors  der  Liste^  keineswegs  ein  urkundliches  Zeugniss,  Oder 
sollen  wir  etwa  glauben^  die  officielle  Siegerliste  von  Olympia 
habe  biographische  Notizen  über  die  Hieger  enthalten  ?  Uebrigens 
wäre  es  nützlich,  wenn  diejenigen,  die  sich  mit  älterer  griechi- 
scher Gescliiohte  beschäftigen,    hin  und  wieder  den  Herodot  ans 


^ttr  Geschieht e  der  älteren  griecMschen  Lyrik, 


950 


'  Hand  legtan,  um  aich  den  Livlus  aDzuflahen.  Sie  würden 
dann  vielee  lernen,  unter  anderem  auch,  welche  Verwirrung  die 
Ηοιηοητιηίβ  anzurichten  vermag- 

5)  Es  hleibt  die  TTepiavbpou  κρ1(Τΐς;  und  hier  muiB  iuh 
xuTiächet  einen  Irrthum  herichtigen.  Ich  habe  angeuommenf  die 
Urkunde  dieses  Schiedsepmches  sei  noch  im  IV.  Jahrhundert  er- 
balten gewesen;  ToepfFer  ist  sogar  so  sauguinisch,  die  Hoffnung 
zu  hegen^  dass  der  Stein  selbst  noch  eiumal  entdeckt  werden 
wird.  Aber  die  Stelle  des  Aristoteles  besagt  etwas  ganz  anderes« 
Sie  lautet:  (Mhei.  I  15,  H)  λέ^ω  bi  παλαιούς  μέν  (μάρτυρας) 
τους  τε  ιτοιητάς  και  öumv  δλλων  χνωρίμων  eidi  κρίσεϊς  φανε- 
ραί,  οίον  'Αθηναίοι  Όμήρψ  μάρτυρι  έχρήσαντο  π€ρ\  Σαλαμίνος^ 
καΐ  Tevibioi  Ιναγχος  ΤΤβριάνορψ  τψ  Κορινθίυμ  προς  Σιγειεϊς. 
και  Κλ€θφΐΒν  κατά  Κριτίου  τοΐς  Σόλωνος  έλεγε ίοις  έχρήσατο. 
Konnte  Aristoteles  sich  ho  ausdrücken,  wenn  die  Tenedier  sich 
anf  einen  wirklichen  Reohtstitel  berufen  hätten,  wie  ihn  die  Ur- 
kunde über  Periandros  Schiedaspruch  gebildet  hätte?  Sie  hätten 
ja  dann  etwas  ganz  selbstveretändlichea  gethan,  dessen  Hervor- 
Uebuug  in  diesem  Zusammenhang  sinnlos  gewesen  wäre.  Viel- 
naehr  stand  die  rechtliche  Beweiskraft  der  Περιάνδρου  κρίσις 
offenbar  auf  ganz  gleicbeT  Linie  mit  der  des  homerischen  BoLiffs- 
katalogea  und  der  Elegien  Solons,  mit  der  sie  von  Aristi>teles  in 
einem  Alhem  erwähnt  wird;  es  handelte  sich  also  auch  hier  um 
ein  litterar  iß  ohee  Zeugniss,  mit  anderen  Worten,  die  Teuedier  be- 
riefen «ich  anf  einen  Historiker,  der  die  Περιάνδρου  κρίαις  er- 
nv^äbnt  hatte.  Das  kann  sogar  Herodot  gewesen  sein,  nach  dem 
der  Spruch  des  Periandros  gelautet  hat  νέμεοθαι  έκατέρους  την 
£χου0ι;  womit  die  Tenedier,  wenn  sie  im  Besitze  des  mit  Bigeion 
ülrcitigen  Gebietes  waren*  darßhans  zufrieden  sein  konnten.  Sie 
hätten  dann  etwa  gesagt :  seht,  was  wir  verlangen,  ist  nur  recht 
und  billig,  denn  schon  der  weise  Periandros  hat  den  Krieg  zwi- 
schen Athen  und  Mytilene,  der  hier  in  unserer  Gegend  geführt 
wurde,  auf  derselben  Basis  beigelegt.  Es  iit  aber  natürlich  atiob 
möglich,  dase  die  Tenedier  sich  auf  einen  späteren  Historiker  be- 
riefen, der  HerodotB  Erzählung  weiter  ausgeschmückt  hatte.  Es 
bleibt  also  nur  die  Thatsache,  dass  man  in  Herodots  Zeit  glaubte, 
der  Streit  um  Sigeion  sei  durch  Periandros  Vermittelung  ge- 
schlichtet worden*  Wie  weit  diese  Meinung  berechtigt  war,  ist 
eine  ganz  andere  Frage;  denn  ee  ist  doch  klar,  dase  ein  Zeug- 
niss   Herodots  an  und  für  sich  gar  ninbfa   beweist  für   ein  Ereig• 


feo 


Β  e  loch 


ιιίββ;   das    lOO   oder  150  Jabre    vor  die  Zeit   dieiei 
lera  fällt 


Wie 


Siebe 


epater  Zeit    über  diese  Diu 


wenig  öicneree  man 
gewusat  hat,  zeigt  recht  deutlich  die  Angabe  des  Timae 
daafi  Periandros  eich  auf  Seite  der  Mytilenaeer  an  dem  Erie^^ 
betheiligt  h&tte.  Denn,  wie  Demetrioa  von  Skepsia  gana  riol»  ^g 
bemerkt,  diese  Version  iet  unverträglich  mit  jener  anderen,  «?j> 
pDriandros  zum  Subiedariohter  macht  (Strab.  XIII  600). 

Ueberbanpt  hat  die  Annahme,   daaa  Athen  und  Mytilene  sm 
Ende  deg  VIL  Jahrhunderte    die  Vermittelung  Feriandroe    ange- 
rufen haben  sollen,  recht  wenig  innere  Wahrscheinlichkeit.    Man 
denke    an    die  angebliche  Vermittelnng  Spartas    in    dem  Kriege 
2wiBuhen  Athen  und  Megara  um  570,    die    ganz    aicher   unhieto- 
riech  ist;  aus  dem  einfachen  Grunde,  weil  der  Maohtbereich  Spar^ 
tae  in  dieser  Zeit  noch  auf  den  Süden  des  Peloponnea  beachrSnkt 
war.     Es  sind  hier  die  Verhältnisse  einer  viel  spateren  Zeit  auf 
den  Anfang    des    VI.  Jahrhnnderts  übertragen  worden.     Und  ea 
liegt  nicht  der  geringste  Grund  vor  zu  der  Annahme,    daas  das 
Schiedegericht  Periandros  in  der  aigeiischen  Sache  grossere  histo- 
rische Kealität  hat.     Vielmehr    lässt    sich  noch  nachweiaen,    wie 
der  Name   dee  Tyrannen   von  Korinth    in    die  Händel    iwischen 
Athen  und  Mytilene  verwickelt  worden  ist, 

W^ir  wuaeten  aus  Herodot,  dass  Peisistratos  seinen  Sohn  He* 
gesistratoB  zum  Uerrsoher  in  Sigeion  eingesetst  hat*  Wir  wiRsen 
jetzt  aus  Aristoteles  ^Αθηναΐϋΐν  ττολιτεία,  dass  die  Mutter  dieaoa 
Hegesistratos,  die  Argeierin  Timonaesa,  in  erster  Ehe  mit  dem 
KjpseUden  Arohinos  aus  Ambrakia  vermählt  gewesen  war, 
also  mit  einem  nahen  Verwandten  des  Periandros.  Und  wenn  es 
richtig  ist,  was  Aristoteles  eriähltj  dass  Hegesietratos  vor  der 
Schlacht  bei  Paliene  ein  Corps  von  lOOO  Argeiern  zur  Hülfe  für 
Peisistratos  heranführte^  so  ist  klar,  dass  er  nicht  der  leibliche 
Sohn  des  athenischen  Tyrannen  gewesen  ist,  sondern  sein  Stief* 
Bohn.  Denn  Peisistratos  hat  die  Timonassa  frühestens  zu  Anfang 
seiner  sog.  zweiten'  Verbannung  geheirathet^,  da  er  während 
seiner  'zweiten'  Tyrannis  mit  der  Tochter  der  Megaklee  venn 


t 


I 

I 


II       WimW       i 


^  DasE  Timon&Asa  die  legitime  Gemahlin  des  Peisistrates 
itti  ist  selbst veretaiidlich,  denn  sie  war  eine  sehr  vornehme  Frau.  Wenn" 
AriKtotelet  sie  £u  der  γαμέτη  in  Gegetisat^  fitt^lt,  eto  üb  erträgt  er,  ww 
90  oft,  die  AnschauTiTigen  feiner  eigenen  Zeit  auf  das  VL  J&hrhundeK. 
V«rgl.  Gr  G€»€h,  l  411. 


Zur  Geschiebte  der  älteren  griechischen  Lyrik.  9S1 

^ar;  Hegeeistratoe  konnte  abo^  wenn  er  der  leibliche  Sohn  den 
Peisietratos  war,  zur  Zeit  der  Bchlacbt  von  Pallene  höchstene  ein 
neunjähriger  Junge  sein*  War  er  dagegen  PeisiBtratoe  Stiefeolm 
80  würde  auch  die  Angabe  des  Herodot,  wonach  Hegesietratoe 
HAch  der  Eroberung  von  Sigeion  dort  xuui  Herrecher  eingeeetit 
wurde,  äie  leich teste  Erklärung  finden.  Dagegen  ist  freilich  die 
Mögliclikeit  in  Betracht  zu  ziehen^  dass  die  Erzählung,  Hegeai- 
stratoe  habe  die  Argeier  herangefiilirt,  Tielleicht  nur  aue  dem 
Namen  herauegeeponnen  ist,  und  dass  weiterhin  gerade  dieser 
Name  dafür  spricht,  daae  er  der  leibliche  Sohn  dee  PeiBistratos 
war.  Mag  dem  nun  sein  wie  ihm  will,  jedenfalls  stand  Hegeei- 
atratoe  durch  seine  Mutter  in  enger  verwandtschaftlicher  Besie- 
hung zu  Periandros  Hause.  Und  wäre  es  nicht  ein  sehr  eigen* 
thiünlicher  Zufall,  wenn  dieser  selbe  Periandroe  schon  ein  halbes 
Jahrhundert  ehe  Peisistratos  Tjrann  von  Athen  wurde,  den 
Athenern  den  Besitz  von  Sigeton  zugesprochen  hätte,  wo  später 
ein  Mann  herrseben  sollte,  der  seinem  Hause  so  nahe  stand  ? 
Und  ist  es  nicht  Bebr  viel  wahrsohein  lieber,  dass  eben  dieise  Ter- 
wandtschaft  des  Hegeststratos  mit  Periandroe  die  Veras laeeung 
MU  der  Sage  von  der  TTcpiavbpOü  κρίσις  gegeben  hat? 
V  Uehrigens  möchte  ich  hier  doch  im  Yorbeigehen  darauf 
Bin  weisen,  dass  wir  über  die  Zeit,  wann  Periandroe  gelebt  hat, 
absolut  nicht«  sicheres  wissen.  Denn  die  ganze  altkorinthische  Chro- 
nologie ist  conventionell  zurecht  gemacht;  90  Jahre  werden  auf 
die  Prytanen  gerechnet,  30  auf  Kypselos,  40  auf  Periandroe; 
und  die  chronologische  Festlegung  der  ganzen  Reihe  beruht 
wieder  darauf,  dass  Periandros  zu  den  siehen  Weisen  gezählt 
wurde.  Wir  hahen  also  nicht  die  geringste  Gewähr  dafiir^  dass 
Periandros  wirklich  im  Jahr  oder  auch  nur  ums  Jahr  585  ge- 
storben ist.  Nun  ist  die  eesobichte  Korinthe  in  der  Zeil  vom 
Sturze  der  Tyraunis  bis  zum  Kriege  gegen  Polykrates  für  uns  ein 
völlig  unbeschriebenes  Blatt,  und  es  wäre  an  und  fiir  sich  sehr 
wohl  möglich,  dass  die  Tyraunis  von  Korinth  sich  einige  Jahr- 
zehnte länger  gehalten  hat,  als  die  Chronographen  annehmen. 
Herodot  ist  dieser  Ansteht  gewesen;  denn  er  betrachtet  Perian- 
dros als  einen  Zeitgenossen  des  Peisistratos,  er  legt  dem  Korin- 
thier  Sokles  eine  Rede  in  den  Mund«  wie  sie  nur  gehalten  werden 
konnte,  wenn  das  Andenken  an  die  Herrschaft  der  Kypseliden 
am  Ende  des  VL  Jahrhunderte  noch  frisch  war;  er  spricht  end- 
lich bei  Gelegenheit  der  Hochzeit  der  Agariste  von  den  korinthi- 
,en  Kypseliden   in  Ausdrücken,    als    ob    sie    damals    noch  auf 


Belocb 


J^%m  l[%xw^  geMteen  hätten.     Er  bleibt  sieb  alte  an  drei  Stellen 
ii  iMitynm  Plmkte  völlig   consequent;   und  wenn    er   βδ   andes^er 
SitlW  INriaiidroe  und  Alyattee  als  Zeitgeooesen  nennt,  so  beweist 
Iftt  aaoli  keiner  Eiobtung  hin  etwas,  da  ja  Alyattes  naob  Hero- 
ΛΑ  ro^  $17—560  regiert  hat.     Dazü   tritt    eine  Reihe    anderer 
Ittdieten.     £pidainnoB  war  eine  korkyraeische  Colonie,  mit  einem 
korinthischen  Bakcbiaden  ale  Oekisten  (Tbttk.  I  24);   es  ist  aUo 
klar,  daes  die  Stadt  nicht  während  der  EypselidenherrBchaft  ge- 
gründet eeiu  kann.  Die  Gründung  fallt  aber  naoh  Eueebios  in  625; 
ist  dieses  Datum   ncbtig»    eo    kann  Kypeelos    erst    nach    dieaem 
Jahre  Tyrann  von  Korinth  geworden    eein^    und  Periandros  Tod 
rüokt,  wenn  wir  an  der  Blebzig;iäbrigen  Dauer  der  Dynastie  feat- 
halten,  bis  etwa  550  oder  noch  tiefer  herunter.     Ferner  war  Pe- 
riandros  Gattin  Melissa  eine  Enkeltochter  des  arkadischen  Königs 
Änstokrates  (Herakleidea   Pont  bei  Laert.  Diog,  I  94),    der  die 
Messen ier   bei    ihrem  Abfall    gegen    Sparta    unterstützte ;    wenn 
dieser  Krieg  aleo»  wie  sehr  wahrsoheinlicb,  an  das  Ende  des  VIL 
Jahrhunderts    gehört    (Gr.  Gesck  I  284 f.),    so    mues  Periandros 
Begierung  in  die  erste  Hälfte  des  VI.  Jahrhunderts  gesetzt  werden. 
Dazu  kommt    dann    das  Eengniss  des  Aristoteles,    wonach  Peiei* 
Stratos  dritte  Gemahlin,  die  Argeierin  Timonaesa,  in  erster  Ehe 
dem  Kypseliden  Archinoa  aus  Ambrakia  vennablt  war.     Sie  hei- 
rathete  Peisietratos  während  seiner  Verbannung.     Sollen  wir  denn 
annehmen,    dase    ihr  Vater  für  verbannte  Kronprätendenten  eine 
besondere  Vorliebe  hatte,  und  auch  Archinoa  ein  solcher  geweeeo 
ist?     Ist  es   nicht   yiet  wahrscheinlicher,    dass  zu  der  Zeit,    als 
Timonaesa  Archinoa  die  Hand  reichte,  das  Geschleoht  der  Kypse- 
liden noch  auf  dem  Throne  von  Ambrakia    geaessen  hat?      Und 
ebenso  wahrscbeinlicb,    und    darum    bisher  auob  allgemein  ange- 
nommen, ist  esj  dass  der  Bturz  der  Kypaelidenherrsohaft   in  den 
korinthischen  Pflanzatädten  auf  ihren  Sturs  in  Korinth  selbst  bald 
gefolgt  ist.     Also  auch  hiernach  müesten  die  Kypaeliden  bia  gegen 
die  Mitte  des  VI.  Jahrhunderts  geberrecht  haben.     Wenn  es  end- 
lich richtig  iatr    daa«   die  8partaner    bei    der  Befreiung  Korinthe 
die   Hände  im  Spiele  hatteu,  was  Thukydides  geglaubt  zu  haben 
Boheint  (I  18)^  so  könnte  auch  danach  der  Sturz  der  Kypaeliden 
nicht  vor  550  gesetzt  werden;    denn  vorher    hatte  Sparta    ganx 
andere  Sorgen* 

Daa  alles  bat  nun  freilich  keine  absolute  Beweiakraft;  6i 
sind,  wie  ich  aagte^  eben  nur  Indicien,  von  denen  jedes  einzeln 
genommen    sieh    mit  Leichtigkeit  hinwegin terpretiren    iasst,    die 


I 


Zur  Geachichte  der  älteren  grieohisohen  Lyrik. 


263 


Ikber  in  ibrer  Geeammtbeit  den  Ansatz  der  Chronograpliei]  reioli- 
lich  aufwiegen.      Die  Wahrheit  iet    die:    wir  wLsBen  nicbte,    gar 

Eichte  über  die  Zeit,  waoii  die  Tyrannie  in  Korintb  gefallen  ist, 
Is  nur  dae  eine,  dass  die  Stadt  frei  war,    als  de  im  Bande  mit 
iparta  den  Krieg  gegen  Polykratei  führte  Κ     Und  eben  weil  ich 
nichte  welter  weiss,  glaube  leb  mehr  zu  wisfien  als  jene,  die  etok 
J)ci  dem  Ansatz  der  Chronographen  ohne  nähere  Prüfung  beruhigen• 
I  Und    ntiB    zurück    zu    Sigeion.     Wir   haben  gesehen,    daee 

weder  die  Legende  von  dem  Zweikampf  des   PittakoB,    noch  der 
angebliche    Scbiedaepruch    des    Periandroe    une    ein   Recht    gibt, 
eine  zweimalige  Eroberung  von  Sigeion  anzunehmen.      Und  eine 
eolche    Annahme    wäre    auch    sonst,    aus    inneren    wie    äusseren 
Gründen,    sehr    bedenklich.      Es    ist    immer    sehr    misslicb,    ein 
überliefertes  Ereigntss    zu  verdoppeln,   bloee  um  cbronologiechen 
Schwierigkeiten    ans    dem  Wege    zu    geben.      In  solchen  Fällen 
ist    immer    zehn    gegen    eins    su   wetten,    dass  etwas  in  unserer 
Chronologie    faul    ist.     Vor    allem    aber:    Athen    ist    erst  durch 
Iffeieistratoa    zur    Gel  ο  malmacht    geworden.     Und    eine    Zelt    der 
■Revolution,     wie    sie    der    solonlschen    Gesetzgebung    vorausge- 
gangen  ist,    war  am  wenigsten  geeignet  zu  weitaussehenden  co- 
taonialen  Unternehmungen;   hat  doch   das  Eupatrldenregiment  es 
Tiioht  einmal    vermocht,    Megara   gegenüber  seine  Ansprüche  auf 
Salamis  geltend    zu    machen.     Hat  es  da  auch  nur  die  geringste 
■Wahrscheinlichkeit,  dass  Athen  sich  in  dieser  Zeit  in  einen  Krieg 
am  fernen  Hellespont  gegen  das   mächtige  Mytilene    eingelassen 
hat?    Und  zu  welchem  Zweck?  Denn  wohlgemerkt:    es   handelt 
ich  bei  Sigeion  nicht  etwa  um    eine  Ackerbaucolonie,    nach  der 
lie  überschüssige  Bevölkerung  Attikas  hätte  einen  Abfluss  finden 
können,  sondern  um  die  Besitznahme  eines  kommerziell  wichtigen 


*  Ich ''habe  Gr.  Gesch.  I  320  Ä,  gesagt  *  eine  untere  Grenze  (für 
ieri  Anaatz  von  Periandroa  Tod)  gibt  der  Versuch  Fhcidons»  sich  Ko- 
rinthe zu  bemächtigen'.  Um  Misevoratäudnissen  vorssubeugeti»  erkläre 
ich  ausdrücklichj  dase  ich  sehr  weit  davon  entfernt  bin,  meinen  Ansatz 
Pheidons  auf  die  erste  Hälfte  deiä  VI.  JahrhuadcrU  {Gr,  Gesc?*.  1  282) 
für  mehr  als  approximativ  richtig  zu  halten,  und  natürlich  auch  sehr 
wohl  wciss^  dase  die  Berichte  über  Pheidone  AnBchläge  auf  Korinth  nur 
sehr  aeh wache  Gewähr  haben.  Iet  die  Sache  wirklich  historisch,  so 
könnte  8ιΘ|  wenn  nöthig»  auch  vor  die  Kypselidenherrschaft  hinaufge- 
rückt  werden,  angenommen,  dass  diese  etwa  um  ΘΟΟ  oder  etwas  früher 
begonnen  hat.  Dann  würde  Ph^idon  in  die  zweite  Hälfte  des  VI  I.Jahr - 
bunderts  ssu  setzen  sein. 


264 


Beloch 


Fnnkiee,     Ναη  war    die    Beberrechnng    dee   Helleeponte   für  dae 

zur  GroB8Btadt  herangewaolieeDe  Athen  dee  V.  Jabxhandertii 
allerdinge  eine  LebenBfrage^  da  man  auf  die  Einfubr  deg  poli- 
tischen Getreide»  angewieeen  war ;  und  schon  für  Feisietratoa 
wird  dieselbe  Kiioksicht  massgebend  gewesen  sein,  als  er  Sigeion 
hesetzte  und  Miltiades  nach  dem  thrakisohen  Chersones  sandte. 
Aber  am  Ende  des  VII.  Jahrhunderte  war  Athen  eine  Klein- 
stadi;  und  wenn  auch  Attika  vielleicht  schon  damals  seinen  Be^ 
d&rf  an  Getreide  nicht  ganz  zu  decken  vermachte,  so  hatten  doch 
die  Grossgrund  besitz  er,  die  vor  Solon  das  Regiment  führten,  am 
wenigsten  Anläse,  die  Getreideeinfuhr  zu  erleichtern.  Jene  Ver- 
schuldung der  Kleinbauern  und  Tagelöhner,  der  Solon  zu  steuern 
bemüht  war,  war  ja  zum  grossen  Theil  eben  eine  Folge  der 
hohen  Getreidepreiee  —  weniger  modern  ausgedrückt»  der 
Schwierigkeit,  sich  in  echlechten  Jahren  Brotkom  zu  ange- 
messenen Bedingungen  zu  verschaffen  {Gr.  Gesch,  1221  f.)  Und 
was  die  Hanptsache  ist:  der  Fontos  war  im  ¥11.  Jahrhundert 
noch  nicht,  was  er  in  späterer  Zeit  wurde,  die  wichtigste  Korn- 
kammer Griechenlands.  Von  den  Colonien  an  seiner  Nordküste, 
die  ^lein  für  den  Getreideexport  in  Betracht  kamen,  ist  Olbia 
644  gegründet,  Phanagoreia  um  54^,  das  gegenüberliegende 
Pantikapaeon  also  wahrscheinlich  um  dieselbe  Zeit,  ja  Chersoneeos 
in  der  Krim  ist  sogar  nicht  vor  dem  Ende  des  VI.  Jahrhunderte 
angelegt.  Es  ist  aber  doch  klar,  dass  erst  eine  Reihe  von  Jahr- 
zehnten vergehen  musete,  ehe  die  neugegründeten  Colonien  im 
Stande  waren,  Getreide  in  grösseren  Mengen  nach  dem  aegaeischen 
Meer  auszuführen.  —  Es  sind  diese  Erwägungen,  die  mich  zuerst 
dazu  geführt  haben,  an  der  landläuEgen  Annahme  einer  Coloni- 
eation  von  Bigeion  durch  Athen  im  YIL  Jahrhundert  zu  zweifeln, 
und  die  auch  jetzt  für  mich  auBechlaggebend  sind. 

Dann  müssen  also  Alkaeos  und  Pittakos  in  die  Zeit  des 
Peisistratos  herabgerückt  werden,  Eduard  Meyer  meint  nun 
allerdings,  dem  stehe  die  litterariscbe  Stellung  des  Alkaeoe  und 
der  Sappho  entgegen,  und  die  Stellung  des  Pittakos  unter  den 
sieben  Weisen;  der  ganze  Charakter  der  lieberlieferung  zeige» 
dass  Pittakos  nicht  in  dieeelbe  zeitliche  Traditionssohicht  mit 
Peisietratos  und  Polykratee,  sondern  mit  Holon  oder  Thaies  ge- 
höre {Gesch.  des  AltertL•  II  S.  6S6).  Aber  was  das  letztere 
angeht,  so  genügt  es,  auf  Herodot  hinzuweisen,  der  Periandros 
ganz  unbefangen  als  Zeitgenassen  des  Peisistratos  hinstellt,  ob- 
gleich   doch    Periandros    als    einer  der  sieben  Weisen  galt,    und 


Ζητ  Geschichte  der  liieren  priechiachen  Lyrik. 


9β5 


dao  in  dieeelbe  ^zeitliche  Traditionsechiclit*  geliörtj  wie  PitUkoe. 
Deberhanpt  können  wir  von  'zeitlichen  Traditionflaohichteu  wohl 
in  der  Geschichte  Athene ,  Spartas  und  jedes  andern  griechiechen 
Einzelstaatfi  reden,  aber  die  Synchronismen  zwiflchen  diesen  ver- 
schiedenen Traditionsreihen  sind  eret  von  der  ohronologiechen 
Forechung  geschaffen  worden.  —  Die  litterarieche  Stellung  des 
Alkaeos  und  der  Sappho  aber  scheint  mir  gerade  eins  der  ent- 
scheidendsten Argumente  für  meine  Chronologie  zu  sein*  Denn 
die  Liederdichtung  der  Lesbier  wäre  in  der  Zeit  des  Tyrtaeoe 
und  Solon,  ja  noch  des  Mimnermos  kaum  zu  verstehenf  dagegen 
^K  /et  ßie  der  Dichtung  des  Anakreon  aufs  engste  verwandt. 
^V  Aristophanes  hat  das  sehr  lebhaft  empfunden.      ''Ai0ov  bq 

I       Moi  CTKOXiov  Ti  λαβών  'Αλκαίου  κάνακρέοντος,    hiess   es  in  den 
Δαιταλής    (fr,  223  Kock)    und  in  den  Thesmophoriazusen  stellt 

ir  Ibykos,  Anakreon  und  Alkaeos  neben  einander  (löl   ff.) 
"Ιβυκος  έκ€Ϊνος  κάνακρέων  ό  Τήιος 
κάλκαϊος,  oiirtp  άρμονίαν  έχύμιααν 
έμιτροφόρουν  Τ€  και  6ΐ€κλώνι'  Ίαινικώς. 
Und  die  attische  Hkoliendichtung  hat  sich  um  den  Ausgang 
les     VI.    Jahrhunderts    unter    leebisch  -  anakreontischem  Eitifltiiis 
^>ntwickelt.       Noch    die    älteste    litterargeschicbtlichc    Forschung 
fciehandelte  Sappho    {und  also  auch  Alkaeos)    und    Anakreon    als 
Zeitgenossen.    Chamaeleon ,    Aristoteles  Schüler,    berichtet    (bei 
-Alben  XIU  599  c.  d.),    dass  Anakr.    fr.   14  Bergk  von  manchen 
^uf  Sappho  bezogen  würde;    und    wenn    er   auch  selbst  verstän- 
cjiger  Weise  nicht    daran  geglaubt  zu   haben   scheint,    so  hat  er 
^och  auch  keine  chronologischen  Einwendungen  dagegen  erhoben, 
^^elmehr  Sappho  fn  26  Bergk ^    in  dem  Anakreon  erwähnt  wird, 
I       ^anz  unbefangen  für  echt  gehalten ; 
^H  Ktvvov,  ώ  χρυσόθρονε  Μούσ'  ένιστιες 

^^^^^^         υμνον,  έκ  τάς  καλλιτύναικος  έαθλας 
^^^^1^       Τήιος  χώρας  δν  &€\he  τ^ρττνώς 
^^^^^^  ιτρέσβυς  άγαυός. 

^f  loh  sehe  auch  in  der  That  nicht  ein^  aus  welchem  Grunde 

man  diese  Strophe  verdächtigen  könnte;  denn  wäre  sie  falsch, 
so  würde  sie  auf  Anakr.  fr.  14  Bezug  nehmen,  während  gerade 
da«  Gegentheil  der  Fall  ist.  Und  wenn  Atbenaeos  sagt  δτι  hi 
ουκ  έστι  Σαττςρους  τούτο  τό  φσμα  τιαντί  που  οήλον»  βο  steht 
er  unter  dem  Einfluse  der  conventionellen  Chronologie.  Diese 
oonyentionelle  Chronologie  erscheint  zum  ersten  Mal  im  Mannor 
Bßriumf  wo  Sapphos  Flucht  nach  Sicilien  zwischen  605  und  &90 


ßeloch 


gesetzt  wird.  Wer  tiieBe  Flucht  für  hietorieob  bält,  mag  auch 
dae  Datum  für  glaubwiirdig  aneeheu.  £r  soll  αηβ  aber  erklären, 
warum  denn  das  Lied  in  lonleti  eich  erst  ein  halbes  Jahrhundert 
später  entwickelt  hat»  als  auf  Lesbos,  während  doch  die  Cultur- 
bedingungen  hier  wie  dort  so  ziemlich  die  gleichen  waren. 
Die  Öteltung  der  Frauen  allerdings  aufgenommen;  weehalb 
Jonien  denn  auch  keine  Sappho  hervorbringen  konnte« 

Und  nun,  zum  Schlnss»  noch  ein  Wort  über  die  Sigeion* 
Stele.  Auf  der  Akropolie,  vor  dem  Eingang  zum  Mueeumi  eteht^ 
oder  stand  doch  als  ich  dae  letzte  Mal  in  Athen  war,  eine  Mar- 
moreäule  mit  der  Inechrift  {CIA,  IV  373^31  g^  191) 

Φαρθ€ν€,  Iv  άκροπόλει  Τελίσϊνος  αγαλμ'  άνέθηκε 
Κήτ{τ)ιος,  φ  χαίρουσα  οιοοίης  αλ(λ)ο  άναθεΐναι. 
Der  Sohriftoharakter  iet  ganz    ähnlich    dem  der  sog.  Kleruchen- 
inechrift  von  SalamiSj    wae    vor    den   Originalen    viel    deutlicher 
hervortritt  als  im  Corpus,    wo  die  *  Kleruoheninschrift'    im  Fac* 
aimile»  die  Telesinos-lnschrift  in  Typendruck  gegeben  iet. 

Auch  die  Teleeiuos -Inschrift  macht  einen  alterthümlicheren 
Eindruck,  ak  die  Inechriil  auf  dem  Peiaistratos-Altar ;  und  doch 
iet  sie  jünger,  denn  wie  dae  Demolikon  zeigt,  fällt  sie  erst  nach 
Kleifithenes.  Aehnlich  sind  die  Ingchriften  IV  373  ^^^  S.  95  und 
373  '^^  S.  103,  die  ich  aber  im  Original  nicht  gesehen  habe ;  die 
letztere  bietet  aogar  noch  das  umgekehrte  Sigma  (  ί ),  Auch  die 
*  Klerucheninechrift'  kann  also  in  die  Zeit  nach  Kleisthenes  ge* 
hören,  wo  in  der  That  eine  Eleruchie  nach  Salamis  geführt 
worden  zu  sein  scheint  {Gr,  Gescfh  1  327  Α.).  Doch  steht  ee 
bekanntlich  keineswegs  sicher,  ob  diese  Inschrift  wirklich  von 
einer  Eleruchie  haudelt,  und  nicht  vielmehr  von  der  Verleihung 
eines  GrundetUcke  auf  Salamis  an  einen  um  Athen  verdienten 
Fremden.  Wenn  also  die  iigeiieche  Stele  altere  Formen  zeigt» 
als  die  '  Klerucheninschrift  \  so  haben  wir  deswegen  noch  lange 
kein  Eecht^  die  Stele  über  die  Peieistratidenzeit  hinaufzurückea. 
In  der  That  zeigen  die  Abusimbel-Inschriften,  die  in  die  Zeit 
von  5i)4— 89  gehören,  ältere  Formen  als  die  ionische  Inschrift 
der  Sigeion-Stele ;  der  Unterschied  beträgt,  wie  Bruno  Keil 
meint,  im  Minimum  ungefähr  ein  Menschenatter  (Hermes  20, 
1894  S.  2β8).  Demnach  könnte  die  Sigeion-Stele  nicht  älter 
sein,  als  etwa  560,  wohl  aber  recht  gut  ein  paar  Jahrzehnte 
jünger,  denn  wenn  Keil  weiter  »agt :  '  die  Individuen  sohreiben 
erfahrungsmässig  so,  wie  es  ihnen  in  der  Jugend  gelehrt  ist\ 
so  gilt  das  doch  auch  für  den  sigeiiscben  Steinmetz,  ändert  also 


lur  Geaohicbtc  der  iiieren  griecluBolien  , 


an  der  relative»  Chronologie  nichts.     Ganz  im   Gegen  theil;    die 
Höldner,    die    mit  P»ammetichos    nach    den  Nilkatarakten  zogen « 
eind  doeh  wahrecheinlioh   jüngere  Leute  gewesen;    ob  aber  auoh 
der  eigeiitobe  Steinmetz,  eteht  sehr  dahin.     Wer  aber  behauptet, 
die    eigeiisebe   Stele    könne    '  nach    dem  heutigen  Stande  unserer 
epigraphlBchen  Kenntniee  niemand    mehr    über    den    Anfang    dee 
VL    Jahrhunderts    herabrüokeD  \    hat    keine    Ahnung    voo    den 
Schwierigkeiten,  welche  die  Batirung  griechischer  Inschriften  aus 
archaischer  Zeit  bietet,  wenn  sie    nur  nach  dem  Schriftcliarakter 
erfolgen  soll     Die  Vorsicht  Kirchhoffs   bildet  dazu   einen  wohl- 
tbtienden  Contrast.      Die  athenische  ταμiαι-Inschrift  CIA,  IV.  S. 
199  ist  höchst  wahrBoheinlich  alter  als  die  Sigeion-Stele,  da  sie 
^ach  das  Koppa  zeigt;    aber  Kirchhoff   begnügt    sich    zu    sagen, 
4iie  Inschrift  sei  medio  saecido  sexio  uiique  cmtiquior.   Die    sigeiieche 
8tele  lehrt  uns  also  nur,  dass  Sigeion  im  VL  Jahrhundert  athe- 
nisch  gewesen    ist,    keineswegs    aher    daes   die  athenische  Herr* 
Bohaft    hier    in    die  erste  Hälfte  dieses  Jahrhunderts  heraufgeht. 
An  der  bestimmten  Angabe  Herodots,  das«  es  Peieistrato«  ge- 
wesen ist»  der  Sigeion  erobert  hat,  haben  wir  um  so  weniger  Grund 
zu  zweifeln,  als  diese  Angabe  auch  aus  inneren  Gründen  höchst 
wahrscheinlich  ist,  nnd  Sigeion  später  den  Peisistratiden  nach  ihrer 
Vertreibung  aus  Athen  als  Zuilncht  gedient  hat     Ueber  die  Zeit 
der  Eroberung  habe  ich  dem  früher  Gesagten  nur  das  eine  hin- 
zuzufügen,   dass   nach  der  Angabe  der  'Αθηναίων  πολιτ€ία  Pei- 
sistratos    die    Timonassa    wahrscheinlich    vor    der    Schlacht    bei 
Pallene    zur  Frau  genommen  hat,  also    nach  meiner  Chronologie 
um  550,    oder   einige  Jahre    früher»      Üb  Hegesietratoe   bei  der 
EraheruDg  von  Sigeion   bereits  erwachsen  war,    wie  Herodot  ge- 
glaubt  zu    haben    scheint,    steht  keineswegs    sicher;    in  solchen 
Nebeupnnkten  haben  Herodots  Angaben  sehr  wenig  Gewicht.     Im 
übrigen  vergL  oben  8,261. 
'  Die  Mifglichkeit    bleibt    natürlich,    dass    die  Athener  schon 

einmal  vor  Peiststratos  Sigeion  erobert  haben.  Aber  es  gibt, 
wie  wir  gesehen  haben,  kein  auch  nur  einigermassen  ausreichen- 
des Zeugnies  zur  Stütze  einer  solchen  Annahme,  und  die  Sache 
wäre  an  und  für  sich  höchst  nn wahrscheinlich.  In  die  Gesohichte 
aber  gehört  nur,  was  auf  Grund  unanfechtbarer  Zeugnisse  be- 
wiesen, oder  aus  solchen  Zeugnissen  mit  Sicherheit,  oder  mit 
hoher  Wahrscheinlichkeit  ereohloBeen  werden  kann. 


Rom. 


Julius  Β e loch. 


Koepp 


lieber  die  Weihinechrift  der  Nike  deg  Paionioe. 


EiedringHclier  aU  irgend  ein  anderer  Fund  bat  uns  die 
Nike  von  Oljmpia  gezeigt,  daes  der  Boden  vod  Hellas  mit 
den  Schätzen,  die  er  ependet,  niemaU  der  WiBäenechoft  eine  klare 
und  deutliche  Antwort  gibt  auf  die  uach  uBscrer  Meinung  meist 
so  klar  formulirteu  Fragen,  sondern  stete  eine  halbe  Autwort 
und  dazu  ein  neues  Räthsel  oder  auch  mehr  als  eines. 

Glücklicher,  so  schien  es,  konnte  es  sich  für  uns  nioht 
fügen:  wir  beeassen,  doppelt  bezeugt  durch  SchriftsteUerzengnisa 
und  Inschrift,  das  Originalwerk  eines  namhaften  Künstlers  samrot 
seiner  Weihinechrift.  Und  wir  besaseen,  nach  dem  Zeugniss  des 
Pausanias  wenigatens,  noch  andere  Werke  desselben  Künstlers. 
Trotzdem  oder  gerade  deebalb  knüpfte  sich  Frage  auf  Frage  an 
den  neuen  Fund,  und  nach  fast  zwanzig  Jahren  ist  nooh  kein^ 
Ton  allen  endgültig  beantwortet.  Ich  will  versuchen,  wenigstena 
eine  der  £nt«cheidung  näher  zu  bringen. 

'Eine  Weihung  der  dorieohen  Messenier^  so  heisit  es  bei 
Fausaniast  ^die  von  den  Athenern  in  Naupaktos  angesiedelt  wor- 
den sind,  ist  die  Nike  auf  dem  Pfeiler.  Sie  ist  ein  Werk  des 
Paionios  von  Mende  und  errichtet  ale  Weihgeschenk  nach  einem 
Sieg,  meines  Erachtens  nach  dem  Krieg  gegen  die  Akarnanen 
und  Oiniaden.  Die  Messenier  selbst  aber  behaupten,  die  Statue 
sei  geweiht  nach  dem  im  Bund  mit  den  Athenern  errungenen 
Erfolg  von  Sphakteria,  und  sie  hätten  den  Namen  der  Feinde 
nicht  genannt  aus  Furcht  vor  den  Lakedairaoniern,  denn  vor 
den  Oiniaden  und  den  Akarnanen  überhaupt  fürchte  sich  doch 
niemand  < 

üeher  Wolken  schwebt  mit  rauschendem   Flügeischlag  die 


er  die  Weihiöfi 


Itr  Nike  de»  Pnionoi, 


Siegesgöttin  zur  Erde  herab  und  berührt  mit  dem  Fuss  den  Fittig 
dee  Adlers,  der  ihren  Weg  kreuzt  und,  ale  ob  sie  sieh  Helbst  des 
raecben  Flugs  freute,  läset  sie  den  Wind  mit  ihrem  Gewände  epielen, 
dase    es    sich   aufbatischt   wie   ein  Begeh     Ein  Neues  gewiss  hat 
Paianioe  mit  dieser  Gestalt  geechaffent  vor  der  man  vergisst,  dass 
tucli  sie,  wie  alles,  oder  doch  alles  Grosse,  eine  Tradition  hinter 
sich  hat,  eine  Tradition,  die  sie  verbindet  mit  der  Nike  des  Ar- 
ohermoe.    Aber  auch  ein  Höchstes  hat  Paionios  geschaffen,  über 
das  die  spätere  Kunst,   so  oft  sie  auch,   bis  in  unsere  Tage,  den 
Gedanken   des  Paionios  wiederholt   hat,    in   der  Erfindung  nicht 
hinausgegangen  ist,  nicht  hinaasgehen  konnte^  und  dem  sich  erst 
nach  anderthalb  Jahrhundert   ein  ähnliches  Heisterwerk,  wieder- 
tun  eine  Nike,  ebenbürtig  zur  Seite  stellte,  die  wundervolle  Statue 
von  Samothrake»  und  doch  auch  diese  vielleicht  in  der  Erfindung 
Aicht  gans  gleich  vollkommen,   bei  so  viel  reicheren  Mitteln  der 
ICunst  und  soviel  hoher  stehender  Ausführung« 

Es  wäre  eine  sonderbare  Ironie  des  Schicksals,  wenn  denen, 

die  der  Siegesgöttin  das  Bild    errichtet   haben,   das  an  Kühnheit 

^er  Erfindung,    das   an   stürmischer  Empfindung   seines  Gleichen 

nicht  hat,    die  Furcht   geboten    hütte,    den  Namen  der  besiegten 

™p  JPeinde  zu  verschweigen, 

^  Aber  es  ist  nicht  wahr,  obgleich  die  Messenier  selber,  nach 

Pausaniae,   es  nicht  bestritten  haben. 

Μεσσάνιοι  καΐ  Ναυπάκτιοι  άνίθΕν  Διί  Όλυμπίωι  ϊ)€κάταν 
από  τώμ  πολεμίαιν:  so  lautet  die  Weihinschrift.  Es  mochte  auf- 
fallen,  dass  die  Feinde  nicht  genannt  waren.  Aber  zu  der  Er- 
klärung, dass  der  Name  aus  Furcht  verschwiegen  worden  sei, 
werden  die,  deren  Vorfahren  das  Denkmal  errichtet  hatten,  nicht 
von  selbst  herabgestiegen  sein.  Sie  kann  nur  als  Vorwurf  filr 
die  Messenier  erfunden  sein.  Aber  die  Messenier  liessen  sie  sich 
gefallen,  weil  sie  zum  Ruhm  ihrer  Vorfahren  gewandt  werden 
konnte:  sie  gaben  nun  die  für  die  Feinde  aus,  die  tn  fürchten 
am  wenigsten  schimpflich,  die  zu  besiegen  am  rühmlichsten  war^ 
die  Spartaner;  denn  wer  eollte  vor  den  Akarnaneu  sich  fürchten? 
Die  messenisohe  Tradition  ist,  das  läset  Pausanias  noch  deutlich 
erkennen,  erst  aus  jenem  Vorwurf  herausgewachsen,  zu  Pausanias* 
Zeit  oder  doch  zu  Periegetenzeit. 
Β  Sie  ist  zweifellos  falsch.     Hinter  dem  Ιμύ\  boxeiv  des  Pau- 

sanias verbirgt  sich  gewiss  etwas  Beachtenswertheres,   eine  Ueber* 
lieferung. 

Die  Ueberlieferung  kann  freilich  falsch  sein.     Aber  es   be- 


m 


ttoepp 


darf  der  üeberlieferang  gar  tiiclit     Die  Nike  des  Paionioe  kanv^ 
ums  Jabr  420  gar  nicht  geec baffen  seiui    und    et   war    eine  arge 
Täuecbung,    in    ihr   den   EinfluBs   der  PartbenonHknlptureti    aebeo 
zu  woUeo. 

Man  bat  alle  Kämpfe  der  Meesenier  von  KaQ|>aktos,  von 
denen  uns  berichtet  wird,  durohmnetert  und  ist  zu  dem  Reeultai 
gekommen,  dasa  nur  die  Plünderungizüge,  die  die  Meaeenier  mit 
den  Athenern  von  Pyloe  aus  unternabmen,  beutereich  genug  ge- 
wesen sein  konnten  für  einen  Zehnten,  wie  ea  die  Nike  war. 
Da  man  nach  dem  Jahr  420  in  Olympia  auf  die  Spartaner  nicht 
mehr  die  Hückeicht  zu  nehmen  brauchte,  die  die  Inechrift  nebmen 
soll,  80  ist  das  Werk  dee  Paionioe  zwiecben  422  und  42<>  ent- 
standen,  und  die  Archäologen  sollen  dem  Historiker  ftir  eine  to 
genaue  Datimng  Dank  wiaaen  Κ 

Dae  angeblich  so  'festgefügte  hittorieche  Gebäude'  wird 
dem  Archäologen  nicht  imponiren.  Auch  wenn  unsere  Ueberlie- 
femng  die  vollkonunenete  wäre,  würde  ea  unmöglich  sein,  die 
Beute  jedes  einzelnen  Feldzugs  auszurechnen,  und  müssig  sich 
die  Frage  vorzulegen,  ob  ihr  Werth,  durch  10  dividirt,  ^en  Kosten 
der  Nike,  die  wir  auch  nicht  kennen,    entsprochen  haben  keimte. 

Nur  so  viel  wird  der  Archäologe  von  dem  Historiker  lemea^ 
daaa  die  Nike  nicht  vor  der  Ansiedelung  der  Meesenier  in  Nau- 
paktoB  und  nicht  nach  ihrer  Vertreibung  von  dort  geweiht  sein 
kann.  Aber  er  wird  die  Weihung  dann  der  oberen  Grenze  dieses 
halben  Jahrhunderts  nah  rücken,  wie  es  Brunn  sogleich,  mit 
einer  Einsicht,  die  heute  leichter  ist,  als  sie  vor  achtzehn  Jahren 
war,  gethan  hat^  Damit  kommt  man  in  die  Zeit  der  Kämpfe, 
in  denen  Paueanias,  und  gewiee  nicht  Paueanias  allein,  die  Ver- 
anlassung zu  der  Weihung  gesehen  hat. 

Also  hätten  die  Messenier  von  Naupaktos  sich  doch  vor 
den  Akarnanen  gefiircbtet? 

Ich  wünsche  zu  zeigeui  daes  zu  dieser  Annahme  kein  Grund 
ist;  aber  ich  holTei  dass  die  Ehrenrettung  der  Messenier  nicht 
das  einzige  Ergebnisa  der  folgenden  Betrachtung  ist. 

Plutarch  bezeugt,  daes  man  in  Delphi  rings  umgehen  war 
von  Weih  in  Schriften  wie:  ^  Brasidas  und  die  Akanthier  ρση  dm 
Aihenem\  *Dle  Athener  von  den  Korinthem%   'Die  ^oker  vm 


»  Scbübring,  Arcbüologiacbe  Zeitung  XXXV.  1877.   8.  59  f. 
^  Sitzungsberichte  der  k.  bayrischen  Akademie.     PbiL  hisi.  Εΐβϋβ. 
1876,  t  S.  339. 


Ueber  die  Weihinaebrifl  der  Nike  des  Paionioi. ' 


271 


Th€3salern\  ^Die  Orneafm  vm  dm  Sikpomem*^  ^Dte  Am- 
\kijfonm  von  den  Phokern  ^.  Nicht  andere  war  ee  in  Olympia. 
iuf  Helmen  und  Lftnattaepitzan,  aaf  WeihgesclienkeD  alter  Art 
aennt  die  Inechrift  Sieger  und  Beeiegten. 

(\  Aber  zahlreicher  doch  als  man  gewöhnlich  annimmt,  waren 
ie  Siegeedenkmäler,  auf  denen  der  Name  der  überwundenen 
Feinde  nicht  genannt  war;  auch  in  Olympia  war  die  Nike  der 
Meseetiier  nicht  das  einzige  Denkmal  dieser  Art'. 

Wie    wahracheintich    oder  wie  unwabracheinlich  hei  Kleito- 

ETi  oder  PBopbidiern  die  Vermutbung  gewesen  wäre^  dasft  sie 
Furcht  den  Namen  ihrer  G-egner  unterdrückt  hätten,  als  sie 
ö  Zeuebilder  nach  Olympia  weihten  (Pausaniaa  V  23,  7 ;  24,  2), 
können  wir  nicht  wieeen,  da  wir  über  dieee  Gegner  keine  Ver- 
muthung  wagen  dürfen.  Aber  wie  sollte  Furcht  die  Knidier  ge- 
hindert haben,  auf  einem  Denkmal  in  dem  fernen  Olympia  (Pau- 
saniaa V  24,  Ί)  den  Namen  ihrer  Feinde  zu  nennen?  Yor  wem 
eollten  die  attischen  Heiter,  für  die  Lykioe  des  Myron  Sohn  das 
Denkmal  schuf,  deseen  Basis  wir  noch  besitzen  (Δελτίον  άρχαιο• 

ίογίκόν  1889  S.  I79f,  C  1.  Ä,  IV  3  S.  183),  vor  wem  sollten 
^  sieh,  bei  einem  Denkmal  auf  der  Burg  von  Athen  gescheut 
aben,  die  Feinde  mit  Namen  zu  nennen^?  Vollends  den  Athe- 
fUf  die  die  delphische  Halle  wethteun,  wird  niemand  nachsagen 
^  de  P^thiae  oraeuUs  c.  15. 
*  AuBser  den  im  Folgenden  erwähnten  Beispielen  habe  ich  noch  diese 
ammelt:  Paueanias  V  2*ϊ,  ß  (Nike  der  Mantineer  in  Olympia)  und 
die  Inschriften  Bulktin  de  corr,  helUniqve  l  1877  S.84.  17,  Bullettim 
ddV  Imtüuio  1872  S.2G1^  C,  L  A.  II  3,  UM,  Ale  Kweifelhaft:  Pauea- 
uiaa  III  18,  8  (die  älteren  Dreifiisse  isu  Amyklai),  X  10,  4  (Weihgescbenk 
der  Argeier  ftir  den  Sieg  bei  Oinoe),  VI  IB^A  (die  Waffen  im  Schatz- 
haua  der  Sikyonier),   V  24,  1  (Zeu8  der  Tliessaler).    —    Der  Güte  Pur- 

Iolde  verdanke  ich  den  Einblick  in  den  vierundzwanzigaten  Bogen  der 
iusgabe  der  Inschriften  von  Olympia,  wo  Sp.  377  f.  unter  Nr.  259  die 
Inschrift  der  Nike  erläutert  ist.  Ich  sehe,  dasa  ein  Tbeil  der  im  Fol- 
genden besprochenen  InBohriften  auch  hier  ünsammenges teilt  ist  und 
werde  erst  hier  auf  die  Iiiichrift  aua  Astypalaia:  Bulletin  de  corr,  hd- 
Uttique  XV  1891  S.  G29,  1  aufmerksam  gern  acht»  die  mir  entgangen  war. 
Dass  der  früher  niedergeachri ebene  Aufsatz  trotz  einiger  Uebereinetim- 
mang  mit  Oittenbergere  Erlautorungen  veröÖentlicbt  wird,  bedarf  bei 
der  Verschiedenheit  der  Beweisführung  und  de»  Ergehniesea  keiner  be- 
ton deren  Rechtfertigung. 

^  Daesetbe  gilt  für  das  in  der  vorigen  Anmerkung  erwiLbute  Detik- 
von  Aetypalaia» 


272 


Κϋ&ρρ 


wollen^  dase  sie  es  tticlit  gewagt  hatten,  die  Atgineten  oder  wen 
immer  ^  in  der  Weiliineclirift  zu  nennen ;  und  doch  sagen  eie 
nur;  έλόντ€ς  τών  πολεμίων. 

Diese  Insclinft  gerade  ist  ee  (L  Gr*  A.  3*)j  die  üoe  den 
Weg  weisen  kann  tn  der  richtigen  Antwort  aaf  die  Frage,  die 
uns  die  Inschrift  der  olympischen  Nike  stellt« 

Bekanntlich  wird  die  delphische  Halle  der  Athener  von  Pau- 
sanias  erwähnt  und  mit  deti  Siegen  des  Phormion  zo  Anfang  des 
peloponnesiechen  KriegR  in  Verhindnng  gebracht  (X  11,  6):  "^Ee 
haben  aber  auch  die  Athener  eine  lialle  erbaut  von  der  Beute, 
die  ihnen  zufiel  im  Krieg  von  den  Peloponnesiem  und  deren 
Bundesgenossen.  Als  Weihgeschenke  sind  dort  Schiffeechnähel 
und  eherne  Schilde  angebracht.  Die  Inschrift  darauf  aber  nennt 
die  Staaten,  von  denen  die  Beute  stammt:  Elis  und  Sparta,  8ί- 
kyon  und  Megara,  PeJlene  und  Ambrakia^  Leukas  und  Korinth; 
und  mir  scheint,  dass  die  Inschrift  sich  auf  Phormion,  des  Aeo- 
pichos  Sohn  und  auf  seine  Siege  bezieht  * 

Danach  musste  man  erstaunt  sein^  bei  den  Ausgrabungen 
des  Jahres  18B0  eine  Halle  zu  finden,  die  Architektur  und  In- 
Bohrift  in  eine  weit  ältere  Zeit  wiesen.  Mit  Recht  erklärte  man 
sieb  den  Irrthum  des  Paueanias  dadurch,  dass  er  die  Inschrift 
späterer  Weihgeachenke,  die  in  der  That  nach  Phormions  Siegen 
hinzugekommen  sein  mochten,  auf  die  ganze  Halle  bezogen  habe, 
während  er  die  Inschrift  der  Halle  selbst,  die  an  nicht  gewöhn- 
licher Stelle,  auf  der  obersten  Stufe,  stand,  übersehen  konnte  *. 

Nach  den  Formen  der  Bauglieder  und  dem  Charakter  der 
Inschrift  musste  man  nun  versuchen,  die  Zeit  der  Erbauung  der 
Hfilte  zu  bestimmen,  um  mehr  als  ein  halbes  Jahrhundert  gehen 
die  Versuche  auicinander.  Mag  dem  sein  wie  ihm  wolle:  wenn 
später  sich  die  Waffenbeute  des  Phormion  so  breit  machte  in 
der  Halle,  so  kann  sie  ältere  Weihungen  verdrängt  haben.  Wahr- 
scheinlicher aber  ist,  dass  die  Halle  von  Anfang  an  nicht  fUr 
die  Beute  nur  eines  einzigen  Siegs  bestimmt  war,  sondern  auch 
in  Zukunft  die  von  den  Athenern  dena  Gott  von  Delphi  geweihten 
Waffen  aufnehmeB  soHte,  und  dass  nur  zufällig  unter  den  zahl- 
reichen Weihgaben  später  gerade  diö  des  Phormion,  vielleicht  die 
letzten  die  Platz  fanden,  besondere  ins  Auge  fielen.  So  würde 
sich  ohne  Zweifel  die  allgemeine  Fassung  der  Inschrift  am  besten 


1  VgL  U.  Köhler,  RheiniBchM  Museum  XLVI  1891  S,  1  f.  H,  Pom- 
tow,  ebenda  XLIX  lö94  S,  <J27  f. 

«  B.  Hauwoullier,  Buifefm  de  corr.  hdlinique  V  1880  S.  1  f. 


Ueber  die  Weihinschnft  der  Nike  dee  P&iooioi. 


δΤ8 


kläreo:  'A8cvaiot  ανάθεσαν  τίν  υτοάν  και  τά  'όπλα  και  τακρο- 
τέρια  'ελόντες  τον  ττολεμίον.  Ein  einzelner  WaffenerfoJg  wird 
jft  die  Veranlattaiing  gegeben  haben  zu  der  ErncMung  des  Baut, 
weil  er  die  Yeranlaßflung  gab  zu  der  Weihnng  der  erateu  Waffen, 
die  die  Halle  aufnahm.  Aber  die  Inschrift  will  das  nicht  zum 
Ausdniuk  h ringen.  Sie  nennt  die  Feinde  nichtt  weil  sie  sie  noch 
gar  nicht  nennen  konnte;  die  WafTenhalle  war  ancb  für  die  Siege 
der  Zukunft  bestimmt 

Λ  Diese  Erkliirung  kann  freilich  auf  das  Denkmal  der  Kei- 
Unier  von  Nanpaktos  nnd  die  anderen  Weihgeschenke  nicht  ohne 
Weiteres  übertragen  werden  ;  aber  sie  legt  nne  die  Frage  nah, 
oh  yielleioht  auch  in  diesen  anderen  Fällen  die  Feinde  deshalb 
nicht  genannt  werden,  weil  sie  nicht  wohl  genannt  werden  konn- 
ten, ihrer  Zahl  wegen,  sei  es,  dass  dasselbe  Denkmal  für  meh- 
rere Siege  galtj  sei  es,  das»  an  einem  und  demselben  Kampf  sich 
allznviele  betheiligt  hatten. 

Zwar  brachten  die  Lakedaimonier  nach  dem  Sieg  Ton  Ta- 
nagra  die  Namen  ihrer  verbündeten  Gegner  geschickt  in  der  Weih- 
inschrift des  goldenen  Schildes  unter,  der  den  Firet  des  oljm- 
piechen  Zeustempels  zieren  sollte  böpov  άπ'  Άργείον  καΐ  Άθα- 
ναιον  καΐ  Ίάνον  Κ  Aber  nicht  alle  Namen  waren  so  gefügig, 
und  nicht  immer  bot  sich  ein  zusammenfassender  Name  wie  der 
für  die  Bundesgenossen  Athens  bei  Tanagra,  die  freilich  auch, 
genan  besehen,  nicht  alte  Joner  sein  mochten. 

Die  Inschrift  des  Keiterdenkmals  vor  den  Prapylien  nennt 
drei  Hipparchen:  Ιτπταρχόντον  AaKebaipovio  Η€νοφδντος  Προ• 
νάττο.  Es  gab  nur  zwei  Hipparchen  in  Athen '.  Also  war  ee 
nicht  ein  einziger  Sieg,  waren  es  nicht  die  Erfolge  eines  einzigen 
Jahrs,  die  den  attischen  Reitern  Veranlassung  zu  der  Weihung 
gaben.  Deshalb  hiess  es:  άπο  τον  πολεμίον. 
Β  Im  Asklepieion  bei  Epidauros  ist  eine  Nike  gefunden  wor- 
^n,  die  einst  auf  einer  Basis  von  der  Gestalt  einer  Frora  ge- 
stiknden  hat,  ein  Fund  von  grosser  Bedeutung^:  diese  Nike  liiit 
nne  die  Statue  von  Samothrake  nicht  mehr  vereinzelt  erecheinen 

»*  Pauaaniaa  V  10,  4;  Preger,  Inscriptionet  metrieae  59. 
*  Bezeugt  ist  uns  das   freilich  nur  für  etwas  »pütere  Zeit;  aber 
et  ist  gewiss  verkehrt,  aus  der  Inecbrift,  wie  geschehen  ist,  zu  achliesaen, 
dass  man   die  Zahl  der  Reiterobereten   im  Verlauf  de»  fiänften  Jahr- 
hunderts herabgeeettt  habe,  wahrend  doch  die  Zahl  der  Heiter  wuchs. 
»  P.  Kavvftdiae,  FouiUes  cl*Epidaure  I  S.  39, 

.  Mit•,  f.  FI1II9I.  M.  F.  L.  IS 


Ldepp 


and,  älter  ali  eie,  nimmt  eie  der  glanEenden  CombiDatioD,  die 
d&s  eamothrakische  Denkmal  auf  deo  Münzoo  des  Demetrios  Po- 
Uorketee  erkannte,  emen  Tlieil  ihres  Glaozea,  ja  sie  ist  vielleicbt 
attck  für  die  Frage  der  Ergänzung  der  Statae  des  Lourre  τοα 
Bedeutung.  Dies  epidauriache  Denkmal  würdigte  Mumroiae  seiner 
Weibinecbrift.  Aber  es  trägt  neben  dem  Namen  des  römlscben 
Eroberers  noch  die  Namen  des  Künstlers  und  derer,  die  es  zwei 
Jabrhnnderte  zuvor  aufgeetellt  hatten,  άπό  τών  πολ€μ!ιυν  τοις 
θ€θΐς  ist  es  geweiht  worden  von  einem  Euandros,  einem  Privat- 
mann, wie  es  scheint,  vielleicbt  nicht  von  diesem  allein.  Auf 
den  Namen  des  Euandros  folgen  nocb  die  Silben  απο0τρα,  dann 
eine  LUcke,  danach  erst  jenes  άπό  τών  πολ€μίυιιν.  £β  ist  ηη• 
denkbar,  daes  ihm  eine  zweite  äbn liebe  Angabe  Torauegegangen 
sei.  Es  wird  sieb  keine  bessere  Ergänzung  finden  lassen  als 
άποατρατ€υαάμ€νος  oder,  wenn  es  mehrere  waren,  die  daa  Weih* 
gescbenk  darbrachten,  ήτΓθ(Ττροτ€υ(Τάμ€νοι.  Am  Ende  einer  langen 
Kriegslaufhahn  ist  es  dargebracht,  von  dem  ßeutegewimi  zaiil- 
reicber  Siege.  Sie  konnten  nicht  alle  genannt  werden,  Deslialb 
scbrieb  man  όττό  τα»ν  πoλeμiυJV. 

Die  Weih inechriften  sind  meist  wobl  in  Verse  gefasst ;  nicht 
ganz  wenige  aber  verschmähen  die  poetische  Form.  Modernem 
Gefiibl  wird  es  vlelletcbt  eber  entsprechen,  dass  der  poetiscbe 
Sinnspruch  da  eintritt,  wo  die  Erinnerung  an  mehrere  Ereigniese 
znsammengefaeet  werden  eolL  Antikem  Geist  lag  es  umgekehrt 
näber,  das  einzelne  Ereigniss  in  Yersen  zu  feiern,  die  Zusammen- 
faasiing  dem  prosaischen  Wort  zu  überlassen.  Es  wird  kein  Zu* 
fall  sein,  dass  die  Inschriften,  die  auf  dem  Siegeeden kmal  den 
Namen  des  Besiegten  nicht  nennen,  fast  ausschiiesslicb  prosaische 
Insobriften  sind. 

Und  die  einzige  der  Art,  die  uns  in  Versen  erbalten  ist 
bestätigt  die  Vermuthungp  dass  nur  die  Zahl  der  Feinde  es  war 
die  Terbot)  sie  zu  nennen.  Der  Zeus  der  Kleitorier  in  Olympia 
dessen  Epigramm  uns  Pausanias  erhalten  hat,  war  geweiht  als 
Zebnt  ιτολλαν  Ικ  πολίοητ.  Wie  sollten  die  alle  aufgezählt  werden  ^? 

Wären  dte  Lakedaimonier  die  Gegner  der  Messenier  und 
Naupaktier  gewesen:  mit  lakonischer  Kürze  hätten  sie  genannt 
werden  können   —  wenn  nicht  die  Siegesfreude  von   selbst   die 


'  Diee  Epigramm  hatte  bereit«  Brunn  auf  den  richtigen  Weg 
gefuhrt  (vgK  auch  Inschrifteu  von  Olympia  Sp.  381);  aber  das  schien 
die  Beweiiführung  dietei  Aufsatses  nicht  überüüssig  xu  macben. 


lieber  die  Weihinscbrift  der  Nike  de»  t^aionioi. 


m 


^^ueobrift  ία  Yerseti  geetaltet  liätte.  Mannigfaltig  aber  und  gegen 
ux&uoherlei  Feinde  gerichtet  müeeen  die  Kämpfe  gewesen  aein, 
die  die  Messenler  in  den  ersten  Jabreu  nacb  ihrer  Aneiedelung 
In  Naapaktos  zu  bestehen  hatten.  Nur  Zufall  ist  es,  daas  wir 
allein  von  denen  hören,  die  sich  an  um  Eroberung  von  Oiniadai 
k^DÜpften.  Bevor  die  Meseenier  gegen  das  fernerliegende  Oiniadai 
a.a820gen,  museten  sie  gewiss  ihre  neue  Heimath  gegen  näher- 
-^^oUiiende  Feinde  kämpfend  behaupten.  Die  Inschrift  der  Kike 
limt  uns  gelebrti  dass  nicbt  alle  alten  Bewohner  von  Naopaktos 
^vertrieben  worden  waren.  Aber  ein  Tbeil  war  ausgetrieben  wor- 
ilen  und  wird  ea  nicht  an  Versuchen  haben  fehlen  lasseni  mit 
'Xlülfe  anderer  Lokrer  die  Rückkehr  zn  erzwingen. 

Warum  sollten  die  Meesenier  und  Nanpaktier  dem  Gott  von 
Olympia  die  Gegner  alle  aufzählen? 
^fe  Der  Historiker,  dem  die  Inachriften  der  Weihgeachenke  eine 

^B  ivillkommene  £rgänzung  der  litterarischen  GeachichtFcjnellen  sind^ 
^P  mag  die  Wortkargheit  beklagen,  die  so  oft  den  Namen  der  Feinde, 
I  ireit  öfter  den  Ort  dea  Siegs  und  noch  ao  manches,  wae  wir 
^em  wissen  möchten,  verachweigt.  Auch  dem  Periegeten  der 
mlten  Zeit,  der  wolil  wusste,  daaa  nur  die  allerconcreteaten  An- 
gaben die  Neugier  dea  reiaenden  Fremden  befriedigen,  waren  die 
Inacbriften  oft  zu  schweigsam.  Aber  für  Periegeten  und  Hiato- 
riker  waren  sie  eben  nicht  verfaast,  nicht  berechnet  auf  die  Wise- 
b€gier  der  Nachwelt. 

Wäre  es  der  erate  Zweck  der  Siegesweihgeacbenke  gewesen, 
daa  Andenken  des  einzelnen  Siegs  den  Nacbkommen  zu  überlie- 
fern, man  würde  gewiss  der  Inschrift  öfter  eine  Form  gegeben 
haben,  die  diesem  Zweck  dienlicher  wäre.  Und  man  würde  ge- 
wiss auch  früher  dazu  gekommen  sein,  in  dem  Weihgeachenk 
selbst  das  Ereigniss  zur  Darstellung  zu  bringen,  dessen  Denk* 
mal  es  sein  sollte.  Aber  das  Weihgeschenk  war  runäohat  eine 
Gabe  der  Dankbarkeit  gegen  die  Götter  und  nicht  ein  Denkmal 
des  Stobes  vor  Mitwelt  und  Nachwelt 

Merkwiirdig  nur  ist  es  auch  hier  —  und  doch  wieder  nicht 
merkwürdig,  für  den,  der  auf  anderen  Gebieten  Aehnliches  be• 
obftchtet  hat  —  wie  die  NaYvet&t  der  alten  Zeit,  die  auch  den 
Guttern  etwas  von  dem  Ereigniea  erzählen  zu  mliseen  meint,  eich 
berührt  mit  der  Ruhmbegier  der  Spatzeit,  die  dem  Betrachter 
genaue  Angaben  nicht   achuldig  bleibt. 

Wenige  Inachriften  sind  ao  gewissenhaft  wie  die  auf  dem 
Elfenbeinhorn   dea   Miltiadea,    das  unter  den   Sehenswürdigkeiten 


Ü76       Koepp  lieber  die  Weihinichrift  der  Nike  dei  Paionio•. 

des  Sikyonier-Schatzhaasee  zu  Olympia  war:  Ζηνί  μ*  δγαλμ*  ανέ- 
βηκαν Όλυμπίψ  όί  \  Χβρονήσου  τείχος  έλόντες  Άράτου  έπήρχ€ 
bi  Μιλτιάδης  (Τφίν.  Mehr  kann  der  Historiker  kanm  verlangen. 
Wenn  nnr  das  Ereigniee  bedeutungsvoller  gewesen  wäre! 

Und  drei  Jahrhunderte  später  begnttgte  sich  König  Attalos 
Ton  Pergamon  nicht  mit  der  Weihinsohrift:  τών  κατά  πόλεμον 
άγώναιν  χαριστήρια  Άβην$,  sondern  er  nannte  jede  einzelne 
Schlacht  nach  Gegner  und  Ort  in  den  Unterschriften  der  einzelnen 
Gruppen  seines  grossen  Denkmals. 

Dazwischen  liegt  die  formenkargere  and  auch  wortkargere 
Zeit  der  griechischen  Kunst,  die  man  allein  die  klassische  zu 
nennen  liebt. 

Berlin.  Friedrich  Koepp. 


277 


Aßtikritieche  Streifzfige. 


αίοχρόν  diujit^v 


Die  wiederholteD  Erinnerungen  an  die  von  mir  in  Auseioht 
gestellten  ExcnrHC  zu  meiner  Geacbichte  der  römiBchen  Dicbtnng 
niÄchen  es  mir  nacbgerade  faet  zur  Pflicht,  an  die  Einlo8Utig  die- 
ser Schuld  zn  denken.  In  bedrängten  um  ständen,  wie  ioh  bin, 
muse  ich  um  Naclieieht  bitten,  wenn  ich  mit  kleinen  Anzahliogen 
beginne,  die  zum  Theil  schon  lange  auf  meinem  Conte  itehn. 

Bo  hat  vor  nunmehr  14  Jahren  Carl  Robert  in  seinem 
yielgerühmten  Buche  'Bild  und  Lied'  S*  129  C  den  Myrrnidones 
und  der  Epinamiinacha  des  Ä  c  ο  i  u  a  eine  Untersuchung  ge  widmet» 
deren  Ergebniss  zu  dem,  was  in  meiner  Geschichte  der  römischen 
Tragödie  8.  349  ff.  (vgl.  G.d.R.D.  Ρ  178.  352)  vorgetragen  iat, 
in  ichroffem  Widerspruch  steht. 

Er  beetreitet,  daee  die  Fragmente  der  Myrmidonen  in  der 
schon  von  G*  Hermann  durchgeführten  Annahme  berechtigen,  als 
ob  der  Tod  des  Patroclus  und  vorher  die  Gesandtschaft  an  Achill 
in  diesem  Drama  vorgekommen  sei:  *mit  demselben  und  viel* 
leicht  sogar  mit  heeserem  Rechte'  könne  man  'den  einKelnen 
Fragmenten  in  der  Streitscene  zwischen  Achill  und  Agamemnon 
und  den  unmittelbar  darauf  folgenden  Verwickelungen  ihren  Platz 
anweisen*.  Er  hält  fdr  denkbar,  ^dass  das  Stück  mit  der  Streit- 
scene begonnen  nnd  mit  der  Geeandtschaft  an  Achilleus  geendet 
habe.  Schade,  dass  er  diesen  schönen  Gedanken  nicht  näher  aus- 
geführt hat.  Nur  auf  den  Agamemnon  des  Ion  hatte  er  sieh 
nicht  berufen  sollen,  denn  längst  hat  Welcher  {Gr.  Tr.  947)  dar- 
auf hingewiesen,  dass  das  büupov  ä£iov  ^pαμήματoς  (fr.  I)  einem 


§t« 


Ribbeck 


SchBellläufer,  also  aUenfalle  einem  Boten,  nkbt  aber  dem  «u  ver• 
söhneBden  Acliill  verBprocben  aeiti  kann.  Baee  überbanpt  in 
einer  Terencbien,  aber  verfeblten  AnsBobnung  kein  tragiecher 
Gebalt  liege,  war  Bcboö  Bode's  und  *auch  Welckere  Meinung, 

Aber  nicbt  einmal  diese  Geeandtecbaft  läset  ja  Robert  für 
dafi  Drama  dea  Accitie  gelten.  Έβ  sei  nicbt  nötbig,  eo  lesen  wir, 
dasB  die  Veree  (fr.  IV) 

qnodei,  ut  deetiil,  etares  meenm  ant  metie  te  maeetaret  dolor» 
iam  diu  inOammari  Atridae  navis  vidiesent  euai 
'von  Aobilleue  zu  Aiaa  grade  bei  GelegeDbeit  der  Gesandt acbaft^ 
gesprochen  wurden.  Es  sei  denkbar,  dass  Äcbill  sie  unmittelbar 
nacb  aem  Streit  an  einen  Genossen  riobtete.  Also  schon  damals 
war  ea  ein  längst  gehegter  {iam  dm)  WunBcb  des  edlen  Peliden« 
TOB  den  Atriden  abzufallen  und  die  Flotte  dem  Verderben  preis- 
zugeben ?  und  schon  damals  hätte  er  «ich  über  einen  Schmerac» 
d»  h.  eine  Kränkung  zu  beklagen  gehabt,  für  die  er  eine  so  ver- 
hingnissToUe  Tbeilnahme  von  einem  Kameraden  erwarten  durfte? 
und  dieser  Kamerad,  von  dessen  tbatkräftiger  Theiluabme  das 
Schicksal  des  gesammten  Griechenbeeree  abbing,  hatte  ein  andrer 
sein  können  als  Aias,  ?ρκος  'Αχαιών?  und  schon  damals  konnte 
überhaupt  an  eine  Gefahr  wie  die  Verbrennung  der  Schiffe  ernst- 
lich gedacht  werden?  Robert  vergleicht  mit  den  Worten  bei 
AcciuB  die  homerischen  aus  der  Streitscene  (A  231  f,)  ϊ^ημοβόρος 
βασιλεύς,  έπε!  ούτι&ανοΐ0ΐν  άνάσσεις*  ή  γάρ  δν,  ΆτρΕΐοη,  νυν 
ΰΐΤτατα  λιυβήααιο^  als  ob  Opposition  gleich  Abfall  wäre.  Am 
allerbequemsten  freilich  ist  sein  verzweifelter  Einfall  dass  eie 
gar  nicht  dem  Achill  zu  gebi5ren  brauchten,  'zumal  dessen  Zorn 
sieb  nur  gegen  den  einen  Atriden  richte'.  Als  ob  es  nicht  so 
zu  sagen  stehender  Sprachgebrauch  der  Tragödie  wäre,  beide 
Brüder  solidarisch  verantwortlich  zu  machen,  und  grade  wo  von 
der  HeerfUhrung  die  Rede  ist,  beide  als  6ικρατ€ϊς  zu  verbinden 
(ine.  ine.  fab.  26.  35).  Ich  denke,  wer  ohne  die  Absicht  des 
Widerspruchs  um  jeden  Preis  unser  Fragment  anBieht^  wird  zu- 
geben, dass  keine  passendere  Scene  dafür  gedacht  werden  kann, 
als  die  Verhandlung  mit  den  Gesandten,  und  dass  nur  Atas  (nioht, 
wie  G.  Hermann  wollte,  Antilochus)  die  Ehre  eines  solchen  Vor- 
wurfs erwiesen  werden  konnte.  Hierzu  kommt  dann  die  Dro* 
hung  desselben  Achill  in  gleichem  Metrum  aus  derselben  Scene 
ftr.  II: 

olftssie  trahere  in  salum  me  et  vela  ventorum  animae  immittere 
womit  sohon  Hermann  die    entep rechende   Homersteüe  I  357  ff. 


titikritiicbe  Streifzüge.  279 

^^ergliclien  hat:    man  kann  sogar  nach  dem  Original  (αΰρίον  *- 

9ψ€θΐ)  den  Satai  ohne  weiteres  ergänzen;    und  ίπήν  äkabc  irpo- 

^puacJui  ist  direot  vom  römischen  Dichter  übertragen.     Trotidein 

m  et  Robert  der  Anschluea  noch  nicht  eng  genug,  er  begnügt  sich 

lieber  mit  der  Erklärung  in  der  Btreitecene  (A  1β9):  νΰν  b*  ΐίμι 

«1>θίηνΟ€>    ohne  fitr  die  Verflohiedenheit  des  Tons    und  der  Stirn- 

^znung  «wischen  dieser  barschen  Drohung  und    jener   behaglichen 

-Aoemalung  des  Gedankens  an  die  Heimkehr  eine  Empfindung  su 

^^rerrathen«     Leichten  Fusees  geht    er    auch    an    der   Erwiderung 

Schule    (fr.  I)    auf   die  Vorstellungen    de»  Antilochue    vortiher. 

'^ie    konnte    dieser    das  Betragen    des  Helden  als  pertinacia  be- 

aeicbnen,    wenn    nicht  sein  Zorn  eben    hartnäckig  gewesen  wäre, 

4ileo   schon   lange  Zeit  angehalten    hätte?     Also    kurz   vor   oder 

3ach  der  Geeandtschaft  war  ein  solcher  Vorwurf  am  passendsten. 

Dass  fr.  VIII 

regnum  tibi  permitti  malunt?  oernant:  tmdam  exercitue 
voa  Agamemnon  gesprochen  sein  könne,  hatte  ich  ja  seihet  her- 
vorgehoben und  verschiedene  Situationen  als  möglich  bezeichnet* 
Eine  Noth wendigkeit,  sie  mit  Robert  grade  in  die  erste  Streit- 
Bcene  zu  versetzen,  liegt  jedenfalls  nicht  vor.  Wenn  er  aber 
dem  NoniuB  oder  seinem  fehlerhaft  tiberlieferten  Artikel  gutmüthig 
Glauben  schenkt  und  sich  der  handschriftlichen  Lesart  cemam 
gegen  Meroiers  Verbesserung  annimmt,  als  ob  cernani  jemals  so 
viel  als  cedam  bedeuten  könne»  so  muss  ich  doch  im  Kamen  des 
Lexicons  Einspruch  erheben :  denn  cernere  hereditatemf  was  No- 
nius  anführt,  heia  st  bekanntlich  :  das  Antreten  einer  Erbschaft  in 
Ueberlegung  nehmen,  nicht:  sie  abtreten.  Darum  hat  der  neueste 
Herauegeher  des  Nonius  in  dessen  Artikel  zweimal  succedert  ge• 
sobrieben  statt  ced^re  (sachlich  unzweifelhaft  mit  Recht)  und  bei 
Accius  cenuts  statt  eernam^  dieses  offenbar  willkürlich.  Das  Citat 
ist  das  letzte  in  dem  langen  Artikel;  oben  sind  für  die  Bedeu- 
tung ^cernere,  iudicare^  zwei  Beispiele  aus  Pacuvius  und  Ennius 
heigebracht,  deren  ersterem  das  des  Accius  sehr  wohl  angereiht 
sein  konnte.  Uebrigene  mag  immerhin  dem  urtheilslosen  Com- 
pilator  die  Verhunzung  seiner  Quelle  zugeschoben  bleiben, 

Daee  auch  in  den  Μυρμιδόνες  des  Aesohylus  Gesandte  auf- 
traten, welche  die  Noth  des  Grieohenheeres  schilderten,  um  Achill 
SU  erweichen,  bezweifelt  Robert  gleicbfaüs  mit  Unrecht.  £r 
lieht  nämlich  (leider  mit  Hermann)  aus  den  missverstaa denen 
Worten  des  Scholiasten  zu  Ariatophanes  Fröschen  1264  (^  Aeeeh, 
fr,  132  N'.)  ToÖTO  άττό  τών  ττρΐσβεΐϋν  ιτρός  'Αχιλλέα  Αίσχύλος 


980 


Kibbeck 


irEito[r|K€V  den  Sohlast,  daas  nicht  AgamemDoii,  eondem  die  Myr*  * 
midoneotruppe  Acbilla  Delegirte  j^eschiokt  hätte,  welche  den  Chor 
bildeteo.     Hätte  der  SchoUaet  sagen  wollen;  'Aeechylos  laset  dieee 
Worte  von  den  Geeandten  an  Achill  richteD*»   eo  würde  er  doh 
etwa  eo  auegedrückt  haben:    τούτο  τους  ττρ€(Τβ€ΐς  —  π€ποΙηκ( 
λ€γ€ΐν.     Wie  obigee  άτιό  zu  verstehen  sei,  kann  x.  B.  da•  8cho- 
lion  zu  V.  992  (τάΟ€  μέν  λ€ύσσεις  κτλ,  =  Aeech.  fr.  131  NM 
lehren:   ττρος  τον  ΑΙσχύλον  ό  χορός  άπό  τών  αύτοΰ,  d.  k  der 
Chor  zu  dem  etumm  wie  Aohill  daeitzenden  Aeachyloe  mit  An- 
spielung auf  die  eignen  Worte  dee  Dichters  in  den  Myrmidonen. 
Oder  zu  1093:  τούτο  hi  φησιν  Ευφρόνιος,  δτι  άπό  του  έν  τψ 
Κ€ρομ€ΐκΐ|ΐ  αγώνος  της  λαμπά5ος  κτλ,  *niit  Anspielung  auf  den 
Fakellauf   im    Kerameiko6\     So   lässt  nach    demselben    Erklärer 
Aesühylus  den  Chor  in  den  Myrmidonen  die  Worte  avbpobaiicrov 
ά  κ  0  ύ  UJ  V  1ή  κόττον  mit  Bezug  auf  die    eben   vernommene  Dar- 
stellung der  Gesandten  des  Agamemnon  gebrauchen.     Wir  haben 
also  ein  so  vollwichtiges  Zengniss  für  die  angezweifelte  Gesandt- 
schaft,  wie  man  nur  wünschen  kann,    und  die  'bedenkliche  Tau- 
tologie*,   'wenn   eowohl  der  Chor    der  Myrmidoneni    als  die  Ge- 
sandten Agamemnons    den  Achilleus    vergeblich    zur  Theilnahrae 
am  Kampfe  außOrderten',  braucht  uns  nicht  zu  beunruhigen. 

Wenn  demnach  für  das  Drama  des  Aeschylus  wie  des  Ae- 
cius  feststeht,  dass  ein  Theil  desselben  durch  £mpf&ng  und  Ab- 
fertigung der  Gesandtschaft  griechischer  Heerführer  an  Achill 
ausgefüllt  wurde ;  wenn  unleugbar  ist,  dass  dies  allein  kein  Stoff 
für  eine  Tragödie  sein  konnte,  sondern  die  Spannung  durch  die 
Sendung  und  den  Tod  des  Patroklos  ihren  Abschluss  finden  musste; 
wenn  die  Fragmente  135  ff*  klar  beweisen «  dass  Aeschylus  in 
der  That  eben  diesen  Verlauf  der  Handlung  gedichtet  hat:  so 
wird  jeder  Unbefangene  die  Vermuthung  für  genügend  begründet 
halten,  dass  Accius  in  seinem  gleiohnamigen  Drama,  dessen  sonst 
nicht  vorkommenden  griechischen  Titel  doch  nicht  hi  erfunden 
hat,  sich  diesem  Original  angeechlossen  habe,  um  so  mehr  als 
die  römischen  Dramatiker  eher  geneigt  waren,  der  Handlung 
eine  weitere  Ausdehnung  zu  geben,  als  sie  einzuschränken. 

Aber  dies  Alles  wird  ja  niedergeschlagen  mit  dem  erschüt- 
ternden Satze:  'dass  aber  der  Tod  des  Fatrokloe  in  den  Myrnii• 
denen  überhaupt  nicht  vorgekommen  sein  kann,  wird  zu  einer  an 
Gewissheit  grenzenden  Wahrscheinlichkeit  erhoben  durch  den  Um- 
stand, dass  diese  Katastrophe  den  Inhalt  einer  andern  Tragödie 
detaelben  Dichters  bildelCi  simlieb  die  Epinausi mache'  (S«  135). 


Wenn  Lebhaftigkeit  und  Zuvereichtlichkeit  der  Behauptungen 
3:  Je  Kraft  von  Beweisen  hat,  so  müssen  wir  vor  dieser  Theee  frei• 
i  ich   die  Waffen  strecken.     Doch  beleuchten  wir  die  Gründe. 

In   den  Rahmen    der   Ilias   znnäcliei  pa.est   die    von   Robert 
r^  ugenommene  Handlung   ebenso   wenig,    wie   die   von    mir    nach 
^^.  Hermann  und  Wekker  naher  ausgeführte.     Daee  die  'Schlacht 
"bei   den  Schiffen    nach  Homer  der  ΤΤατρόκλεΐα  vorangebt,    weiss 
j  eder  und  habe  auch  ich  natürlich  nicht  verechwiegen  (G.  d*  r.  T. 
^56).     Die    emphatische  Frage,    *mit   welchem  Rechte*    ich    be- 
haupte,   daee   bei  Acciua  jener   Kampf  nach   dem  Tode  des  Pa- 
^roklas  noch   fortdanre    oder   erst    recht    heftig    entbrenne,    wird 
^ben   sehr   einfach  durch  die   Fragmente,    wie    ich    sie  verstehe, 
beantwortet     Aber  auch  der  Kampf  an  und  im  Skamander,  den 
Schill,  eben  von  dort  zurückkommend,  bescbreiht  (fr,  ΧΠ),    ist, 
"wie  Robert  S.  139  zugeben   muss,    ein  Änachroniemns,    wenn  er 
Tintnittelbar  nach  Patrok los*  Tode  angesetzt  wird.     'Mit  welchem 
Hechte  ,    könnten  auch  wir  fragen,    'behauptet'  E.  u.  b,  w.     Er 
liilft  sich  zunächst  mit   der   bequemen  Ausrede:    '^aher   muss    es 
auch  bei  Accins  so  gewesen  sein*  wie  bei  Homer?    Dasselbe  Ar- 
gument können    wir   auch    für    unsere  Ansicht  ins  Feld  führen. 
Aber  freilich,    daee  sich   bei  Accins  der  Held  echon  gleich  nach 
dem  Tode  des  Freundes  in  den  Kampf  stürzt^   und  nicht  erst, 
wie  bei  Homer,    unbewaffnet    den  Wall    betritt   und    die  Feinde 
durch  seine  Stimme  verscbeuohtt  das  ^soheint  sich'  ihm  'aus  fr.  I 
unmittelbar  zu  ergeben  . 

Ut  nunc,  cum  animatns  iero,  eatie  annatue  eum 
eagt  nämlich  Achill,  der  ohne  Waffen,  wie  er  ist,  in  den  Kampf 
stehen  will,  um  seinen  Freund  zu  rächen.  So  erkläre  ich  8*  135, 
unerträglich  'matt*,  wie  R*  findet,  wenn  dem  Wort  nicht  unmit- 
telbar die  Tbat  folge.  Wie  matt  muss  dann  dem  feinen  Psycho- 
logen die  Homerische  Erzählung  erscheinen !  Sagt  da  nicht  auch 
Achill  im  ersten  Schmerz  zu  seiner  Mutter  (Σ  114):  vOv  V  €ίμ*, 
6φρα  φίλης  Κ€φαλής  όλετήρα  κιχ€ίιο  "Εκτορα  u.  β.  w.  Aber 
Thetie  erinnert  ihn^  daes  ja  seine  Waffen  in  den  Händen  der 
Trojaner  seien  (130  ff.),  und  mattherziger  Weise  läset  er  sich  auf 
den  nächsten  Morgen  vertrösten,  wo  ihm  neue  Waffen  von  der 
Mutter  versprochen  werden.  Er  ruht  sogar  in  der  Nacht  und 
beruft  sich  gegen  Iris,  die  ihn  zum  Kampf  aufruft,  auf  seine 
Wehrlosigkeit;  πώς  V  &μ  iui  μετά  μώλον;  Ιχουσι  hl  τεύχε' 
εκείνοι  (188).  Wenn  nun  Accius  einen  Freund  gegen  das  rüh- 
rende, aber  tolle  Ungestüm  Achills  £ineprache  erheben  Ueas,  so 


ii 


Ribbeck 


eoll  er  ihn  damit  ium  *  leeren  Prahler  herabgewürdigt  tiabeo? 
Und  'schoD  dies'  (man  höret)  eoU  ^eigentlich  ausreichend  «ein, 
nteine  'Ännnhtne  zu  widerlegen,  dass  niobt  der  Tod  des  Patroklos 
sondern  der  des  Hektor,  ja  sogar  noch  die  Lösung  von  Hektors 
Leiche  den  Inhalt  des  Stückes'  (der  Epinausimache)  'gebildet 
habe*.  Wenn  ich  nun  dagegen  prahlen  wollte,  schon  allein 
der  in  fr.  XII  beschriebene  Kampf  iin  Skamander  beweise  die 
Richtigkeit  meiner  Auff^asenng? 

Aber  sehen  wir  uns  die  übrigen  Bruchstücke  noch  etwa« 
genauer  an,  zunächst  die^  in  denen  von  Kampf  die  Rede  ist.  Ein 
Bote  offenbar,  wie  ich  a.  0.  S,  d59  bemerktef  schildert  in  Senareii, 
wie  eich  das  Kriegsgliiok  gewendet  hat«  Von  der  Schlacht  bei 
den  Schiffen  muss  zuerst  die  Rede  gewesen  sein,  denn  davon  ist 
ja  das  Stück  benannt;  dann  die  Flucht  der  Troer  von  den  Schiffen 
nach  der  Stadt  (vgl.  IL  Π  375  f.  ΦβΙΟί,)  fr.  IX: 

ab  classe  ad  urbem  tendunt,  neque  quisquam  poteet 
fulgentium  armum  armatue  ardorem  optui. 
Zwei  der  hervorragendeten  Helden  im  Zweikampf  (XI): 

Mavortes  armis  duo  congressos  crederes. 
Mit  Ares  wird   bei  Homer   nicht  Patroklcs,    sondern  Achill  ver- 
glichen:   Ισος  ΈνυαΧίψ  (Χ  132),    und  ebenbürtig  ist  ihm  unter 
den  Trojanern  niemand  als  Hektor, 
Nun  aber  fr.  XIV: 

primoree  procerum  provocavit  nomtnans, 
si  esset  quis,  qui  armis  eecum  vellet  cernere. 
Robert  versteht  auch  hier  Patroclus,  der  die  tapfersten  Troer  bei 
Namen  aufrufe,  und  findet  unbegreiflich  ^  dass  ich  an  Achill 
denke:  welche  Veranlassung  habe  Achill,  die  Helden  der  Troer 
einzeln  herauszufordern?  ee  sei  ihm  doch  wahrlich  jetai  nicht 
um  eine  Schaustellung  seiner  Stärke,  sondern  um  Rache  zu  thun. 
Vollkommen  einverstanden,  nur  schade,  dass  R.  gegen  Wind- 
mühlen 6cht.  Denn  ich  muss  mich  ernstlich  beklagen,  dass  er 
eich  nicht  einmal  die  Mühe  gegeben  hat  zu  lesen,  was  bei  mir 
S,  360  gedruckt  steht.  Es  ist  mir  ja  gar  nicht  eingefallen,  jene 
Zeilen  uuf  Achill  zu  beziehen,  sondern  ich  habe  an  die  Heraus* 
forderung  erinnert,  welche  früher  auf  Rath  des  Helenos  Hektor 
an  die  griechischen  Heerführer  erlassen  hat  (H  46  ff,),  und  habe 
vermuthet,  dass  ein  Grieche  angesichts  der  Leiche  Hektors  jener 
berühmten  Episode  gedacht  haben  möchte»  wozu  auch  die  Frage 
(XI il)  ubi  nanc  terricula  tua  sunt?  gut  zu  stimmen  scheint,  G, 
Hennann  hat  sie  wenigstens  ganz  eben  so  gefasst 


ά 


Antikrrtieche  Streifrüge. 


968 


Ν 


Sehr  verfehlt  Hude  ich  ilie  Deutungen  einer  Gruppe  von 
KruchBtilcken,  welclie  einer  Yerbaiidluiig  «wieeben  Achill  und 
r*atroc!ne  vor  deseeii  EntBendung  in  den  Kampf  entnommen  «ein 
βοΠβη  ^     Fr.  JI 

proin  tn  id  cai  fiat,  non  qui  fatsias  compara 

'^wird  80  umschrieben:    *eicb   mehr  auf  mich,    dem   du  etwas  zu 

X^iebe    tbun    sollet»    als  auf  deinen  Stolz*.     Also  qiü  soll  Nomi* 

ativ    sein?     Ich   hielt    eu    für    den    Inetramentalis   und    glaubte 

',Aclii!l    zu    vernehmen,    der  jede  Verzögerung  und  Vorbereitung, 

jede   Bedenklichkeit  gegenüber  der  Freundespflicht  für  den  gefal- 

lenen  Patroclue  zurück weiae»     Wie  «chief  und  wenig  enteprechend 

K**e  Erklärung  ist,    verräth    echon    die  Fülle  der  Worte,    die  er 

Tiötbig  hat,  nm  sie  nur  verBlUndltch  zu  machen. 

Dase  derselbe  im  Eifer  des  Streite  nicht  für  nöthig  gefun- 
den bat  meine  Auseinandersetzungen,  obwohl  sie  kürzer  als  die 
eeinigen  eind^  nachzuleßen,  zeigt  Bich  noch  an  einem  zweiten, 
xecht  auffallenden  Beispiel,  lieber  den  Zusammenhang  der  Worte 
Λ.  VII 

mors  amici  eubigit,  quod  rai  est  senium  multo  acerrimum 
trägt  er  mit  feierlicher  Einleitung  als  gauü  neu  die  Verniullinng 
vor,  daee  Achill  mit  Thetis  spreche  im  Sinn  der  bekannten  Ho- 
merstelle»  wo  die  Mutter  dem  Sohn  das  baldige  Ende  nach  Hek- 
tore  Tod  verkündet  (Σ  95  f.).  Sollte  man  es  glaubeni  dass  ganz 
dieselbe  Erklärung  bereite  von  mir  a,  0.  S.  358  aufgestellt  und 
durch  die  bezüglichen  IliaRatellen  ^  belegt  ist?  dass  ich  diese 
Scene  auch  noch  durch  Einfügung  eines  andren,  gleichfalfe  aus 
Homer  geschöpften  Bruchstücke  (ino.  fah.  IX)  auszuführen  ver- 
aucht  habe?  Freilich  den  Bericht  über  den  Kampf  im  Skamander 
(fr,  XII),  den  Robert  'schon  (!)  des  gleichen  Metrums  wegen'  in 
dieselbe  Unterredung   zu   setzen    geneigt  ist,    vermag    ich    damit 


^  B.  führt  eine  neue  Nomenciator  für  die  römiBcbe  Tragödie  ein, 
indem  er  S.  138  fr.  VllI  "nee  perdolitcit  fligi  eodoe,  morte  campos  oon- 
icgi^  'natürlich  einer  irühereu  äcene,  vielleicht  der  Parodoa',  Kuweist. 
!ch  verstand  das  im  Muude  Achills  relativ,  im  Vergleich  zn  seinem 
Schmers  über  den  Tod  des  Freundes  (vgl.  VII).  R.  weist  den  Vers 
dem  Phönix  oder  dem  Chor  der  Myrmidonen  zu.  £r  scheint  2^u  glau^ 
hen,  dass  der  Chor  ein  fister  BeHtandtheil  der  römischen  wie  der  grie- 
chischen Trafiödie  sei.  Es  wäre  sehr  daükenswerth,  wenn  die  Beweise 
für  diese  Entdeckung  der  Wiesenechaft  nicht  länger  vorenthalten  blieben. 

•  In  den  Anmerkungen  S.  3o8f.  iai  bei  den  Iliascitaten  dreimal 
äerielbe  Druckfehler  zu  verbessern:  die  Buehzahl  istXVIlI,  nicht  XV^IL 


984 


Ribbeck 


Ι 


nicht  zu  reimen.  Nacb  ihm  hätte  man  sich  wunderbarerweiAe 
vorzoB teilen,  daes  bei  Acciua  Achill  zunächst  nach  Patroclns*  Tode, 
wie  schon  erwähnt,  waffenlos  in  den  Kampf  geelnrst  wäre  and 
die  Schlacht  im  Skamander  geliefert,  dann  zurückgekehrt  den 
Besuch  von  Thötia  empfangen,  ihr  von  seinen  Thaten  erzahlt 
nnd  von  ihr  das  Versprechen  neuer  Waffen  erhalten  hätte,  was 
Bobert  als  einen  'äusserst  dramatischen*  Schluss  des  Drama's 
empfiehlt.  Ich  bin  zu  stampfsinnigf  nm  die  Schönheit  eioes  sol- 
chen Schlusses,  der  die  Handlang  an  der  Spitze  abbricht,  zu 
empfinden.  Mir  kommt  er  ecblimmer  vor,  als  wenn  Sophokles 
seinen  König  Oedipus  mit  der  Enthüllung  des  Dieners  oder  die 
£lektra  mit  dem  Eintritt  des  Orestes  und  Pylades  in  das  Haus, 
oder  wenn  Euripides  seinen  Hippolytos  mit  dem  Zerwürfniss  zwi- 
schen Vater  und  Sohn  oder  die  Bacchen  mit  dem  Abgang  des 
Pentheus  geschlossen  hätte. 

Doch  genug  des  Streites.     Der  anbefangene  und   aufmerk- 
same Leser  mag  nun  selbst  beurt heilen,  ob  er  das  triumphirende 
ScbluBswort:    'so  läest  sieb  der  Gang  dieses  Stückes  so  klar  er- 
kennen,   wie   der   von    wenigen    römisoheu  Dramen*   unterschrei•  _ 
hen  mag.  I 

Nur  noch  einige  Worte  über  den  Du  forest  es  des  Paouvius. 
Da  mein  Versuch,  die  Beste  der  von  0.  Jahn  gefundenen  Hand* 
Inng  einzuordnen  (a.  0,  S.  239  ff.,  vgl.  Gesch.  d.  röm.  Diobi.  I* 
170  f.  352),  nach  dem  gestrengen  Urtbeil  des  Kennere  *den  Gegen- 
stand nicht  gefördert'  hat  (S.  185  Α.),  ßo  fahle  ich  mich  um  so 
mehr  verpflichtet,  seine  forderlichen  Entdeckungen  in  reiffiche 
Erwägung  zu  ziehen. 

Wirklich  weicht  er  in  einem  wesentlichen  Punkte  von  Jahns 
Reconstruction,  der  auch  ich  mich  angeschlossen  habe,  ab.  Da 
nämlich  ans  fr.  XVI  und  XVJI  zu  Bchlieesen  ist,  daes  Oeax  eine 
Rolle  im  Drama  spieltej  da  ferner  fr.  II  Verlobung  der  Tochter 
und  für  den  Tag  der  Handlung  ihre  Hochzeit  meldet  \  da  sogar 
nach  fr.  I  eine  glänzende  Hochzeitsfeier  bereite  im  Gange  ist,  so 
lag  der  Gedanke  nahe,  dass  Klytämnestra,  wie  bei  Euripides, 
ihre  Tochter  Elektra  durch  Verheirathung  sich  vom  Halse  zu 
schaffen  suchte,  aber  nicht  wie  dort  durch  Verheirathung  mit 
einem  uuebenbürtigen,  sondern  mit  einem  Fürstensohn,  Oeax,  der 
von  seinem  Vater  Nauplioe  bittren  Groll  gegen  Agamemnon  ge* 


^  'gniitafn  deepondit:  nuptÜs  hmnc  dat  diem'  konnte  Klytämnestra 
über  Äegisth  im  Eingang  des  Stücks  melden. 


ABtikritiscbe  Streifzüge* 


SM 


«rbt  bat  und  demnach  der  natürliehe  Bundesgeuoese  der  Klytäm- 
nestra  und  deeAegistbu»  ικ£.  Für  dieße  Steliung  habe  ich  S.  241 
nocb  einige  Belege  aus  Enripideu  (Oreet.  432  fF,)  und  Hygin  (fab. 
117)  beigebracht.  Dase  durch  die  Gefahr  einer  aufgezwungene!! 
Verbindung  mit  einem  erklärten  Feinde  dee  Vaters,  eowie  dnrch 
daa  Eingreifen  eben  dieses  racheduretigen  Enkels  des  Palamedei 
dem  Rächeramt  des  Orestes  ein  neues  Motiv  zugeführt,  aber  auch 
ein  neues  Hindernise  entgegeDgestellt  war,  liegt  auf  der  Hand, 
und  das  Bild  der  Finakotbek  zeigte  ja  die  Söhne  des  Nauplios, 
wie  sie  dem  Äegisth  zu  Hülfe  gekommen  sind  und  von  Pyladea 
getüdtet  werden,  wäbrend  Orestes  den  Äegisth  niedermacht.  Wirk* 
lieb  deuten  auch  die  Worte  fr.  XIX  '  extemplo  Aegisthi  fidem  | 
nunoupantes  conciebunt  populuni'  auf  eine  Intervention  zu  Gunsten 
des  Aegistb;  sein^  Popularität  soll  von  Helfern  des  Usurpators 
benutzt^  eine  Volkserhebung  für  ihn  hervorgerufen  werden.  Trotz 
alledem  findet  Robert  es  unglaublich,  daes  Aegieth  und  Klytäm• 
neatra  *dem  gefäbrlicben  auf  Rache  sinnenden  Mädchen  solchen 
Gatten  geben  sollten',  der  doch  grade  der  rechte  Mann  war,  sie 
imschädlich  zu  machen.  Vergehens,  sagt  er,  mühe  man  eich  ein 
tolohes  Verfabreu  zu  motiviren.  Mit  diesem  Machtwort  ist  die 
b Sache  abgeth an.  *Nein,  nicht  EI ektra,  sondern  Erigona,  die  Toch- 
*ter  des  Aigisthoe  und  der  Klytalmnestra,  ist  die  Braut'.  Roma 
locuta  est.  Beweise  werden  nicht  verabreicht.  Weder  die  Bruch- 
stücke noch  irgend  welche  andere  Quellen  verratben  eine  Spur 
von  Vermüblung  der  Erigone  oder  von  einer  Verflechtung  ihrer 
Person  in  die  That  des  Orestes,  noch  vermag  unsere  eich  selbst 
iiberlassene  Phantasie  zu  ersinneUf  durch  welche  Combination  eine 
so  in  den  Vordergrund  gestellte  Hochzeit  der  Erigone  für  die 
Hauptbandlung  dichterisch  verwendbar  gemacht  werden  konnte. 
Der  ^  wirkungsvolle  Gegensatz  zwischen  der  glücklichen  Erigone 
und  der  einsamen  El  ektra'  kann  doch  fiir  sich  allein  den  Zu- 
schauer nicht  dauernd  interessiren. 

Wir  müssen  also  diese  'Förderung  des  Gegenstandes'  be* 
dauernd  abl ebnen  h  Und  mit  dem  Ausdruck  des  Bedauerns,  dass 
dieses  Buch  dem  Verständmsfi  der  römischen  Tragödie  auch  nicht 
den  kleinsten  Nutzen  gebracht  bat,    legen  wir  es  aus  der  Hand. 

►  (P.  f.) 

Leipsig.  0.  Η  i  b  b  e  c  k. 


^  Daifl  wir  in  der  Deutung  von  Bruchstücken  nur  zu  oft  nicht 
Eber  *  bloise  Möglichkeiten '  biaauikommen,  ist  ja  leider  wahr*  um  »o 
mehr  müieen  wir  une  aber  vor  Unmöglichkeiten  hüten.  Dabin  rechne 
ich  die  Zuiammenfltellung  von  fr.  VU  mit  Soph.  El.  552—555  als  Theil 
einer  Streitecene  zwiecheu  Matter  und  Tochter,  Dm  R.  nioht  für  nötlag 
befunden  hat^  üb<>r  die  Scliwierigkeiien  dei  Textet  ein  Wort  xu  verlieren, 
•o  dirf  ich  mich  auf  ein  itummee  Frage*  und  AuBrufuDgezeicbea  be- 
schränken. 


286 


nc 


Rüiiiieche  Dicliter  auf  [nschrifteo. 


Aach  wer  die  Gedichte  der  lateiniBcben  Inschriften,  deren 
ersten  Band  Bucteler  am  Scblune  de»  letzten  Jahres  ediert  hat, 
nur  flüclitig  durchblEttert,  elöHBt  auf  Schritt  und  Tritt  auf  Bütte 
und  Wendungen,  die  schon  nus  der  Lectüre  der  römieohen  Schrift- 
steller bekannt  sind.  Ganze  Veree,  zahlreiche  Halbverse,  eine 
Menge  von  Sentenzen  und  Phrasen  klingen  vertraut  an  daß  Ohr. 
An  zweihundert  solcher  Quell-  und  Parallelste] len  hat  schon  der 
Herauflgeber  anführen  können,  aber  erschüpft  ist  damit  die  Aue- 
beute bei  weitem  nicht.  Schon  hat  Wejman  einen  Cento  aus 
Prndentiue  *  hinzugefügt,  und  die  folgende  Zusammenstellung 
wird  die  geringe  Originalität  dieser  Poesien  noch  besser  ine 
Licht  setzen. 

Freilich  nicht  alle  Uebereinstimroungen  sind  wir  als  unmit- 
telbare Entlehnungen  anzusehen  befugt.  Schon  bald  muss  sich 
ein  grosses  Arsenal  von  lungern  und  kürzern  Verestiicken  gebil- 
det haben,  dem  das  für  den  jeweiligen  Gebrauch  Nüthige  loit 
leichter  Mlihe  entnommen  werden  konnte.  Gedichte  gleichen  In- 
halts und  fast  gleicher  Worte  sind  nicht  selten.  Schon  Bücheier 
hat  7Gf.,  129  ff.,  145  ff.,  150  E,  161  ff.,  164  ff.,  196  ff.,  474  ff., 
517  f.,  555ff.,  592  ff.,  635  f.,  788  f,,  802  ff.,  835  ff.  «ugammen- 
gestellt,  389,  4  und  808,  427,  7  und  483,  3,  456,  4  f.,  und  822,  1, 
618,  9  und  659,  ^,  659,  1  und  707,  12,  692,  3  und  778,  6  u.  a. 
mit  einander  *   verglichen,    und    ebenso    lesen    wir   die    gleichen 


*  Auch  COO,  5  propio  Mec  nomim  ai^iat  eoheint  sich  an  Prud. 
in  Symm.  I  596  prujmo  siffnarint  nomine  chartoH  anzulehnen;  freilich 
enthält  der  Gedanke  nichts  Besonderes,  vgl.  Luc.  IV  655  signnvii  no- 
mine terras  Ckud.  IV  Hon.  155. 

^  Andere  Beispiele  sind  noch  nütm  in  urbe  mcra  249,  12;  437  2, 
quod  fuit  ad  superos  487,3;  509,4,  eaelfstia  reffna  pdisti  671^3;  737,9p 


Kömiflche  Dichter  auf  Inecliriiten. 


S87 


Worte  bei  der  häufigen  Aufforderung,  auf  das  Akro&ticiion  zu 
acliten  ',  die  gleichen  lobeniJen  Beiworte  der  Gattin  und  des 
Gatten^,  die  gleichen  Uelergänge  ^  und  Schlueegedanken.  Solche 
tTebereinstimmungen  sind  oft  ohne  direkte  Beziehung,  nicht  aber 
ohne  gemeinsames  VerbiiidungRglied  entetanden.  Haben  in  jenes 
Arsenal  die  röroiechen  Dichter  auch  den  grössten  Beitrag  gelie- 
fert, so  bediente  sich  der  spätere  Ißechnftendtchter  doch  des  Ma- 
terials, ohne  der  UTeprünglichen  tiuelle  sich  bewusst  zu  sein. 
"WandinBchriften,  besondere  aus  früherer  Zeit,  sind  häufig  Kemi- 
niscenzen  und  SchreibÜbuiigen  aus  der  Schule  und  können  daher 
als  reine  Oitate  gelten,  aber  die  iu  längere  Gedichte  eingefügten 
Verse  und  Versbrucbstücke  sind  zum  Theil  wenigsteuB  ohne 
Ahnung  des  eigentlichen  Autors  angewendet  worden.  Ein  Vers, 
der  so  oft  ganz  oder  theil  weise  wiederkehrt,  wie  abstnUt  aira 
di€S  et  funere  mersit  acerhOf  war  Gemeingut  aller  Kirchhofpoeten, 
imd  nicht  jedem  unter  ihnen  stand  die  Urquelle,  und  mochle  eie 
seihat  das  Schulbuch  der  Aeneis  sein,  deutlich  vor  Augen.  So 
führen  wohl  zahlreiche  Aehnlichkeiten  nur  auf  Umwegen  auf  den 
wahren  Ursprung,  wenn  diesen  im  einzelnen  nachzuspüren  auch 
eine  schwierige  und  wenig  lohnende  Arbeit  ist. 

Auch  ist  nicht  alles  Entlehnung,  was  auf  den  ersten  Blick 
als  solche  erscheinen  könnte.  Den  fast  stehenden  Anfang  hie 
iac^t,  hie  sUus  esi^  die  Anreden  graiissima,  dukissima  taniutkVf 
carissima  mattr^  den  frommen  Schi  uss wünsch  Sit  tibi  terra  hvis 
als  Nachahmung  der  gleichlautenden  Dichterstellen  ^  auffassen  zu 


vide{n8)  caekstia  regna  319,2;  745,  6,  di€(s)  fion  dütnlü  haram  391,4; 
742,4,  dthitum  communeifi  omnünis  693,5;  718»  Γ>*  inama  memhm  reli- 
qutt  512,10;  740,5,  äomus  tma  sepukhri  70i],  5;  748,15,  corporeos  rww- 
paj8  nexus  668,  2  c.  w.  linqutns  743, 3.  So  wird  auch  wohl  545,  4  zu 
ergänsen  sein  semper  deinncta  ptidore  nach  652,2  oder  satiper  sociaia 
pudore  nach  784,2. 

^  108,10;  109,9;  273,10;  511,10;  570,4;  643,6;  651,5;  676,10; 
696,3;  745,7;  748,28;  797,17. 

»  Z.  B.  pia  easia  pudiea  237,  1;  368,  1;  451j  1;  caata  pudica 
546,  6;  661,  1;  656,  12;  digna  manio  389,  1;  640,  6  (111,  2);  iuncta 
marito  384,  2;  386,  3;  670,  3   (vgl.  Stat.  s.  I  2,  189  Luc-  II  329)   uew. 

^  Z,  B.  mi  (cuiiis)  pro  meritis  368,  2;  640,  9  und  ähnlich  q^tod 
{hoc)  tibi  pro  meritis  250,  9;  678,  6  uew. 

*  Z.  B.  hie  iacet  Tib.  1  3,53,  hie  sitm  est  Ov.  m.  Π  327  Luc, 
VIII  793  Mart-  VI  76,  3  Xll  52,  3,  sit  tibi  terra  lern»  (Tib.  II  4,  50) 
Mart.  IX  29, 1 1 ,  gratissitim  coniitfix  Werg.  A.  X  607,  cari8i*im{a}  Verg* 
A.  VIII  377  Ov.  m.  XI  727  Stat.  s.  III  5,  HO  V  1,  IL 


Hofl 


wolleni  wäre  voreiligi  da  hier  dae  Verhältnies,  wie  die  altera 
metrieclieii  und  die  in  Prosa  abgefassten  InachrifteE  lehren,  um- 
gekehrt ist,  mag  dann  imiuerbin  der  Dichter  den  bäufigem  Ge- 
brauch verursacht  haben.  Selbst  den  Zweifelgedanken  si  quid 
saphmt  inferi  (179,  180  und  ähnlich  428,  14;  542,  1)  dürfen  wir 
nicht  ohne  Weiteres  ale  Abklatsch  etwa  von  Prop.  IT  6,  8S 
mgras  si  qtiid  sapis  inier  haretjos  oder  ähnlichen  Stellen  ansehen  ^; 
er  bestand  vor  und  neben  dem  Elegiker  ^  und  zeigt,  wie  fest  er 
geworden,  besondere  am  Schluss  des  Gedichtes  647. 

Aber  auch  abgesehen  von  solchen  Stellen  ist  die  Nach- 
ahmung in  diesen  Poesien  eine  gewaltige  und  besondere  in  den 
spltern  Gedichten  unverkennbar.  Auch  das  zweite  Jahrhundert 
hat  ein  unübertroffenes  Muster  litterarischer  Mosaikarbeit  in  250; 
aber  ähnliche  liefern  die  christlichen  Zeilen  in  grosserer  Menge 
und  zeigen  gerade  dann  noch  eine  verhältnissmässige  Reinheit  in 
Metrik  und  Sprache,  während  jene,  denen  man  ihre  ürsprüng- 
lichkeit  ansieht,  wohl  eher  durch  Gefühl  und  Wärme  des  Tons 
ansprechen,  aber  diesen  Eindruck  durch  ihre  verwirrte  Ausdrucke- 
weise  und  oft  fast  bis  zur  Unkenntlichkeit  corrumpirte  metrische 
Form  abschwächen,  'bonua  vetuatioris,  opinor,  auctoris  versus* 
aagt  mit  Reoht  Buecheler  vom  7.  Vers  des  sonst  kaum  in  den 
Versschlüssen  richtig  gebauten  Gedichtes  627  (s.  u,),  und  andere 
Beispiele  sind  aus  der  folgenden  Zusammenstellung  leicht  zu  ent- 
nehmen. 

Der  Ertrag  für  die  iambiechen  und  trochaeischen  Gedichte 
war,  wie  nicht  andere  zu  erwarten,  fast  gleich  Null.  19,  5  Cat. 
Gl,  7  suave  olentis  amaraci  —  43  Kor,  ep.  I  2,  32  sargunt  de 
node  lütrmies  —  55,  1  Verg,  A,  IV  691  ocuUs  errantibus  —  59,  3 
Lucr.  VI  25  eifimmstatuii  —  80,  2  Lucr,  Π  80ß  largacum  luce 
rcpkia  —  102,  1  Verg.  A*  VII  293  fatis  contraria  nosiris  f(Ua  — 
111,  9  Sü.  XV  78  cüdi  porii  patd  —  57  Hör.  s,  I  6,64  vita  et 
pectore  ptiro  —  227,  3  (vgl  328,  3)  YaL  II  452  vox  accidit  aures 
sind  alle  keine  sicheren  Belege,  zum  Theil  auch  schon  ihres  Al- 
ters wegen  unm5glich  für  Entlehnungen  zu  erklären.  Besser 
wird  es  sofort  in  der  dactylischen  Dichtung•  Das  glänzendste 
Beispiel  ist,  wie  bereits  erwähnt,  Gedicht  250»  Die  meisten  Ent- 
lehnungen hat  der  Herausgeber    schon  vorweggenommen;    nach- 


1  Vgl-  auch  132, 1  si  qui  estis  manes   192, 1  m  qua  ^unt,  ad  in* 
feroB  und  dazu  Luc.  IX  101  Tartara  «  sunt  uUu. 
»  Vgl  Rhein.  Mue.  XLVU  464, 


Romisclie  Dichtör  alif  Ineehriften. 


^9 


NlftHtrageii   sind    immer  bin   noch  als  sioher  zu  V*  8  Verg*  g*  I   18 
Ibd^t5,  0  Te^eaee,  favens  und  zu  12  Ov.  f.  I  {6  uj  67  deofter  ades 
triucthus  m*  111  101  rhi  fmdrix  *  ♦  adesfy  als  weniger  fltichlialtig  zu 
V.  1  Verg.  A*  XI  785  numme  deum^  saficd  ciistos  —  2  Verg,  A, 
111    112  Ov.  m,  VIl  359  läactimqm  ncmus    —    6  Verg.  ecl  VI 
T6  ffurgite  in  aUo  —  9  (vgl.  575,6;  678,  6)  Ov.  am.  III  G,  105 
CStat  8,  V  3,250)  at  tthi  pro  meritis  —  10  Ov.  her,  X  143  ego  musa 
saluUs,  Eme  so  starke  Kacliaiimuiig  finden  wir  niolxt  mehr,  doch  läiBt 
sich  im  eiiiKdnen  noch  oftmals  diese  Einwirkung  der  alten  Autoren 
c^onstatiren.     Wir  thnn  gut  daran,  zutiächßt  die  sicheren  Beispiele 
aufzuführen,    nur  daes  um  die  Gedichte  nicht  zu  zerreiaRen^    bei 
Nachweis  einer  unstreitbaren  Entlehnung  auch  die  weniger  siehe- 
^x^en    in    dieser    ersten    Abtheilung    mitaufgezählt    sind.     249,  19 
Ov.    tr.    IV   10,  2    accipey   posteritas   —    279,  10    Luc.    V   577 
^isus  cunäa  sibi   cessura    —    12  Verg.  A.  X  128    Baut  partem 
^xiguwn  nmilis  —   14  Verg*  A*  VI  6  litus  in  Hespeimm  —  18 
Sil.  111  582  magnae  molis  optts  Ov.  ex  F.  II  5,  28  tantac  mntere 
moHs  opus  Verg.  A.  I  33  tantae  molis  VI  128  superasqm  evadere 
€id  auras^  g,  llI  109  adsurgerc  in  auras  Lucr.  VI  1010  cotisurgere 
in   atiTfiS    —    23  Verg,  A,  V  331    hie   iuvmis  iam  vkior  ovans 
g.  in  32  diverso  ej?  hoste  tropuea  —  286, 1  Verg.  A.  V  8G5  dif- 
ficiJis  quondum  XI l  236   domims  parctc  svperbls  —  360  Ov.  m. 
111  464  uror  amore  mei  VJII  92  cape  pignm  amoris  her.  IV  100 
pignus  amoris  habet  —  373»  3  Ov.  tr.  ΙΠ  3,  73  hk  ego  qui  iaceo  Verg, 
A,  m  17  X  380  Ov.  are  Π  27  Stat.  s.V  2,  64 /aiw  ingressus  {ad* 
dudus  elo*)  iniquis^  zu  composius  s.  Verg.  A.  1  249  —  4  Sil.  VI  11 
659  crudeles  supcri  Verg.  A.  V  356  nr  tne  .  ,  .  fuftuna  inimica 
ttühset   —    397,  1  Ov.  m.  Χ11Ϊ  450  rapta  sinu  matris   her.  VII 
135  accedii  fatis  mairis  miserdnUs  infans  —  403,  2  Sil.  X  493 
his  Cioeiia  senos  nandum  eompferai  ptinmevi  corporis  annos  —  8  Ov. 
tr.  IV  3,  45   et   cinis  in  tumuU  ,  ,  ,  iacuissel  —  412,  2  Ov.  are 
^1  763  hi  iacuU  pistes  ,  .  •  capiuntur    —    417,  6  (420,  13)  auch 
^■pv.  tr.  IV  4,  82  transtuW  .  .  .  in  mtUora    tr.  1  3,  101  quoniam 
^tiV  fata  tiuciunt  Verg.  A.  Π  34    —    8  Hör,  ß.  I  6,  26    invidia 
^^accrevil  —  423,  1   cons.  ad  Liv.  13    oecidit  excmplum  iuvmiis  — 
Hp  Oy,  in,  Sill  372    htmc   titulnm  meritis    Hör.  c.  II  2,  8  illtm 
^^aget  fama  supersies  —  424,  1  Ov.  m.  IX  382  care,  vale,  coniiifix 
—  5  Verg.  A.  IV  84  geniforis  imagine  capia  —  428,  10  Verg,  Ä• 


1  S.  a.  Gedicht  2Hi;,  5;  703,  3  und  bee.  669,8,   »uch  Verg.  A.  Υ 
Γ427  g.  IV  4m  Ow  m.  X  IL 

£^«la*  Itei.  r.  FlitloL  N.  F.  L.  19 


290  tlosius 

Χ  74G  XII  310  iv  acfeniam  claudtwfur  himiiia  noctem  Ov.  m.  Itl  X 

335  aetcrna  damnavii  lumina  nocte  Val.  VIII  65  lumina  somno  c:^ 
^nergimus  —  14  f.  (429,  9)  Ov.  tr.  III  3,  75  at  tibi  gui  iramsis,  ^^ 
tie  sU  grave,  qnisquis  amasti^  dicert  Nasonis  woHiter  osaa  cubent  ^  i 
her.  VII  162  et  aenift  Anchiftae  molIUer  ossa  ctfhent  am.  I  8,108         .^^ 

—  443,  1  Ov.  m.  IV  598  ΧΪΙ  176  uew.  quisquis  adest  —  2  Ov.  .  -; 
m.  II  464  t  proc.nl  hinc  —  3  Prop.  IV  9,  53  parce  ocüliSj  hospes        ^•. 

—  5f.  ^  Luc.  III  18  f.    dcvtra  properante  sorores  .  .  .  rumpentes       -β:.•^ 
stamina  Parcae  Sen.  Herc.  f.  102  luctifica  manu    —    7  (707,  1)       ^  ) 
Ov.  m.  Ϊ  509  et  sim  tibi  caum  doloiis  736  tr.  IV  3,  33  Verg.  A.      -  -.. 
IX  216  —  11  Luc.  IX  1046  sors  durissima  fati  —  452,  1  Ov.     -  ^. 
tr.  V  5,  21  cum  caro  coniuge  felix  —  467,  2  (618,  2;  701,  3)    ^  *; 
Verg.  A.  XI  160  mea  fata,   superstes  ut    —   S  Verg.  A.  I  249    ^39 
plaeida  compostus  pace  quiescU  VII  427  placida  cum  nocte  iacerta  ^^λ•^ 
IX  445  placidaque  ibi  demum  morte  quievU   —   468,  2  Yerg.  g«  —  *3. 
IV  169  A.  I  436  thymo  fragrantia  mella  Ov.  m.  XV  80  —  5  Ov.  —  ^. 
m.  XIII  813  sint  aitro  similes  loiigis  in  vitibus  uvae  am.  I  10, 55<^^S 
pendentes  vitibus  uvae  —  469,  1  Verg.  A.  VI  658  inter  odoratumm  mn 
lauri  nemus  Ov.  m.  III  157   vemorak  recessu    —    2  f.  Lncr.  I  7" 
tibi  suaves  daedala  tellus  summiitit  fioresj   s.  a.  Verg.  g.  lY  11. 
floribus  insultent  —  475,  4  Prop.  II  1,  17   quod  mihi  si  .  .  fata 
dedissent  Luc.  I  114   quod  si  tibi  fata  dedissent  maiores  in 
moras  Ov.  m.  VII  691  si  vivere  nobis  fata  diu  dederint  —  480,  S 
Lucr.  V  21  dtdcia  . .  solacia  vitae  —  501,  3  f.  Verg.  A.  III  3l£ 
vivo  equidem  ritamque  extrema  per  omnia  duco   IX  188  comug^^^^ 
praerepia  —  541 ,  2  Ov.  am.  III  6,  2  siste  parumper  aguas  Yerg.  A^    — 
XII  243  sortem  miserantur  iniquam  Ov.  am.  II  7,  15  miseranäoL^  *^ 
sortis  asellus  —  6  Verg.  A.  I  481  tunsae  pectora  palmis  ecl.  IlK^   ^ 
99  pressabimus  über  α  palmis  —  12  Tib.  II  4,  49  placideque  gm   ^■■' 
escas  Verg.  A.  I  249  placida  .  .  pace  quiescas  —  542,  5  Ov. 
I  659  et  lacrimae  prosunt  —  7  Cat.  101,  10  atque  in  perpeimm 
frater,   ave  atque  vale    Verg.  A.  XI  97  aeternumque  vale.    Deer^ 
Vereschluee  8.  o.  S.  287  Anm.  4.  —  546,1  Verg.  A.  I  58  morie  ( 
terras  cadumque  profundum  Aetna  103  maria  ac  terras  . .  ef  «"S»^" 
dera  .  .  caelo  —  2  f.  Verg.  A.  VII  296  mediosque  per  ignes  tn-^^^" 
venere  viam  —  4  (034, 2)  Verg.  A.  II  777  ο  dulcis  coniua  XII  142  Ov^^^• 
m.  V  261  animo  gratissima  nosfro  —  0  Verg.  g.  II  524  casta  pim  ^^ 
dicitiam  —  8  Verg.  A.  V  796  quod  superest,  oro  691  vel  tu  \ 


1  Der  Veraschluss  auch  456,4  Luc.  VI  703  IX838  0v.  am.  I  3,1 
Sil.  XII  361    Stat.  s.  I  4,  123  Th.  I  632. 


j 


fiomische  Dichter  auf  Inaobriften. 


S91 


^uperest  —  569, 1  Verg.  A.  VI  371  seäihns  %d  sattem  placidis  in  morh 
^iiescam  —  027,  6  Mart,  VI  FI  44,  1  nttmeo^  Tiiulkf  vive  —  7  Verg. 
-A.  X  815  cxtremmiue  Lauso  Parrae  /Ua  icgutU  880  nee  dimm  par* 
^imm  uUi  (I  440  fieqfte  cernifur  tdli  Ov.  tr.  I  5,  29  ncc  noscitur  nlli) 
—  636»  1  Verg.  A.  IX  85  muUos  dikcta  per  (wnos  —  637,  3  Ov. 
TD,  It  754  posiiamqve  in  peetore  forti  Verg.  A.  XI  40  paien$  in 
j>ert&te  roltms  IV  β7  —  649,  10  Verg.  A.  XI  229  nee  magnas 
vnluisse  preces  Ov.  m.  Χ1Π  89  et  vestrae  ralueie  preces  Verg.  A. 

IVI  55  fimdifque  preres  —  654,  6  Verg.  g.  IV  405  fe  dnhis  con- 
iuna:  A.  VI  556  u.  a.  nociesque  diesqtte  —  657,  2  Ytrg.  Ä,  Π  91 
mperis  cmicemt  (ώ  mis  —  665,  2  (371,  8)  Ov.  ex  P.  IV  8,  55 
9i  fa»  est  dicere  Ul,  45  Pere.  I  8  —  Π67,  1  (111,  57)  Hör,  §.  I 
Ö,  64  vita  et  peetore  puro  —  682,  1  Verg.  A.  II  138  IV  33  Nee 
d^ces  natos  ecl,  VIII  91  pigtiora  cara  Ov,  m.  III  134  tot  natos 
natmque  et  pi^iiera  cara  t  III  218  inqfte  sinu  naias^  pigtiora 
I  fora  —  3  Ov.  her.  III  15  at  Imrhnas  sine  fine  dedi  \eTg,  A. 
^■I  279  imperium  sine  fine  dedi  —  4  Verg.  A.  III  702  cugnomine 
~  dicta  Ov.  tr.  V  10,  13  Enxtni  mendas  cognomine  liius^  β,  υ,  «u 
471,10  u,  671,1  —  11  Verg.  ecl.  II  6  nihil  mea  carmina 
curas  VIII  102  -  684,  7  Verg.  A.  IX  503  at  tuba  terrU^Uem 
9<mi(um  Ov*  m.  II  849  nutn  coJicidH  orban  —  688,  16  Verg.  ecl, 
V  57  sub  pedibiisque  vitkt  nubes  et  sidera  Daphnis—  734,  6  Verg. 
A,  1 249  placida  eompostns  pace  ßuiescit  VI  655  tellure  repostus  — 
10  Verg.  A.  XI  62  solacia  lucfus  e^Tigna  ingentis  Claud .1.  Seren  105,  8. 
654, 9  — 11  Verg.  A.  X 1 97  saive  neternnm  mihi  maxime  Palla  aeiernum- 
qtte  vaU  Gat.  lOl,  2  atqm  in  perpeiuvm^  /roter ^  ave  atqi4e  valeSttLi* 
g.  III  3,  208  —  743,  5  Verg.  A.  VI  719  hinc  ire  ptd^indum  est  subli* 
mes  animas  IV  660  iurai  ire  sub  tmdtras  —  749,  2  Verg.  A,  VI  236 
a^emumque  tenet  per  saeeula  nonrni  —  3  Ov.  tr.  II  559  surgens  ab 
origine  prima  —  751,  6  Verg.  A.  XII  641  occidit  infelix  Sil.  XV 
558  BerwA  per  saecfda  nmmn,  s.  zu  275  und  302,  4  —  753,  1 
Yetg,  A,  IX  430  infeltceni  nimium  dile.vii  amimm  —  779,  10 
Luc.  IX  394  ad  duminum  meliore  via  —  802  Verg.  A.  VI  669 
dicite,f€lic€s  animae  — ^822  Stat.  a.  V  1, 169  pomissent  stamina  Bar- 
cae;  au  nectere  1 4, 1 23  —  852, 1  Ov.  m,  V 258  mirednle  factun^  cemere. 
Weniger  eicher  sind  die  folgenden  Beiepiele,  aber  auch 
tinter  ihnen  iet  eine  ganze  Reihe  noch  mit  ziemlicher  Wabrachein- 
Itchkeit  als  Nachabtnung  aufzufaeeen,  der  Reet  wenigstens  all 
ParÄlleletellen  von  Wert,  251,  4  Yf^rg,  A.  VIII  301  rera  lovis 
praies  II  525  m  sede  locmit  -  252,  2  (249,  23)  Enn,  ann.  179  B. 
popidi  rumore  secundo  Hör.  βμ.  1  10,  9  Sil  XVI  467  —  5  V^erg, 


Hnsiu« 


Α.  XI  495  perfundi  ftumine  not  ο  Ι  465  largo  flunmie  —  254,  Ι 
Luc  VIII  693  sceptris  cesatire  sorori  SiL  XIV  86  cessU  mep* 
tnon  ,,nepoti—  2  Verg.  A.  I  53  ventos  tetnpestatesqm  sonoras  — 
C  Ehd.  aDn.  19  Β.  per  kneras  caliijims  auras  Lucr.  I  207  in 
teneras  proferrter  auras  —  13  Lac.  VI  645  Fhoeho  non  perpia 
taxus  Stat,  Th.  IV  420  pervia  mtUis  s(^ibm  —  264,  2  Verg.  A, 
IX  627  aurata  fr&nfe  imeneam  —  271,  10  Luc.  II  17  constatura 
fidessuperum  —  11  Ov*  m.  VIII  868  pede  pressit  karetiam  — 
276 j  1  Verg.  A.  VII  170  iecfmn  .  .  mbUme  cohmnis  —  2  Verg. 
Λ*  IM  5B3  airvatus  in  arcum  0\\  in*  III  42  sinnahtr  in  ar- 
cum  —  280,  l  (4:^9.  3;  492,  18)  Tib.  III  6,  18  Ov.  are  1  565 
Bücchi  pinnera  Btat.  Ach.  I  184  Äueon*  Mos.  153  Bac€he(i)a 
mimeru  —  296»  11  Verg.  g.  IV  4  Ma^nanimosquc  duees  Sil.  XVII 
366  —  13  Verg.  ecL  V  51  idlemns  ad  asira  A.  XII  893  ardua- 
astra  0\\  in.  I  31*1  petit  ardmts  asfra  730  —  299•  9  Ov.  m.  II  74 
rotatis-pidi»  am.  III  2,69  circutt  orhe  Stat  s.V  2, 12  —  301,  5  (249, 21 ) 
Hör.  ep.  I  4,  3  quod  Cmsi  opusctila  vinrat  s.  I  7,  6  qui  possit 
tmicere  —  6  (295,  5)  Verg.  A.  II  302  siimm»  fasttgia  tecti  — 
302,  2  Liier.  V  1432  provesit  in  altum  —  4  Verg.  A.  VI  235  aeier- 
numgue  tetwt  pet*  saectda  nmneti.  Der  VerHeehlusB  auch  659,  2; 
749,  2;  858,  2  und  häufig  in  der  Litteratur:  Luc.  VII  589  Stat, 
1.  1  1,  8  Th.  Π  486  V  746  SiU  III  441  X  71  XV  553  -  301,  3 
Luc,  I  851  strrire  paratm  —  4  Stat.  β.  IV  4,  81  mira  fides  Luc. 
Luc.  I  327  pösuere  furorem  —  305,  1  Sil.  IV  740  rapit  aggere 
^rnntis  —  3  Verg,  A.  VII  210  Ov.  m.  I  257  11  298  regia  mdi  — 

6  (i.  a«  317,  5)  Verg.  A*  V  355  merui  qui  laude  eoromm  — 
307,  9  Sil,  VIT  287  süpm-iferae  noctis  XVII  160  ίηΗπώαηί  somnia 
menttm  X357  Ov.  tr.  1Π  B,  27  Verg.  A.  IV  9  -  308,  5  Ov.  her.  IV 
143  tenuit  domus  una  duos  —  310,  3  Verg.  A,  II  407  nan  tulit 
hone  speciem  .  .  €οτύώη3  —  5  Verg.  A.  III  3G8  tantos  sttperarf 
hibores  Val.  V  617  —  6  Verg.  g.  I  283  disiecU  f ulmine  mofUis  — 

7  Lucr*  VI  809  ierrai  penitus  scrutanieß  abdUa  Ov,  m.  I  138  Stat. 
Th.  VIII  109  Sil.  XIV  15  viscera  terrae  —  325,  4  Luc.  II  645 
nomine  fasios  Mart.  XII  26,  5  Claud  Manl,  Theoi3.  267  com.  Hon. 
IV  155  —  5  Hör.  s,  I  8,  40  singtdu  quid  metnorem  --  327,  1  Ov. 
ai*  11  f  463  mala  nmninafama  Luc.  VI  604  Sil.  XI  140  nomine  f am ae 
~2  Verg.  A.  IX  192  omnes  poptiluiique  patresqne  —  S  Verg.  Α . 
VI  780  Signal  hanore  —  4  Verg.  A.  II  661  tcφie  tuosqm  invaf 
Ov,  τη,  XV  621  Imigum  mansura  per  aei'um  —  6  Verg.  A.  XI 
785  8umm€  deum  VII  789  hanc  aapice  fftniem  —  346,  1  SiL 
IV  126   armiger  ecee  Tot^s  X   108    —    352,  2  Ov.  am.  I  13,  45 


Römische  Diohter  auf  Inschriftea. 


Sit 


•»^  ft  tarn  saepe  viäerct  —  358^  2  Ov.  m.  VIII  582  feäas  duxere 
^^ioreas  —  377,  1  (856,  3)  Verg.  A.  111  337  fata  dedere  Hör.  c.  IV 
X  3,  22  Chiarae  breves  antios  fata  äederuni  —  382,  1  Claad. 
CS,  Hon.  VI  100  coniagis  officio  —  386,  5  Verg.  Ä.  IV  429  tnl• 
s^rac  dct  munus  amanti  Ov,  her,  XVIII  171  —  6  Ov,  Ib,  403 
m-edäere  titam  —  388,  1  Hör.  ep.  li  3,  76  Ov.  are  l  486  vo(i 
^i^ompos  —  392,  2  (456,  3}  Lu€,  IV  568    dcspedem  cemert  lucem 

391,  1   Hör,  a.  I  1, 118  ej^acio  confentus  ianpore  vüm  —  395,  2 

I^acr.  I  227  in  lumina  vitae  V  987  Verg.  Ä.  VI  828  —  3  Ov. 
tn.  VIII  496  Vos  cinis  CiVii^uus  (jdklaeque  iacebUis  umhrae  Verg, 
^.  II  772  aimulacnoH  .  .  atque  umhra  Creusae  g,  IV  472  Ov.  m, 
IV  431  shmlacra  ei  umbrae  Ov.  am.  III  9,  65  ex  P.  III  3,  3  Sil. 
ΎΙΠ  U6  corporis  umbra  —  398,  2  (503,  2)  Verg,  g.  IV  472  Ov. 
Έπ.  XIV  725  iitce  carentmi  Verg.  A.  IV  570  X  664  nocH  (mbi) 
^e  immi$CHit  atrac  —  7  Ov,  m,  Η  584  plongtre .  ,pectora  pa^mis^ 
β.  zu  629,  9  —  403,  l  (723,  1)  Verg.  A.  X  465  l^^imas  effmdii 
manea  —  3  Verg,  etil.  Π  2  ddkias  domini  —  8  auch  Ov.  m.  XI 
429  et  saepe  in  iumidk  dnc  corpore  nrnnina  legi  —  404,  8  Stat. 
8.  V  1,  228  nil  lonffior  aeias  —  4  Verg.  A,  X  435  quis  fortmta 
ne^arat  —  6  Verg.  A.  XI  587  fatis  urf/etar  acerbi^  —  405,  1 
Verg.  A.  VIII  567  (ώ^Μϋ  haec  amtms  —  3  Verg.  A.  IV  439 
eMrenium  hoc  miscrac  det  munus  amanti  —  406,  1  (810)  Verg. 
A.  Π  738  /alö  erepta  Ov.  m,  I  358  fati^  ertpia  —  414,  1  Hör. 
β«  Π  6,  74  viriute  beati  —  2  auch  Ov.  tr.  II  45  divitiis  edam 
multos  et  honoribus  aitdos  —  3  Ov.  m.  VIII  391  ipsa  hunc  La* 
tonia  protegal  —  419,  4  Ov.  m.  1X687  pompa  cotniiata  auorum  — 
420,  1  Hör.  ep.  I  3,  2  Ov.  m.  X  413  scire  laboras  —  8  Verg,  A, 
Π  10  Citrus  coffnoscere  nostros  —  1 1  Verg.  ecL  VIII  39  alter  ab 
undecimo  tum  me  iam  acceperat  annus  —  13  Verg.  ecl.  V  31 
posiquam  te  fata  hderunt  —  422,  2  Hör,  c.  Η  13,  21  furvae  regna 
Proser pinae  vidimti^  Verg.  A.  VIII  157  visentem  regna  sorot^is  Sil, 
XIII  709  —  4  Hör.  ep.  I  15,  27  urbanus  coepit  haberi  —  8  Verg.  A. 
V  356  Ml  wie  fartuna,,  ttdissei  Ov.  m.  VII  816  sie  me  meafata  trahe- 
bani  —  15  Ov.  m»  X  24  cresceniesque  absttüU  antios  —  425,  l 
i.  373,  3—2  Verg.  A.  VI  861  XII  275  egregium  forma  mm- 
mem —  426,  1  (427,  1)  der  unächte  Anfang  der  Aeneia:  iUe  ego  qui 
quofidam  Ov.  ex  P.  IV  3,  IS  ilU  ego  qui  Sil  XV  59 ;  61  —  427,  2  Ov. 
^  m.  XI  528  Sil.  X 1 74  itdermillc  viros  -  3  Verg.  A.  VII  228  vastaper 
^1  aeqmra  Hör.  c.  IV  15,  21  profundum  Danuvium  —  429,  4  (476,  4) 
^^  Octav.  218  obsequium  conii4gis  Hör*  β.  II  5,  47  caelibis  obsequium 
I         —  5  Luc,  V  41   fatorum  impeUite  cursum   —    7  Ov.  art  Π  38 


294 


Ho 


luppUer  alte  m,  XV  866  Verg.  A.  XII  MO  —  10  Piup.  I  17,  24 
mihi  ηση  uUa  pottdere  terra  forei  —  430,  1  (442»  1 ;  553,  1 ;  601, 3) 
Verg.  A.  VI  149  praeterea  iacei  cmninrnm  tibi  corpus  atnki  — 
433,  2  Verg,  A.  V  86  amplexus  placide  lumulum  —  3  Verg.  A,  VI 
623  thalamum  invasU  nalae  vetiiosqtie  h^menaeoa  IV  1@  VII  188 
Ov,  m,  1  658  ihalami  tmdaeque  —  436,  4  Ov.  am,  ÜI  6,  89  no- 
bile flumen  ~  7  Ov.  m.  XV  391  gemris  primordia  ducunt  — 
8  Ciaud.  Eutn  II  461  ßia  tibi  neverunt  ultima  Parcm  Tib.  I  7,  1 
Οτ•  ex  F.  1  8,  64  —  437.  3  Ov,  f.  III  666  humanis  usibus  apia 
ceres  —  14  Cat.  77,  lOfama  loqnetur  anus  Mart,  epeot  1,8  —  438,  7 
Ov,  m*  XV  694  sensit  onus  Luc.  I  57  senikt  (txis  onus  —  439 
vgl.  Ov.  ei  P.  III  1,  llff.  —  441,  2  Ov.  am.  1  10,  51  traiceU 
viscera  ferro  Sil.  XI  359  —  3  Lucr.  I  740  rerum  fecere  rulnas  Hör• 
β.  II  8,  54  —  442,  3  Verg,  A.  V  60  t  fortuna  fidmi  mtäaia  novavU 
Luc,  11  461  fidan  fortuna  ferebat  —  444,  1  Luc.  V  794  perU  tarn 
Imigi  frucius  anioris  —  447,  5  Verg.  A,  IV  30  Ov.  m.  X  419 
tacrimis  Imphv'd  obortts  —  448,  2  (548,  3)  Sen,  Hero.  f,  313 
easta  fide  servans  forum  —  4  (670,  7)  Ov.  her.  X  43  octdis  ereptus 
XI  66  Verg,  A.  VIII  254  Hör.  c,  11!  24,  32  —  449  Ckud.  Eutr. 
I  304  prefioso  siamine  Serum  —  452,  2  Ov.  am,  III  9,  40  fw 
gimtis  pressli  oceltos  Frop.  II  13,  17  —  454,  10  auch  Verg,  A. 
IV  689  mfi^vtitn  stridii  sub  pectore  mdnus  ^  455,  5  Verg.  A.  XI 
582  sola  eonfenfa  Diana  Ov.  her,  V  9  iö  cmüenta  mariio  —  456,  4 
Sil.  ΠΙ  96  ducant  cui  füu  sorores,  e,  o.  zu  443,  5  τ  460,  3  Verg. 
A.  V  535  Anchisae  hngaevi  munus  Ov.  m.  XV  226  emerUis  medii 
qmqm  tetnporis  annis  Mart.  Vll  63,  Π  —  463,  1  Mart  Vli  96,  1 
condiius  hie  ego  sum  Bassi  dolor  —  465,  1  Verg.  A.  VI  465  Ov. 
her.  XIII  102  siste  gradim  ~  2  Stat.  TL•  X  384  invida  faia 
piis  —  8  Luc.  VII  167  vidinm  sacrts  —  17  (472,  1;  629,  3) 
SUt.  8.  V  δ,  18  Sil.  I  376  Clauil.  StiL  II  351  flore  iuvetdae  Verg.  A, 
VII  162  —  471.  10  (575,  6,  8,  a,  m  682,  4)  Ov,  ex  F.  IV  16,  17 
sui  dicius  cognomine  Lorgtts  ^  473,  9  Lucr,  III  1040  decurso 
lumim*pUa€f  β.  a.  80,  2;  395,  2  —  474,8  Verg.  A,  IV  340  me 
$i  fcUa  meis  paterentur  ducere  vitam  ~  476,  2  Ov.  m.  11  91 
pigmra  <^ta  petis  —  484,  4  Ytrg.  g.  ΙΠ  410  et  canibus  le- 
p&rem  , .  venabere  —  486,  4  (382,  4)  Ov,  tr.  IV  3,  47  dum  vixi 
sine  crimine  her.  XVII  17  —  5  Mart,  VIII  44,  1  TituUe,  moneo, 
vive  Verg.  A,  X  118  Stat,  Th.  IX  243  omnibus  Uista{n)t  —  487,  2 
Hör.  8.  I  4,  118  vitam  famafnque  tueri  —  3  (509,  4)  Verg,  A. 
XU  234  nie  quidem  ad  superos  —  488,  4  Hör.  ep.  I  3,  θ  longum 
diffwfidU  in  aevum  s.  I  5, 101  Luor,  VI  57  securum  agere  aeimm  — 


I 


Hömiiiohe  Diohter  auf  Inschriften. 


9% 


4Θ9,  3  auch  Ov.  m.  X  145  Imputsas  -  .  patticc  t-hordm  Stat. 
β.  IV  4,  53  V  5,  ;51  puilke  chordas  puho  Äth.  1  187  —  400,  5 
Verg.  A.  IV  67  mvU  sub  ptctore  vulnus^  β•  ο.  454,  10  — 
432,  12  Mart.  VIII  65,5   hie  Uuro  rcdimifa  comaSy  β.  a.  856,  13 

—  493,  8  Sen.  üerc.  f.  183  durae  percu/unt  pensa  sororcs  — 
405,  10  Verg.  A.  VI  147  si  tc  fata  vocant  X  472  XI  07  Ov.  her. 
VI  28  —  500,  I  Verg.  Ä.  V  48  maestmquc  smravimm  aras  — 
3  Verg.  A.  XU  143  scis  tU  ie  cundis  —  4  Üv.  ex  P.  Π  6,  31 
lauäem  pietaic  fmreris  —  II  Ov,  her.  VII  76  XV  190  Idulnm 
mortis  Miere  tr.  I  II,  30  —  12  0\\  am.  Π  6,  5ίϊ  ossa  tetjU  itt- 
mtdm  ex  P.  I  2»  30  conhgcd  ossa  saium  —  ii  Y^rg.  A.  VII  427 
placida  ,  •  iwde  iaceres  —  501,  2  Luc.  I  104  miserando  funerc 
Crassus  —  6  Luc.  1ΙΓ  19  Stut.  T!l  VIII  3  mmpcfitcs  stnmina 
Farcac  Ov.  m  IV  221  her.  XIX  37  ducentem  i>tammafttm  are  I  695 
SiK  1  281  —  7  0\\  m.  XV  780  mmpere  ferrea  non  posaunt  •  V 
decrcta  sororttm  —  8  Verg.  A.  X  SIC  casus  evndere  ferrt  Prop*  Τ 
21,  1  properas  evadirti  casum  —  502,  δ  Ον.  f«  III  229  meas  vdc- 
brart  Kalendas  **  507,  1  Verg.  A.  II  8  temperet  α  taerimis  VI 
669  litqne  oplime  vates  —  3  Ov.  her.  XII  5  qutdqntd  ab  lUo 
produxi  viiam  tempore,  poena  fttU  —  f«Il,  S>  Luc.  111  762  dccus 
addidU  armis  Verg.  A.  I  502  VIII  30t,  auch  II  89  nomenque 
decusqttc  —  512,  l  Ov.  tr.  ΙΙί  3,  73  hk  cgo  qui  iaceo  —  10 
Verg,  A.  II  324  Luc.  VII  195  cenli  summa  dies  X  41  occnrrU 
suptema  dks  —  515,  2  Lac*  IV  398  fortuna  remisä  —  3  Ov. 
am.  III  6,  30  ccrtus  adetjit  amor  —  517,  5  Ov.  ra.  VIII  131 
coniuge  digna  est  —  518,  2  Ov,  m,  XIII  885  qttod  sdum  fieri 
per  fata  Ikehat  —  520,  l  Ov*  her.  VI  113  ^enerosaque  nomina 
2  Ov.  m.  VIII  387  /eres  virtutis  Iwnorem  XIII  153  Hör.  s.  I  6,  83 

—  523,  4  Verg.  A.  VII  773  St^guis  därusit  ad  nndas  Mart.  XII 
90,  3  Stifgias  .  .  rnissm  ad  umbras  Ov.  m.  III  695  —  528,  2 
Verg.  A.  VIII  292  fatis  Innonis  iniquae  —  4  (663,  2;  702,  5) 
Verg.  A.  IV  452  tiice^nque  relinquat  Ov.  m.  I  494  sub  luce  relin- 
quU  —  5  Stat.  Th.  I  596  maeetae  solada  morti  Ov.  m.  V  73;  191 
Luc,  VIII 314  Clatid. Still 339  -  544  B,  7  Verg.  g.  IV  438  camponere 
membra  —  554,  4  (ßSO,  1)  Verg.  A,  II  3  renovare  dolorem  —  555,  2 
(556, 2)  Stat.  Th.  VIII  102  alma  sk  memi  de  luce  rapi  —  4  Luc.  I  70 
invida  fatonm  serks  —  556, 1  (495, 1 ;  596,  l ;  702, 1 1 ;  766, 1)  Mart, 
Vi  52,  1  hoc  iacet  in  inmuL•  —  557,  3  Verg.  A.  ΧΠ  438  adoteverii 
aeias  Hör.  b.  I  9,  34  —  567,  4  (569,  3)  Luc.  II  106  Stat.  β,  Π 
1,  38  in  limine  nitae  —  576  B,  2  Ov.  Ib.  43  donec  mihi  inia  mane- 
hü  —  577,  3  Verg.  g,  II  343  A.  V  617;  769  perferre  laborefn  — 


Hasius 


587,  1  Sil  I  281  iorores  ,  .  torquercnl  danünn  ßü  —  G  Ror,  c.  II 
17,4  grandc  decus  colmnefiquc  rerum  Sen,  Troad»  124  columen 
patriae  —  7  Verg,  A.  Π  738  V  671  heu  m\scr{ae)  —  9  Ov.  her. 
11  73  tiiulo  Signdur  imcujo  —  588,  6  Verg.  g.  III  263  crudcii 
funere  Φ^ο  ecL  V  20  A.  IV  308  —  7  Ov.  tr.  1Π  3,  45  änt 
fwfwrc  septdcri  —  8  Stat.  ΎΚ  ΧΙΪ  54  supremo  munere  gmuteni 
Ogifgii  tnancs  —  597,  1  Ov.  her-  1  27  dmm  marUis  —  599,  5  Ov• 
tr.  I  9,  1  inoffmsaiu  vliae  mdam  Sil.  VI  120  cUvoso  iramiie 
vitae  —  610,  2  Verg.  A.  IV  653  quem  dederal  cur  mm  fortuna, 
peregi  —  611»  5  Hör.  ep.  I  17,  41  aut  virim  nomcn  inane  cM 
Ov.  lier.  X  116  are  1  740  tr.  Ill  3,  50  Luc.  II 342  V 389— 614,  6  Stat. 
β.  III  4,24  fedmanda  sidem  fafa  —  618,1  Verg.  A.  X  191 
maesium  mma  solaiur  amorem  —  2  (701,  3)  Verg.  A,  XI  160  tnca 
faia^  superstes  Hör.  c.  U  2,  8  Ulum  aget  fama  supersies  Ov.  am. 
ÜI  15,  20   ijosi    ine  mmtstirum  fafa  supersies   uptis   tr.  III  7,  50 

—  3  (545,  4)  Ov.  m.  VII  58  fama  vigti  f.  VI  528  est  .  .  nomeii 
in  ort  iuum  tr*  111  14,  24  —  7  Ov.  rem.  37  sine  crimlnt  mortis 

—  8  Verg,  A.  V  851  deceptns  frmtde  scre)d  —  622,  2  Ov.  are 

II  499  fama  ϋαώί^αία  per  orbcm  —  629,  9  (398,  7)  Verg.  A.  I 
481  Ov,  m.  II  341;  584  111  481  V  473  etc.  pectorc  paltnas  oder 
peciora  pahnis  —  633,  1  Ov.  tr,  IV  10,  71  sine  crimine  coniunx 

—  639,  3  Ov.  IQ.  XIV  751  miserabilc  funus  —  640,  4  Sil. 
XV  545  ei  ihalamos  clausit  nox  uirm  —  650,  2  auch  Ov.  nu  X  336 
dignu9  ainari  —  4  Ov.  oi.  XV  878   pertpte  omnia  S€bscuia  fama 

—  652,  2  Stat.  Tli.  IX  808  devinctus  anwre  ^Jwri/co  —  7  Ov.  m. 
Vll  736  uni  {mar Ho)  tnea  gamiia  servo  —  658,  l  Verg.  A,  VI 
475  ccisu  concussus  imqtm  —  661, 1  Ov.  ex  P;  IV  8,  45  carmina . , 
peragunt  praecoitia  laudum  —  668,  1  (728,  3;  780,  3)  Verg.  A. 

III  210   nomim    didae  IX  387  Ov.  m.  1  447  —   670,  1  Hör.   8. 

I  6,  57  pudor  prohtbehat  plura  profari  Ov.  ra.  IX  328  XI  708  — 
5  Verg.  A.  I  344  magno  miserae  ddectus  mnore^  s.  zu  703,  5  und 
777,  3—6  Ov.  ra.  VII  403   fhala$m  quoque  foedere  —   8  VaL 

II  444  sol  aeiherias  medius  comcenderat  arces  Verg.  A.  VllI  97 ; 
B.  zü  781,  1  —  671,  1  Claud.  Gild.  421  meritiisque  racahula  Feli^ 
Hon.  m  54  VI  17  —  674,  9  Verg.  A.  XII  57  spes  tu  num  um  — 
678,  5  Ov.  her.  III  103  ossa  viri  mak  iecta  sepulcro^  e.  zn  δίΚΙ,  12 

—  698,  1  Luc.  VIII  73  (iiulus  itisignis  avorufn  Ov.  her.  II  68  fMa^nt- 
ficus  tiiiUisVeTQ.  A,  XII  649  /mud  unqnam  indlgnus  avorum  —  6  Luc. 
IX  11  se  lumine  verc  Aiison  ephem.  128  filius  ex  vero  verus^  de  lu- 
mine  vero  (aue  dem  Symboliim)  —  9  Ov.  m.  X  220  {XIII  823  Hör, 
ep.  I  1,  70)   ai  si  forte  roges  Luc.  IX  176    quas  gesserai   olim 


Eöraisclje  Dichter  aof  Inschriften. 


297 


Verg,  A.  I  653  —  10  Luc.  VI  733  m  luce  supcrna  —  12  Ov. 
t  l  207  V  65  iura  dakU  populis  —  13  Ov.  tr.  II  39  cum  pa- 
triae recior  dicare  paierque  -*  17  Luc.  VIII  608  posierilas  in 
öoccula  miiiet  Sepdmum  fatm  782  I  448  VII  208  X  533  — 
701,  2  Ov.  m.  XII  619  nee  inama  Tartara  seniU  —  5  Luc*  IV 
297  luce  rdicta,  β.  zu  528,4;  702,5  —  6  Luc.  lU  399  ImQO 
tmmqttam  violait(3  ab  aevo  ^  9  laus  Pieou.  208  saeva  libido  — 
7ü2,  5  Ov.  m*  !  494  stib  luce  rdinquis,  ß.  zu  701,  5  —  704,  3  Verg. 
A.  Vin  291  SIL  VI  386  mille  labores  -  8  Hör,  ep.  I  1,  17  virtulis 
cmlos  rif^idmque  satelles  —  12  Stat,  Th.  I  91  stdphureas ,  ^  utulas 
Lucr*  in  501  corrupti  corporis  unwr  —  19  Verg,  A.  VI  208 
Mis  erat  speetes  —  20  auch  Ov.  m*  I  82  fluvialibus  undis  — 
21  Hör.  8.  Ϊ  2,  6  friffus  quo  duramque  famem  prapellere  possit 
Sil.  VI  94  VII  170—705.  5  Ov,  f.  I  345  de  fhre  cormiis  —  10 
VeTg.  g.  11  504  penetrant  aulas  ei  lim  Ina  regum  Stat.  β.  IV  6,  104 

—  706, 1  Ον.  m.  XIV  52  ars  III  695  grata  qnles  —  5  Ov.  her. 
IV  143  ui  tcnuU  dontus  t(7m  duoSj  dmnus  una  ienehit*  —  7  Verg. 
A.  IV  698  Ov.  m.  XIII  427   vertice  crinem  —  707,  1  β.  443,  7 

—  8  Luc.  ΪΧ  1039  pectore  lade  —  709,  1  Luc,  IV  813  nterUee 
pracconiu  viluc  —  5  Hör.  ep.  II  1,  267  p'mgui  donatm  mtmere 
Οψ,  tr,  III  8,  21  muneris  ampU  —  14  Luc.  VI  225  fragor  m- 
ihera  ptdaat  SUt.  b.  IV  1,  6  ^  710,  6  Sil  VI  575  post  faia 
marUi  —  712,15  Ov.  m.  VIII  503  cape  pracmia  facti  767  —  16 
Lacr*  VI  95  capiam  eum  laude  coronam  Verg.  A,  V  355  —  714,  2 
Verg.  A.  II  427  servaniis^mm  aequi  Ov.  m.  V  100  aetpil  cuüor  — 
715, 1  Ov.  m.  XIV  594  eaeksti  munert  digni  —  719,  7  Ov.  m,  XV  836 
smiciadecmütigetiatam  —  720, 8  Verg.  A.VII  l^^adsidera . .  oßtheriael 
mperas  codi  venisse  $ιώ  auras  Sil.  XVII  273  —  726,  1  Hör.  c.  IV 

'  1,  2  Ov.  m.  II  360  Luc,  VII  540  luv.  VI  172  parce  precor  — 
728,  1  Verg.  A.  VI  781  incltjia  Emm  —  731,  6  Verg.  A.  I  60 
ted  pater  onmipotens  Ov,  m.  III  336  ai  paler  omnipolepis —  736,  4 
aiieh  Ov.  m.  ί  483  taedas  eaosa  iufjales  —  6  Verg.  A.  VII  57 
Ultra  properabai  amore  III  298  —  748,  4  Luc*  IX  8  innocuo$ 
ri/oe  Nemee,  ecL  I  45  innocaae  .  .  vitae  —  12  Verg.  ecl.  VIII 
88  talis  amar  temat  g.  II  301  tanim  amor  —  20  Verg.  A*  VI 
408  vener dbUe  donuni  —  26  Verg.  A,  I  75  ptUchra  facial  tc  prole  pa- 
tentem —  750,  8  Ov.  her.  XI  113  naie  . ,  miserab'de  pignns  amoris 
dftud.M.Theod.  25  (longi)  e.3(iO-  754,  3  Verg.  g.  II  541  immensum 
spidiis  confecimm  aequor  —  4  Ov.  m.  XV  836  prolem  Boncia  de 
eomt^ge  naiam  —  755,  5  Ov.  m.  II  641  deo^  qttem  dausum  pedore 
kabebiU  Verg,  ecl.  IX  37  mecum  ipse  voluto  —  759, 4  Ov.  tr.  1  3.  49 


9)6  Ho«iu» 

hlanda  pairim  *  .  aiiMW-f  —  761\  i  Verg,  A.  Ili  188  mOunru  m- 
quarnnr  XII  153  —  6  Hör.  β,  II  δ,  36  haec  meri  eura  efl  — 
II  Ov,  ur«  IlI  122  monlms  apia  mein  —  767,4  Ov,  t  Hl  5Di 
vods  hin  qtwqm  poacit  opcm  Sil.  II  167  —  769»  7  Ov*  m.  li 
773  formmiue  armisqtw  tfecmus  —  12  Verg.  A.  VI  881  X  825 
XI  42  miserande  puer  —  770,  5  auch  Verg.  A.  VII  558  mtmmi 
regnator  Ohjmin  —  773^  1  Verg.  A.  VI  328  scdibus  mm  quhrußd 

—  777,5  Ov.m.  XIV  594  raekstimmcrediffni  XV  122  — 9  Prop.  II 
13, 47 hmgaeva  . .  senectus  Verg.  Ä,  V  715  —  778, 1  (616, 8)  Οτ•  «u 
XIV  260  fHQtmore  (ecta  —  780.  8  Ov.  f,  1  590  nomine  didm 
ams,  •.  a.  tu  668,  1  —  781,  1  Vesrg.  A.  I  394  IX  638  actheria 
,  .  plaga  Enn,  fr  511,  3  B.  plagos  eaelestum  aacendcre  Ov.  ni- 
XI  518  ifi^Mc  plagtis  caeli  .  .  ascetidcrt  Val  II  444  aciherias  . . 
eonseenderai  atcts  —  782,  3  Verg.  A,  VII  660  partu  mih  lummh 
edidit  oras  —  783^  7  Ov.  tr.  IV  2^  13  ca^tos  j^crpetua  serfsmU 
virginiiate  focos  —  10  Verg.  A,  I  304  mentcwqiiC  bcnignam  ~ 
787,  15  Verg.  A.  IX  246  annis  gravis  aUjut  animi  maiurus  Ov. 
m.  VIII  617  animo  niaturtis  et  iuvo  —  86  Luc,  X  490  (anta 
€si  cmstantia  menfh  Antliül.  l.  198,32  —  40  Sil.  XIII  640 
luce  corusca  Verg.  A.  II  470  luc€  coruscue  Stat  β.  I  1,71  —  Θ23,  l 
(507,2)  Verg.  Α .  XII  BOOdc^inc  iam  IV  360  desinc  iweyttc  tuis  incm- 
dcrc  icque  quercUis  Hör.  c.  II  9,  17  de^ine  moHinm  (andern  qtterdia- 
mm  —  827  Verg.  A.  X  673  m  mmU  rdiqui  —  830  Cat  101»  ί»  nc- 
cipe  fratcrno  3  vi  tc  jxkiirenw  munere  moriis  Verg,  Λ.  XI  76 
iui>cni  SHprcmum  innesttis  lionarem  XI  tU  —  850,  3  Verg.  A.  VJII  ■ 
373    dimmmt    aspirat    amorem    VU    550    hisani    Mariis    ttmere  f 

—  855  Ov,  m.  VIII  156  mmsiri  ηουίίαΐΰ  biformis  —  856,  13 
Verg.  A.  III  81  redimifus  fempora  lauro  g.  l  349  Ov.  m•  XIV 
654    —    857,  2  Verg.  Ä.  I  344   magno   miserac    dikcim    ami}r€ 

—  858,  3  Verg-  g•  IV  286  prima  repetens  ab  origine  famam  Α 
I  372  Ον.  Π).  Ι  3. 

Wie  bereite  vorauegeecliickt,  ist  nicht  für  alle  diese  Stelko 
EutlehnuRg  anzuDebmen;  besondere  die  gleichen  Vereecblüaae  IiaImd 
an  eich  katiro  Beweiskraft.  Wenn  man  aber  aieht,  in  welcher 
Fülle  eich  in  einzelnen  Gedichten,  z.  B.  in  310,  327,  414,  422, 
500|  501,  618»  654,  698  ua.,  eolehe  Anklänge  finden,  bo  wird 
man  weniger  an  Zufall  zu  glauben  geneigt  eein.  Die  Art  der 
Nachbildung  ist  mannigfach,  bald  wörtlich,  dann  wieder  freier. 
Zahlreich  sind  Centoveree  ^»  βο  gans  rein  546,  4,  mit  kleinen  Aeo- 

Ϊ  8.  Ä.  Bnocheler  tu  490,5;  582,  4;  «17  u.  a.,  auch  731,  6  ist  der 
Anfang  aue  Yergil  entnomiuea,  i.  oben  8,  297. 


I 


RomiBclie  Dicnter  auf  Inschriften, 


299 


derutigen  28Γ>,  l ;  397,  1 ;  423,  5 ;  547,  7;  654,  6;  743,  5,  aus  ver- 
schiedenen Schriftstellern  ^  373,  4  ;  403,7;  541,2;  684,7;  751,6. 
Nicht  immer  ging  die  Nachahmung  glatt  von  statten;  denn  nicht 
jeder  dieser  Poeten  ist  im  Stande,  die  entliehenen  Stücke  geechickt 
und  richtig  einzusetzen;  da  leidet  die  Sprache,  wie  295,3  cer- 
(aniibus  aeqtwra  remi^  —  richtig  wäre  verrcnfibus  oder  vetrcntes 
—  ähnlich  506,2;  541.2;  621,1  uew.,  oder  es  finden  eich  me- 
trieche Veretöeee,  wie  250,10  in  caitsUi  417,8  invldia^  541*2 
soriCf  546, 3  iwtefiisii,  781,  Ipla^as^  815,  2  vcnerit.  Freilich  strützen 
von  ähnlichen  Fehlern  die  Inaohriften  auch  ohne  die  Entechuldi- 
gnng  der  Nachahmung;  eine  Untersuchung  darüher  wäre  aber 
Ireute  noch  verfrüht.  Auf  dieBelbe  Weise  erklärt  eich  auch  der 
Pentameter  in  Gedicht  428,  wie  das  Distichon  am  Anfang  von  80. 

Das  Hanptcontingent  für  die  Entlehnungen  stellt  Vergil '; 
ihm  zunächst,  doch  longo  proximus  intervallo  kommt  Ovid,  dann 
Lucan.  Selten  ist  Horax  und  Martial,  nur  vereinzelt  Lucrez,  Ti- 
bull,  Properz,  Statius,  Silius,  Juvenal,  Sichere  Beispiele  für 
dieaai  sowie  für  andere  Autoren^  finden  sich  unter  den  obigen 
Beispielen  in  sehr  geringer  Zahl.  Etwas  Neues  lehrt  also  un- 
sere Ztisammenatellung  nicht;  der  Einfiuss  und  die  Nachwirkung 
jener  Dichter  ist  bekannt  genug.  Interessanter  eind  deshalb  jeden- 
falls die  wenigen  folgenden  Vergleicbungenj  die  ich  aus  der  Masse 
der  übrigen  herauszuheben  für  angebracht  gehalten   habe. 

Dass  Nemesians  Schrift  Cynegetica  Huf  hatte,  wiesen  wir 
aus  dem  Citate  Äusons*;  dase  sie  sogar  als  Schulbuch  benutit 
wurde,  lehrt  Oincmar  von  Rheims  ^  Aber  auch  die  Eclogen 
hinterlassen  eine  sichtbare  Spur,  nicht  unter  den  Schriftstellern, 
Aber  auf  den  Steinen;  denn  Vers  I  40  sidereasque  colunt  sedes 
mimdoqm  Jmuniur  ^  kehrt  ohne  Aenderung  755,  3  wieder.  Man 
mag  deshalb  vielleicht  auch  in  dem  kurz  darauf  folgenden  Verse 

I  So  aueh  im  Gentogedicht  der  Anthologie  VIII  33  E.;  das  zweite 
fiemistioh  stammt  aus  Lucan  VII  333, 

ί  Sollte  auch  die  Profiäiofichria  CIL.  111  710  (Dessau  629)  diu 
genitis  et  deorum  creatorüfus  auf  den  Vers  der  Aeneis  IX  ii42  dis  ffenite 
ti  ffeniture  deas  zurückgehe  α  ?  s.  a.  Stat.  s.  I  1,74  Sil.  111  625  Glaud. 
nupt.  Ποη.  253. 

*  Doch  habe  ich  die  christlichen  Scbrifletellor  nicht  in  den  Be- 
reich meiner  Untersuchung  gezogen, 

*  S.  Baehrens  PLM,  III  S.  200. 

*  Ebd.   175  Anm. 

^  Wernedorf  vergieicht  Manil.  I  761  aeiherioi  vivunt  annos  mun* 
doque  fruuntur. 


300 


Hoiiaft  Rötnisehe  Dichter  taf  loschriften* 


hmoemu  ebmmnmt  imnpora  vUae  dat  Vorbild  far  703, 1  uUima 
eonrhidcm  pracscnfi^  fcmpara  väm  erbüclten  koonan,  doch  ent- 
halten weder  Qedanke  noch  Worte  etwae  Auffallendesi  and  ihre 
Wiedcrhülung  716.1  concludens  tcmpora  viiae  742,5  pracclnsU 
iempora  vitae  zeigt  ihre  Gewöhnlichkeit.  Granz  ohne  Bedeutung 
wt  1  li#  und  704,  1  emcntae-ritae^  β.  Claüd.  in  Ruf.  Π  473• 

Noch  intereeeanter  vielleicht  iet  dae  folgende  BeienieL  857, 6 
leaen  wir:  cum  ifis  mortalts^  q^tae  slni  mortaf\iat  cur  α  *].  Die  Ge- 
danke ifit  griechisch:  ανθραιπον  δντα  bei  φρον€Ϊν  ανθρώπινα ^ 
eagt  eiD  unbekannter  Tragiker  (fragm.  adeap.  308  N*).  £r  mua• 
in  die  Komödie  übergegangen  sein;  denn  der  bekannte  Veri  de• 
aus  Menander  geflosaenen  Ueautontimonimenoe  25  kümo  mtm, 
httmisni  nihij  α  me  alienum  puio  steht  nicht  weit  ah.  Die  geiiAiie 
Uebersetzung  gibt  uoser  Vers,  nicht  nach  dem  Original,  eondcili 
durch  vielleicht  viele  Mittelglieder  hindurch,  deren  einea  der  Sen- 
tenzenechatz  des  a.  g.  Cato  ist;  denn  Dist  Π  2  lautet:  an  Μ 
situ  cadumque  regant^  ne  quaere  doceri:  ntm  sis  mofialisp  fiMie 
suni  morialia,  cura.  Gleich  das  folgende  Distichon  li$^qu$  miimm 
lefif  nam  sttdtum  est  tempore  in  omni,  dum  mortem  meiua9^  amiii^rt 
ßoudia  vitae  liefert  ein  ebenao  schlagendes  BeiapieL  Denn  die 
auch  sonst  lehrreiche,  ans  Prosa  und  Poesie  zusammengesetzte 
Inschrift  CIL-  VI  11252,  die  Buecheler  wohl  im  zweiten  Band 
bringen  wird,  die  ich  aber  schon  hier  anreihen  will,  gibt  jenes 
Distichon  wenig  verändert  wieder:  ne  metnaa  iMhen^  nem  tUulium 
CBi  tempore  ei  omni  dune  mortem  metuas,  amittere  gaudia  miat* 
Bonatigen  Eintluss  der  Spruch  Sammlung  kenne  ich  nicht:  IV  44,  2 
homines  tarnen  es^  niemcnto  und  808  (s.  a.  369^  4)  maitalem  tt 
esae  memepito  oder  241  cogitalo  te  h(mdnesse  sind  üusserliche  Aehn- 
Uohkeiten  ^  IV  37,  1  trmpora  longa  tibi  noli  promitttre  vitae  und 
24i>,  18  to$iQae  promittens  tempora  vitae  zeitlich  untnöglirh  ♦. 
Leider  ergibt  sich  aus  den  beiden  InecbriAen  nichts  für  die  S^it 
des  Cato. 

Endlich  ist  wohl  unzweifelhaft  der  Vera  686,  11  posi  Li- 
gurum  in  populis  regum  praetoria  rexit  eine  Nachbildung  des  40 
Jahre  älteren  Gedichtes  des  Symmachue  ep.  1  1  (FPR•  8.  410  B.)» 
4  Aurorae  in  jHjfmtis  regum  praetoria  resit.  Kutilius  drückt  aicli 
andere  aus  I  273:  hic  et  praefccti  miiu  praetoria  re^t,  Dass 
der  Vers  zugleich  stark  an  üv.  nu  l\  B70  nam  Ligurnm  popuks 
et  magnm  re^terat  urbe^  ank  lingt,  ist  wohl  nur  Zufall,  vgL  Clavd. 
IV  c.  Hon.  567  per  Ligumm  populos, 

Münster  i*  W.  Carl  Eoeiue. 


( 


*  curts  Buecheler. 

^  Vgl.  Soph.  fr.  324  N.  καλόν  φρον£ΐν  τόν   θνητόν  dvOpdiiiotc  Id 
Trach.  473  θν»ιτήν  φJ>ovoöcαv  θνητά  ιεούκ  άγνύ^μονα. 

*  Vgl  Ον.  tr.  in  U,29  non  esse  memento, 

*  Vgl  Verg,  A,  X  549  longo»  promi^erat  annOB  Ov.   m.  III  40 
nee  tempora  vitae  longa  meae  guperant. 


901 


Miscellen. 


7*u  den  Honitsfyklfii  dff  bTzantiniKch«ii  Kanst  in  spittgrkrhieclier 

Littt^ratun 

In  dem  cotl,  Paris.  2ί»91  Α,  den  ich  in  meiner  im  L  Band 
der  'Byzantinischeti  ZeitechriiV  vertiÖetitl lebten  Ablrnndlutig  'Hantl- 
ecbriftliehefi  xq  Ignalius'  nach  dem  Vorgänge  A.  Eberhard»  mil 
Q  bezeichnet  habe,  einer  Mlecellanbandschrift,  die  nach  einer 
SchlüKfmotiz  im  Jahr  14*20  beendet  wurde  \  findet  sidi  fuU  421 
unniittelbar  hinter  den  Tetraeticben  dea  Ignatiue,  vom  librarius, 
wie  es  scheint  diesem  zugeschrieben,  eine  Anzahl  von  Versen, 
deren  Zerreissung  in  Je  drei  Theile  zunächst  den  Leser  befremdet, 
die  er  jedoch  bald  als  politische  Langveree  (tetrametri  iamb.  cataL) 
erkennen  und  bezüglich  ihrer  Sprache  der  mittelgriechischen  Lit- 
teratur  zuweisen  wird.  Mit  dem  Ignatiua  des  IX,  Jahrli.  stehen 
eie  also  in  gar  keinem  Zusammenhange.  Woher  aber  etaninien 
tie  und  wer  iflt  ihr  Verfasser  ? 

Aue  den  jedem  Dietichan  am  Rande  beigefügten  Monats- 
namen μάρτίος,  άπρίλλιος  u.  s.  w.  nebst  der  Angabe  des  entspre- 
chendan  Sternbildes  des  Zodiakus  (κριόςι  ταύρος  υ.  s,  w,]  ergab 
»ich  ohne  Schwierigkeit,  dass  hier  einer  jener  versifizirten  Mo* 
natecyklen  ans  byzantinischer  Zeit  vorlag,  über  die  neuerdings 
J.  Strzygowski  im  Repertorium  für  Kunstwiesensehaft  (WieUi 
Jabrg.  1888,  p.  23  —  46),  A.  Riegl  in  den  Mittbeilungen  des 
Instituts  für  Österreich,  Geschicbtsforscbung,  Bd,  X^  p.  1  —  74,  und 
vom  philulogisehen  Standpunkt  aus  Bruno  Keil  in  den  Wiener 
Studien  (Jahrg.  1881),  p,  Μ  ff.)  ausruhrlich  gehandelt  haben  (vgl. 
K.  Krürabacher,  Gesch,  der  byz.  Litt.  p.  303).  Aus  Keils  Auf* 
satz  ersah  ich,  dass  die  oben  erwähnten  Verse  sich  tn  dem  ntittel- 
griechischen  Roman  Lybistros  und  Mhodamne  ^  bei  der  Hchil- 
demng  der  Burg  Ärgy rakastron  v.  734  ff,  (als  Citat?)  finden^  und 
zwar  jedesmal  als  Schlussveree  bei  der  Beschreibung  der  ein^sel• 
^  nen  bildlich  dargestellt  zu  denkenden  Monate.  Jedem  derselbeti 
^Kiind  4  —  S  Langzeiten  gewidmet  (beim  April  fehlen  verschiedene 
^■Verse);  die  beiden  letzten  —  eben  die  in  Rede  stehenden  —  bil• 
^Bden  immer  die  Unterschrift  für  die  personifizirten  Monate. 
^»  Keil  hat  nun  der  sehr  verderbten  Textgestalt  dieser  Verse, 

t       wie  sie  in  der  Ausgabe  des  Romans  von  Maurophrydes  (εκλογή 
μνημείων  της  ν€υϋτίρας  ελληνικής  γλώσσης,   Άθήνησιν  18GÜ, 


*  Fol.  447:    έτ£λ€ΐώθη  τό  παρόν  ßipXtov  Ιν  ,μΐ|νΙ  σεπτεΡρίψ  ^vbc- 
Kdxi)  τοΟ  ,ς^κη'  {^2Η  —  1420  ρ.  Clir.j. 
L  *  Vgl.  darüber  bes.  Κ.  Krumbacher,  Gesch.  d.  by«.  Litt.  p.  444—450. 


302 


MiBcellen* 


ρ.  824— 428)  nach  der  Pariser  Hdecbn  2910  aus  dem  XV.  Jahrb. 

(P)  uns  entgegentritt,  eine  seiner  Meinung  nack  bessere,  wenill 
auch  Von  sehr  ungeschlacbter  Hand'  und  höcbf^t  unorthographisch 
geschriebene  lleberlieferung  aus  dem  cod.  Barberinue  Gr«  I  172 
(B)  —  aus  dem  Ende  des  XVL  Jabrh*  —  gege  η  ü  bergest  eilt  und 
dureb  Conjectur  manches  unzweifelbaft  emendirt,  wie  sieb  aus  der 
Vergleicbung  mit  der  Gestalt  der  Verse  ergiebt,  die  in  ft,  einer 
vfiseter  ÜeberemqMnp  nach  htsserefu  jedeiifalh  älteren  Queiie^  als 
Bf  vieUekht  nuth  als  P,  uns  vorliegt.  Im  Folgenden  will  ich  die 
Fassungen  von  BP  und  Q  neben  einander  zum  Abdruck  bringen, 
die  beiden  ersteren  nach  der  Angabe  Keils  (l  1.  p.  12B — 1S6), 
Q  nach  meiner  im  Jahr  1888  angefertigten  üollation,  für  deren 
Genauigkeit  ich  einstehen  zu  dürfen  glaube  (auch  die  feblerha^ften 
Interpunktionszeicben  sind  belassen  worden). 

1,  B:  περίβολος  ήμ€  του  καιρού  0τρατιότης  τοο  πολέμου 

και  άπάρτΕί  μέν  καθέί€σθ(ΐι  κινάται  ύς  τους  έχθροΟ<Ταν. 
Ρ:  πρόβο5ος  €Ϊμαι  του  καιρού,  στρατιώτης  του  πολέμου. 
καΐ  άπ"  αρτι  μή  καθέΐεαθε,  Kiv€icr6e  €ΐς  τους  εχθρούς  σας, 
Q:  πρόβολος  οΤμαι  του  καιρού*    στρατιώτης   του 

πολέμου*         ρ 
καΐ  άπάρτι   μή   καθέε€σθ€.    κινατ€  εις  τους 

έχρούς  σας:         ,^ 

1.  οΤμαι  verschrieben  aus  €ίμαΐ  (cfr,  2, 1)•  üeber  ηρό- 
βοδος  vgl,  Keil  ζ.  d,  Sl 

2.  άπάρτι,  gewöhnlich  άπαρτί  iiccentuirt,  doch  vgl 
Bekker,  anecdota  Graeca  p.  79,  κινάτε  die  gewöhn» 
liehe  Form  stalt  der  klassischen  KlveiTC  (Activ  in 
intrans»  Bed.  schon  Poiyb.  Π  52,  2  u.  a.), 

2.  B:  έΤμε  πιμην  καΐ  πρόβατα  πιμένο  bia  τό  γάλα 

και  τών  άρνίυυν  τους  σκιρτισμούς,  ίχον  άντιπρόςκερόν 

μου. 
Ρ:  είμαι  ποιμήν  καΐ  πρόβατα  ποιμαίνυυ  ίϊιά  τό  γάλα 

και  τών  άρνίΐϋν  τους  σκφτησμους  έχω  τους  εΙς  χαράν  μου, 
Q:  οΐμαι   ποιμήν    και    πρόβατα'    ποιμαινω    6ια    τΔ•>| 

γάλα' 
καΐ  τών  άρνών  τους  σκιρτισμούς  έχω  τους  εΙς« 

χαράν  μου: 

1.  οϊμαι  vgh  äu  1,  1* 

2.  Die  Form  σκίρτησμους  in  Ρ  ist  die  richligc  (σκιρτδν). 

3.  Β:  Ζήσε  ToO  χρόνου  τό  καλλόν  πάς  άνθρωπος  εύγνώμον 

μήν  παpαbpαμις  τα'^^λα  χάρισε  σκυρτησέτα, 
Ρ:  Ζήσε  του  χρόνου  τό  καλόν  πάς  άνθρωπος  εύγνώμοίν 

μή  παpαbpάμΓ|ς  τα  καλά,  χάρησε,  σκίρτησε  τα. 
Q:  Ιησε  του  χρόνου  τό  καλόν*    πας  άνθραιπος   εύ-ι••'*| 

γνώμιυν' 

μή  παpαbpάμτJς  τά  καλά.  χάρισε  σκίρτησε  τα.  ** 
Α,  Β:  Ιώ  του  καιρού  τό  ivtbovov  χαίρομαι  τό  καλόν  του* 

τέρπομαι  εΙς  τά  μερίσματα  της  άνθοπηκιλείας. 
Ρ:  Ζω  τοΰ  καιρού  τον  ένή5ονον^  χαίρομαι  τό  καλόν  του, 

τέρπομαι  εΙς  τά  μυρίσματα  της  άνθοποικιλίας. 


Miflcellen, 


ao3 


Q:  Im  του  καιροΟ  τό  ίνήδονον  χαιρωμαι  το  καλόν 

του ' 
τίρτΓομαι  tiq  τα  μυρίαματα  της  άνθολιβαοίας. 

1.  bemerkt  Keil;  'τό  'νή^ονον  fordert  der  Vers,  aleo  Β 
Ticbtig\  Durcb  Q  wird  dies  bestätigt  —  χαίρωμαι 
verscbrieben  für  χαίρομαι. 

2.  άνθολιβαοία   =  Blumenwiese  {cfr.  Xißabiov). 
θερίΐιυ  γής  γεννήματα,  τα  ίσπιρα  μετά  κόπου, 
να  οεκαιτλασιάσατον  καρττόν  €ΐς  τόν  άτΓθθ€ρισμόν  μου. 
θ€ρίΙιυ  γης  γεννί]ματα,  τα  ίσπειρ'  άττό  κόπου 
να  οεκαπλάοιυ  τόν  καρπόν  εις  τό  άποθερίσμά  μου. 
θερίζω  γης  γεννήματα"  τα  ίσπ€ΐρα  μετά  κόπου' 
να  5εκαπλάσιυ  τόν  καρπόν   εις  τό  όποθίρι- 

σμάν  μου: 
1.  Die  Leeart  μετά  κόπου  in  Β  unti  Q  ist  ohne  Frage 
die   richtige.     Ygt  die    ähnliche  Vertan« clmng   von 
άπό  und  μετά  in   Β  und  Ρ  8,   I,    wo  Q  allein    dae 
Richtige  bietet, 
τους  κάψει  ή  θφμη  τοΟ  λουτρού  τους  φλ^Εει  κα\  οιψείσουν 
κατάψιχρον  άς  πίνουσιν  ήνου  μήν  άθετοΟσιν. 
τους  καύαΐ}  ή  φλόγ'  άπό  λουτρού  και  ψΧέίνι  και  Ιϊίψουσι 
κατάψυχρον  νά  πίνουσιν  νερόν,  μη  το  άθετουαιν* 
τους  καύση  ή  θέρμη  του  λουτρού'   τοός  φλέ£η 

και  ^ιψήση, 
κατά  ψυχρον  άς  πίνουσιν   νερόν  μή  τό  άθε• 

τ  ο  υ  σ  ι  ν. 
1,  statt  ή  ißt  nattirlich  ή  mit  Β  und  Ρ  ssn  lesen;    im 
übrigen  bietet  auch  in  diesem  Dietichon,  wenn  auch 
nicht   alles    klar    ist,    Q  ohne  Zweifel    die    bessere 
lieber!  ieferung. 
τριγό  τό  έδραγάτευσαν  τρεις  χρόνους  ο\  οφθαλμοί  μου. 
και  τόν  καρπόν  του  τρόγοτον  και  πίνιυ  τό  κρασίν  του, 
τρύγοι  τό  έδραγάτευσαν  τρεις  χρόνους  ο\  οφθαλμοί  μου, 
καΐ  τόν  καρπόν  του  τρώγω  τον,  καΐ  τό  γλυκόν  του  πίνιυ. 
τριγώ  τό  έδραγατεύασιν  τρεις  χρόνους  οί  οφ- 
θαλμοί μου  * 
και  τόν  καρπόν  του  τρώγαι  τον*   καΐ  πίνω  τό 

γλυκύν  του, 
;  προς^χω,  είχνεύω,  κυνηγώ  πουλιά  άπό  τής  τίχεις 
καΙ  ^χο  του  τα  εΙς  θρ^ψη  μου  καΐ  είς  παρα^ιαβασμόν  μου. 
προς^χιυ,  ιχνεύιυ  κυνηγώ  πουλιν  άπό  τής  τίχνης, 
και  (χ\η  τούτο  εΙς  τέρψιν  μου  καΐ  παραδιαβασμόν  μου• 
προςίχυϋ  ιχνεύω  κυνηγώ*  πουλιά  μετά  τέχνης" 
καΐ  ^χω  τούτο  εΙς  τέρψιν  μου  και'    παραδια- 

βασμόν  μου, 
L  μετά  τέχνης,  vgl.  zu  5,  L 
σπέρνο  είς  την  γήν  τόν  σπόρον  μου  καί  απόμερου  θερίΖω 
καΐ  τό  την  δίόο  είς  τό  τριπλόν  bibj\  χαρίί^η  μέ  το. 
σπέρνω  είςτήνχήν  τόν  σπόρον  μου  και  του  καιρού  θερίίω, 
καΐ  ö[tiJ  οίδω  κατά  τό  παρόν,  τριπλοΟν  χαρίϋει  μέ  το. 


itUffXtll 


uvytnfuw  i 


ira^^i  »ο; ! 


afJtre  : 


•,νγϋζ : 


Miflcelletl. 


Q:  σπέρνω  €ΐς  τήν  τήν  τόν  σπόρον  μου  μ€τά•4 

ττολλοΟ  του  κόπου  • 
καΐ  τό  τήν  biJuaiu  του  καιρού*  €ΐς  ΐ)€καπλοΟνη 

μ€  b(&€i: 

1.  Die  bedeutende  Abweicbung  am  Schluse  des  Yermee 
in  Q  echemt  mir  die  allein  richtige  Leeart• 

2,  Cfr.  5,  2. 
10.  B:  Ηδς  γεωργός  άττό  roß  νυν  άττέ(Τπηρ€  οικαίος 

biOTi  ό  καιρός  άττόκληνεν.  καΐ  ου  αυντελει  τόν  αττόρον. 
Ρ:  δστις  γεωργός  αϊτό  του  vöv  άιτίσπεψε  6ικαίιυς• 

biOTi  ό  καιρός  συνίκλεΐίΤεν  και  ου  συντελεί  τόν  (Χιτόρον, 
Q:  οστις  γεωργός  άτι^στιειρεν  δικαίως*  * 

biOTi  &  καιρός  συνέκλετσεν*    καΐ  ου  συντελεί« 

εΙς  τόν  στιόρον,  ^* 

ι.  Die  Lücke  in  Q  ist  in  Ρ  (u.  B)  gewiss  richtig  aas- 

gemilt. 
2.  Ob  mit  Q  εις  einzufügen  iet,  scheint  fraglich. 
IL  B:  πάς  κινιγός  μή  καθετ(αΟ  τόν  χρόνον  μην  τόν  χανκάλλα 
ό  κερός  έγγήΐη  τον '  να  τρέχει  εις  τό  κινειγει. 
Ρ :  πας  κυνηγός  μή  κάθηται,  τόν  χρόνον  μή  ßabiCrj  * 
αλλ'  ό  καιρός  στριγγίϊει  τον  να  τρεχη  εις  τό  κυνήγιν. 

του 
Q:  ττδς  κυνηγός  μή  κάθηται*   τόν  χρόνον         μή^ 

5ιαβάί€ΐ- 

ά\Κ  ό  καιρός  στρυ{ι?)γγίεει  τον*  και  δς  τρέχει^ 

εΙς  τό  κυνηγιν:         *^ 
In  Β  ist  wohl  ν.   1   τόν  χρόνον  nach    μήν    veraehent- 
lich  wiederholt,    woraus  dann  τόν  χανκ   geworden; 
dnR  άλλα  gehiirt  natürlich  iii  den  Anfang  von  v.  2. 
12.  fehlt  in  B. 

P:  hiä  του  καιροΟ  θερμαίνομαι  τήν  βαρυχειμαινίονρ 

και  οπού  με  βλέπει  γέροντα,  ου  μή  μέ  το  όνειδιΣΓϊ, 
Q:  δια  ιού  καιρού  θερμαίνομαι  τήν  βαρυχειμιυν'ίαν*  ^ 
και  δπου  με  βλέπει  γέροντα'  μή  με  κατονειδίίη:/^ 
Auß  der  Vergleichung  der  Lesarten  ergiebt  pich,  das»  längst 
nieht  überall  in  Β  (wie  Brunr*  Keil  annimmt)  die  bessere  üeher- 
Hefernng    uns   entgegentritt,    bäufiger  Ρ  das  Riabtige  bietet,    so- 
fern wir  nämlieb  behaupten  dürfen^  dass  in  ii  die  ursprüngliche 
FaHHiing  dieser  Verse  relativ  am  besten  erhallen  ist.     Vietleichl 
gübe  eine  Vergleichung  des  ood,  NeapoL  und  Leidensia  *,  die  mir 
niebt  zur  Vertiigüng  standen,  bestimmten  Aufschluss. 

Kiel  α  Fr.  Müller- 


Zam  eoftex  Fftlatinie  des  Ljeiai, 

C,  L*  Kaysers  Vergleicbnng    der    einzigen   Lysiashd.  Palat. 

X  88    ist    bekaontlicb    durch    Lampros    (Hermes  X  257  ff,)    und 

K.  Scholl  (Hermes  XI  202  ff.)  mebrfacb  bencihtigt  worden;  nach 


*  VgL  Krumbacber,  Gesch.  der  hy».  Litt.»  p.  449. 


Miacelteil, 


306 


^ 


den  fiemühuDgeu  eo  vieler  Gelehrten  durfte  man  sioli  der  Hoff- 
BUOg  hingeben,  genau  über  die  Ueberlieferung  unterrichtet  «u 
sein.  Gelegentlich  Bti**g  allerdingH  hier  und  da  ein  Zweifel  auf, 
zumal  nach  dem  Erscheinen  von  Weidners  Ausgabe^  der  die  Hd. 
zQsatntnen  mit  dein  um  Lysiae  wohlverdienten  C.  A*  Fertz  non 
modo  excuasit^  sed  deecripeit  ac  paene  depinxlt  .  Neues  fand 
sich  freilich  wenig  genug,  und  das  war  noch  dazu  gröeetenthelle 
unwichtig,  z.  B.,  daee  12,  H5  τηρουμΕνους,  nicht  τηρομενους 
überliefert  iit.  Wesentlich  erpcbien  mir  nur  eine  Stelle  30,  6, 
die  durch  Schölla  Lesung  γουν  m.  Er.  geheilt  war;  Weidner  er* 
klärte  X  habe  τ///ώ,  *  falRum  certe  γουν  est  *  und  stellte  damit 
wieder  altes  iu  Frage.  Doch  bestätigte  sich  aeine  Angabe  nicht, 
eine  genaue  Prüfung,  die  ich  im  Sommer  1Θ91  auBtellte,  ergab, 
dass  BchoÜ  richtig  gelesen  hatte,  ich  kann  nur  wiederholen,  dasa 
ich  γοΟν  mit  ausreichender  Sicherheit  festgestellt  habe ;  irre  ich 
nicht,  war  zuerst  γεοίν  geschrieben,  e  ist  aueradiert  und  dabei 
ist  auch  das  ο  und  die  Hälfte  des  υ  zerstört.  Auch  eine  Ver- 
gleichung  einiger  Reden,  die  ich  zwei  Jahre  später  machte,  hatte 
kein  anderes  Ergehnies,  als  dass  Schölte  Leeungen  aufs  beste 
bestätigt  wurden.  So  steht  nach  Weidner  in  X  7,  22  φής  μή 
5£Ϊν,  nach  Scholl  φής  '  μιΐ  b€iv;  in  der  That  hat  X  deutlich 
einen  Punkt  hinter  φής.  Doch  das  ist  für  den  Text  hedeutungs- 
los,  wichtiger  iats,  dase  12,  11  αργυράς  wie  Scholl  angibt^  nach- 
träglich vom  Schreiber  hinzugefügt  ist,  nicht  von  zweiter  Hd•, 
wie  Weidner  meint,  der  das  unentbehrliche  Wort  gestrichen  hat. 
Efl  bewahrheitete  sich  auch,  was  Scholl  S.  210,  4  von  der  un- 
zulänglichen  typographischen  Wiedergabe  der  Abkürzungen  sagt: 
niemand  siebt  aus  Weidnern  φαν^ρ'  (7,  11),  daas  X  deutlich 
φανερώς  hat^  mit  der  gebräuchlichen  Abkürzung  (z,  ß.  auch  §  1 
άπροσ^οκήτως),  nur  dass  hier  noch  der  Accent  hinzugetreten  ist. 
Ebenso  heiest  es  12,  38  klar  und  deutlich  όμΐν  und  78  γετ^νη- 
μ^νοΐ.  Schwer  zu  unterscheiden  sind,  wie  auch  Scholl  bemerkt, 
Formen  wie  γίνηται  und  γίνηται:  13,  42  hat  X  nach  Weidner 
*  Τ^νηταΐ  aut  γίνηται',  während  sonst  übereinstimmend  γίνηταΐ 
gelesen  ist  Yergkicht  man  in  der  Handschrift  ähnliche  Stellen, 
z.  6.  13,30  oder  16,  14,  so  gibt  man  γενηταΐ  den  Vorzug,  was 
allein  möglich  ist,  vgl.  auch  Plut,  Lyk.  3,  Dagegen  ist  fraglich, 
-was  25,  13  steht:  γίνοίτο  las  Kayser,  γίνοιτο  Lampros,  Scholl 
hat  keine  Abweichung  von  Scheibes  γίνοιτο  notirt.  Ich  habe 
mir  aufgeechrieben :  *  von  ι  ist  unten  der  Schwanz  recht  lang» 
ich  glaube,  der  Strich  in  der  Mitte  ist  verblichen*,  mich  also 
vor  der  Handschrift  für  γένοιτο  entschieden.  Ebenso  habe  ich 
mir  zu  15, 12  apxe(JTpaTibii  bemerkt,  wo  Lampros  άρχιστρατίοη 
las:  'sieht  wie  χ  au»,  aber  der  Strich  in  der  Mitte  kann  ver• 
blichen  sein,  das  ι  geht  unten  nicht  so  weit  herum'.  Dagegen 
schien  mir  20,  31  γεινΐκα  deutlieh  ein  i,  12,  83  hat  Weidner 
recht,  X  hat  aitOKTeivoiTc.  —  Nachzutragen  fand  ich  von  einigen 
Schreibfehlern  (z,  B.  7,42  μεμνημένος,  12,  12  έκ€Ϊνο)  und  Quis- 
^uilien  (z.  B.  7^  16  οίον  τ*  ί^ν,  dagegen  25  πώποτε)  abgesehen 
nar   dae   eioe^    daee  X  12,  100  vor   τιμαιριας  der  Artikel  fehlt, 

Hlwln.  Hm.  f.  FliUoL  N,  F«  U  ^ 


k 


3(kl 


Mitccilefl. 


was  weder  Sclieibe,  nucL•  Lamproe  oder  Scliöll  Angeben,  wabrend 
bei  Bekker  »o  im  Text  Ptcbt.  Da  erecheint  ea  iiur  leiebtcr  Tl- 
μαιρίαν  zu  ändern,  ak  mit  Franz  den  Artikel  einzui^etEen,  zumal 
da  tlas  Wort  in  der  bier  nötbigen  Bedeutung  Rache  von  Lyeias 
und  DemoBtlieues  wenigRtene  nur  im  Sing,  gebraucht  wird,  vgl* 
auch  30f  ϋ  und  geg.  Neaira  74  τιμωρίαν  ύττέρ  TU) ν  ή0€βημένιυν 
ττοιούμινοι.  Bei  diesem  Keeultat  der  Nachprüfung  hielt  icha  fiir 
unnüthig,  eie  weiter  fortzuiieizen.  Seitdem  aber  veröffentlichte 
Fr.  Heues  im  Philol.  LH  GOO  ff.  aus  C.  A.  Pertz'n  Nachlaei  die 
Krgebnieee  der  Vergleichung  der  1.  und  3.  hm  25.  Hede,  die  der 
verstorbene  Gelehrte  IS 74 — 1876  vürgenomtnen  hatte,  wie  aus 
Weidnera  Vorrede  erhellt,  gemeinsam  mit  Weidner,  was  Heiias 
entgangen  ist.  £a  sind  durchweg  Kleinigkeiten,  die  für  den  Text 
ulohtfl  abwerfen,  auseer  12,  100  und  4,  4  έκαθί^ετο,  und  wie  eine 
llurcheicht  meiner  Notizen  ergab,  nicht  alle  durchaus  nchtig. 
Doch  an  einigen  Stellen  mui^ete  ich  ex  silentio  echlieasen,  aueaer- 
dem  hatte  ich  nur  ein  paar  Kedeo  verglichen,  ich  konnte  alao 
nicht  eo  bestimmt  urtheiieu,  wie  es  mir  trotz  der  Geringfügig* 
keit  der  neuen  Lenurten  wüuechenswerth  erschien .  Darum  habe 
ich,  um  ganz  eicber  zu  geben,  im  vergangenen  Juli  die  Hand- 
schrift noch  einmal  vorgenommen  und  alle  Angaben  aus  Perta*• 
VergleiGhuiig  nachgeprüft.  Dabei  ergaben  sich  folgende  Berich* 
tigungen  und  Nachtrage: 

I  Iß  »ind  die  Worte  και  βαίΙανίίΧΓίς,  άπαντα  τχ€ύύί}  jeden- 
falti  von  deraelbeu  Hand  gcHubrieben,  vielleicht  sogleicbi  nur 
daae  weniger  Tinte  in  der  Feder  war.  —  Die  Lücke  hinter  ίχει 
bezeicbiiet  einen  Abschnitt»  sie  findet  »ich  ähnlich  z.  B.  1,2  vor 
Ticpl  τούτου,  19, 1  liinter  ί>υνωμαι,  18,  24  vor  ουκ  έχω.  —  §  18 
haben  Lampros  und  Pertz  recht  gcgeu  Scholl,  der  dagegen  §  19 
wohl  richtiger  urt heilt,  6  iöt  nachgezogen.  —  §  25  hat  X  ά6ΐΚ€Ϊν, 
nur  daes  am  Ende  der  Zeile  die  zwei  Striche  über  dem  κ  au- 
öammeugeratheu  sind.  —  §  29  über  ή  ν  »che  int  ήμ\  zu  stehen, 
ionet  wie  Pertz.  —  §  44  in  ivextv  sieht  da«  sehr  grosse  Κ  eo 
aus,  ale  ob  es  aus  ο  korrigirt  wäre,  es  ist  aber  nur  in  der  Hitte 
eine  Schleife.  Aehulich  G,  42,  wo  kaum  ein  anderer  Buchstabe 
unter  κ  etaud. 

III  7  έοειπνοΟμεν,  auch  an  Stelle  des  π  stand  erst  etwaa 
anderes,  ob  το?  —  §  Id  άοικούμενοι]  über  μ  stehen  nicht  zwei 
Punkte,  sondern  Ol,  wegradiert  vielleicht  ein  Accent<  —  In  der 
Bemerkung  zu  §  22  steckt  wobt  bei  Reuss  (wie  mehrfach)  ein 
Druckfehler,  X  bat  b'  έττϊβουλεύσας,  auch  hat  §  28  ^abiov  den 
Acceiit,  nur  steht  er  zu  weit  links»  —  §  33  doch  wohl  μηνύ(Ταΐ, 
der  Circumilex  pilegt  mehr  nach  rechte  hinüber  zu  gehen. 

V  4  deutlich  ίώνται. 

VI  13  (nicht  15)  sind  Punkt  und  Strich  von  derselben  Hand. 
^  §  18  ist  οΟς  doch  wohl  aus  ouv  geändert,  denn  korrigiert  ist 
das  Higma.  —  §  00  wahrscheinlich  fivuJtJKCU  —  §  31  scheint 
zuerst  αυτόν  gewesen  zu  sein,  dagegen  bat  X  §  *^7  αττολογήφα- 
σθαΐ,  —  §  44  ίπώτ]μοοντ£ς]  der  Schreiber  hatte  zuerst  έττίτΐ  ge- 
schrieben,   also  wohl  noch  das  vorhergeheude  επίτιμοι  im  Kopf. 


I 


I 


I 


I 


Miecelleti. 


907 


yill  3  οήταμ€  Χ•    —    §  9  echeint  aueh  mir  έΕήτουν  vgl* 

mit  άίήμιον  10,  ^, 

IX  17  detitltch  υμετέρου,   aber  vom  υ  iet  der  erete  Strich 
dick  geratben. 

X  8  ht  Bf>JOrt  beim  ^cbreiben  geändert,  ebeueo  12,  43. 
13,42,  wo  docb  wobl  zuerst  υπέρ  gestbrieben  war,  14,47,  10,15. 
18,  l,  alles  *  irrelevante  Verscbreibnngen*,  die  Scboll  geflieaeot- 
licb  unerwähnt  liese,  —  §  18  ist,  wie  e«  Rcbeintj  der  Accent  ver- 
blichen, wie  12,2  πρό  του;  12,  90  eteht  der  Apostroph  hoch 
und  hl  faet   verbliehen;    dagegen    ist  11,  3  eo  undeutlich,    daie 

[Ich  nicht  sagen  kann,  ob  der  Acccut  da  war. 

XI  9  ist  hk  sicher,    was  Pert£  πολλούς  las,    sieht   gerade 
[so  aus  wie  das  vorhergehende  ττολλάς. 

XII  20  scheint  τιάν  τό  von  andrer  Hand  zu  sein,  wie  auch 
Kay  «er  angab.  —  §  30  kann  von  einem  durch  geetrichenen  Buch- 
etaben  keine  Rede  sein*  —  §  31  doch  wohl  ουτ\  —  §  75  foöv, 
nur  daee  das  ο  mit  dem  γ  verbunden  ist,  dagegen  25,  4  deutlich 
γούν,  wie  auch  Scholl  S.  218  angiebt.  —  §  78  icheint  αύτώυ, 
jedenfalls  ist  uj  ursprünglich,  y  scheint  aus  ν  geändert  zu  sein.  — 
J}  88  steht  τιμ  am  Ende  der  Zeile,  über  μ  ein  Haken,  die  neue 
beginnt  mit  μωρίας.  —  Das  Zeichen  α  §  96  halte  ich  nicht  für 
l>€,  es  findet  sich  grade  so  13,  70  vor  άθηναΐον; 

Xüi  52  δτ'  έπι  Χ.  —  §  64  steht  nur  ών  ύ  in  Rasur.  — 
Ob  §  07  ά(ίτΟς  oder  αυτός  zu  lesen  ist,  läest  sich  Bchwerlich 
entscheiden.  Weidner  sagt  ausdrücklich;  αστός  (non  αυτός),  ich 
habe  mir  notiert:  doch  wohl  (?)  αστός,  vgl.  mit  dem  folgenden 
αυτόν,  aber  65  αυτοί)  gerade  sol  und  12,  89  tm  αύταν:  die  Ver- 
gleicliung  mit  diesem  αυτόν  zeigt,  daes  es  auch  13,  G5  αυτός 
beisst.  —  Dagegen  ergab  §  70  gerade  die  Vergleichung  mit  72, 
dass  X  αθηναίων  hat.  —  Auf  dem  aus  άθηναιυ^ν  geituderten 
άθηναΐον  steht  der  Cireumilex  weiter  links  als  sonst  und  kann 
durch  Hinzufügung  eines  Striche  aus  dem  Akut  gemacht  seiu. 

XIV  7  steht  das  fragliche  Wort  am  Ende  der  Zeile  und 
heisst  wohl  nur  παρέ(Τχ€.  —  §  12  deutlich  τα,  nur  das»  die 
Schleife  des  α  mit  Tinte  gefüllt  ist.  —  §  17  ist  kein  ßuchstabe 
weggestrichen,  was  Pertz  dafür  hielt,  ist  der  Spiritus.  —  §  29 
scheint  mir  doch  aus  γεγραμμέναιν  korrigiert;  übrigens  durfte 
Beuss  die  Figur  bei  Pertz  nicht  mit  dar  von  προγίτραμμ^νιυν 
§  2  vergleichen,  das  Wort  steht  foL  80^,  die  Seite  ist  ganz  au- 
ders  geechrieben  mit  sehr  vielen  Abbreviaturen,  Pertz  glaubte 
sogar  von  einem  andern  Schreiber,  —  Mit  den  Bemerkungen  tu 
§  39  und  21,  18  thut  Meuss  Scheibe  unrecht:  er  hat  και  τόν 
πατρός  προς  μητρός  πάττττον  Turr.;  και  τόν  προς  μητρός  Χ  und 
τούτο  ί>*  ουκ  δν  C:  τουτό  Τ£  Χ»  woraus  klar  hervorgeht,  das• 
Χ  πατρός  und  πάππον  sowie  ουκ  αν  nicht  hat.  üebrigens  ist 
hier  wohl  nach  Reiskes  ou  γαρ  τουτό  fe  (m  den  Animadvereio- 
nee)  tu  schreiben  ού^έ  γαρ  fiv  τουτό  γε,  vgl.  [Dem.]  25,  18* 

XV  5  in  φΐνα^ν  fand  ich  ein  reines  €,  die  Punkte  stehen 
•obriig  und  scheinen  beileutungslos. 

XVU  8  f.  fol  88^  ist  der   rechte  ßand  verwischt,    dadurch 


Misceltetl. 


ist  uipioVy  τρία  Ιτΐ]ρ  6ίκαΐ  undleutlicli  geworden;  καΐ  iet  nicht  zu 
erkennen,  auch  iet  weiter  kein  Raum  da. 

XVIII  13  lese  ich  ebenfalla  πολίοχος. 

XIX  24  hat  X  Bur  εχρήσαντο,  aber  §  37  iet  wirklich  kor- 
rigiert^ wie  die  zwei  Punkte  über  dem  ι  beweisen.  —  §  38  tu  μέ\• 
Xei  ^ — ήΕιθΰΤ€  steht  zweimal  */.  ^  das  Zeichen  der  Korniptel,  am 
Kande,  ebenso  wie  §  34,  wo  in  der  Lücke  höchatene  4  Buch- 
ataben stehen  könnten .  —  §  50  acheint  mir  deutlich  απών,  — 
§  51  bat  X  και  iöia  άοίκυυς  τ^  τινας  ^αδίαις  άπολ^σθαι  ο\  τοΧ- 
ματντες,  die  Buchataben  ah  aind  TerwineUt,  aber  zu  erkennen* 

Ρ  ^    Ρ' 

XX  25  μ  ateht  am  Rande,  aber  vorher  heiast  ea  TOuc  μ 
παρέΙομαι. 

XXI  1  πυριχιστάς]  dasa  an  Stelle  dea  χ  früher  etwas  an* 
derea  atand,  glaube  ich  nicht. 

XXII  2  deutlich  υμάς  am  Ende  der  Zeile  und  zwar  allee 
von  alter  Hand^  nur  ist  ein  ach  warzer  Strich  darunter  gezogen.  — 
§  11  iat  alles  deutlich  zu  leaen.  —  §  13  hat  Bchöll  recht,  wie 
der  Accent  zeigt 

XXIII  7  doch  wohl  ταύτη»  daa  η  ist  nur  schlecht  geratben, 
wie  im  folgenden  ήμ^ρα. 

XXIV  7  doch  ομοίως. 

An  einzelnen  Stellen  bleibt,  wie  man  sieht,  bei  der  Be- 
echaffeiiheit  der  Ud.  auch  jetzt  die  Lesung  unsicher,  Glücklicher 
Weiße  kommt  für  den  Text  ebenao  wenig  darauf  an  wie  auf  die 
Frage,  oh  die  üd.  von  einer  Hand  geschrieben  ist,  wie  Lamproa 
und  Scholl  annehmen,  oder  ob  vier  Hände  thätig  waren,  wie 
Pertz  meinte.  Ich  wage  nicht  sie  zu  entscheiden,  doch  neige  ich 
mehr  zu  Lampros  und  Scholl;  sind  foL  21— 27^  von  einer  zweiten 
Hand  geschrieben,  ao  hat  aie  doch  die  Arbeit  der  ersten  unmit- 
telbar fori  gesetzt:  sie  benutzt  dieselben  Doppelblatter  wie  jene. 
Wichtiger  ist  die  Beobacbtung,  die  M.  Er d manu,  de  Pseudolyeiae 
epitaphii  codicibus  p.  37  f.  machte,  dass  die  Hd.  ana  zwei  (viel- 
leicht aus  drei)  Vorlagen  zuaam mengeschrieben  ist. 

Berlin.  Karl  Fuhr. 


Eine  Reise  des  AeHna  ArbtJdea  iti  die  Miljie. 
In  dem  Artikel  *Ae!.  Ariatidea*  der  Pauly-Wiesowa  sehen 
Realencyklopädie,  welcher  von  dem  Unterzeichneten  verfasst  ist 
und  demnächat  im  3.  Ealbband  veröfTentlicbt  werden  wird,  ist 
einer  von  Br.  Keil  (Herm.  XXV  313)  entdeckten  Episode  aus 
dem  Leben  des  Rhetora  nicht  gedacht,  und  diese  Unterlassung 
soll  hier  gerechtfertigt  werden.  Keil  kombinirt  die  Stelle  or. 
XXIII  p,  451,  490  (πΐμπττι  έφαίν€Το  μ^ν  τό  kpov  του  Άπόλ* 
λα>νος  τό  Ιν  τψ  βρει  τψ  MiXuqt  *  ibOK€i  hk  οΙκήματα  δττοϊ  προς• 
γίγενήσθαι^  και  όνομα  ctvai  τψ  χωρίψ  Έλ€φαντίνη  όπό  Έλε• 
φαντίνης  τής  ίν  Αίτύπτψ.  ίχαιρον  hr\  και  κατ*  αυτά  τα  οικήματα 
και  κατά  ιγ\ν  οικ€ΐότητα  του  τόπου  τώ  τόπψ,  d.  h.  darüber, 
daii  das  Apolloheiligthum  nebst  Umgebung  ihm  im  Traum   voll• 


lotnioen  identiecli  erechien  mit  dem  itim  von  eeiner  ägyptiscben 
Reise  her  bekannten  Elephantine)  mit  der  UnterHcbrift  der  zweiten 
Rede  de«  Arietidee:  Άριστ£ίίιης  Άθην<ί  έν  ßdpei.  An  letzterer 
Stelle  wird  Baris  als  Name  der  jetzt  Isbarta  genannten  Stadt  in 
Pieidien  gefaset.  Was  hat  aber  Ar,  in  Baris  zu  thun?  Er  wird, 
antwortet  Keil,  anlaselich  meiner  Reise  nach  dem  Apoüolieiligthiim 
am  Milyaeberg  dortbin  gekommen  «ein.  Wo  aber  etebt  etwas 
von  einer  solcben  ReiHe?  K.  erHchljesst  nie  aue  den  citirten 
Worten.  Ais  ob  man  an  allen  Orten,  von  welchen  einem  träumt, 
auch  wirk  lieb  gewesen  sein  müsste.  Znzugeben  ist  übrigens, 
dasa  die  Art,  wie  Ar.  von  dem  Apollobeiligthum  redet,  den  Be- 
weis dafür  liefert,  dass  er  von  der  Bauanlage  desselben  eine  be- 
stimmtere Vorstellung  gehabt  bat.  Eine  solche  kann  er  aber 
auch  lediglich  durch  eine  Schilderung,  aus  einem  Buch  oder 
durch  mündlichen  Bericht,  erhalten  haben,  und  für  Autopsie  dee 
Arisiides  spricht  doch  keineswegs,  daes  sich  ihm  das  Bild  des 
Heiligthums  vollkommen  mit  dem  Bild  einer  anderen  ihm  bekannten 
Oertliohkeit  vermischt.  Aber  immerhin:  Ar.  mag  selbst  in  der  Mi- 
Ijae  gewesen  sein,  so  wäre  doch  die  Frage  berechtigt^  ob  der 
Weg  von  Pergamon  nach  dieser  Gegend  über  das  im  nordpisi- 
discben  Bergland  liegende  Baris  führte.  Die  Reise  in  die  Milyas 
wäre  jedenfalls  die  weiteste»  welche  Ar.  während  seiner  Krank- 
heit gemacht  hätte;  Epbesoe  und  Kyzikos  waren  nach  dem  bis- 
herigen Stand  unserer  Kenntnisse  die  entlegensten  Punkte,  welch© 
er  in  jener  Periode  seines  Lebens  besucht  hat. 

In  der  That  aber  ist  die  Ahfasaung  der  Rede  auf  Athene 
nach  Baris  zu  verlegen  vollkommen  unmöglich.  Arietides  bat  sie 
zufolge  einer  in  der  vorhergegangenen  Nacht  erhaltenen  Traum- 
inspiration  vorgetragen,  offenbar  in  der  Hauptsache  improvisirend. 
Am  Scbluss  dieser  Hede  brach  er  in  übermässiges  Seibetlob  aus 
in  einem  Passus,  von  dem  noch  am  Schluss  des  uns  erhaltenen 
Textes  deutliche  Spuren  zu  Tage  treten,  welcher  aber  beim  münd- 
lichen Vortrag  noch  breiter  ausgeführt  gewesen  sein  mag.  Diese 
Partie  nahm  man  ihm  übel,  und  er  vertbeidigte  sie  in  der  49. 
Hede  unserer  Sammlung.  Die  Uebelnehmenden  waren  vorgeb- 
liche Freunde  von  ihm,  die  in  bester  Absicht,  wie  sie  sagten, 
ihn  auf  eine  Sohwäobe  hinweisen  wollten  (or.  XLIX  init.);  also 
ist  offenbar  die  Äthenarede  nicht  auf  der  Reise  unter  wildfrem- 
den Menschen^  sondern  wie  auch  die  Inspirationsreden  IV  (Dio- 
nysos hat  auf  der  Akropolis  von  Pergamon  einen  Tempel)  und 
VII,  iu  Pergamon  in  dem  Kreise  von  Aristides'  Bekannten  gebal- 
ten worden,  von  dem  Aristides  mit  Recht  sagen  konnte  *TravTiuc 
cibEvai  πάντας  ττερι  ταιν  λόγων  τών  ήμετέροίν,  όσον  ύπερέχουσι 
(XILX  491  f.).  Sie  ist  gehalten  ^u  Ehren  der  Göttin,  welche 
den  prachtvollen  Tempel  auf  der  pergamenischen  Akropolis  hatte, 
und  κ  war  auf  der  Akropolis  selbst,  welche  nach  einem  im  Spät- 
griechiscben  sehr  verbreiteten  Gebrauch  (W.  Schmidt  de  Flav. 
losephi  eloo.  in  den  Neuen  Jahrbüchern  f.  FbiloL  Suppl,  XX  511) 
in  der  Unterschrift  βάρίς  genannt  wird.  Zeitlich  ist  die  Rede 
fizirt  zwischen  Januar  und  Mai  a,  165  (β.  diese  Zeitechr*  XLVIII 


U 


Muodlen. 


61.  Β  ι).     Die  Reiee  dee  Arietidee   in  die  Mily&e  aber  wird  mAn 
vorlKafig  beeeer'tn  die  Traom-  und  Zauberephäre    verlegen. 
Tübißgen.  W,  Schmid. 


0as  Alter  der  Voretellnog  vom  paniHclieii  Schrecken 
hat  V.  Wilamowttz  (Euripides  Hippolytos  S.  193)  fe^lzalegen  ud3 
von  dem  Ergebnise  eeinen  Ansatzes  aus  ein  Indicium  znr  Beetim* 
rouDg  der  Abfaseungezeit  des  Hhesos  zu  gewinnen  gesucht:  duroli 
das  Vorkommen  des  panischen  Schreckens  in  diefiem  titöck  aoU 
bewiesen  sein,  dass  dasselbe  erst  *in  den  Zeiten  des  Aeneae  von 
Stymphalos*  entstanden  sei,  denn  jene  Vorstellung  habe  sich  erat 
dnrch  die  arkadischen  Heislänfer  verbreitet.  Diese  Folgerungen 
scheinen  aus  der  von  W.  Π.  Röscher  (Stndien  z.  griecb.  Mytbol. 
S.  15^)  anfgesteüten,  aber  schon  von  Wieseler  (Götting,  Geh  Ans. 
1891,  608  f.)  bezweifelten  VorausseUung  gezogen  zn  sein,  daas 
die  mjtbolügieche  Erklärung  des  Herdeschreokene  für  die  Erklä- 
rung des  Heeresscbreckena  vorbildlich  gewesen  sei.  Aber  auch 
zugegeben^  dem  sei  so  ond  Arkadien  sei  das  Mutterland  der  gan- 
zen Vorstelhingf  so  brauch t  dieselbe  doch  nicht  autechlieaslicb 
durch  arkadische  Reisläufer  und  vollends  nicht  erst  durch  aulohe 
aar  Zeit  des  Aeneas  verbreitet  worden  zu  sein.  Daaa  aie  achon 
zur  Zeit  des  ersten  Perserkriegs  volksthiimlich  war,  hat  Wieaeler 
(a.  a*  0*  609)  bemerkt,  welcher  in  seiner  Stellensammlung  aueh 
die  anschauliche  Schilderung  aus  Long.  Fast.  Π  23,  4,  25,  3  ff* 
kütte  anführen  können,  indessen  steht  das  Zeugniss  de«  Herodot 
fVl  105)  nicht  alleinf  sondern  auch  im  peloponneaiechen  Krieg 
wiiaate  man  von  den  Wirkungen  des  Fan  auf  grosse  üeere  au 
enählen.  Ein  aufmerksamer  Leser  des  Thukydides,  inebeaorodere 
einer,  der  in  dem  Werk  des  Historikers  nicht  blosa  Thateaeke« 
dfliT  laiseren  Geschichte,  sondern  Charakterztige  eines  der  grüaetas 
Grieohen  sucht,  wird  nicht  achtlos  an  der  Thatsacht  varttber* 
geben«  daas  Th.  zw^uial  den  Ausbruch  einer  Panik  in  groeae« 
Ueer^  nicht  allein  erwähnt,  sondern  auch  mit  einer  erläuteriKleD 
Bemarknng  veraieht:  IV  125,  1  τό  ττλήθος  τών  βαρβάριυν  εύβύς 
φοβηβέντ^ς,  δπ€ρ  φΐλ€ΐ  μ€τάλα  στροτόττ€^α  ασαφείς 
έκιιλήτνΛ»<^β<Χ^  ^^^  νομί0αντ€ς  ττολλοπλασιονς  μέν  ή  ήλθον 
έπιέναι,  δ0ον  hl  ούπω  παρ€ΐναι,  κ€π^αστάντ€ς  ές  akpvibiov 
φυτήν  έχώρονν  έπ'  οίκου ;  und  VII  80,  3  Ectl  αύτοΐς,  οίον 
φιλ€ΐ  και  πάαι  στρατοπέ^οις,  μάλιστα  54  τοις  μ€τί- 
στοις,  φόβοι  και  Ο£ΐματα  €ΤΤ>τν€σ8αι,  αλλιυς  Te  και  έν 
vurri  Τ€  και  δια  ΐΓαλ£μίας  και  ΤΓθλ€μιυϋν  ού  πολΟ  axcxovrufv 
ioucnv,  ίμγιιιιτ€ΐ  τα|»«0(ή.  An  beicleJi  Stellen  wird  der  Auabruek 
einer  Panik  unter  gromtn  Heeresmaaaen  als  etwa«  käftfig  tot- 
also  B«  beioiidex«r  Verwmidervng  kemea  Aiüaea  ge- 
rn der  aweitea  eine  {Myeliologiselfee  ErkUmog 
der  K^jAniMiif  iMigefebeii,  Ihalidi  wie  ?  71  daa  IMiigen  der 
Heere  beia  Mareeli  nach  dem  iwhten  Fligel  hin  eingdtend  mit- 
Hvtrt  wird.  Noch  in  hivherem  Grad  «1•  Homer  ist  Th.  ein  Sehrilt^ 
etelleTi    ^ei  nÜ  n^litnr  iM|»le,   «ad  mAB  Ims  ihn  erst  gua  Ter- 


Miscellea. 


811 


Btanden,  wenn  man  die  hinter  dem  echeinbar  regungsloAPti  Krnet 
der  Objektivität  tief  versteckten  polemifiehen  Bexiehungfin  auf 
zeitgenöBFiacbe  Anschauungen  klargelegt  hat,  wie  denn  auf  diese 
Art  durch  die  Betrachtung  von  Ad,  Bauer  dem  ereten  Buch 
eine  neue  Seite  abgewonnen  worden  und  z.  B,  der  perikleiecheo 
Leichenrede  noch  manches  Neue  abzugewinnen  mi  (β.  dieiie  Zeit- 
ßchrift  XLIII  63ö),  Jene  Nebenbemerkungen  in  den  beiden  citir- 
ten  Stellen  sind  so  wenig  zwecklos  alu  die  VII  7i),  3,  wo  an• 
läsf^lich  eines  in  den  Gang  der  EreigntRse  verhängnieevoll  ein- 
greifende u  Gewitters  ganz  in  dereeLben  Form  und  in  demselben 
8inn  gesagt  wird:  oia  του  έτους  προς  μ€τόπωρον  ήδη  οντος 
φΐλ€Ϊ  γίγνεαθαι.  Dass  Tb.  mehrfach  Gelegenheit  iiinimt,  aber- 
g^läubische  Meinungen  über  Gnind  und  Zweck  merkwürdiger  Er- 
eignisee  zurlickzuwoiHen,  ist  längst  erkannt  uud  nachgewiesen 
(€lafleen,  Einleitung  zu  Ρ  ρ,  LIX),  und  aus  diesem  Gesichtspunkt 
müssen  offenbar  auch  jene  beiden  ^Stellen  betrachtet  werden. 
S'tt  richlen  eich  ohne  Zweifel  an  die  Adresse  derjenigen,  welche 
den  arkadischen  Hirtengott  für  den  Urheber  jener  plötzlichen 
öchreckenserscheinungen  hielten. 

Tübingen.  W,  Schmid. 


Die  Eri»b«riing  JeroBaleme  durch  Herodee. 

In  seinen  sorgfältigen  und  dankenswerthen  Forschungen  zur 
iteechichte  des  11.  Triumvirats  (Hermes  29,  S.  556 --585 Ϊ  hat 
J.  Kromayer  u.  Ä.  die  Chronologie  der  Eroberung  Jerusalems 
durch  Herodes  einer  erneuten  Unteisuchung  unterzogen,  deren 
8pitze  sich  weseutliob  gegen  meine  chronologische  Büetimmung 
richtet.  Er  wundert  sich  (S.  503)  dabei^  dase  ich  mich  nicht 
hinreichend  mit  meinen  Vorganger  auseinandersetzte.  Allein  die 
Streitfrage  ist  so  alt,  und  die  Litteratur  darüber  so  umfangreich^ 
dftss  eine  eingehende  Behandlung  aller  Hypothesen  eich  von  selbst 
verbot;  ich  mueüte  mich  begnügen,  darauf  hins&uweisen,  wo  man 
eich  über  die  neuere  Litterutur  unterrichten  könne,  mit  einer 
langen  Anmerkung  (Auguetus  2  S.  118—122)  glaubte  ich  des 
Guten  eher  zu  viel,  als  zu  wenig  gethan  zu  haben.  Ausserdem 
meinte  ich  allzu  grosser  AuBführlicbkeit  hier  überhoben  zu  sein, 
da  ich  auf  einem  neuen  Wege^  d.  h.  mit  Hülfe  astronomischer 
Berechnung,  mein  Ziel  glaubte  erreichen   m  können. 

Nicht  um  das  Jahr  streitet  Kromayer  mit  mir,  sondern  um 
den  Monat  der  Eroberung  Jeruealems.  Er  hat  bereite  richtig 
(mit  Angabe  der  Belegstellen)  hervorgehoben,  dass  wir  dafür 
folgende  Anhaltspuukte  haben : 

Ϊ)  Die  Belagerung  begann  mit  dem  Anfang  des  Frühjahre. 

2)  Die  ümschliessung  der  Stadt  dauerte  δ  (reep.  6)  Monate. 
[Diesen  Satz  hat  Kr.  au  der  β  gefasst  s.  u.] 

3)  Sie  endete  im  Jahre  der  Consuln  M.  Vispanius  Agrippa 
und  Caninius  GhIIuk  (7l7/ij7),  der  185,  Olym}»iade  im  3,  Monate, 
am  Feete  der  Fasten. 


312 


Mifiwfliff!*, 


4)  HcrodeB  und  Soeius  li&ben  Jerusalem  am  gleichen  Tagff'l 
wie  früher  Pompeius  erobert 

Er.  hält  Bich  an  die  beiden  erstell  Ptinkte:  Die  hel^g^rnng 
begann  im  Februar  und  endete  aUo  im  JaÜ;  aber  was  macht  er 
mit  der  dritten  Angabe,  der  ausführlicbeten  von  allen,  mit  dtr 
Josephne  recht  absichtlich  den  Zeitpunkt  festlegen  will  und  ihn 
desflhalb  nach  den  Consuln  der  Römern  den  Olympiaden  der 
Griechen  und  dem  Feste  der  Juden  datirt.  Hier  muss  Kr.  mit 
neinem  Anaatx  die  Probe  beatehen^  und  hier  scheitert  er  voll* 
ständig.  Die  Consul-  und  Otympiadenjabre  lassen  wir  also  bei 
Seite;  es  handelt  sich  nur  um  den  dritten  Monat  and  das  Fest 
der  Fasten. 

Der  driUe  Monoi,  der  schon  den  Früheren  so  viele  Seh  wie* 
rigkeiten  gemacht  hat  (s.  m.  Augustus  2  S.  120),  kann  sich  doch 
nur  entweder  auf  ein  Kalenderjahr,  oder  auf  die  Dauer  der  Be* 
lageruDg  beziehen.  Kr,  aber  verwirft  zunächst  mit  Hecht  die 
zweite  Annahme,  da  die  Belagerung  5 — 6  Monate  gedauert  habe; 
an  eine  Kalenderbezeichnung  habe  Josephus  allerdings  gedacht 
(S,  569)^  allein  mit  Unrecht  Hier,  sagt  Kr*  S.  570,  steckt  also 
irgendwo  ein  Fehler  bei  Josephus  selbst,  er  habe  sich  verleiten 
lasseDp  *^den  3.  Monat  gedankenlos  mit  her  Überzunehmen,  als  ob 
er  eine  chronologische  Bestimmung  entbielte\  Dann  gibt  er  eine 
ausführliche  Beweisfühiung  (8,  505 — •>ϋ7},  dass  Jerusalem  unlew 
lOwpeins  wirklich  im  dritten  Monate  der  Belagerung  eingenom- 
men sei;  von  da  habe  JosephuB  fühchlich  diese  Bestimmung  auf 
die  Eroberung  unter  Herodee  übertragen,  —  Mau  sieht  also,  es  ist 
nichts  als  ein  ungtückJicher  Versuch,  die  entficheidenden  Worte 
aus  der  Welt  zu  schaffen. 

Der  Rest  dagegen  ^am  Fest  der  Fasten'  gebt  nach  Kn  wirk- 
lich auf  Josephus  zurück;  aber  er  läset  sie,  auf  Herzfelds  Aneto- 
rität  gestützt,  nur  noch  in  ganz  abgeblssstem  Sinne  gelten, 
8.571:  'Nun  hat  aber  Herzfeld  *  dargethan»  dass  unter  diesem 
Ausdrucke  (εορτή  τής  νηστείας)  sehr  wohl  ein  beliebiger,  ge* 
wohnlicher  öabliath  verstanden  werden  könnte*.  Kr.  macht  den 
Gewährsmann  des  Joaephus  dafür  verantwortlich.  S.  570  A•  4 : 
'Josephus  konnte  als  Jude  natürlich  nicht  einen  gewöhtilioheii 
Babbath  einen  Festtag  nennen,  wie  seine  griechische  Quelle  nnm 
that  (vgl.  Herzfeld  a.  a.  0«  S.  112)*.  Aber  wenn  der  griechiselM 
Gewährsmann  nun  ebenfalls  ein  Jude  war?  was  wir  mit  ziemlicher 
Sicherheit  vorauasetzen  müssen. 

Wenn  Josephus  das  hätte  sagen  wollen,  hätte  er  viel  kürzer 
und  einfacher  sagen  können,  Jerusalem  sei  an  einem  Sabbath 
erobert  worden.  So  gut  für  uns  bnute  Sonn-  und  Festtage  ver- 
schieden sind,  ebenso  für  die  Juden.  Der  8abbath  war  wedeir 
ein  Fest  noch  ein  Fastt&g, 

Beide  chronologisohe  Bestimmungen  *  im  dritten  Monate'  und 
*am  Feste  der  Fasten'  dürfen  wir   also   nicht   mit  Kr.  bei  Seite 


1  Franke!«  MonaUschr.  Γ  Geiek  desJud.  4,  1855  S.  41  ff..  109  ff. 


MiBeeUen. 


313 


Ν 


•chiebeD  oder  wegdeuten,  sondern  müeeen  vielmehr  jeden  Erklä- 
rungßverßttch  für  verfehlt  halten,  der  diesen  beiden  Angaben  nicht 
gerecht  wird. 

Der  dritte  Monat  kann,  da  die  Belagerung  5  (reep.  ti)  Mo- 
Date  dauerte^  eich  nkht  atif  die  Dauer  der  Belagerung  beziehen, 
sondern  nur  auf  ein  Kalenderjahr.  —  Die  anderen  Jahreerech- 
nungen,  die  hier  in  Betracht  kommen  könnten,  einechlieselich  der 
jüdischen,  an  die  Jeder  zuerst  denken  wird,  sind  unmuglich  (vgK 
Kr*  8.  569  Ä.  1),  es  bleibt  nur  die  Olympiadenrechnung,  die  un- 
mittelbar vorher  genannt  wird;  das  Fest  der  Fasten  ist  das  grosse 
Vereöhnungßfest,  und  Kr,  sagt  selbet  S•  569  A•  1 :  *Dae  grosse 
Versöhnnngftfest  der  Juden  fallt  im  Jabre  37  zufälliger  Weise 
vielleicht  in  den  3.  Monat  eines  Olyrapiadenjahree', 

Das  Fest  der  Fasten,  das  sich  aetronomisch  genau  berech- 
nen läest,  fiel  im  Jabre  717/37  auf  den  3,  October;  dies  ist  der 
feste  Funkt,  von  den  die  Untersuchung  ausgeben  muse»  Rechnen 
wir  von  da  5  (resp,  6)  Monate  zurück,  so  ergibt  eich  als  An- 
fangspunkt Mai  oder  Juni;  das  paset  nun  allerdings  nicht,  wie 
Kr.  richtig  gesehen  hat,  zu  der  außdrücklichen  An^^abe  des  Jo- 
eepbuß,  daas  Herodes  die  Belagerung  schon  im  Frühjahr,  sobald 
die  Jahreszeit  es  erlaubte,  begonnen  habe:  vgl.  ant.  14^  15,  14 
Joseph,  b*  j.  1,  4,  8  (nicht  n.  18)  λυυφήσαντος  be  του  χειμώνος 
ήΚαυν€ν  tm  Ιεροσολύμων,  και  μ^χρι  του  τάχους  άναγαγαϊν  την 
ούναμιν  (συνήγ€το  bt  αύτψ  τρίτον  ίτος  Ιέ  ου  βα{Γΐλ€υς  ev 
'Ρώμη  άτϊ£0€ίΐ6ΐκτο)  προ  του  lepoö  στρατοττ€0€υ6ται.  Aber  dieser 
Widerspruch  ist  nur  ein  scheinbarer  und  löst  sich,  wenn  man 
nur  unterscheidet  zwischen  der  Belagerung  und  der  ümschliessung 
der  Stadt. 

Herodes  rückte,  sobald  das  Wetter  es  erlaubte,  mit  seinem 
Heere  vor  die  Festiing  und  lagerte  vor  dem  Tempelberg;  er  liess 
Ton  seinen  Leuten  drei  Schutzdämme  auifiibren,  mittelst  derer  er 
eich  in  schräger  Linie  der  Stadtmauer  näherte  (s.  m.  Augustue  1 
8.239),  Aber  seine  Kräfte  reichten  nicht  aus;  die  Arbeiten 
kamen  ins  Stocken  als  der  Konig  das  Lager  verliess^  um  Hoch- 
zeit zu  machen  mit  der  schonen  Marianne.  Dann  kehrte  er  ins 
Lager  zurück,  auch  Sosius  kam  mit  11  römischen  Legionen,  nun 
erat  wurde  es  Ernst.  —  Die  römiecbe  Kriegskunst  dieser  Zeit 
verlangte,  wie  es  sich  an  vielen  Fällen  nachweisen  läset,  dass 
eine  wirklich  starke  Festung  bei  der  Belagerung  durch  einen 
Ring  von  Erd werken  eingeschlossen  werde.  Mit  diesen  Arbeiten 
der  Legionen  des  Sosius  beginnt  erst  die  Vinschliessuntj  der 
Festung,  welche  die  Entscheidung  herbeiführte;  vou  diesem  Zeit- 
punkte an  wurde  also  gerechnet  Josephus  betont  an  beiden 
Stellen,  was  Kr.  nicht  beachtet  hat,  die  Umzingelung  der  Festung» 
also  die  Gircumvallationsarbeiten  der  Römer.  Joseph,  b.  j,  I,  18,  2: 
άμέΜι  τηλικαύτης  6υνάμ€α>ς  ττ€ρικαθ€ίομένης  τιίντε  μησί  6ιή• 
νεγκαν  την  πολίορκίσν.  Joseph,  b.  j,  5,  9,  4  (nicht  14]*  ιτερισχε- 
θίντ€ς  b*  im  μήνας  Η  έττολιορκούντο,  Μ^ΧΡί  Οίκας  τών  αμαρ- 
τιών Κόντες  έάλωσαν. 

Herodes  mit  eeinem  Heere  mag  Ende  Februar  zuerst  vor 


A14 


Μ  ideellen. 


Jerufialem  eingetroffen  sein;  tlie  wirkliclie  Umecbliee^ting  der 
Fe«lung  dagegen  begann  erüt  ungefähr  am  3.  Mai  oder  3.  Jiiiif 
tind  am  3.  October  war  die  Fci^tmig  vollständig  in  den  Händen 
der  Belagerer. 

Ber  Einwand  endlich,  den  Kr.  tum  Schlase  (i^.  571)  g^l^tt 
mich  geltend  macht,  da^s  ilie  Schlacht  bei  Actiom  am  2.  Sept. 
723/31  in  das  7,  und  nicht  in  das  β.  Königejahr  des  Herodee 
falle,  war  ihm  von  mir  bereite  im  voraus  abgeeohnitten,  β,  τη. 
AugustüM  2,  lli»:  *Die  wenigen  Monate,  die  noch  vom  Jahre 
717/37  Übrig  waren,  wurden  ale  das  erste  KegierungejaUr  des 
Herodes  gerechnet,  die  Schlacht  von  Actium  fallt  also  in  daa 
siebente'.  Vgl  ä.  120:  'dar  Νίβΰη  iet  Jahresanfang  ϊύι  die  Κα- 
nige  und  für  die  Feete*  (mit  der  Anmerkung  von  Nöldeke  daxu). 
Da  aleo  das  erete  Königejahr  dee  Herodes  schon  im  MRrz  be* 
ginat,  HO  bleibt  die  Kechnung  genau  dieselbe,  wenn  Kr.  die  Ein- 
nahme JeruBalema  in  den  Juli  setzt,  oder  ich  in  den  October 
deseelben  Jahre». 

Auf  des  Vf.  Bemerkungen  in  tlen  anderen  beiden  Aafeätxeo 
seiner  Forschungen  gehe  ich  hier  absichtlich  nicht  weiter  ein, 
obwohl  nie  gelegentlich  zum  Widerspruch  heran« fordern.  Nur 
die  Behauptung  S.  582—583  sei  mit  einem  Worte  erwähnt,  daes 
AnioniuH  die  Uleo[)atra  anhon  im  Jahre  36  tu  aeiner  rechtmAmigMi 
Gemahlin  gemacht  habe  neben  der  Octuviit,  von  der  er  aiob  erst 
im  Jahre  32  formell  geschieden  bube.  Dem  Antonius  mag  ίο 
dieser  Beziehung  Äll<*8  Äuzutrauen  sein,  aber  wie  w&re  ea  denk* 
bar,  daaa  (Jctavia  und  ihr  Bruder  vier  Jahre  hindurch  dtei 
schmachvolle   Verbältni&s  Btillachweigend  geduhlet  bitten? 

Leipzig.  V.  Gardthauaen. 


Ad  YuTCÜ  ΙιύηΙ  tte  Terentit  versus. 

Rlegnntea  Porcii  Licini  vereus  cum  pingui  Minerva,  nuper 
delurpati  i^int,  pauca  quaedam,  <^uae  ad  reatituendam  veraui  eorum 
formana  apta  invenisHemibi  viderer,  e  acriniis  depromere  statiii.  At- 
que  omnino  tenendum  maligne  Ittteratum  illum  hominem  de  poeia 
invieo  referre,  consulto  igitur  verbis  ud  ambiguia  ('laeciviam'  v.  1* 
*aman*  et  *ob  Eorem  aetatia  euae*  4),  quae  de  nequilia  Afri  enspi- 
cionem  augeant,  vel  venenatis,  quae  iactantiam  v&ni  hominie  ^ 
OAStigent.  I 

V.  4  vulgantur  übria  haec:  dum  se  cuHOti  ab  his  creäU^  sed  Π 
credat  acriptura  Parisinuß  veri  veatigium  eervare  videtur:  oor- 
ruptum  enim  oonicio  ex  CREPAT  L  c.  alta  voce  praedicat,  Li- 
einum  autem  scripsisse  crcpitat  ut  dictitat,  tum,  ut  olim  voluit 
Ritschelius,  numeri  sie  restituendi:  dum  sc  ab  his  amari  crcpUat 
(diepUcet  euim  quod  paulo  leuias  videri  possit:  dum  st  crepat  ab 
his  amari).  De  verbo  crepandi  cf.  Lucn  II  lUi5  et  Heiadorfius 
ad  Hör*  aat  II  3,  33.  Oontinuantur  haec  optime  rei  eommemo- 
ratione,  quae  pro  amoris  documeutü  iuprimie  apta  videretur  nuga- 

lofi :  Mein  enim  inctat  eo  ertbro  in  Albanum  rapi  (nam  rapit  =^ 


Misoellen. 


315 


rapiiur  quod  eet  in  Pttr  vel  errore  vel  libidine  librarii  ortum). 
lam  eeqQentie  vereua  priue  heraietichium  excidtaee  neoesee  eRt, 
reetant  baec:  ob  florem  aeiatis  suae  quae  profiomen  posseesivum 
prodit  ipsa  quoque  er  Terentii  orc  eumpta  eme,  initlutti  hunc 
quoque  V.  probabile  est  cepiase  a  vocula  <i«m,  cuiue  repetitio 
causa  damni  fEerit,  cetera  recuperari  nullo  modo  poesunt,  tiisi 
qood  transitus  ad  Roquentia  commode  eic  parari  videtuFt  ut 
inanie  epes  eignificetiir^  e.  c>  dum  se  atiolli  ad  eadum  sperat.  at- 
que  in  hie  ipeis  ai  qiiia  velit  lEdibnum  aucupetur,  de  Ganymede 
80.  oogitanR. 

SequitQT  V,  6  talie  in  Parieino;  posi  βχώΐαϋε  rebus  €ki  sum- 
fHom  inopiam  redactus  est;  ceteri  omiaso  post  ante  stihlafis  aut 
ip$us  aut  ipsis  ponunt,  sententiam  verbsimö  adsecutas  est  Ritsche* 
Ιίαβ,  mni  qnod  paulo  Tiolentiiis  verba  traneposuiBee  yidptur:  suis 
posüatis  rebus,  ac  suis  qaidem  ktere  apertura  est  in  altera  eyl- 
laba  Bcripturae  tpsiis  vei  ipsis,  atque  ipsa  quae  praecedii  ρ  lit- 
tera  nil  niei  praepaeitionis  post  compendio  acriptae  (p*J  reliquiae, 
quibuB  oblitteratie  praemieea  temere  %Ocalis  i,  üi  aliqna  vox  fieret. 
ergo  alteriuB  librortim  claBBis  auctoritate  ßrmatum  vereue  initinm 
post  suis  latis  per  tmesin  praepoeitiotie  a  verbo  öcparata. 

Tum  quod  abiisae  traditur  Graeciam  in  (vel  in  Graeciam) 
terram  uliimam,  Graeciam  quidem  ipaam  a  Romano  homine  ulti- 
mam  terram  dici  prope  ridiutilum  poaeet  videri,  uiei  ex  bbu, 
quem  inluetravit  Nipperdeiue  in  Corn*  Nepote  apicil.  crit.  p.  35  eq,, 
intellegi  liceret  partem  Graeciae  ultimam.  nam  langiesimo  diacri- 
iniDe  diatare  urbem  cultisaimam  et  potentisBiinam  a  neecio  qdo 
terranim  angulo  aignißcare  voluit  Lioinua  parum  curanit  ille  qui* 
dem  ipeum  Äroadiae  aitum.  et  nullo  modü  carere  poeeumua  pro- 
pter  sequentia  loci  illina  ubi  mortuue  eit  Terentiue  indicationem: 
mortuus  StympIiaUst  Ärcadiae  opptdo,  quamquam  verum  est  nee 
vereum  nee  mentem  scriptoria  nuda  iata  notitia  expleri.  deeide* 
ratur  nimirum  oppidi  üHua  reraoli  epitbeton  aliquod^  qoo  tristie 
poctae  80 ΓΒ  inluatretur,  velut  obscurissimo  vel  trist issimo  vel  pau- 
perrimo^  nee  quaerere  atttnet^  quo  iure  faetoa  Romanus  ignotam 
civibua  atationem  deapexerit.  eic  demum  recte  procedit  qaod  in 
miaeria  defuncto  familiari  ttil  profaisee  narrantur  nobiles  omni 
vitae  iucunditate  fruentea. 

L.  0.  R. 


Zu  la  lein  ist;  heu  Dichtern. 

(Forts.) 

4,   Zum  Florilegiam  des  Micod. 

Die  auf  einem  älteren  langobardiBchen  Florileg  beruhenden 
Excerpte  dea  Micon  von  St.  Riquier  nehmen  wegen  de»  Altere 
und  dea  Umfang«  der  Sammlung  eine  hervorragende  Stellung  in 
der  Florilegienliteratur  ein.  Die  vortreffliche  Ausgabe  von 
Traube  (Poet  lat.  aevi.  Carol.  Ut  279  ff.)  hat  der  Wissefifirbaft 
diete  Hatnntlung  zuerst  näher  gefUlirt^    und  es  dtlrfte  angebraobt 


»β 


MiloelleQ. 


ReiDj  einiges  ifiterettnante  au»  dem   Florileg  hier  vorzulegen«    w«i 
für  die  Texlgearhichte  tler  röniit^clien   Tüeeie  in  Betracht  kommt. 

Zunächst  die  wciiigeo  Verse,  welche  Micon  aae  den  Ge• 
dichten  der  Anthologie  hietet.  Hier  eiiitl  die  Autornameo  durch- 
auR  verwirrt,  wie  ja  auch  eonet  in  der  Ueberlieferung  jener  Ge- 
tlitihle.  Vs,  227  giebt  unter  der  Aufechrift  '  Ovidiue  et  VirgiUtte* 
Yitaiie  de  lib.  et  vino  10  (Baehrene  P.  L.  M.  l\\  150,  N.  140) 
mit  den  LeeRrten  Ad  laphito«  und  iacbe.  251  wt  Carm.  de 
mensibuB  (P.  L.  M,  I,  209)  42  (MemfidiR  antiqne),  280  C  de 
mene.  Ιβ  (rediit  paphiae) ;  der  erste  Vers  entbehrt  der  näheren 
Bezeichnung,  beim  zweiten  findet  »ich  'Ovidius  .  3ii  let  C&rm. 
de  diehuB  (Baehr.  P.  L.  M.  V,  3Γ»2.  Ν,  5)  2;  derselbe  Vera 
Endet  eich  in  den  £xempla  dircr»,  auct.  52  (ed,  Keil,  ind.  lect, 
aeet.  iUL  1872  p.  Villi.  Ferner  ritirt  Micon  Va.  356  Anihol 
lat.  (Riese)  181,  3  (obscurie  coepit)  =  Baehr.  P.  L.  M.  IV, 
315,  N*  301;  der  Vera  auch  in  den  Exempla  Uiv.  auct.  58 
(Catus). 

Interessant  IbI  dann,  in  wie  auBgiebiger  Weifte  eine  groKee 
Sammlung  chrietlicher  Gedichte  durch  da«  Florileg  benutzt  wird, 
die  im  Anfang  des  9.  Jahrhunderts  vielleicht  in  Lorsch  entftiand 
und  eich  an  die  Proeaechriften  der  Kirchenväter  über  den  Hepta- 
leuch  anlehnte  (cf.  Cyprianus  Gallus  ed.  Peiper  p.  Jll  sq.  und 
X  sqq.).  Auch  der  Verfasser  der  Exenipla  div.  auctoruin  hatte 
vier  Verse  (190  f.  195  f.  =  Jee.  Nav.  404.  Exod.  1099.  Num, 
357.  Ex  od.  286)  aus  Cypnariöii  GalluB  gebracht,  von  denen  eich 
nur  einer  (Ex,  1099)  bei  Micon  nicht  findet.  Ich  glaube  übrigena 
dem  Cyprian  noch  einige  Verse  aus  den  Exempla  xuwe»en  xti 
können»  201  f.  heisst  es: 

Pyramidasque  oasae  vicinum  attingere  caelum. 
Et  inauBoleuui  miaerae  solatia  tnorti. 

Diese  Verse  haben  wohl  neben  einander  gestanden  and 
könnten  aus  GenesiR  oder  Exodus  Btamnien,  da  es  sich  unzweifel- 
haft um  Aegypten  handelt.  Endlich  könnte  auch  Ve.  197  '  Clan* 
destina  viro  dum  narrat  proelia  coniux  aus  Cyprian  stammen, 
da  die  Ausdrucks  weise  ganz  eeinem  gedrungenen  Stil  entepricht. 
Wahrscheinlich  hat  auch  Micon  diesen  Vers  Bchon  vor  Au^n 
gehabt,  denn  den  Vers  63  (Significant  elend estmös  caecoeque 
ftubesse)  leitet  er  mit  Clandcstiw«  ein,  Micon  bringt  nun  aus 
diesem  Corpus  chri etlicher  Dichter  Vb.  202  Carm.  de  Sodoma  72 
unter  dem  Namen  Virgilius,  während  er  207  Hilarii  in  genee. 
62  (Instigat)  mit  der  Benennung  Alchimus  anführt.  Vielleicht 
gehörte  zu  dieeem  Corpuß  auch  das  Gedicht  de  Phoenice,  aus 
dem  Micon  164  Vs.  6Cy  (FeniciB.  vetuB  wie  Leid.  Voss.  Q,  33 
B.  X)  unter  df^r  BeKeichnung  Fortunatue  anführt. 

Die  Hauptmasse  von  Micons  Ci taten  etammt  aus  der  alten 
römischen  Poesie  und  hier  etellen  sich  die  angeführten  Veree 
wegen  des  Ältere  der  Ueberlieferung  unmittelbar  neben  die 
Handeehriften, 

Arnte/Ί  des  Cieero  und  des  Germanicus.  Die  Aratea  Ciceroe 
waren  tar    Zeh  Micons    mehrfach  im  Frankenreiche    vorhandeD. 


Miieelleü. 


317 


epiet  69  an    Aiiebald 


Prüm  die 


da  Lupus  von  Ferneres 

Bitte  richtet,  ibm  die  Primer  Handsclirift  von  'Tulliua  in  Arato' 
zu  übersenden,  da  er  sie  nacb  einer  vcfllstäiidigen  Handeeltrift, 
die  er  bald  zn  erlangen  hoffe,  ergänzen  werde.  Die  Exempla 
bieten  keinen  Vers  aua  jenen  Gedieh ten^  dagegen  hat  Mieone 
Florileg  beide  benutzt.  Im  grossen  Fieichenauer  Catalog  (Beukeri 
calalt  bib].  ant.  6^  350)  von  821  wird  aufgeführt  Arati  de  aetro- 
logia  Lib,  I,  und  in  einem  etwae  späteren  Yerzeicbnisee  des- 
eelben  Klosters  (c.  840)  beiest  es  (B.  ΙΟ,  2)  et  über  astrologiae 
Arati;  diese  beiden  Aufschriften  gelten  höchst  wahrscheinlich 
dem  Gedichte  des  Germanicue  ^,  von  dem  eich  noch  drei  Hand- 
schriften aus  karolingischer  Zeit  erhalten  haben.  Micon  118 
Cic.  Arat.  92  (hand,  lustratus  wie  Harlei.  G47).  123  Α  rat.  5  (Au- 
dromede).  183  Arat.  145  (heridanum).  412  Arat  317  (greci).  Allen 
vier  Stellen  ist  'Cicero  beigesohrieben^  nur  123  bietet '  Cicero  in 
pronoeticifi  ,  während  Dresd,  D*'.  183  ^  'incipiunt  versi  Cice- 
rcnis  de  signis  primitus  de  ariete\  der  Harleianua  U^iceronis  de 
aetronomia  bieten,  —  Mic.  124  German»  Arat  239*  303  Germ. 
332  (pernicie).  Das  erste  Citat  gieht  Micon  unter  'Aratua*,  das 
«weite  unter  '  Cesar  in  Aratum*. 

läucmms.  Aus  karolingischer  Zeit  sind  vier  Aufechriften 
VOD  Lucan  in  ßibliothekecatalogen  erhalten  ^  (s.  Rhein.  Miia,  47 
Suppl.  S.  54  C),  doch  die  auf  uns  gekommenen  Handecbriften 
stammen  erst  aus  dem  lÖ.  Jahrhundert  Hicon  giebt  folgende 
Verse:  Mic.  8  III,  47L  34  I,  166  accersitur  cum  Montepens.) 
35  IV,  793  (Africanos).  86  VII,  503.  94  VIII,  181  (siriae  pon- 
tue  tendit),  103  IV,  780.  113  IX,  25C  (Ergo-voto).  14S  III,  424. 
Iii3  III,  220  (Fenicee  primi  magni  si).  175  IX,  047.  1Θ1  X, 
117  (onii.  mareothica).  214  V,  2  (Inraacetum).  247  VIII,  094. 
249  X,  209  (tyrannis).  268  VII,  176  (osaea.  boetida),  302  V, 
72.     362  VI,  7Γ,3.     408  Π,  425.     409  IV,  134. 

MarUalis.  Aus  karolingischen  Bibliotheken  werden  zwei 
Aufschriften  Martials  (iberliefert,  von  denen  die  eine  (Becker 
20,  7)  den  merkwürdigen  Wortlaut  hat  ^  Valeri  Martialie  epi• 
grammatum  libri  Villi  ad  Valerium  *  et  Tullum'.  Auch  zwei 
Handschriften  sind  aus  jener  Zeit  erhalten.  In  Micons  F  Ion  leg 
i?ird  Martial  in  aehr  ausgedehntem  Maasse  verwerthet 

Mic.  25  XI  102,  7.  46  XIV,  190,  2.  47  XIV,  194,  2. 
CO  IV,  64,  21  (nauti  cum).  61  IX,  59,  13  (frai  questue  cri- 
stallina).  65  VI,  85,  3  (levo).  90  V,  38,  1  (ψχΐ).  KM)  IV, 
52,  2,  115  (Ovidius)  IV,  7,  5  (here  qui  nuper  hiüe).  IfrO  VIII, 


*  So  auch  Micon  Vs.  124  'Aralua*. 

^  Die  Collation  von  Baehrena  P,  L.  M.  I  7  ff.  ist  nicht  immer 
genau.     Ich  werde  demriächBt  eine  neue  Vergleichung  geben* 

^  Auch  sie  ül>erlief6rn  meiet,  wie  die  liaudftchriften,  hellum  civile 
oder  einen  ähnlichen  Titel.  —  Die  Collation  ist  nach  der  Angabe  von 
Hoaiufi  g€! macht 

*  Aehnlich  aus  Neumütiater  bei  Würzburg  *  Mardalis  acribens 
Valerie•,  vgl  Bd.  47,  Suppl  8.03. 


Μβ 


Minselleii. 


33,  23  ^;fiala.  committere  »).  173  (Javenalie)  Vm  50,  l  (tri- 
umpbi).  176  IX,  94,  2  (Hos  homiuee  mubit  lo.  r.  Hipoermtos). 
184  X,  4,  6  (Edit  a  matrices  ermafroditus  a.).  196  I.  31  3 
(tulerit  meriti.  prcmia).  200  V,  34,  7  (Interim  v.  laadat).  222 
VIII,  12,  1  (quaerie.  noU),  231  XIV,  194,  1  (mittil).  234  IX, 
59,  U  (Myrrina.  diem).  241  I,  9Γ,,  7  (Ametbislinae  qua«)*  244 
Xni,  110,  1.  260  XIII,  97,  l  (mater).  290  Ϊ,  68,  3.  296 
vm,  38,  5.  2^9  IX,  28,  Π  (phebi).  322  IV,  59,  1.  339  VI, 
77,  4  (eaxonue)*  343  X,  55,  7.  377  X,  99,  1  (foret  fuiMct), 
387  IV»  19,  5.  390  III,  63,  U  (cotlile  bonue).  403  II,  6,  11. 
404  VI,  37,  1.     405  VI,  37,  3, 

Stftiius.  Von  Statiui  finden  eich  drei  Aufacbriften  in  k«• 
lingiecbeD  BibHotbeken,  während  eicb  keine  Handschrift  ase 
dieser  Zeit  erbalten  bat^  nur  ein  Fragment  aus  der  Tbebaia  ii 
Worcester,  Anführungen  aus  dem  Dichter  sind  bei  Micon  ver< 
bältnisemässig  selten  und  auch  hier  fehlen  die  Silven,  wie  iibermlK 

Micon  5  AcbilL  I  223.  53  Tbeb,  VI,  19.  217  TheU,  II. 
377  (ydra),  218  Theb.  IV,  98  (letisque).  239  Tbeb  XI,  27 
(masaila).  3B9  ib.  I,  305  (ceiias).  370  ib.  VIII,  346  (citheroii), 
271  ib.  XI,  247  (At  gemit).  275  Acbill.  II,  131  (ρβοΜβ)•  3» 
Theb.  IV,  671.  331  ib.  IV,  :»0  (Quid  repani  scopolo•  et  olivi 
fere  Sicamis).     853  Achill.  II,    133  f.   (Sauromatas  —  tfmderet)* 

Sereuus  {Sammmücus),  Mit  dem  medtciniscbeo  Gedicht  am 
Q.  Sexenus  hat  man  sich  in  der  karolingiscben  Zeit  eifrig  b^ 
achlftigt,  cf.  Baebrens  P.  L.  M.  III,  103.  In  Eiquier  telbtl 
bcsaia  man  831  eine  Uandschrift^  wie  der  grosse  Catalog  dce 
h.  Richarius  ausweist;  jedenfalls  ist  sie  von  Micon  benutzt  worden, 

Micon  99  gen  834  (Manavit).  106  Ser.  1101  (concbili  •. 
tritam).  144  Ser.  617  (Diptam  nnm).  155  Ser.  89.  167  8er« 
β7  (freneais).  232  Ser.  10Θ8  (lapati  eomalaüor).  235  Her.  9Μ 
(gtistns  sapor*).  269  Ser.  383  (Vulttiri•  atqae.  aperte).  3M 
8er.  117  (rafani).     357  Ser.  54  (pregnaot). 

Arianus.  Auch  mit  diesem  Dichter  bat  man  aicli  i&  der 
karolingiscben  Zeit  eifrig  beschäftigt,  wie  fünf  Aufaebrifleft  in 
alten  Katalogen  erweisen,  und  in  S.  Eiqaier  selbst  benuM  nna 
831  ein  £xemplar.  Uebrigene  dürfte  ans  einigen  alten  Anfecbriftcn 
in  franxösiscben  Bibliotheken  benrorgehen  (Nevers  s.  IX,  Flftnrj 
a.  X  und  β.  X — XI),  daas  man  in  jener  früheren  Zeit  'ATianna* 
fUr  den  richtigen  Namen  hielt;  für  die  Form  Arianias,  die  um 
Veneben  entstanden  sein  kann,  spricht  nur  der  Katalog  τοο  S. 
Ojran  β.  XI  (Avigenü  Über  faboiamm)  nnd  von  BamersleTen  a. 
Xlll  (Avinium),  So  überliefert  auch  Micon  Vs.  78  und  172 
*Avienus\  zugleich  ein  Beweis  dafür,  das«  man  schon  im  9.  Jmlir• 
hundert  den  Fabeldichter  mit  dem  £piker  Avienns  Terwechaelte, 


i  Wahrscheinlich  aus  diesem  Verse  nnd  Vs.  4il  bat  Lupus  r.  Ter* 
rik^  seine  Keuntiii^s  >Urtials  g«adiS|^  <ep.  20).  Aucb  er  übeHMerl 
m  Vni  33,  ^3  οοηιηιϋΐ«?^^'  wii•  Micon, 

^  Dieser  Ver»  steht  auch  in  am  Kxempla  dir.  aaci.  37  (gnete 
•aper). 


Miecelleo. 


319 


wie  auch    Jiti  Hen<lsclirift  von  St,  Riqtiier  und  die  des  Eulogius 
V.  Cordova  erweist,    irh  glaube    diih^r,   dass    man  auch  bei  dem 

hKatalüg  von  Lorsch  nur  m\  Avian  und    nicht  an  Avien  (metTum 
Avieni)  za  denken  hat. 
Micon    78  Ävian.    29,   15  (lieo),    83  Äv.  31,  15  (affata  ci- 
eada).  172  Av.  5,5  (getu]i). 

Liceniius,  Daa  von  AuguHtin.  ep.  39  aufhewalirte  Geilicbt 
dee  Licentius  iat  auch  aus  jenem  Briefe  losgelüst  erhalten  worden, 
wie  der  Katalog  van  Bohio  beweist  (Becker  32,  400)  *  liber  I 
verauiim  Li  conti  i  ad  S,  Anguadnum**  Micon  55  Licent.  57  (zeß- 
rum)*  312  Lic,  71  (roinolidum.  tecti). 
^_  Cafonis  Dißtirha.     Fünf  Aufschriften   des  Werke«  aus  kam- 

^H  lingiechen  Bibliotheken  haben  fiich  erhalten,  allerdinge  keine  &uh 
^^   Frankreich.     Und    die    gleiche  Anzahl    Handschriften    aue   jener 
Zeit  findet  sieh  noch,  ein  Beweis  für  die  frühe  Verbreitung  und 
das  hohe  Äneehen    der  Hpruchsaramlung.     Nur    einen  Vera  fiilirt 
Micon  an,  159  Diät.  I,  18,  2. 

Mmiianus  Capeila.  Auch  aus  dieBem  Schulhuche  bringt 
Micon  einige  Verse.  96  Mart  VIIT,  808,  8.  U5  Mart.  IX,  888,  19 
(Martianua  in  libro  VIII  de  astronomia  sagt  Micon).  405  Mnrt. 
V,  56β,  3  (fascea).  Die  Kxempla  div,  auct  fllhren  ebenfalls 
einige  Verse  aus  Martian  an,  218  Mart.  II,  191  {Eyseenh.)  p. 
^  48,  28.  219  Mart.  VI,  569  p.  194,  16  (rogat). 
^P  Carmen  de  pondm-ibus  ei  tnenmiris.     Dieses  Gedicht,  das  in 

'  alten  Katalogen  erst  saec,  XI  auftritt,  ist  von  Micon  an  zwei 
Stellen  benutzt  worden.  Vs.  58  Carm.  73  (A  ootile  ciato«.  recep- 
tant).  141   Üarm.  68*  Den  letzten  Vere  citiren  auch  die  Exenipla 

idiv.  auct.  als  187,  wo  auch  Vs.  188  =s  Cann*  80  (cyatue.  quota 
uncia)  steht  Micon  eetzt  zn  58  den  Autor  ^Favin ins \  znm 
«weiten  Verse  '  Flavianu8\  wodurch  die  Verfaeaerachaft  einea 
'  Reraius  Flavian^ie'  an  Wahrscheinlichkeit  gewinnt,  a.  Tealfel• 
Schwabe  ^  g  451,  2. 
Eufinus  Antiochensis.  Miccm  376  *Et  vitam  inaignem  lau- 
damuR  Socratis  arte*  stammt  ans  dem  Commentar  des  Rufinus  in 
nietra  TerenUana  {-=  Keil  0,  L.  VI,  567,  4),  Micon  eetit  dazu 
*  Ruiinus  V.  c/ 

Von  den  kleinen  Gedichten   VerßUs  iet  Moretiim  und  Copa 
benutzt,   Micon  116  Mor.  4S.    Mic.  168  Copa  17  (iuncea  fiscina), 

Ρ  and  zwar  unter  Vergila  Namen. 
Von  ehriatlichen  Dichtern  fasse  ich  die  folgenden  znaammen. 
Juvencus  wird  nur  einmal  angführt,  3.55  Evang.  ΠΙ,  376  (posset 
perstare  sinapi}»  unter  dem  Namen  'Jovencus'.  Sedidins  bietet 
einige  Citate;  Mic>  97  Pasch.  Carm*  I,  14.  104  P.  C.  IV,  31 
(Praeter  ea).  119  P.  CHI,  57.  254  P,  C.  I,  22.  348  P.C.  Ill^ 
184.  Von  Amior  citirt  Micon  28  I,  472.  29  11  197  (ablutus). 
328  I  517,  Die  Exempla  gehen  aus  Arator  Vs.  02  IL  32*1. 
177  I,  932.  Alclmus  Avittis  war  in  der  vorerwähnten  Sammlung 
ehristlicher  Dichter  vorhanden.  Micon  71  Aviti  C*  V,  806 
iöocetj.  136  IV,  240  (Machia).  14n  I,  295  (papiroa).  195  IV, 
262  (Nee.   reatura).     Drei    Verse    bringt    Micon   aus   ApoHinaris 


330 


MimUeD. 


SiduHim;  57  Sidoo.  C.  XVJ,  β.  64  C.  XVI,  56  (eyfogrmlon  et 
Ulod).  ^05  C.  XYI,  123.  Auch  nur  wenige  Vene  bietet  iVofper; 
Mic.  264  Proap>  Epigr.  XVII,  G,  317  LXVII,  5  (geuere).  S32 
XVIII,  3.  380  Proep.  ad  uxor,  74.  401  Epigr.  VIII.  6.  FuuUmi» 
I^rieordiae  tdtt  im  Mittelalter  nur  gans  vereinzelt  herror.  Der 
Larecher  Katalog  aus  karolingischer  Zeit  erwähnt  ihn  und  unsere 
gesammte  Ueberlleferung  gebt  nur  auf  dteee  Zeit  snrück.  Micoo 
verwendet  zwei  Veree;  lU  Paul,  lll,  77  (Ora)  asd  383  VI, 
365  (nnmerofia  pu|iibue)*  Beide  finden  eieh  auch  in  den  Kxempls 
(Vi.  1  and  30),  wo  auBeerdem  noch  Ve.  3  III,  d5  (aulea)  ond 
41  V,  676  (corpore)  angeführt  werden, 

Dresden.  IT.  MaailitiB. 


Der  Vtraane  dei  Rlieter«  Seaeea. 

Data  der  Vater  des  Pbiloeophen  3f.  Annaena  Seneoa  giP" 
heiasen  habe,  war  w illk üb r liehe  Annahme;  aber  auch  dem  L. 
Aunaeue  Seneca  der  besten  Handacbriften  traut  man  nicht  recht, 
weil  die•  auf  Verwechelung  mit  dem  Sohne  zurückgehen  könnte. 
Nun  beaprioht  Quintiliaii  10,  1,  125  den  Philosophen  auafiihrUoh• 
indem  er  ihn  schlechtweg  Seneca  nennt,  wie  ähnlich  den  Ballast» 
den  Messala,  den  Calvus,  den  Caelius,  den  Plantus,  den  Ovid 
u.  a.  w.,  während  er  §  101,  114  aasnahmsweiae  von  T.  Livins 
und  C.  Caesar  spricht,  doch  wohl,  weil  man  den  Historiker  Li- 
Tius  so  von  dem  Dichter  nnterschied  und  den  Dictator  von  an* 
dem  Caesaree.  Wird  aber  Varro  Atacinns  von  Priac.  10^  3  als 
P.  Varro  citirt,  im  Gegensatz  zu  dem  Reatiner  Marcos,  so  hätte 
man  erwarten  dürfen,  dass  Quintilian  den  Philosophen  als  L.  Be* 
neca  eingeführt  hätte,  wenn  wirklich  der  Vorname  des  Vaters  Marcus 
gewesen  wäre.  Da  er  dies  nicht  that,  so  ist  umgekehrt  axixn- 
nebmen,  daen  derselbe  gleicbfnUs  Lucius  hiess  und  das  Prinoinen 
somit  zur  näheren  Bezeichnung  der  Person  nicbta  nützen  konnte. 

München.  *  E.  Wulff lin. 


Yaraatwortlioher  Redactenr:  Hermann  Rau  in  Bonn. 
(12.  April  16%) 


ÜolftnUtAta-Biiobdniolwrel  τοα  Oul  ^eor^t  In  fioaa* 


Ävieiie  ora  maritima. 


ρ 
ρ 


Der  rümiaclie  Dichter  and  Staatemann  Rufiue  Feetue  Avieniie, 
einer  vornehmen  und  um  die  vaterländische  Litteratnr  hochver- 
dienten heidniechen  Familie  zugehörig,  unternahm  es  Mitte  des 
vierten  Jahrhunderts  durch  Uehereetzimgen  und  Bearbeitungen 
clasBificher  Werke  der  beidni sehen  Litteratnr,  welche,  wie  ditj 
Vorrede  der  ora  maritima  vermuthen  lässt,  baupteächlich  fiir  die 
Jugend  und  den  Unterricht  bestimmt  waren,  den  Kampf  der  ari- 
stokratieoben,  am  alten  Glauben  festhaltenden  Kreise  Homa  gegen 
das  Chrietenthnm  zu  nnterstttzen.  Er  übersetzte  zu  diesem 
Zweck  das  fromme  Gedicht  des  Äratus  über  den  Himmel  und 
seine  Wunder  und  die  Erdbeecbreibung  des  Dionyaius  in  dem 
Tersmaaase  der  Urschrift :  der  Periegese  hielt  er  für  angemeseen 
nooh  einen  Periplus  zuzufügen,  von  dem  uns  der  Anfang,  etwas 
über  700  Yeree  umfassend,  erbalten  ist.  Ausserdem  stellte  er 
die  zum  Veretändniss  der  Gedichte  de»  grossen  Vergilius  notb* 
wendigen  ιστορίαι  zusammen  und  verfertigte  eine  Epitome  au« 
der  vaterländischen  Geschichte  des  Livius  (Avieni  carmina  ed. 
Holder  p.  175):  die  drei  letztgenannten  Werke  waren  im  jam- 
biechen  Senar  abgefasst.  Mit  mehr  Recht  hätten  auf  einer  Ge- 
eammtausgabe  dieser  seiner  Werke  die  Worte  als  Aufschrift  ste- 
hen können,  die  Photius  (bybL  cod.  186  p.  142)  in  seiner  Hand- 
echrift  der  Apollodoreischen  Bibliothek  vorgesetzt  fand:  αΙώνος 
πείρημα  άφυσσάμενος  άτι'  έμεϊο  παώ^ίης  μύθους  γνώθι  παλαι- 
γ€νέας  .  *  .  είς  έμέ  6'  άθρών  ευρήσεις  έν  έμοι  πάνθ*  Öaa  κόσ- 
μος ?χ€1•  Himmel,  Erde,  das  Meer,  welches  die  Länder  Europas 
bespült,  die  Heldensage  der  Väter  und  ihre  Geschichte  sollte  das 
Geeammtwerk,  dem  doch  wohl  ein  wohldurchdachter  Plan  £u 
Grunde  lag,  uni fassen.  Es  waren  die  fünf  Abtheilungen  in  der 
Gesammtausgabe  wohl  in  der  Reibenfolge,  in  der  sie  soeben  auf- 
gestuhlt sind  und  in  der  sie  auch  wobl  abgefaest  sind,  von  dem 
Verfaseer    aneinandergereilit :    die    ora  maritima  ist  aioher  nach 

ftHtU.  Hut,  r.  FhüoL  K.  F.  L.  21 


m 


Mftrx 


der  deecriptio  orbie  terrae  abgefasst  und  sollte  gleichaam  als  Er* 
gäntung  derselben  dienen  (or.  mar.  71),  die  UeberliefemDg  bietet 
die  drei  erfltgenannten  Schriften,    besieh ungs weise  den  Arat  und 
Bionyaitie  dnrchane    in  dieser  Reihenfolge,    die    demnach    wahr^ 
Bcheinlicb  aücb  die   cbronologieche  Reihenfolge  ist.     Der  Arche* 
tjpaSf  aus  dem  die  der  editio  princeps  zn  Grnnd  gelegte,    beute 
verlorene  Handschrift,    die   wichtigste   Quelle   unserer   Kencttiiit 
der  ora  maritima^  entstammt,  war  am  Sehluss  verstümmelt:  ver- 
loren ist  der  grössere  Tbeil  der  ora  maritima  und  mit  ihm  viel* 
leicht  zusammenhängend    noch  andere  Schriften   des  Avien,    vor- 
nehmlich  die  beiden  oben   genannten,    welche   das  gleiche  Vera- 
maass   wie   die    ora  maritima  aufwiesen.     Wir  erhalten  von   du 
Schriftstellerei  des  Avien  durchaus  den  Eindrnck»  dass  eich  die- 
aelhe  im   wesentlichen   anf   Uehersetzung    griechischer    und    me* 
trische    Bearbeitung    vorhandener    lateinischer    SohriftsteUer    be- 
tohr&nkt    hat      Bie    Himmelsbeschreibung    des    Arat    übersetzte 
Avien  mitaammt  den  gelehrten  Scholien  seiner  Handsehiift^  wenn 
anders  ihm  dieselben  nüUlich  und  geeignet  erschienen,   die   £rd- 
baaohreibung  des  Dionjsios,    die  ihm   vorlag»    war    mit    eolcheo 
erklirenden  Anmerkungen    gar    nicht    oder    nur   spärlich    auage* 
stattetf  was  einerseits  zur  Folge  hatte,  daee  Aviens  Uehersetzung 
derartige  erklärende  Einlagen,    wie  sie  die  Aratea  aufweiseu*    in 
weit   geringerem  Maas  β  e  enthält,    andre  rseita,    dass    dem   Uebef^ 
setzer  gröbere  Missverständnisse  mit  unterlaufen  sind  wie  im  Arat 
Bei   weitem  das  wichtigste  Stück  seines  Nachlaasee  ist  das 
Bruchatück»  welches  in  der  editio  pnncepa  die  Ueberachrift  tragl: 
orae    maritimae   liber   primns.     Das  Verdienst,    dieses  Fragment 
zum    erstenmale    einer    eingehenden    und    gelehrten    Beha&dluc^ 
unterzogen  zu  haben,  gebührt  Wilhelm  Chriat  (Abhandlungen  der 
K.  Bajr.  Akad.  d.  W.  Philos.  Philol.  Kl  XI  1  (1868)  p.  llö  ff.), 
der  bei  der  Erörterung  der  Üueltenfrage   mit  Recht  auf  Fjtheaa 
und  Eratosthenes  hingewiesen  hat,   ein  Fingerteig,  dem   wir  för 
einen  Theil  des  Werkes  Folge  leisten  werden.     Zu  den  in  Teuf- 
fel-Schwabea   Geschichte   d.  r.  L.  §  420,  4    genannten    Arbeiten 
von  Müllenhoff,   C.  Müller,   6.  F.  Usger,  A.  Sonny  und  v.  Gut* 
aehmid   eiud    neuerdings    hinzugekommen    die  Abhandlungen    von 
F.  Atenstaedt   de  Heoataei  Milesii   fragmentis  Lipsiae   1891    und 
von  Kirner  stndi  storioi  II  p.  465  ff.     Karten  cur  ora  maritima 
bieten  Christ   a,  a.  0.;    MüUenhoff,    Deutsche    Alterthamskunde, 
Band  I   und    W.  Sieglin    im    von   Sprunerschen  Handatlaa  Tafel 
34,  1,     Ohne  auf  Einzelfragen  der  Topographie  und  Geographie, 


Aviema  or«  maritimlk. 


^n 


die  für  die  hier  folgend©  Behandhing  der  Frage  weniger  von  Be- 
lang eind,  näher  einzugehen,  soll  vereucht  werden  auf  einem  von 
den  bisher  eingeschlagenen  etwas  verschiedenen  Wege  vorerst 
die  Composition  der  griechischen  Vorlage  der  ora  maritima,  dann 
die  Zeit  der  einzelnen  Stücke  f es tza stellen. 

Wenn  die  lediglich  aus  der  handechriftlichen  Ueberlieferung, 
der  Betrachtung  des  Inhalte  und  ans  Erwägungen  allgemeiner 
Alt  oben  festgestellte  chronologische  Reihenfolge  der  Werke  des 
Avien  glaubwürdig  ersclieint,  so  erläutert  uns  die  ora  maritima 
in  ansprechender  Weise  den  Uebergang  von  der  ersten  Periode 
der  Schriftetellerei  des  Ävien,  welche  in  der  Üebersetzung  der 
Griechen  Aratos  und  DionysiuG  in  Hexametern  bestand,  zu  der 
d&ranf  folgenden  Periode  der  üebertragnng  der  Sagen  des  Yer- 
gilius  und  der  Geschichten  des  Livius  in  jambische  Senare.  Durch 
die  Bearbeitung  der  ora  maritima  wurde  Avien  zur  dichterischen 
Bearbeitung  eines  römischen  Klassikers,  des  Sallustiusi  welche 
den  letzten  Theil  dieser  Arbeit  bildete,  hingedrängt:  er  mochte 
Gefallen  finden  an  dieser  Art  der  Popularisirung  lateinisoher 
Ijitteratur  und  deshalb  dem  Sallustius  in  Jamben  bald  die  Ver- 
^iliana  und  den  Livius  in  demselben  Maasee  folgen  lassen,  Ftlr 
die  Beurtheilung  der  Entetehung  und  des  Vorbildes  der  ora  ma- 
ritima ist,  wie  wir  sehen  werden,  diese  Erwägung  von  einiger 
Bedeutung. 

Die  Küstenbeschreibung  des  Avien  war  ein  überaus  wun* 
derliches  Werk,  ein  Erzeugniss  compilierender  Stubengelehrsam- 
keit, das  die  Zeitgenossen  des  Dichters  gewiss  nur  mit  Kopf- 
schütteln  gelesen  haben,  Vorausschicken  will  ich,  dass  ich  zu 
denen  gehöre,  die  mit  der  ueberlieferung  des  Altert  bums  die 
Zinninseln  V*  96  für  Inneln  nördlich  der  Bretagne  halten  und 
die  in  der  insula  Albiouum  V.  112  England,  in  der  gens  Bier- 
norum  die  Einwohner  von  Irland  sehen.  Ueber  den  Inhalt  und 
die  Ausdehnung  des  Werkes  kann  kaum  ein  Zweifel  vorwalten, 
da  das  erhaltene  sowohl  wie  die  Vorrede  hierüber  Aufschluss 
giebt.  Die  Beschreihuag  beginnt  mit  Britannien,  geht  der  West- 
küste von  Frankreich  und  dann  der  Küste  Bpaniens  entlang,  es 
folgt  die  Südküste  Frankreichs:  mit  der  Beschreibung  Massilias 
bricht  das  erhaltene  Bruchstück  ak  £e  kann  indessen  über  den 
Inhalt  des  verlorenen  Theils  eine  Meinungsverschiedenheit  kaum 
bestehen.  Avien  hat  der  Beschreibung  der  Südküste  Frankreichs 
die  Küstenbeeohreibung  der  Halbinsel  Italien  und  der  Balkan- 
halbinsel   folgen   lassen:    den  Abechluss  des  Ganzen   bildete   die 


m 


Marx 


BeeobreibuQg  der  Kneten  des  Pontus  Euxinai  n&ch  dem  k\m 
ZetigfiiftB  V.  $8:  laborie  antem  terminus  nostri  hie  erit  Scythicnm 
ttt  profufidiim  et  aeqoor  £uxini  sali  .  .  .  edieeerantor.  Die« 
letzte  Kapitel  war  lediglich  die  metrische  ßearbeitatig  eines  der  vii 
geleeenen  Excerpte  aus  Sallasts  Hietorieii^  wie  ete  im  AUertbnm 
in  graseer  Anzahl  im  Umlauf  waren,  in  jambiBchen  Senaren.  Du 
£xcerpt  stammte  aus  dem  dritten  Buch  der  üistorien  (ed,  Manrtfl' 
brecher  p.  4^  134)  und  führte  den  Titel  de  eitu  Ponti.  Zwar 
paeate  die  Anlage  der  Salluetiechen  Abhandlung  eoblecht  zu  der 
Küetenbeechreibung,  die  Avien  ihr  varaueschickte  und  die  sieh 
lediglicb  auf  Europa  bezogt  indem  Sallust,  wie  Fragment  70 
Maurenbr,  erweiet,  mit  der  Beschreibung  der  aeiatiBchen  Seite, 
der  Siidküatti  begann  und  dementsprechend  mit  der  Nordküjti 
auf  der  europäiecben  Seite  geechloesen  haben  mnea.  Ea  erach^ist 
wabrecheinlicber,  daee  Avien  dem  Salluet  in  der  Richtung  der 
Fahrt  folgte,  ab  dasB  er  etwa  Beb  Vorbild  in  der  Weise  umg^ 
arbeitet  hätte,  dags  er  mit  seiner  metrischen  Bearbeitung  ib 
SohluBS  des  Excerptes  begannen  und  am  Anfang  deaaelben  iif* 
gehört  hätte.  Sicher  umfuBBte  dagegen  seine  griechhohe  Yorliie, 
soweit  er  dieselbe  wiedergiebt,  nur  die  Küste  Europas,  das  Werk 
des  Avien  seihet  von  Asien  nur  die  asiatischen  Küsten  dw 
Schwarzen  Meers:  reliqua  porro  Bcripta  sunt  Nobis  in  illo  pl•• 
nine  uolnmine  (^uod  de  orbis  oris  partibueqne  fecimns  (V.Ht) 
sagt  er  im  Änacblues  au  die  oben  angeführten  Verse  besüglicb 
seinee  terminua   laboris. 

Die  Interpretation  der  erhaltenen  Reste  von  Aviena  Werk 
im  einzelnen  hat  zu  wenig  befriedigenden  und  wenig  übefÄeo* 
genden  Resultaten  geführt:  eine  mehrfach  ausgeaprochene  Ansiebt 
geht  dabin,  daas  die  vielen  Verwirrungen  dadurch  entstanden 
seien,  dass  A\4en  mehrere  Quellen  nebeneinander  benützt  liabe 
nnd  dadurch  der  an  vielen  Stellen  offenkundige  Wirrwarr  ent- 
standen Bei.  Erwägungen  allgemeinerer  Art,  die  sich  auf  ds> 
ganze  Werk  ah  aolchee  beziehen,  führen  vielleicht  an  einer  ^ 
friedigenderen  Losung  des  interessanten  Froh  lerne. 

Die  erste  Frage,  die  wir  zu  beantworten  haben  odur  di* 
wir  wenigstens  stellen  müasen,  ist  die  nach  der  Fassung  dei 
griechischen  Originals  des  grosseren,  ersten  Theils  der  ora  ma- 
ritima. War  die  griechische  Vorlage  etwa  sehon  im  jambischen 
tienar  abgefaast  oder  bat  Avien  es  selbständig  unternammen,  ein 
Werk  griechischer  Prosa  in  lateinische  Senare  unizuhilüetir 
AUiiN  Äprieht   dulür,    soviel   ich   sehe,   «lass  sein  griecbischee  Voi^ 


Aviens  opa  m&ritimft. 


326 


Ρ 


bilfl  bereits  im  jambi sehen  Senar  ahgefasst  war  nnd  dieeee  <\en 
'Tiebereetzer  zunächet  zur  NachbiMung  dieseH  Metrums^  dann  zur 
üebertragniig  zunächst  des  Sallust,  später  des  Livius  nnd  Ver- 
gillas  in  dieses  Metrum  verantasete-  Vorerst  spricht  hierfür  die 
Uebersetzung  des  Ärat  utid  DioDyeiuSj  in  denen  er  eich  getreu 
an  das  Hetrum  der  Griechen  angeschlossen  hat:  Vergilins  und 
Lirius,  die  Ävien  allerdings  aus  der  Prosa  in  Seirnre  umbildete, 
sind  eben  keine  griechischen  Schriftsteller  und  es  erklärt  eich 
die  Wahl  des  Metrums  im  Ännchlue«  an  die  Bearbeitung  des 
Excerptes  aus  Sallust  in  befriedigender  Weise.  Dazu  kommt, 
dasf»  der  echwer  zu  behandelnde  jamhiecho  Sonar  griechischer 
Technik,  den  Avien  gewählt  hat,  keineswegs  damals  ale  ein  in 
der  romischen  Litteratur  geläufiges  Yersmaass  erscheint:  seit  des 
Fbaedrus,  iSeneca  nnd  Ä  pul  eine  von  jenem  gründlich  verschie- 
denen Senaren  war  daseelbe  zu  gröeReren,  umfangreicheren  Wer* 
ken  nicht  benützt  worden,  die  Senare  dee  Ausonius  und  der  Zeit- 
genossen des  Ausonius  fallen  offenbar  nach  Aviens  ichriftstelle- 
rieeber  Thätigkeit  Der  Versbau  des  Avien  zeigt  vieles  Neue 
und  Eigentbüinliche  (W,  Meyer,  Abh.  d.  E.  Bayr*  Ah.  d.  W. 
Philo«.  Philo!.  Kh  XVII  1  (1884)  p.  112.  113,  115):  zum 
erstenmal  hat  er  die  unlateiniechsle  aller  Betonungen,  die  ßeto- 
nung  der  mittleren  Silbe  eines  tribrachjschen  Wortes,  eine  Er- 
scheinung für  die  eich  vor  Avien  nur  sehr  vereinzelte  und  un- 
eichere  Beispiele  aufweiaen  lassen  (L.  Mueller  d*  r.  m.  *  p.  168), 
ohne  Scheu  im  ersten  Fürs  des  Senars  gestattet  (368  agere,  553 
populus,  606  capita,  im  fünften  Fuse  313  etadia),  wozu  er  sich 
im  Hinblick  auf  sein  griechisches  Original  wohl  berechtigt  halten 
konnte.  Der  ganze  Charfikter  der  Schriftstellerei  des  Avien 
spricht  mehr  daritr,  dass  demselben  ein  griechisches  Original  werk, 
ia  jambischen  Senaren  abgefasat,  vorlag»  als  dass  etwa  derselbe 
nach  dem  Vorbild  des  unter  des  Apollodoros  Namen  gehenden 
geographieohen  Werkes  (Strab.  XIV  22  p.  677),  des  sog.  Scjmnos 
Und  des  Dionysios^  Kalliphons  Sohn  griechische  Prosa  in  den  in 
Baichen  Werken  beliebten  Senar  umgewandelt  hätte.  Denn  daes 
die  üebereinstimmung  dee  Metrums,  das  Avien  stu  seinem  geo- 
graphischen Werk  wählte,  mit  dem  Metrum  der  eben  genannten 
A^erke  keine  zufallige  ist,  erficheint  einleuchtend. 

Dazu  kommt,  dass  die  Aehnlichkeit  des  ganzen  Charakters 
iler  ora  maritima  mit  dem  sog.  Scymnus  in  die  Augen  springt. 
Weder  dem  Äratne  noch  dem  Dionysius  sind  Widmungen  an  be- 
stimmte   Personen    Torausgeschickt,    weder    in    der    lateinisch« 


326 


Marx 


UebersetKüiig  nocli  im  griechleehen  Original:  die  ora  maritima 
enthält  eine  längere  Widmung  an  Probus,  wie  dem  Werk  des 
BioDysiue^  Kalliphone  Salm,  eine  in  äboJicbem  Tone  gebaltene 
Widmung  an  Tbaopbraetoe,  dem  sog.  Scymnue  die  Aureole  an 
König  Nikomedee  vorangeht  Ee  folgt  im  ScymnuM  V.  1 10  E. 
die  Aufzählung  der  benützten  Autoren  wie  bei  Avien  V.  41  ff. 
Wer  erwägt^  dasa  dieee  Angabe  der  benützten  Quellen  bei  den 
griecbiaGhen  Geographen  eine  allgemein  verbreitete  Sitte  gewesen 
ist  (GGM.  I  p.  565  II  p.  471),  wird  nie  auf  den  Gedanken 
kommen  können,  dass  etwa  Avien  die  genannten  Autoren  sehr 
alter  Zeit  eelb ständig  benützt  habe. 

Man  wird  auf  alle  Fälle  eicberer  gehn,  wenn  man  die 
eigene  Thätigkeit  des  Avien  möglichat  gering  anschlägt.  Zwar 
citirt  derselbe  einmal  den  kurz  vor  der  Abfassung  der  ora  mari- 
tima von  ihm  übersetzten  Dionysius  (331)  und  beruft  sich  bei 
Gades  auf  Autopsie  (274),  was  bei  der  Berübmtheit  des  Herculee 
GaditanuB  in  der  Kaieerzeit  nicht  aulTailen  kann  (Appian.  Hisp,  2 
Diu  Gase.  77,  20).  Aber  dass  es  sich  in  seinem  Werke  um 
die  Küste  Lusitaniens  und  die  Westküste  Galliens  handelt,  daas 
die  gens  Hiernorum  in  Hibernia  wohnt^  dass  die  in^ula  Albionnm 
das  in  der  Geschichte  so  bochheruhmte  Britannien  ist^  davon  hat 
Avien  selbst  offenbar  keinerlei  Yerständniss,  wenigstens  tritt  das- 
selbe nirgends  klar  hervor.  Schon  um  dieser  Thatsache  willen 
dürfen  wir  die  selbständige  Arbeit  des  Avien,  was  die  Bearbei- 
tung des  ihm  vorliegenden  Originals  betrifft,  mcht  hoch  auechlagen: 
dass  demselben  etwa  eine  Handschrift,  die  wie  sein  Arat,  mit 
Schollen  ausgestattet  war»  vorgelegen  habe,  ist  bei  der  Beschaffen- 
heit des  Inhalte  des  Periplus  wenig  wahrscheinlich. 

Die  Zeit  des  griechischen  Originals  läset  sich,  wenn  wir 
tut  dasselbe  richtig  metrische  Fassnng  vorausgesetzt  haben,  Lq• 
sofern  bestimmen,  als  dasselbe  dann  frühestens  in  die  Zeit  des 
Caeear  oder  des  Angustus  fallen  musa,  bald  nach  der  Abfaesungs* 
zeit  des  sog.  Soymnus,  womit  sich  die  Erwähnung  der  inquieti 
YasGones  251  und  des  König  Juba  280  gut  vereinigen  lässt. 

Dass  der  unbekannte  Dichter  zur  Grundlage  seiner  metrischen 
Bearbeitung  eine  Vorlage  eich  auswählte,  die  mit  der  thatsäch- 
lichen  politischen  Geographie  seiner  Zeit  so  wenig  im  Einklang 
stand,  ist  für  die  Art  seiner  geographischen  Poesie  gerade  cha- 
rakteristisch: auch  der  sog.  Scymnus  gieht  nicht  die  Geographie 
seiner  Zeit  in  seinen  Versen  wieder,  sondern  die  Geographie  der 
Zeit  dee  Ephoros   und   die  Periegeee  des  Bionysios    iat    ein   rein 


I 


I 


I 


AvieuB  orm  mmritimft* 


327 


I 


gophUtieches  Machwerk,  das  mit  der  geographischen  Wisfienecbaft 
und  der  politischen  Geographie  ai^r  Zeit  »einer  EtitetehoDg  wenig 
im  ZaeammeDhang  eteht.  Dionysios  weiss  von  den  Völkern  Spa- 
nieDfi  nur  die  verschollenen  Κ€μψοί  338  zu  nennen  and  als  ein 
Pr^idukt  der  Stubengelehrüamkeit  bezeichnet  er  sein  Werk  eelbet 
707  Ε  Solche  poetische  Werke  dienten  wohl  vielfach  Btir  εΙς 
Im]  και  έλ€γ€ίας,  sowohl  zu  dem  Verständniefl  vorhandener  wie 
der  AbfasBung  gelehrter  Dichtungen :  das  rhetorieche  Konetetück 
416:  ίνθα  Μέλας,  δθι  Κράθις,  ϊνα  ^tei  υγρός  1άυυν  ήχι  και  ώγύ- 
γίος  μτ}κύν€Ται  ubaOl  Aabwv  erinnert  an  den  Schluee  der  Rhe- 
torik  ad  Berennium. 

Auf  das  Autoren verzeichnißs  folgt  im  eog.  Scymnue,  nach- 
dem der  Verfasser  eich  eelbst  recht  ruhmredig  als  oculatne  testis 
eeinen  Quellen  am  Schluss  hinzugefügt^  die  Beschreibung  von  Eu- 
ropa. Bei  Avien  geht  der  Beschreibung  eine  Ankündigung  des 
Inhalts  voraus  (51  —  79),  die  deutlich  zeigt,  dass  derselbe  sein 
griechisches  Original  nicht  verstanden  hat.  Diese  Ankündigung 
lautet:  Hie  porra  habebis,  pars  mei  cordis  Probe,  Quidquid  per 
aequor  inenlarum  attolütur  Per  aequor  illud  scilicet,  quod  poet 
caua  Hiantis  orbls,  a  freto  Tarteesioj  Atlanticisque  fluctibus  procul 
eitam  In  ueque  glebam  proruit  nostrum  mare,  Meerbusen,  Vor- 
gebirge, Städte,  Flüsse,  Deltas,  Häfen ^  Lagunen,  Bergketten  und 
Wälder  am  Strande  will  er  beschreiben.  Es  folgen  die  oben 
S.  324  erläuterten  Verse^  in  denen  er  klar  ausspricht,  dass  den 
terminus  laborie  die  Behandlung  des  Schwarzen  Meeres  bilden 
wird.  Das  Subjekt  nostrum  mare  56,  die  Ankündigung,  dass 
eeln  Periplna  sich  vom  fretum  Tartessium,  d.  h.  vom  Golf  von 
Cadiz  bis  zum  fernen  AsowscheB  Meer  erstrecken  soll,  zeigen 
deutlich,  dass  Avien  von  der  Lage  und  Bedeutung  der  Länder, 
die  er  beachreibt,  bevor  er  zu  dem  Fluss  Anas  an  die  Südküste 
von  Spanien  gelangt  ist,  keine  Vorstellung  hat:  dass  Ophiussa 
Lusitanien,  OestrymniB  die  Halbinsel  der  Veneti,  Albion  Britan- 
nien uad  Hiere  Hibernia  ist,  ist  ihm  gänzlich  unbekannt  geblie- 
ben. Uns  mag  dies  auffallend  und  lächerlich  erscheinen:  fiir  die 
BOphietieche  Schriftstellerei  dieser  Psoudogeographen  ist  diese 
Thateaohe  gerade  recht  bezeichnend. 

Mit  dieser  Unwissenheit  des  Avien  steht  im  engsten  Zu- 
sammenhang die  wunderliche  Art,  mit  der  derselbe  seine  Küsten- 
beschreibung  beginnt  und  einleitet.  Er  beschreibt  V.  80- — 89  die 
Lage  der  Stadt  Gadir  am  sinus  Atlanticua  und  die  Säulen  des 
Hercules,  die  Beeckreibung  setzt  sich  aus  Eeminiecenzen  aus  der 


Λ 


328 


Marx 


UebereetznDg  des  Dionyeioe  zußammen  ((ieeoript.  100  ff.  610  ff,): 
Terrae  patentU  orbjs  effoee  iacet  Orbiqiie  ruraue  unda  circum- 
funditur.  See!  qua  profund  um  Bemet  iusioiiat  ealum  Ooeano  ab 
ueque  ul  gurgee  bic  Dostri  marie  Longe  expücetur^  eet  Atlant icue 
einua.  (Hie  Gadir  urbs  eet,  dicta  Tarteseue  priue,  Hie  sunt  co- 
lumnae  pertinaoia  Herculis,  Abila  atqne  Calpej  haec  laeua  dicti 
caeepitie,  Libyae  propinqnast  Abila:  duro  perstrepunt  Septentriotie, 
sed  loco  oertae  tenent.)  Et  promiuentis  bic  iugi  surgit  caput, 
Oeatrymnin  iatnd  dixit  aeuum  antiquiue^  Molesque  oelea  saxei 
fastigii  Tota  in  tepentem  maxime  uergit  notom.  DasB  mit  diesem 
Caput  iugi  prominenlia,  das  dem  Südwind  anegeaetzt  ist,  nur  die 
SUdweatspitze  der  Bretagne  gemeint  sein  kann,  eracheint  sicher: 
der  Name  des  Vorgebirgee  Oestrjmnia  ist  abgeleitet  von  dem 
Völkerstamm,  der  die  Halbineel  Bretagne  bewobnte  und  der  bald 
*Ωστίμιθΐ  (Strabo  I  p.  63.  64  IV  p,  195),  bald  mit  barler  Äapi- 
ration  KÖöiTivoi,  bald  *Οστιαΐθΐ,  'Οστίων€ς  (Steph.  Byz.  β.  u.)i 
zuletzt  'Οσίσμίοι,  bei  den  Hörnern  Oeismi  benannt  wird.  Für 
dieae  i den tifioi rang  apricht  wesentlich  der  Umstand^  dase  die 
προτΓ£πταικυϊα  ίκανώς  Ακρα  εις  τον  ώκεανόνι  auf  der  die  Osin- 
mier  nacb  Strabo  IV  p,  195  wohnen,  nach  denieelben  1  p.  64  in 
ein  άκρυυτήριον  aueläuft,  dae  Strabo  τό  τών  Όστιμίιυν  άκριυτή- 
ρίον  benennt. 

Die  Einleitung  des  Ατιβη  bleibt  unter  allen  Umstanden  un- 
ainnig.  Selbat  wenn  man  mit  Müllenboff  D.  A.  I  p,  89  fT.  an- 
nimnat,  dase  V.  86  in  der  griechiscbeu  Vorlage  des  Aviea  die 
0τήλη  βόρειος  dee  Peeudoacymn.  189  genannt  war  und  Avien 
falsch  übersetzte,  eo  würde  ein  solches  MiasverständniBa  nur  be- 
weiaen,  daaa  derselbe  von  der  wirklichen  Lage  der  öftere  ge- 
nannten Länder  und  Küsten  keine  Voratellung  hatte  und  sieb  um 
deren  Ergründung  überhaupt  nicht  bemüht  hat,  dass  er  Dur 
blindlings  übersetzte  und  gleichaam  auf  gut  Oliick  Verse  machte. 
Um  den  Sprung,  den  Avieu  gemacht  bat,  von  den  Säulen  dea 
Hercules  nach  der  Bretagne  etwas  weniger  störend  und  verletzend 
erscheinen  zu  lassen^  sind  oben  V.  85-- 89^  in  denen  die  Fahrt- 
richtung, wie  laeua  erweist,  nach  dem  gurgea  noatri  maria  hin- 
gewandt iat,  in  Parentbeae  gesetzt.  V,  90  Et  promiuentis  hie 
iugi  surgit  caput  kann  dann  an  84  Atlanticue  ainue  anschliessen» 
so  dass  Avien  daa  ferne  Vorgebirge  Oeatrymnia  eich  in  diesem 
Theile  des  Weltmeere,  der  aeiue  östliche  Grenze  an  den  Säulen 
des  Hercules  erreicht,  gelegen  vorstellt.  Der  Atlanticue  sinue 
84  ist   das  Meer,    das  Westafrika  und  Westeuropa  bespült,    ein 


Avi&ns  ora  maritifDa. 


329 


Theil  des  erdumfaeaenden  Oceanne.  dasselbe  heieet  398  tlespenue 
a&Btu8  atque  Ätlanticum  salum,  geli5rt  aber  zu  den  quattaor  linni 
maiimoB  des  Oceanue  396.  Der  V,  95  genannte  einue  Oeetrym- 
oicus  und  die  folgenden  Meerbusen  sind  demnach  kleinere  einus 
innerhalb  dee  niaximua  sinne  Atlant  icus,  der  vom  Atlae  seinen 
Kamen  führt. 

Bevor  wir  in  der  Interpretation  des  Periplue  weiter  fort- 
fahren, mÜBsen  wir  uns  die  Frage  vorlegen,  ob  der  Periplns  von 
Irland  bis  Massilia,  der  uns  erhalten  ist,  als  soloher  als  ein  ein* 
heitlicbes  Werk  zu  hetrachten  tet^  oder  anch  nnr  als  ein  einheit- 
liches Werk  anfgefasst  werden  kann.  Diese  Frage  soll  keines- 
wegs in  der  Weise  anfgefasst  werden,  als  sei  es  η oth wendig  zu 
Unterstichen,  inwiefern  etwa  dadurch,  dass  Avieoe  griechischer 
Gewährsmann  die  in  der  Vorrede  genannten  Autoren  neben tiin- 
ander  benütztei  eine  vielfach  sich  widersprechende  DarsteUung 
entstehen  musste.  Vielmebr  muss  eine  niichterne  Betrachtung 
der  in  dem  Erhaltenen  gescbilderten  Strecke  zu  der  sicheren  Er- 
kenn tniss  führen^  dase  schon  der  griechische  Gewährsmann  des 
Avien  zwei  verschiedene  Qiuellen  nicht  etwa,  wie  man  wollte, 
nebeneinander,  sondern  nacheinander  benutzt  haben  muss.  Die 
Sehildemng  Spaniens»  die  nne  in  dem  erhaltenen  Theile  geboten 
wird,  ist  zweifellos  älter  wie  des  Polybiue  und  Btrabo  Beschrei- 
bungen, zweifellos  älter  als  die  Zeit,  in  der  die  Kömer  zum 
erstenmal  den  Boden  der  Halbinsel  betreten  haben,  ja  selbst 
älter  wie  des  Ephoros  und  des  Timaios  Gesohichtswerke»  also  sie 
gebort  der  Zeit  von  400—350  v.  Chr.  an,  wie  noch  genauer  er- 
läutert werden  wird.  In  jener  Zeit  war  aber  die  Geograpbie  der 
Küste  aueserbalb  der  Säulen  des  Hercules  unbekannt  r  erst  Py- 
theae  von  Massilia  hat  gegen  Ende  des  vierten  Jahrhunderts 
einige  Nachrichten  über  jene  Zonen  den  Griechen  vermittelt.  Der 
bündige  Schluss,  der  aus  dieser  Erwägung  zu  ziehen  ist,  muss 
der  sein,  dass  sich  der  griechische  Periplus,  der  dem  Avien  vor- 
gelegen hat,  zusammensetzen  muss  aus  einem  älteren,  grösseren 
Periplus  von  den  Säulen  des  Hertules,  bezw.  von  Gades  und  dem 
gaditanischen  Gebiet  ab^  das  seit  den  ältesten  Zeiten  bekannt  war 
und  die  hellenische  Welt  interessirte,  ostwärts  und  einem  kleineren 
Periplus  der  Küste  etwa  von  Gades  ab  westwärts  und  nordwärts. 
Für  diese  Annahme  lassen  sich  aus  dem  erhaltenen  Werke  des 
Avien  selbst  und  aus  andereartigem  Material  verschiedene  Argu- 
mente anfuhren.     Es  sind  etwa  folgende  : 

Eine    aufmerksame    Betrachtung    der    erhaltenen  V— *    der 


330  Marx 

ora  maritima  ergiebt  in  der  Tkat  dae  Reenltaty  da••  die  grie- 
chieohe  Vorlage  des  Avien  aus  zwei  Stücken  sich  zneammensetste, 
welche  einen  von  einander  gänzlicb  verecliiedenen  echriftetelle- 
riechen  Charakter  tragen.  Dae  kleinere  Stück  behandelte  die 
Westküste  £uropae  von  den  Ländern  nördlich  Britannien•  bi•  zo 
dem  Anas  (Guadiana)  in  vielfach  verworrener  und  entstellter, 
unklarer  Weise;  das  grössere  Stück  war  ein  περίπλους  Ευρώπης 
vom  Flusse  Anas  bis  zum  Tanais,  dessen  letzten  Theil  Avien  da 
abschnitt,  wo  er  den  Sallust  ansetzte.  In  diesem  letzteren  Theil 
kamen  aus  gleich  zu  erörternden  Gründen  derartige  Verwinnngen 
wie  in  dem  kürzeren  ersten  Theil  nicht  vor. 

Die  Unterschiede  dieser  beiden  soeben  abgegrenzten  Einzel- 
werke springen  in  die  Augen.  In  dem  kürzeren  Stück,  das  wir 
mit  περίπλους  τής  έκτος  τών  *  Ηρακλείων  στηλών  θαλάσσης 
bezeichnen  dürfen,  findet  sich  nirgends  die  Angabe  über  eine 
Stadt,  wie  Olisipon  an  der  Mündung  des  Tajo  oder  Korbilon  ao 
der  Mündung  der  Loire:  die  westlichste  und  erste  Stadt,  die 
Avien  erwähnt,  ist  die  Herbi  ciuitas  244,  die  schon  östliob  de• 
Anas  liegt.  Da  sich  zu  der  Zeit  dieses  Periplu•  die  Küaten  Lu- 
flitaniens  und  Galliens  noch  in  einem  sehr  uncultivirten  Zustande 
befunden  haben  können,  so  erscheint  diese  Thatsache  vielleicht 
weniger  beweisend.  Unbedingt  stellt  aber  der  Umstand  den  Un- 
terschied klar,  dass  nirgends  in  diesem  Theile  eine  λίμνη  (palns), 
nirgends  eine  Flussmündung,  überhaupt  ein  Flnas  an  der  iberieohen 
oder  gallischen  Küste  erwähnt  wird.  £e  gilt  also  die  Ankün- 
digung der  Vorrede  51  ff.  von  den  celsae  urbe•  und  den  flnmioa 
(60.  62),  den  stagna  und  lacus  (65),  für  dieeen  Theil  nicht  mit; 
wie  wir  oben  S.  327  erörterten  nimmt  diese  Vorrede  auf  diesen 
περίπλους  τών  έκτος  keinerlei  Rücksicht. 

Die  Verschiedenheit  dieser  beiden  Periploi  zeigen  femer  in 
klarer  Weise  die  Angaben  über  die  Entfernungen.  V.  162  be- 
sagt, dass  vom  Aryium  iugum,  d.  i.  dem  Cap  de  Finisterre  bis 
zu  den  Säulen  des  Hercules  die  Fahrt  fünf  Tage  dauert  V.  172 
giebt  an,  dass  die  Fahrt  vom  Aryium  iugum  bis  zum  prominens 
Ophiussae,  d.  i.  dem  Cap  da  Rocca  zwei  Tage  dauert  Folge- 
richtig muss  der  Verfasser  für  die  Fahrt  vom  prominens  Ophiossae 
bis  zu  den  Säulen  drei  Tage  berechnen.  Von  diesen  drei  Tagen 
fällt  ein  Tag  auf  die  mittlere  Strecke  von  der  cautes  sacra,  d.  L 
Cap  St.  Vincent  bis  zur  Mündung  des  Anas  nach  V.  222.  Der 
zwingende  Schluss  ist  der,  dass  die  vorhergehende  gröwera  Skmke 
ohne  Angabe  der  Entfernung  vom  prominens  OphinsMe  bis  snr 


Aviens  ora  iniritima. 


331 


eaat^a  sacra  eine  Tagreise  bilden  mues,  BtjdasR  für  die  Strecke 
vom  Anas  bin  zu  den  Säulen  eine  Tagereiee  übrig  bleibt.  Der 
Verfasser  des  grösseren  περίπλους  rechnet  aber  andere.  Vom 
Anas  bis  nach  Uadir  ist  naoh  V.  366  uia  diei:  die  Entfernung 
von  Gadir  bis  au  den  Säulen  ist  nicbt  angegeben,  aber  wir 
dürfen  die  Angaben  des  sog.  Soylax  zu  Anfang  und  des  Pseudo- 
scymnus  150  hier  getrost  einsetzen,  die  beide  übereiuetimmend 
die  Fahrt  von  den  Bäaleu  bis  Gades  als  einen  πλοΟς  ήμφας 
bezeichnen.  Die  Verwandtschaft  der  beiden  genannten  geogra- 
phisohen  Werke  mit  dem  grösseren  Periplus  ist  ivas  Anfangs- 
punkt, Inhalt  und  Fahrtrichtung  betrifft  wohl  einleuchtend.  \^er- 
einigen  lassen  sich  die  Angaben  des  Avien  in  keiner  Weise:  der 
kleinere  Periplus  berechnet  von  den  Säulen  zum  Anas  eine  Tage- 
reise, der  grössere  zwei  Tagereisen. 
Η  Den  Anfangspunkt    des  grösseren  Periplus   und    seine  Ver- 

wandtschaft  mit  dem  sog.  Scjlax  zeigt  klar  die  Angabe  der 
Entfernung  V*  562 :  Sed  in  Pyrenen  ab  colnmnis  Herculis  AUanti- 
coq^ue  gurgite  et  conBnio  Zepbyridos  orae  cursus  est  celeri  rati 
Septem  dierum,  was  Scjlax  wiedergiebt  §  2  mit  den  Worten 
τταράττλους  της  Ιβηρίας  έιττα  ήμερων  κα\  έτττά  νυκτών.  Der 
Anfangspunkt,  von  dem  aus  Aviens  Gew&hremann  rechnet,  ist 
offenbar  die  westlicher  gelegene  Zepbyris  ora,  nicht  die  Säulen, 
welche  für  die  Küste  an  der  Mündung  des  Anas  zu  halten  ist: 
dort  wird  225  das  iugum  Zepbyro  sacratum  und  die  arois  sum- 
mitas  Zepbyris  nocata  erwähnt.  Zu  der  Ausdruoksweise  des  Avien 
(562  ff.)  vergleiche  man  Marcian  GGM.  I  p.  564 :  π€ρί7τλους  άιτό 
του  Ελλησπόντου  μέχρι  του  'Ηρακλείου  πορθμού  και  Γαοείριυν 
τής  νήαου. 

Es  zeigt  sich  fernerhin  die  Versohiedenheit  der  beiden  Pe- 
riplj  in  der  Anordnung  der  Völker  im  Südwesten  Spaniens,  wo- 
bei wiederum  die  Verwandtsohaft  des  grosseren  Periplus  mit  dem 
sog•  Scylax  bemerklich  wird.  Letzterer  lehrt  §  2  της  Εύρώττης 
€ΐσ\  πρώτοι  1βηρ€ς  και  ποταμός  *1βηρ  und  dementsprechend 
heisst  es  bei  Avien  248  ff*:  At  Hiberus  inde  manat  amnis  et  locos 
Fecundat  unda:  plurimi  ex  ipso  ferunt  Die  tos  Hiberos,  non  ab 
Ulo  ffumine  quod  inquietos  Vasoonas  praelabitur.  Natn  quidquid 
amnem  gentis  buius  adiacet  Occiduum  ad  axem,  Hiberiam  cogno- 
minant,  Pars  porro  eoa  continet  Tartesios  et  Cilbicenos.  (Amnem 
richtig  die  Üeberlieferung:  vgl,  Nepos  Timoth*  2,  1,)  Wie  die 
Gegenüberstellung  beweist,  liegt  hier  im  Westen  des  Flusses 
Iber  das  Land    der  Iberes  oder  Hiberi    —   dies  kann  hier  Hibe* 


Ml 


riam  cognominant  nur  bedeuten  (vgl.  613)  —  im  Osten  die  Tar- 
teeeier  tu)d  Cübioencr.  Andere  in  dem  kleineren  Periplae.  V.  $05 
zeigte  dasR  der  Ana  amnis  illic  per  Cjnet&B  effluit  Sulcatque  gUe* 
bam,  an  die  Cyneteu  ecblieasen  an  die  nm  den  Flues  Tarteseni 
wohnenden  Tarteesier  (228:  Cynetnm  hie  terminue,  Tartee^ins 
Ager  bis  adbaeret  adlnit<]ne  caeepitena  Tartesens.  am  nie).  Dieee 
Cjneten  kennt  Mieder  der  sog*  Boy  lax  noch  der  grössere  Feriplae, 
dessen  litns  Cynetieam  oben  in  Gallien  gelegen  ist  (566). 

Mehr  aber  noch  ab  alle  diese  einxeluen  Argumente  hat  die 
durch    Erwägungen    allgemeinerer    Art    gewonnene     Erkenntnis« 
Ueb^rzeugnngskr&ft,    dase    der  Geschichte    der   Entwicklung    der 
Erdkunde    und   der  äusseren  Gestalt  der  ältesten  geographischen 
Litteratur  entsprechend  für  den  erhaltenen  Theil  der  ora  maritima, 
bezw.  deren  grieebieche  Vorlage  die  Annahme,   dass  dieselbe  aus 
eben  diesen  beiden  Theilen  bestanden  bat,    zwingend   nothwendig 
erscheinen  mues.     Die  iberische  Halbinsel  von  Gades  ab  ostwärts 
kennt    man    schon    einigermaeeen    seit    den  Zeiten  Herodots,    die 
Westküste  Europas  ist  noch  zu  den  Zeiten  des  Pytheae  und  Era- 
tosthenes  ein  Reich  der  Fabeln  and  Fabeleien-     Hieraus    ergiebl 
sich  erstlich,  daes,   wenn  die  Eeschreibnng  hei  Avien  von  Gadet 
oitwärts  noch  in  dae  vierte  Jahrhundert  gehört,  die  Geographie 
ausserhalb  der  Säulen    ein    gesondertes  Werk  weit  jüngeren  Da- 
lome  sein    mtms,    das  von  Aviens  griechischem  Gewährsmann  ku 
Anfang  jenes  grosseren  Feriplus  angestückt  werden  musste:  dem 
Avien  selbst  kann  nach  dem  was  oben  S.  326  ausgeführt  tet,  die 
Fähigkeit  zu  dieser  zusammensetzenden  Thätigkeit  nicht  zugetraut 
werden.     Zweitens  leuchtet  ein,  dass  dieser  geographische  Traktat, 
welcher   die  Form    eines  Peiiplus  hatte    und    nach  Ausweia   von 
Aviens  Uebersetzung   die  Westküste  Europas    nördlich   von  Bri- 
tannien bis  etwa  zur  Stadt  Gades  oder  zum  Flusse  Anas  behan* 
delte,  ursprünglich  nicht  diese,  sondern  die  umgekehrte  Richtung 
der  Natur  der  Sache   nach   haben  musete.     Der  Charakter  dieaes 
Feriplus  ist  durohaus  der  eines  Itinerars,  bei  dem  es  auf  die  Ge- 
winnung des  Endziels,  auf  die  Zinninseln^  und  ein  Land  nördlicli 
der  Zinninseln,  vielleicht  die  BerneteinküBte,  allein  ankommt,  nicbt 
auf  die  genaue  Beschreibung  der  einzelnen  Küsten,  an  der  Stidta 
und   Flüsse   nicht   beachtet  werden:    nur  die  Schifferzeichen,    das 
sind  kleine  Inseln^  die  vor  der  Küste  liegen,  Vorgebirge,    Berg- 
ketten, ein  einziger  Hafen,  ausserdem  der  Curs  werden  sorgfälüg 
und  durchaus  zutreffend  bezeichnet.     An  den  beiden  Punkten  der 
Küste,  wo  das  Meer  die  Halbinsel  am  tiefsten  einschnürt,  in  der 


Aviens  t>m  üiaritima. 


Ecke  des  Golfes  von  Biscaya  148  und  südlich  des  Oapg  da  Rocca 
|178  wird  die  Länge  des  dercliqiierendeii  Landwege  bie  zu  dem 
gegenüberliegenden  Meere  offenbar  nur  nach  einer  Schätzung  an- 
gegeben. Base  das  Original  dieses  Periplue  von  Gades  begann 
und  —  in  umgekehrter  Richtung  wie  Aviens  Beschreib  nag  — 
der  Eüste  ferst  westwärta,  dann  nordwärts  folgte,  musa  unmittel- 
bar einleuchtend  erseheinen.  Marcianus  GGrM,  I  p,  56Λ  zählt 
die  Namen  der  Verfasser  griecbiacher  KüetenbeschreibuDgen  auf 
und  theilt  dieselben  ein  in  Ol  μεν  μερών  τινών,  οι  be  τής  εντός 
ττάσης  θαλάττης,  οι  bfe  τής  έκτος  περίπλου  ν  ανατράψαντ€ς, 
drei  Kategorien,  uQter  denen  das  Werk  des  Avien  als  Ganzes 
nicht  Platz  findet.  Es  begannen  offenbar  diese  Küstenbeschrei- 
bungen  mit  Theilen  tler  εντός  θάλαττα:  die  älteste  Erwähnung 
einer  Küstenbeschreihung  findet  sich  bei  Herodot  III  135.  136, 
wo  König  Darius  den  Dpmokedcs  mit  fiinfzehn  edlen  Persern  zu 
Schiff  absendet  οιεΕελθεϊν  τά  παραθαλάσσια  ττίς  Έλλά5ος  ,  .  . 
παρεσκευασμένοι  hl  πάντα  ίπλεον  εΙς  τήν  Έλλάοα,  προσί- 
0χοντ€ς  hk  αύτης  τά  παραθαλάσσια  έθηευντο  καΐ  άπεγράφοντο, 
ές  δ  τά  πολλά  αυτής  και  ονομαστά  θεησάμενοι  άπίκοντο  της 
Ίταλίης  ές  Τάραντα.  Die  Einleitung  des  Marcianus  und  die 
erhaltenen  Analogien  von  Küstenbeschreibungen  τής  εντός  πάσης 
θαλάττης  spricht  ebenso  dafür  das  Werk  des  Avien  in  der  oben 
geforderten  Weise  zu  theilen,  als  das,  was  wir  von  Küstenfahrten 
τής  έκτος  θαλάττης  wissen  und  erfahren  *  zur  Annahme  zwingt, 
dasä  eine  derartige  Heise  naturgemäss  nur  in  der  Nabe  der  Säulen 
beginnen  und  sieh  in  der  Richtung  der  Hinfahrt,  nicht  der  Rück* 
fahrt  bewegen  musste,  Die  Reisebeschreibung  des  Pytheas  be- 
gann bei  Hades,  από  Γαίιείρων  nach  Strabo  II  p.  104  und  folgte 
der  παρωκεανϊτις  τής  Ευρώπης  ίαις  Τανάι5ος,  dieselbe  Richtung 
befolgte  jedenfalls  auch  der  unter  dem  Namen  de»  Charon  von 
Lampsakos  gehende  περίπλους  τών  έκτος  τών  Ηρακλείων  στη- 
λών, eine  durchaus  analoge  Richtung  der  erhaltene  Periplus  des 
Hanno,  Der  uns  bei  Avien  erhaltene  Periplus  von  Westeuropa 
hatte  demnach  ursprünglich  die  Richtung  von  Gades  oder  vom 
Anas  westwärts:  der  Grieche^  welcher  ihn  der  Eüstenbesclirei- 
bong  des  Mittelmeere  vou  Gades  ab  vorsetzte,  war  also  genöthigt, 
um  die  Fahrtrichtung  in  Einklang  zu  bringen,  die  ihm  vorlie- 
gende Darstellung  einfach  umzukehren,  eine  Thatigkeit,  die  jeden- 
falls viele  Verwirrung  anrichten  miisste  und  diese  Verwirrung 
musste  durch  die  IJebersetzung  des  Avien  noch  gesteigert  wer- 
den.    So  erklärt  sich  «üe  vielt&üh  uns  in  diesem  Theile  eutgegeu* 


334  Marx 

tretende  verkehrte  Anordnung,  die  falsche  Reihenfolge  in  der 
Aufzählung  der  einzelnen  geographiechen  Punktei  worüber  togleioh 
gehandelt  werden  wird,  nicht  wie  man  wollte,  aus  yenohiedenen 
nebeneinander  benützten  Quellen. 

.£e  etammt  eohlieeelich  dieser  Periplus  τών  έκτος  her  τοη 
einem  griechischen  Sohrifteteller  ganz  anderen  Chi&mktere  wie 
der  Verfasser  des  folgenden  Periplus  τών  εντός.  In  letsterem 
sind  die  im  Autorenverzeichniss  42  ίΤ.  aufgezählten  grieohisohen 
Autoren  wirklich  benützt,  so  Encteraon  337.  350,  Dammetus 
and  Scylax  372,  Phileas  695,  in  dem  ersteren  encbeint  kein 
einziger  derselben,  weil  kein  einziger  derselben  sich  ftber  diese 
Gegenden  äussern  konnte  und  es  erscheint  zudem  ttberhaupt  an 
und  für  sich  wenig  glaublich,  dass  an  diesem  kurzen  Periplus 
mehrere  Hände  mitgearbeitet  hätten.  Auch  dem  Charakter  der 
ganzen  Schriftstellerei  nach  zu  urtheilen,  sind  beide  Stttcke  von 
einander  grundverschieden.  Das  grössere  und  ältere  erweist  sich 
auch  darin  als  älter  wie  die  Zeit  des  £phoro•  und  Timaios, 
dass  nirgends  miraoula  und  θαυμάσια,  admiranda  und  παράοοΕα 
berichtet  werden :  diese  sind  dagegen  in  dem  jüngeren  und  kür- 
zeren Periplus  in  jedem  Abschnitt  beigefügt.  Was  A.  Sonnj  de 
Massiliensium  rebus  Petropoli  1887  p.  57  nach  dem  Yorginge 
von  von  Gutschmid  veranlasst  in  dem  grösseren  Periplus  ala  In- 
terpolation zu  bezeichnen,  ist  unsicher  und  trügerisoh:  Y.  576  ff. 
wird  zuerst  ein  sinus  mit  tres  insulae,  nach  MüUenhoff  der  itukg 
de  Gruissan,  dann  583  ff.  ein  sinus  mit  quattuor  insulae  erwähnt, 
in  dem  derselbe  den  otang  de  Bages  erkannt  hat  Die  richtige 
Reihenfolge  wäre  die  umgekehrte  gewesen.  £in  Blick  auf  die 
Karte  lehrt,  dass  beide  itangs  fast  unmittelbar  nebeneinander 
liegen,  dass  ein  derartiges  Versehen  keineswegs  schon  χα  der 
Annahme  einer  Interpolation  berechtigt,  ganz  abgesehen  von  der 
Frage,  inwieweit  die  Deutung  MüUenhoffs  zwingend  ersoheinen 
darf  in  Anbetracht  der  grossen  Veränderungen,  denen  gerade 
solche  Lagunen  an  Flussmündungen  im  Lauf  der  Jahrhunderte 
unterliegen. 

Die  Störungen  und  Verwirrungen  im  ersten  Theile  und  da- 
gegen offenkundig  und  sind  uns  sogar  Stücke  der  Efistenbeaehrei- 
bung  mit  Beibehaltung  der  ursprünglichen  Fahrtrichtung  noch 
erhalten.  Ein  kurzer  Ueberblick  über  diesen  Theil  wird  dies 
klar  stellen. 

V.  90—93  beschreibt  die  dem  Südwind  ausgesetzte  Halb- 
insel Oestrymnis,    die  Bretagne,    worüber  oben  S.  828  gehandelt 


Aliens  ora  maritima. 


335 


ist.  Schou  dieser  Name  kann  uns  klar  maoben,  dase  der  Yer- 
faseer  ein  Grieche  sein  muea.  Der  Hellene  bemüht  eioh  bei  den 
Barbaren  überall  seine  heimathlichen  Götter  und  heimatblichen 
Laute  wieder  zu  erkenoen.  Hierauf  folgen  die  Verse  94  ff, :  Sub 
Imiufl  autem  prominentie  nertioe  Sinus  dehiecit  incolis  Oestrjm- 
iiicua.  In  quo  insulae  sese  exerunt  Oestrymnides,  Laxe  iacentes 
(die  lale  of  Wight  gehört  mit  hinzu)  et  raetallo  diuites  Stanni 
atque  plumbi.  Hier  ist  uns  ein  Stück  der  EüstenbeBchreihung 
in  der  ureprünglichen  Reihenfolge  erhalten,  V.  93  sagt  der  Ver- 
fasser über  die  Bretagne :  Tota  in  tepentem  maxime  uergit  notum : 
unmittelbar  darauf  folgt  in  der  treffenden  Form  des  Gegen* 
flatzes:  sab  huiue  antem  prominentis  uertioe  u.  s.  f,^  d,  b.  zu 
Deutsch:  'Daa  Vorgebirge  der  Bretagne  ist  dem  Südwind  ganE 
auBgesetzt,  nördlich  aber  davon  liegt  der  Kanal  mit  den  Kanal- 
inseln,  dem  Mittelpunkt  des  Zinnhandels'  u,  s.  w.  Denn  in  dem 
Ausdruck  sub  huiue  prominentis  uertice  hat  die  Praeposition  ^u^ 
ihre  ursprüngliche  Bedeutung  nnferj  d.  h.  auf  den  Landkarten 
des  Alterthurae  soviel  wie  nördlkh  νωι.  Das  Gegentbeil  davon 
heisst  in  der  Uebersetzung  des  Dionysiue  987  super ^  dus  ist  süd- 
lich (Aeolie  iude  patet  uastum  super  Helleepontum  =  Dionys.  821 
υπέρ  μΐ^αν  ΈΚλήσητοντον).  Dass  bei  Dionysius  έφύπ^ρθ^ν  und 
U7T€p  soviel  wie  'südlieb'  bedeutet,  bemerkt  richtig  Eustatbios 
2U  V.  511  έφύττ€ρθ€ν  ^ΑβάντοίΥ  mit  den  Worten  κατά  τήν  τοΟ 
π€ρίητϊΐτοο  συνήθ€ΐαν  υττερθεν  έστΐν,  ώς  τιθ€ντος  im  τών  νο- 
,  τίιυν  την  ύττέρ  ΐΓρόθ£0ιν  (vgl  Dion^ra,  V.  103.  138.  215.  4SlX 
rozu  die  Erörterungen  Elters  de  forma  urbis  Homae  deque  orbis 
autiqui  fftcie  dii^sertatio  posterior  Bonnae  1891  p.  XXXIII  zu 
vergleichen  sind.  Snb  uertice  auch  in  der  Aratübersetznng  204 
■ich  findend,  wo  suby  wie  anoh  anderwärts  bei  Avien,  in  der  ur- 
sprünglichen lokalen  Bedeutung  angewandt  ist,  kann  demnach 
hier  nur  heissen  nördlich  von^  der  thatsüch liehen  geographiechen 
Lage  durchaus  entsprechend.  Es  folgt  eine  Beeohreibung  des 
Charakters  der  Einwohner  dieser  Inseln  und  im  Anschluss  daran 
das  θαυμάσιον  und  παράοο£ον  (rei  ad  miraculum  10Γ>  wie  185), 
die  Erzählung  von  ihren  Lederkähnen. 

Auoh  im  folgenden  ist  die  alte  Fahrtrichtung  nordwärts 
oder  nordost warte  beibehalten.  108  tf.  folgt  die  Angabe^  daaa 
die  Fahrt  von  tler  Bretagne  bis  nach  Irland  zwei  Tage  erfordert : 
Aat  hinc  duohns  in  Sacram  —  sie  ineulara  Dixere  prisci  —  eo- 
libus  cureiis  rati  est.  In  der  Angabe  der  Entfernung  liegt  im 
Vergleich  zu  den   übrigen  EntfcrnungBangabeu,    z.  B.   vom  Anae 


33β 


Marx 


bie  Oadee  niohte  befremdlichee,  um  so  weniger,  weiui  nuüi  be- 
denkt, dftss  der  Verfasser  die  Entfernung  geschätzt  haben  k&no 
und  nicht  unbedingt  angenommen  werden  moeü,  das»  derselbe 
ielbet  in  Irland  wirklich  gewesen  ist.  Ια  dem  Nameo  lepvTf 
findet  er  heimath liehe  Laute  wieder,  er  nannte  dae  Land  wie 
aus  des  Avien  Ueber8et/;ung  hervorgeht,  Ίέρη,  ein  Name,  der 
«ti  beurtheilen  ist  wie  ΟΙστρυμνίς  oben  S.  334  und  Όφΐοΰ0αα, 
dagegen  giebt  er  den  Bewohnern  111  ihren  richtigen  Kamen 
Fliernorum  gens,  sowie  er  die  Bewohner  Ophiusaae  19&  mit  Cempti 
und  8efee  bezeichnet  und  gleich  darauf  dementepreohend  112 
Britannien  ineula  Albionum  nennt.  Die  Namen  der  LiLnder  Bind 
offenbar  das  schwankende  und  Becundare,  die  Namen  der  Völker 
das  ursprüngliche  und  darum  nicht  wandelbare.  Auch  hier  iit 
die  Fahrtrichtung  des  ureprüngÜchen  Periplus  beibehalten.  Ri 
folgt  112 — 129  eine  breite  und  geschwätzige  Erörterung:  fiber 
den  Handel  der  Tarteaeier  und  Karthager  mit  den  Einwohnern 
der  Kanalinseln  und  ein  später  zu  eröiterndes  Zeugnlse  des  Pu- 
niera  HiinilcO|  Über  die  Schrecken  des  Oceanue  und  die  Fahrt 
vom  Mittelmeer  zu  den  Kanalinaeln.  welche  nach  dem  puniechen 
Gewähremann  117  über  vier  Monate  in  Anspruch  nehmen  soll. 
Uneer  griechiecher  Gewähremann  kann  die  Dauer  der  ganzen 
Fahrt  kaum  auf  vierzehn  Tage  berechnet  habem  Dieaee  Citat 
ans  Himilco  über  die  Schrecken  dea  Oceane  kehrt  im  gröaeereo 
FeripluB  noch  zweimal  —  faat  in  wörtlicher  WiederboluDg  — 
wieder  381—389  und  404—415.  An  der  letzteren  Stelle  heiaat 
Q»  awar:  Haec  olim  Himilco  Poeoua  Oceano  anper  Spectaaee  aemet 
et  probaaae  rettulit.  Haec  noe  ab  imia  Punicorum  annalibus 
Prolata  longo  tempore  edidimua  tibi:  worau»  man  achlieeeen 
könnte,  daaa  Avien  den  Himilco,  den  auaeer  ihm  nur  Pliniua  n. 
h.  II  169  und  im  Autoren verzeichnise  zu  Buch  V  erwähnt,  selbst 
benützt  habe.  Es  ist  indessen  weit  wahrscheinlicher*  dass  Avien 
diese  Citate  in  seinem  griechischen  Vorbild  vorfand  und  den  Hi- 
milco ebenso  wenig  eingesehen  hat  wie  den  Hecataeua  Hellaai- 
cue  Damastus  und  die  Autoren^  die  er  sonst  nennt,  trotzdem  dass 
er  y*  78  in  ähnlieber  Weise  den  Freund  veraicbert»  daas  diese 
seine  Lehre  gestützt  würde  durch  die  fides  petita  longe  et  erut« 
ex  auctoribtts.  Es  gehören  demnach  dieae  Citate  ans  Himilco 
jenem  unbekannten  Gelehrten  der  Zeit  am  Christi  Oelmrt,  van 
dem  oben  S.  32t>  gehandelt  ist,  der  vor  den  älteren  περίϊτλοος 
TUJV  εντός  <Ττηλών  einen  jüngeren  π€ρίπλους  τών  έκτος  in  der 
Weise  anstückte    wie  oben  ausgeführt   wurde,    unbekümmert   um 


Aviene  ora  maritima« 


88t 


entstehende  Wirreale^  Widerspriiche  and  Abs  urdi taten,  die  nicht 
an8tÖ seiger  erscheinen  wie  dae  in  lacberlioher  Aufdrtngiichkeit 
mehrfach  wiederholte  Citat  aus  Himilco, 

In  dem  folgenden  AbschDitt  129—145  ist  aae  der  alte 
SchluflB  des  kleineren  Peripks  erhalten  nod  zwar  in  der  ur* 
eprbngliohen  und  naturliclien  Richtung  der  Fahrt  nord warte:  Si- 
quiß  dehinc  Ab  iiieulia  Oeetryranicis  lembnm  andeat  Urgere  in 
andaa  axe  qua  Lycaoni»  Rigescit  aethra  caespitem  Ligarum  eubit 
Caseum  incolarum;  namque  Celtarum  mann  Crebrieque  dudnm 
proeliis  uacuata  sunt  Liguresqne  pnUi,  ut  saepe  fora  aliquoB  agit 
(dies  iftt  lediglich  Entlehnung  aus  der  Ueberaetzung  des  Dionj- 
eiue  884)  Venere  in  iata  qiiae  per  horrentia  tenent  Plerumqne 
dumoa  e.  q.  β.  Die  üebersetsung  machte  dem  Ayien  Schwierig- 
keiten und  iet  als  wenig  gelungen  zu  bezeichnen:  zu  uacuata 
sunt  ist  ein  Subjekt  atia  dem  folgenden  iata  136  zu  ergänzen. 
Die  Nachricht,  die  uns  des  Avien  Ueberaetzung  übermittelt  ist 
höchst  werthvolL  Nördlich  von  den  Kanalinseln  liegt  ein  Land  — 
alao  Nordostgallien  oder  Nordgermanien  —  in  dem  friiher  Ligurer 
wohnten,  der  Einbruch  der  Kelten  trieb  sie  in  die  Gebirge  Gal- 
liens, wo  sie  jetzt  wohnen,  ans  denen  sie  eich  nur  acbüchtera 
und  allmählich  au  die  Küste,  die  Stidkiiete  Galliens  hervorgewagt 
haben  (vgl  628).  Dies  war  der  Abechlnee  des  griechischen  Peri* 
pluB  TUJV  έκτος.  Wir  sehen,  daa  letzte  Kapitel  desselben  be» 
handelte  die  Bretagne,  die  Kanalinseln,  zu  welchen  England  nicht 
mit  eingerechnet  wurde,  Irland,  England  und  die  KordkÜste  Ger• 
manicns  in  dieser  durchaus  sacbgemässen  Reihenfolge.  Der  grie- 
cbiacbe  Redaktor  griff  das  letzte  Kapitel  heraus  und  stellte  es 
zu  Anfang  seines  Werks,  ohne  die  ursprüngliche  Reibenfolge 
und  Anordnung  in  der  Beschreibung  zu  ändern  und  zu  stören : 
nur  ein  längeres  Citat  aus  Himilcos  Werk  glaubte  derselbe  — 
^icbt  zum  Vortheil  seiner  Arbeit  —  zufügen  zu  müssen. 
Ρ  Dagegen  hat  der  ümarbeiter  bei  der  Behandlung  des  mitt- 

leren und  des  ersten  Theils  seiner  Vorlage,  da  derselbe  hier  ein- 
greifendere Aenderungen  durch  Umdrehnng  der  Fahrtrichtung 
vorgenommen  hat,  eine  unheilvolle  Verwirrung  verursaolit:  die 
Lektüre  der  Verse  146 — 225  wird  heute  noch  verstäadUcher, 
wenn  man  dieselben  in  rückläuüger  Richtung  liest,  in  der  heute 
vorliegenden  Anordnung  kommen  viele  Angaben  zu  spät  und 
hinken  nach,  wie  z.  B.  nicht  zu  Anfang,  sondern  erat  am  Ende 
der  ßeschreibnng  Ophiuseas  die  Völker  dieses  Theilee  der  ibe- 
rischen Halbinsel  V.  1$^  IL  und  die  Völker  Galliens  aufgezählt 
BlMtn.  Mo*,  t  Pmtol.  N.  F.  t-.  22 


888  Marx 

werden :  Cempsi  atqae  Sefee  ardnoe  oollie  habent  Ophinatae  in 
agro:  propter  hoe  perniz  Ligne  Dragannmqne  proles  siib  ninoeo 
maxime  Septentrione  conlocanerant  larem.  Die  nrsprtlngHche 
Richtong  von  Stid  nacb  Nord  ist  nne  in  dienern  Tbeile  klar  und 
antchanlich  erhalten.  Doch  kehren  wir  sn  der  Stelle  nrttek,  tn 
der  wir  oben  S.  337  Aviene  Bescbreibnng  verlaeaen  haben. 

y.  146  heieet  ee  nnter  Hinweienng  anf  den  Anfangspunkt 
der  Beechreibnng  Aviene  (Y.  91),  anf  die  Bretagne:  Poet  illt 
mrenm,  qna  snpra  fati  eumne  Magnne  pateecit  aeqnoria  fnai  einoi 
Ophinseam  ad  nsqne.  Rnrenm  ab  hnins  litore  Intemnm  ad  ae- 
qnor  .  .  .  Septem  diemm  tenditnr  pediti  nia.  Gemeint  ist  der 
Oolf  von  Biecaya,  Ophinssa  ist  die  Nordkttste  nnd  Weetkiitte 
Spaniens  bie  zam  Gebiet  der  Cyneten  (200).  Die  daranifblgende 
Angabe  der  Entfernung  vom  Strande  dieses  Bnsens,  d.  h.  tod 
seinem  innersten  Winkel  bis  zam  Mittelmeer  xn  Lande  stand  wie 
die  entsprechende  Stelle  bei  Psendoscyl.  102  (vgl.  PsendoseymD. 
925  Herod.  I  72)  yermnthen  lässt,  am  Scblnss  des  Kapitels  Hber 
Ophinssa.  Dass  diese  Darcbqnemng  Hispaniens  nnriehtig  be- 
rechnet ist,  ist  für  unsere  Anschauung  gleichgültig:  hat  doch 
Herodot  a.  a.  0.  die  Durchquerung  Kleinasiens  gleichfalls  nn- 
riehtig berechnet.  Den  Zusammenhang  der  Vorlage  des  Avien 
mit  den  genannten  griechischen  Autoren  zeigen  die  unmittelbar 
folgenden  Verse:  Ophinssa  porro  tanta  panditur  latus  Quanttm 
iacere  Pelopis  audis  insulam  Graiomm  in  agro:  haec  dicta  primo 
Oestrymnis  est  Locos  et  arua  Oestrymnicis  babitantibus :  Post 
multa  serpens  effuganit  inoolas  Vaouamque  glaebam  nominis  fecit 
sui.  Zuerst  wird  uns  berichtet,  dass  Ophiussa,  das  ist  die  ibe- 
rische Halbinsel  von  Bayonne  bis  zum  Gap  St.  Vincent,  der  Pe- 
loponnes  an  Orösse  gleich  kommt.  Auch  im  sog.  Sojlax  92 
und  Scymn.  406  ff.  wird  eine  Halbinsel  in  Illyrien  als  όλιτφ 
έλάσσω  τής  Πελοποννήσου  bezeichnet,  eine  Maassangabe,  die 
dort  ebenso  verkehrt  ist  wie  die  bei  Avien  erhaltene.  Zu  der 
Angabe  der  Grösse  wird  ein  παράοϋξον  und  θαυμάσιον  hinn- 
gefügt,  das  uns  mitten  in  die  griechische  Sagenwelt  versetst.  Sage 
spinnt  sich  um  die  geschichtliche  Erzählung  und  um  den  Namen 
des  Schauplatzes  dieser  Erzählung.  Das  Land,  das  der  Dichter 
Ophinssa  nennt,  hatte  früher  dieselben  Bewohner  wie  die  Bre- 
tagne, war  also  von  Ostimiern  bewohnt,  Schlangen  haben  diese 
vertrieben  und  daher  erhielt  das  Land  seinen  Namen,  in  das 
also  später  die  Sefee,  Saefes  im  Norden,  die  Cempsi  weiter  sHd- 
lich  Wohnung  nehmen  (195.   199).     Wie  die  Halbinsel  Oeatryonis 


Aviene  ora,  m&ritima. 


von  den  Bewohnern  ihren  Namen  hat,  so  wird  auch  OpbitiBBa 
von  den  Bewohnern  benannt  nein  und  mag  der  Natne  der  Sefea, 
der  an  σήϊΤ€ς  =  Giftech  langen  anklingt,  zu  der  Benennung  und 
zu  der  Sage  die  Veranlaseung  gegeben  baben.  Das  Wort  Opbi- 
ueaa  rührt,  wie  ee  echeinti  von  dem  Epiker  Äntimachoe  her,  die 
Sage  von  den  Schlangen  von  Herodot  IV  105,  wo  es  von  den 
Neurern  im  Scytbenlande  beieet  T€Vefl  bi  μιή  iTpOTCpov  ύψέας 
τής  Δαρείου  στρατηλασίης  κατΐλαβε  έκλιπ€ΐν  τήν  χώρην  ττασαν 
ύττό  όφίαιν  οφιας  γαρ  σφι  πολλούς  μέν  ή  χώρη  όνέφαιν€,  oi 
bi  πλεΰνες  άνωθεν  σφι  έκ  ιών  έρημων  έττεττεσον  ές  Ö  ττιείό- 
μενοι  οίκησαν  μετά  Boubivtjuv  τήν  έωυτών  εκλιπόντες,  Aehn- 
iicbe  Sagen  werden  ηηβ  nacb  Herodot  mehrere  berichtet;  Amyolae 
^ji  serpentibns  deletae  bei  Piin.  n.  h,  III  59  Sern,  ad  Aen.  X  564, 
^■ie  Mücken  vertreiben  die  Einwohner  von  Myus  ans  ihrer  Stadt 
Fan».  VII  2,  11,  und  die  sonst  »ich  befehdenden  Fröeche  und 
MäüBe  verbünden  eich  die  Audariaten  au8  ihrem  Vaterland  zu 
verjagen  nach  Justin  XV  2,  1.  Eine  ganze  Reihe  ähnlicher  Ge- 
eehichten  sammelt  Flin.  n.  h.  VIII  104  und  Diodor  III  30  (Aelian 
n,  a.  XVII  41),  der  davor  warnt  solche  τταράΐ)θ£α  nngläubig 
aufzunehmen.  Äntimachoe  (78  Kinkel)  hatte  die  Ineel  Tenos 
όφΐόεσσα  benannt^  das  Epitheton  wird  zum  Namen  der  Insel  bei 
Steph,  Byz.  s.  n*  Τήνος  und  Plio»  n.  L•  IV  65,  so  heisst  Rhodos 
ebenda  V  132  und  sonst,  Cypern  bei  Ovid  met.  X  229,  Kythnoe 
(Stepb.  Byz,  s,  u.),  eine  Insel  bei  Kyzikoa  (PUn.  n•  h»  V  151 
u.  a.),  bei  Spanien  (Plin.  III  78  u.  a.)  und  bei  Kreta  (Plio.  IV 
61),  eine  Stadt  im  Scythenland  bei  Scylax  β 8  (GGM.  I  p.  57),  ao 
nannte  Alexander  Polyhistor  Libyen  nach  Steph.  Byz.  β.  u.  Λιβύη. 
Es  folgen  in  der  Beachreibung  V.  158 — 164  kurz  hinter- 
einander zwei  Vorgebirge,  das  Veneria  iugum»  Gap  Ortegal  und 
das  Aryinm  prominens^  Cap  de  Finisterre,  letzteres  der  äusserste 
Vorsprung  nach  Westen  und  deshalb  der  geeignetste  Punkt,  an 
dem  die  Entfernung  von  den  Säulen  angegeben  wurde,  die  oben 
S.  330  behandelt  ist»  Darauf  V,  165  die  Insel  des  Salurnus  io- 
mitten  der  See,  in  der  Unger  richtig  Berlenga  erkannt  hat :  dann 
folgt  166—171  ein  παρά6θΕον,  das  von  dieser  Insel  zu  ver• 
zeichnen  ist,  den  AbeohluBS  bildet  das  Prominens  Ophinseae,  Cap 
da  Rooca,  nach  dem  Lande  benannt  wie  bei  Scylax  63  άκρωτή• 
ptov  τής  Ταυρικής  und  die  Angabe  der  Entfernung  vom  Aryium 
iognm  173.  Hierauf  verwirrt  die  Beschreibung  der  Küste  ein 
Sttick,  das  wörtlich  aus  dem  alten  Periplus  übernommen  ist  und 
falsche  Stelle  gerathen  ist  174ff.:   ,  .  ,  abque  Aryii  iugo 


340  Marx 

In  haeo  looomm  bidui  carsut  patet.  At  qai  dehiaoit  inde  pro- 
lize  einne  Non  totne  ano  facilo  nanigabilie  Yento  reoedit:  nam- 
qne  medium  acceesene  Zopbyro  nehente,  reliqua  depoaeant  notam. 
£t  rartue  inde  ei  petat  qnieqaam  pede  Tarteseioram  litoe  exraperet 
niam  Viz  lace  qnarta:  eiqnie  ad  nostnim  mare  Malacaeque  por- 
tnm  temitam  tetenderit  In  quinque  eolee  est  iter.  Beoht  haben 
hier  die  allein,  die  in  dem  weitbin  klaffenden  Busen  den  Golf 
Yon  Biscaya  erkannt  haben,  der  von  dem  Bearbeiter  147  nor 
flüchtig  erwähnt  war:  magnne  patesoit  aequorie  fusi  sinne  Ophi- 
ussam  ad  nsque:  rurenm  ab  buiue  litore  Intemum  ad  aeqnor, 
.  .  .  Septem  dierum  tenditur  pediti  uia.  Auch  dort  war  eine 
Durchquerung  Spaniens  ( jetxt  mit  rursus)  daranangeknUpft,  der  erste 
Grund  des  Versehens.  Der  zweite  Grund  ist  der,  das•  in  der 
ursprünglichen  Fahrtrichtung  des  Periplus  die  Beschreibung  des 
Golfs  yon  Biscaya  begonnen  haben  mnss,  wo  derselbe  in  d«r 
That  beginnt,  am  Aryium  ingum,  dem  Cap  de  Finisterre.  Dies« 
Gap  hatte  der  Bearbeiter,  der  den  Periplns  gewaltsam  umkehrte, 
unmittelbar  vorher  172  in  seiner  Vorlage  aufgesucht,  um  die 
Entfernung  von  Aryiam  nach  dem  Vorgebirge  von  Ophiuasa  an• 
xugeben  und  dabei  ohne  nachzudenken  das  auf  das  Aryium  in 
seiner  Vorlage  folgende  Stück  über  den  Golf  von  Biscaya  mit 
übersetzt.  Die  Fahrtrichtung  ist  die  seiner  Vorlage:  mit  dem 
Westwind  erreicht  man  die  Ecke  des  Golfs,  mit  dem  Südwind 
der  Nordlandfahrer  die  Spitze  der  Bretagne,  von  der  oben  V.  93 
vermeldet  war,  dass  sie  tota  in  tepentem  maxime  uergit  notnm. 
Wer  an  der  Identität  des  ungenannten  sinns  mit  dem  Golf  von 
Biscaya  zweifelt,  wird  daran  nie  zweifeln  können,  dass  die  an- 
gegebenen Fahrtrichtungen  in  diesen  Periplus  nie  passen  können 
und  was  die  Annahme  von  Interpolationen  in  einer  der  Richtung 
des  Periplns  entgegengesetzten  Richtung  betri£Et,  so  theile  ich 
hier  durchaus  das  sehr  drastische  Urtheil  Ungers  Philologoi 
Suppl.  IV  1884  S.  267.  Auch  hier  schliessen  wir  aus  den  An- 
gabe des  Landwegs  durch  Spanien  wie  oben  S.  338,  dass  hier- 
mit ein  Kapitel  in  der  Vorlage  des  Bearbeiters  abschloss.  Dai 
neue  Kapitel  begann  demnach  in  der  ursprünglichen  Reihenfolge 
mit  dem  Promontorium  Ophiuesae,  es  folgte  die  Insel  des  Satom 
und  die  Erzählung  des  Paradoxon,  das  Aryium  ingum  mit  An- 
gabe der  Entfernung  von  den  S&ulen,  die  Beschreibung  des  Golfi 
von  Biscaya  (174 — 177),  das  Veneris  ingum,  zum  Schlnss  war 
die  Angabe  über  die  Länge  des  Landwegs  vom  innersten  Win- 
kel des  Golf«  bis  zum   Mittelmeer  hinzugefügt 


Aviens  oni  maritima. 


Sil 


Wie  diese  Angabe  den  Abeohlnsi  bildete  des  vorhergehenden 
Kapitels  in  eeiner  ursprünglichen  Geetalt  und  Anordnnng^  §a  die 
enteprecheEde  Angabe  178—182  (oben  S,  340}  den  AbBchluee 
des  bei  Avien  folgenden  Kapitels,  in  dem  diese  Berechnung  aa§• 
gegangen  «ein  miiss  von  der  Stelle,  an  der  das  Meer  dae  Fest- 
land  von  Portugal  am  tiefsten  einschnürt,  also  der  babia  de  Se- 
tubal.  üeber  die  Zuverlässigkeit  der  Massangaben  ist  das  oben 
S.  338  gegebene  Urtheil  hier  nur  zu  wiederholen.  Die  Darstel- 
lung des  zunächst  folgenden  Kapitels  zeigt  gleiclifalls  grosse 
Verwirrungen.  Die  einzelnen  Angaben  stehn  wie  zumeist  in 
diesem  Theile  der  ora  maritima  in  keinem  Znsammenbang  mit 
dem  jeweilig  unmittelbar  darauf  folgenden  Stück,  eine  Erecheinnng 
für  die  die  Erklärung  nicht  schwer  zu  finden  ist:  auch  untrüg- 
liche Spuren  der  alten  Fahrtrichtung  sind  uns  erhalten.  Es  folgt 
das  Cepresicum  iugnm  182  und  die  Insel  Achale,  an  letztere 
wird  in  ausführlicher  Erzählung  ein  θαυμά(Τΐον  (prae  rei  mira- 
ciilo  185  wie  105)  angeknüpft  184—194.  Es  folgt  195—198 
die  Aufzählung  der  Volker  Ophiussas  und  der  daran  angrenzenden 
Völker  Galliens  in  der  alten  Richtung  von  Süd  nach  Nord,  die 
8.  338  oben  behandelt  ist;  die  Reihenfolge  war  Cempai-Sefes- 
Liguree.  Offenbar  erfolgte  diese  Aufzählung  hier  deshalb,  weil 
hier  die  Stelle  war^  wo  Ophiussa  in  der  Vorlage  zuerst  erwähnt 
war.  Es  hinkt  nach  der  V.  199  Poetanion  autem  est  insula  ad 
SefQm  (flefumum  die  U  eher  lief  er  ung)  latus  Patulusque  portns, 
emendirt  von  C.  Müller  und  ganz  unverständlich  folgt  unmittel- 
bar darauf  inde  Cempsis  adiacent  Fopuli  Cjnetum,  tum  Cyneti- 
euiD  iugum,  Qua  sideralie  lucie  inclinatio  est  Alte  tumesoens  ditie 
Enropae  extimum  In  beluosi  nergit  Oceani  salum.  Ana  am  nie 
illic  per  Cynetas  effluit  Sulcatque  glaebam.  Panditur  rnreue  ei* 
nue  Cauuei|ue  caeepes  in  meridiem  patet  Darauf  folgt  die  Be- 
schreibung der  Fluasmündung  des  Anas,  der  sich  in  den  eben 
erwähnten  Busen  ergiesse  208 — ^211,  demnächst  kehrt  die  Bc- 
ficbreihang  wieder  zurück  und  erwÄhnt  zwei  Inseln,  die  grössere 
heieet  Agonis,  die  kleinere  ist  ανώνυμος  (vgl.  Scylax  21)  212— 
215,  schliessüch  langt  die  Heechreibung  wieder  an  der  schon 
oben  201  beschriebenen  Westspitze  Europas  an  215  S, :  Inhorret 
inde  rupibus  cautes  f^aora  Saturni  et  ipsa,  feruet  inlisum  mare 
Litnsque  late  saxeum  distenditur,  218—221  giebt  eine  Beechrei- 
bang  der  dort  vorkommenden  langharigen  Ziegen.  Den  Abeohluet 
bildet  222  Hinc  dictum  ad  amnem  solis  unius  uia  est  Genti  et 
rnetum  hie  terminus*     Tartessiui  Ager  his  adbaeiret  ,  *  *    hier 


342  Marx 

geht  der  περίπλους  τών  έκτος  wie  oben  S.  331  aaegefthrt  ist, 
zn  Ende.     Die   nrsprüngliche   Fahrtrichtung   seigen    die    letzten 
Verse  klar  und   deutlich.     Der  Bearbeiter  hat  die  Beaohreibang 
des  Anas  205  vorweggenommen,  215  kehrt  er  inrfiek  cur  cantes 
Sacra,   dem  Cap  St.  Vincent,    das   zweifelsohne    mit   dem  icp&v 
άκρωτήριον   (Strabo  III  p.   148)   ein    und   dasselbe    ist,   vorher 
(201)    war  dasselbe  Vorgebirge   schon  im  Anschlnss  an  die  E^ 
wähnnng  der  Cyneten  Cyneticum  iugnm  in  dem  grieohiachen  Vo^ 
bild  des  Avien  genannt  worden:    dass    diese  beiden  Vorgebirge 
nicht  verschieden  untereinander  sind,  ist  dem  Avien  selbst  völlig 
unbekannt.     Mit  222  Hinc  dictum  ad  amnem  solis  unina  nia  est 
giebt  der  Gewährsmann  des  Avien  in  Beibehaltung  der  ureprfing- 
lichen  Fahrtrichtung  westwärts  die  Entfernung  vom  Gap  St.  Vin- 
cent nach  dem  Anas    (Guadiana)   an  und  genti  Qynetnm  hie  ter- 
minus    zeigt,    dass   das   Cap   die   westliche  Ghrenze  der  Cynetea 
bildet.     Denn  hie  muss  Adverbium  sein  und  sieh  wie  das  davor 
stehende  Line  auf  das  Cap  beziehen,    nicht  auf  den  amnis  Anas^ 
da  dieser  nach  205  per  Cynetas  effluit  (vgl.  Scyl.  62  Alvtfivc^ 
και  bi*  αυτών  ^ei  6  Σπερχειός  ποταμός).     Wir  haben  also  hier 
an    unpassender  Stelle   ein  Stflck   der  Vorlage  ohne  Umdrehung 
der  Fahrtrichtung   erhalten    wie    oben   bei  der  Beschreibung  des 
GOlfes  von   Biscaya  gezeigt    ist.     Auch    hier    ist   wie    dort  die 
Stelle  doppelt  erhalten,  allerdings  nur  in  den  ausfallenden  kuneo 
Worten  200   inde  Cempsis  adiacent  populi  Cynetum.     Sie    sind 
sehr  ungeschickt  eingefügt,    noch  ungeschickter   der  unmittelbar 
vorhergehende  Satz  Poetanion  autem  est   insula  ad  Sefhm  latai 
Patulusque  portns,  der  der  Aufzählung  der  Völker  Ophioaaaa  und 
Galliens  hinzugefügt  ist,  der  offenbar  verstellt  ist  und  naehhinkt. 
Da  die  Sefer  nördlich  von  den  Cempsem  liegen  und  ollbnbar  das 
mächtigere  Volk  Ophiussas  sind,  so  dass  darum  der  Ghrieehe  das 
Land  vielleicht  nach  denselben  (vgl.  oben  S.  839)  benannt  hat,  die 
Cyneten    am  Cap   St.  Vincent   zu    Ende    sind,    so    erfordert   die 
äussere   Umgrenzung  des  Kapitels   den   patulus    portna    an   der 
Kfiste  (latus)  der  Sefer,    der   offenbar  der  Haupthafen  Opliinasu 
ist,  möglichst  nördlich  anzusetzen,  weil  sonst  den  Gempei  πα  wenig 
Gebiet   übrig   bleibt.     Die  Notiz    stand    am    Sehlnaa   de•  ersten 
Kapitels  des  ursprünglichen  Periplus,   von  der  tiefen  EInsohni* 
rung  des  Landes,  die  dieeer  Hafen  bildet,  ist  die  oben  S.  340.  341 
besprochene    Durchquerung    der    Halbinsel    bereehnet,     woldie 
am  Schluss  eines  Abschnitts   stand,    wie   someiat  die   Maaeaan* 
gaben  in  geographischen  Werken.    Die  ursprflngliehe  Anordnuig 


AvienB  ora  mariLimii. 


S43 


dieeeB  ÄbBohöitte  zu  Anfang  dee  Periplue  τών  έκτόςι  der  wiederum 
in  zwei  Tbeüe  zerfallt,  war  demnach  üDgefälir  folgende.  Die  Be- 
echreibuog  begann  mit  dem  Anas,  dem  Meerbneeni  in  den  derselbe 
in  zwei  Armen  mündet,  dem  Volke  der  Cyneten,  dae  er  durcbströmt: 
als  θαι;μάσιον  waren  die  langbaangen  Ziegen  in  den  Bergen  der 
Cyneten  gerühmt,  Vor  der  Küste  der  Kyneten  liegen  zwei  Ineeln 
zwiecben  Anas  nnd  Cap  8t.  Vincent,  der  oautea  Sacra,  wo  die 
Grenze  der  Cyneten  ist  (204^223)  und  die  darum  auch  Κάνη- 
,  τικόν  άκρωτήριον  benannt  wurde,  Europas  äueeerete  WestspitzOi 
i  Tom  Ocean  umbranet.  Am  BcMubb  war  die  Entfernung  vom  AnM 
I  bis  zum  Cap  St,  Vincent  auf  eine  Tagesfahrt  angegeben. 
^^L  Darauf    ging    die    EeBcbreibnng    zu    Ophiusea    über.      Die 

^■uröese  war  angegeben  (151  —  154),  die  Gescbiolxte  dea  Lande» 
und  Bedeutung  des  Namens  erörtert,  die  Völker,  die  früher  hier 
I  wohnten  (165 — 157)»  die  jetzt  hier  wohnen  und  deren  nördlich 
'  angrenzende  Nachbarn  (195  —  198)  aufgezählt.  Darauf  folgte  an 
der  Küete  der  Cempai  die  Erwähnung  dee  Cepresioum  iugum 
(Cap  Eepichel)  und  der  Insel  Acbale  mit  ihrem  Θαυμά(7ιον 
(182—194),  wo  das  Gebiet  der  Cempei  endigt  und  die  Sefee  be- 
ginnen. Hier  war  der  patulua  portna,  überhaupt  der  einzige 
Hafen,  der  in  dieser  Küetenbeecbreibung  vorkam,  erwäbut,  der 
an  der  Küste  der  Sefee  liegt  mit  der  Insel  Poetanion  (199))  offen- 
bar entweder  der  Hafen  von  Setubal  oder  von  Liesabon.  Der 
eretere  scheint  deshalb  gemeint  zu  sein,  weil  auf  diesen  das  Epi- 
theton patulus  besser  paest  als  auf  den  Hafen  von  Lissabon  mit 
seiner  röhrenförmigen  Einfahrt  und  derselbe  auch  weiter  östlich 
in  das  Land  einschneidet.  Denn  von  diesem  tiefen  Hafenein- 
schnitt  ab  war  am  8chluss  des  Abschnitts  der  Weg  quer  durch 
die  Halbinsel  nach  Gadea  eineraeita  und  nach  Malaca  andrerseits 
berechnet  (178 — 182).  Damit  aind  wir  mit  der  Behandlung  diese• 
ττ€ριπλους  τών  έκτος  *Ηρακλ€ία>ν  στηλών  zu  Ende. 

Ganz  verschieden  in  der  Anlage  und  Schrei hw eise  ist  der 
gröeaere  Periplus,  der  an  der  Mündung  des  Fiueses  Anas  etwa 
begonnen  hat  und  uns  bis  zur  Stadt  Massilia  erhalten  ist,  Bier 
finden  sich  nirgends  Anstösee  und  Verwirrungen  der  Art,  wie 
die  oben  behandelten  sind :  Avien  wusste  hier  selbst  einiger* 
maesen  Bescheid,  in  Gades  iat  er  selbst  gewesen  (274).  Die 
Fahrtrichtung  ist  ostwärts,  der  treibende  Wind  der  Westwind, 
der  Favoniue:  Zephyridos  arcem  siquis  excedat  rate  Et  inferalaf 
gurgiti  nostri  maris  Fabris  uehetur  protinus  Favonii  (239  ff.), 
Niif  einmal  geht  die  Fahrtrichtung  in  oociduam  plagam  V.  380  ff., 


344  Marx 

wo  eben  jenee  aiifdnngliobe  and  dreimal  ttbel  aagebraohte  (Stat 
ane  Himilco  αηβ  abermale  überraicbt.  Hier  bat  Avien  das  Citat 
ane  Dionyeine  (331)  angebracbt,  in  breiter  and  geeohwltiiger 
Weiee  bat  derselbe  an  das  Gitat  aas  Himilco  a.  a.  O.  anknfipfend 
die  Lebre  des  Dionysias  (Avien  descr.  830  ff.)  ttber  die  vier  sinne 
des  Oceanns  (vgl.  oben  S.  329)  in  die  Darstellung  seiner  Vor- 
lage eingescboben  (390—405),  so  dass  dasselbe  Citat  ans  Himileo 
diese  von  dem  Inbalt  des  übrigen  Periplns  in  derselben  Weiss 
wie  die  Einleitung  80 — 89  abstecbende,  recbt  anpassende  Ans• 
einandersetznng  ancb  abscbliesst  and  so  der  Zasammenbang  der 
Vorlage  wieder  bergestellt  ist  (406 — 416).  Mit  seinem  Anfent- 
balt  in  Spanien  bangt  es  zusammen,  dass  St&dte  wie  Cjptela  537, 
Callipolis  515,  Lebedontia  509,  Hylactes,  Hystra,  Sarna  496,  Sa- 
laoris  513,  Beeara  591,  die  Herbi  ciuitas  244  und  die  Hema 
cinitas  463,  deren  Namen  ibm  nicbt  mebr  bekannt  waren,  mit 
mebr  oder  minder  sentimentalen  Ansdrttcken  als  versobollen  be- 
xeicbnet  werden:  er  wird  nicbt  immer  darüber  Naobforsobungea 
angestellt  baben,  ob  wirkliob  von  Hemeroscopium  (476)  nnd  Em- 
porium  (560)  ancb  kein  Dorf  verwandten  Namens  mebr  Zeugniss 
ablegte.  Inwieweit  diese  Städte  scbon  in  seiner  Vorlage  als  ver- 
lassen angegeben  waren,  sind  wir  zu  benrtbeilen  nicbt  mebr  im 
Stande.  Von  verscbollenen  Städten  bericbtet  Avien  öfters,  obie 
dass  die  Namen  der  einzelnen  von  ibm  genannt  werden  (489  ff. 
446  ff.),  so  dass  wir  uns  nicbt  wundem  dürfen,  wenn  wir  ver- 
scbiedene  Namen  von  Städten  nicbt  vorfinden,  die  wir  dem  Cha- 
rakter des  erbaltenen  Periplue  entsprecbend  für  die  grieobisebe 
Vorlage  des  Avien  voraussetzen  müssen.  Den  Anstoss  in  diesen 
Aenderungen  gab  dem  Avien  sein  Aufentbalt  in  Gades:  mnlta  et 
opulens  oiuitas  Aeuo  uetusto,  nunc  egena,  nunc  breuis,  Nunc  desti• 
tuta,  nunc  ruinarum  agger  est.  Nos  boc  looorum  praeter  Her- 
calaneam  SoUemnitatem  uidimus  miri  nibil  (270  ff.).  Die  Aus- 
dmcksweise  des  Dichters  wird  an  solchen  Stellen  rbetoriseb 
gefärbt,  so  bei  der  Sobilderung  von  Callipolis  514,  wo  die  έπα• 
ναοίπλακτις  an  die  Stelle  des  Dionysius  über  den  Flnss  Bhebas 
erinnert  (Dionys.  794  =  Avien  descr.  963).  Im  übrigen  war  die 
Darstellung  des  Originale,  wie  die  Bearbeitung  noch  erkennen 
lässt,  von  einer  schlichten  und  nüchternen  Altertbümliohkeit  Der 
wesentlichste  Unterschied  zwischen  diesem  grösseren  nnd  dem 
vorgesetzten  kleineren  Periplns  ist,  wie  oben  S.  334  erörtert,  der, 
dass  in  dem  letzteren  in  jedem  Kapitel,  in  dem  ersteren  nirgends 
θαυμάσια  und  naf>abofo  im  Anschluss  an  die   geographiMhen 


Äviene  ora  mariiiiö». 


S45 


bilderangen  beigefügt  waren,  obwohl  die  Strecke  vom  Anas 
bis  Haeeüia  gewiss  oft  dasu  YeranlaBSUfig  geben  muBete.  Scbon 
dieser  charakteriBtiBebe  UnterBchiecl  zwingt  une  zu  dem  SchliBB, 
den  grösseren  Periplue,  der  unbedingt  älter  eeiE  ιηηββ  wie  der 
zweite  pnnisobe  Krieg  utid  die  GrUndniig  von  Carthago  noua, 
das  Avien  in  seiner  Vorlage  aicbt  vorfand,  für  älter  zu  halten 
wie  den  kleineren  Periplus:  jener  gebort  in  die  voralexandrinieobe 
Periode»  dieser  echon  wegen  des  paradoiograpbiscbcn  Charaktere 
in  die  alexandrinisobe  oder  nacbalexandriniecbe  Epoobe  der  grie« 
cbiscben  Litteratur,  und  vor  die  Zeit,  in  der  die  Kriegsziige  der 
Römer  die  westlicbe  Hälfte  der  Pyrenaeiecben  Halbineel  der 
griechischen  Wissensebaft  erscbloesen  haben.  Diesen  Ansatz  nnter- 
stützt  die  Betrachtnng  des  Inhalts  der  beiden  Werke:  die  Länder 
I  έκτος  τών  *Ηρακλ€ΐίΐιν  στηλών  sind  später  bekannt  geworden 
wie  die  Länder  von  Gades  ab  ostwärts  der  Küste  entlang.  Was 
Jen  jüngeren  Periplns  betrifft,  so  muss  derselbe  jUnger  sein  wie 
^^Eratostbenes  nnd  dessen  Gewährsmann  Pytheas  von  Massilia, 
^Her  smerst  jene  Gegenden  jenseits  der  Säulen  erforsoht  hat.  Die 
^Meograpbisohen  Angaben,  die  Beschreibung  seihet  war,  wie  wir 
^naben^  klar  und  lichtvoll,  ausserdem  bis  auf  einige  unrichtige 
Distanzangaben,  über  die  wir  uns  nicht  den  Kopf  zu  zerbrechen 
brauchen,  dnrobaus  zuverlässig:  selbst  die  beigefügten  miracula 
and  admiranda  sind  keineewegs  abenteuerliche  Lügen  oder  Mär* 
eben.  Eratosthenes  hatte  nach  Strabo  ΙΓΙ  p,  148  ΤΤυθέα  πΐ(ΐτ€ύ• 
σας  die  Fahrt  von  Gades  nach  Cap  8t.  Vincent  auf  5  Tage  be- 
rechnet und  erfuhr  deshalb  den  Tadel  eeiner  Nachfolger:  wenn 
diese  die  Entfernung  nach  Strabo  a.  a.  0<  auf  1700  Stadien  be- 
rechneten und  eine  Tag-  und  Nachtfahrt  1000  Stadien  zurücklegt 
(vgl.  die  Erklärer  zu  Herod.  IV  86,  2  Peeudosoyl.  69),  so  kommt 
die  Angabe  unseres  Gewährsmanns,  wonach  dieselbe  knapp  zwei 
Tage  beträgt  (vgl.  oben  S,  B30)  dem  Richtigen  weit  näher  und 
bezeiohnet  unbedingt  einen  Fortflchritt.  Wer  der  Verfasser  dieses 
Periplus  gewesen  ist,  wissen  wir  nicbt,  ein  Grieche  muss  e«  ge- 
wesen sein,  wie  oben  S»  335.  339  ff.  erörtert  ist  und  an  MüUenboffs 
phoenikische  Quelle  wird  heute  wohl  kaum  noch  jemand  glauben* 
Er  wird  nach  den  oben  gegebenen  Erwägungen  in  die  Zeit  bald 
nach  Eratosthenes  und  vor  der  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderte 
V,  Ch,,  d*  h.  vor  die  Zeit  der  Kriege  der  Römer  mit  den  Celti- 
berern  und  Lusitaniern  gehören,  welche  erst  die  Nordkiiste,  West- 
küste und  Stidwestküste  der  Halbineel  der  Erdkunde  erschlossen 


346  Marx 

haben  (Florus  I  33  [II  17]  Velleiae  II  5),  also  in  die  Zeit  von 
200—150  V.  Chr. 

Weit  älter  ist  der  gröeeere  Periplue,  dem  die  vorgeeetsten 
Qellenangaben  V.  42 — 50  entnommen  eind.  £e  werden  als  Ge- 
wäbremänner  oitirt  Heoataene»  Hellanioue,  Eaetemon,  Philena, 
Scylax,  Damastne,  Herodot,  Thucydides,  Bacorie,  Gleon,  Panei- 
maohue:  alles  Schriftsteller  der  Zeit  vor  400  ▼.  Chr.,  intofem 
ihre  Zeit  überhaupt  feststeht.  An  der  Anfriohtigkeit  dieser  An- 
gaben XU  zweifeln  würde  dann  berechtigt  sein,  wenn  sich  irgend 
eine  sichere  Spar  der  Benützung  des  Timaens  oder  £phoni8  bei 
Aviens  Vorlage  nachweisen  Hesse.  Aber  wer  die  geographischen 
Fragmente  des  Timaens  dorohmostert,  wird  hier  keinerlei  nfthere 
Berührungen  mit  der  Geographie  des  Avien  finden  könnea.  Die 
Geographie  des  Ephoros  liegt  uns  in  den  Versen  des  sog.  Seym- 
nus  vor:  seine  Angaben  über  die  Völker  Spaniens  seigen  viele 
Verwandtschaft  mit  Avien,  ebenso  wie  wir  schon  oben  8.  331. 
338  erwähnten,  die  Angaben  des  Pseudoscylax.  Bei  den  Autoren 
des  5.  Jahrhunderts  grenzt  Iberien  an  Tyrsenien  unmittelbar  an, 
so  bei  Herodot  I  163:  bei  Aeschylus  Fragm.  73  fliesst  der  £bo- 
danus  in  Iberien,  die  Phokaeer  gründen  Massilia  bei  Seymn.  206 
έλθόντες  €ΐς  Ιβηρία  ν.  Die  Ligyer  wohnen  bei  Herodot  V  9 
δνιυ  υπέρ  Μασσαλίης,  aber,  dem  Bericht  des  Avien  135  ff.  628  ff. 
entsprechend,  machen  sie  damals  bereits  die  Küste  unsicher 
(Aeschyl.  fragm.  199),  der  Freund  der  ueographie  und  der  Geo- 
graphen, Sophocles  kennt  bereits  die  Λιγικτηκή  τε  γή  ^ber  am 
Τυρσηνικός  κόλπος  gelegen  (Fragm.  541).  Noch  bei  Herodoros, 
einem  Zeitgenossen  des  Socrates,  reichen  die  Iberer  bis  sum  Bho- 
danus  (FHO.  II  p.  34).  Die  Frsgmente  des  Heoataens  sieben 
wir  besser  nicht  in  diese  Untersuchung  herein.  Offenbar  dringen 
im  Lauf  des  4.  Jahrhunderts  die  Ligurer  immer  weiter  vor  und 
drängen  die  Iberer  immer  weiter  zurück:  bei  Ephoros  im  Seym- 
nus  201  beginnen  die  Ligyer  an  den  Pyrenaeen  und  liegt  Mas- 
silia έν  Tfji  Λιγυστική  211,  während  in  dem  Periplus  des  sog. 
Scylax  3  von  den  Pyrenaeen  ab  Λίγυες  καΐ  Ίβηρες  μιτ&Ι>€ς  bis 
zum  Flusse  Rhodanus,  vom  Rhodanus  ab  reine  Ligures  ansissig 
sind.  Anders  bei  Avien:  der  Fluss  Oranus  in  der  Nihe  des 
heutigen  Getto  scheidet  nach  V.  612  die  Hibera  tellns,  d•  h.  die 
Iberer,  und  die  Ligyes  asperi:  letztere  haben  sieh  nooh  sieht 
westwärts  bis  zu  den  Pyrenaeen  ausgedehnt  Es  gehSrt  demsaeh 
die  griechische  Vorlage  dieses  Theiles  der  ora  aaritinui  in  die 
Zeit   zwischen  Herodor   einerseits  und  Scylax  und  Eplioro•   aa- 


Aviene  ora  mftriiiroa. 


347 


drereeite,  d*  h.  in  die  erete  Hälfte  des  vierten  Jahrhunderte.  Die 
Verwand tflcbaft  dieses  Periplus  des  Avien  mit  dem  sog.  Soylax 
wird  woliL  anf  den  Athener  Phileas  zu  τ  Üok  zu  führe  π  flein,  der 
diese  Gegenden  bereist  bat  (Ävien  695)  und  m  dem  Letronne 
mit  Recht  die  Hauptquelle  des  sog-  Soylax  vermutete  (GGM.  I 
p.  XLY).  Ein  Gelehrter  der  augueteiaclien  Zeit  bat  diese  beiden 
Eüstenbeschreihungeu,  diese  ältere  τής  εντός  θαλάσσης  der  Zeit 
von  400 — 350  und  jene  jünger©  της  έκτος  θίΐλάασης  der  Zeit 
von  200 — 160  v.  Chr,  in  der  Weise  roiteinander  verbünden,  dase 
er  um  eine  Fahrtrichtung  heTzuetellen  den  letzteren  erst  in  sehr 
ungeschickter  Weise  umdrehte  und  dann  dem  ersteren  vorBetstte. 
£r  fügte  die  punischen  Etymologien  von  Oodir  2G8  und  Abila 
345,  auoierdem  ein  Citat  ans  dem  punisoben  Periplus  des  Himiico 
an  verschiedenen  Stellen  hinzu,  wobei  er  sich  auf  seine  puniseben 
KenutniBse  viel  zn  gut  that,  war  also  ein  Gelehrter  nach  Art 
de®  Jnba  (H.  Peter,  lieber  d*  Werth  d»  bist*  Sohriftstellerei  des 
Juba,  Meieeen  1879  p*  5  Athen  III  p•  83  C),  über  den  Avien 
275  ff.  berichtet.  Oh  derselbe  Gelehrte  auch  das  Ganze  in  grie- 
chieche  Verse  gebracht  hat  oder  ein  apaterer  grieohiecher  Dichter 
Tiaeh  Art  des  Dionysins  eich  dieser  Aufgabe  unterzogt  müssen 
wir  unentschieden  lassen. 


Breslau. 


Friedrich  Marx. 


348  Cauer 


Aisfbylts  iid  der  Are#pag. 


„Wae  man  niobt  weise,  das  eben  brauchte  man,  Und  wae 
man  weise,  kann  man  nicht  brauchen/^  So  hat  wohl  eehon  man- 
cher geklagt,  der  den  ernsthaften  Versnch  gemacht  hat,  die  Rede, 
mit  der  Athene  in  den  aiscbyleischen  Enmeniden  681 — 710  den 
Areopag  einsetzt,  bis  ins  Einzelne  zu  yerstehen. 

Wohl  siebt  jeder  auf  den  ersten  Blick,  dass  die  Worte  der 
Göttin  Anspielungen  anf  brennende  Tagesfragen  enthalten,  and 
wohl  ist  bekannt,  dass  die  politischen  Parteien  sich  um  dae  Jahr 
458,  in  welchem  die  Enmeniden  aufgeführt  worden  sind,  mit 
grosser  Leidenschaft  bekämpft  haben.  Aber  einerseits  sind  jene 
Kämpfe  so  trttmmerhaft  fiberliefert,  andrerseits  setsea  die  An- 
deutungen des  Dichters  eine  so  genaue  Kenntniss.TOFaus,  dass 
die  verschiedensten  Auslegungen  gleich  berechtigt  scheinen. 

Alle  sp&teren  Versuche  haben,  zustimmend  oder  ablehnend, 
an  Otfried  Müller  angeknüpft.  Dieser  war  der  erste,  der  die 
poetische  Verherrlichung  des  Areopags  mit  dem  Gesetze  in  Zu- 
sammenhang  brachte,  durch  welches  Ephialtes  den  Areopag  seiner 
politischen  Gewalt  beraubte.  Da  die  kühne  und  zuTersiehtliche 
Art,  wie  Aischjlos  für  den  Areopag  eintritt,  einen  Sinn  nur 
haben  konnte,  so  lange  noch  etwas  zu  vertheidigen  war,  so  nahm 
0.  Müller  im  Widerspruche  zur  Ueberlieferung  an  (Enmeniden 
116  f.\  Aiscbylos  habe  die  Enmeniden  Tcrfasst,  nachdem  Ephi- 
altes  seinen  den  Areopag  bedrohenden  Antrag  gestellt  hatte,  aber 
Tor  der  entscheidenden  Abstimmung  des  Volkes.  Da  Aisehylos 
den  Areopag  als  Gerichtshof  über  Leben  und  Tod  feiert,  so  sah 
0.  Müller  (a.  a.  0.  118.  119)  in  der  ßlutgerichtsbarkeit  die 
wichtigste  der  durch  Ephialtes  dem  Areopag  genommenen  Korn- 
pftenien.  Wenn  er  für  den  Areopag  kimpfte,  so  erwiee  siek 
Aisehylos  als  konserratiTer  und  aristokratiseker  Politiker;  dasn 
stimmte    die   in    den  Persern  und  in  den  Sieben  g^gm  TMmi 


Aiflcbytos  und  der  Areopag. 


349 


liervortretende  Verehrung  des  Bicbtere  für  Ansteidee.  Dagegen 
machte  es  Bedenken,  daes  da»  von  den  Demokraten  gegen  Sparta 
abgeeebloBsene  Bündnies  mit  Argoa  eben  in  den  Enmeniden  (162 — 
177)  aufs  wärmste  gerühmt  ivird.  Indessen  begegnete  Müller 
diesem  Bedenken  mit  der  Erwägnng^  daee  Äieohyloii  wenn  er 
sich  aueli  im  allgemeinen  zur  ariatokratiacben  Partei  hielt,  doch 
iiiüht  alle  Aneichten  dieser  Partei  zu  tbeilen  brauchte  und  recht 
wohl  die  auswärtige  Politik  der  Demokraten  billigen  konnte  (a. 
a.  0.   125). 

Wie  0.  Müller  Aiichyloa  auelegte,  war  alles  verstand  lieh* 
Aber  seine  Auslegung  machte  zwei  Voraussetzungen»  welche  vor 
der  fortHclireiteuden  Forschung  nicht  Stand  gehalten  haben:  1)  das» 
der  Areopag,  als  die  Eumeniden  aufgeführt  wurden,  imch  im  un- 
gescbmälerten  Besitze  seiner  Macht  gewesen  sei,  2)  dass  Ephi- 
altee  dem  Areopag  vor  allem  die  BlutgericbtBbarkeit  genommen 
habe.  Da«  genauere  Studium  der  üeberlieferung  ergab,  das»  der 
Areopag  bereits  gestürzt  war,  ehe  die  Eumeniden  Über  die  Bühne 
gingen,  und  daee  die  Blutgerichtebarkeit  gerade  diejenige  Kom- 
petenz war,  die  dem  Areopag  auch  nach  seinem  Sturze  verblieb• 
Daa  konnte  man  schon  au8  den  früher  bekannten  Nachrichten 
mit  ziemlicher  Sicherheit  eutuehineu;  die  gerade  hierin  zuver- 
liesigen  Angabeu  der  'Αθηναίων  πολιτεία  haben  es  zur  Gewiss- 
heit  erhoben*  Detin  das  Gesetz  des  Bphialtes  wird  uem  Jahre 
des  Archons  Konon  (462/1)  zugewiesen  (25,2);  und  alle  mit 
Afchontennaraen  versehenen  Angaben  haben  Anspruch  darauf^ 
als  Üeberreste  der  Chranik  zu  gelteiL  Und  die  bereits  aue  den 
Bednern  bekannte  Fortdauer  der  vom  Areopag  ausgetihten  Blut- 
gerichtsbarkeit  wird   57 ^  H  hervorgehoben ♦ 

Somit  ist  MiillerH  Ansicht  der  Boden  entzogen.  Aber  ehe 
die  'Αθηναίων  πολιτεία  gefunden  wurde,  haben  mehrere  Forscher, 
ohne  seine  Voraussetzungen  zu  theilen^  doch  seine  Konsequenzen 
angenommen.  Schümann  (Aiach,  Kum.  49  if.  102)  und  Droysen 
(Aisch.  562  ff.)  nehmen  beide  an,  dass  Aiscbylos  die  Eumeniden 
echrieb,  als  der  Areopag  bereits  auf  die  Blutgericbtsbarkeit  be- 
echränkt  war.  Beide  eehen  iu  den  Worten  der  Athene  einen 
Versuch,  die  Partei  zu  unterstützen,  welche  dem  Areopag  seine 
durch  Ephialte«  vernichtete  politische  Gewalt  wieder  verschaffen 
wollte.  Nur  sieht  Schümann  darin  nicht  den  Hauptzweck  der 
Tragödie,  während  nach  Droyeene  Ansieht  dies  Bestreben  der 
einzige  Grund  war,  weshalb  der  greise  Dichter  noch  ein  Mal 
vor  das  athenische  Publicum  trat. 


86ο  Ctii€t 

Gegen  diese  Aneicht  hat  0  η  c  k  e  η  (Athen  und  Hellms 
231  ff.)  gegründete  Bedenken  geltend  gemacht.  Athene  Twleiht 
bei  Aiechylos  dem  Areopag  seine  richterliche  Gewalt,  also  gerade 
diejenige  Befagniss»  die  Ephialtee  hat  bestehen  lassen;  Aiechylos 
kann  daher  in  dem  Gesetse  des  Ephialtee  keine  Neeenuig  ge- 
sehen haben,  welche  die  Stiftung  der  Göttin  yemichtete.  Und 
wenn  die  unheilvolle  Nenerang,  vor  der  Athene  die  Bürger  warnt, 
bereits  geschehen  wäre,  so  würde  es  nnerklirlich  eeb,  wamm 
der  Dichter  überall  mit  dem  Ausdruck  froher  Zuveraieht  und 
nicht  vielmehr  mit  bitterem  Vorwurf  und  düsterer  Propheaeinng  von 
der  Zukunft  Athens  spricht.  Vor  allem  w&ren  die  Verse  974 — 976 
άλλ'  έκράτησε 

Ζ€ύς  αγοραίος  *  νικςί  V  αγαθών 
ίρις  ημετέρα  bia  πάνπλίν. 
unverständlich,   wenn  Ζευς  αγοραίος  es   nicht  hätte  verhindern 
können,  dass  die  Athener  eben  diejenige  Institution  vernichteten, 
von  der  das  Gedeihen  ihres  Gemeinwesens  abhing. 

Aber  so  glücklich  Oncken  in  seiner  Polemik  ist,  so   wenig 
befriedigt  seine    eigene    Auslegung.     Da  Aischyloa    die    ftnaeere 
Politik  der  Demokraten  billigt,    so   nimmt  er  ihn  für  die  deno- 
kretische  Partei  in  Anspruch.     Er    hat   aber   nicht   eraehlttert, 
was  O.  Müller  über  die  politische  Selbständigkeit  dee  Aiechylos 
gesagt  hat.     Selbst  in  unserem  Jahrhundert  der  Preeee  mnd  der 
organisirten  Parteien  giebt  es  doch  noch  immer  nicht  ganx  wenige 
Männer,  welche  sich  ihre  Ansicht  von  keiner  Partei  voreehreiben 
lassen    und    sich    über   die    verschiedenen  politischen  Fragen  eis 
unabhängiges  Crtheil  bilden.     In   Athen    stand    es    wohl    adbst 
tur  Zeit   der  entwickelten  Demokratie,    wo  Demagogen   aaf  der 
einen,    Hetairien    auf   der    andern  Seite  die  öffentliche  Meining 
terrorisirten,  besser  als  in  modernen  Staaten;  sonst  würde  ee  aiekt 
so    schwer    sein,    die    dem  Namen   nach  bekannten  Politiker  be- 
stimmten Parteien  zuzuweisen.     Vor  Perikles   aber  hatten  weder 
die  Demagogen   noch  die  Hetairien  solche  Maeht    wie    wihrei^ 
des    peloponnesischen    Krieges.      Und    wenn    irgend   jeauuid    a^ 
Stande    war,    unabhängig   vom   Terrorismns  der  Mawen    in  Λ^ 
einen  Frage  den  Aristokraten,    in   jener  den  Demokraten  cn^^' 
stimmen,   so  dürfen   wir  das   wohl  auf  jeden  Fall  Aieelijhia  ^^' 
trauen. 

Damit  ist  freilich  noch  nicht  geeagt,  daaa  Aiaehylee  wi^-^^' 
lieh  eine  solche  Siellang  eingenommen  hat.  Sieher  ist  mar,  im^ 
er  die  äaseere  Politik  der  Demokraien,   daa  BiadnieB  aufc  Aijf?^ 


Aiechyloi  und  der  Areopag. 


361 


und  den  Bruch  mit  Sparta  billigte.  Wenn  es  Oncken  gelangen 
wäre,  die  EineetziiDgerede  der  Atbene  so  zu  deuteui  daes  eie 
das  demokratieche  Gesetz  über  den  Areopag  befürwortete,  eo 
müsste  man  ihra  zugeben»  Aiecbjlofi  eei  ein  Anhänger  dieeee 
Geaetzes  gewesen*     Aber  das  iet  Oncken  nicht  gelungen. 

iDie  entecheid enden  Veree  sind  6ίϊ0^695 
_  ev  bk  τψ  σ€βας 

Κ•       αστών  φοβός  T€  συγτ^νής  τά  μή  άοικ€ϊν 
Β        σχή(ϊ€ΐ  τό5'  ή  μα  ρ  και  κατ*  εύφρόνην  όμως, 
Η         αυτών  πολιτών  μή  'πικαινευντων  νόμους, 
1^        κακαϊς  έττιρροσϊσι  βορβόρφ  θ'  öbujp 
λαμτιρόν  μιαίνων  ουτίοθ"  εύρήσεις  ποτόν, 
η  diesen  Versen   wirtl    vor    verderblichen   Neueruiigen    gewarnt, 
s   wird   befürchtet   oder    beklagt,    dass    ecblimme   ZuÜüfi&e    nnd 
Pfützensohhimm  daß  reine  Wasser  trüben.     Unter  den  flchlioimeii 
Zuflöesen    verstellt  Oncken    die  Kompetenzen,    die   aicli   nach   der 
von   ihra    gebilligten    deraokratiachen  Tradition    der  Areopag  seit 
den  Perserkriegen  angemasst  haben  soiL     Und  die  verderblichen 
Neaerungen    erkennt    er    eben    in    der   von    den  Demokraten  ge- 
tadelten Anmasfiung, 
Η  Diese  Auslegung  ist  mir  mit  dem  genau  verstandenen  Wort* 

^  laute  des  Dichters  nicht  vereinbar»  Denn  als  Urheber  der  ver- 
derblichen Neuerung  hebt  er  ausdrücklich  die  Bürger  hervor 
IWenn  er  den  Mitgüederu  der  von  ihm  gefeierten  Behörde  selbst 
einen  Vorwurf  hütte  marhen  wollen,  so  würde  er  sich  andere 
ausgedrückt  haben.  Aber  abgesehen  von  diesem  entscheidenden 
Grunde  würde  es  doch  etwas  verschroben  sein^  wenn  Aischylos, 
ηω  auszusprechen^  dass  er  den  Sturz  des  Areopage  billigte,  ein 
Drama  geschrieben  hütte,  in  dem  er  die  Einsetzung  des  Areopage 
verherrlichte.  Jedes  Wort,  dm  er  zum  Ruhme  dee  Areopags 
eagte,  mneate  den  Anhängern  dieses  liathes  willkommen,  konnte 
seinen  Gegnern  verdächtig  sein.  Und  wenn  er  wirklich  eine 
verderbliche  Neuerung  und  einen  schlimmen  Zuftuss  darin  ge- 
aehen  hätte,  dass  die  von  Athene  als  Hort  des  Staates  eingesetzte 
Behörde  über  ihre  ursprüngliche  Machtsphüre  hinauswuchs,  so 
hatte   er  nicht  erwarten  dürfen,   dass  irgend  einer  unter  den  Zu- 

■  Behauern  diesen  Gedanken  aus  seinen   Worten  entnahm. 
Zwischen  dem  Gesetze  des  Ephialtee  und  der  Einsetz unge- 
rede  der  Athene  sind  zwei  entgegengeeetzte  Beziehungen  gesucht 
worden.     Die    einen    sahen  darin   eine  BekÜmptung,    die    anderen 
^ine   Befürwortung  des    demokratischen    Gesetzes.     Beide   Bezie- 


352  CAüer 

hungen  haben  sich  als  UDmöglicb  heraoegestellt.  Daraoi  folgt, 
da88  Aiscbyloe  mit  der  Einaetzangarede  der  Athene  weder  för 
noch  gegen  daa  Gesetz  des  Ephialtes  eintritt,  und  daas  eine  an- 
dere Auslegung  dieser  Bede  gesucht  werden  moea.  Auf  eine 
solche  weisen  Curtius  (Gr.  G.  II  136)  und  Grote  (HG.  V  499) 
hin,  wenn  sie  dem  Dichter  eine  versöhnende  Tendens  beilegen. 
Das  haben  allerdings  auch  0.  Müller  (Eumeniden  124)  and 
Oncken  (Athen  und  Hellas  252)  gethan,  aber  nor  in  dem  Sinne, 
dass  Aischylos  seine  Sache  in  einer  vornehmen,  von  persönlicher 
Gehässigkeit  freien  Weise  vertrat.  In  diesem  Sinne  kann  an 
dem  versöhnenden  Charakter  der  Tragödie  kein  Zweifel  sein. 
Denn  sie  zeigt  uns  Aischylos  als  einen  ritterlichen  Kimpfer,  der 
den  Gegner  nicht  zu  schmähen  und  zu  verdächtigen,  sondern  si 
gewinnen  bemüht  ist,  der  den  Streit  aus  der  niedrigen  Sphäre  des 
Tages  zu  der  idealen  Höhe  einer  göttlichen  Weltordnnng  erhebt. 
Aber  nicht  nur  durch  die  Form,  sondern  auch  durch  den  Inhalt 
seiner  politischen  Aeusserungen  kann  Aischylos  eine  venöhnende 
Tendenz  verfolgt  haben.  Es  kann  ihm  darum  zu  thnn  gewesen 
sein,  über  die  schwebenden  Fragen  eine  Ansicht  zu  äussern,  welche 
die  berechtigten  Forderungen  beider  streitenden  Parteien  ver• 
einigte.  In  diesem  Sinne  hat  Wilamowits  (Aristoteles  und 
Athen  II  336  ff.)  eine  versöhnende  Tendenz  der  Eumeniden  nach- 
gewiesen. 

Wilamowitz  geht  davon  aus,  dass  Aischylos  das  geriehtliche 
Verfahren  vor  dem  Areopag  fast  durchweg  in  einer  Weise  dar- 
stellt, in  der  er  auch  ein  Verfahren  vor  einem  Volksgerichte 
hätte  darstellen  können.  Alle  besonderen  Eigenthftmlichkeiten 
des  Areopags,  die  furchtbaren  Eide,  die  Steine  des  Frevels  und 
der  Unversöhnlichkeit,  und  die  Kompetenzen,  die  vor  Ephialtes 
in  besonderem  Masse  den  Areopag  zum  Hüter  des  b€ivov  machten, 
sind  weggelassen.  Diesen  Widerspruch,  den  er  als  künstlerisehen 
Mangel  ansieht,  erklärt  Wilamowitz  daraus,  dass  es  Aischylos 
nicht  um  Areopag  oder  Heliaia,  sondern  um  (Τέβας  und  bcivov 
zu  thun  gewesen  sei;  wer  dafür  sorgte,  dass  diese  in  ewiger 
Geltung  blieben,  der  sei  ihm  gleich  lieb  gewesen,  mochte  er  ge* 
hören,  zu  welcher  Partei  oder  zu  welcher  Körperschaft  er  wollte. 
Die  Versöhnung  würde  dann  darin  liegen,  dass  Aischylos  die 
Aristokraten  lehrte,  wie  sie  auch  im  demokratischen  Athen  an 
αέβας  und  beivov  festhalten  konnten,  die  Demokraten,  wie  man 
über  der  Freude  an  der  Freiheit  die  Ehrfurcht  vor  den  alten 
Traditionen  nicht  vergeeeen  dürfe. 


Aischyloe  and  der  Areoptg* 


Biese  Anelegniig  ist   oiclit   nur   anepreelieiid,    Bondern    be- 
zeichnet Bucli  in  zwei  Ricbtongefi  einen  wesentUclien  FortsohriH 
gegenüber  allen   bisherigen  Versuchen-     Wilamowitz    zoer«!    hat 
nachgewiesen,    dass  Aifichyloe  die  Einsetzntig  des  Areopags    dar- 
stellt, als  stelle  er  die  Einsetzung  der  Volkegerichte  dar,  and  er 
hat    mit    der    bisher    von    allen  getheilten  Voratieeetznng  gehro- 
eben,  als  niüese  Aiachjloe  noth wendig  znm  Gesetz  des  Ephialtes 
Stellang    nehmen.     Wenn    er  aber  weiter  geht  und  dem  Dichter 
jede    im     engeren    Sinne    politische    Tendenz    abspricht,    so    ent- 
wickelt   er    eine  AnfTagsung    nicht   nur  des  Dramas  im    ganzen^ 
sondern  auch  der  Einsetzimgsrede  im  besonderen,  ans  der  heraus 
sich    nicht    alle   von  Ai§chylos  gebrauchten  Wendungen  erklären 
lasBen*     Zweifellos    hat  Wilamowitz   darin  Kecht,    daes    fftr    den 
Dichter  die  politiecben  Fragen  sich   den    religiösen    unterordnen. 
Aber  wenn  Aischylos  ein  bestimiulee  religiöses  Ideal  vorschwebtet 
so  konnte  er  wohl  der  Ansicht  sein,    dass    diese  oder  jene  poli- 
tiecben Zostände  der  Verwirklichung  seines  Ideale  fiirderlich  oder 
hinderlich    wären.     Wenn    er    vor  Neuerungen  der  Bürger^    vor 
Neuerungen  in  den  Gesetzen  warnt,  wenn  er  furchtet,  schliramer 
ZuflusB   könne   das   reine   Quell wasser    trüben,    so   kann    er    nur 
an  politische  Umwandlungen  denken.     Geschehen    konnten    diese 
politischen  Umwandlungen  noch  nicht  sein,  denn  sonst  würde  er 
nicht  von  einem  drohenden,  sondern  einem  hereinbrechenden  Un- 
heil   reden.     Mithin    kann   er  nicht  un  das  Gesetz  des  Ephialtes 
denken,  sondern  nur  an  Neuerimgen,  die  im  Jahre  458  wohl  bean- 
tragt, aber  noch  nicht  beschlossen  waren.     In  diesem  Falle  konnte 
er  hoffen,  seine  Warnungen  würden  hei  der  Entscheidung  mit  in 
die  Wagscliale  fallen. 
I  Die  Partei,    deren  Absichten  er  sich  widersetzte,   kann  nur 

die  demokratische  gewesen  sein,  denn  feste  und  strenge  Tradition 
ist  ein  aristokratisches  Ideal  ^  Das  könnte  man  annehmen,  auch 
wenn  eich  nitihts  darüber  vermuthen  Hesse,  welches  die  demo- 
kratischen Anträge  waren,  die  Aischylos  bekämpft. 

Nun  haben  wir  aber  aus  der  Άθηναίαιν  ττολιτίία  (26,  2) 
gelernt,  dass  im  Jahre  457/6  die  Demokraten  ein  Gesetz  von 
einechneidender  Wirkung  durchgebraidit  haben.  Bis  zum  Jahre 
4Γι7/6  wurden  die  neuen  Archonten   ausschliesslich   aus   den  bei* 


I  1  Auch  Oucken,    der   Aischylos    auf  der   demokratischen  Seite 

lueht,    aieht   doch  in  einigen  Wendungen  eiufi  Warnung  vor  extremen 
demokratischen  Τβαιίι^ηκβη  (Athen  und  IlcHas  2b2), 

an•»!}.  Mv«.  t  pbUoi.  K.  F.  i».  SB 


354  Caaer 

den  oberen  Vermögeneklaesen  genommen;  erst  in  dietem  Jahre 
wurden  ihre  Stellen  der  dritten  Klasse  zugänglich.  Die  Zulas- 
sung der  Zengiten  zum  Arohontat  mnss  den  Athenern  als  ein 
Ereigniss  von  besonderer  Tragweite  erschienen  sein.  Denn  sie 
wird  allen  übrigen  VerfasRungsänderungen,  die  auf  den  Sturz  des 
Areopags  folgten,  mit  einem  τα  μέν  δλλα  .  .  .  τήν  bl  τΰιν  εν- 
νέα αρχόντων  αΐρ€σιν  gegenüber  gestellt  Was  kann  es  gewesen 
sein,  das  gerade  dieser  Neuerung  ein  besonderes  Grewicht  gab? 
Die  eigenen  Kompetenzen  der  Archonten  waren  bereits  so  zu* 
sammengeschrumpft,  daes  nicht  viel  darauf  angekommen  sein 
kann,  aus  welcher  Yermögensklasse  sie  genommen  wurden.  Aber 
nach  Ablauf  ihres  Amtsjahres  traten  die  Archonten  in  den  Areopag 
ein,  und  der  Areopag  hatte  auch  nach  dem  Gesetze  des  Ephialtes 
noch  immer  etwas  zu  bedeuten.  Seine  Mitglieder  gehörten  ihm 
auf  Lebenszeit  an,  und  die  Blutgerichtsbarkeit,  die  er  behalten 
hatte,  war  doch  nichts  geringes. 

Diese  Neuerung  scheint  es  auch  gewesen  zu  sein,  gegen 
die  sich  Aischylos  mit  seinen  Warnungen  wendet.  Die  Gesetze,  an 
denen  er  nichts  geändert  haben  will,  sind  die  Oesetse,  welche  den 
Zutritt  zum  Archontat  regeln.  Schlimmen  Zufluss  und  Schlamm  ^ 
nennt  er  die  Leute  aus  der  dritten  Klasse,  welche  seit  457/6  in 
den  Areopag  eindringen  konnten.  Beines  Wasser  ist  der  Areopag 
in  Neiner  aristokratischen  Zusammensetzung.  Wenn  wir  die 
Aischyleische  Einsetzungsrede  so  auslegen,  so  müssen  wir  an- 
nehmen, daes  der  im  Jahre  4r)7/6  angenommene  Antrag  bereits 
im  Jahre  458  viel  Staub  aufwirbelte  und  eifrig  disoutirt  werde. 
Eine  solche  Annahme  bat  nicht  nur  nichts  gegen  sich,  sondern 
alles  für  eich,  denn  eine  einschneidende  Verfassnngs&nderuD; 
pflegt  nicht  beschlossen  zu  werden,  ohne  dass  das  Für  und  Wider 


1  An  dieser  Auslegung  wurde  sieb  nichts  Wesentliches  andern, 
wenn  man  hinter  έπιρροαΐσι  ein  Kolon  setzte  und  nur  βορβόρψ  η 
μα(νυιν  zöge,  wie  0.  Hermann  (zu  Rumenid.  689  Wien.  Jahrtb,  23*9 
und  Wilamowitz  (Aristoteles  und  Athen  33(j,  12)  wollen.  HermiDD 
war  es  vornehmlich  darum  zu  thnn,  das  Asyndeton  zu  beseitigen.  ΙΛ» 
erklärt  sich  aber  aus  dem  feierlichen  Charakter  der  Rede  und  wird 
deshalb  auch  von  Wilamowitz  in  Vs.  <j96  und  704  entgegen  Hermins 
beibehalten.  Wilamowitz  selbst  stutzt  sich  darauf,  dass  der  bildliche 
Ausdruck  schon  begonnen  sein  müsse,  ehe  das  Sprüchwort  zur  BegrSs* 
düng  nachgeschoben  werden  könne.  Aber  woher  wiesen  wir  desBr 
dass  der  mit  βορβόρψ  beginnende  Satz  schon  vor  Aisohylos  als  SprSob- 
wort  umging? 


Aischyloe  ttnd  der  Areopag. 


Ui^ere  Zeit  erörtert  worden  iet»  £i  fragt  siob  nur^  ob  eich 
atts  der  Absicht,  das  Gesetz  von  457/6  sti  bekämpfen^  auch  die- 
jenigen Eigeutbümliclikeiten  der  Tragödie  erklären  lassen^  die 
iWilamowitz  zu  seiner  Äufilegung  geführt  haben. 
I  Wenti  Aischjlo!^  in  der  deinokratiechen  Aera  naoh  461  e• 
versnebte,  ein  detookratiiches  Cresetz  zu  bekämpfen,  so  konnte 
er  sich  keine  Hoffnnng  auf  Erfolg  machen,  falls  er  sieb  in  prin- 
cipiellen  Gegensatz  zur  Demokratie  iißtzte.  Denn  dadurch  würde 
er  sich  der  herrficbenden  Partei  von  vornherein  verdächtig  ge- 
ma£'hl  haben*  Vielmehr  musate  er,  um  Vertrauen  zu  gewinnen, 
das  Gute  rüekbaltsloit  anerkennen,  das  die  Demokratie  gebracht 
hatte,  und  an  keine  aristokratische  Forderung  erinnern,  welche 
bittere  Gefühle  erregen  konnte.  Darum  vernrtheilte  er  die  De- 
spotie nicht  weniger  als  die  Anarchie  und  schildert  die  Eineetstung 
des  Areopags  so,  dass  die  Demokralen  an  ihren  iStolz,  die  Volks- 
gerichte, erinnert  werden.  Α  üb  diesem  Grunde  konnte  er  auoh^ 
mochte  ihm  selbst  ilas  Gesetz  den  Kpbialtes  unerwünscht  gewesen 
sein,  doch  nicht  jetzt  daran  denken,  am  Ge«cbehenen  zu  rütteln. 
Er  nimmt  das  Gesetz  als  eine  Thatsache  hin,  die  er  weder  loht 
noch  tadelt,  und  eriniiiirt  mit  keiner  Silbe  daran,  daes  der  Areopag 
vor  461  eine  grössere  Gewalt  gehabt  hatte.  Auch  die  Gewalt, 
die  dem  Areopag  nach  4(il  geblieben  war,  stellt  er  als  ansrel* 
cbend  bin,  um  σέβας  und  beivov  aufrecht  zu  erhalten.  Wenn 
sich  auf  diese  Weise  mit  dem  Bestehenden  befreundet  zeigte, 
io  konnte  er  hoffen,  die  Anlilmger  des  Bestehenden  von  einem 
weiteren  verbängnissvollen  Schritte  zurückzuhalten.  Auch  ein 
ftusgesprocbiiff  Demokrat  konnlR  gegenüber  den  extremen  demo- 
kratischen Forderungen  bedenklich  werden,  wenn  ein  ho  aufrich- 
tiger Freund  des  Volkes  und  der  Freiheit  wie  Aiscbjlo»  davor 
warnte,  das  beivov  ganz  aus  dem  Staate  zu  vertreiben  und  die- 
jenige Behörde  in  ihrer  Zusammensetzung  wesentlich  zu  ändera, 
der  es  vorzugsweise  oblag  das  btivov  zu  hüten. 
m  Wenn  wir  in  diesem  Sinne  Aischylos  eine  versöhnende  Ab- 
sicht zutrauen,  so  ist  das  nicht  so  gemeint,  als  habe  er  seine 
Worte  mit  kühler  diplomatischer  Berechnung  gewühlt;  vielmehr 
war  ββ  seine  über  den  Parteien  erhabene  Gesinnung,  die  ihn  be- 
Hihigte,  eine  Vermittlung  gerade  dadurch  zn  versuchen,  data  er 
aus  vollem  und  warmem  Herzen  sprach.  Er  verehrte  wirklich 
die  positiven  Ideale  beider  Parteien  und  hielt  sieh  von  der  Be- 
echränktheit  beider  Parteien  frei.  Wenn  er  die  Freiheit  und  die 
dfmokratischen  Institutionen  lobte,  so  wusste  der  Demokrat,  da«• 


ί66  Caaer  Aiiohyloe  und  der  Αηή^. 

es  ihm  damit  Ernst  war  und  liese  aioh  deeebalb  von  ihm  hin- 
reieeen.  Wenn  er  zur  £hrfaroht  vor  den  Oöttem  und  mm  Fett- 
halten an  Zucht  und  Sitte  ermahnte,  so  wnsate  der  Anh&nger  d«r 
guten,  alten  Zeit,  dase  das  bei  ihm  keine  leeren  Bedeniarten 
waren.  Keine  Partei  konnte  ihn  ganz  verstehen,  aber  jede  Partei 
konnte  ihm  vertaranen.  £e  war  möglich,  dass  er  die  Aristokraten 
beetimmte,  auf  reaktionäre  Bestrebungen  zu  verziehten  und  ihre 
Traditionen  auf  dem  Boden  der  demokratischen  Yerfassung  zu 
verfechten ;  es  war  ebenso  möglich,  dass  die  Demokraten  von  ihm 
bewogen  wurden,  sich  mit  dem  Erreichten  zu  begnügen  und  von 
extremen  Neuerungen  abzusehen. 

Gelungen  ist  es  Aischylos  nicht,  den  Fortschritt  der  Demo- 
kratie aufzuhalten.  Der  von  ihm  bekämpfte  Antrag  wurde  zam 
Gesetz  erhoben.  Ob  es  dieser  politische  Misserfolg  gewesen  ist, 
der  dem  Dichter  Athen  verleidet  hat,  lässt  sieh  nicht  tagen.  Die 
Alten  ^eben  andere  Grttnde  für  seine  Uebertiedlung  nach  Sioi- 
lien  an. 

Berlin.  Friedrich  Cauer. 


// 


lieber  das  aiigebürhe  Testament  ÄlexaEderg  des 

ßrosseii. 


Dane  Alexander  eb  Teetament  biDterlaeKen  habe,  wird  man 
bei  an be. fange ner  Erwägung  der  Umstände  eeines  plotzlkhen 
Todes  wenig  wahrKclieinlich  finden^  und  das  Gegentlieil  wird  üne 

■  atioli  dnrcti  Curtiue  (X  10,  5)  auedriloklicb  bezeugt.  Wohl  aber 
mochten  in  den  wirren  Partei  kämpfen,  die  eeinem  Tode  folgten, 
mancherlei    angebliche  Yermachtnieee    des    grossen    Könige    auf- 

■  tauchen,  und  auf  aolohe  wird  eich  bezogen  haben,  wae  man  ecbon 
in  alter  Zeit  von  dem  Vorhandeneein  eines  Testamente  zu  be- 
richten   wusste.     Yor    allen   erwähnt  Diodor  {XX  81,  3  f.)    eine 

Ρ  solche  Urkunde,  die  bei  den  Hhodiern  niedergelegt  gewesen  eei^ 
indem  er  die  Macht,  zu  der  Rbodue  vor  dem  Krieg  mit  Anti- 
gonns  und  Deraetrius  Foliorketee  (305/4)  gelangt  war,  folgender- 
maeeen  schildert:  im  τοσούτον  τάρ  ττροΕΛηλύθει  ουνάμεως»  ακίθ' 
υπέρ  μεν  τών  Έλλήνιυν  ibiqt  τόν  προς  τους  πειρατάς  πόλεμο  ν 

»έπαναιρεϊσθαι  .  .  .  τόν  δέ  πλείστον  Ιαχύσαντα  τών  μνημονευ- 
ομενιαν  *ΑλέΗαν5ρον  προτιμήσαντ  αυτήν  μάλκττα  τών 
πόλεων  και  τήν  υπέρ  όλης  τής  βασιλείας  διαθήκην 
έκ€ΐ  θεσθαι  και  ταλλα  θαυμάίειν  και  προάγειν  εις  υπέρ- 
οχήν,  ο\  6'  ούν  'Pobioi  προς  απαντάς  τους  5υνάστας  συντε- 
βειμένοι  τήν  φιλιαν  οιετήρουν  μέν  εαυτούς  έκτος  έτ»ίλήματος^ 
δικαίου,  ταϊς  b' εύνοίαις  ίρρεπον  μάλιστα  προς  Πτολε- 
μαίο ν.  Nun  iet  in  den  uns  vorliegenden,  utark  interpolirten  Fas- 
fiUDgen  des  Alexanderromans  ein  angebliches  Teetament  Alexanders 
exhmlten»  das  in  dem  zuverlässigsten  Text '  die  Adresse  der  Rhodier 


^  Diesen  bietet  auch  hier  die  He.  A,  trotzdem  ihr  Wortlaut  durch 
Schreibfehler  atark  veretümmelt  iet.  luL  Valerins  folgt  einer  verderb- 
ten Vorlage  imd  hat  ausserdem  gekürzt  und  willkürlich  geindert;  der 
Abschnittt    den   ich  unten  mit  1  bezeichne,    fehlt  bei    ihm    ganz.     Die 


3&β  Anefeld 

trägt  nod  gani  dem  eotepricht,  was  Diodor  a.  a.  O.  über  du  Verhält- 
nies der  Rhodier  zn  Alexander  und  Ptolemäna  andeutet;  denn  Ale- 
xander versichert  hier  die  Rhodier  seiner  besonderen  Freondschaft 
nnd  Achtung,  vertraat  ihnen  die  Verwahrang  und  Vertretang 
seines  Testaments  an  und  giebt  Ptolemäns  den  Auftrag,  für  sie 
zu  sorgen.  Ein  Machwerk  des  Romandichters  ist  das  Stück  sicher 
nicht,  kennzeichnet  sich  vielmehr  durch  einige  ganz  augenfällige 
Widersprüche  zu  der  Darstellung  des  Romans  als  ein  iipiter  ein- 
gefügter, sehr  unpassender  Zusatz  ^  Demnach  spraoh  eich  Karl 
Müller  in  der  Vorrede  seiner  Ausgabe  des  Ps.-CalL  (S.  XXIU) 
rückhaltlos  dahin  aus,  dass  hier  in  der  That  das  von  Diodor 
gemeinte  angebliche  Testament  vorliege,  das  von  irgend  einem 
Rhodier  zur  Zeit  des  Kriegs  zwischen  den  Rhodiem  und  De- 
metrius  Poliorketes,  in  dem  die  Rhodier  durch  den  Beistand 
des  Ptolemäus  gerettet  wurden,  oder  später  von  dem  erfindungs- 
reichen rhodischen  Geschichtschreiber  Zenon  verfasst  sei.  Damit 
stehen  indessen  mehrere  Angaben  des  Test,  in  Widerspruch,  die 
eine  frühere  Entstehungszeit  und  eine  dem  Ptolemäus  nicht  gün- 
stige Parteistellung  des  Verfassers  voraussetzen.  Auch  hat  Müller 
die  für  die  Bedeutung  des  Stückes  doch  sehr  wichtige  Frage, 
ob  es  noch  im  4.  Jahrhundert  entstand  oder  späteren  Ursprungs 


syriiohe  Ucbersetzung  and  Leo  gehen  gleichfalls  auf  eine  fehlerhafte 
Fassung  surück,  die  auch  von  Korrektoren  nidit  frei  war.  Die  Adreiie 
der  Rhodier  hat  nur  A.  Natürlich  erschien  don  Bearbeitern  des  Bo- 
mans  die  Rolle,  die  hier  ein  in  der  Erzählung  gar  nicht  erwähatei 
Volk  spielt,  befremdlich,  und  so  ündcn  wir  das  Test,  in  der  syriscben 
Uebersetzuug  an  Ammon  und  Olympias,  bei  Leo  an  Aristoteles  gerich* 
tet,  während  bei  lul.  Valerias  die  Adresse  und  fast  alles  sonst  auf  die 
Rhodier  Bezügliche  einfach  getilgt  ist. 

1  Im  Test,  wird  Poms  im  BesiU  seiner  Herrschaft  bestätigt,  wih• 
rend  im  Roman  III  4  erzählt  ist,  dass  er  von  Alezander  im  Zweikimpf 
getödtet  wurde.  Ferner  ist  im  Test.,  der  Geschichte  entsprechendf 
Ozjartes  als  Vater  der  Rozane  genannt,  während  nach  dem  Bomtn 
Roxane  eine  Tochter  des  Darios  war.  Der  Widerspruch  zu  I  47  beiäg- 
lich  der  Wiederherstellung  Thebens  beweist  dagegen  nichts,  da  der 
Bericht  über  den  griechischen  Feldsug  nicht  zu  den  ursprünglichen 
Bestandtheilen  des  Romans  gebort,  wie  zuerst  E.  Robde  riohtq^ 
erkannt  hat  —  Wahrscheinlich  wurde  das  Test.,  wie  das  Städteve^ 
seiohniss,  dem  Roman  sonächst  anhangsweise  beigefügt,  daher  es  laA^ 
in  allen  Texten  an  derselben  Stelle  eingesetat  ist:  in  Α  und  der  C^' 
sehen  Uebertetsung  nach  III  32,  bei  lol.  Val.  m  ΠΙ  34,  bei  Leo  g«» 
verkehrt  in  UI  31. 


Üeber  da«  äogeblicbe  TeitaTnent  Alexander«  dee  Groaien.       359 


Imt  (Zenon  wa.r  Zeit^^enoBse  aef>  Polybiiin),  ganz  nneniechieden 
sUesen.  So  dürfte  eine  nuebmali^^'e  Prüfung  des  Sachverhalts 
cht  überflüsei^  Hein. 

Hit  ßenützang  der  hietorischen  Nachrichten  über  die  bei- 
den UeichHtheilungen  der  Jahre  323  und  321  und  die  thateäeh- 
lieh  von  Alexander  hinteriaüBenen  Verfügungen,  von  denen  wir 
freilich  durch  Diodor  (XVIII  4)  nur  dürftige  Kenntniee  haben, 
lieee  eich  auch  noch  in  epäter  Zeit  ein  glaubhaft  auRsehendei 
Testament  Alexandere  zurecbt  inachen,  und  auch  im  2.  Jahr- 
hundert konnte  ein  Rbodier  nooli  Veranlassung  haben,  eeine 
Vaterstadt  ab  besondere  vom  groeeen  Alexander  begünetigt  hin- 
Eustellen  und  den  FreundgcbaftsdienBtf  den  ihr  Ptolemäue  in  jener 
groeeen  (refabr  leistete,  als  Auefluee  einee  von  Alexander  ge- 
wollten V  erhält  nisees  eracbeinen  zu  laeeen.  Etwae  anderea  ist 
es  aber,  wenn  dteeea  angebliche  Testament  Alexandere  eine  Ten- 
denz verrätb,  die  nur  von  Zeitgenosien  der  ersten  Diadocben- 
kämpfe  gehegt  oder,  was  wichtiger  ist^  in  ihrem  verhüllten  Aus- 
druck nur  von  eolcbcu  verstanden  werden  konnte*  Die  Tendens, 
die  in  dieser  Weise  in  mehreren  Angaben  des  Test  verborgen 
^  liegt^  ist  die  Feindschaft  gegen  Antipater.  Nicht  nur  ist  es  schwer• 
lieh  ein  Zufall,  dass  als  Statthalter  Hacedoniens  immer  Krateros 
aHein  genannt  wird  und  Antipater  bei  der  Vertheilung  de«  Reichs 
^  leer  auegebt  ^,  sondern  weit  bemerkenswertber  ist  noch  eine  Reihe 
von  Anordnungen,  deren  eigentlicher  Sinn,  wie  es  scheint,  bisher 
nicht  erkannt  wurde.  Alexander  bestimmt  nümlich  hier  gelegent- 
lich der  Zuweisung  der  Provinzen  mehreren  seiner  Feldherren  auch 
Gemahlinnen:  Krateros  Philipps  Tochter  Kynane ',  Lysimaohofl 
Philipps  Tochter  Thessatonike,  Leonnatos  Eleonike  oder  Kleidike 
(Hb.:  Κλε  ,  .ίκη),  die  Schwester  der  Olkiae,  der  im  Test  als  einer 
der  nächsten  Vertrauten  Alexanders  erscheinti  Ptolemäus  Philipps 
Tochter  Kleopatra.  Was  soll  das,  da  doch  Keiner  derselben  eine 
dieser  Frauen  wirklich  gebeiratbet  hat?  ÄUen  dieaen  Männern 
lud  Aniipiüer  tine  seiner  Töchter  zur  Ehe  f^ef^e^en  oder  angeboten. 


f  )  In  Α  wird  Antipater  überhaupt   nicht  erwähnt,    was  wohl  das 

ursprüngliche  ist.  Bei  Leo  und  dem  syrißchen  Üebersetzer  erhält  er 
Cilicien.  Die  eotapn^cheiide  Stelle  bei  lut.  Valerius  ('Antigonu*  Cariae 
prmeait  Casanderque  Boeotiae  eisque  omnibus  pracesso  Antipatrum  opor- 
tebit')  stammt  aus  verderbter  Vorlage  und  enthält  lauter  Verkehrt- 
heiten. 

•  κυνάνην  ist  natürlich  für  das  uimdoae  'κοινήν'  der  Hi,  einzu- 
ieizeo* 


Λ 


860  Ansfald 

Krateroe  vermählte  er  mit  Phila  (Diod.  XVIII  18,  7),  Lytimaclio• 
mit  der  von  Perdikkas  yerstoesenen  Nikaia  (Stralw  XII  4),  Ptole- 
mäue  mit  Eurydike  (i^aos.  I  6),  und  auch  Leonnatoe  versprach 
er  eine  seiner  Töchter  (Diod.  XVIII  12,  1),  in  welohem  Falle 
freilich  der  frühe  Tod  des  Bräutigame  die  Eheschlieaauig  ver- 
hinderte. Es  iet  klar,  was  der  Verfaeeer  dee  Test  besweckte, 
wenn  er  Alexander  für  alle  dieee  Feldherren  vornehmere  Gattinnen 
in  Aueeicht  nehmen  liese.  Aber  nur  ein  Zeitgenosse  kann  diese 
versteckte  Spitze  gegen  Antipater  gerichtet,  und  nur  Zeitgenossen 
kann  er  zugemuthet  haben,  sie  herauszufühlen. 

Zu  der  Zeit,  auf  die  uns  diese  Angaben  führen,  passt  jedoch 
wieder  anderes  in  der  uns  vorliegenden  Fassung  des  Test,  nicht 
Jene  Verlobungen  und  Verheirathungen  der  Töchter  Antipaters 
fallen  —  abgesehen  von  der  Verehelichung  Nikaias  mit  Lysimaohos, 
deren  Zeit  uns  unbekannt  ist  —  in  die  Jahre  323—821;  319 
starb  Antipater,  und  später  hatte  doch  wohl  eine  Demonstration, 
wie  wir  sie  in  jenen  Beetimmungen  des  Test  glauben  erkennen 
zu  müssen,  keinen  Sinn  mehr.  In  diesen  Jahren  bestand  aber 
noch  kein  näheres  Verhältniss  zwischen  Ptolemäus  und  den  Eho- 
diem,  und  man  wird  doch  mit  Müller  annehmen  müssen,  dass 
der  Verfasser  des  Test  die  Rettung  der  Rhodier  bei  den  furcht- 
baren Angriffen  des  Demetrius  305/4  im  Auge  hatte,  wenn  er 
Alexander  den  Rhodiem  die  Zusicherung  geben  lässt:  Πτολεμαίος 
Toö  έμοΟ  σώματος  γιγνόμενος  φύλαΕ  και  υμών  φροντίσει  Erst 
durch  das  glückliche  Bestehen  dieser  Gefahr  und  den  Friedens• 
sohluss  d.  J.  304  erhielten  auch  die  Rhodier  die  allgemein  ge- 
achtete, unabhängige  Stellung,  in  der  sie  sich,  ohne  läeherlich  i« 
werden,  als  berufene  Hüter  des  königlichen  Vermächtnisses  aas* 
geben  konnten. 

Dies  ist  jedoch  nicht  der  einsige  und  auch  nieht  der  be- 
fremdlichste Fall,  in  dem  sich  zwei  verschiedene  Stellen  des  Test 
nicht  zusammenreimen  lassen.  Denn  nachdem  im  Eingang  Ptole- 
mäus in  der  beschriebenen  Weise  mit  besonderem  Wohlwollen  e^ 
wähnt  und  auch  ausdrücklich  als  Statthalter  Aegyptens  genannt  ist, 
während  daneben,  sonderbar  genug,  Perdikkas  mit  Antigonns  zusam- 
men als  Vertreter  Asiens  erscheint  ^,  wird  im  Folgenden  die  Ststt- 
haltersohalt  Aegypten  und  die  Fürsorge  für  Alexandria  dem  Fer- 

*  Τό6€  τφ  ifd  Μακ€&ονίας  έιημ€λητ^  Κροτερφ  έντελλόμ^ο  «ri 
τψ  ΑΙγύντον  σατράνχι  Πτολ€μαίψ  καΐ  τοις  κατΑ  τήν  'Αοίαν  TTqMoqf 
vcd  *Ανη[τόνψ]\ 


Ueber  das  angebliche  TeBtameni  Alexanders  des  Groeten*       361 


^dibkae  übertragen,  während  eich  PioIemäuB  mit  Libyen  begnügen 
eoll  ^  Eh  ist  hiernach  klar,  dAHS  in  der  FasBung  des  Test.,  die 
nne  die  Texte  des  Pe.-CalL  iiberliefern,  Stücke  verschiedeoen 
UrBprtinge  vermiacbt  und  mit  einander  verarbeitet  eind,  Diee 
verräth  auch  geniigeam  die  Verwirrung  in  der  Disposition»  Die 
Vertheilung  der  Provinzen  iet  durch  Beetimmungen  anderer  Art 
iinterbroohen,  die  Verfügungen  über  Alexanders  Bestattung  und  die 
minder  wichtigen  Vermäch tnisee  sind  an  verschiedenen  Stellen 
verzettelt,  die  Verleihung  von  lUjrien  ist  bei  der  Beeetzung  der 
östlichen  Provinzen  aufgeführt»  Für  eine  Prüfung  der  Entstehunge- 
zeit  sind  also  die  einzelnen  Theile  gesondert  zu  betrachten.  Es 
eiod  folgende  Abschnitte,  die  sich  deutlich  von  einander  abheben: 
h     Gruse  Alexanders  an  die  Rhodier,  denen  dm  besondere 

'  Vertrauen  des  Könige  ausgesprochen  und  dauernde  Freiheit  und 
Unabhängigkeit  zugesiobert  wird,  Besiimuiung  einer  Suranie  für 
Alexanders  Bestattung.  Anordnung  der  Wiederheretellung  Thebens 
und  verschiedener  Lieferungen  an  Theben  und  Rhodus  *,  die  für 
Mftcedonien  Krateros,  für  Äegypten  Ptolemäusj  für  Asien  Perdik- 
kae  und  Antigonus  übertragen  werden.  Aufforderung  an  die 
Rhodier,  das  Testament  von  Olkias  in  Empfang  zu  nehmen,  zu 
verwahren  und  zu  vertreten,  und  Zusicherung,  daes  Ptolemäus 
für  sie  sorgen  werde* 

IL     Neuer  Eingang  mit  vollem  Titel  des  Testanten,     Feet- 

I  Setzungen  über  die  Thronfolge.  Anweisung  für  Olyjnpiaa  ihren 
Wohnsitz  in  Rhodus  zu  nehmen.  Verthöilung  der  westlichen 
Provinzen  bis  zur  Grenze  des  eigentlichen  Persiene.  BtistimmuDg 
vomehuier  Gemahlinnen  für  mehrere  der  Statthalter.  Anordfitingcn 
über  Alexandere  Sarg,  die  Entlassung  der  ausgedienten  SoMateii» 
Geschenke  an  einzelne  Tempel  und  Städte,  die  Fürsorge  für 
Alexandria  und  die  Stellung  des  dortigen  Alexanderpriesters« 

L  in.     Die  Vertheilung  der  östlichen  Provinzen. 

Γ  IV.     Verleihung    des   Königreichs   Illyrien   au    Olkias    und 

Verfügung  über  die  Errichtung  von  Bildsäulen.  (In  der  syrischen 
Uebersetzung  und  bei  Leo  statt  dessen  anderes,  namentlich  Anord- 
irnngeD  über  Alexanders  Beetattung.) 

I  Was  zunächst  das  Stück  II,  den  Kern  des  Ganzen,  betritft, 


'  Bei  Leo  und  dem  eyrischen  Uebersetzer  ist  diese  Angal>e  frei- 
lich korrigirt 

*  Die  Stelle  ist  verderbt.  Statt  (αοντ£τάχαμ€ν  bi  καΐ)  ήμας  und 
(Ik  tujv  σύνεττυς)  ήμϊν  ist  offenbar  beidemal  ΰμΐν  zu  leeen, 


3β2  Aaefeld 

βο  zeigt  sioh  hier,  wie  erwähn!,  haapteächlich  eine  entschiedene 
FeindRchaft  gegen  Antipater.  dagegen  wird  Perdikkae  günstig 
behandelt;  von  Reiner  Stellung  als  Reichsverweser  ist  swmr  nicht 
die  Rede,  auch  wird  sein  Opfer,  Meleager,  mit  Phönieien  ond 
Cölesyrien  bedacht,  doch  werden  die  Provinzen  im  gsnxen  ^  so 
vertheilt,  wie  er  ee  veranlaest  hatte,  Aegypten  wird  ihm  znge- 
eprochen  und  (an  anderer  Stelle)  die  Obhut  über  die  Stsdt  dei 
groRnen  Königs  ihm  übertragen.  Die  letstgenannten  Angaben 
haben  überhaupt  nur  Sinn,  wenn  sie  auf  die  Ereignisse  des  Jahm 
321  bezogen  werden,  in  dem  Perdikkas  den  verh&ngnissvollei 
Feldzug  gegen  den  mit  Antipater  verbündeten  Ptolemäns  nach 
Aegypten  unternahm.  Es  ist  nicht  unmöglich,  daee  man  danili 
in  der  Partei  des  Perdikkas  die  Erfindung  wagte,  Aegypten  eammt 
Alexandria  sei  von  Alexander  nreprünglich  dem  Perdikkas  zuge- 
dacht gewesen.  In  Wirklichkeit  hatte  bekanntlich  der  Krieg  des 
Zweck,  das  Bündniss  zwischen  Ptolemäus  und  Antipater  sn  bre- 
chen und  Ptolemäus  für  seinen  Ungehorsam  zu  züchtigen,  weil 
er  gegen  das  Verbot  des  Reichsverwesers  im  Kinverst&ndniss  mit 
Philipp  Arrhidäus  ^  die  Leiche  Alexanders  naeb  Aegypten  ge- 
bracht hatte.  Als  eine  Entgegnung  auf  diese  Anmassnng  ist  ei 
vielleicht  aufzufassen,  wenn  im  Test  die  Fürsorge  für  die  Grab- 
stätte Alexanders  ausdrücklich  dem  Perdikkas  übertragen  nsd 
Philipp  Arrhidäus  im  Vergleich  zu  seinen  wirklichen  Rechten 
(vgl.  Inst.  ^111    t.  Arr.  succ.  1)  insofern  zurückgesetzt  wird,  als 


^  Die  wichtigeteu  Ausnahmen  ausser  den  bereits  genannten  sind: 
Syrien  erhält  Python  (statt  Lnomcdon),  Babylonien  Solencns  (st.  ArchonK 
das  'Land  oberhalb  Babylouicns*,  d.  h.  Mesopotamien,  Phanokrates  (?) 
und  Ruxanc  (st.  Archvlaos;  diese  Angabe,  die  Α  nnd  Inl.  Val.  ubereiD' 
stimniond  überliefern,  weiss  ich  nicht  zu  erklären).  Die  aufgefahrten 
Provinzen  sind  in  der  Hauptsache  diejenigen,  die  auch  die  nnvollfltän• 
dige  Liste  Arrians  (succ.  AI.  exe.  5  ff.)  enthält;  jedoch  fehlt  Lydien  und 
Medien,  wofür  Babylonien  und  Mesopotamien  hinzukommen.  Die  Un- 
terscheidung zwischen  Satrapien  und  Strategien,  in  der  Szanto  (Ardiiol 
epigr.  Mitth.  aus  Oest-Ungarn  XV  S.  13  ff.)  den  staatsreditlichen  Ein- 
theilnngsgrund  der  ofliciellen  Liste  gefunden  zu  haben  glaubt,  wire 
also  jedenfalls  hier  nicht  rein  durchgeführt  Die  Anordnung  ist,  wie 
in  den  Verzeichnissen  der  Historiker,  geographisch,  geht  aber  von  Ib* 
cedonien  aus. 

*  loh  behalte  die  übliche  Form  bei,  obgleich  der  Name  w<^ 
Arrhabaios  lautete;  vgl.  Droysen  Hell.  II  1  S.  13.  Im  Text  Α  des  Teil 
heisst  er  *Αρα6α1ος. 


üab^r  dftB  angeblJohe  Teatament  Alexandere  des  Grossen.      B63 


ihm  für  den  BM),  daes  Roxane  einen  Sohn  zur  Welt  bringei  eine 
iitregierung  nicht  eingeräünil  ist.  JedenfalU  Btamlen  —  wie 
[auch  Droyeen  {Hell  W  I  8.  125)  hihi  im  ml  —  in  dieeem  Krieg  die 
Sympathien  der  Hellenen  auf  i^eite  ded  Penlikkas*  Zu  clerRelben 
Zfiit  paiflt  ΘΗ  auchf  wenn  der  Verfaaner  des  Teet.  die  dynaetlBclien 
I  HeiratliBp]äne  Antipatere  ak  den  Absichten  Alexandere  wider- 
'  sprechend  darzuetellen  Hucht:  theila  um  bereits  Geechehenee  auf 
der  einen  Seite  als  Ueberhebung  und  Aufdringliclikeit,  auf  der 
mndern  als  Unklngheit  und  Uebereilung  erscheinen  zu  lapsen^ 
theile  um  dem  tu  Erwartenden  entgegen  zn  wirken.  Dem  Leon- 
natcie  bot  Antipater  seine  Tochter  323  an»  Krater  ο  β  he  ι  rat  bete 
322,  Ptolemäus  wohl  321  -^,  Lyßimachos  vielleicht  bald  nach  322^ 
in  welchem  Jahre  Perdikkas  die  eben  erst  mit  ihm  vermählte 
Kikaia  veretiesi?.  Auf  eine  noch  spätere  Zeit  freilich  weiet  in 
den  ans  vorliegenden  Texten  des  Test,  die  Ernennung  am  He- 
lencuB  zum  Statthalter  von  Babylonien^  denn  diese  erfolgte  erat 
gelegentltcb  der  Theilung  von  Triparadeieoe  (Juli  321);  jedoch 
wird  hier,  wie  im  Verzeichniss  des  Dexippos,  die  Nennung  des 
Seleuous  auf  nachträglicher  Korrektur  beruhen,  denn  die  auf  Perdik- 
kas  bezuglicbcQ  Angaben  lnBeen  nur  annehmen^  dass  das  Htüok 
verfällst  warde,  ehe  der  ägyptische  Feldzug  mit  Perdikkae'  Nieder- 
lage und  Tod  ein  traurigeR  Ende  nahm.  Der  übrige  Inhalt  des  Ab- 
Mjbnitts  ändert  an  diesem  Ansatz  nichts.  Hbodischen  Üreprungs 
ist  natürlich  die  Bestimmung,  dass  die  Inselbewohner  unter  Obhut 
der  Rhodier  frei  sein  sollten  —  eine  Freiheit^  die  sich  die  Rliodier 
alsbald  nach  Alexanders  Tod  durch  Vertreibung  der  macfdoni- 
sohen  Beeatzung  selbst  verschafften  (Diod.  XTIII  8,  1}  —  und 
dass  Olympias  in  Rhodus  wohnen  dürfe,  letzteres  zugleich  ein 
Hieb  gegen  Antipater,  denn  dieser  machte  Olympiaß  den  Aufent- 
halt in  Macedonien  unmöglich.  Von  den  kleineren  Vermäch t- 
Ljiiieen  Alexanders,  die  hier  aufgeführt  sind,  mögen  manche  wirk- 
rlicb  atis  den  hinter lassenen  Papieren  Alexanders  stammen.  Der 
BeechluBs  der  Macedonieri  der  dieee  Tiir  ungültig  erklärte  (Diud. 
XVIII  4,  ti),  hat  in  den  betheiligten  grieohiscben  Gemeinden 
gewiss  manchen  Verdrues  und  Widerspruch    hervorgerufen,    und 


1  Droysen  (II  1  S.  147)  nimmt  an,  daae  die  Yerheirathung  der 
Eurydike  mit  Ptolera.  eret  in  Tnparadeieos  btachlossen  worden  sin. 
Ich  möchte  für  wahrschtiinliclit/r  halten,  dass  die  t-ntsprecbenden  Ver- 
abredungen bereite  32*2  beim  Ahschtuea  de^  Bündnisses  swisohen  Anti- 
pater und  Ptolem.  getroSen  wurden.  Die  Hochzeit  fand  allerdings 
aohwerlick  vor  Beendigung  des  Kriegs  gegen  Perdikkas  statt. 


864  Avtfeld 

et  ist  wohl  denkbar,  daes  uns  liier  ein  Stück  Proteat  gegen  dieie 
Sparsamkeit  erhalten  iet.  Von  den  Verrugangen,  die  Diodor 
XVIII  4  als  υπομνήματα  Alexandere  anfUhrt,  kommt  im  Teit 
nichts  vor. 

Der  erste  Abschnitt  steht  sn  dem  zweiten  darok  die  er- 
wähnten Angaben  über  Ptolemäus,  die  eine  Entatehiing  vor  des 
Jahr  304  sehr  nnwahrsoheinlich  machen,  in  schroffem  Widenpmek. 
In  dem  Kriege  des  Demetrius  gegen  die  Ehodier  nnterrtfitite 
auch  Eassander  die  Rhodier,  die  ihm  dann  ans  Dankbarkeit  eia 
Standbild  errichten  liessen  (Diod.  XX  100,  2).  So  mag  man  m 
Zeichen  freundschaftlicher  Gesinnung  gegen  Kassander  darin  er^ 
blicken,  daes  der  Verfasser  die  Wiederherstellnng  Thebene,  die 
Kassander  im  Jahre  316  unternahm  (Diod.  XIX  52  f.),  hier  ak 
Vermächtniss  Alexandere  darstellt.  Anderseits  wird  freilich  aaeh 
hier  Krateroe  allein  als  Inhaber  Macedoniens  genannt;  dodi 
könnte  diese  Angabe  aus  II  herübergenommen  sein.  Aoe  der 
Verbindung  mit  II  erklärt  sich  auch  wohl  die  sinnloee  Znaaa- 
menstellung  von  Perdikkas  und  Antigonus  als  Yertretem  Arieos, 
indem  ein  Bearbeiter  den  Perdikkas,  der  im  Folgenden  ao  wichtig 
erscheint,  hier  nicht  unerwähnt  lassen  wollte,  ümprlloglieh  war 
gewiss  nur  Antigonus  genannt.  Zwingende  Beweise  f&r  die  Bot* 
Rtehungszeit  werden  wir  allen  diesen  Momenten  kaum  entnehmea 
können,  und  wenn  man  auch  geneigt  sein  wird,  die  AbfasauBg 
dieses  Stückes  nicht  durch  einen  allzu  langen  Zeitraum  τοη  der 
Wiederherntellun^  Thebens  und  Demetrius'  Belagerung  von  Bko- 
dus  zu  trennen,  so  nöthigt  doch  nichtR,  sie  in  das  4.  Jahrhundert 
zu  verlegen.  Rhodieche  Färbung  trägt  dieser  Abaohnitt  nocb 
stärker  als  der  zweite,  und  Olkias  spielt  auch  in  ihm  eeine  RoUe. 

Der  dritte  Theil,  ebenso  wie  der  vierte  durch  die  Formel 
*  *ΑποΟ€ίκνυσι  βα(ηλ€ύςΆλ€£αν6ρος'  eingeleitet,  enthalt  ein  fiurb- 
loses  Verzeichniss  der  östlichen  Provinzen,  deren  Beeetanng  naek 
der  Vertheilung  des  Jahres  323  mit  einigen  bedentongeloeen  Ab- 
weichungen ^  angegeben  wird. 

Im  vierten  Stück  ist  die  Hauptperson  der  räthselhafte  OUdaSf 
der  nach  I  den  Auftrag  hat«  den  Rhodiem  das  TeeUmeat  η 
übergeben,  nach  II  mit  Leo^natos  verschwägert  werden  soll 
Dieser  wird  nun  hier  zum  König  von  Illyrien  ernannt,  mit  Geld 


^  Dm  einzig«  Bemorkenswerthe  ist,  dasi  der  Satrap  Ozjdates  von 
MeiUen  (Ua.  *ΟχΟντην  ρ.  Οζυ6άττ|ν)«  den  Alexander  im  Jahr  SS8  ab- 
teilte (Arr.  IV  IS,  Γ«),  sein  Land  wieder  erhattea  aolL 


tJeber  das  angebliche  Testamcut  Alexanders  des  Grossen.       365 


ad  Pferden  aus  Aßien  auegestattet  und  mit  der  Stiftung  einea 
Tempelfi  beauftragt,  woneben  auch  Perdikkas  Befehl  erhält»  Bild- 
säulen errichten  zu  lassen.  Wer  ist  01k ias?  Wir  kennen  nie- 
mand von  entsprechender  Stellung,  der  ao  oder  ähnlich  geheiaaen 
hätte.  Dach  finde  ich  hei  Polyän  {IV  6,  6)  einen  Όλκίας  nebea 
den  Führern  des  Äufetanda  erwähnt,  den  das  macedoniache  Faee- 
Vülk  dee  Antigonue  während  des  Kriegs  mit  Älketaa  (alao  321/20) 
in  Cappadocien  machte ;  durch  Gefangennahme  dieses  Mannes  und 
zweier  Führer  iswang  Antigonue  die  Aufatändischen,  ruhig  nach 
Macedonien  abzuziehen.  Die  Art,  wie  hier  Όλκίας  ohne  erläu- 
ternden Beisatz  genannt  wird  \  läset  ihn  als  Mann  von  Bedeu- 
tung erscheinen,  der  für  die  Holle,  die  Όλκίας  im  Test,  spielti 
jedenfalle  mindeetena  ebenso  geeignet  ist,  wie  der  Trierarch  Ar- 
ohiag,  den  Müller  (S.  XXIV)  darnnter  vermuthet  Anderseite 
wird  er  offenbar  nicht  zu  den  Truppenllihrern  gerechuet,  und 
aouh  das  passt  auf  den  Όλκίας  des  Test.,  unter  dem  wir  nn» 
doch  wahrscheinlich  einen  Beamten  der  küniglichen  Kanzlei  zu 
denken  haben,  dessen  Name  dazu  gebraucht  wurde,  das  gefälsohte 
Testament  Alexandere  zu  beglaubigen.  Kben  deshalb  wird  seine 
Bedeutung  im  Test  übermässig  aufgebauscht,  aber  er  kann  im- 
merhin wirklich  eine  sehr  angesehene  und  allgemein  bekannte 
Fereönüchkeit  gewesen  sein,  ohne  dass  wir  deshalb  nähere  Nach* 
richten  über  ihn  besitzen  müssten;  denn  unser  Wissen  von  dem 
Hofpersonal  Alexanders  ist  ein  äusserst  diirftigee  und  insbeson- 
dere von  der  königlichen  Kanzlei  kennen  wir  nur  den  Vorsteher, 
Eumenes. 

Wie  erklärt  sich  aber,  tlass  dieses  Olkias,    ebenso  wie  der 

hodier,  in  verschiedenen  Stücken  yerschiedener  Entstehungszeit 
in  derselhen  W^eise  gedacht  wird?  Dass  nach  einander  zwei  an- 
gebliche Testamente  Alexanders  unter  Berufung  auf  Olkias  von 
den  Khodiem  ausgegangen  wären,  ist  natürlich  ganz  unwahr- 
scbeinlich,  Ist  also  bei  der  Vereinigung  der  beiden  Hauptstücke, 
I  und  II,  die  Erwähnung  des  Olkias  aus  dem  älteren  (Π)  in  das 
jüngere  (I)  herübergenommeu  worden  oder  umgekehrt?  OfTenhar 
ereteres;  denn  Olkias  wird  in  der  Stelle  genannt^  die  von  der 
Yerheirathung  der  Seh  wiegers  ohne  Antipaters  handelt  und  noch 
zu  Lebzeiten  Antipaters  verfasst  sein  muss*  Anderseits  geht  die 
rhodische  Tendenz  des  Test*  deutlich   von  dem  Abschnitt  I  aus^ 


^: 


*  tvjauQa  ττροσιιτπασάμ€νος  'Αντίγονος  Όλκίαν  καΐ  δύο  τής  diro- 
'στάσ€ατς  έίάρχοος  oovdXapev.    Vorher  ist  von  HoLkiai  nicht  die  Rede. 


3€0    Α  u  8  f « 1  d  Üeber  daa  Angel Uc he  TesUment  Alexuiden  Am  Qrom&ä. 


desien  Inlialt  ganx  d&Ton  durcLdruDgeß  ist,  wahrend  eicli  die 
bestIgUchen  Sätxe  γοη  II  leicht  aaeecheiden  laseen ;  auch  er- 
ficheint  zweifelhaft ,  ob  es  die  voreichtig^en  Raufleute  von  Rboiiui 
im  Jahre  821  zweck mäaeig  befunden  haben  würden^  von  s\eh 
aus  BO  entschieden  für  Perdikkae  gegen  Antipater  und  Ptole- 
mäue,  den  Herrn  ihres  wichtig§ten  Uandelsgebietea,  Stellung  η 
nehmen. 

So  mag  man  Rieh  die  Entstehung  des  uns  vorliegenden 
Textee  etwa  in  folgender  Weise  vorstellen :  Die  Grundlage  de•- 
selben  ist  ein  gefälschte»  Testament  Alexanders,  das  in  den  Kret* 
Ben  der  griechische  η  Gegner  Antipatere  and  seiner  Verbündeten 
im  Jahre  321  verfaast  wurde  und  sich  xum  Beweise  seiner  £ciit- 
heit  wahrscheinlich  auf  einen  ehemaligen  nuu^edonieeben  Hof* 
bearaten,  Olkias  oder  Htilkiiie.  berief,  der  das  Testament  am 
Alexanders  Händen  empfangen  haben  sollte*  Dazu  gehört  aei 
gröflste  Theil  des  Inhalte  von  H^  ausserdem  wohl  TV  und  einigt 
in  1.  Die  Gründe»  warum  das  Testament  nicht  zur  Geltung  ge- 
kommen sei,  sind  in  11  und  IV  klar  geuug  angedeutet.  Als  d^ 
Schuldige  wird  Antipater  bezeichnet,  der  im  Test*  übergangen  iil, 
deflRen  Hetrathspläne  durch  Alexanders  Anordnungen  durchkreuKt 
werden,  zu  dessen  Gebiet  das  filr  Olkias  bestimmte  Illjrien  ge- 
hört, —  Mit  Benützung  dieser  Urkunde  machte  später  ein  Bho^fr 
ein  zweites  Testament  Alexandere  zurecht,  das  vielleicht  nicht  prak- 
tischen Zwecken,  sondern  nur  der  Verherrlichung  seiner  HeimaA 
und  ihrer  Freunde  dienen  sollte.  Von  ihm  stammt  wohl  d«r 
grösste  Theil  de»  Abschnitt»  I,  das  in  Π  auf  Rhodus  bezügliche, 
vielleicht  auch  111,  Kine  reinliche  Sonderung  der  Beatandtheilf 
ist  in  dem  uns  vorliegenden  Miscbtext  nicht  mehr  durchzuführen. 
Die  Ueberarbeitung  der  alten  Htücke  muee  eine  sehr  oberAi^b' 
liehe  gewesen  sein,  da  so  augenfällige  Widersprüche  stebeii  blie- 
ben, Dass  erst  Zenon  der  Verfasser  der  rhodischen  TeittgeeUll 
war,  zu  dessen  Charakter  freilich  eine  solche  Erfindung  gftt 
passen  würde  (vgl.  Müller  a.  a.  (>,  S.  XXI 11),  möchte  ich 
den  oben  angeführten  Gründen  nicht  glauben.  Doch  mag  er 3 
gekannt,  und  Diodor  die  Bemerkung  über  die  Aufbewahrung! 
Testaments  bei  den  Rhodiern  von  ihm  entnommen  haben« 

Derjenige,  der  das  Ganze  mit  dem  Alexanderroman  verband, 
änderte  wohl  wenig  mehr,  sonst  wäre  es  doch  vor  allem  nevat 
Sache  gewesen,  das  Test,  mit  dem  Inhalt  des  Romane  einiger 
massen  in  Einklang  zu  bringen.  In  der  Ueberlieferung  des  Ro- 
mans hat  dann  der  Text,  theils  durch  nachlüseige  AbBohrift  uni 
Uebersetzung,  theils  durch  willkürliche  Aendemngen,  ao  gelitteiu 
dasB  eine  genaue  Wic<lerhcrstpllung  des  UrRprünglicben  nicht  mehr 
möglich  ist.  Doch  auch  in  dieser  zerrütteten  Form  dürfte  di* 
eigenartige  Stück  ätr  Beachtung  de«  Historiker«  nicht  nnwerth  sein. 

BrucheaL  Ad.  Auefeld. 


m 


Zur  Ueberlieferiiiig  des   älteren  »Seneea. 


Die  Miicellanliandecbrift  der  Riccar*lianiflphen  Bibliothek 
"in  Floreni  Nr.  1179  enthält  ausfier  der  ara  uetefinaria  fle»  Pela- 
goiüue  {f.  1^28}^  noch  folgendes:  f.  31  —  \M  die  Buaeorien  iiod 
Controvereien  den  Sf  neca  \  hiemaf  bie  f.  13G  Medi^EiniecheB^  dar- 
ttnter  {ohne  Ueberflchrift)  die  epistula  Yindi<;iani  ad  Fentadium  \ 
endlich  f.  Hl'* — 273  die  'exclaoiattonee'  defl  'M.  Fabius  Quinti- 
Uaniis*  Κ  Ben  Seneoatext  habe  ich  im  vorigen  Jahre  et  was  ein- 
gebender geprüft,  die  Suaftorien  und  einen  Tbeil  der  Controver* 
«ieu  veri^licben,  leider  nach  der  Kieafllingachen  Aufgabe,  nicht 
nach  derjenigen,  welche  den  vonständigsten  kritischen  Apparat 
bietet,  der  von  H.  J,  Müller  (Wien  1887)  ^  Ans  derselben  er- 
sehe ich  ρ  dasa  der  RiccardiannH  (R)  in  engRler  Beziehung  zum 
Vaticanue  5219  aaec.  XV  steht  (u  hei  Müller  ρ.  XV},  der  aber 
oar  für  einen  kleinen  Theil  der  Controverfiien  von  Heyllmt  und 
Kühler  verglichen  worden  igt.  Müller  glaubte  anf  die  vollstän- 
dige CoUation  verzichten  zu  kunnenf  weil  ihm  eine  Schweater- 
bandechrift  von  u,  der  cod.  ßruxelleneiR  Ü144  (D)  eaec.  XV  seur 
Verfügung  stand  '^,  Nach  den  Proben,  die  ich  aus  R  nahm,  aeheint 
mir  eine  voUaländige  genaue  Collation  geboten,  lieber  die  Vor- 
lage von  R  giebt  die  eigenbändige  Subecriptio  des  Angelus  Poli- 


»  Meine  Auegabe  p.  1  ff.  Rhein.  Μ  üb.  XL  VI  p,  371. 
'  *  L,  An,  Senecae  oratorum   et   retorum  sententiae  diuwiones  co- 
lores,  swoMunarum  primm\ 

»  Nicht  benutzt  von  V.  Roefi  Theodor.  Priscian.  (Lipe,  I«94)  p,484  ff. 

*  f.  137  -140  aiml  unbf schrieben. 

*  f.  273  'ExpUeit  diues  acmmtus.     Laurmtim  IVencwet  Simoms 
^^ericun  diui  Laurrntü  trimscripdt  han  exdamatimtea*. 

^  Nach  den  Seitenzahlen  dieser  Ausgabe  citire  ich. 
'  MäUer  p.  XVII.  XXL 


368  Ihm 

tianuB  folgenden  Aufeohlaee  ^:  ^llactenus  in  uäusio  eodiee 
scribit  Aleriensis  nescio  quis  Episcopus:  in  cuius  ego  eodieem  in- 
cidi:  unde  hie  exscripttis,  MuUis  saue  locis  mendosus  prauert'mr 
que  übt  graeci  sunt  characteres:  Neque  enim  ego  ΟβάψπΒ  erauL 
set  Aiigclus  Polüianus :  Laurenti  Medicis  alumnus  et  diens*  Poli- 
tianus  liat  also  wie  den  Pelagonius  eo  auch  den  Senecatext  ab- 
schreiben lassen  nnd  durchkorrigirt.  Die  Schrift  ist  klein,  voller 
Abkürzungen,  keine  erfreuliche  Arbeit  für  den  Gollationator,  der 
bestündig  auf  die  üorrecturen  des  Politianns  achten  mnss.  Auf 
obige  Subscriptio  folgt  ein  Ergnss  jenes  episcopus  Aleriensis,  der 
wörtlich  in  dem  Viiticanus  υ  wiederkehrt  (Müller  p.  XVI): 

^Capkt  tc  fastidium,  dum  leges,  amicCj  ex  caracterum  *  meo- 
rum  cofifusione.    ceterum  accipe  quod  te  udimy  deinde  me  uel  oih 
solue  uel  damna.    inopinato  peruenil  in  manus  meas  Romae  codei 
qnidam  satis  uetustus  sed  magis  wendosus.    eram  famüiaris  eo 
tempore  reuerendissimi  in  Christo  patris  domini  Nicolai  •  de  Cusa 
s(anriae)    R{omanae)    e{cclesiae)   misericordia  ^    diuina    presbffteri 
cardinalis,   uiri  omnium  testimonio  digni  sum  dignitaHs  ampHtU' 
difie,    ipstim  testem  inuocOj  qui  sanctus  est  uerit€Uis  assertor.    U- 
brum  ehismodi  ^  ego  numquam  legeram^  numquam  audieram,    ip» 
habere  scsc  similem  dixit  ceterum  mendosum^    numquam  prius  a/- 
terum  inuenisse^   sententiarum  se  captum  decore  quae  tn  eo  oomH- 
nerentur,    incendit  mUii  animum  ut  rapiissime  excriberem^;  fed 
die^tui  undecim  ^.    deus  scitj  multa  correxi^  pro  exemplo  feei^  exem• 
plar  teneri  ηωι  poterat.    Graeca  pessima  ^  erant;    tarnen  repperi^ 
diligeHtissimej  faciam  melitui'  ^^     Nicht    mit    abgeschrieben   htt 
der  Schreiber  des  Politianns  die  den  Senecatext  einleitenden  cha- 
rakterietiechen  Bemerkungen  des  'Aleriensis \  die  der  Volletändig• 


*  f.  134',  wo  der  Text  der  Controversien  mit  den  Worten  Taee^ 
tgo  noMi  i$ta  melius,  narrare  soleo,  non  negare  quae  scio  (p.  507  Müller) 
abbricht 

^  carattfmm  R. 
8  Nidtolai  R. 
^  mi$eratione  R. 
***  huiusmi^ii  R. 

*  escrihcrem  R. 
'  XI  R, 

*  pexima  R. 

»  So  Äuoii  R,  rfppfUi  Müller  (nach  Barsian). 
>^  lliorru  in  R  die  Randbemerkung  des  Politianoi  *Haee  sunt  Ale- 
miMix  uerha\ 


iftieferung  des  Eiteren  SenecA. 


Se9 


keit  halber  hier  folgen  mögen:  ^Admcneo  te  ac  roffo,  hospes^  qm• 
cunqut  hunc  praesfaniismmum  audorem  tx  confusione  ei  tentbris 
earacterum  nteorum  descripseriSj  tU  mihi  ignoscas.  si  enim  scires 
quanta  ezaranerim  anxiciaie  guae  legiSj  non  condeimmres  inertiam. 
pugnandum  fuit  ut  txemplar  temremns.  tu  tarnen  aduerte  inter 
legendttm  diUgentissime^  ut  seniehtiarum  breuitatem  arripias.  de* 
elamaionuH  sunt  uitme  aeternaeque  et  e^actissimae  senientiae  in 
corptis  unum  uelut  in  torguem  ah  hoc  auctore  compasitae^  quam 
aniftios  spiritusque  decl^matot'um  conligeret^  carpora  in  suis  eorum 
eodimhus  relinqueret,  Seneeae  inscribitur;  quisque  nel  asaentiat 
iid  refratidur  pro  captu  uel  itigetiii  sui  uel  dtligentiae.  omnia 
sunt  dkta  iudieio  fneo  aurea,  Ittbor  legendi  minuiiur  aententiurum 
»plendore  et  pondere.  puta  te  in  seniicetum  meidissef  es  quo  sae- 
pieaime  spinamm  acuhis  taceraiuii  fraga  intus  etmia  decerpas* 
eeiertim  pod  deum  graiias  habe  immortedes  ampUssimo  pairi  et 
dcmino  D.  ΝίωΙασ  de  Cusa,  tituh  '  sancti  Petri  ad  uincula  8{anctae) 
R(0manue)  €(cdesiae)  presbyiero  cardhiali  reuerendissimo^  quoniam 
ipsius  attdoritiite  et  testimonio  incetisus  non  pukhrum  sed  laborio- 
sum  optts  rapiim  diebus  undecim  absolut.  uale\  HiDter  der  oben 
mitgetheilten  Subscriptio  ist  in  υ  pinc  Zeile  abgeecbnitten;   Kubier 

vermochte  noch  fülgeniles  zu  entziffern:  'm  tuno  (?) cor- 

dinalis  sa/ndi  Petri  ad  ttincuki  .  .  .  die  ultima  decembris  U58\ 
Hier  war  also  wohl  Ort  ari4  Zeit  angegebeßi  wo  der  Alerieneie 
die  Hb*  kopirte»  sein  Name  wird  nicht  gefehlt  haben,  über  seinen 
Stand  giebt  Politianus  Ansknnft.  NicolauB  von  Cu§a  wurde  im 
Jahre  1449  zum  Cardinalpriefiter  (tituli  ß.  Petri  ad  nincnla)  er- 
nannt, am  23.  März  1450  erfolgte  seine  Ernennung  tum  Biaehof 
von  Brixen,  geetorben  let  er  14ö  1  \  Das  oben  augegebene  Jahr 
1458  wird  um  richtig  sein;  der  Cardinal  kam  offenbar  öfter  von 
seinen  Missionsreieen  zu  kürzerem  Aufenthalt  fiach  Rom  zurück. 
Jener  Bischof  von  Aleria  müsRte  demnach  mit  dem  bei  Game 
Saries  epiecoporum  p»  765  verzeichneten  Leo  0>  S.  D.  identisch 
sein  (1440  — 1169)  ^  Der  'codex  satis  uetustus  sed  magis  men- 
dosus^,  ans  dem  u  geflossen  ist,  scheint  verschollen;  aber  das 
zweite  Senecaexemplar  des  Nicolans  ist  erhalten  in  dem  Bruxelleneie 


*  Hinter  dieaem  Wort  steht  bei  Müller  ein  Frageateichen ;  wahr- 
[•cheinlich  ist  ee  in  der  IIs.  abgektirtt^  aber  richtig  aufgelöst  (oderlifNii?). 

^  Näheres  in  dem  Werke  vnii  J.  M.  Dilx,  Der  deuteohe  Cardinal 
FKioolauB  von  Cusa.     Regensburg,  2  Bde.,  1847. 

•  'tranilatue  Larino%  vgl.  Game  p.  888  'lohanuei  Leone*. 

Bli«lii.  Mut.  f.  ϊΊιηοΙ.  Ν.  F.  L.  24 


370  ihm 

9581 — 9595  saao.  X^.    Alle  WahrBcheinliohkeit   spricht   dafür, 
daee  υ    die  Originalhandechrift  des  Alerieneie  iet   und    dase  de 
dem  Politianns  als  Vorlage  gedient  hat     Die  üebereinatimnnng 
der  Leearten  von  R  und  υ  (1.  und  2.  Hand)  ist   zn    angenf&llig, 
als    dasfl    ich   daa   anfange    gehegte  Bedenken   aufrecht   erhalten 
möchte.  Daee  ein  solches  Bedenken  nicht  ungerechtfertigt  ist,  mögen 
folgende  Abweichungen    beweisen:   p.  15, 15  eonsumebü  u,    cm- 
sumdHiiur  R,  p.  16, 4  mores  cenfttm  υ,    moresceniem  R,  p.  18, 13 
armali  υ,  amuUe  R,  p.  19,  8  caepU  υ,  ceperi^  R,    ρ.  19,  7  fefeUU 
ei  υ,  fefetti  et  R,  p.  21, 16  adiecisiis  υ  (?),  adUee  istis  R,  p.  21, 19 
sluparet  υ,  Stupores  R,  p.  26,8  uideto  u^  uideo  UvK     Data  Po- 
litianuB   und   sein    Schreiber   so    viel    übersehen    haben    sollten, 
ist  nicht  glaublich,  da  die  Lesarten  von  R  fast  immer  durch  die 
nächst  verwandte  Hs.  D    (s.  o.)    bestätigt    werden.     Ich    möchte 
daher   lieber    an    der   Genauigkeit    der   Hüllenchen    CoUationen 
xweifeln.     Sollten  die  Lesarten  wirklich  alle  so  in  υ  stehen«  dann 
bliebe  nur  die  Annahme  übrig,    dass  in   υ  nicht  die  Originalbs. 
des   Aleriensis   vorliegt,    sondern    dass    RuD    Geschwister    sind. 
Jedenfalls    ist   eine   genaue  Vergleichung  von  υ  (R)    wünschens- 
werth,    da    er    an    nicht   wenig   Stellen    unveriUshtliohe   Lesarten 
bietet  und  in  Manchem  von  D  abweicht.     Als  vierter  im  Bande 
muss  τ  betrachtet  werden,  der  Corrector  des  cod.  Toletanus,  jetxt 
BruTellensis  2025  saec.  Xlli  ^    der  an  vielen  Stellen  allein  die 
richtige  Lesung  bietet  ^  sebr  oft  mit  u(R)l)  übereinstimmt  (s.  B. 
p.  289, 1  richtig  potuisse  fieri  τ  D  R)  *. 


1  Η  l>ei  Möller  p.  X.  XVIII;  vgl.  J.  Klein,  Ueber  eine  Hs.  des 
Nicolaua  v.  Coea  p. ;).  Auch  der  oben  erwähnte  cod.  D.  acheint  der 
Bibliothek  des  (relehrten  Cardinals  sa  entstammen  (Müller  p.  XVII); 
die  Subscriptio  am  Schluss  der  Controversien  lautet:  'm  exemplo  saiU 
uetusto  $td  mendoso  nihil  am^üius  erat,  düigfnter  descrün  curaui,  uäle^ 
eandide  lector.  Die  Voriage  war  offenbar  dieselbe  wie  die  von  υ 
(Müller  p.  XXI).    Aus  R  kann  D  nicht  abgeschrieben  sein. 

«  Aufgrabe  von  Kiessling  p.  VlI,  Müller  p.  XIII  u.  XVII  f. 

*  Z.  B.  p.  '25, 12  expeetaui  {rxpiaui  υ  R  u.  a.),  p.  26,  SO  quieqmam 
{cmi^um\  p.  27, 2  qui  {quia\  p.  19,  ϋ  koe  iüis  (ociiiif),  p.  15, 13  abdica- 
fur  {abdicatus)  usw. 

^  Nach  Müller  p.  XVIIII  soll  τ  entweder  aus  der  Hs.  geflossen 
sein,  aus  welcher  υ  abgcschriel>en  ist,  oder,  was  Müller  fnr  sicher  an- 
sehen möchte,  aus  υ  (1>)  selbst  und  noch  aus  einer  andern.  Ans  υ 
allein  jedenfalls  nicht,  da  τ  an  so  vielen  Stellen  besseres  bietet.  Die 
Möglichkeit  ist  nicht  ausgeschlossen,  daits  der  Corrector  (saee.  XVI)  an 
eiuxölneu  Stt*lleu  auch  eigene  Conjecturen  liefert. 


Zsr  üeberHefening  des  Uteren  Seneca* 


371 


Zur  vorläufigen  Orientimiig  theile  ich  eine  kleine  Auawabl 

von  Leearten  aui  R  mit  *.  Die  He.  wird  niclit  ohne  Nutzen  zu 
Rathe  gezogen  werden  könnenj  aelbet  wenn  ihre  Abhängigkeit  von  υ 
festgestellt  ist,  denn  Politiauue  scheint  auch  eigene  Bemerkungen 
beigesteuert  zo  haben:  wenigfitens  finde  ich  zwei  auf  Nicolaue 
Faber  (1587)  zurückgeführte  Emenilationen  schon  von  der  Hand 
dee  Politianus  angemerkt:  p.  22,  16  alins^  dazu  am  Rand  iUas^ 
und  p.  27, 3  ultro,  darüber  uct  lairo,  Anch  wird  es  nicht  un- 
nütz sein,  die  Art  und  Weise  der  Oollationsthätigkeit  jenes  Hu- 
mnnisten  etwas  genauer  kennen  zu  lernen. 
P.  1G,1     daret  U\  dahal  IV  (D^  τ),  erstee  wohl  aneh  in  υ. 

10,16  fdinam  hoc  quod  R,  faciam  hör,  quoqm  Dl», 

19,  10  ülter  alterum  R*»  altm  uUorem  R',  nd  alitts  soll  ο  für 
alter  haben. 

19,  Π  senserit  für  senimt  R  allein* 

19,16  esse  in  domo  ttta  R  (umstellend). 

19,  18  non  R^  (riciitig),  na  ui  R-  D^  nf  T. 

20,12—14  viermal  alimn  R'u^,  ahm  R-υ-,  alt  τ. 

21, 12  ecqui  it4s(us  meus  mctus  lu  es  fiec  R, 

21j,  5     adiit  quae^tmicjit  R  (adkif  sonst). 

25,  19  iktec  quid  si  facere  R  (hoc  quidem  Du). 

26,  10  imdis^  R. 

2^^,  9     uindieo  richtig  R^D-u^T,  uindieaio  R-,  nindica  υ  Κ 
28, 21  in  eadem  re    R   richtig,    in    soll    in    den    andern   Bes. 

fehlen  (?). 
30,21  istam  für  Ülam  R  allein* 
31,9     secuta  für  secreta  R  alleiii. 
ίϊΐ,  15  inuiia  R  *,  inuisa  IV    und   die  andern   Hss.    {hier    also 

durch  Abschreiberversehen  bereits  die  richtige  von  Bur- 

eian  hergestellte  Lesart). 
35,  8     confrnctaia  R,  eonireriala  D  ^. 
}6, 11  famhU'ls  R  [fdbeiis  und  fauetis  sonnt). 

?,  18  *t  fi^n  esset  grata  ei  Ma  R^,  Imermt  über  gr(^a  R*, 
"38,  5     ostendit  R^  D^  richtig,  uel  occidii  R^  {occidit  die  andern). 


Ϊ  R*   erste  Hand,    R^  Correctnr    dm  PolitianuB    (meiel    überge- 
Bchrieben). 

*  Ebenso  p.  Si,  9  latrocinanfifi  für  lairocinantes,    hier  in  Tleber- 
eiufltimmung  mit  U. 

•  Ebenso   p.  31,  17    contractatae  R,   eontrectaiae  D;    entea   von 
Ijfgller  aurgeoommen. 


372  Ihm  Zur  tJeberlieferung  de•  liieren  Seiüot. 

P.  47, 16  in  has  guaestianes  richtig  Ε  und  D^ 

174, 17  quod  (oder  quid?)  longa  cogUaiio  Uli  {aliis  über  ÜU  von 
erster  Hand)  praestUerat  huie  pnma  {iüi  die  Hee.,  alü 
Köhler,  Ulli  Schultingh;  hutc  fehlt  in  den  Hee.,  üU 
fügte  Schultingh  ein). 

452, 15  inurgendas  R^O\  ud  iniungendas  R2(D*). 

455, 10  negabat  actUata  quoque  iüis  R\  über  actüata  schrieb 
B^  «el  accessa  (oder  arceaaal). 

47G,  2    tisque  od  Β  D,  uaqut  in  τ  (dies  von  Müller  beyonugt). 

477, 14  non  ob  hoc  richtig  Β  und  D  (ob  wurde  durch  Conjector 
hergestellt). 

487,4  }mc  legum  latori  R^,  darüber  uel  iugatori  R',  jenes 
die  Lesart  von  Dt,  haec  iugatori  bietet  die  mit  C  be- 
zeichnete Handschriftenklasse,  darunter  der  Vatic&noe 
3872  saec.  X. 

Halle  a.  S.  Max  Ihm. 


dia 


Topographie  End  Mythologie. 


Niemal  Β  iRt  die  KenntDieB  dea  klaseiHclien  Bodens  wirkeanter 
gefordert  worden  als  in  unflerem  Mensch enalter,  und  nie  war 
man  eifriger  befliesei!  der  Mytliologie  durch  ErfurBcliuiig  aller 
Lokalkulte  einen  geschichtliclieii  Inhalt  zu  geben*  Dennooh  will 
es  mir  echeinen,  »1«  oh  die  heidcn  Richtungen  der  WiaaenBohaft 
noch  nicht  so  in  einander  greifen,  wie  es  sein  sollte, 
l•  Diesen   Eindruck    hatte    ich    bei    dem   Artikel  „Apollo"   in 

^^auly- Wieso wa's  Realencyclopädie,  der  durch  emsige  Sammlung 
de«  archäologischen  und  epigraphiechen  Materials  unsem  leb- 
haften Dank  verdient.  Die  tcpographiechen  Thateaehen  aber^  die 
wichtigsten  Stützpunkte  für  die  Statistik  des  Knltue  wie  für  die 
Verbreitung  desselben  haben  doch  noch  nicht  die  gebührende 
Beachtung  gewonnen. 

Wenn  wir  z.  B.  in  Lakonien  die  Äpollokulte  zusammen- 
etellen,  so  haben  wir  doch  von  Anfang  an  das  Bedürfnis«,  nicht 
bloae  die  räumlichen,  sondern  auch  die  zeitlichen  Verhältnisse  ine 
Auge  zu  fassen.  Wir  werden  also  die  Plätze,  welche  ursprüng- 
liche Keimpunkte  des  Dienstes  waren,  von  denen  zu  unterscheiden 
Buchen,  welche  erst  durch  Sjnoikismoe  in  die  Hauptstadt  einer 
T^Ändschaft  verpflanzt  sind.  Stellen  wir  aber  sammtliche  Kulte 
nach  alphabetischer  Ordnung  der  überlieferten  Beiwürter  des 
Gottes  reihenweise  zusammen,  so  verzichten  wir  von  vornherein 
auf  ein  geschichtlichee  Verständniss  und  laufen  Gefahr  in  eine 
todte  Kotizengelehrsamkeit  s&u  geratheo. 

Unser  erster  Gesichtepunkt  wird  also  der  sein,  ob  sich 
Keimpunkte  desselben  Gottesdienstes  zu  Gruppen  verbinden,  welche 
Thatsachen  ergeben,  die  jeder  Hypothese  entzogen  sind. 
■  Topographische  Thatsachen  dieser  Art  eind  am  allerdeut- 
liebsten  an  der  Oetküste  von  Attika  vorhanden,  wie  Otfried  MUller 
znerst  erkannt  und  Milchhofer  in  seinem  „Attischen  Apollo*'  aus- 


U 


374  Cartiat 

geführt  hat.  Dieser  Nachweis  wird  in  dem  genannten  Artikel 
litterarisch  verzeichnet,  aber  für  die  Darstellung  de•  Gottes- 
dienstes nicht  verwerthet.  An  der  attischen  Paralia  finden  sich 
Bucht  neben  Bucht  die  Sparen  des  Apolloknltne  eingegraben. 
Von  Prasiai  geht  der  alte  Wasserverkehr  nach  Osten,  und  von 
der  Küste  der  Tetrapolis  sieht  die  apollinische  Straese,  ohne 
Athen  zu  berühren,  landeinwärts  nach  Westen. 

Ist  nun,  das  ist  die  nächste  Frage,  Attika  die  einsige  Land- 
schaft, wo  sich  in  so  diobten  Gruppen  alte  Apollokulte  zusam- 
menfinden? 

Lakonien  pflegen  wir  im  Gegensatz  zu  Attika  als  ein  Binnen- 
land anzusehen.  Wer  aber  die  Karte  des  Landes  aorgfiltig  be- 
trachtet, erkennt  leicht,  dass  es  nicht  you  Anfang  an  zu  einer 
binnenländischen  Entwickelung  berufen  war.  Die  öttliche  Halb- 
insel gabelt  sich  nach  Süden  von  neuem  in  zwei  Halbinaeln,  und 
in  der  Mitte,  zwischen  dem  Doppelvorgebirge  Halea,  öffnet  sich 
der  Boeatische  Golf,  der  zwischen  den  üferklippen  und  der  im 
Süden  vorgelagerten  Insel  Kythera  eine  einzigartige  Lage  hat 
Hier  lag,  der  Insel  gegenüber,  in  der  Tiefe  des  Golfs,  das  Heilig- 
thum  des  Apollo,  welches  Thucydides  Yü,  26  als  den  bekans- 
testen  Punkt  der  ganzen  Uferlandschaft  hervorhebt  Ea  ist  der 
Apollo  Maleatas,  der  sich  von  hier  nach  Sparta  und  weiter  bii 
nach  Troizen  verbreitet  hat.  Die  nächste  Station  des  Gottes  an 
der  westlichen  Küste  ist  das  in  neuerer  Zeit  durch  wichtige 
Funde  bekannt  gewordene  Hyperteleaton.  £s  war  der  erste  be- 
hagliche Uf ersitz  mit  einer  Ebene  und  reicher  Quelle,  wo  der 
Gott  Άπέλων  Ύπερτελέατος  C Υ^^ρτελ^ίατος)  als  Heilgott  einen 
hochangesehenen  Dienst  hatte.  Eph.  Arch.  1884,  S.  197  ff.  (Kara- 
panos),  1885,  S.  58  ff.  (Pantazides). 

Die  Ostktiste  ist  weniger  offen;  doch  folgen  sich  hier  von 
Süden  nach  Norden  auf  einer  Strecke  von  200  Stadien  drei  apol- 
linische Strandplätze:  Epidelion,  Epidaurus  Limera  und  Zarax. 
Die  Heiligthümer  des  Apollo  Earneios  in  Eardamyle,  Oitjlos  und 
Las  werden  von  der  Landseite  nach  der  Küste  gebracht  worden 
sein.  Um  so  wichtiger  ist  der  Amykläische  Apollo,  der  ohne 
Zweifel  vom  Strande  her  in  das  Eurotasthai  eingeführt  ist.  Denn 
mit  seinem  Namen  sind  die  Purpurfabriken  verbunden,  welche 
am  lakonischen  Gestade  ihren  uralten  Sitz  hatten.  Auch  wissen 
wir  aus  Pausanias  III  21,  dass  nach  dem  tyrischen  Heere  keines 
so  reich  an  Purpurmuscheln  war  als  das  Meer  von  Gytheion. 
Der  Purpurreichthum  verbindet  die  lakonisohen  Kttatea  mit 


Topographie  und  Mythologie. 


3f5 


I      denen  von  ArgoltRi    deren  PurpursUtioneii    ale   eine   Haaptquelie 
'      dee  altkÖQigliclieii  Keicbthuma  bekauut  sind  (AeeohyL  Agam.  058), 
und  als  Apollofitationen  folgen  eich  hier  am  Ufer  Lerna,  Tiryne, 
^_Aeine,  Hermion  und  Troizen* 

^B  Nordlich    von  Attika  treten  unn   am   Oetrande   vod  BeLlaif 

^^beira    Eingang    des    euboeiechen    Meeree    Karyetoe,    Eretria    und 

ChalktB  als  apolliaieche  Plätze  entgegeni  an  der  hoeoüachen  Küate 

OropoSf    in  Lokria  Opus,     Wo  Thesealien    eich  in  Buchten   oder 

FluaBmünduDgen  öffnet,   sind  ea  Apolloaltäre,  mit  denen  die  Lau* 

^^deageacbiohte  anbeht  (Lamia,  Pagaeai»  Tempe), 

^B  Auf  der  Weetkuete  von  Hailas  und  an  den  dahin  mündenden 

'      Golfen  finden   wir   nicht  bo  dichte  Reihen,   wie  sie  aich  von  Cap 

Malea  hia  zur  Peneioamündung  hinauf  erkennen  lassen.     Ea  sind 

einzelne  Punkte,    Zietpunkte    aporadiaoher  Miaaionen,     Ich    nenne 

^      an  der  meeeeniechen  Küate  Korone,  Kolonides,  Pylos,  Kypariaaiai; 

I      in  Achaia  Dyme,   Boüne,  Aigeira,   Pellene.     Im  ionischen  Meer  ist 

I      Leukas   der    centrale  Punkt   in  Verbindung   mit  Anaktorion   und 

Aktion.     Am  Nordrand  am  korinthiachen  Grolfa  Nanpaktos,  Cha• 

leion  mit  dem  'AtoXXujv  Νασιώΐας  und  endlich  die  Stationen  am 

Farnaeg  Kirrbaf  Kriaa  und  Delphi« 

^b         Wenn    wir    wiseen,    wie   die  geaammte  Geieteabildiing  der 

^Blelleniscben  Nation   mit  dem  Apollondienate   zueammenhängti   eo 

^Paiüesen  die  hier  angedeuteten  topographieclien  Thateachen  ala  ein 

geechichtlicbes  Material  von  gröeeter  Wichtigkeit  erscheinen,  und 

j      wir    fragen    zunächat,    ob   diese  Thataachen   mit    dem    in  Wider- 

^     gpruch  Btehen,  was  die  Hellenen  von  ihrem  Apollo  aussagen. 

^^         Ueber   keinen   ihrer  Gotter  ist  die  Ueherlieferung  so  reich. 

^*VOd  welchem  Gott  sind  die  Siedelungen  ao  lebendig,    so  treffend 

und   umständlich  aufgezeichnet  wie  in  den  Worten  dee  Hymnus: 

*  Alle  Ufer  warten  gefallen  dir  und  alle  Vorsprünge  steiler  Küeten 

und    die   ins  Meer  mündenden  Flüsse   sowie   die  Felsgeetade  und 

die  Häfen  am   Meer*?     Dazu   konimen   noch   vorliegende  Inseln, 

welche    eher    als    das    Festland    besetzt    worden    sind.      Ludwig 

Freller    bat   in    seinen   1854   erschienenen  „Delpbica**   die  Worte 

des  Hymnus  so   trefdicb    besprochen;    dass    ich    im    weaenttioben 

nicht«  hinzuzueetzen  wüaste. 

Beiwörter  des  Apollo  wie  Aktioe,  Epaktios,  Leukatae,  Em- 
^basios,  Epibaterios,  Ekbasios,  Neosooa  u•  β,  w.  zeigen,  wie  hier 
^^lles  in  voller  Uehereinötimmung  steht.  Wie  er  sich  aber  aller- 
i  <»rten  an  bellen iscben  Küsten  eingebürgert  hat,  das  zeigen  auch 
_deutlich    die    nur    hier    und   da   erhaltenen    Lokalsagen    von    den 


376 


Cartiu« 


Qaellnympheti  6oUna,  Argyra  nnd  anderen,  die  eioh  der  Lielie 
dea  Apollo  enUiehen  und  alt  Seenymplien  tmeierbUeh  bleibet 
(Peloponnes  I  44Ί). 

Nun  sind  docb  nur  zwei  Möglichkeiten  denkbar.  Entwedfr 
haben  eich  die  Apollodiener  ane  liebe  tu  Seeluft  und  Seektil 
allerorten  aus  dem  Β  in  neu  lande  an  die  Küste  Tor  gedrängt,  der 
es  Bind  Landungen  übereeeisoher  Griechen,  die  ihren  Gott  mit* 
brachten.  Ist  dae  letztere  der  Fall  (wie  man  doch  nicht  emit- 
lieh  bezweifeln  wird),  eo  fragt  ee  eicb,  ob  an  den  jeneeitigen  Kfi^tee 
in  alten  Ueberliefcrungen  Anagangepunkte  dee  Gottesdienstei  gt- 
nannt  werden.  Oeloa  iet  durch  Prasiai  tind  Epidelion  am  deni- 
lichüten  bezeugt  Nach  Kreta  weisen  die  veraohiedeneteo  Ab- 
knüpfungepunkte.  Des  Maleatas  Urheimat  wurde  bei  Fhaietcw 
nachgewiesen  (Μαλέας  λίθος  bei  Ehianoe).  Amykläische  Pur- 
purstationen  gab  es  in  Gortys;  auch  Kyproe  hatte  einen  *Απόλλαη^ 
*'Αμυκλος  (Foucart  Bull,  de  corr.  1883  p.  617).  Und  wean  geist- 
liche Lieder,  die  um  700  v.  Chr.  in  Delphi  öffentlich  gesungen 
wurden,  in  austiihrtiGher  Darstellung  die  kretischen  Männer  Ter- 
herrlichen^  die  um  die  Küsten  der  Halbinsel  herum  von  Delphine• 
geleitet  in  die  krisaeische  Bucht  eingelaufen  sind,  um  erst  deo 
Altar  am  Strande,  dann  die  heilige  Krisa,  und  endlich  hoch  am 
Pamaes  Pytho  zu  gründen,  so  ist  doch  schwer  zu  begreifen,  wif 
solche  TJeberlieferungen  widerspruchslos  wiederholt  werden  konn- 
ten, wenn  nur  eine  von  Doriern  in  ihrem  Interesse  gefälscht«^ 
an  sich  sehr  unwabrecheinliche  Legende  zu  Grunde  läge. 

Gerade  so  wie  es  in  der  Vorzeit  von  Hellas  die  Apotlo- 
diener  gemacht  haben,  als  sie  Krisa  und  Cbalkis  gründeten,  ver- 
fuhren in  geschichtlicher  Zeit  die  Träger  dereelben  Religion,  und 
als  die  Anwohner  der  Arethusa,  welche  Delphi  für  die  besten 
der  Hellenen  erklärte,  ihre  erste  Stadt  am  Aetnafnsse  gründettn* 
begann  das  ganze  Werk  mit  dem  Altar  am  Strande^  der  nach 
Thucydides  von  der  späteren  Btadt  eine  Strecke  Weges  entfernt  lag. 

Nun  hat  man  in  doppelter  Weise  die  von  einstimmiger 
Ueber lieferung  gestützten  Thateachen  zu  entwerthen  gesucht.  Wie 
man  bei  der  Göttin  Artemis^  deren  unerschöpfliche  Beiwörter 
einem  gemeinsamen  Urbegriffe  der  Gottheit  zu  widerstreben 
schienen,  auf  den  Gedanken  gekommen  ist,  es  seien  urvpruog* 
lieh  ganz  verschiedene  Gottheiten  gewesen,  denen  der  gleiche 
}4am6  beigelegt  wäre  (Ges.  Abhandl.  II  5),  so  hat  man  auch 
bei  Apollo  die  Meinung  ausgesprochen,  die  Mannigfaltigkeit  seiner 
Thätigkeit    sei    mit   einer    urBprüngüchen    Einheit    des    Gotteate^ 


Topographie  und  Mytholog^ie. 


S77 


^^ei 


griffes  anvereiöbar.  Der  Gott  der  Ackerbauer  wurde  also  als 
eine  dem  Fest  laude  angehörige  Gottheit  aufgefaset,  und  was  an 
cbiboniHcheu  Beziehungen  sichtbar  wurde,  glaubte  man  als  einen 
aüB  anderen  Eeligionskreisen  angeschobenen  Zueatz  betrachten 
za  müBRen. 

Auf  diese  Weise  wird  Apollo  ein  aus  ganz  verechieden- 
igen  Elementen  gelegentlich  zu  Stande  gekommenea  Wesen; 
eine  Anechauungi  die  dem  VolkebewusHteein  widerspricht,  und 
jede  methodiBche  Religionsgefichichte  unmöglich  maobt.  Von  den 
Olympiern  iet  jeder  ursprünglich  ein  ganzer  Gott;  ho  auch  Apollon, 
An  ihm  sehen  wir  am  deutlichsten,  wie  eit;h  der  Gotteebegriff 
geechichtlich  entwickelt.  Er  begleitet  das  Volk  von  den  Grund- 
lagen seiner  Kultur^  Viehzucht,  Landbau,  Seeleben,  bis  zu  den 
Mühen  dee  geistigen  Lebens,  wie  es  eich  im  Orakel wesen,  im 
Btaatflweeen,  in  Kunst  und  Wissenacbaft  offenbart. 

Als  eine  zweite  Ansicht,  mit  der  man  sich  der  Annahme 
überseeischer  Keime  hellenischer  Götter  zu  entziehen  sucht,  taucht 
immer  wieder  die  Vorstellung  auf,  dass  die  Gottheiten,  deren  Heilig- 
thümer  uns  als  Seefahrerelationen  entgegentreten,  keine  fremden 
und  neuen  Gottheiten  seien,  sondern  alteinheimischen  enteprüchen« 
Sie  sollen,  gleioheam  wie  Pfropfreiser,  iniandiaeben  Stämmen  em- 
geftigt  sein  und  sie  zu  neuem  Leben  angeregt  haben-  So  hat 
man  eine  sidoniBche  Aphrodite  und  eine  urhelleniscbe  angenom- 
men, damit  das  diesseitige  Land  der  mütterliche  Boden  der  reli- 
giüsen  Ideen  bleibe.  Aber  diese  LTnterecbeidung  einer  do])pelten 
Heimath  muss  doch  erst  erwiesen  werden;  und  wie  sollen  wir 
ee  uns  erklären,  daee  in  hieratischer  Poesie  die  Anfahrt  kretischer 
Männer  eo  umständlich  berichtet  wird?  Als  die  Epoche  machende 
Tbatsache  delphischer  Vorzeit?  Ohne  daas  ein  delphischer  Ur- 
gott,  wenn  er  vorhanden  war,  als  der  ehrwürdige  Keim  des 
älteeten  Gottesdienetes  erwähnt  wird? 

Fragen  wir  nun  nach  dem  jenseitigen  Ursprung  der  Apollo- 
etationen»  so  können  wir  über  Delos  und  Kreta  nicht  hinaus- 
kommen.  Denn  auch  das  geschichtliche  Verhältnies  des  Ijkischen 
ottes  zum  kretischen  sind  wir  zur  Zeit  noch  nicht  im  Stande 
enträthseln*  Und  dagegen  muss  ich  energisch  Einspruch  er- 
eben, wenn  in  dem  genannten  Artikel  'Apollo*  p.  460  be- 
hauptet wird,  dass  ich  Apollo  für  einen  ionischen  Stammgutt 
erklärt  habe  (^Auoh  die  von  E.  Curtius  vertretene  Ansicht  von 
einer  ionischen  Herkunft  des  Apollokultus  kann  nicht  befriedigen/), 
ie  0.  Müller    für   einen   dorischen.     Ich    habe   fJonier^  p.  33) 


^^  Carc:«• 

nnr  vofk  d«:n  in  d^r•  ii^r«Krftri^i<*hefi  Kreis  Apoll iniacher  Bildug 
htrtitmg^.gfßgtfun  Jcrniern  irecprocken'.  Weiter  kftfla  ein  gewiMea- 
b»ft«:r  fVjni<;her  mit  ^^««hicbtliehen  B^haaptQBsen  nicht  gehciu 

Va  i«t  lantr«;  «:in  herkömmlicher  Sats  ueerer  Alterthiim•- 
fora'JirjHff  ^^we*en,  die  eiiropäische  Geschichte  beginne  in  Hellas, 
in(l#!m  man  darunter  da«  diesseitige  Festland  verstand.  Es  wird 
iloch  findlich  Zeit,  der  alten  Schnltradition  zu  entsagen.  Der 
Osiiand  von  ll«;llas  gilt  uns  als  die  Schwelle  seiner  £ntwieklu;. 
Dil;  (iesrhißhte  der  Griechen  beginnt  auf  dem  Meer.  Seeverhalt- 
nissn  beNtinmien,  wie  Thacydides  erkannte,  die  Lage  der  Städte 
auf  dem  hellenischen  Festlande.  Und  wenn  uns  ein  Fortaehritt  ia 
ViirsUndnisM  griechischer  Vorzeit  gelangen  ist,  so  bernbt  er  darin, 
diiSN  wir  die  vorgf^schichtlichen  Perioden  übereeeiscber  Einwir 
kung  in  ihrer  Folge  immer  deutlicher  erkennen.  Das  sind  so 
y.u  Nfigrn  diis  Hchöpfungstage  hellenischer  Kultur.  Wir  nnter- 
Huhfiidrn  nhnr  Nolche  Kinwirkungen,  die  von  nnhelleniecben  Na* 
iionrn  iiusgrlien,  und  die  von  verwandten  Stämmen  berrfibrendeiL 

Innerhalb  der  Zeit,  in  welcher  Hellas  vom  barbarischen 
Mcirgi^iihinde  abhängig  war,  können  wir  wieder  zwei  Perioden 
unttirsohtudrn.  In  der  älteren  waren  die  Autoohtbonen  an  den 
KUNti«n  des  Arohipclagus  ohne  Kraft  des  Widerstandes.  Die 
alt  ο  Nuturgöttin  ist  —  das  iet  einer  der  grössten  Fortschritte 
nntikor  Kulturgeschichte,  den  wir  August  Boeokb  in  seinen  'Me- 
tr\»logiaohon  l-ntomurhungon*  verdanken  —  aus  Askalon,  Gypern, 
Kythera  als  .\phrodite  Trania  mit  einer  Fälle  orientaliseher 
Kultur  woItWhorrsohond  in  Hellas  eingesogen.  Das  war  kein 
i^inst^luor  Aot;  ihr  Kult  war  ein  Kanal,  durch  weleben  auf  den 
alti'u  Uandelüwt^is^'n  lu  Wasser  und  zu  Lande  nnaosgesetst  and 
in  A^w  vemvhiedensten  Formen  morgenländische  Bildung  einge* 
iogt^u  i«t.  Dieselbe  Aphrodite  hat  sich  mit  der  Nymphe  am 
Hvlhkv^si  iu  den  eintV'hstien  Kult  formen  eingebürgert  (Ges.  Abk. 
U  p.  Jh  if.^  un^i  hat  in  einer  «i^Äteren  Epoche  de«  Lnxns  die 
Wohlcx^ruohe  Arabiens  lu  den  Ue.Ienen  gebracht  \ύ.  Fritse,  Saach- 
o|MVr  ^v  3,'V 

iUei  andere  sc^or.  «:aci  Hellas  dea  MorgemlaBdc  gegen- 
ttK*v»  at*  l\r-ji*  *;ie  VortLiAc^.:  ier  Phoeniiier  war.  wie  wir  ans 
.irr  ii^vV'.s->:i»  ii*  lltfr*kltf*  :3i  Ver«',«::^  la   ier  der  Apbrodite 

IV  S^>ί^*i?^rr  \vr  Vvrx*  w^irea  alle  rür^Uiiccte  bmAaick 

^v^u  ;L»^rr«t^tt^a.     \:4    H^rkilecMva     tcMres  äe  «idk  aa  te 


Topographie  und  Mythologie. 


879 


it,    alt   das  Insel meer  hellenifi€b  wari    von   Athen  die  Erlaub- 

liie    auf   griecWficbem    Boden    Faktoreien    anxnlegeü    (C;  1.  Gr. 

1271).     So    lange  Tyrus   aber  das  Meer  beherrscht   hat,    wuchten 

ie  sich  die  bestgelegenen  Küetenpunkte  aue,   um  feste  Quartiere 

itulegen,   wie   die   deutsoben  Seefahrer  in  den  jenaeits  der  nor* 

diflchen  Meere   gelegenen  Ländern   die   ersten  Mittelpunkte    eines 

t  ernational  θ  η  Verkehrs  gestiftet  haben. 

Die  Persoa  des  Heraklee  ist  bis  auf  den  heutigen  Tag  ein 
Oegenstand  lebhafter  Streitfragen  gewosen^  und  es  muss  darüber 
sa  einer  £nteobeidung  kommen,  die,  wie  ich  glaube^  nicht  lange 
auf  sich  warten  lassen  wird.  Die  eingehenderen  Untereuchungen 
über  die  Anfänge  von  Olympia  haben  von  neuem  gezeigt,  wie 
scharf  und  sicher  im  hellenischen  Volkebewuesteein  zwischen  dem 
älteren  und  dem  jüngeren  HerakloB,  der  aemitisohen  Gottheit  und 
dem  nationalen  Heros,  unterechieden  worden  ist  Topographische 
Tbatsachen  sind  auch  hier  die  entscheidenden  Beweise»  und  in 
dieser  Beziehung  ist  es  wieder  Attika,  dessen  Küsten  wie  für 
Ai>oHo  so  auch  für  Herakles  die  vollgültigen  Zeugnisse  liefern. 
Am  Rande  der  Hauptebene  des  Landes  musste  der  Versuch 
gemacht  werden,  vorübergehende  Landungen  in  feste  Ansiede- 
lungen umzuwandeln.  Unter  dem  Schutze  der  Felsinsel  Salamis 
öffnet  sich  eine  leicht  zugängliche,  geräumige,  windstille  Bucht, 
wie  sie  für  eine  Seefahrerstation  nöthig  war.  Auf  der  Insel 
haben  die  Tyrier  ihr  Baalheiligthum  errichtet.  Als  Zeichen  pliü- 
nicischer  Ansiedelung  haben  schon  die  Alten  den  von  üypern 
herübergebrachten  Namen  Salamis  betrachtet  (Stephanus  ßyz.  s.  v.), 
und  wenn  der  Name  Σαλάμα  nach  alter  Tradition  als  ειρήνη  ge- 
deutet wurde,  so  geht  daraus  hervor,  dass  den  wüßten  Zeiten 
des  Seeraube  eine  Verständigung  zwischen  SohifTsvolk  und  Land- 
volk gefolgt  ist.  Ein  Herakleion  wurde  au  der  Küste  gegründet, 
wo  der  bequemste  Fährort  nach  der  Insel  wan  Hier  bildete  eich 
ein  friedlicher  Markt,  der  älteste  Platz  eines  internationalen  Ver- 
kehre, und  diese  stille  Bucht  ist  die  erste  Ehede  der  Athener^ 
die  Wiege  des  attischen  Seewesens  geworden  (Stadtgesobicbte 
von  Athen  S.  58), 

PI  Der  Dienet  des  Gottes  Herakles    war    im  attischen  Volke- 

leben  tief  gewurzelt.  Seine  Popularität  bezeugt  sich  in  dem  be- 
liebten Ausruf  der  Athener:  ti  Ήράκλεις,  der  doch  unmöglich 
mu(  einen  dorischen  Heros  bezogen  werden  kann*  Es  bleibt 
immer  einer  der  interessantesten  Gegenstände  kulturgeschichtlicher 
Betrachtung,  dass  es  bei  der  hohen  Bedeutung,  weiche  der  tyritoba 


Cnrtini 

SUdigott  bei  den  Athenern  liAtie,  und  bei  der  entichipdeera 
Sympatbie  von  Atbena  ffir  ibn  doch  nicht  gelungen  ist,  ikn  i« 
Olympiern  ebenbürtig  zu  maobeii  (at  Stadtgeecbichte  ψοη  Atlu• 
p.  122). 

Eine  doppelte  Vorzeit  ist  ei,  aus  welcher  die  uns  v^erttiota 
Hellenen  weit  bervortaucbt.  Die  erste  ist  die  der  Abhängigkeit 
von  fremden  Nationalitäten,  tind  eine  zweite,  in  welcher  dank 
Stämme  verwandter  Herkunft,  die  nach  und  nach  an  der  Ostaeite 
des  Meeres  auftreten,  die  übermächtigen  FremdT&lker  bei  Bntc 
geschoben  und  gleiche  Sitten.  Künste  und  Gotteedienete  von  Eüstc 
ία  Kfiete  verbreitet  werden.  Von  den  beiden  vorzeitlichen  Epo- 
chen beginnt  die  eine  mit  dem  Auftreten  der  Astarte-Apbrodite 
am  Horizont  der  griechischen  Welt,  die  zweite  schliesst  mit  der 
Geetalt  des  Apollon,  welche  den  Zusammenbang  der  beiden  Meer• 
Seiten  am  klarsten  bezeugt,  aber  zugleich  den  Abecbluas  im 
Westens  gtgtu  den  Osten,  des  Hellenischen  gegen  das  Barba- 
rieche  macht.  Durch  ihn  ist  auch  der  hellenische  Oljrmp  des 
tyriecben  Stadtgott  versühlossen  worden. 

Dafi  ist  die  Geschtchte  des  Uebergangs  von  der  Vorzeit  m 
du  geschichtliche  Hellas,  und  von  dieser  Zeit  an  beginnt  die 
Topographie  eine  der  ergiebigsten  Quellen  unserer  hbtorisehen 
Kenntniss  zu  sein. 

Von  diesem  Punkte  ist  meine  Betrachtung  ausgegangen«  die 
keine  akademische  Abhandlung  sein  will,  sondern  ein  beseheldeoer 
Vermieh,  Gegenstände*  die  im  Einzelnen  vielfach  erörtert  worden 
sind,  in  loserer  Fassung  so  zu  beapreoheOt  dass  vielleicht  hier 
und  da  eine  Verständigung  mit  denen  angebahnt  wird,  die  in  so 
wichtigen  Fragen  antiker  Religions-  und  Kulturgeschichte  anderer 
Meinung  sind. 

Was  ich  vor  etwa  40  Jahren  5u  meiner  Abhandlnng  Zur 
Geaehichte  des  Wegebaus  bei  den  Griechen*  versuchte,  die  im 
Boden  Gnechenlands  eingeschnittenen  Wagenspuren  nicht  bloss  als 
antiquarische  Merkwürdigkeiten  zu  verzeichnen,  sondern  als  T7r• 
künden  aen  antiken  Verkehrs  zu  verwerthen,  ist  nicht  widerlegt^ 
sondern,  soviel  ich  sehe,  zustimmend  aufgenommen,  sowie  durch 
anschlieeeende  Forschungen  bestätigt  und  vervollständigt.  So  ist 
es  möglich  geworden^  woran  man  früher  nicht  gedacht  hatte,  die 
Bahnen,  auf  welchen  die  wichtigsten  aller  Bewegungen  dea  gei- 
•tigen  Volkslebens  sich  von  der  Küste  in  das  Binnenland  er* 
fftreeki  haben,  in  sicheren  Spuren  nachzuweisen.  Wir  sehen  vor 
Attgeo,    wie  die  Miinner,    welche   die  Apollomissionen    über    dai 


Topographie  und  Mythologie.  dSl 

Heer  leiteten,  im  Bewnseteein  etwas  zu  bringen,  wae  an  reli- 
giösem nnd  ethischem  Gehalt  alles  überbot,  was  die  Griechen  bis 
dahin  besessen,  mit  rastlosem  Eifer  von  Ort  za  Ort  die  Stationen 
gründeten,  die  einem  Netze  gleich  die  Küsten  umspannten  und 
die  Landwege  mit  den  Seestrassen  vereinigten.  Hier  tritt  also 
sar  Ergänzung  und  Belebung  unserer  mythologischen  Erkenntniss 
die  topographische  Forschung  in  ihr  volles  Recht  ein.  Sie  liefert 
Thatsachen  zweifelloser  Gültigkeit  und  führt  zu  geschichtlichen 
Anschauungen,  die  von  Hypothesen  unabhängig  sind.  Sie  öffnet 
den  Blick  in  den  grossen  Zusammenhang  beider  Meerseiteni  sie 
befreit  uns  aus  der  engen  Atmosphäre  der  Bücherstube,  sie  be- 
wahrt uns  vor  der  Gefahr,  nach  starrem  Schematismus  die  Ge- 
schichte der  Hellenen  in  Lehrsätze  fassen  und  ihren  Inhalt  in 
Paragraphen  niederlegen  zu  wollen,  was  nicht  möglich  ist  ohne 
das  Leben  der  Geschichte  zu  tödten. 

Baden-Baden.  £.  Gurtius. 


Stahl 


Thegeaks  der  Sahn  des  Peisistrafas* 


Arietotele»'  'Αθηναίων  πολιτεία  gibt  uns  nlclit  weniger  neue 

Rätliflel  aaf  alfl  eie  alte  lögt.  EineH  von  jenen  bietet  die  Stelle^  welche 
UHR  tlen  Anlas»  zü  der  Raehetbat  dee  Harmodios  und  Ariatogeiton 
erzählt.  Die  Worte,  worauf  es  ankomnitj  Btehen  c.  18,  l  und  2 
und  lauten  folgendermaaHen :  ΐ\βαν  hi  κύριοι  μίν  TUJV  ιτρατμάτιΐίν 
bia  τά  άΕιώματα  και  6ιά  τάς  ήλι^εί^ις  Ίππαρχος  καΐ  Ιππίας, 
πρεαρύτΕρος  hl  ών  6  Ιππίας  και  τή  φύ£Τ€ΐ  πολιτικός  και  ίμφρορν 
έπ€στάτει  τής  αρχής.  6  hk  "Ιππαρχος  παιbιώbτ]ς  καΐ  ερωτικός 
και  φιλόμουσος  ή  ν  (καΐ  τους  περί  'Ανακρέοντα  καΐ  ΣιμωνΛην 
καΙ  τους  άλλους  ποιητάς  ούτος  ήν  6  μεταπεμπόμενος)^  θέτταλος 
hi  νεώτερος  πολύ  καΐ  nj»  βίψ  θραίίύς  και  υβριστής,  άφ*  ου 
καΐ  συνίρη  τήν  αρχήν  αυτοϊς  γενέσθαι  πάντων  τών  κακών, 
ίρααθεις  χάρ  του  "Αρμοδίου  και  διαμαρτάνων  της  προς  αυτόν 
φιλίας  ού  κατείχε  τήν  όργήν,  άλλ*  ίν  τε  τοις  δλλοις  ένεση- 
μαίνετο  πικρώς  και  το  τελευταίο  ν  μίλλουααν  αύιου  την  αδελφή  ν 
κανηφορεϊν  ίΤαναθηναίοις  έκώλυσεν  λοώορήσας  τι  τόν  *Αρμό- 
biov  ώς  μαλακόν  δντα,  δθεν  συνέβη  παροΕυνθεντα  τόν  *Αρμό6ιον 
και  τόν  Άριστογείτονα  πράττειν  τήν  προΕιν  μετεχόντιυν  <^ού>  * 
πολλών. 

Hier  wird  also  die  Veranlasaang  zu  jener  Bache that  gegen 
die  flOTist  übereinstimmende  üeberliefernng,  deren  älleeter  Ge- 
wilhramann  Thukydidefl  (VI  54—59)  ist,  nicht  dem  Hippiurch, 
flondern  dem  Tbeeealos  zugeschrieben.  Weil  nun  Ariatotelee  18,  4 
die  bei  Thuk.  VI  58  stehende  Angabe  über  die  List,  durch 
welche  Hippiaa  die  Verecbworenen  entdeckt  und  ergriffen  habe, 
auf  Grund   einer   Thatsache    bestreitet,    deren    genaue    Kenntnies 


1  ZogeMtzt  nach  Thuk.  VI  5»3,  3  ήσαν  h^  οϋ  πολλοί  οΐ  Ευνομω* 
μοκότ£ς.  Haas  Α  riet.,  der  Thuk,  Bericht  vor  Augen  hatte,  ohne  die 
TOD  diesem  zugefügt«  Begründung  des  ou  πολλοί  zu  beachten^  das  ge^ 
rade  Gegentheil  goBchriebea  haben  boU,  haHe  ich  für  undenkbar. 


Thesftalos  der  Sotm  des  Peiaintratos.  S83 

wir  ihm  zutrauen  müeeen  und  die  zugleicli  den  Irrtlium  dee 
Thukydtdee  unwiderleglich  beweiet|  so  hat  man  auch  hier  eine 
etUlflchweigende  ßestreitniig  und  Berichtigung  einer  falschen  An- 
gabe des  Thükydides  gesehen.  Aber  gerade  die  Art  jener  nn- 
zweifelhaften  Berichtigung  ist  doch  eine  andere:  nicht  nur  daee 
Arietotelee  die  bestrittene  Ansicht  ausdrücklich  anführt,  er  fügt 
auch  den  Grund  hinzu,  der  sie  widerlegt.  Da  ist  ea  denn  doch 
auffallend,  daes  er  hier,  wo  es  sieh  um  Wichtigeres  handelt,  die 
entgegenstehende  Ueberliefemng,  die  er  ja  ebenso  gut  hei  Thuky- 
didcH  gelesen  hatte  wie  den  von  ihm  berichtigten  Irrthum,  voU- 
etändig  versch wiegen  und  aich  einfach  begnügt  haben  »oll  ohne 
Widerlegung  dereelben  und  ohne  Anführung  eines  Grundes  anders 
zu  berichten. 

Kun  iet  aber  ein  Widerspruch  zn  der  sonstigen  üeberliefe- 
rung  nicht  allein  in  dem  von  Hipparch  auf  den  Theeealos  über- 
tragenen Verfübrungaversuch  zu  erkennen,  sondern  anch  noch  in 
anderer  Hinsicht,  2nniichet  treffen  wir  in  den  Excerpten  auB 
Diodor  X  16,  also  aus  Ephoros  stammend,  eine  Charakteristik 
dee  Thessalos^  die  derjenigen,  welche  wir  bei  Arietoteles  lesen, 
gerade  entgegengesetzt  ist,  und  den  frevelhaften  Uebermuth,  der 
hier  dem  Thesaalos  zugeschneben  wird,  finden  wir  dort  als  ge- 
waltthätigen  Sinn  bei  Hipparch  und,  offenbar  mit  Rücksicht  auf 
«ein  späteres  Verhalten,  anch  bei  Hippias.  Die  beziigtichen 
Worte  lauten  nämlich:  ÖTi  Θ€τταλός  6  ΤΤεΐ(Τΐ(Ττράτου  υ\ός  (Γοφός 
ύττάρχων  άπείκατο  την  τυραννίδα  και  την  Ισότητα  Ιί]\ώαας  μ€- 
γάλης  αποδοχής  ήΕιοΟτο  παρά  τοις  ττολίταις,  οι  δέ  ολλοι,  Ίπ- 
παρχος και  Ιππίας,  βίαιοι  και  χαλεποί  καθ€στώτ6ς  έτυράννουν 
της  πόλευυς '.  AriBtoteles'  Zeitgenosse  hat  also  die  Charakter- 
eigensehaften,  die  in  dem  überlieferten  Texte  der  Άθ.  πολ,  dem 
Tbessalos  beigelegt  werden,  dem  Hipparch  zugewiesen  und  den 
TheBsalos  im  entgegengesetzten  Sinne  cbarakterisirt.  Wie  erklärt 
sich  dieser  Widerspruch?  Anznnehmen,  daes  der  rhetorische 
Greschichtschreiber  in  rhetorischer  Absicht  die  richtige  lieber- 
lieferung  also  verdreht  habe,  int  eben  nur  eine  Annahme,  für  die 


1  Daraus,  dasa  in  dem  dürren  Excerpt  zwischen  dem  frühern  und 
spätem  Verhalten  des  Ilippia^  nicht  unt«rschieden  wirdy  erklärt  lich 
der  Widerspruch  zu  Beiuer  von  Aristotelee  gf&ffelveneu  Charakteristik, 
Von  Kpbfnna  sellist  imd  noch  von  Dindor  kann  ein  Unterschied  ge- 
macht worden  sein,  den  der  Epitomator  io  seiner  Zusammenfassung 
nicht  berücksichtigt  hat. 


M4  Stahl 

sich  ein  sonstiger  Halt  nicht  findet;  rhetorische  Aosechmückang 
ist  anch  noch  keine  Yerkehrang  in  das  Gegentheil  ^.  Allerdings 
läset  sich  in  dem  Excerpt  aas  Diodor  der  Ansdrack  άΐΤ€ίπατο 
τήν  τυραννίδα  anf  wahrscheinliche  Weise  in  Beziehang  bringen 
an  dem  Berichte  Herodots  V  94:  άν€χώρ€€  2>έ  Γ'τπηας)  οπίσω 
ές  Σ{τ€ΐον,  τό  €ΐλ€  Πβισίστρατος  οίχμή  παρά  Μυηληναίαιν, 
κρατήσας  bk  αύτου  κατάστησε  τυραννον  elvai  παΏ>α  τόν  εαυ- 
τού νόθον  Ήγησίστρατον,  γεγονότα  έΕ  'Αργείης  γυναικός.  Denn 
Hegesistrat  OS  ist  eben  Thessalos,  wie  wir  ans  17,  3  ήσαν  bt 
buo  μέν  (υ\€ΐς)  έκ  της  γαμέτης  Ιππίας  καΐ  Ίππαρχος,  δύο  b' 
έκ  της  'Αργβίας  Ίο<ραιν  καΐ  Ήγησίστρατος,  φ  παραινύμιον  ήν 
θ€τταλός  ersehen  ^,  und  offenbar  hatte  der  Vater  seinem  jüngsten 
Sohne  diesen  Beinamen  wegen  seiner  freundschaftlichen  Bezie- 
hangen  tu  den  thessalisehen  Dynasten  gegeben.  So  könnte  man 
meinen,  dass  Thessalos  anf  jede  Betheilignng  an  der  heimischen 
Gewaltherrschaft  versichtete,  sei  lediglich  eine  Folge  seiner  Herr- 
schaft über  Sigeion  nnd  nicht  ein  Ausflass  seiner  Charaktereigen- 
schaften gewesen;  er  sei  vielmehr  umgekehrt  wegen  diese«  Yer- 
sichtes  mit  solchen  Tugenden  anageschmuckt  worden.  Das  wurde 
aber  doch  seine  Schwierigkeit  gehabt  haben,  wenn  an•  andern 
bekannten  Thataachen  das  gerade  eegentheil  sich  ergeben  bitte. 
Einfacher  bleibt  es  jedenfalls  seinen  Vendeht  auf  das  ZnMunmen- 
wirken  tweier  Grande  sar&ckrafiihren,  seines  maasvollen  Cha- 
rakters nnd  des  Besitses  von  Sigeion. 

Aus  der  Stellung  des  Thessalos  in  Sigeion  ergibt  sich  aber 
noch  ein  weiterer  und  durch  keine  Ausflucht  zu  beaeitigender 
Widerspruch.  Führte  er  nämlich  hier  die  Herrschaft,  so  kann 
er,  als  die  Geschichte  mit  Harmodios  und  seiner  Schweatcr  vor- 
fiel, nicht  in  Athen  gewesen  und  also  auch  keinen  Antheil  daran 
gehabt  haben.     Um  diesem  Widerspruch  tu  entgehen,  muB•  man 


1  Die  Lobpretsang  des  Hipparch  in  dem  pseudoplatonisclien  Dialog 
kann  su  rhetorischer  Färbung  and  Uebertreibang  kein  Analogon  bil- 
den; sie  beruht  zum  Theil  (229  c  u.  d)  anf  einer  reinen  Umdiditung 
der  gewöhnlichen  Tradition,  anf  die  übrigens  andi  nebenbei  Beeng  ge- 
nommen wird. 

*  Vgl.  Plot.  Cat  mai.  24  ΤΤειοίοτρατον  .  .  .  ένιτήμαντα  —  τήν 
*  Αργολίδα  Τιμιύνασσαν,  έξ  ής  'ΙοςΗϊπττα  καΐ  θ€θσαλάν  αοτφ  λέιουοι  χΕ- 
Woeai.  Id  der  bei  Herodot  folgipnden  Erzähl nng  von  den  Kimplai  zor 
Behauptuug  Sigreions  ist  zwar  die  spatere  Wiedergewinnong  ssit  waaer 
ersten  £rx>bening  and  Behauptung  Tervecbselt;  doch  wird  daioa  die 
üebertragang  der  Herrschaft  über  Sigeioo  an  Tbessalos  aiehi  herikrt 


Thessftlos  der  Sohn  des  Peisiitratofl. 


386 


* 


I 


aiinelimen,  dase  Herodot  eich  im  Namea  geirrt  und  stall  Jophoti 
den  Hegetiietratos  geeaiint  habe.  Ee  iat  aber  ein  ganz  willkür- 
licher Nothbeheif,  auf  die  Weise  den  Herodot  dafUr  verant wört- 
lich zu  machen,  daee  eine  in  der  ΐτολ.  *ΑΘ.  etehende  Angabe  nicht 
stimmen  wilL  Noch  weniger  läset  ee  etch  so  erklären,  daes  auf 
der  Säule,  auf  der  nach  Tbuhydidee  Yl  55,  1  die  Peisietratiden 
in  die  Acht  erklärt  wurden,  nur  3  Söhne  des  Peieiatratoe  standen 
and  der  Name  des  Jophon  fehlte,  weil  in  dergleichen  Fällen  Hich 
die  Yerurtheilung  auf  dae  ganze  &eechlecht  erstreckte  *.  Und 
Jophon  halte  dadurch,  daee  er  »ich  in  Sigeion  befunden,  nicht 
anfgehört  dem  Geschlechte  der  Peieiitratiden  anzugehören,  Ke 
gibt  vielmehr  fUr  jene  Thatsache  keine  andere  naturgemüsse  Er- 
kiftrungj  nh  dass  Jophon  in  jüngeren  Jahren  starb  und  beim 
Storz  der  TyranuiB  todt  war,  und  da»  wird  er  vermuthlich  auch 
flohon  gewesen  sein,  ali  der  Vater  Theeealo»  die  Herrschaft  in 
Sigeion  Übertrug;  denn  daraus  erklärt  es  eich,  daaa  er  sie  dem  jiin- 
gern  und  nicht  dem  iiltern  Sohne  der  Argiverin  verlieh.  Da 
Jophon  also  bei  der  Erbfolge  nicht  in  Betracht  kam«  konnte  ihn 
anch  Thukydides  1  20,  2  nicht  neben  den  5  übrigen  Brüdern  er- 
wähnen. 

Demnach  läss!  sich,  was  wir  in  der  πολ»  Άθ.  über  Thea- 
salos  lesen,  nicht  nur  mit  der  Erzählung  des  Thukydides  nicht 
vereinbaren,  sondern  stimmt  ebenso  wenig  zu  den  angeführten 
von  Thukydides  unabhängigen  Ueberlie  Fe  rangen  des  Herodot  und 
£phoros. 

Heben  wir  nun  zu,  ob  Aristoteles  denn  hier  mit  eich  selber 
übereinstimmt«  Mir  scheint  dafi  nicht.  Nach  der  dem  Harinodios 
widerfahrenen  Beschimpfung  verläuft  in  der  abgekürzten  Erzäh- 
lung des  Ärifltotfiles  von  dem  Anschlage  der  Verachworenen  an 
bis  XQ  Hipparche  Ermordung  alles  trerade  wie  bei  Thukydides. 
Da  iat  es  denn  aber  doch  unbegreitlich,  warum  Harmodios  und 
Aristogeitoni  da  sie  sich  verrathen  glauben,  sich  auf  den  ganz 
anschuldigen  Hipparch  stUrzen  und  sich  um  den  eigentlichen  Ur- 
heber des  Schimpfes  gar  nicht  kümmern  nnd  dieser,  nachdem  er 
die  Beleidigung  vollbracht  hat,  aus  der  ganzen  Erzählung  spur- 
los verach windet.  Wer  der  Hergang  in  der  eingehendem  I Dar- 
stellung des  TImkydides  lie.st^  der  VI  57,  3  außdrückÜch  angibt, 
dass  die  beiden  in  Hipparch  den  Urheber  der  ihnen  widerfah- 
renen Kränkung    todteten,    der   muas   aicb   sagen :    hier  ist  Hip- 


t  Vgl.  hierüber  Rhein.  Mne.  XLVI  S,  2tJ5  ff. 
BketiL  Mut.  t  FbUoU  N.  F.  1-. 


25 


3ββ 


Stftfa) 


parobe  Ennordung  motivirti  dagegen  bei  Arietotelee  ist  sie  et 
niobt,  wenn  dieeer  den  Thesealoe  als  den  Beleidiger  beieichnet 
bat.  Denken  wir  nne  aber  dieie  Aiigabe  weg,  so  rückt  aucb  bei 
ibm  alles  in  deueelbert  Zufiammenbaug  wie  bei  Tbukydidee.  Benn 
da&a  bei  ibm  die  Bemerkung  feliH,  daes  der  Ermordete  der  JJt* 
hebet  des  Schimpfea  geweeen  seij  hindert  das  nicht.  Er  konnte 
das  um  so  mehr  ale  selbetverständticb  und  iiberflüeeig  betrachten, 
da  er  auch  sonat  den  Hergang  als  bekannt  voraussetzt,  wie  deut- 
lich in  §  2  u6ev  συνέβη  παροίυνθ^ντα  τον  Άρμόοιον  και  τόν 
Άριστογείτονα  ττράττειν  την  ττράΕιν  xeigt,  nnd  sich  begnügt 
die  für  fleiuen  Zweck  ununigänglicben  Hauptmomente  hervorau- 
heben.  Daher  kommt  ee  denn  auch,  daee  er  das  Liebesverhält- 
nies  zwii^cken  MarmodioH  und  Aristogeiton  nicht  erwähnt.  Im 
Oebrigen  apielt  auch  bei  Ariitotelei  wie  bei  Thukydidea  Tbea* 
BaloB  in  der  ganten  Geecliiohte  gar  keine  Belle,  mit  andern 
Worten:  er  erscheint  ak  in  Athen  gar  nicht  anwesend.  Sollen 
wir  nun  anni^hmen,  dne«  AriKtfiieleR  niclit  beachtet  habe,  dasi 
TheBBalue  eich  damals  in  Bigeion  befand  und  daea,  wenn  ihm  die 
Beleidigung  dei  HarmadioR  ssugcRclirieben  wird,  das  besondere 
Motiv  l'ür  die  Ermordung  des  llipjmich  ΓοτίΠίΙΗ?  Unmöglich; 
denn  jenes  musete  er  aue  lierodot  wisRen,  den  er  ja  li,  4  bei 
der  Geaohichte  des  Peisietratoe  citirt,  und  dies  las  er  bei  Thuky- 
didea,  Dazu  kommt  nun  noch,  daee  auch  Aristotelea  eelbet  die 
Ermordung  dee  Hipparch  gerade  in  der  motivirten  Form  des 
Thukydidee  offenbar  im  Auge  hat,  wenn  er  Rhet.  II  21  p.  HOl  b 
Bchreibt :  άλλος  (τόπος)  το  €κ  σημ€ίοο '  άσυλλόγισιον  γαρ  καΐ 
Toiho.  οίον  €Ϊ  τις  λίγοι  *  ταΐς  πόλεσιν  συμφίρουαιν  οι  έριιιν• 
τ€ς  *  ό  γαρ  *Appobbu  και  Άριατοτείτονος  ίραις  κατάλυσε  τόν 
τύραννον  Ίττπαρχον,  Denn  die  hier  zum  Beweise  des  allge- 
meinen Satzee  ταϊς  ττόλεσιν  ίΤυμφίρουσιν  o\  έρώντ£ς  ange- 
zogene Thataache  trifft  doch  vollständig  nur  dann  zu,  wenn  Hip^ 
parcb  mit  dem  Ipmq  dea  Harmodioe  und  Artetogeiton  etwas  zu 
thun  gehabt,  eine  Rachethat  desselben  herauagefordert  hat;  nur 
dann  ist  dieser  έρυυς  die  direkte  Verankasung  aeinee  »Sturstee ;  ira 
andern  Falle  würde  dieser  mit  jeuem  nur  in  einem  aebr  mittel - 
baren  und  entfernten  Zueammenhange  stehen.  Die  in  der  πολ, 
*ΑΘ.  Überlieferte  Darstellang  widerspricht  also  der  Verwendung 
defl  Vorganges  in  der  Rfietorik*  Nun  läast  sich  aber  auch  aiiB 
unaerer  Stelle  aelbat  erkennen,  daaa  die  Beleidigung  von  Eippareh 
auagegangen  nein  muaa.  Denn  er  iat  der  ερωτικός,  und  dieeeoi, 
nicht   dem  θρασύς  και  υβριστής   kommt   naturgemüea    das    ipa- 


Tbes«>)o8  der  Sohn  de*  Peuiitratoi. 


rni 


r 


I 


σθήναι    ZQ.     Da  nun  aber  dieeelbe  Beziehung,    in   der  ΙραύΒ^ίς 

iu  ερωτικός  stellt,  zwieclien  ου  κατ€Ϊχ€  τήν  όρχήν  und  λοώο- 
ρήαας  τι  einerseits  und  τϋ)  βίψ  θρασύς  και  υβριστής  andereeite 
obwaltet  ^^  βο  folgte  dass  auch  diese  beiden  Epitheta  zur  Cha* 
rakterietik  des  Hipparcb  geboren  mtiseen.  Sie  bezeichnen  sein 
praktisohes  Verhalten,  wie  τώ  βίψ  zeigt,  während  die  3  vorher- 
gehenden (τταώιώοης  καΐ  έρυϋτικός  καΐ  φιλόμουσος)  seine  Nei- 
gungen kennzeichnen. 

Man  könnte  nun  diesen  Zasammenhang  herstellen  wollen 
dnrch  folgende  Erweiternng  der  Parentheser  6  bk  Ίττπαρχος  τται- 
6ιώδης  και  έριυτικός  και  φιλόμουσος  ήν  (καΐ  τους  nepi  *Αρα• 
κρ^οντα  καΐ  Σιμωνίόην  και  τους  αλλους  ποιητάς  οΰτος  ήν  δ 
μ€ταπ€μπόμ€νος^  Θετταλός  hi  νεώτερος  πολύ)  και  τψ  βίψ 
θρασύς  και  υβριστής  κ.  τ.  λ.  Allein  es  läset  sich  nicht  laugnen, 
daes  80  θετταλός  bfe  νεώτερος  πολύ  aus  dem  Gedankenznsani* 
menhang  fast  ganz  heraus fiillt  und  ohne  das  zagefUgte  Paren- 
tbesenzeichen,  das  die  Alten  nicht  kannten»  auch  der  Abschlass 
der  Parenthese  gar  nicht  kenntlich  ist,  man  vielmehr  unwillkür- 
Hcb  genothigt  wird,  Θετταλός  hi  νεώτερος  πολύ  zum  Folgenden 
2U  ziehen,  wie  es  ja  auch  in  der  Epitomo  des  sogenannten  Hera- 
k leides  geschehen  ist  Κ  Denken  wir  uns  aber  die  erweiterte 
Parenthese  aus  dem  Text  herausgehoben  und  an  den  Rand  ge- 
netzt, so  entspricht  ihr  Inhalt  vollständig  dem  einer  nebenslicb- 
iichen  ausserhalb  des  Textes  stehenden  Anmerkung.  Man  konnte 
nun  darin  eine  nacbtrüglicbe  Randbemerkung  des  Schriftstellers 
selbst  erblicken  wollen.  Dagegen  aber  sprechen  Inhalt  und  Form 
der   Worte*     Eine    nähere    Erläuterung    des    φιλόμουσος,    eines 


*  Aus  diesem  Grunde  ist  van  Herwerdene  Vorschlag  abstuweiBen, 
der  θετταλός  hi  ν€ώτερος  ιτολύ  καΐ  τ  ψ  piiu  θραούς  καΐ  ύβρΜΤτής  til- 
gen wilb 

^  Ilerael.  Epit.  β  'Ίττιταρχος  ό  ΐίΐάς  ΤΤεισ*ατράτου  π<ιι6ιι£ίδης  ήν  καΐ 
ίρωτικός  καΐ  φιλόμουσος,  Θεσσαλός  h^  νεώτερος  καΙ  θρασύς•  τοΟτον 
τυραννοΟντα  μή  ουνηθΐντ£ς  dvtXtiv  '^Ιττπαρχον  άιτ^κτειναν  τ6ν  (Ι^ελφόν 
oüHoO,  r^arTttis  folgt  natürlich  nichts  weiter,  als  daaa  der  Vcrfasier 
4li«vefl  elenden,  sieber  mebrtach  verdUiinUm  Aua^ugf«,  der  möglicber- 
weüie  jünger  ist  als  uneere  Papyrusahschrift  der  troX,  Άθ.,  die  Worte 
m  gelesen  hatj  wie  «ie  nne  üiierliHferi  siad.  Ein  so  arger  Stümper 
ab<*r  aunh  der  Epitomator  ist,  das  hat  *?r  durh  hprausgefahlt,  d&ea  ia 
seiner  Vorlag^e  Uippareha  Ermordung  niciit  rnntivirt  wur  und  dem 
selDerseita  dur^b  da»  hinzugefügte  τοΟτον  τιιραννοοντα  μή  δυνηθέντες 
dvcXelv  abzuhelfen  gesucht. 


388  Stahl 

gABB  nebeDeichlichen  Charaktenogee,  der  fBr  die  folgende  £r- 
sihlang  von  keioer  Bedeutung  isti  war  um  so  weniger  nöthig, 
da  aie  eine  gana  bekannte  und  durch  φιλόμουσος  aelbet  genfi- 
gead  angedeutete  Saehe  betraf;  ebenso  flberflfiaiig  war  für  die 
Saehe,  um  die  ee  sich  handelt,  die  den  Theanloa  betreffende 
Altenangabe,  und  aueeerdem  begreift  man  nicht,  warum  nicht 
in  gleicher  Weise  auch  des  vorher  (17,3)  genannten  vierten 
Sohnes  gedacht  wurde.  Was  die  Form  betriit,  so  kann  τους 
iicpl  *Αρακρέοντα  καΐ  Σιμωνίοιιν  hier  wegen  des  folgmden  καΐ 
τους  άλλους  ποιητάς  nichts  weiter  bedeuten  als  'Ανακρέοντα 
Kol  ΣιμυυνΙόην,  ein  Gebrauch,  der  sich  meines  Wissens  vor  Po- 
Ijbios    nicht   nachweisen    liest  Κ    Können  also  die  Worte  nicht 


^  Wlhrend  in  der  altem  Sprsdie  ol  vcpl  τάν  b^lvo  den  Mann 
mit  seiner  Umgebung  beteidmet,  ist  die  Einechrinkung  der  Bedeutnng 
auf  den  Haan  allein  ent  ein  spaterer  MtnbraadL  Was  Arisiotele•  be- 
trifft, so  heilst  es  im  Bonitxitchen  Index  ober  diese  Bedeform:  inter- 
dam  ita  usarpatur  nt  ab  ipso  personse  nomine  non  rnnhnm  differat, 
und  alt  Belege  dafnr  wetaen  angefahrt  de  ooelo  ΠΙ  7  p.  805  b  1  ver- 
glidiea  mit  p.d05aS4  und  meteorol.  I  6  p.342bd6  vergUdien  mit 
943*28;  aber  hier  ist  von  Lehren  der  Sehakn  und  Sdmlkftapier  die 
Bede;  was  Lehre  dieser  ist,  ist  auch  Lehre  jeaer.  Darin  liegt  es  be- 
gruodel,  dass  man  τοη  diesen  Ldinneinai^en  ebemo  gut  sagen  kann 
ol  ucpi  Δημόκριτον  λ^χουοι  usw.  wie  Δημάκμηος  Χέχ€ί  usw^  nidit  darin, 
dsss  ol  «cpl  Δημόκριτον  dasselbe  bedeutete  wie  Δημόκρηος.  Ebenso 
ist  besAafliBn  de  georntt.  I  1  p.314a  2501  Aehnlieb  heaeicJuien  Pol. 
?  β  p.  1305  b  25ff^.  ol  «cpl  Χαρικλέα  und  ol  vcpl  Φρύνιιον  die  beiden 
Minner  and  ihren  Anhang  (rgL  Lyt.  ΧΠ  55.  Thoe.  ΥΠΙ  90,  1)  und 
beissl  Pol.  V  10  p.  1311  b  1  ovo  Tiihr  vcpl  Άτταλσν  *τοη  Attalos  und 
seÜM»  LentMi*  (TgL  Diod.  XYI  λ%  7);  Pol  V  10p.  lS12b  9β,  vOcipcr« 
5i  τνρβητνίς  ...  β  α^τής»  ^τοψ  ol  μ€τέχοντ€ς  onMUdteoiv,  ι&σνερ  ή 
t^bv  9^  rikm^m  καΐ  νΟν  ή  Tuhr  vcpl  Διονύσιον,  wo  dann  fortgefahren 
wird  ή  μ^  Γέλαητος  .  .  .  Διονύσιον  b^  .  .  . ,  tt^t  offenbar  ή  tiftv  vcpl 
reumw  und  ή  Tiihr  wcpl  ΔΛΟψίκηαψ  in  Besiehong  an  ol  μΕνέχβντΕς,  wih• 
rettd  natirlioh  auch  die  Tyrsnnit  nsdi  den  T^ranneB  allem  benannt 
werden  kann.  Wie  diese  von  BoniU  angefühlten  Stellen  (aaiere  wer- 
ben snoh  Ton  Eneken  über  den  Sprschgebraneh  des  Ai«i.  8.e5f.  und 
Hegtes  de  prs^»a.  in  AriH.  PoUtieit  et  in  Atk.  Politia  wen  ^  DisseK. 
von  Belnif.  189:2  —  S.  77  nicht  bctgebraekt)  vom  Utem  Gebranebe 
nicht  abweiohsn,  so  stimmt  aneh  mit  desssdben  iberan  ol  wi$k  Gcd- 
tapov  β  die  Schale  det  TWodoros  Bhei.  ΠΙ  13  p.  1414b  14  und  in 
«nsMWr  Schrift  14,3  ol  «^  rdv  McrmcXI«  asd  Tfiw  ΔαβοΟριον•  90,3 
ol  «^  r^  Κν«ομ6ίΐγν  mU  "kavfafow^  :3S,  2  ol  «ςρΙ  τίν  iMfipm^  wo 
ttbsraU  die  ParteihSnpter  and  ihr  Anhai^ 


Theeiilüi  der  Sohn  des  Peiaifttratoi. 


389 


I 


aU  eine  Randbemerkung  des  Hchrift steilere  ielbet  betrachtet  wer- 
deiii  Bo  ergibt  eich  mit  Nothweiidigkeit,  das«  nie  von  βιηβτη  «pä- 
tern  Leeer  berriilireii  müssen,  der  am  eigener  Kenntniee  die 
beiden  Nutizeo  in  ziemlich  zneammenhangeloser  Farm  beiicbrieb, 
und  Äwar  θ£τταλός  bt  νεώτερος  πολύ  in  besonderer  RückRicbt 
auf  dag  vorangegangene  bia  τάς  ηλικίας»  da  er  von  Jopbon  nichts 
Näheres  wusste.  Auf  diese  Weise  gewinnen  wir  nicht  nur  Ueber- 
einstimmnog  mit  der  eonetigen  üeberliaferung,  Bondern  auch 
richtigen  Zusammenhang  in  der  Erzählung  des  Aristotelee  selbst, 
die  auch  von  vornherein,  d,  h.  vom  Anfang  des  Cap.  18  an,  sa 
angelegt  ist,  dass  wir  nur  von  Hippias  und  Hiparch  und  keinem 
andern  Sohne  des  Peisistratos  zu  hören  erwarten  können. 

Freilich  wird  man  ohne  zwingende  Noth  an  einem  aus  so 
alter  Zeit  überlieferten  Texte  nicht  tu  rütteln  wagen.  Aber 
dasB  er  trotz  seines  Alters  nicht  fehlerfrei  ist^  steht  auch  sonst 
fest.  Ausser  Lücken  *  finden  wir  auch  an  andern  Stellen  unzweifel- 
hafte Zusätze  ^.  Dartinter  ist  einer,  der  mit  dem  eben  behan- 
delten eine  gewisse  Yerwandtschaft  besitzt  nnd  den  ich  daher, 
am  die  Annehmbarkeit  der  vorhin  behaupteten  Einschiehung 
durch  ein  ähnliches  ßeifipiel  darzuthun,  näher  besprechen  will. 
£r  findet  sich  in  der  Darsteliang  der  drakontiechen  Verfassung 
I,  2  und  zwar  in  folgenden  Worten  :  ancbeboTO  μεν  ή  πολιτεία 
τοις  Οττλα  παρεχομενοις '  ηροοντο  bt  τους  μέν  εννέα  δρχοντας 
καί  τους  ταμίας  ούσίαν  κεκτημένους  ούκ  ελάττω  biaKocriuiv 
(cod*  htKa^)  μνών  έλευθφαν,  τάς  b'  δλλας  αρχάς  (τάς)  έλάτ- 
τους  ίκ  τών  δττλα  τιαρεχομένυυν,  στρατηγούς  hi  και  Ιτπτάρχους 
ούαίαν  άιτοφαίνοντας  ούκ  ίλαττον  fi  εκατόν  μνών  έλευθέραν 


^  Längst  bemerkt  mi  die  (^röuere  Lticke  nach  Cap^  60;  ebenso 
eine  in  21,2,  die  man  am  besten  bo  ausfüllt,  daee  man  nach  PoL  ΙΠ  2 
p.  1275  h  35  καΐ  πολλούς  £[ς  αύτάς  ΙΜΕατο  Ιένους  καΐ  δούλους  μετοί- 
κους vor  δπυύς  einsetzt.  Vitilleicht  war  auch  45,  1  geschrieben  ό  δήμος 
άφε{λ£Το  τής  βουλής  τό  .  .  .  χρήμασι  (biiip  τάς  φ)2ημιοΰν;  denn  dasa 
Aristoteles  nieht  gewusst,  habe  was  wir  hei  Ps.-Dem.  XL VII  43  leeen, 
ist  kantn  denkbar . 

•  Dergleichen  eind  9,  1  τόν  δί^μον,  6,  Ι  καΐ  νόμους  ίθηκ€,  Β,  2 
ιτερί  Ttiiv  εννέα  ήρχόντιον  trot^  Kaibels  oeueeter  Vertheidigung,  W^  10 
ln\  τυραννίδα  23,2  κατά  τόν  χρόνον  τοίΗ-ον,  2β,  2  6π6  τΰϋν  &ήμυ)ν 
pchon  ία  der  Ηβ.  getilgt,  41, 1  τόν  δήμο  ν. 

•  Weile  Verbeseerung  tcheint  mir  wegen  des  zehnfach  höhern 
Censufl   der  Militärbeamten,   die  doch   offenbar  den  zweiten  Hang  ein* 

en,  unabweiabar. 


880 


Stahl 


καΐ  παΐοας  έκ  τ^Μ^^ήζ  γυναικός  γνηίίίους  ύΐϊέρ  δέκα  ίτη  τ^ΤΟ- 
νότος,  βο  können  die  Worte  τάς  b*  &λλας  .  .  .  παρεχομένων 
nioht  geaUodan  haben;  denn  gemeint  sind  die  übrigen  Aemter 
aueeer  Arobonten,  Schatz meietern,  Strategen  und  Hipparchen. 
Das  wäre  gerade  to,  ale  ob  einer  statt '  die  Sohaiter»  die  Schnei- 
der und  die  übrigen  Handwerker'  sagen  wollt«  'die  Schuster, 
die  übrigen  Handwerker  und  die  Schneider',  Es  lassen  «loh 
aber  anch  die  Worte  niüht  nach  γ€Τονότας  umstellen.  Das  hin* 
dert  das  Folgende :  τούτους  b'  (hei  bicTfwaö^cit  τους  πρυτάν€ΐς, 
καΐ  τους  στρατηγούς  καΐ  τους  Ιππάρχους  τους  ϊνους*  μέχρι 
ευθυνών,  έγΐ^ιίτάς  b'  έκ  του  αύτοΟ  τέλους  παρα(Τχομένους 
ούπερ  ο\  στρατηγοί  και  ο\  ίππαρχοι.  Denn  wie  man  diese 
Stelle  auch  sonst  verstehen  mag  ^,  so  viel  steht  festi  dass  man 
unter  τούτους  die  Strategen  und  Hipparchen  verstehen  ninss, 
und  diese  Beziehung  würde  durch  die  Umstellung  vollständig  zer- 
stört. Ein  anderea  kommt  hinzu«  Wenn  jene  Worte  echt  sind, 
so  hat  Drakon  alle  Aemter  durch  Wahl  besetzen  lassen.  In  §  3 
aber  heisst  es:  κληροοσθαι  bi  και  ταύτην  (d.  h*  τήν  βουλήν) 
καΐ  τάς  αλλάς  αρχάς  τους  υπέρ  τριάκοντ'  ίτη  γεγονότας,  και 
Μς  τον  αυτόν  μη  δρχειν  προ  του  πάντας  έέελθειν  * '  τότε  6έ 

^  Dm  letzte  Wort  iibtir  diese  Stelle  ist  noch  nicht  gesprochen. 
Ich  habe  καΐ  τους  .  .  .  ίνους  als  Apposition  zu  τούτους  und  dies  als 
Object  gefatet.  Dana  iet  καΙ  τους  στρατηγούς  καΐ  τους  ϊιΠΓαρχους  noth- 
wendig  und  nicht  zu  tilgen  sowohl  wegen  ^νους,  das  so  nicht  zu  το6ς 
ηρυτάν€ΐς  gehören  kann,  als  weil  es  ausdrücken  soll,  dass  τούτους  nicht 
auf  alle  vorher  genannten  Beamten  gehe,  sondern  nur  auf  die  Stra* 
tegen  und  Hipparchen,  Die  Bürgen  für  diese  scheinen  sich  aus  ihrem 
niedrigem  Cenaus  ku  erklären.  Stellten  sie  Bürgen  von  demselben  Ver^ 
mögen  wie  das  ihrige,  so  hatte  der  Staat  ihntin  gegenüber  dieselbe 
Sicherheit  wie  bei  den  Archouteii  und  Schatzmeiitern.  Aus  den  vier 
Burgen  schHesso  ich^  dass  es  damale  zwei  Strategen  und  zwei  Hippar- 
ühen  gabf  für  jede  Fhyle  einen  höhern  Militärbeamten.  Die  Pryt&nen 
sind  Pry tauen  des  Raths ;  denn  andere  kommen  in  der  Schrift  nicht  vor, 

*  Diese  Bestimmung  ist  ihrem  Wortlaut  nach  nicht  auf  die  Eaths* 
mitglieder  zu  beschränken,  dann  müsete  es  ßouXeueiv  statt  δρχειν  heissen. 
Freilich  wird  sie  dann  bezüglich  der  Loosämter  ausser  dem  Hath  that* 
sächlich  einem  Verbot  der  Iteration  gleichkommen.  Denn  wegen  der 
geringem  Anzahl  der  Stellen  war  kaum  bei  einem  derselben  ein  neuer 
Turnus  innerhalb  der  gesammten  berechtigten  Bürgerschaft  möglich; 
selbst  beim  Rathe  wird  man  über  eine  einmalige  Wiederholung  kaum 
hinausgekommen  sein.  Die  spätere  Bestimmung,  dass  man  nur  zweimal 
Rathsherr  werden,  die  übrigen  nichtmiütärischen  Aemter  aber  nur 
einmal  bekleiden  konnte,  wird  eich  also  nicht  allzuweit  von  der  dra- 
kontischen   Anordnung  entfernt  haben. 


I 

I 


I 


I 

I 


Tbeaealoi  der  Sobn  dea  PeieifliratoB. 


891 


πάλιν  ίί  ύηαρχΫις  κληρουν.  Darin  liegt  mu  oifenbarer  Wider- 
spruch. Denn  die  Looeniig  nacli  Vorwahl  (Ικ  προκρίτων),  die 
uach  8,  1  Sglon  eingeführt  hat»  auf  Drakon  «urückiuechieben  und 
oun  rfpoOvTO  und  κΧηροΟαΟαι  in  diesem  Sinne  z\i  vereteheo,  eind 
wir  durch  nichts  berechtigt,  vielinebr  lautet  der  Ausdruck  8,  1 
80,  daes  wir  an  die  erste  Einführung  dieees  Verfahrene  denken 
miiseen,  da  die  epecifieohe  Bezeichnung  der  Sache  durch  έκ  προ- 
Kpirujv  hier  «uerst  vorkommt.  Wenn  daher  auch  eonet  οΙρΕΪσθαΐ 
nicht  nur  von  der  reinen  Wahl,  flir  welche  der  epecißeche  Aus- 
druck X€tpOTOveiv  ist,  sondern  auch  von  dem  gemischten  Ver- 
fahren gebraucht  wird^  so  ist  doch  die  letztere  Bedeutung  hier 
unannehmbar;  sie  würde  auch  nicht  deutlich  erkennbar  sein. 
Jedenfalls  lassen  die  für  die  Besetzung  der  beiden  Kategorien 
öS'entlicher  Stellen  verwandten  verechiedenen  Ausdrücke  auch  an 
ein  verechieileneB  Besetzungeverfahren  denken*  Es  kommt  hinzu, 
dasB  die  Strategen  und  Hipparchen  auch  später  nur  gewählt 
wurden  und  daher  eine  frühere  Erlooeung  derselben  nach  Vor- 
wahl ganz  unwahrscheinlieh  ist;  denn  das  Loos  ist  offenbar 
überall  die  jüngere  Einrichtung.  Die  Wahl  wird  sich  bei  ihnen 
aus  alter  Zeit  ebenso  erhalten  haben  wie  für  die  Strategen  die 
Forderung  des  Kinder besitjtee  aus  bürgerlicher  Ehe.  Kann  dem- 
nach αίρ€Ϊ0θαΐ  hier  nur  von  der  einfachen  Wahl  verstanden  wer- 
den, so  fand  diese  nach  8,  2  durch  den  Äreopag  statt,  und  an 
eine  Gleichstellung  des  aipdcJBai  mit  κληροί5ν  ist  hier  gar  nicht 
zu  denken.  Damit  nun  aber  überhaupt  Loosamter  übrig  bleiben  ^ 
rauBs  τάς  h'  αλλάς  .  .  .  παρ€χομένυϋν  ane  dem  Texte  entfernt 
werden.  Das  war  Randbemerkung  eines  Lesers,  der  ans  dem 
Zusammenhang  den  selbstverständlichen  Schlnss  zog,  dass  ausser 
den  Äemtern^  für  die  ein  besonderes  Vermögen  erforderlich  war, 
die  übrigen  έκ  τών  δπλα  παρΕχομένυαν  besetzt  wurden.  Weil 
eich  das  aber  nach  awebibOTO  μέν  ή  TioXtTcia  τοις  δτιλα  παρ- 
^χομενοις  von  selbst  versteht,  so  brauchte  es  nicht  gesagt  zu 
werden.  Der  Urheber  der  Randbemerkung  hat  τάς  δλλος  αρχάς 
aus  §  S  und  έκ  τών  δπλα  παρ€χομέναίν  aus  dem  Vorhergehenden 
entnommen;  έλάττους  kann  aus  einer  spateren  Erklärung  zu  τάς 
αλλάς  stammen;  gebort  es  aber  in  die  Bemerkung  hinein,  so 
muss  allerdings  τάς  hinzugefügt  werden.  Scheiden  wir  nun  die 
den  Zusammenhang  etörenden  Worte    aus  *,    so    sind    unter    τάς 

ρ  ^  Auch   Kaibel   hut  das  Einecbiebsel,    zum  Theil   aus   ähnlichen 

Gründen,    verdächtigt;    Aber   er   hatte  feine  Unechtheit  mit  gröeaerer 


ifiverficlit  behaupten  dürfen. 


Stakl 


dkXa<  «Ιρχάς  β  3  alle  Aemt«r  aniter  den  vorher  ^aiAftten  έλ 
▼erttehi^fif  and  allei  ist  klar  uod  in  Ordnung. 

Wir  finden  also  hier  dieselbe  Textverderbniae,  wie  wir  vor- 
hin anxiini;hme>n  une  genöthigt  eahen.  Hier  stört  ein  Einechiebael 
den  logiichen  Zueammenhang  wie  dort  den  ZoeammeDhaDg  der 
Krzähtung;  hier  wie  dort  iet  die  Randbemerkung  eine«  Leaera 
in  den  Text  gerathcn» 

Kehren  wir  nun  tu  der  Stelle  zurück,  die  den  Hanptgegen• 
itiad  iilti«r«r  Betrachtung  bildet,  eo  etimmt  nach  £ntfeniaiig  des 
ftremdin  Xnnatiaa  Arietoielesi  wenn  wir  von  der  einen  thateich- 
liohen  Beriohtigong  des  Thukydidee  absehen,  in  allem  Weaeal• 
liehen  mit  dienern  überein.  Seine  DaretelJnog  steht  ebenao  wie 
die  den  Tliukydidee  der  volkethUralichen  Ueberliefernng  entgegen, 
wie  sie  sich  namentlioh  in  den  Worten  des  Skolions  anaeprmch: 

iv  μύρτου  κλοΜ  το  Είφος  φορήσιυ 
lEwJTTCp  'Αρμόδιος  καΐ  *Αρι<ΓΓθτείτΐϋν, 
δτ€  τόν  τύραννον  κτανίτην 
1(Τονόμους  τ*  'Αθήνας  έποιησάτην. 

B«»t  ihm  wie  bei  Thnkydides  ist  der  ältere  Sohn  nnd  dem^e 
der  f»igentHohe  Kc^gent  Hippias,  bei  ihm  wie  bei  Thukydide 
die  That  des  Hannodios  und  Aristogeiton  ein  Werk  der  Privai* 
radte  gegen  Hipparch  und  keiner  politischen  Absicht  entaprmiiifaB. 
Thukydidea*  Darstellung  ist  in  denjenigen  Theilen,  die  aieb  mtl 
seinem  Zwecke,  der  Bekämpfung  der  volketh  um  liehen  Üeberlie- 
famng,  lunllohst  berühren,  eingehender  als  Aristoteles,  der  nicht 
die  volkathUmliche  Tradition  bekämpfen,  aondem  den  durch  Ht|^ 
paruha  Ermordung  veranlassten  Umschwung  der  Ding«  erkllren 
will  und  im  Uebnge η  die  Siacha  als  bekannt  vorausaetsen  durfte. 
Waat  auafUhr Heiner  dagegen  aia  Thukydides«  der  skh  VI  57,  4 
aul  QU  ^6ΐα»ς  6ΐ€τέθη  begnügt,  verbreitet  steh  Ariatoteiee  tber 
dik»  letaten  Sohicksale  des  ei^riffenen  Arotogeilon.  Sie  haff^a 
$ät  Thukjrdidea'  Zweck  keine  Bedeutung,  uad  er  mochte  aeck  das 
Eiaiolheitao  der  atch  lum  Theil  widersprechenden  UeberliefemuiK 
nUkt  itlr  gaMi^gaiid  ?erbiirgt  halten.  Aristoteles  Terweilt  dAhet^ 
vail  hianait  dar  Umschwung  im  Regierungssystem  des  Hj 
beftual..  Aaaaacdani  bialet  um  Ariatoleiee  nur  eime  Aagütm^ 
mu  W  TU^jnliiaa  vamMaisn.  Sm  U^  ia  λοι5θρ^|0)ΒΒς  τι  tAw 
ιΐις  μαλακΑν  βντα  Κ    Wenn  Th«kjifi4«a  dia  Haa^ 

t  Uis  ist  aaiA  ttwM 


TbetMlot  der  Sohn  de•  Peisittratoe.  898 

beleidiguDg  des  Harmodioe  in  der  Znrückweieung  seiner  Schwester 
sah,  so  konnte  er  dies  ale  nebeneächlioh  übergehen.  Wir  finden 
also  keinen  Anläse,  aosser  den  verschiedenen  Zwecken  der  beiden 
Daratel langen  und  jener  einen  Berichtigung  des  Thukydides  einen 
weitergehenden  Gegensatz  derselben  anzunehmen. 

Münster.  J.  M.  Stahl. 


steht  es  nicht  entgegen,  wenn  er  als  παιδιώδης  nach  £th.  Nicom.  VII 
8  p.  1150  b  16  selber  ein  μαλακός  war.  Es  traf  dann  bei  ihm  zu»  was 
Cic.  in  Yen*.  Υ  2,4  sagt:  non  modo  aocasator,  sod  ne  obiurgator  qvi- 
dem  ferendus  est  is  qoi,  qnod  in  altero  vitium  reprehendit,  in  eo  ipsa 
deprehenditnr. 


3S4  Apelt 


Plittu  Stauet«  ii  gMf kiehtlifher  ΙΜμγ klag. 


1.    Die  fiopkistiecke  Logik. 

S|•^e»lAlioB   nsd  Erftkrug  ia   ikrer  wecWrhiiw  Tut  hm 

«ckAft  be«ti»»esi  xwm  fTDeeea  TWil  die  WeBdsBgca  in  aem  Gmng 
der  GeiM^clite  der  Pkiloao|ikie.  Die  Bivtke  der  ciaea  tkeäat 
der  T&d    der  aDdera.      Gt^gtmwarag  &.  B.  βΛώα  dk  ndW«»|>kJe 

«,11  ikr  Heil  in  der  Empirie:  ob  η  ikreia  Vortkeil,  bleibe  dakis- 
jreetelh;  alter  jedenfalls  ifct  die  £racbeiBiin|:  bc^reiflidi  &}■  iiatir- 
lieber  und  deaa  Zeit^fl  eDtspreckeDder  RnftTJklag  gtyia  die 
errte  Hälfte  des  Jakiiiiinderta.  in  der  aan,  in  DenSadilaiid  weaig- 
sre&fs  mit  Spe-mlaticm  Mklecküüx  alles  nringoi  «nd  die  Eaipixk 
bei  Seite  «chielieii  η  können  neiiite.  Aehnlicbe  Vandhmgw  «ad 
Uimichlage  treten  nns  in  frübeum  JakiliiiiaertiB&,  tnttBD  sna  aack 
sokon  in  der  |rnecLi«cken  Pkiloiiopkie  ent^epen.  Xvr  aehea  aeigi 
die  G-eachicLte  der  PbiiONvjikie  den  ei^vnilicsk  natorlii&ea  «ad 
vüTififtbeBf wenben  Znictand,  namlicb  der  eiiies  gnriiaBB  Gleiek- 
fewiohlE  beider:  in  vtiUendeter  Weine  —  aelburvewitiTidttrik 
Maes^ralte  des  aIl|reiDediieL•  ^täeuptsL•  BaxiiontH  der  Znt  —  i 
^eu&mmBL  nur  nrexmal :  das  erste  Mal  bei  Arisloteles^  das 
andere  Mal  bei  II  a  η  i.  Em.  irie  es  «cbeiia.  ττη  aalbat  nek  ' 
findender  BepleiTer  dieser  stehenen  Eranhehnmr  ie:  eise 
Lopk.  Xiohi  als  oV  der  niichteme  EaxicinaliBmitt  siok  nickt  aack 
mi:  einer  solcben  vertrii^:  aber  ther&epende  Spenalation  kai 
immer  mi;  der  Lorik  auf  ^Tfi}«nniem  FnaK  ptiiKiidBiv,  Ander- 
pejis  ba;  «elbfitpewififie  Empirie  «iüb  um  Lopk  hbeoibaiipl  aic^ 
viel  p^ümmen,  .ia  eelbm  dir  Tbeucit  dor»eni|rBn  Meckode,  wbkfe 
der  XamrfarRcbnnr  rech:  ei^«nüici:  auf  den  Leib  freiibhnittan  iiU 
die  Theorie  der  Inäurrw^  wk  aet  bioMiet  Empirikcm  ύωοΛ 
eine  aiemlirb  pieicbfiiltijrf  Sacbe. 

In  Grieohenianc  folp   auf  die  Periiide  der  pkjpaioInyBuiMa 
Sptcnlai.on  das  Zeixalter  der  SojibiAik,    der  TariidilBaa  alkr 


ι 


ι 


ι 


ι 


Dotbwendigeii  und  allgemeiiiäu  Wttbrheiten.  let  dae  närbste  In- 
teresee  der  äopbieten  eigentlich  mehr  der  Ueberredungakunsi  als 
der  PhiloBopbie  zugewandt,  so  *miia  ete  docb  auob  Vertreter  einee 
libiloeophiechan  Standpunktes:  tbeile  des  Empiriemuß  in  meiner 
robeeten  Gestalt,  als  SeBsualiemne,  wie  ibn  dee  Frotagoras  Lebre 
zeigt,  theile  des  Skeptioiemus.  Uns  intereeairt  bier  nur  ihre  Stel- 
lung zu  den  Fragen  der  Logik.  Dem  SexiBualifimus  ecbien  das 
Urtbeil  nur  Bedeutung  zu  haben  als  Ausdruck  des  ßteten,  unab* 
lässigen  Wandele  der  einnlicben  ErBcbeinung:  als  fiücbtiges  Augen- 
btickebild  stellte  es  sich  dar^  wie  diese. 

Die  Sopbißten  bemerkten  ganz  ricbtig  die  Willkürlicbkeit  des 
Urtbeils,  als  eines  Erzeugnisees  unserer  (willkürlicben)  Eefiexion, 
achteten  aber  nicht  auf  die  gleichzeitige  Abhängigkeit  desselben 
von  der  unmittelbaren  Erkenntniss,  als  dem  Objectlven,  von  dem 
nns  das  Urtbeil  nur  ein  b oberes,  dauerndes  BewtiestBein  gibt  im 
Gegensatz  zu  dem  Momentanen  der  Anschauung,  Sie  sahen  von 
dieser  unmittelbaren  Erkenntnies  überhaupt  nur  den  rein  sinn- 
lichen Theil,  nicht  die  mitwirkende  Tbatigkeit  der  Vernunft.  Der 
Wechsel  der  8inneBerkenntnt»g  ist  daher  für  sie  das  einzigB  Ge- 
setz der  Wahrheit.  Allee  bat  den  gleichen  Anspruch  auf  Wahr- 
heit, €β  ißt  alles  wahr,  insofern  es  einem  wahrnehmenden  Subject 
SU  erscheint  Zu  diesem  Ergebniss  gelangte  Protagoras  auf  er- 
kenntnieslheoretiscbem  Wege.  Mehr  dtalektiscb  behaupteten  denn 
andere  (Plat*  Euthyd.  284  Β  f,  Sopb.  241  A)  folgendes:  Nicht  wahr 
kann  nicbts  sein«  Unwahr  könnte  nur  das  Nicht-Seieude  sein. 
Dies  aber  kann,  wie  schon  Parmenidee  dargetban,  niemand  em- 
pfinden und  wahrnehmen.  Es  gibt  also  überhaupt  kein  Nicht- 
Seiendes  und  somit  keinen  Trug^   keine  Täuschung. 

Das  war  der  Tod  aller  Logik.  Denn  damit  war  der  Satz 
dee  Widerspruchs  geleugnet^  der  auch  ehe  ihii  Aristoteles  als 
Grundgesetz  der  Logik  aufgestellt^  immer  stillschweigend  als 
Kriterium  der  Wahrheit  anerkannt  worden  war.  Indem  die  So- 
phisten von  der  Richtung  des  Protagoras  nur  das  Momentane  dei 
sinnlichen  Eindrucks  beachteten  und  gelten  Hessen,  übersahen  sie 
das  Wesentliche^  nämlich  den  Charakter  des  Urtbeils  als  Bewussl• 
sein  tiberhaupt.  Sie  isolirten  die  momentane  Erkenntniss  und 
waren  dann  leicht  geneigt  alles  zu  leugnen,  was  darüber  hinaus 
geht.  Dazu  gehört  denn  auch  das  Urtbeil,  d.  b.  die  Verbindung 
eines  Subjects  mit  von  ihm  selbst  verschiedenen  Pradieatcn. 
Denn  die  unmittelbar  sinnliche  Erkenntniss  zeigt  uns  jedes  Ding 
nur  als  es  selbst,  wie  es  augenblicklich  erscheint     Von  ihm  ab- 


9m 


Apeli 


Idibare  PrädicaUbefiiimmnngeEi  gibt  ee  djion  nicht;  denn  der  Ge- 
gvoMls  von  bebftrr lieber  änbeUnz  und  wecbeeloden  AccidenzeBf 
die  meUpbjsifiche  Grandlage  fiif  dae  logi»cbe  Verbaltnie•  am 
Hubjecte  zur  HannigfaUigkeii  seiner  Frädicatep  war  dadorcb  asl- 
gebaben.     Es  galt  nur  da«  Momentane,  nicht  da«  Andauernde. 

Die  strenge  Con«eqnenz  des  protagorei sehen  Heraklitiesiu 
wäre  gewesen,  diM  man  überbanpi  kein  Urtheil,  auch  kein  idea- 
tiacbe«  fallen,  «ondern  nur  aoeehanen  und  empfinden  konnte. 
*  Wenn  ee  sich  nn«  also  immer  entzieht,  ist  e«  dann  maglicht 
Hcbtig  von  ihm  aoezoeagen  ernten«  das«  es  jenes,  nnd  dann,  dasi 
es  so  beaebaffen  sei?  Oder  ist  ee  noth wendig,  dase,  wahrend  wir 
«[irecben,  ee  alsbald  zu  einem  andern  werde,  nn«  entweiche  ond 
nicht  mehr  so  sich  verhalte?  Wie  könnte  nun  das  überhaupt 
ein  bestimmtes  Sein  haben,  da«  niemals  sieh  gleichmäeaig  rer 
hält?  .  .  .  Doch  es  könnte  ja  wahrlich  auch  nicht  einmal  von 
Jemand  erkannt  werden.  Denn  so  wie  der  heran  tritt,  der  e« 
erkennen  will,  «o  würde  es  ein  Anderes  and  Verändertee,  daher 
könnte  seine  Qualität  oder  sein  Zostand  nicht  mehr  erkannt  wer- 
den/ So  schildert  uns  Piaton  die  Sache  «ehr  lebendig  tind  gut 
tm  Kratylos  (p.  43^  D  f.  vgl  aach  Tim.  49  D  f.  n.  a.). 

Diese  Consequenz  haben  freilich  die  Sophisten  nicht  in  ihrer 
vollen  Strenge  gezogen.  Wohl  aber  waren  manche  von  ilinen  der 
Ansicht,  da««  Subject  nnd  Prädieat  im  (JrtheLl  nicht  von  einander 
verechieden  sein  könnten»  Diese  Voranssetzang  liegt  t,  B.  den 
,  Sophismen  des  zweiten  Streitganges  im  Enthydem  (p.  283  Β — 
288  D)  zn  Grmnde,  wie  BoniU  (PUt.  Stnd.  2.  Aufl.  p.  102  t)  gat 
gezeigt  hat.  Und  so  hat  denn  anch,  nach  dem  Zengnies  des  Ari* 
stoteles,  der  Sophist  Lykophron  die  Znlässigkeit  der  Urtkeile 
von  der  Form  Α  ist  Β  bestritten  and  nor  gelten  lassen  Α  ist  A, 
eine  Meinung,  der  bekanntlich  auch  Antistbenes  ond  andere ' 
bnldigten. 

£e  ist  eigentlich  nur  ein  anderer  Ansdnxck  für  die  nämliche 
Sache,  wenn  man  behauptete,  ein  Urtheil  von  der  Form  Α  tat  Β 
bedeute  nichts  anderes  als  die  Gleichsteliting  von  Α  nnd  B. 


t  Nach  Zeller  Ph.  d.  Gr.  I«  p.  1104  f.  hat  Gorgias  die  gleiche  Be- 
hauptong  anfgesteUt.  Das  ist  nicht  nnmoglich.  Es  lieese  «ich  dafnr 
folgendes  geltend  machen.  Wenn  Α  wirklich  bloss  Α  iat  nnd  jedes  Ur- 
theil mit  'ist*  die  Geltung  der  Identität  hat,  so  folgt  ans  Α  ist  Β  immer 
anmittelbar  Non-A  ist  Non-B»  eine  Folgerangsweise,  die  sich  thatsach- 
lich  bei  Gorgias  findet  Sext.  Emp.  adv.  dogm.  I  80  (p.  206^  2a  ff. 
Bekk)  nnd  to  schon  vorher  I  67  (p.  201, 13  S,  Bekk.). 


Platonfi  Sophiatea  in  geschichtlicher  Beleuchtung. 


397 


lonnte   eich   van   der  ßedeutung  der  Kopula  nocb    keine  zutref* 
fende  Voretellung  maehen.     Das    ist    etellte  sich  als  eigentliche 
WeHenfibestimmung    des    SubjectH   durch   daß   Präiiicat    dar,    was 
if  die  Gleichheit  beider  biiissuweiaen  schien. 

Damit  hängt  eng  zusammen  die  Aneicht  gewisser  Sophisten, 
daae  Verschiedenheit  immer  schon  Widerstrettf  oder  platoniHch 
auegedrückt,  daea  itepov  mit  έναντιΌν  identisch  sei.  Denn  das 
logische  Kriterium  für  den  Wideratreit  von  Vorstellungen  ist  eben 
ihre  Nicht*  Verbind  barkeit  im  Urtbei!»  War  es  nun  jener  Lehre 
xufolge  verpünt,  überhaupt  versdiiedene  Vorsteltungen  im  Urtheil 
<]urch  die  Copula  zu  verbinden^  so  lag  darin  der  Gedanke  ein- 
geschlossen, das«  Verschiedenheit  und  Widerstreit  ein  und  das- 
eelbe  seien.  Für  widerstreitende  Vorstellnngen  aber  stellten  sie 
weiter  die  Behauptung  auf,  dass  nichts,  was  von  der  einen  gelte, 
von  der  andern  ausgesagt  werden  dürfe,  eine  Behauptung,  die 
Piaton  in  der  Republik  (p.  454  C)  durch  folgendes  ergiitiliche 
Beispiel  erläutert:  Die  Begriffe  liuhlköpfig  und  votUmarig  sind  in 
Widerstreit  mit  einander;  wenn  also  die  Kablköpßgen  sich  auf 
las  Schnslerhandwerk  verstehen,  so  folgt  notb wendig,  dass  den 
Vollhaarigen  diese  Kunst  dee  Hchustenia  versagt  ist.  Hehr  richtig 
charakterisirt  Piaton  dies  Verfahren  durch  die  Worte:  κατ'  αυτά 
τό  ίνομα  διώκουοΐ  του  λεχθέντος  τήν  έναντίιιυσιν,  Ipxhu  ου 
διάλεκτοι  προς  αλλήλους  χρώμενοι. 
^b  Fassen  wir  das  Gesagte  zusammen,  so  sind  es  drei  für  das 

Schicksal  der  Logik  wichtige  Rätheel,  welche  die  Bophistik  der 
Wissenschaft  zu  lusen  aufgegeben:  1)  Welches  ist  das  wahre 
Gesetz  der  Verbind  barkeit  der  Begriffe  iin  Urtbeil?  2)  Wie  ver- 
halten sich  Verscbiedenbettr  Widersprueh  uwu.  Widei^itreit  zu  ein* 
ander?     3)  Welche  Bedentang  hat  der  Begriff  des  Nicht -Seienden 

tr  unsere  Erkenntniss? 
Greifen  die  beiden  ersten  dieser  Fragen  nnmittelbar  in  die 
>gik  ein  —  ohne  doch  aueschliesslich  logischer  Natur  7,u  sein  — , 
so  nimmt  sich  die  letzte  Frage  zunächst  mehr  metaphysisch  aus. 
Doch  hat  schon  das  Obige  gezeigt  und  wird  das  Folgende  noch 
deutlicher  zeigen,  dass  auch  diese  Frage  ihre  logische  Heite  hat 
nnd  in  dieser  Beziehung  auf  das  Engste  mit  den  beiden  andern 
iueammenbängt,  ja  für  Piaton  den  eigentlichen  Kern  der  Sache 
ildet. 


3d6 


Apelt 


2.     FlatonsSoiihiiitee. 

Auf  diesem  Punkte  fand  PUtoo  die  Sache  vor.  IHr  m* 
faeeenfkte  and  eyetematiechete  Yersuch,  den  er  gemacht  hat,  etnt 
LiiflQn^  der  bezeicli tiefen  Fragen  mit  seinen  Mitteln  zu  geben, 
liegt  nns  im  Dialog  Sophist^^  vor.  Dieeer  Versuch  ist  in  hohem 
Maese  originell  und  verdient  in  der  Geschichte  der  Logik  eine 
hervorragende  Stelle,  die  ihm  Prantl  in  seinem  bekannten 
Werke  nicht  gewährt  hat.  Sokrates  bot  dem  Piaton  dabei  nn- 
mittelbar  gar  keine  Hülfe  und  mittelbar  nur  insofern,  als  Β  e  griffe - 
Verbindungen  die  unerläsaliche  Voraufisetznng  bilden  für  diejenige 
Methode  philosophischer  Forschung,  der  8okrates  vorzugsweise 
huldigte,  nämlich  für  das  Aufsuchen  von  Definitionen. 

Der  Dialog  Sophietee  hat  es  zwar  zunächst  mit  der  Begriffs- 
bestimmung des 'Sophisten'  zu  thun.  Der  wissenschaftliche  Ken 
steckt  aber  nicht  in  diesen  Deßnitionsversnchen,  sondern  in  der 
von  ihnen  eingerahmten  Untersuchung  über  das  μή  ίν.  Nicht 
als  ob  diese  Untersuchung  mit  jenen  Versuchen  nichts  zu  sobaffen 
hätte.  Das  hiesse  der  anerkannten  Meisterschaft  Piatone  in  der 
Kunst  des  Dialoge  xn  nahe  treten.  Piaton  hätte  diesen  Rahmen 
nicht  gewählt,  wenn  nicht  ein  bestimmter  Zusammenhang  mit  der 
Hauptsache  vorhanden  gewesen  wäre.  Dieeer  lag  in  der  That 
vor.  Denn  dies  'Nicht-Seiende'  bildete  einen  beliebten  Tummel- 
platz rabulistischer  Klopffechterei  für  die  Soplnstik,  die  ihre 
eigene  Nichtigkeit  und  Verlogenheit,  wenn  man  sie  ihr  vorrückte, 
mit  der  Behauptung  zu  schützen  wusele,  ein  Nicht-Seiendes  gibe 
es  nicht»  Die  Frage  also,  um  die  es  sich  handelte,  die  Frage 
nach  dem  Nicht-Seienden,  hatte  mit  dem  Auftreten  der  Sophisten 
eine  erhöhte,  actnelle  Bedeutung  erhalten.  Insofern  bot  gerade 
der  Begriff  des  Sophisten  einen  sehr  passenden  Ansgangapnnkt 
oder  richtiger  einen  künstlerisch  angemessenen  Rahmen  für  die 
Erörterung  dieses  schwierigen  Begriffes.  Allein  eingeführt  iet 
dieeer  Begriff  in  die  Philosophie  bekanntlich  nicht  erst  von  den 
Sophisten:  schon  seit  Parmenides  stand  er  in  ihr  als  ein  Räthsel 
da,  das  einer  wissenschaftlichen  Lösung  harrte  und  derielben 
wünlig  schien,  auch  ganz  abgesehen  von  dem  Misebrauoh,  den 
die  Sophisten  damit  trieben. 

Wir  können  uns  über  beides,  sowohl  über  die  bloes  neben- 
sächliche Bctleutung  der  Definitioneversuche  des  Sophisten,  wie 
über  das  eigentlich  Wesentliche  des  Inhalts  au»  Piatons  eigenem 


PlfttoiiB  Sophistes  in  geaohichtliclier  Beleuchtung, 


B99 


nnde  belehren  laseen.  Wenn  er  namlioh  im  Politicne  \  dem 
litterariaclien  Zwillmgebruder  de§  Soptietee^  eagt  {286  D) :  'Ist 
die  UntereucliBBg  über  den  Staatemann  ϊιπβ  um  seiner  selbst  willen 
vorgelegt  worden,  oder  darnm,  daes  wir  überhaupt  tiicbtiger  in 
der  Dialektik  werdeti?'  so  gilt  dies  offenbar  aticli  mutatis  mu- 
tandid  von  dem  unter  den  gleichen  Bedingungen  entstandenen 
Dialog  Sophistes.  Und  dass  in  diesem  letzteren  wiederum  das 
μή  δν  den  eigentlicben  Scliwerpunkt  bildet,  zeigt  nns  Polit.  286  Β 
τήν  (μακρολογίαν)  του  αοφιστου  ncpi  τοΟ  μή  δντος  ουσίας 
und  äbnlich  284  Β  C  ίν  τψ  σοφκίτνι  ττροστ|ναιΠ(άσαμ€ν  eTvat  το 
μή  βν,  έττεώή  κατά  τούτο  ί>ί€φυχ€ν  ήμας  ό  λόγος.  Audi  die 
Lehre  von  der  'Gemeinschaft  der  Oeschlecht^r',  die  «war  hier 
von  einer  besonderen  Seite  erfaset,  aber  keineswegs  als  etwaa 
durchaus  Neues  eingeführt  wird,  ist  ersichtlich  diesem  höheren 
Zwecke  untergeordnet  Die»  wird  ein  kurzer  Ueberbliok  über 
den  Gang  der  TTntprsuchung  dartbnn» 

Nach  mannigfachen  vergeblichen  Anlitufenj  3!u  einer  nmfas- 
eenden  und  befriedigenden  Beiitimmung  doj^  Wesens  des  Sophisten 
zu  gelangen^  wird  der  Versuch  gemacht,  ein  Hauptmerkmal  dea 
Sophisten  xum  AuflgangFpunkt  einer  neuen  irniersuchnng  zu  ueh- 
uaen.  Als  ein  allwissender  Streitredner  utelH  sich  der  Sophist 
dar.  ^  Allee  zn  wissen  aber  ist  unmtigtich.  Kt^  kann  sich  also 
thatfiächlich  hier  nur  um  den  Schein,  um  ein  Scheinwiseen  han- 
deln. Dies  aber  führt  noth wendig  auf  den  Begriff  des  Nioht- 
Reienden,  dessen  Realität  und  Zulässigkeit  von  Parmenidee  auf 
daa  Entschicdeuiite  geleugnet  worden  war.  Mit  dieser  Leugnung 
kann  eich  der  Sophist  gegenüber  dem  ihm  gemachten  Vorwurf 
es  Scheinwesens  bequem  decken  ^.  Will  man  ihm  also  als  einem 
'cheinkünstler  bei  kommen,  so  ist  es  nnerlässlich,  dem  Nicht• 
Seienden  eine  Seite  abzugewinnen,  die  diesem  Begriff  in  irgend 
welcher  Beziehung  Anspruch  auf  Sein,  die  ihm  irgend  welche 
Daeeinsberechtigung  verleiht. 


Vb 


*  Polit.  285  D  Ti  h'  aö  vOv  ήμίν  ή  ΤΓ€ρΙ  τοϋ  ιτολιτικοΟ  Γήτη^ης; 
^ν€κα  αύτοΟ  τούτου  τϊρορ^ίίληται  μολλον  ή  τοΟ  ir€pi  πάντα  όιαλεκτικω- 
τ^ροτς  γίτν£οθαι; 

3  Aeussei'Bt  anBchaulich,  fast  malmsch  sind  die  Wendungen,  in 
lencn  Piaton  diee  Yi^'haltnis«  schildi.*rt:  €ΐς  απορον  ό  σοφιστής  τύπον 
:ατο&^5υκΕν  (239  Cj,  άπο&ι5ράσκ€ΐ  ύς  τήν  το  Ο  μή  οντος  σκοτεινότητα, 
iipq  προσαπτ(ίμΕνος  αυτής,  &ιά  τό  σκοτ^ϊνόν  τοΟ  τόπου  κατανοήσαι 
χαλειτός  (2Μ  Α,  vgl.  auch  280  DJ.  Das  ist  Platous  und  keines  andern 
Band. 


400 


Apeli 


DemgtmiM»  wird  deno  der  Begrif  de»  NichuSeiendeii  eioer 
vorläufigen  firörterimg  uoteriogeD  unter  Aafweieang  der  Bchwierig- 
keiten,  die  von  ihm  anzertrennHch  eind  (237  A^242  C). 

Eine  Lueang  dieeer  Aporien  kann  nur  erhofft  werden  darob 
eine  Torliergebeade  Erörternng  dee  Seienden.  Dieee  Untena* 
ohangf  Kestehend  in  einer  Kritik  aller  bisherigen  Aneicht^n  über 
da«  Weeen  dee  Seienden,  wird  242  D— 249  D  geführt.  Da«  Er- 
gebnisfi  iet  überraschend:  die  eo  klar  sobeinende  (τά  bOKoOvta 
έναρτ«^ς  ^xeiv  242  Β)  Natur  dea  6v  wU  wie  eich  heraurotellt, 
mit  nicht  geringeren  Bcbwierigkeiten  und  Widersprüchen  behaftet 
als  die  des  μή  βν.  In  Bezug  auf  Zahl  wie  auf  Beficbaffenheit 
dee  Beienden  finden  sieb  bei  der  bisherigen  Philüaopbie  die  wider- 
sprechendeten Ansichten.  Bogar  das  όντίυς  δν  des  PJaton  selbat 
scheint  von  «inem  Widerspruch  nicht  frei.  Denn  man  kann  m 
sieb  einerseite  nicht  ohne  Eube,  anderseits  aber  auch  nicht  ohne 
Bewegung  vorstellen. 

Uas  Seiende  ist  also  weit  entfernt  ein  zweifelsfrei  er  Begriif 
in  sein.  Pie  hifitorieclie  Kritik  bat  nur  dazu  geführt,  die  end- 
losen Bcbwierigkeiten  aufKU weisen,  von  denen  dieser  Begriff  um- 
gehen  ist,  und  diese  Bcbwierigkeiten  werden  nur  erhöht  durch 
eine  freie  Betrachtung,  die  sieb  daran  knüpft  und  die  folgenden 
Gang  nimmt;  Bewegung  und  Ruhe  ateben  in  Widerstreit  mit 
einander  (25ΠΑ).  Beiden  kommt  aber  das  Merkmal  des  beten- 
den KU  (ιΤ€ρι^χονται  ύπό  τοΟ  δντος),  ohne  dass  doch  dies  Let*- 
tere  sich  mit  einem  von  ihnen  deckte.  Bas  Seiende  ist  mitbin 
ein  zwar  beide  umfassendery  aber  doch  von  ihnen  verschiedener 
Begriif.  Wir  geratben  also  in  folgende  Aporie  (2ΓιΟΟ):  'Was 
nicht  ruht,  bewegt  sich;  was  sich  nicht  bewegt,  das  ruht.  Wenn 
nun  das  δν  verschieden  ist  von  beiden,  so  scheint  es,  kann  es  weder 
ruhen,  noch  sich  bewegen,  (2ΓιΟ  C).     Wie  ist  dies  aber  denkbar?* 

Aue  dieser  Verlegenheit  bietet  sich  nur  ein  Ausweg;  die 
Lehre  von  der  Gemeinschaft  der  Geschlechter  (KOivujvia  των  xe* 
νών).  Denn  von  den  drei  Müglicbkeiten  des  Verhältniesee  der 
Begriffe  unter  einander,  nämlich  1)  des  völligen  Aussobluasea 
eines  jeden  von  jedem  andern;  2)  der  ausnahmslosen  Verbindung 
aller  mit  allen;  3)  der  theilweisen  Gemeinsobaft,  bleibt  die  letz- 
tere als  allein  zutässig  stehen  (252  E),  Die  WiRsenschsfl  aber, 
welche  die  Beziehungen  der  Begriffe  zu  einander  feststellt,  ist 
die  Dialektik  (253  D),  Sie  ist  die  bekannte  (έλάΟομ€ν  €ΐς  την 
των  έλ£υθφυϋν  ^μπ€σόντ€ς  έτη0τήμην  253  C)  Eunst  des  echten 
Philosophen,   die   Kunst    des    κατά    Τ^νη    6ιαιρ£Ϊσθαι,    d.  b,   die 


PlatOBt  Sopbistes  in  geeeliichtliclier  BeleucktuDg. 


40t 


[unet,  die  nothweDdigen  Trennungen  und  Verbindnngeverhaltnieee 
der  Begriffe  unter  einander  zu  untersuchen '. 


f 


m 


1  Die  viel  erörterte  Stelle  25B  D,  in  welober  das  Geechäfi  dei 
Dialektikers  besehrieben  wird  und  die  zuletzt  von  Lukai,  ZUohr.  f* 
oetr.  Gyran.  1887  p.  329  Ü\  bebandelt  worden  ist,  lautet;  ούκοΟν  6  γ€ 
τοϋτο  αυνατάς  δραν  μίαν  ihέav  biä  πολλΰιν,  ενός  έκαστου  κειμένου  χα>ρ(ς, 
παντη  6ιατΕταμένην  ίκανώς  5ιαιοθ{ίν€ταΐι  καΐ  πολλάς  ετέρας  αλλήλων 
ύπ6  μιας  ftiuBcv  π£ρΐ€χομένας,  καΐ  μίαν  αύ  5ι'  ΰλαιν  ιτολλάιν  έν  ^vl 
Ευνημμένην,  καΐ  ττολλώς  χωρίς  πάντν^  διαιρισμένας*  τοΟτο  ί>*  ίστιν,  ή  tc 
loivuivciv  έκαστα  δύναται  κ  α  Ι  οπη  μή,  ömKptvciv  κατά  γένη  έπΐστασθαι. 

ukflfl  thut  zwar  im  Allgemeinen  gut,  wenn  er  zur  Erklärung  dieser 
Stalle  die  kurz  vorhergehende  25o  C  D  zu  Ratbe  zieht,  in  welcher  daa 
hier  Auflgeführte  schon  frageweise  angedeutet  wird;  ein  genauer  Pa- 
rmtlelismus  aber,  wie  er  ihn  annimmt  und  durchzuführen  «ucht,  iiit 
tliatsicblicli  nicht  vorhanden  und  nur  Kwangsweiee  durch  tbeilweis  will- 
kürhche  I>i?utung  <wie  sich  namentUcli  beim  letzten  GUede  zeigt)  zu 
erreichen.  Mir  scheinen  die  angeführten  Worte  folgende*  iu  besagen: 
gibt  1}  aolclie  Fälle»  wo  ein  BegrißT  sich  durch  viele  völlig  hindurch- 
ieht,    die  ihrereeita  von  einander  getrennt  sind«     Das  ist  das  Verhält* 

m  des  GattnngebegritTes  zu  seinen  Arten^  welche  letzteren  zu  einander 
in  (couirärem)  Gegen  Bat/  sieben:  ένας  έκάατου  κημένου  χη^ρίς;  2)  aolcbe 
Fikilej  wo  ein  irgendwie  (aber  nicht  als  Gattungabegriß)  umfassenderer 
Begriff  eine  Heihe  engerer  umspannt^  sei  es  disparater,  sei  es  solcher, 
die  in  beliebigem  Verhaltniss  zu  einander  stehen,  nur  nicht  in  dem  von 
Art  zu  Art  unter  dem  nämlichen  Gattungsbegriff;  denn  Ιτ€ραι  ciλλιfJλuJV 
bezeichnet  ein  anderes»  oin  allgemeineres  Verbältniss  ale  χωρίς  αλλήλων 
κ€ΐσθαι;    es   ist  nicht  Gegensatz,    anndtini    blosse  Verscliiedenheit;    ver- 

hieden  aber  von  einander  (^icpai  αλλήλων)  können  nach  dem  Fojgen- 
ien  alle  Begriffe  sein;    8)  solche  Fälle,    in  denen   ein  Begriff  sich  aJi 

ierkmnl  mit  jedem  einzelnen  aus  der  Gesammtbeit  aller  der  vielen 
BegriÖ'e  (öi'  δλιων  πολλών)  verbindet,  wie  ζ  Β.  der  Begriff  des  ταύτόν, 

a  öv  u.  a.     Eudbcb  4)  solche  Fälle,    in   denen   es   sich  um  chis  Ver- 

iltnies  des  zweii^Uedrigeu  Gegensatzes  handelt,  wie  z,  B.  bei  ϋτάαις 
and  κίνησις  (vgl.  2%  Ε  κίνησιν  ώς  i<rri  παντάττασι  έτερον  στάσεως 
250  Α  κίνηοιν  καΐ  στάοιν  dp'  ούκ  έναντιιΟτατα  λέχης  άλλήλοις  mit 
unserem  Ausdruck  χυυρίς  ττύντ?!  διωρισμ^νας),  ein  Verhältnias,  da• 
Piaton  bei  genauer  Ausdrucksweiac  mit  εναντίον  bezeichnet,  ohne  da- 
mit genau  das  zu  meinen,  was  wir  conträren  Gegensatz  neuneu,  denn 
dieser  kann  auch  mehr  als  zwei  Glitider  haben.  —  Diese  Erklärung 
stimmt  im  Wesentlichen  mit  der  von  Ronit^  (Plat.  Stud.  2.  AuR.  p.  le^f. 
Anni,)  vcrsucblen  uberein.  Für  meine  Deutung  des  zweiten  Failea 
neEuae  ich  allerdings  nicht  die  volle  Sicherheit  in  Anspruch,  denn  hier 
laaten  die  plutt>uiächeu  Worte  verschiedenen  Auffassungen   Kaum.     Für 

ie  drei  übrigen  Falle  scheint  mir  die  Sache  sicherer  zu  liegen.  Schwie- 
rigkeiten^ doch  mehr  sprachlicher  als  »achlicher  Natur,  macht  nur  noch 
Bliein.  Mui.  f.  Phllol.  N*  F.  L,  20 


^ 


«tt 


Apelt 


Hit  dieeer  Kauet  läset  aicb  nun  aucb  die  Bedeolaog  dee  μή 
dv  ergründen.  Zu  dem  Ende  eulleo  aber  nicht  alle  Begriffe  in 
ibren  gegenseitigen  Beziebuogeo  erörtert  werden,  denn  das  würde 
mehr  verwirren  ah  aufklären,  eotidem  nur  einige  der  umfaaeend- 
aten  eallen  ak  Probe  dienen.  Ee  tiod  dies  fiunächat  δν,  ΟΤάΟίς« 
κίνηίίις.  Jeder  von  diesen  Begriffen  ist  vemcbieden  (έτερον)  vöid 
andern,  abtir  doch  identisch  (ταύτόν)  mit  sieb  selbst.  So  kora- 
tnen  «u  den  drei  ureprtingUchen  Begriffen  diese  zwei,  d&a  ταύτόν 
und  das  θάτερον,  als  von  ihnen  verschiedene  Geschlechter  hinitn 
(264  E— 255  E),  Auf  Grund  dessen  wird  dann  in  recapituliren- 
der  Zusammenfassung    beispieUweiee    der   Begriff  der  Bewegung 


der  dritte  Fall.  Djus  Bonits  hier  mit  seiner  Deutung  in  der  SodW 
Recht  bat,  scheint  eich  mir  ti.  a.  auch  aus  der  Vergleichung  mit  2ßiC 
au  ergeben,  wo  mit  den  Worten  τώ  hi  kuI  hxä  πάντυιν  ούδ^ν  ιηιιλ6πν 
τοις  πάοι  κικοινίϋνηκέναι  unverkc^nnbar  auf  tinsem  Fal)  Kurückgewiee^a 
wird.  VN'id  aber  ist  ιφταεΜϊΰΗ  dies  τοΐς  πάσι  κ€κοινιυνηκ^ναι  mit  ttn- 
Mrem  έν  Ivl  Ευνημμ^νην  in  EinkUng  7.u  bringen?  Bonitz  ül>^fselsft 
dies  letztere  zwar  als  *  mit  einem  jedem  (mit  jedem  einEelnen)  verbun- 
den*. Allein  mit  den  Gesetzen  der  Sprache  verträgt  sich  das  niehi» 
denn  Iv  Μ  könnte  nur  heiaeen  *mit  einrm  d.  ί.  mit  einem  eiosigenV 
Ja  nicht  einmal  die».  Denn  έν  ένΐ  Η»νημμίνην  ist*  wie  die  Snche  hier 
liegt,  sprAchlich  überhutipi  un^uläseig.  Diese  Worte  nämlich  könnten 
höchstem  gebraucht  werden  in  Betag  auf  eine  Mehraahl  von  Subjecten, 
die  in  fineni  I/unkte  oder  Merkmale  Kusammentrifen.  Hier  aber  han- 
delt es  sich  nicht  darum,  sondern  einfach  um  die  unmittelbare  Verbin- 
dung sweier  Dinge  mit  einander.  Dafür  aber  fordert  der  feststehende 
Sprachgebrauch  den  bloeaen  Dativ  bei  ξυνάητΕαθσ«.  In  4 ν  ένΙ  bmib• 
also  ein  Fehler  stecken;  es  ist  sachlich  wie  sprachlich  gleich  unhaltbar« 
Die  Heilung  aber,  die  beiden  Gebrechen  abhilft,  scheint  mir  nicht  fem 
XU  liegi^D.  Man  mues  fv  ivi  meinea  Erachtena  umändern  in  ?v  Ivt 
Damit  haben  wir  fiofort  nach  platoujscbom  und  allgemein  grieohiaobeni 
Sprachgebrauch  die  geforderte  distributive  Bedeutung  "mit  jedem  ein* 
seinen'  entsprechend  jenem  τοΙς  πΑοι  gewonnen.  Vgl.  für  diesen  Sprach- 
gebrauch die  aiemlich  häufige  Formel  ^v  dv6*  ενός  =  prae  reiiquis  om- 
nibua  z,  ß*  PhiL  03  C.  Legg.  705  Η  mit  Stallbaums  Anmerkung,  Rpi 
331  B-  Ferner  die  Formeln  iv  ιτράς  ^v,  ^v  ίφ"  Μ  bei  Ast  lex.  s.  ν. 
€ΐς  a.  Ε,  Ariat.  Top.  KJfi•  24.  ^v  nap'  ^v  Plut,  Mor.  10(]  Ε  und  lOÖ  F, 
Und  ohne  Präposition  z.  B.  Epin.  978  C  iLv  τ{  κάλλιον  ^v  έν6ς  dv  τις 
0cd0aiTO  ιτλήν  τό  τ#1ς  ήμΐρας  γίνος;  Luc.  Hiet.  2  ιίις  Ιν  Μ  παραβαλΰΐν. 
Wir  haben  also  fblgendermaasen  zu  ül>ereetien  und  «u  erWArcn:  *ei 
gibt  Fälle,  wo  ein  Begriff  durch  die  Gesammtheit  der  vielen  Begriffe 
hindurch  sieb  (als)  eines  mit  einem,  d.  i,  wc»cha<dseitig  mit  jedem  ein* 
Keinen,  verbindet'.  Daas  ?v  sich  hier  mit  μίαν  durchaus  vertriigt,  wird 
jedem  eine  einfaclie  IJeberleguug  zfigen. 


Platoofl  Sophistee  in  geschicbtlicher  Bei  euch  lang. 


m 


verschied eü  V( 
weguiig   ist   iVicLt 


α  den  vier  aDtlern  cliarakterieirt«     Aleo  die  Be* 
ov    (weil  niülit  identinüh  damit),    aber  sie  hat 
Theil  an  ilim  (μΕτ£χ€ΐ  του  οντος);  sie  ist  also  öv  und  ist  es  in 
,nderer  Beziehung  auch  wieder  nicht  (255  Ε — 256  Ε)  ^. 


ι 

^F  *  In  diesem  Abschnitt  haben  die  Worte  2ί)ΐί  ß  οίικοΟν  xflv  et  inj 
μ€Τ£λάρΛβαν€ν  αυτή  κίνησϊς  στdα€υJς,  oöb^v  αν  Ατοπον  ή  ν  στάσιμο  ν  αοτήν 
ττροσαγορ€ΐΐ€ΐν  den  Ilerausgeliern  Schwierigkeiten  bereitet  und  zu  Aen- 
dernngeii  geführt.  Auf  dmi  ersten  Blick  nebmcn  sich  die  Worte  aller- 
dinge  sonderbar  ^emitf  iius,  uacbdem  wir  250  Α  verfiominen  haben, 
daaa  κίνησκ  καΐ  στάσις  ίναντιώτατα  άλλήλοις  seien,  und  iiBcbdem  die 
CnnicVglicbkeiL    direr    üemeinscljaft   weiterhin    in    den    verschiedensten 

t Wendungen  versichert  worden  ist  (250  D.  252  D.  255  B.  255  E).    Gieicli- 
Uobl  erwdeen  sie  sich  ak  richtig  und  vollkommen  in  Ordnung,  sobald 
pan    nur    auf   ihre    genaue  Fassung  sowie  auf  den  Gedankengang  im 
Bsinzen  gehörig  achtet.     Piaton  stellt  seine  Behauptung  nicht  suhlecht- 
hin  auf,  sondern  mit  der  vorsichtigen  Einschränkung  eines  πη  'in  ge- 
wissr-r  niiisicht'.     Und  dies  darf  nicht  übersehen  werden.    Blickt  man 
nämlich  zurück  auf  das  24d  ß  ff.  Dargelegte,  wonach  den  Ideen  sowohl 
^^^νηαις  wie  στάσις  zukommen  muss*  su  klärt  sich  die  Bache  leicht  auf. 
^Hpit;  κίν^ισις  bleibt  κ(νηαις  tu  alle  Ewigki^it^  5ΐοί  os  bloss  als  ßegritV  ge- 
^K^ommcn,    sei  es  als  Idee.     Als  like  aber   unterliegt   sie    zugleich    der 
^^^edingung  der  Un  Veränderlichkeit,  U  η  Vergänglichkeit  und  Ruhe,  sonst 
|Vwurde    ihr    eben    der  Charaktci    wla  Idee    abgehen.     Bei   der  Idee  der 
■"^  Bewegung    (das  ist   αότή  κίνηοις  in  üebereinstimmung  mit   sonstigem 
platonischen  SpTachgebrauch  cf.  Ast  lex.  I  p.  314)    tritt  der  im  Sinne 
Piatons   erkl urbare  Widerspruch    unmittelbiir  und  darum   so  zu  sagen 
am  brutalsten  auf:    denn   jede   andere   Idee  vereinigt  »war    auch    den 
iiegeusatz  von  Ruhe  und  Bewegung  in  sich,    bildet  aber  doch  nur  die 
^^Unterlage,  arbtotelisch  zu  reden,    die  υλη  für  dk'se  Gegeaaätxc  (wobei 
^Mmmer   zu    bedenken    ist,    dass   κίνησις  nur  als  geistige  Bewegung^   in 
^^unsurem  Sinne  also  nicht  als  eigentliche  Bewegung  zu  verstehen  ist), 

Idie  Idee  der  κίνϊ]σις  dagegen  ist  ihrem  rij^^euen  Wesen  nach  nichts  an- 
deres als  Bewegung.  Nichtsdestoweniger  fordert  die  Consequens!  der 
|deenlehre  unweigerlich,  dass  ihr  auch  ατάαις  zukomme.  Also  gerade 
für  die  Idee  der  Bewegung  ist  die  platouische  Bemerkung  durchaus 
jutrefTend,  während  sie  für  κίνηΟις  im  gewolinhchen  Sinne  nicht  am 
Platte  wäre;  vielmehr  bleibt  es  da  ein  für  alle  Mal  bei  dem  ^vavrnXf- 
τατα  άλΑήλοις,  entsprechend  der  oben  angezogenen  Stelle  sowie  der 
^  Lehre  des  Fhadon  p.  I02  f.,  von  der  spater  zu  handeln  sein  wird.  Die 
[Aenderuugeu  der  Herausgebor  sind  also  nicht  nur  unnöUiig,  sondern 
C£eradezu  wider  den  Sinn.  Denn  wenn  für  «ύτή  κίνησις  vorgeschlagen 
[wird  αύ  κίνηαις  oder  αύ  ή  »ίίνησις,  so  wird  dadurch  g^radi*  dasjenige 
[beseitigt»  worauf  es  hier  vor  allem  ankommt,  nämlich  die  unmittelbare 
3eziehuog  auf  die  Idee. 


404 


Apelt 


1 


Aehaliuli  wie  mit  der  Bewegung  »teilt  ee  mit  Allen  ADtlera 
Begriffen:  jedes  ilbo^  ist  ld  vielen  fieziehungen  seiend,  in  an* 
zähligen  Beziebungen  wieder  nicht-seiend.  Aach  das  Seiende 
selbst  ist  so  oft  niuht-seieud«  als  es  davon  Verschiedene•  gibt 
(257  A). 

Das  Nicht-Seiende  ist  demgemäss  nicht  in  Widerstreit  (ένσν* 
τίον)  mit  dem  Seienden,  sondern  bloss  verschieden  davon,  wie 
aach  das  Nicht-Grosse,  das  Nicht  Schöne  n«  β.  w*  dem  Groeseo, 
dem  ScbgiicD  nicht  widerstreitend  sind  (während  z.  B.  das  αμίκρόν 
dem  μέγα  widerstreitend  ist),  sondern  nnr  verschieden  davon. 
Die  Entgegensetzung  des  Nicht- Schonen  und  Schönen  u.  a•  w«  be- 
deutet aleo  nichts  anderes  als  eine  Entgegensetzung^  von  Seien- 
dem gegen  Seiendes.  Knrx,  die  Negation  ist  nur  das  Verschie- 
deneein^  das  Andere  (θάτερον).  Das  Nicht-SchÖne  hat  also  den- 
selben Ansprach  auf  Dasein  wie  das  Schöne  und  ebenso  das 
Nicht-Seiende  überhaupt:  das  Nicht-Seiende  ist  ja  doch  nii 
seiend,  also  kommt  ihm  auch  Sein  zu  (25Θ  B). 

Des  Farmenidee  Verbot  bineichtlich  des  Nioht*Seienden  iSt 
also  gründlich  tiberechritten.  Denn  das  Nicht-Seiende  ist  nicht 
imr  als  seiend  anerkannt,  sondern  auch  sein  Begrifif  als  θάτ€ρον 
genau  bestimmt  worden  unter  Abwehr  der  YorsteiluDg,  als  wäre 
es  dem  Seienden  widerstreitend  (256  E).  Das  Ergebnise  folglich 
ist  dies,  dase  einerseits  das  Nicht-Seiende  als  θάτ€ρον  eeiend, 
andrerseits  das  Seiende  in  unzähligen  Beziehungen  nicht-seiend 
ist  (259  Α  Β).  Statt  leerer  eristischer  Spiele  mit  anscheinend 
widerstreitenden  Begriffen  wie  ταύτόν  und  θάτ€ρον,  δμοιον  und 
άνόμοΐον,  μίγα  und  σμικρόν,  woran  manche  ihre  Freude  haben 
und  ihre  Stärke  iu  der  WiderJegungskunst  zeigen,  hat  man  viel- 
mehr jedesmal  genau  die  Beziehung  zu  untereucben^  in  der  etwas 
identisch  und  verschieden,  ähnlich  und  unt^hnlichy  klein  und  gross 
genannt  wird  ^. 

'  Also  eine  Art  Entgegensetzung  bleibt  es  immer;  daher  die  wie- 
derholten Ausdrücke  Plftton.%  άντττιθ^μ€νον,  άντ(θ€αις,  άντικ€(μενον  κ.  Β. 
2fi7  D.  257  Ε.  i>58  Β. 

*  Wepn  der  nämliche  Gegenstand  gross  und  auch  wieder  klein, 
äbnlich  und  unühnlich  genannt  ward,  ho  war  der  Eristiker  aofort  bei 
der  Haod  eifien  Widereprucb  feststuetellen,  ohne  sich  auf  eine  Unter- 
suchung des  secundum  quid  einzulassen.  Und  wenn  Männer  wie  Anti- 
•thenes  (auf  den  :25!i  D  £  wohl  mit  angespielt  wird)  jede  VerbinduDg 
vsnchiedener  BegrilTe  im  Urtheil  verwerfen,  so  thateo  sie  dies  ver^ 
muthlioh  mit  auf  Grund  des  erietiacben  SatzeSi  durch  eine  solche  Ver- 
bindung werde  τ  αυτόν  zu  nioht-TaUT6v,  ταυτ6ν  2U  ^Tcpov  gemacht. 


I 
I 


Pill  tos  i  Sopliistee  in  gfetcbiclitliclier  BüleuchtuQg'. 


405 


f- 


Das  Nicht-Seiende  zeigt  sich  gemäiie  rlem  Entwickelteu  in 
jedem   einzflineii    Falle    a!«    irgend    ein  Gpflühlecht  'des  Anderen* 

i,  B.  da«  Nicht-Schöne  als  anderes  ab  (Jas  Scliiine),  ist  also  über 
ftlles  Seiende  ohne  Aufnahme  verbreitet  (2<50  B). 

Einf^fi  der  seienden  Geschlechter  nun  —  und  damit  vulkieht 
nich  der  Uehergang  zum  letzten  Theil  dieser  Erörtening  über  das 
Seiende  und  Ninht-Heiende  —  ht  auch  die  Hede  (λόγος)  d.  h.  die 
Aeuseerung  des  Urtheils,  der  boEö.  Gesetit  nun,  von  diewetn 
wäre  das  Nicht-Seiende  auBgeBchloRnen,  so  könnte  es  nur  Wahr- 
heit, keinen  Trug,  keine  Lüge  und  also  auch  keine  Sophistik 
gehen,  in  dem  Sinne,  wie  sie  vorher  definirt  ward,  als  eine 
Scheinkunst  namljidu  Und  gibt  der  Sophist  angesichts  der  ge- 
führten Untersuchung  jetzt  vielleicht  auch  im  Allgemeinen  die 
Realität  iles  Nicht-Heienden  zu^  ao  wird  er  doch  vielleicht  sich 
hinter  die  Behauptung  zurückziehen,  das  Nicht-Seiende  verbinde 
sich  nicht  mit  allen  (ircschlechtern,  also  z.  B,  nicht  mit  λότος 
und  boia.  Ea  gilt  also  a'ime  beiden  darauf  hin  zu  untersuchen, 
ob  sie  eich  mit  dem   Nicht-Seienden  verbinden  (261  C). 

Urtheil  und  Meinung  bestehen  aus  ονόματα  (welches  Wort 

ier  2H1  TJ  noch  in  weiterem  Sinne  genommen  wird  und  die 
ρήματα  mit  umfasst).  Wie  vorher  aluo  gefragt  ward  nach  der 
Verhindbarkeit  der  '  üeschlechter  ^  so  handelt  es  sich  hier  um 
die  Verbindbarkeit  der  Würten  Auch  hier  ist,  wie  bei  den  Be- 
griffen, die  einstige  Möglichkeit  die,  dass  eine  theilweise  Ver- 
knüpf barkeit  stattfindet.  Und  zwar  sind  zwei  Klassen  von  Wör- 
tern zu  unterscheiden:  Suhsiantiva  (ονόματα)  und  Vcrba  (ίιήματα) 
2β2  Α.     Dadurch  bestimmt  sich  das  oberste  Gesetz  der  Verknüpf- 

Arkeit:   lauter  Substantiva  für  sich  geben  kein  Urtheilj   ebenso- 

enig  lauter  Verba:  nur  aus  der  Verbindung  von  Subslanlivum 
und  Verbum  entsteht  das  Urtheil  {262  B  —  D). 

Jedem  Urtheil  nun  liegt  erstens  eine  Person  oder  ein  Gegen- 
stand zu  Grunde,  über  den  es  handelt,  zweitens  muse  jedes  Urtheil 
eine  (modalische)  ßeschaffenheit  haben,  der  λόγος  rauss  ein  ποιας 
τις  sein  (262  Ε).  An  den  Beispielen  nun  1)  *Theätet  sitzt' 
2)  *Theätet  fliegt'  wird  dies  erläutert  26S  Α  Β.  Beide  Sätze  han- 
deln vom  Theätet,    aber  mit  dem  Unterschied,    dass    der  eretere 

ahr.  der  letztere  falsch  ist.  Darin  liegt  ihre  verschiedene  Be• 
echatfenheit  (ιτοΐός  τις).  Mithin  besteht  die  faluche,  lügnerische 
Behauptung  (λόχος  ψευδής)  in  einer  Verbindung  von  Subslan- 
tivum  und  Verbum,  welche  das  Nicht-Seiende  als  seiend  darstellt 
(2t53D). 


Apeli 


Εβ  gilt  nunmehr  die  Anwendung  davon  so  macheD  auf  die 
xuleUt  vemucht«,  aber  (296  C)  abgebrochene  Definition  de•  So- 
phiiten,  der  gemÜHe  er  ale  irgendwie  unter  die  €ΐ6ιυλοττοιική 
φανταστική  unteriuordnen  wur,  m.  a.  W.  es  gilt  den  Begriff  der 
φαντασία  mit  dem  gewonnenen  Reeultat  in  Verbindung  zu  aet«en. 
Zu  tlvim  Bodo  werden  die  drei  Begrifi'e  biavoia»  bola,  φαντασία 
in  ihrem  gogeneeitigen  Verhältniea  zu  einander  erörtert.  Alle 
drei  itehen  in  inniger  Beziehung  zum  λόχος,  und  zwar  iai  bto- 
voia  dio  Grundlage  den  λόγος:  sie  ist  die  innerliche  Kede  (lieber- 
tegung),  bola  die  Voüendung,  der  Abechlues  dieser  Bede.  Durch 
Bejahung  oder  Verneinung  (φάσις  und  αττόφασις,  die  hier  eine^ 
Qua) i tut  und  Modalität  zugleich,  unifaeeende  Bedeutung  haben), 
λόγος  die  Mittheilung  derselben  nach  aueeen,  endlich  ς>αντο(Γία 
<dne  Vorbindung  von  bala  und  αίσθηαις  ^,  Denn  φαντασία  iii 
eine  duroh  Wahrnehmung  erzeugte  Voretellung  oder  Meinung 
(24β  Α).  Alio  HUflh  die  φαντασία  ist  eng  mit  dem  λόγος  ▼«*• 
wandt.     Da  nun  der  λόγος,  wie  bewieeen,  auch  falech^  φιυοήςρ 


^  Antiotdlea  de  an.  438  m  25  ff.  bekämpft  die  Antiobi, 
tooia  aino  Verbinduiig  von  bola  und  αΙοβτ|σις  sei.    £r  hat  dtAm 
leicht  die  obige  Aneioht  teiuoe  Lehrers  im  Augo.    Auch  aetu  An 
ανιμνλυκή  ^όίν\ς  κσΐ  aioG^ocu^  kluigt  uuverkenubar  an  den  dea  1 
an,   d«r  2*U  Β  lüo  φαντασία  doünirt  als  αύμμιΕις  αΙοθήσ«υς  loftl  btöf^ 
tu  dor  That  i«t  die  Definition  de«  PlaioD    von   fraglichem  Werik.    Ei 
mag    BttgfgObeti    werden,    dass   φανταϋία   eine  AVrbiodnng  τόο  Wahi^ 
MbaiiiMf  und  Mtiiiiuig  sei,   tofem    man   näuUub   tittter   afi 
iMMTt  Walkraohondif,  daa  Bewtintamii  durch  imiefeB  S 
tew  im  hll§imammm  wM  yqwgta  eiwaa  ima,  4ηηβ  ie 
tailMur  dunak  taaam  Sym  ImwttatI  werde,  olfl 

SUB  kann  lawuhl  auf  Thatigkeit   der  fünbiUiuttgtkraft   beraliei   («ia 
B«  B.  dM  Yofalalluif»  tiaaa  der  Momi  am  HcMriaottt 
ifli  Himmal)  ala  aiiek  a«f  B«fteiioii.    Eine  Fklioci  att 
Infi  lua  dun&  lUieiin  oormM  wanloD.    Dia  «M 


^■bwakt  «M. 


dvoftkcuni^  äGiA) 
tMML  gmkiedea.     Daa 
wie  2iiA  Β  m%l  (ψύ^^νη   Η  Α  Umpiv» 
gaaa  ao  wii  Tteot  tUBC)^ 


Pliione  Sopliigtea  in  geschichtlicher  Beleuchtung« 


407 


^ 


eeiti  kunn,  eo  mnes  duBeelbe  auch  vort  der  φανταΐΤία  gelten. 
Dadurch  ist  nun  der  Weg  geehnet  zur  Wiederaufnahme  der  frü- 
heren Definition,  mit  deren  Vervollständigung  auf  der  Unindlfige 
des  gewonnenen  Ergehni&ien  sieh  der  Reet  de»  Dialoge  heBcbäfiigt. 
Dieee  Uebereicbt  wird  trotz  ihrer  Kürze  doch  zur  Geniige 
die  eigentliche  Absicht  Platoue  erlcennen  laneen:  ee  gilt  ihm  die 
Natur  des  μη  ov  zu  ergründen»  AUee  Uehrige  hat  im  Verh&lt- 
Iniee  dazu  nur  die  Bedeutung  entweder  der  künetleriBoben  Ein- 
faBHung  des  Ganzen  oder  eines  noth  wendige  η  Gliedes  in  der  Kette 
der  Argumentation.  Ueber  dae  eratere  iet  bereits  oben  gehandelt. 
Was  aber  das  letztere  anlangt,  eo  bildet  namentlich  die  Expo- 
eition  dee  dem  μη  6v  entsprechenden  poeitiven  Begriffes  dee  Ö¥ 
nur  die  noth  wendige  Voraussetzung  *  zur  Klärung  des  negativen 
Begriffes  (cf.  Phaedon  97  D).  Dass  die  Untersuchung  des  ov  nur 
zur  Aufhellung  des  μη  öv  angestellt  werde,  «agt  uns  Piaton  aue• 
drück  lieh  248  C.  Der  alte  Nebentitel  des  Dialoge  n£pi  TOÖ  οντος 
euHte  also  beeeer  heiesen  nepi  τοΟ  μή  οντος.  Da  indes  θ  das  βν 
das  noth  wendige  Complement  zu  dem  μη  öv  bildet,  so  ist  der 
Titel  doch  nicht  geradezu  verfehlt.  Was  ferner  die  Dialektik 
hetrilTt,  so  wird  sie  hier  keineswegs  als  etwas  ganz  Neues  ein- 
geführt. Vielmehr  zeigt  253  C\  das«  sie  als  die  schon  bekannte 
Kunst  des  wirklichen  und  echten  Philosophen  auftritt^  wie  denn 
das  κατά  γένη  οιαιρεϊσθαι  des  Hopbistes  (253  D)  ganz  auf  das- 
selbe hinauskommt  wie  das  κατ*  εϊΐ>η  5ύνα0θαι  τεμνειν,  κατ' 
δρθρα»  ή  π£φυκ£  des  Phaedros  (265  Ε).  Die  Lehre  von  der  κοι- 
ναινία  τών  γ€νών  erörtert  eine  im  Allgemeinen  schon  bekannte 
Sache  nur  von  einer  neuen  Seite.  Sie  ist  nicht  Selbstzweck,  Sün- 
dern erscheint  unter  einem  bestimmten  Gesichtspunkt  als  Mittel 
xum  Zweck. 


3,     Vergleichnngsformel  und  UrtheiL 

Su  sonderbar  uns  vieles  in  diesem  Versuche  über  das  Nicht' 
Heiende  anmutet,  so  einnreioh  und  bedeutsam  wird  uns  doch  auch 
das  tBatsächlich  Unhaltbarste  darin  erscheinen,  sobald  wir  es  im 
Lichte  der  gesohichtlicben  Voraussetzungen  betrachten,  auf  denen 
es  ruht.  Das  Nicht- Seiende  war  das  grosse  Häthsel  der  Specu- 
latton  seit  den  Eleaten.     Diese  hatten  es  als  das  noli  me  tangere 


ψ         1  Vgl.  Adet.  An.  poet.  I  25.  80^  34   tiä  γάρ   τήν  κατάφααιν  f] 
άπόφασις  γνώριμος,    καΐ  προτφα  ή  κατάφασις  ώϋΈίρ  καϊ  τά  elvai  τοΟ 

μή  €ΐναι. 


106 


Apelt 


flir  die  Vernttoft  beieiclmet  und  bei  Leibes-  und  L^benettnfe  rar 
der  N&chforecbang  danach  gewarnt.  Denn  das  Nicht-Seiende  iit 
eben  nichts,  at^o  undenkbar.  Die  Mi'gariker  waren  ihnen  dario^ 
wie  es  scheint,  gefolgt  \  nnd  die  Sophisten  hatten,  wie  oben  ^ 
leigt,  Grund  genug,  eich  dieser  Aneicht  eu  bemächtigen,  die  ihnen 
als  willkommene  Wehr  und  Waffe  diente  gegen  den  un^irteo 
Vorwurf  der  Scheinkünetelei. 

War  dies  Nicht-Seiende  wirklich  ro  völlig  undenkbar,  to 
güoiUoh  unzugänglich  fiir  die  Vernunft^  wie  es  die  Elealen  schil- 
derten? Und  wenn  nicht,  welches  war  der  Weg,  auf  dem  man 
dem  Proteus  beikommen  und  ihm  eine  Antwort  über  sein  Wesen 
entlocken  konnte?  Jedenfalls  kg  die  Sache,  wissenschaftlich  ge- 
nommen, noch  in  tiefes  Dunkel  gehüllt  und  es  war  kein  gering•• 
WagnisB,  das  Piaton  unternahm,  wenn  er  mit  der  Fackel  des 
forschenden  Verstandes  in  dies  Dunkel  einzudringen  suchte. 

Piaton  greift  die  Sache  zunäohet  nicht  von  der  metaphy- 
sischen, sondern  von  der  logiRuhen  Seite  an.  In  der  Verbindang 
und  Vergleichung  von  Begriffen  tritt  das  '  nicht  als  gültige  und 
allgemein  anerkannte  Gedankenform  auf.  Dieses  nicht ^  deutet 
doch  darauf  hin,  dass  das  Nicht-Seiende  in  unBcrem  Denken  et&e 
gewisse  Rolle  spielt,  dass  irgend  ein  Etwas  dahinter  stecken 
rauss.  Um  die«  Etwas,  diese  Verwandtschaft  mit  dem  Positiven, 
nachzuweisen,  geht  Piaton  von  der  Thatsache  aus,  dase  wir  im 
Urtheil  Begriffe  bejahend  mit  einander  verbinden,  die  wir,  wenn 
wir,  reflectirend,  sie  bloss  vergleichen,  durch  Anwendung  de• 
nicht  von  einander  unterscheiden.  Hier  haben  wir  aleu  de• 
Fall,  dass  das  Verhält niss  der  nämlichen  Begriffe  lu  einander 
bejahend  und  verneinend  bestimmt  wird,  ohne  dase  eioh  die  Be- 
hauptungen gegenseitig  aufheben.  Also  das  Negative  vertragt 
sich  mit  etwas  Positivem^  deutet  vielleicht  sogar  auf  das  Positive 
bin.  Wir  sagen  z.  B.  *Reichthum  ist  nicht  Schönheit*,  d.  h.  der 
Begriff  *  reich'  ist  verschieden  von  dem  Begriff  Schott  and  dock 
gibt  es  manchen  Reichen,  der  auch  schön  ist,  Oder,  um  das 
platonische  Beispiel  selbst  zu  brauchen,  wir  sagen,  'Bewegung 
ist  nicht  8ein\  d.  h.  der  Begriff  der  Bewegung  ist  nicht  gleich- 
bedeutend mit  dem  des  SeinSi  und  doch  müssen  wir  sageo,  die 
Beweffung  ist  seiend  (d.  h.  es  gibt  thateächlich  Bewegni^). 

I  Easeb.  praep.  er.  XIV  17  (p.  *2ΐΗΙ,  2  f.  Dind.)  6θ€ν  ή£(ο«7ν  ίΑ- 
τοΙ  fi  (die  £leaten  und  ol  ircpi  Ιτίλιηυνα  καΐ  ol  McfoptKoi)  τό  6v  Ν 
iWot  aal  Td  ^Tfpov  μή  dvai,  μΐ|6^  χ€ννΟα6αί  τι  μηοέ  φθ€ίρ€σβαι  μηϊΗ 
ΐΕΐν€ΐοβαι  τό  παρ<1παν. 


Platoiis  Sophistee  in  geaohichtliclaer  Beleuchtung^, 


409 


Wie  geht  das  za?  Wir  antvrorteTi:  es  berubt  auf  dem  tJn- 
terechied  von  Vergleichufigsforniel  und  Urtbeil.  Dies  zu  veretelien, 
niüReen  wir  einen  kleinen  Excur»  in  die  Logik  machen,  Die 
gefliinJe  Logik  lehrt  folgendefs:  wirkliuhe  Erkennlnisu  durch  Den- 
ken gibt  nur  da«  L^rtheil  mit  bezeichnetem  Subject^  denn  iriir  die 
Beieicbnung  bringt  die  BeKiebung  des  SiibjectB  auf  wirkliche 
Einzelwesen^  die  in  seiner  Sphäre  stehen.  Diese  Bezeichnung ' 
vollzieht  eich  durch  den  Zusatz  vaju  'üUc*,  *  einige',  'die8er'  u.  8.  w. 
zum  Subject.  Kur  für  bezeichnete  Urllieile  hndet  der  Unterschied 
der  Bejahung  und  Verneinung  statt  und  somit  das  Verbnltniss  des 
Widerspruchs. 

k  Aueser  dem    bezeichneten   Urtbeil    gibt   es   aber   noch  Ver- 

gleich ungeformel  π  ^  d.  i.  hlosee  BegriiTevergleicliungen,  für  welche 
die  Verneinung  ein  bloRSes  Unterscheidnngszeichen,  nicht  wirk- 
liche Negation  ist  Diese  VergleicLnngKtormeln  liefern  uns  keine 
eigentliche  Erkenntnis»,  sondern  bereiten  dieselbe  bloss  durch  eine 
vorläufige  üeberlegung  vor.  Sie  führen  uns  nicht  an  die  Wirk- 
liolikett  der  Dinge  selbst  heran,  sondern  bringen  une  blosse  Ver- 
hält η  is«e  der  Begriffe  unter  einandor  χ  im  ι  Bt-wusstsein-  Wir  be- 
wegen uns  dabei  bloss  in  Vorstellungen  von  Vurstellungen,  ohne 
unmitlelhare  Beziehung  auf  die  Dinge  selbst.  Die  Negation  bat 
in  diesen  Formeln  nur  die  Bedeutung  de«  Verschiedenseine,  nicht 

^der  gegenseitigen  Ausscblieasung  der  Vorstellungen,  Ee  läset 
■ich  jeder  Begriif  von  jedem   andern    noch    durch    irgend    welche 

'Merkmale  unterscheiden  und  darum  kann  man  jeden  Begriff  mit 
jedem  andern  in  negativer  Vergleichnngsformel  zusaninienbringen. 
Anderseits  lassen  eich  t^ehr  viele  zugleich  auch  in  bejahender 
Vergleich ungeformel  verknüpfen,    sofern    sie    irgend   welche    Ver- 

,wandtechaft  haben.     Zwischen  Bejahung  und  Verneinung  ist  hier 
Jeo  kein   Widerspruch,    auch   kann  ich  unbeschadet  der  Richtig- 

"^keit  der  Sache  Hubject  und  Priidicat  vertauschen» 

80  kann  ich  beliebig  folgende  vier  Vergleichungsformeln 
neben  einander  behaupten :  Stern  ist  Körper;  Stern  iet  nicht 
Körper;  Körper  ist  Stern;  Körper  ist  nicht  8tern.     Die  Formeln 


*  Conjnnctive  und  disjunctivo  ürthcileT  wie  τ.  Β-  Bögrifleorkla- 
riingcn  und  Begriffeeintheilungen,  haben  alk^rdingH  unmiUtUmr  (that- 
säcblicb  gibt  ca  doch  auch  eine  cigeiitlMimlichü  diviaive  Bezeichnung;) 
keine  Bezeichnung,  wie  das  richtige  kalegorieche  Urtheil,  doch  erhalten 
sie  ihre  Bedeutung  für  die  Erkeuntniii»  auch  immer  erst  durch  ihre 
Anwendung  auf  Einzelweaeui  die  sich  in  bezeichneten  ürtheilea  volhieht 


410 


Apelt 


*  Stern  ist  nicht  Körper  oder  '  Körper  bt  nicht  Stern*  sagen  nur: 
wir  denken  uns  bei  diesen  Worten  nicht  dieselben  Begriffe.  Und 
die  entepreuli<^ndeii  bejahenden  Funnelri  sitgtin  nur;  diese  Begriffe 
können  in  Verbindung  mit  einander  vorktiminen,  Soll  hingegen 
dne  VerbältnisB  derüelben  zur  ErkenutniaB  des  Gegenstandes  be- 
stimmt werden,  so  müssen  wir  erst  einen  derselben  durch  Be- 
zeichnung des  Subjectö  auf  Einzelwesen,  die  in  seiner  »Sphäre 
stehen,  beziehen.  Dann  sind  die  ürtheile  nnter  bestimmter  Form 
dem  Gesetz  des  Widerspruchs  unterworfen ,  also  entweder  wahr 
oder  falsch.  Nämlich:  alle  Sterne  sind  Körper;  einige  Köri>er 
»ind  Sterne;  einige  Körper  sind  nicht  Sterne- 
So  hat  Fries  an  verschiedenen  Stellen  seiner  Schriften, 
vor  alleni  Metaphysik  p*  143  ff.,  die  Sache  klar  gestellt*  Etwas 
anders,  aber  doch  sachlich  auf  dasselbe  hinauslaufend,  ist  die 
f'arstellung,  die  Ernst  Roinhold  in  der  Zteehn  für  Theologie 
und  Philosophie  1.  Bd»  1828  ρ.  124  f.  von  diesen  Verhaltniseen 
gibt.  Da  dieser  Aufsatz,  hetitelt  'üeber  den  Missbrauch  der  Ne- 
gation in  der  Hegeischen  Logik*  nur  wenigen  zugänglich  sein 
dürftOi  80  gebe  ich  bei  der  Wichtigkeit  der  Sache  überhaupt  und 
ihrer  besondern  Bedeutung  fiir  am  vorliegende  Untersuchung  das 
hierher  Gehörige  daraus  ganz  wieder.  'Bei  einer  oberiächlichen 
Betrachtung  der  Sache,  beieefc  es  da,  hat  es  xwar  den  Anschein* 
als  mÜBste  Non-A  in  einem  allgemeineren  Sinne  Allee  bezeichnen 
können,  was  etwas  anderes  ist  als  A,  mithin  auch  das  von  Α 
bloss  disparat  Verschiedene,  und  überhaupt  die  Totalität  aller 
Einzelvorstellungen,  mit  einziger  Ausnahme  des  Α  selbst.  Dieeer 
Schein  ist  aber  ein  täuschender  und  entspringt  lediglich  aus  einer 
Verkennnng  der  Grenzen  der  gültigen  Negation» weisen.  Weil 
Jedes  A,  das  unter  dem  obersten  logischen  Gatlungsbegrttf  steht, 
einen  Gegensatss  in  unserra  Vorstellen  hat  und  unter  einer  Grund- 
bestimmung gedacht  werden  muea  als  eine  der  zwei  oder  meh- 
reren Weisen,  wie  diese  Grundbestimmung  an  einem  Objecte  sich 
offenbaren  kann  und  wie  eie  an  einem  Objeote,  dem  sie  wirklich 
angehört,  sich  offenbaren  muss,  so  wird  auch  jedes  Non-A,  wel- 
ches, wie  wir  eben  gesehen  haben,  nur  in  einer  ungereimten  und 
logisch  ungültigen  Formel  die  Grundbeetimmung  von  Α  nicht 
voraus  und  nicht  über  sich  setzt,  durch  diese  Grundbeetimmung 
beschränkt  und  bleibt  noth wendig  in  den  Grenzen  ihrer  Sphäre 
eingeschlossen.  Deshalb  ist  es  durchaus  erforderlich  logisch  zu 
nnterechetden  zwischen  dem  Β  als  Non-A  und  zwischen  dem  Β 
als  nicht  identisch  mit  A*     Uebcraü,  wo  bloss  eine  Verschieden- 


Flatonfl  Sophiates  in  geichiolitlicher  Beleachtung^. 


411 


ϊΗ    zwiectien   je    zwei    Eiiiielvur8ttil!iingen    von    onß    anerkannt 
ird,    ohne    da«8    die    angegeliünen   Bedingungen    eintreten,    nach 
welchen  die  eine  von  der  andern  verneint  werden  kann,    denken 
wir   uns  zwar  dies,    die  eine  sei   nii-ht  die  andere,  d.  h.  dif*   eine 
I      gei  nicht  dasBelhe,   was  die  andre  ist,  jeducli  ein  flolidiee  Denken 
^Het  keineewe^  zu  verweeheeln  init  dem  negativen  Prädieiren  der 
^^einen  von    der  andern.     Im    granimatisehen  Ausdruck    eine«  Ur- 
theile  können   wohl  Formeln   erscheinen  wie  die  folgende :  *  KcHön 
ist   nieht  tugendhaft,    geldreich   iet   nicht   kenntniHereicb  .     Aber 
die  logißclie  Bedeutung  diüBcr  HvLiit  ist:  schön  iet  nicht  daeselbe, 
^^  wae  kenntnieereich  iet     Hier  zeigt  eich  die  Coputa,  wie  in  allen 
^■ßatzen,  welche  die  aogenannle  reine  Umkehr  veretatten,  nicht  als 
^^ einfacher  Auedruck    der    hlüBsen  Verknüpfung    von    Subject  und 
Prädicat,    eondern  ßie  enthält  η  eh  st  ihrer  wesentlichen  einfachen 
Bedeutung  auch   den   Prädikatebegrüf,    welcher    in    allen    diesen 
Fällen   in    der  BeRtimnuing    gleich  oder  identisch     besteht.     Die 
in  solchen  Sätzen  dem  gramniatiacben  Ausdruck  zufolge  ale  Sub- 
ject und    Prädikat   erscheinenden  Einsielvorfitellungen    sind    beide 
Snbjecte,  welche  mit  einander  verglichen   werden,  und  denen  der 
HelationshegrifF  der  Gleichheit   entweder    ÄUgesprocben  oder   ab- 
gesprochen  wird»     Im    letzteren   Falle    wird   ihnen ^    gemäse    der 
Bedeutung  der  Negation^  der  Relationabegriff  der  Verschiedenheit 
^^indirect  beigelegt'. 

^P  In  diesem  Raieonnement  bedarf  einiges  vielleicht  der  Richtig* 

'  itellung  —  wie  sich  später  zeigen  wird  — ,  in  der  Hauptsache 
aber  hat  ReinhoM  unstreitig  Recht,  wenn  er  diese  Formeln  von 
dem  eigentlichen  Urtheil  absondert  und  der  Negation  in  der  er* 
eteren  eine  völlig  andere  Bedeutung  zuspricht  ate  in  dem  letzteren. 
Diese  Lehre  von  der  Nothwendigkeit  der  Unterscheidung 
zwiechen  Vergleich  angsforme!  und  Urtheil  iet  für  die  geeammte 
Geschichte  der  Philosophie  von  entscheidender  Bedeutung,  Sie 
bildet  geradezu  die  Haupthedingung  aller  gesunder  Logik,  wäh- 
rend umgekehrt  ihre  Verkennung  untl  Abweiiung  immer  die 
Brücke  gewesen  ist  zu  Mystioiemue,  All-Einslehre  und  angeb- 
1  lieber  Frkenntniss  des  Absoluten.  Wer  hat  diese  Unterscheidung 
I  zuerst  in  die  Wissenschaft  eingeführt  ?  Kein  anderer,  als  der 
Begründer  der  gesunden  Logik  überhau pt,  als  Aristoteles.  Es 
lohnt  eich,  dabei  etwas  zu  verweilen,  da  man  dem  Aristoteles 
dieaen  Ruhmestitel  hat  abepreehen  wollen  —  wenn  andere  bei  der 
sianilich  allgemeinen  Gleiehgültigkeit  oder  Geringechätsung,   mit 


412 


Apeli 


ά^  man  die  Sache- bebandelt  hat,  von  einem  Huhme^titel  die  Reda 
•ein  kann. 

Id  der  Herinftieotik  und  ersten  Anftlytik  hat  Äristotelec  di« 
klare  ünterecheidung  zwischen  unbezeichneten  (dblOplOTOl)  aed 
bezeichneten  Uriheilen  gegeben.  f>ie  Erklarer  eititl  nicht  allt 
einig  in  der  Deutung  des  αδιόριστος.  Manche,  wie  Waitz,  neh* 
men  αΙ»ιόριστοΐ  ττροτάσ€ΐς  a]e  gleichbedeuteDd  mit  '  particuUreii 
Uriheilen'.  Ein  schwerer  Irrthum,  wie  eich  zeigen  wird.  Ehe 
wir  indens  auf  die  Ausfuhrungen  der  Hermeneutik  tmd  Analytik 
über  diese  Frage  eingehen,  durfte  ee  aich  empfehlen,  diejeniff 
Stelle  roitxutheilen,  in  der  Ari«totelee  die  nmfaaeendate  und  lekr^ 
reichste  Anwetidunff  eeioer  Unterseheidung  macht,  in  Bezng  nim- 
lich  anf  die  Frage^  wie  man  dergleichen  'unbestimmte*  Sit» 
widerlegen  oder  beweisen  könne.  Sie  findet  eich  im  dritten  Buch 
der  Topik  *  und  lautet :  *  Wenn  der  Satz,  über  welchen  mal 
Ureitet,  ein  unbestimmter  (ά6ιόριστος)  ist^  βο  kann  man  ihn  nor 
anf  eine  Art  widerlegen,  wie  z.  B.  in  den  Fällen,  wo  man  sagt: 
'Vergnügen  ist  gut*  oder  'Vergnügen  ist  nicht  gut'  ohne  eine 
nähere  Bezeichnung  noch  hinzuzusetzen.  Wenn  der  Gegner  nim* 
lieh  damit  meinte:  'einiges  Vergnügen  ist  gut',  so  muss  man, 
um  den  Satz  zu  widerlegen,  zeigen,  daae  dnmhans  kein  Vergnögeo 
gnt  ist*  Ehnnao  wenn  er  meinte,  einiges  Vergnügen  sei  nicht 
gni,  10  ransa  man  seigeni  dass  jedes  Vergnügen  gut  ist :  anf  an- 
dere Weise  liest  sich  der  Satz  ntoht  widerlegen'• 

Schon  diese  reberselznng  tür  eich  zeigt,  wie  verfehlt  e• 
ist»  unter  diesen  άοιόριστοι  προτάσ€ΐς  particuläre  tJrtbeile  la 
verstehen.  Es  wird  ja  deutlich  nnr  als  ein  möglicher  Fall  an* 
fäoommen^  dass  man  den  an  sich  ganz  unhestimraten  Satz  'Ver 
gvigvn  ist  gut  im  Sinne  eines  particuliren  UrtheiU  nehmen 
könne;  man  kann  ihn  also  auch  anders  deuten,  man  kann  ihn 
z.  B.  ebensogut  als  allgemetnni  Urtheil  anslegen.  Der  Sati 
selbst  gibt  zu  beiden  Auffai>tsni|g«n  die  gleiche  Erlanbniea,  denn 
«r  UmI  eben  das  wahre  Verhältnies  unbestiffimt  Daas  nun  ii 
nnannr  AnsfUhrung  weiterhin  hloas  von  τις  geredet   wird»   W 


*  Top.  19D«e  if.  *hh¥>pimOu  pilv  o5v  6ντος  ti»0  νροβλτκΜίτος  |i<h 
ναχιΙΗ  dyamctiMiZciv  tvb^rrai.  oToy  et  ίφησεν  ή^ονφτ  άταβόν  tivai  ή 
μή  άχαβάν,  icai  μηδέν  άΧΚο  ΐφθθ5ηύρΐο€ν.  et  μέν  χάρ  τίνα  £φΐ|<ΐ(ν  ή6ο- 
νήν  dtnMv  ttvot,  beiicT^nv  nnidkou  6η  ουδεμία,  ei  μέλλ»  dvaifi€l0em 
fi  ιίρηκφινον.  έμύ^ίκ  hi  aal  ff  τίνα  ίψηισεψ  ήδονήν  μή  clvai  afiM^t 
Hiailov  ΐΜ06λου  ^fi  «tea  *  ΑΧλιυς  h*  oiw  Ivb^xrrai  dvaipctv. 


Pktoni  Sophiiiet  m  geschichtlicher  Beteuchtutig« 


41S 


ΪΗ 


guten  Grtind.     Die  Sache  U^gt  Dämlich  flo:  der  zu  wider- 
legende Gegner  hat  sich  völlig  «nheHtimmt  auBgednickt,    Hat  er 

it  seinem  SatÄ  ήοονήν  αγαθόν  €Ϊναι  gemeint,  jedes  Vergnügen 
gnt,  80  würde  ee  ausreichen  zu  zeigen,  da  es  einige  Vergnü- 
gungen nicht  gilt  sind.  Allein  der  Anatlruck  dee  Gegnern  kann 
in  seiner  Unbestimmtheit  auch  bedenteUj  daee  einigcfS  Vergnügen 
gut  iRt.  Die  Widerlegung  musä  eich  nntürlieb  gegen  diese  zweite, 
ungünstigere  ilogliehkeit  riclilen,  die  mir  eine  schwerere  ßeweia- 
last  auflegt.  Denn  widerlege  ich  bloss  den  leichteren  der  müg- 
lichen  Fälle,  so  wird  der  Gegner  sicher  erwidern,  er  habe  die 
andere  Möglichkeit  gemeint.  Darum  thut  Arittotelea  reclitf  sich 
aui  den  ersten  Fall  gar  nicht  erst  einzulassen:  mit  dem  zweiten 
ist  auch  der  erste  abgethan,  während  die  Widerlegung  den  ersten 
eine  unvöUständige,  also  keine  Widerlegung  gewesen  wäre.  Daher 
die  Behauptung  des  AristoteleSf  solche  unbeBtimmte  Formel d 
liessen  Bich  nur  auf  eine  Avi  widerlegett«  Betveiseti  dagegen  lassen 
aje  sich  auf  doppelte  Art.  Denn  das^n  reicht  der  particuläre  Be- 
weis schon  hin*  Kann  ich  daneben  auch  den  (algemeinen  Beweis 
geben,  dann  um  so  besser;  aber  noth wendig  ist  er  nicht.  Denn 
dass  ή^ονή  αγαθόν  sei^  habe  ich  schon  bewiei^en,  wenn  ich  ge* 
xeigt  habe,  dass  einiges  Verguügen  gut  sei.  Damit  beschäftigt 
sich  die  Fortsetzung  der  oben  mitgetbeilteu  Stelle.  Ihre  würt- 
liebe   Anführung  können   wir  uns  sparen. 

Man  kann  in  noch  uumittelbarerer  Weise  ans  unserer  Topik- 

eile  schon  den  Nachweis  fübreu,  dass  diese  unbestimmten  Sätze 
Tou  Aristoteles  nicht  mit  den  particulären  Urtheilen  gleichgestellt 
werden  können.  Die  Sätze  nämlich  'Vergnügen  ist  gut*,  'Ver- 
gnügen ist  nicht  gut  vertragen  sich,  wie  alle  nach  diesem  Muster 
gebildeten^  d.  h.  uuhezeichneten  bejahenden  und  verneinenden  Hiitze 
aas  den  nämlichen  Begriffen,  unmittelbar  mit  einander,  ungeachtet 
des  UmstandeSj  dass  das  Subjcct  hier  ganz  dasnelbe  bleibt^  Λ.  h, 
in  seiner  Sphäre  nicht  getbeilt  wird.  Der  verneinende  Satz  näm- 
lich bedeutet  zunächst  nichts  weiter,  als  dass  der  Begriff  '  Ver- 
gnügen  verschieden  ist  von  dem  Begriff  'gut  ,  der  bejahende 
besagt,  dase  die  Begriffe  in  irgend  welcher  hejabenden  Urtbeils* 
form,  gleichviel  oh  particulärer  oder  allgemeiner,  mit  einander 
verknüpft  werden  können.  Das  Subjert  bleibt  hier  also  in  bei- 
den Fällen  das  nämliche,  Stelle  ich  dit^'cgen  parliculäre  Urtheile 
derselben  Begriffe  bejahend  und  verneiTiend  einander  gegenüber, 
z.  B.   'einige  Vögel   sind    Adler'    und    *  einige  Vögel    sind    nicht 

dier'f  so  habe  ich  ^war  in  beiden  den  Begriff  Vogel  als  Subjecty 


414 


Apelt 


1  Ati.  pr.  I  1  p*24»  Hj  ff.  ΤΤρότασις  μΐν  ouv  iai\  λόγος  κσταφα- 
τικος  ϊ1  άποψατικύς  τινός  κατά  τίνος,  ούτος  bi  ή  καθύλοϋ  f\  iv  μέρα  ή 
ά&ιόριστος.  Xijuj  bi  καθόλου  μέν  τό  παντ!  f\  μηϊΐ€ν1  ίιπάρχειν,  ΐν  μέρ€χ 
Μ  τό  τινΙ  f\  μή  τινί  ή  μή  τιαντί  ύπαρχε ιν,  άοιόριατον  bi  τ6  ΐιπάρχ6ΐν 
ή  μ  ή  υπ  άρχε  IV  övco  τού  καοόλου  Τ\  κατά  μέρος,  οίον  τό  τήν  ήδονήν  μή 
etvai  αγαθόν , 


gleichwohl  ist  die  Materie  des  Stibjectee  verschiedea.  Denn  dU 
einigen  V5gel  de&  ersten  eind  nicht  die  einigen  Vögel  dee  andern 
Urtheils.  ThalBächlich  handelt  es  sich  aUo  um  verechiedene 
Subjecte.  Dem  enteprechend  ist  denn  auch  das  Gegentlieil  von 
'Einige  Α  sind  B*  nicht  'Einige  Α  Bind  nicht  B*,  aondern  'Kein 
Α  iflt  B'. 

Wir  lernen  ana  der  Topikstelle  ganz  klar,  daee  für  Zwecke 
der  Logik  und  Hpeoiell  für  den  Zweck  der  Widerlegung  solche 
ά6ΐόριστθί  ιτροτά0£ΐς  erftt  irgendwie  —  denn  es  kann  auf  ver- 
schiedene Art  geechelien  —  in  bezeichnete  Urthcile  umgesetzt 
werden  müsgen,  um  der  wiseenschaft liehen  Behandlung  Überhaupt 
zugiiijglich  gemacht  zu  werden.  Daraus  zeigt  Rieb  auf  dsis  Schla- 
gendste das  Schillernde  und  fiir  jede  wirk  liebe  Erkenutnies  Un* 
brauchbare  dieser  blossen  Vergleichungsformeln.  Weiter  wird 
sieh  nun  zeigen,  wie  klar  Aristoteleß  Natur  und  Bedeutung 
dieser  unbeHtim raten  Hiitze,  wie  er  sie  nennt,  erkannt,  hat.  Er 
weise  genau,  dasi  der  Mangel  solcher  Formelni  verglichen  mit  ■ 
wirklichen  Url heilen,  darin  besteht,  dase  ihnen  die  Bezeichnung 
febltj  der  προΰοίορισμός,  wie  man  es  später  in  der  peripate- 
tischen  Schule  nannte  (Schol.  Brandis  113*44),  d.  h.  der  Zusatz  1 
von  ττος  (?κα0τος),  τίς  oder  εις  oder  ούτος  zum  SubJHCt*  Er 
weiss  genau j  ilaBS  nur  ilurch  diesen  Ζχ\^κ\7.  sickere  Erkenntnias 
und  ein  wirkliidies  Urtheil  zu  Stande  kommt»  d.  h*  eine  Bcbanp* 
tung,  die  ein  bestimmtes  öegentheil  hat  und  dadurch  dem  Satjie 
des  Widerspruchs  unterworfen  ist,  während  ich  ηδονή  αγαθόν 
und  ηδονή  ουκ  άταθόν  ohne  Widernpruch  neben  einander  be- 
haupten kann.  Das  laset  sich  klar  nachweisen  durch  Bctrachtong 
derjenigen  Stellen,  in  denen  er  sich  direct  über  den  Begritf  des 
dbiopidiov  ausläsfit. 

In»  ersten  Kapitel  des  ersten  Buches  der  ersten  Analytik* 
heisRt  es:  ^Behauptung  ist  ein  Satz,  der  von  irgend  etwa«  etwas 
hejubt  oder  verneint.  Er  ist  entweder  allgemein,  oder  partieulür 
oder  unbestimmt.  Allgemein  nenne  ich  ihn,  wenn  etwas  Jedem 
oder  Keinem  zukommt;  particulür^  wenn  es  Einigen  oder  nicht 
Einigen    zukommt;    unbestimmt ^   wenn  eine   Angabe  fehlt,    ob    es 


Pktous  SopbiBtee  in  geschichtlicher  Beleachtunif. 


415 


I 


Ν 


allgemein  oder  nur  einem  TheiU  mtkomme   2.  B.  wenn  man  sagt: 
die  Lust  ist  nicht  gut/ 

Er  ist  seh  wer  zu  hegreifen,  wie  Waitx  {Uumnient.  ρ.  3β9  u*  ö.) 
dem  gegeniiher  behaupten  kann,  die  abiopi0TOi  ιτροτάο'£ΐς  seien 
dansclbe  wie  die  pJirtißTiliiren.  Ilittte  er  ilainit  Ε  echt»  so  stünde 
ea  Hchliinm  wm  ilie  vielgerühnite  Priicißion  αηιί  DeukHcharfe  des 
Aristoteles^  der  hier  in  einein  Athem  erst  aiiadriieklich  /wischen 
den  allgemeinen,  den  particiilären  und  den  unhcRtimniten  llrtheilen 
unterscheiden  und  dann  die  heiden  letzteren  wieder  identificiren 
fioll,  Das  heiset  nicht  den  Aristoteles  noch  dem  Massstab  des 
Aristoteles  interpreiiren. 

Man  nehme  ferner  Stellen  wie  die  folgende  im  ersten  Buche 
der  ersten  Analytik^:  'Es  erhellt  alflo,  das»,  wenn  die  Vorder- 
Bütze  (in  der  «weiten  Figur)  bejahend  sind,  und  der  eine  allge- 
mein» der  andere  particulär,  in  keiner  Weise  dann  ein  ScblusB 
ÄU  Stande  kommt.  Aber  aneb  ilann  nicht,  wenn  beide  Obersätze 
besonders  bejahend  oder  verneinend  siutl,  oder  der  eine  Leson- 
dera  bejahend  und  der  andre  besonders  verneinend,  oder  wenn 
keiner  von  beiden  allgemein  ist,  oder  wenn  sie  imhesiimmt  sinä.^ 
Würde  dieser  letzte  Fall  von  Aristoteles  nicht  als  ein  besonderer 
angesehen,  eo  würde  er  hier^  ebeneo  wie  an  anderen  Stellen^ 
nicht  selbständig  neben  den  übrigen  aufgeführt  werden, 

Noch  weitere  Stellen  lassen  deuttieh  den  Unterschied  er- 
kennen, den  Aristoteles  zwischen  beiden  macht.  Im  vierten  Ka- 
pitel des  ersten  Buches  der  ersten  Analytik  lehrt  er:  ein  all- 
gemein verneinendes  Urtheil  als  Obersatz  nnd  ein  particulär 
bejahender  Untersatz  in  der  ersten  Figur  geben  einen  regelrechten 
HchluHH*  Dann  heisst  es  weiter  p.  20^  28:  άμοίως  5έ  κα\  ύ 
άίϊΐόριστον  ΕΪη  τό  ΒΓ,  κατηγορικόν  δν '  &  χ^Ρ  αυτός  €σται 
ΐΤυλλοτισμός  ά5ιορί0του  τε  καΐ  έν  μίρει  ληφθέντος»  Diese 
W^orte  haben  doch  nur  dann  einen  Sinn,  wenn  das  άί>ιόρι0τον 
und  das  έν  μέρει  ληφθέν  an  sich  nicht  dasselbe  sind.  Gleich- 
wohKist  richtig,  daes  in  dem  genannten  Schlussmodus  die  be- 
jahende Vergleichungsförmel  logisch  ebenso  verwerthet  werden 
kann,  wie  ein  particuläres  Urtheil,  dem  der  Natur  der  Sache  noch 
das    un bezeichnete    Urtheil    (die  Vergleicbungsformel)    in    seiner 


1  An.  pr,  27**  34  φαν€ρ6ν  oöv,  δταν  όμοιοσχήμονίς  iL<Jiv  αΙ  προ- 
τάξεις κ«ϊ  \\  μίν  Μαθόλου  ή  Κ  έν  μίρ€ΐ,  οτι  ουδαμώς  fivtjm  αυλλο* 
χισμός,  άλΚ'  ούίϊ'  €ί  τινι  έκατίρψ,  ί>πάρχ€ΐ  ή  μή  ύττΐίρχει,  f\  τφ  μέν  τφ 
bi  μη,  ή  μηοετέρψ  παντί,  ί|  άδιορίοτιος. 


Μ 


416  Apelt 

Geltung  oft  am  nächsten  kommen  wird,  nber  darehaas  nicht 
immer  Κ  Denn  es  kenn  der  Vergleichungsfonnel  ebcrnso|^l  mmA 
ein  ellgemeines  Urtheil  entsprechen.  An  sieh  aber  liest  dies 
die  Vergleichnngsformel  völlig  nnbeetimmt  and  ebea  dena 
konnte  Aristoteles  keinen  treffenderen  Xemea  dafir  wahlea  ab 
sein  άδιόρΚΓΓΟν.  Das  particnlare  negative  Urtheil  a.  £.  s^t 
mir  bestimmt,  dass  einige  Α  nicht  Β  sind,  das  aegaliTe  anbe* 
stimmte  Urtheil  sagt  mir  darüber  gar  niehts.  Denn  aage  ich  is 
richtiger  Vergleichungsformel:  *  Vogel  ist  nicht  Thier*  (d.  L  der 
Begriff  Vogel  ist  yenchieden  von  dem  des  Thieree),  eo  kaai 
ii^h  deshalb  doch  nicht  sagen:  'einige  Vögel  aiad  nicht  Thicre*. 
Besondere  Erwähnung  verdient  noch  eine  Stelle:  dee  sie- 
bente Kapitel  der  Hermenentik  ^).     Da   heisst    es:    '  Wenn   mia 


1  r^o  zeigen  sach  An.  pr.  2»;»  14  f.  (cf.  :^»  2^)  die  Worte  In  £«cl 
d^iopiOTov  τό  Tivi  TU»  Γ  τό  8  μή  uvdpxciv,  dass  für  die  Verwending 
im  Srbluss  die  particulÄr«*n  Urtkeile  mit  den  dbiopurrot  maadm  ge- 
mein hsben,  nicht  aber,  dsss  sie  diesen  gleich  sind.  Vgl.  Auch  2β^3? 
οΰτ€  άνοφατικού  oörc  κοτοφατικοϋ  του  άδιορίοτου  ή  κατά  μ^ρος  Αντβς 
wo  ή  nickt  =s  iiTe,  sondern  =  Tel.  Und  29'  27  ^ήλον  hi  aal  An  τ6 
ύοιόριατον  αυτό  τού  κατητορικοϋ  τοϋ  ^ν  M^pci  τι0^μ€¥ον  τ&ν  ούτύν 
«oi*V€i  στ.•λλοττΰμόν  ^ν  δναοι  τοΙς  σχήμαοιν.  Die  sonstigen  Strikn, 
wo  der  αδιόριστοι  νροτάθ€ΐς  Erwihnnng  geschieht,  sind  An.  pr.26*  S^, 
Ä*•  3.  23  ff.  27*»  20.  2H,  3.S  29*  ♦;.  ?*.  2».  Daninter  finden  sieh  nock 
verschiedene,  die  über  den  unterschied  des  άδιόριστον  vom  particnlireB 
Urtheil  keinen  Zweifel  lassen.  Anch  Prent  1,  Gesch.  d.  Logik  I  146 
Anm.  IH^  sagt  richtig,  d^ss  particoläres  and  unbestimmtes  Urtheil  Tfi^ 
«chiedcn  seien«  ohne  sich  freilich  irgendwie  näher  auf  die  Sache  eia- 
zolaseen.     Aadors  Herbart  led.  Hartenstein  Xll  p. 507). 

-  n^^rni.  17^  SS.  iay  ucv  oOv  καθόλου  άνοφαίνηται  Ιέϊ  toO  n- 
βόλου  ότι  ΰνάρχ€ΐ  τι  ή  μή.  έσονται  ^ναντίαι  αΐ  d«oq>άvσ€lς.  λέγαι  &έ  Μ 
τού  καβάλου  ά«οφαίν€<}θαι  καθόλου,  οίον  νΰς  άνθραπης  λ€υκός,  oubcK 
άνθροητος  λ£υκός.  όταν  hi  Ιπϊ  τΰτν  καθόλου  u^.  μή  καθόλου  hL  αΰπη 
(αύται?)  u€v  ουκ  cioiv  ^νοντίαι,  τά  u^v  τοι  δηλονμτνα  (σην  cTvsn  Ivovria 
«OT^.  )k€f\u  &€  τό  μή  καθόλου  dvoqKiivcoeoi  ^vi  Turv  καθόλου,  otsiv  Ιση 
λ€υκυς  ιίνθριυτνος.  ουκ  ^ση  λ£υκός  «Ινθραητος.  Solche  Vergietcheags- 
formeln  —  im  Unterschied  von  bezeichneten  Urtheilen  — ,  ngt  Ait- 
stotrles  ganz  richtig,  widerstreiten  einander,  Ic^sch  genommen,  nicht; 
materiell  genommen  aber  (wenn  man  däs  durch  sie  sadilich  Gemeiate, 
τά  5ηλούα€να,  ίο  Betracht  zieht)  kennen  sie  einander  zuweilen  wohl 
widerstreiten.  Sa^  ich  z.  B.  Mensch  ist  nicht  allwissend*  (ab  blosw 
VergL«ichung?fonneI/T  so  kann  ich  der  alU^meinen  logischen  Fem 
nach  (abgerfehen  vom  Inhalt)  ohne  Widerstreit  daneben  setzen  'Mensch 
ist  allwi^^eud';    ciatrrieli   genomoien  abtrr  ervei:ft  sich  das  leUteitt  als 


Pktone  Sophifltee  in  geediicktl icher  ßelenchliinif.  41? 

einem  Allgemeinen  etwaa  allgemein  beilegt  oder  allgemeiö  ab- 
spricht, 80  eind  dann  diese  beiden  Sätze  wideretreitend.  Ich  ver^ 
etebe  aber  das  Von  einem  Allgemeinen  etwas  allgemein  atieeagen* 
•o:  z.  B.  'jeder  Meneoh  ist  weiaa',  kein  Menech  ist  weiee  . 
Ten  η  etwa  η  von  Allgemeinem,  aber  niobt  allgemein  ausgesagt 
"wird,  flo  sind  die  Sätze  selbst  nicbt  widerstreitend:  was  man  je- 
^doch  damit  anzeigt,  kann  luweilen  widerstreitend  sind.  Ich  meine 
is  Ton  einem  nicht  allgemein  etwas  aueeagen  so  :  z.  B.  'Mensob  ist 
weiss*,  *  Mensch  ist  nicht  weiss  ,  Denn  wenn  auch  Mensch  etwas 
i^Ugemeines  ist,  so  ist  der  Sat£  doch  nicbt  allgemein  ansgedrückt'. 
Ρ  Mit  diesen  Urtheilen,  in  denen  von  Allgemeinem,  aber  nicht 

allgemein  ausgesagt  wird,  sind^  wie  die  Beispiele  klar  zeigen, 
ά^tόpιστ01  προτάξεις  gemeint  Von  dieser  Art  von  Sätzen  zeigt 
er  non  weiterbin  ^,  dass  bei  ihnen  der  Satz  des  Widerspruche 
oicbt  gilt  '  Die  Entgegensetzungen  sind  hier  nicht  der  Art,  dasa 
immer  der  eine  Satz  wahr,  der  andere  falsch  wäre.  Denn  die 
beiden  Satze  können  zusammen  wahr  sein:  Mensch  ist  weiss  und 
Mensch  ist  nicht  weiss;  Mensch  ist  schön  und  Mentcb  ist  nicht 
scbön;  dann  nämlich,  wenn  es  einen  Menschen  gibt  welcher 
bäeeliob  und  also  nicht  schein  ist  oder  wenn  es  einer  noch  nicht 
15/,  sondern  mrd.  Bei  dem  ersten  Anblick  scheint  dies  zwar 
ionilerbar  zu  sein,  weil  es  das  Ansehen  hat,  als  bedeutete  der 
ntz:  Mensch  ist  nicbt  weiss  soviel  wie  kein  Mensch  ist  weiss. 
Aber  diese  Sätze  bedeuten  nicbt  das  Nämliche  und  ihre  Gültig- 
keit ist  nicht  notb wendig  dieHelbe  .  Also  von  entgegengesetzten 
unbestimmten  Siitzen  ist  nicht  nothwendig  der  eine  wahr,  der 
andere    falsch.     Ein    unbestimmter  Satz   hat    überhaupt    an    sieb 


ftlech^  mithin  als  dem  ersteren  widerstreitend.     Das  ist  es»  was  Arieto- 

elee    meines    Erachtcna    sagen    will,    während    Waitx    im    Commentar 

p.  337   wieder  au  den    Unterschied  allgemeiner   und  porticulärer   llr- 

.ibeile  denkt, 

I  1  Herrn.  17 ^  2$   δ<ιαι  δέ  ΙπΙ  τιΰν  καβάλου  μέν,   μή  καθόλου  Μ, 

ούκ  dtl  ή  μίν  αληθής  ή  hl  ψευδής,  άμα  γΛρ  άληθίς  Ιστιν  είπ^ίν  δτι 
ίστιν  ίίνθρίϋΤΓος  λ€υκός  καΐ  οτι  ούκ  Ιστιν  άνθρυυττος  λευκάς  καΙ  ίσην 
άνθρωπος  καλός  καΐ  ούκ  ^arw  άνθρυυπος  καλός,  el  γάρ  αίσχρός,  καΐ  oö 
καλό<; '  καΐ  ύ  γίνεσταί  τι,  καΐ  ούκ  ίύτιν,  feoicic  b^  äv  iUtiψv^ς  άτοπον 
€Ϊναι  hia  τά  φαίνεσθαι  σΐ]μαίν€ΐν  τό  οίτκ  ίστιν  ανθρυυπος  λευκός  αμα 
Kai  ΟΤΙ  ούί^Ις  άνθρυυπος  λευκός '  τό  bi  οίίτ€  ταύτόν  σημαίνει  o6b*  Ομα 
iE  ανάγκης,  Aui^h  die»  ίϊ  ανάγκης  zeigt  den  wahren  Sachverhalt,  dfim 
man  braucht  aicb  nur  zu  überlp|feti,  für  w»lcheo  Fall  dies  ftlleiu  eineo 
Β\ώώ  hat. 

RJielD.  Ηαβ.  f.  FhlloU  N.  F.  U  ^ 


418  Apelt 

kein  eontradictoriecliee  Gegentheil;  er  erhält  die•  nar  danD,  weu, 
wie  io  der  oben  betprochenen  Stelle  der  Topioa  (ISO*  6HX  des 
an  eieh  völlig  unbeetimmten  Satx  eine  Deatung  gegeben  wird, 
welehe  eine  Beieicbnnng  in  eich  echlieMt  Jede•  parücilire 
Urtheil  dagegen  bat  notbwendig  seinen  bestimmten  eontradid•- 
riechen  Gegensatz  ^  feinige  Vögel  sind  Adler*  und  'sieht  oaige 
Vögel  aintl  Adler'  d.  i.  'kein  Vogel  ist  Adler*,  wobei  woklTcr 
standen  das  *  einige'  im  Sinne  dee  griechitchen  τις  stektX 

Man  kann  demsnfolge  sagen,  daas  diese  nnbestiBiintea  Sitie 
auch  im  aristotelischen  Sinne  äberhaopt  keine  eigeatlieheD  ür 
theile  sind.  Denn  das  eigentliehe  Urtheil«  άπύφανΟίς,  wird  tob 
Aristoteles  im  zweiten  Kapitel  des  ersten  Bndw•  der  sweiteB 
Analytik  folgendermassen  erklärt:  'Urtheil  ist  der  eine  TVil 
eine«  widersprechenden  Gegensatzes  n.  s.  w/  Die  bicrdnreh  ge- 
forderte Bestimmtheit  dts  Urtheils  bembt  aber,  wie  die  Herme- 
neutik seigt.  auf  der  Beseichnnng  des  Sabjectes,  dem  spocibiopi0|ttq. 

Dareb  diese  Lehre  von  der  Beseicknnng  des  Crtkeils  ii 
Verbind•  Qg  mit  der  später  ζ  α  berührenden  Anfliellwng  der  Natir 
der  Kopala  hat  Aristoteles  alier  Termeintlielien  GAeimksit 
•ad  äbematirlichen  Kraft  der  Logik  ein  Ende  grmncM.  F^ilick 
aar  ia  der  Theorie,  nicht  darebgehends  in  der  Praxi•.  De•• 
ao<h  Jahrtaasende  nach  ihm  hat  man  den  Unterschied  a wische« 
Vertrleichaa^iormel  an-i  Urtkeil  Terkaant  nnd  ist  nüt  Uehcr^ 
»pnaipusc  de«  AriMocele«  laruckg^kehn  sn  Platon«  der,  aller- 
diajTf  mit  mehr  Kauichaliiraa;  aU  die  Nenerem,  neek  tief  i• 
;«BexL  k>^i«<-hea  My«c:<i$ma»  b^faagea  ist  and  zn  dcM  wir  ••■ 
nnamekr  »rickweacea. 


^  i  >f  KcL:{«NrfSsKU:£=^  riunx-«Il7vr  rrtknje  wk  drr  Form  einige 
Λ  i«T^  i>    'χτύ  Άχ::Γ^  Λ  «Li-i  x.cä;  b      ja  ΛΓ»βο«Μ»  ■nausteibar  vor- 

t-rr.  »-.»H  1ι•Λ:ΐΑΐ-τ•,ν  Vr.i.•»;.  ^>  ex  i«f*f  TiLTLicujirfe.  Urtibnse  mit  dia 
^7  ■>««.  1LTJL VI  Sia-^a  .«.-(Γζκό  £λ*  r^nw  τ  2.ύ«κ.  Aus  nie 
mm  «-4X7  *tix  L:aa».'a.  «c  jr  iu  i;lx  ijiJiki^iacmer 
^jie*j.i»fL7v<T.  Ar:*ii,:fi.'tM•»  -Rfcf*;  Li  i^üurfr  >»*>  Ai.  »c.  Q  lÄ.tS3^2* 
r/  r^•   ru  Λ"   rr«•,  %:tm.  r*-i   i^i•.^   rrr.vfrrc  jjnert•  na» 

tft*^^gfüjn»Tt7JC  NkäTf  «'^ft.  AVr  frc«  ι>;πν•.ι«ΜΜαι.  u  ι  lA  lern• 
TtV*;.v.'^i  ikTw  '/"«ijifi.t.'«?  ^•).*ΐ  i^f«-ήlftt7•'  ä»  pfmanaMne  Siifcjwet;  dir 
ut^^ncjuittctQ  Sir»   huTvn  c^'nüMiH^unn  >(•>•ι^«ς.   iMr  es  HS  «kme  Be• 


ρ 


ρ 


8ο  richtig  Flaton  bei  uübefaogener  Gespracliefühniiig  und 
Argumentation  mit  dem  Urtheit  utnzQgehen  wei§8,  eo  sicher  er  z.  6. 
im  Gorgias,  im  Protagoras,  im  Menon  und  Enthyphron  die  Um- 
kebriing  der  Urtheile  bandhabt,  so  sonderbar  sind  doch  seine 
Vorstellungen,  sobald  er  anfangt  über  die  Natur  des  Urtheils 
ZQ  philüsophiren.  Vor  allem  machte  ihm  die  Bedeutung  dee 
'iCn  viel  zu  schaffen:  kein  Wunder  nach  den  Aufetellnngen  der 
Eleaten  über  das  itjn  und  äv»  sowie  nach  den  Deutungen,  zu 
welchen  den  Sophisten,  dem  Antisthenes  und  anderen  das  rätLsel- 
hafte  iuT\  des  Urtheile  Anlass  gegeben.  Hatte  dies  ioxi  für  die 
sinnliche  Erscheinung  gar  keine  Geltung,  wie  die  Eleaten  glaubten? 
War  es  Ausdruck  völliger  Grleichheit  zwischen  Hubject  und  Prä- 
dicat,  wie  gewisse  Sophisten  meinten  ?  Der  Grundrichtung  pla- 
tonischen Denkens  entsprach  weder  das  eine  noch  das  andere. 
Hie  führte  ihn  zu  einer  Ansicht,  wckhe  die  Mitte  hält  zwischen 
beiden.  Das  'ist',  der  Begriff  des  Seienden  ist  von  der  Geltung 
in.  der  Sinnenwelt,  trotz  des  ununterbrochenen  Flusses  aller  Dinge, 
nicht  völlig  ausgeschlossen,  wie  die  Eleaten  verkündeten,  son- 
dern bildet  dae  Band,  welches  die  Erscheinung  mit  der  Welt  des 
wahrhaft  Seienden  verknüpft.  Im  Suhjoct  ileg  Urtheils  stehen 
die  πολλά  der  Sinnenwelt,  im  Prädicat  die  Einheit  des  Begriffes, 
durch  den  sie  Theil  haben  an  der  Idee»  Zwischen  Subject  und 
Prädicat  her  recht  also  auch  anderseits  nicht,  wie  Gorgias  α  od 
andere  wollten,  ein  Gleichheits*,  wohl  aber  ein  Aehnlichkeita- 
verhältnisii,  wie  zwischen  Kopie  und  Original.  Die  Hinne  geben 
zum  Urtheil  die  Vielheit  der  Subjecte,  Die  Seele  selbst  aber 
ist  ee,  die  rein  für  sich,  αυτή  bi  αυτής,  ohne  Beihülfe  der  Sinne, 
dass  'Ist'  denkt  (τό  Ιττϊ  ιτασι  κοινό  ν  και  το  Im  τούτοις  ΐϊηλοϊ, 
φ  τό  ίστιν  έπονομάί£ΐς  και  το  ούκ  ίστιν),  es  auf  die 
Sinnend inge  anwendet  und  so  die  BrUcke  schlägt  zur  Erkennt- 
Difle  dee  Unvergänglichen  ^.     Das  setzt  mit  dem  unnachahmlichen 


*  Die  Urtbeile  ohne  auBdrückliches  *  Ist*  scheinen  in  Platons  Augen 
nicht  den  vollen  Hang  eu  haben,  Hondern,  in  allerdings  nar  dunkler 
Vorausset  7.ung,  Idoss  als  Urtheile  κ  weilen  Grades  zu  gelten,  indem  nicht 
bloss  ihr  Subject,  souderu  auch  ihr  Prädicat  der  Shmenwelt  augehart. 
Ich  meine  dabei  Urtheile,  wie  das  weiterhin  im  Sophistes  so  wichtige 
Θεαίτητος  κώθηται,  Θεαίτητος  πίτεται,  in  deni-n  das  Prädicat  eio  Ver• 
bum  bildet;  in  ihnen  scheint  keine  Bf^ziubun^  auf  das  Sein  an  licli^  auf 
die  Idee  Btatt^ufuiden:  im  Prädicat  stebt  kein  τ^^ος  oiler  €lbo<  im 
eigentlichen  Sinn  und  dai  bedeötsame  ίστι  fehlt.  Platnn  ISsst  zwar 
die  Kojmlft  erst  durch  dns  Prädicat  ihre  Bedeutung  erhslten,    wie  dat 


420  Αρ•Η 

Reii    platonischer    DareteUiuigsweiee    der   Theaetet 
p.  185  Α  £ 

Diese  Anschamuig  fibertrigt  sieh  dem  PUlon  gaas  toi 
selbst  auch  auf  die  reioen  Begriflh-  ood  UeeaTcrMadugea. 
Werden  reine  Begriffe  im  Urtheil  mit  einander  TerlNudai  (nicht 
die  πολλά  der  Sinnenwelt  mit  der  Idee),  so  ist  asch  das  fir 
Piaton  gana  richtig  kein  Verh&ltniss  der  GleieUwity  wohl  aber 
einer  gewissen  mystischen  Znsammengehörigkeit.  Sagt  autt  also^ 
das  Seiende  ist  dasselbe  (ταύτόν),  so  werden  dieae  BegriHs 
sieht  einander  gleich  gesetat,  yielmehr  stehen  sie  im  euaeB  Ter- 
haltnies  besonderer  Aehnlichkeit,  in  einer  Ait  lebendiger  Ter- 
wandtschaft  mit  einander.  £s  ergibt  sich  also  die  aosderbare 
Thatsache,  dass  s.  B•  ή  κίνησις  δν  ist  (indem  beide  im  bejaheadea 
Urtheil  mit  einander  Tcrbanden  werden  können)  nad  doeh  wieder 


Eademo•  bei  Simplictos  in  Phyi.  p.  97,  25  ff.  gaas  listig  herrorhebt, 
mll«iii  er  scheint  nidit  in  der  klaren  Einsidit  gekommen  wm  seia,  welche 
Ariitotfrles  MeL  1017'  22  ff .  durch  den  Xschwet•  bAamlcj.  dam  eüi 
Verbom  ab  Pridicat  nichU  weiter  iit  ab  die  tprachlielm  ZaesrnsMa- 
nehung  der  KopeU  mit  dem  Yerbalbegriff,  abo  s.  B.  TCfi¥msBTC|imw 
toriv  e.t.w.  Ob  er  Qberhanpt  Ideen  derTcrfaa  aasdiwcklieh  s^iaim 
Men  hjkt,  ist  mir  nicht  gani  xwetfebfirei  traU  BpL  476  A.  Die  StdUe 
Kratjk»  3^7  Λ  ff.  k&nn  iwar  so  gedentet  werden,  alleiB  eiai%  mägfidi 
sdMint  mir  diete  Deatang  nicht.  Da•  Ziel  der  Erortcni^  kt  dn  doch 
der  Xaehvvis.  dftss  dem  Xamengeben,  dem  Urnv  nad  Λρημ^ίΐί,  eine 
gvvime  ferte  φόσις  xn  Grunde  lieft«  dnrdi  die  es  vor  WüDcir  and 
beliebiger  Satnag  gveehitrt  wird.  Pbum  will  to  sa  tagea  dsa  aatar- 
wwibsife  Entslehen  der  Sprache  fertsteUea.  Za  dem  Eads  i^  er. 
mUe  Fnätigkeit  Toüiiehe  sich  schliesükh  nach  einer  lalaSeheadea  Na- 
tnroidnnng  (κατά  την  oCtürt  φύοτ»,  ού  κατά  τνρτ  ήμτΓ^ρβν  bdCav).  Dm 
T^vcnr  L•  Β.  gmebehe  nicht  nach  nnserm  reiaea  Beiiebea,  aoadera  ητλ 
^ijcrv.  Dieae  ^CCK  brKacLt  nicht  cnmittenHr  dJe  Idee  sa  min,  sie 
kaaa  sJch  msf  die  Ihemeltifkeit  bes^iräskea,  vie  ja  nach  der  Eatwick- 
Ix^  des  MeckMlKfi  aach  PL  «iae  faits:eh»de  Anlage. 
Liegt,  v^khe  a::  ier  life  ucaittellar  ^xhts  η 
L  &  Paaecr.  ;^>  D.  Ef^-  -ft^v  £  n.  λ.  Is  Sofkines 
£!CM&ß  AfiftiKidLlxä  die  «τ.τη  kivi)CK  g>&>?ffii>  xber 
«»  MCVL  hMT  icT  Fc^rs£  LAci  U£  etil  ScbKaaurKau  rca 
a^:^«  kkr?:•  v^  Fl.  es  κ-m:  lantAr  au:  oes  Ycrbaja 
&^«au  es  «'.'iL  ebcSK^t  ae  ei;»  Ar;  ReuLhu  dm  Wc 
^  lü'eroea  ae&.4tft'  «:o<r  laci  xi*  £:;;t2KfiA:'i  KecradUbd 
«Jca  Ver^e*  ffc^ctA  »ca  rrafc^ä«  dm  W^rdeo»  dm  Ve 
&ai^  dftTsua  tnc^  «vm^  FL  γϊ:κ^  Scsmu  ur  «Le  T<ufie  ι 
atr  Le4re  aiattiÄcälica  »  i.«eetfa>  dje  κ;ΐϋ«τ>Χΐ^ρ  aaeh  sa  csc^  *Wcr* 
ata  aa  waa'^  <:ΐιτ  idw  d«•  ^γαμα:*  a^se  t'^ 


PlftkinB  Sophietei  in  geecbichtUcher  Beleuchtung, 


421 


κίνη€Γις  ουκ  δν  ist  (indem  beiile  Begriffe  verschiedeTi  βίικ!). 
Diesem  Widerepiel  bejahender  und  verneinender  Behaupfiingen, 
van  gleicher  Materie*  die  eich  einander  nicht  durch  Widerspruch 
anf heben,  eondern  in  Eintracht  neben  einander  atehenj  beherricht 
jenen  ganzen  Abechnitt  de«  Sophistes^  der  von  der  Gemeinschaft 
der  Begriffe  handelt.  Es  beruht  diese  Erflclieinung,  wie  wir  nun 
wissen,  auf  dem  durchgehenden  Gebrauch  von  abiopKTioi  προτα- 
θείς^ d.  i.  von  Vergleichungsfbrraeln  an  der  Stelle  von  wirk- 
chen  Urtheilen.  Κίνηοις  iat  nicht  f lepov  (255  Α  Β),  denn  die 
beiden  Begriffe  eind  nicht  identisch,  und  doch  ist  me  wiederum 
ircpoVi  insofern  sie  nümlich  Tb  eil  hat  (μετέχει)  am  Itepov.  Sie 
pRt  alflo  ούχ  2τ€ρόν  inj  και  Ιτερον  (256  C).  Dabei  ist  2 war  er- 
eitthtlich,  daeH  Piaton  mit  seinen  bejahenden  Sätzen  eigentlich 
wirkliche  Urtheile  meint  (und  er  kennmchnet  diee  durch  den 
Gebrauch  eeines  technischen  Auedrucks  μετέχειν,  der  immer  auf 
Jas  'Ist  des  Urtheils  zielt  im  Gegennatz  zu  dem  *[et*  der  Ver- 
gleichungRformel),  wahrend  seine  verneinenden  Sätze  durchweg 
reine  Vergleichungsformeln  sind,  aber  offenbar  fehlt  es  ihm  an 
einem  klaren  Unterscheid ungspnncip  beider,  denn  der  Form  nach 
kommt  er  Über  Begriffsvergleichungen  nicht  hinaus.  Bejahung 
und  Verneinung  werden  in  Folge  deeeen  ihrer  eigentlichen  Be- 
deutung entkleidet,  wodurch  alle  Bestimmtheit  der  Erkenntniea 
verloren  geht,  trotz  der  Forderung  etrengeter  Genauigkeit  in  An- 
gabe der  Beziehungen»  die  er  seihet  259  D  mit  den  Worten  auf- 
etellt :  οίον  τ'  civat  καθ'  εκαίΤτον  έλίτχοντα  έιτακολουθεϊν,  δταν 
^^τέ  τις  έτερον  δν  iiri  ταύτόν  είναι  φι^  και  δταν  ταυτόν  δν  ?τε- 
Β(ρον,  έκείνι;ι  καΐ  κατ'  έκεϊνο,  δ  φχ\ύι  τούτων  ιτεπονθέναι  ττότερον. 
^^  Nur  bis  zu  einem  gewisaen  Grade  ist  Piaton  dieser  Forderung 
nachgekommen.  Denn  für  seine  bejahenden  Sätze  bleibt  es  z.  B. 
an  sich  ganz  unentschieden,  welcher  der  beiden  Begriffe  von 
Rechtswegen  das  Subject  und  welcher  da«  Pridicat  ist.  Man 
^_  kann  in  der  Regel  beide  beliebig  vertauschen, 
^P  Im  Dialog  Parmenidee  führt  der  nämliehe  Mangel  bekannt- 

^  üch    zu    einem    wahrhaft    orgias  tische  η   Taumel   der   Gegensätze. 
Indefts  da  spricht  Piaton  γυμναστικιΐίς»  nicht  Οογματικώς.     Aber 
wie  ablenkend  von  aller  strengen  Erkenntnise  diese  unbestimmt^ 
heit  ist»  das  zeigt  eich  doch  auch  in  unserem  Sophisten. 
^^  Gleichwohl   stellt  die  Untereuchiing  über  die  Gemeinschaft 

^Pder  Begriffe  einen  ganz  erheblichen  Fortschritt  dar  in  der  Entwicke- 
lang  der  Logik,    namentlich    in    der  Lehre  vom  Urtheil  insofern, 
ie  Auffassung  desselben  als  reinen  Gleicbbeitsauedrucke  zv* 


Apelt 

rüokgewieeen  ward,  aber  auch  in  der  Klärnng  philoeoplÜMeliar 
BegrifiTe  überhaupt.  Denn  trotz  alter  Fehler,  mit  denen  wm  be- 
haftet iet,  bat  eie  doch  im  Gegensatz  zu  der  bie  dahin  oöcIi  niehl 
überwundenen  eophUtischeo  Aneicht  erwiesen,  dase  Yenelitede•* 
heit  (έτερον)  und  Widerstreit  (εναντίον)  sich  nicht  decken«  μ»• 
dem  sorgfältig  auseinander  zu  halten  seien.  Diesem  G^goülaai 
mag  ein  besonderer  Abschnitt  gewidmet  werden. 

4*  Versohiedenheity  Widerspruch  und  Wideretreit» 
Piaton  versichert  wiederholt  Im  Sophietee  (257  B.  2SS  B)^ 
es  sei  falsch,  bloaee  Verschiedenheit  (ίτ^ρον)  für  Widerstrtit 
(εναντίον)  auszugeben.  Vielleicht  hat  er  damit  auch  eigene 
frühere  Verstöasa  gegen  diese  nunmehr  ihm  festetehende  Erkennl- 
nies  im  Auge;  aber  zunächst  denkt  er  doch  wohl  an  die  80- 
phisten,  die^  wie  wir  im  ersten  Abschnitt  schon  vorlänfig  aa- 
denteten,  durch  Vermengung  dieser  Begriffe  nicht  wenig  Yer- 
wirrung  stifteten. 

Hehr  bezeichnend  sagt  in  dieser  Beziehung  Anetotelea  in 
13.  Buch  der  Metaphysik  *,  da,  wo  er  von  dem  Eingreifen  des 
Bokrates  in  die  philosophische  Bewegung  der  Zeit  und  von  seiner 
Bedeutung  für  die  Entwickelung  der  Dialektik  spricht:  'Er  rer 
suchte  VernunftechlüeHe  zu  bilden;  das  Friucip  der  Vemanit* 
schlüBse  aber  ist  das  Was.  Dialcktieche  Fertigkeit  gab  ee  niUnlich 
damals  noch  nicht,  so  daes  man  auch  ohne  das  Was  die  Gagenaitie 
und  ob  eine  und  dieselbe  Wiesenschaft  auf  die  Gegentheile  geke« 
hatte  untersuchten  können/ 

Hier  wird  also,  gegenüber  der  berrschenden  Unklarheit  in 
diesen  Dingen,  als  ein  besonderes  Verdienst  des  Sokratea  hervor* 
gehoben,  nicht  nur,  dass  er  nach  dem  Ti  icxi  forschte,  d.  h.  De- 
finitionen zu  geben  suchte  —  was  ja  öfters  erwähnt  wird  — 
sondern  auch,  daes  er  durch  seine  Definitionen  eine  Schuizwekf 
bot  gegen  den  Unfug,  der  damals  mit  Entgegensetzungen  getnebeo 
wurde.  Die  I^ehre  von  der  Entgegensetzung  der  Begriffe  war 
noch  nicht  ausgebildet;  bei  vielen  Schlüssonf  z.  B.  auf  das 
üegenlheil  u.  dgl.  konnte  man  also  leicht  die  gröbsten  Täu- 
schungen erzielen,  eine  Handhabe  zur  Irrffübrung«  deren  eich 
die    Sophiaten,    wie    wir    weiterhin    noch    sehen    werden,    nacb 


*  Met,  1078^25  συλλογίΖ^οθαν  χάμ  έΖήτει.  'Αρχή  Η  tüjv  συλλο- 
Τΐ0μιί»ν  τό  τί  ίοτι.  Δϊαλεκτική  χάρ  Ιοχύς  oöirui  τότ*  ήν,  lÜorc  bovaööai 
Kai  χωρίς  τοΟ  τί  ^ση  τάναντΐα  έιποκοπ€ΐν,  καΐ  τφν  έναντίατν  el  ή  βΟτή 


Pktoiie  Sophistei  in  geiohichtHcher  BeleuchtuDg. 


423 


I  Kräften  bedienten.  Nur  clarcL•  genaue  Beetiinmting  der  BegrifTe 
I  aoii,  auf  Grund  deeaen,  ihres  Verbal tniaeee  lu  einander,  kt>iii!te 
man  diesen  Trugepielen  einigermasseu  vorbeugen.  Erst  Arißtti- 
teles  lebrte  die  wahren  Gesetze  der  Opposition  und  Convereion, 
namentlich  die  Bedeuttuig  dea  contradiutoriscben  Gegensatzee  Α  und 
Non-A,  80  das«  man  sich  nicht  erst  durch  langwierige  Befini* 
tionen  vor  eophistischen  KunstgrifiTen  zu  echütaen  brauchte,  wie 
68  Hakrates  notbig  hatte,  der  die  Gesetze  der  Opposition  in  ab- 
racto  nocli  nicht  kannte, 

Aucli  Platon  kannte  sie  nooli  nicht.  Aber  er  hat  ernelHch 
nach  Klarheit  gerungen  und  wir  sind  vielleicht  im  Stande,  in 
seiner  Entwickehing  eine  Keihe  von  Fortschritten  nachzuweisen* 
Im  Froiagoras  nämlich  herrscht  noch  ziemliche  Verwirrung 
in  dieser  Beziehung.  Zu  Grunde  Hegt  diesem  Dialog  die  wichtige 
Anschauung,  dass  der  höheren  Idee  der  Tugend  gemtUs,  kein 
Theil  der  Tugond  ohne  den  andern  sein  könne.  In  der  Ausfüh- 
rung wird  aber  fakclilich  behauptet,  dass  Frömmigkeit  und  Ge- 
rechtigkeit nicht  verschiedene  Tugenden  seien,  weil  sie  nicht 
entgegengeKCtztj  weil  δίκαιον  nicht  άνόσιον  genannt  werden 
könne,  und  auf  ähnliche  Art  wird  gezeigt,  0οφία  und  σωρροσύνη 
seien  nicht  verecbiedenj  weil  sie  τάναντία  της  αφροσύνης  seien. 
Hier  erscheinen  also  ^lepov  und  εναντίον  nooh  in  so  unklarer 
Vermeugung,  dass  der  obige  Tadel  des  Aristoteles  von  der  Un- 
fähigkeit τάναντία  έτΓΐ0κοττ£Ϊν  auch  auf  Platon  zutreffen  würde. 
Nach  der  Dialektik  des  Suphiates  hätte  Platon  schwerlich  die 
Folgerung  gemacht:  die  B'römmigkeit  ist  verschieden  von  der 
Gerech tigkeitj  also  Ist  sie  ungerecht  (Prot.  33!  A).  Man  hat 
gemuthmasst,  diese  Dialektik  im  Protaguras  sei  ironisch  gemeint. 
Mir  dagegen  will  es  Hcheinen,  dass  Platon  die  Saohe  thatsach- 
ch  noch  nicht  in  seiner  Gewalt  hatte.  Ist  dem  so,  so  würde 
eehon  dadurch  der  Sophistee  zeitlich  um  ein  gut  Stück  vom  Pro- 

tiagora»  abgerückt. 
i  Am   Ende   des  Phaedon  kommt  Platon,    zum  Zwecke  der 

I^Orbereitung  seines  letzten  Beweises  für  die  Unsterblichkeit  der 
Beele  auf  den  Widerstreit  von  EigenRchaften  zu  sprechen  ([i.  102  f.). 
Vom  ^Tcpov  ist  dabei  nicht  die  Rede:  doch  entwickelt  er  eo 
sichere  und  feßto  Voretellungen  von  dem  εναντίον,  dass  man 
durchzurühlen  meint,  er  unterscheide  es  von  dem  letzteren.  Er 
behauptet,  und  Äwar  nicht  blos  in  Beziehung  auf  die  Ideen,  son* 
dem  auch  rücksichtUch  der  Beschaffenheiten  der  sinnlichen  Dinge, 
dieselbon  könnten,  so  lange  sie  überhaupt  als  das,  was  sie  sind, 


424 


Apelt 


beeieiieD,  oiemule  zugleicli  dae  £al^geflgeMlsle  werdeii  oder 
•«in  ^  Aieo  eine  Art  Ausdruck  fiir  den  Sati  dee  WidenprueKf 
Wenn  Sokmtee  gleichwohl  vorher^  an  Simmiae  entgegeii|;ea«Uto 
EigeoBcbaften  festgeetellt  hat,  nämlioli  daee  er  gro«  mui  hUä 
xugleich  aei,  ao  liegt  darin  kein  Widersprach  mit  jenen  Sätxt•. 
Oaa  Groeee  als  Groaaee  und  in  der  Beziehung,  in  der  e«  g^ 
nommen  ward,  bleibt  gros«  und  wird  nicht  etwa  klein,  aber  der 
Gegenstands  von  dem  ee  auageeagt  wird,  kanu  in  emer  Beaiehuiig 
groae,  in  der  andern  klein  sein.  Ke  iat  dat  eeoundum  quid,  du 
ηρός  τι,  daa  bei  den  Dingen  der  Sinnenwelt  diesen  anacheinendeo 
Widerspruch  möglich  macht.  Dies  ττρός  η  betriffl  entweder 
wirkliche  Verhältnisabegriffe,  wie  die  genannten  (gross  nnd  klein), 
oder  bezieht  eich  auf  die  Vielheit  der  räumlichen  Theile  Κ  Die 
sinnlichen  Dinge  sind  den  Gesetzen  des  Räume•  anterworfeti, 
dieser  aber  ist  ausgedehnt  und  tl^eilbar,  wodurch  er  eine  Ter* 
tchiedene  Stellengebung  zulässt.  Jeder  Körper,  obechon  ein 
Ganzes  und  Eines,  hat  demnach  verschiedene  Thetle,  welche  die 
Bedingung  der  Möglichkeit  bilden,  Entgegengeaetztea  m  v«r« 
einigen.  Dadurch  lösen  sich  die  anscheinenden  Widersprioka 
für  die  Gegenstände  der  Erscheinungswelt, 

In  dieser  AnschauuDg  bleibt  sich  Piaton  tiberall  treu,  ip 
weit  wir  ihn  coDtroliren  können:  im  Farmenides,  wo  p.  129 C 
dieser  Bache  Erwähnung  gethan  wird,  im  Philebus  p.  14  Off* 
und  in  der  Hepublik  (p.  436  G  et  439  Β ),  wo  Bewegnng  und 
HtiJlstand  in  einem  Gegenstand  vereinigt  einfach  daraus  erklart 
werden^  daee  von  der  Vielheit  der  Theile  des  Ganzen  die  eineo 
ruhen I  die  andern  sich  bewegen. 

Die  eben  erwähnte  Stelle  der  Hepublik  verdient  noch  et^ 


» 


1 


^  Phaud.  102  D:  ού  μάνον  αυτό  τ6  μέγεθος  αύ^έποτ*  έθέλ€ΐν 
μίχα  καΙ  ομ«κρ6ν  cTvatt  άλλα  καΐ  τό  έν  ήμίν  μέγεθος  ουδέποτε  ττρ 
χεσθαι  to  σμικρόν  ούδ'  έθέλβιν  ύιτερέχεσβαι^  άλλο  δυοϊν  τό  έτερον,  ή 
φ€ύγ£ΐν  κα\  ύττεκχωρείν  —  f^  —  όιτολυυλέναι,  102  Ε:  ουκ  έβέλετ  —  ού^έν 
τών  εναντίων  ίτι  όν  öircp  ήν  αμα  τουναντίον  γίγνεσβσί  τε  καΐ  cIvöl 
Cf.  103  C  und  Parm,  13H  Β:  ού  γαρ  ολον  γε  αμφοι,  ταύτόν  άμα  παοεται 
καΐ  ποιήαει  (βο»  d.  h.  mit  Komma  hinter  άμφίυ,  iet  zu  interpangireu}*    m 

^  Phaed.  lO'JB:    άρ'  ού  —  λέγεις  τότ*  εΐναι  ίν  τψ  Σιμμίι^  άμφό-β 
τερα,  καΐ  μέγεθος  καΐ  σμικρότητα;  Ιγαττε. 

^  Dass  es  eich  in  gewieger  Weiee  auch  auf  die  Ideenwelt  über- 
tragen kann,  dae  zeigt  die  Stelle  25<ί  Β:  ούκοΟν  Kdv  εί  πτ|  μετελάμβατνεν 
ούτή  κίνηοις  στάοευυς,  ουδέν  dv  Λτοττον  ήν  στάσιμον  α6τήν  ττροσσγο- 
ρεύειν.     Ueber  sie  ist  oben  ρ,  403  Aum,  1  gehandelt  worden« 


1 


Piatoni  SophiBtes  in  geticbicht] icher  BeleuchtuDg. 


426 


aäher  betrachtet  zu  werden,  da  sie  geeignet  tet,  ans  weiter  zu 
ihren.  Das  Ziel  der  üntereuchung  ist  liier  der  Nachweis,  daee 
mehrere,  von  einander  verschiedene  Seelen  vermöge  η  gehe* 
5u  dem  Ende  wird  gezeigt^  dawa  Jie  Seele  in  Beziehung  anf  die 
nämlichen  Gegenstände  entgegengeBetzter  Regungen  Hihig  sei»  eo 
daes  eie  nach  dem  Satze  des  WideFFprucLes  arae  veracliiedenen 
Theilen  zusammengeeetzt  sein  mnsB.  Im  Vorlaufe  dieeer  Erörte- 
rung stellt  Plalon  ale  εναντία  einander  gegenüber  το  έπινεύειν 
önd  το  άνανεύειν,  τό  έφ!€σθαί  τίνος  Xaßdv  und  τό  άτΓαρν€Ϊσθαι» 
το  τίροσάγεσθαι  und  τό  άπ^υθεϊσθαι  (437  Α  Β),  Dann  wird 
weiter  gesagt^  zum  έφίεσθαι  gehtire  daa  έπιθυμεϊν^  έθέλ€ΐν»  βού- 
XecTOai,  zum  άπωθεΐν  da»  aßouXeiv,  μη  έθελίΐν,  μη  έττιθυμεϊν. 
Nur  so  weit  brauchen  wir  für  unsern  Zweck  dieser  Argumenta- 
iion  zu  folgen.  Es  geht  deutlich  daraun  hervor,  daen  ihm  hier 
^er  contradictoriflohe  Gegensatz  im  conträren    (εναντίον)    mit   in- 

'^legriffen  scheint,  wie  ihm  auch  im  Phaedon  und  aueh  im  Frota- 
gorae  ofl*enhar  heide  zu»ammenflieBäen.  Indese  hieiht  er  eich 
darin  nicht  gleich,  und  konnte  es  auob  nicht,  weil  er  der  Sache 
nicht  auf  den  Grund  geeehen  hatte.  So  finden  wir,  daea  er  an 
einer  andern  Stelle  der  Republik,  in  Widerapruch  mit  Obigem, 
zwiachen  Begriffen  wie  κακόν  und  μή  αγαθόν  u,  dgL  doch  einen 
merklieben  ünteracliied  anerkennt,  wenn  auch  ohne  nähere  Be- 
stimmung der  Grenzen.  Denn  4CH  D  heilst  ea:  άγαθω  γάρ  που 
κακόν  έναντιώτερον  f\  τψ  μη  άγαθώ.  Und  dem  entaprechend  zeigt 
er  im  Symposion  (202  Α  Β),  dase  nichts  waa  μή  καλόν  aei,  darum 
αίαχρόν,  und  was  μή  αγαθόν  sei,  κακόν  sein  müsse.  Vielmehr 
gebe  ee  dazwischen  noch  ein  Mittleres.  ΚοοΗ  einen  Schritt 
weiter  auf  dieser  Bahn  geht  er  im  Sopbistee,  indem  er  hier  ans- 
drticklich  erklärt  (257  B),  dass  das  Non-A,  z.  B.  das  μή  μέγα, 
nichts  mit  dem  εναντίον  zu  thun  habe.  Und  warum?  weil  et 
mehr  als  das  εναντίον  d,  h.  als  das  Σμικρόν  umfasse,  nämlich 
ausser  diesem  auch  das  icFov.  Jeder  sieht  übrigens  daraus  den 
Unterschied  dessen,  was  Piaton  unter  εναντίον  versteht,  von 
dem,  was  wir  mit  oonträrem  Gegensatz  meinen. 

Die  Natur  diesea  μή  αγαθόν,  μή  καλόν,  kurz  dieses  Νοη•Α, 
wie  wir  sagen  würden,  hat  dem  Piaton  gewaltige  Schwierigkeiten 
bereitet  und  ihm  schliesalich,  so  zu  sagen,  das  Conoept  verdorben. 
£r  fühlte  das  Verbältniss  des  ausecblie«senden  Gegensatzes  des 
Non-A  zu  dem  A,  wusste  sich  aber  tbeoretiach  nicht  damit  zu- 
recht  zu   finden.     Dags  der   contrare  Gegensatz   unmittelbar    auf 

»dem    realen  Widerstreit    beruht,    der    contradictorische    dagegen 


Αψ•Η 


rein  Icrgiecher  Nftior  iil  aad  üüt  mitlellMr  Ami  den  roAle•  Wider* 
mirmi  Bunickgebt,  kat  er  nieht  geseben  iwd  mmIi  4mt  gmsm 
Richtang  eeinei  Denkens  nicht  eehen  kömtit*  Ab  #r  nnn  m 
Sophieiet  iii  der  kUren  Eine  ich  t  gelangte,  Irtpov  wkI  ^vovrklf 
seien  Ton  einander  scharf  zn  scheidear  mnaste  das  Κοιι*Α^  der 
schwächere  Gegensatz,  aU  welcher  er  den  Pia  ton  solioa  in  dar 
Republik  und  auch  im  äjinposion  ersohienen  war,  mit  den  fit- 
pov  sieh  nieht  bloss  meammenpaaren,  sondern  geradesn  tdeatt* 
üciren  lassen.  Offenbar  mit  eine  Fotge  aeiaer  Vermeagnng  rm 
Vergleicbiingsfarmel  and  ÜrtheiL  Daa  walire  logische  FerbiUr 
nies  von  Α  und  Kon- Α  ist  näznlicb  dies,  dass  sie  sidi  ta  eigml 
lieben  UrtbeU  uieht  verbinden  kseeo.  Dieae  Kteht-Verkoipflnf^ 
keit  weist  auf  den  ansschlieasendon  Gegensats  hio.  la  des 
ganzen  Abschnitt  nun  von  der  '  Gemeinsebaft  der  Ge#chl»ctoer* 
kommt  kein  einsiges  wirkliches  negatives  t'rtheil  vor,  UMiden 
nur  negative  Vergleichujigsfonaeljit  die  den  Schein  des  Urtlieili 
erwecken.  In  ibnen  werden  Vorstelltuigen^  die  einander  wkhi 
widerstreiten,  sondern  bloss  verschieden  sind,  durcb  die  Kegalioe 
von  einander  onterscbieden.  Die  Negation  hat  hier,  wie  maa 
sich  ans  dem  vorigen  Abschnitt  erinnert,  nur  die  Bedeutung  eine• 
Üntersoheidangsieichenay  nicht  der  eigentlichen  Negation,  d.  k 
der  gegenseitigen  Ausschlieasung  der  Vorstellangen.  Wenn  ma% 
wie  Flaton,  Yergleichungsformeln  braucht  ohne  klare  CdVci^ 
Scheidung  vom  Urtheil,  so  ergibt  sich  wie  von  selbst  eine  Ver- 
mengung von  Widerspruch  und  Verschiedenheit  Denn  hier  tritt 
anscheinend  ein  μη  καλόν  u.  e.  w.  auf,  das  tbatsäcblich  nieht  b 
auraohlieaseodem  Gegensats  au  dem  Subjekt  (oder  gennuer  la 
dessen  Beeohaffenheiten)  steht.  Allein  damit  wird  eben  der  Ne- 
gation eine  andere  Bedeutung  gegeben  als  ihr  von  Rechtswege]) 
zukommt. 

Piaton  wollte  sich  im  Sophistes  zu  einer  Theorie  über  das 
Verbiltniss  der  BegnSe  zu  einander  unter  dem  Gesichtspunkt 
der  Ergrtindung  des  Nicht-Seienden  erheben.  Theoretische  Ver- 
suche führen  aber  bekanntlich  nicht  selten  ¥iel  leichter  in  die 
L•re  als  das  unbefangene  GefühL  Der  befangene  Blick  des 
Suchenden  nimmt  einen  glücklich  gefundenen  Theil  der  Wahr- 
heit, nimmt  eine  Seite  derselben  leicht  für  das  Gänse  und  so 
entsteht  schliesilich  ein  Zerrbild,  nicht  ein  wirkliches  Abbild 
der  Sache.  In  dieser  Lage  sehen  wir  Piaton  im  Sophistes.  Er 
hat  richtig  erkanai,  dass  die  Gleiohsettung  von  ^Tcpov  und  εναν- 
τίον verkehrt   sei,    aber  zugleich  meint  er  irrig,    das  crepov  sei 


äM 


Piatons  Sopliifites  in  geschichtlicher  Bcletictitung, 


427 


antitireM  ak  ilaa  μή  6v,  Und  gerade  übur  «ließen  Fund 
ist  er  beionder»  glückliclL  Gleicliwohl  musete  ihm  sein  geeiindes 
Gefühl  sagen,  das«  es  damit  nicht  eeine  Richtigkeit  haben  könne, 
und  dasB  dem  wirklich  so  war,  das»  Rein  Oefäh!  in  gewissem 
Sinne  der  Theorie  überlegen  war,  dafür  liefert  der  Söphistea 
selbe!  den  klaren  Beweis*  Denn  in  dem  nämlichen  Dialog,  lq 
dem  er  so  nachdrücklich  für  das  μή  δν  ab  gleichbedeutend  mit 
tieni  £T€pov,  also  alfi  Bcharf  zu  trennen  von  dem  εναντίον»  ein- 
tritt, läuft  ihm  folgendes  Menschliche  unter:  der  Fremdling  frUgt 
240  Β  τό  μή  άληθινόν  αρ*  εναντίον  άληΟοΟς;  und  die  Ant- 
wort lautet:  τι  μην;  Das  steht  zwar  nicht  innerhalb  des  Äb- 
eehnitrtes  von  der  Gemeinschaft  der  Begriffe»  ist  aber  nur  durch 
eine  kleine  Btrecke  davon  getrennt  und  gehört  doch  zu  dem- 
selben grösseren  Gedanke ncomplex  wie  jene  Partie,  liaran  zeigt 
eich  recht  klar  der  Unterschied  zwischen  Theorie  und  Praxis  ^ 
Das  Nicht-Seiende  war  es,  welches  zu  der  ganzen  Untersuchung 

^den  Änstoss  gegeben;   und  eben  dessen  Erklärung  ist  ersichtlich 
1er  allerseh  wachste  und  anfechtbarste  Punkt  in  der  ganzen  Dar* 

"Stellung   des    Piaton*     Sein    Absehen    ging    darauf,    dem    Nicht- 

^Beienden    irgend    eine   positive   Seite  abzugewinnen.     Durch    die 
rleiclistellung  mit  dem  Ιτερον^  das  der  blossen  Form  naeli  doch 

'auf  etwas  Positives  hinzuweisen  schien^  meinte  er  ihm  einen 
wirklichen  Inhalt  gegeben  zu  haben.  So  wird  ihm  das  μή  öv 
2U  einem  selbständigen  ΐΆος  wie  das  δν.  Daes  das  έτερον, 
welches  dem  μή  öv  zum  Sein  verhelfen  sollte,  an  sich  auch  nur 
ein  leerer  Begriff  sei»  der  unserem  Verstände  bloss  dient^  gegebene 
Vorstellungen  unter  einander  zu  vergleichen,  dies  einzusehen  hin- 
derte ihn  nicht  etwa  bloss,  wie  so  viele  andere  nach  ihm,  die 
imphibolie  der  Keüexionsbegriffe  (zn  denen  dies  έτερον  gehört], 
^  £9  ist  nicht  unintere^ant  zu  β  oben  1  daes  Flaton  auch  in  Bezn^ 
Aof  das  ^T€pov  seiner  Theorie  weiterhin  nicht  ganz  treu  gcbliebon  ist» 
soudern  das»  ihu  hier  die  eingewurzelte  Ansohauungsweise,  dur  zufolge 
ein  Aehnlichkeitftverhältniwe  zwiBcbeu  Subject  und  Pradicat  herracht, 
wieder  etwas  ablenkte  von  den  Grundsätzen  des  Sophistcs.  Im  roiiticus 
nämlich  (963  B)  wird  das  Verhältnies  von  μέρος  und  εΐδος  erörtert  und 
gezeigt,  ώς  tlboq  μέν  οταν  ή  του,  καΐ  μ^ρος  αυτό  avapcalov  cTvai  τοο 
πράγματος  οτουττερ  öv  είδος  λέγηται*  μίρος  bi  €Ϊ6ος  ούοεμία  άνάγκηί 
also  dasBclbe  Verhaltniss,  wie  etwa  zwischen  κίνησις  und  6v  im  SophisLes. 
liu  roliticu^  will  er  den  Ausdruck  έτερον  für  dies  Verhältuiss  der  Be- 
iffe  nicht  mehr  recht  gölten  lassen;  indees  weist  er  ihn  doch  nicht 
radezu  ah. 


Apelt 

Msaen  ?i»r  dien  »eiiie  UoMdifttektik  tberUafI,  fo  Ür  j«te 
B9gn§  ΛβΛ  üiiUncliic4  μ  «■btluiktlw  Cotretai  fbttferL  Dihr 
das  Fofciiie  de•  gmnaea  VenaeW«. 

Wie  ■telii  m  nmi  mit  di«M«i  |ΐη  Av?  iMk  m  im  4m  fh^ 
Hnboi  FMMBg  iWliMpl  m•  kütUnt  OneepUM?  Ει««• 
wir  Beeilt,  wesa  «rir  es  attt  «aaereai  Noq-A  eHlateiies,  odar  Μ 
m  äbarkaopl  aieliti  aiit  iiaae«  Kiali^  iammm  μή  dv?  Dvibir 
aoO  «M  eia  wettarer  AtthaitI 


S.    Daa  Hiakt-Baiaada. 

^flalaa  aai  aelaa  AaUager,  ao  hme/i  m  ia  daa 
Meiaplijnik,   aittatea»   aUet   Seieade    wtrde   iiaaa,    iii 

Mia,  weaa  niaa  atdii  daa 
Hidit-SeicDdea  »ei,  aeia  oimaMT 
gUatea'  i;a  loaaa  aad  a  widaricc^ea  wiee:  maa  ■ 
■Mhr  aeigCB,  dav  daa  Kiekl-fleie^a  aei:  daaa  aladan 
daaSaiesda,  wtui  dataea  eiaa  TMMi  Ma  aoO,  aaa  dai 
aad  aiaam  aadera  aUetten*  Κ 

Hier  wird  marerkeiiiibar  aaf  Plataai  Safliiitri 
«ad  aää  fiaapitlieaa  deaealban  riditiip  liaiaiataat»  PI 
OatMiatlkang  llaft  danaf  Uaaaa»  da•  MiaU^Saieade  jaaar  v«l• 
Ugaa  üaerkeaabarkett  aad  üadeakbarkeit  in  eatkleideii,  la  dar 
ea  dk  Beatea  TervrtJieiH  kaltan.  £a  galt  alaa,  ikm  irgaad  eiaea 
PUts  ia  aaacrer  Krkeaalaiaa  aa  aidwia,  d.  L  s«  aeigini  daM 
aaa  ia  iryd  welcher  Bexiehimf  das  Kiekt^Seteade  aaeaikekriieli, 
s.  a.  W.  daaa  ea  wa  aotkwaadigar  aad  reditaiaa^gar  Beataad* 
tkcü  naataa  Deakaaa  aeL  Halta  awa  ikm  tkarkaapt  nur  ef«l 
Daaaiaakeraektigaag  Tanckaft  —  gleickTtd  weleker  Art  —  iO 
wafwi  die  Baataa  gaaekl^ea  mad  mit  ikm  die  Sophisten,  bei 
Hammaagaapmch  aber  άίΛ  Nieht-Seiii  lo 
_  ItMu  DiaaRT  Sieg  gelaag  dem  Platoa;  in 
dar  Ikat  aia  givaaar  SHblg»  doaaaa  Giaam  die  A^gea  ao  blaadela, 
daaa  dia  Tieks  DakkukeHaa  and  Uasaliagliakkeitea  aabeflMrkt 
kEekatt,  wekke  der  Sacke  gletekwekl  aock  aakaAeten.  Flaton 
wiea  daa   ^nkkt'   im    AUfirmtiim   ala  eiaeii  »(»IkweBdigeQ    6e- 


I  Me«.  10Θ9«  t  ff.:  Itafii  τ#  «^rok  «^ντ*  «aaoim  Ν  τά  6ντο, 
Vbwh  ti  άν,  ci  μή  τις  λϋκίο  καΙ  όμ&οι  M^tim  τφ  11ap|»cvibou  Χ6τψ 
*ab  τίφ  μΛ  «Ott  τοΟτο  όαφς  tivm  μή  Idvr«'»  dU*  dydvnrr  clvm  τό  μή 
<fv  bfSoi  βτι  imtw'  miktm  fip  6c  τοΟ  βτντος  aol  dlUoti  ττνός  to  (vn 


PlatonB  Sophietea  in  geeotichtliclier  Beleachtung. 


4M 


standtbeil    in  uneerem  Denkefi  nach^    docli    blieb    er    bei    dieser 
schwierigen  Untereuchungj  wie  begreifliob^  noch  tief  in  mancherlei 
Vorurtheilen   etecken.     Er  liielt  das  Nicht-Seiende  für  einen  ein• 
^^heiUichen,   eindeutigen  Begriff,    der,   einmal    gefunden,    allee  dae 
^hifl  Liebt   ziehen    und    in    eetner   wahren   (jeatalt   zeigen  miiaae, 
^Brae  sich  btaher  wie  hinter  einem  Schleier  verborgen   und   durch 
^Heesen  anscheinende  Undurchdringlich keit  geschützt  hatte. 
^B         Bei  den  Worten  tlvai,   öv,    Ιύτι   dachten  die  Eleateu,    wie 
"leicht  erklärlich,  zunächst  an  das  Baeein,  die  Eiistenas,  aleo  an  die 
modale  Bejahung-    Diese  Bedeutung,  meinten  sie,  liege  unmittelbar 
und  immer  in  dem  iuju     Und  diese  Meinung  vererbte  sich  auch, 
wenn    auch    nicht    in    ihrer  vollen   Pragnanii,    auf  Piaton.     Wenn 
er    nämlich   liber   die  Kopula    zu    specttlireii    beginnt,    echimmert 
I      immer  diese  Vorstellung,    bald  klarer  bald  dunkler,    durch.     So 
^Um  letzten  Beweise  für  die  Unsterblichkeit  der  Seele  im  Fhaedon, 
^Ko  auch    —   vom  Panne  nidc8  nicht  zu  reden   ~  im  Sophistes  *. 
[     'Das  Nicht- Sei  ende»  sagt   er   da  u.  a.,  steht  hinter  nicbta  anderem 
an  Seinsgehalt  zurück    und   man   darf  getrost  sagen:    das  Nicht- 
Seiende  isty    indem  es  seine  ihm  eigenthümliche  Natur  hat;    wie 
das  Grosse  gross    war  und    das  Schone    schön,    ebenso    ist    und 
war    auch    das    Nicht-Seiende    in   gleicher  Weise   Nicht-Seieudea 
und    ist    ein  unter  die  Vielheit  des  Seienden   einzureihender  Be- 
griif**     Und  daraus  folgert  er  unmittelbar  (258  D)  die  Unrichtig- 
keit  des    oben    angeführten    berühmten    parmenideischen    Verses 
über  die  Nicht-Existenz  des  Nicht-Seienden  (άπ€hύhaμ€V  ώς  Ιύτι 
τά  μή  δντα  258*0),    zum  klaren  Beweis,    dasa   er  in  der  mitge- 
theilten  Stelle,  wie  überall  sonst  in  unserem  Sophiete»,   bei  dem 
iuTi  zunächst   an   das  Pasein   denkt.     Das  Ν  am  liehe    ergibt   sieh 
L     ganz  augenscheinlich  aus  einer  Stelle  des  Timaeus  ^    in   der   er, 

^m  *  Soph,  25HBf.  {tö   μή  Öv)  ίστιν  ού6€νός  τών  äXkmv  ούσΙας  ^λ• 

^■€ΐπόμ€νον,  καί  δε!  Οα|1{>οβντα  ήδη  λέγειν,  οτι  τό  μή  Öv  βεβαίως  ίστ» 
^κήν  αοτοΟ  φύσΐν  ίχον,  ύϊσπερ  τύ  μέγα  i^v  μίγα  καΙ  τό  καλόν  ήν  καλόν, 
^oiJtuj  hl  κα\  τό  μή  öv  κατά  ταίητόν  ήν  τε  καΐ  ίστι  μή  ΰν,  ένάριθμον 
τών  πολλών  εΤδος  Ιν.  Ebenso  '254  Π:  έάν  ώρα  ήμίν  τττ)  παρεικάθΐ]  τό 
μή  ÖV  λέγουοιν  ώς  ίστιν  όντως    μή  öv  άθψοις  άπαλλάττειν. 

S  Tim.  38  β:  λέγομεν  τό  τε  Τ€γονός  είναι  γετ«>νός  καί  τό  χιχνό- 
μενον  εΤναι  γιγνόμεναν,  ίτι  τό  γενησόμενον  εΤναι  γενησόμενον  καΐ  τό 
μή  όν  μή  ßv  εΤναι.  ών  οϋΗν  άκριρές  λέγομεν.  ViTgi eicht  mau  dieae 
Stelle  mit  der  in  dir  vorigen  Anmerkujig  citirten  iJJOphistese teile  1^58  Β , 
βο  k&nn  man  sich  schwerlich  der  Folgerung  entziehen,  da'iB  der  Tinweue 
seitlich  t^or  dem  Sophistes  βΙΛβ,     In  beiden  Stellen  huiuleli  es  eioh  um 


43Ö 


Apelt 


nachdem  er  gezeigt  bat^  daea  dem  wahrbaften  Sein  von  Rechte* 
wegen  nur  dae'/si',  nicht  das*  War'  oder  "^  Wird  sein'  zukomme, 
folgeTulerniaeseii  fortfiibrt:  *aucL•  die  AnsdinicliP,  dae  Entstandene 
sei  eDtatandeni  und  das  Entstebende  sei  ein  Entetebendes  und 
dae  Nicbt*Seiende  sei  nicht  seiend,  sind  alles  ungenaue  Bezeich- 
nungen*. Wamm  ungenan  ?  weil  das  *I$i^  (d.  b.  eben  das  Daeein) 
nicht  von  Vergangenem  oder  Werdendem  und  am  wenigsten  vom 
Nicht-Seienden  ausgesagt  werden  zu  können  scbeint  Also  auch 
im  blossen  Identitätgurtbeil  wollte  Platon  dem  Isl  eine  höhere 
Bedeutung  geben  ak  die  der  bloBsen  Kopula. 

Schon  alte  Commetitatoren  hoben  es  hervor,  dase  Piaton 
im  ünterBcbied  von  AriRtoieles  bei  dem  tlvai  immer  mit  die 
οτταρΕις^  da«  Dasein  meinte.  So  noch  Leo  Magentinos  in  den 
Scbolien  bei  Brand is  p,  113^  44  άναιρουντες  τους  ΤΤλατοίνικους 
λίγομ^ν  ÖTi  Ιπ\  ΊΥ\ς  Χορκής  πραγματ€ίας  ούχ  ύπάρ£€ΐς  κάί 
ανυπαρΕίας  ίητουμεν. 

Auf  den  kürzesten  wiBflenRcbaftlichen  Ausdruck  gebracht 
stellt  fiifth  demgemäsfi  die  Sacbe  so  dar:  Platon  unteracbeidet 
nicht  7;wi«cben  qualitativer  und  modaler  Bejahung  (und  Vernei- 
nung), d.  h*  zwischen  dem  So^sein  und  dem  Dasein.  Kopula 
und  Daeeingftusdruck  versobmelzen  ihm  noch  dunkel  in  Eine. 
Dies  ist  die  eigentliche  Quelle  aller  Verirrnngen  und  Verwir• 
rungen.  Von  der  qualitativen  Bejahung  kann  man  rein  begriff- 
licb  nie  auf  die  moralische  Bejahung  kommen.  Ein  Sehluss  von 
der  ersteren  auf  die  letztere  ist  unmöglich.  Wir  können  ani 
im  prablenmtischen  Urtbeil  einen  G genstand,  z,  B.  den  Helden 
einer  Erzählung,  noch  so  bestimmt,  mit  allen  seinen  Kinzel- 
heiteti  gedacht  haben,  so  folgt  doch  daraus  noch  nicht  sein  Daaoln. 
Ebenso  mit  der  Verneinung.  Von  der  qualitativen  Verneinung 
rührt  keine  Brücke  zur  modaliscben.  Indem  nun  Platon  die  Be* 
deutung  und  Gültigkeit  der  Negation  im  Urtheil,  d.  h.  das  qoA- 
liUtive  ουκ  iun  in  «einer  Weise  nachwies,  glaubte  er  damit 
nicht   nur  das  Prineip   der  Vielheit,    im   Gegensatz   seu    der  Ein- 


den  Satü  τ6  μή  fiv  Ιση  μή  δν,  in  beiden  wird  für  das  Ion  AnspracJi 
auf  Daseinsl>e4leiitnng  erhöhen,  aher  im  Timaeus  wird  eben  deshalb 
jener  Satsi  für  ούδ^ν  όκριβ^ς  erklärt,  im  Sophistes  gerade  umgekehrt 
daraus  die  Existenz  des  μή  öv  gefolgert.  Welches  die  spatere  Auffat- 
sung  ßei,  ist  nicht  zweifelhaft.  Denn  ea  hat  weni^  Wahrscheinlichkwt 
für  sicb|  dftsa  PL  die  Errungenschaft  des  Sophistea  in  Beciig  auf  daa 
μή  öv  später  aufgeg«t>«n  habe. 


tlttons  Sopbietefi  in  gescbicblltcbei*  Beleuchtung. 


iai 


heiftlebre  der  Eleateu  gefunden  zu  haben  (denn  das  Nioht^Seiende, 
ftk   ^T£pov    gefaeet,    erwies  eiob   als  ebenio  inbaltBYoll  wie  dae 

Seiende  und  alfl  deenen  sehr  positive  Ergänzung:  aue  der  Ehe 
heider  ging  die  Vielheit  der  Prädikate,  ako  die  Mannigfaltigkeit 
des  Seienden  hervor),  sondern  dee  Nicht-Seienden  überhaupt, 
alao  auch  daa  moilaliscbe  Nicbt-Bein,  auf  da«  es  ihm  vor  allem 
ankommen  mueete,     Hören  wir  darüber  den  ArietotcJes. 

*Δηθ  welchem  Seienden  und  Nicht- Seienden  nun,  so  fährt 
nämlich  Äriatotelee  tn  eeinem  obigen  Bericht  fort  ^,  gehl  die 
Vielheit  des  Seienden  hervor?  Piaton  bat  liier  den  Begriff  de» 
Falecben  im  Auge  und  identificirt  daa  Nicbt-Seiende,  aus  weichem 
und  dem  Beienden  die  Vielheit  des  Seienden  iet.* 

Unstreitig  richtig.  Flaton  steuert  eigentlich  auf  das  ψεΰϊ>ος 
im:  deeeen  Möglichkeit  und  Gültigkeit  zq  erweisen  soll  das  μή 
δν  ale  Unterlage  dienen.  Wir  wissen  einerseitSj  wie  wenig  das 
von  ihm  gefundene  μή  öv,  d.  h.  das  qualitative  μή  6v\  danach 
angethan  ist,  eine  Brücke  %u  der  modalen  Verneinung^  dem  mo- 
dalen μή  δν,  zu  bilden.  Wir  wiftsen  anderlei ts,  was  es  war^  das 
gleit^hwohl  Piaton  in  dem  Glauben  bestärkte,  sein  Nioht^Seiendee 
gehe  ihm  (dies  Niobt-Beiende  in  seine  Gewalt.  So  stark  er  aber 
auch  theoretisch  in  diesem  Glauben  befangen  war,  so  wenig  konnte 
er  eich  in  der  wirklichen  Anwendung  ßeines  vernieintlich  alles  um- 
faseenden  Principe  verhehlen,  dasa  damit  im  Grande  niebt«  Tür 
seinen  eigentlichen  Zweck  ausgerichtet  sei,  tSein  ^lepov  oder  μή 
öv  läset  «ich  seblechthin  auf  jeden  Begriff  im  Verhält nisa  zu  jedem 
andern  anw^endeUj  denn  jeder  Begriff  ist  von  dem  andern  irgend- 
wie verschieden,  Ueber  die  positive  Seite  der  Sache  aber,  d,  h, 
darüber,  in  welciier  bestimmten,  der  Wirklichkeit  enlsprecbenden 
Verbindung  gegehene  Vorstellungen  mit  anderen  Htehen,  läsfit 
sieb,  soweit  es  sich  um  nicht  hlos«  analytische,  sondern  um  syn- 
thetische Verknüpfung  bandelt^  aus  hloflsen  Begriffen  nielits  ent- 
scheiden. Ueher  die  Wirklichkeit  der  Dinge,  üher  die  Wabrhelt 
oder  Falsch  he  it  i^nserer  Auffassung  der  seihen  j  war  mit  seinem 
Funde  also  thatsäcblich  nichts  entschieden. 

Piaton  musfite  sich  also,  auf  diesem  kritischen  Punkte  an- 
gelangt, irgendwie  zu  helfen  suchen,  ohne  donh  theoretisch  sein 
Princip  au fsiU geben.     Er  mnsste  sich  einen  Weg  bahnen,  der  ihn 


*  Met.  1089»  18  ff.  Ικ  ποίου  ouv  όντος  ical  μή  δντος  πολλά  τά 
όντα;  βούλεται  μέν  ίιή  τό  ψ€ϋϊ>ος  καΐ  ταύτην  τήν  φύσιν  λέτ€(  τό  οΐτκ 
ÖV,  ίί  ΰΰ  καΐ  τοΟ  δντος  πολλώ  τά  ΰντα. 


Apelt 


züf  Nachweiaung  de«  thatsäob lieben  Vorbattdeneeine  von  Lug, 
Tmgf  Täuecbung  utid  Schein  in  der  menaoUichen  Erkenntiiiaa 
und  im  Unheil  führte  unter  wenigBtene  dialeotiacher  Wahntof 
eeinea  gewonnenen  μή  Ον.  Daher  die  überraacheode  Wendaai; 
welohe  die  üntereacbuog  von  p.  260  Α  ab  nimmt.  Vermöge  der- 
eelben  wird  der  Begriff  dea  Nicht*Seienden  anf  Rede  und  lAeimo^ 
übertrageD,  d.  h.  aof  bestimmte  ßehauptaogen  innerhalb  der 
täglichkdt  des  Meneohenlebene  im  Gegensatz  zu  den  dimli 
Erorterniigen  über  Begriffeverh^ltnieae,  die  dae  eeoterlacbe  WeA 
der  Schule  bilden. 

Die  Rede  (λόγος)  nnd  Meinung  (bo£a),  obachoo  aU  OmntM 
7U  den  eeiendcn  Geschlechtern  gehörend  (260  Ä),  bestehen  ilirer- 
Beite  doch  nicht  aue  tihi]^  sondern  aua  ονόματα  (261  D)>  oder 
bestimmter,  wie  eich  weiterhin  zeigt,  aue  Nomen  (δνομα)  oul 
Yerbum  (ρήμα).  Die  folgenden  Beispiele  laaaen  klar  erkennea, 
daae  Piaton  hier  im  Gegensatz  zu  den  vorhergehenden  Begriff- 
vergleiübungen  auf  empirische  (eynthetiache)  ürtheile  '  zielt,  dan 
alHO  der  Untemcbied  zwischen  Vergleichungeformel  und  Urtheil 
seinem  Geiste  dunkel  vorschwebt  Was  vorher  von  de«  Be- 
grifen  innerhcäh  de«  Urtheils  gesagt  war,  das  wird  jetzt  dea 
Urtheil  ak  Ganzem  zugesprochen:  dort  war  ein  Begriff  im  Ver 
hEltniss  zu  einem  andern  μη  όν,  hier  ist  das  ganze  Urtheil  μή 
dv.  Aber  dies  Urtheil  ist  auch  keine  Begriffavergleichnng,  son- 
dern ein  gewöhnliches  ErfahrungsurtheiL  Beide  werden  in  Be* 
zng  auf  ihre  Gültigkeit  mit  sehr  verechiedenem  Hanse  gemeMtn. 
Für  die  Begriß^svergleichungen  lieaa  den  Piaton  seine  mjratiidtt  ^ 
Abstraction  in  dem  £tJTi,  wie  gezeigt,  immer  ohne  Weiteres  aol^^l 
den  Anspruch  an  Dasein  und  Wirklichkeit  erkennen.  Sie  μΠιαιβΡ 
eich  verratige  ihres  */«ΐ  durch  eine  gewisse  innere  Noth wendig* 
keit  rein  begrifilich  und  dooh  mit  unmittelbarer  Daseinakraft  η 
vollziehen.     Von    diesen   hüheren   dialeotiaohen  Formeln    aondert 


t  Daran  zeigt  sich,   dass  der  ganze  Abschuitt  über  die  κοινωνία 

Tiiiv  tcvtijv  zurmchüt  logischen  Charakters  itit.  Denn  wenn  so  vielMlM 
darnuf  verwandt  wird^  das  μή  Öv  an  reine  W ahrn eh mungs urtheil«  hena 
zu  bringen,  wie  '  Tbeätct  Biegt  \  so  handelt  ^  rieh  da  atuilchat  aii^t 
um  die  Idee.  Der  λόγος  ist  zwar  aucb,  wie  Piaton  atiadrucklicb  i^ 
(260  A),  των  övTUiv  t^f  τι  χ€νών.  Aber  das  gegebene  Beispiel  für  d» 
λόγος  zeigt,  dase  hier  γ^νος  nicht  u  η  mittel  bar  als  Idee  zu  faaMS  i^ 
So  wenig  geleugnet  werden  μΛ\^  diias  bei  χ^νος  stniichweigend  mit  sa 
die  Idee  gedacht  wird,  so  sicher  ist  es  doch,  dase  ea  sieh  zunUdtst  iml 
unmittelbar  nicht  um  die  Idee  selbst  handelt 


Pia  tone  Sophißtes  in  götclikhtliclier  Belenctitung. 


43S 


er  also  die  Mede  ab,  d.  L•  den  aus  δνομα  und  ^ήμα  bestehenden 
λόγος.  Beispiele  eineji  solchen  λόγος  eind  die  beiden  einander 
widerstreitenden  TJrtbeile  'Tlieätet  sitzt*  nnd  'Theätet  fliegt'. 
Was  entscheidet  nun  hier  über  Wahrheit  oder  Falschheit  der 
Aussage?  Nicht  Dialektik,  wie  bei  jenen  VeTgleiGbuTigeforinelii, 
eondern  die  ADschauung^  d.  h.  die  unmittelbare  Erkenntniss. 
Diese  lehrt  sofort,  dass  das  eine  von  beiden  wahr,  das  andere  falsch 
ist,  sie  lehrt  sofort,  welohea  yon  beiden  der  Wirklichkeit  ent- 
spricht^ Denn  jeder  der  Anwesenden  überzeugt  sich  Ja  mit  einem 
Blick  seiner  Angen^  dass  der  als  Mitnnterredner  anwesende 
Theatet  dasitat  und  nicht  üiegt.  Also  Verweisung  an  die  An- 
sohaunng.  Dabei  ist  es,  wie  mir  scheint,  nicht  blosse  Sache  des 
Znfalle^i  dass  diese  Urtheile  nicht  mit  dem  bedeutungsvollen 
icfTi,  sondern  mit  eigentlichen  ρήματα  gebildet  sind, 
^^  Aber  wunderlich  genug  nimmt  sich  die  Art  aus,  wie  diese 
^m  sieb  undialectiechey  ziemlich  einfache  Sache  gleichwohl  in 
den  dialectischen  Rahmen  eingespannt  wird,  d.  h.  wie  Piaton 
dieselbe  mit  dem  bis  260  Α  gewonnenen  Ergebnise  verknüpft. 
Das  μή  δν,  das  er  auf  den  λόγος  anwendet,  ist  offenbar  nicht 
mehr,  wie  oben,  die  qualitative  Verneinung,  sondern  hat  eich 
ganz  in  der  Stille  in  die  modal ische  Negation  umgewandelt,  in 
das  öv  ώς  ψ€υΜς,  wie  es  Aristoteles  nennt  Sehr  begreiflich. 
Denn  nur  dies  niodalieohe  μή  όν  entsprach  dem  eigentlichen 
Zweekt  welchen  Piaton  verfolgte:  die  Lüge  als  etwas  Högliohea 
nicht  nur^  sondern  als  etwas  wirklich  Vorkommendes  zu  erweieent 
also  dasjenige  als  auch  der  mensoblicben  Rede  unter  Umstanden 
eigen  zu  erweisen,  was  er  früher  (240  Α  Β)  als  charakterietisches 
Merkmal  des  Bilfks  (ΰκών)  hingestellt  hatte,  ουδαμώς  άληθίνόγ 
t€,  άλλ'  ΐοικός  μεΥ 
^m  Die  WillkUrlichkeit  dieses  Verfahrens  ist  so  augenfällig, 
^Wass  sich  uns  das  Ergebniss  leicht  als  reine  Erschleiehung  dar- 
stellt. Das  μή  dv  erscheint,  sofern  es  sich  als  das  vorherige 
μή  δν  ansgibt,  als  rein  ausserlich  der  Sache  angeklebte  Etikette. 
Dem  ungeachtet  finden  wir  doch  anderseits  wieder  viel  Sinn- 
reiches, platonischen  Geist  Verraihcnde«  dabei.  Flaton  gibt  dem 
Wortlaute  nach  keine  einzige  seiner  vorher  errungenen  Bestlm* 
niungen  auf.  Wir  finden  das  öv  und  finden  das  μή  δν  wieder 
—  wenn  auch  in  der  gekennzeichneten  Verschiebung  —  wir 
finden  drittens  aueh  das  ^tepov  wieder  und  die  Formel,  der  ge- 
mäss das  μή  öv  eben  das  iicpov  ToO  δντος  war*  Aber  in  wel- 
ßher   Bedeutung  jetzt?     Als    das   von    der   Wahrheit    und   Wirk- 

]Ui«lB.  Mua.  f.  Phllol.  N.  F.  L.  28 


434 


Apolt 


lictkeit  Vemcliiedene*  d.  i.  alt  Löge  und  Trug:  δ  μέν  αληθής 
λόχος  τα  όντα  ως  ίβχι  λέγει,  6  6ί  ψ€υ6ής  ^repa  τΔν  δν- 
τιυν  (263  6).  Aber  vorher  Ibj  man  aD^ere.  Denn  d&  bedea- 
tete  dftA  Nicbt-BohÖne,  da  β  Nicht*  Gerechte  oder  allgemein  (na^h 
platoniechem  Sprachgebrauch)  daa  μή  6y  den  ünteraebied  eine« 
Seienden  gegen  ein  anderes  Seiende»,  hier  bedeutet  daa  μή  Äv 
nicht  den  Unterschied  von  einem  andtm  Seienden,  eondem  den  j 
Gegensatz  zum  Seienden^  d.  i.  dem  Wirklichen^  überhaupt.  In  ■ 
jenen  Vergleichungeforraein  trat  die  Negation  offen  und  aus- 
drücklich hervor  und  durch  dieselbe  war  das  Urtheil  wmhr,  hier 
dagegen  haheo  wir  ein  der  Form  nach  bejahendes  Urtheil^  das 
falsch  iflt>  Wodurch  aber  falsch?  Dadurch,  sagt  Piaton,  daei 
eich  daa  μή  öv  damit  verbindet,  also  doch  auch  durch  die  Ne- 
gation: olfenbar  aber  eine  gani  andere  Negation  als  oben*  Wir 
wissen  bereits,  welche.  Also  eine  μ€τάβασΐς  €ΐς  δλλο  Τ^νος, 
die  wir  sofort  als  sulcbe  erkennen  und  zu  rügen  bereit  sind  ^ 
Allein  für  Piaton  lag  die  Sache  doch  etwas  anders,  ao  dass  ihn 
der  obige  Vorwurf  nicht  in  seiner  ganzen  Härte  trifft.  Und 
dies  aus  folgendem  Grunde. 

Der  Begriff  de»  μή  αν  war  in  der  Tbat  ein  höchst  schwie- 
riger. So  leicht  es  uns  wird^  die  Wnrzel  des  Uebela  zu  finden, 
an  dem  Piatons  Daretellung  des  μή  6v  krankt,  so  verzeihlich 
war  es  für  ihn^  das«  er  sieb  im  Dunkel  der  Abstractioiien  ver- 
irrte und  die  i^ualitative  Negatiou  mit  der  modalen  als  eins 
setzte:  eine  Täusebung,  welche  so  lange  fast  unvermeidlich  war, 
als  auch  der  eutsprechende  positive  Begriff,  das  δν,  noch  der 
Aufklärung  harrte. 

Dies  ßv  war,  Kantiscb  zu  reden,  eine  Art  focus  iraaginarius, 
der  das  Bild   eine«  Gegenstandes    zu    erzeugen    schien,    welcher 
tbateüchlich  nicht  vorhanden  war*     Das  Unvermögen^  des  diesem 
Begriffe    anhaftenden,     mit    fast    zwingender    Gewalt    wirkenden  ^ 
Scheines   Herr  zu    werden,    kennzeichnet    die    ganze   veraristote-  ■ 
lische  Philosophie*     Die    dahin    gehörigen  Versuche    bilden    eine 


1  Uebrigens  darf  auch  hingewiesen  werden  auf  eine  gewisse  In* 

congruenE  zwischen  unserer  Stelle  (ίίβΟ  Α  ff)  und  einer  früheren  (240  Ef>, 
wo  die  Untersuchung  erst  eingeleitet  yiul  der  λόγος  ψ€ΐ}δής  beschrieben 
wird»     Dort  heisat  e«,  ψευδής  λόγος  sei  nicht  nur  der,  welcher  von  den  j 
6ντα  sagt,  sie  seien  nicht,  sondern  aiicb  der,  welcher  von  den  μή  δντιιι 
sagt,    sie    seien.     Nun    wird    in    unserem  Abschnitt  in   Bezug   auf  den  I 
ψευδής  λόγος  wohl  iler  letztere  Fall  geltend  gemacht  (vgl.  oben  p.  405^ 
uicbt  aber  uev  erster«. 


Piatons  Sophieiee  in  gncliiclitliolier  Beleaditung. 


436 


ralire  Leidenageecktcbte^  aber  doch  mit  allitiäblicli  sieb  mehrenden 
Anzeichen  langeamer  Beeeerung.  Die  Hiiraohe  eelbet  beglinBÜgie 
hier  den  Trug  und  verdichtete  den  Schleier,  der  die  Sache  ver- 
deckte, noch  mehr.  Denn  es  liegt  im  Zuge  der  griechiechen 
Sprache,  ein  τό  iüll  oder  τό  εΤναί  alsbahl  umzusetzen  in  ein 
τά  öv,  und  damit  war  für  eine  noch  nicht  völlig  ernüchterte 
AbetractionBweise  die  Quell©  der  Täuschungen^  eröffnet  Bei 
den  Eleaten  gehen  τό  ίστι,  τό  6v  ohne  jeden  Unterschied  neben 
und  durch  einander:  alles  dies  ist  für  eie  der  Auedruck  des 
allein  wahrhaft  Beictiden,  des  Wirklicben,  nur  durch  das  Denken 
sm  Erreichenden»  im  Gegensatz  zur  sinnliehen  Erscheinung,  T6 
6y  musete  sieb»  wie  eben  die  Sprache  schon  anzukündigen  schien, 
als  der  wirkliche,  wahrhafte  Gegenstand  unserer  Erkenntnisa 
darstellen.  Die  Kopula  ward  ihrer  eigentlichen  Funktion  als 
einer  Verhindungsform  zwischen  Subject  und  Pradicat  entkleidet 
und  gewissermassen  verselbständigt,  indem  in  ihr  unmittelbar 
t6  dvt  der  daseiende  Gegenstand  zu  stecken  eohien.  Die  quali- 
tative Bejahung  trat  alle  ihre  Rechte  an  die  modal iscbe  Beja- 
hung ab.  In  dem  modaliscben  Sein  aber  schien  ganz  unmittelbar 
ein  WaSf  ein  Gegenstand,  gegeben.  Es  war  wie  eine  unvermeidliche 
optische  Täuschung;  man  meinte  einen  Gegenstand,  ja  den  einzig 
wahren  Gegenstand  zu  haben  durch  eine  blosse  Form  des  Ur* 
theils.  Man  bemerkte  nicht,  dass  man  es  mit  einer  bloeaen  Ge• 
dankenform  zn  tbun  hatte,  ohne  Inhalt.  Das  Sein  und  das 
I  Seiend  θ  ist  für  sich  nur  eine  formale  Bestimmung  des  Vers  tan  des , 
lie  immer  erst  von  der  Erfahrung  einen  Gegenstand  erwartet, 
aul  den  sie  angewendet  werden  kann.  Die  Kategoriea  der  Mo- 
dalität enthalten  gar  keine  Subjectbestimmungen,  sondern  nur 
Bestimmungen  der  Arten  gegebener  Subjeote, 

Wir  sehen  also,    wie  Logiscbes  und  Metaphysisches  unmit- 

ßlbar  in  einander  geworfen  und  wie  innerhalb  des  Metaphysischen 
bloss  formale  Bestimmungen  ohne  Weiteres  mit  einem  vermeint- 
lichen Gehalt  ausgestattet  gedacbt  werden.  Die  Kopula  erhielt 
1)  unmittelbar  metaphysische  Bedeutung,  2)  sofort  aucb  einen 
anscheinenden  metaphysischen  Gehali* 

tGanz  entsprechend  und  parallel  dieser  Aufassungeweiee  des 
1  Pie  Sopkiiten  verfehlten  bekanntlich   nicht,    diese  Quelle  nach 
riften  aunzuüutzen,     Ibr  entatammen  die  netten  Sopliiemen  mit  dt^m 
ov  und  den  όντα  im  Euthydom  (2ö3  f.)^  nameutlieb  die  ergiebige  Wen- 
dung τά  δντα  λέγειν* 


At»eÜ 


όν  miisete  sich  imtürlich  Jae  μή  δν  dtLreteUen.  Auuli  in  Hub 
vereclilaii^  die  modale  Bedeutuug  die  qualitative:  wo  et  sich  tun 
Yemeinung  des  So-eeins  handelt,  drängte  eich  aoch  eine  dafikle 
Voretellnng  von  VerDeinuDg  der  Existenz  auf. 

Dies  ist  der  Stand  der  Dingej  wie  ihn  Hoian  vorfand.  £r 
hat  diesen  Begriffen  nicht  geringe  Sorge  zugewendet,  ja  sie  eteheo 
im  Mittelpunkt  seinee  Deukene.  Aber  der  mystische  Zug,  der, 
hei  aller  Gemalität^  doch  seiner  Art  zu  philoeophiren  innewohnt 
und  den  abzustreifen  geradezu  wider  seine  Natur  gewesen  wäre, 
hinderte  ihn  der  Sache  auf  den  Grund  zu  sehen :  nur  einen  Theil 
der  Wahrheit  und  auch  diesen  nur  in  einer  gewissen  Venmetal- 
tnng  zu  finden  war  ihm  beschieden.  Noch  in  der  Kepuhlik  ist 
ihm  das  μή  ov  schlechtweg  unerkennbar  und  unserem  Veratande 
unzugänglich  im  Sinne  der  Eleateu.  'Wie  sollte  etwas  Nicht- 
Seiendes  erkannt  werden?  Steht  uns  nun  dies  hinreichend  fest, 
auch  wenn  wir  es  von  mehreren  Seiten  ber  betrachten,  dase  das 
voUständig  Seiende  voHetiiDdig  erkennbar  ist,  das  sohleohterdingi 
Nicht-Seiende  aber  schlechterdings  unerkennbar?  — *  Ganz  fest,  — 
Gut,  *  So  heisst  es  in  der  Republik  ^  und  dem  entsprechend  wird 
anderseits  das  βν  vielfach  mit  αλήβ€ΐα  gleichgestellt  (Epl.  *^01  D. 
508  1).  525  C,  585  0.  598  B)  oder  zur  Bedingung  derselben  ge- 
macht wie  Tbeaet,  1ΘΓ»  C.  Erst  der  Sophistes  bringt  den  oben 
gescbilderten  Fortschritt  in  der  Behandlung  dieser  Begriffe,  indem 
er  in  dem  qualitativen  μι^  όν  so  zu  sagen  ein  neues  Land  ent- 
deckt, eine  Entdeckung  freilich,  deren  wahre  Bedeutung  durcb 
Verwechselung  mit  dem  eigentlich  gesnchten  Lande  des  nioda- 
lischen  μή  δν  vollständig  verkannt  wird. 

Es  war  dem  allee  durchbohrenden  Scharfsinn  des  Arisictela 
vorbehalten,  hier  Klarheit  zu  schaffen.  Sehr  richtig,  und  dabei 
mit  einer  nUchternen  Knappheit  und  Trockenheit,  welche  die 
Hache  beinahe  als  selbstverstiindlioh  ersoheinen  und  nichta  ahnen 


1  Rpl.  477  Α :  πώς  täp  άν  μ  ή  Öv  γί  τι  γνωσθεΐηί  Ίκοναις  οδν 
τοΟτο  ίχομεν,  κάν  tl  πλ€οναχ^  σκοποϊμεν  6τι  τό  μέν  παντελΰπ;  öv  irav- 
τ€λώς  ιρνωστύν,  μή  öv  Μ  μφαμί^  irdvrij  dTVUwiTov;  Ίκανώτατα.  Diese 
Stelle  aUeiu  würde  geniigen,  die  iViorit&t  der  Republik  vor  dem  So- 
phietee EU  erweisea.  Im  andern  Fall  mliaste  sich  PI.  von  dem  Bieg 
über  die  Eleaten,  als  welcheo  sich  der  Sopliiatos  darstellt,  wieder  los* 
getagt  habeo,  ehe  er  die  Republik  schrieb,  eine  Annahme,  welche  eben- 
lotehr  aller  inneren  Wabrscheiulichkeit  wie  aller  aasBereii  Zeugnitsa 
und  Bekräftigungen  (wie  z.  6.  der  sprachlichen  Indicien)  entbehrt.  Vgl 
P«  429  Asxm,  1. 


Piatone  SojiliiateB  in  geachichtlicher  Beleuchtung.  43t 

Tieet  von  der  langen  Geschichte  der  Irrungen,  ilie  sie  hinter  eich 
hat  (und  von  der  una  die  Metaphysik  weit  mehr  berichtet)  lehrt 
er  im  dritten  Kapitel  der  Hermeneutik^  daea  dae  Sein  oder  Nicht- 
Sein  und  ebenso  das  Seiende  kein  Zeichen  einer  Snche  sei  (nichtft 
Sachliehee  t>edeute)|  wenn  man  es  kabi  allein  für  eich  sagt,  *Denn 
für  eich  allein,  fährt  er  fort^  ist  es  nichte :  ββ  bedeutet  nur  eine 
Verbind nugf  die  man,  ohne  etwas  Anderes^  noch  dazn  Gesetztes 
nioht  denken  kann*.  Und  dem  entsprechend  lehrt  er  an  vet*- 
eohiedenen  Stellen  der  Motnpbysik  ^  man  könne  die  Thatsache, 
daee  der  Begriff  des  Sein«  kein  neues  Merkmal  zu  der  Sache 
hinzubrlnge,  daraus  entnehmen^  daes  man  das  aiv  oder  6v  zu 
jedem    beliebigen,    welcher   Kategorie    auch    immer    angebörigen 


^B       >  Hcrin.  16^  22  ff',  ouhi  ^fäp  τό  ctvat  ή  Μή  €Ϊναι  σημ€ΐ{$ν  έοη  toü 

«ρήγματος,  ού6'  Μν  τό  δν  €Ϊττης  αοτό  καθ'  έαυτά  ψιλίίν.  αυτό  μέν  γαρ 
ούΟ^ν  έστι,  ττρο0σημα1ν€ΐ  bi  σύνθ€σίν  τίνα,  ή  ν  ävco  τών  «ίυγκειμενιιιν 
ουκ  Ιαη  νοήσαι, 

^  Z.B.  Met.  I003t^2i>  ταύτό  γάρ  ύς  ίίνθραι-ττος  καΐ  ών  άνθραιπος 
καΐ  άνβραιπος  cf.  1064  <>  13.  Damit  kann  man  lebr  einltsucbiend  dtc 
Scbiefhcit  des  platoniachca  μή  6v  aufzeigen*  Setze  ich  nämlich  μή  öv 
gan»  nach  Analogie  von  μή  καλόν,  μή  αγαθόν,  wie  es  Plutön  Soph. 
257  Β  ff,  thut»  so  ergibt  eich  aus  der  Anwendung  der  aristotelischen 
Kegel  folgendea:  μή  καλόν  besagt  nicht  mehr  und  nicht  weniger  als 
μή  καλόν  6v^  μή  αγαθόν  iet  daeeelbe  wie  μή  αγαθόν  6v  u,  a.  w.  Ako 
ist  auch  das  diesen  analoge  μή  όν  nicht  verschieden  von  einem  μή  δν 
öv.  Daraus  ergibt  eich  die  Nichtigkeit  oder  Unrichtigkeit  dieeee  pla- 
tomeehcn  {qualitativen)  μή  όν  ganz  äugen  ach  ein  lieh.  £e  ist  eine  falsche 
Abatractton  und  ein  verfehlter  Auedruck  fiir  Non-A.  Denn  in  Non*A 
Ijedeutet  Α  eben  das  Merkmal,  die  Beflchaffenheit»  die  negirt  wird,  und 
zu  der  nach  der  ariatoteliscben  Lehre  das  öv,  ohne  daae  dadurch  in 
der  Bedeutung  deii  Α  etwas  geändert  würde,  hinzugeeetjct  werden  kann. 
Eben  dies  leere  öv»  das  seine  Besiimmting  erst  durch  da»  hinzugesetzte 
Α  orhült,  ictzt  Piaton  an  die  Stelle  von  Α  selbst,  als  drückte  dies  Öv 
eine  positive  Beschaffenheit  ans.  Das  vürailgemeinerte  μή  καλόν  υ. b.w. 
ist  niobi  μή  öv,  sondern  vielmehr  μή  öv  τοιοϋτο,  d.  h.  nicht  das  Nicht• 
Seiende^  sondern  das  Nicht-so-Seiende.  Das  blosse  μή  öv  für  eich  hat 
einen  wirk  liebe  η  Sinn  eigi^-ntlicb  nur  in  modaliscber  Bedeutung,  in  die 
cfl  auch  bei  PI.  infolge  der  oben  gescbildertt-n  Erschlcicbung  alsltald 
übergeht.  Nehme  ich  es  in  diesem  Sinn,  bo  kann  ich  dann  auch  nach 
obiger  aristoteli scher  Regel  ohne  Unvernunft  sagen  μή  Öv  öv.  Denn 
dann  ist  das  isweite  Öv  nicht  eine  einnlose  Verdoppelung  dee  ersten; 
Tielmebr  sind  sie  dann  verschiedene  Vorstellungen,  das  eine  qualitativ, 
das  andere  modatisch;  das  Nicht'seiend-Se^ende  d.  L•  das  Nicht• wirk- 
lich-Seioade, 


488  Apelt 

Worte  hinioMtien  könne,  ohne  irgend  etwa•  an  der  Bedevtnog 
in  Andern:  ών  άνθρωπος  und  ävOpumov  eivcu  bemgen  gmu  da• 
Nämliche  wie  ανθραπτος.  Gewiaa.  Denn  daa  qualitatire  δν 
gibt  nur  die  Hinweisrnng  auf  die  folgende  Pridicaftabeatimanag, 
daa  modale  2v  aber  fugt  dem  Begriff  kein  nenea  Merkmal  bima. 

Ariatotelea  bat  alao  die  Leerheit  dieiea  Begriffea,  der  ia 
seinen  Tersohiedenen  Bedeatnngen  nor  nraprnngliche  FormTor- 
aleUnngen  nnaerea  Geiatea,  nicht  GegenatandaToratellnngen  eat- 
balty  laerat  klar  erkannt.  Er  eracheint  da  in  der  Tbat,  ob 
einen  Aiadrack,  deaaen  er  sich  gelegentlieh  in  Beng  anf  Anaxa- 
guraa  bedient,  anf  ihn  aelbat  anznwenden,  wie  ein  Niehtemer 
gegenüber  Pbantaaten,  and  onaere  Bewandening  wird  dadnick 
nicht  gemindert«  daea  er  nar  indactohaclu  dnreh  Beobaehtaag 
der  Sprache  and  dea  Unheils  zn  seinem  Ergebniaa  gelangte.  Er 
uteracheidet  antreffend  iwiachen  dem  quüitatzTen  flv  (dem  δν 
der  Kategorien)  and  dem  modaliaehen  (dem  δν  αις  ΑληβΙς  ή 
ψ(υ^€ς)  und  lehrt  richtig,  daea  das  erstere  kein  einhehlicher 
uattnniTibegriiRi  sei.  sondern  sofort  in  die  Kategorien  xer&He, 
d.  h.  in  diejenigen  oberaten  Begrife.  ancer  welche  der  Ceiaff 
der   \michannng.  ila  Präiicat  im  Urtheil  ge£uac  faUL 

Die  ToIIige  AnfküLnuig  üb«ir  diea  dv  ^nwitt»  na^  frailieb 
erat  Kami  «eben  dnrch  die  rntersnchong  der  Beaehefitohet  α- 
seree  Era«aaQiii»Tennogene  selbat.  :>)  Tqpianken  wir  ihm  dea 
«nwiderieglica  klaren  Njchweis«  laea  iaa  modüliache  Sein,  da• 
ZVtivak  kifin  eigenclich«;»  Fridicift:.  k^ine  Beacimmang  τοη  irgend 
einem  Dinge  sei»  wenn  lach  logiiwh  iie  Exisoenz  einem  Ding« 
w:e  ein  Priiiicac  jeijpsleg^  werien  kanxL•  SLdell  gsminuBOi  itf 
ea  keine» '.  Niwei:  ssia  jnne  äLr.cik.  xer  Vjnani^  kommot  kann• 
SU  weit  JK  Ληικυ»!«!»  ux  iieeer  Sftcae  vorgeurvigeB.  Und  das 
!ac  ktfin  xernger  üubm.  Arleaiceie»  iiu  ixe  Logik  aieftfi  ceiado• 
^vmacar«  wr«  ilim  Hiinohe  }i-«aer3  imi  lach  scinin  manche  Aka- 
iemik^ir  ind  y^ooiaajnik^r  T«jnriwfjrren    laJen.    wohl   aber   bat 


•  Owm  'i  wKimme   iiu«iai»oiii   Siun  ^tKnoIt   sdk  bei 

««vdts.  -uiü  i'  ia»  }v  χ•>«ι»4κ;  uti  %>r^vbx«:;a.  3ei  ecCBrem  ac  aber 
«iioi  :u  x^«L*iiUNi•  idW  'j«H  Aj^KU(LiL«  iies«  'ii*^rufu  ^ixw  :uimxtbaibaR 
9u*»isciM  3«&itfQun^  uo«a  *4»  uue«duc;iv»  ?*ΐηοιρ  iea  Wimamte^  wik~ 

^wi*nym  r*cm;g  >iiM»  iaa  3««'4Μΐα«λα  -  m  itu  nm^^mmmm  Sbiaft  aa- 

u'dumtt•  ^b&  .«  xur  Ja^ain   uiU  joiawenuipi 


Plfttone  Sopltiete«  in  geschichtlicher  Be]eucktungf. 


43d 


er  eie  cntyeisieri.  Er  liat  ihr  Mm  Myetieche«  alle  angebliche 
Kraft  gßiiü Dogmen,  una  uoiniltelbar  an  den  QtiellpuDkt  aller  Dioge, 
des  Sinnlichen  und  des  Uebereinnlichen,  zu  erhcUcn.  Und»  das 
hak  er  erreicht  einmal  dadurch;  daee  er  den  täuechenden  Schein 
des  ov  zu  bannen  wueete,  eodann  dadurch,  dasi  er  mit  seiner 
Lehre  von  der  Bezeichnung  des  UrtheitH  das  kkre  Pnncip  der 
Unterscheidung  deis  Urtheil«  von  blosaen  Vergleichaiigefurmelii 
gab,  mit  denen  eine  üheruiegende  SpeculatiDn  leicht  das  Hoohete 
erreichen  zu  können  hoOTen  darf. 


ί  6.     Moderner  Platonismue. 

Arietotelee  ist  und  bleibt  der  Begründer  der  Logik,  der 
wahren  und  gesunden  Logik.  Ke  iet  ein  grober  Irrthum  zu 
glaabeni  daee  es  neben  seiner,  der  niederen  Logik,  wie  man  sie 
wohl  geglaubt  hat  nennen  zu  können,  eine  höhere,  geistvollere 
gäbe,  die  un«  den  Blick  in  das  wahre  Weeen  der  Dinge  eröffne. 
Das  ist  nichts  als  Rückkehr  zum  logischen  Mysticiemus  Piatons, 
Daee  dieser  Mysticiemue  durch  Aristoteles  zwar  wisseaeohaftlich 
liLuget  Uherwunden  ht^  niühte  destoweniger  aber  geschichtlicli  noch 
ein  Jahrtaueeudü  langes  Dasein  geführt  hat,  klingt  sonderbar! 
hat  aher  seinen  guten  Grund.  Der  platonischen  Abetraotions- 
weiee  nämlich  sciicint  eine  Art  geheimer  Zaubermacbt  beizu- 
wohnen. Sie  hat  etwas  Verführeriscbee  und  VerheissungevoüeB 
für  alle  diejenigen,  die  dem  Versuche  nicht  wideretehen  können, 
zu  einer  höchsten  Einheit  zu  gelangen,  aus  der  Alles  und  Jedes 
abzuleiten  sei.  Die  nüchterne  Logik  des  Aristoteles  mit  ihrem 
unerhittUchen  Satze  des  Widereprucha^  mit  ihrer  Forderung  be- 
etimmter  Erkenntnis»  (durch  Bezeichnung  des  Urtheils)  setzt 
allen  eolclien  übergreifenden  Versuchen  einen  unbequemen  Wider- 
stand entgegen  und  ruft  die  erdenfliicbtige  Speculation  von  der 
Betrachtung  des  All-£ins  in  störender  Weise  zurück  zu  dem 
Mannigfaltigen  dieser  ganz  gemeinen  Sinnenwelt.  Das  Haupt- 
geschäft des  Äristotelikers  in  seiner  logischen  Thätigkeit  ist  da« 
Trennen  und  Unterscheiden;  dem  Platoniker  liegt  mehr  daran 
zu  verbinden  und  zu  vergleichen.  Ό  (Τυνοτττικός  οίαλεκτικός, 
sagt  kurzweg  die  Republik  (537  C)  und  das  €ΐς  μίαν  ibtav  CTii- 
vopäv  (Phaedr,  26Γ>  D)  ist  das  Hauptgeschäft  des  Dialektikers  *. 
Der  Platoniker  sucht   in  allem   das   Aehnliche  und  G-leiche    und 


^  Allerdings  legt  Piaton,  wie  bekannt,  nicht  minder  grosses  Ge- 
wicht auf  das  6ιαφ£ΐοθαι,   ζ.  Β.  Phaedr,  2G5  D  Γ,  2iJ6  Β,  273  Ε,   Soph, 


440  Apelt 

laset  die  Vereckiedenheiten  fallen,  um  aUbald  znr  Einheit,  zum 
Frincip  %n  gelangeo,  wogegen  der  Arietoteliker  gerade  auf  die 
üöterecbiede  im  Differenten  aohten  wird. 

Wenn  es  nun  die  allgemeine  Aufgabe  aller  Specnlation  ΐβΙ» 
Einheit  in  dae  zentretite  Maonigfaltige  der  Erfahrung  za  hiingen, 
80  hat  die  platoniache  Art  zu  abetrahiren  ofTeobar  den  Vormg 
groeeer  Bequemlichkeit  und  Behendigkeit.  Das  Einzelne  tritt 
rasch  zurück  hinter  gewisse  allgemeine  Aehnlichkeiten  und  aoheint 
oft  eclion  erklärt,  ehe  es  überhaupt  gegeben  ist.  Denn  die  er- 
klärende Einheit  iet  rasch  bei  der  Hand.  Der  Arietoteliker  da- 
gegen muse  eich  miLhBam  und  weitläufig  erst  in  der  Erfahruag 
znrecht  Enden  und  die  Erkl&rung  des  Mannigfaltigen  aorgf^tig 
huiaueeohieben.  Denn  die  Versehiedenheit  des  Mannigfaltigen  iat 
unserer  Vernunlt  ebenso  wesentlich  wie  das  Geaetx  der  Einheit 
und  lässt  sieh  durch  dieses  nicht  vernichten.  Nur  in  langsamem 
Anfstieg,  Schritt  tar  Schritt,  kann  sich  der  Arietoteliker  dem 
Gesetze  der  Einheit  nähern,  nicht  im  Fluge,  wie  der  Platoniker. 

Dem  ganzen  Geiste  des  Verfahrens  beider  entsprechen  auch 
ihre  logischen  Mittel.  Die  dem  Platoniker  so  unliebaame  Man- 
nigfaltigkeit des  Differenten  findet  im  Urtheil  ihren  Aii«driiek 
in  der  Bezeichnung  des  Bubjectes.  Diese  allein  giebt,  wie  früher 
dargelegt»  wirkliche  ürt heile.  In  fiolchen  und  ausschlieeslieh  in 
solchen  bewegt  sich  die  Logik  der  Aristoteliker.  Dem  Plato- 
niker dagegen  ist  mit  dem  präcieen  Urtheil  nicht  gedient.  Er 
will  Ja  das  Mannigfaltige  nicht  sicher  bestimmen,  sondern  viel- 
mehr sich  über  dassolbe  erheben  zur  Alles  sich  ausgleichenden 
Einheit*  Für  ihn  sind  also  nicht  die  lästigen  Urt heile,  sondern 
die  elastischen  Vergleichungsformeln  das  logische  Handwerkszeug. 
Diese  fordern  keine  genaue  Beziehung  des  Subjectes  auf  die  FiÜle 
des  Differenten,  sondern  heben  den  aufwärts  Strebenden  rasch  und 
bequem  über  das  Mannigfaltige  dieser  Öinnenwelt  hinweg,  empor 
zur  Höhe  des  einheitlichen  Principe»  Wer,  nicht  minder  nach  Wahr* 

263  D,  PoliL  285  Α  ff.  Aber  es  handelt  eich  immer  nur  um  die  üoter- 
sohiede  iuncrhalb  der  Begriflfewelt  πρΙν  dv  τάς  διαφοράς  !6r|  πάθος, 
όπόσαιπερ  έν  cibeai  Κ£ϊνται.  Dae  Difftruute  dur  Sinneuweli,  die 
UDB  dueli  tuimittelbar  die  Siibjecie  für  das  Crtbeil  Ueft^rt,  wird  gern 
übersprungen.  Daher  die  durchgehende  Veruachlässiguiig  der  Bezeich- 
nung des  Urtheile  bei  Piaton.  Durch  diese  Bezeichnung  aber  bekundet 
sich  gerade  die  genaue  Beachtung  der  iinulicbeu  Unterschiede.  Platoa 
ist  imraer  gleich  bei  der  analyliechen  Einheit»  dem  BegrüT,  Die  Syn- 
thesiB  der  Anschauung  kümmert  ihn  wenig. 


PlÄtons  Sophistea  in  ge schieb Uicb er  Beleuchtung. 


441 


^fccit  ringend  als  jener,  durch  daß  Bleigewicht  der  aristotelieohen 
Logik  gehindert  wird,  dem  raschen  Fluge  jenes  tu  fulgen^  der 
erscheint  in  den  Augen  der  Emporgehobenen  unvermeidlich  als 
ein  Zurückgebliebener,  ak  ein  Uneingeweihter,  al«  ein  hiilherj 
der  dae  eigentliche  Geheimnis»  der  Philosophie  gar  nicht  ver- 
Bteht.  Denn  ihm  geht  das  wichtigste  Organ  für  ErfasHung  der 
Wahrheit  ah:  die  intellectuelle  Änachauung,  die  ohne  die  Weit• 
läufigkeiteii  der  Reflexion^  unbehelligt  durch  logische  Spaltungea 
und  eonstige  Unbequemlichkeiten^  unmittelbar  das  Höchste  er- 
greift, das  den  Erklarungegrund  für  alles  abgibt. 

Gerade  diese  leidige  Reflexion  ist  es,  an  welcher  der  Arieto* 

BfiteUker  mit  Zähigkeit  feetbült  und  die  ssu  überspringen   ihm   nn* 

^^verträglich  mit  den  Gesetzen  des  menschlichen  Denkens  sctieint«  Die 

Natur  der  menschlichen  Veniunft  lässt  es  nicht  zu,  aus  der  Er- 

kentitniss    eines    obersten  Principe    all    unser  Wissen    abzuleiten* 

Aus  dem  Allgemeinen  kann  nie  das  Besondere  und  Eius&elne  aelbst, 

sondern  nur  dessen  noth wendige  Bestimmungen  ent8|>ringen.     Zu 

jedem  Beweis,    zu  jedem  SchluRs   brauchen  wir  wenigeiene  zwei 

Fräniissen:    mit   einem  Grnndeatz    allein  kann  eine  Wiseensohaft 

^ar  nichts  anfangen. 

^V  Seit  Rein  hold  (der  ältere)  die  Forderung  aufstellte,   allee 

^Bsnenschlicbe  Erkennen  an  einen  einzigen  Eing    zu   hängen^    allee 

Biinaer  Wissen    auf  ein  oberstes  Princip   zurückzuführen    und   den 

iM^anzen  Inhalt  uneeres  Wissens  aua  diesem  oherete»  eiuen  Funkte 

wieder  zu  entwickelni    haben  Fichte,    Schelling  und  Hegel   diese 

Aufgabe   zu   iüaen    versucht,    jeder  auf  seine  Art,    aber    alle    in 

platonischer   Abs tractions weise,    mit  Hülfe   von   blossen  Verglei- 

Ichungsformein,  unter  Verachtung  der  aristoteliecUen  Logik,  unter 
Beseitigung  der  richtigen  ürtheilsform :  Fichte  mit  seinem  Ich 
bin  Nioht4ch,  SchelUng  mit  seiner  totalen  Indifferenz  und  Hegel 
mit  seinem  Sein    ist  Nichte.     Bloss   ihr    logisches  Verfahren   gilt 

»efl  hier  hervorzuheben. 
^  Fiebte  begeht  logisch  einen  Fehler  wie  der,  welchen  wir 
oben  an  Flaton  zu  rügen  halten»  Flaton  nannte  das  μή  καλόν 
nur  verschieden  von  dem  καλόν  und  nicht  ihm  widersprechend, 
Fichte  versichert  ausdrücklich,  sein  Nicht-Ich  wäre  kein  discur- 
Hiver,  dem  Ich  entgegengesetzter  Begriif,  Aleo  ist  es  nur  etwas 
vom  Ich  Verschiedenes,  Denn  nur  discureive  Vorstellungen  kön- 
nen »ich  widersprechen,  andere  Vorstellungen  sind  nur  verschieden. 
|Fichtes  Nicht- Ich  kann  also  zu  seinem  leb»  seiner  eigenen  Er- 
klärung  zu  Folge,   nicht    in    dem  Verhaltniss  von  Non-A   zu  Α 


▲peli 


•i^lieii.  Gleichwohl  kmnn  mmo  bei  ihm  leeeo  (and  dAmit  geht 
er  über  die  platoniecbe  Logik  noch  hiDaae,  wenigeteot  die  dee 
Ho|>hiiiieey  nicht  so  die  dee  ProUgorae):  'von  allem,  was  dem  Ich 
xakommtf  mnee  krafl  der  bloeaen  Gegeneetzung  dem  Nicht- Ich 
dee  gerade  Gegentheil  xαkotnInen^  Abo  Verwirmog  τοη  Ter- 
•«hiedeoheit,  Widerstreit  and  Widereprnch,  wie  bei  Piaton,  nur 
in  anderer  Änwendong  und  mit  viel  weiter  greifenden  Conse- 
qnenzen•  Sagt  der  anitoteLieeh  Abetr&hirende  *A  iet  nichl  B*, 
ao  meiiit  er,  daea  Β  in  Α  aufgehoben  zu  denken  sei,  während 
Μ  dem  andern  nur  bedeatet,  daae  sich  Α  von  Β  nnteracheide 
(wenn  er  aie  aneh  im  weiteren  Verlauf  gelegentlich  ale  wider* 
N|»rechend  behandelt).  Sagt  der  eretere  'Ich  bin  Ich,  so  meint 
er  die  völlige  Identität,  während  der  letztere  damit  nur  sagt, 
daee  sie  nicht  durchane  verschieden  aeien*  Und  ao  können  denn 
die  beiden  Sätze  'Ich  bin  Ich*  ond  'Ich  bin  Nicht-Ich\  die  dem 
Ariatoteliker  ein  undberwindlicber  Widerspruch  sind,  hier  sehr 
wohl  zusammen  bestehen,  gaoz  wie  in  unserem  Sophistea  die 
beiden  Sätze  friedlich  nebeneinander  hergehen :  '  Bewegung  ist 
seiend'  und  'Bewegung  ist  nicht  seiend'. 

Schein  η g  sprioht  die  Identität  des  Ewigen  und  Endlichen 
gern  in  dem  Satze  aas:  'Das  Ewige  ist  das  Endliche^  das  Freie 
int  das  NaturUche\  Da  es  nun  eine  Wissenschaft  dee  Natür- 
lichen und  Endlichen  gibt,  so  müsse  es  auch  eine  Wisse nechaft 
des  Freien  und  Ewigen  geben.  Es  ist  wieder  ungenaue  Behand- 
lang der  logischen  Urtheileformen,  die  zu  diesem  Fehlsohloes 
gefuhrt  hat,  wieder  platonische  Abetraction«  Keiner  von  beiden 
obigen  Sätzen  enthält  ein  wirkliches  Urtheil.  ^Bas  Ewige  ist 
das  Endliche*  ist  kein  eigentliches  Urtheil,  sondern  eine  Ver- 
gleichnngsformel,  und  zwar  eine  Vergleichnngsformel  zweier  Sub- 
jeete  \   die  sachlioh   richtig  ist,    aber   aU  Urtheil    behandelt   sa 

^  Nebeu  jener   oben    im   dritten   Kapitel    besprocheoen  Verglei« 

t  hutigsformelf  in  der  zwei  Prädikate  (d.  ί.  2wei  al  Ige  meine  Begriffe 
ihrem  Inhalt  nach)  mit  eiuander  verglichen  werden,  gibt  ee  noch  eine 
xweite  Art,  nämlich  die  Vergleichung  zweier  Subjecte,  4  h.  zweier  Be- 
griffe ihrem  Umfange  (den  unter  ihnen  stehenden  Gegenständen)  nach. 
Nach  dieser  zweiten  Art  inÜBete  ich  z.  B.  sagen:  'Alle  Sterne  sind  einige 
Körper*,  ht  die  erstere  Art  der  Vergleichungeformel  für  ein  Urtheil 
zu  wenig,  so  g^eht  die  zweite  eigentlich  über  das  Urtheil  hinaus,  indem 
sie  ein  solches  schon  voraussetzt.  leh  muss  schon  wissen,  in  welchem 
wirklichen  Verhältnis«  die  einzelnen  Sterne  isum  Begriffe  Körper  stehen, 
ehe  ich  diese  zweite  Vergleichungsformel  aufstellen  kann.  Dies  zu- 
gleich zur  Richtig? teil ung  der  oben  p,  410  f.  mitgetbeilten  Ansicht  des 
jüngeren  Eeinhold. 


PlaionB  eopbjiit«8  in  geicbichtlicber  Beleuchtiing. 


443 


^ 


Irrthum    ftilirt.     Wie    ich   ohne  Fehler   Pagen   kann:   *Dae  Blaue 

iet  dae  öriiiie'  (in  dem  Sinne:  'der  bUue  GegeiiBtand  lai  J<-t 
nämliche  wie  der  giüne*)  wenn  mir  ein  Gegenstand^  der  thai* 
ßächHch  blau  ist,  in  be^timmier  ßt:leuditiing  grün  erecheint^  eo 
kann  ich  auuh  fiugen:  '  do.»  Ewige  ibt  dm  Endliche\  Denn  da 
die  Dinge,  welche  erscheinen,  auch  die  Dinge  an  eich  eind,  bü 
stehen  dieselben  Dinge  unter  zwei  entgegen  gesetzte  η  Gefictzge- 
bungen.  Λίβ  Eracheiniingen  stehen  sie  unter  den  Gesetzen  der 
NatnrnQtb  wendigkeit  und  ala  Dinge  an  eich  unter  der  Idee  der 
Freiheit.  Allein  für  Schelling  gestaltet  eich  die  Sache  alehald 
andere,  Indem  er  ans  der  richtigen  Yergleichung  asweier  Suhjecte 
die  falsche  \^ergleichung  zweier  Prädikate  macht  und  die  Formel 
so  auffasst^  als  bedeute  »ie  auch  so  viel  als  '  die  Fwigkeit  ist 
die  Endlichkeit',  'die  Naturnotbwcndigkeit  ist  die  Freiheit'*  Nur 
eo  kann  er  zu  seiner  Behauptung  gelangen,  es  gebe  auch  cjtie 
Wissenschaft  des  Absoluten.  Es  j«l  der  nämliche  Febler,  als 
wollte  ich  in  obigem  Beispiel  aus  der  Thatsachcp  dass  ein  Gegen- 
siandj  der  blau  ist^  unter  Umständen  auch  grün  erscheinen  kann, 
die  Folgerung  dehen,  dass  Blau  und  Grün  ein  und  dasselbe,  dass 
sie  identische  Begriffe  seien. 

Auch  Hegels  berühmtes  Sem  ist  Nichts'  ist  lediglich 
Vergleichungsformel,  nicht  Urtheil.  £s  hat  sein  genaues  logiecbee 
Gegenstück  in  dem  platonischen  Satz  unseres  Sophietes:  das 
Nicht-Seiende  ist  seiend  (258  D),  Ware  es  wirkliches  Urtheil, 
so  würde  es  besagen  müssen:  *  alles,  was  existirt,  ist  Nichts*. 
Aber  nicht  dies  ist  die  Bedeutung  des  grossen  Wortes,  sondern 
yielmehr  die,  dass  die  beiden  Begriffe,  wenn  auch  an  sich,  wie 
Hegel  selbst  sagt,  Ocgentheile,  doch  miteinander  gleich  sind. 
Wie  aber  kann  sich  dies  Wunder  vollziehen?  Genau  wie  bei 
Piaton  dadurch,  dass  das  'Sein'  in  verschiedenem  Sinne  genommen 
wird.  Nach  Hegels  eigener  Erklärung  soll  sein  'Sein'  das  pra* 
dicat*  und  eigenschaftslose  Sein  bedeuten,  nämlich  den  reineUi 
leeren  Existenzbegrill,  d,  h.  das  rein  modalisohe  Sein.  Dioe 
wäre  nun  in  der  That  das  qualitative  Nichte.  Dies  qualitative 
Nichts  ist  aber  nicht  das  Gegeatheil  vom  modalischon  Sein  d.  h. 
von  dem  Begriffe  der  Existenz;  diese  hat  vielmebr  zum  Gegea- 
theil die  Nicht-Existenz,  d.i.  das  modalisehe  Nichts,  welches  dem 
modalischeu  Sein  (dem  Dasein)  ewig  entgegengesetzt  bleibea  wird. 

Nur  durch  diese  Verwirrung  der  Begriffe  einereeits,  eowie 
durch  die  Unbestimmtheit  blosser  Vergleiohuogsformeln  an  Stelle 
bestimmter   Urtheile    anderseits  konnte  Hegel    zu    seinem   Satze 


444  Apeli 

kommen,  mit  dem  er  das  Geheimnies  der  Welt  denten  sa  k5nn«n 
meinte.  Mit  seinem  leeren  Sein  als  dem  ürqnell  von  allem  nnd 
jedem  geht  Hegel  nooli  weit  über  Piaton  zarttck  *u  den  ESeaten; 
aber  diese  hielten  doch  trotz  der  Ansseheidnng  alles  sinnlichen 
Inhalts  ans  ihrem  Seinsbegriff  den  Begriff  des  Nichts  sorgfUtig 
davon  fem;  sie  würden  höchlich  erstaunt  gewesen  sein  über  die 
Ehe  swischen  dem  Sein  nnd  dem  Nichts  und  noch  mehr  über 
das  angeblich  legitime  Kind  dieser  Ehe,  über  das  Werden.  Dieses 
bitten  sie  nicht  einmal  als  einen  Bastard  gelten  lassen,  denn 
ihre  Betrachtung  des  Werdens  hatte  mit  dem  Sein  gar  iiiehtB 
SU  thnn.  Das  Hegeische  Nichts  in  seiner  Unbestimmtheit  würde 
▼or  des  Aristoteles  Augen  wenig  Gnade  gefunden  habra.  Demi 
dieser  schied  scharf  zwischen  dem  μi\  δν  der  Kategorien  (κατά 
τά  σχήματα  τιϊιν  κατηγοριι&ν  Met  1089*  15  ff.)  d.L  dem  quali- 
tativen Nichts,  und  dem  μή  δν  ύις  ψευο^ς  (oder  auch  απλώς 
μή  δν)  d.  i.  dem  modalischen  Nichts,  ein  Unterschied,  der  bei 
Hegel  ganz  verwischt  ist  Und  noch  weniger  würde  diese  Lehre 
vor  Kants  Kritik  bestehen,  der  in  der  Kritik  d.  r.  Y.  sehr  richtig 
am  Schlüsse  des  classischen  Kapitels  über  die  Amphibolie  der 
Beflexionsbegriffe  zeigt,  daas  nur  im  Gegensatz  zu  den  klaren 
Bestimmungen  eines  Gegenstandes  überhaupt  der  Begriff  de« 
Nichts  von  unserer  Vernunft  gedacht  werden  könne,  also  nur 
im  Cregensatz  zu  deigenigen  Bestimmungen,  die  durch  die  Kate- 
gorien gegeben  sind.  Ohne  diese  können  wir  überhaupt  nichts 
denken,  sie  sind  die  Angelbinder  unserer  Denkthitigkeit  Dem- 
gemiss  bezeichnen  wir  im  Cregensatz  gegen  jede  wahre  EriLenat- 
niss  die  Bestimmung  des  Cregenstandes  in  einer  abgerissen  nur 
abstract  gedachten  Yorsiellung,  die  lediglich  subjectiTe  Geltung 
hat,  als  *  Nichts'.  Nun  wissen  wir,  dass  jeder  Gegenstand  einer 
wahren  Erkenntniss  Bnzelnheit,  Bealitftt,  Wesenheit  und  Dasein 
hat;  jede  abstracto  Tontallung  also,  der  eine  τοη  diesen  Be- 
stimmungen fehlt,  hat  eine  besondere  Art  τοη  Nichts  zum  Gegen- 
stände. Nichts  irt  daher  im  Gegensatz  gegen  das  Snadne  das 
Mir  Allgemeine,  der  Mos«  Begriff  τοη  einer  Art  τοη  Dingen, 
die  Segel  allein,  ohne  die  F&lle  der  Anwendung,  der  Begriff; 
dem  kein  Gegenstand  der  Anschauung  entspricht  Ferner  sind 
'Nichte'  abstracte  Temeinungen  im  Gegensatz  gegen  die  Bealitit. 
Weiter  im  Gegensatz  zu  der  Weeaiheit  ist  'Nichts'  die  abstract 
leer  gedachte  Form  der  Znsasunensetzung  oder  Terknüplung, 
wie  z.  B.  der  leere  Baum,  die  leere  Zeit  BaBiA  ist  *Sklls 
das  mmr  Eingebildete   oder   aaeh  sich  Wid 


Pktonö  SopliiBtes  in  geectictitliclier  Beleuclitimg. 


446 


Aleo  immer  nur  in  beBtimmteii  Gegeueätzen  naoh  Masegabe  der 
Kategorien  können  wir  da«  *  Nichts*  vor  dem  Bewueeteein  fest• 
halten,  als  eubjective  YorBtelliing.  Eine  objective  Bedeutung 
kommt  dem  Nichte  überbanpt  nicht  zu,  wie  eie  ihm  Hegel  gibt, 
indem  er  ee  dem  Sein  gleicbetellt,  zu  dem  er  es  anderseits  wieder 
in  einen  rohen  Gegensatz  bringt  als  abetractes,  absolutes  Nichts^ 
das  überhaupt  keine  Abetraction  ist,  da  wir  uns  das  Nichte  ohne 
jene  noth wendigen  logiecben  Unterscheidungen  überhaupt  nicht 
denken  können.  Und  nicht  minder  willkürlich  ist  die  Art,  wie 
dies  Nichts  «um  Grunde  des  Anderesein,  der  Existenz  des  Be- 
sonderen, gemacht  wird.  Dergleichen  war  verzeiblicL  für  Piaton, 
der  in  ähnlicher  Weise  in  unserem  Sophistee  *  aus  der  Verbin- 
dung deti  μη  öv  mit  dem  5v  die  πολλά  δντα  hervorgeben  lässt, 
und  vielleicbt  noch  verzeihlicher  war  es,  trotz  des  Abstandee 
der  Zeiten,  für  einen  Thomas  Campanella,  der  in  seiner  Meta- 
physik ganz  hegelisch  zeigt,  wie  aus  dem  Sein  und  Nicht-Sein 
etwas  Drittes,  das  Besondere,  Einzelne  der  Wirklichkeit  werde: 
compositio  entis  et  non-entis  facit  tertium,  quod  non  est  ens  pu- 
rum nee  non-ens,  Non  enim  homo  est  nihil,  sed  nee  prorsus 
ens,  sed  est  hoc  ens  ant  aliquod  ens.  Est  autem  aliquod,  quia 
non  est  omoia  entia.  Ergo  non  esse  facit,  ut  sit  aliquod  non 
minus  quam  esse  etc. 

Dem  Piaton  also  und  Campanella  ee!  das  vergehen.  Aber 
dasH  Aehntiches  in  unserem  Jahrhundert  soviel  Bewunderung 
und  Nachfolge  finden  konnte,  wird  immer  eine  merkwürdige 
Tbatsache  bleiben.  Der  Grund  davon  liegt  in  dem  blendenden 
Schein  platonischer  Abstractionsweise,  deren  im  Bophistes  vor- 
liegende Grundzüge  Hegel  ins  Grosse  ausgestaltet  hat. 

Ein  unverkennbarer  Anklang  an  diese  Hegelsche  Logik  und 
zngleicb  ein  bemerkenawerthes  Zeugniss  für  die  berückende  Kraftj 
die  Pkton  auch  in  seinen  offenkundigen  Fehlern  nicht  verleugnet, 
ist  die  Auffassung  des  Gegensatzes  von  Α  und  Non-A,  welche 
Zeller  in  der  neuesten  Auflage  seines  Platonhandes  im  Anschluss 
an  den  SLiphistes  vertritt.  In  der  Darstellung  der  Ideen  lehre 
kommt   er    auf  die   Frage    nach   der  Verbindung  des  Einen  und 


^  Zu  den  im  Texte  angegebenen  Analogien  sei  noch  folgende 
gefügt;  wie  im  SophiHtea  das  Nicht-Seiendii  mit  dem  ftepov  indentifi- 
cirt  wird»  so  r»t  für  Hegel  die  Negation  das  Anderssein  (während  doch 
das  Anderaeeiii  erst  iinBchaulieh  gegeben  sein  rnnss,  ehe  der  Verstand 
die  Negation  darauf  Anwenden  kann). 


446  Apelt 

Tklea  η  tprvekn  «ad  daail  aock  a«f  die  Lekre  d«  S^Uile• 
^TM  der  GoteuKhaft  der  Geeckleckter. 

'S^OB  frake,  heisst  es  da  (Flui.  d.  Gr.  Π  1«  pc  678 1\ 
kalte  nek  okae  Zweifel  deai  liato  die  (darek  dea  Aatiitkrf  § 
aad  aaderer  Bekaeptaagea  yeraalafale)  Frage  aa^gcdriaft,  wie 
eiaeM  Sabject  Toa  ika  telbcl  Tnaekiedeae  Eigiaaikaflia  aad 
MifiiTe  lagcaeknekea  werdea  kSaaea,  wie  etwa*  lagieiek  eia 
aaderea.  Kaca  xagleiek  Tieles^  Α  nglekk  Noa-A  eeia  käaae? 
Alice  dieses«  erklart  er.  sei  söctiek«  weil  ebca  Α  aad  3ia»-A 
•aek  aiekt  aotkweoiiif  aassckKeseen.  Xoa-A  aiekt  kloaa  das  Ge- 
cea^eil  Tva  A«  soadera  alles  tob  ikm  Veradiiedeae  kcxeickae*. 

THuut  ist  Platoaa  MeiaaBf  gaax  riektig*  wiedergegebea. 
Aber  SHB  ist  etaigersasaea  etstaaBt,  üese  AsÄekt  ia  der  Aa- 
BMrkaac  p^  βΤλ  1  ab  die  wakre  logiscke  Weiskeit  aaa  Kiadera 
dea  aeaaaekBteB  Jakrkaadciti  eaplbklea  la  sekea.  Da  keisst  es 
ateliek: 

Tad  PialsB  kat  damit,  betllaif  bewikt.  eiae  Wakrkeit 
aasgesprackea«  dereB  sick  (bm  tim  Herbarta  yanf  aidtisikta  Be- 
kaafeaa^ea  wkt  la  ledca"^  aaek  üe  keatige  Ls^ik  aack  enaaera 
diifte.  r^BB  die  kergebrackte  AaBakaie«  daas  laiack«  Α  aad 
Χ«Β•> Α  ein  eiMtndietiHriseker  Gegeasata  itirrialu  aad  jedca  Diag 
«Btwetier  Α  oder  Χοα-Α  wL  wird  w6»rt  kia^Ufig.  wcaa  saa 
wk  iarrk  Plisoa  iberieagea  Etat,  iass  das  id|  dv.  das  Xo«-A, 
aar  dai^  Tva  eiasB  bestiMorteB  4v  TenAKdeBe 
aber  BKkft  mit  tkoi  BBTeietabar  im  eeia  briarbt, 
Α  T»He  Χ;ιτ-Λ  iBksatseB\ 

Α  W  es  Mt  Α  ^::-  nod«  Xe»>A  =  awkt-r«Bd.  Xekaca  wir 
Zeiler  beut  W<rrt.  w  kasa  demaftck  hm  Rxmbe  aack  aiekt  rvad 
seto.  IW  Μ  ^edeiB  AraiCiiaeuker  baarer  Γβ*»β.  Xieka  «»  dem 
ncaoiker.  Er  ."abra]^  w:  üt  ter  Sokiire  d»  RtgiLfca  aiekt- 
raiai  kavB  Tiieies  «eebea.  wv  aaek  im  fiaaii»  ab»  Phk&ai  bei- 
tetegt  w^frleB  kum*  i.  6L  rvck  »c  acekt  rami:  gkaekwaU 

IVur^af  wire  η  trwöden:    Aljerifax«   »c  icr  B^fn#  mdi 
äM.siiKk  sie   ML  B^gntF  rwmL    abier   ktraaL  gekiit   i«<k 
3i«:bfi  ia   £^  Soodn   iw  FegrJes  ^3ik*ftt>rcai 
43αα  >  utfk  rtad  Mm..     tnroOroe  μ  wjrklbui  .,L  k.  TsOitäbadig) 
»  ürt  SgOiiiin  iri»  Nxkc^SiaiMa^    laoa  kvaafle  «bis  Sirki^l 
«oifik  naii  wul.     Amt  hm  ^ic  ascbii  w  FaLL     IVnR 
^M  Sockea  «ta•:  w^rdier  η   ipir  bia 
li»  a^unWB  -JSL  T^rbdlbtAis  £er  Γι 


Plftlone  Sophietes  in  gescKichtljRlier  Beleuclituil^. 


447 


Atitbeil  an  beiden.  Rand  und  rotb  sind  diiparftte  Begriffe.  Ein 
von  Α  verBcliiedener  Begriff  kann  an  eicb  ebenBowobl  «u  Α  ge• 
hoTtn  wie  tu  Non-A,  sei  es  au«ecbUeeslicb^  eei  es  mit  getheilter 

»Spbäre.  Nnr  wenn  ein  Begriff  ffuns  m  die  Spbäre  einee  andern 
liehört,  verträgt  er  «ich  logisch  nicbt  mit  dem  eontradictorieeben 
Oegentbeil  dicßes  andern  Begriffe.  Also  ä.  B,  der  Würfel  gehiirt 
unter  den  Begriff  den  Kicbt-Runden.  Mitbin  kann  ein  rnnder 
Gegenfttarjd  nicht  Würfe!  Bein.  Denn  wenn  Α  -=  rund  ist,  eo  ist 
Würfel  bier  in  der  Tbat  ein  Ϊίοη-Α.  Nimmermelir  aber  ist  unter 
der  gleicben  YorauBsetzung  ^rofh*  ein  Non-A.  Yielmebr  ißt  die 
Spbäre  dea  Rotben  zwisclien  Α  und  Non-A  getheilt- 

Wer  daB  Non-A  nur  als  das  von  Α  Verschiedene  nimmt, 
brauebt  die  Negation  offenbar  nicbt  als  wirkliebe  Negation^  eon- 
dern  als  blosfies  ITnterBcbeidun gezeich en,  wie  in  der  Vergleiclmng»- 
formel.  und  das  iBt  ja  niemandem  verwehrt.  Nur  mit  der  Logik 
hat  daß  niebt^t  gemein.  Denn  die  Logik  hat  es  mit  wirkliehen 
Urth eilen  zu  tbun;  für  diese  aber  bedeutet  Negation  nicht»  an- 
derea  al»  AuftseblieHBung.  Das  logische  Non-A  hat  seine  Besie- 
hnng  dnrohaue  auf  das  ürtbeil,  wie  ee  auch  aus  dem  Urlheil 
stammt,  nämlich  ans  dem  Batz  der  Beetimmbarkeit 

Β  Eft  kommt  hier  eben    alles  auf  die  genaue  Unterseheid ang 

^Ton  Verschiedenheit,  Widerepmcb  und  Widerstreit  an  und  im 
engsten  Zusaminenhang    damit   auf   die  Unterflcheidung  von   Ver- 

B  gleich ungflforrael  und  UrtheiL  Wer  diesen  Unterschied  nicht  be* 
achtet  oder  anerkennt,  der  entzieht  aller  Logik  ihr  Fundament. 
Zeller  verwischt  diesen  Unterschied  und  führt  nns  wieder  zu 
PUton  fttrliok,  von  dessen  Misagriffen  anf  diesem  Gebiet  uns  be* 
freit  zu  haben  eben  das  leuchtende  Verdienet  der  aristotelischen 
Logik  war.  Piaton  folgert  daraus,  daes  ein  Seiendes  nicht  bloss 
seiend,  sondern  daneben  z.  B-  aaob  ruhend  sein  kann,  'rnhen* 
aber  etwas  anderes  ist  als  'sein'  (d.  h.  ein  davon  verscbiedenpr 
Begriff),  das«  das  Seiende  anch  nicht-eeiend  sein  könne.  Diese 
verbängnissvollc  Unheholfenbeit,  die  auf  dem  doppelten  Irrtbnm 
1)  der  Verwechsliing  von  Vergleicbuugsformel  und  Urtheil,  2)  der 
Verwechslung  von  ModalitHt  und  Qualität  beruht  (ganz  wie  bei 
Hegel),  war  für  Piaton  verzeihlich.  Weniger  verzeihlich  iet  sie 
fur  uns,  die  wir  bei  Aristoteles  und  bei  Kar»t  in  die  Schule  ge- 
gangen sind.     Der  Satz  der  Bestimmbarkeit  wird    sein  Recht  in 

^ft«lle  Ewigkeit  behaupten.  Wer  ihn  leugnet,  ^r  den  könnte  anch 
nicht  gelten:  *jede«  ürtbeil  ist  entweder  wahr  oder  nicht  wahr'. 
")eßn  jedem  Α  'kommen  auoh  viele  Non-Ä  zu*.    Jedes  Wahre  Ut 


Apelt 

abo  auch  tticbt  wabr.  Aleo  wäre  aauli  die  Leagnung  dee 
der  Bestimmbarkeit,  wenn  sie  aaf  Wahrheit  beruht,  zugleich  nicht 
wahr.  Allerding»,  jede  IVahrheit  ist  z.  B.  neben  ihrer  Wahrheit 
auch  entweder  wichtig  oder  nicht  wichtig,  aleo  kann  sie  auch 
noch  etwae  aaderee  ale  wahr  «ein.  Aber  kann  sie  darum  nicht 
wahr  sein?  diei  nur  bei  jener  völlig  verwischten  Bedeutung  der 
Negation,  auf  die  sich  die  gesunde  Logik  nicht  einlaseen  kaun. 
Bae  Kon* Α  rein  logisch  genomuien,  unabbängig  ran  jedem 
Erfahrungübegrifff  den  ich  für  Α  einsetzen  könnte,  besagt  zo- 
nlicbst  offenbar  nichts  anderes,  als  dass  die  Merkmale  von  Α  in 
Non-A  aufgehoben  zu  denken  sind.  Ee  bedeutet  dasjenige,  wa« 
nicht  als  Bestimmung  des  Begriffes  Α  gedacht  wird  oder  gedacht 
werden  kann«  Beide  ziisammeu  umscbliessen  das  All  der  Reali- 
täten. Daher  eben  der  Satz  der  Bestimmbarkeit.  Das  Nod*A 
umfasst  alle  müglicben  Bestimmungen,  die  aus  Α  ausgeschloasen 
Bind.  Völlig  aUgemein  genommen  hat  Α  keinen  höheren  Gat- 
tungsbegriff über  sich;  die  Ausschliessung  macht  sich  aleo  hier 
ganz  unmittelbar.  In  der  Anwendung  auf  die  Erfahrung  zeigt 
es  sich  dann,  dass  das  Non-A  seinen  nächsten  Gebalt  (seine 
nächsten  Bestimmungen)  immer  erhält  durch  die  zufolge  der  fir- 
fahrungaerkenntnisB  dem  Α  widerstreitenden  Vorstellungen,  d.  h. 
durch  die  Nebenarten.  Das  Nicht-Runde  ist  zunächst  das  Eckige 
u.  s.  w*  Das  Nicht- Rothe  ist  zunächst  das  Grüne,  Blaue  n.  s,  w•• 
lind  so  bezieht  sich  die  Tbeilung  in  Α  und  Non-A  in  der  Erfah- 
rnngserkenntuiss  eigentlich  immer  zuerst  auf  den  zunächst  auf* 
wärt»  liegenden  Gattungsbegriff,  also  Roth  und  Nicht-Roth  auf 
den  Begriff  der  Farbe.  Im  weiteren  Siun  aber  umfasat  da»  Nod-A 
zugleich  Alles,  was  sonst  aus  Α  ausgeschlossen  ist.  Man  kommt 
hei  der  Begriffsiiberordnung  auch  in  der  Hegel  sehr  bald  auf  das 
All  der  Dinge;  z.  B,  die  Vorstellung  'Farbe*  begreift  dem  Um- 
fang nach  scbon  die  ganze  Körper  weit  in  sich  und  es  bleibt  dann 
nur  noch  die  höhere  Theilung:  jedes  Ding  hat  entweder  Farbe 
oder  ist  farblos,  was  im  Grunde  sich  ziemlich  deckt  mit  dem 
Satze:  jedes  Ding  ist  entweder  körperlich  oder  nicht  körperlich* 
Theite  ich  also  das  All  der  Realitäten  nach  roth  und  nicht- roth, 
80  umfasst  das  letztere  1)  alle  grünen,  blauen  u.  β.  w.  Körper, 
2)  alles,  was  nicht  Körper  ist.  Aus  der  Tbataache,  dass  für  die 
erfahr ungsmäsRige  Ausfüllung  des  Non-A  immer  zunächst  die  Art- 
uuterschiede  innerhalb  einer  Gattung  in  Frage  kommen  (oder 
heeaer:  aus  der  Thatsaehe,  dass  sich  auf  Grund  der  erfahrungs' 
mtasigeo  Erkenntuiss  des  Widerstreites  der  Arten  die  allgemeine 


^lato&a  Sophistes  in  geschichtlicher  Beleuchtang. 


449 


Η 


Abatraction  des  Noe-A  bilden  konnte;  denn  nicht  durch  das 
Non*A  kommen  wir  anf  die  Nebenarten,  eondern  nmgekehrt) 
folgt  von  aelbatf  dass  eich  Ä  und  Non-A  aueecblieesen.  Α  mit 
Beinen  Ferlincnzen  unc]  Non-A  füllen  das  All  des  Möglichen  auS| 
wenn  sie  auch  erfabrniigsmässig  sich  zunächst  auf  die  Sphäre 
des  GattnngflbegniFes  bezichen*  Das  erklärt  sich  einfach  daraus, 
dass  dasjenige,  was  von  dem  Gattungsbegriff,  z.  B.  von  der  Farbe 
ausgeschlossen  ist,  auch  von  dem  ArtbegrifT,  z.  B.  von  dem  Käthen 
ausgeschloesen  sein  muss.  Also  das  Nichi-Rothe  umfasst  ausser 
dem  Grünen,  Gelben  u*  s.  w.,  d*  L  ausser  einem  Theile  der  Sphäre 
des  BegrifiTes  Farbe  noch  alleSf  was  überhaupt  keine  Farbe  hat 
und  da  sind  wir  schon  bei  dem  All  der  Dinge  angelangt  Κ  So 
ist  es  bei  jeder  solchen  Disjnnction. 

Wir  erhalten  also  immer  klare  und  bestimmte  Ansechliessungf 
nnr  nicht  in  dem  Sinne,  wie  es  mauche  der  griecbischen  Sophi* 
Bten  wollten,  dass  bei  eotgegengesetzteu  Begriffen  nichts,  was 
dem  einen  beigelegt  wird,  dem  andern  beigelegt  werden  dürfe, 
nach  dem  Eecept  'die  Hose  ist  eine  Blume \  also 'was  nicht  Rose 
ist,  ist  auch  nicht  Blume'*  Dies  war,  wie  wir  oben  gesehen 
haben,  die  Folgerungsweise  des  Gorgian,  die  vielleicht  durch  die 
Vorstellung  von  der  Gleichheit  von  Subject  und  Prädicat  erzeugt 
war.  Genau  ebenso  folgerte  auch  schon  Melissos :  '  Wenn  das 
Gewordene  einen  Anfang  bat,  so  hat  das  Nicht-Ge wordene  keinen 
Anfang  ^.     Nach    sophietiscber   Ansicht    scheidet    der  Gegensatz, 


f  1  Dagegen  könnte  man  einwenden,  es  wäre  dann  Nicht-Roth  eowohl 

Farbe  wie  Nicht- Farben  ako  sowohl  Α  wie  Non-A»  gegen  den  Satz  der 
Bestimmbarkeit.  Das  iet  natürlich  nicht  der  Fall.  Denn  es  gilt  genau 
nach  dem  Satz  der  Bestimmbarkeit  anch  hier:  Alles  waa  nicht  roth 
itt,  hat  entweder  Farbe  oder  keine  Farbe.  Die  BeBtimmuDgen  Farbig 
und  Nicht-Farbig  fuilen  jede  nur  einen  Theil  der  Sphire  von  Nteht- 
Rotb,  wihrcDd  umgekehrt,  was  nicht  farbig  ist,  auch  nicht  roth  aein 
kann,  d.  h.  Nioht-farbig  gehört  seiner  Sphäre  nach  ganz  in  die  Vor- 
stellung Nicht-Rotb. 

^  Dies  berichtet  Aristoteles  im  5.  nud  28.  Kapitel  der  sophisti- 
schen £lenchen,  wo  diese  Folgerungsweise  als  ein  sophiBtischet  Fechter- 
itückchen  überhaupt  besprochen  und  181*26  so  form ulirt  wird :  et  γάρ 
tabi  τψ5ε  <1κολουθ€Ϊ,  τψ  άντικιιμένψ  τ6  άντικ€ίμ€νον.  Aristoteles  gibt 
nAtürlicb  darauf  richtig  Bescheid^  hatte  auch  in  den  vorhergohendeu 
Büchern  der  Topioa  schon  wiederholt  diesen  Fall  erörtert»  z.  B.  I  5» 
Π  α,  Π  Η,  m  Η,  IV  η.  «,  ν  β.  8.  νΐ  9,  νΐΐ  3.  Auch  Rhet.  U,  23, 
aber  schon  Platon  hatte  in  der  Republik  (454  B)  dies  Verfahren  in 
einem  einzelnen  Fall  als  eriatisch  nnd  als  dvTtXoffa  bezeichnet»  wenn  er 
Uix^a,  Mu•.  r.  Pliüol*  H.  f*  L.  29 


4f>0 


Apelt 


BOwoBl    der    oonträjO    wie    der    ooDtradictorieobe  —  denn    beide 

flieeeen  noch  in  einander  —  eämmtliche  Begriffe   in   «wei    feind- 


den  Fehler  auch  nicht  mit  den  sichern  Mitteln  ariitoteli scher  Logik 
nachweisen  konnte.  So  nnsicher  Platon  theoretisch  noch  w»r  in  der 
ÄuaeirmnderhoUnng  von  Verschiedenheit  und  Widenpruch,  Verglci- 
cbungeformel  und  Urtheil,  so  sicher  im  Ganzen  zeigt  er  sich,  ahge» 
sehen  Vöm  PΓotagora^  in  praxi»  wo  es  eich  um  Folgernngen  auf  das 
GegeutheO  nnd  Urtheilsiimkehrungen  handelt.  Man  vergleiche  die  zahl- 
reichen Fälle  im  Dialog  Gorgiae,  namentlich  469  B,  478  f.,  495—497, 
um  sich  zu  überzeugen,  dass  eich  PL  vor  Fehlern  auf  diesem  Gebiet 
im  Allgemeinen  wohl  zn  hüten  weiss.  Man  vergleiche  anch  die  Erör- 
terung Meno  89  D  Ε  und  die  Art,  wie  kurz  vorher  88  Ε  von  gegöj- 
theiligen  Begrifsverhaltnlssen  logisch  durchaus  tadellos  gehandelt  wird. 
Wenn  aber  FL  im  Parmenides  (148 AB)  einen  ahnlichen  Schltisa  mit 
oontradictorischen  Gegeutheilen  macht,  so  handelt  es  sich  da  um  ein 
bewnsstes  Sophiama.  Im  Uebrigen  sind  seine  Schriften  von  logischen 
Ungenauigkeiten  und  hier  und  da  auch  Sophismen  nicht  frei,  doch 
Hegen  die  Fehler  meist  nicht  gerade  auf  der  Oberfläche,  fordern  viel- 
mehr zu  ihrer  Klarstellnng  schon  ein  tieferes  Eindringen  in  den  Ge- 
danken, wie  E.  B.  im  ersten  Buche  der  Republik.  Für  die  »ophiatiache 
Iiialektik  war  der  Paralogifmns  mit  Folgeruugen  aufs  Gegentbeil  ein 
willkommenes  Widerlegungamittel.  Bckaimte  iSätze  und  Gegenüberstel- 
lungen der  vorsokratiechen  Philosophie  gaben  einer  solchen  Folge rungs- 
weisc  einen  Schein  von  Berechtigung,  >^ie  z.  B.  des  Ileraklit  πάντα 
Xioptl  καΐ  ουδέν  μΐν€ΐ  und  des  Parmenides  *dai  Seiende  ist',  das* Nicht- 
Seiende ist  nicht'.  Wenn  femer  bei  Wechselbegriffen  die  Kinfuhrung 
der  gegen theil igen  Begriffe  für  Subject  und  Prädikat  (ohne  Umkehmng) 
logisch  zulÜBsig  ist,  wie  Aristoteles  An»  pr.  08»  3  ff»  richtig  lehrt  (mit 
dem  Beispiel  et  τό  άχένητον  άφθαρτον  καΐ  τά  άφθαρτον  άγένητον,  ανάγκη 
τό  γινόμενον  φθορτόν  leal  τό  φθαρτάν  γ£γονΙνοι),  so  waren  dergleichen 
nicht  seltene  Falle  bei  desultorischer  und  willkärlicher  Behandlung  und 
hei  dem  Mangel  einer  systematischen  Darstellung  des  Gegenstandeti 
wie  sie  eben  erst  Aristoteles  zu  geben  im  Stande  war,  ebenfalls  eine 
Art  Anweisung  zu  missbräuchlicher  dialek tischt r  Ausnutzung  der  Sache* 
Dazu  kommen  die  zahlreichen  Fälle,  in  denun  wegen  dos  besonderen 
materiellen  Verhältnisses  der  Begriffe  Folgerungen  auf  dasselbe  Ver- 
hältnisB  gegentheiliger  Begriffe  zulässig  sind»  Von  zahllosen  Beispielen 
hier  nur  einige  wenige:  bei  Democrit  (Frg.  27  Mull.)  finden  wir:  €ύτυ- 
χής  ό  ^πΐ  μ€τρίοιοι  χρήμασι  €ϋθυμούμ€νος  *  δυστυχής  bi  6  in\  ιτολλοίσι 
δυοθυμούμενος,  Erastae  tSii  Β  δουλοιτριΐΓές  ή  κακία^  έλ€θθ€ροττρ€ΐτ^ς 
ή  άρ€τή.  Alcib.  2, 134  Α  der  άφρηίν  wird  κακώς  ττράττΕίν,  der  σώφραιν 
das  GegentheiL  Ferner  die  häufigen  Fälle,  in  denen  Grund  und  Folge 
richtig  bleiben,  wenn  man  (ohne  Umkehrung)  die  gegentheiltgen  Be- 
griffe ein  führ  tt  ein  Fall,  auf  den  Aristotelet  öfters  zu  sprechen  kommt, 
g.  B*  An.  post  78^  17  et  ή  άηόφασις  α1τ(α  τοϋ  μή  ύπάρχ€ΐν,   ή  κατά* 


Pbton»  Snphistea  in  gcscbichtlicber  BeleücMiinf. 


451 


liebe  Heerlager  dergestalt,  dass  waa  eiDem  Begriff  irgend  ale 
Merkmal  oder  Prädicat  beigelegt  werden  kann,  dies  dem  gegen- 
tbeiligen  Begriff  nicbt  zukommen  könne;  vielmehr  miiBß  dieeem 
in  jeder  Beyaebung  die  gegeiitbeilige  BeRtimmung  zukommen. 
Die  ee  so  bielten»  vorucbloseeii  sich  eigensinnig  oder  mntbw^illi^ 
der  Einsicht,  dass  der  coniradictoriecbe  Gegensatz  zahllose  gleiche 
Prädicatebestimraungen  für  Α  nnd  Non-A  znlässt,  indem  eich  die 
Sphären  dieser  gleichen  Prädicate  zwischen  beide  vertheilen.  fJin- 
sicbtlich  der  specifischen  Merkmate  des  Α  findet  aber  vollkom- 
mener Ansachlüßs  statt.  Was  ihnen  sonst  möglicher  Weise  an 
Prädicaten  znkomrat,  kann  sieh  dem  Umfang  nach  zwischen  beide 
yertheilen.  Denn  es  hildet  nicht  den  epecifischen  Inhalt,  auf  den 
für  den  Gegensatz  ankommt. 


ψαοις  τοΰ  ύΐΓ(ίρχ€ΐν,  wobei  er  noter  aluov  aber  richtig  die  ausscMiesS' 
liehe  ürtacbe  versteht,  widrigenfalh  die  Behauptung  falsch  wäre.  Er 
erläutert  dies  durch  folgende  Beispiele:  1)  wenn  das  MiuvGrluUtiili• 
zwischen  Warm  und  Kalt  die  Ursache  dea  Nicht-Gesundacins  ist,  lo 
muss  das  rechte  Yerhiiltniis  zwischen  Warm  und  Ktilt  ala  die  Ursache 
des  Gesundseine  gelten.  Das  iat  ricbtig,  ^}  Die  Wand  fithmet  nicht, 
weil  sie  kein  Thier  ist;  also  müsste  sie  athmen,  wenn  sie  ein  Thier 
wäre.  Das  ist  falsch.  Denn  ee  gibt  aach  Thiere,  welche  nicht  athmon* 
De  gen.  et  int.  3ίϊ(ι*  ίΚ).  ^iSB'^ff.  τύ»ν  εναντίων  εναντία  αΤτια  'wenn  die 
Sonne  durch  ujis  Hinzugehen  und  Nahe  sei  η  Entstehen  bewirkt,  wird 
eben  dieselbe  durch  das  Hinweggehen  und  Sicbentftrutni  Vergehen  be- 
wirken' u.  s»  w.  Offenbar  meint  Aristoteles  auch  hier  die  eigeutliclie 
und  ausschliessUche  Ursuche.  Vorsichtiger  drückt  er  sich  darüber  aue 
Phys.  1Dri»llff.  (Met.  1013^  13  f.)  Ιτ\  bl  το  αυτό  τών  έναντ(ιυν  Ιστίν 
αίτιον*  β  γάρ  παρόν  αΐηον  το05€»  τοΟτο  καΐ  dirov  αΐτιιίιμεθα  Ινίοτε 
τοΟ  ^ναντίου^  οΐον  τήν  άττουοίαν  τοο  κυβερνήτου  τής  τοο  πλοίου  ανα- 
τροπές, ΟΌ  ήν  ή  παρουσία  αΐτΐα  τής  συυτηρίας.  Der  nämliche  Fall,  wie 
der  vorige  mit  der  Sonne,  nur  in  euvas  anderer  Darstellung-  All  diese 
häufigen  unmittelbareD  Folgerungen  auf  das  Verhaltnisa  der  gegenthei- 
ligen  Begriffe  gaben  gewissen  Sophisten,  angesicbts  der  allgemeinen 
Unkunde  dessen,  worauf  es  dabei  ankam,  hinläugliclie  Deckung  für  die 
gans  willkürliche  völlige  Verallgemeinerung  der  Sache,  der  gemasa 
Subject  und  Prädicat  jedes  allgemeinen  ürtbeil»  ohne  Weitere»  und 
ohne  Scliadeu  für  die  Hichtigkeit  der  Behauptung  in  ihr  Gegen theil 
verwandelt  werden  können.  Nebenher  sei  bemerkt,  das»  es  nicht  richtig 
ist,  wenn  Zeller  Fh.  d.  Gr,  Π  2,  225^3  sagtj  Aristoteles  kenne  noch 
nicht  die  cooversio  per  contrapoeitionera.  Das»  er  sie  recht  wohl  kennt, 
teigen  Stellen  wie  Top.  ΙΙ^ί  b  20  f.  τώ  μίν  γάρ  άνθρώπφ  τύ  ρφον  ^π£ται, 
τψ  &έ  μή  άνθρώπψ  τΟ  μή  ρψον  οϋ,  άλλ'  άνάπαλιν  τΰ>  μή  ρώψ  τά  ούκ 
<3νθραίπος,  Soph.  el  c.  2Η  (Cf,  c.  5).  An.  pr.  53 b  12,  Nur  lysteraa- 
lat  er  sie  nicht  behandelt 


^2       A|>elt  PliUm«  Sophistei  in  gaschicbüicher  Belemsktiitiif. 


Dieee  sopliiitiacbe  Aniicht  ist  das  genaue  Widertpiel  der 
beeprocbenen  modernen  Aneioht  über  den  Gegeneats  von  Α  und 
Νοπ•Α.  £iTicbtet6  die  Sopbietik  unerlaubte  Schranken  swiecben 
gegen tbeiligen  BegriiTen,  so  eucben  die  Vertreter  der  Identitätt• 
pbilotopbie  die  tbateachlicb  dnrcb  die  Natur  unseres  Refexioitf- 
Termdgens  gebotenen  Schränken  xu  verwiecben*  I>ie  Logik,  mit 
der  sie  das  zu  erreichen  trachten,  ist  keine  TöUig  originelle. 
Es  lind  alte  Schläuche,  in  denen  sie  neuen  Wein  faeseik*  Sie 
können  sich  auf  Piaton  als  ibren  Yorllufer  berufen*  Auf  dem 
Vehikel  blosser  Vergleiohungtformeln  gelangen  sie  au  |enem  e^ 
lehnten  höchsten  Standpunkt  der  Betraobtung,  von  dem  aus  der 
Schleier  des  tTniversume  gelüftet  und  das  gesammte  Land  der 
ErkenntDiss  in  seiner  eigentlichen  und  wahren  Gestalt  dem  Auge 
erecbloseen  sein  soIL 

Unsere  Abhandlung  verweilte  etwas  lange  bei  trockeneii 
logischen  Fragen*  Aber  vielleicht  trägt  sie  doch  etwas  bei  za 
der  Erkenntniss,  wie  innig  diese  logischen  Quiequilien  —  all 
welche  sie  manchen  erscheinen  dürften  —  mit  den  höcbeten  PrtK 
blemen  des  Benkens  zusammenhängen,  wie  wichtig  und  entsahei- 
deiid  also  für  den  g&n;&en  Verlauf  der  Gescbichte  der  Philosophie 
sie  sind«  Aristoteles  lässt  sich  nicbt  ungestraft  umgehen:  die 
Gesetze  des  Reflexion  β  Vermögens  haften  unserer  Erkenntniss  all 
unbeq^ueme  Mitgaben  an  und  lassen  sich  durch  keine  intellec* 
tuelle  AnschauEng  oder  vermeintliche  höhere  Logik  bei  Seite 
schieben*  Die  Rückkehr  von  aristotelischer  zu  platonischer  Ah* 
stractionsweise  war  ein  Anachronismus,  Wir  halten  fest  an  der 
selbständigen  Geist eswelt  Piatons  in  Gestalt  des  Kantiachen  träne* 
cendentalen  Idealismus.  Darin  sah  Piaton  viel  weiter  als  Aristo- 
teles* Dafür  sah  dieser  weit  schärfer  in  der  Nähe*  Seinen  Be- 
lehrungen in  Sachen  der  LogiJt  müssen  wir  treu  bleiben,  wenn 
wir  die  Grundlagen  gesunden  Denkens  nicht  aufgeben  wollen. 

Weimar.  Otto  ApelL 


453 


Blitz-  und  Regen  wunder  an  der  Harens-Sänle. 


Heb  Anhviit  über  das  Kegenwunder  an  der  Marc  Atirele* 

Sätile  in  den  Kumiidien  Miüheilnngen  18D4  S.  78—89  hat  Theo- 
logen wie  Historiker  zn  neuer  Erörterung  einer  alten  Frage  an• 
geregt  ^^  ohne  (Hm  bis  jetzt  eine  nach  allen  Seiten  befriedigende 
Antwort  gegeben  wäre.  Zu  einer  weseniHchen  Berichtigung  der 
früheren  Aneichten  wäre  in  meinem  vorigen  Aufsatz  die  Hand* 
habe  geboten  gewesen ^  aber  meine  Kritiker  haben  sie  nicht  er- 
griitan^  namentlich  Harnack  hat  yielmehr  den  entgegengesetzten 
Weg  eingeschlagen ;  ond  freilich  habe  auch  ich  selbst  den  that- 
eäehlich  dort  gewieRenen  mit  oflfenen  Ängen  erst  verfolgt^  nach- 
dem mir,  wie  nnabhängig  auch  v.  DomaazewRki,  das  richtige 
Verstandniss  eines  Zeugniseee  aufgegangen  war. 

Kein  Zweifel,  dass  es  üebertroibung  und  Einseitigkeit  von 
mir  war,  die  chrittliche  Legende  in  den  fünf  Punkten,  in  welche 
ich  sie  B,  80  zerlegte  ^  einzig  und  allein  ans  Missverständnieseii 


'  A.  Hmrnack,  die  Quelle  der  Berichte  über  das  RegenwOnder  im 
Feldjsuge  Marc  Äarels  gegen  die  Quaden.  Sitziingibe richte  der  K.  Pr. 
Akademie  der  Wies,  zu  Berlin  1804  S.  835  ff.;  Weizsäcker,  Einleitung 
EU  der  AkademiBchcu  Preievertheüung,  Tübingen  den  6.  November  1804  ; 
A.  V.  DomaeaiewBki,  das  Regen  wunder  der  Marc  Aurel*S&ule  im  Rhein. 
Museum  1894  (N.  F.  XLIX)  612  fif.;  TL  Mommaen,  das  Regenwunder 
der  Marcussänle  im  Hermes  1895  (XXX)  90 ff.;  P.  H.  Grisar.  ü  pro- 
digio  della  legio  fulmiuata  β  k  Colonna  di  Marco  Aurelio  in  der  Ci- 
vilta  cattolica  1895  I  8.  203  ff.  —  Im  wcMnilichen  einv^standen  mit 
Harnack  erklärte  aich  L.  D(uchetne]  im  Bulletin  critiqne  1894  8.  i76 
gleichwie  P.  Grisar, 

'  Der  Verweist  den  mir  Harnack  S.  845  ertheilt,  wird  durch  Punkt 
2  auf  S.  864  aufgehoben,  wo  er  dasselbe  Legende  nennte  was  ich  so 
genannt  hatte.  Verfolgung  der  Christen  untersagen,  wie  ich  S.  80 
sagte,  und  die  Ankläger  der  Chriiten  mit  dem  Tode  bestrafen,  wie 
Harnack  S.  864  aagt^  kommt  ja  auf  daiselbe  hinaui. 


4M  Petersen 

dei  Sialenreliefs  herleiten  in  wollen.  Wunderbare  Recui;  dei 
r'.'mifrcben  Heeres  darch  Regen  nnd  Bliu  miuste  viebDchr  aaf 
der  Stirlle  Legenden  erzeugen;  ilti  nnr  eine  andere  Einseitigkeit 
Ware  es  zu  denken,  dass  was  über  solches  Ereigniaa  im  rümi- 
echen  Beicbe  geglaubt  und  gesagt  wnrde  einzig  uid  allein  aoi 
dem  kaiserlichen  Bericht  an  den  Senat  geöossen  aein  mnaae.  Die 
Taufende,  welche  erlebt  hatten,  was  der  Kaiaec  selbst  nnr  tos 
andern  tTfuhij  £ie  bedurften  der  kaiserlichen  Antorisation  nicbt 
nm  zn  glanl>en  und  zn  sagea,  nnd  sie  werden  damit  Termvthlicfa 
sogleich  begonnen  haben.  Natürlich  ist  dann  der  Brief  des  Kai- 
sers Hanptträger  nnd  Theil  der  Fama  geworden;  man  konnte  sieb 
anf  ihn  berufen,  ohne  ihn  vor  Α  η  gen  zn  haben,  wie  Tertnllisn. 
Die  Existenz  dieses  Kaiserbriefs  habe  ich  aber  keineswegs  ge- 
leugnet, wie  man  mir  nachsagt,  vielmehr  S.  84  die  siebente  Im- 
peratorenacclamation  und  was  dazu  gehört*  von  des  Aasdich* 
tuDgen  ausdrücklich  ausgenommen.  Knr  den  Brief,  auf  welchen 
sich  die  christlichen  Autoren,  besser  sofern  sie  sich  danaf 
beziehn,  habe  ich  für  gefälscht  erklärt;  und  das  was  ich  als 
zweiten  und  Hauptpunkt  der  Legende  hinstellte,  erklärt  ja  auch 
Mommsen  für  Legende,  oder  sammt  dem  dritten  für  FalschiD|:i 
womit  auch  dem  vierten  und  funfien  ihr  Urtheil  gesprochen  ist 
AVas  es  aber  mit  dem  ersten  auf  sich  hat,  wird  sieb  alsbald 
zeigen.  Hamack  gelangt  freilich  dahin,  die  vier  ersten  Punkte 
dem  Brief  zu  vindiciren.  Den  fünften  dagegen,  die  Bestrafung 
der  Ankläger  von  Christen,  schliesst  er  aus,  obgleicb  eine  solche 
Erklärung  des  Kaisers  die  natürliche  Consequenz  der  andern  ge- 
wesen sein  würde,  und  in  diesem  Zusammenhang  bei  Tertullian 
erst  recht  so  aufgefasst  werden  konnte,  um  nicht  zu  sagen  musste. 
Wer  allerdings  dem  Advokaten  gegenüber  auf  der  Hut  sein  wollte, 
that  besser  es  auch  schon  vorher  zu  sein. 

Hamack  also  beginnt  damit,  die  drei  ältesten  Zeugen,  Apol- 
linaris,  Tertullian,  Die,  als  von  einander  unabhängig  und  doch 
in  der  Hauptsache  übereinstimmend  zu  erweisen.  Wo  diese  Ueber- 
einstimmung  nach  Hamack  aufhört  —  in  Wahrheit  werden  wir 
sehen,  dass  sie  schon  da  nicht  vorhanden  ist,  wo  sie  anfangea 
soll  —  d.  h.  an  dem  entscheidenden  Punkt:  weisen  Gebetskraft 
das  Wunder  zuzuschreiben  sei,  da  wird  die  heidnische  Erklärung 
Dios  als  in  der  That  den  Anschauungen  des  Kaisers  Marcus  zu- 
widerlaufend abgewiesen,  die  andere  dagegen,  obwohl  sie  für  den 
rümischen  Kaiser  mindestens  ebenso  unzulässig  ist,  doch  deswegen 
angenommen,    weil  die   zwei  christlichen  Zeugen    (die   nattrlick 


Blitz-  und  Regenwunder  an  der  Marcue-Säule, 


455 


lieeelbe  Tendenz  haben)  übereinstimmen.  Aue  beiden  zueam men 
Bntniinml  Uärnack  8.  855  demnacb  das,  was  nacb  seiner  Meinung 
^walirscbeinlicb'  im  Kaiaerbrief  gestanden  babe:  precatiouibus  mi- 
'^litum  legionie  XII  fulminatae  *  oder  etwas  Aebnlicbes'.  Naclidem 
dann  geecliwind  weiter  gescblosaen  wird:  *^Also  Tertullianß  Be- 
richt fuBßt  weder  auf  einem  total  gefalscbten,  noch  auf  einem 
interpolirten  Brief  M.  Anrele,  sondern  anf  einem  echten  Brief  an 
den  Senat  ,  wird  noch  ein  Blick  auf  Dio  geworfen,  und  sein  Ver- 
fahren gerügt^  weil  er  die  Originalquelle,  den  Kaiserbrief  hier 
verlasKen^  um  einer  'Legende'  —  damit  tat  der  Spiesa  nun  um- 
gedreht —  den  Yors'jjg  zu  geben:  Έγ  hat  in  diesem  Falle  das 
Erwiloscbtere  der  unerwünschten  Wirklichkeit  vorgezogen*  sagt 
ilarnack,  'dieee  unterdrückt,  aber  sein  Gewissen  mit  einem  καΐ 
γαρ  τοι  λόγος  έχει  salvirt'  Nun  ißt  ja  aber  auch  die  Zurück- 
fübrnng  des  Wundere  auf  das  Cbriatengebet  nur  ein  λόγος,  als 
solcher  von  Eueebios  bezeichnet  und  nicht  nur  von  Mommeen, 
sondern  auch  von  Weizsäcker  angesehen.  Dio  bat  ee  also  nicht 
anders  gemacht  als  die  Christen,  nur  daas  Apollinarie  und  Ter- 
tullian  ihren  λόγος  für  Thatsache  ausgeben.  Doch  bleiben  wir 
bei  riarnacki  der  nun  das  was  Dio,  seiner  Meinung  nach,  unter• 
drückt  hat  formulirt:  In  ziemlich  treuer  Uebereetzung,  meint  er, 
würde  ee  geniculationibus  et  precalionibus  müitum  legionis  XII 
(fulm,)*  lauten,  d,  b.  zu  precationes  fügt  er  das  nur  allzudeut- 
liche geniculationes,  während  die  legio  XU,  vor  allem  ihr  fataler 
Beiname,  zu  verech winden  beginnt.  In  der  langen  Anmerkung 
auf  S,  858,  1  wird  allerdings  zunächst  noch  der  Werth  des  Zeu- 
gen Apollinarie,  trotz  seinee  unbequemen  Wahrheitsbeweises  fiir 
«eine  Bebauijtung,  verfochten^  indem  mehrere  Erklärungen  auf- 
gestellt werden,  von  denen  jede  folgeude  günstiger  für  den  Zeu- 
gen auefEllt  Welche  hier  die  'erwünschtere'  ist,  leuchtet  ein. 
Die  einzig  correktc  ist  aber  die  erste,  den  Zeugen  stark  bela- 
stende; und  es  heiset  nicht  'Apollinaris  beim  Worte  nehmen , 
wenn  man  ihn  sngen  liisst:  'die  fuLminata  habe  eigh  alt  fulminea 
(griech.  die  κεραυνοφόρος  als  κ£ραυνοβόλος)  bewährt*,  was  er 
nach  unserer  Ueberlieferung  eben  nicht  gesagt  hat 

Harcack  verhört  sodann  S,  858  ff.  von  apfiteren  Zeugen  zu• 
erst  Gregor  von  Nysaa,  dessen  Abhängigkeit  von  Eueebios'  Kir- 
chengeachichte  er  S.  86 1,  1  in  Folge  eines  Miesverständnissee  nicht 
über  ein  beiden  gemeinsames  Wort  (αμηχανία)  hinausgehend 
Endet,    demgemäHH  8.  875,  1  beide   als  Belbständige  Zeugen  vor* 


456 


Pelerteii 


werthend  ^*     Dtr  Zag  von  den  erst  veniegteo«  d^mn  in  Folge  Am 
Eegem  wieder  itrömeodeii  WUdbächeii  etammt  freiÜeb  Biebt  tu 
Dio,  aber  um  iji  ao  etwa•  alte  Ueberliefentiig  der  12.  LegiMi  η 
«eben,    moeete  man  ja  roranMeUen»    dan  Gregor   aelber  nie  ein 
Gewitter  erlebt  hätie,     üebrigene   hängt   dieser  Zug    mil   maem 
andern  ταη  Hamack  nicht  beachteten  zuauammtf    der  mattm  m 
besprechen   sein    wird.     Folgt  ein  Sibjlleaoimkal  und   daoB  der 
im  Mittelalter  angefertigte  Brief  des  Marc  Anrel,  weiter  die  vita 
des    CapitoHnne  24,    ThemiBtioe  XV  S.  191,    Clasdianu  de  TL 
oone.  Hanor.  339  S,  nnd  Snidae^    τοη  denen   nnr    ana  deai  Bnd 
Sohwierigkelteo  erwachsen,  die  glöcklich  tum  Gewinn  TSgartsiin 
werden.     Der  Brief  ist  ja  angenseheinlich  nicht  ein  tos  Isfttr^ 
IMÜationen    darchsetztes    Stück    echter    Uebcrliefernng,    MmlcfB 
bestaifalls   ein    mit  Benützung    einiger  hier  nnd  da  aufgelesener 
gnter  Nachrichten   zn   Stande   gebrachtes  Machwerk.     Zq   dieses 
gehört    nach   Haraack    vor    allem    die    Kennoog    der   drei 
Regen  wunder  anwesenden  Legionen,  der  Adjutrix,  der  X 
und  der  X  Fretensis.     Dass  dabei  aber  grade  die  XII  fulml 
fehlt,  reimt  sich  nun  schlecht  mit  der  biiherigen  Beweisfuh; 
Harnecks,    und  S.  41   legt   er  mit  wohlthuender  Knappheit  dar, 
wie  mau  dem  Dilemma  am  einfachsten  entginge,  indem 
chrietlichen  λόγος  als  solchen  preisgäbe.     Aber  das  ist  ja   aiekt 
der  Zweck.     Auf  S.  869  und  nochmals  873  ff.  werden  Tielmehr  alle 


»  Gregor  (or.  Π  in  XL  martyrei,  opp.  Paris  1638.  T,  Ul  p. 
nach  Baniack  dürt)  aagt  έκείνοις  ix  τίνος  πμο\ΐΈορ%σοσης  β(όβ€¥  Iwi- 
qMrvtfoc  ιιλ€ΐον  ή  ιιίιηις  türv  τακτικών  ^airououZrro.  καΐ  lamς  ote  dam• 
pov  tf  Ti  κατόρθνυμα  τής  ιτί<ττ£(υς  Turv  dvbpurv  ^Kcivuiv  4v  ναρο^^βμφ 
&ιητή<'<ι>0^<Χ^  Des  kommt  ans  £asebios  her:  τους  hi  ivi  τής  McAmfvilc 
oürm  καλούμενης  λ€Τ€ΰτνος  οτραηιίιτος  öid  ίώττ^υς  l£  lacfvou  aal  «k 
6€ύρο  συνιΐΓπίιαης  l•^  τ^  ιτρός  τοος  ιιολ€μ(ονς  ναρατά£α  t6vu  Οένιος 
imi  τήν  κατά  τ6  οΙκ€ΐαν  ήμΐν  τών  Έύ%βη  γ^νος  iia  τ4ς  «ρΟς  Bebnt  !■€< 
<ιίας  τρανέσθαι,  was  Hamack  S  β40  mistrersteht:  'da  knieten  sioii  Λ» 
die  Soldaten  der  sogen.  Meliteniiehen  Legion  —  aie  besteht  ihres  Glam-J 
bcns  wegen  you  jener  Zeit  an  noch  bis  jetxt'  ^-  also 
λττ€ΐΙτνος  Bislunii  stati  η  ιώττΈχυς.  Bkhtig  Terstanden  sagen  die  ^ 
ilsssriltir  wm  Gregor.  Die  «ίσης  der  Legion  sa|gt  siak  darm,  dm 
mehr  dem  Gehet  als  den  Waffen  Tertmai;  dies  hewilirlB  siek 
dsBMls  (hei  den  Qosden)  und  iMt  leitdem  so  geblieben.  —  Am 
Wortes  des  Ensebiot  stammt  also  auch  der  von  Haraadi  S«  899^1 
Gregor  xuruckgefuhrte  Satz  des  CedrenuSt  weldier  die  w(an^  IE  i 
nel  ei(  dcdfM  mpt^ffviboa  τοη  de»  seitdem  bsstehendea  Ter  trän  et 
Ksiser 


Blitz-  und  Regen  wunder  au  der  Marcne-Saulc, 


467 


Mittel  aufgeboten  um  zu  erklären^  daes  die  Xtl.  Legion  wobl 
zugegen  geweeet],  aber  iu  dem  Peeudobrief  neben  den  drei  au* 
deren  Legionen  ausgelassen  seiu  könne.  Nacb  seiner  mit  allen 
Möglidikeiten  recbuenden  Weise  stellt  Harnack  S.  870  zweimal  je 
zwei  Erklärungei]  auf«  von  denen  er  das  erste  Mal  die  erste  vor- 
ziebt:  die  XII  fulminata  sei  aus  an  ticbr  ist  lieber  Tendenz  weg- 
gelassen von  der  ersten  Hand  ρ  wegen  starken  Gerncbes  der  Christ- 
liebkeit;  das  andre  Mal  aber  die  zweite:  vielmebx  grade  aue 
obristlieber  Tendenz  sei  die  XII  fnlm.  von  der  zweiten  Hand, 
d^  i.  dem  Fälscher  selbst  weggelassen,  'weil  er  mit  der  Einsicht 
in  den  Irrthum  der  damaligen  Namengebung'  —  wie  sich  Har- 
naok  etwas  unklar  und  zu  schonend  auedrückt  —  'auch  an  der 
Betheiligung  der  Legion  selbst  irre  geworden  war  ,  Und  diese 
zweite  Erklärung  kebrt  dann  S.  874  f,  als  einzige  wieder,  sie 
mnss  also  Harnack  als  die  richtigere  erschieuen  sein;  und  auch 
mir  scheint,  dass  Klugheit  die  fulminata,  die  ja  ihre  Schuldigkeit 

*gethan  hatte,  fallen  Hess. 
Aber    etwas  Äehnliches   geschieht   nun   auch   bei   Harnack. 
Nachdem  er  so  mit  eigener  Bloesetellung  für  die  fulminata  in  die 
Schanze  getreten  ist  und,  ohne  Zweifel  dem  Apollinaris  zu  Liebe, 
^kdie  Anwesenheit   derselben    bei  jenem   Ereignise    behauptet    hat, 
zieht  er  doch  statt  der  Worte  (geniculationibus,  in  der  Anm.  S.  875 
1      verfochten,  et)  precationibus  militum  legionis  XI Ι  fulminatae,  die 
■  «r  früher  dem  Kaiserbrief  vindicirte   (s,  oben  S.  455),    vielmehr 
Christianorum  qui  dicuntur  forte  militum  precationibus    (et  geni- 

»culationibus)  *  vor,  mit  andern  Worten:  während  Ü.  frtiher  die 
beiden  ^älteeten  Zeugen',  Apollinans  und  TertuUian,  auf  deren 
TJebereinstimmung  bei  alier  Unabhängigkeit  so  viel  Werth  gelegt 
wurde,  zugleich  berücksichtigte,  ist  jetzt  Apollinaris  mit  seiner 
fulminata  fallen  gelassen,  und  TertuUian  ganz  und  ausschliesslich 
zum  Gewährsmann  genommen.  Wenn  diese  Methode  nicht  durch 
.sich  gelbst  gerichtet  wird,  so  wird  sie  es  durch  ihr  Resultat 


*  Das  Niederknieen  viodioirt  Haroack  dem  Kaiserbrief  wegen  der 
Uebereinstiinmiing  von  'Apollinaris,  Gregor  von  Nyeea  und  (vielleicht) 

»des  TertulliiiD*.  Aber  statt  Apollinaris  war  Eusebioe  zu  neancu  (β.  u. 
S.  4β0),  und  da  dieser  wie  den  Apologetieus  bo  vielleicht  auch  ad  Sca- 
pttlam  des  TertuUian  vor  Augen  hatte,  den  Euaebios  aber  wieder  Gre- 
gor von  Nyssa  (b.  u.  S.  44i7),  so  reduciren  eich  die  drei  Zeugen  auf 
einen»  Das  Knieen  geht>rt  eelbstverständUch  zum  Christengebet  lieber 
seine  Herkunft  vom  Säulenbild  a.  am  Schluss. 


458  Petersen 

Das  Resultat,  wohlverstanden  nicht  die  Krönung  des  6e- 
häudee,  sondern  das  Fundament:  die  Nennung  *der  Soldaten  einer 
bestimmten  Confession^  im  Kaiserbrief  wird  von  Mommsen  S.  102 
als  eine  politische  Unmöglichkeit  bezeichnet*.  Ob  nicht  auch 
eine  moralische  Unmöglichkeit?  Man  stelle  sich  doch  nur  den 
Vorgang  vor:  das  römische  Heer,  von  Feinden  rings  amge- 
ben,  leidet  von  Hitze  und  Durst,  ich  sage  nicht  fUnf  Tage,  wie 
der  falsche  Brief,  aber  doch  längere  Zeit.  Mehr  noch  als  die 
Feinde  ist  der  Himmel  der  Dränger.  In  solcher  Noth  den  Himmel 
anzurufen,  das  war  ja  nicht  etwa  erst  christlich,  sondern  echt 
heidnisch.  Wer  aber  von  allen  die  zugegen  waren  hätte  da  sagen 
können,  dass  nur  diese  oder  jene  gebetet,  und  gar  dass  nur  das 
Gebet  dieser  den  £rfolg  gehabt,  nicht  aber  jener.  Am  aUer- 
wenigsten  aber  hätte  der  gute  Marcus  das  sagen  können,  denn 
er  war  ja  gar  nicht  zugegen  gewesen.  Das  bezeugt 
Eusebius  nicht  in  der  Kircbengeschichte,  sondern  in  der  Chronik: 
Antoninus  imperator  saepe  excitabatur  in  bella,  per  se  ipse  ge- 
rebat,  et  duces  militares  mittebat.  Quum  (vero)  Pertinax  et  qni 
cum  eo  apud  Quados  essent,  siti  laborabant  etc.  lautet  es  in  der 
Armenischen  Uebersetzung,  und  noch  etwas  deutlicher  ist  die 
Anführung  eines  bestimmten  Falles  nicht  persönlicher,  aondem 
durch  seine  Legaten  besorgter  Kriegnihrung  bei  Hieronymns: 
saepe  duces  nobilissimos  destinabat,  in  quis  semel  Pertinaei,  et 
exercitui  qui  cum  eo  in  Quadorum  regione  pugnabat  siti  oppressis 
pluvia  divinitus  missa  est,  und  genau  so  das  Chronicon  Paschale. 
Das  wird  bestätigt  durch  das  Säulenrelief,  auf  welchem  Marcus 
zwar  in  der  deutlich  abgesonderten  Scene  links  von  dem  Begen 
und  wieder  rechts  bei  Annahme  der  Unterwerfung  dargestellt  ist, 
aber  sieber  —  ich  spreche  nach  Anschauung  des  Originals  — 
nicht  unter  den  beim  Hegen  selbst  Anwesenden.  Dio's  (71,  8) 
Άρνουφίν  . . .  (Τυνόντα  τψ  Μάρκψ  ist  natürlich  kein  klares  Zeog- 
niss  für  Marcus*  Anwesenheit ;  kaum  auch  Ensebios'  (h.  e.  Υ  5) 
MdpKOv  άντιτταραταττόμενον  usw.,  oder  TertuUian  ad  Scap.  4 
Marcus  .  .  .  impetravit  (vgl.  Capitol.  vita  Marci  24),  während 
Xiphilinus  und  der  Brieffalscher  naturlich  ganz  genaa  von  des 
Kaisers  Anwesenheit  zu  reden  wissen,  von  Capitolinus  und  The- 
mistios  hier  zu  schweigen.  Es  wäre  also  Pertinax  gewesen,  der 
dem  Kaiser  das  Verdienst  der  Christen  berichtet  hatte,  und  man 
stellt  sich  leicht  vor,  wie  seltsam  der  ganze  Vorgang  gewesen 
sein  müeste»  damit  Pertinax  aus  eigener  Anschauung  —  wofern 
er  grade  an  jener  Stelle   zugegen  gewesen  wäre  —  und  Marcus 


Blitz-  und  Regeciwuiider  an  der  Marous-Säule. 


459 


AnreliuB  von  Höreneagen,  nicht  eine  wiesentliühe  Unwahrheit  an 
den  Senat  berichtet  hätten. 
Κ  8chlieefilkh  wäre  aber  doch  nach  Hiirnack  in  dem  Brief  an 

■  den  Senat  gar  nicht  so  viel  gesagt  gewesen.     Denn  cIeir  für  Har- 
nack  in  der  Tbat  'ungefüge*  forte  in  Tertullians  Worten:  littcrae 
M.  Aurelii  .  .  •    quibua   illam   Germanicam    eilim    Ch^ißtianorum 
forte  militum  precationiboe  impetrato  imbri  diecufeam  contestatur, 
wird  S.  876  f.  dahm  ausgelegt,  dass  der  Kaiser  *nach  dem  Hin- 
weia  auf  die  Gottheit,  auf  die  väterlichen  Götter  darch  ein  forte» 
wahrscheinlicher  durch  ein  seinen  eigenen  Unglauben  ausdrücken- 
des  nisi   forte    auf  das   Christengebet    und   dessen    eofurtige  Wir- 
Ikung  hingewiesen,  oder  S.  877  so,  daee  Harcae  *  unter  mehreren 
Jlögliehkeiten  in  irgend  einer  unverbindlichen  Form  (forte)  viel- 
leicht nur  in  einer  ironischen,  auch  auf  den  Christengott  gedeutet 
bii'«     Also,  verstehe  ich  recht,   auch  die  Homer  haben  zu  ihren 
Väterlichen  Göttern  gebetet,  und  Marcus  bat  es  in  seinem  Bericht 
darüber  für  wahrscheinlicher  gehalten,    das«   s  i  e  den  Hegen  zu- 
wege gebracht,    hat   aber   doch,    um  beiden  Parteien   gerecht  zu 
m  sein»  auch  das  Chrietengebet  in  zweifelnder  oder  ironischer  Weise 
Η  berichtet  ^.     Und  das  Allee  hätte  uns  TertulUan,  ich  weiss  nicht 
I  ob   aus  Aufrichtigkeit    t>der   Dummheit,    verrathen!      NuDf    dasa 
Η  dies    alles    lialtlos   ist,    hat  Mommsen   8*  103  dargethan,    der  die 
V  Worte  Tertullians  und  speciell  das  forte  so  auslegt,  wie  ee  allein 
verstanden  werden  kann  und  darf,  Muroh  das  Gebet  von  Soldaten 
die  durch  (glücklichen)  Zufall  Christen  waren  . 

Aber  auch  durch  sich  selbst  wird  die  Methode  Harnacks 
gerichtet.  Statt  die  Differenzen  der  Zeugen  zum  Ausgangspunkt 
seiner  Untersuchung  zu  nehmen,  hält  er  sich  au  ihre  Ucberein- 
stimmung,  legt.  Werth  auf  selbige,  wo  sie  bedeutungslos  oder 
selbstverständlich  ist  {vgl.  Mommsen  S,  103),  oder  stellt  sie  will- 
kürlich her,  wo  sie  nicht  vorhanden  ist,  läset  dagegen  die  viel- 
sagenden Divergenzen  xuriiektreten.  Es  handelt  sieh  hier  um 
das  Verhältniss  von  TertuUiau  und  Apollinaris,  Harnacks  Ver- 
K  gleichungscrgebniss  steht  S.  842:  'Das  also,  was  bei  Apoütnaris 


*  Um  zu  sehen^  welche  eigcnthümlicben  Gedankengänge  Uarnack 
den  M.  Äurel  machen  laaati  vergleiche  man,  was  er  S,  874,  noch  mit 
der  Vorstellung  rechnend,  dass  im  Kaieerbrief  gestaudfn:  precat.  f. 
mil.  leg.  XI l  fiiim.,  ausapricht:  '  Man  wuasto  dann  iu  christlichen  Krei- 
sen sofort,  woran  man  war',  also  ein  geheimes  Einverstandniss  des 
Kaisers  mit  den  Chrieton  voraussetzend. 


Blitz-  und  Rcgenwonder  an  der  MarcuB-Säuk« 


4eA 


witter  und  Blitzen  redet  und  dieeen  errettenden  Hegen  durch  die 
Gebete  von  Chrieten,  die  zufällig  unter  den  Soldaten  geweaen, 
erwirkt  sein  läeet,  was  in  dem  Briefe  dee  Marcus  Anrelius  be* 
xengt  iei,  wenn  man  eich  (dum  requirantur)  die  MUbe  nehmen 
wolle,  ihn  anfzuenchen,  Äpollinaris,  gleichfalls  den  Knieer  zum 
Zeugen  fUr  die  Christen  und  die  Wirksamkeit  ibrea  Gebetes  neh- 
mend, aber  nicht  in  einem  BriBfe^  aondem  durch  der  Legion  er- 
tbeiJten  Beinamen  ^. 

Unverkennbar  ist  beiden   gemeiniam  die  Tendenz^    die 


I 


Christen  als  nicht  zu  verachtende  Genossen  vom  Staatsoberhaupt 
anerkannt  hinzustellen;  gleich  wenig  bedenklich  sind  beide  in 
der  Wahl  der  durch  den  Zweck  zu  heiligenden  Mittel,  indem  der 


1  Btis  Äpollinaris  dem  Kaiser  selbst  seine  Terfugung  über  den 
Legionsbetnamen  erzählt  bähen  sollte,  wie  liarnack  S.  838, 1  meint,  hat 
Weinicker  8.  7  mit  Recht  nicht  wah reche inl ich  gefaoden.  Obgleiebi 
nach  Mommsen  S.  104,  wenig  darauf  ankommt,  ob  Äpollinaris  »eine 
Verwerthung  dea  Wandert  ein  oder  mehr  Jahre  nachher  gemacht,  so 
darf  doch  vielleicht  gefragt  werden,  ob  denn  die  unmittelbare  Aofetn« 
anderfolge  der  drei  Daten:  Äpollinaris  epiicopiis,  Phrygum  pseudo* 
prophetia,  das  Rege  η  wunder  in  Eniebtoi'  Chronik,  worauf  Uamack 
8.  837,  5  Gewicht  legt^  auf  unabhingigen  Daten  oder  Tielmehr  auf  An* 


Peterten 


eine  dae  Zeugniee  ertt  durch  InierpreUtion  (Ckristimiarym  farii) 
der  kaieerlicheii  Worte  curecht  macht,  der  andere  mit  eioer 
beateiifallfl  unwieeentlichen  Unwahrheit  beweisen  will,  wo  natfif^ 
lieh  da?  zn  Beweisende  nicht  mehr  gilt  ala  der  Beweis;  rei^ 
lehieden  aber  sind  die  Ereignisse,  auf  die  sich  beide  faeziehee, 
der  eine  den  Wolkenbrucb  deutlich  nennend,  der  andere  ei; 
Blitz,  nicht  nothwendig  mehr  aU  einen,  andeutend.  Also 
Hamack  gewaltsam  Cebereinstimmting  scbaffti  ist  vielmehr  eine 
Ptfferenz«  und  es  ist  nnzuläeeigt  wie  ich  allerdings  selbst  auch 
gethan  habe,  liegen  und  Blitz  zum  Gewitter  zu  vereinen- 

Denn  da  ist  nun  die  Säule,  deren  Bild  allerdinga  für  Har* 
naek  so  geringen  Werth  zn  haben  scheint,  dass,  nachdem  er  auf 
S»  B51  f*  sich  nothdtirftig  mit  ihm  abgefunden  hat,  er  es  ferner* 
hin  nicht  berücksichtigt»  und  in  dem  schunen  Stammbaum  auf 
S.  871  wohl  die  γραφή  des  Themistios  als  abgeleitete  Quelle 
und  die  (gar  nicht  yorhandeney  s.  S.  456)  melitenische  Tradition 
ala  selbständige  Quelle  neben  dem  Kaiserbrief  yerzeli  hnet, 
aber  nicht  das  Säulenbild  Κ  An  der  ungefügen  Säule  nun  Kind 
beide  Wunder,  wie  ich  das,  ohne  noch  die  Consequeozen  zu 
ziehen,  in  meinem  Aufsatz  (rgh  bes.  8.  86  f.)  nachgewiesen,  ge* 
trennt  dargestellt.  Ich  muss  den  Hergang  an  beiden  Stellen 
kurz  beschreiben;  er  ist  auf  den  Institutephotographien  von  1893, 
bis  auf  ein  Paar  nicht  unwesentliche  Dinge,  die  ich  aus  der  Prü- 
fung des  Originale  zufüge,  genügend  ersichtlich,  danach  hier  die 
rechte  Seite  reproducirt,  die  linke,  wie  weiterhin  die  andre  Scene 
nach  eigenen  Aufnahmen.     Zunächst  der  Regen. 

Am  1,  Ende  der  Scene  oben  stellt  ein  Zelt,  unterhalb  dessen 
links,  zur  vorigen  Scene  gehörig,  der  Kaiser  steht,  das  Lager 
dar,  bei  welchem  der  Kaiser  zurückgeblieben,  während  die  Truppe 
im  agmen  quadratum,  wie  Bomaezeweki  S.  617,4  richtig  bemerkte, 
weiter  niarschirt,  Geschütze  und  Thiere,  Pferde  und  Rinder,  um- 
Bchliessend.  Von  letzteren  stürzt  einep,  am  Original  deutlich  als 
verreckt  gekennzeichnet,  zu  Boden.  Die  Ursache  ist  gleich  da• 
neben  ersichtlich  gemacht,  wo  ein  Soldat,  den  man  auf  der  Pho- 
tographie seine  Hand  an  den  Geschützwagen  legend  verstehen 
konnte,  ein  Pferd  aus  einer  Wanne  trinken  läset,  also  die  sitis 
und  die  Erlösung,  denn  grade  darüber  beginnt  der  Regen,  gegen 


les, 


1  Mommaen  S.  101  uriheUt  natürlich  anders:  'das  Säulenbild* 
dessen  Zeichner  die  ofücielle  Auffassung  eicher  besser  kannte  und  treuer 
wiedergab,  ali  alle  uds  erhaltenen  Berichte'. 


i 


Blitz-  und  ilegenwunder  an  der  Marcus^äatile. 


46^ 


I 


welchen  die  weiter  vorauf  schreitenden  Soldaten  z.  Th.  mit  den 
über  den  Köpfen  gehaltenen  Schilden  eich  zu  schirmen  michen; 
Ruch  hier  aber  einer  trinkend,  derjenige,  dessen  Bewegung  ich 
8.  86  anders  verstehen  zu  niüßsen  geglaubt  hattet  er  trinkt  frei- 
lich weder  ans  dem  Schild»  noch  nu«  dem  Helm  (den  er  anf  dem 
Kopf  hat),  sondern  ane  einem  jetzt  mit  seinen  Armen  gröasten- 
theils  zerstörten  Gefäee.  Nur  die  linke  Seite  des  agmen  (oben) 
eracheint  vom  Regen  betroffen»  offenbar  nnr  deshalb,  weil  der 
Künetler  lieber  die  Figuren  als  den  Regen  darstellen  wollte:  hat 
er  doch  auch  bei  den  Barbaren  rechts  eich  begnügt  den  Regen 
oben  in  der  Hübe  darzustellen,  nicht  unmittelbar  um  dieselben. 
In  der  Mitte  des  rechten  agmen  der  Anführer,  sicher  nicht  Marc 
Aurel,  aber  freilich  auch  als  Pertinax  nicht  kenntlich,  überhaupt 
nicht  portraitbaft.  An  der  Front  sind  die  Soldaten  etwas  leb- 
hafter, vor-  aber  auch  ζ urüek tretend,  keiner  kämpfend;  die  zwi- 
schen Felsen,  wie  in  Schluchten  Lingestürzten  Barbaren,  deren 
WaÖL'u  (Schilde)  an  einem  Ort  beisammen  liegen,  können  deswegen 
und  wegen  ihrer  Lage  nicht  ale  im  Kampf  erschlagen  verstanden 
werdeuj  «andern  ertrunkeni  da  die  Bewegung  zweier  Pferde  das 
vergebliche  Ringen  gegen  die  Fluthen  uns  vor  Augen  stellt,  Der 
Anblick  dieser  verheerenden  Folgen  des  Wolkenbruehs  ist  es,  wae 
die  Römer  vorn  im  agmen  erregt.  Harnack  wie  auch  Mommsen 
mÖebten  nun  allerdings  etwas  von  Kampf  dargestellt  sehn»  Jener 
tneint  S.  852,  die  Trinkenden  wären  kein  passender  Gegenstand 
für  den  Künstler  gewesen,  'der  Regengott  sagte  bereits  genng*.  .  • 
*waB  gezeigt  werden  musste,  war  der  zweite  Act  des  Vorgangs: 
er  siegreiohe  Kampf  der  Römer  gegen  das  Element  und 
egen  die  Feinde  und  der  Untergang  der  Feinde  durch 
ie  Bora  er  und  die  Elcnieutargewalt,  genau  wie  Dio  den  zweiten 
Act  schildert*.  Aber  die  Sache  verhält  eich  nicht  so;  Dio  schil- 
dert zwar  ein  wunderbares  Handgemenge  unter  Blitz  und  Regen, 
aber  nicht  so  die  Säule»  wo  den  im  Druck  horvorgehohenen 
Worten  Haruacks  nicht  weniger  als  gar  nichts  entepricht.  Momm- 
sen, der  S.  105  Dio  in  Srlmtz  genommen  haben  will^  gieht  B.  98 
fteine  Darstellung  prei«,  die  er  weiterhin  mit  Retht  *  Albernheiten' 
nennt,  während  Harnack  S*  85vi  *  seine  Schilderung  des  ganzen  Vor- 
gangs' .  *  .  *80  anschaulich'  —  allerdings,  so  weit  sie  mit  dem 
t^äalenbild  sich  deckt  oder  zu  decken  eobeint  (vgl.  liom*  Mitth. 
94,  85  f.)  —  'und  so  deiaillirt'  findet,  daas  er  sie  nur  'für  eine 
Regeste  nach  dem  Bericht  eines  Augenzeugen  zu  erklären  ver- 
mag.    Mumm  Ben  a.  a.  0.  sucht  den  Bildner  des  Reliefs  von 


4C4 


Peierften 


Verpflichtung  Trinkende  darznetellen  (die  aicli  ja  ouDmelir  dook 
gefunden  baben)  dadurch  zu  entbinden,  daee  er  sagt  'wenn  der 
Hegen  beispielRweiee  auegetrooknete  B&cbe  schwellte  und 
den  Eömem  müglicb  machte  vor  dem  Beginn  dea  Handgei 
Wasser  zu  echöpfen  und  Meneoben  und  Thiere  zu  träDken*.  Fut 
wie  Gregor  von  Nyssa,  bei  dem  diese  Darstellung  aber,  wie  wir 
sehen  werden,  in  späterer  Weite rgestaltung  der  Dichtung  ihren 
Grund  bat  Nur  das  'Handgemenge*  (S.  100)^  das  'Kampifeld* 
(S*  99),  behält  Mommsen  aus  dem  sonst  verechmähteii  Dio  bei, 
gegen  alle  anderen  Zeugen,  von  denen  keiner  sonst  neben  der 
Intervention  des  Himmels  noch  mit  WaflTen  kämpfen  läset,  4ie 
Christen  vielmehr,  schon  Ensehios.  und  von  Dio  71,  10  abvei* 
cbend  Xipbilinj  deutlicher  Crregor,  und  der  BrieffaUcber,  abtr 
auch  Claudian  den  Waifenkampf  sogar  ausechliessen.  Und  ebtttio 
wie  gesagt  auch  die  Säule.  £ben  so  wenig  zutreffend  ίβΙ«  wil 
Mommsen  S,  100  —  Harnuck  hat  nichts  darüber  —  das  FeUci 
der  Blitze  zu  erklären  sucht:  'es  blieb  überhaupt  dem  bildend«! 
Künstler  nichts  übrig,  als  das  complicirte  Doppelwunder  zu  ?ef* 
einfachen \  noch  weniger  die  sehr  zugespitzte  Erklärung  S.  102: 
*wozu  geschieht  das  Wunder,  wenn  es  den  positiven  Glauben 
nicht  stärkt,  den  Frommen  der  einen  Gattung  nicht  gegen  die 
Übrigen  Eecht  giebt?  Dies  hat  zunächst  dahin  geführt,  dass 
von  dem  Doppel  wunder,  der  Stillung  des  Durstes  und  des  Ver« 
derben»  der  Feinde,  das  erste  als  das  erbetene  dem  zweiten  aus 
freier  Gnade  hinzugetretenen  vorgezogen  wird'.  Die  sehr  viel 
einfachere  Erklärung  ist  vielmehr  die,  dass  der  Blitz,  wie  ji 
auch  scbon  Tertullian  erkennen  liess,  bei  dieser  Gelegenheit  gt^ 
keine  Rolle  gespielt  hat,  wohl  aber  bei  einer  anderen,  nicht 
Zeit  vorhergegangenen. 

Denn,  wie  ich  S.  88  schon  aus  der  Photographie  nacl 
wiesen  hatte,  jetzt  nach  Prüfung  des  Originals  noch  bestimi 
versiebern  kann,  es  ist  in  der,  eine  Relief-Windung  tiefer,  nabez ο 
unter  der  linken  Hand  des  Regengotts,  Bellori  T.  12  dargestellten 
Seene,  rechts  neben  dem  von  romischen  Soldaten  besetzten  Ca- 
stell,  nicht  eine  Wasserwehr  zu  erkenneni  sondern  ein  Belagerungs- 
thurm  aus  Balken.  Derselbe  ist  unten,  in  nicht  sehr  geschickter 
aber  doch  kaum  misszu verstehender  Weise,  als  zusammenbrechend 
dargestellt,  oben  in  hellen  Flammen,  zwischen  denen  der  grosse 
gedrehte  Blitz,  von  rechts  her  hereingefahren  liegt,  während 
unter  dem  brechenden  Balkengerüst  gestürzte  und  stürzende  Bar* 
baren   liegen,   deren    einer  —  ähnlich  wie  der  von  Zeus  nieder- 


Blitz-  und  Regen  wunder  aa  der  M&rcuB-Säule.  466 

geblitzte  Gigant  der  pergameniecben  Ära  —  selber  auch  brennt. 
Auffallend  mag  es  auf  den  eiiten  BLiok  erscbeinen,  dase  die  Sol* 
daten  im  Caetell  nicbt  nach  dem  brennenden  Belagerungsthurm 
eebn,  sondern  nach  der  entgegengesetzten  Seite,  wo  der  Kaiser 
aueeerbalb  des  CaetelU,  aus  dieeem  berauagekommen  su  denken, 
mit  den  Barbaren  über  den  Fluse  hin  verhandelt.  Aber  diee 
iet  ein  früherer  Zeitpunkt,  ein  späterer  der,  wo  der  Blitz  in  den 
Belagerungathurm  schlagt;  denn  ancb  hier  iat  Marc  Anrel  rechte 
davon    wieder    dargestellt,   der  Katastropbe  zugekehrt  mit  einer 


darauf  hin  weisenden  Handbewegung.  Schon  hatte  ich  S.  89  die 
in  das  Eegenwunder  eingemengten  Blitze  mit  dem  hier  darge- 
stellten Ereigniss  in  Verbindung  gebracht,  ohne  indessen  Über 
den  Zneammenhang  znr  Klarheit  zn  kommen. 

Kann  es  nämlich  wohl  irgend  einem  Zweifel  unterliegen, 
dasB,  wie  unabhiingig  auch  v.  Domaszewski  gesehen  hat,  in  den 
Worten  des  CapitoHouB,  vita  Marci  24:  fulmen  de  caelo  precibus 
suis  contra  hostinm  machinamentum  extoreit,  suis  pluvia  impetrata 
cum  mti  luborareut,  das  Wort  machinamentnm  nach  ieinem  eigent- 
lichen Sinne  eonkret  von  dem  Belagernngatburm  zn  verstehen 
ist^y    statt   wie  gewobnlieb   abstrakt  von  dem  bei  Bio  71,  6  er- 

>  Bellori  zu  Taf.  12  oommentirte  das  Balken geriiit  mit  den  Wor- 

Rbtlii.  Mui,  I*  PHiloL  N.  F.  L,  30 


tetenei 


xftlüteo  rUn,   die  Rj^mer  dttreh  Abtelneida    vm  wü&m 

w  Tii^erbea  ?     Denn  hiergegen  half  eben  tiklit  da*  BUts» 

der  Reges;    xndem    wtrde  bei  jecer  £rkliiiiiij| 

sn  cum  $Ui  laborarent  nicht  einen  GegencaU  btldeii,  mmie^m 

ziemlich    gletcbbedeuteod    nein*     Vielmehr  i»d  rwei    Qtmai 

weiie  det  Himmel•,  in  Feuer  und  WtMer,  fegcäeittftadergwlBitly 

«ad  möglieberweiae  wie  ω  der  Simle^  1er  BUls  bei  dea 

der  Regen  bei  dem  «piteren  Vorgnsg. 

Sebaat  man  ticb  nun  noch  einmal  die  tpiterea 
in  welchen  die  zwei  getreiioten  Wander  bereite  xs  ι 
wunder  ?erechmoben  eind,  to  sieht  man,  dankt  nidi,  ixtclit  vs* 
•ehwer  lelbet  da  noch  den  nreprQnglicbeii  SachTerkalt  dank• 
•ebeioen,  vor  eilen  bei  Eutebios  in  der  Kircheng«acliiehte;  du 
&{φος,  das  Gebet  der  XIL  Legion  %nt  den  Knieen,  noeh  paradaxer 
dann  die  angenblickliche  Wirkung:  σκηπτόν  μ(ν  €ΐς  φυΐΐ|ν  wA 
όττώλιιαν  συνελαύνοντα  τους  πολεμίους,  δμβρον  b4  Μ  τήν 
Τών  Td  θ€ΐον  ΐταρακεκληκότα^  στρατιάν,  aUo  ίϊΐτβ  arsle  der 
Blitt  7or  dem  Regen,  fUrs  zweite  nnr  ein  σιτηίΓΓός,  gaac  wie 
noch  bei  Xipbilin  o.  9  εύ^σμ^νοίν  bi  qutujv  του  θεόν  τους 
μίν  πολεμίους  κεραυνφ  βαλεΐν  τους  hi  'Ρωμαίους  βρφΡΦ 
ποραμυθήσασθαι  (Eus.  άνακτώμενον),  wogegen  in 
Chronik  die  Ordnang  bereite  nmgekebrt  ist,  e«  aber  doch 
bei  einem  σκηπτός  sein  Bewenden  hat,  während  nmgekekrl  bei 
Gregor  tou  Nyesa  die  Ordnung  geblieben,  aber  an•  dem 
σΐ€ηπτός  vielmehr  βροντα\  4£αίσιοι  geworden  eind,  aber 
vielleicht  in  der  σκητπιΐιν  συνέχεια  noch  die  Einheit  dnrchbliekL 
Jetit  dürfte  man  es  anch  wohl  verstehen»  weshalb  bei  Tbemiattoe 
und  im  SibylUniflcben  Orakel,  wie  bei  Tertnllian,  nnr  vom  Re^n 
die  Rede  ist;  er  oder  vielmehr  seine  γραφή,  über  die  nachher 
noch  ein  Wort  zu  sagen^  bewahrt  noch  die  echte  Ueberliefernng, 
obgleich  die  Confnssion  damals  schon  Platz  gegri fiten  hatte,  loerst 
hervorgebracht  eben  dnrch  eine  Gegenüberstellnng,  wie  sie  in 
der  vita  des  Capitolinoa^  also  vielleicht  vordem  schon  bei  Marinf 
Haximus  stand. 

Und  nnn  wollen  wir  sehen,  wie  weit  Dio  gegen  das  '  wilde 
Anrennen    historisch -archaeologischer    Hyperkritik      noch    stand 


teni  machina  scn  repagnlam  ad  coropescendam  aqoirom  atlnrionem 
prope  castra,  ab  boitibua  immiisam,  vel  exsiccandas  uliginea  et  palti* 
de•^  naro  praeter  repagula,  funis  etiam  validui  (der  Blitz!)  inier  aquas 
apparel. 


Blitz*  und  Regen wtinder  m  der  Marcus-Säute. 


4G7 


be 


hält.  Sein  Cap,  8  war  mir  S,  79  nooh  ganz  zueammenhängend 
und  veretaTidig  vorgekommen,  auch  der  häufige  Verweis  auf  das 
β€Ϊον  und  θ€Οςι  und  S.  84  fand  ich  seinen  Bericht  auch  mit  der 
Bäule  in  Einklang.  Es  ist  wahr,  wie  v.  Domaszeweki  S.  617,  4  sagt, 
die  Römer  marschiren  da  im  agmen  quaärafumf  aher  eie  kommen 
doch  anch  nicht  vorwartSf  und  wenn  Bio  sagt  iv  TOSei  καΐ  έν 
τοις  τότΓΟίς  έατηκότων»  βο  ist  ja  das  agmen  quadratum  in  der 
That  ein  Marsch  in  Kampfbereitschaft,  und  Die  sagt  ja  doch  auch, 
dasfl  die  Römer  zu  marschiren  versucht  hätten»  Auch  zum  Be• 
ginn  von  c.  10  fand  ich  Dios  Schilderung  mit  dem  Bild  noch  in, 
nur  zu  grosser,  tTebereinstimmung,  Jedenfalls  hat  aher  Cap,  8 
die  Vorstellung  erweckt,  dass  mit  dem  Wunder  (ουκ  άθε€ί)  des 
Regens  der  Nath  der  Romer  ein  Ende  gemacht  sei:  muthvoll 
hatten  sie  den  Feinden  die  Spitze  geboten,  diese  waren  ausge- 
wichen, dem  Himmel  iiberlaeeend  durch  Hitze  die  Römer  zu  ver- 
derben» dsLj  wie  die  Noth  am  höchsten,  kommt  der  erlösende 
Begen,  und  nun  sollte  man  denkeni  wäre  die  Noth  zu  Ende  — 
nein,  die  Gnade  des  Himnaels  wird  durch  den  un massigen  Durst 
der  Römer  —  fast  sollte  man  denken,  es  wären  die  Germanen  — 
zum  Schaden,  indem  sie  nur  noch  trinken  und  auch,  ale  nun  die 
Feinde  diesen  Ueberdurst  sich  zu  nutze  machend  über  sie 
herfallen^  immer  noch  mehr  trinken  als  fechten»  und  dem 
Himmel  nichts  andere  übrig  bleibt  als  nochmals  dazwischen  zu 
fahren  mit  Blitzen.  Dase  dies  alles  absurd  ist,  obgleich  Hamack 
S.  853  es  sehr  gut  findet,  hat  Mommsen  natürlich  nicht  in  Ab- 
rede gestellt»  aber  das  Handgemenge  und  die  Blitze  hält  er  doch 
für  Ueber lieferung.  Wir  haben  aher  gesehen,  dass  das  Band- 
gemenge weder  von  einem  der  andern  Zeugen  noch  von  dem 
Säulenrelief  bezeugt  wird,  im  Grunde  auch  von  'Dio  nicht»  der 
ausser  c.  10  zu  Anfang  Ιπινόν  τε  6μοΟ  κα\  έμάχοντο  kein 
Wort  mehr  von  Kämpfen  sagt.  Die  Blitze  aber»  die  darf  ich 
nach  dem  vorher  Gesagten  nun  wobl  als  den  stärksten  Beweis 
dagegen,  dass  die  Geschichte  bier  nur  durch  Dionische  Rhetorik 
entstellt  iiei,  geltend  niacben»  Vielmehr  sind  eben  die  Blitze  an  dem 
ganzen  Unsinn  schuld.  Nachdem  der  σκητττός  oder  das  fulmen 
on  seinem  richtigen  Platz^  wie  es  oben  echten,  nur  dnroh  Hiss- 
TerBtändniss  einer  soloben  Zusammenstellung,  wie  wir  nie  noch 
bei  Capitolinus  finden,  mit  dem  Regen  verbunden  war»  da  galt 
die  beiden  Himmelsgaben  richtig  zu  vertheüen.  Oder  viel- 
ehr war  es  selbetverständlich,  und  ja  auch  schon,  als  jedes 
under  noch  an  seinem  richtigen  Platz  stand,   gesagt,    daee  der 


4G8 


Petersen 


Hegen  den  HömerD  zum  Heil,  der  Blitz  den  Feinden  warn  Te^ 
derben  war;  nur  wtr  daxnale  der  Regen  aacb  dae  Yerderbeo 
der  Feinde  gewesen,  wie  e§  epäter  noch  bei  Gregor 
Nyaea  wiederkehrt.  Diese  verderbliclie  Seite  des  Hegett• 
r&tb  aber,  seit  dafUr  der  Blitz  eingetreten,  begreiflicher  Wmm 
in  Yergeesenheit»  eo  bei  allen  aneeer  Gregor,  namentlich  aaah 
bei  Dio.  Aber  was  ist  bei  Bio  aus  der  einfachen  Gegenüber 
Btellung  von  rettendem  Regen  und  verderbendem  Blitz  gewordeo, 
die  bei  Eueebioe  z.  B.  noch  in  der  tLraprünglichen  Aufein* 
anderfolge  auftreten,  doch  so  dasa  eie  auch  gleichzeitig  gedacht  wer* 
den  können?  Bei  Dio  dagegen  iet  die  Erzählung  eu  Anfang 
(c.  Θ)  noch  so  gestaltet,  dass  man  die  Ünzugehörigkeit  der  Blitxe 
zu  dieser  Geschichte  deutlich  erkennt;  darum  gehen  die  Blitze 
hier  nicht  voraus;  aber  des  weiteren  ist  die  Erzählung  offenbar 
danach  angelegt,  das  Eintreten  des  zweiten  Wunders  zu  motivireB, 
daher  dieser  Durst,  desHen  lächerlicher  Schilderung  allerdings  das 
versehene  Bildwerk  Vorschub  geleistet  zu  haben  scheint  Eose* 
bios  mag  es  femer  nicht  eben  schwierig  gefunden  habeo,  daii 
der  Himmel  mit  seinem  Regen  just  die  Römer,  mit  seinen  Blitzen 
die  Feinde  traf.  Bei  Dio  dagegen  auch  hier  wieder  ein  Anflog 
Ton  Rationaliemne,  der  zuletzt  freilich  zu  noch  craeeeren  Wundem 
führt.  Bei  ihm  sind  ja  Römer  und  Germanen  durcheinanderge* 
wirrt  und  ήν  ούν  όραν  έν  τψ  αύτφ  xujptui  ubufp  Τ€  &μα  %d 
πυρ  έκ  του  ουρανού  φερόμενο,  ee  war  also  kaum  zu  vermeiden, 
daae  die  Römer  auch  einmal  etwas  vom  Feuer  abbekamen,  die 
Germanen  vom  Regen ;  aber  siehe,  bei  jenen  brennt  das  Feuer 
nicht,  bei  diesen  löscht  das  Wasser  nicht,  im  Gegentheil,  ee  wirkt 
wie  Oel  Κ 

um  nun  zu  sehen,  doss  man  in  Wirklichkeit  auch  ratioria- 
lisircnd  sich  mit  jenen  Wundergeschichten  abgab,  werfe  man  noch 
einen  Blick  auf  die  'meliteuische  Tradition^  bei  Gregor  von  Nytsa, 
wobei  dann  zugleich  erhellen  wird,  was  es  mit  dieser  auf  eich 
hat  Dem  Gregor  ist  noch  unverloren,  dass  der  Regen  den 
Feinden  verderblich  geworden,  aber  zum  Ueberäass  hat  er 
dazu  auch  schon  die  Blitze  überkommen,  in  der  Mehrheit  Um 
den  Belagerungathurm  und  seine  Insassen  zu  verderben,  war  der 
eine  genug  gewesen;  für  die  im  Freien  rings  um  die  Römer  ite- 


'  Weizsäcker  S.  9  spürte  chrietlieheu  Eioflusi  besonder*  in  der 
Zusammenstellung  ^einestheils  von  Wasser  nnd  Blut,  andemtheili  von 
Feuer  und  Β  tut*. 


Bliiz*  und  Regenwunder  an  der  MarcUB-SaoIe. 


Iienden  ßarbaren  glaubte  man  deren  eine  Maege  aofbieten  zu 
mUeaen,  obne  docb  mit  ihnen  eine  recht  glaublicbe  Wirkung  zu 
I  erzielen.  Aber  wie  legt  sieb  nun  Gregor  die  Anatbeilung  aea 
Begeni  —  den  einen  zum  Heile,  den  andern  zum  Terderben  —  zw 
recht?  Für  ibn  wie  für  alle  aneser  Dio  10  giebt  es  ja  kein 
Handgemenge,  sondern  nur  Gegenüberetellnng  von  Römern  und 
Germanen.  Ako  läset  er  die  Wolke  sieb  fein  über  dem  Lager 
oder  Heer  der  Feinde  zusammen  ziehen  und  auf  sie  Blitze  und 
Eegenetrome  niederprasseln,  αίτιον  —  πολυτελούς  καταφθορας, 
zu  den  Römern  aber  den  Regen  nnr  durststillend  in  Geetalt  neu- 
gefüllter  Bäche  —  ob  mit  treibenden  Leichen  sagt  er  nicht  — 
gelangen:  nicht  fechten,  sondern  beten,  durch  Himmels  Hülfe 
siegen,  und  trlnkeui  sogar  ohne  nass  zu  werden,  das  war  damals 
das  Scblacbtideal  der  XIL  Legion,  Ich  denke,  ea  ist  klar,  was 
der  Ursprung  der  besonderen  Ausgestaltung  der  *meliteniBcben 
Tradition^  ist,  an  deren  ^Selbständigkeit'  nach  Harnack  S,  861 
nicht  zu  zweifeln  wäre,  und  die  auch  Mommsen  (o.  S.  463)  zur  Er- 
klärnng  des  Säulenbildes  beranziehen  zu  dürfen  glaubte.  Aber 
kann  man  schon  a  priori  sagen,  dass  die  Römer,  durstend,  in 
dürrer  (Hooh}Ebene  sich  befinden  mussten  und  bei  bereinbre- 
chendem  Hegen  lieber  gleich  das  reine  bimmlieche  Kass  aufge- 
fangen  und  getrunken  haben  werden,  anstatt  auf  Zusammenrinnen 
in  den  Bächen,  die  ayf-  und  abwärts  in  Feindeshand  waren^  zu  warten, 
dass  die  Barbaren  dagegen  nur  in  Thälern  und  Fuseachluchten 
durch  Wolkenbrucb  namhafte  Verluste  erleiden  konnten,  also 
grade  das  Gegen theil  von  dem,  was  Gregor  erzählt,  so  wird  die« 
eben  durch  das  vorbeechriebene  Saulenbild  vollauf  bestätigt* 
I  Jetzt    ist    noch   einen   Augenblick   zu  Dio   zurückzukehren. 

Dass  die  fragliche  Fartbie  im  10.  Capitel  nicht  dem  Xipbilinus 
zuzuschreiben  hi  gebt  daraus  hervor,  dass  Xipbilinus  o,  0  ja 
noch  die  einfache  Zusammenscbweissung  der  zwei  Wunder,  mit 
einem  Blitz  vor  dem  Regen  (genannt  wenigstens]  bat,  während 
die  Confusion  der  Wunder  in  c.  10  zu  einer  weit  oomplicirteren 
Darstellung  geführt  hat,  wo  aber  freilich  immer  noch  durchecheint, 
wie  bemerkt  wurde,  dass  hier  ursprünglich  nur  der  Regen  an 
seinem  Platz  ist,  die  Einmischung  der  Blitze  hinzugetreten  ist. 
Wenn  gleichwohl  Bio  der  Verfasser  ist,  wie  Xiphilinue  versichert, 
und  ich  zu  beelreiten  nicht  den  Beruf  habe,  so  bat  Dio  jeden- 
falls entweder  den  Brief  des  Kaisers  gar  nicht  vor  Augen  ge- 
bäht,   oder    denselben   sehr   nücbtig    gelesen  ^      Denn    das•    der 

1  Domaszewski's  MeiJiung  (S.  613  und  deutlicher  61S  f.  619),  daei 


17α 


Peidrien 


m 


Kaiser  siob  nicht  undeutlich  ausgedrückt  bat,  t>eweiet  jß  ik 
B&ule.  Da  M.  Aurel  nämlicb,  wie  Dio  und  Tertullian  beaeofea, 
über  das  Begenwunder  an  deu  Senat  bariobtet  bai,  bei  dem  er 
nicht  zugegen  war«  so  wird  er  daa  Blitxwander,  deaaMi  Zeife 
er  nach  Aueweie  der  Säule  gewesen  ist,  nicht  tibergm^geii 
Beide  Ercignisae,  obwohl  durch  verschiedene  Vorgänge,  bei  ι 
Κ.  Aurelius  noch  mindestens  zweimal  anwesend  eracbeinty  getreofli« 
liegen  zeitlich  doch  kaum  weit  auseinander,  so  daaa  &ller  Wahr 
ecbeinlichkeit  nach  derselbe  Brief  von  beiden  berichietap  »tg^ 
Ucherweise  schon  in  der  später  nachwirkenden  Gegenüberstellmg. 

Am  Schluss  von  Dio-Xiphilinus  c.  10  scheint  nun  in  der 
That  alles  gut  zusammenzuhängen  und  das  Säulenbili]  reebl  wobi 
dazu  zu  stimmen.  Gleich  hinter  der  Yemichtung  der  Barbaris 
durch  den  Wolkenbruch  folgt  nämlich  eine  Scene,  wo  gBTWBUaükt 
Uänner,  Frauen  und  Kinder  die  Gnade  des  römischeji  Kaiaen 
anflehen  und  offenbar  auch  erl&ngen,  dabei  eine  grosaere  Entlal• 
tung  militärischen  Pompes,  aU  bei  Bartoli-Bellori  T,  12  abge- 
bildet istf  wo  der  stark  zergangene  aber  noch  beut  in  aetnts 
Grundzugen  kenntliche  Theü  des  Bildes  weggelasaen  ist:  ooeb 
ein  Adler  und  ein  vexiUum  mit  Soldaten  mehr.  Das  siebt  sieb 
gMii  wie  eine  Illustration  von  Dio*s  Worten  an:  ήλέησι  tovv 
αυτούς  και  ό  Μβρκος*  παρά  bk  τών  στρατιαιτών  τό  Ißte^iov 
αυτοκράτα/ρ  ιτροσητορ€ύ6η.  tcaitrcp  οέ  ουκ  €ΐω6ώς»  wplv  ιήν 
^υλήν  ψηφί<ίασθαι,  τοιοΟτόν  Tt  προσίιαθαι,  Άμως  ihiiaro  η 
αυτό  ώς  και  τταρά  θ€θΰ  λαμβάνυιν.  Und  doch  hat  ν.  Dona- 
szewski  emate  Bedenken  dagegen  erhoben,  die  mir  von  üomti 
nicht  beaeiegt  am  sein  scheinen. 

Die  akbaiit•  Imperatoreoaoelamatiaii  £UII  ina  Jahr  llt^ 
der  groite  Bageii  mnaa  sich  früher  ereiga«!  ha!b#ii.  weil  er  aaf 
der  Säule  ao  nahe  dem  Anfang  des  dArgeatellten  Kriegea  alebt, 
aftf  der  dnttea  Winduig,  dma  Blitawwader  auf  atr  Ewattvn  voa 
unten,  AJIesdijig•  firagl  aich,  wo  befinnl  die  Daratallmg»  wo 
eodet  sie,  und  wo  ist  der  Einachnitt  zu  deake&i  wekhcD  tu  d« 
Mitte  dea  Qmamm  4im  gtgiok  die  tia  lat»  geatoUto  Tkima  bildet? 
r.  BoManvtki  kütte  ala  Ende  apüaataM  den  Ttinph  des 
Jaluwi  176  gaaeliti  ab  EiaaAnitt  ia  der  Mitte  des  Cebergang 
iim 


TertulIiAik  berslta 


Μ  gaAbehteit  Kziaerbnef  bemfip» 
darcb  TertitUiana  ti  requiruitwr  (« 


Blitz-  udJ  Regenwonder  an  der  Marcus-Säule. 


471 


dagegen  findet  ee  wahrecUeiiiUcher,  dass  die  Victoria  vielmehr 
den  Triumph  von  176  hezeicbnei  und  dase  die  obere  Hälfte  den 
Beliefbandea  die  letzten  Krieg»jahre  des  Marcne  darstelle,  auch 
dee wegen,  weil  iu  der  bekannten  Inschrift  CLL.  VI  1585  die 
'volle  Benennung  coln[mfm  eenicnaria  divorum]  Marci  ei  Faw 
$tm[ae]  .  ,  .  nngeme&sener  nach  der  Conseoration  beider*  eei^ 
*  wogegen,  wenn  die  Suule  176  decretirt  ward,  die  Verbindung 
des  lebenden  Kaieere  und  der  coneecrirten  Kaiserin  Schwierig* 
keit  macht/  Würde  die  Schwierigkeit  nicht  wegfallen,  weoa 
man  die  Fertigstellung  und  Dedicatiou  der  Säule  eret  nach  dem 
Tode  auch  des  Marcus  annimmt?  Jedenfalls  iet  die  Äuweeeuheit 
der  Fanstina  im  Donauland  nicht  andere  als  durch  die  roman- 
bafte  Erzählung  dee  PhiloßtratOB  v*  soph.  2.  1.  11  bezeugt.  Gegen 
Philostratüö  stellt  aber  dae  Zeugniss  der  Säule,  auf  der  keine 
römieche  Frau,  geechweige  denn  Fanetina  nachzuweisen  iet.  In 
einer  der  drei  Sänften,  die  ich  bereite  Rom.  Mittb.  1893  S.  104.2 
in  dem  ßeltfiamen  Bauwerk  bei  Bartoli-Bellori  29  erkannt  hatte, 
konnte  man  freilich  Faustina  vorauszusetzen  sich  die  Freiheit 
nehmen^  da  ihrer  zwei  zu  eebr  zerstört  sind  um  erkennen  zu 
laesen,  wer  darin  sagg.     λΛ^ο  aber  wäre  die  Kaiserin  vorher,   wo 

■ist  sie  nachher  geblieben  ?  Da  jedenfalle  in  der  untersten  anscheinend 
wichtigsten,  allein  euweit  erhaltenen  Sänfte  ein  Bärtiger  sitzt, 
nicht  Kaiser  MarcuA,  so  ist  es  ratbeamer  Männer  anoh  in  den 
andern  zu  denken. 

Die    Säule    legt  aber    auch   noch    in    anilrer  Weise   gegen 

_Mouinieen  und  für  v.  Domaszeweki  Zeugniee  ak  Mit  völliger 
ider  genügender  Sicherheit  ist  Marc-Aurel  unterhalb  der  Viotoria, 

'also  in  der  ersten  Hälfte  dee  Bildwerks  etwa  24  mal^  oberhalb 
etwa  16  mal  kenntlich,  und  ebenso  sind  auch  seine,  gewöhnlieh 
pwei,    Begleiter,    namentlich  ein  Älter,   der  fiir  Claudius  Porape- 

'  Janas  gehalten  werden  darf,  in  vielen  Fällen  genügend  kenntlich. 
Bo    wie  nun    aber    in   der  unteren  Hälfte  Lucius  Yerue  fehlt,    so 
der  oberen  Commodus.     Danach  muss  also  der  Einschnitt  spä- 

"teetene  174  fallen»  wenn  der  obere  AbachluBs  175,  und  naturlich 
kann  nicht  unmittelbar  vorhergegangen  sein,  was  au  der  Säule 
ganze  7  Windungen  tiefer  dargestellt  ist.  In  der  That  ist  der 
grosse  Hegen  in  der  lateiniecben  üeberBetznng  von  Eusehioe' 
Chronik  173,  in  der  armenischen  172,  in  dem  Chronicon  Pa- 
echale  171  angeeet^t,  und  da  die  ühertriehene  Bedeutungi  welobe 
namentlich  die  Christen  dem  Ereignlss  beilegten  —  in  der  Chronik 

.ist  es  ja,  mit  dem  Blitz  wunder  verschmolzen,  das  einige  erwähnte 


472  Peierten 

—  verf&hreii   mutete  dMielbe  niher  dem  Eode  im  riekea,  lo  ht 
m.  £.  der  ip&tetie  Antati  am  wenigsten  für  ueh. 

Vielleicht  dienen  hier  Manien  snr  genaneiea  BeetimmiBg. 
Mit  der  26.  trih.  poteetna,  also  an•  dem  J.  172,  fiadcn  akh  ivci 
MtinsbUder,  welche  sich  mit  Scenen  der  iwei  nntent«•  Wmdnnit• 
de•  Sinlcnreliefa,  alao  den  Anfingen  de•  gamen  C^k]«•  deekca 
oder  nahe  berühren.  Da•  erste  eine  Knpfermteze,  die  Sckhd 
D.  X.  TII  &  60  (Cohen  ΠΡ  M.  Anr.  999  abgebildet)  beKhrcilt: 
pons  naTali•  »nper  qno  ineedit  imperator  seqneBtib«•  müitibif 
cnm  signi•  militaribnis  mit  der  Beischrift  Virtna  Aag«,  als•  wie 
Echhei  rerstand,  der  Uebergang  über  die  Donas, 
Bc^rinn  de•  Sinlennüefs  BarL-Bellori  T.  5  L•  hier 
Kampf«  die  Tinas  also  rom  Einr&cken  in  FeindcalaBd  ' 
Aas  demselben  Jahr  sodann  die  andre  Cc'hea  n.  ^08. 
Echhels  Eesriireibang  a.  a.  O^  imperaun-  palndatas 
s.  haieam  MiroBsssr  al  adstaate  Tln^iiia.  ein  TTpns  der,  ••  Tiel 
>rh  Mibe,  einsi^.  kaim  passendtr  besf^fx  weracK  kaim,  als  aaf 
W»n  ΤΓΤ  d«  Aurn  dw  KaiMTs«  rca  secner  Scssr  her  in  dn 
if&i>£bcl«K  Ί\τ7ΐΓ  eimcklares^fx  Bim :  fümcx  de  eaolW  cxianit• 
SkisLliri  Marms.  IVa  foipeDeeK  Jsiist  175  wjsdeaLeih  174(  ge- 
l>icn  flfcT.T  «in  tm  »£  nac^  EeU^I  acf  o»  Bgyecw^iiiii  be- 
w^wf?  ΤντΦ»  ^Xrkbrl  a.  a.  Ο.  Οτ•2ι«  M^>  £.  • :  -»a&Tihcm  ^[vattnsr 
HflciEj*  «AjttiL.  vt  ru»  rtnKj-hi  ^wcnöc.  raüaa.  mm  nadt- 
mi;^  fajM  aifcia.  cxmnuL  ^nif  Mtr.nz:}w  isaa»  L  nitBnm.  a. 
imCBWiab.  mr  mt  ^JxicsiSk  hmtetsput  3  mata»  «guBvaie  £cih|r  ist 
Λι^ρ.  2  aanma  5Q«(it.peiix  tcnf  mitc^nz^  uizä  jb.  ΖΛϊτ  174. 
I>ic  c-MankYw  na»  £i»  axf  oia  Έηιττις  η^^ιυις  natt  Xte  f  dv 

aJ»  Mfcniz  «πηκ  ux:  l^ia»R  öm  1l  Auniüx»  toxör  -w^s^amm'•^ 
v»i  CL•  ϊίαΰΐΑ»  ^axott&irv'iir.'  «•πχ  ικτ  Ckniziiüi^at  "v^cSOl 
lOffilh  IT  »ak  aids  Νιφτ  nr  F?vf.  JLs:  btm  ηκ  Μ.  jLvnl's 
I>Rii&'v*fuiir  nuttC  iciir.Twinagt  .i^rm^oi»  iranric  m  onr 
umic  si  äüjWL•  ΞβηιιΜ  xixn;  anm  üit  ^fmarnrnKausaäis» 
ÄMchnnr  3Wiiaimi^   not   £apei   rirui    η   Ιΐίιτνκηκ.     «s 

mr   Ir*tipiidt    ^m^'  3inisnic-xf:  """^    m»  emr  Ssumt 

ur     rawiutiilkiani    mc     aeniaianlHcm     air    <t«n     ^kiipc 


r»«   β  ΛΓ  iL^'saantV'iSÄ«  v^nnn^  7*W  i  * 


BUte-  und  Rogen wuader  an  der  MarcuB-Säale. 


473 


glichenen  Neapler  PromethensBarkophag  *,  wo  alle  Eleinente  und 
Natureraclieinungeii  pereooificirt  eind,  infibesoiidere  reclits  yon 
Zeue  und  Hera  der  Blitz,  ala  Fackel  tragender  Kuabe  Tom  Hirn• 
mel  uiederfabreud,  linke  der  Regen  in  Gestalt  dee  Hermee,  wel- 
eher  von  Her  β  den  Beutel  empfängt  nach  dem  »cbon  Pluto  η  vor• 
laugend  die  Hand  streckt.  Äho  könnte  Mercurius  mit  der  patera 
füglioh  eine  bald  nachher  gemachte  Stiftung  zum  Gedächtniee 
des  errettenden  EegeuB  sein,  welcher  schon  nach  alter  Ueberlie- 
ferung  der  religio  des  Kaisers  verdankt  war.  Das  Hauptbedenken 
gegen  solche  Deutung  des  Münzbilde  β  scheint  mir  dieses,  dass 
der  Regengott  an  der  Säule  zu  wenig  dem  Hermes  gleicht;  aber 
es  ist  ja  klar,  dass  in  den  Lüften  schwebend  den  Eegen  strömen 
zu  lassen  das  gewöhnliche  Bild  sich  nicht  eignete.  — 

Es  bleibt  schliesslich  noch  ein  Wort  über  den  Einfluss  des 
Häulenreliefs  auf  die  Legendenbildung  zu  sagen.  Daes  diese  erst 
durch  jenes  hervorgerufen  sei,  habe  ich  als  Irrthum  und  Einseitig- 


keit eingestanden; 


sie    aber    nicht   ganit   unbeeinEusst  von 


jenem  geblieben  sei,  scheint  mir  noch  heute  und  ist  ja  auch  von 
Weizsäcker  angenommen*  So  glaube  ich  noch  heute  die  Vorstel- 
lung der  €V  τη  παρατάΕει  zum  üebet  niederknieenden  Legion 
durch  die  bei  Bartoli-Bellori  Taf.  7  abgebildete  Soene  mit  den 
knieenden  ßeschildeten  zu\vege  gebracht^  nachdem  vom  Beten  der 

^  Soldaten  schon   vorher  geredet  worden  war. 

^K  Ganz    besonders   scheint   mir   aber    unahweiehar,    dass    der 

namentlich  bei  Dio  10  ins  Lächerlicbe  gesteigerte  Durst  der 
£Ömer    und   die  '  anschauliche    Schilderung^    wie    sie    denselben 


1  Gerhard,  Ant.  Bildw.  LXI;  Jahn,  Sache,  Berichte  1849,  S.  158, 
Taf.Vni;  WeJcker,  Alte  Denkm.  II,  XIV  S.  286;  Wieseler,  D.  a.  K. 
Π  841.  V.  Dom&ezewski  macht  mich  auf  Lucan  Phase.  X  209  aufEBork* 
iam,  wo  Cylleniue,  der  Planet,  immensae  arbiter  undae  und  214  domi- 
nus aquarum  heisat,  mit  Be^ug  auf  die  Kilscbwelle,  die  in  dem  Monat 
beginnt,  deesen  Scbutzpatron  in  Acgypten  Thot,  der  ägyptische  Hermes, 
war  (vgL  Brugech,  RcL  u.  Mytb.  d,  alten  Aeg.  S.  4θ4  f ).  Der  arbiter 
undae  erinnert  mich  an  Philoe  träte  imag.  1  6,  im  Nil  bilde  Iv  AlSioittf? 
5^,  69ev  dpxciai,  ταμίας  αοτφ  έφέστηκεν^  Οφ*  oö  π^μττβται  ταΐς  ώραις 
ούμμΕτρο^,  was,  wie  Philo»tratuB  (β.  JacobsAVelckcr  zur  Stelle)  selber 
im  ApoUon,  VI  26  verrälh,  und  Α  rat  Phaen.  "282  bestätigt,  mebr  aus 
Pindar  (Boeckh  Π  2  S.  627)  als  aus  einem  Bilde  gescbiipft  ist«  Viel- 
leicht erhellt  flo,  wie  man  dazu  kam,  mit  wenig  Reckt  freilieb,  agyp- 
tischA  Magie  einen  Anspruch  an  das  Wunder  bei  den  Qnaden  tu  be- 
gründen. 


474      Petersen  Bliti•  und  BegeDwooder  an  der  lUrew-Sbile. 

gestillt,  weniger  auf  den  Bericht  eines  Angensengen  als  anf  du 
Säulenbild  zurückgeht  Denn  nachdem  auf  diesem  aa  swei  Fi• 
garen  das  Trinken  wie  auch  das  Trinken  wirklieh  sieh  gefondeo 
hat,  ist  das  Mieeverhttltniss  der  Darstellung  xn  dem  was  Dk» 
schildert  nur  um  so  weniger  wegsudeuteln.  Daaaelbe  wird  ji 
aber  aufgehoben  durch  die  nach  wie  vor  bestehende  Thatsacbe, 
dass  zwar  nicht  wirklich  aber  scheinbar  das  was  Dio  schildert 
dort  zu  sehen  ist.  Desgleichen  ungefähr  was  Themistios  schil- 
dert, und  hier  sehen  wir  uns  vor  folgendes  Dilemma  gestellt: 
Entweder  die  γραφή  des  Themistios  war  wirklich  das  Sialea- 
bild,  dann  wäre  die  Misedeatang  desselben  ja  beseugt;  oder  sie 
war  davon  verschieden,  dann  wahrscheinlich  eine  dem  Beschauer 
näher  gerückte  und  bequemer  za  sehende  Darstellung  des  Vor- 
gangs und  dieser  hier  wirklich  so  dargestellt  wie  Themistios 
beschreibt:  dann  zeigt  uns  dies  Bild,  gegen  das  doch  gewiss 
authentischere  der  Säule  gehalten,  dass  die  Entwicklung  der  Le- 
gende im  bezeichneten  Sinn  nicht  bloss  im  Wort,  sondern  aneb 
in  einem  Bilde  stattgefunden  hat,  auch  darin,  dass,  während  in 
Säulenbild,  der  sonstigen  Ueberlieferung  gemäss,  Kaiser  Marens 
bei  dem  Vorgang  nicht  zugegen  war,  derselbe  im  Bilde  des  The- 
mistios έν  τή  φαλάγγι  betend  dargestellt  war  in  dem  Augen- 
blicke, wo  die  Soldaten  bereite  den  Regen  in  ihren  Helmen  auf- 
fingen. Aber  auch  die  andere  Möglichkeit,  dass  dies  dennoch 
das  Säulenbild  ist  und  der  Kaiser  links  neben  dem  agmen  qua- 
dratum  (B.  B.  Taf.  14)  fälschlich  zu  diesem  gesogen  und  in 
seiner  Bewegung  missdeutet  worden,  scheint  nicht  ausgeschlossen  ^ 

Rom.  £.  Petersen. 


1  BeriohtiguDg  zu  S.  453  und  S.  465.  Durch  eine  eingetragene 
Notiz  büirrt,  habe  ich  die  ricbtigo  Auffassung  von  Capitolinos  vita  Marci 
24  machinammtum  auch  mir  beigelegt;  sie  gehört  allein  v.  Domassewski. 


475 


Hiseellen. 


Varia, 

EmenJationis  pniicipium  enge  obRervationem  luculenter  Dio- 
Halic.  locus  tlemonetrat  qni  e^t  de  Ljs.  p*  483  Ε :  cv  γουν 
τοις  Ti€pi  λ€£€ως  γραφ€ΐσι  τών  τ€  άλλαιν  καταμΕμφεται  (sc.  ό 
Θεόφραστος)  τών  ττ€ρι  τάς  άντιθίίΤεις  και  παρΐ(Τώσ€ΐς  και  παρ- 
ομοιώσεις  bitcTTioubaKOiajv  και  5ή  και  τον  ΛυίΤίαν  έν  τούτοις 

, καταριθμεί  κα\  τον  υπέρ  Νικίου  —  λόγον  —  παρατιθείς.    Quo 

[de  loco  diversa  viroruni  doctoram  eententia  eet.  Sunt  eDim  qiii 
καί  qaod  püBt  καταριθμεί  inaertum  invenitur,  tolli  iuLeant;  alii 
Marklando  auctore  καταρίθμεϊ  καΐ  in  καταριθμείται  mütari  vo- 
lueruDt  Sed  lios  eine  dubio  opinio  fefellit,  Eo  enhn  discrimine 
Diony»iua  usus  est,  iit  καταρίθμεϊσΟαί  τι  diceret,  contra  κατοριθ- 
μεΐν  ίν  τινι  conf.  de  Dein.  ρ.  1058  τους  χαρακτήρας  τών  bia- 

fXeKTUJV  τους  άΕιολοτωιάτους  κατηριθμησάμην»  ηά  Arnm.  ρ.  739 
οος  κατηρίθμημαΐι    Arch.  Ε  ρ.  iHi^  29  Kies&l.   ους  Έλληνες   έν 

ι  τοις  δώδεκα  θεοϊς  καταριθμουσι,  Arcb.  β  7Γ\  18  έν  τοις  πρώ- 
τοις καταριθμεΐν^  et  iie  comp,  ρ,  173  R  de  Dein.  ρ.  974  R  Arcb. 
p.  2290  R.  Neque  fortniUni  esse  illam  diverRitatem  Diodorna  docet 
eadem  nflue,  velut  6v  iv  τοις  επτά  —  ίργοις  καταριθμουσι  II  1 1 
et  almiliter  ΧνΠΙ  4,  cf.  Π  31  fr.  IX  2.  4  Vogel,  JV  85,  XVI  83, 
XVI  95,  porro  τήν  άπό  Κυρου  συχτ^νειαν  —  καταριθμούνται 
exe.  Hoeßch.  XXVIIl  78*  Verum  is  eo  diecrepat,  quod  καταριθ- 

.  μεΐσΟαι  *  paaeivuni  nou  rDmquam  exbibet,  a  Dionyflio  flpretum. 
lam  vero  Strabo  διαριθμεΐσθαι  eodem  fere  Rensu  usurpavit  quo 
et  καταριθμ€ΐν  et  καταριθμεϊαθαι  medium  aequales:  C  409  bia- 
ριθμούμενος  τάς  προσούσας  άρετάς,  C  582  ^ιαριθμεϊται  έν  τοις 
0υμμάχοις  u  e»  in  namertim  sociorum  refert,  C  102,  414,  4.33, 
453,  485,  742,  804.  At  in  genere  passivo  unicum  καταριθμεισθαι 
agßovit:  C  461  καταριθμουμε'νους  iv  τψ  καταλόγψ  τών  νεών 
καΐ  τους  Άκαρνάνας;  C  441  κατηριθμημένων  —  πολλών  αυτής 
TOTTUJV,  cf.  C  312,  395,  675,  677^  808.  Quae  omnia  primum 
ideo  monemue  ut,  quam  variu«  ac  iuxua  ülins  aetatia  eernio 
fuerity    inaigni  exemplo  cognoBcatur  ^,    deinde  ut  perversum  esee 


*  Ut  ίτη  καταριθμεισθαι  1  24,  2. 

^  Similie  quidem  est  Strabo  Dionyeio,  Diodoraf  Nicoiao  in  ser- 
vandifi  articuli  lefiibuR  eis,  de  quibus  mua.  rben.  49  p.  163  sq.  ezposui- 
Tuue,  Videae  C  669  ίπεμψαν  Σκιττίωνα  έπισκ€ψόμ£νον  C  256*  269;  C  383 
τους  άλλους  διαπέμψαι  Ζητήΰοντος  C  257,  780 j  C  232  πέμηειν  τους 
λεηλατήσοντσς  C  98,  116,  263,  28Β,  721,  724,  821;   C  384  καθιοτασιν 


476 


Misoellen* 


intellegatur    qnod    in    lacniia    etipplenda  C  4S&  OruBarw 
eumqae  necoti  reliqui  Strabonie  editoree:  τ&λλα  6(^&0 
Nempe  debebant:  ταλλα  bέ<ιcατ>ηpίθμηταu 

Sed  ut  ad  Dionyeium  redeaioaa,  eUi  καταριθμείται  ilH  lofo« 
a  quo  profecti  eumue^  nequaqaam  couventre  apparet^  t&aea  rtrtm 
ut  καΐ  removieiiQ  eatia  eit^  ao  mihi  καταριθμ€Ϊ  καΐ  in  κατΐ|* 
ρ!θμηκ€  optime  coire  iridetur;  de  temporam  coofitstcMi•  eooimi 
NicoL  Damaec.  p,  89,  17  Dind.  Herodoti  I  31. 

Saut  in  Btrabone  quae  minne  recte  edi  aemel  momtma  pei^ 
spiuiaa,  velnti  quae  exetant  de  morte  Μϋοηίβ  C  263  X^jCTat  ToOv 
Μοιποριΐιν  ttotc  Isf  ύλης  βαθείας  τταραβήναι  την  6b6v  im nUcr, 
€ίθ*  €ύρών  £ύλον  μΐγα  έσφηνιυμίνον,  εμβολών  χείρας  δμα  και 
πό^ας  ύς  την  διάστα0ιν  βιά2^€σθαι  προς  το  Οιαστήσαι  τ£λώ#ς' 
τοσούτον  b'  ίσχυσε  (lege  Ισχυσα  ι)  μόνον  ώστ'  έιατεσείν  τους 
σφήνας•  df  €ύ66ς  έπισυμττεσεϊν  κτλ.  Item  C  Τ16  obi  dcBracli- 
manie  traditur:  δτψ  b'  &v  κομίΓοντι  σΰκον  ti  βότρυς  τταρατυχιυΟΐ, 
λαμβάνειν  δωρεάν  παρέχοντος,  et  aententia  ei  atractara  orationii 
meliua  habebit,  ei  emendaTeria  λαμβάνειν  buipcav  παρ*  έκόντος^ 
11 1  infra  C  718  eet:  μήτε  αύτψ  6ειν  tu»v  παρ'  εκείνου  5α»ρ€ών, 
In  terpre  tarnen  tum  e  textti  removeaa  C  483:  τους  μίν  οΰν  b\ 
νεοίτφους  εις  τα  συσσίτια  άγουσι  [τα  άv^pεΐα],  quae  rerba 
orig'inem  duxerunt  ex  iie  qiiae  C  482  init.  invenitintur:  τα  bc 
συσσίτια  άν^ρεϊα  παρά  μέν  τοις  ΚρησΙν  και  νυν  in  καλεΐσθαL 
Simile  habe«  DioDyeÜ  Hai.  de  Dem.  p»  1096  R.  τοΰτο  hi  6ή  μοι 
πρώτον  ενθυμηθείς  δοκεΐ  συμμεθαρμό^εσθαι  ταΐς  ύποθέσεσι 
τόν  χαρακτήρα  τής  συνθέσεως  [τοις  ύποκειμένοις  πράγμασι]  aec 
ηοη  PlotÄTchi  de  amore  proli»  493**;  και  χάρ  τά  φυτά  τών 
Zijiujv  (f»cil  μάλλον  έπεται  τή  φύσει)  οίς  οΰτε  φαντασίαν  ου0* 
ό  ρ  μ  ή  ν  εδιυκεν  [έτέραιν  δρεΕιν]  του  κατά  φύσιν  άποσαλεύουσαν. 
lafra  όρμαΐ  και  όρέ£εις  tarnquam  aynooyma  ianguntor;  quid  rero 
eil  ορμή  auctor  ipt^e  anim.  an  corp.  501^  explic&t:  a\  γαρ  6ρμαΐ 
τών  πράξεων  αρχή,  τά  bk  πάθη  σςκ)6ρότητες  όρμΟΙ>ν.  Video 
Dane  cantiaa  iadicari  locam  quendam  Longini  in  arte  rhetoiiea, 
quem  Spengelius  gloseemate  liberaeee  eibi  vians  est  p.  576  W 
(204,  9  Hammer),  verum  ibi  qnae  aecantur  vitio  laborant,  etii 
viam  eroendationis  Finckhina  atrnxerat:  αΐνίττεταΐ  61  και  6  κα- 
τατετρήσθαι  δοκών  πίθος  και  το  έν  *Αιδου  κόσκινον  δτι  μηο^ν 
στέτ€ΐν  δυνάμεθα  τών  εΙς  την  ψυχήν  είσιόνταιν,  άλλ'  όπόρρυτόν 
έσην  άνωθεν,  ώσπερ  απορρέοντος  ηνος  άεΐ  δει  το  έπεισρέον 


Ανδρα  νέον  τόν  1ιιιμ€λη00μ€νον  C  230  ^χον  άνβρώικους  τους  ουνοική- 
σοντας  C  279  πίμψαχ  τίνος  τάς  μεμφομένας  C  ΙΑ,  234,  235,  732,  793, 
840.  Quamobrem  C421  corrigmi:  προσ^^οαν  hi  τοΐς  κιθαρψδοΐς  αύλητάς 
τ€  κοί  κιθαρίστας  (τους)  χΐϋρίς  ψδί^ς  άποδυΐκίοντάς  τι  μΑος.  Kueqaam 
vidi  r^ulam  ilUm  in  Dionyvio  aut  Kicolao  mig^ratam  neqae  in  Coooaia 
ercerptii*  lemel  in  Parthenio  cuiue  admodum  dubia  memoria  ett  (p.  156, 
10  W.)  Cetera m  de  tota  graecitate  me  doctriDam  prololia••  credere 
noli.  AJism  retustiorea  normam  lecantiir  neque  e.  g.  aibt  conttat  Pltttar- 
chni*  ctmoia  misc«;i  Lncianuf. 

^  καΙ  πορ'  ^KOvrufv  €ύρέσ6οι  τον  «Πτον  Pldloetr.  ν.  ApolL  1 16  ρ.  9. 


MiicelleB, 


m 


dvüL•  Quidni  κάτα)θ€ν?  eiqnidem  αΙνίττΕται  ό  κατατ€τρήσθαι 
boKUiV  πίθος  και  κόσκινον.  Praeter  ea  in  com  parat  ione  inHUnt 
qnae  comparari  omniDO  nullo  modo  posflint.  Denitjue  si  re  vera 
iUud  Platonie  (Legg.  p.  732**):  uKJTiep  γαρ  άττορρίοντός  τίνος 
ά€ΐ  hd  τουναντίον  έτπρρ€ϊν,  άνάμνησις  6'  έστιν  επιρροή  φρο- 
νήσβιυς  κτλ,  a  Longirio  adhibetur,  id  quod  nemo  dabitabit,  ee- 
Quitur  ut  ώσπ€ρ  ad  απορρέοντος  trabend  um  sit,  Sed  enim  έστιν 
ανυυθ€ν  corrtiptum  est  ac  verum :  4στι  πάν,  δθ€ν  ώσπερ  απορ- 
ρέοντος τίνος  κτλ.  Hie  in  tranBCursii  ue  Äpsinii  loco  qiaestio- 
nem  inatituam,  qui  licet  e  Bemostbenis  memoria  eine  magna  dif- 
ficültate  reetitiii  qneat,  Baku  ingenium  fmetra  exercuit  p.  289,  11 
flammer:  έΐτ'  έπάγ€ΐ  ένθυμηματικώς '  *€ΐτοίνυν,  ώσπΕρ  bi' Ίφι- 
κράτην  και  ΤΤολύστρατον  καΐ  δλλους  τινάς  €ύ  πΕττοιήκατε,  bi' 
αυτόν  οΰτιυς  ει  καΐ  Χαβρίας  ήίίοίσεν  ύμας  τινας  τούτων  ευ 
ποιήααι  —  ουκ  δν  ίίϊαίκατε*;  Corrige:  εΐ  τοινον  —  bi'  αυτόν 
ούτυυσΐ  και  Χαβρίας  κτλ/  et  Dem*  T.ept.  85:  ει  bή  τ6θ\ 
δθ'  €Ορί(Τκετο  την  δωρειάν,  ήΕίιυα"  υμάς,  ώσπερ  bi'  Ίφικράτην 
καΐ  Τιμόθεον  ευ  τινάς  πΕποιήκατε,  ου  τ  α»  και  bi'  εαυτόν  ευ 
ποίήσαι  τούτιυν  τινάς  κτλ,  Verum  de  Apsine  fusius  dieputandi 
et  muUria  eet  et  occaeio  alia  quaeretun 

Constat  eam  inter  χαί  et  bia  vocnlaii  simi1ifii4inem  ecrip* 
turae  inlercedere  ut  saepennmero  et  confusae  eint  et,  ai  forte 
concnrrerint,  alierittra  in  librii  omittatur  lam  üuener  mue,  rben, 
XXV  p.  602  καί  ante  hia  bic  illic  ineiticium  iiiveniri  veriseirae 
obeervaYit,  quam  in  rem  si  editores  acrius  intenderent,  non  pancae 
de  lacimia  siiiipicionee  eesent  oppressae  ^.  Tertinm,  quod  contra- 
rinm  eet,  addo  καΐ  bia  exaratum  oceurrere  nbi  eolnm  και  tolerari 
poteat,  velnt  Diodori  ί  4,  2  ίπειτα  καΐ  bia  την  έν  'ΡώμΓ)  χορη- 
γίαν  Hertleiniiia  έπειτα  και  τή  έν  'ΡώμΓ|  χορητίίί  acute  emen- 
davit,  Habee  in  amplo  illo  fragmento,  quod  e  Tbrasymacbi  ora- 
tione  qiiadam  Dionyaios  de  Dem.  p,  960  eq.  aervavit:  αλις  γαρ 
ήμιν  6  παρελθών  χρόνος  και  άντι  μέν  ειρήνης  έν  πολέμψ  γε- 
νέσθαι και  5ιά  Kivbüvüjv  —  άντι  Κ  ομονοίας  είς  Ιχθραν  και 
ταραχάς  προς  αλλήλους  αφικέσθαι,  Hiare  orationem  complurea 
dixerunt.  Tu  vero  corrigee:  έν  πολέμψ  γενέσθαι  και  Kivbuvuj, 
Utile  exemplum  est  Diodori  XV  95,  3  quo  loco  καΐ  άρπαγας  libri 
omnee  eibibent  excepto  Dindorfii  codiceL,  qui  καΐ  οιαρπαγάς.  Addo 
καΐ  b  ι  α  πεπληριυμένοι  λαφύριυν,  qnod  Hereber  και  πεπληρυυμένοι 
λαφύρων  correxit  Aeneae  comm.  ρ.  35,  IL  Idem  άναγκα  ί  (f  φορςί 
genuinum  esee  monuit  Fiat  Legg.  p.  648*^,  cum  in  librie  sit:  τήν 
έν  τή  του  σώματος  άναγκαίφ  bιαφopα  bύvαμιv  ύπερθέυΛί  και  κρα- 
τών. Denique  adeas  Pkt,  de  pr.  fr,  954«,  ubi  και  άστράπτει  πυρού- 
μενος  libri  exbibent  praeter  Palatinum,   in  quo  κ  α  i  b  t  α  ατρα- 

*  καΐ  διδοϊς  Strab,  C  4ίϊ5  Crameraa  recte  iudicavit.  Vide  pme• 
terea  Dio  Chrye.  p.  150,  2  Arn,  Diod.  IV  10,  2,  Dionys.  de  comp.  p.  171 
καΐ  öl'  60λαΡ£ίας,  Dionye.  de  Dem  p.  1093,  10.  Dubium  eet  Diod.  XIV 
71,  3^  contra  ό  hi  προαιώντων  έκάθι^το  [καΐ]  &ιά  τύ  τοις  έκ  ττλατίοΐί 
όμιλ€ΐν  οΰτ'  έττιοτρέψας  προς  αυτούς  τό  πρόσαιττον  οοτ€  προσεχών 
corrigai  Nicolai  Üamaio.  β(ος  Καίσαρος  ρ.  116,  5  Dind. 


it8 


Misoelten, 


τττόμενος  legitur,  unde  comectaram  intitilem  Bern&nlakis  ΛηχΆ, 
Tide&f  etiam  lEuiba  κ  α  λούμ€νον  pro  llü}  καλούμ^νον  »cnptna 
Arriani  anab.  I  18,  3  HbroBque  Philoetrati  v*  ApolL  I  31  inlcr 
και  έκΑ€ΐκΤ€  et  και  öukAcuüe  (sie)  Variante«,  Öed  quid  biec! 
Scüicet  in  lexicis  Graecis  btaXuTTctv  yocabulum  fartur,  eeoieli  nt 
credunt,  a  Plutarcho  ueorpatTim,  quae  ▼erba  integra  proposain  dl 
gen*  Socn  578"^:  ήστταίόμίθα  τον  Σιμμιαν  —  μάλα  (Χύννουν 
καΐ  2>ΐαλ€λυττημ€νον.  Equidem  neque  bid  et  λυπεϊν  Graecu« 
composuiese  et  κάϊ  λ€λυτΓημ€νον  Plutarcbum  »crtpeiaee  existniDo. 
Neque  minue  dubito  num  διαταραχή  dixerint^  ntiod  adhac  um 
Piutarcbi  loco  nititur  de  fort.  Rom.  317^:  Tuiv  b  abpOT^ptuv  KOi 
συν€στηκότων  ή6η  ϊϊ€ΐνούς  αγώνας  προς  άλληλα  καΐ  5ιατα• 
ραχάς  λαμβανόντων.  Seqaatur  in  ieta  eerie  6ιατρ€μ€ΐν  qoo  Arria^ 
nnB  iiBUB  eflfie  putatur  in  periplo  VI  5:  βορρας  ^τηπνευΟΌς  ήλίγος 
κατίστησ€  την  θάλατταν  και  h\  ατρεμήσαι  ΐϊτοίησε.  Hie,  qnod 
mireria,  üereher  και  bf\  ότρ€μή(Ται  voluit,  praeetat  καΐ  άxμtμf^öQL• 
Ultimum  eit  και  b  ι  αγωνίας,  qnod  in  καΐ  διαφωνίας  M&rklaa« 
duB  tnutavit  Maximi  Tjni  I  p.  3  R.  An  f|  ού  Ttapiici  0θφΐ* 
σταϊς  προφάσεις  λόγων  καΐ  αγωνίας?  Neo  denique  silebo 
Philoetrati  tmm*  II  2  ρ.  342  Ε  nuno  0υναλ€Ϊψαΐ  μην  καΐ  ένιίκίαΐ 
καΐ  νή  Δία  boOvat  edi,  cum  in  HbriB  και  biaboOvot 
inveniatur,  ac  dixertm  καΐ  boOvai  non  minore  iure  reetitui  poaee« 
Prumiae.  L.  Badermaoher. 

Zi  den  SpriiclicD  €es  PnlililiiB. 

Seit  dem  Ereclieinen  der  letzten  Ausgaben  des  PubUlioi 
atie  dem  Jahre  1880,  der  kritischen  von  W.  Meyer  und  der  er 
klärenden  von  G.  Friedrich,  die  beide  trotz  ihrer  groeaen  Ver- 
dienate  zeigten,  wie  wenig  solche  zur  Heraiisgabe  dieses  Sohrül^ 
atellerfl  berufen  sind,  denen  die  Sohulong  in  piantiniBcher  Metrik 
abgeht,  und  wie  viel  noch  fiir  diese  Sprüche  zu  thnn  bleibt,  hat 
sich,  seheint  es,  Niemand  mehr  eingehender  mit  ihnen  beschäftigt 
Und  doch  stellen  sie  so  viele  Aufgaben,  nicht  bloBs  darch  dia 
Schwierigkeit  herauszufinden,  was  echt  puhlilianischeB  Gut  ist, 
sondern  auch  durch  die  verderbte  Ueberliefernng,  die  so  manchen 
sinnlosen  Vers  enthält,  der  noch  der  Heilung  harrt.  Möchten 
die  wenigen  Bemerkungen,  die  ich  hier  dazu  gebe,  wieder  etwas 
mehr  die  Aufmerksamkeit  der  Fachgenossen  auf  sie  hinlenken. 

HO  lautet  nach  cod.  F,  in  dem  er  allein  überliefert  iat: 
Ecgnai  nmi  loquiiur^  qui  nihil  nisi  quod  vult  facU^ 
Spengel  behält  dies  bei,  ich  aber  vermag  diesen  Worten  keinen 
rechten  Sinn  abjiugewinnen,  ebensowenig  scheint  mir  die  Con* 
jectnr  von  Fröhlich:  regnat  non  rcgifur,  qui  e.  g.  5.,  die  die 
übrigen  Herausgeber  aufgenommen  haben,  zn  gentigen.  loh  glaube, 
dafls  loquitur  aus  einem  mit  Abbreviatur  geschriebenen  lon^e  ver- 
lesen ist  und  schlage  vor: 

Regnai  non  longe,  qui  nil  nisi  quod  Vidt  facU, 

PiJ  ist  gleichfalls  nur  in  der  Freisinger  Sammlung  erhalten: 
Pecunia  *  rcgimen  est  rerum  omnium. 
Keiner    der  Vorschläge    die   Lücke   auszutüllen    befriedigt     Die 


Miacollett. 


479 


Ι 


an^schriften  α  umd  ψ  haben  die  Copula  nach  pccunia.  Ver- 
gleicben  wir  dazu  den  griech-  Vers,  Nauck  Trag,  fragm.*  adeep. 
294: 

χρυ0ός  γάρ  έ(Ττιν  Ος  βροτών  Ιχη  κράτι^, 
ίΟ  BcbeiDt  mir  tinzweifeltbaft,  dass  zu  schreiben  ist: 

Pecimiü  estj  (rwi)  regimen  est  rermn  omniunL• 
Datnit  erscheint  dieser  Vers  freilich  als  blosse  Uebersetzung  des 
griechlHchen,   und  es   ist   zweifelhaft  geworden,    ob    er   wirklich 
von  Publilius  herrührt. 

Auch    C  19    zeigt   eine    Lücke.     Die    beste    Üeberliefemng 
lautet : 

üontemni  est  gravius,  quam  stultUim  perctäL 
Hauche  haben  damit  Salomonis  prov,  10,  8:  Urit  incrtpatio  pru* 
ämtem  magis  quam  si  permtiüs  stoUdum  ccfUies  verglichen  und 
den  Vers  für  noEcbt  erklärt,  andere  dagegen  richtig  gesehen,  das» 
211  contemni  ein  Dativ  fehlt,  welcher  diem  stidiiiiae  entspricht  und 
sapietiiif  das  Bothe  vorschlug,  eingeschoben.  Diese  Ergäozung 
hat  jedoch  das  Missliche,  dass  man  stultitiae  entsprechend  ein 
allgemeinee,  natürlich  pereüniicb  verstandenes  Abstractum  er- 
wartet-    Ich  denke  dies  gefunden  zu  haben  in: 

(Jjonsilio)  οωιίέηιηί  est  ^raviuSj  quam  stultitiae  perctäi 
Dft  die  beiden  ersten  Worte  gleich  anlauten,  so  konnte  das  eine 
leicht  vom  Schreiber  übersehen  werden.  Wer  bezweifelt,  dass 
das  Neutrum  cünsiltum  persönlich  aufgefaBst  werden  kann,  den 
verweise  ich  auf  Plaut.  Bacch.  115,  Capt  864,  wo  gaudhm 
neben  laetitiaf  salus,  iocus  usw,  und  Ciet.  149,  wo  attJ-Hium  per- 
flonificirt  erscheinen,  und  insbesondere  auf  Publ.  Q  49 :  quam  ml• 
serum  esty  ttbi  consilium  cmu  vincifur^  wo  consilium  am  besten 
doch  auch  als  der  Einsichtige  verstanden  wird. 

Besonders   häufig   finden   wir  Lücken   und  VertlerbnisBe  am 
Versende,  z.  B,  Q  29  ist  überliefert: 

Qui  obesse  mm  pofest  nmi  tmU^  prodest  ,  ,  , 
Halm  hat  tibi  aus  dem  nachfolgenden  Verse  ergänzt.  Dann 
bleibt  aber  das  den  dritten  Fuse  bildende  jambische  Wort  an- 
etöeeig.  Ferner  zieht  Publiliue  mitten  im  Verse  die  Form  pote 
vor,  die  fast  überall  durch  das  Metrum  gegen  die  Handschriften 
verlangt  wird*.  Deswegen  ist  auch  die  Umetellung  Bücheier«: 
nun  vult,  cum  potest  nicht  zu  empfehlen.  Ich  mlicbte  daher  den 
eraten  TbeiJ  schreiben:  qtn  cbesse^  cum  pote^  non  vuU,  prodesl 
und  einen  Creticus  ergänzen,  wie  fwn  öbest  oder  omnibuSy  was 
einen  ebenso  guten  Sinn  ergiebt,  wie  pjodeat  tibi* 
Ρ  27  lautet  nach  F: 

Praesmis  est  stmper^  qui  aibsens  uMsdiur. 

1  Wenn  Ρ  2  in  F  steht : 

Frodesse  qui  vuU  nee  potest  aeque  »tt>er, 
so  läest  eich  der  Vere  am  ungeüwungeneten  wiederherstellen  durch  die 
SciiFeibung:  nec^pote^  est  aeque  mi$er^  Μ  39  könnte  man  an  die  Mes- 
eungi  cum  pote^  ttimen  cagitat  denken,  und  S;33  umstellen:  qui  mori 
cum  üuH  pottiitt  ao  daos  nur  noch  VM  und  Ρ  4  ein  potat  mitten  im 
Verse  bliebe. 


^ 


480  Miioellen. 

Man  hat,  um  einen  erträglichen  Vers  zu  gewinnen,  Umitellimg 
und  zugleich  Einschiebang  vorgenommen  nnd  h&mim  qui  8t  «I- 
ciscitur  geechrieben.  Der  Fehler  steckt  meines  Ermchtens  in  s2- 
ciscitur^  welches  auch  dem  Gedanken  nicht  genfigt.     Ich  echreilM: 

Fraese^is  est  semper^  qui  absens  pertimescUur. 
Yergl.  Cic.  de  leg.  agr.  II  17,  45:  grave  est  enim  nomen  hn^perü 
atque  id  etiam  in  levi  persona  pertimtscüur. 

Auch  in  U  2i>  fehlt  dem  Verse  der  Schluss.    Ich  schlage  tot: 
Vita  otiosa  est  regnum^  at  curae  tmnm  (Jkabei). 

L  16  schreibt  Meyer  mit  Nauck: 

Laie  ignis  lucere^  ut  nihil  urai^  ^moii)  potest. 
Die  Ergänzung  von  ηση  kann  ich  nicht  gut  heissen.  £s  ist  die 
Kegel,  daee  ein  Feuer,  welches  weithin  sichtbar  wird,  anek 
Schaden  anrichtet,  und  edax  ist  das  beliebteste  Beiwort  von  igms. 
Diese  alltägliche  Wahrheit  hervorzuheben  ist  doch  nnnöthig. 
Gerade  die  überlieferten  Worte:  'ein  Feuer  kann  weithin  leαchtα^ 
auch  ohne  zu  zerstören*  geben  den  trefflichen  Sinn,  daea  etwu 
ättsserlich  in  die  Augen  fallen  kann,  aber  keine  Wirkung  hinter 
läset,  etwa  wie:  'viel  Geschrei  und  nichts  dahinter  .  Ich  möchte 
deshalb  vorschlagen: 

Late  ignis  elucere,  ut  nil  turat^  potest. 
Durch  elucere,  aufleuchten  wird  der  Begriff  des  AngenfälligeB 
noch  verstärkt.  Meist  steht  freilich  elucere  absolut  in  fibertragner 
Bedeutung,  in  eigentlicher  kommt  es  seltner  vor  und  da  mehr- 
mals mit  Angabe  des  Ürtes,  von  wo  aus  das  Feuer  leuchtet,  wie 
fj-  capite^  suj^r  acervns  oder  inter  fl^immas.  Aber  eine  Stelle 
stützt  gut  unsere  Schreibung,  Verg.  Georg.  IV  98:  dueent  aUae 
(sc.  ap^s)  ft  /ulgare  coruscant  ardentes  auro. 

D  7     l\)lor  decrescit.  uli  quo  crescat  ηση  habet. 
Eine  Anzahl  guter  Ikndschriiten  hat  quod  crescat.     Sollte  darin 
nicht    quo    adcni^vat    stecken?    vgl.   Plaut.   Cure.   219:    vaUtmio 
ddcrtseit^  adcncscit  laöor. 

£  22.    einer    der   neuen  Verse   aus  dem  Veroneaer  Codex, 
wird  von  Meyer  folgender  Massen  edirt: 

2>πιΛ  datum  qui  >ώΐ  qucd  ejctortum  est  puiat. 
Wo  in  aller  Welt  giebt  es  jemanden,  der  glauben  könnte,  dass 
ihm  das  geschenkt  worden  ist,  was  er  mit  Gewalt  erpreaat  hat? 
Es  muss  doch  mit  diesem  Vene  eine  Einbildung  gegeiaaelt  wer 
den,  die  unter  Menschen  vorkommt.  Die  neu  entdeckte  Hand- 
schrift, die  uns  iwar  neue  Verse  gebracht  hat,  aber  vielfach  eise 
recht  tVhlerhatle  Ueberliefexucg  bietet,  giebt:  errai  qui  datum 
si  qu.d  iTx-.rrMJN  e.  r.     Danach  schreibe  ich: 

h'mii,  (lui  factum  stbL  ^cd  ejrcrsum  esi,  putai. 
Ein  writverbreiteter  Irrthutn  ist  es,  dass  die  Menschen  glauben, 
iktrnu  5ie  «rtwA;«  nur  be^'::^en  haben,  dann  sei  ca  aueh  schon 
gethAzi.  KjTj^rium  fit  ist  natürlich  Tasaiv.  wie  Plant.  Bacch.  350: 
exK*rsa  k^ur%r  tifLi  »tcn  iNdtV  cmmno  mihisL  Bei  Cieero  und 
Vergil  wird  das  Neutrum  dieses  Farticipiums  nur  paaaiTiaeh  ge* 
braucht. 

0  l  ist  meiner  Anakht  nach  richtig  AberlicflKt: 


MUcellen. 


481 


Omnis  voluptaSf  quemcunque  orrisitj  nacet, 
lle   Herausgeber    haben    an    der   Conitmction    von    arrisit    mit 
linem  perBonlicben  ÄccuBativ  ÄDstoei  genommen  und  Aendernngen 
η   den  Text   geeetzt    oder   in    den   Änmerknngen    vorgeschlagen, 
ber   die   gletclie   Conetruction    findet    sich   auch  VaL   Cat,    Dir. 
08:  vos  nunc  adloqultur,  vos  nunc  adridet  ocellis, 
Q  32  steht  in  den  Handschriften  : 

Quae  vuU  videri  beUa  nimium  üli  negai, 
it  Uecht  hat  Meyer  keine  der  vorgeaohlagenen  Äenderungen 
ftnfgenominen.  Sie  ergeben  nur  einen  dürftigen  Gedanken.  So 
weit  die  Worte,  wie  aie  dastehen,  einen  Sinn  haben,  können  eie 
nur  bedeuten:  'Die  Fran,  die  schoen  oder  zu  echoen  eracheinen 
willf  d.  h.  eich  za  »ehr  heranaputzt,  leugnet  .  Was  kann  eie 
da  andera  zu  erkennen  geben,  aU  dass  der  schöne  Schein  der 
Wirklichkeit  nicht  entspricht^  dase  sie  in  Wahrheit  alflo  nicht 
schön  iflt.  Bis  etwas  der  Ueberlieferung  naher  Liegendes  ge- 
funden ist,  mochte  ich  schreiben  : 

Quae  vuli  tideri  beUa^  belhm  se  negat. 
Ntmium  ist  Interfmlation,   an  denen  e»  ja  in  diesen  Versen  nicht 
fehlt,    und   entweder   hat   es  beUam  verdrängt,    oder    Uli   enthält 
die  Kesle  desselben. 

Ν  3*^  ediren  die  neusten  Herausgeber: 

Ni  qui  iicit  facere  insidias  nescU  metner  β* 
Ribheck  hat  richtig  ni  in  fiist  gmindert.  Denn  ein  ni  in  der  Be* 
I  deutun*;  Vausser  kommt  nicht  vor,  wenigstens  nicht  in  der  äl• 
'  teren  und  claesiatihen  Lalinität.  Der  letzte  Vers  giebt  mir  zum 
Schlusfl  noch  die  Gelegenheit  zu  einer  Bemerkung  pro  domo.  In 
1  meinem  Programm  über  das  condic.  Ni  p.  28  Änm.  55  habe  h*h 
I      zu  Plaut.  MiK  554  folgenden  Vorschlag  gemacht : 

Fatmr.  It  quid  tu  ni  fateare,  ego  quod  viderim  9 
Auch  heute  noch  glaube  ich,  dasa  dies  die  einzig  mögliche  Schrei* 
bung  diese»  Viirsea  ist,  obwohl  sie  Götz  Jn  seiner  krit,  Ausgabe 
nicht  einmal  der  Erwühnang  werth  gehalten  hat.  Vielleicht 
hätte  ich  mich  auch  noch  etwas  deutlicher  ausdrücken  können. 
Der  Grund,  warum  ich  meine  Aenderung  für  nöthig  halte,  beruht 
auf  der  Beobachtung^  das»  bei  Plautus  und  Terenz,  wo  auf  ein 
quid  ni  noch  ein  Verbum  folgt,  zwischen  quid  und  ni  stets  ein 
Pronomen  eingeschoben  wird  ^.  Die  einzige  Stelle,  wo  dies  nicht 
geschieht,  ist  eben  unser  Vere»  dessen  Ueberlieferung  im  Am- 
brosianus  überdies  gradezu  auf  das  vorgeschlagene  quid  tu  ni 
hinweist  Die  Hchreibung  von  Götz  in  der  grossen  und  in  der 
^jLleinen  Ausgabe  ist  gegen  den  Sprachgebrauch  des  Plan  tue. 
^1  Leipzig.  Oskar  Brugmann. 


Zu  dfD  Aiiticat0ieii  des  Caesar. 

Die  von  Wentzel  (Jahns  Jahrb.  X  1829,  97  ff.).  Göttling 
(Opusc.  acad.  153  ΰΤ.)  und  Wart  mann  (Das  Lehen  des  Cato  von 


*  Geuau  so  ist  e«  auch  an  der  einen  Stelle,    wo  quippe  m  mit 
[ilbtändigeni  Sat^c  erachaint,  Pseud.  917:  quippe  egö  te  ni  mntfmnam? 

RbeliL  llui.  r,  PLiloL  1^.  F.  L.  ^1 


4Ά 

Hzifjk,  Zihca  1ϋ^.  S.  loOCi  «sten^Kscaen  Secaum<:t:oB«a 
d;«4«»f  Panip'aleti  fea^ioen  mir  ui  •ί•ίΒ  Gecrc<h<!m  ζκ  Iei4cB.  öa« 
«i«  die  Sckwierifkeit  nicht  beheb«!,  welch«  in  d*m  Tcndkieticm 
TitelAojrftbea  l:e^:  aach  J.  EeM  Jans»  Ji^rb.  S.  'i>:*  Ana.»  se- 
f iwi yt  nicht.  B«i  iem  fdlzen•:•^!  Versmch  elzier  L»kasc  leoe 
..:h  •:.•  Frwnientit  aU  ceunnc  T>raa«,  da  »ie  c*i  XipperdeT. 
Dinter  l•  •.  w.  l*:cit  zi  ia^ien  »nd.    ani  bezeiohzi«  nmr  eirirü 

Zoni^h«*:  Cie^ro  fpricht  cur  von  einem  Barbe  Cseaus;  üe 
ft^  Ate.  13.  SO  icd  51  zer.inatea  libri  tiad  offenbar  das  B«ch  da 
Hirtinj  an:  d&s  d^4  Caeear  njAsmen.  Ferner  ;eb«Q  die  cne- 
ehitchen  ifehrlftAte.ler  &'.«  Tztei  dtr  Timrentio  C«tOBi•  audriek- 
lieh  Amlirato  &:.  Platarci:  &n  2  SteUec.  Apptnn.  Dio  CauiuL 
Diejeniz^^D  GewÄhrssiÄrrer.  welche  wirklich  Citate  aa•  der  Schrift 
heibrin^en,  Plntarck,  Geilin«,  Pri«eian  (hi  Aßdi^miome.  nkht  μ 
Amiicai€mmm  prirjre)  bezechen  den  Sinralar:  dieeen  hat  anck  Qnin- 
tilian  lin«:.  or.  1.  5.  ^>  .  :er.  «oweit  ich  «he,  gerade  im  Ge- 
braacbe  de«  .Sinznian  nr.-i  PlnriLs  hei  seinen  Beispielen  sorzsam 
iat.  Der  erste,  weicher  den  Pinral  ^bu  i«t  ein  Dichter.  InTenal; 
er  sagt  dnc  Anticatone«.  Ar  fr  daraas  ist  in  dieser  Frage  doitb- 
ans  r.ich:^  zc  •^r.tLeLcien.  In  £rl::cen:c^  an  den  gewiaa  rasch 
zur  Berti hE::!L• ei:  gelangten  Vent  Iiivenal«  mar  «ich  Sneton  so 
ac«zedrückt  haben:  reliqnit  (sc.  Caesar-  et  de  Aca!o?ia  librcs 
dnoa  et  Anticatones  totidem.  Allein  «o  CLdeatüch  da•  lautet,  so 
ist  'loch  die  natnrli:here  An«Ieenng:  Ar.ticatones  dnos,  da  es  sonst 
hatte  heissen  müssen :  Anticacornni  o«ier  de  Catone  totidem  (sc. 
libr•  s  duos).  Per  alte  Scholiai^t  zn  lavenal  ist  der  einzige,  der 
bebaaptet,  die  Schrift  habe  den  Titel  Anti^atones  geführt;  aber 
die«en  Theil  seiner  sonst  verläAsigen  *  Nachricht  hat  er  angen- 
Bcheinlich  ans  dem  Dichter  heran  sge  lese  α. 

£β  ist  nicht  zweifelhaft,  da«s  genaue  Angaben  mehr  Ver- 
trao^n  bean«pnichen  als  der  .S'jholiast  und  llosse  Andeatongen. 
Der  Titel  war  ohne  Frage  —  als  einzig  korrekter  Gegensatz  zn 
dem  Caio  des  Cicero  —  Änticafo.  Ist  es  ja  doch  nnertindlich• 
warum  eine  Rede,  was  Caesars  Schrift  nach  Tacitna  (reacripta 
oratione  velnt  apnd  iadices)  und  Platarch  (λόγος)  sicher  war, 
eifi^n  plnralischen  Titel  hätte  trafen  so  Hrn.  E*  enso  wenig  kann 
jed'ir-h  eine  Rede  in  zwei  Bücher  \Ίηο  r^Vtimin/i  Marc; an.  Capell.) 
abgetbeilt  gewesen  sein.  Weshalb  aber  hätte  Caesar,  nachdem 
bereits  Uirtins  eine  Gegenschrilt  geiren  Ciceros  Cato  minor  gelie- 
fert hatte,    noch  einmal  zwei  Schriften  -  in  der!<elben  Richtung 

^  Die  Zeitumstande  sind  richiigf  wenn  auch  etwas  verwirrt  an• 
gegelicn;  richtig  ist,  dass  Cicero  in  sein»?r  lauiiat.o  die  rirtua  dt»e  Cato 
pries  iCic.  or.  10,  3Γ)  inimica  tirtu^.i).  Dialo;:;•?*  für  die  stark  philo- 
Bophisch  gefärbte  Rede  Ciceros  laset  sich  mit  dt-r  Bo7eichnuii^  'dialogi* 
für  Seneeas  kleinere  Schriften  vergleichen :  οιάλογοι  ist  in  der  stoischen 
Litteratnr  (Ariston,  Sphairos)  ein  Titel  bei  ethisi-hen  Schriften  und  die 
συμποτικοί  διάλογοι  des  Persaios  hiesseu  auch  υπομνήματα  Ouμ1ronκdL 

*  Vgl.  Hieronym.  comm.  in  0«ee  II.  Mi^u.  Vi  N>2  tarnen  magis 
optarem  illnd  mihi  oontingere,  quod  Titus  Linus  scribit  de  Gatoii6| 


Mieoelleii. 


483 


vom  Stapel  laeeen  »ollen?  Wir  erfahren  auoh  mit  keiner  Silbe, 
daeg  Caesar  etwa  später  eine  weitere  vituperatio  gegen  Cato  auB' 
arbeitete,  vieitiiehr  Hsst  Sueton  die  von  ihm  gemeinten  Äntica* 
tonce  zur  Zeit  der  Schlacht  bei  Munda  geechrieben  sein.  So 
bleibt  nur  der  Aueweg  in  uoeerm  Falle,  daae  der  ^ine  der  bei- 
den AnticatoneB  die  Schrift  des  Hirtiue  war,  der  in  der  Eile  eine 
vorläufige  Erwiederung  hatte  verfassen  miieeenj  während  Caeeor 
bei  grösBerer  Ι^ΓπβΒβ  eine  ausgefeilte  Rede  folgen  lieee. 
»  Ans  dem  ZueAinmenhange  der  Suetonstelle  geht  hervor^  daea 

^^ie  beiden  AnticatoneB  eich  im  Nachlasse  CaesarB  befanden,  d.h. 
in  daB  corpus  der  caesarianischen  Schriften  aufgenommen  waren. 
Nachdem  darin  auch  andere  Elaborate  von  Hirtius  stehen»  ist 
unser  SchluBS  nicht  einmal  kühn;  und  da  Caesar,  wie  bei  Cicero 
«wischen  den  Zeilen  zu  lesen  ist»  geistigen  Antheil  an  der  Schrift 
des  HirtiuB  hatte,  durfte  sie  unter  Caesars  Namen  gehen, 
L  Von  den  beiden  Schriften  war  nun  in  der  von  den  Heran«• 

f  ehern  des  Nachlasses  getroffenen  Anordnung  wohl  diejenige  dis 
erste,  welche  zeitlich  früher  fiel,  die  des  Hirtius.  Ein  günstiger 
Zufall  gestattet  diese  Yermuthung  an  sprachlichen  Indicien  zu 
erhärten.  Das  Citat  aus  dem  ersten  der  beiden  Anticatonee  ist 
voll  nicht-caesarianiKcheD  Ausdrucks:  Mit  nno  excepto  vgl.  Hir- 
tius B.  G.  VIII  23  excepto  Commio.  B.  Alex,  55  exceptis  iia; 
beim  echten  Caesar  bat  exclpere  nie  die  Bedeutung  *  ausnehmen'. 
Ebenso  fingere  nur  die  Betleutung  *  erdichten*,  nie  die  urepiiing- 
liehe  'bilden*  (aber  vgl.  natura  fhuTÜ  mit  Salluet.  Cai  1,  1. 
Varro  im  Catus  fr,  9  Riese,  Sat,  Menipp.  rel,).  Volksthiimlich 
scheint  auch  der  substantivische  Gebrauch  von  cari  {suos  caros; 
vgl,  Merguet  Force! lini.  Ital.  oaro  mio).  Höehet  eigenartig  steht 
aliusmodi  fingere.  —  Wahrscheinlich  ist  auch  das  Citat  bei  Gellius 
Eigenthum  des  Hirtius:  Auf  unus  ruht  wieder  besondere  Beto- 
nung, dominatu  statt  dominatui  fiel  sehoB  im  Alterthnra  auf, 
arroffanfia  scheint  ein  Lieblingswort  des  Hirtius  (B.  G,  VITI 
praef.).  —  Was  sodann  Plutarch  Caes,  3  anführt,  nimmt  sich 
trefflich  im  Mun+le  de«  Hirtius  aus,  sonderbar  aber  von  Seiten 
Caesars,  der  sich  mehr  Zeit  zu  seinen  Anticato  genommen  hatte, 
zumal  wenn  die  Koinmentarien  über  den  gallischen  Krieg  (51  v• 
Chr.  G.)  bereits  erschienen  waren  und  die  hohe  Anerkennung 
Cicero»  im  Brutus  (46  v,  Chr.  G.)  gefunden  hatten.  Cicero  er- 
zählt auch  nur  von  Lobsprüchen,  die  des  Hirtius  Schrift  für  ihn 
(Cicero)  entbielt  (ad  Alt.  12,  40);  Caesar  scheint  die  Schmeiche- 
leien für  einen  Privatbrief  aufgeepart  zu  habeu  {ad  Att.  13,  4G), 
was  jedenfalls  feiner  war  als  eine  öffentliche  Wiederholung  des 
Manövers  in  einer  Uede,  das  Hirtius  in  einer  Streitschrift  hatte 
anwenden  können.  Bemerkenswert  ist,  dass  Plutarch  hier  allge- 
mein άντιτροφή  sagt  und  nicht  wie  sonst  λόγος. 

cuiuB  gloriae  neque  profuit  qniequam  laudando  nee  vituperando  nocuit, 
cum  utrumque  »timmiB  praediti  fecerint  ingeniie.  Significat  autem 
M.  CiceroTjeni  et  C.  C&psarem :  quorum  alter  laudes,  alter  vituperationes 
supradicti  i^cripsit  viri.  Hier  ist  wohl  der  Plural  laudes  durch  das 
tacblich  notb wendige  vüuperationes  veranlasst. 


lai 


Miaeellen. 


Sind  unsere  AuRfuhrungen  begründet,  λο  wir»  Hiftiii  4λΛ 
nnd  gerftde  mit  ernftt  gemeinten  Anklagen  ge^en  Cmto  vef^ 
gangen.  Caeear  stand  es  befiAer  an  die  Waffen  de«  Spottet  m 
sobwingen.  Hatte  Cicero,  das  gefihrUolie  Gebiet  der  Pelüik 
meidend«  den  Cato  als  VerkÖrpernng  des  atoUcheo  TngeaidiiM• 
yerberrlicbt,  welchem  Cato  im  Leben  wie  im  Tod  mtam^n^  (i|L 
Cie.  divin.  2,  1,  3),  so  bot  eben  der  etoi sehe  Weise  wiUkooBeMi 
Stoff  lu  Hissdeutangen.  Der  fltoiecbe  Weise  durfte  en  Bliailh 
lein  trinken  (fQr  Cato  β.  ausser  PLin.  epist,  3,  12  noek  XartU 
epigr.  2,89.  Senec.  tranq.  anim.  17  ^  Plnt.  CaL  min.  6^  Weite* 
gemeinscbaft  treiben  (Cato  und  Marcia),  mit  der  Sehvttitor  Ter 
kebr  haben  (Cato  und  Servilia),  Politik  treiben  (Gato  bei  der 
Erbsebait  dea  fiöniga  von  Cypem),  die  Ueberreete  Teratorbeoef 
Verwandten  gans  vernachlaaeigen,  ja  im  Kotkfalle  deren  Flbsrk 
verzehren  (Cato  durebsiebt  die  Asche  seines  geliebten  Bivien); 
Cato  balte  aioh  natürlich  in  all  dem  sehr  scbleoht  benammen.  Geerw 
Mittlieiliing  Top.  25,  94  gibt  dieser  Auffaaanng  nickt  Unreek. 
verkehrt  i9t  e«  jedoch  daa  dort  gogoboBO  Sokosa«  wie  Wutnui 
tbnt,  als  Diipoeition  für  Caoaacm  Bodo  «miaalion. 

Wfinbnrg.  Adolf  Djroft 

Uli  A|iüidnB. 
Wean  daa  Land  nnlor  anlialiender  Dirre  hU,   daaft  wdi 
war  AbUlfe  das  Aqnilietma  aageetollL    Die 
Stein,  der  beim  Tempel  de•  Man  vor  der  potta 
die  Stadt,   nd   ea  trat   alabald  Hefen   ein.     Die 
hpsa  bmaU•  ^  analog  das,   ier  am  wrin<it  anf 
dookto.     Alier  wikrend  ^m  Bebelmg  im  kIrtvM 
keinem  Zw«M  naterla^,  aoUto  dar 
oeiaer  Wiikiaf  benannt  ooin:   fnod  η^νη  ■■ 
lefÜMa  dixniut     Ihm  amm  Dwluf  am  Vm 
teiuf  kaaM  doaHnehw«•«^ 


SymkoUk  am 
gtAkfi 


u   nkor  fii 


iBft  dno  mm  i 

;«  Ar  tea  (P^aLiilsCs. 
}m  B^imsfiiii 


F»T,»); 


1.3 


Miscellen. 


MB 


ae  Compoeitum  aquaeinaiialie  ^  gebrauclit  werden  mÜBeen,   wenn 
ee  nicht  überhaupt  naher  gelegen  hätte,    den  Stein  als  plnvialie 
α  bezeichnen. 

Wie  konnte  nun  aber,  eo  muee  man  fragen,  dag  herbeiholen 
dieees  Stein ee  als  Mittel  zur  Beendigung  der  das  Land  verhee- 
renden Dürre  erecheinen?  Wenn  Preller  (R.  Myth.  I^  S.  354  f) 
es  für  möglich  erachtet,  *dae9  jenes  Schleifen  ind  Walzen  iler 
Steine  nrepiün  glich  nur  eine  Sinnbild  liehe  Daretellung  deß  über 
die  Felder  und  Raine  dahin  strömenden  Wafleera  gewesen  war*, 
Bo  paRBt  eine  solche  Erklärung  nur  für  die  irrthümliehe  oder 
absichtlich  gefälschte  Darstellung  bei  Fulgentius  (p.  560)^  der 
nicht  von  dem  Hereinholen  des  lapis  manalie  %Όη  der  Porta  Capena 
in  die  Stadt,  sontlern  von  manales  petrae  berichtet,  'qnae  solebant 
antiqui  in  inotium  cylindrorum  per  limitefl  trahere  pro  pluviae 
immutanda  inopia*  ^.  Aus  derselben  unlauteren  Quelle  schöpften 
auch  Becker  (Topogr.  S,  516)  und  Marquardt  (R.  St.  Verwltg. 
m*,  S,  261),  wenn  sie  von  einem  walzenförmigen  Steine  epre- 
chen,  den  die  Pontifices  in  die  Stadt  gezogen  hätten,  und  übler 
noch  iRt  es,  dass  der  letztere  daa  alte  echte  Aquilicinm  mit  jenen 
ipäteren  als  Aquilicia  bezeichneten  Bittfesten  identificirt,  bei  denen 
die  Frauen  mit  bloeBcn  Füssen  und  aufgelöstem  Haare  und  die 
Magistrate  ohne  ihre  Amtsinsignien  nach  dem  Capitol  zogen»  um 
von  Jupiter  Regen  zu  erflehen  ^.  Grade  das  alte  Aquilicium,  daa 
in  keiner  Beziehung  zu  Jupiter  steht,  giebt  den  Beweis,  dass  die 
Aüffaesung  dee^elben  als  RegenRpender,  pluviali«,  jungen  Datums 
ist,  veranlaflst  wohl  durch  Einwirkung  der  ataischen  Theologie» 
die  den  Gott  aU  Aether  und  als  Urheber  der  atmosphäriatihen 
Erscheinungen  faeate. 

Der  Sinn  des  Aquilieium  wird  klar»  wenn  wir  den  lapis 
naanaliß  für  das  nehmeUi  was  eein  Name  bepiagt,  für  ein  Symbol 
der  Manee»  und  wenn  wir  anderereeits  den  Glauben  der  Alten 
berücksichtigen,  daes  Plagen,  welche  das  Land  trefifcn,  Kriege- 
noth,  Pest  und  MiBswaclia  Schickungen  der  Unterirdischen*  seien» 
die  verdrängt  aua  dem  Lichte  des  Tages,  aus  ihren  alten  Sitzen, 
ihren  Nachfahren^  dem  lebenden  Oeechl echte  grollen.  Wenn  schon 
unter  gewöhnlichen  VerhältniRsen  eine  Anzahl  Tage  der  Sühne 
der  Unterirdischen  betitimmt  waren,  an  denen  sie  als  wiederkeh- 
rend gedacht  wurden,  die  Feralia,  Lemuria  und  die  Tage,  wo  der 

I  'muuduB*  oiFen  steht»  so  begreift  »ich,  dass  in  Unglückszeiten 
noch    zu   weiteren    Sühuungen   gegriifen    wurde.     Als   solche  er- 

II  scheint    die    eynibolieche  Wiedereinsetzung   der   aus    dem   Leben 

^H  ^  'urceolue  aquacmanalis'   bei  Non,  p.  547. 

^^  ^  J  Auch  Härtung  Relig.  d.  R,  II»  S.  11  entnahm  dem  Fulgentius 
die  'rinnenden  Steine':  'Ein  eolcher  Stein,  welcher  ausserhalb  des  Ca* 
penischen  Thorea  neben  dem  Marstempel  lag»  wurde  nach  Art  eines 
Cylinders  über  die  Raiuo  geuchleift/ 

•  TertulL  ApoL  c.  40:  aquilicia  lovi  immolati?,  nudipedalia  po• 
pulo  denantiatia,  —  d,  ieiua.  Itl:  cum  stupet  eoelum  et  aret  anniie, 
jjudipedalia  denuntiantur,  raagistratu'i  purpuras  ptmunt,  fascea  retro 
avertunt,  precein  indigctant,  hostiam  instaurant.    Vgl.  Pctron.  c.  44* 


486  Ifiieelleiu 

yerd  rannten  yoneitifen  Geeehlechter  in  ihre  einstige  Hemclitft. 
An  bedeataamer  Stelle  Hegt  ihr  Symbol,  der  Manen-Stein,  beim 
MAre-Tempel  vor  dem  Capenischen  Thore,  da  wo  die  Via  Appia, 
die  GräberBtrasee,  beginnt  Daae  der  hier  als  Gradiyne  Yerehrte 
Man  nicht  zu  den  herrschenden  städtisehen  Guttheiten  zihtte, 
zeigt  8chon  die  Lage  seines  Tempels  aasserhalb  des  Pomorinmi; 
und  wenn  nach  der  nngliicklichen  Schlacht  bei  Cannae  der  Senat 
ein  ganzes  Jahr  hindurch  sich  bei  diesem  Tempel  versammelte^ 
so  miiflfl  damit  eine  Sühne  des  Gottes  beabsichtigt  gewesen  B«n, 
deflsen  Zorne  man  die  erlittene  Niederlage  meinte  zuschreiben  η 
miiseen.  Sonach  liegt  der  Scblass  nahe,  dass  Mars  Gradivns  selbet 
zn  der  darch  den  lapis  manalis  bei  seinem  Tempel  symbolisirten 
Sippe  der  AbjreHchiedenen  gehört  und  dass  ihm,  als  ihrem  gött- 
lichen Repräsentanten,  die  Sühne  des  Aqnilicinm,  die  symbolische 
reMtitntio  in  integrum  gegolten  hat. 

Wien.  £.  Hoff  mann. 


Sardi  Tenales. 

Plotarch  Rom.  25  (vgl.  Qstt.  Rom.  53  und  den  leider  arg 
verstümmelten  Artikel  des  Festus  p.  322  M.)  erzählt,  dass  bei 
dem  Triumphe,  den  Romulus  nach  dem  Siege  über  Vei  an  deo 
Iden  des  October  gefeiert  habe,  unter  den  Gefangenen  auch  ihr 
Anführer,  ein  alter  kindischer  Mann  mitgeführt  worden  sei,  und 
dasH  Hfiit'lfni  bei  der  Krinnerungsfeier  an  diesen  Sieg  ein  alter 
Mann  im  Purpurgewande  und  mit  der  Einderbulla  über  das  Forum 
nach  dem  Capitole  geführt  werde,  wobei  ein  Herold  ausrufe: 
'verkäufliche  Sarder*.  Als  Sarder  würden  die  Etrusker,  oder  wie 
Plutarch  sie  nennt,  die  Tyrrhener  bezeichnet,  weil  sie  aus  dem 
lydinchen  Sardes  stammten. 

Ob  die  angeblich  von  Romulus  gestifteten  Capitolinischen 
Spiele  der  Feier  eines  Triumphes  galten,  mag  bei  dem  Sühn- 
zwecke,  der  den  alten  Spielen  zu  Grunde  liegt,  mit  Fug  zweifel- 
haft «ein;  schwerlich  aber  konnte  der  als  König  aufgeputzte  Alte, 
den  ein  Herold  nach  dem  Capitol  führt,  die  Erinnerung  an  den 
Triumph  des  Romulus  darstellen.  Nach  dem  Capitol  geleitet  man 
den  Sieger,  nicht  den  besiegten  Feind;  dieser  muss  am  Fusse  des 
Hügels  zurückbleiben,  wo  ihn  sein  Schicksal,  Tod  oder  Gefangen- 
schaft, erwartet.  Sollte  der  Alte  aber  einen  zum  Verkauf  be- 
stimmton Gefangenen  darstellen,  dann  hätte  ihm  auch  der  Kranz 
nicht  fehlen  dürfen,  der  seine  Verkäuflichkeit  anzeigte*. 

Hiezu  kommt  noch  weiter  das  auffällige  der  Bezeichnung 
der  Etrusker  als  Sardi,  eine  Bezeichnung,  auf  welche  klügelnde 
Antiquare  verfallen  mochten,  die  aber  schwerlich  in  alter  Zeit 
bereits  üblich  sein  konnte.     Dass  später  unter  den  *Sardi  venales' 


1  Liv.  23,  32,  3:  consulcs  edixcrunt,  quotiens  in  senatum  Yffct»• 
hi'iit,  uti  senatorcs  quibusque  in  senatu  diccre  sententiam  liceret  ad 
piirtain  Capenam  convenirent. 

^  Plautus  frg.  Hortulus  bei  Fest.  p.  306:  praeoo  ibi  adsit:  com 
iHiruiia,  ciuiquo  liceat,  voneat. 


MiBcellea. 


487 


nicht  Etnieker,  eondern  aae  Sardinien  dtammende  verstanden  wur- 
den, zeigt  ja  die  Verkelirunji  des  alten  Ileroldarafee  in  deix 
sprach würtli eben  Schimpf    Sardi  venaics,    alter  altero  ner^uior    *, 

Sehen  wir  vozi  dem  Herold arafe  ab,  so  läset  aioh  dste  Hia- 
auffübren  des  'alten  Könige'  atif  das  Capitol  nur  ale  ein  zurück- 
führen (leBselhen,  als  eiae  eymbolische  reetitatio  in  integrum 
deuten,  und  dann  liegt  die  Vennathung  nahe,  dais  der  Ruf  ur- 
sprünglich sarti  venales,  oder  riclitiger  noch  satfi  twrnales  *  ge- 
läutt ι  habe.  Ohne  Gewicht  darauf  zu  legen,  dass  die  Feetue- 
HaudBclirift  eben  ternalcs  bietet,  dürfte  ee  an  eich  einleachten, 
wie  mit  der  Verkebrung  von  sarti  in  Sardt  auoh  die  von  i^r- 
nales  in  venales  eintreten  mueete. 

Die  kdi  Capitolini  gelten  dem  Jupiter  Feretrius,  dem  älte- 
sten Inhaber  der  Höhe,  auf  der  nachmals  der  Jupiter  Optimue 
Maximue  herrechte.  Eome  SagengeBchichte  weiss  von  mehrfachen 
Änaiedlnngen  zu  berichten,  bevor  aus  der  Verschmeknng  der 
Bügelgemeinden  das  Volk  der  Quinten  erwuchs.  Was  aber  in 
der  Sagenge  schichte  zweifelhaft  erscheinen  darf,  dafür  giebt  der 
CultuB  sichere  Beweise.  Satnrna  Altar  am  FusRe  dee  Capitole 
und  dor  benachbarte  Bogen  des  Janue,  sowie  der  Herculee- Altar 
auf  dem  Furnm  boarium,  das  Argeer-Opfer  u.  a,  m.  weisen  auf 
vorrö mische  Ansiedler  hin,  und  so  auch  neben  Veiovis  im  Inter- 
montium  Jupiter  Feretrius  auf  dem  Capitot.  Uem  allen  Gotte 
musste  sein  Sitz^  wenn  auch  in  untergeordneter  Weise,  belassen 
bleiben,  walirend  ans  seiner  Gemeinde  vernales  geworden  waren. 
Um  den  vorzeitigen  Gott  ^  zu  sühnen,  werden  an  seinem  Feste 
die  vernales  ftymbolincl]  wieder  in  ihr  altes  Recht  eingesetzt;  ihr 
fictiver  König  wird  auf  das  Cupitol  zurückgeführt,  und  der  He- 
rold verkündet:  sarti  vcrnatesl 

Wenn  Plutnrch  a,  a.  0.  den  von  Romulue  besiegten  und  im 
Triumphe  eiiihergeflihrten  angeblichen  Vejenter-König  als  einen 
alten  blöden  (αφρόνως  5ό£αντα},  zum  handeln  untauglichen  Mann 
bezeichuetj  so  kann  diese  Charakteristik  nur  der  Persönlichkeit 
dessen  entlehnt  sein,  der  den  iictiven  König  darzustellen  hatte« 
Der   blöde   unkräftjge  Alte  sollte  durch  diese  Eigenschaft  jeden- 


1  Cic.  ^ä  hm.  7,  24^  2.  Nach  Äurel.  Vict.  57  wäre  da?  Sprüch- 
wort entslttuden^  als  der  Conaul  Ti.  Sempronitts  Gracchus  nach  Beaie- 
gung  der  aufständischen  Sarder  eine  grosee  Zahl  Gefangini^r  nach  Rom 
gebracht  hntte;  tantunique  captivoram  addaxit,  ut  lon^a  vcialitione  res 
iu  proverbium  veniret,  Öardi  venales.     V'gL  Fest,  p.  322»  col.  2, 

^  vernalüf  von  vern»,  ist  wegen  seines  Gleichklanges  mit  dem 
zu  vcr^  vernus  gehörigen  vernalis  durch  vemitis  verdrängt  worden, 
kebrb  aber  häutig  ula  bercchligte  Varianlo  ?m  letzterem  wieder. 

3  Als  vorzeitiger  ans  seiner  Herrschaft  verdrängter  Gott  zählt 
Jupiter  Feretrius  zu  den  unterirdischen  und  ist  darum  Eidgotl  (vgl, 
'die  Tarquin.  tSibylleuhüclier*  Rh,  M.  1Η9Γι,  lid,  TjÜ,  S.  Sfj,  2j.  In  seinem 
Tempel  ist  jeuer  Stein  verwahrt,  mit  dem  der  Fetiiil  das  Opferthier 
beim  Vertragsschluss  tödtet^  und  er  selbst  muee  mit  jönem  Dieapiter 
ideutisch  sein,  den  der  Fetial  ab  Rächer  des  Treubruchs  anruft,  ihm, 
und  nicht  dem  herrschenden  Jupiter  weiht  der  eiegreichö  Feldherr  die 
spolia  opima* 


488 


Miscelleti. 


falle  eine  analog  bescbafene  Sippe  repräeentiren,  und  dieee  wer- 
den wir  wobl  iü  jenen  ^stuUi^  wieder  finden  dürfen,  die  am  Tage 
nach  den  Fornacalien,  dem  Feste  der  Curien^Bilrgerechaft,  die 
ala  feriae  siidtorum  bezeichneten  Qöirinalia  feierten.  Von  diesem 
Feste  aber  habe  ich  in  meiner  Schrift  *  Patricische  und  plebeieche 
Cnrien*S.  50  if.  den  Nachweis  geführt,  dass  es  von  denen  gefeiert 
wurde,  welche  von  tler  Theilnahme  an  den  Fornacalien  anege- 
schloeeen  w*aren,  *von  Angehörigen  der  untereten  Volksklaese, 
die  aQ8»erbalb  der  Tribus  standen*  (S.  53), 

Wie  den  alten  vernales  die  stnlti  BnbstitEirt  Verden  konn- 
ten, erklärt  eich  wohl  au»  der  den  einen  nnd  den  Anderen  Sinn 
enthaltenden  Bezeichnung  der  unfreien  als  bruti  Κ 

Wien.  £.  Hoff  mann. 


1  brutus  gehört  in  die  Reihe  der  Bildungen  vom  Stamme  ϊνιητ, 
gvar  (Yaniiek,  Ktym.  Wörterh.  1,  8.  ί21*3:  garuy  gvaru^  varu),  in  deuen 
der  Grundhegrifi'  drücken,  krümmen  sich  in  activem  Sinne  zu 
ecbwer  seiui  stark  sein  u.  &.  w.,  im  passiven  zu  gedrückt,  be- 
schwert und  so  zu  schwerfällig,  plumpe  dumm  sein  u.  s,  w,  ent- 
wickelt* iSo  ist  brutus  synonjm  mit  dem  etammverwaodten  baro^  varo^ 
anderaeits  im  Siune  von  pressue  mit  vema,  (üeber  verria  von  \\\  hvr, 
krümmen,  s.  m.  Schrift  ^das  Gesetz  der  Zwolf-Tafeln  von  deu  For- 
chen und  Kanälen '  S»  25,  A.  69,  und  ebendaselbst  Belege  für  weitere 
analoge  Begrißaentwicktungen,)  Yergleicheu  darf  man  wohl  auch  den 
Namen  der  Brutlii,  Βρ^ττιοΐι  von  deuen  es  hei  Diodor  16,  lö  heitsi: 
ΤΓροσητορ£ύΟησαν  Βρέττιοι,  ^^^  τώ  πλείοτους  dvai  δούλους.  Wenn 
der  Beiiiumeu  Brutus  anf  deu  geheucbelten  Blödsinn  belogen  wird» 
fio  ist  auderseitä  zu  beacliten,  daes  der  unter  diesem  Kamen  bekannte 
Juniuä,  dem  angeblicb  der  letzte  Tarquitiier  den  Vater  und  ältereu 
Bruder  gemordet  und  das  Erbe  geraubt  bat^  gauK  ebenso  als  ν  er  na  im 
Hause  des  Köotgs  erscheint,  wie  der  Sklaveusobn  Servius  im  Hauae 
des  altereu  Tarquin. 

Aufruf 

nach  handNchrintkben  Specialworterbiieliern  zu  naelita  eitel  sehe  η 
Autoren  für  den  TbesauruH  lio^nae  Jatiiiae, 
I)a  die  Autoren  nach  Tmitnö  imr  excerpirt  werden  βοΠβη^ 
ao  könnte  diese  Mühe  erspart  werden^  wenn  der  Direktion,  wie 
ea  bereite  mehrfach  in  danke newerther  Weise  geschehen  ist,  hand- 
achriftlich  vorhandene,  mehr  oder  weniger  vollständige  Special- 
Jexika  sei  es  zur  Benutzung  anvertraut,  sei  es  als  Eigenthum 
übergeben  würden.  Die  Namen  der  verel^rten  HH.  Spender  wer- 
den sowohl  in  den  officieilen  an  die  Regierungen  und  Akademien 
SEU  erstattenden  Berichten  als  auch  später  nochmals  in  der  Vor- 
rede zu  dem  Thesaurus  verötfeutlicht  werden.  Für  den  Fallj  dasa 
nochmalige  Abschrift  der  lexikalisclien  Excerpte  nüthig  »ein  sollte, 
wird  die  Direktion  gerne  Anweienng  geben.  Für  Dichter  wolle 
man  sich  an  Hrn,  Prof,  Friedr.  Leo  in  Güttingeo  wenden,  für 
Prosaiker  an  Prof.  Eduard  Wölfflin,  München,  Hees-Str.  lG/11* 


Verantwortlicher  Redacteur:  Hermann  Reu  in  Bonn, 
(15.  JuU  imbt 


Ualv«riltÄti'£aQhdruok«r«l  tob  OktI  Utorfl  Ui  Boaa, 


Die  peregrineQ  Oangemeindeii  des  römlselien  Raielie. 


P 


Eh  soll  in  den  folgendeD  Blattern  der  Bestand  und  der 
Proceae  der  Einverleibung  der  Bichtstädtiecb  geordneten  Unter- 
thanengemeinden  dee  Reich»  der  Stadt  Eom  erörtert  werden. 

In  Betracht  kommen  die  Staateweeen,  welche  auf  einer  an- 
deren als  der  municipaien  Organiaatian  bernhend  an  das  römi- 
Bcbe  Städtereich  angegliedert  w^irden*  Es  rat  ein  Grundzng  der 
römischen  Politik,  die  Inatitutionen  der  ünterthanen  möglichat 
konaervativ  zu  behandeln.  AndereraeiU  trägt  das  römische  Keieh 
ali  das  einer  Stadt  und  ala  hernhend  anf  einem  Städte bnnde 
einen  anegesprochen  municipaien  Charakter:  das  ^parcere  dedctie' 
hat  znt  Aufnahme  nichtrannicipaler  Staatawesen  in  den  ßeiche- 
organieraas»  die  uniformirende  Tendenz  xur  mehr  oder  minder 
allm  ab  lieben  Umwandlung  derselben  in  Städte  gebiete  geführt, 
Rom  läaat  den,  aei  es  auf  Grund  eines  Staats  vertrage  (foedus), 
8ei  ea  auf  G-rund  der  deditio  zum  Reich  gekommenen  Gemeinden 
die  alte  Yerfaeaung,  mag  dieselbe  nun  demokratisch  oder  aristo- 
kratiaeh  oder  monarchiacb  sein«  Die  Modifikationen  dieser  Po- 
litien  gehen  nur  ao  weit,  ala  ea  die  Einverleibung  und  die  For* 
muliriang  des  Untertbanenverhältnisses  erbeiacht.  Ein  Kriterium 
derselben  Ut  die  Assimilation^  zum  mindesten  die  änsserliche, 
der  Politien  an  die  römische  Verfassung,  z.  B.  die  Bezeichnung 
der  peregrinen  Institute  mit  römischen  Namen.  Staatswesen,  die 
dem  römischen  aaf  der  Autonomie  aller  ßemeinden  des  Reiches 
beruhenden  Staatswesen  völlig  disparal  sind,  können  nicht  ala 
Bolobe  in  den  Ünterthanen  verband  eintreten*  Ausgeechloaaen 
sind  alao  die  Territorien ,  welebe  nicht  einer  Volksgemeinde 
eondern  einem  König  gehören.    Die  *  reges  socii    sind  Grundherren 

Ebein.  Muf.  r.  PbUoL  N.  F.  L.  ^^ 


490  Schalten 

ihrer  Staates,  keine  Gemeinden  sondern  GnindlienvcliafkeBy  etwa 
wie  die  salius  des  Kaisers  und  der  romischen  Grossen  miid  aicht 
mit  den  ünterthanen  eines  solchen  Königs  sondern  mit  der  Person 
des  Königs  schliesst  Rom  seinen  Vertrag  ab  (Mommsen,  Staats- 
recht III,  652).  Das  Königreich  eines  rex  soeius  ist  so  wenig 
eine  Gemeinde  des  Reiches  wie  die  Länder  der  in  keinem  Ter- 
hältniss  zu  Rom  stehenden  Despoten,  wohl  aber  können  als  Ge- 
meinden Roms  gelten  die  monarchisch  regierten  Gaostaaten  z.  B. 
der  afrikanischen  St&mme,  deren  Reichsangehörigkeit  dnreh  die 
officielle  Anwendung  römischer  Bezeichnungen  fttr  ihre  Instxtn- 
tionen  ausser  Zweifel  ist.  Ihr  Königthum  ist  nicht  das  der  rohea 
Despotie,  sondern  ein  Volks-  und  Wahlkönigthnm,  eine  Bonar- 
ehische  Magistratur.  Deshalb  werden  die  Fürsten  dieser  Gemeis- 
den  auch  nicht  als  reges  sondern  als  *  Häuptlinge',  princ^es,  be- 
zeichnet Sie  sind  nicht  mehr  als  die  '  Tetrarchen '  der  Gane  der 
galatischen  Keltenttämme.  Neben  diesen  '  Ersten  des  Volks*  steht 
dann  regelmässig  wie  es  scheint  ein  mit  dem  persönlichen  König- 
thum unvereinbares  aristokratisches  Collegium,  die  seniores.  Diese 
sind  da«  Gegenstück  des  ordo  deeuri<mum  der  Stadtgemeinden 
und  werden  auch  geradezu  decurionea  genannt.  Wie  der  ordo  de- 
curionum  die  aristokratische  Verfassung  der  römischen  Gemeinden 
nach  dem  Muster  der  Hauptstadt,  so  bezeichnet  die  Conservirnng 
der  seniores  and  ähnlicher  Gollegien  die  Zugehörigkeit  des  Gran- 
staats zum  römischen  Reich.  Katurgemäss  hat  Rom  die  pere- 
grinen  Analoga  seiner  eigenen  Politie  gefördert,  während  es  die 
monarchischen  Institutionen  möglichst  verkümmert. 

Die  nicht  städtisch  geordnete  Unterthanengemeinde  wird 
dadurch  am  besten  definirt,  dass  sie  bestimmt  ist,  in  den  Muni- 
cipalverband  einzutreten,  indem  Ortschaften  der  Gaugemeinde 
selbständig  gemacht  und  die  Hoheitsrechte  auf  sie  übertragen 
werden,  so  dass  aus  der  Gaugemeinde  der  Vocontier  die  Stadt- 
gemeinde Vasio,  aus  dem  Gebiet  des  Volkes  das  der  Stadt  wird. 
Eine  solche  Metamorphose  ist  natürlich  in  wirklichen  König- 
reichen ausgeschlossen  —  um  noch  einmal  auf  diese  einen  Blick 
zu  werfen.  Hier  geht  der  Weg  zur  städtischen  Organisation 
nur  über  die  Leiche  des  betreffenden  Königs  hinweg.  Im  Pontns 
konnte  erst  nach  der  Beseitigung  des  Königshauses  die  Städte- 
verfassung  eingeführt  werden;  dagegen  hat  der  Gaustaat  der 
Vocontier  während  der  Umwandlung  der  Gau-  in  eine  Stadt- 
gemsinde  einen  praetor  ebenso  gut  wie  in  den  latinisohen  Stadt* 
gemeinden  der  alten  Zeit  und  in  den  gallischen  oivitates  der  trans' 


Die  peregrinen  Oaugemeinden  dee  roraiso^ien  Hetoba. 


491 


^ 


Ν 


alpinen  Provinz  Endet  aioh  der  Yergobret  neben  dem  Quaeetor, 
der  GauhanptmaQQ  neben  dem  Stadteäckelmeiater. 

NicbtBtädliecbe  oder  Gau  gemeinden  gibt  es  nur  in  den  ro- 
manischen Provinzea  de«  Heicha.  Die  Kellen ieirung  der  aeia- 
tiechen  Landschaften  bedeutet  vor  allem  die  Einführung  der 
griechiachen  πόλΐς  und  die  Aufbebung  der  έθνη.  Statt  der 
Stammgemeinde  der  Lykier  besteht  das  κοινόν  Λυκιιυν  d.  b.  der 
Band  der  lykißcben  Stadtgemeinden  (vgl,  Strabo  p.  G64)  *). 

Eine  Ausnahme  bildet  Galatien^  aber  das  ist  auch  keltiechee 
Land,  gebort  aieo  niobt  zn  den  Lykiera  n.  ».  w.  Hier  beßtehen 
die  drei  Keltengaae  der  Tectosageüi  Tolistoagen^  Trocmer  ale 
ίθνη.  Sie  entwickelten  sich  aber  wie  die  Gemeinden  des  keltiechen 
Mutterlandes  7M  röniiacben,  unter  dem  Einänaa  der  grieclÜRchen 
Spbirc  zu  πόλεις.  Das  ίθνος  TcKTOcafüJV  geht  Über  rn  die  μη- 
τρόπολη .  .  TeKTOcaTUiv  "Αγκυρα  (ρ.  Mommeen  R.  G.  V®  314). 
Die  galatiechen  Gemeinden  heieeen  inechriftlich  bald  £Ovoc  bald 
πόλις. 

Plinin«  (V  §  95)  redet  Äwar  von  der  gens  Isanrica,  aber 
eine  Gemeinde  der  Isaurer  gibt  es  nicht  mehr,  sondern  nur  isau- 
riscbe  St  ad  tge  mein  den* 

Dagegen  ist  die  Gauverfasaung  der  galatiacben  Stämme  auch 
hei  Pliniufl  (§  146),  mit  dem  Strabo  (p.  507)  zu  vergleichen  ist, 
deutlich  kenntlich.  Die  drei  f/erU&s  bilden  bei  Plinius  zusammeu 
195  ^ populi  ac  (etrarchiae*.  Klarer  iet  Strabo:  jedes  fövoc 
(gena)  enthält  4  μέρη,  die  deebatb  τ€Τραρχίαϊ  belesen.  Wir  er- 
kennen sofort,  daaa  dies  die  pagi  sind.  Auch  die  Helvetier  haben 
ja  vier  *  pagi\  Alle  vier  Gaue  haben  eine  gemeinsame  βουλή 
von  300  Männern.  De»  Pliniua  195  Tetrarcbien  eind  ein  Unding, 
auch  kann  man  ac  nicht  ala  einfache  Copula  fassen.  Ea  ist  ^ 
sive*  Die  popuU  mügen  gentilitatea  oder  viel  aein  oder  sonat 
welcher  kleinate  Beetandtbeil  des  Gauataatea.  Der  anegezeicbnete 
Bericht  Strabos  nennt  die  Hauptorte  dieaer  Stämme,  Ankyru, 
Peasinus,    Tavion  φρούρια  (oder  έμττύρια)  also  casidla.     Das  iat 


*  Ala  Auahebungebejcirke  fungiren  in  den  asiatjichen  Provinzen 
daneben  die  einzelnen  Provinzen  oder  CHentelHaaten;  ea  grebt  l)  oo- 
hortea  oder  alae:  iLyraeorum,  Chalddenorunii  Comniiigenorum,  2)  Pa- 
phlagonumj  Phrygura  (vgL  llermea  XIX  p.  45),  Cilicum,  ίί)  eind  ein 
dritter  Conacriptioneverein  die  Städte:  colih*  Apamenorum,  Anatbe- 
morum,  Damascenorum ;  dio  Heimuthebezeicbnuiig  ist  entweder  auf  die 
Provinz  oder  die  Landecbaft  oder  aber  auf  einen  Ort  (Dorf  oder  Stadt) 
gcaiellt.     Ein  Mittolglierl,  die  Giiugeraeinde,  fiiidut  sich  nidit 


Solmltett 


etaatereGhtUoh  correkt,  da  mit  der  Markverfaeeang  eioe  ττόλκ 
ujiTereinbAr  iet.  Wenn  dieee  Orte  in  den  gricchiechen  Inicbrilteii 
πόλ€ΐ€  beiteen,  bo  i^t  das  die  allm&bliobe  HellenisirtiDg,  Dit 
Γολάται  wurden  xu  ΓαλλογραΐκοΙ  Die  Hellenieirung  dieaer  orien- 
tAÜBcben  Kelten  batte  dieselbe  Folge  wie  die  Romanieirung  der 
ooeidentalen :    die  Metamorphone  der  Gau*  in  die  Stadtgemeiode. 

Das  Ergebnies  der  um  die  Mitte  des  IIL  vorchrietlioben 
Jabrbunderta  abgeecbloeeenen  Unterwerfung  Italiens  unter  die 
8tadt  Rom  war  die  italieche  Webrgenofiaeneobaftf  bestehend  am 
Rom  mit  seinen  Cobnien  und  den  durcb  ein  fotdus  an  Hon 
gebundenen  mehr  oder  weniger  antonomeu  Gemeinden.  DieM 
Gemeinden  waren  fast  durchweg  Städte^  sei  es  von  Anfang  an, 
sei  ei,  dass  durcb  Koma  Colonieation  Gaugemeinden,  wie  die  Sa* 
biner,  Marser,  in  Städteterntorien  verwandelt  waren. 

Diese  Gleicbbeit  der  Politien  machte  einen,  die  Antonoi 
der  Gemeinden  garantirenden,  Bund  niesvertrag  möglich,  denn 
muaste  in  den  gemeinsamen  Institutionen  und  der  nahen  Ver- 
wandtschaft aller  Italiker  (an  welcher  die  griechischen  Bündner 
dank  der  heüenieirenden  Gesobichtsdarstellung  theiluahmeD),  eber 
eine  Aufforderung  zur  Herstellung  eines  ähnlichen  Bundes  als 
einen  Anläse  zur  Vernichtung  der  einzelneu  Gemeinden  sehen. 

Im  Jabre  241  stand  Rom  vor  der  Aufgabe,   fdr  den  west- 
tichen  Thetl  der  Insel  Sisilien,    der  nunmehr  Rom    gehörte  (Po- 
lybius    I  62   §  efif.),    eine    AdminiBtrationeform    zu    finden.     Das 
römische  Sizilien  bestand  aus  karthagischen    und    hellenistisches 
StadtgemeiDden.     8ie  wurden  nicht  zum  fotdus  zugelassen,  aoii- 
dern  zu  Uuterthatieiigemeinden,   aber  mit  'tolerierter  Autonomie 
(Mommsen)  gemacht     Das  Kennzeichen    dieses  Verbältnisses  ist    ^ 
diu  von  jeder  Stadt  zu  leistende  »HpmdUim^  d«  h.  die  urspr&ng*  1 
lieh  als  Kriegsoontribution  veranlagte,    dann   aber  perpetuell  ge• 
machte  Abgabe  der  Unterthauen  (Staatsrecht  III  7B2). 

Von  dieaer  Abgabe  sind  allerdings  zu  Ciceros  Zeit  einige 
Städte  des  ehemals  karthagischen  Gebiets  befreit  als  'liberae  et 
immunes'  (Cic,  Verr.  III  β  §  13):  Centuripa,  Halaesa,  Segeeta, 
Halioya,  Panhormus,  Aber  es  ist  mdglich^  dass  diese  Immunitftt 
eine  spätere  Vergünstigung  ist. 

Im  Jahre  212  wurden  auch  die  Städte  des  Königreiche  von 
Syrakui  einverleibt  Nur  eine  von  ibnen  bat  zu  Ciceros  Zeit  das 
foedua,  nämlich  Tanromenium  ^     Alle  anderen  sind  stipendiaria« 


1  Von  Netium  ist  das  zweifelhaft    Cieero  sagt  Verr.  ΙΠ  6  91^ 


Die  peregrinen  Gaiigemeinden  des  rnTniVoben  Reiche. 


493 


ciTÜatee  oder^,  wie  es  in  Sizilien  heieet,  decumanae.  Tauromenium 
miies,  da  das  foedue  nicht  nachträglich  einer  etipendiären  Ge- 
meinde Terliehen  werden  kann,  schon  212  zum  Bunde  «ugelaaeeii 
worden  eein.  Meesana  war  bekanntlieh  eeit  Eröffnung  der  eizi- 
liechen  Frage  verbündete  Stadt 
I  Mit  der  Organiaatian  Siziliens  war  der  Begriff  der  mit  dem 

Stipendinm  helaeteten    aber   eonst  autonomen  Stadtgemeinda  in*e 
Reich  eingeführt. 


Sardinien  und  Coreica« 

Seit  dem  Jahre  2B8  wurden  Sardinien  nndCoreica  akProvinsen 
angeaehen.  Es  gab  anf  den  Ineeln  als  ehemale  panischem  Gebiet 
Stadtgemeinden.  Die  32  Städte,  welche  Pliniua  auf  CorAiea  an- 
gibt (111  §80),  sind  bis  auf  wenige  (col.  Mariana,  Aleria)  panische 
Städte  und  seit  der  Dedition  civitates  fitipendiariae.  Die  meisten 
werden  nrspriinglich  einheimische  Dörfer  oder  Castelle,  wie  sie 
die  Bergvölker  haben,  gewesen  sein  (vgL  Strabo  p.  224,  der  von 
έρύματα  der  Corseu  spricht);  aber  dass  Plinius  sie  als  civitates, 
als  Gemeinden  aufzählt,  zeigte  dass  sie  zu  punischen  Stadtge* 
meinden  geworden  sind. 

Keiner  einzigen  Stadt  ist  das  fuedos  oder  nnr  die  Immu- 
nität  verliehen  worden  (Cicero  pro  Scauro  2,  44)  was  bei  den 
nie  endenden,  erbitterten  Kämpfen  gegen  Sarden  und  Gorsen  sehr 
begreiflich  ist. 

Dafür,  dass  die  punischen  Städte  als  oppida  stipendiaria 
fortbestanden  haben,  fehlt  es  auch  nicht  an  inschriftlichen  Zeug- 
nissen. C  X  7513:  Eimilcuni  Idnihalis  /.  Luei  hunc  aedem  eas 
S.  C  fac.  coeravit;  IJimiku  f.  .'itatuam.  Der  'senatus'  ist  wie 
in  den  Patro η atsur künden  der  afrikanischen  Städte  der  panische 
Stadtrath  (γερουοία). 

Yon  den  'Gemeinden  (populi,  oivitates),  welche  Plinius  an- 
führt (III  §  80  Corsica  §  84  Sardinien),  sind  wohl  nur  wenige 
einheimische  Gange  meinden,    da  mit  diesen  schon    die   panische 


es  gäbe  in  Sizilien  nur  zwei  civitates  foederatao:  Moaeana  und  Taaro- 
menium.  V  22  §&6  allordinga  wird  von  Tauromeniuni  η  ad  Netium 
geeagtj  dass  *  utraque  foederata '  sei*  Verres  hatte  nämlich  von  den 
Netinem  die  decttma,  eben  jene  Abg-abe,  erhoben;  die  Berechtigung 
dazu  boitreitet  Cicero.  Das  kann  vielleicht  veranliiseen  der  ersten  Stelle 
KU  glauben  und  in  der  zweiten  eine  tendenziöse  Entstellung  »«  e^henr 
als  foederata  wäre  Netium  allerdings  nicht  stipendiär  ge« 


k 


494  Sohnlten 

Uemchaft  aafgerätimt  haben  wird.  Bei  Livint  wird  nie  eine 
Gemeinde  sondern  immer  nur  das  Volk  der  Sardi,  Gorsi  genannt 
Aber  die  Inschriften  lehren,  daee  die  Stämme  noch  in  der  Kaiser- 
zeit  bestanden  haben.  C.  XIV  2554  werden  Anxilien  der  '  ciri- 
tates  barbariae  in  Sardinia'  genannt.  Damit  ist  allerdings  die 
Existenz  von  einheimischen  Gaugemeinden  bewiesen.  Civitatet 
barbariae  kann  nicht  ein  allgemeiner  Ausdruck  für  ^Peregrine'  sein. 
Der  ^Agisimns  Taramonni  Fifene(i8)  ex  Sardinia  gehört  in  die- 
sen Anxilien  (C.  III  878  Diplom),  ein  Cares{iuB)  (PtoL  Καρήναοι) 
in  einem  sardischen  Corps  im  Dipl.  XXVI  (C.  III  Suppl.  3).  Die 
Aushebung  findet  im  übrigen  nach  der  Provinz,  nicht  nach  Gauen 
statt  (cohh.  Sardornm,  Corsorum). 

Unter  den  plinianischen  ciyitates  sind  nnTcrkennbar  einige 
gentesi  die  Corsi  z.  B.,  welche  XVIII  'oppida  haben  d.  h.  Castelle; 
die  Balari  =  Βάλαροι  Strabos  p.  225,  der  sie  nnter  den  δρ€ΐα 
ίθνη  anflPÜhrt.  Das  Beste  lehren  die  Steine.  1)  Sardinien:  da 
ist  zuerst  C.  X  7930,  ein  Grenzstein,  der  auf  der  einen  Seite  die 
Inschrift  ^terminns  Giddilitanorum  .  .  .  (folgen  einige  noch  nicbt 
gedeutete  Buchstaben),  auf  der  anderen  'terminus  Enthichiano- 
rum'  hat.  Also  eine  Termination  der  Territorien  zweier  Stämme. 
Die  GalUlenses  und  Patulcenses^  deren  Grenzstreitigkeiten  der  Pro- 
consnl  Helvius  Agrippa  unter  dem  Kaiser  Otto  entscheidet  (Brnos, 
Fontes^  p.  216),  sind  ebenfalls  Gaugemeinden. 

2)  Für  Corsica  bezeugt  des  Ptolemaeus'  'έθνη  κuιμη^όv 
οίκουντα*  (III  2  §  6)  die  Fortdauer  der  Stämme.  Erhalten  ist 
ein  Brief  Vespasians  an  die  'magistratus  et  senatores  Vanacino- 
rum*  (Bruns,  fontes^  p.  225)  die  bei  Ptolemaeus  als  Ούανακΐνοι 
erscheinen.  Es  handelt  sich  auch  hier  um  eine  Grenzregulirung 
und  zwar  zwischen  den  Vanacini  und  Mariani,  der  Colonia  Ma- 
riana (Ptolem.  §5  Μαριανοί  πόλιο;  Plin.  §80  colonia  Mariana 
a  C.  Mario  deducta).  Auf  zwei  Cremonenser  Militärdiplomen 
(C.  V  4092;  4091)  wird  genannt  ein  *.  .  ex  gregale  L,  Valerivs 
Caienis  /.  Tarvius  Opinus  ex  Cors(icay  und  ein  *ex  gregalis  M. 
Numisins  Saionis  f.  Nomasius  CorHis  yinacen(us).  Ptolemaens  nennt 
§  6  die  Όπινοί;  die  Vinaceni  kennen  wir  schon  als  Vanacini  aus 
dem  kaiserlichen  Rescript. 

Die  sardischen  und  corsischen  Stämme  waren  die  ersten 
nichtstädtischen  Gemeinden,  die  das  römische  Eeich  sich  incor- 
porirte.  Wie  den  Stadtgemeinden  Siziliens  hat  man  auch  ihnen 
die  Autonomie  der  dediticii  gelassen. 


Die  peregrinen  Gaugemeindeo  des  riimischpn  Reiobs. 


495 


Spanien. 

Ueber    die  Anwendung   der  yerechiedenen  üntertbanoDver* 

hältnieee  anf  die  von  218  bis  27  v.  Chr,  bekämpften  und  nnter- 
worfenen  ibenecben  Stämme  fehlt  ee  für  die  einzelnen  Receptione- 
akte  ganz  und  gar  an  Nachrichten*  Wir  wieeen  nur  vereinzeltes; 
BO  z.  ß.,  dase  mit  den  Bellern  und  Titthern  im  Jabr  179  ein 
foeäm  geechlossen  wurde  (Äppian  Iben44;  Polyb,  XXXY  2  §  11 

*  nennt  sie  €ϋμμαχουντ€€  im  Jahre  151),  Föderirte  Völker  oder 
Städte  werden  von  Livius  öfter  erwähnt,  seltener  aber  mit  Namen 
genannt  (vgl.  26,  20  §  1;  24,  41,  3;  23,  49,  5  (Iliturgie);  §11 
(ßizerra);  28,  24  (Sueeeetani  und  Edetani),  Die  erete  verhöndete 
Gemeinde  ist  Sagnntum  (vor  218)»  Aber  wir  können  auch  dieee 
Angaben  über  die  Aufnahme  der  einzelnen  Gemeinden  in  den 
Unterthanen verband  entbehren,  da  wir  im  Pliniue  eine  aumma- 
rieche  Statiatik  der  Bpaniecben  Gemeinden  nach  Vollendung  der 
Unterwerfung  haben. 

Dase  bei  weitem  die  meisten  Stämme  oder  Völker  —  denn 
die  Gaugemeinden  thun  sich  im  Erlege  gewöhnlich  zu  nationalen 

iTerbauden  zueammen  und  die  romischen  Schrifteteller  berichten 
bei  der  Erzählung  der  kriegerischen  Ereignieee  gewöhnlich  von 
gröaeeren  Völkerbünden  ^  mit  Waffengewalt  bezwungen  nnd 
darum  jeder  politisch en  Autonomie  beraubt,  also  aufgelöst  wurden, 
let  deutlich  (vgl.  über  die  liergetes  Liv.  28,  34,  12).  Dem  harten 
Klang  der  Kriegeberichte  entepricht  völlig  die  von  Pliniue  ge- 
zeichnete politische  Vorfassung  des  angneteischen  Spaniens,  Abge- 
eehen  von  den  eben  mit  Mühe  befriedeten  Gauen  des  Nordwestene, 
die  man  Grund  genug  hatte  zu  schonen,  gibt  es  Gaugemeinden 
in  Spanien  gar  nicht  mehr.  Das  röraieche  Princip  'divide  et 
impera*  hat  die  Ortschaften  der  aufgelösten  Gaue  zu  oppida  sti* 
pendiarift  erhoben  und  die  ursprünglich  ganz  gleich  organisirten 
Länder  Spanien  und  Gallien  sind  völlige  Gegensätze  geworden. 
In  Spanien  hat  man  stark  colonisirt  und  alle  einheimiachen  Gaue 
beseitigt,  in  Gallien  hat  man  alles  bestehen  lassen*  Man  ver- 
spürt dort  die  Strenge  der  Republik,  hier  die  geniale  Milde  des 
diviis  Jnliua. 

Die  Verselbständigung  der  peregrinen  Ortschaften,  denen 
ale  Gaudörfern  jede  Autonomie  gemangelt  hatte,  ist  wieder  ein 
neues  Organisationaprincip.  Man  gibt  die  Immunität,  Libertät 
und  das  foedui  an  die  oppida  der  ehemaligen  Gaue,  ala  ob  diese 


496 


Sctiult  en 


nie  beetauden  hätten.  In  Baetica  gibt  es  nntar  17&  oppida  6  d* 
iritates  liberae,  3  foederatae  (Malaca  wird  allein  genaDot.  Pimu 
HI  §  8),  120  etipendiariae,  der  £eet  sind  latiniacbe  and  rdinticbc 
Gemeindeii.  In  Hispania  Citerior  sind  unter  293  Gemeinden  179 
StEdte;  von  denen  eind  135  itiipendiär,  nur  eine  ist  fodenit 
(Tarraco).  Lnsitanien  bat  45  Gemeinden,  darunter  36  etipcndiin 
(IV  g  117),  keine  einzige  föderirte. 

Die  Gemeinde verfaeaung  der  spanischen  ProTins  hat  aoage- 
zetohnet  behandelt  Detlefeen  im  Philo!  ogus  XXXIl  p.  600  £F. 

Baetica  ist  offenbar  ganz  städtisch  organiairt,  denn  Pli&iiti 
apricht  nur  von  (175)  oppida^  während  er  in  der  Tarraconeseii 
Zuerst  den  allgemeinen  Begriff  civUas  {populus)  der  Gemeiftd• 
nennt,  dann  die  oppida,  eo  daes  der  zweite  Theil  der  Gemeiiida 
Gaugemeinden  sein  miiseen*  §  18:  *. . .  civ^itatee  provincla  ipsa  — 
praeter  contributas  aliie  —  CCXCIII  continet;  oppida  CLXXVIIII^ 
in  Ua  coloniae  XII|  oppida  o.  Romanorum  XIII,  Latinomm  vete- 
rnm  XVIII,  foederatorum  unam,  etipendiaria  OXXV*.  Wenn  unter 
den  293  oivitatea  179  oppida,  Stadlgemeinden,  sind,  so  können 
die  übrigen  114  nur  Gaugemeinden  sein  (Detlefeen  a.  &.  0<). 

Uebergeordnet  iat  diesen  städtiechen  und  ländlichen  Ge* 
meinden  der  conventus  inridicua, 

Die  Verwaltung  baeirt  also  in  Spanien  anf  Stadt-  und  G«m* 
gemeinden.  £e  ist  ein  Irrthum»  wenn  Betlefaen  die  114  neben 
den  Städten  bestehenden  populi  für  Gemeinden  der  gente«,  der 
Stämme  hält  f  Landgemeinden  sagt  er)  wie  etwa  die  pagi  βθ* 
meinden  der  gene  sind,  Neiui  dieie  114  eind  selbst  gentee.  Von 
einer  Vereelbetandignng  irgend  welcher  Landgemeinden  der  Stamme 
kann  keine  Rede  sein.  Verselbständigt  durch  die  Auflösung  der 
Gaue  entstehen  die  oppida  etipendiaria. 

Aber  die  114  Gaugemeinden  der  Tarraoonensis  sind  nur  ein 
kleiner  Theil  aller  epanifichen  Gemeinden»  die  meiaten  Gange* 
meinden  sind  aU  politische  Grössen  verschwunden  und  nur  noch 
geographische  Bezirke.  Diese  Verhältnisse  sind  aus  Pliniua  deut- 
lich erkennbar.  Baetica  zerfällt  in  1 75  oppida,  also  Städte.  Wenn 
also  Plinins  (§  13)  eine  regio  Baeturia  (zwischen  Baetie  und  Ana«) 
erwähnt,  welche  von  zwei  ^gcnies\  den  Celtici  und  Turduli  ein* 
genommen  werde,  eo  ist  das  eine  historische  Reminiscenz.  Die 
gentes  ißnden,  da  es  nur  Stadtgemeinden  gibt,  keinen  Platx.  £bento 
verhält  es  sich  mit  den  meisten  Gannnmen,  welche  Plinius  in  der 
diesseitigen  Provinz,  welche  noch  einige  Gaue  enthält,  nennt. 
Daee  die  Gaunamen    nur   geographische  Bedeutung  habeUi   lelgt 


Die  perflgrinen  Gangemeinden  de»  rÖroiaclißn  Reiche, 


497 


echon  die  Bezeicbnang  regiOf  die  für  sie  bei  Pliniue  iecboiBoB  ist : 
regio  Edetania  §  20  u.  s.  w* 

PliniuB  gibt  zuerst  (§  19—22)  eine  geographieclie  Eiiitliei- 
luDg  der  Tarraconensifl  nach  tlen  'regiones',  den  eliemaligen  Gau- 
gebieten bis  zu  den  Vaaconee  (der  übrige  Theil  wird  mit  der 
Westküste  IUI  110  fF.  behandelt).  Dann  folgt  die  politische  Ein- 
tbeilung  naoh  Coiiventen  und  Gemeinden  (§§  23—28).  Zuerst 
wird  der  Convent  gen  an  η  t,  dann  die  in  ihm  enthaltenen  Gemein- 
den* So  hat  der  eonventus  Tarraconensis  42  populi,  genannt 
werden  von  coioniae  cir.  Koman.  2,  von  ooU  Latin,  6,  von  sti- 
pendiaria  oppida  B.  Bei  einzelnen  Gemeinden  wird  nebenbei 
angegeben,  zu  welcher  regio  oder  gens  sie  gehören•  So  *Cae- 
earauguata  regionis  Edetaniae*;  'Ilerdenaes  Surdaonum  gentis\ 
'  Oscenees  regionie  Vessetaniae  .  —  Der  conventus  Carikaginiensh 
hat  65  Gemeinden.  Bei  den  Toletaui  wird  gesagt,  dass  sie  re- 
gionis Carpetaniae  seien  (§  25).  Gaugememden  eind  in  den  ersten 
drei  Conventen  nicht  vorhandeOi  es  gibt  nur  coluniae  civ*  Rom., 
Lat  und  oppitia  etipendiaria»  Auch  auf  den  Inschriften  ist  hier 
von   Gauen  nicht  die  Spur^     Plinina  fährt  dann  fort  §  26: 

Vin  Cluniensem  conventum  VarduU  ducnnt  populos  XIIII, 
ex  quibne  Alabanensee  tantnni  nominale  libeat^,  TurmögkU  Uli 
in  quibaa  Segieamoneneee  et  Segisamaiulienses.  In  eundem  con- 
ventum üarieies  et  Ymmenses  quinqu©  civitatibus  vadnnt  qnarnm 
sunt  Velienses.  Eodem  Pelendones-QtXUhtinm  (ein  Begriff)  IUI 
populisj  quorum  Numantini  fuere  dari ;  siciit  in  Vmaitürum  XVII 
civitatibus  Jntercatienses  (und  drei  andere);  nam  in  Cantabriae 
VII  populis^  luliobriga  sola  memoraturj  in  ÄuiriffonumX  civita- 
tibus Tritium  et  Virovesca.  Ärevacts  nomen  dedit  fluvius  Areva* 
Horum  VI  oppida  (die  alle  genannt  werden)  .  *  •  ad  oceaniim  re- 
liqua  vergunt   Varduiiqm  ex  praedictie  et  CatttabrL 

Der  cant\  Asfurum  hat  22  populi;  §  28:  .  .  in  hie  sunt  Gi* 
gurri,  Paesici,  Lancienses,  Zoelae*. 


^  Die  '  EdetanC  (C.  Ill^  4251  etc.)  tragen  zwar  den  Namen  dee 
Gaoesi  aber  nur  weil  dieter  zugleich  der  der  Stadt  ist,  des  ^muuicipium 
Kdctanorum'.  Nur  geographisch  leben  die  Namen  der  Gaue  noch  fort 
(vgl.  praef.  orao  maritumae  Lacetanae:  Beasau  2714). 

^  I¥  110  werden  drei  weitere  oppida  Vardulorum  genannt* 

'IV  111:  civitatium  Villi  regio  Cantabrorum.  Genannt  werden 
örgenomtsd  e  Cantabris,  Offenbar  liegt  eine  üngenauigkeit  des  riiniua 
oder  Corruptel  in  den  Zahlen  vor* 

^  IV  111  werden  noch  Noega  oppidum  und  die  Fae9ici  genannt. 


4ί)Η  Schulten 

Der  conv.  Ijucensis  hat  XYI  popnli,  —  praeter  Celtiooe  et 
Lemavoe  ignobilium  ac  barbarae  appellationis^. 

Der  coiiY,  Bracartim  hat  XX  IUI  civitatee;  f^enannt  werden 
Hracari,  Biballi,  Coelerni,  Callaeci,  Equaeei,  Limioi,  Qaerquemi 
*  citra  faetidium**. 

Vergleicht  man  die  Aufzählung  der  Gemeinden  in  den  lY 
nordwcHtliohen  Conventen  mit  den  drei  ereten,  so  fehlt  die  I^ 
thcilung  in  coh  civ,  llom.^  Lot,  und  oppida  sHpendiariorwm^  statt 
ihrer  treten  im  conv.  Clnniensis  gentes  mit  etftdtieohen  Gemein- 
den auf,  und  zwar  sind  die  gentes  hier  änseerlich  offenbar  mdir 
alfl  goographiiohe  Begriffe  und  hietorisohe  Reminieoenz. 

Kfl  heiflst:  *Varduli  ducuni  populos  XIV,  Carietee  et  Ten- 
ncnnefl  V  oivitatibus  vadunt*,  während  in  den  bisher  ^nanntea 
Ocrichtsbozirken  die  gentes  nur  als  regiones  und  nebenbei  ei^ 
wKhnt  wurden.  Aber  die  populi  der  Varduli  etc.  sind  doch  aUe 
bei  IMiniuR  \tppida\  (stipendiftre)  Stadtgemeinden,  die  Stimme 
konnton  donhalb,  wenn  Plinius  ganz  correct  wäre,  trotzdem  er 
ihnon  Ktilistiech  eine  Handlung  {ducnnt)  zuschreibt,  nicht  mehr 
Oaugemcindon  sein,  denn  Städte  kann  es  im  Oan  nicht  geben. 
Aus  dorn  Dilemma  helfen  uns  die  Inschriften  hinaus.  Während 
von  den  Übrigen  spanischen  Gauen  keine  Spur  übrig  ist,  enchei- 
neu  die  der  t  nordwestlichen  Convente  nicht  selten.  Es  wird 
nueh  im  conventus  Cluniensis  nach  Gauen  ausgehoben.  Anxnneh- 
men,  dnes  die  ala  Carietum  et  Veniaesum  aus  einem  ehemals  ein 
(Unland  darstellenden  geographischen  Bezirk  ausgehoben  sei,  gebt 
nicht  an,  da  wohl  die  Völker,  die  nationes,  nicht  aber  die  ein- 
reinen Stämme«  wenn  sie  politisch  vernichtet  sind,  solche  Regionen 
bilden. 

Wenn  die  *  oppida  ^  der  Stimme  des  dnniensisehen  Conventi 
wirkliche  oppida  stipendiaria  gewesen  wären,  wfirde  sie  Plinius 
9\xeifellos  als  solche  bezeichnet  haben.  So  aber  ist  oppidnm  nur 
ein  anderer  Aui«klmok  für  cusff^wwi.  wie  die  Oiteehalten  der  Gu- 
gt^meiiulen    technisch    heissen.      Mit    der  Wendnng  *  Tardali  .  . 


^  IV  \U     (Vsi'-n,  Fctrurn.  (iy>pnc»Tniae  XamariniV    filotw^  Jr- 
•\yikK    .«"^.v^rKv^   (Vir•,•*!  c.y^^mim  Λ"η'  «  mper   Tmmmiei  , .  Oofuri 

ίΛ•*κ   Sr^-Sk    Κ••Α,^ΑΓ*κ  «^p|^}i£aι  Angosta»  ^»os  sn|m 


Die  peregriTten  Gaiigemeinden  des  r^miiicheii  Reiohs* 


499 


"^ÄQcniit'  u*  β.  w.  bebt  doch  Pliniue  die  Verecbiedenbeit  dieser 
gentee  von  den  nur  als  geügrapbisühe  Begriffe  von  iiim  erwäbD- 
ten  der  Übrigen  TarraconenBis  deutlich  genug  hervor. 

Wirklich  noch  bealehende  Gaue  gibt  es  auch  in  den  drei 
letzten  Conventeti  und  die  pliniariiBche  Beeohreibnng  läset  daa 
auch  einigennaeeen  hervortreten.  Es  folgt  der  conv,  Äsfurum. 
Seinen  Namen  hat  er  von  der  natio  Asturum,  dem  Volk  —  nicht 
der  Gemeinde  ^  der  Asturer*  Sie  zerfallen  in  A.  Transmontani 
und  Ausfustani  (von  Augusta  Aeturica).  Die  Eintheilang  ist  eine 
rein  geographißchö.  Hier  sind  aber  die  popuU  nicht  Städte,  son- 
dern wirklich  Gaue,  wie  die  Namen  und  die  Ineohriften  zeigen. 
Ebenso  besteht  der  ctmrenius  Lucmais  au»  Gaugemeinden  und 
der  convtnius  Bracarum  nicht  minder.  Der  c.  Bracarum  hat 
seinen  Namen  von  dem  Volk  der  Bracaree.  Er  heiest  auch  Bra- 
caraugustanue  von  der  Stadt  Anoh  in  diesen  drei  Kweifeltoe  aus 
Gaugemeinden  bestehenden  Conventen  gebraucht  Pliniue  für  die 
Caetelle  der  Gaue  oppidum  (oppiduin  Noega:  IUI  §  Hl;  Noeta 
opp*  ibid. ;  opp.  Abobrica  §  112;  daneben 'oastelluin  Tyde');  offen- 
bar will  Pliniue  mit  oppidum  grössere  Ortncbaften  von  den  blossen 
Burgen  uuterBcheiden. 

[  Die  auseerortl entliche  Unklarheit  des  plinianischen  Beritshtes 

kommt  daher,  dass  Pliniue  von  popuU  der  Varduli  etc.  im  conv. 
Cluniensis  spricht,  während  er  fionst  mit  populn«)  die  wirkUche 
Gemeinde  bezeichnet,  die  populi  also  streng  genommen  den  Be- 
stand von  gentes  ausflch Hessen  müssten.  Da  er  aber  auch  in  den 
drei  letzten  Conventen  Gaue  neben  Ortschaften  nennt,  bü  müeaen 
diese  Orte  neben  dem  Gaue  eine  gewisse  Selbständigkeit  gehabt 
haben,  wie  Υο,ύο  im  Gau  der  Vocontier  und  wie  die  Städte  in 
den  civitates  der  drei  Gallien.  Hier  herrscht  also  ein  anderes 
Priiioip  wie  in  dem  übrigen  Spanien,  wo  neben  den  peregrinen 
Städten,  den  oppida  stipendiaria,  Gaue  nicht  mehr  bestehen .  Viel- 
leicht gehören  die  oppida  der  vier  letzten  Convente  gar  nicht 
mehr  zu  einem  Gau,  sondetn  sind  als  Hauptorte  eines  ehemaligen 
Gaues  an  deeeen  Stelle  getreten .  Nur  aus  Gauen  können  diese 
Convente  wegen  der  114  Gemeinden,  welobe  die  Tarraconensis 
ausser  den  wirklichen  Städten  der  römischen,  latinischen  und 
slipcndiären  enthielt,  nicht  wohl  bestanden  haben.  Die  Zahl  ist 
SU  gross.  Die  grösseren  Ortschaften  der  Gaue  müssen  auch  als 
populi,  als  Gemeinden»  gegolten  haben.  Addirt  man  die  Zahl  der 
populi  des  oonv.  Cluniensis,  Asturum^  Bracarum,  Lucensis,  so  sind 


•VXJ  Scholtem 

e•  129^  Dm  lind  nicht  Tiel  mehr  wie  die  114  niehtatldtiichw 
Gemeiodeo,    welche  wir  aq•  dieeeo  ConTenteD  gewinnen  mfiam. 

Den  regiones  der  übrigen  Tarraconensit  entsprechen  die  Aiti- 
reu,  Bracaret;  es  sind  die  Völker,  deren  politischer  Verband  an^ 
gehoben  iet.  Man  wird  anch  die  genies  des  fibrigen  Spemeni 
nicht  für  ehemalige  Gane,  sondern  fftr  Völker  su  halten  ha- 
ben*. Der  Nordwesten  besteht  ans  den  xwei  grossen  Völkersehalts- 
gebieten  von  Astnrien  nnd  Gallaeeien.  Aeturia  ist  anm  oonTentoi 
Astamm  geworden,  w&hrend  aas  Gallaecia  xwei  ConTentei  der 
c.  Bracamm  and  der  c.  Lacensis  gebildet  sind  (TgL  Ptolemaeie: 
ΓαλλαικοΙ  Βραικάριοι  and  Γ.  Λουκήναοι.  Die  Grensen  dieser 
Gebiete  sind  anklar.  Die  civitas  Zoelarnm  rechnet  Plinins  ΙΠ  i5 
zu  den  Astares,  XIX  210  χα  Gallaecia. 

Das  eigenthttmliche  Nebeneinanderbestehen  der  Omagemeinde 
und  ihrer  Ortschaften  ist  am  besten  ersichtlich  aas  dem  Anftretes 
eines  'censitor  civitatiam  Vasconnm  et  Vardalomm.  WSren  die 
Gaagemeinden  völlig  aufgehoben,  so  würden  sie  g^r  nieht  er- 
wähnt und  der  Census  nur  nach  den  civitates  benannt  sein.  Der 
Ausdruck  entspricht  genau  der  Darstellung  des  Plinios,  der  aoek 
von  civitates  der  Varduli  etc.  spricht.  Die  besten  Zeugen  ffir  die 
Kzistenx  der  Gaugemeinden  in  den  vier  Conventen  sind  die  In- 
Hohriften. 

ü.  II  4233  (Tarraco)  wird  ein  'Interoatiensis  ex  gente  Vae- 
caeorum'  genannt,  vgl.  Plin.  §  26:  in  Vaccaeorum  XVII  eivi- 
tatibus  Intorcatienses  (β.  Ptolem.  II  6  §  (K)).  C.  II  6093  wird 
derselbe    L•.  Antonius    Paterni  f.  Quir.  Modestus    bezeichnet    als 


^  1  c.  Cluniensis:  Varduli 

14 

Turmogidi 

4 

Carieies  et  VeuieDses    5 

Polondone 

4 

Vaccaci 

17 

Cantabri 

7 

Autrigonoa 

10 

Arevaci 

€ 

Π  i\  Aüinrum 

22 

111  c  Lwensis 

16 

IV  c.  Bracarum 

24 
129 

«  Wenn  Strubo  Wnchtot  (p.  15(ϊ), 

tum:  Plin.)  μ»μ«ρισμ^νοι  τ^τραχα  «eien, 

80  können  damit  nur  4  St&miM 

dw  Volk«  ir«*m<»int  Miin,  vfrl    Livios 

XXVinS  §8:  Orongis  in  Mumm 

»um  tinibug  lUi^tiUnao  gepü* 

Die  peregrinen  Oaugemeiuden  des  romiechen  Beichs. 


501 


rt 


*lDteroatieneie  ex  geii[te]  Vaccaeorum  CluDieneia'*  Er  ist  also 
von  Geburt  Peregriner  vom  Stamm  der  Vaocaei  aus  dem  Caeteli 
lotercatia,  dann  aber  rötaisclier  Bürger  <ler  Geraeinde  Cluiiia  ge- 
Avorden,  Die  Tribne  von  Clunia  ist  die  Galeria  (Kubitecltek,  Imp, 
Rom,  trihutim  desoriptnm  p,  192).  Der  Mann  iet  also  nach  per- 
eiinlioher  Verleibung  de»  civitaa  Romniia  der  Quirina  zugewiesen 
und  später  in  die  GemeiDde  Glunia  aufgenommen  worden  V  Die 
Funktion  des  Ganes  als  domas  beweist  seine  Exietenz  ak  poli- 
tiaobe  Gemeinde* 

Oefter  werden  Cmdabri  genannt.  C.  II  4233  :  Patiniae  Pa- 
ternae  Paterni  fiL•  Amocenei  Ctunien8(i)  ex  gente  CRntabro[r(um)], 
Da  auch  L.  Antonius  1)  Paterni  Mius,  2)  Cantaber  nnd  3)  Clu« 
nieneie  ist,  so  wird  Paternia  seine  Sebwester  eein«  Dann  war 
sie  also  gebürtig  aus  einer  Gemeinde  derCantabri.  Das  ist  wohl 
ÄmoeeneiB  (Amoea),  Amoeenei  ex  g.  Gant/  mnss  zusammen 
'  ören.  Clunia  kann  nicht  ihr  Geburtsort  sein,  da  es  Stadt 
der  Ärevaei  ist  (Plin.  §  27;  Ptolem.  II  6  §  56). 

α  II  4240  (Tarraco) :  Q.  Porcio  Q,  fiU  QQir.  Vitu«tino  Can• 
tabr(o)  luliobrig(enei).  luliobriga  ist  Stadt  der  Cantabri  nach 
Plinins  §  27.  Die  Gaugemeinde  als  origo  eines  römischen  Bür- 
gere muse  ausfallen.  Der  Vater  des  Mannes  war  noch  Cantaber. 
Vielleicht  erklärt  sich  die  peregrine  origo  daher,  dafis  diese  zam 

Ε  Bürgerrecht  gelangten  Peregrinen  keiner  Stadtgemeinde  zngewie- 
een  worden  sind.  Derselbe  Fall  Hegt  noch  zweimal  vor:  C  II 
4192  (Tarraco):  C.  Annio  L.  f.  Qutr,  Fiavo  luliohrigeusi  ex  gente 
CantabroTum, 
C*  II  4191  (ebendaher):  L.  Annio  L.  f.  Gal.  Cantabro  .  , 
Segohrigenses  omnibns  honorihus  gestis  Segobrigae.  Die  Galeria 
iet  die  Tnbus  von  Segobriga  (s.  KuhitsohekX  Der  Bruder  C* 
Annius  hat  die  Quirina,  wie  alle  uns  bekannten  zur  omtas  ge- 
langten Cantahra  (s.  oben),  dieser  die  Galeria,  weil  er  der  Ge- 
meinde Segobriga,  die  römische  Stadt  gewesen  sein  muss  (β. 
Knbitschek),  zugewiesen  wurde,  während  die  Trihus  Qnirina  die 
persische  ist.  Segobriga  liegt  im  conventus  Cartbaginiensis  (PH• 
nins  §  25  und  ist  bei  Plinius  stipendiär,  woht  irrthiimlich  wegen 
der  Tribus  und  des  Münzrechts. 

Ein  peregriner  Cantaber  in    Caniaher  Elguismio  Luci  p(uer) 

I Marti  Magno'  (C.  II  3061). 
1  Die   Quin  na   kommt   auch   flonit  in  Clunia  vor   (C.   Π  9798| 
6093,  4233), 


502  Schulten 

Ein  weiteres  Zengnies  f&r  die  Existenz  von  Ghingemeindeii 
im  conv.  Cluniensis  ist  die  Aashebang  nach  Gauen.  Es  gibt 
'  cohortee  Vardulorum^  ( Wilm.  1 520),  eine  *  ala  Carietum  et  Ve- 
niaesium'  (C.  II 4373);  die  beiden  Gaae  werden  auch  von  Pliniu 
zaRammen  genannt  (§  26  Carietes  et  Yenneneee) ;  eine  *  ala  Ära- 
vacoi-um  Wilm.  1255;  ala  Vaeconam  (Wilm.  1625).  Im  c.  Ck- 
niensis  sind  also  alle  Gaue  bis  auf  zwei  (Pelondonea  und  Antri- 
gonee)  Aasbebungsbezirke ;  in  den  drei  anderen  Conventen  wird 
nach  Conventen  ausgehoben  resp.  nach  Landschaften. 

Die  coh.  Lucensium  ist  das  Contingent  des  o.  Lucensis,  sie 
heisst  auch  (C.  III  3662)  'coh.  Lncensium  Callaecomm*,  weil  Cal- 
laecia  die  beiden  Convente,  den  c.  Bracarum  und  c.  Lncensis, 
umfasst.  Die  coh.  Asturum  et  Callaecorum  (C.  III  6065)  ist  aus 
den  drei  Conventen  zusammen  ausgehoben.  Die  coh.  Bracarum 
und  c.  Asturum  aus  den  gleichnamigen  Gerichtssprengeln.  Die 
coh.  Callaecorum  aus  dem  c.  Lucensis  und  Bracarum,  Astnria  und 
Callaecia  sind  Provincialsprengel  (vgl.  Dessau  1376,  1342,  1379) 
eines  legatus  iuridicus  und  des  procurator. 

Ein  gleicher  Sprengel  ist  Veitonia  in  Lusitanien  (Dessau 
1372:  proc.  prov.  Lusitaniae  et  Vettoniae),  das  Gebiet  des  Volks 
der  Vettones  (Plin.  IUI  §  116).  Es  gibt  eine  ala  Vettanum  C.B. 
(C.  III  Diplom  21)  neben  'cohh.  Lusitanorum\  die  das  Contin• 
gent  der  ganzen  Provincia  Lusitania  sind.  Vettonia  ist  nicht  ein 
Theil,  sondern  ein  Annex  von  Lusitanien,  wie  die  citirte  Inschrift 
zeigt. 

Es  sollen  nun  die  auf  Gaue  der  drei  westlichen  Convente 
bezüglichen  Inschriften  besprochen  werden. 

I.     conv.  Bracarum. 

C.  II  2477  (aus  Aquae  Flaviae):  im  Jahre  79  stellen  eine 
Inschrift  auf  ^civitates  X:  Aquiflavienses,  Aobrigensles),  BäMdi^ 
Coelerni,  Equaesi^  Interamici,  Limici^  Ābisoc(i)^  Querquemi^ 
Tamigani*.  Die  Inschrift  bezieht  sich  auf  ein  von  den  10  Ge- 
meinden gemeinsam  geleistetes  Werk  (man  vergleiche  die  In- 
schrift der  Brücke  von  Alcantara  C.  II  p.  89—93;  Wilm.  804). 
Nur  die  ersten  zwei  sind  wohl  Stadt-,  die  übrigen  Gaugemeinden. 
Plinius  nennnt  (§  28)  als  '  Bracarum  civitates'  von  ihnen  die  mei- 
sten (Bibali,  Coelerni,  Equaesi,  Limici,  Querquemi).  Die  Ur- 
kunde bestätigt,  dass  in  den  vier  nordwestlichen  (Konventen  Stadt- 
und  Gaugemeinden  nebeneinander  bestehen. 

C.  II 5353:  Reburrus  Yacisi  f.  castello  Berensi  Xtmtctf«b.s.e. 


Die  peregrinen  Gaugemeindon  des  romisclien  Reichs. 


503 


I  Die  Limici  als   Btamm  dee   conv.  BrAcamm   nennt  auch  Pliniue 
(§  28)  Tina  die  eben  besprochene  In&ohrilt. 

C.  11  774  Bassua  Miaami  f.  Cravus.  Crovas  ist  wohl  ein 
Angebüriger  der  Grovi  des  Plinins  (Uli  112  im  c,  Jirac,)»  die 
Ptolemaena  Γρούιοί  nennt  (II  6  §  45).     Eine  Cromia  C.  II  2550. 


I 


I 


II.     conv.  Α  stur  um. 

C.  II  2633  (Brnns,  Fontes^  p*  3H)  aus  Aatnrica.  Ee  ist 
eine  Urkunde  über  den  Abechluss  eines  JwspÜmm : 

*M»  Licinio  Craaeo  L.  Calpurnio  Pieone  coa.  (74  v,  Chr.) 
IUI  E.  Maiae  gentilitas  Deaoncorum  ex  gentc  Zuelaram  et  gen* 
tiiitas  Tridiavorum  ex  gente  ideni  Zoelanim  boapithim  vetustuni 
antiqnom  renoyaverunt,  eique  iimne«  alia  alinm  in  fidom  oiien- 
telamque  snam  euorumqne  liberorum  poeterorumque  receperunt 
egerunt;  (folgen  6  peregrine  Namen),  perAbicnum  PentiH  magi- 
etratnm  Zoekrum.     Actum  Curnnda. 

Glabrione  et  HomuUo  coa.  (152  p.Chr.)  V  idus  lulins.  Iilem 
gentilitas  Deaoncorum  et  gentilitas  Tridiavorum  in  eandem  clien- 
telam,  eadem  foedera  receperunt:  ex  gente  Avolgigorum  8cmper- 
nium  Perpetuum  Orniacuni  et  ex  gente  Viealigorum  Antonium 
Arquiura  et  ex  gente  Cabruagenigomm  Flavium  Fron  tönern  Zoelas. 
Egerunt  L,  Domitiaa  Silo  et  L,  Flavlna  Severua  Aeturicae. 

Der  Inhalt  der  ersten  Urkunde  ist,  dass  die  Sippen  {genti- 
Utates)  der  Tridiavi  und  Deeonci,  gehörig  zur  ^ens  Zoelarum^ 
einen  alten  Bund  unter  lich  erneuem;  der  der  zweiten^  dass  von 
denselben  gentilitaies  drei  Peraonen  aus  drei  fremden  gcntcs  in 
ihren  Bund  aufgenommen  werden.  Schwierigkeiten  macht  nur 
ά^Λ  Vf  ort  Zoelas  am  Schluas;  ea  wird  nicht  anders  zu  deuten  sein, 
als  dass  es  sich  auf  die  drei  Männer  bezieht  und  dass  sie,  von 
Geburt  anderen  gmtes  angehörend,  durch  üebersiedlnng  oder 
ionetwie  in  die  gens  Zoelarum  eingetreten  sind. 

Hühner  faset  die  gentes  Avolgigorum,  Cabruagenigomm, 
Yiealigomm,  weil  die  drei  Gentilen  derselben  als  Zoelae  bezeich- 
net wurden j  als  (fcntilUaies  wiederum  der  Zoelae,  Dem  Begriff  der 
gena  aeien  in  der  zweiten  Urkunde  die  Zoelae  'als  cim(as'  über- 
geordnet, indem  eeit  der  Abfassung  der  ersten  Urkunde  die  gen* 
tilitates  zu  gentea,  die  gens  Z.  zur  civitaa  geworden  sei.  Aehn- 
lich  Detlefaen  a.  a,  0,  p,  667.  Ich  halte  diese  Interpretation  für 
verfehlt.  Es  ist  nicht  zu  aagen,  was  denn  eigentlich  citfitas 
ira  Gegensatz   zu   gens   gewesen    sei.     Den  Anläse   zu  einer  sol- 


chen Auffassung  hat  Detlefaen  gegeben,  der  die  Gaue  des  nord* 


UA  Sek  «Item 

westliehea  Spaaieu  τσ•  des  gutes  des 
'  Leniij^emeinden*  uui  Ustergise.  Aber  fit 
•o  g«t  eine  gena  wie  die  Cantabri.  Ustergase  sad  kociiecei»  die 
/effrfi2^M».  Die  Terminologie  der  beides  Urkaadcm  iit  ToDig 
dienelbe  snd  'Zbelos'  bum  anden  erklirt  werde*.  Die 
miuM  eine  Sippe,  ein  groeeerer  Kreij  tob  Fnmiliea  eeia, 
ebend  etwa  der  rSmieeben  '^e» '.  lÜBe  gentOitM  aaek  C  Π  804 
(Lwitania;:  *düe  Lariboj  Gmpetieonui  geatOitatia'.  Xasea  tob 
geotilitatee  sebeiaen  femer  η  μιβ  —  die  geae  pflegt  «le  solche 
bexeiebnet  zu  werden  —  die  peregrinea  asf  des  IndfridsslBSTnen 
folgenden  Namen  «im  Genetir  meiatena).  Tgl.  Talerios  Sogen 
i.  Cnliihia  ii^ii^anm?;  (C.  II  2817).  L•  Tereatio  Pktnno  £&«- 
roneo  Titi  f.  Qnir.  (C.  Π  2828).  L.  Liciniaa  Seraaas  Aaraaeam 
(α  II  2827);  [Lijdaio  TitnUo  [C]oroaie«m  (2745);  Proeaha 
TriUlieam  L.  f.  U28(amenaia)  (3077).  Andere  im  ladex  C.  II 
p.  1161.  Fir  aolebe  Gentilititsbexeicbnnngen  balte  leb  aaeb  Or- 
niaeam,  Arqnniam  der  zweiten  Urknnde. 

Die  Zoelae  find  bei  Plinina  eine  Gangemeinde  des  eoar. 
Aatnmm  {%  28).  Cnmnda,  wo  die  ente  ürknnde  rerfaast  ist,  iat 
ein  Caatell  oder  Dorf  der  Zoelae. 

Die  Zoelae  werden  inaebriftlieb  genannt  aoeb  C.  II  S606 
(5β51  Snppl.):  *ordo  Zoelar(üm)';  C.U5684  . .  'dvia Zoelae*  wie 
ciyia  Trerir. 

Wir  kennen  nocb  andere  aatariacbe  Ganataaten. 

C.  II  2698  (Ast.  TranamonUni):  Yianeglo  Segei  ex  gente 
Abiücnm  Trogilaa  Caeaari  [p]oeit.  C.  Π  5731  (Α.  Tranam.):  .  .  . 
Avopate  an.  LX  ex  gente  Ahla%aacon^m\ 

C.  II  2610  (Deaaan  2079):  L.  Pompai  L•  f.  Pom.  Rebarro 
Fabro  Gigwrro  Calabrigen(8i). 

Die  Gigarri  aind  nacb  Plinina  (§  28)  popalna  des  astari- 
acben  Conventa.     Calnbriga  iat  eine  ibrer  Ortacbaften. 

C.  II  2856 :  Ambata  Paesica  Argamonica  Ambati  nxor  f.  c. 
Die  Paeaici  bei  Plin.  IUI,  111. 

C.  II  5736  (Aat.  Transm.):  .  .  Caeliconicae  ex  gente  Amo- 
ru{fn).     Die  Inacbrift  iat  ana  dem  Jabre  265  p.  Cbr. 

C.  II  5749  (Aat.  Tr.),      1      )0  DA 

2  GENTE    KETIA 

3  NO  AVM  LI  EX 

4  GENTE  RATBIVM 

α.  a.  w. 
zu  leaen  iat;  ...  gente  Ketiano[r]nm  [et]  ex  gente  Ratriam  ... 


i)le  peregrinen  tiaugememden  dea  romist'hen  Ruicli9. 


m 


α  II  5741  (Aet.  Tr.):  Μ  (?)  OcuUti  Ocmugilie  Scgieamo 
gente   Viromenkorum. 

^B  IIL     conv.  Luceiieie. 

Η  Zum  Gau  der  Cüeni  (Plin*  IIU  112]  gehört  die  Cüena  C.  II 

"2649;  eipe  ala  Lemavorum  C.  II  2103. 

Unbekannt  ist  die  Lage  des  0.  II  365  ( WeBtlneitatiien )  ge- 
nannten Gans:  *Valerius  Avit»  Turrön{i]u8  Sulpici  de  vico  Bae- 
■  doro  gentis  Pintonam . 
Klarer  als  die  plinianieclie  ist  die  Darstellung  der  epani- 
aoben  TerTitorieii  bei  Ptolemaeus.  Sie  hilft  eebr  viel  dazu,  die 
des  Plinius  richtig  zu  deuten. 

Während  Pliniue  die  Yölkerachaften  nur  theilweise  nennt, 
theilt  FtoJemaeus  die  ganze  Provinz  zuniichst  in  Volkskreiee  und 
nennt  dann  die  in  jedem  liegenden  Gemeinden.  Es  sind  wie  bei 
Plinius  in  dem  grössten  Theil  von  Spanien  nur  Städte,  im  Nord- 
weaten  im  Gebiet  der  Καλλαικοί  Βραικάριοι  (=  conv.  Braca- 
rniu),  der  K.  AouKiivcioi  {=  c.  Lucenses)  und  in  *AcTOupia  aber 
auch  Gaugemeinden.  Allerdinga  werden  diese  niebt  als  eoklie 
neben  den  Städten  hervorgehoben,  Hondern  ihre  Städte  aufgezählt. 
Hierin  kommt  die  Autoiioraie  der  Ortschaften  im  Gau  gut  zum 
Ausdruck.  DeÜefsen  bat  sieb  wobl  wesentlich  durch  Ptolemaeus 
verleiten  lassen,  in  den  Völkern  groaee  Gaugemeinden  und  in  den 
wirklieben  Gauen  kleine  üntergaue  der  groaaen  —  vergleiobbar 
den  keltiseben  pagi  —  zu  aeben.  Er  stellt  die  Aaturer  auf  die- 
selbe Stufe  wie  die  Vaccaei,  wäbrend  jene  doch  nur  ein  Volk, 
keine  Gaugemeinde»  diese  aber  ein  Gau  sind. 

»Wir  haben  in  dem  Verzeichnias  des  Ptalemaeus  eine  wüu- 
eebenswerthe  Ergänzung  der  plinianischen  und  einen  \'ollstäDdigen 
Katalog  aller  Gaue,  von  denen  Plinius,  dem  die  barbariacben 
Namen  Ekel  erregten  (vgl.  NU,  III  §  28  ignobilium  ac   barbarae 

Iappellatiouia;  ,.  citra  fastidium  nomiuentur  .  .  *)  nur  einige  nennt, 
Ptolemaeus  gibt  an  im  conv»  Ästurum  19  Städte  und  10  Gaue, 
ftleo  im  ganzen  29  Gemeinden.  Plinius  kennt  Aeturum  XXII 
populi.  Im  eoniK  Luceims  sind  bei  Ptolemaeus  17  Städte  und  5 
Gaue.  Nach  Plitiius  besteht  der  Convent  aus  XVi  populi.  Im 
conv*  Bravarum  sind  nach  Ptolemaeus  16  Stiidte;  genannt  werden 
ausserdem  10  Gaue.  Bei  Plinius  besteht  der  Cunvent  aus  XXI III 
civitates. 

Nicht  alle  Gaue,  die  Plinius  nennte  finden  sieb  bei  Ptole* 
maeua.     Die  folgende  Ueberaicht  soll  dae  Verbal tniee  zeigen : 

itlj«lo.  Mui.  r  Pbilol.  N.  F.  L.  33 


Μβ 

SelinUeli 

GoDventns  Asinram 

i: 

JPiolemaeus: 

FUmua: 

am  InsekHßm: 

ΛαγκΙατοι 

Βριγαιηνοί 

Bebouvicioi 

Όρνικοί 

Tgl.  Omiacum  in  der 

Λούγτον€ς 

Clientelorknnde 

Σαιλινοί 

Σουιΐ€ράτιοι 

'Αμακοί 

Telßoupoi 

Πγουρροι 

Gigwni 

CKgnma 

Paetici 

Paedea 

Zoelfte 

Zoelae 

geaa  Ablaidaeornm 

gene  KetiaBo[r]nm 

gena  ViromeBiconoa 

Conventae  Laoensie: 

Κάποροι 

Gopori 

Κιλινοί 

Cileni 

Cilena 

Λ€μαουοί 

Lemayi 

Baibuoi 

Σ€βουρρο{ 

1   1  τ  'S  £  '8  '9 

Islllii 

Conventae  Bracarnm: 

Toupoboi 

Νεμετοτοί 

KoiXcfHVoi 

Coelerni 

Βιβαλοί 

BiUlli 

Bibali 

Λιμικοί 

Limiei 

Limiei 

rpoutoi 

OroTi 

Gronai  uro  im 

Die  pere^inen  Gaagfnneintlen  des  rötniacbpn  Tleich<i 


S07 


I 

I 


Piolemaeus: 
Λουάχκοι 
Λουβαινοί 
Napßicoi 
Kouaxepvoi 


tiinius : 


aus  Inschriften: 


Qimrquerni 


Qncrqueriii 

Callaeci 

Bracari 

Equaefli  Equaeni 

Hdleiii 

Leuni 

Seurbi 

Aebieoci 
Interamici 
Tarn  ig  an  τ 
Der  Name  der  iberiflcben  Gaue  ist  auf  den  iDBchriften  gern, 
wie  im  ganzen  Reicb    die  Gan«remi)inden    officiell    heieeen.     Pli- 
ηΐαβ  gebraucht  fiir  die  Gaue  die  die  Gemeinde  überhaupt  bezeicb* 
nenden  Auedrücke  populoB^  civitae.     Als  gefites  bezeiohiiet  er  die 
Völker. 

Die  Gane  werden  inechriftlicli  genannt  vor  allem  1)  in  auf 
sie  Belbst  bezüglichen  Urkuniien.  So  in  den  beiden  Cüentelur- 
kundender  Zoelae;  ferner  in  der  Baninscbrift  der  10  bracariechen 
Gemeinden,  2)  aU  Contingente  dea  römischen  Heere«,  8)  beim 
Censne:  C•  VI  1463:  ,  .  ceneor  riritatium  XXIII  Vaeconnm  et 
Vardulornm;  4)  als  Heiraatbsgemeindeu.  Die  origo  der  Pere- 
grinen  wird  bezeichnet  in  Spanien  a)  nach  der  gena.  *Cantabro' 
(b.o.);  b)  nach  Gau  und  Ortschaft:  de  vico  Baedoro  gentie  Pin- 
tonnm  (C.  Π  365);  Rebnrrna  Vaciei  f.  caetello  Berensi  Limicna 
(C.  11  5353);  Gigurrn«  Calubrigensie  (C.  II  2610);  .  ,  ,  cive« 
Orgnomfeacie]  e  gentfe)  Femb©lor(nm)  (C.  II  5729  ane  der  trana- 
montanen  Asturiü).  Ptolemaeua  führt  (II  6,  51)  *ApT€VOpicKOV 
ala  Stadt  der  Cantabrer  auf,  Pliniaa  nennt  *Orgnomeeci  e  Can- 
tabrie'  (IUI  111).  C.  II  6301 :  d.  m.  Dannvi  Citati  Orgno- 
mee.»;  —  c)  nach  der  Ortschaft  allein:  .  .  ei  caetello  Ciseli  (C,  Π 
5320);  ..  castello  Meidunio  (C.  II  2520);  ..  Macilo  Camali  t  T. 
d(e)  v(ico)  Tftlabara  (U  II  453)  :  Attiae  Boutiae  Bonti  f.  Intercatienai 
(αΐϊ  2786  ans  Clunia).  d)  Nach  dem  Volk  (natio)  und  dem  Ort: 
Astnr  Tranemontannft  CÄStello  Intereatia  (C.  L  Rbenan.  478). 
e)  Nach  der  Landachaft  reap.  der  Provinz:  'Lneitanna  (Deaaati 
2613). 


δ08  Schnliefl 

Die  Ortechaften  der  Gane  sind,  da  der  Gau  die  Gemeinde 
ist,  uDMlbetäodige  Flecken  ohne  Aatonomie,  also  keine  Städte. 
8ie  heiesen  in  dieser  Qualität  cagteOa  oder  vki.  Vgl.  C.  Π  365 
(de  vico  Baedoro  gentee  Pintonnm);  C.  II  5363  (.  .  caatello  Be- 
rensi  Limicue);  C.  II  5320  (..ex  caetello  Ciseli);  d(e)  τ(ίοο) 
Talabara;  2520  (caetello  Meidnnio);  BramVach  478  (Aetnra 
caetello  Intercatia).  Es  ist  schon  erwähnt,  daes  Plinine  sie  neben 
ihren  Gauen  als  civitates  nennt,  ihnen  also  den  Rang  τοη  oppida 
etipendiaria  zospricht  Die  Inschrift  des  *  censor  civitatinm  XXIII 
Yasconnm  et  Vardulornm'  bestätigt  das.  Ptolemaene  fuhrt  de 
neben  den  römischen  Colonien  als  Städte  auf.  Die  Erscheinung, 
dass  der  Name  der  Gangemeinde  aaf  eine  Ortschaft  derselben 
übergeht,  findet  sich,  typisch  für  die  Entwicklung  der  gallischen 
Gaugemeinden,  vereinzelt  auch  in  Spanien.  Die  Orgnomesci,  ein 
Gau  bei  Plin.  IUI  111  entsprechen  der  Stadt  'Αργενομέαςον  des 
Ptolemaeus.  Vor  allem  führen  viele  Städte  der  Tarraconenaie  einen 
Ghinnamen:  'oppidnm  Latinorum  Ausetani*  (III  §23);  *op.  atipen- 
diariorum  Oretani  qui  et  Bastuli'  (bei  Ptolem.  'Qp€TOV  mit  wiriL- 
lichem  Stadtnamen);  Mentesani  (Ptol.:  Μέντκα  II  6);  die  Namen 
mit  der  Endung  -tani  sind  alle  Gaunamen,  die  Städte  enden  mit 
-enses. 

Die  iberischen  oppida  stipendiaria  haben  wir  uns  ähnlich 
wie  die  afrikanischen,  also  punischen  Gemeinden  organieirt  sn 
denken.  Inschriftliche  Belege  fehlen.  Denn  die  oiyitas  foederata 
BocchoHtana  auf  den  Balearen  (Plin.  III  §  76),  von  der  der  SPQ. 
Booohoritanus  und  zwei  'praetores*  (=  sufetes)  auf  der  Patro- 
natstafel  C.  II  3695  genannt  werden,  ist  puniach.  Livius  nennt 
die  ersten  Beamten  von  Sagunt  praetores.  Dass  die  Orte  der 
iberischen  Gaue  eine  gewisse  Selbständigkeit  hatten,  lehrt  am 
besten  das  von  ihnen  reichlich  ausgeübte  Münzreoht  (s.  Heiss: 
discription  genitale  des  monnaies  autonomes  de  T^spagne,  Paris 
1870,  4^;  Zobel  de  Zangroniz  in  den  Comment.  Mommsen.  p.  822). 
Von  dem  Gau,  dessen  Stadt  Sagunt  ist,  wird  in  den  Sohriftetel- 
lem  nie  geredet.     Das  foedus  ist  mit  Sagunt  gesohlossen. 

Von  der  Verfassung  der  Gaue  wiesen  wir  wenig.  Insohrift- 
lich  kommt  vor  der  ordo  Zoelamm  (G.  II  2606),  das  ist  das  bei 
den  afrikanischen  Stämmen  seniores  genannte  HegierungscoUegium, 
welches  sich  bei  allen  Gemeinden  des  römischen  Beiohe  findet, 
weil  auf  ihm  die  Assimilation  an  die  Institutionen  Bome  basirte. 
Man  vergleiche  den  'ordo  Vocontiorum\  Femer  kennen  wir 
einen  'magistratus  Zoelarum'  aus  dem  Clientelvertrag. 


Die  pcregrinen  Gaugcmeiuden  des  rüini?t:heix  ReiijhB 


509 


Livios  erwähnt  oft  *K(>nige  (regee)  der  mit  Rom  kämpfen- 
den Stämme.  Yielleicbt  sind  das  aber  für  den  Krieg  gewählte 
Anführer  vieler  einen  BuxiJ  bildender  Stämme. 


Die  afrikanischen  ProTinzen. 

Nach  FliniuB  (V  §  29)  gibt  es  in  Afrioa  und  Nuraidia,  also 
in  dem  Lande  zwischen  dem  Ampsagafluße  und  Cj^rene  (u^populi; 
darunter  sind  nur  6  coloniae  civ,  Komi  15  niunicipia  c.  R.,  1  mun, 
Latinum,  1  oppidum  etipendiarimu  —  welches  Mommeen  RG»  V* 
646,  Änm.  1  wegen  der  Steliuag  für  latiniech  hält,  —  30  oppida 
libera;  *  ex  reliquo  numero  non  civitatee  tantum  eed  plerique 
etiam  nationee  iure  dioi  posennt',  folgen  mehrere  gcntes,  Dieee 
Gemeindon  sind  nach  der  gewöhnlichen  Reihenfolge  etipendiar, 
Civitatee  und  nationes  gind  nicht  etwa  zwei  Worte  für  denselben 
Begriff,  Bondern  nur  'plcriqiw  sind  natiojiee  d.  h.  Gaugemeinden. 
Die  anderen  sind  oppida  itijvendinria.  Pliniue  kennt  464  etipen- 
diäre  Gemeinden  (516  weniger  52).  Nur  ein  kleiner  Theil  dersel- 
ben sind  für  iht  reine  Gaue  (ohne  ätädte)|  die  meisten  sind  'natio 
et  oppidum'  wie  er  später  (§  37 fF.)  sagt.  Die  Stadtgemeinden 
sind  die  punisclien.  Es  gab  deren,  als  die  Ur>mer  Afrika  betra- 
ten, 30Ö  (StraW  p.  833),  Die  nationes  sind  die  Gaue  lier  ein- 
heimischen Volker,  der  Berbern,  üeber  sie  ei  od  wir  aus  den 
Insehriften  einigermaeBen  unterrichtet. 

Der  Gau  heisst  stets  f/enSf  nur  einmal  (C*  V  5267  . .  prae- 
fectus  nationum  VI  Gaetulicaruin)  kommt  natlo  vor,  welches  sonst 
nicht  die  Gau  gemeinden  sondern  das  Volk  beaeichnet,  civitas  für 
gens  ist  selten.  Mommacn  operirt  mit  dem  *8Ρίϊ.  civitatium  sti- 
pendiariorum  pago  Gurzensis  der  Patronatsur künde  C.  VlII  βθ, 
die  später  als  civitas  GurÄenses'  auftreten  (C.  VIll  69).  Man 
wird  aber  vielmehr  die  in  Afrika  hänligeren  Gemeinden  eines 
*pagus  et  civitas  zum  Vergleich  heranziehen  und  annehmen 
müssen,  dass  im  *pagus  Garzensis'  mehrere  stipendiäre  Ort- 
schaften (oiviiateB)  lagen,  die  ein  Gemeinwesen  bildeten,  das 
^pfigus^  heiest.  Sie  waren  die  Uastelle  derselben.  Das  castellum 
heisst  in  Afriksi  civitas  (s.  unten).  Später  haben  sich  dann  die 
verschiedenen  Gast  eile  zu  einer  civitas  Gnrzensis  coneentrirt,  wie 
pagus  et  civitas  Thuggensis  zum  munieipium  Thugga  werden. 

Es  gibt  folgende,  auf  Gau  gemein  den  bezügUche  Inscbriflen : 


510 


Schulten 


Africa  prooonR  ulariB, 

1)  avm  12331  (beiBieica)  die  gene  Bacchuiana  mit 'XI 
primue  . 

2)  C.  VIII  4884  ein  Thiibur^icum  Nymidarum  (C.  Vlll  p.489). 
Der  Name  der  8tadt  eagt^  dase  es  ein  (Jastell  der  Numidae,  einer 
fiumidischen  gern  war.  *  Florus  Chavaria  f.  priDcepe  ^entis  Ku- 
mtdanim\ 

3)  C.  Vm  1557Γ)  {MaeculuJa  bei  Sicca):  'conventus  civinm 
Romanorum  et  Numidarara  qoi  Maseululae  habitant'.  Wabrscbein• 
licli  bilden  aber  diese  Numidae  keine  (jens^  da  sie  mit  den  römi- 
gehen  Bürgern  einen  Convent  bilden.  Mehr  über  diese  Gemein- 
den unten, 

4)  Die  Naft€^utei)\  C,  VIII  4845  int  ein  Grenzetein,  der  βιΛ 
auf  das  Gebiet  der  N*  zu  beziehen  scheint;  4836  (16911)  wird 
genannt  das  'flamonium  c(ivitiitie)  N(attiibiitum ) *  und  ein  prin- 
ceps;  4826  .  .  civi  Nattabutum.  Die  Νατταβοΰταΐ  kennt  Ptole- 
maeue  IV  3  §  24;   Natabutee  hei  Vlm.   V  §  30. 

5)  α  VIII  883  (a.  p,  11275)  in  Thimida  Regia  'gene  Seve- 
ri  ,  . ,  *  mit  (?)  aed.  Π  vir  quinquenualia  (?)* 

6)  C.  VIII  14853  (Tuccahar):  .  .  oh  dedicatione(ni)  congenti- 
libu8  et  iacerdotib[u&]  viscerationem  *  ,  . 

7)  α  Vini6368  (Äubuzaa) :  dem  Caracalla: 
L«  Annaeua  HermeB  üam 
et  trib,  lAE  gentis  ΑΛ/ΙΑ 
7  (^  centur.  ?)  ERON  pagauiuu[m]  et  portio. 
et  calda  ,  .  . 

curatö[r]e  Severe  Silvani  VinJicis 
fl&m.  p{er)p{etuo). 

8)  C.  Vm  10500  fan  der  kleinen  Syrte):  .  .  praef.  gentis 
niihiorum.     Die  Cinithi  Pliu.  V  §  ZU, 


Ν  u  m  i  d  i  a. 
1)  Die  Musulamii  vgl  C.  VIII  p.  45.  Sie  sitzen  ursprüöj 
lieh  am  Gebel  Auree,  also  an  der  Südgrenze  der  Provinz  (Ptolem. 
4,  3,  §23,  Momms.  R.  G.  V  p.  635  Anm.  2).  Ein  Theil  des  Vol- 
kes —  denn  das»  nicht  eine  einzelne  Gaugemeinde  eind  die  Mu- 
eulami  —  hat  bei  Theveste,  also  im  Osten  Nuraidiene  Wobneitie 
gehabt,  C.  VIII  10667  {bei  Theveste):  ex:  auctoritate  imp,  Caee. 
Traiani  Ang»  Ger(m).  Baoici  Munatius  Gallns  leg.  pr.  pr,  ficibiie 
Musulamior.     [  •  *  ]  legii  vetuatatis  .  .  tarn  abolevit 


Die  peregr inen  Gay getn  Η ndt*n  de»  uimiechen  Reichs. 


511 


Momio- 


Der  Stein  muse  eich  auf  eine  TerminatioD  bezieheii. 
ion  ergänzt  [prm]l€ifii  und   |sec|f4?m. 

In  Thabursioum  Numidarum  (Kbamisea)  6iidet  eicli  Mueu- 
lamiuB  ak  Cognomen  in  der  Inecbrift  bei  St.  Gseü,  Heohercbee 
arohέologΐqueβ  en  Algerie  (Paria  1893)  p.  343:  *  C.  Avilliti«  Mu- 
anlamiue  .  Ein  anderer  Beleg  für  die  Aneäsfiigkeit  von  Miieu- 
lami  an  der  OetgreoÄe  der  Provinz  iet  die  Stelle  im  SC.  de  imn- 
dinis  saltns  Begueneie  .  *  'nt  ei  permittatur  in  provincia  Afrie(a) 
regione  Beguenei  territorio  MuHulamiomm  ad  Caeaa  .  .  nundiriaa 
habere  ,  Der  saltn»;  dee  Luciüiis  Africanua  ecbeint  eine  Enclave 
des  territorium  MuHularaiorum  gewesen  atu  sein.  Wilm.  1252: 
. .  II  vir.  iamini  perpetuo  Ammaedarensium  praef,  geiitis  Musu- 
lamiorum. 

I  Der  Duminuvirat  von  Ammaedara  entepricbt  der  Praefectur 

über  die  bei  Ammaedara  sitzenden  Mueulami* 

Ale  feindlichen  Stamm  erwähnt  die  Musulami  eine  Inscbrift 
ans  Tipaöa  C.  VIII  9288:  '  Victoriae  Augnstae;  ducta  inutantiaque 
Claadi  Conetantis  proo.  Aug.  contigit  debellare  .  .  ee  et  Mneiila 
[mios  civ]itateBque  alias*. 

2)  C.  V  5267:  ..  praef,  cobortie  YII  Laaitan.  [et]  nation. 
Gaetttiiear.  aex  quae  eont  in  Numidia,  Ueber  diese  mehrere  gentes 
umfaeienden  Praefectnren  wird  im  Zueamraenhang  zn  bandeln  eein. 
Das»  der  'praef.  nationum  VI  Gaet.'  auch  Cohortenpräfect  war, 
dnrfte  nioht  verleiten,  die  Präfeotnr  für  eine  militärische  auszu- 
geben (Mommsen  RG,  V  687  Anm,).  Dann  würde  'cobortie  na- 
tion.  Gaet.'  da  atehen. 

I  3)     α  VIII  7041  (Cirta):  Fbrus  Labaeonis  filt.  prinoepe  et 

tindeoim  primna  gentia  Saboidmn. 

4)  α  VIII  8270  (aus  Aziz  ben  Tellie):  d.  m.  h.  M.  Anr(elio) 
Honoratiano  Conceaai  fitio  Suburburi  cd.  deo«  ooU  Tutcensiom 
defenaori  gentia.  G.  VIII  11355  (Meilenatein  der  Strasae  Sitifis- 
Cirta):  .  .  rea  pub.  gantis  Suburbur.  restituit.  Die  Sabarbarea  bei 
Plin.  V  30.  In  der  ersten  Inschrift  wird  dec,  coK  T.  iE  leeen 
sein  *  dec{orioni)  ool(onifte)  Τ/  oder  col(ononim)  T, 


Mauretanla. 
1)     C.  VIII  9327  (CaeeareaJ :  M.  Pomponiue  YitelUanua  trihus 
militiie  perfunctns  proc.  Aug.  ad  ouram  gentium. 
■  2)     α  VIII  8379  (Igilgili)  ein  Vex  gentie' ;  in  zwei  Inschrif- 

ten (0*  VIII  2615,  8536)  werden  die  QuinquegctitÄnei»  aleo  ein  Bund 
von  5  gentee,  mit  denen  Rom  lange  gekelmpft  hat,  genannt. 


512  SoholteD 

3)  C.  VIII  8369 :  termini  poeiti  inter  Igilgitanoey  in  qaornm 
finibüB  castellam  Victoriae  positam  eet,  ei  Zimises,  at  eoiant  Zimi- 
zee  non  plas  in  neam  ee  haber(e)  ex  auctoritate  M.  Vetti  Labeo- 
nie  proc.  Aug.  qoa(m)  in  cironiin  ab  muro  oa8i(elli)  p(a8eiM)  D. 

Die  Zimizee  verzeichnet  die  Tab.  Penting.  Dae  caetellnm 
Victoriae  gehörte  offenbar  den  Zimizee  und  das  Areal  von  bOO 
paeane  Radialausdehnnng  iet  dae  zugehörige  Territorium.  Kaum 
waren  die  Z.  nur  als  Beeatzung  der  Castelle  angesiedelt.  Die 
Gaue  haben  in  Afrika  ihre  eigenen  Gaetelle.  Eigenthümlioh  iet 
die  Definition  dee  Bodenrechte  der  gens  ale  usus.  Wir  haben  ee 
wohl  mit  einer  Aeeignation  von  Land  an  eine  Gaugemeinde  zt 
thun,  von  der  wir  gleich  noch  andere  Zeugnieee  kennen  lernen 
werden. 

C.  VIII  8813  (aue  der  £bene  Medja):  ex  indulgentj[a  |  i]mp. 
Caee.  Traia[ni  |  Hadriani  Au[g  |  finee  adsignalti  genti  Numida|rum 
per  G.  Pet[ro|nium  Celerem  |  proc.  Aug.  prov[inc.  |  Mauretaniae 
Cae[ea|reeie. 

C.  VIII  8826  (Sertei):  ein  deo(urio)  pr(inceps)  g(entie)  N(nmi- 
darum)  etellt  den  Satumtempel  wieder  her. 

C.  VIII 8828 :  Sev.  Alexander  muroe  paganioensee  Serteitanie 
per  popul.  euoe  fecit  cur.  Sal.  Semp.  Victore  proc.  euo;  inetan- 
tibue  Helvio  Greecente  decnrione  .  .  et  Gl.  Gapitone  pr[incipe]. 

Muri  paganiceneee  eind  die  Mauern  dee  paganicum  (vgl.  C.  VIII 
16368),  wohl  dee  Kathhaueee  der  pagani.  Die  Serteitani  waren 
aleo  nur  Landgemeinde.  'popul(are8)  eui*  (d.  h. 'Gaeearis^  nieht 
etwa  Serteitanorum,  denn  das  wäre  Unsinn)  können  nur  die 
oft  als  ^populus  bezeichneten  Golonen  des  Kaisers  sein.  Der 
pr[incepB]  macht  die  Beziehung  des  Aktes  auf  eine  gens  (die  der 
Numidae?)  wahrscheinlich,  allerdings  liegt  es  nahe,  da  die  Go- 
lonen den  Bau  ausführen  und  die  beiden  Beamten  denselben  be- 
aufsichtigen und  leiten,  sie  als  solche  der  Golonen  zu  fassen, 
wie  wir  magistri  derselben  kennen. 

Gentil  sind  die  Gastelle,  welche  seniores  und  einen  prineqM 
haben.  So  Tulei  (bei  Ruguniae  der  Maur.  Gaes.)  G.  VIII  9005,  9006; 
ücubis  (bei  Sicca)  G.  VIII  15666,  15669,  15667;  seniores  Kaet 
G.  VIII  1616  bei  Sicca;  die  ^  civitas  ücuba  (decreto  Africum  poeuit 
G.  VIII 14364)  iet  auch  dae  Gastell  eines  Stammes.  Dass  die  seniores 
speci fisch  für  die  gentes  sind,  sieht  man  —  abgesehen  von  der 
apriorischen  Wahrscheinlichkeit  —  aus  den  *  seniores  gentis  ücu- 
tam  .  /  (G.  VIII 8379).  'seniores  Mas . .  rensium'  G.VIII  17827.  Der 
pref{eciu8)  caste(Ui)  C.  VIII  15726  entspricht  dem  praet  ^entük 


Die  pei^grinen  Gau^emeinden  dei  römieoben  Reiche, 


513 


Die  gentilen  casieUa  enteprecben  dem  plinianiHcben  natia 
vel  oppidmn*.  Ein  Bolchea  war  '  Tliubureicum  Numidarum  ,  aucli 
wohl  Sertei  (Numidarum). 

üeber  den  ffentes  steht  tiie  etbnograpbiscbe  Einheit  des 
Volke,  natm.  Eb  giebt  '  VI  nationes  Gaetiilae\  d.  h.  6  gentee  der 
natia  Gaetula,  der  Mauren.  Piiniue  spricbt  (§  17)  von  *  Gaetulae 
gentes".  Beeeau  039  "(raetuks  gentes*  in  einem  Gedicht.  Gae- 
tnli  heiesen  die  Gentilen  der  Provinz  Mauretania.  Nnmidae 
hei&een  die  Stämme  der  Provinz  Nnmidien,  Afri  die  der  Äfnca. 
Die  *Quinquegentanei*  sind  fünf  maurisebe  Stämme. 

Aiiflgeboben  wird  nach  den  Provinzen;  Manri  (GaetTili)^ 
Nnmidae,  Afri  beieBen  die  ÄnxUiare.  Die  cobore  Muflulamiornm 
ißt  da8  Contingent  deB  Volks  der  Μ,^  aIbo  einer  Mebriieit  von 
Ganen, 

tVon  der  Verfassung  der  gentes    kennen   wir  den  princeps  \ 
die   unäe^'im  primif   ein  RegierungscoUegium    und    den  Ratb,    die 
gmioreSy  aucb  roraanieirend  dernriofies  genannt  (β.  oben). 
Neben  den  peregrinen  Magietraten  giebt  ea    den   römieohcn 
praeficfus  einer  oder  mehrerer  gentee  (pr,  geniis  Cinitbiorumj  praef. 
I       nationum  VI  Gaetnlicarum).     Der  'praefectus  gentinra  in  Afrika 
Β  (DeBsau  Jnecr,  eel.  141 B)  mues  eine  Central  beb  Örde  fnr  die  gentee 
der   'Africa*,  d.  h.  der  A«  procona.  ββίη,    wie  filr  Mauretanien  der 
'  proc.  Aug.  ad  cnram  gentium    in  Caesarea  (C.  8,  9327),      lieber 
dae  Officium  der  praefecti  gentium  wird  im  aystematiechen  Theil 
gehandelt. 
^  Eine    eigentbümliebe    Erscbeiniing   sind    die   bisher   nur    in 

^pAfrica  gefundenen  Gemeinden  von  romiBcben  Bürgern  und 
Einheimitii:heni  der  *conv.  CR.  et  Numidarum  qui  Mußcululae 
habitaiil*  und  die  *Afri  et  cives  Romani  Suenaee  .  Aucb  die 
'veterani  et  pagani  Rapidenee«'  und  *MedeUtani'  gehören  bierber. 
Nicbtstädtißche,  d.  b.  nicht  einen  eigenen  romiecben  Mnnicipal- 
verband  bildende  Gemeinden  von  cives  Romani  heiseen  Couventus 
(ß.  Söhulten,  de  conv.  civ,  Rom.).  Wie  in  griecbiecben  Gemein- 
den die  in  dcnietben  angäfiBigen  Kötrier  eich  an  die  Gemeinde 
^  anscblieHgen  und  auf  Dekreten  der  *  ίϊήμος  καΐ  ol  Ρωμαίοι '  er- 
^Ächeinen,  ao  vereinigen  sieb  in  Afrika  Römer  und  Peregrinen  zu 
quaBjmunicipalen  Verbänden.  Das  apriorieebe  wird  aucb  hier  die 
peregrine  Gemeinde  sein  und  die  römische  eich  an  dieae  an- 
eühlieeeen,  aber  natürlich  ist  der  römieche  Beetandtheil,    weil  in 


»  C.  yUl  8826,  8828»  4836,  4884,  7041. 


^u 


SobulUti 


ihm  zuDächet  die  Vorbedingang  dae  aus  eolcbeo  Coaventeo  iich 
entwickeloden  Miioicipe  gegeben  i«t,  der  wichtigere,  DieM  Form 
der  Gemeindebildung  wird  in  Afrika  nicht  selten  geweeea  sein. 
Sie  ist  eine  der  vielen  nichtstädtiachen  Gemeindebildungen,  Atiii 
denen  das  blühende  Städtewesen  dieser  Frovinsen  eich  entwickelt 
hat. 

Eigenartig  itt  die  Organisation  der  alpinen  Gaugemeuideii 
der 

GalHa  Ciealpina. 

Dieselben  scheinen  bis  t\im  Jahre  89  politisch  selbetändsg  ge* 
wesen  zu  sein,  denn  die  ^Attribution  an  die  rÖmiscben  Stadt- 
gemeinden wird  auf  die  lex  Pumpeia  dieses  Jahres  zuriickgeflikrt 

(Fun.  m  §  138), 

Die  grossen  Eeltenvölker  der  Foebene,  die  Insubrer,  Boier, 
Cenomanen,  Senonen»  deren  Unterwerfung  am  Ende  des  IIL  Jahr 
hunderte  v.  Chr.  gelang,  sind  politisch  völlig  verschwunden,  nicht 
einmal  als  geographische  Bezirke  zur  Aushebung  eto,  kommeQ 
ihre  Territorien  noch  in  Betrachtj  wie  Vettonia  und  Astnria  in 
Spanien*  Ihr  Gebiet  ist  an  die  römischen  Colonien  vertheilt  wor* 
den.  Wenn  Flinius  sagt  'Brixia  Cenomanorum  agro  (III  §  ISO), 
so  ist  das  eine  historische  Reminiszenz,  Mit  den  Hunderten  der 
kleinen  Alpenvölker  hat  die  Bepubltk  nie  aufgehört  zn  kämpfen. 
Ihre  Unterwerfung  gelang  erst  dem  Aagustus.  Sie  sind  als  Gaae 
ins  römische  Keich  aufgenommen  worden.  Eine  Gruppe  bilden 
die  in  den  oberen  Thälern  der  Nebenflüsse  des  Po  sitzenden  rae- 
tischen  Gemeinden,  indem  sie  zwar  als  solche  bestehen  bleibeOi 
aber  doch  in  ein  Abhängigkeitsverhältuiss  zu  den  dae  obere  Ita- 
lien in  langer  Ketto  sichernden  Städten  gebracht  wurden.  ^h 

Aus  den  Inschriften  lernen   wir  folgende   kennen  :  ^^H 

C.  V,  4910:  Staio  Esdragase,  f.  Voben(§i?)  prinoipi  Trump-    ' 
linorum  praef.  [ejhort    Trumplinonim[e]ub  C.  Vibio  Fanea  legato 
Caesaris  [pro  se?]  et  suis  Messana  Veci  f.  uxor. 

Die  Trumplini  sitÄen  im  Val  di  Trompia  (Thal  der  Mella), 
welches  ihren  Namen  noch  heute  führt.  Sie  gehören  zu  den 
gentos  Euganeae  (Plin.  III  §  134)  und  werden  auf  dem  Tropaenm 
Alpium  (Flin*  §  136),  das  die  von  Angustus  bezwungenen  *  gentea 
Alpinae'  vom  adriatischen  zum  tyrrhenischen  Meer  aufzählt,  ge- 
nannt. Flinius  weiss,  daes  sie  einem  benachbarten  Municipium 
'attribuirt'  sind  (§  134).  Dies  ist  Brixia  (s.  Momms.  praef.  CT, 
p<  440)^  die  Inschrift  7  4313  setzen  die  Trumplini  et  Benaoenaes 
in  Brixia. 


Die  |teregrinen  Gnu  «gemeinden  des  römischen  Reichs. 


Dt5 


Durch  die  Attrihution  (r.  Müinmeen,  StaaterecLt  ITI  765  ff. 
'die  altribuirten  Orte')  wird  eine  ehedem  selbständige  Gemeinde  — 
meist  ein  Gau  —  zum  Zweck  der  Einverleibung  in  den  Unlertha- 
nenverband    unter   die  Hoheit   einer    benachbarten  Stadigemeinde 

kbeseern  liechte^  also  der  peregrine  Gau  unter  eine  rümiBche 
jjder  latinische,  die  latinische  Gemeinde  unter  eine  römiBche, 
lestelU.  Sic  behiüt  ihr  Territorium,  aler  nicht  als  solches,  son- 
lero  als  ager  privaftis  (Mommsen  a.  a.  0.  p/768).  Vergleichen  kana 
man  ihrem  Bodenreeht  das  der  ebcufalls  extramuuicipalen  und  doch 
keine  eigentlichen  Territurien  bildenden  fundi  excepti  (Feldmesser 
I,  p.  197^  10).  MommHeu  hat  ans  dem  Paesus  des  Dekrets  für 
Fabius  Severns  (.  .  ut  scilicet  qui  olim  erant  tan  tum  in  reditu 
pecüuiario  nunc  et  in  illo  ipso  duplieis  quirle m  per  honorariae  nu- 

I  merationeui  reppcriantur  .  .)  erkannt  (Herrn.  IV  113),  daes  die 
^■Attribuirten  eine  Steuer  an  die  Stadt  :<:u  IriMten  hatten,  vergleich- 
^^bar  der  vun  den  Provinzen  an  Rom  gekniileten.     Die  Attribuirten 

II  behalten  ihr  rersonalrechl  und  üiro  Verl'uKsung»  haben  aber  autih 
^kn  den  Aemtern  der  Stadt  Antheil  —  etwa  wie  die  incolae  —^ 
^^weuigslcuR  den    niederen,    und  gelangen  durch  deren  Bekleidung 

zur  civitas  der  Stadt,  eo  die  Carni  und  Catali  durch  die  Aedilitat 
2ur  civitas  Homana  und  zum  Bürgerrecht  in  Tergeste  (β.  unten). 
^H  Mit  'domo  Trumplia'  bezeichnet  ein  Legionär  der  gens  Tram- 

^Hplinornm  seine  Gangemeinde»  weil  der  Legionär  von  Rechtswegen 
eine  städtische  Heimath  hat  (Mommsen«  Hermes  XIX  62,  Anm.  1). 
*Trurapiia'  ist  'der  städtische  Ausdruck'  für  den  Gau*. 

Wenn  auf  Inschriften  des  Val  dt  Trompia  mehrere  pagi  ge- 
nannt werden  (C.  V  4911:  Gen.  pop(uli)  pag(i)  !a(lii  ?)  bene  mer(ito), 
C  V  4900:  Genio  pagi  Livi),  so  sind  das  jedenfalls,  wie  die  Namen 
sagen,  römische  Flur  bezirke,  also  püffi  des  territorium  Brixiense. 
Ka  ist  sehr  wohl  möglich,  daes  die  Vermeseong  in  pagi  eicb 
auch  auf  das  attribuirte  Gebiet  erstreckt  hat.  Jedenfalls  darf 
^nian  nicht  an  peregrine  Gaue  wie  die  pagi  der  Helvetier  denken, 
^B  Das  Val  Camonioa  (des  Oglio)  hat  seinen  Namen  von  den 
CamutifiL  Sie  nennt  das  Trop.  Älpium.  Plinius  nennt  sie  ausser- 
dem mit  den  Trumplinern  ah  attribuirte  Gaugemeinde*  Eine 
Inschrift  giebt  ein  ausdrückliches  Zeugniss  dafür.  C*  Υ  4d57: 
11  vir  i.  d.  Camunnis  aedil*  quaest.   praef,  i.  d.  Brix(iae)*     Der 


Ρ  1  Wie  mit  der  ExistenE  der  Gemeinde  der  Trumplini  des  Plinius 

*venalja  cum  agris  suis  populus'  (§  IM)  zu  vereinbaren   ist^    weiss  ioh 
jücbt. 


51G 


Schulten 


'Π  vir  i.  d.  Camunnis*  wird  echwer  zu  erklären  sein.  Man  wird 
kaam  den  einen  der  beiden  duoviri  L  d.  für  die  städtieche,  den 
anderen  für  die  Jurisdiction  im  attribuirten  Gebiet  bestimmt^ 
ßondern  den  Camunni  einen  praefectus  i.  d,  beelellt  haben,  denn 
als  der  etädtiecben  Gericbtebobeit  unteretändig  sind  die  C  eine 
PrUfectur,  Es  empfiehlt  sich  daher  eine  Yertanschung  anznoeh- 
men  und  zu  cmendiren  ΊΙ  vir  i.  d.  Brix/^  *praef.  i.  d.  Camnnnia'. 
Für  die  territoriale  Stelinng  der  attribuirten  Gemeinden  iat  e* 
bezeichnend,  daes  die  Camunni  civee  Romatii  nicht  die  Tribua 
Fabia  von  Brixia,  so  oder  η  die  Quirina  haben  (C*  V,  p•  440)•  — 
C.  XI  42:  'nat(ione)  Camunnus*. 

Im  Val  Sabbia  (des  Cbiese  ^=^  Clesns)  sitzen  die  Sabini  (C.  V, 
p.512)*  C.  V4893:  Firmue  Ingenui  f.  princepa  Sabinor(um).  Dieser 
princeps  und  der  der  TrumpUni  werden  doch  Bedenken  erregen 
gegen  die  Mommeen'scbe  Aufstellung  (a,  a*  0.  p.  769),  dase  die 
attribuirten  Gemeinden  keine  eigenen  Beamten  gehabt  hätten. 

Zu  Brixia  snheinen  auch  die  Betmcenses  der  oben  ango- 
führten  Ineehrift  attribuirt  gewesen  zu  sein. 

Zu  Verona  gehört  der  ^ pctgm  Ärusnutium^  (C»  V,  p.  8W). 
C,  Υ3915:  Genio  pagi  AruBnatium;  3928:  Flaminica  pagi  Arusna- 
tium.  Das  d(ecurionum)  d(ecretum)  auf  der  Tempelinschrift  l§t  da- 
gegen wohl  das  der  Curie  von  Verona,  Ber*pontif(ex)  eacr(orttro) 
Eaet(ioorttm)*,  3927,  pasat  zu  PUains'  Angabe,  daes  diese  Stämme 
zu  den  Euganeern»  die  Raeter  sind,  gehören  (§  133).  Daes  die 
Arusnaten  Gemeindeland  haben,  gebt  aus  der  Landscbenknng, 
welche  die  Inechrift  C.  V  3926  beurkundet,  hervor:  C.  Octariue 
M.  f.  Capito  ,.  DISNÄM?  Äugustam  solo  p[ri]vato  Arusnatibnt 
de[di]t.  Wichtig  ist,  dase  die  Arusnaten  hier  nicht  als  pagani, 
ttondern  als  gene  (AruBoateij)  auftreten,  obwohl  der  Name  schon 
genügt,  um  sie  als  solche  erkenntlich  zu  machen.  Die  ffen$  iel 
also  pagiis.  pagus  kann  gar  nicht  andere  verstandeu  werden 
wie  als  Flurbezirk,  denn  nie  wird  inschriftlich  sonst  eine  gen»  aU 
pagna  bezeichnet  Ebensowenig  ist  pagus  der  Gau  des  Stammet, 
denn  mit  Aufhebung  der  (jens  verechwiadet  auch  deren  £inthei* 
long  in  pagL  Attribuirt  werden  kann  nur  die  gens^  und  dann 
büsst  sie  wohl  ihre  pagi  ale  solche  ein,  oder  die  tHci  derselben 
(Ärecomici  t).  Die  pa^ani  Laebactes  (C.  V  2035)  werden  wegen  des 
Gentilnamens  als  ein  zweites  Beispiel  für  die  Auffassung  der  at- 
tribuirten Htämme  als  pagi  der  Städte  zu  gelten  haben.  In  der 
That    ist    diese    auch    ganz    begründet,    da   das  Territorium    der 


J 


;ö  peregrinen  OaageTnelBJen  des  römiechen  Reicb 


m 


^ens  ager  privatne  der  gentilen  GaugGDoeeenechaft  ist     Eine  ge- 
"^msse  AntQnomie  Laben  seihst  die  gewöbDÜcheE  Flurbezirke. 

Wie  wir  aii@  dem  Edikt  des  Claudius  (Brans,  Fontes  ^  p.  224 
^^=C,  V505O)  eeheiif  batten  die  ilwötini  (Νοώ),  TwZitojise^  (Dolas), 
Suedfißi  (Saone)  gegbiubt^  dem  mun.  Tridentimim  attribuirt  oder 
^ar  selbst  Tridentiner  zu  sein.     Sie  batten  sieb  in  dieeem  Glau* 
\>er\  ale  cives  Eomani  gerirt,  was  eine  starke  Ausübung  dee  cotn- 
xiiercium  und  connubium  zur  Folge  gehabt  haben  mues.     Die  an- 
^eatellte  üntersucbuiig  —  es  war>  da  ibr  Gebiet  als  fiskaliscbea 
Xiand  denuntiirt  worden  war^    zu    einem  nekalen  Process  gekom•' 
Tnen  —  ergab,    dass    das    fraglicbe  Territorium    zum  Theil  attri- 
Ijuirt,  zum  Theil  autonom^  also  nicht  tiskal  war.     Claudius  sieht 
nun  die  Civität  als  durob  üeucapion  erworben  an   und    bestätigt 
sie,    da  die  Gentilen  mit  den  Tridentinern   bereite    so    vermischt 
seien,  das»  man  sie,  ohne  dtra  Municipium  schweren  Abbrucb  zu 
thnn,  nicht  aus  diesem  Verbände  lösen  könne.     Die  Urkunde  er- 
öffnet einen  lehrreichen  Einblick  in  das  Verliäkniaa  zwischen  den 
Attribuirten  und  der  Stadt.     Bei  der  civilrechtlicben  Verbindung 
zwischen  Stadt  und  Gau  wurde  die  politische  Ungleichheit  leicht 
überbrückt.     Dazu   kam   der    fortwährende  Eintritt   von  Gentilen 
in  die  rümiscbe  Civität  durch  Bekleidung  der  Magistraturen  und 
damit   in    denselben  Personalstand.     Gegen    eine   möglichst  weit- 
gehende Fusion  der  Gentilen    und  Mnnicipalen    konnte  die  Stadt 
wenig  einzuwenden  haben,  da  das  gentile  Vorland  das  naturliche 
Verkehrsgebiet   für   die   Stadt  i«t.     Auch    hatte    der   Stadtsäckel 
wegen  der  summae  bunorariae  ein  Interesse  daran,  dass  den  Gen- 
tilen die  Bekleidung  der  Ae tnter  offen  stehe,  wie  in  der  epistula 
Pii  de  Carnis  Catalis   hervorgehoben  wird   (Wilmanns  59S,  Zeile 
48).     Wie  sehr  eine  Aufnahme  der  Attribuirten  in  die  Mutiicipal• 
gemeinde  deren  Wünschen  entsprach,  zeigt  das  ßelobigun^adekret 
der  Tergestiner  für  L,  Fabius^  als  ilessen  Hauptverdienst  es  gilt^ 
dass    er   von   Pins    die  Zulassung   der   dem  municipium  Tergeste 
attribuirten    Ciirni    und    Cataü    zur  Aedilität,    welche  Concession 
wegen  der  daraus  fliessenden  Emolumente    publicum  desiderium 
war,  ausgewirkt  hatte. 

Eine  Inschrift  des  Nonsthales,  in  dem  die  Anauni  sitzen, 
nennt  \asiellüm  Vervasses'  (Orelli  2424).  Der  Name  —  vgl.  Tul- 
liasses  —  bezeichnet  die  castellani  als  eine  gentile  Gemeinde,  sei 
sie  nun  eine  civitas   oder    nur  das   castellura   einer   solchen   (der 

Anauni  ?). 

Acti  dem  Edikt  des  Claudius  über  die  Änaunes  erfahren  wir 


Γ>1(^  Sehnlten 

nebenbei  aach,  daM  die  Bergalei  (im  Tal  di  Brvga^lia)  imter 
Tiberiiw  mit  Gomom  ControTersen  gehabt  hatten.  OlleBber  wmra 
die  Berpüei  ία  Comam  attribuirt. 

Eine  andere  Gangemeinde  ist  C.  V  5227  (am  Comenee)  ge- 
nannt: *  Matronis  et  Genus  Antnciativm  coneacimTit  Arrinn  'Sign  C 
C  V  5216  (Comenee):  Genio  Ate.  P.  Plinins  Binma.  Der  gent 
Ate  .  .  .  entaprieht  die  hentige  Ortschaft  AsaL 

Die  Thatsache«  das»  die  Namen  τοη  GangemeimdcB  in  hcn- 
tigen  Ortsehafti»  fortleben,  ist  eine  allgemeine  Enekeinnng. 
Kbensu  tragen  firanaocitche  Dörfer  den  Namen  einer  kehinchcn 
cffsftajs  itnlienisehe  DSrfier  den  eines  rominrbim  pngna.  AUe  dieie 
Bnekeinnngen  b«rak<a  daraaf.  das»  bei  2cr  stidtiscbca  btvick- 
hK^  des  r^mitr^ea  Retcbs  an  die  Stelle  der  TerritnricB  eine 
OrtoidHüft  in  ieneeibea.  die  Trägerin  der  Heheitai fehle  vird,  da» 
a.  R  anch  flr  des  Gatsbeairk  in  der  späteren  AoracrafUe  reg^ 
m&Mig  e£n  gvtsWrr&he«  CnsteLI  gesauLS  wird,  an  SieUe  des  'tcr- 
nttfrimm  Vactw^naa*  die  Legi«a  seilet. 

0^  T44^^4  Brtxsa':  .  .  wccvciif  cxritaäft  Ti  diLiü— inm  et 
IVcfSLiAmm.  Es  gwot  cue  <t<»l!ecciam'  « f!tTtanriiffnDK>  XmHijL•, 
gnseniicisiE^ :  C  Τ  Γ4^^^  IW  3ic  «tx  eaLjccixiL  cmt.  v^im  Rrixia- 
v^ekM»  3&  MS  *»  TarAftgasemMS  «vmäicät.  Ζκ  Tecfteüc^eB  iit 
^a*  ^«Mi^  ΜΒΜαοΕίΐΜίΓΒκ•  FiiMnft/iuiirvKi  «ιυηύβηΟΒΚκ  Onstidi* 
Χ<  Τ  Γ^Γ  νηέ  tts  'mCI  h  axxiTcm  FcrioiBUDiaB•  A.i 
«Μ»»θ'«ιβ3«η  ^  1.  Τ  4-ΓΐΤ.  IW  icxi  isiiCsiMdbe  UKJff!5caL 
eöMiBL•  T3mf  ΜΓ  ^feaiiiiLr  «xuatfaiczreiiL     Γιη»  GedoA  M- 

genftw  irtsraoMx  aj»  n«a   nr^wu^bniQ  yfvrbm   i^  «dm  ^ 

Dßtoc^ai^  tir«r&^<i  wxroflt  «hhra:  t»  hvn,  MrmoQanm  Ter- 
^tftia*  as=r:>mir»iL  tm^^m  xm£  CmimL•  ?«ιιια»  W  Tüixü»  f  1133l  Hie 
ASKri^oittfa:  irtoc  imx^  emmr   ΑιηΜΜππίτ  n  oir  joczmn.  T— ΙιΓΠ 

irihDtaf»»'  «sf  AiifiHCixF  nrüniL.     I^it  Jbä»  unr«{  rnnm  Mnmmm 
'\.   ΤΓ^  ^"Λ     nie    eJBriQt   TiumfaiHiraiBt  Smol  au»  Bji&niBff  JeäL 
mteMo:  w^  Bit    übwüHiBiaiwff  π^«*ι»  lua&Bii:^     Γ.  TIH  IKSftE^I  fie 
vtm.  riisitMüim  lUfcytirrüuac  ^itoifrwr  Γ^πε  muu    mkc•  den*  '«im- 

&  %ΜΛ  ow  a}iir  frmni^  iniitar^ifuinhr  ?%tüei|«e  üc  dir  ^tag»- 
itt»^u<r  dtc  iujha.h«mni:  frutprapfimom  ijf  iifi  ^mh  hm  ^Ιαΐ^ιτ  aem 
«Φΐϋηιτ  XUQu.  dar  PmMur  ^urhantiiQ^ 

44  it  oiu  AInnr».   ii  ütr-nr  |*aiiHC  1itiip9aQMkfafiiiiii|^.  «nnniir 


l>ie  peregrinen  Oaugremeinden  dee  romiechen  Eeicha. 


5t9 


In  dieser  Infiobrift  genannten  Stämme  bilden  vergchiedene  Kreise. 
£«  sind  1)  die  auf  den  stidliclien  Abhängen  der  Alpen  eitzenden, 
aleo  zur  Ciealpina  gebürii^pn  und  den  riimiechen  Städten  desBel• 
ben  *  attribuirten\  Inecbriftlich  werden  als  solche  nur  genannt 
die  Camunni  und  Trumplini.  2)  5  cotiische  Gemeinden  *,  die  unter 
den  XV  auf  dem  Bogen  von  Segneio  aufgezählten  Stammen  figu* 
men.  3)  'Vindeliconim  IUI  civitatee:  Con&uanetes,  Rucinatce, 
LicateBi  Catenatee  ;  4)  raetieebe;  5}  norische  Gaue,  über  die  bei 
diesen  Landschaften  zu  reden  iet;  C\)  4  poeninische  (überi,  Man- 
toalee,  Seduni,  Yaragri). 

Auf  den  Alpes  CoUiae  aaesen  XIV  civitatee  (Flinius  giebt 
die  Zahl  XV:  §  138),  welche  der  Ehrenbogen  nennt,  den  *M. 
luliua  regia  Donni  ilius  Cottius  praefectus  civitatium  quae  enh- 
eoriptae  sunt'  dem  Auguetus  im  Jabre  8  v.  Chr.  errichtet  bat 
(C.  V  7231),  Wie  gesagt,  kommen  4  von  ihnen  auch  auf  dem 
Tropaeum  Alpium  des  Tiberius  vor,  obwohl  Plinius  versichert 
'non  adiectae  sunt  Cottianae  civitatee  XV'  (§  138)*  Sie  sind 
nacb  Pliniua  *item  attributae  mnnicipiis  lege  Pompeia*.  Der 
Hanptort  des  ehemaligen  *  regnum  Cottii*  Seguaio  ist  als  Ort  einer 
Gaugemeinde  vicus  (C.  V  5281:  .  ,  vikanis  Segus  .  /).  Seinen 
Namen  hat  daß  Dorf  von  den  Segueini,  welche  der  Bogen  von 
Seguaio  nennt  Als  Auxilien  der  cottiechen  und  graischen  Alpen 
faeet  die  ^ Alpini*  auf  Moramsen  (Hermes  XIX  49).  Aber  diese 
aind  wobl  der  Contingent  aucb  der  anderen  alpinen  Stämme,  ob- 
wohl eich  nicht  sagen  läset,  welche  dabei  betheiligt  waren.  Bis- 
weilen mnss  hier  naob  Ganen  conscribirt  worden  sein,  da  es 
eine  'cohors  Trumplinorum'  gibt  (β.  oben). 

Die  vülÜB  Foenina  (Canton  Wallis)  gehört  4  Gauen.  C.  XII 
147  (St.  Maurice):  * [Djmso  Caesari  [Ti]  Äugnsti  f.  .  .  [cijvitatee 
IUI  valtes  Poeninae'.  Es  sind  wobl  (C.  XII  zur  Inschrift)  die 
oben  genannten,  welche  im  Tropaeum  Alpium  auf  die  Leponti, 
von  denen  die  lepontischen  Alpen  heissen,  folgen.  Die  üheri 
werden  von  Flin.  Ill  135  ein  Stamm  der  Lepontii  genannt.  Die 
poeniniscben  Gaue  gehören  äu  der  grossen  Praefectur  des  "prae- 
fectus Raetis,  Vindolicis,  Vallie  Poeninae'*  C.  XII  136  (Sitten) 
iet  von  den  Seduni  und  C.  ΧΠ  145  von  den  Nantu\at€\s  dem 
Augustus  im  Jahre  6  und  8  v.  Chr,  gesetzt  Ihr  Contingent  sind 
die    VüUetises  (ala  V.  Bramb.  1631). 

tDie  Gemeinden  der  Alpes  Marüimae  stehen  unter  dem  prae• 
»  Ed 


*  Edenatet,  Caturiges,  Ecdioii,  Mi?dulli,  VeaminiL 


520  Schulten 

fcctus  civitatium  in  Alpibne  Maritnmis  (C.  Τ  1838,  1839).  Einen 
inechriftlichen  Katalog  derselben  haben  wir  nioht  Plinioe  nennt 
als  in  dieser  Gegend  sitzend  III  §  47  die  Capillati  nnd  Vedian- 
tini^  letztere  mit  der  Stadt  Cemenilnm;  §  37  als  von  Galba  zur 
Narbonensis  geschlagene  Acaniici  und  Bodiontiei  (mit  Dinia).  Die 
Stämme  der  Seealpen  heissen  bei  ihm 'Inalpini\  Das  Contingent 
dieser  Berge  sind  wohl  die  Montani  (Hermes  XIX  49).  Wir 
haben  eine  Inschrift  aus  £brodunnm  C.  XII  80:  '  .  .  Albano 
Buss[uli?  fi]l,  fra[t]ri,  praef(ecto)  Capill(atorum),  A[danatia]m 
Sayincati(un])  Qnari[n]at[ium  et]  Bricianorum'.  Die  Capillati  nennt 
PliniuSy  die  drei  folgenden  die  Inschrift  des  Bogens  von  Segusio, 
die  Adanates  (als  £danates)  und  Briciani  auch  das  Tropaeum  AI• 
pium,  die  Anariates  Plin.  III  §  35  in  der  Narbonensis  zugleich 
mit  den  Adunicates.  Die  Inschrift  muss  älter  als  8  y.  Chr.  sein, 
da  drei  der  Gaue  in  diesem  Jahr  schon  zur  cottischen  Präfectnr 
gehören.  Zu  den  Cafuriges  der  Trop.  Alp.  gehört  der  'domo 
Caturix',  Dessau  2582.  Von  den  Gauen  der  Ligurer^  die  Plinius 
III  47  ('Ligurum  mnlta  nomina')  aufzählt,  ist  somit  keine  Spur 
erhalten,  bestanden  haben  sie  aber  jedenfalls.  Es  gibt  cohortes 
Ligurum  (Dessau  2595). 

Gallia  Narbonensis. 

Bei  der  Aufzählung  der  Gemeinden  der  Gallia  Narbonensis 
verfahrt  Plinius  (III  §  31  ff.)  wie  in  Spanien.  Zuerst  gibt  er  eine 
geographische  üebersicht  der  regiones,  der  ehemaligen  Völker- 
schaften (§  32 — 35).  Dann  folgt  die  Aufzählung  der  Gemeinden, 
alphabetisch  geordnet.  Zuerst  die  coloniae  C.  R.  (hinzu  col.  Paoemis 
§  35),  dann  die  oppida  Latina  (zuzufügen  Anti])oli8  §  35),  zu- 
letzt die  'foederata  civitas  Vocontiorum '  (im  geographischen  Theil 
genannt  wird  Massilia  §  34)  und  '  oppida  attributa  (Nemausensibus) 
ΧΧΙΙΙΓ.  Die  gentes,  in  deren  einstigem  Gebiet  die  Städte  liegen, 
werden  wie  in  Spanien  nebenbei  genannt»  z.  B.  Aquae  Sextiae 
Salluviorum,  Valentia  in  agro  Cavarum,  welchem  Ausdruck  genau 
entspricht  ^Brixia  Cenomanorum  agro*  (III  §  130). 

Die  einzige  noch  als  Gemeinde  bestehende  gens  ist  die  der 
Voconiii  (§  37).  Dies  wird  durch  die  £pigraphik  völlig  bestätigt 
(vgl.  zum  folgenden  0.  Hirschfeld^s  'Gallische  Studien',  Theil  I 
(Wiener  Sitzungsberichte  1883,  auch  separat  erschienen).  Dass 
die  Vocontii  der  einzige  Gau  ist,  der  in  den  Auxilien  erscheint 
(ala  Vocontiorum  C.  VII  1080;  Hermes  XIX  45),  würde  allein 
noch  nicht  die  Nichtexistenz  anderer  Gaue  beweisen,  da  die  Vo- 


Die  pere^inen  Gaugemeinden  des  romiaclieD  Reichs* 


521 


contii  alieiD  ale  foederati  nicht  unter  dem  Proconeal  steLeu  und 
daher  der  Auxiliaraüehebung  unlerliegen. 

Die  Genieiade  der  Vocontii  beruht  als  Gaustaat  auf  der 
gene,  nicht  auf  Städten.  Au  der  Spitze  der  Stämme  sieht  ein 
praetor  (C.  XII  1369,  1347).  Es  gibt  ferner  seniores  (oder  ordo) 
Vocontiorum:  1585,  1514;  dann  ein  Colleginm  yoji  XX  viri^  dee- 
8βη  praefecti  in  die  pagi  des  Gebiete  gesandt  werden  (praefectus 
XX  virorum  pagi  Deobensis:  1376),  ein  aed{ilie)  Voc:  1375* 
Alle  Magistraturen  sind  also  sotche  des  Gaue. 

Das  Gebiet  der  Vocoutü  ist  in  pdgi  getheilt  und  zwar  eind 
das  —  wie  die  römischen  Namen  zeigen  —  wie  die  des  Gebiets 
von  Viennaf  des  alten  Allobrogerlandes,  Fiurbezirke,  nicht  etw^ 
keltische  Gaue  der  civitas,  wie  Hirschfeld  will  (p.  35  des  Separat- 
abdrucke). Die  pagi  stehen  unter  den  praefecti  (der  XX  viri). 
Das  ist  die  Organisation  dea  pagus  eines  römischen  Stadtterri- 
toriums, nieht  die  eines  Stammbezirks.  Wir  kennen  folgende  pagi: 
1307:  praef.  pagi  lun,,  1529:  praf.  pagi  Epoti,  1376:  praef.  XX 
virorum  pagi  Deobensis,  1377:  aed.  pagi  Bag.,  1711:  aediti  pagi 
Aletani.  Die  Stellung  des  Kauptorts  der  Vocontii  Yasio  ist  nicht 
die  centrale  Viennafi,  welches  an  die  Stelle  der  AUobroger  ge- 
treten ist»  nnd  auch  nicht  eine  rein  vicane.  Es  heisst  res  publica 
und  olvitae  (1335)  Vasiensium.  Vasio  hat  einen  eigenen  prae- 
fectus;  1357:  'praefectue  luliensium'  (=^  Vasiensium).  Es  scheint 
also  den  pagi  gleichgestellt  gewesen  zu  sein.  Im  übrigen  haben 
die  Vocontii  dieselbe  Entwicklung  wie  die  civitates  der  drei 
Gallien  durchgemacht,  d.  h.  die  Gaugemeinde  hat  sich  allmählich 
in  ihrem  Hauptort  zur  Stadtgemeinde  concentrirt.  Der  praetor 
der  Vocontier  heisst  auch  pr(aetor)  Vas(iensiura)  1369  j  oder 
praetor  Vas,  Vocontiorum,  andererseits  der  praefectus  von  Vasio 
^*  praef.  Voc[ont*  Vas?]:  1578.  Der  Abschluas  der  EutwioklUDg 
ist  die  Erhebung  dea  vicus  Vasio  zur  Colonie. 

Mit  den  andern  Gauen  ist  man  wie  im  cisalpinen  Gallien 
verfahren.  Ihr  Gebiet  ist  unter  die  neugegründeten  Städte  ver- 
t  heilt  worden.  Au  η  dem  Gebiet  der  AUobroger  ist  das  der  Co- 
lonie Vienna  geworden ;  es  reicht  bis  an  die  Alpen  (vgl.  den 
Grenzstein  zwischen  den  Centronee  und  Vienna  C.  XII  113).  Das 
Gebiet  —  vielleicht  nur  die  Sabaudia  —  ist  wie  das  der  Vocontii 
iu  pagi  getheilt^  die  ebenfalls  unter  einem  praefectus  pagi  stehen  Κ 

^  234ίϊ  praef.  pagi  Vales» 
2f)*j2»     ^      pjagi 
25^31       ^       plagi  Dia  .  .  . 
2395     .     .    praef-  pagi  Oct. 


ΒΐΜίη.  Μα•,  t  PbUoL  N.  F.  L. 


Μ 


h^ 


&cttnli(Ȇ 


rm  der  Gaue  werden  oft  genannt  *,  Die  vici  laben  wie  ftberaU 
SelbetverwaltiiDg:  decem  lecti  Agneneee:  2461^  officio  aedültatU 
inter  convicanos  suos  fancto:  2611. 

Die  XXilll  oppida  Ncmauseneibne  attribnta  (PUji«III  §  37)  , 
Bind    die  ebemaligen  Dörfer  der  Arecomiei,    die    mit  Änfhebsngl 
der  Oangemeinde  selbständige  Ortechaften  geworden  sind,  so  daa« 
nicht  der  Gau^  sondern  seine  vici  attribnirt  wurden. 

Galliae  et  Germaniae. 

Die  iberischen  Gaue,  mit  denen  Rom  zwei  Jahrhunderte  ge- 
rangen  hatte,  wurden  aufgelöst  und  zu  Stadtbezirken  geschlagen. 
Dasselbe  gilt  von  den  Keltengauen  der  Pogegend;  auch  sie  wur- 
den nach  ihrer  Unterwerfung  im  Jahre  222  gänzlich  üirer  poli- 
tischen  Hechte  entäussert  und  ihr  Gebiet  das  Territorinni  der  neu- 
gegründeten  römischen  Stadtgemeinden  (Mediolannm  —  Insnbrii 
Brixia  —  Cenomanen,  vgl.  Plin.  111  §  130).  Ebenso  erging  es 
den  Gangemeinden  der  ein  Jahrhundert  später  zur  Provinz  ge- 
machten Gallia  Narbofiensis,  Ans  dem  Gebiet  der  AUobroger 
wurde  dann  die  Colonie  Vienna;  die  24  Ortschaften  der  Ar^oo- 
mici  {9*  oben)  wurden  '^attribuirt*  der  Col.  Nemansus.  Die  etfi- 
sige  Ausnahme,  die  civitas  Vooontiomm,  welche  als  Gangemeinde 
besteben  bliebe  erklärt  sich  durch  das  Bundesyerhältniss,  in  wel- 
chem sie  zu  Rom  stand.  Aber  was  man  bei  den  unterworfenen 
Gaugemeinden  sofort  einführte,  die  Verwandlung  in  Stadtgemein- 
den, wurde  auch  bei  den  Yocontiern  langsam,  aber  sicher  einge- 
leitet, indem  man  den  Hauptort  Yasio  wo  nicht  zur  römischen 
Stadt»  80  doch  zu  einer  selbständigen  Gemeinde,  wie  eie  eigentlich 
mit  dem  keltischen  Ganstaat  unvereinbar  ist,  machte.  Das  Gebiet 
der  Yocontier  ist  ferner  in  Flurbezirke  getheilt,  die  von  Vaaio 
aoe  verwaltet  werden.  Nominell  sind  sie  Bezirke  des  Gans  der 
Vocontii^  faktisch  solche  der  Stadt  Yasio.  Als  dann  endlich  der 
Entwicklung  der  Stempel  des  Gewordenen  auigedrückt  wurde, 
erhielt  Yasio  Colonierecht  und  damit  war  aus  dem  Gau  die  Stadt 
geworden. 

Wieder  anders  wurden  die  in  den  Alpenthälern  am  Rande 
der  Poebene  sitzenden  raetiechen  Gaue  behandelt.  Sie  behielten 
ihr  Gebiet  und  ihre  Selbstverwaltung,  aber  sie  wurden  politiach 


«  2345,  2493,  2532,  2611,  2401,  1783.  Das  Verhültniss  von  pagus 
lind  vici  ist  völlig  das  römische.  2395 :  praet  pagi  Oct,  sno  e[t  filiojrum 
luor.  nomine  vicaD[iji  Aujgustauis  [dat]. 


Die  peregrinen  Gaugemeinden  dci  römiacben  Reichs. 


523 


f: 


mU  Gaue  den  römischen  Mnnicipien  der  Poebene  *  attribuirt '.  Da• 
geschah  durcli  die  lex  Fompcia  vom  Jabre  89. 

Ali  Jnliüs  Caeear  im  Jahre  52  die  Unterwerfung  der  trani- 
Iblpinen  Kelten  vollendet  hatte,  etand  man  wieder  einmal  vor  der 
Aufgabe,  als  Gaustaat  organisirte  Nationen  dem  römißcben  Reich 
einzuverleiben,  und  hier  Baden  wir  das  System,  nach  welchem  die 
foederirte  Gemeinde  der  Vocontii  eingerichtet  wurde^  auf  eine  mit 
den  Waffen  bezwungene  Nation  angewandt«  In  der  Organisation 
der  Tree  Galliae  hat  eich  das  organisatorische  Genie  dee  Dirne 
Julius  für  alle  Zeiten  ein  Denkmal  gesetzt. 

Ich  gehe  wieder  aus  von  der  plinianischen  Daretelluug  (HI 
§  105  ff.).  Bei  Pliniue  besteht  ganz  Gallien  ans  Gauetaaten.  Rö- 
mieche  Städte  fehlen  fast  ganz,  Ee  sind  ool.  Lugudunum  im  Gebiet 
der  Segueiavi  (107)  43  a,  Chn  deducirt,  und  'in  Helvetiis  coloniae 
Equeairis  et  Banriaca  (106).  Civitatee  foederatae  und  civitatoe  li- 
herae  gibt  ea  ziemlich  viele  ^  Eine  Gemeinde  wird  als  in  op- 
pidum  coniributi  bezeichnet,  die  Convenae  (108).  Da  die  betref- 
fende Stadt,  Lugdunum  Convenarnm  (Strab.  p.  190)  nicht  römieche 
Gemeinde  ist,  bedeutet  diese  'contributio'  nicht  die  Unterordnung 
eines  Gaues  unter  eine  Stadtgemeinde,  sondern  wohl  nur  die 
Centralieirung  der  Landschaft  in  einen  Hauptort,  wie  die  Vocon- 
tier  eigentlich  Vaeienses  sind.  Dieses  Verhlltniss,  welches  hier 
als  ein  staatsrechtliches  erscheint,  ist  bei  den  übrigen  eivifafes 
thatsächlich  genaa  eo  vorhanden,  aber  wohl  kaum  aasdrücklich 
deoretirt  worden. 

Jede  keltische  civitas  hatte  einen  Hanptort  Κ  Sie  konnte 
tbatsächlich  auch  mehrere  haben  \  da  sie  rechtlich  keinen  ein* 
Eigen  hatte^  denn  die  keltische  Gemeinde  beruh i  auf  dem  Volks- 
ganzen,  niuht  wie  die  italische  und  griechische  auf  Ortschaften. 
In  dem  Hauptort  war  der  Sitz  der  Adligen  und  auch  wohl  der 
der  Verwaltung*  Auch  äusäerlich  sind  diese  Orte  der  Kern  der 
Gaue.  Sie  sind  stark  befestigt  und  haben  Cäsars  ßelagerungs- 
knnet  viel  zu  schaffen  gemacht.     Vielleicht  haben  sich  die  Haupt- 


I 


1  foed.;  Remi,  Lingones,  Acdui,  Camuteni. 
lik:     Nerri,  SuesaioneH,  Umanecte»,  Leuci,  Treveri  {liheri  aniati), 
SuesBiones,   Meldi,  Secusiavi,   Siintonii   Biturigea   Vivieci    und    B,  Cubi, 
Arverni, 

,  2  Bei  Strabo  μητρόπϋλις  vgl  p.  IM. 

i  ^  Mommseu,  E.  Θ,  Υ  82.    Ζ,  Β.  Äutricum  und  Cennhum  bei  den 

Carnuten.     Yaaio   und  Lucus  stehen  sich    doch   wohl   nicht  gleich,    da 
Lucus  nur  ein  Kultcentruni  ist  (»,  Hirsch feld,  GalL  Sttid.  l). 


&24 


^rhulten 


I 


orte  der  keltischen  Gaue  nicht  we^enUieh  von  denen  der  iberi- 
Bchen  Qnterechieden,  von  denen  wir  wiflaen,  daee  tle  eine  gewitm 
Autonomie  in  nnd  neben  ihreni   Gau  hatten  (β.  oben  *  Spanien*). 

Diese  Verhältniaee   hatte  der  Organisator  GaHiena,    Anga* 
atna,    aber   'ex   formnla   Divi   Inlü\    wie   man    sagen    kann,    be- 
nutzt,   um  zu    vereinigen   wae   unvereinbar   schien,    die    keltische 
Landgemeinde   mit   der   etadtiscben  Centraliiation    des  römischen  ^ 
Heichs  Κ  I 

Wenn  wir  das  Endergebniss  der  Entwicklung  ins  Aoge 
fassen,  so  ßndet  man  im  iV,/V,  Jahrhundert  ^  anstatt  der  alten 
civitates  den  Hauptort  als  Träger  der  Gemeinde.  Der  Name  der 
civitas  Parisii  ist  der  der  Stadt  Paris  (Parisii)  geworden.  Die 
Centralisation  ist  also  vollendet  (Kuhn  p.  421).  Ein  Mittelsta- 
dium wird  bezeichnet  durob  Namen  wie  Augnsta  Treverorom. 
Hier  wird  noch  Ortschaft  und  Gemeinde  als  getrennt  empfundeOi 
aber  der  Hauptort  gilt  doch  schon  als  solcher,  während  er  nr- 
sprünglicb  politische  Bedeutung  gar  nicht  hat, 

Augustue  hat  also  die  gallischen  civitates  als  Ganetaaten 
besteben  lassen.  Civitas  ist  der  technische  Ausdruck  fUr  diese  gal- 
lischen Gemeinden  (Kuhn  p.  416).  Es  ist  etymologisch  jede  Bür- 
gerscbafty  wird  aber,  da  die  Bürgerechaft  der  römischen  Gemeinden 
specieller  bezeichnet  wird  als  municipes,  coloni  technisch  von  den 
nichtrömischen  Gemeinden  der  genteSy  wie  auch  von  den  casiella 
der  afrikanisohen  Provinzen  gebraucht  ^ 

Wie  schon  in  der  technischen  und  allgemeinen  Anwendong  des 
Wortes  civitas  die  Bürgschaft  für  den  Fortbestand  der  g&llischen 
Gaustaaten  liegt,  so  sind  denn  auch  alle  politischen  Funktionen 
an  den  Namen  des  Gaus  geknüpft.  Wie  es  civitas  Segnsiavommf 
so  heisst  es  auch  ordo  Segusiavorum  (ordo  Eluaat(um):  Hevue  epig. 
du  Midi  I  Nt83];  summns  magistratus  civitatis  Batavomm :  Orelli 
2004.  Wir  finden  auch  den  Duumvirat  der  civitas:  ^dnumvir  in  ci- 
vitate  Sequanorum  (Or.  4018),  Π  vir  eivitat.  Segusiavor.  (Hensen 
5218),  obwohl  doch  der  Duumvirat  so  gut  wie  der  ordo  epe- 
cifiecb  municjpale  Begriffe  sind.  Es  beisst  sogar  Π  vir  coloniae 
Morinorum,  obwohl  colonia  und  Gaustaat  voUlg  inoompatibel  aiiid 


( 


t  Vgl.  die  treffliche  Erörterung  hei  Kuhup  Stadt  Verf.  11  p.  414  ff. 

»  Kuhn  p.  420. 

'  Zar  Bezeichnung  nicbtmiimoipater  Gemeinden  verwendet  die 
römische  Sprache  allgenneine,  keine  poUtischan  Boheitsrechte  t^eieiolt- 
nende  BegriU'e.     Dieser  Art  ist  conventui  civium  Rom.|  vious. 


Die  peregrinen  ß»ug€Tneiodeii  dee  römischen  Reiclia.         525 


(Henzen  5211);  tabell(ariag)  coloii(iae)  Sequanorum  (C.  V  6887). 
Die  Zahl  der  Bebpiele  läe&t  eich  noch  vermehren,  aber  die  an- 
geführten genügen  um  zu  zeigen,   dase  als  Gemeinde  die  civUaSf 

^^der  keltiecbe  Gauetaat  fungirt 

Β  Mit  dieeer  Thateache   scheint    freilich   die  Organisatian  der 

civitatee  wenig  tu  hannoniren.  An  der  Spitze  dereeiben  finden 
wir  nicht  einen  princeps  oder  einen  älinlicbeti  Ganvoreteher,  eon- 
dern  die  Bürgermeieter  der  römiflcben  Städte,  die  II  viri.  Ferner 
nicht  eeniores  wie  in  den  afrikanischen  gentes,  sondern  den  ordo. 
Die  Civitae  ist  also  organieirt  wie  die  romieche  Stadtgemeiiide, 
peregrioe  Beamten  fehlen  fast  ganz,  sind  wohl  Ilteren  Datnme 
nnd  mehr  oder  weniger  rudimentäre  Begriffe.  Ich  kenne  fol- 
gende : 

1)  stimmus  magistratus  civitatis  Batavorum  (b.  o.). 

Β  2)  vergobrelus  m  der  civitae  Santonum   (Revue  du  Midi  U, 

"  K.  780),  der  aber  auch  qttaestor  war.  Bei  den  Santones  mag  in 
dieser  Zeit  nur  die  untere  Magietratur  römiech  gewesen  eetn. 

Η  3)  praetoreSf  die  mit  den  römisdien  nur  den  Namen  gemein 

^  haben,  wie  die  *praetoree*  {στροτηγοί}  des  achäiscben  Bunde«  bei 
Livius.  Der  praetor  in  den  civitatee  der  Tree  Galliae  entepricht 
völlig  dem  prael•^  Vocontiorum  (s.  o.);  wir  finden  ihn  bei  den 
Bituriges   Vivisci  (Revue  du  Midi  I  p*  179). 

Der  praetor  wird  der  römische  Name  der  Vergobreten  eein. 
Der  snmmue  magistratus  civ.  Batavorum  ist  nur  die  allgemeine 
Bezeichnung  für  ihn. 

Diesen  wenigen  in  ihrer  böcbeten  Behörde  peregrin  orga• 
nisirten  Gauetaaten  stebt  die  Maaee  derer  gegenüber,  welche 
genau  wie  die  römischen  Stadtgemeinden  organieirt  sind,  nur  das» 
die  Gemeinde  liier  der  Gau  und  der  Stadtring  iet. 

Wir  finden  Duumvirn  in  der  civitas  Sequanorum  (OrelU 
4018),  Vintieneium  (ßev.  du  Midi  I  N.  99;  100  s.  aber  unten), 
Segueiavorum  (Benzen  5218). 

Β  Den  quaesior  bei  den  Santonee  (β.  oben). 

Den  ordo  r.  decurtones  in  folgenden  ci  vi  tat  es:  dec.  Vint(ieB* 
eium)  Rev.  l  99;  Sequani  {[nsor.  Cont  Helv.  N.  42);  ordo  civi- 
tatis Yiducassium  (Kuhn  p.  418). 

Die  Entwicklung  der  galliscben  civitas  xnr  Stadtgemeiude 
läset  sich  am  besten  erkennen  an  der  dviias  Vocontiorum  der 
Narbonensie  (β*  oben).  Hier  ist  der  üebergang  der  civitas  Vo- 
contiorum in  die  Gemeinde  von  Vasio^  der  Hauptstadt,  dadurob 
kenntlich,  dass   die  Hauptstadt  einen  eigenen  Namen  hat,  wahrend 


526  Schalten 

man  bei  den  Gemeinden  der  drei  Gallien  nie  wein,  ob  sieh  der 
Name  der  Gaugemeinde  auf  den  Gaa  alt  solchen,  oder  aohon  aaf 
das  Centram  bezieht.  Der  'praetor  Vasienaiam  Yocontiomni*  iat 
der  Aoedruck  des  Anfgehens  des  Gans  in  der  Capitale  Yaaio. 
Der  II  vir  coUmiae  Marinantm  kann  auch  wohl  nur  als  II  vir 
des  an  die  Stelle  des  Gans  getretenen  Territoriams  der  Hanptatadt 
des  Gana  gefaeet  werden,  da  der  Gau  unmöglich  ooloaia  sein 
kann.  Aeueeerlicb  sind  aber  die  Morini  die  in  eine  oolonia  rer- 
wandelten  Gangenoeeen.  Der  daumvir  in  civitate  Seqnanoram  ist 
ein  noch  prägnanterer  Ausdruck  für  diesen  Synkretismus.  Hier 
steht  die  römische  Stadtmagistratur  neben  der  civitas,  der  Gau- 
gemeinde,  und  die  ursprüngliche  Discrepanz  zwischen  civitaa  und 
duumvir  wird  noch  empfanden  {in  civitate).  Dass  in  der  Gau- 
gemeinde  eine  Colonie  gelegen  habe,  ist  undenkbar.  Das  Stadt- 
recht kann  nur  einer  Gemeinde  verliehen  werden  und  die  Insassen 
des  Hauptorts  der  civitas  sind  keine  Gemeinde.  Etwas  anderes 
ist  es,  wenn  im  Gebiet  der  Segusiavi  die  römische  Colonie  Lu- 
gudunum  und  in  dem  der  Helvetii  die  (latinisohe  ?)  Aventicum 
constituirt  wird.  In  diese  Colonien  sind  nur  römisohe  Bürger 
deduoirt,  es  sind  nicht  etwa  die  vicani  Lugdunensee  und  Aven- 
ticenses  der  gallischen  civitas  zu  Colonien  gemacht  worden.  Bei 
der  Gründung  der  genannten  Colonien  besteht  die  alte  Gaugemeinde 
fort,  wie  für  die  Segaaiavi  an  dem  Vorkommen  des  duumvir  in 
civitate  Segasiavoram  (Orelli  4018)  für  die  Helvetii  aus  den 
'cives  Romani  conventus  Helvetici*,  d.  h.  aus  dem  Convent  der 
in  der  civitas  Helvetiorum  consistirenden  römischen  Bürger  her- 
vorgeht und  dem  'exactor  tributorom  in  Hel[v(etiie)]  (Inso.  Conf. 
Helvet.  17Θ).  Die  in  dem  nunmehr  zur  römischen  Stadt  erho- 
benen vicas  ansässigen  cives  Segusiavi  und  Helvetii  werden,  ao- 
weit  sie  die  römische  Civität  hatten,  in  die  Colonie  aufgenommen 
worden  sein.  Die  Peregrinen  haben  wohl  ihren  Wohnsitz  be- 
halten, stehen  aber  zu  der  Colonie  höchstens  im  Yerhältnisa  des 
Incolats,  gehören  nach  wie  vor  politisch  zur  Gaugemeinde.  All- 
mählig  hat  sich  dann  die  Verschmelzung  der  Gaugemeinde  mit 
der  Colonie  vollzogen,  sei  es  dass  immer  mehr  Peregrine  durch 
die  Yerleihang  der  civitas  Bomana  in  die  Colonie  eintraten,  sei 
es  dass  der  ganzen  civitas  die  latinische  oder  römische  Civität 
verliehen  wurde. 

Dass  bei  Constituirung  einer  römischen  Stadt  im  Gau  nicht 
gleich  alle  Peregrine  coloni  wurden,  zeigt  die  Fortdauer  dar 
Aushebnng  zu  den  Auxiliartruppen.     Es  gibt  neben  den  Biligwrm 


Di©  peregrinen  Gau  gemeinden  des  rümitcheB  Reiche, 


f»27 


^ 
Ν 


I 


der  (latiniflcben  ?  —  β.  Hermea  XVI  p.  472  Mommaen)  Cobfiia 
Agrippinenftiiiin,  Cöln,  peregrine  Ubier.  Wenn  der  peregrine  Ubier 
die  oolonia  Agrippinensritm  aU  i>ngo  fuhrt  {Herrn.  XIX  70),  eo 
iet  dae  abusiv,  denn  sie  kann  wohl  sein  Geburtsort,  niohi  aber 
—  selbst  als  latinische  Colortie  —  seine  politieche  Heimath  sein, 
denn  er  ist  'cwis  übius\ 

Die  Verleihung  der  ktinischeD  L»der  römischen  Civität  an 
eine  gallisohe  civitae  wie  an  die  Auscii  und  Conrenae  (Strabo 
p*  191)  bedeutet  eo  ipso  die  Umwandlung  der  civitae  in  eine 
latinisehe  Btadtgeraeindep  da  eine  latinieche  oder  römische  Gau- 
gemeinde  ein  Unding  istt  Vielleicht  ist  aber  Btrabos  Ausdrtiok 
ungenau  und  ht  nur  im  Gebiet  der  Auscii  und  Convenae  eine 
latiniBche  Stadt  constituirl  und  die  Peregrinen  derselben  attri- 
bairt  worden.  Das  scheint  aus  Plinius  Angabe  (IUI  §  108)  'in 
oppidum  contributi  Convenae*  hervorzugeheu»  Die  keltiechen  ei- 
vitatee  gliederten  sich  nach  Sippaohaften  in  pagi  im  engeren  Binn. 
So  haben  die  Helvetier  bei  Cäsar  4  pagi  (b.  Gail.  I  12:  Helvetia 
in  quattuor  pagos  divisa  est),  die  4  galatischen  Kettenstämme 
haben  jeder  4  Oaue,  τετραρχίαί.  Der  Gau  war  also  eine  Art  Ge- 
meinde, weil  er  eigene  Magistrate  hatte.  Alle  (64)  gBllisohen  civi- 
tates  hatten  zusammen  zu  Cäsars  Zeit  500  pagi  (Plutarchf  Caesar 
15)^  durcbeehnitllich  kämen  also  etwa  auf  die  civitae  5  pagi; 
das  stimmt  zu  dem  Beispiel  der  Hei  votier.  Wir  haben  von  die- 
sen Untergauen  noch  andere  inschriftliche  Zeugnisse.  Der  Stein 
Insc.  Conf.  Helv.  192  ist  gesetzt  von  der  ctvitas  Helvetiorum  *qua 
pagatim  qua  publice*  (d.h.  von  der  ganzen  Gemeinde  als  solcher), 
ferner  mehrere  militärische  Inschriften  aus  Britannien: 

C.  VlI  1073:  deae  ViradeÄ|thi  pa^m  Con\drustis  mili[t.  | 
111  coh,  II  Tun|gro  sub  Si[l]v[i]o  j  AJuspice  pr|aef.  [f(ecit)  1| 

G.  VII  1072 :  deae  Eieagambedae  pa^us  \  Veilaus  milit(an8)  | 
eoh.  II  Tung.  |  v.  s.  1.  m  || 

pagus  muss  hier  das  Contingent  eines  pagus,  oder  nur  Sol- 
daten aus  dem  pagns  (so  Dessau,  Inscr.  sei.  2555 ;  vgl.  oives  Raeti 
mil.  in  coh.  Π  Tungrorum)  sein  und  pagus  nicht  die  civitae,  son- 
dern den  Gau  desselben  bedeuten,  denn  nie  wird  inschriftlieb 
pagui  für  eivitas  gesagt*  Da  Heimathe-  und  Conscriptions* 
bezirk  niohi  immer  zusammen  passe  η  ^.  brauchen  der  pagus  Vellaue 


^ 


^  S.  die  Beispiele  hei  DessaUi  Into,  p.  503  z.  6. '  eques  als  Asturum 
natioue  UUun*  (MoramRen,  Hermee  XIX  p.  42).  Beispiele  fÖr  Üeberein- 
etimmung  C.  ΙΠ  p.  2€35  aus  den  Diplomen. 


528  Schulten 

und  CondroBtie  nicht  pag^  der  Tongri  zu  sein,  aber  sie  scheinen  et 
SQ  sein,  da  der  p.  Gondmetis  doch  wohl  so  den  Comdrugi  gehört, 
welche  bei  Cäsar  (b.  GaU.  U  4,  80,  IV  6,  4 ;  32,  1)  an  der  Mau 
sitsen,  also  wohl  zn  den  nenrisohen  Stämmen  gehören.  Zn  ver- 
gleichen ist  anch  die  Inschrift  £ph.  ep.  III  (1877)  p.  34,  N.  103: 
Genio  hQ(i)ns  loci  Texand(ri)  et  SQDic(i)  Tex(illarii)  cohor.  Π 
Nerviomm.  Die  Texandri  nnd  Sunici  müssen  pagi  der  och.  II  Ner- 
▼iomm  im  erläuterten  Sinn  geweaen  sein.  Texandri  nnd  Snnnci 
nennt  Plinins  (IUI  106)  als  civitates  der  Belgica.  Es  gab  auch 
selbständige  Abtheilnngen,  sei  es  der  civitas,  sei  es  der  pagns  Sn- 
nncoram:  eine  coh.  Sunncornm  C.  Υ II  142,  ein  Snnacos  im  Diplom 
XLIII  (C.  III  Snppl.  III).  Der  Inschrift  haben  wir  zu  entnehmen, 
dass  es  nicht  selbständige  civitates,  sondern  Gane  einer  civitai 
waren.  Da  die  Nervier  auch  ein  Volk  der  Belgioa  sind,  so 
mögen  die  beiden  pagi  nervisch  sein. 

Einen  pagus  Chersiacus  der  Morini  nennt  Plinins  IUI  106 
(Morini  ora  Marsacis  inncti  pago  qni  Chersiaons  vocatnr).  Mit 
dem  pagns  Gabalicus  (Plin.  XI  92)  ist  zn  vergleichen  Caes.  b. 
GalL  YII  64:  Yercingetorix  Gabalos  proximosqne  pagos  Arver• 
nomm  in  Helvos  mittit.  Aach  der  Ausdruck  'Texuandri  plu- 
ribus  nominibus*  muss  wohl  von  Gauen  derselben  verstanden 
werden.  Wenn  in  der  Inschrift  die  Texandri  ein  Gau  einer  eivitas, 
bei  Plinins  dagegen  selbst  eivitas  mit  Gauen  zu  sein  seheinen, 
so  würde  eine  solche  Discrepans  nur  beweisen,  dass  pagus  ver- 
schiedenes bedeuten  kann. 

Was  von  den  civitates  der  Tres  Galliae  gilt,  gilt  auch  von  den 
linksrheinischen  Germanengauen,  welche  spater  die  Provinzen 
Germania  inferior  und  superior  bilden.  Die  Fortdauer  der  Gaue 
am  Rhein  versteht  sich  von  selbst,  da  das  linksrheinische  Ger- 
manien als  Theil  der  Provinz  Grallien  gegolten  und  erst  im  II. 
Jahrhundert  eigene  Provinzialverwaltung  bekommen  bat.  Bis 
dahin  stehen  die  beiden  Yorländer  der  gallischen  Provinzen  unter 
dem  legatus  Aug.  pr.  pr.  des  exercitus  Germaniae  inferioris  und 
superioris. 

Zwar  von  der  Yerfassung  dieser  theils  keltischen,  tkeils 
germanischen  Gaugemeinden  wiesen  wir  wenig.  Wir  haben  für 
die  eivitas  sogar  nur  wenig  besondere  Zeugnisse.  Wir  kenneu 
einen  ^snmmus  magistras  civitatis  Batavorum  (Orelli  2004),  die 
eivitas  Menapiorum  und  c.  Morinomm  aus  italischen  Inschriften, 
die  c(ivitas)  oder  c(olonia)  Nem(etum)  mit  d(e)o(urio)  aus  Wil- 
manns  2259  (aus  Heidelberg)  einen  *  Hernes'  aus  Dessau  2501•    Die 


Die  p«regrinen  Gangem  ei  nden  dei  römiiokeii  Reioha. 


529 


» 


Exietenz  einer  eivUas  Su^orum  Nwretium  (b,  nntan)  bat  Zmnge- 
meieter  eruirt  (Neue  Heidelb*  Jalirbb.  III  p.  1  C)*  Sooet  wiseeii 
wir  von  der  Existenz  der  civitates,  die  natürlich  ganz  ausser  Zwei- 
fel fltebt,  nur  durch  die  nach  ihnen  benannten  Abtheilungeu  und  die 
Ethnica.  Ee  gibt  eine  cohors  übiorum  (C.  X  4862) ;  die  berühmten  ai«c 
Batamrum,  eine  coh»  Cugcruorum  (C.  VI!  1085),  einen  cui%eus  Fri- 
iionim  (C.  VII  1040),  coL  Baetasiorum  (bei  col.  Traiana  ^  Xanten) 
C•  VII  3B6;  einen  BaetasiuSy  Deaeau  2181,  ja  logar  eine  c.  Sygam- 
i^rortim  (C.  VIII 853).  Da,  wo  die  Sygambri  eitlen  (Wupperthal), 
die  Grenze  der  Provinz  der  Rhein  ist  und  Auehebungen  bei  den 
thranerhenanischen  Stämmen  Auegeschioaeen  waren,  mlieeen  diese 
Sygambero  tinkerheiniech  geseesen  haben,  denn  foeäerati  des  epä- 
teren  Heeres  sind  sie  nicht. 

Als  οτίρσ  kommt  vor  eipes  Menapius  ( Dessau  2564),  cives 
liemes  {Dessau  Inscr.  2001),  c»  Tribocus  (ib-  2505),  c.  Marsactis 
(Nachbarn  der  Moriner:  Plin.  IUI  106)  (Deeeau  2508),  c.  Cu- 
gertius  (Wilraanns  1534).  Lfbius  (öfter  z.  B.  Deae«  2509).  Die 
origo  ist  regelmSsaig  die  civitas;  bei  *m  domu  furo  Hadnanmsi 
promncia  Gertnaniü  mfcrion  (C.  III  4273)  ist  abusiv  der  vicus  all 
origo  genannt.  Das  casteUum  Mattiacorum  (Castel)  (West  Zeit- 
schrift VIII,  CorreBpondzbl.  p,  19)  gehört  zu  der  civitas  Mattia- 
corum, von  dem  auch  die  aqn(Me  Maiiiacae  (Wieebaden)  benannt 
eind«  Es  gibt  hmtiferi  cmtuiia Mattiacorum  {BTB,mh.  1336),  IIIIII 
t?ir  Att(f.  c{w,)  M{ait)  1316;  und  eine  coh.  Maitiacorum  (Dessau 
2000).  Die  civitas  Matt,  heisst  auch  ^  civitas  Taunensium  (auf  In- 
schriften, welche  gefunden  sind  in  Castel,  Heddernheim,  Finthen, 
Mainz).  Die  civitas  hat  einen  ordo  (Wilm.  2271:  dec.  c.  Taunen- 
sium) und  aediles  (Bramb.  1463),  sodann  sogar  Π  viri  (2269), 
ist  also  wie  die  civitatee  der  Tres  Galliae  organisirt.  Ein  'dec. 
civiiaiis  Audcrensium'  wird  aaf  einer  Mainzer  Inschrift  (Wilm. 
2268)  genannt 

Inscbriftliche  Zeugnisse  der  vici  der  civitatee  am  Rhein  gibt 
es  genug,  vor  allem  aus  Germania  superior:  vicani  Seeorigienses 
(Bramb.  306)  bei  Worringen ;  Beda  vicus  ^=  Bitburg  in  der  Eifel 
(West.  Zeitschrift  1891»  Correspoudenzblatt  p.  185);  siehe  ferner 
Bramb.  1916,  1677,  1676,  2256  c,  d  (vicani  Lopodunensea  = 
Ladenburg  am  Neckar),  1595,  1561  (vicaui  Aureliani  mit  quaestor; 
Oehringen);  877  (vicani  Altiaieuses^^  Α Izei);  vicani  Belg(inatee ?) 


1  diidtatis)  M(atHac.}  Tlaunem.)  Bramb.  1330,  vgl.  Momms.  R.  0. 


3W 


8ek«lt•« 


nzr  äisds  imier  «di  Ih^ml     Dir  tnv7»m  T« 
äk  drstat  MmtiimnannL  wmi  irolil  «bsr  Stadtfmmmnami.   Sidber 
dftF  M  der  Rtngtop  Srnrnmimmmma  ^Uittunlnirp  &.  Sfloksri.  im  i 
XuDfk  der  Chii^-.  niete  Gmnmif  im.  i«|rt.    Ton  άβτ  dfräMifi.  ] 
to^  MdtecF  Sonliiomiiieiim    <%maih.  168S)    des  ISnm.     & 
wohl  der  Tanm  dieiiw  kainarliidieii 
durw  ksiiL•  «ihw  aaob  hier  nicibt  iiei&. 

Τοτ  der  dmiof  BwUmtiBrmti  kennet  wir  ιηώηη  mm  i«.  ] 
qaerdt. fli.-T.P  !1B9\,  Avemimut  iR  ak  Cfüoiiir  «w  i 
dff  6«ιΐΑΒακ»  aiHipeiichiftden.  wit  Lii|rdiiiiiini  aiv  dsoi 
«sri  md  Colonk  Gkadm  Aim  AimpnOMDenui  ηκ  deai  Aar  Uliii. 
Di«  imeeim  oder  naliiM  JLventanwBs.  welobp 
mh  den  rnnflni  Jfiwwadmiiiiwgf  anf  eiaer  dtofr 
«BR  ilBenDef  TTl  480»  Iwnüman  ak  nmp  JMflSitr 
ItrssMK.  d.  k  ak  di^  in  A^ventlaiiaA,  dat^  i&r  dtf  ahm  fiah«- 
tü  i^vwobl  Oolonie.  keii»  Ceawindf  m. 
Ata-  A^qBDtieina  kemito  andenaanitp  aaidi  «iofai  wafal  ak 
imltea.  da  «f  latiaiiiokr  StadxipraBeiiidf  war  Win  Ai 
aoet  vu»»  der  oivitK  Bai^atianaa,  ao 
heimieii  Vioan!  Aventiceim»'.     SasE  aofaaxf 


n» 


RrieW. 


531 


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I 


Dm  Twi  der  emfta«  HehrctiorvM  ιΙμΑββ  uIh 
{immg*  Cwt  Bthr*  ISS:  βαϋβτ  tos  LovoMm),  die  cöloni  Av«•- 
tlatJ—  «Bter  uraüortti  cvloiwmi  («.  ]!««»•«&,  Hermet  XVI 
p.  481);  dme  v«f«s  ier  oritnukke  Ibfiitfml  der  Colouie  A^^iiti- 
cmm,  nn  Tirl  oder  U  τίπ  hmh^  mthm  Uuwb  kmmm  Bmm.  Wir 
liabeo  Kier  «Im  eise  leüaiecke  CeleMe,  ik  gun  vie  eie  kel* 
liMliee  Dorf  arg»«ieut  k(L  Jün  Erktlnuig  im%  die,  dmee  die  ?er- 
Imkung  der  Laiinitii  die  geeumte  dritu  BelTetienim  betraf,  daRe 
akeiv  ^<^  ^*«  ciTJtAi  LatiBa  rtidtwcti  irt,  lagleioh  der  Hauptort 
Avtntieatt  aI•  Trmger  dereeibea  $UL•  Deseelbe  Neben*  und  Doreh* 
anmnder  von  Sudt  maa  Gau  weideo  wir  bei  allen  civilates  Gal- 
Iten«  SU  stalnireft  bAbes.  Der  quaes(or  neben  dem  vergobreius 
auf  der  Inecbrift  von  Saintea  bedeutet  dasselbe. 

Keine  lastitntton  ist  eo  bezelcbnend  für  das  Ρηηοιρ,  nacb 
dem  Bom  die  peregrinen  nicht  etadtiseben  Gemeinden  seinem 
etädtiseben  Organismus  angliederte,  als  die  Verfaftsung  der  gal* 
liacfaen  Frovinzem 

Von  den  pagi  der  cirita«  warde  bereits  geredet  In  Be- 
tracbt  kommt  1)  die  Inschrift,  nacb  welcher  die  oivitas  Helve* 
tiornm  and  die  einzelnen  pagi  für  sich  (pagatim)  eine  Ehre  de• 
kretiren;  2)  In.  Conf.  Helv.   159:  Genio  pag(i)  Tigor(ini), 

In  den  gallischen  and  germanisohen  Ländern  ist  nach  rer* 
acbiedenen  Kreisen  ansgehoben  worden  (s.  Hermes  XIX  47).  In 
Aqaitftoicn  aas  der  Landschaft:  coh<  Aqujtanorum^  und  *o.  Aq. 
Biturigam';  jene  sind  das  Contingent  der  iberischen,  diese  das 
der  keltischen  Stämme,  Die  oioe  und  cokcries  GaUorum  sind 
wohl  das  Contingent  der  Ligdunenses,  wie  die  der  Hispani  das 
des  romanisirten  Spaniens  sind*  In  den  Übrigen  Theilen  aber  — 
Beigice  and  Germania  —  wird  nach  Gauen  auvgehoben*  Daneben 
gibt  es  aber  eine  coh.  Belgarum  (Dessau  2587). 


Die  Donauländer. 
Rütisch  sind  die  Stämme,  welche  auf  den  Alpen  swisofaeD 
Ino  und  ßodensee  wohnen;  mit  ihnen  werden  gew5fanlioh  suiam• 
men  genannt  die  Vi  η  de  lik  er,  die  Gaue  der  bairiiohen  Ebene, 
PHnius  sagt  (Itl  §  132):  *  Raeti  et  Vindelici  omnes  in  multas 
oiyitates  divtai*,     Gemeinden  der  beiden  Völker   nennt  das  Tro- 


5S2  Sohulten 

ρ••αηι  Alpittm  (•.  oben),  n&mlieh  'Tindelioonia  geoto•  qnattior: 
Om$imfties^  Rmemaies,  Licute$^  Caienaies.  Die  entoii  drei  finden 
eiek  Mch  bei  rtolemeeae  (II,  13  §  1).  Ptolemaene  neut  auRr- 
dem  AcOvoi,  Bcvkaövoi,  BpcOvoL  Die  leUteren  iMmb  naek  nnf 
dem  Tropeeaa  Alpiaa  (BrenniX  aber  rw  den  'Tiadelieiscben' 
tienen.  IHe  VertheUnng  der  kleinen  Stiauae  na  die  Völker- 
eekaftea  war  aatirliek  «ckwierig.  Die  Isarci  werdea  Taa  der 
leaim  (liar^  dea  Xaaea  babea.  Ab  ritieeb  lanea  äch  adt  Hilfe 
dee  rialeaaeae  im  Trepw  Alp.  beeümsea  Teaaonetae  ((Μέννανις)  ^), 
Oüaeeaee  (Καλοιικθ¥(ς\  Saaacto•  (Οκιανήτοιλ  Bagan  CPkToO- 
uMaV  Biixeatca  (BpiEavmiV.    Mebr.  Gaae 

Die  r&tiecbea  aad  Tiadelikieebea  Gaae  ι 
der  ValUe   PMuaa   aatar  eiaea   Pracfeeica,    aa    deeaca    Sirile 
•filw  (ta  fTM^mmtm  tritt.  (Hai^aaiit  St-T.  I>  S$9). 

Am  AaxilkacaatlaitMit  dieaer  TieüetbiflM    «ad  4ie  ΤΠΙ 
μ4μ1<•   RaMtwa    iBmaae  XIX  49}   aad    die  c  Ta 
.Dijaoa  XI  C\  nl•  ^  »1*\. 

l>ie  en|re  wird  aacii  dfr  T^Ikemckait 
i^Üm.  1M>V    Smm  mrin  die  r&teelM  Ga» 
ew£baiL 

It.  Xi^r.mi:  ^>4  nmiw  ^III  14f  ianer  ^eamanjalua 
«a.  1Γ;ΐ  kiniam  dir  aiewtea  Gaae  aae  ΓΐιΗιιι— i.  iea  die 
laurfteri^sn:  >iMeficijmL     C   Τ  IS^  ^Jabam  CaznimiB*: 

C  BaeKu  Γ.  i.  Ok.  Aisiw  . .  m»raD«iairi'  Tl  Qaadi  Cat- 
«an»  Aa^  Mnaunit  n:  Xi«n«ir:  c:riBa»  Satraan:  «s  Lüaee- 
TV»  Thf  Sarr«2te  «mc  ibr  X«<vaia^  m»  Piasnaae»  <Ύ1  ISL  2(. 
AiuiMtroiOL  itfüoe  i^atfauaiaik. 

Akm^emi  ^  Tr-uoiu:  c«  T?to  Αιτ.  f 
^uJtoraTini  ="  Aahaiaiai«. 
Httiramw 

I^   an  74ί^  atf^  TiMna»  uac   ZVanif    aaot    da 

>^Kmiv  aiiui.  «άι  «mt  ΓΙΙημιτ  atipilehf^  Attr-uumna  'voa  lanaae: 
ft«ih~si?cir  —  I^^*a!^  &aih*«iia:  —  Lma^  "^««L•.  Jkaiffakeibea 
wr«c  ^aui-  Har  f^fvnar     ak  aat  «sni.  l^wiujiui    :'BeBM  XDl  491 


ΐΜθ  pcregrinen  GaMgemeinden  dee  romiaclien  Hei  che.  533 


• 


I 


Bie  origo  wird  naoh  der  Landschaft  be^eiclinet  (reep.  de?  Provinz) : 
'  nat.  Norico  *  Deseau  2202  -* 

Noricum  war  pTocuratonache  Provinz  (Marq.  Ρ  290). 

In  Fannonien  nennt  Flinine  (III  147)  XVIII,  Ptolemaene 
YIII  (Pann.  Sup.)  +  YI  (Inferior)  aleo  XIV  Stämme.  Von  meh* 
reren  haben  wir  inechrif Hiebe  Zeugniese: 

1)  α  IX  5363  (Dessau  23S7):   L.  Volcacio  Q.  f,  VeK  Primo 
praef.  ripae  Danavi  et  civitatiam  daar(um)  Bmor,  et  Amlior, 

Die  Baier  bei  Ptolemaens  im  wesnichen  Tbeil  von  P.  Superior, 
die  Azali  nördlich  von  ihnen.  Flinius  kennt  nnr  die  letzteren. 
*Boine'  kommt  öfter  ale  origo  vor  (Wilm*  2867). 

2)  Breuci  im  BÜd liehen  Theil  von  Unterpannonien  an  der 
Save,  Die  YIII  cohh.  Breucorum  sind  nach  Mommsen  (Herrn,  XIX 
p.  4B)  daa  Contingent  der  Stämme  von  der  unteren  Donau,  Na- 
iione  Breucus  z.  B.  Bramb,  746, 

3)  Die  i!i(J.)/uimc/,  im  nordöetlichen  Theil  vob  Pannonia 
Inferior.  Auf  sie  bezieht  ßich  eine  Ofener  Inschrift,  gefunden  am 
Blockeberg  (Ärch.  ep,  Mitt.  XIY,  p.62  =  aiü  10418):  'pro  salnte 
[M.  Anreli]  p(ii)  f(eUcie)  invicti  Äng.  totjueque  domue  divinae  eiu§ 
et  civitat(i8)  Eravisc(orum)  T.  FL  Tit{j)ant3s  augnr  et  M.  Aur. ../ 
Soldaten  aus  diesem  Gaa  aind  nicht  selten  (C»  III  3325).  Daaa, 
wie  der  Herausgeber  der  obigen  Inechrift  verinuthet,  die  Eravisci 
der  Colonie  Aquincum  attribuirt  waren,  ist  möglich. 

4)  Ein  Scordiseus    (im  Süden  der  Pann.  Inf.)   C,  ΠΙ  340Π. 

5)  Varcianus  (Südosten  von  Pann.  Snp.)  C.  III  9796;  C.  II 
875. 

6)  lüsm  im  Diplom  XVII, 

Einige  Gannamen  loben  in  Ortsnamen  fort  wie  'praeUyrmm 
Ltüabicorum  Itin,  Ant  p,  250,  IB;  "Aqum  lasae"  (Teplitz)  C.  ΠΙ 
4121.  Die  Latovici  eaaaen  im  Westen,  die  laset  im  Osten  Ober- 
pannoniens. 

Es  gibt  cohortes  Pannonitirum  (Herrn.  XIX,  p.  48),  Die  Pan- 
nonier  bezeichnen  ihre  Heimath  entweder  nach  der  Gaugemeinde 
(Varcianue,  .^raviflcus),  oder  der  Landschaft  (Provinz):  'Pammuus^ 
'ea  Pamtoma  Sup'  C.  VI  3297;  ex  PantK  Inf.  C.  VI  2544,  wobei 
gewöhnlich  der  Geburtsort  genannt  wird,  oder  nach  dem  Dorf 
α  ΪΙΙ  4407:  mil  leg,  ΧΠΙ  vko  Gallontm, 

von  Moesien   kennt  Ftoleniaena  für  Moesia  Sup.  fünf,   für 


-  in  L.  Manlids  MaoHani  f.  Tutor  Norioas  Titensianui 

(C.  V  1908)  iit  TiteneiaüQB  wohl  Gauname. 


684  SoliaUea 

Μ.  Inf.  acht  Stimme  (III  9;  10).  Die  Froyini  liat  ikrea  Kamei 
von  dem  Volk  der  Moesi  (Muaoi).  Andere  Völker  siad  die 
TribalU  nnd  Dardam,  Die  Triballi  gehören  mck  Ptolemmene 
lar  nniereni  die  beiden  anderen  Nationen  aar  oberva  Ριοτίηχ. 
Jede•  Volk  beateht  aas  emiaUs.  Die  Gaae  der  Moeaer  «ad  Tri- 
baller  bildeten  eine  Pr&feetar:  C.  V  1838:  praof.  o[i>ritatiam 
Moeaiae  et  Triballia[e].  Ihre  origo  beaeiekaea  die  Peragriaen 
dieaer  Gegend  naeh  ihrer  Landaehaft:  'natione  Daidaaa*  C.  V  5983, 
Tgl.  G.  ZI  706  (nationis  Dardaaiae).  In  den  laaekriftaa  wM  aar 
eiae  Gemeiade  geaanat,  die  Aftrüam':  C.  V  94S:  wOmm  m  Mmaim  (aic!) 
mfer.  eeuM.  AbrUimor.  Der  Kamea  iat  aoeh  bakaaat  darak  im 
aa  eiaar  ia  Μ oeaia  iat  atekeadea  Trappe  gekörigea  AbntUm(ms)  im 
Diplom  XZXI. 

Voa  Ooaliageatea  der  moeeiaekea  Stiüame  keaaaa  wir  ciae 
*ala  Dardmonm*  (Diplom  XXl 

Flr  Daeia  gibi  Ptokmaeaa  flnfimka  Gaae  aa  (ΙΠ  8,  Sl 
Kar  die  Άναρτοι  aiad  iam^rifUidi  beaeagt:  C  ΙΠ  8060:  fei  wmh 
mknd  milm  m  Β  .  .  XL  tieo  AMmF[i0rmm\  Die  Toa  Tvaiaa  m 
Daeia  aagaaiadaltaa  Gmimim  nad  Prrastee  (aaa  Dalmaüea)»  darea 
Tiei  ia  dea  Wackatalela  geaaaat  werdea  (Albaraaa  auior,  OaTieia- 
Üam:  C  III,  p.  937)  gekdrea  aiekt  Uerker,  aaak  ist  swaüalkalt 
ab  aie  Gemeiadea  gebildel  kabea. 

Tkracia^  iat  aack  PKaiaa  ia  50  ifif  lyai  gfAciM(nr  } 40, 
Die  ütkcfetactimmaag  der  NaaMa  liaat  aickt  daraa  awdfcia, 
daaa  fia  Snatagie  daa  akeaaaliga  Gebiet  ciacr  Gaagcmetade  kl. 
Dea  IkKSTioim  (St^pk.  Bjr.:  ΔανΟαλί^ται  ΐ8νος  θραηκσν)  aaft* 
apiickt  die  σιμαιιτιιά  Δαν^^ι^λίΓηκή.  Bern  ^  Bc0Oudi.  S^pmo  — 
Cflorauo^  Oanm  —  Καηπκ%  CarptK  —  Κορνιλική-  IKe  grk- 
ekmake  Httkuft  da•  Woitea  •trata^  flkrt  mkk  aa  4v  Aa- 
aakmi  da••  dieaa  Orgaamabaa  Tarr^mMiek.  da••  « 
daa  ia*  LjUKark».  i«r  ^^  Tknkxa  ba  nm  beer 
Ht.  Wir  &ai«a  eat  ELatkmlaa^  ia  Stfafemat  aack  ia  AagTfara 
V4«  Φτρβπττός  «ikft  tbar  ctataa  Xaaaaa»  amd  .Imia  Aimmaia 
mawrMmKknaaDwTlSi?  ia  13>  «ancagaw  .«•  er  mia  paar- 
fttcara«Mckm^>  mad  GapomkicM  ia  10  cachiäkt  Paaftam.  V  €L 
Dümar  T^Miftaeaamd  baacMkm  THtLoaka  £a 
ELunckeaaif  ier  Diiahtiianrt 

Fba'ifuaii   älkl«  mar  14 

^liikii 
Cawp^%k%kt«. 


l)ie  peregrlnen  Gaugemeinden  des  römischen  Reiche.  535 


zwifclieii  Plinias  und  Ptolemaens  moee  auf  eine  Veränderung  der 
Organisation  nach  Plinius  und  vor  Ptolemaeue  inrückgeführt 
werden  und  Marqoardt  (St.-V.  1^  315)  vermuthet  sehr  probabel 
eine  Umwandlung  von  36  Strategien  in  Städtebezirke  (regtOnes 
lieissen  sie  in  den  Donani ändern).  Han  vergleiohe  die  CTTp.  Σαρ- 
Ι^ΐκή  und  Sardica,  Ούσ6ικη(ηκή  —  Ostidizus  (a,  Mtillera  Ptole- 
maeue |>.  478).  Mit  Recht  hat  man  die  Umwandlung  der  gal- 
liflchen  civitaies  in  Stadtterritorien  verglichen  *. 

Von    den    Strategien    haben    wir    epigraphiaclie   Zengnieae: 

Eph,  ep,  II  p.  252  (Perintb);  Τιβίριος  Ιούλιος  ΤοΰΧλος  στρατη- 

I       γός  'Αστικής  (vgl  Ptolem,  §  10);  Dumont-Homolle  (Melangea  d'ar- 

H   cheologie  et  d'epigraphie  Paria  1803)  p.  317  Q}:  "Hpijt  Σοντηνη- 

Π    τική  Tu  Κλαύδιος  ,  .   Θεόττομπος  .  ,  στρατηγός  'Αστικής   τής 

J       ττερί  ΠΕρινθον,  Σηλητικής  ορεινής,  Δ€νθ[£λ]τιτικής  ιτ€[ϊϊΐ]ασίας* 

^m  Die  atrategia  achlieaat  nicht  ans,   dasa   die  genies  ala  aolche 

^  fbrtbeatanden  haben.     Der  στρατηγός   wird   mit   dem    praefectue 

gentia  zu  vergleichen  aein.     Wenigstena  nennen    die  Thraker  ala 

origo  eine  Gaugeraeindo:  *cims  UsdicenMs  vico  Acaiapara*  (Kaiop. 

p.  17,  C.  III  2i?07);  äves  Sappa[e]us  (Kalop.  20);  C.  III,  p.  857; 

Cclöhti€(us);  C.  X  1754  und  Dipl.  XIX:  nat  Beasua;  Deasan  2515: 

Dünsala  (atr.Δαθηλ1lKιτή);  der  Usdicensis  gehört  zn  Ούσδικησίκή, 

der  Sappaeus  zur  Σαπαική  etc.     Die  Herkunft  aua  der  atrategia 

als  Bolcher  kann  nicht  mit  *civie*  bezeichnet  werden*     Civia  setzt 

eine  ^civUcts^  voraua.     Einige   Strategien    entsprechen    nicht    dem 

Gebiet  einer  Gaugemeinde,  sondern  dem  einea  Volke»,  einer  Nation, 

I        8o  die  Βεσσίκή,  vgl.  Plin.  §  4Ü:  *  Beaaorum  multa  nomina '  (^  gentea). 

^V  Die  Änxilien   werden   nach    der  Provinz   benannt  (cohortea 

"  lind  alae  Thracum). 

Die  Herkunft  iat  gestellt  entweder  auf  den  Gau  (Sappaeus) 
Β  oder  die  na&io  (nat.  Bessm^  Thrax)  reap.  die  Provinz.  In  dieaen 
Gegenden  ist  ea  üblich  auch  den  Gebnrteort  —  der  von  der  origo 
wohl  zu  acheiden  iat  —  anzugeben.  Derselbe  wird  bezeichnet 
mit  Provinz,  Stadtbezirk  (regio),  Dorf  (vioua),  vgl.  C*  X  9754; 
nai,  Besstis^  natus  reg.  Serdica  mco  Magaris;  0.  V  942:  .,  nattis 
in  Mcnsia  infer.  castelh  Abritatwr;  Brambacb  C.  Ina.  Rhenan« 
1077;  'natus  provincia  M[oe}ma  »uperiore  regliolne  Serdica,  Dar- 


I 


^  Die  von  Kalopothakia  aufgeateIHe  Hypotbeae^  die  DiBcrepanz  er- 
klare eich  daraus,  dasa  Plinius  Moesien  zu  Thrakien  rechne,  bähe  ich 
in  der  HeoenBion  der  Dissertation  (DerL  Phil.  Wochenadirift  1804)  zu- 
rückgewiejien. 


u 


536  Schölten 

<2αΜ[α]  .  .  Μβ  getmii*.    C.  V  892:  ^m^im  in  Moesim  i}afitn4J[re 
rtgJ]  MeurieumopolUana^)  vk{o)  .  .  tofio'. 

Aach  in  Illyrionm  haben  die  Grnne  fortbeetnnden.  Ptole* 
maens  (II 16)  nennt  deren  16.  Plinine  (III  §  139  ff.)  Tenaielinet  ne 
nneh  den  drei  ConTenten  (Scnrdonitnnn•,  Snlonitnn••,  Nnronitan•). 
Im  eonT.  SenrdoniUnns  ist  die  Mehrsnhl  der  GenieindeB  Stidte. 
Dangen  nennt  er  im  conv.  Salonitanns  nur  Gane.  Aach  im  eonT. 
Naronitanns  eind  dieae  vorwiegend.  Eigentkftmlick  iat  die  Eintkei- 
lang  der  genies  in  deewriuitf  die  Plinina  im  eonT.  Salaut  nnd 
Narottit  anf&hrt  Die  Yardim  enthalten  nur  20  Decnrien,  da• 
gegen  die  DeUrnUat  342,  die  DetUmes  239,  die  Masaei  2β9.  Die 
Zahl  der  Deenrien  bewegt  sieh  meist  iwiaehen  20  nnd  50. 

Ans  den  Insehriften  kennen  wir  folgende  illjriaehen  Gan- 
gemeinden: Ans  dem 

eonyentns  Seardonitanns. 

Vmrutrim:  C.  lU  6418  (Bnmnm):  'oceisns  inibna  Tarrari- 
normm  in  agello  secnndom  Titinm  finvinm  ad  Petram  Loagam*. 
eonventns  Salonitanns. 

MoMoei  (Plin.  nnd  Ptolem.)  kommen  öfter  als  Soldaten  vor 
(α  UI,  p.  SbiliU  fimibms  Maxotis  C.  III,  {i.  1033;  p^mtf.  cmi. 
Mmueionm]  C.  IX  2864  (Boriannm  UndeeimaBomm);  ebenso 
I>dmeiae  (C.  III 1322),  ein  princeps  Delmatamm  C.  III  2776;  die 
DUkmts  werden  in  der  Insehrift  C  III  3198  (=  10156)  genamt 
conTentns  Naronitanna. 

Ein  castelOnm)  DaesitiaHnm  (PUn.  §  143»  bei  Ptolemae«  fek 
len  sie)  C.  III  10159.  Ein  DmgUias  im  Diplom  YII  (α  ΠΙ  SnppL3) 
C.  III  p.  S59:  Vernein  Davtrso  (PtoL  ΔαούρΟίοι,  Plin.  Dneni) 
et  Madenae  Piarentis  Deramistae.  Ferner  im  Diplom  XXHI 
(SnppL  3).  PUnias  sehreibt  Deraemesimy  Ptolemaens  nennt  sie 
nickt;  ^Seirtim{i)  ex  Lalmatia^  im  Diplom  XIX  Die  ΣηίρτονΕς 
sitxen  nach  Ptolemaens  προς  τή  Maxctevum  keisaea  bei  PKnins 
But  anderer  Endung  Scirtaoi  (§  148). 

Die  Aorca^iin,  deren  Gebiet  τοη  dem  der  OmasHm  im  J.  38 
p.  Ckr.  terminirt  wird  (C.  III  8472),  sind  wokl  die  Ναρήνσίοι 
des  Ptolemaens,  Naresü  des  Plinioa  (§  143). 

Da  Tiele  Stidte  —  als  ekemaüge  easttOa  —  den  Nmmcn 
einer  gens  tragen,  so  ist  übrigens  schwer  zn  sagen,  wel^e  τοη 
den  insehriftlich  bekannten  Gemeinden  Stidte,  welche  Gane  sind 
(i.  Κ  As!teri4des  und  AherüfK  C.  UI  9938;  die  Aaeriates  bei 
Plin.  §  139,  Άα9€σίς  Ptoiem.).  Anf  einen  Gnnaitrait  awkeksn 
NmHtae  nnd  Coriniense^  besieht  sich  C.  ΙΠ  9973  ^2883)  «nd  9682. 


Die  petegrmen  Gaugemeinden  des  romiBclieQ  Reicht.  537 


i  Corinium  ist  Stadt  (Plin.  g  140).  Neditae  ist  zu  vergleichen  mit 
Νήδιον    bei  Ptolemaeus.     Nediuin   wird    eiu   Caetell  der  Neditae 

^Bseiii,  die  Bürger  der  Orterbaft  würden  wolil  Nediensea  heisRen. 
Burnum  ist  wohl  Castell  der  Bunüsfae  (Plin.  nennt  §  139  Bur- 
nistae  ira  conv.  Scardonitauas,  Burnum  führt  er  g  1  42  aU  Castell 
dee  c*  Salonitanua  auf).  Plinius  spricht  mehrfach  von  den  ca- 
sttUa  der  iüyriBchen  Stiiraine. 

Aue   der  Landechaft  Dalmafia   eind    aiiegehoben    die   fliehen 
cohortee  Dalmataram  (Hermee  ΧΙΣ,  p.  48); 


r 


Β  r  i  t  a  η  η  i  a. 

Wenn  Pliniue  in  Britannien   weder   Stadt   noch    Grau   nennt 
(IV  §  102),  ohwohlj  ale  er  schrieh,  die  claudischen  Stiidte  Cama- 

Ilodunum  und  Verulaminra  bestanden,  eo  liegt  die  Daratellung  de» 
Agrippa,  zu  dessen  Zeit  Britannien  noch  nicht  roniiech  war,  zu 
Grunde  ^  Ptolemaeus  nennt  eine  Menge  Gaue;  daee  er  die  Städte 
nicht  neben,  sondern  unter  den  Gauen  rerzeichnet,  spricht  nicht 
I  gegen  die  Autonomie  der  letzteren*  In  Gallien  macht  er  es  ebenBo, 
und  die  meisten  der  Orte  sind  ja  nur  peregrine  Städte,  die  we- 
nigen römischen^  welche  in  der  That  ein  eigenes  Territorium  sind, 
kommen  nur  als  Enclaven  der  Gaue  in  Betracht, 
Wir  haben  denn  auch  epigraphische  Zeugniise  für  die 
Existenz  der  Gaue  als  dvUaies^  als  Gemeinden. 

C.  VII  776  Inschrift  vom  Hadrianswall:  ^  civUas  \  Di4mni(o• 
•?)*.    Sie  gehört  zu  denen,  welche  die  τοη  einer  Truppenabthei- 
pung   oder   sonst   wem    gebauten   Wallstrecken    vermerken.      Die 
Bivitas  ist  sonst  unbekannt. 

C,  VI!  775:  dtntas  {  Oumnon(iQrum):  Δουμνόνιοι  bei  Ptolem. 
In  3  §  HO.     In  ihrem  Gebiet  liegt  Isca.     Tab.   Peut. :  'Isca  Dum- 
\muniorum\    CVII  863  :  ' civif ate  ÜaiHveUau\norum  ΎοΒ&οί{Ίο\    Die 
^KaTOucXXauvot  hei  Dio  Cassius  β  §  20.     Bei  Ptolemaeus  ist  der 
Kamen  corrupt  überliefert  (II  3,  11,  p.  100  Z.  1.  Müller).    Veru- 
lanum  ist  eine  ihrer  Ortschafteo.     Tossodio  vermag  ich  nicht  zu 
erklären. 
Β  C.  VII  8Ώ7:    captiä  pe{da(tirae)  civitai.  Brich{orum),     Der 

Gau  ist  unbekannt 

Auf  den  Bleibarren  aus  den  fiscalischen  Bergwerken  finden 
eich  die  Harken  *(ie  Cm(nffisy  und  ^Briiganthum)'  C.  Vil  p.220. 


1  Ägrippa  wird  denn  auch  citirt  Hir  d^n  Umfang  det  Landei. 
Biieiu.  iiu•.  r.  ruiioL  n.  f.  l.  U5 


538  Schalten 

Die  CMOfi  werden  bei  Tacitn•  Ann.  12|  32  genannt.  Die  Bri- 
gtntee  eitaen  im  mittleren  England. 

Coneeriptionebesirk  ist  die  ProYins  (cobortee  BritunonM 
oder  Brittonum)  ^  AU  Heimatebeieichnnng  kommt  'notene  BriUi 
Tor  (α  VI  3301). 

Ea  aollen  nnn,  nachdem  der  Beatand  and  die  Orgauaatioa 
der  niohtat&dtiach  geordneten  peregrinen  Gtemeinden  in  des  ro- 
miechen  Provinaea  Terfolgt  worden  iat,  die  allgemeinea  Ergeb- 
ai»ae,  die  Gmndiftge  der  Organiaation  jener  Gemeinden  betncktet 
werden. 

Territoriam. 
*Da•  Fandament  der  Gemeinde  ist  die  HemdHÜ  iWr  ein 
Tenritorinm^^  Data  die  peregrinen Gaogemeinden  ein  eigeaeaTcr 
riloriam  hatten,  dafttr  bedarf  ca  keiner  Belege,  die  tolariite  Aata- 
a«mie  beroht  aof  der  Coneeaaioa  einen  TerritoriomaL  Wir  werden 
aber  baU  eehe%  data  die  Territorien  der  meialcn  Gangcanniden 
onttr  dwee  Kateg^e  hHtm^  daaa  sie  nicht  ein  aelhalindigea,  ari- 
giainKk  eiNidera  ein  von  Rom  eingerinmtca,  alaa  cän  T.  deriTa- 
cirea  Rechcs  hacteo.  Dt«  Gemeinde  der  FamenM  ia  nordlirWn 
C^m«»  fthrt  Büc  der  c«»Igua  Mariann  eine  'canrieimin  9aimm  \ 
i«»  art«  da  «»  «;ch  tlk  die  Heheitsgreutn  hnmlefr,  fia  nfiiia 
«iwttfi.*iM  \'vncrvT«rt&a  <*#  «rt  ttwritirm  \jl.  FeUmcaaar  Π  4SI\ 
v^wh^  ^SMUMen  an»r  «Ana^ier  ^e«i«r  axc  ifan  ( 
Herreft  mc  ^«Ltu^  füren«  w^Üremi  iäe  >.  dir  wr  ii 
5ΐαα  $tcä  vtf  x;ie  Greaten  i^r  pr.riani  GrcnhiciiBkn  in  i 
Vmmn  ^y«vav-  Ii  7%  45^5 .  E«  Tüfliftfiifi  sbsk  a  jummL  Skicia  4er 
V^ai^^LMC  il:^  itia  )£aruai  m  LLuMrtum«.  wedokt  Jm  Vn 

;;«;a<f  Γ^ν«τΛ4  :nc.    «»ac    i:«f  Vtcl  uamc  ι 

^tt^MiL     Vut  &^τΐΓ)«α]^  iursa  S^aof  fuc  ine 

7H»££iit«>  MmammL^tim:      TtniKi    "^JW   mit    nÜ 


Die  peregnoeB  Gaug^etneinden  dea  römisclieEi  Eeicbt. 


539 


I 


BödeneigenthuiD,  wie  es  ία  der  Provins  iat^  άΛ,  ein  mit  dem 
trihutum  oder  vectigül  belastetes.  Der  Yerkauf  von  Staate-  h%* 
süglicli  Fiacalland  iet  eine  nngewÖhnHche  Form  der  üebertragung 
deeeelben  an  Grememden;  die  gewöhaliclie  ist  die  *Asfligtiation\ 
die  Entäueaerung  des  Bodeneigen tbume  mit  Reeervation  des  Ober- 
eigentbnme^  des  Staates,  welches  eben  sieh  in  dem  τοπ  den  Provin- 
Eialgemeinden  zu  entricbteiiden  iributum  oder  veeti^al  manifeatirt, 
I>aae  auch  bei  dem  Verkauf  yon  Staatsland  das  Eigenthum  ein 
tributäres  war^  lehrt  der  repnblikanieche  Verkauf  von  ager  pnblicus 
dnroh  die  Gensoren  und  der  ager  'privatus  vectigalisqne '  der  lex 
agraria.  Der  Vertreter  des  Kaisers  in  der  Verwaltung  des  fis- 
kalischen 6rnndbesitzee  der  Provinz  iat  der  Procurator  Publine 
Hemorialia.  Er  ist  der  procuratoriscbe  Statthalter  der  Provinz 
(vgl.  Marq.  I^  249).  Solche  Entacbeidnngen  über  das  provin- 
zielle  Bodenrecht  gebühren  dem  Statthalter  der  Provinz,  sei  er  nnu 
legatn«  pro  praetore  oder  nur  procurator.  In  der  procuratoriseben 
Provinx  Mauretanien  aseignirt  dementsprechend  der  *proc*  Aug. 
Manretaniae  der  gens  Numidanim  und  beatimmt  über  das  den 
Zimizes  zuetehende  Gebiet  (β.  unten). 

Eine  andere  controveraia  de  iure  territorii  zwieehen  zwei 
eardiniscben  Gaugemeindeni  den  Patukenses  und  Gallilmses^  ler- 
nen wir  ans  dem  Dekret  des  Proeonanls  L•  Helviua  Agrippa  vom 
Jabre  69  kennen  (Bruns  fontes'''  216).  Hier  ist  der  Proconenl  die 
richtende  Behörde,  weil  Sardinien  im  Jabre  G9  proconsularische 
Provinz  ist.  Vorher  war  es  —  mit  Corsica,  vgl.  den  vorigen 
Fall  —  procuratorisch  und  so  nimmt  denn  diese  Entscbeidung 
dea  Proconsuls  Bezug  auf  die  frühere  eines  Procurators  (M.  lu- 
ventiua  Eixa).  Als  urkundliches  Material  fungirt  die  forma  der 
praeäiaf  um  die  ee  eich  handelt.  Wie  für  alles  an  Gemeinden 
eedirte  -^  und  sogar  für  den  ager  publicus^  der  noch  nicht  end- 
gültig veräussert  war  —  gibt  es  natürlich  auch  fUr  diese  Terri- 
torien eine  Karte. 

Die  Territorien^  sind  durch  Uermini  ierritoruxles*  (Feldra, 
I  114)  terminirt.  Wir  haben  solche  auch  von  den  Territorien 
der  Gaugemeindea.  C,  X,  7930  (Sardinien)  ist  ein  solcher  Grenz- 
stein,   auf  dessen    einer  Seite  Uerminus  GiddilUanurum*    (folgen 


1  Üeber  die  Orenziteine  der  Stidte  s.  Wilraanne,  Exempla  p.267; 
termini  eine»  territ.  kgkmü  i\  U  291^;  eines  salhts  Recueil  de  Con* 
•tantine  X,  p-  74  (itmw  fundi  SaUmtiani);  C.  VIll  umi  (bei  Vaga): 
*fines  mtm    h.  ||  Caes,  n.\ 


540 


SckuUeti 


einige   ocerklärte  Bttclietaben),    anf  der  anderen  Uemmms  Euthi- 
chianuTum*  steht. 

C.  VIII  4845  iet  wolil  ein  Grenaetein  zwischen  der  gern 
Nattahuttim  (β.  ρ.  510)  und  einer  anderen  Gemeinde.  Die  Ter* 
mination  nimmt  in  diesem  za  Africa  procos.  gehörigen  Gebiet 
natüriieh  der  Proconsul  von 

Wilm.  867:  CJt  a%*€iorita\t€\  Imp.  Cats,  Vtspasiami  Aug,  ,  . 
Cn,  Pinarius  Cornd.  Clemens  leg,  eins  pro  [p]r.  e^ercitus  Germa- 
nici  superioris  inter  Vinnenses  ei  Cmtrones  lerminaviL  Daraus, 
dase  hier  der  Legat  des  obergermanischen  Heeres  terminiren  liest, 
folgt  die  Zugehörigkeit  der  Ceatrones  zu  dem  Sprengel  den  Le- 
gaten. Die  Centronee  geboren  eigentlich  Kam  procuratori sehen 
Sprengel  der  ^Alpes  Poeiiinae*  (Marq.  Ρ  281),  es  wird  aber 
die  Entscheid ung  in  territorialen  Fragen  dem  obergermanischen 
Legaten  yorbehalten  worden  sein.  Dass  nicht  der  Froconeti]  der 
Karbonensisj  zu  der  Vienna  gehört^  die  Grenzregnlirnng  yorneh* 
men  läest,  mnss  einen  processualen  Grund  haben,  oder  den^  dass 
die  Ceatrones  die  Kläger  in  den  Controversiae  waren.  Ueher 
den  ProcBse  der  controversiae  über  an  Provinzialgrenzen  liegende 
Territorien  sind  wir  aber  nicht  unterrichtet 

Die  Inschrift  C.  VIU  8813  (Mauretanien,  Westen  der  Ebene 
Medja)  beurkundet  eine  'Aesignation'  von  Land  an  die  ^gens  Numi- 
darum'  durch  den  kaiserlichen  Frccurator  der  Provinz  Manretania 
Caes.  unter  Hadrian.  Wir  sind  gewohnt,  den  Begriff  der  Aasigna^ 
tion  enger  zu  faBsen  und  AsRiguation  und  Colorüegründung  zu  ver* 
binden.  Aber  adsu^fiare  kommt  noch  einmal  vor  für  eine  Boden- 
vergebung, die  mit  der  alten  au  römische  Bürger  nichts  %u  thnn 
hat  Von  der  Domäne  der  Matidia  werden  Tb  eile  den  colooi 
Kaaturreneee  adaignirt  (C.  VIII  8812).  Auf  geutile  Gemeinden  be* 
zogen  kann  Aesignation  gar  nichts  anderes  sein  als  ein  Fall  ader 
eine  Vorstufe  von  der  für  die  spätere  Kaiserzeit  so  bezeichnen- 
den Yerleihung  von  Land  an  barbariecbe  Gemeinden  ^  gegen  be- 
stimmte^ vor  allem  militärische  Leistungen,  wodurch  die  betref* 
fenden  Gaue  in  das  romische  Reich  aufgenommen  werden.  Diese 
Adsignation  ist  jedenfalls  zu  unterscheiden  von  dem  Zuges tlnd* 
nie  β  des  bisherigen  Territoriums,  dem  habere  possidere  (s.Momm* 
sen,  Staatsrecht  III  p.  687),  Es  ist  aber  möglich,  dass  der  be- 
treffenden   gens    Nuraidarum    dies    Territorium    an    Stelle    ihrea 


1  s.  Heistfirbergk,  Entstehung  des  Colonats  p. 27;  Knhni  Ver- 
fassung nnd  Verwaltung  1  2Μ0  ff, 


Die  peregrinen  Gaugewieindflu  dei;  tömiBchen  Keichs*  541 

reprüfiglicben    aeBignirt   worden    ist.      WahrpchijmTirh    bedeutet 

wäre  hier  die  Beefätignng   und  Termination   de«  Gebiete. 

Inecbrift  gebort  zu  den  Greiizfiteinen,  ist  nicht  etwa  eine  über 

ndan Weisung  aufgenommene  Urkunde^   die  es  nicht  gibt.     Man 

limmt  an,  daee  dag  KecbtuverbäUniF^H  goleber  Barbarei} gemeinden 

'  Colon at  war.     Bekanntlich  hat  man  vielfach  (s.  Heißterbergk 

ft.  0.  p*  26)  den  Colonat  geradezu  aus  diesen  Barbarenaneied- 

ngen  abgeleitet*.     Für  diese  Zeit  wird   man  damit  lieber  nicht 

periren,    anoh  schlieBfit  die  Exieteuz  der  Gemeinde   den  Colonat 

,U8,     Wenn  ira  IV.  Jalirhimdert  Barhurcn  als  Colonen  angesiedelt 

urden,    eo  war  mit  dem  Eintritt  in  ein  guteberrlichee  Verhält- 

188    nothwendig    die   Aufhebung    der    pt>litiBchen  Selbständigkeit 

er  Gemeinde  verbunden.     Die  Vertheilmig  der  Gentilen  an  Gute- 

lerren  ifit  denn  auch  für  die  S^'t/ren  ausdrücklieh  bezeugt:  Sczomen. 

biet,  eeclee,  IX  cap,  5,    vgl.  Leotard,  EHsni  eur  la  condition  des 

barbaree  ,  ,  .  au  IV  aiecle  (Paris   1873)  p.  61. 

fines  3iusitIamior}4m  nennt  die  Inecbrift  C.  VllI  10667.  Der 
Baltus  BegnenHia  lag  im  Uerrilorium  3fusuJamionm  (b.  SC.  de 
nundinie  »altUR  Beguensie).  Der  Stein  C.  VIII  8396  terminirt  das 
zu  einem  den  Zimtzes  angewiesenen  Castell  gehörige  Land  vom 
Territorium  der  Colonie  Igilgili.  Man  wird  auch  hei  dießem  einer 
gens  zugewitieeoen  Castt•!!  (für  gentile  Castelle  gibt  es  viele  Bei- 
epiele  in  Afrika:  z.  B.  ist  das  castellum  Tulei  bei  Rusguniae  in 
Mauretanien  gentil  β.  C.  VIII  90<)Γϊ,  9006)  wie  bei  der  Aesigna- 
tion  von  Land  an  die  Numidae  nicht  an  die  Castelle  der  gute• 
herrlichen  Colonen  denken  dürfen.  Wenn  Alexander  durch  seine 
Colonen  (?)  (popHlares)  den  Ort  Sertei,  der  der  gene  Kuniidariim 
-gehörte,  zu  einem  Gaste  11  ausbauen  läset  (C.  VIII  8828),  go  »ρ riebt 
Uae  nicht  dagegen,,  da  die  Culonen  und  die  ^ms  Numidarnm 
deutlieh  dlsparat  sind. 

Da  für    die    peregrinen  Gemeinden   die  römische  .\grarver- 
iaaenng  keine  Geltung  bat,  erstreckt  sich  die  Zuweisung  des  Bo- 
ene  an  einen  Gau  nur  auf  die  Anweisung    der   universitae   agri 
^der  geflammten  Bodenfläche,  nicht  auf  eine  Anweisung  der  Einzel- 
anlheile.     Es  Hegt  also  vor  '  ager  per  extremilatem  niensura  com• 


1  DaiB  ganze  Barbarenge meinden  im  ColonatsverbilltniBee  itandoii, 
iat  bezeugt  besonders  durch  die  conatitutio  de  Scyris  vom  Jahre  409 
{TrdM.  Polio  Claud.  i):  'factui  miles  barbari  cohmua  ex  Gotbo';  Enme- 
nim  pan.  Constantio  8;  L.  3  C.Tb.  5,4).  Die  Inschrift  C,  VMl  8270, 
in  der  ein  Gentile  all  Colon  auftritt,  wird  auah  beraasusieben  eein, 


m 


ScHqIUd 


prehenitta',  niolit  'ager  divieae  adeignataB*.  Die  Einiheiloog  de• 
Gebiet«  in  Einzellose  oder  die  Anwendung  der  Oemeinwirthecbafl 
bleibt  der  Gaugemeinde  vorbehalten. 

Ancb  die  attribairten  Gangemeinden  haben  ihr  Tarritoriiiei 
(•.  oben  p.  515);  aber  es  iet  den  ale  Präfeotaren  zu  einer  Stadi- 
gemeinde  gehangen  answärtigen  Gebietatbeilea  zu  Tergleicben. 
da  es  zum  städtiecben  Gericbtsbann  gehört.  Auch  die  eelbet^u- 
digen  Territorien  der  Gaugemeindea  iind  Prifectureu,  ^her  de• 
praefectus  gtntis^  eie  sind  nicht  Präfecturen  einer  romiacben  6e* 
meinde. 


Yerfaeeung. 

Die  gewährte  Autonomie  spricht  sich  eodaan  in  der  Erhal- 
tung der  alten  Verfaeenng  aus.  Rom  gesteht  den  datertbanen 
*  senatum  poptUum  que*  und  ^magistratus'  zu^  dae  heiett  diejenige 
Organi&atioD,  auf  welcher  der  römiecbe  Staat  beruht  Κ  Schon 
die  officielle  Anwendung  dieser  Terminologie  iit  yielleicht  ein 
Auedruck  des  Bundei,  der  nominellen  Gleicbberechtigung^  mit  Eom* 
Ee  finden  eich  * magistratus  et  senatores  Vanaeinorum*  im  Brief 
des  Veepasian  (Bruns,  fontea  p.  225),  ordo  Zoelarum,  Toooutiomm 
etc^  Der  Eath  der  afrikaniecben  Stämme  heiast  ordo  oder  seniores. 
Neben  diesem  Gemeinderath  gibt  es  vielfach  noch  ein  aristokra* 
ttscbee  Collegium,  wie  bei  den  Yocontiem  XXviri;  XlpriwU  bei 
deu  afrikanischen  Stämmen;  die  eigentliche  Magietratur  wird  meiet 
mit  dem  allgemeinen  Ausdruck  *  magietratus*  bezeichueL  Wir 
kennen  magistratus  der  Zoelae,  der  Bataver  und  der  Vanaciui. 
In  den  gallischen  Gaugemeinden  treffen  wir  den  vergobreius^  der 
wohl  ab  praetor  in  romanieirter  Gestalt  bei  den  Yocontiern  sieh 
ändet  and  mit  dem  summtts  magUiraa  der  Bataver  identiaeh  ist. 
Das  ist  aber  eine  aus  dem  Eönigthum  entwickelte  Magietrator, 
wie  die  Dictatur  Home.  Neben  den  reges  haben  wir  in  Afrika 
den  princeps,  Prinoeps  heiaet  auch  der  Magietrat  der  Truroplini 
und  der  der  Sabini.  Der  *  magistratus'  der  Zoelae  ist  wohl  das- 
aetbe*  Born  hat  scheinbar  den  Häuptlingen  der  kleinen  gentee  den 
Titel  rex  nicht  zngeatehen  wollen,  da  er  f^  die  Unterthanen- 
gemeinde  nicht  passt  Die  faktische  bistonache  Identität  des 
princeps  der  afrikanischen  Stimme  mit  dem  rex  oder  regulus  ist 
aber  klar. 

Dm  ftir  die  wirkliche  Autonomie   constitutive  Reebt,    die 


ι  Mommsen»  Staatsrecht  lU  792. 


Die  peregrinen  Gaugemeinden  des  romieohen  ßciclii. 


5ta 


I 


I 


eigene  Juriediktloiiy  fehlt  den  &aiigemeinden  des  romiechen 
Beiobe.  Damit  ist  iKre  etaaterechtliche  Stella  og  besser  präoisirt, 
aU  ee  die  im  übrigen  g&nz  autonome  Verfaeeaiig  tbut.  Der  prae- 
fectuSf  deo  wir  überall,  wo  es  im  Reich  Ganstaaten  gibt,  treffen, 
iBt  nicht  eine  militädflche,  sondern  eine  jürisdiktionelle  Behörde« 
Da  der  praefectua  stete  ale  praefectus  der  gens  auftritt,  hat  er 
mit  den  praefecti  der  Auxüien,  dem  praef.  cohortiß  oder  alae 
niehti  zn  thun«  Ich  stelle  die  mir  bekannten  praefectt  von  Gau- 
gemeinden  oder  Gauverbänden  zneamraen  : 

1)  praef.  . .  .  civitatinm  Barbariae  in  Sardinia  (C.  XIV  2554). 

2)  pFaet  Capill(atiam),  Ä[danati]um,  5aTincati(iim),  Qaari• 
i]at[]iim],  Bricianorum  (C.  XII  80). 

3)  praef.  gentis  Cinithiorum  (C.   Vlll  10500). 

4)  praef.  civitatium  Moesiae  et  Triballiae. 
Dereelbe  ist 

5)  praef.  civitatium  in  Älpihua  Maritiimifi  (C.  V  1838). 

6)  praef.  ripae  Dannvi  et  civitatinni  duar(üm)  Boior  et  Azalior 
(C.  IX  5363). 

7)  praef.  Haetie,  Vindolicis,  Vallia  Poeninae  et  levis  arma- 
tiirae  (Wilm.  1612). 

8)  Cottius  ist  praefectuB  der  XIV  cottischen  civitatee  (Pli- 
nina  III  §  ISB). 

9)  praef.  cohortis  VII  Lnsitan.  et  nation.  GaetuHcarum  sex 
qnae  eunt  in  Nnraidia  (C.  V  5267). 

10)  praefectus  gCentis  oder  c(aste]li))  M..,  (C.  VIU  8414). 

11)  praef.  gentium  in  Afnca  (Dessau,  Insc.  sei.  1418). 

12)  pre..[|gentia||SALAHS:  Recneil  de  Constantino  XX  p. 55* 

13)  Der  aus  dem  Ritterstand  genommene  Statthalter  von 
Sardinien  heisst  '^procurator  Aug.  et  praefectus  prov.  Sard.  (C.  X, 
p,  1121;  Dessau  1358,   1359,  1360). 

14)  praef,  oivit,  Maeze[ior.]  C.  IX  2864, 

praefectus  ist  der  dem  procurator  verwandte,  mit  einem  mi- 
Utäriechen  oder  einem  Yerwaltungsamt  betraute  Ritter  (s«  Staate- 
recht,  III  557).  Wie  die  Procuratur,  ao  bat  auch  die  Prafectnr  eine 
Menge  von  Staffeln.  Unter  den  oben  aufgezählten  Präfecten  pe- 
regriner  Gemeinden  und  Gemeinde  verbände  sind  die  versohiedenstcn 
Amtseprengel  vertreten.  Es  giebt  praefecti  einer  gens  (N.  3,  12), 
deren  Präfectir  auf  die  einer  Cohorte  folgt  (vgl*  den  'praef.  coh. 
Coriorum  et  oivitatinm  Barbariae  Sardinia*  und  den  'praef.  cob. 
XV  Lusitanornm  et  nationum  VI  Gaetulic.*,  aber  auch  'praef. 
Baetia  Vindol.  Vallie  Poen.   et  levis    armatnrae' :    Dessau  2ßSd) 


544  Schalten 

und  eolohe,  welche  üher  alle  gentet  einer  ProTini  oder  gar  meh- 
rere befehlen,  wie  Cottiue  der  pratf.  eivitaüum  Cohiümanim,  der 
praef.  ctr.  in  Alpäms  MarUimis  und  der  praef.  RaeUSj  Timdoikis^ 
vallis  Föeninae,  Solche  Präfekten  etehen  den  Statthaltern  des  Senats 
an  Bang  gleich  (Sardinien:  N.  13),  werden  aaeh  ala  proetiäts 
beieichnet.  Der  ineret  von  einem  Präfekten  verwaltete  Bezirk 
ist  später  oft  der  des  procurator  oder  gar  dea  legmtna  pr.  pr^ 
so  Sardinien;  Raetia  Vindel.  vallis  Poen.  (Marq.  I'  389),  Alpes 
Maritimae  (Marq.  Ρ  280),  Alpea  Cottiae  (ib.  281).  Es  giebt  dem 
auch  eben  'proc.  Aug.  ad  coram  gentium'  (C.  VIII  9327).  praefeäi 
geniis  finden  eich  noch  bei  Ammianus  Marcellinas  (XXIX  5, 21 ;  35). 
Wenn  mehrere  dieser  Präfekten  vollkommen  Statthalter  aind,  so 
sind  sie  das  nrapränglich  keineswegs.  Dem  Provincialatatthalter 
unterstehen  alle  Gemeinden  der  Provinz  (mit  Ananahme  der  wenigen 
eximirten),  der  praefectus  dagegen  ist  nur  für  die  perei^rines 
Ganstaaten  bestellt  und  natürlich  nicht  so,  dasa  der  eigentliche 
praeses  die  übrige  Provinz,  der  praet  gentium  diese  Gemeinden 
procurirt,  vielmehr  fallt  die  praefectura  gentium  mit  der  Statt- 
halterschaft zusammen,  indem  in  den  Provinzen,  die  Prafekturen 
sind,  nur  Gaugemeinden  liegen.  Der  praefectus  Baetis,  Vindolicis, 
Vallis  Poeninae  entspricht  dem  ursprünglichen,  der  proe.  pro  le• 
gato  Raetiae  etc.  dem  späteren  Zustand  dieser  Länder,  ala  es 
noch  keine  und  als  es  Stadtgemeinden  gab.  Die  praefeeti  gentis 
sind  nicht  etwa  Gehülfen,  Mandatare  des  Statthaltera,  da  dieser 
selbst  Mandatar  ist,  also  nicht  weiter  mandiren  kann.  Sie  sind 
kaiserliche  Legaten  wie  die  Statthalter  selbst,  und  die  grösseren 
IVäfekturen  stehen  den  Statthalterschaften  völlig  gleieh.  Man 
vergleiche  noch  den  praefectus  pro  legato  insular.  BaHar{um) 
Wilm.  1619  und  den  praefectus  .\egjpti,  die  höchate  Stufe  der 
Präfektur. 

Ursprünglich  hat  vielleicht  jeder  grössere  Grau  seinen  Prä- 
fekten bekommen;  je  mehr  dann  die  Organisation  der  betreffenden 
Provinz  concentrirt  wurde,  wird  man  mehrere  Stämme  i«  einer 
Präfektur  vereinigt  haben,  endlich  fasst  man  die  gentee  zu  einem 
Sprengel  zusammen,  welcher  später  eine  Provinz  wurde. 

Die  Befugnisse  der  Präfektur  werden  vor  allen  Dingen 
jurisdictionelle  gewesen  sein:  man  muss heranziehen»  daaa Hr  die 
attribuirten  Camunni  ein  II  vir  tttri  die.  für  die  der  *praeL•  L  d.* 
derselben  Inschrift  zu  substituiren  sein  wird,  vorkommt  (C  Υ  4967 
s.  p.  515). 

£iae  ganz  ähnliche  Funktion  wie  die  Präfekten 


Die  peregrinen  Gaiig^meinden  dei  röraiicben  ReiohB.  540 

tmüeften  die  (Ττρατητοί  der  tbrakisohen  Stämme  gehabt  haben. 
Base  die  *  Strategien '  die  Regionen  einer  gene  eind,  zeigen  die 
Namen  xur  Genüge, 

Natürlich  unterBtanden  nur  die  gentea  den  Pmefecten.  Die 
öivitates  der  drei  Gallien  haben  keine  Präfekten,  Diö  Prä- 
fektnren  sind  der  Beweis  der  mangelnden  Atitotiomie  nnd  zudem 
wohl  vornebmlich  der  Ersatz  für  das  Statthalterregiment  der 
ordentlichen  Provinz,  Die  praefecti  der  gentee  in  den  afrika- 
nischen Provinzen  nind  sehr  verschieden  von  dem  praofeotue  civi- 
tatinm  in  Alpibue  Maritnmis. 

^L•,  Auahebting. 

^  Das  Continpent  der  nicht^tädtiBch  geordneten  Gemeinden  des 

Keichs  sind  die  Anxilien.  Wa8  wich  für  die  Berücksichtigung 
der  Gaae  aU  eulcher  bei  der  Auehebung  oben  ergeben  bat,  soll 
hier  jiusamniengefaHst  werden. 

In  Spanien  iet  in  dem  beiondere  etark  zur  Auehebung  heran- 
gezogenen Nordwesten  eben  darum  -^  je  itärker  die  Aiißht*bung,  je 
kleiner  die  Auebehungsbezirke  ^ —  mitunter  nach  Gauen  auBgeboben 
worden,  Es  gieht  eine  ala  Carietum  et  Veni<iesiHmf  eine  α.  Lenia- 
vorum  und  mhorfes  Vardulorum,  Aravacorum,  Caniabrorum  neben 
den  cohh.  Äniurum,  BfiKantm^  Lucctmum,  die  nach  den  Conven- 
ten  aiifigeboben  sind,  während  in  Lusitanien  ^Lueifcama'  und 'Vet- 
tonia  ,  aleo  die  naeh  den  beiden  Hauptvölkern  —  nicht  Gemein- 
deij  —  bennnnten  Regionen  die  Hebebezirke  sind  und  in  der 
übrigen  Tarraeonensiu  sogar  die  Provinz  den  Namen  der  Auxilien 
giebt  (roA*  Hispanorum), 

Durchaus  nach  Gauen  wird  in  GalUa  Belgica  nnd  in 
Germanien  ausgehoben.    Hier  sind  eben  die  Gaue  noch  autonome 

■t Gemeinden  und  zugleicb  nicht  zu  kleine  Bezirke,  wai  von  den 
populi  in  den  asturiechen  Bergen  nicht  gesagt  werden  kann.  In 
Aquitanien  und  in  der  Lugdun enai β  ist  die  Provinz  der 
Hebebezirk  (cohK  AquitanoruWj  Gallorum^  i,  Herrn*  XIX  p.  48). 
Die  Alpenvölker  iverden  nach  den  Präfekturen  oder  Pro- 
vinzen auegehoben,  CoL•  Aipinorum  iind  vielleicht  daa  Contingent 
der  zur  Cisalpina  gehörenden  raetiechen  Gaue,  c.  Monianorum  daa 
der  Alpes  Maritimae,  c.Vallensium  das  der  Vallie  Poenina,  der  Kreis 
der  ^c.  Ligurum'  ist  die  natio^  nur  die  c.  TrttmpUnorum  ist  eine 
Ausnahme. 

K|  Obwohl  in  den  Donauprovinzen  die  Gaue  theilweise  fort- 

H|  bestanden  hahen,  ist  doch  hier  nur  nach  der  Provinz  oder  Land- 


546  Sekalien 

■ekmft  (oloe  oder  coh.  Baeionm^  Noneormmy  Pmmumiarwm,  Hra- 
cum,  Bremeorwmt  DanUmomwi^  Dalwmtomm) 

In  den  afrikanischen  Provinxen  ist  die . 
Provinxen,  für  die  auch  wohl  die  n&Ho^  welche  fio  Pliwfit  he- 
wohnt,  Yorkommt,  die  re^lmienge:  eoL•  NmmUlmnamt  JÜHmM» 
Äfrctum.  Die  e.  Gikehdarwm  find  da•  CoDtiBgCBt  der  aati•  Gae- 
tmlorun,  welches  der  Gesammtname  der  aan 
ist,  TgL  ^pratf.  naikmwm  Godulkmrmm  $ts  \ 
(C.  y  5267).  IMese  6  Gave  sind  entweder  nach  NndfieB  Ibcr- 
gesiedelty  oder  die  Grenze  Nunidiens  geht  dvrdi  das  tsb 
lischen  Stimmen  hewohnte  Gehiet  Die  *edL  Mm 
MamrtUama"  (C.Tm4871)  ist  aach  kaua  das  CoBtiBgeal  eiMr  ein- 
seinen  Gangemeinde,  da  der  Stamm  der  Masalami  wAr  farUititct 
ist.  Sie  sitxen  sowohl  im  dstlichea  Nvmidica  (der  *s 
gnensis'  gehört  η  ihrem  ^Territoriom^  als  im 
dort  wohl  znnichst  (Mommsen.  R.  G.  V  6S4,  Ana.  S). 

Von  dem  Anshebnngshesirk  ist  die  origOi  die  Hdrlnaft 
(sei  es  die  pofitisehe  Heimath,  die  domaa,  dia  aMs  «naa  Ga- 
meiade  sein  mass,  sei  es  die  geogr^hiseka  (FroriBs)  odar  cttr 
Bographische  (Laadaehafl  —  aatio))  oll  TeneUedcB.  fia  ühier 
a.  B.  dieat  in  der  ala  Astaram  (Dessaa  S509)l  üiaprti^lMi 
besteht  aber  die  ala  Astaram  vir  am  Astvea  iHenaaa  XIZ,  ^  41). 

Die  CoatingcBte  der  per^griacB  Gaagemfiadf  säd  müitir 
riaeh  eingethcih  in  ooAori»  and  olae.  Spiter  fiadsc  ι 
ein  Mittelding  zwischen  jenen  Abthetlangca  i 
(Hommaca.  Hermes  XIX  230).  Die  Fihrer  dar  Ai 
proefKti  oder  pmepotiiL  Obwohl  die  AaxDica  nnr  ana  TWil 
aas  Gaagemeioden  geaemmea  werdea,  war  doch  tob  i 
sa  reden,  damit  sie  aicht  mit  dem  pratfectBa 
werden  \  Je  mehr  die  Legioa  sa  einer  *  lagia 
stolze  PneCorianer  aaf  der  Inschnft  C  Τ  923 
des  aaeh  die  GaagesMndea  aar  legieaara 
gezogea.  Bexckhaead  fir  die  eigentfiehe 
Gaas  mit  dem  DicMi  in  der  Legioa  ist  die  He 
eine•  Legionärs  aas  der  dsatpinen  Gaagimilnia  dar 
'domo  TrampUa'  Mommsca,  Staatsrecht  lU  76^  A\  w  alaa 
Gan  mit  ssäitischem  Xamea  aaftrisz. 


Die  peregrinen  Gangemeinden  det  rämucliei)  Reiofai. 


547 


Ε 

^H  Beseichnnng  4er  Herkntift, 

^^  Die  Zugehörigkeit  lur  Gau  gemeinde  bejeiclinat  civis^ 
I  Ee  beieet  abo  civie  ßaUvaep  übiue  *,  beiotidere  In  den  drei  Gal- 
lien i«t  civii  eo  stehend«  wie  oivitae  fUr  den  Gau*  In  ^dvÜM 
iet  die  Antonotnie  enthalten  und  civitas  inaofern  die  vornehmete  Be- 
nennung der  Gaugemeinde.  Senat  kommt  anch  natio  ata  Be- 
zeichnung der  Herkunft  vor  (nat  BataTut);  da  *  natio*  die  Land- 
echafty  aleo  eine  ethnographieche,  nicht  eine  politiaohe  Einheit  be- 
zeichnet, Θ0  iat  ea  techniech  eigentlich  mehr  daa  Appellatir  fcir 
Peregrine,  deren  Gemeinden  politiech  nicht  mehr  exiatiren,  alea 
z,  B*  für  die  Ltiaitanen*  domo  bezeichnet  eigentlich  die  atädtiache 
Heimath.  Eheneo  setzen  aber  auch  Gentile  dem  Gaunamen  dorne 
(dumo  Trihoous:  C.  iü  3164)  und  sogar  civis  der  Landschaft  Tor 
(Hermee  XIX  p.35)*  Eaiet  eine  Analogiebildung  zur  Heimathebezeieh* 
nung  des  I^egionare,  die  auf  die  Stadt  gestellt  ist,  wenn  der  einer 
Gaugemeinde  entstammende  Aoxiliar  ak  arigo  die  Ortschaft  (yicua, 
caatellum)|  in  der  er  geboren  ist^  anführt,  obwohl  nicht  sie,  eon• 
dem  die  Gangem eiode  die  Trägerin  des  Gemeindebegriffe  ist 
(Aatnr  csetello  Intercatia)  ^. 

^H  Die  Ortschaften  der  Gane. 

^^  Im  plinianischen  Verzeichnisa  der  Gemeinden  des  römischen 
I  Reiche  fignriren  die  Ortschaften  der  Gaugemeinden  als  oppida 
sHpendiaria.  Da  aber  städtische  Gemeinden,  wenn  auch  gerin- 
geren Rechtes^  mit  der  Gaugemetnde  unverträglich  sind,  so  finden 
wir  die  Dörfer  und  Castelle  einer  Gaugemeinde  nur  da  als  oppida 
aiipendiaria  bezeichnet,  wo  der  Gau  als  Gemeinde  gar  nicht  mehr 
'beiteht  An  Stelle  der  gentes  der  Baetica,  der  Lusitania  nnd  de« 
grossten  Tbeils  der  Tarraoonensia  erscheinen  die  Ortschaften  dersel* 
hen  sei  es  als  coloniae  und  municipia  civium  Eomanorum  oder  La- 
tinomm,  wenn  eie  zn  romischen  Städten  gemacht  worden  sind,  sei 


^  Erst  in  spaterer  Zeit  hat  man  vergesBcn,  dass  oim  eine  dvitas, 
eine  Gemeiodö  voranasetzt  und  sagt  auch  civis  Thrax,  obwohl  die 
Thraker  nie  eine  Gemeinde  gewesen  eind;  vgl.  Bullet  trimeitriel  de« 
antiquites  Africaines.  Ich  fuge  hinzu  den  civia  Quacereaceniis  (€.  Υ 
67%)r  den  ich  nicht  localiiiren  kann. 

*  Etwas  anderes  ist  es,  wenn  Thraker  als  Gebnrtiort  ein  Dorf 
(und  die  Stadtflar:  re^)  nennen.  Ihre  politische  Zugehörigkeit  ist 
dann  entweder  gar  nicht  bezeichnet,  oder  durch  die  Pronnz  und  die 
Landschaft  (s.  oben  p.  534). 


548  Sobalten 

ee  als  oppida  etipendiaria.  Dngegen  eracfaeiDen  in  den  dra  nord- 
westlichen Conventen  (Aetnram,  Lucensie,  Bracarom)  als  popnli, 
Gemeinden,  nicht  Städte,  nondem  die  alten  Gaue  (Plin.  ΙΠ  %2S  ff.) 
nnd  Aeturica  ist  eine  Anenahme,  wie  ja  anch  aontt  Stidtetenv 
tonen  im  Gebiet  einer  Gangemeinde  all  EnklmTe  Torkommei 
(Lngdnnum  in  agro  Segnsiavomm).  Dieselben  Ortscliafteii,  die  im 
übrigen  Spanien  *oppida  stip.*  heissen,  sind  hier  *eastella*  (emateUm 
Intercatia  im  conv.  Astnmm,  castellam  Tyde  im  eonr.  Bracamm: 
Plin.  IUI  112);  wenn  ancb  'oppidum'  vorkommt  (Plin.  ΠΠ  111: 
Xi^a  oppidum  im  conv.  Astnmm),  so  bat  das  Wort  hier  nickt  die 
tecbnisehe  Bedeutung  des  dnrcb  Anfhebnng  der  Gmagemeiiide 
selbst  lar  Gemeinde  gewordenen  peregrinen  Tieai. 

Die   Constitnirnng    der   oppida    stipendiari«    «n  Stelle   der 
aufgelösten  Ganstaaten  wmr  eine  Nothwendigkeit.     Wemi  man  die 
Gaue  als  Triger  der  Rechte  nnd  Pflichten,    die  Bom  den  mter- 
t hinigen  Gemeinden  lamass,  beseitigte,    so  mnsaten  andere  Yer- 
b&nde   m   diesem  Zweck    geechaflen   werden.     Man    mnrhte  also 
die  Ortschaften  in  Städten,    sie  haben  als  Träger  des  MipemSum 
den  Namen  ^oppida  stipendiaria*.     Wie   die  r5miec1ien   mnd  hü- 
ttischen  Städte  heissen  sie  bei  Plinias  popidi,  cinimUSj  d.  k.  Gt- 
meicdes.     Anch  anf  den  afrikanischen  Steinen  kcisat  die   ttipes- 
diÄnr  Stadt  nrttas.     Es  sind  in  Afrika  die  Sfidte   de«   knrtkagi- 
s«:hen   Hemcbaftsgebiets    ^mit  Snfeten)    nnd   die    cmsitOm   (nater 
magisth   \    Widt  Klawea  gelangen  haafig  inm  ΓΟΒίκΙκη  Stndt• 
nevhL     Die  euteilx.  eine  ia  Afrika  beüocden  kiaSgn  Kategorie, 
*i»i  web!  nicht  mit  den  kuthagisches  Slädtcn  identiack«  da  Sa- 
fe tea  eine«  Cassells  aickt  TorkoKsec.    Έλ  st  keinen  die  fealtn  Ort- 
K^Af^e2  der  eickei mischen  Scamzae  la  sein.     Die  CnescUe  kakea 
eir«  rnKtpi  i.  Tale: :  C.  VIU  ?005  oder  w^meffctmt  C  VIU  15736 
C4tfsell  b«i  :^:vx'nk  itntr  xmkye^  «Le  mit  roasscber  BcaaacknBig 
ΛΛηΐΓχ>Μ^ϊ^  ke-:«K:    i.  B.  Ärsw^^^i  Κ  tsfiu*)  Tcsiftcf  C  VHI  15^69). 
r*;r  pr.»«^  13  i  ier  pr&efecsvs  fi»i  der  Eazpc^ing  n»i  der  i•- 
=  icii  O^riTcr   eir-fr  £-r*^    w.-?    'wir    j:<z    »wMt    kni<n:    das 
x^*^:   i^e    zv»i^lxrx    ier   ^a^elU   ax:    ü  Ssimse    sckr   vnkr- 
i^':<fixl:c^     V:r  v^isie?.    in»  em  .-^cvifi^Äras    i~«ssjr>e  dtB 
ifr  L•lL•J»  cfiv-r».    Flr  »  V«rfasn&r  i*r  svasiscken 


Die  peregrinen  Oaugemeinden  des  rumiechen  Reiche. 


M9 


i 


etipetidiam  können  wir  uns  vielleicht  auf  die  zwei  niagietri  des 
oppidam  Aritinm  berufen  (Defteau  190)>  sie  sitid  eponym,  aleo 
die  höcliBten  Beamten  der  Stadt,  praetorea  Λ'οη  Sagnnt  nennt 
Livins*  Praetores  ist  eine  für  die  Magietratnr  der  autonoment 
niagieter  eine  für  die  der  stipendiären  Stadt  passende  Bezeiclinnng, 

Bcbon  weil  dae  castellum  eigentlich  das  b»}fe8tigte  Dorf  der 
Stad  tf  1  ur  iet,  wird  der  etipendiire  Ort  gerne  als  civitas  bezeichnet. 
Auch  oppidum  kommt  vor  für  Cartbago  NoTa,  bevor  m  römiiche 
Colonie  wurde  (C.  II  3408).  Dae  Vorhandensein  von  decuriones 
zeigt,  dasa  die  afrikaniecben  caatella  mehr  eind  ale  die  rümischen 
vici,  die  einen  Genieinderatb  nicbt  wohl  haben  können.  Die  Ge- 
meinde der  caetellani  ist  eine  resfmbUca  (C.  VIII  6306  reeptibl. 
Pboeneitiin;  6702  retp.  Tidditanorum;  6048  reep.  Areacalitanorum 
uew.).  Die  Ineaasen  des  Caetelle,  welche  nach  römiftcbem  Begriff, 
weil  ihre  Ortechaft  nicht  volles  Stadtrecbt  hat,  incohe^  consisientes 
Bind,  nennen  eich  cire^iCVlU  11427:  civi  casfeUi  Su/{ensi^)),  Dae 
Gebiet  de»  Cafttella  heiaet  pagus*  Die  magiatri  von  Phua  nennen 
eich  bald  mag^pagi,  bald  inag.  casfelli  (C.  VIII  6267-6272),  Die 
Gemeinden  Thugga,  Agbia,  Tbignica,  Thnbursicum  beiesen  'pag«e 
et  civitae'  {=r  casteOnm)*  pagne  bezeichnet  da»  Territorium  ρ  ei- 
Yitae  die  zugehörige  Ortechaft.  Beide  Begriffe  gehen  im  IL  Jahr- 
hundert, wo  diese  Gemeinden  Stadtrecht  erlangen,  in  den  einen 
dee  mnnicipium  Thugga  etc.  iiber  (C.  VIIl,  p.  173),  Ebenso  giebt 
es  eine  Gemeinde  'pagua  et  oivitaa  Nnmialitana'  (Revue  Arch. 
1892  p.  215),  welche  Begriffe  später  da«  municipinm  N.  darstel- 
len (C.  VIII  15395)  Κ 

Da  diese  castella  schon  Städte  romieohen  Hechte  werden 
önnen,  können  sie  nicht  wohl  Ortschaften  einer  römischen  Ge- 
meinde gewesen  sein,  musa  der  pagtts  Phuenaia,  Thnggensts  etc. 
nur  den  '6an\  das  Territoriani  dea  Caetells  bezeichnen.  Der 
^  praefectns  iure  dicnndo  veciigftl(i)  qninq.  locand(o)  in  oaetelliis) 
LXXXIII  Carthagine*  C.  X  6104)  würde  für  Flnrdörfer  gar 
nicht  zn  verstehen  sein.     Diese  Präfektur  ist  xu  vergleichen  mit 


ai 

Wt 


^  Aehnliche  pagi  d.  h.  Territorien  nioht&Uidlisclier  Gemeinden 
aind  folgende:  Epb«  ep.  VJl  K.  805:  tribunuit  ab  ordine  ekcU^s  pagi 
Salutarü  Silonensifi.  C.  VIII  14445  Ain  Laabed  bei  Zaga:  Äu]gu^ae  | 
f]acrMm  \  pa]gus  Thinigahinaiii,  Eph.  ep*  V  p.  451;  561:  veterani  ei 
\agani  connstcntes  apiid  Hapidum  (R«  ist  groseea  Caatell  westlich  von 
Α  um  in  Mauretania  Caes,  8,  Bullet,  de  TAcad.  d*Hipp«iiie  1882).  C.  VIII 
...  ex  decreto  paganor.  pngi  MtrcuriaUs  vettrafiorum  Mcdelita* 


550  Scknlten 

der  praefeotura  genti•  oder  praefeciara  caitellL  Fir  DOrfer  ud 
Caitellei  die  einer  SUdtgemeinde  untergeben  nad,  wird  die  Ji- 
riediktion  und  die  SteoerTeranlagong  von  der  Stadt  beaofgt.  Ihm 
et  für  die  afrikaniachen  oattella  eigene  JuriediktiaM-  «ad  Steaer 
beamten  giebt,  beweist  also,  dass  sie  selbstiadigo  Ortaekaftei 
sind.  Yergleiohen  mag  man,  dass  die  lex  agraria  in  Afrika  JÜ- 
petidiariif  stipendiftre  Gmndherreni  kennt  and  es  *wume^{e$)  . 
dionim  es  Äfiriea*  giebt  (Hermes  XXYII,  p.  88,  Anau  1  Mo 
I>es8an  901).  Wie  die  Grandberrsohaften,  sind  die  eaatella  selb- 
stiadige  Steaerbesirke.  Was  ^veeügaHi)  looomi{pf  aabelaagt»  so 
ist  bekannt»  dass  die  Steaer  der  ProTiasialgemeiadea  daa  stipea- 
diam,  die  feste  Geldsamme,  dagegen  veeti^al  die  Toat  ager 
pablieas  für  Beafitsaag  so  entriobtende  Qaoto  iat  (Marq.  St-Y. 
Π*  161).  Das  Yootigal  warde  in  der  Regd,  aaeh  in  der  Kai- 
seneit,  yerpaebtet  (Marq.  IP  347).  Der  Fall  liegt  Uer  Tor. 
Wegen  der  Beiiebang  des  praet  L  d.  la  dea  eastella  atiasea 
dieeelbea  Gemeiadea  darstellea  —  a^a  darf  aiekt  aa  CasteUe  der 
kaiserliokea  Colonen  denken.  Die  eastellani  kattea  alao  jedeafidls 
aar  den  üsaafraetas  aiekt  das  Eigentkam  des  Bodeaa.  Maa  wird 
siek  der  aaf  die  Zimiaes  besigliekea  Yerf&gaag  eriaaoa• 

trUmtmm  aad  veetigei  aiad  beide  der  Tom  ProTineialbodea 
als  der  Domiae  des  r5misckea  Yolks  la  eatricktiBde  Birtiffias 
Tectigal  ist  die  iltere  Form  der  Fracktqaote,  wie  sie  ia  der  re- 
pablikaaiaeken  Zeit  —  die  siiilisebe  lieeaaMi  —  aagewaadt  aad 
daker  ia  den  seaatorisckea  Ptoriaiea  gebüebea  iat;  Mkmimm,  die 
feste  Abgabe,  ist  die  jüngere  Form  aad  ia  dea  kaiaerii^e•  Pko- 
Tiaaea  in  Aaweadaag  (Staatareckt  III  807).  Das  Trikalaa  gflt 
mekr  als  eiae  selbst  mit  Aatoaomie  Tcreiabaie  Steaer, 
der  Bodeasias,  das  rectigal,  sekarf  das  Eigeatkam  dea  rSa 
Staats  maaifestiit  v^taatareekt  III  732),  den  die 
ciae  Abgabe  der  Graadeigatkamcr  aa  dea  Staat,  der  ! 
die  dem  figfstkimer  des  Bodeas  fir  de 
ricktcade  Beate.  Daram  aaklea  cia  Tectigal  ebcaaa  gai die  1 
der  stfidtisckea  Liadcreiea  wie  die  aatertkaaigcaPraTEacialeB,  ι 

lasBcae  aad  gek$rige  Bodca.  sam  GeWmsck  liliim  wivi.  Dia 
PreTiacialeak^aacageradeBaalaErbpickterdes  riiiiaiiiHiiiM 
bneickaH  wa>ica  [Measrnsem.  Abriss  des  ^aatintklB  ψ,  71% 
tnVatam  ist  eiae  poütiscke,  das  Tectigal  ciae  fiiisliinkilwhi  I^ 
IW  Reckt,  wakkea  der  Skamm  der  Zimiaei  aa  4tB  Tc 
das  easerilam  Tietame  kst. 


Ιϊΐβ  perep^oen  ÖÄUgememden  dee  romieclien  Reich  a*  551 

Da  dae  betreffende  recht  kleine  Sebiet  (500  paeeus  Radial- 
entfemung  vom  Caetell  aue)  nicht  das  Territoriiim  der  gena,  eon- 
dem  des  dem  Stamm  zur  Besatzung  nbergebenen  CaBtelln  ist, 
BD  bat  der  Ueufl  dea  terrttoriüm  caetelli  nicbte  mit  dem  Boden- 
recht  der  Gaugemeinde  ala  aolcher  zu  tbun.  Da  auf  ibrem  Acker 
vectigal  lautet,  muee  sie  ueufifructus  wie  jeder  poaaeesor  und  con- 
ductor  gebabt  baben.  Dagegen  batte  die  foderirte  autonome  Pro- 
vincialgemeinde  daa  Recht  des  habere  poeaidere,  welchem  die  fUr 
das  quiritarieobe  Eigenthum  übliche  Formel  *eorum  esse*  ent- 
epricbt  (Staaterecht  III  687).  Die  Verechiebungen,  welche  meh- 
rere afrikanieobe  Stämme  erlitteu  haben,  erklären  eicb  wobl  auch 
ao8  dieser  Hecbtaetellung,  aus  dem  Mangel  eigenen  Gebiets« 
Während  die  autonomen  Gemeinden  ihren  Boden  behalteUf  aind 
die  unterthiinigen  darin  völlig  von  Rom  abhängig.  Ihr  Territorium 
wird  ihnen  'aasignirt',  wie  wir  aaa  dem  Dokument  C.  VIII  8813 
eehen.  In  dieaem  Fall  haben  aie  ihre  alten  Sitze  eingehüast; 
aber  aneh  wenn  sie  bleiben  durften,  wie  ea  wohl  den  sardiachen 
Stämmen  zugestanden  worden  ist,  von  deren  Territorien  wir 
Kenntnias  haben  (a.  oben),  ao  datirt  dieses  Recht  an  den  alten 
Sitzen  erat  von  dem  Moment  der  Krlaubniaa,  das  alte  Land  be- 
halten ^u  können,  an.  Das  Besitzverhältniaa  iat  nicht  das  alte, 
sondern  ein  neues, 

Steuererhebung. 

Die  Steaer  der  untertbänigen  Gaue  wird,  soweit  hierüber 
Zeugnisae  vorliegen,  nicht  nach  den  Gauen,  sondern  nach  den 
Ortschaften  derselben,  den  oppida  oder  caatella,  erhohen:  vgl.  den 
oben  genannten  praef.  v€ctigal{i}  locand{o}  in  LXXXIII  cast€U{is) 
Africüc  (p.  549);  C.  III  388:  A.  LolUo  Fronimi  ....  civUates 
XXXXIIII  ex  provincia  Africa  quae  suh  m  censae  sunt,  Civitas 
ißt,  wie  geaagt,  der  technische  Name  der  etipendiären  Gemeinden 
Afrikae.  C.  νΠ463 :  at  census  mdpiendm  cimtatium  XXIIT .  * ,  Vas- 
coniim  ei  Vardulorum.  Weil  die  Steuer  auf  den  oppida  der  Gane 
ruht,  heissen  sie  oppida  stipendiaria;  'gens  stipendiaria'  kommt 
nie  vor.  Durch  diese  Ordnung  werden  die  Ortschaften  der  nicht- 
städtisch  geordneten  Unterthanengemeinden  auf  eine  Stufe  mit 
den  untertbänigen  Stadtgemeinden  im  Osten  gestellt  Sie  ist  ein 
recht  bezeichnendes  Zeugnisa  für  den  städtischen  Charakter  des 
römiachen  Reiche.  Zuglelob  ist  diese  Ordnung  der  Äuadrnck  des 
Fehlens  der  Autonomie.  Wie  für  die  römieche  Stadt,  so  wird 
auch  für  eine  föderirte  gallische  civitas  wohl  eine  eigene  Schätzung 


552  Scholtefl 

[censHar  civitatis  foed,  ltemor%tm;  exacior  trünäcrum  ehriiai.  Gd- 
l{iae)  (Dessan  2705);  dileetatari  per  Agmtamae  XI  popmioB  (Det- 
saa  1454)  bestellt  Da•  ist  weder  für  eine  Gaogemeinde,  noch 
fUr  eine  ibrer  Stftdte  (•ο  das•  diese  als  Trigerin  de•  Begriffes  der 
Gemeinde  Aingirt  h&tte)  ftbliob.  Der  exaetOr  fribuiurmm  im  Ed- 
\f{(BHis)]  (Inscr.  Gonf.  Helr.  178)^  ist  eine  Singdaritftt 

Die  Sebatiung  wird  meist,  wie  die  Beispiele  von  Yereini- 
gung  vieler  oppida  in  einem  Censnsbeiirk  bewviseBf  von  einer 
Centralstelle  ans  dureb  einen  Central  beamten,  den  pmtftdus^  be- 
sorgt Die  'magg.  q(oin)q(nennales)  kastelli*  (G.  VIII  9317  iwi- 
scben  Tipasa  und  Caesarea)  müssen  auf  eine  lokale  Sebatzng 
betogen  werden.  Wie  die  mnnicipale  Sebatsong  alle  Jahre  von 
den  m  'Qninqnennalen'  ernannten  II  viri  vorgenommen  wird,  so 
werden  die  magistri  castelli  die  castellani  geaeb&tit  nnd  die  Liste 
dem  praefectus  eingereicht  baben*. 

Organisation  der  Oaostaaten. 

Dass  die  Ortstbaften  (oppida,  eastella,  viei)  der  Gangemein- 
den erst  dnrcb  Rom  eine  Art  von  politischer  Funktion  erhalten 
haben,  iet  gesagt.  Der  Begriff  der  Gemeinde  bemhte  nicht  auf 
Beviilkerangscentren,  sondern  anf  dem  Volksgamen.  Ee  giebt 
aber  bei  einigen  Stämmen  noch  eine  EÜntheilnng  in  kleinere 
Kreise.  Von  C-aesar  wissen  wir,  dass  die  Helvetier  vier  pagi 
hatten  (b.  Gall.  1,  12).  £ine  Inschrift  best&tigt  nns,  data  pagi 
der  officielle  Xame  dieser  Staatstheile  ist  (oben  p.  532). 

Kine  ähnliche  Zusammen  sc  tinng  ist  kenntlich,  wenn  die 
gens  Zi>clanim  aus  pfmtüiUMies  besteht  ^.  504).  Da  der  Name 
p^rus  immer  den  Landbetirk,  in  der  Regel  sogar  den  der  Gaa- 
gemeinde  selbst^  bcceicbnet,  so  ist  gentilitas  eine  viel  paesendere 
Beieiciinung  fär  die  Sippschaften,  aus  denen  der  Stamm  besteht 
Für  den  Stamm  giebt   es  viele  Kamen.     Die  nichtstidtieehe  Ge- 


1  TW  ceucitor  BriUtmMm  Ammritmmmwm  (Bernau  ISS9)  gelmt 
nicht  hieriier.  denn  Rr.  AnaTi<vBeBse>  ist  nicht  eine  Gan-^  aoodstn  eins 
LcKialbemchnaiig. 

*  Wie  für  die  Tarhtorien  der  Castelic^  gab  et  anch  Inr  die  la* 
ssssier.  cinci  oMtr^^ti^oh«'»,  einet  ru  «^inem  Lager  gehongen  Ten  Um  im 
einr  brm'^nacrr  Scb&:;an|:.  An«irr»  ktuTi  man  dea  ' quinquennalis  terri- 
t^ru  Cupi^avonn»'  .<^>emsvods  in  Moo»is  infenor:  Axtsh.  E^  Hfti•  XIY 
(IS^V  p.  IT)  ntiii  drr.  dm  t.  VMunMLhiHmir  ,ΐΚ  ρ. 54)  aMA 
Vgl.  «bir  diese  Territorien  meinea  Anfsatt  im  Hirmes  Xlfcl^. 


hw  percgrinen  Gaagernolntlen  des  römischen  Eoiuba. 


mein  de  bezeichnet  pa^tis,  darin  liegt  iler  Mangel  eines  etiid  tischen 

PCentrunis  ^ 
Ala  politische  Gemeiiitle  heiwst  der  Gaa  cmias  und  poptUns 
•(Pliniue). 
gens  hat  die  politische  Terminologie  auf  den  Stamm  ange- 
wandt ^,  weil  er  wie  die  rümische  gens  auf  den  Familien  beruht. 
Zugleich  ist  damit  der  Mangel  einer  wirklichen  Gemeinde  aue- 
gedrückt.  Piinius  (V  17)  gebraucht  vielleicht  sogar  fumilia  in 
diesem  Sinne, 

fiatio  (έθνος)  ist  ein  ethnographischer  Begriff  und  bezeichnet 
techniflch  nicht  die  einzelne  Gaugemeinde,  ßondern  das  Volk,  zu 
dem  mehrere  Gaue  gehören*  Technisch  ist  also  ^natione  GaUus\ 
Thriix^  Eadm^  nicht  nnt,  Trevh\  Batavus,  Wenn  Pliniua  öfter 
von  pluria  nomina  eines  Volkes  redet»  so  meint  er  die  Gaue;  so 
N.  H.  III  47:  ρορηΓι  inalpini  muUis  nominibus]  IV  §  40:  Bes• 
sorum  viuUa  tiomina;  1V^106:  Textiandri  plurlhus  nmninibxis\  \\l 
135:  CtipUlatorum  plura  genera.  Piinius  piegt  Volk  und  Gau 
genau  zu  unterscbeiden.     Beispiele  sind  zahlreich  (ßloesicae  gentes 

»1111  3;  Gaciulac  {— Manrae)  gentes  V  17;  Vinddicm^um  gentes 
quatimr  III  135;  Raeü  et  Vindelici  omnes  in  tmütas  civitafcs 
divisi  (III  133  ußwj.  Die  ^lationes  VI  Gaetulkae^  der  Inschrift 
(C.  Τ  52G7)  sind  fünf  Stämme  (natitnes)  dee  Volke  der  Gaetuli. 
Ebenso  wird  'Numidae'  in  den  Inschriften  nicht  von  einer  gens, 
eondern  von  allen  gentes  der  natio  Numida  gebraucht,  ^  gens 
Ntimklarum'  in  der  Afteignationsinschrift  lat  daher  eine  gens  des 
Volk«  der  Numidae,  nicht  die  der  Humidae»  nicht  ein  Individual- 
name.  Ebenso  sind  aucli  die  Musidami  wohl  keine  Gemeinde.  Die 
Afri  {€i  cives  Romani  Sncnscs)  sind  irgend  welche  aus  Äfri, 
aus  den  gentileu  Bewohnern  von  Africa  proconsulariti  bestehende 


^  Yet  wandt  ist  terrftorium,  welches  mit  Vorliebe  auf  eolohe  Cor- 
porationen  angewandt  wird,  welche  nur  ein  Gebiet,  nicht  eine  Stadt- 
gemeinde  darstellen,  also  auf  die  Gutsbezirke,  die  territoria  legiouie,  usw. 
Das»  lerritorium  da«  einea  i>tädtiecben  Centruraa  entbehrende  Gebiet  ist, 
sseigt  am  besten  die  Termmologfie  der  lex  Rubria,  denn  die  Reibe  der 
verschiedenen  Kategorien  von  Gemeinden  bis  aum  conoiliabulum  und 
caetellum  hinab  sehlitefit  *lL'rntorinm\  Pamit  ist  alles  orachöpft  und 
fder  Fall  gesetzt,  dass  es  ein  TerrifAirium  ohne  jede  OrtHcliaft  gäbe. 

2  Vom  Sprachgebrauch  der  Scbrifteteller  ist  natürlich  bei  diesen 
itellungcn  abzusehen.  Pliniue  verwendet  grni  oft  für  natio  (so  ΠΙ 
r§  134:  'Lepnntios  et  Salaaeos  Tauriscae  gentit'),  da  für  ihn  civitas  die 
rGaugemeiude  i$L. 

ftbciu.  Iflui»  f,  FkiloL  N.  F.  U  3Ö 


554  Schulten 

Gemeinde,  wie  'conventus  CR.  et  iVtrmuiartfiii  qni  Maecnlnlae 
habitant'.  Bei  diesen  Doppelgemeinden  eollte  die  Kfttionalitit  der 
beiden  Theile  bezeichnet  werden;  die  cives  Romani  mnd  niclit  irgend- 
welche mnnicipes,  sondern  die  beyorzngteete  Klmsse  der  Reielii- 
bürger,  weshalb  dem  'cives  R.'  der  repnblikanisclien  Zeit  'Italid* 
entspricht.  In  anderen  Conventen  heissen  die  Peregrinen  poffom 
(Rapidenses,  Medelitani). 

Gemischte  Gemeinden. 

üeber  die  ans  römischen  Bürgern  und  ^pagani'  zaeammeii• 
gesetzten  Gemeinden  wird  hier  einiges  zn  sagen  sein. 

Wenn  in  den  autonomen  peregrinen  Gemeinden  dea  Reichs, 
seien  dies  nun  griechische  πόλεις  oder  auch  gallische  civitatee, 
die  römischen  Bürger,  welche  in  jenen  Gemeinden  sich  niedergelas- 
sen hatten,  sich  als  'conventus  civ.  Romanorum'  —  griechisch  oi 
συμττραγματευόμενοι  oder  κατοικουντες 'Ρωμαίοι  —  der  Gemebde 
anschlössen,  bildeten  sie  da,  wo  eine  solche  autonome  Gemeinde 
fehlte,  eine  Gemeinde  fiir  sich,  die  ich  im  Gegensatz  zn  jenen, 
wo  nicht  vorwiegend  städtischen,  so  doch  auf  eine  qnasimoni- 
cipale  Gemeinde  basirten  Conventen  als  ^  convenius  vicani*  be- 
zeichnet habe  ^.  Zu  diesen  Kategorien  gehören  z.  B.  die  im  'for- 
riicrium  Ugionis '  ansäesigeil  cives  Eomani.  £s  ist  nun  in  AMka 
üblich,  dass  die  römischen  Bürger,  welche  auf  dem  flachen  Lande 
ausserhalb  städtischer  Territorien  ansässig  waren,  die  Peregrinen 
der  Gegend  in  ihren  Convent  aufnahmen.  Wir  kennen  folgende 
Beispiele  : 

1)  Eph.  ep.  V  p.  363  (Masculula  in  der  Africa  procoa.):  divo 
Augusto  sacrum  conventus  civium  Romanomm  et  Nnmidamm  qui 
Mascululae  habitant. 

2)  Comptes  rendus  des  seances  de  TAc-Ademie  d*Hippone 
1S92  p.  39  Chaoch: 

C.  lulio  Maeandro  |  Socero  L•  Popili  Primi  |  Afri  et  civea  | 
Romani  Suenses  I  ob  meritum  d.  d.  |j 

Afri  sind  die  Peregrinen  der  Africa  proconralaris,  vgL 
C.  VIII  14364 :  civitas  Uccuba  decreto  Afrorum  posnit. 

Die  cives  Romani  dieser  beiden  Inschriften  aind  offenbar 
Civilisten,  wohl  Ackerbauer.  Es  giebt  aber  auch  Convente  ans 
Veteranen  und  Peregrinen. 

3)  Eph.  ep.  V  p.  459  und  561  ans  Rapidnm  (Manret.  Caesar.) 


^  de  oonventibut  dv.  Rom.  Berlin  1892. 


hie  peregrinen  Gaui^emrinden  tlcs  römiecberi  Reicli»,  »55 

vro  ein  Lager  war,  tlie  Gemeinde  ist  aleo  eine  caDabensißcbe : 
.  .  .  veterani  et  pagani  con^istentee  apid  Rapidum.  consislentes 
apud  ist  die  teehtiische  Bezeicbnung  der  bei  einem  Standlager 
eich  bildenden  canabensificlieii  Gemeinden ;  vgl,  veterani  et  citm  Rotn. 
consisientes  ad  leg.  II  Ad  in  Aquincum ;  im  Ausdruck  cansisie^i- 
ies  ad  mnabas  kq,  V  (Troesmie)  ist  οαηίώα3  irrthtimlich  ϊο gefügt, 
4)  C,  VIII  885:  , . ,  ex  decreto  paganor(iiin)  pagi  Mercurialie 
(et)  vöteranorum  MedelitanorEm,     Offenbar  ist  et  einznscbieben  *. 


^  Von  solcben  Doppelgemeinden  giebt  es  in  Afrika  nach  eine 
andere  ICati^gorie,  die  als  '  pagifB  et  civitas^  bezeichneten  Gememden. 
Wir  keimen  diese  Form  boi  Tbugga,  Tbiguica,  Agbia,  Thuburaicam» 
vier  benacbbftrten  Orion,  ferner  'p.  et  c.  Numiulitana'  (oben  p,  549); 
et^'äe  ubuliclies  liegt  vor,  wenn  die  magistri  in  Phna  (b.  Cirta)  bald 
mag.  j^agit  bald  vmg.  caHtelU  beisBen.  pagm  ci  civitas  sind  aber  nicbt 
eowob]  eine  Gemeinde  als  eine  Combinstion  von  xwcien  {utraque  par$ 
dvitaih  J'kigiticetisis ι  Wilin.2344)r  da  jeder  Theil  meinen  Gemeinderath 
(' utriusque  ortiinis*,  Wilm.  2ΜΊ)  hat.  Wie  ditti^,  so  verschmelaen  anch 
die  peregrinen  und  römiecbcn  Bürger  ßpäter  zu  municipee  oder  colonij 
i]a  die  Bürgursckaft  der  »tädtiachen  Gemeinde  nothwendig  eine  Einheit 
bildet.  Wenn  auf  italischem  Boden  Alt-  nnd  Neubürger  zuweilen  ge* 
schieden  Rind,  m  sind  das  nicht  zwei  Gemeinden,  sondern  swei  Stände, 
wie  urBprünglich  populti^  und  plrbes  in  Rom  geschieden  sind.  Diese 
Bildungen  rührfn  davon  her^  daaa  die  Aiibürger  der  von  Rom  unter- 
worfeiieu  Gemeinde  bei  der  Umwandlung  ihrer  Stadt  in  eine  Gemeinde 
HoniH  in  den  Municipalverband  als  Bürger  minderen  Rechts  aufgenom* 
I  men  werden.  Solche  Falle  sind  bekannt  in  Cluaium :  Chtsini  veteres 
et  nmi  (Plmius  N.  H.  111  §  Γι2);  Volaterrae  (Cicero  ad  Att.  I  19,  4); 
Parentium  C.  V  .135:  patronus  cohn,  lul  Parent  curiaUis)  t>cter{um) 
Par(enUtiorum);  Ferentinum:  '  Ferentini  novanC  (C,  X  5825»  5828); 
Nola:  C.X  1273;  decurio  adUctus  ex  veterüjus  Nolanis',  Arretium:  de^ 
j  cufioneA  ArreUnorum  veterum  (CXI  1849),  vgl,  Pün,  lU  §53:  'Arretini 
^^i>eia*ee,  Arretmi  Fidentiorcst  Arretini  laliettses'.  Es  ist  »ehr  wohl 
^■Snöglicb,  daae  die  'pagnni  pagi  FeUcis  Suburbam  von  Pompei  die  alten 
^"-Ponipeianer  sind,  welche  bei  Constitnirung  der  Cktlonie  Pompei  durch 
Sulla  als  pagane  Gemeinde  organieirt  wurden  (0.  X,  p*  89),  Später 
scheint  diese  poUtiscbe  Bcheidung  beseitigt  und  die  magistri  jenes 
pagus  in  ein  '  ministe ri um  Augnati'  in  sacrale  Vorsteher  für  den  Kai- 
terkult  verwandelt  zu  sein  nach  dem  bekannten  Gebrauch,  dass  eine 
I        ftle  sokhti  beseitigte  Gemeinde  als  KultgenDssenachaft  fortbeatebt. 

Dass  die  Altbürger^  die  Bürger  der  unterworfenen  Gemeinde,  xu 
der  municipalen  Gemeinde  gehörten^  beweist  der  Aatheil  am  Gemeinde- 
rath. Nur  als  Stand  wurden  die  'vetorea*  unterschieden^  und  die  aus 
ihnen  genommenen  Decurionen  sind  'dccurionea  veterum'.  Eine  ähn- 
liche Scheidung  besieht  in  jeder  latintsohen  Stadt  swischen  den  Latini 


550  Schulten 

Hiermit  soll  die  Uutersuchung  über  die  nicht  stidtitchei 
Gemeinden  des  rümischen  Reiche  abgeechloseen  werden. 

Wenn  eine  jede  Untersnchung  auf  dem  Gebiet  der  Verwil- 
tang  der  römischen  Provinzen  ein  bestimmtes  Yerwaltnngsprincip 
überall  erkennen  läset,  so  ist  diese  geeignet  eine  weitere  Per- 
spective zu  eröffnen.  Die  Geschichte  des  römischen  Heichs  ist 
eine  fortwährende  Erweiterung  de•  Reichsgedankens.  Am  Anfao^ 
der  römischen  Geschichte  steht  die  Stadt  Rom.  Die  Uearpation 
der  Hegemonie  über  das  namen  Latinum  führt  zu  dem  Bund  aller 
latinischen  Städte  unter  Rom,  die  Unterwerfung  des  übrigen  Ita- 
liens erweitert  das  nomen  Latinum  zu  dem  Begriff  des  'nomen 
Italicnm',  aus  dem  in  Folge  der  gewaltigen  Reaktion  der  Italiker 
gegen  die  tyrannische  Roma  das  einen  Complex  von  autonomen 
Stadtgemeinden  darstellende  Italien  wird.  Die  städtische  Besied- 
lung der  Provinzen  erweitert  diese  Föderation  zu  dem  den  gan- 
zen Erdkreis  umfassenden  Städtebund,  dessen  caput  die  Stadt 
Rom,  einst  die  einzige  Stadt  ist.  Nach  der  Aufnahme  der  nach 
Kriegsrecht  behandelten  Gemeinden,  der  dedUicüj  bilden  das  Reich 
nicht  mehr  allein  die  mit  Rom  fuderirten  Gemeinden,  sondern  alle 
Unterthanen,  wess  Rechts  auch  immer  die  einzelne  Gemeinde  seL 
Mit  diesem  weiten  Begriff  der  Reichszugehörigkeit  ist  denn  auch 
die  Aufnahme  nichtstädtischer  Gemeinden  vereinbar.  Immer  loser 
wird  der  Reichsverband  und  schliesslich  werden  in  das  Reich 
aufgenommen  barbarische  Völker,  mit  denen  Rom  auf  dem  Kriegs- 
fusB  nicht  fertig  werden  kann.  Welcher  Unterschied  zwischen 
diesen  'foederati'  und  denen  des  augusteischen  Reichs!  Weniger 
die  Durchsetzung  des  römischen  Städtereichs  mit  disparaten  Kiemen- 
ten, als  die  Umwandlung  des  Reichs  in  eine  Domäne  des  'do- 
minus et  deus*  hat  die  Stadt  Rom  von  ihrer  lange  behaupteten 
Höhe  hinabgestossen,  hat  sie  zu  einer  von  tausend  nur  zu 
Steuerzwecken  und  anderen  Lasten  erhaltenen  Städten  gemacht 
An  Stelle  des  starken,  auf  einen  Bund  vieler  autonomen  Mnnici- 
pien  gegründeten  Reichs  war  die  Person  des  Kaisers  getreten. 
War  sie  nicht  im  Stande,  dem  Stürmen  der  andringenden  Bar- 
baren zu  trotzen,   das  Reich  als  solches   hatte  keine  Kraft  mehr 


und  den  cives  Bomani,  d.  h.  den  durch  ein  Amt  zum  römischen  Burger« 
recht  gelaugten  Bürgern.  Die  'decuriones  cives  Romani'  in  Thisiduo 
werden  Ton  den  'municipes  ThisidueDses*  unterschieden  (G.  VIII  13188). 
Hier  muss  das  *maiu9  Latiam*  gegolten  und  schon  die  zum  Oemeinde- 
rath  gdangten  Latiner  römische  Bürger  geworden  sein  (Ghuns  I  96). 


Die  peregrinen  Gangemeinden  des  röiniecheD  Reichs.  557 

nnd  die  ünfabigkeit  der  letzten  Kaiser,  mit  ihrer  Pereon  das  zu 
leisten,  was  ehedem  eine  Legion  starker  Gemeinden  geleistet  hatte, 
brachte  den  grossen  Zusammenbrach,  durch  den  an  die  Stelle  der 
römischen  auf  die  Stadt  basirten  Welt,  die  der  barbarischen 
Völker  trat.  Die  getUeSj  an  denen  einst  der  Begriff  des  nieder- 
sten TJnterthans  der  Stadt  Rom  haftete,  hatten  über  die  urbs 
gesiegt. 

Berlin.  Adolf  Schulten. 


Ν  achtrag 
zu  p.  493. 

Leider  konnte  ich,  da  die  Correctur  der  Abhandlung  auf 
einer  griechischen  Reise  erledigt  werden  musste,  den  eben  in 
den  Studi  Storici  erschienenen  Aufsatz  von  £.  Pais  über  die  Or- 
ganisation der  peregrinen  Gemeinden  in  Sardinien  uud  Corsica 
nicht  benutzen. 


558  Ribbeok 


Antikritische  Streifzüge. 


II. 

Neues  über  die  Dirae  hab'  ich  nicht  gerade  za  sagen,  nur 
Einiges  über  Neues  und  Neuere. 

Wir  sind  kürzlich  belehrt  worden  ^,  Ovid  verrathe  Bekannt- 
schaft mit  den  Dirae,  wenn  er  (amor.  III  7,  31  ff.)  von  der  Kraft 
magischer  carmina  sage:  'carmine  laesa  Ceres  sterilem  vanescit 
in  herbam :  Deficiunt  laesi  carmine  fontis  aquae  ^ :  Ilioibus  glandee 
cantataque  vitibus  uya  Decidit,  et  nuUo  poma  movente  flaunt'. 
Die  Eicheln  sucht  man  in  der  Vorlage  freilich  vergebens,  auch 
muss  der  Dichter  seine  Kunde  von  der  Wirkung  der  Flüche  wohl 
aus  einem  alten  Scholion  geschöpft  haben.  Sollte  Ovid  nicht 
von  andern,  wirklich  angewendeten,  volksmässigen,  nicht  lit- 
terariscben  carmina  gewusst  haben,  vielleicht  ebenso  alten  als 
die  in  den  zwölf  Tafeln  verbotenen,  die  'fruges  excantabant'? 
Denn  dass  der  Verfasser  der  Dirae  sie  erfunden,  auch  niemand 
seitdem  sie  wieder  angewendet  habe,  wird  man  doch  nicht  behaupten. 
Dass  aber  die  Dirae  älter  als  Ovid  sind,  wird  dem  scharfsichtigen 
Forscher  ohnehin  jeder  glauben,  namentlich  auch  die,  welche  sich 
noch  immer  das  ^wohlfeile,  aber  für  die  Forschung  gleichgültige 
Vergnügen^  machen,  den  Verfasser  Valerius  Cato  zu  nennen. 
Fraglicher  ist   der   terminus   post  quem.     Aber  Benutzung  Ver- 


^  Vgl.  Reitzenstein :  Drei  Vermuthungen  zur  Geschichte  der  rö- 
mischen Litteratur  S.  32  ff.  in  der  Festschrift  zu  Th.  Mommsens  fünfzig- 
jährigem Doctorjubilftum  (1893). 

^  Ovid  zu  Liebe  soll  der  Dichter  auch  V.  13  geschrieben  haben: 
'ipaae  non  silvae  frondts^  non  flumina  fönt  es'  (parturiant),  nicht  montes, 
obwohl  doch  Flüsse  wie  Quellen  auf  den  Bergen  entspringen.  Aber 
'schon  das*  soll  die  Richtigkeit  der  Aenderung  verbürgen,  dass  der 
Fluch  V.  18  positiv  wiederholt  werde:  '  desint  et  ailvis  frondes  et  fon- 
tibu8umor\  Pedantische  Gleichmacherei  ohne  Verständniss  der  Nuancen 


Äntikritiache  Streifziige. 


559 


giliecber  Eklogen  wird  mit  Zuversicht  behauptet.  Wenn  Her 
(eoL  5,  44)  Daphnie  'formonm  pecoris  custos^  formonsiar  ipse* 
genannt  wird,  eo  soll  in  V,  32  der  Dirae  *eine  ungeschickte 
Nachahmung'  vorliegen.  Der  Wald  wird  unter  dem  Beil  des 
fremden  Soldaten  fallen:  'formosaeque  cadent  ί4/ηώταϋ^  fotinosior 
Ulis  ipsa  cades*  *»  Den  Nachweis  konnte  man  längst  ia  meiner 
Ausgabe  finden.  Aber  wer  bürgt  dafür,  dass  Yergil  es  geweaen 
ist,  der  die  Steigerung  ^formmm  —  formonsiar  erfunden  hat  ? 
dass  er  nicht  wie  so  oft  ein  illteres  Muster  glücklich  verwendet 
und  eigeuthümlich  umgeprägt  bat?  dass  nicht  beiden  Dichtern  eine 
Originalstelle  vorschwebte?  Mit  bewunderns weither  Sorglosig- 
keit setzt  man  sich  über  die  Trnmmerhaftigkeit  unserer  Litteratur- 
reste  hinweg,  und  wo  zwei  zufällig  erhaltenen  eine  Aehnlichkeit 
abgeguckt  oder  angeeonnen  werden  kann,  ist  man  mit  der  Ab- 
hängigkeit des  einen  vom  anderen  sofort  bei  der  Hand,  ohne  zu 
bedenken^  dass  ähnliche  Situationen  und  Stoffe,  z.  B.  ein  in  Folge 
des  Bürgerkriegee  von  seinem  Felde  durch  Soläaten  vertriebener 
Hirt,  der  in  bitterem  GrolJ  mit  seiner  Herde  von  dannen  zieht^ 
,  von  selbst  ähnliche  Gedanken,  Bilder,  Auedrücke  hervorrufen 
nüsBe.  Aber  über  Auffassungen  solcher  Art  zn  streiten  ist  ein 
eitles  Bemühen:  der  eine  ^ empfindet^  feine  Beziehungen,  wo  der 
andre  sein  stumpfes  Organ  vergeblich  anstrengt.  So  will  ich 
nur,  obwohl  zaghaft,  gestehen,  dass  mir  die  'herbe  Ironie'  durch- 
aus unverständlich  ist,  welche  gleich  der  erste  Vers  der  Dirae: 
^  cycneas  rcpetamus  carmine  voces*  atbmen  soll  gegenüber  der 
Verheissnng  Yergile  (ecl.  9,  29),  den  Namen  des  Varns,  wenn 
er  Mantua  rette,  sollten  Schwäne  singend  zu  den  Sternen  tragen 
(*  cantantes  sublime  ferent  ad  sidera  cycni  ).  Ich  beruhigte  mich 
bisher  bei  der  bekannten  Voretellung  der  Alten,  dass  die  Schwäne, 
die  Vögel  des  Apollo,  vor  ihrem  Ende  ein  prophetisches  Lied 
singen  und  nach  dieser  Analogie  die  Verwünschungen  des  um 
sein  Lebensglück  gebrachten,  von  Hans  und  Flur  vertriebenen 
*cycneae  voces'  genannt  werden.  Der  *eehmiegeame  Mantuaner* 
dag'^gen  hat  doch  nur  Dank  versprochen  und  erstattet  für  Wohl- 


*  üebrigena:  was  iet  eigentlich  ungeschickt  an  dieser  Steigerung 
*fofwosüc^formo8ior?'  Konnten  nicht  die  stolzen  alten  Stimme  mit 
ihrem  Geaat,  der  eigentliche  Körper  des  Waldes,  der  ihm  Form  und 
Gestalt  im  wahren  Sinn  des  Wortes  giebt,  dem  Landmaun  noch  form- 
voller erecheinen  als  das  lockere  Laubwerk?  und  vor  Allem  mehr  am 
Herzen  liegen? 


560  Ribbeek 

tliaten:  ein  Lied,  wie  es  der  dircäiscbe  Scbwan  singt,  tendit  qm- 
tiem  in  altes  nnbinm  tractns. 

Mit  stAQcender  ü*berra«cbüL?  lesen  wir,  dass  der  rertrie- 
li«ne  Bauer  den  spartacifchen  Ge^etzzeber  LjtrurfftfS  kenn: 
(V.  8i  und  freilich  in  sehr  verworrener  Yomellnng  dessen  ge- 
setzliche yeaordnong  de«  Gnindhe^itzes  far  ais  verwerÄiehe  Vor- 
bild der  brutalen  Beranlsne^n  hält,  deren  Opfer  er  selbst  ge- 
werden ist:  dass  er  dem  Machthaber  Octavianns  ein  Brandmal 
anfzopragen  glaubt  durch  Gl^ich«etz3ng  mit  jenem  sonst  als  Tjpns 
der  Gerechtigkeit  und  Sittenstrenge  *  gepriesenen  StAatsordner. 
Vielleicht  werden  wir  auch  ar£rew:e*en  'kospitem  Ljcurgo  crc- 
deliorem'  bei  Petron  83  für  den  spartanischen  Gesetzgeber  za 
halten.  Um  den  yerkehrten  Vergleich  etwas  einzurenken,  wird 
er  für  ironisch  erklart,  obwohl  keine  Spür  davon  in  der  Färbung 
der  Werte  zu  erkennen  ist.  Was  aber  verbietet  an  die  facta 
impia  des  wüthe^den  Thrakers,  des  Rebenvertilgers  zu  denken? 
was  hindert  diese  Anrede  auf  den  miles  zu  beziehen,  dessen 
'impia  dextera'  den  Wald  fillen  wird  1 31),  oder  meinetwegen 
auch  auf  den.  auf  dessen  Befehl  es  geschieht?  Weil  man  mit 
der  Deutung  der  Worte  ^wumtibMS  et  silris  diram  /na  facta,  Lf- 
curge,  tmpia*  nicht  zurecht  kommt.  Freilich  die  Erklärung:  'ich 
will  Bergen  und  Wäldern  mit  Worten  deine  ruchlosen  Thaten 
anthun  richtet  sich  selbst.  Aber  die  einfachste  Deutung  von 
ducam  'ich  will  verkünden'  genügt.  Dies  geschieht  nicht  so- 
wohl durch  die  folgenden  Fläche  als  durch  die  Wiederholung 
derselben  und  die  damit  verknüpfte  Klage.  Wenn  auch  Lycurgns 
nach  der  Sage  vornehmlich  die  Rebe,  das  kostlichste  Gewichs 
des  Bacchus,  vertilgt,  so  kann  sein  verhasster  Name  dem  Bauer 
allgemeiner  für  den  rohen  Feind  der  Vegetation,  den  Zerstörer 
alles  Wachsthums  und  Fruchtsegens  in  der  Natur  gelten.  Mit 
diesem  Namen  nennt  der  vertriebene  als  Diener  und  Schfitiüng 
des  ländlichen  Gottes  seinen  Feind. 

Persönliche,  d.  h.  auf  ein  bestimmtes  Individuum  gerichtete 
Invective  vermag  ich  nirgends  in  dem  Gedicht  zu  erkennen, 
auch  keinen  politischen  Ausfall,  der  über  die  engen  Grenzen  des 
gegebenen  Falles  hinausreichte.  Mit  sichrem  Stilgefühl  hat  der 
Dichter  sich  streng  im  Gesichtskreis  des  Bauern  gehalten. 

Aber  derselbe,    der    nach   neuester  Anschauung  die  Person 


1  Uebrigens  ist  bei  Piaatos  Bacch.  111,   Cicero  ad  Att  I  13,  3, 
Ammian  £ΐ,  9.  30^  39  vielmehr  der  Redner  gemeint 


Antikritieclie  Streifzüge. 


561 


\ 


dee  Herrschers  iu  einer  'überaus  gehäeeigen  und  gefährlichen 
Weiee'  angreift,  Boll  doch  in  weieer  Yorsicht,  um  *  nicht  durch 
die  Nennung  eeiner  Heimatli  die  eigene  Person  zu  verrathen', 
mit  den  Anfangaworten  seiner  Verwünschungen  ^  Trinacriae 
sterilescanf  gaKdia  robis  (9)  das  Local  nach  SicÜien  verlegt  haben. 
Zwar  ist  von  Ackeranweisungen  dort  nichts  bekannt,  aber  bereit- 
willig wird  die  Müglitihkeit  derselben  angenommen.  Da  aber 
im  folgenden  nicht  die  geringste  Andeutung  davon  weiter  zu 
finden  ist,  empfiehlt  sich  doch  wohl  Trinacriae  gaudia  lieber 
metaphorisch  oder  hyperbolisch  zu  fassen:  dem  sprüch wörtlichen 
Wohlleben  Siciliens  f  Siculae  dapes  Hon  carm,  III  1,  18  und 
die  ErkL)  glich  das  Behagen,  in  welchem  der  Besitzer  dieser  ^felicia 
rura'  bisher  geschwelgt  hatte.  Freilich  erschallt  von  anderer 
Seite*  ein  Machtspruch :  'hoc  nullis  interpretandi  artifioüs  ita  ex• 
plicari  poterit,  ut  non  de  praedio  in  ipsa  Sicilia  inanla  sito  aga- 
tur.'  Da  hat  eben  das  Dispotiren  und  Argumentiren  wieder  ein- 
mal ein  Ende.  Ohne  einen  Cirkelschluss  lässt  sich  jene  Auf* 
fassnng,  dass  Sicilien  der  Schauplatz  sei,  nicht  durchfechten. 

F,  15  erfordert  der  Fluch  '^effetas  -^  condatis  avenas 
unbedingt  einen  Vocativ  der  Anrede,  denn  nirgends  wendet  sich 
der  Dichter  in  so  unbestimmter  Form  an  eine  Mehrheit  von  Ein> 
dringlingen.  Eben  noch  las  man  Lifcurgt  8,  und  nun  soll  cow- 
daiis  ins  Blaue  hinein  gerufen  sein?  Angeredet  werden  im  Fol- 
genden (ausser  Battarus)  der  Wald  27,  Lydia  40  (95.  101?}, 
die  Wellen  48,  die  Küsten  49,  Neptun  63,  die  Flüsse  67,  die 
Aecker  82,  die  Felder  und  das  Gut  89  (95),  die  Ziegen  91,  der 
Bock  93.  Hieraus  ergiebt  sich  hoffentlich  die  Noth wendigkeit 
mit  den  *  Humanisten'  *  Cereris  sulci  statt  stdcis  zu  Bchreihen.  Da 
in  den  Furchen  des  Ackers  das  Getreide  aufwächst,  so  gehört 
ihnen  eben  die  Ernte  und  von  ihnen  zunächst  wird  sie  geborgen, 
ehe  sie  in  die  Scheuern  kommt.  Dagegen  ist  es  widersinnig  zu 
tagen,  dass  Bauern  ihre  Ernte  in  Ackerfurchen  bergen  sollen. 
8o  wenig  Latein  aber  verstand  der  Yerfaseer  gewiss  nioht^  dass 
er  das  Unmö gliche  ^stdcis  comiatis*  für  de  oder  eje  stdcis  sich  er- 
laubt hätte;  eine  Ausdrucks  weise,  die  das  einfach  verstund  liehe 
^condatis  avenas'  nur  verdunkelt  und  belastet  hätte.  Also  mit 
dem  Vergilischen  Vorbilde  ecL  V.  37  f  grandia  saepe  quibus  man- 
davimus  hordea  sulcis,  infelix  loliuni  et  steriles  naseuntur  avenae') 
und  seiner  verkehrten  Anwendung  ist  es  nichts. 


^  Hothetein  Hermes  23,  51 L 


562  Ribbeck 

Jedem  bekannt  ist  die  poetieehe  Wendung,  dm••  Empfin- 
dungen oder  Worte,  die  der  Vergessenheit  anheimfiileB  oder 
nnbeachtet  bleiben  sollen,  den  Winden  überlmeaen  werden,  die 
•ie  ins  Meer  tragen.  Aber  nnerbürt  ist,  daet  Wnnacbe,  die  Keptu 
unmittelbar  vorgetragen  sind,  unerfullt  bleiben  sollen•  weam  es 
*den  Lüften  Neptuns  eingegossen*  werden^:  *si  mumms  hmee,  Sep- 
hmCy  tmis  infmndimus  auris*  (63),  denn  so  stebt  ja  freilick  ge- 
schrieben. Aber  wer  eine  Zeile  weiter  liest,  miss  doch  aaf 
die  Gegenüberstellung  der  Anreden  'XeptMne^  und  'Bauart* 
stoesen  und  auf  den  Gegensati  der  Weisung  'flmminibus  tu 
nosircs  trade  dcJcrts*  in  der  an  den  Meeresbeherrscher  genchtcte• 
Bitte.  Die  beiden  Ver«e  dürfen  also  nimmermelir  «OTriBaader- 
gerissen  werden.  £in  Anderer,  dem  das  überlicüerte  /mu  gkich- 
fidls  am  Herzen  liteu  giebi  dafür  'auris'  auf  mnd  luden  als 
*  unvermeidlich* :  ^  mmHS  kaet.  Xeptiisf,  tais  imfamiimmt  «itdfi**• 
als  ob  der  Alte  des:  Xeptun  dabei  zur  Hasd  giage.  «nd  das 
Werk  i^ren  vereintes  Kräften  missiicge::  koante.  Gaaz  grotesk 
:s:  ein  ancerer  Einfall  ':  'luis  infuciim^s  arris*  'sixmst  da, 
NepULS.  a:if  cei^e  Geilie  die  deinem  zu  sehünai'•  wikrend  es 
deck  V.  50  hieüs:  "nirre:  Nejrur-s  in  arva  flacsib«•'.  Was  α 
wollte,  rrauclte  er  z.kzh  ies  krii^i^«^  Fltcbes,  die  vor^ogc^ou 
ar«rt&ixf4  riet:  xz  wieierlcler.  AuesesMx  iss  alkni  die  A»r 
luise«  ia»  XerTxz  £ie  Bin*  ^c^i  eriJrem  tiiftt:  'β 
kkaec«  NeT-Txze.  rthss  M/vhinkZii  oiiris'.  Tifähck 
BnTcc•  ixfLi:iesü  verb^  zsxs  e»^:  i«Cie^L  Aber  Cko«  «ckrdbt 
*.xi  beiixitl::!:  izirL^iere  ir  axr**  tia»  zTtsxmm'  -^e  «r.  Π 
^7.  ^:o,  ui  aai  wiri  £c•:!  χ:ιϊ:  :*iaxjcex  war-fg  £•■•  die 
AxiCasfxxr  if:  ?riTC*:r.;r  rLiLÜ  £«3ΐ  Iniiier  ic:«t-kn  war. 
I^f«  TT.fcT  £:.:i  *:e*  IxrrtJ  I  11"  ai  τ*:χ£ί»  a2:iat  ciili'u»  a- 
Kjx-i:  «'  i.i»£  II  l£i^  Ziks^z  li  tj-ltl  zt  a£T-cr5ere  Tiar  «e  tar- 
7«:ra*  X2»£  iii  ?ir^»  £»  Τ',ΛΧτυ-  '^,  Τ  Γ  'xic  ζτΛΕπψιΙααχ  qimm 
jüLSL  izütXL^  TttLi  ZTX '  τ-:α  £fa  tll'  ttu.^  s^rruL  jewKtz  ^-•■'ρ^*•'.η^« 

Frfcb:!  iras  1ιτ«^ΐ-ΐ^α  :;ic.  w&m  x3i£  ■rraaHiifnfttt  tSJäm 
ix  ftxTi  S-fifiic^LiJiCL•.  lifi^fCJir  -3γ^φ:τ  ilsss  suo.  τ'μπ.  tiiiMim 
AirLix^r  f-T-fa  rraautusMirfa  >:J.x-rssKr  -rxirwirfet   '■iism^   wel 


Antikritische  Streifzüge. 


Btt 


I 


I 


iofidemus  überüefert  iet.  Dann  hat  wolil  auch  Yergü  'rem 
grammaticam  parum  anxie  quaeeivit*,  wenn  er  eol.  I  26  sohneb: 
'  caiididior  poetquam  iondenti  barba  cadebat'  oder  Varro  r,  r.  I  37 
a  patre  aooeptum  eeryo,  ni  deecendente  luna  tonäens  calvue  fiam' 
oder  Sueton,  wenn  er  von  August  (79)  erzählt:  Vin  capite  comendo 
tarn  iBCErioeufl,  ut  raptim  complunbns  simnl  toneoribue  operam 
daret»  ac  modo  tmideret  modo  räderet  barbara*  und  was  eonet 
Lexica  und  Cotninentare  noch  bieten  mögen.  In  den  Birae  wird 
die  zweite  Person  des  Verbums  deutlich  durch  'iactabis'  im  foi• 
geuden  Yeree  (29)  gefordert.  Der  Sänger  hält  das  Bild  fest, 
indem  er  hinzufügt  ^nec  laeta  comantis  iac{ahis\  nämlich  utnbrc^ 
als  lustig  äatterndee  und  auf  dem  Boden  flimmemdee  Locken- 
haar  gedacht,  und  dieses  BiM  entsteht  *moUis  remnos  Inftantibus 
emris*.  Die  Neueren  freilioh,  die  tmdemus  (oder  gar  tundemiis!) 
durch  Verseinecbaltung  oder  mit  der  aonderbaren  Vorstellung 
retten  wollen,  dass  der  Dichter  eelbst  das  Laub  abstreife  und 
damit  dem  Beil  des  Soldaten  vorarbeite,  wiesen  sich  in  der  Con- 
struction  nicht  zurecht  zu  linden.  Daes  Gefalltwerden  und  Yeriust 
des  Laubes  zusammenfällt,  geht  ja  hervor  aus  der  Wiederholung 
V.  32  ^formosaeque  cmlent  *  umbrae\  woran  sich  naturgemase 
echlieeet  *formo8ior  Ulis  ipsa  cades\  wie  die  Handschriften 
haben,  nicht  cadet.  Denn  in  dritter  Person  wird  erst  im  Fol- 
genden (35)  vom  Walde  gesprochen,  wo  das  himmlische  Feuer 
auf  ihn  herabgerufen  wird.  Wie  Einer  das  Vlächerlioh'  finden 
kann,  versteh*  ich  so  wenig  als  die  angebliche  Besserung:  ab- 
streife ich  also  jetzt  dein  Laub'  (tondemus:  nämlich  durch  meinen 
Fluch,  aber  wo  denn  ?) ;  '  dann  freilich  (ium)  wird  der  Soldat  dich 
niederschlageu':  nun?  und  weiter?  'formosaeque  cadent  umbrae\ 
Also  das  schon  abgestreifte  Laub  soll  noch  einmal  fallen?  nein, 
sondern  'natürlich^  um  das  Lieblingswort  (auf  einer  Seite  drei- 
mal!) dieses  Neueren  zu  braucheo,  bedeutet  'umbrae*  nun  auf 
einmal  Aeste,  und  zwar  entlaubte^  was  beileibe  nicht  lächerlich  ist 
Was  es  für  eine  echöue  Sache  um  die  Grammatik  ist,  lehrt 
V.  25  (47):  *$ic  prccor  et  nostris  supermt  kmc  carmina  voiis*. 
Wer  sich  au  Vergile  Wort  Aen.  11  642  'caplae  superavirnus  mrbi' 


1  UnergründHch  in  ihrer  Absicht  ist  die  Feinheit  des  Doppel- 
sinnesi  welcheti  jemand  hier  entdeckt  hat;  der  Dichter  soll  zugleich 
an  das  natürliche  Sinken  des  Sohattcns  und  an  die  gefällten  Aeate 
denken.  Ich  hofTe,  eine  eolche  Geschmacklosigkeit  lag  ihm  fern  wie 
der  Gedanke  daran  dem  Leser,  der  seine  Stimmung  theilt. 


564  Ribbeok 

eriDDert,  wird  rafis  als  Dativ  (nicht  Ablativ)  faeeen  und  nicht 
zweifeln,  dass  der  Sänger  eeinen  Vemen,  in  welchen  die  vota 
enthalten  sind,  wünscht,  sie  möchten  die  eben  gesungenen  vota 
ttberdanern,  d.  h.  durch  ihre  Fortdaner  auch  diese  im  Gedächt- 
niss  erhalten,  wie  gleich  darauf  V.  30  mit  Zuversicht  verheisst: 
^hoc  mihi  saepe  mewn  resonabit,  Battare,  Carmen  ,  wo  die  Neueren 
freilich  mit  verständnieeloser  Willkür  *  resonavif  verlangen•  Der 
erw&hnte  Anf&nger  dagegen  findet,  dase  Näke's  Erklärung  (^su- 
peret  hoc  carmen  vota  mea*)  ^grammaticam  neglegit^  und  dass 
meine  Anffassung  'a  loci  sententia  valde  abhorret\  Dafür  über- 
setzt er  (und  erfreut  sich  der  Beietimmung  eines  Sp&teren):  'also 
fleh*  ich  und  dass  dies  lied  dem  flehen  genüge',  was  schwerlich 
jemand  verstehen  würde,  wenn  nicht  die  Paraphrase  des  Com- 
mentars  Mn  fülle  mögen  diese  lieder  unseren  wünschen  zu  ge- 
böte stehen*  zu  Hülfe  käme.  Vernünftiger  lautete  doeh  der  Schluss 
der  vorhergehenden  Strophe  V.  19  *  nee  desii  nostris  dewrium 
Carmen  avenis  ,  Wohl  konnte  der  Sänger  wünschen,  dass  sein 
Organ  (avenae)  nie  anfhören  möge  das  Fluohlied  ertönen  zu 
lassen,  aber  'diefte'  (eben  gesungenen)  Lieder  können  den  vota 
nicht  mehr  zu  Gebote  stehn,  als  eben  geschieht;  sie  können 
nicht  mehr  leisten,  als  sie  eben  leisten.  Und  darum  ist  ein 
solcher  Wunsch  abgeschmackt. 

Mit  noch  zwei  Proben  der  heute  beliebten  Interpretation 
und  Kritik  will  ich  diese  nicht  erschöpfende  Ueberschau  schliessen. 

Dass  auf  überschwemmten  Feldern  die  Gewässer  sich  'dt/- 
fuso  gurgiie"  (77)  ausbreiten  und  stehende  Lachen  (^stagna*)  zu- 
rücklassen, weiss  jeder.  Sümpfe  dagegen  pflegen  keinen  Strudel 
zu  bilden.  Dennoch  wagt  der  neuste  Kritiker  Y.  77  naoh  72 
einzusetzen  {'emanent  subito  sicca  teUure  päludes  et  late  teneant 
diffuso  gurgite  campos^\  weil  er  ihn  an  der  überiieferten  Stelle 
'missverständlich  und  störend'  findet.  Den  Missverstand  näm- 
lich hat  er  selbst  hineingetragen,  weil  ihm  bei  Y.  76.  78  ff.  Berg- 
kessel  und  Plateaus  vorschweben,  zu  denen  die  *  campi*  (77)  nicht 
passen  wollen.  Aber  dieses  Landschaftsbild  ist  rein  erfunden. 
Vielmehr  ergiessen  sich  eben  in  Folge  der  Wolkenbrüche  im  Cre- 
birge  die  Gewässer  zu  Thale  und  richten  dort  Ueberschwem- 
mung  an. 

^Nü  est  quod  perdam  tdterius:  merito  omnia  Ditis^  (66). 
Hiermit  schliesst  der  Sänger  seine  Verwünschungen  ab:  dies  ist 
die  beste  Ueberlieferung,  nur  merila  habe  ich  in  merito  geändert 


Kibbeok  Antikritische  Streiiznge.  665 

'Alles  ist,  wie  siehe  gebührt,  dem  Untergang  geweiht'  \  Wie  kann 
man  verbinden  wollen^:  ^nil  est  q.  p.  n.  merito  omnia!'  was  hat 
^merüo*  hier  zu  thun?  Welch  kostbarer  Gedanke:  ^es  ist  kein 
Grund  noch  weiter  Alles  nach  Verdienst  zu  vernichten!*  Und 
der  rare  VerBabschnitt!  Und  wie  sich  das  weiterstümpert:  ^dices 
I  flecfiie  curreniis  lymphas*.  Wenigstens  hat  man  neuerdings• 
doch  wieder  erkannt,  dass  jener  Abschluss  der  Flüche  seine  pas- 
sende Stelle  vor  V.  82  findet. 

Leipzig.  0.  Ribbeck. 


^  Dieser  Vers  stützt  die  schwierigere  Stelle  V.  41:  *8iha  noaeet 
Her  duccns  Erebo,  tua,  Lydia,  Ditis\  die  nur  in  dieser  Fassung  Ton 
und  Stimmung  hat. 

2  Rothstein  p.  513. 

'  Reitzenstein  p.  40. 


666  Stahl 


Thikydidee  fiber  du  alte  Athei  rtr  Tkeseig. 


Unter  den  die  athenieehe  Topographie  betreffenden  Frairen 
iat  in  neneater  Zeit  die  nber  die  Lage  dea  Lenion  «nd  der  viel- 
berufenen  Enneakranos  namentlich  dorch  Dorpfelda  rmatloeen 
Entdeck uosrseifer  wieder  in  lebhaftem  Flosa  gebrmehl  worden. 
Seine  neuesten  Ausgrabungen  in  dem  iwisehen  der  Akropolis. 
dem  Areopag  und  der  Pnjx  gelegenen  Terrain  haben  ihn  a«  der 
Uebeneogung  gebracht^  dass  in  dieser  Gegend,  also  im  Westen 
der  AkropoIiSy  sieh  das  Lenaon  sowie  die  Enneakranos  befanden 
habe.  Um  aber  diese  Meinung  behaupten  lu  koueo,  wmr  er 
genöthiict^  sich  mit  den  Angaben  des  Thnkjdides  über  die  Aus- 
dehnuDg  de«  vortheseischen  Athens  anseinandemsetieBf  mad  da 
deren  bisherige  Autfassung  ihr  widerspraeh,  hat  er  diese  als  Ter- 
kehrt  ία  erweisen  und  eine  neue  Erklärung  an  ihre  Stelle  zu 
setzen  Tersuoht.  deren  nühere  Begründung  nunmehr  im  den  mthe- 
niscben  MittL  XX  S.  4&^53  lesen  zu  kennen  wir  ihm  daakbar 
sein  müssen^  weil  so  erst  eine  Prüfling  seiner  Anmckt  oaeh  die- 
ser Seite  hin  möglich  ist.  Diarin  aber  dass«  wie  auch  Dorpfeld 
selbst  gesteht^  ai^  Erkllrung  der  bezüglichen  Thukjdideaatelle 
fär  «iie  las  den  neuen  Fandobjecten  tou  ihm  gezogenen  Folge- 
rungen von  entscheidender  Bedeutung  ist,  li«>gt  der  Grand,  warum 
in  dieser  topogrip bischen  Frage  auch  «ler  Exeget  des  Th.  das 
Wort  ergreifen  dürf. 

Für  die  anzustellende  Prüfung  der  neuen  Erklärung  wird 
es  Ti«)taig  sein,  nicht  nur  den  die  Ldge  des  Tortheseisehen  Athens 
beC7>«ifenden  Absatz  auszuschreiben,  sondern  -iitch  der  Hauptsache 
nach  Ιλ3  vorher  über  den  ΕυνοιχκΤαός  des  Theseus  Gesagte,  w»-> 
durvh  Th.  sich  verfasse  sieht,  Nihervs  über  die  Auedehnnn^ 
der  iltern  St:idt  4n;£ugeben, 

Π  13. 1  tTKi^H  ^έ  θη«ί€ί•ς  €οαίΓΐλ€υα€.   .  .  .  »nmi«ö€  τιάτηι^ 
κιή  ν<:.αοα^ΐίους  ni  otirruiv  «^κάλΤτους  <ζπ€ρ  και  τφό  τοο 


ι 


Thukyditlee  über  das  alte  Atlien  vor  TbeeeuBi  Γ»6ΐ 

£υντ£λούντων  ές  αυτήν  μεγάλη  γΕνομενη  παρεδόθη  υπό 

3  Θησέως  τοις  ίττειτα  . .  ,  *  τό  bfe  προ  τούτου  ή  ακρόπολις 
ή  νυν  ούσα  πόλις  ην  και  το   ύπ'   αυτήν  προς    νότον 

4  μάλιστα  τετραμμενον.  τεκμήριον  b€*  τά  γαρ  ιερά  έν 
αύτη  τη  άκροπόλει  <τά  αρχαία  της  τε  Πολιάϊϊος)  *  καΐ 
δλλυυν  θεών  έστι»  καΐ  τά  Hw  προς  τούτο  τό  μ^ρος  τής 
πόλειυς  μάλλον  ϊδρυται,  τό  τε  του  Διός  του  'Ολυμπίου 
και  τό  Πύθιο  ν  και  τό  τής  Γης  κ  αϊ  τό  έν  Λίμναις  Διο- 
νύσου, φ  τά  αρχαιότερα  Διονύσια  [τη  διυ5εκάτι;ι]' 
ποιείται  έν  μηνι  Άνθεστηριώνι,  ώσπερ  και  οι  άπ'  *Αθη- 
ναίων  "Ιυυνες  έτι  και  νυν  νομίΕουσιν.    ϊ^ρυται  hi  καΐ 

5  ιϊλλα  \ερά  ταύτη  αρχαία,  και  τη  κρήνη  τη  νυν  μέν 
τών  τυράννιυν  ουτιυ  σκευασάντυυν  ^Εννεακρουνψ  καλού- 
μενη, τό  bi  πάλαι  φανερών  τών  πηχών  ούσών  Καλλιρ- 
ρόη ώνομασμένη,  έκεΐνοί  τε  έγγυς  οΰση  τά  πλείστου 
δ£ια  έχρώντΟτ  και  νυν  έτι  άπό  του  αρχαίου  πρό  τε  γα- 
μικών  και  ές  άλλα  τών  ίερών  νομίζεται  τώ  ϋοατι  χρή- 

6  σθαι.  καλείται  hl  ί)ΐά  τήν  τταλαιάν  ταύτη  κατοίκησιν 
και  ή  ακρόπολις  μέχρι  τουοε  έτι  υπ*  Άθηναίυ/ν  πόλις. 

Nach  der  biehcrigen  AuiTassung  beweist  Tb.  diircb  §  4  und 
5,  daeft  die  alte  Stadt  auf  der  Bpiitern  Akropolis  nnd  nach  ihrer 
Südseite  zu  lag.  DörpfeUl  findet  imn  zuuäcbst  hier  eine  selteame 
und  anregelmäsflige  Anoriinung  der  Beweise,  die  er  dem  Tb,  nicht 
zutrauen  will;  denn  von  den  vier  zum  Beweine  angefübrten  That- 
Sachen  bezögen  sich  die  erste  (τά  γαρ  ιερά  .  .  .  <ϊλλα»ν  θεών 
έστι)  niid  die  vierte  (§  Γι)  auf  die  Akropolis  als  Bestandhbeil  der 
alten  Stadt,  die  zweite  (καΐ  τά  ßui  .  .  .  όρχαΐα)  und  dritte 
(§  5)  auf  den  zu  dieser  gehiirenden  südlichen  TheiL  Offenbar 
biitte  nach  Dörpfebls  Meinung,  wenn  die  bieberige  AulfaBsnng 
richtig  Tväre,  daa  vierte  Argument  an  zweiter  Stelle  stehen  niüs- 
ften.  Allein  die  Anordnung  der  Beweisstücke  ist  bei  Tb.  an- 
ders gedaebt,  ali  er  meint  Diener  beweist  nämlich  das  über  die 
alte  Stadt  Geeagte  1)  ans  den  noch  erhaltenen  illtesten  Localt täten 
religiöser  Bedeutung  (§  4  und  5),  und  zwar  a)  für  die  Akropolis 


^  Meine  Ergänzung  der  jetzt  allgemein  anerkannten  Lücke  gibtr 
wenngleich  natürlich  der  Wortbmt  nicht  verbürgt  werden  kann,  den 
erforderlichen  Sinn,  wie  an  eh  C.  Wachumutli  Bf  richte  der  »Echs,  Ges* 
der  W.  1XH7  S,  385  anerkennt. 

^  Ueber  die  getil{?ten  Worte  vgl.  meine  Anm*  in  der  kl.  Poppo- 
ichen  Auigabe. 


δΤ,Η  Stahl 

aus  den  dortigen  alten  Heiligthümern  (τα  γαρ  lepa  .  .  .  δλλαιν 
θ€ών  έστι),  b)  für  den  südlichen  Theil  α)  ebenfalls  aus  den  dort 
aus  alter  Zeit  stammenden  Heiligthümern  (και  τά  {.ίω  . . .  αρχαία), 
β)  aus  der  dort  gelegenen  zu  religiösem  Gebranche  dienenden 
£nneakrunos  (§  5);  2)  ans  der  noch  zu  seiner  Zeit  üblichen  Be- 
nennung der  Akropolis  als  πόλις  (§  6),  was  sich  dann  speciell 
auf  die  Akropolis  als  llauptbestandtheil  der  alten  Stadt  bezieht. 
Ich  denke,  das  ist  eine  Anordnung  der  Argumente,  gegen  die 
sich  nichts  einwenden  läset.  Damit  ist  aber  der  einzige  aus  den 
Worten  des  Th.  selbst  entnommene  Einwand  beseitigt,  den  Dörp- 
feld  gegen  die  bisherige  Auffassung  vorzubringen  weiss. 

Wir  kommen  nun  zu  der  Grundlage  seiner  eigenen  Deu- 
tung. Er  geht  nämlich  davon  aus,  dass  Th.  nicht  beweisen  wolle, 
dass  ein  Theil  der  alten  Stadt  nach  dem  Süden  der  Akropolis 
hin  gelegen  habe  (das  sei  für  den  Zusammenhang  vollkommen 
gleichgültig),  sondern  er  wolle  zeigen,  dass  die  alte  Stadt  sehr 
klein  gewesen  sei,  dass  sie  sich  nicht  über  die  beiden  genannten 
Theile  hinaus  ausgedehnt  habe.  Hat  aber  Th.  auch  dies  letzte 
begründen  wollen,  so  war  ihm  nicht  bloss  die  Kleinheit  der  Stadt 
Gegenstand  des  Beweises  und  ist  es  ihm  nicht  bloss  darauf  an- 
gekommen, wie  Dörpfeld  sich  selbst  einigermassen  widersprechend 
weiterhin  sagt,  sondern  er  hat  auch  die  Beschränkung  ihrer  Aus- 
dehnung auf  die  beiden  genannten  Theile  darthun  wollen.  Man 
muss  aber  noch  weiter  gehen.  Wenn  der  zu  beweisende  Satz 
lediglich  die  Kleinheit  der  alten  Stadt  zum  Inhalte  haben  soll, 
dann  hätte  Th.  dem  vorher  Gesagten  etwas  sehr  Selbstverständ- 
liches und  Ueberflüssiges  hinzugefügt;  denn  wenn  sie  erst  durch 
Theseus  zu  einer  grossen  Stadt  wurde  (μεγάλη  γενομένη),  so 
verstand  es  sich  ja  von  selbst,  dass  sie  vorher  eine  kleine  war. 
Die  Anknüpfung  mit  bi  zeigt  aber,  dass  hier  ein  neues  Moment 
hinzukommt,  nämlich  die  genauere  Bezeichnung  der  Ausdehnung 
der  ursprünglich  kleinen  Stadt.  Dass  hierüber  Genaueres  zu  er- 
fahren gleichgültig  sein  soll,  begreife  ich  nicht;  die  nähere  Prä* 
cisirung  einer  Sache  ist  niemals  gleichgültig.  Und  was  bedeuten 
denn  die  zu  beweisenden  Worte  an  und  für  sich?  Dass  die  alte 
Stadt  klein  gewesen  sei,  besagen  sie  direct  nicht;  das  folgt  erst 
indirect  aus  dem  beschriebenen  Umfange,  und  direct  wird  bloss 
dieser  bezeichnet.  Der  durch  τεκμήριον  5e  eingeführte  Beweis 
muss  sich  aber  auf  den  Inhalt  dcR  zu  beweisenden  Satzes  an  sich 
beziehen,  nicht  auf  etwas,  was  sich  erst  mittelbar  aus  demselben 
ergibt.     Wenn   das  nicht  selbstverständlich  wäre,    so   würden  ee 


ThulcydideR  über  das  alte  Athen  vor  Theeeiis. 


5S0 


diejenigen  Stellen  dee  Tli,  aeigen,  an  denen  er  sonst  noch  einen 
Beweiß  mit  τεκμήριον  hi  einleitet  (II  89,  2.  50,  2.  III  6ß,  1,  wo• 
mit  zu  vgl.  μαρτύρων  hi  I  8,  1).  Ist  nun  DörpfeldR  Meinung, 
das8  bloss  die  Kleinheit  der  alten  Stadt  bewieaen  werden  fiolle, 
falech  und  muss  demnach  der  Beweis  niclit  nur  für  ή  ακρόπολις 
ή  νον  ουσα^  sondern  aucli  für  τό  ύττ"  αυτήν  προς  νότον  μάλιστα 
τετραμμένον  geführt  werden,  so  können  nicht  die  zu  τα  iEuJ  ge- 
hörenden Heiligthünier,  wie  er  will»  im  Westen  der  Akrqioli« 
gelegen  haben;  denn  dann  würde  für  den  zweiten  Theil  der  Be- 
hauptung nicht  nur  der  bezügliche  Beweis  ganz  fehlen,  sondern 
ee  würden  auch  jene  Keiligthtimer  ganz  aus  dem  Rahmen  des 
zu  beweisenden  Satzes  fallen,  indem  nur  von  der  Akropolis  und 
dem  südlich  von  ihr  gelegenen  Btadttheil  als  Be stand theilen  der 
alten  Stadt  die  Rede  ist 

TOrpfeld  selbst  sidieint  gefühlt  zn  haben,  dass  der  einfache 
Wortpinn  von  τό  hl  πρό  τούτου  .  .  ,  τετραμμίνον  seiner  Auf- 
fassung enfge|:;en8teht*  Darum  hat  er  auch  noch  auf  eine  andere 
Art  (liefle  Worte  umzudeuten  Bedacht  genommen,  'Die  Akropolis 
de«  fünften  Jahrhunderts  {f|  ακρόπολις  ή  νυν  οί5σα),  sagt  er,  war 
kleiner  als  die  alte  Polis,  Zwar  wurden  die  am  westlichen  Ab- 
hänge vorhandenen  Peetunge werke  auch  damals  noch  zur  Akro• 
poUs  gerechnet,  aber  ein  Theil  des  westlichen  und  namentlich 
der  südliche  Abhang  gehörten  nicht  mehr  dazu.  .  .  .  Wollte  Tb. 
nun  den  Umfang  der  Akropolis  der  früheren  Zeiten  nngebenj  so 
geschah  dies  sehr  treffend  gerade  mit  den  Worten,  welche  er 
gebraucht.  ...  Es  ist  ein  gutes  Zeugniss  für  die  Genauigkeit 
seiner  Angaben,  dam  Tb.  sich  nicht  damit  begnügt  zu.  sageDi 
dasB  die  Akropolis  die  alte  Polia  sei,  sondern  dass  er  noch  hin- 
zufügt, dass  die  alte  Polis  etwas  grösser  gewesen  sei  als  die 
Burg  seiner  Zeit.  Dagegen  ist  folgendes  zu  sagen.  In  den 
Worten  des  Th,  ist  mit  keiner  Silbe  angedeutet,  dass  er  den 
Umfang  der  frühem  Akropolis  angeben  wolle,  sondern  er 
spricht  nur  von  dem  Umfange  der  altern  Stad  t,  den  er  auf  die 
spätere  Akropolis  und  den  südlich  von  dieser  gelegenen  Theil 
beschränkt;  dass  er  damit  die  von  der  pelargischen  Mauer  um- 
ecblossene  alte  Burgfeste  habe  bezeichnen  wollen,  wird  led igliuh 
in  die  Stelle  hineingedeutet  An  dies  alte  Festungswerk  hier  zu 
denken  lag  dem  Th.  fern,  da  es  zu  seiner  Zeit,  wie  J«W,  White 
erwiesen  hat  ^^    nicht  mehr  bestand,    sondern  er  wollte   angeben, 

1  π£ρΙ  τοϋ  ΤΤ£λαρτικοΟ  inl  Π€ρικλέϋος  in  der  Έφημ.  άρχαιολογ. 


1894. 


Klieln,  Μιι•.  Γ.  f  üllol.  Ν.  F.  L. 


97 


570  Stahl 

über  welche  Theile  der  Stadt  seiner  Zeit  sicli  die  alte  Stadt 
eretreckte.  Aach  ist  es  unrichtig,  daee,  wie  Dörpfeld  weiterhin 
bemerkt,  das  Wort  iEw  das  Vorhandenfiein  einer  nrnfaeeenden 
Mauer  für  die  alte  Stadt  aus  dem  Grunde  erechlieseen  lasse, 
weil,  wenn  diese  sich  auf  die  darauf  genannten  yier  Heiligthfimer 
und  die  Enneakrunos  ausgedehnt  und  noch  um  diese  herum  ge- 
legen hätte,  die  Heiligthümer  nicht  als  ίΕω  liegend  bezeichnet 
worden  wären;  sie  seien  vielmehr  von  der  alten  Stadt  durch  die 
Burgmauer  getrennt  und  also  fSu)  τής  πόλ€ως  gewesen.  Die 
vier  Heiligthümer  lagen  also  nach  Dörpfeld  ausserhalb  der  alten 
Stadt,  nicht,  wie  diejenigen  annehmen  müssen,  die  dorcb  ihre 
Lage  das  τό  ύπ'  αυτήν  προς  νότον  μάλιστα  Τ€τραμμένον  be- 
gründet finden,  innerhalb  derselben.  Dies  beruht  auf  einer  ver- 
kehrten Deutung  des  τά  fSuj,  für  die  sich  Dörpfeld  leider  auf 
C.  Wachsrauth  ^  hat  berufen  dürfen.  Dieser  hat  nämlich,  wahr- 
scheinlich weil  er  glaubte,  dass  das  Pronomen  demonstrativum 
in  προς  τοΟτο  τό  μέρος  τής  πόλ€ΐυς  in  einer  Beziehung  zu  dem 
nächst  vorangegangenen  έν  αυτή  τή  άκροπόλει  stehen  müsse,  sich 
genöthigt  gesehen,  um  nun  die  vier  Heiligthümer  unterbringen 
zu  können,  unter  toGto  τό  μέρος  τής  πόλεως  den  ganzen  vor- 
her bezeichneten  Complex,  Burghöhe  und  Südabhang  des  Burg- 
hügels, zu  verstehen  und  zu  τά  Ιίω  nicht  zu  ergänzen  τής  ακρο- 
πόλεως, sondern  τούτου  του  μέρους  τής  πόλεως.  Ich  werde 
unten  zeigen,  dass  eine  Beziehung  des  τούτο  auf  das  zunächst 
stehende  έν  αυτή  τή  άκροπόλει  nach  dem  Sprachgebrauch  des 
Th.  nicht  nothwendig  und  nach  dem  Zusammenhang  nicht  mög- 
lich ist;  hier  genügt  es  zu  bemerken,  dass  ΙΙω  naturgemäss  seine 
Ergänzung  dem  Vorhergehenden  entnimmt  (vgl.  I  10,  2)  und  dass 
hier  ausserdem  durch  das  bei  έν  αυτή  τή  άκροπόλει  hinzugefügte 
αυτή,  das  eben  seine  gegensätzliche  Beziehung  in  τά  Ιίω  findet, 
die  Ergänzung  von  τής  ακροπόλεως  zur  absoluten  Nothwendig- 
keit  wird.  Man  vgl.  II  11,  1  πολλάς  στρατεΐας  καΐ  έν  αυτή 
ΤΤελοποννήσω  και  έΕω  έποιήσαντο.  Da  nun  dies  dieselbe  Akro- 
polis  ist  wie  vorher  ή  ακρόπολις  ή  vGv  οΟσα,  so  sind  τά  (bu 
die  ausserhalb  der  spätem  Akropolis  liegenden  Heiligthümer. 
Daher  kann,  weil  έξω  nicht  ^ausserhalb  der  alten  Stadt'  bedeutet, 
daraus  auch  kein  Schluss  auf  eine  Ummauerung  dieser  gezogen 
werden.  Hätte  aber  Th.  wirklich,  wie  Dörpfeld  will,  hier  den 
Umfang  der   alten  Burgfeste   bezeichnen  wollen,    so  müsste  man 


1  Λ.  a.  0.  S.  886. 


Thukydidca  über  am  alte  Athen  vor  TliOBeus. 


* 


i!iß  eher  einer  üngenauiglceit  beschuldigen  als  seine  Genanigfeeit 
lüLen,  Denn  aucb  nacli  Dorpfeld  umfasate  die  alte  Burg  melir 
als  die  spätere  Akropolie  und  τό  uir'  αυτήν  ττρός  νότον  μάλιστα 
τετραμμΐνον;  anch  nach  ihm  gehörte  zu  jener  ein  Theil  des 
westlichen  Abhanges,  der  in  dieser  nicht  einbegriffen  war.  Und 
dass  nun,  wie  D5rpfeM  selbst  hinznfögt,  das  am  Stidabhange 
der  alten  Burg  gelegene  Stück  in  der  folgenden  Beweiflfubrung 
keine  Rolle  mehr  spielt,  das  ist  doch  kein  Zeugniss  für  ihre  Ge* 
nauigkeit,  sondern  für  ibre  Unyollatandigkeit ;  ja  man  begreift 
nach  wie  vor  gar  nicht,  warum  die  Argumentation  von  diesem 
Tbeile  der  zu  beweisenden  Bebanptung  absehen  soll.  War  der 
vielleicht  selbstverständlich?     Doch  ebenso  wenig  wie  der  andere. 

Nnn  aber  folgt  ein  noch  SeUsameres  der  neuen  Erklärung. 
Anf  Wacbamuth  gestützt  versteht  auch  Dörpfeld  unter  τοοτο  τό 
μέρος  τής  ττόλεως  die  Burghöhe  der  epätern  Stadt  nebst  ihrem 
Südhange,  d,  h.  in  seinem  Sinne  die  alte  Polis,  and  eben  darauf 
soll  auch  ^£u)  geben ;  Tb.  habe  den  allgemeinen  Ausdruck  ge- 
wählt, um  nicht  nocbmals  die  beiden  Theile  der  Folie  einzeln 
nennen  zu  müssen.  Da  wäre  es  doch  deutlicher  gewesen,  wenn 
er  für  dicae  beiden  Tbeile  ταύτα  τα  μέρη  gesagt  hätte*  Doch 
das  ist  das  Wenigste»  Tb,  will  den  geringen  Umfang  der  alten 
Stadt  darthun  und  beweist  das  nun  nach  Dörpfeld  damit,  dass 
ein  Theil  ibrer  alten  Heiligtbümer  an  oder  vor  der  alten  Stadt 
lag,  was  doch  nach  der  Seite  dieser  Heiligtbümer  ihre  Grenzen, 
die  erst  bestimmt  werden  aollen,  als  bekannt  vorauege8et/.t;  mit 
andern  Worten:  es  wird  dem  Tk.  ein  circulus  vitiosus  in  optima 
forma  untergeschoben» 

Ich  habe  eben  in  Dörpfelds  Sinne  ττρός  durch  'an*  oder 
'vor  (d.  L•  vor  dem  Tbore  der  alten  Burg,  wie  er  S,  50  sagt) 
wiedergegeben,  nicht  als  ob  ich  diese  Bedeutung  anerkannte. 
Denn  *vor  heisst  ττρός  überhaupt  nicht,  und  mit  dem  Accusativ 
bezeiclinet  es  in  räumHchem  Sinne  nicht  die  Lage  an  einem  (das 
ist  ιτρός  mit  dem  Dativ),  sondern  die  Bewegung  oder  Richtung 
nach  einem  Orte  ^.  Dörpfeld  freilich  meint  auch  die  antlere  Be- 
deutung für  προς  mit  dem  Accusativ  durch  Beispiele  belegen 
zu  können;  aber  diese  treffen  nicht  zu.  Denn  an  drei  aus  Th. 
angeführten,  IV  109,  3  τό  προς  Εδβοιαν  πέλαγος,  IV  110,  Ι 
έκαθ^ίετο  προς  τό  Διοσκούρειον,   11  13,  7  τοΟ  Φαληρικοο  τεί- 


1  Sehr  beiseichnend  für  den  ünterecbied  ist  111  72|  3  τόν  λιμένα 
ιτρός  αύτΐ]  (τή  άγορ^)  κοΙ  προς  τόν  ήπεφον. 


U 


572  Stahl 

χους  στάδιοι  ήσαν  πίντε  και  τριάκοντα  προς  τόν  κύκλον  του 
αστ€α)ς,  bezeichnet  es  die  Richtung,  und  zwar  beim  dritten  die 
der  Messung  bis  zu  ihrem  Endpunkte  ^.  Soph.  El.  931  τα  πολλά 
πατρός  προς  τάφον  κτερίσματα  ist  soviel  als  τά  πολλά  πατρός 
προς  τάφον  προσενηνεγμίνα  κτερίσματα  (vgl.  Sobneidewin- 
Nauck)  und  Aesch.  Choeph.  904  προς  αυτόν  τόνοε  σέ  αφάΐαι 
θέλω  soviel  als  προς  αυτόν  τόνοε  σέ  άγαγών  σφά£αι  θέλω^ 
Aber  Dörpfeld  selbst  scheint  diesen  Beispielen  eine  streng  be- 
weisende Kraft  nicht  zuzuschreiben;  denn  als  die  beste  Parallelstelle 
gilt  ihm  IV  110,  2  ούσης  τής  πόλεως  προς  λόφον,  da  die  Sudt 
Torone,  von  der  hier  die  Kede  ist,  nicht  nach  dem  Hügel  hin, 
sondern  am  Hügel  selbst,  an  ihm  hinauf  gelegen  habe.  Aber 
'am  Hüger  ist  etwas  anderes  als  ^am  Hügel  hinauf';  jenes  be- 
zeichnet den  Ort  wo,  dieses  die  Richtung  wohin,  und  zwar  die 
nach  oben  hin.  Gerade  an  dieser  Stelle  würde  die  Uebersetzung 
des  προς  mit  *an'  oder  \or'  der  Lage  der  Stadt  nicht  gerecht 
werden.  Und  wollte  Dörpfeld  genau  nach  diesem  Beispiele  προς 
τοΟτο  τό  μέρος  τής  πόλεως  erklären,  dann  würde  er,  fürchte 
ich,  in  arge  Verlegenheit  gerathen.  Dann  müssten  ja  alle  darauf 
genannten  Heiligthümer  an  dem  Abhänge  der  alten  Burgfeste 
hinauf  liegen  und  also  auch  τό  έν  Λίμναις  Διονύσου.  Λίμναι, 
d.  h.  feuchte  Niederungen,  pflegen  aber  nicht  an  den  Abhängen 
von  Höhen,  sondern  an  ihrem  Fasse  zu  liegen,  und  auch  Dörp- 
feld verlegt  diesen  Dionysostempel,  der  ihm  mit  dem  Λήναιον 
identisch  ist,  nicht  an  den  Abhang  der  Bnrghöhe,  sondern  in  die 
Einsenkung  zwischen  Akropolis,  Areopag  und  Pnyx,  und  zwar 
in  den  nordwestlichen,  nach  dem  Areopag  zu  gelegenen  Theil 
derselben.  Damit  hört  aber  seine  beste  Parallelstelle  auf  für 
ihn  verwendbar  zu  sein.  Dass  aber  auch  das  προς,  um  das  es 
siel)  hier  handelt,  die  Richtung  bezeichnet,  ergibt  sich,  abgesehen 
von  seinem  allgemeinen  Gebrauch  nach  Verbis,  die  örtliche  Lage 
bezeichnen  ^,   besonders   noch  daraus,    dass  der  Ausdruck  an  der 


1  Dies  Beispiel  darf  daher  nicht  dazu  verfuhren,  hier  zu  über- 
setzen 'sie  liegen  bis  an  diesen  Th(?il  der  Stadt  heran*,  wie  Dörpfeld 
elwjnfalls  vorschlägt,  was  übrigens  auch  etwas  anderes  ist  als  *eie  liegen 
an  diesem  Stadtthcile*. 

3  Uebor  diesen  prägnanten  Gebrauch  des  localen  προς  mit  dem 
Accus,  vgl.  Aesch.  Prom.  348  προς  έσπερους  τόπους  ?στηκ€,  Arist.  Eccl. 
G4  έστώσα  προς  τόν  ήλιον,  Xen.  Cyr.  III  3,  34  προς  τά  ΐ€ρά  uapctvm 
und  über  den  der  Präpos.  überhaupt  Kühner  Ausf.  Gram.  §  447  B. 

8  Vgl.  II  101,  2   Ol  προς  νότον  οΙκοΟντ€ς,   IV  78,  6   β  .  .  .  ιτρός 


Thukydidßs  über  das  alte  ÄtUea  vor  Thesoue, 


573 


bestiglicIieD  Stelle  offenbar  im  Änschluse  an  das  vorangegaTigene 
ττρός  νΰτον  gewäblt  ist  Es  ist  eben  die  Riolitutig  von  der  Akro- 
poÜB  aus  nach  Süden. 

loh  habe  oben  erw^lhnt,  daea  Waohemiith  zq  geiner  Erklä- 
rung dee  τούτο  τό  μίρος,  auf  die  sicli  Därpfeld  stützt,  wahr- 
scheinlich dadurch  gekommen  sei,  dasB  er  eine  Beziehung  dee 
τούτο  auf  das  unmittelbar  ν  ο  rh  ergehende  έν  αυτή  τή  άκροπόλει 
für  notli wendig  hielt.  Das  Pronomen  ούτος  weist  aber  bei  Th. 
mitunter  nicht  auf  den  niiclieten  BegritT,  sondern  einen  entferntem 
zurück,  wenn  der  logische  Zugammenhang  diese  Beziehung  erfor- 
dert und  andeutet.  So  geht  II  51,  1  τό  μίν  oiüv  νόσημα  .  .  , 
τοιοΰτον  ην  ,  .  .  .  και  άλλο  παρελύττει  κατ'  έκανον  τον  χρόνον 
ovhiv  τών  έΐυυθότων*  ö  hk  και  γίνοιτο,  ές  τούτο  έτελεύτα  das 
ές  τούτο  nicht  auf  αλλο,  sondern  auf  νόοημα,  womit  zu  vgl. 
V  17,  2  ψηφισαμίνιυν  πλην  Βοιιυτών  και  Κορινθίων  καΓΗλείυυν 
και  Mefapcuiv  τών  άλλυαν  ώστε  καταΧύΈΟθαι  (τούτοις  hi.  ουκ 
ήρεσκε  τα  πρασ(Τόμενα),  ποιούνται  την  Εύμβασιν,  wo  eich  τού- 
τοις ebenfaUs  nicht  auf  τών  ολλων,  sondern  auf  Βοιωτϋυν  .  .  . 
Mejapivjv  bezieht;  II  81,  8  ήσυχαίον  αυτού  τήν  ήμεραν,  ές 
χείρας  μεν  ουκ  ιόντων  σφίσι  τών  Στρατιών  .  ,  .,  απωθεν  hi 
σφενδονώντων  και  ές  άπορίαν  καθιΟτάντων  ου  γαρ  ήν  δνευ 
δπλων  κινηθήναι.  ϊ^οκούοι  bi  οι  Άκαρνανες  κράτιστοι  είναι 
τούτο  ποιεΐν  ist  τούτο  τιοιείν  =^  (ίφενδονάν;  VI  31,  1^ — 2  πα- 
ρασκευή γαρ  αίίιη  ...  πολυτελέστατη  hi\  καΐ  ευπρεπέστατη 
τών  ές  εκείνον  τόν  χρόνον  έγένετο,  αριθμώ  δε  νεών  και  οπλι- 
τών καΐ  ή  ές  Έπίοαυρον  μετά  Περικλέους  και  ή  αύτη  ές  ΤΤο- 
τεΛαιαν  μετά  "Αγνωνος  ουκ  έλάσσων  ήν  .  .  *  .  άλλα  έπι  τε 
βραχεί  πλώ  ύρμήθησαν  και  παρασκευή  φαύλτ},  ούτος  hl  ό  στό- 
λος κτλ.  gibt  ούτος  ό  στόλος  das  entferntere  παρασκευή  αίίτη 
wieder,  und  VI  91,  2  Συρακόσιοι  hk  μόνοι  .  ,  .  αδύνατοι  έσον- 
ται τη  νυν  'Αθηναίων  έκεϊ  παρασκευή  άντισχεϊν.  και  εΐ  αυτή 
ή  πόλις  ληφθήσεται^  Ιχεται  και  ή  πάσα  Σικελία  ist  nicht 'Αθη- 
ναίων, sondern  Συρακοσίων  ή  πόλις  ζα  verstehen.  Wie  nun  an 
diesen  Stellen  die  entferntere  Beziehung  des  ούτος  durch  den 
logißchen  Zueammenhang  geboten  wird,  so  ist  es  auch  an  der  in 
Rede  stehenden  der  Fall.  Denn  In  derselben  Weise  wie  die  auf 
der  Akropolia  selbst  befindlichen  alten  Heiligthümer  für  sie  als 
Bestandtheü  der  älteren  Stadt  beweisend  sind,  sind  es  die  aueser- 


θεσααλοϋς  πόλιαμα  κ€ΐται,    Ilerod.  Ι  201  οίκημένον  δέ  ιτρός  ήφ  τε  καΐ 
ήλιου  ανατολάς,  II  1 19  κέεται  bi  μακρί\  ή  λίμνη  πρΟς  βορέην  τε  καΐ  νότον. 


Η^    ΐ}Λΐυυ  ΐΜ¥υιιι, 


574 


Stahl 


halb  der  Akropolie  gele 


TheiL    der  aueeer 


1 


m  für  denjenigen 
ihr  zur  alten  Stadt  geliörte,  τό  ύτι'  αυτήν  προς  νότον  μάλιστα 
τετραμμένον.  Daraus  ergibt  sich  von  ßelbet,  das»  sich  προς 
τούτο  τό  μέρος  της  πόλευυς  auf  dieees  bezieht,  eine  Beziehung, 
die  Th.  au  SB  erde  in  auch  noch  formell  durch  die  Gleichartigkeit 
des  Ausdrucke  ebeneo  andeutet,  wie  er  es  VI  31,  1—2  bei  πα- 
ρασκ€υή  αατη  und  ούτος  ό  στόλος  gethau  hat. 

So  viel  über  die  von  Wacbflmuth  entnommene  Auffaseang 
dee  προς  τούτο  τό  μέρος.  Auffallon  nuis»  es  nun  aber  doch, 
daee  Dörpfeld,  nachdem  er  dieee  Deutung  für  die  Durchführung 
aeiner  Hypothese  verwandt  hat,  hinzufügt,  es  eei  für  die  Bewei•- 
fdhrung  von  geringer  Bedeutung,  ob  unter  τοΟτο  τό  μ£ρος  die 
ganze  alte  Stadt  zu  verstehen  sei  oder  nur  ihr  unterer  Theil; 
denn  die  vor  dem  Burgthor  gelegenen  Heiligthümer  hätten  auch 
nahe  an  dam  untern  Theile  gelegen,  weil  dieser  nicht  nur  den 
grossem  südlicbenj  sondern  auch  den  kleinem  westlichen  Fusi 
des  Burghügels  umfasst  habe.  Th.  hat  also  die  Wahl  gelassen, 
ob  man  seine  Worte  so  oder  so  verstehen  wilL  Ich  muss  ge- 
stehen, dasß  mir  bei  meiner  langjährigen  Beschäftigung  mit  die- 
sem Schriftsteller  keine  einzige  Stelle  vorgekommen  ist,  deren 
Ueberliefening  unbestritten  feetateht,  wo  man  in  solcher  Weise 
zwischen  zwei  verschiedenen  Auslegungen  schwanken  dürfte*  Th. 
weiss  geniin,  was  er  Bageo  will,  und  sagt  es  auch  für  jeden,  der 
mit  seiner  Denk-  und  Ausdruckeweise  hinlänglich  vertraut  ist 
An  unserer  Stelle  ist  von  einem  untern  Theile  der  alten  Stadt  Λ 
mit  keiner  Silbe  die  Rede  gewesen,  und  nun  soll  gar  dieser  un*fl 
tere  Theil  nicht  nur  den  Büdlichen,  sondern  auch  den  westlichen 
FuBs  des  ßurghügels  mitumfaeeen! 

Dörpfelds  neue  Auslegung  ist  veranlasst  worden  durch  die 
Nothwendigkeit:  seine  an  die  neu  entdeckten  Baureste  geknüpfte 
topographische  Hypothese  mit  den  Angaben  des  Th.  in  Einklang 
zu  bringen^  und  ohne  diese  Nothwendigkeit  würde  sie  kaum  zu 
Tage  gekommen  sein.  In  wie  weit  die  Baureste  selbst  genügende 
Anhaltspunkte  für  diese  Hypothese  bieten,  das  zu  beurtheilen 
überlasBe  ich  den  Topographen  von  Fach,  obgleich  ich  auch  in 
dieser  Hineicht  gegründete  Bedenken  zu  haben  glaube.  Jeden- 
falls ist  es  nicht  gelungeo,  sie  in  die  noth wendige  üebereinstim- 
mung  mit  Th.  zn  bringen.  Weil  die  neue  Erklärung  durch  jene 
Noth  wendigkeit  erzwungeo  ist,  so  thut  sie  ihrerseits  wieder  dem 
einfachen  Wortsinn  und  dem  natürlichen  ZuBammenhange  Zwang 
an.     Was   den   letztem   betrifft,    eo  gesteht  Dörpfeld  wiederholt 


Thokydides  aber  das  alte  Athen  vor  Theseas.  575 

selbst  ein,  dass  bei  seiner  Auslegung  τό  ύπ'  αυτήν  προς  νότον 
μάλιστα  τετραμμένον  ans  der  folgenden  Beweieführung  ganz  her- 
ausfällt; das  allein  schon  hätte  ihn  stutzig  machen  müssen.  Wer 
dagegen  Sinn  und  Zusammenhang  der  Worte  des  Th.,  ohne  um- 
und  einzudeuten,  einfach  so  auffasst,  wie  diese  geschrieben  stehen, 
der  mnss  meines  Erachtens  auf  die  frühere  Erklärung,  wie  ich 
sie  zugleich  mit  der  Widerlegung  der  neuen  zu  rechtfertigen  und 
zu  begründen  versucht  habe^  zurückkommen.  Denn  auch  für  die 
Auslegung  der  Schriftsteller  gilt  das  Wort:  άπλοΟς  ό  μΟθος  τής 
αληθείας  Ιφυ. 

Münster.  J.  Μ.  Stahl. 


biß  FuQh« 


Aoecdota  medica  Graeca. 

Nachtrag  zum  cod.  Paris,  βαρρί.  Oraec.  636  β.  XVIf. 
Der  cod.  Paria.  Graeo.  2324  s.  XVI. 


In  einem  Aufsätze  des  Rheinischen  Museums  ^  habe  ich 
darauf  hingewiesen,  dass  der  cod.  Paris,  suppl.  Graec.  636  eine 
grössere  Zahl  bisher  unbekannter  medizinischer  Bruchstücke  aus 
dem  hohen  Alterthume  erhalten  hat,  und  Proben  daraus  mitge- 
theilt.  Sie  geben  alles  das,  was  auf  den  Seiten  21 — 82  des  codex 
in  zusammenhängender  Form  überliefert  und  auf  bestimmte  be- 
kannte alte  Aerzte  zurückgeführt  wird,  nämlich  auf  Hippokrates, 
Praxagoras,  Diokles,  Erasistratos,  o\  αρχαίοι  oder  o\  παλαιοί 
allgemein,  Ariston,  schliesslich  auch  auf  den  theoretischen  Medi- 
ziner Demokritos,  den  bekannten  Philosophen^.  Damit  ist  die 
Reihe  der  medizinischen  Texte  dieses  codex  jedoch  noch  keines- 
wegs erschöpft.  £s  erscheint  deshalb  interessant  genug,  einzelne 
weitere  auf  bestimmte  Autoren  oder  Fälle  zurückgehende  Text- 
stücke zunächst  wiederzugeben  und  alsdann  zu  erläutern.  Die 
Art  der  Wiedergabe  ist  früher  angedeutet  worden^;  dieselben 
Grundsätze  sollen  auch  diesmal  massgebend  sein.  £s  war  an 
der  angegebenen  Stelle  bemerkt  worden,  dass  die  Dreitheilnng 
in  αΙτία,  (Τημεΐα  und  θεραπεία  von  pag.  82  an  nicht  mehr  ein- 
gehalten werde,  die  systematische  Anordnung  vielmehr  gänzlich 
aufgegeben  sei. 

Ks  folgt  zunächst  auf  pag.  85  v,  nachdem  verschiedene  Re- 
cepte  und  Krankheitsbeschreibungen  planlos  eingeschoben  waren, 
ein  Abschnitt  folgenden  Inhalts: 


1  Der  betreffende  Aufsatz  ist  betitelt:  *Der  cod.  Paris,  supplem. 
Gracc.  636.  Anecdota  medica  Graeca*  und  findet  sich  in  Bd.  XLIX, 
S.  532-568. 

s  £in  Aufsatz  über  die  medizinischen  Theorien  des  Demokritoe 
wird  folgen. 


AnucdoU  medioa  Griwca. 


577 


pag,  85?: 

18 TTcpi  βουρώνος  φυγέθλου  και  φύματος*    π* 

Κατά  μέν  τον  Γαλή νό ν  ό  βουβών  και  τό  φύγ€θλον  abevuuv  ύϋι 
»παθήματα"  βουβών  μέν  ή  φλεγμονή'  φΰμα  5ε  ή  προς  έμπύ- 

ησιν 
φλεγμονή'  φύτεθλον  hl  το  φλεγμονώίιες,  ή  έρυσιττελατώίϊες 
Bald  bierauf  setzt,  ohne  dass  der  Schreiber  den  Unterecbied 
des  Stoffes  ahnte,    ein    phyBikalischee  Stück    liber   den  Blitz  ein. 
Efl    steht  inmitten  der  Ähechnitte  π€ρι  νευροτρώταιν  και  νυγμά- 
των ςη  und  περί  5υ0πνοϊκυυν  ρ  und  lautet: 

pag.  88 ν: 
8  περί  κ€ραυνών*    ςΒ. 

Γίνεται  κεραυνός  δταν  {^ήΐις  νεφών  γενηται.  της  γαρ  τταρακει 
10  μίνης  αυτοϊς  *  γεώδους  ουσίας  έ^αφθείσης  τό  έΕαφθέν  [άπο- 

τριβέν  ύπό  της  ροττήςΡ 
έπΙ  τήν  γήν  μ€τά  ^οίίου  φέρεται,    και  ει  μέν  τυγχάνει  υγρά 

ίντα 
τά  νέφη  σβέννυται.  ει  ϊ)έ  γευυίϊέστερα  πυρθ€ΐοεΐς  εκθλίβονται, 
και  ποιοοσι  τον  κεραυνόν.  ίϋτι  γαρ  ψολόεις  '.  ττυρώδης.  έκ 
νεφίας  1  αργεί  ης*  και  έλικίας.  τά  μέν  ου  ν  φυλάετσοντα  από 
ιβ  κεραυνών  είσι  ταύτα'  άττό  μέν  τής  γης  δάφνη  καΐ  συκή.  έν  hi 
τΓτηνοΐς  αετός,  έν  bi  νηκτοϊς  φώκη,  ταύτα  άποτρέ 
ΐΓουαι  κεραυνούς:  — 

Nun  folgen  wieder  medica,  und  zwar  verschiedene  Recepte, 
u*  a.  περί  θηριακής  και  λοιπών  αλλυυν  (pag.  89 — iU  ν),  άρτίσκος 
θηριακος  (sie)  και  σκιλλητικός  (sicj  pag.  91  ν— 92),  dann  wieder 
andere  Kecepte,  unter  welchen  eich  auch  die  folgenden  beenden: 

3. 
pag.  92  v: 

15  ....,.,.  .  Πικρά  γ  α  λ  η  V  ο  υ  *    ρ\' 

Α[μύγ5αλα  ]  ^  πικρά  έ£άγ '  α  "  τούρπετ  έΕαγ  S"  κε^ 
πουλε  έΕαγ  α '  σκαμωνίας  καλής  και  ποίει ;  — 


1  αύτΰϊ  Ρ  636. 

2  άποτριβέν— ίιοπής  fehlt  im  Ρ  636;  β.  übrigena  unten* 
■  ψωλΟ€ϊς  Ρ  636. 

*  Ist  natürlich  ein  Wort. 

δ  Eb  etöht  nur  ein  Λ  da.    Das  Habere  s.  unten  in  der  Bespre- 
chung 5. 


578  Fuchi 


4. 
a.  a.  0.: 
18  Άντίοοτος  προς  φθίσιν  ταύτη  ν  νίριυν  ό  βασιλ€ύς  €ΐχ€ν     ρϊδ 
€ΐς  μεγάλην  σιυτηρίαν  ταύτη  χρώμενος  *  καΐ  ώς  παρά{>οΕον  άν€ 
30  τράψατο  θαυμάσιας  bia  τής  πείρας,    ίχει  bi  ούτως,    φακής 
πεφρυγμίνης '  γλήχωνος  παλαιού  *  ύσσώπου  •  πεπέρειυς  *  άνά 
b  ήγουν  τεσσάρων  •  αναλάμβανε  μίλιτι  έπαφρισμένψ 

pag.  93  γ: 
καΐ  οίοου  κοχλιάρια  β•  ή  γ'•  καΐ  θαυμάσεις':  — 

5. 

a.  a.  Ο.: 

3  Πικρά  του  γαληνού  τής  φλεβοτομίας   άντίοοτος^    αλόης 

ήπα  ρϊβ• 

τικής  •   μαστίχης  •   σμύρνης  *  αψινθίου '  κενταυρίου  •  άριστο- 

λοχείας  • 
κόστου  •  άσάρου*  εύπατορίου  *  ναροοστάχυος  *  ίιγγιβέρεως  *  πε 
9  πίρεως  *  σεσέλεως  •  πετροσελίνου  •  άνά  ούγγίας  α  •  μετά  τό 

άρκουν 
ή  οόσις  α  μετά  οίνου  λευκοΟ  [εΙς  ίμβασιν]  *  τοις  bk  πυρέσσουσι 
μετά  ευκράτου:• 

£8  war  früher  auf  Grund  des  äneseren  Eindmcke  behauptet 
worden,  der  librarius  sei  ein  mit  dem  Gegenstände  nnr  ober- 
flächlich vertrauter,  flüchtiger  Mensch  gewesen.  Das  war  aus 
dem  Umstände  gefolgert  worden,  dass  der  Schreiber  das  unter 
2  genannte  Stück  über  den  Blitz  kritiklos  unter  die  medica  ein- 
reihte und  oft  unsinnige  Wortformen  niederschrieb,  s.  B.  im 
Kanon  des  Mazimus  Planudes  περί  οιαγνώσεως  οΰρου  του  άρ- 
ρωστου §  40;  42:  όσπίη,  auch  häufig  in  der  Wortnaht  eine 
Trennung  der  Worte  zuliess,  die  eben  bewies,  dass  er  von  ihren 
Bestandtheilen  nichts  wusste.  Ein  treffenderer  Beweis  ist  in  dem 
nachfolgenden  Eecepte  enthalten,  in  welchem  ein  durch  eigenen 
Gebrauch  erprobtes  Mittel  des  früheren  Copisten  in  dessen  Sprech- 
weise wiedergegeben  wird,  freilich  nicht  ohne  die  von  einem 
ήγουν  eingeleitete  Uebersetzung  in  classisches  Grrieohisch.  Das 
betreffende  Stück  lautet: 


1  φλεβοτόμου  αντίδοτου  Ρ  636. 


Aiiecdota  medic»  Gruca. 


(79 


Ρ 


;i  TTepi  παιίιός  πεσόντος  και  ευρεθέντος  άφωνου:    ρκτ* 
Προς  τούτο  bia  πείρας  ιατρός  τις  αγράμματος  καΐ  άτταί6€υτος 
6  γράψας  τό  άντίγραφον  του  παρόντος  βιβλίου  λέγει   κατά 

λ^Ειν 
τάοε^  (προστάΕαι^  ίγό  άναΙεύΗε  (#ιτουν  ivaliaai)  6ϊυ 
15  ορημεί  κέ  ^  σπόγγον  οι  ^  βρέΕας  έπίθικα  ^  τό  στόμα  τις  ^ 
γαστρϋυς  και  εύθίος  έλάλισε):  ήγουν  εύθίως  έλάλησε:  — 
'  Naob  dieser  Äbscliweifaßg  auf  die  Gegenwart  kann  es  niolit 

Wunder  nebmen,  daBB  der  Schreiber  seinen  Blick  bis  nacb  Peraien 
wendet,  nm  eeinem  Receptenbuobe  eie  Mittel  gtgen  Quartan- 
£eber  einzureiheo,  welcbea  mir  sonst  unbekannt  iet: 

7, 
».  a.  0. 

17  Προς  τετορταΐον  ιατρεία  περσική*:  —  Ιατρός  τις  ίρι- 
f    στος  έν  περσίοι  νεανιαν  τινά  ώσεί  ετών  τριάκοντα  έχοντα 

τεταρταΐον  ούτως  isirfTa  *  έδίδου  αύται  μετά  τάς  πολλάς 
20  ημέρας  έκείνας  πέπερι  κόκκους  λ '  u&ptjt  b*  τής  ημέρας '  και 
έπάνιυ  τούτου  ihihou  οϊνον  λεπτόν  πίνειν  *  και  μένειν  δσιτον 
£Ϊα  έως  ώρας  .τ|.  και  ουτιυς  διήτα  αυτόν  ημέρας  οκτώ* 

pag.  94  ν: 
τη  hl  θ~'  ήμεροι  ϊλαβεν  αυτόν  έν  τψ  οϊκψ  αύτοΟ  καΐ  έν  ώρφ 
"b\  ?τεμε  τήν  καθόλου  τής  χειρός  φλέβα '  και  προσέταίεν 
αυτόν  ύπνώσαι  *  και  υπνιυσεν  ό  άνος  ώρας  h' '  και  μετά  τ6 
έγερθήναι  έπέταΕεν  ό  ιατρός  Ζΐυυμόν  ^  ποιήσαι  έκ  πετροστέγων 
D  Ιχθύων  και  έθρεψε  τον  dvöv  *  καΐ  τή  έπιούση  νυκτι 
περί  δευτέραν  φυλακήν  έκενώθη  δ  άνος  6ι*  έμέτου  κα\ 
^ιά  γαστρός^  προειπόντος  του  ίατρου  δτι  ιορώσαι  έχει" 
δπερ  και  έγένετο '  και  ούτως  ίάθη  ό  άνος;  — 

Efl  folgen  nunmebr  zwei  verecbiedene  Recepte  der  be- 
riibmteu  Ιερά  des  Galenas.  Sie  bangen  nicht  zusammen^  wie 
jscbon    die    Yeracbiedene    Bedactian    anzeigt,    und    eind    UberdieB 

Idurcb  allerlei  dazwiecben  gestreute  Artikel  getrennt;  Recepte 
t  *  Mau  erwartet  προσέτοΕα. 

l  3  ^  οΕος  δριμίί  καΐ. 

Ι  ^  Der  erate  Buchstabe  ist  wegen  der  Enletellung  durch  Correo- 

turen  onleBerlicb. 

^  Hier  fehlt  die  PräpoaiiioTi  προς  oder  dergL 

*  τής. 

^  Ιιιιμήν,  liei  Σιιιμόν. 


^ 


580  Fucht 

(pag.  95  γ),  π€ρι  φυσικών  1)υνάμ6ΐυν  (pag.  95  ν),  ßecepte  (pag.  96 
—97),  περί  κλυστήρος  (ρ.  97—97  ν),  τά  λεπτύνοντα  τάς  τροφάς 
(pag.  97  ν),  einen  Abschnitt  über  Mineralien  (pag.  98— 99  ν)» 
Becepte  (pag.  99v— 102v). 

Das  erste  Hecept  der  \ερά  lautet  also : 

8. 
pag  95 r: 

7 Σκευασία  τής  \ερας  γαληνού:    ρλβ' 

Έτπθύμου  1  •  άγαρικου  •  αλόης  •  οακρυδίιυν  μάννης*  κολοκυν- 

θίοος  • 
^έου '  σκίλλης  ότττής '  έλλεβόρου '  στοιχάοος  *  άμμωνιακοΟ  ' 

βδελλίου ' 
10  χαμαώρύου  •  πρασίου*  κασίας  •  σμύρνης*  γλήχιυνος••  καλα- 

μίνθ  •  ^  πε 
πίρειυς  •  σκαμιυνίας*  ακτής  δ  λέγεται  κουφοΕυλαία*  +βουείιυν*  i 
λατηρίου  *  ύπερικου '  πολυττοδίου '  όττοπάνακος  *  καστορίου  • 
πετροσελίνου  '   σαγαπήνου  *  κρόκου  *   άριστολοχίας  *  κιναμώ• 

μου*  μέλιτος:  — 
λαθυρΛιυν  •  κρότιυνος  •  τιθυμάλου  •  ή  τόν  όπόν  ή  τον  φλουν  • 
ιβ  Kvibiou  κόκκων  θλάσπειυς*  άγριου  λιυτου  σπέρματος*  σταφίδας 
άγριας  *  σπάρτου  σπε'ρματος  "  πέπλου  πεπλίδος '  δπιος  •  άλύ 
που  •  έμπέτρου  ^ '  κληματίτου  ^ '  ταύτα  πάντα  καθαρτικά  τυγ- 
χάνει,  τά  μέν  μετά  ύδατος  τά  bi  μετά  μέλιτος  *  καΐ  τινά  μέν 
καταπότια  τινά  bi  f δεσμά*  σύ  bk  μή  τά  πάντα  συνά 
30  εαι  βουληθεις  αμελήσεις  άλλ^  όπόσα  ευρείς  ευχερώς  έκ 
τούτων  βαλών  και  ένώσας  ποίει  τήν  Ιεράν  ή  μετά  μέλι 
τος  ή  μετά  τών  άλλων  καθώς  σοι  εϊρηται:  — 

Das  zweite  Recept  der  \ερά  bat  folgenden  Wortlaut: 

9. 
pag.  101  v: 
ιβΤΤερΙ  τής  ίερας  γαληνού*  ΚολοκυνθΙδος •  σκίλλης  ροπ  • 

30  όπτής  *  έλλεβόρου  *  στοιχάδος  *  άγαρικου  •  άμωνιακου  *  βδε 
λλίου  •   αλόης  •    χαμαιδρύου  *   πρασίου  '   κασίας   σμύρνης  • 

γλήχωνος  • 
καλαμίνθης  '  πεπέρεως  •  σκαμωνίας '  ύπερικου  έπιθύμου 


*  ΈπΙ  θύμου. 

γ 

3  φλησκούνης  Ρ  636,  β.  Erläuterung. 
"  d.  i.  καλαμίνθης. 

*  So  Ρ  636.  δ  ίμπετρ.  Ρ  636.  •  So  Ρ  636. 


Aneodota  medica  Graeca. 


m 


pag.  102  Γ : 
πολυττο^ίου  '  όττοπάνακος  *  καστορίου  '   ncrpocTeXivoy  '  Ιι^χι- 

Ρερευυς  * 
σαχατιήνου  '   κρόκου  *  όριστολοχίας  *    κιναμώμου  '  μΕλιτος  τό 

αρκούν : - 
Dann  Hcblieflftt  sich  der  Kanon  des  Maximuft  Plamiiles  (h. 
Amn.  1)  an,  liieriinf  kommen  ein  titelloses  Excerpt,  liandelnd 
TTCpi  αιμάτων,  verschietienartige  Keoepte  und  von  pag,  lOGv — 
110  auch  neugriechisclie  Medicamente.  Unter  diese  Imt  sich  ein 
verallgemeinerter  Satz  eingetioliliclieni  der,  wenn  er  wahr  wäre, 
dem  txalenos  zur  grössten  Unehre  gereichen  würile,  Heiner  aben- 
tevierliuhen  Fassung  nach  aber  höchstens  in  manche  Lehrbücher 
der  Geschirbte  der  Medizin  bineinpaRst.     Ka  heisst  da  nämlich: 

10. 
pag.  112r: 

i&  ΕΓττ£ν  δ  γαληνός"   ίίτι   i]  φλεβοτομία  καΐ  ή  κάΒαρύις  δύ- 
ναται πασαν 
νό(Τον  βοηθή(ΤαΓ  ίσιυθ€ν  και  Κιυθεν  και  μία  γυναίκα  ^  είχΕν 
εΙς  το  ßüCiov^  πάθος   καρκίνου  και  Ιατρεύθη  μετά*  φλεβο• 

τομίαν  και 
κάθαρσιν "  Μς  μέν  του  έαρος '  απαΕ  bk  του  φθινοπώρου 
χρ€ΐα  hi  καΐ  τών  ßuüOev  έπιθΕμάτων*  ώς  γινώοκΕΐς.  — 

Erlii  uterang. 
1. 

Die  Behauptnug,  daes  der  βουβών  und  das  φύγεθλον  Krank- 
heilen  de»  Driisensystems  scien^  findet  sieh  bei  Gralenos  Itestätigt 
Er  eagt  nämlich  in  seiner  Schrift  de  tumoribus  praeter  nahiram, 
Kap.  XV  (ed.  Knehn  VTI  729)  wiirtlieli  folgendes: 

'An  dritter  Stelle  schHcsst  sich  ihnen  der  ßubo  an  nnd 
'an  vierter  das,  was  Einige  Phygethlon  nennen ;  sie  unter- 
' scheiden  letzteres  aber  von  den  anderen  Anschwellungen  auf 
*  Grund  der  Wärme  und  der  Schnelligkeit  der  Entwicklung. 
'Andere  wiederum  behaupten,  dass  Phygethla  einzig  und  allein 
^in  der  Inguinal-  nnd  Achselhöblengegend  entstehen  in  Ge- 
'stalt  von  Entsiindungen  der  OrüsetL• 


^  B.  Erläuterung. 
3  ϊιέ  ρ  G36. 


5(<^  Facks 

Die  Beetatigang  wird  unterstützt  durch  Kap.  Υ  des  13. 
Buches  der  methodi  medendi  (X  88 1\  allerdings  nur  in  Bezug 
auf  den  βουβών;  es  heisst  daselbst: 

'Auch  am  Halse  und  neben  den  Ohren  schwellen  häufig 
'die  Drüsen  an.  nachdem  entweder  am  Kopfe  oder  am  Halse 
*oder  an  irgend  einem  benachbarten  Theile  Geschwüre  ent- 
'standen  waren.  Derartig  angeschKoilene  Ihrüsen  nennt  man 
*aber  Bubonen.* 

Allein  unser  Fragment  ist  nicht  nur  dem  Sinne  nach,  son- 
dern geradezu  dem  Wortlaute  nach  aus  Galenos  entnommen, 
lesen  wir  doch  im  Kap.  I  des  II.  Buches  der  medendi  methodus 
ad  Glauconem  (XI  77)  folgendes: 

Ιση  γαρ  ό  μέν  βουβών  και  το  φΰμα  καΐ  το  φύτ€θλον 
abe'vwv  παθήματα'  βουβών  μεν  ή  φλεγμονή,  φϋμα 
b^  το  ταχέως  αύΞόμενον  και  ιτρός  έκιτύησιν  έττειγόμενον, 
φύγεβλον  bi  το  λεγόμενον  φλεγμονώδες  ερυσίπελας  ή 
έρυσιπελατώοης  φλεγμονή' 

Man  sieht,  wie  der  Excerptor  die  Stelle  beachnitten  hat: 
Dvu  φΟμα  hat  er  nur  in  der  Ueberschrift  und  in  der  Defini- 
tion stehen  lassen,  die  Beschreibung  des  φΰμα  hat  er  durch 
WeglAssung  des  Begriffs  der  Schnelligkeit  und  des  Drängens 
rerkürvt«  bei  der  Schilderung  des  φΟγ^θλον  endlich  hat  er  die 
priguanren  Begriffe  φλεγμονώδες  und  έρυοιττελατώ^ες  heraus• 
gehoben. 

Kine  Ähnliche  Redacciou  bietet  uns  Theophanes  Xonnns. 
epitome  de  curatione  morborum,  cap.  CCXLVII  ^graece  et  latine. 
Ope  ccdicum  manuscripcomm  xecensui:  notisq^ue  adiecic  lo.  Steph. 
Bernard  II  ^Gothjie  et  Anistelodami  I79öj  254 — 257?.  Wir 
stellen  b^ide  Ver^touen  einander  gegenüber,  die  Abweichiingen 
find  durch  gespernea  Druck  angedeure;. 

Par.  636:  Theoph.  Xona.  ed.  Bemmrd: 

TTtpi   ϊ5ονρώνος   φν.'γ^^\ο^'  TTti?!  ^υ^ιατος  καΐ   βουβώ- 

ι^αι  φναατος'  νος. 

Κατά  uiv  τον  ΓαληνΟν  Κατά  uiv  tcv  Γαληνύν 

ύ  ρονίώ^  ναι  το  vCTii^Vov  ö  pccpwv  και  το  9C"Ci  «»» 

το  φνιγεβλον 

a^>iu;v  tisrt  τάγματα  ai^'i-..^  ^λη  τα^αατο. 

βο<.ΐΝΐΛ  i*iv  ^  ς?λεη•ο\ή  ■  Sc-,al>  -4ν  ή  φλεγιβονή. 

9cua  ii  it   TjxS;  έατνΤν'Ί^  ^Cua  ii  ή   τηρος  έκττύησιν 

φλεγμονή '  ΐττειγομεν^  φλτπ^>ν4^ 


Anecdota  medicA  Graeea. 


583 


φύτ€θλον  hi  τό  φλ€τμovώb€ς 


Tlieopli,  Konc.  ed.  Bernard: 
φύγεθλον  6έ  τό  φλεγμονώδες 
f\  έρυσιπελατώοης    φλεγ- 
μονή του  άδενος. 

Nacli  der  Angabe  Bernards  liaben  3  Hm,  f\  έρυίΤιπελατώΙϊες 
wie  der  Pariß,  636,  denn  da^  durch  den  consensne  codiciioi  Dar- 
gebotene φλεγμονή  passt  zu  dieser  Version  dnrchaae  nicht  Die 
andere  Ueberliefening  ή  έρυσίπελατώδης  φλεγμονή  stimmt  mit 
Galenoe  ü herein,  (Jie  Weglüseung  des  ή  im  Texte  bei  Bernard 
iet  eine  Flüchtigkeit. 


Das  zweite  BruchetUck  scheint  eine  Bearheitnng  der  pseud• 
aristoteüiicben  Gewittertheorie  zu  Rcin;  darüber  später.  Unser 
Brui'httliick  tOrrcfipondirt  ziemlich  genau  mit  Theophanis  Nonni 
epitome  de  curatione  morbonim,  cap.  CCLX  {ed.  Bernard  II 
280— 28ίί).  Der  Ueljersichtlichkeit  halber  werden  beide  Tradi- 
tionen nachstehend  einander  gegen ühergesteUt, 


Pan  ^^e: 
Γίνεται   κεραυνός   Οταν    ^ήΕις 

νεφών 
γένηται.  της  γάρ  παρακείμενης 

αύτοϊς 
γεώδους  ουσίας  έΕαφθείσης 
τό  έ£αφθέν 

έπΙ  την  γήν  μετά  ^οίϊου  φέ- 
ρεται, 
καΐ  εΐ   μεν  τυγχάνει   υγρά 

ίντα 
τά  νέφη  σβέννυται 
εΐ  δέ  γειυδέστερο 
πυροειδεϊς  εκθλίβονται. 
και  ποιοΰσι  τον  κεραυνόν- 

ίστι  γάρ  ψολόεις.   ττυρώδης 
έκνεφίας*   αργεί  η  ς.   και    έλι- 

κίας. 
το  μέν  ο  υ  ν  φυλάσίΤοντα 
άπό  κεραυνών  είσι  ταοτα  ' 


Theoph.  Kenn,  ed.  Bernard: 
Γίνεται   κεραυνός   δταν   ρή?ις 

νεφών 
γενηται ,  τής  γάρ  παρακείμενης 

αύτοΐς 
γεώδους  ουσίας  άναφθείσης 
τό  έ£αφθέν   άποτριβέν  ύιτό 

τής  ί^οπής 
έιτι  τήν  γήν  μετά  ροίίου  φέ- 
ρεται, 
καΐ   εΐ   μέν   υγρά   τυγχάνει 

όντα 
τά  νέφη  σβέννυται. 
εϊ  δέ  γειυδέστερα 
πρόεισιν  εκθλίβονται, 
τών    δέ     κεραυνών     είδη 

φ  α  σ  ι  πέντε* 
ίστι  γάρ  ψολόεις,  πυρόεις, 
έκνεφίας,  αργής  και  έλικίας, 

τά  δέ  φυλάσσοντα 

άπό  κεραυνών  εισι  ταύτα* 


te4 


taucht 


Par.  636: 
άπό  μέν  τής  γής  οάφνη  καΐ 
συκή. 


έν  bk  πτηνοϊς  ά€τός. 
έν  bk  νηκτοϊς  φώκη. 
ταύτα    οιποτρέπουσι    κεραυ- 
νούς: — 


Theoph.  Νοηη.  ed.  Bernard: 
έν  μέν  τοις  φυτοϊς   οάφνη 

κοί  συκή  • 
καΐ  γάρ  ηλίου  ταυτά   φα- 

σιν  εΤναι* 
έν  bi  πτηνοϊς  αετός  • 
έν  bk  νηκτοΐς  φώκη. 
ταύτα  άποτρίπουσι  κεραυνούς' 


και  βολβοί  πλησίον   κεί- 
μενοι 
ή  φώκης  δέρμα  ή  ύαίνης* 
τούτων   bk  τών   ίώων  τάς 

οοράς 
περίφέρουσι,  καΐ  τά  τών 

αυτοκρα- 
τόρων πλοία. 

Es  Bind  noch  einige  wiebtigere  Varianten  zu  TheophancR 
Nonnus  zu  beeprechen,  welche  Bernard  im  kritischen  Apparate 
verzeichnet.  Massgebend  sind,  wie  immer,  die  Zeilennummern 
des  am  Anfange  abgedrückten  Textes. 

10  αύτοΐςΐ  αύτώ  Ρ  636,  αυτής  Hss.,  αύτοΐς  Bern.    Es  ist  natür- 

lich auf  νες)ων  zu  beziehen. 

έεαφθείσης]  so  haben  die  Wiener  Hss.  und  der  Paris.,  έίανα- 
φθείσης  schlügt  Bern,  in  seinen  Anmerkungen  vor,  im  Texte 
aber  hat  er  άναφθείσης.  Die  handschriftliche  üeberliefe- 
rung,  welche  *in  Brand  gesetzt  bedeutet,  hat  keinerlei  An- 
RtoRS,  mithin  ist  nichts  zu  verändern. 

άποτριβέν  ύπό  τής  ίοπής]  Hss.  Bernards,  der  bloss  das  erste 
Wort  in  den  Text  aufnimmt.  Ein  Glossem  wird  hierin 
wohl  niemand  erkennen  wollen,  da  nichts  zu  erklären  war; 
es  spricht  aber  auch  sonst  nichts  gegen  die  Aufnahme  dienes 
Passus,  der  wohl  versehentlich  von  Bernard  überschlagen 
wurde. 

11  εΐ]  έάν  Bern.,  sicher  nur  ein  Druckfehler. 

τυγχάνει  υγρά]  υγρά  τυγχάνει  Hss.  Bernards.  Zu  dieser 
häufig  bemerkten  Umstellung  einzelner  Worte  bei  mcdici> 
nischen  Autoren  insbesondere  vergl.  meine  Bemerkung  zu 
Simeon  Seth  im  Philologus   1 894  ^.     Eine  Zusammenstellung 


1  Band  LIII  (N.  F.  YII)  3»  S.4G0,  en  48,  2. 


AnecdoU  tnedica  Or&eci. 


58!) 


und  BeleucbtUDg  dieser  auiFälligen  Erscheinung  iflt  meines 
Wieeens  noch  nicht  vereucM  worden;  sicherlich  würde  die 
Sfttnmlung  solcher  Varianten  hei  den  einzelnen  Schriftetellern 
auch  die  Gründe  erkennen  laasenj  weshalb  wir  so  oft  schwan- 
ken niüeeen,  wie  der  Schriftsteller  selbst  geschrieben  hat. 

la  πυpo€l^eΐς]  Hss.  mit  nur  graphischen  Abweichnngen.  TrpoeiCTtv 
ist  eine  völlig  zwecklose  Vermnthang  des  Heransgehers. 

u  %a\  TTOioucri  τον  κεραυνόν]  Ρ  636»  τΟυν  hk  κ€ραυνών  εί5η 
φασί  πΐντε  Hss.  Bernards.  Wahrscheinlich  ist  beides  neben 
einander  das  Ursprüngliche.  Der  Paris,  hat  das  eine,  Theo- 
phanes  Nonnas  das  andere  erhalten* 

u  ιτυρώοης]  Par.  636,  ταιρόεις  Ηββ•  Bernards, 

άργειης  des  Ραη  636  gegenüber  αργής  des  Theophanes  Nonnna 
ist  beibehalten,  weil  ersteres  eher  in  die  gebräurlilichere 
Form  vom  Abschreiber  verändert  werden  konnte  als  letifiterea 
in  die  weniger  gebräuchliche  (Suidas,  s»  v.  άργείης]  ο  λ€υκός). 
έκν€φτας  bezeichnet  sonst,  wie  die  Zusammenstellung  bei  Ste- 
phnmie  im  Thesaurus  ergiebt,  eine  Windgattnng,  diiher  bei 
Arietoteies,  meteor,  III  1:  (το  γάρ  κν€υμα)  δν  h'  άθρόον 
και  τπικνότερον,  ήττον  5' έκκριθή  λεπτόν,  ^κνεψίας  dve- 
μος  τίν€ται. 

Der   Schlüge    zeigt,    dass    die   vollständigere  Version    bei   Theo- 

»pbanes  Nonnue  vorliegt. 
Die  Parallelen   zu   den  einzelnen  άτιοτρ€Τπ:ικά   findet   man 
in    den  Noten   ßernards    recht    vollstäiidig.     Darauf    einzugeben, 
liegt  hier  kein  Grrund  vor. 

Was   die  einzelnen  Definitionen  der  Blitzgattungen  anlangt, 
«0  ist  Folgendes  zu  bemerken, 

ψολόεις,  welches  u.  a,  im  EtymoL  magn,  (pag.  819,  C)  und 
Eustath.  (pag.  1049,  35)  erklärt  wird,  kommt  schon  bei 
UomeroB,  Hesiodos  und  Theognis  vor,  als  wiesensoliaftlicher 
Terminuft  findet  es  sich  er«t  bei  Pseudaristoteles  (s.  u.), 
ττυρώδης  wird  sonst  vom  Blitze  wohl  nicht  angewendet ;  ebenso 
wenig  kann  ich  πυρόείς  als  Beiwort  des  Blitzes  belegen, 
wenngleich  es  Wörtern  wie  αστήρ,  βελος,  δμμα,  ποταμός 
nnd  πόθος  beigegeben  wird, 
έκνεφίας  ist,  streng  genommen,  nahe  rupta  exoriens  ventus, 
wie  Htephanus  im  Thesaurus  erklärt  und  der  echte  Aristo- 
teles bestätigt  (β*  0.  in  der  kritischen  Beapreehung,  nieteor• 
in  I).  Vor  TheophraHtos  und  Arietotelee  kann  ich  tlieses 
Wort  nicht  nachweisen. 

Klieln,  Mua.  f.  PJillol,  N,  F.  L,  88 


686  ^aohi 

α^ιτβίης  wird  von  Snida•  (•.  o.)  besengt  Bei  Aiecliyloe  findet 
■ich  die  yerwandte  Wortform  άργας  (Agam.  114),  bei  Pin- 
daros  άργήβις;  tonst  heisst  ee  αργής  oder  άρτή^ι  sehon  bei 
Homeroe  nnd  später  bei  Aristopbanes. 
έλΐκίας  tritt  erst  in  der  peeadaristoteliBchen  Scbrift  de  mmido, 
eap.  4  auf  (ed.  Aeademia  Regia  Borassiea  I,  BeroL  1831, 
p.  395  A). 

Dieses  Citat  ist  ffSir  das  ganze  zweite  Fragment  von  höchster 
Wichtigkeit  nnd  folgt  anbei : 

Κατά  bi  τήν  του  νέφους  ίκρηΕιν  πυρωθέν  τό  πνεύμα 
και  λάμψαν  αστραπή  λέγεται '  δ  δή  πρότερον  τής  βροντής  ύστε- 
ρον γενόμενον,  έπει  τό  όκουστόν  υπό  του  ορατού  πέφυκε  ςιθά- 
νεσθαι  του  μέν  και  πόρρωθεν  όραιμένου,  τοΰ  bi  έπειοαν  έμπε- 
λάσΥ)  τη  ακοή  και  μάλιστα  δταν  τό  μέν  τάχιστον  ή  τών  όν- 
TUIV,  λέγω  οέ  τό  πυρώδες,  τό  bi  ήττον  ταχύ  άερώδες  δν  έν 
τή  πλήξει  προς  άκοήν  άφίκνούμενον.  τό  δε  όστράψ<ιν  όνα- 
πυριυθέν  βιαίως  άχρι  τής  γής  διεκθέον  κεραυνός  κα- 
λείται,   εάν   bi   ήμίπυρον  ή,   σφοδρόν   b4  άλλως  και  άθρόον, 

πρηστήρ,  εάν  bi  δπυρον  ή  παντελώς,   τυφών Των 

bi  κ€ραυνων  οΐ  μέν  αiθαλώbεις  ψολόεντες  λέγονται,  οΐ  δέ 
ταχέως  bιάττovτες  άργητες,  έλικίαι  bi  οι  γpαμμoειbuiς  ς>ε- 
ρομενοι,  σκηπτοι  bi  δσοι  κατασκήπτουσιν  εΙς  tl 

Hiermit  läset  sieh  vergleichen,  was  in  den  scholia  ad  Tzetzis 
allegor.  Iliad.  über  den  Blitz  gesagt  wird:  Anecdota  Graeca  e 
codd.  mannscriptis  bibliothecamm  Osoniensiam  descripsit  J.  A. 
Cramer  ΠΙ,  Oxonii  1836,  p.  3S2,  25: 

Eibn  κεραυναιν  IE*  ψολόεντες,  πυρΟ€ντες,  σκηπτοΙ 
και  καταιβάταΐ'  και  έλικίαι  μετ*  αυτούς  και  σύν  cnJτoΐς  άρ- 
γητες. Λέγ€ται  bt  και  αργής  και  άργήτης.  (Dieselbe  gram- 
matikalische Bemerkung  dndet  sich  ρ.  383,  19  sq.). 

Das  Kapitel  vom  Blitz  im  Alterthum  ist  nenerdings  gut, 
aber  wenig  übersichtlich  behandelt  worden  in  dem  Buehe '  £lektri- 
citat  und  Magnetismus  im  Alterthume\  Von  Dr.  Alfired  Ritter 
von  Urbanitzky.  Wien,  Pest,  Leipzig  1387.  Dortaelbet  wird 
auf  den  S.  142  und  212  αργής  erklärt  als  'blendend  weisser 
BUtz\  ψολόεις  als  ^  rother,  rauchiger  oder  qualmiger  Blitz\ 

Das  dritte  Fragment  zu  entziffern«  ist  mir  leider  nieht  ge* 
lungen.  Was  sicher  ist»  ist  folgendes:  1)  Z.  16  ist  das  Λ  zu 
Α  lu  ergänzen  und  daraus  ein  zu  ιηκρά  paseeadea  ΑμύγΐΜίλο  su 


Anecdota  medica  urftocft^ 


687 


gewinnen,  2)  Haj  *  und  ίΕαγ  ist  die  Abkürzung  für  έΕάγιον  ^ 
Y72  übra  ^  sextnla  ^  24  «iliquae  ^  4  scripula  ^=  4,548  Gramm. 
8)  S"  =  S"  ^  V2,  wie  h&ttfig  in  medicinisclieii  Receptformeln, 
z,  B.  Galenosj  de  compos.  medicament.  aecund,  loc.  Υ III,  cap. 
in^ed.  Kuehii  ΧΠΙ,  p,  142  ubw.  4)  τούρττετ  und  πουλε  Bind 
mir  nnveretändlicb.  Jedenfalla  bat  dieeea  Reoept  mit  der  wirk- 
licben  πικρά  dea  Galenos  nicbt  das  mindeste  zu  tbnn,  denn  ee 
ermangelt  der  die  Haiiptwirkung  auBÜbenden  Aloe  vollständig  und 
unterscbeidet  eicli  aucli  in  ßeiner  Zusammensetzung  wesentlicb 
von  der  ecbten  Arznei  (0.  nuten  die  Erläuterung  zu  8.  9).  Dase 
die  Aloe  das  wirksame  Princip  ist,  zeigt  Galenoß  ed.  Knebn  XIII 
131  (n€pi  συνθεσειυς  φάρμακων  τών  κατά  τόπους  IIb.  IX,  cap.il): 
αϋτη  μέν  ούν  ή  κεναισις  του  λυποοντος  χυμού  bm  τής  αλόης 

γίνεται  μόνης Desbalb  lieisst  das  Mittel  aucb  kurzweg 

To  bi'  αλόης  (ed,  Knebn  VIII  223  aq.;  X  857).  Galenoe  batte 
zwei  Recepte  der  πικρά  (VI  429)  nud  verwendete  sie  gegen  eine 
fltaräbnlicbe  Trübung  der  Cornea,  welche  mit  einer  Verdauunga- 
letörnng  correepondirte  (ύπόχυσις  μήπυυ  μηδεμιας  έναργώς  φαι- 
νόμενης  βλάβης   έν   τή   κόρη συμπάθειαν    είναι   τών 

οφθαλμών  έπΙ  τή  γαστρί,  a.  a,  Ο.  VIII  224.  225}  und  zur 
Wegfübrung  sclilecbter  Säfte  aus  dem  Körper  (a.  a.  0.  X  857). 


Die  άντίϊϊοτος  προς  φθίσιν  ist  mir  sonst  nicbt  bekannt. 
Einzelne  Bestandtbeile  derselben  finden  aicb  sonst  allerdinga 
wieder,  z,  B,  die  Linse  ^=  lentieula  (CaeK  Äurelian,  morb.  chroii. 
II  14  ^  ed.  Amman  p.  423)  oder  die  derselben  in  ihrer  Wirkung 
abnliche  Kichererbse  =-  er  vom  (a.  a.  0.),  welche  nach  der  ange- 
gebeneu Stelle  beispielsweise  Tkemison  anempfabl.  Der  Pfeffer 
findet  flieh  2.  B.  in  dem  antipbtbisicnm  des  Flavianus  Creticus 
(Galen,  de  composit.  medicament  secund.  loc.  VII,  cap.  UI  = 
ed.  Knebn  XI Π  73),  im  catapotium  des  Scribonius  Largus  (a.  a.  0. 
cap.  V  =^  ed,  Knebn  XIII  99),  im  Recepte  des  Cbarixenes  (a.  a.  0. 
XIII  102)  und  in  der  panacea  des  berUbmten  Antonius  Musa 
(a.  a.  0,  XIII  104)*  Der  mit  ϋΟοΊυπος  bezeicknete  Smyrnäiecbe 
Dosten  *  (β*  meinen  Hippokratea  I,  S,  329,  Anm.  76)  wird  a.  a*  0. 


Γ  ^  Α.  a.  0.  ist  verzaicbnet,  waa  folgt:  '  Da  der  byasoput  ofßcinalis  L» 

oder  gemeine  Yaop  in  Griechenland  nicht  vorkommt,  erklären  Sprougcl 
und  Fraae  den  ΐίσοίυττος  für  origanum  Smymaeimi  oder  Syriacum  L/, 
In  seiner  Auegabe  des  *  Alexander  von  Tr  alles*  bemerkt  Pußchraanu 
(I  306):   'Ob  unser  hyasapas  officinali»  L,    ist  fragtiob.    Diosk.  Ol  27 


688  tOohe 

ΥΠΙ,  cap.  III  =  ed.  Kaehn  ΧΙΠ  164  in  dem  Aster  stomacliiciie 
mitverwendet.  Der  Honig  ist  wie  oft  ein  znm  Zusammenhalten 
und  zum  Würzen  dienender  Zusatz,  z.  B.  auch  in  den  Recepten 
des  Flavianus  Creticus  (XIII  73),  Charixenes  (102)  und  Antonius 
Muea  (105).  Von  einer  Erkrankung  an  Schwindsucht  ist  mir 
aus  der  Biographie  des  Kaisers  Nero  nichts  hekannty  und  auch 
Wiedemeister  ^  erwähnt  in  seinem  sehr  umfassenden  und  zuTcr• 
lässigen  Werke  nichts  Derartiges.  Zur  Constatirung  eines  tuher- 
culösen  Zustandes  zwingt  auch  die  von  Suetonius  gegebene  Schilde- 
rung der  körperlichen  Erscheinung  des  Kaisers  keineswegs  Κ  Hin- 
gegen fehlt  es  in  der  medizinischen  Litteratur  durchaus  nicht  an 
Beispielen  dafür,  dass  man  obscuren  Mitteln  berühmte  Kamen 
gab  '.     Ein  solches  wird  hier  wohl  vorliegen. 

5. 
In  Zeile  2  ist  zunüchst  für  φλ€βοτόμου  αντιδότου  zu  lesen 
φλ€βοτομίας  αντίόοτος.  Dass  man  ein  ή  φλ€βοτόμος  seil.  χ€ΐρ• 
ουργία  =  φλ€βοτομ!α  ansetzt,  ist  unmriglich  und  widerspricht  dem 
Geiste  der  griechischen  Sprache.  Wenn  Tbeophanes  Konnus  (a.a.O• 
Kap.  CLXXXIV  =  ed.  B**rnard  II  im,)  schreibt  .  .  .  κα\  τό  bia 
καλαμίνθης  συν  οΕυμέλιτι  και  τό  σύγκομα  τό  ήττατικόν  και  ή 
φλ€βότομος  (sc.  ποΐ€Ϊ  d.  i.  wirkt  oder  hilft),  so  ist  φλββότο- 
μος  einfach  für  corrupt  zu  erklären  und  ή  φλεβοτομία  einzu- 
setzen^. Derselbe  Fehler  lindet  sich  mannigfach  in  den  medid• 
nischen  HandschriAen  wieder.  Z.  B.  bietet  der  Cod.  Dorvilli  im 
l.emma  der  Γαληνού  τών  Ιπποκράτους  γλωσσών  έΕηχήσβις  statt 
φλ€βθΤθμίαν  (ed.  Kühn  XIX  151)  vielmehr  φλ€βθΤΟμψ.  £β  ist 
zu  unterscheiden  l)  ό  φλ€βοτόμος  =  der  zur  Ader  Lassende^ 
auch  eine  besondere  Klasse  ärztlicher  Handlanger  bezeichnend, 
wie  bei  Galenos  ed.  Kühn  XVII,    II  229:    ^ι21οτόμοι,    μυρ€ψοί, 


fuhrt  zwei  Arten  an,  von  denen  die  im  Garten  wachsende  von  Mat• 
thiolus  =  hyssopus  ofnciualis  gesetzt  wird,  von  Fab.  Colomna  und  in• 
dor^D  »l>er  =  Teuorium  pseudbyssopum  Schreb.  und  von  Sprengel  end- 
lich =r  einer  OrigAuum  Art.  Im  houtiirea  Griechenland  =  Satoreja 
luliana  L.\ 

*  Der  Casaronw  Jir.sinn  der  lulisch-CIaudischen  Imperatorenfamilie 
geschilvlert  an  don  Kaisern  Tiberiu«,  CiHguLu  Clandius,  Nero.  Han- 
nover is::>.  S.  207  flf. 

*  A.  a.  O.,  S  J-r^f. 
»  S.  7.  B.  Nr  :i. 

^  Dt'r  civl.  Β  IVrr^rli  bietet  difur  in  ebenso  fehlerhafteB  Schrei- 
bang  και  τήν  φλ€^τοαον. 


Änecdota  medica  Qraeca. 


5S9 


μάγειροι,  καταττλ(4ττοντ€ς,  έπιβρ^χοντες,  κλύ2οντ6ς,  όποσχάίον- 
τες,  φλεβοτομουντες,  σικυάίοντ^ς;  2)  τό  φλ€βότομον  sc.  Ιρ- 
γαλ€Ϊον  =  Scarificirinesser,  AderlasBecliiiepper,  Lanzette,  Der 
Grand,  weshaib  in  den  Handscliriften  bo  häufig  die  Formen  dee 
O-Stammes  für  die  des  a-StammeB  gefundeti  werden,  echeint  mir 
der  za  sein,  dass  die  Schreiber  aus  der  im  späteren  Griechiscli 
fiir  bia  φλεβοτομίας  (vermittelet  des  Aderlasses)  häufig  vorkom- 
menden Form  bta  φλεβοτόμου  (vermittelst  des  SacrificirmeseereJ 
ein  Sabstantivum  φλεβοτόμος  construirt  haben  in  der  Bedeutung 
von  φλεβοτομία ;  denn  dass  griechiscli  gebildete  Mifimer  ao  diesen 
verMltniesmässig  seltenen  Formen  irgend  einen  Antheil  haben 
könnten,  will  mir  nicht  einlencliten.  Es  kommt  hier  ferner  in 
Betraclit  z.  B.  Theopb.  Nonn.,  cap.  IV  ^  ed*  Bern.  I  30  oder  ib., 
cap,  X  =  ed.  Bern.  I  52,  woselbst  φλεβοτόμου  zu  lesen  iat  und 
amcli  von  mehreren  Handschriften  überliefert  wird,  die  codd.  Ä 
und  Ε  hingegen  φλεβοτομίας  bieten.  Doch  wird  auch  bia  φλε- 
βοτομίας ohne  Variante  einmal  überliefert,  nämlich  a.a.O.  Kap, 
TU  =  ed.  Bern.  I  40, 

Was  das  Iffittel  selbst  angeht,  so  ist  die  Bezeichnung  άν- 
τί5οτος  zunächst  auffällig.  Zeile  6  steht  ja,  daas  das  Mittel  εις 
ίμβαΰιν  d.  h.  zum  Eintauchen  oder  Baden  der  scarificirten  Stelle 
dienen  soll,  während  nach  des  Gralenoe  Erklärung  (ed.  Kühn  XIV  1) 
τάς  ιωμένας  τά  πάθη  δυνάμεις  ούκ  Κωθεν  έπιτιθεμένας,  άλλ' 
είσω  του  σώματος  λαμβανομένας  άντιδότους  όνομάίΐουσιν  ό\ 
Ιατροί*  Wein  wird  mit  Vorliebe  an  Antidote  gethan,  besonders 
bei  den  Römern  Falemer  (Galenos  XIV  13fiF.;  19),  während  man 
meinen  sollte,  daes  die  Qualität  des  Weines,  Weisswein  oder  tem- 
perirter  Wein,  ohne  Belang  wäre  für  die  Wirkung  eines  par- 
tiellen Bades  im  Wasclibecken.  Dass  nach  Aderlass  innerlich 
wirkende  Mittel  verabreicht  werden,  ausser  kräftiger  Diät,  welche 
ja  selbitverständlich  ist,  erkennen  wir  aus  Theopb.  Nonn,,  cap, 
CCX  —  ed.  Bern.  II  170:  Μετά  bi  την  ίκτην  ήμίραν  καθαρ- 
T€ov  hm  τήν  κολοκυνθίδος  kpav*  είτα  bibou  το  καστόριον  ττί- 
νειν  bia  μελικράτου "  προφλεβοτομητεον  hk  πρ6  ττάντϋΐν  •  δί6ου 
ΐ>έ  και  τήν  πικράν  ύύν  μελικρατψ.  Also  auch  hier  wird  eine 
πικρά  nach  dem  Aderlässe  verordnet,  zweifellos  die  echte  πικρά 
Galeni  (ed.  Kühn  ΧΙΪ  539),  welche  doch  nur  ein  innerliches 
Arzneimittel  war.  Aus  Galenos  selbst  kann  man  nichts  entneh- 
men. Der  Index  desselben,  über  den  hinauszugehen  man  bei 
nutergeordneten  Fragen  gern  vermeidetj  weist  nur  folgendes  An- 
tidot auf  (ed.  Kühn  XIV  539): 


590  Foohs 

ΤΤρός  τάς  άπό  φλ€βοτ6μου  γινομένας  φλεγμονάς  και  σκλη- 
ρ(ας  τών  βραχιόνων  και  πυρακτώσεις  και  θρομβώσεις.  Ζύμην 
σιτίνην  μετά  άΕουγγίου  μαλάΕας  επιμελώς  χρώ  *  οόκιμον  γ&Ρ 
έστι. 

Ob  das  Mittel  eiDgenommen  oder  aufgelegt  werden  boU, 
wird  nicht  gesagt,  es  ist  aber  wohl  an  den  ausserlichen  Gebraaeh 
desselben  zu  denken.  Auch  die  Zusammensetzung  spricht  gegtn 
ein  Bad•  Zwar  die  Galenische  πικρά  ist  dieses  Mittel  nicht,  aber 
doch  ihm  nahe  verwandt.  XU  539,  wo  die  Bestandtheile  dieser 
Panacee  angegeben  werden,  finden  wir  αλόης,  ναρ5οστάχυος, 
μαστίχης,  όσάρου  wieder,  während  die  typische  Sechszahl  — 
ausser  dem  Hauptbestandtheile  Aloe  —  erreicht  wird  durch  des 
Zusatz  κινναμώμου,  Ευλοβαλσάμου  und  κρόκου.  Auch  XUl  131, 
woselbst  nur  die  wichtigsten  Bestandtheile  aufgezählt  werden, 
AloS,  Mastiche  und  Cinnamomum,  hat  nur  die  beiden  ersten  mit 
unserem  Recepte  gemein,  während  VI  432  statt  der  schwer  za 
beschaffenden  Dosis  κινναμώμου  lediglich  empfohlen  wird  κασίας 
τής  αρίστης.  Grösser  wird  die  Aehnlichkeit  der  Medication, 
wenn  wir  über  Galenos  hinaus  gehen.  Alexandros  Trallianos  Yll, 
cAp.  y  =  ed.  Puechmann.  II  279  z.  B.  weist  von  7  Bestandtheilen 
nicht  weniger  als  5  nach,  nämlich  μαστίχης,  ναροοστάχυος, 
όσάρου,  κρόκου  und  αλόης  ήπατίτιόος,  während  sich  dort  ffir 
die  fehlenden  Kräuter  eingesetzt  finden  σχοίνου  ανθούς,  Ευλο- 
βαλσάμου  (s.  Galenos  XII  539),  κινναμώμου  αληθινού  (s.  Ga- 
lenos XII  539)  und  κασίας  (s.  Galenos  VI  432).  Ich  bin  daher 
au  dem  Resultate  gekommen,  die  Worte  €ΐς  ίμβασιν  als  einen 
der  Absicht  des  Galenos  widersprechenden  Zusatz  durch  eckige 
Klammem  aus  dem  Contexte  auszuschalten. 

6. 
Das  in  populärem  Griechisch  verfasste,    der  apltesten  Zeit 
angehörige  Mittel  ist  in  gemeinverständliche  Form  übersetzt  wor- 
den  durch   die   darauf  folgende   Erklärung  ήχουν Mit 

dieser  ist  zu  yergleichen  Nr.  4,  Zeile  22:  "b  ήτονν  TCOOdpuiv, 
wo  also  der  Wortbegriff  ria-  für  das  Zahlzeichen  ana  demselben 
Grunde  eingesetzt  ist.  Auf  den  Inhalt  dieses  mittelalterlichen 
Receptes  einzugehen,  liegt  kein  Grund  Tor.  Galenos  verwendet 
andere  Mittel,  wie  XIV  l>64.  43^.  508.  514.  5S0  zeigen.  Anmer- 
kungsweise  sei  hier  darauf  hingewieeen,  dass  die  Beeepte  ας 
καλλίφοινίαν  und  προς  άττοκοττάς  φΐυνης  v^^TV  514)  auf  S.  580 
wörtlich  wiederkehren.  £ine  einheitliche  Beeenaieft  liegt  also 
keinesfalls  vor«  wie  schon  dieses  eine  Beispiel  destlidi 


AnecdotB  medioa  Graeoa. 


ni 


7. 

Bie  tlierapentiecbeD  VorBchriften  dieeer  Nnmmer  echemen 
"inir  ebenfaüe  anderwärte  bisher  nicht  nachgewiesen  zu  sein.  Znr 
Zuruckführung  derselben  auf  irgend  welchen  alten  Gewährsmann 
fehlt  um  so  mehr  ein  Anhalt,  als  das  'Ιατρός  τις  δριστος  έν 
περϋί^ι  keinerlei  Zeithestimmung  enthält,  es  könnte  ja  wie  bei 
Nr,  6  sogar  ein  mittelalterlicher  Autor  vorliegen.  Gleichwohl 
finden  eieh  manche  Berührungepnnkte  zwischen  den  Yorachriften 
der  Anecdota  nnd  den  Anordnungen  des  Galenos.  Zeile  19  ist 
μετά  τάς  πολλάς  ημέρας  έκείνας  hinzugefügt,  weil  das  Quartan- 
fieber  anfangs  mit  Mässignng  nnd  Schonung  zu  behandeln  ist^ 
ohne  daas  ein  heftig  wirkendes  Mittel  verabreicht  oder  Enthal- 
tung von  Speisen  vorgeschrieben  wird,  es  müsste  denn  die  Voll- 
hlutigkeit  eine  gar  zu  bedeutende  sein  (Kühn  XI  37  sq.).  Die 
Verabreichung  von  Pfefferkorn ern  ist  gleichfalls  typisch  (vgl. 
Zeile  19  f.  mit  Kühn  a.  a.  0.;  XI?  167.  524),  Erstere  Stelle 
empfiehlt  den  Pfeffer  entweder  in  Form  des  praeoeptum  bia  τριών 
π€π€ρ€ΐυν  oder  des  praeceptum  ϊ)ΐθ(Τπολιτικόνί  fügt  indessen 
weiter  hinzu :  '  Wenn  die  Patienten  aber  alltäglich  auch  bloss 
Pfeffer  mit  Wasser  einnähmen,  würden  sie  richtig  verfahren*. 
Den  Genuas  leichten  temperirten  Weissweines  erwähnt  XI  38, 
während  nach  XI Υ  561  Gamander  ^  Teucrium  Chamaedrys  L., 
in  altem  Weine  gekocht,  gute  Dienste  leisten  solL  Die  άαιτία 
(Zeile  21),  welche  zu  Beginn  thunlichst  zu  vermeiden  iet,  wirkt 
wahrend  des  Fastigiums  der  Krankheit  vortrefflich.  Galenos  er- 
reicht diesßibe  Wirkung  durch  strengere  Diit,  Huhe,  Diuretica, 
Purgativa,  besonders  weisse  Kieswurz,  und  Erbrechen  sogleich 
nach  der  Mahlzeit,  er  ersetzt  also  die  ασιτία  durch  die  κένυιύις. 
Aderlass  finden  wir  Xl  38  wieder,  und  zwar  an  derselben  Stelle, 
wie  die  Zusammenstellung  von  τήν  καθόλου  τής  χειρός  φλίβα 
tind  φλέβα  ήτοι  τήν  εντός  ή;  την  μέσην  άγχωνος  lehrt.  Schlaf, 
wenn  auch  während  längerer  Zeit,  kehrt  Xi  39  wieder.  In  der 
Nähe  der  Felsen  lebende  Fische,  πετραϊοΐ  gewöhnlich  genannt, 
piflcea  saxatÜes^  sind  eine  leicht  verdauliche  nnd  gutes  Blut  er- 
zeugende Speise  (VI  718;  XVII,  II  489).  Deshalb  werden  sie 
eohon  in  dem  unachteii  Hippokrates,  Zweites  Euch  der  Diät,  Kap. 
XII  (XL VIII)  \    erwähnt  und  gern  als  Krankenkost  verabreicht 


ρ  ^  In  meiner  Ausgabe,  S.  323:   'leicht  sind  fast  alle  in  der  Nähe 

von  Felsen  lebenden  FiBche,   z.  B.  der  grüne  Klippfisch,   die  schwarze 
Meergrundel,  die  Elephitis  und  der  Kaulkopt'« 


592  Fuchs 

Das  Wort  πετρό(ΤΤ€γος  ist  ein  sehr  seltenes  und  in  dieser  Za- 
sammensetzung  mit  Ιχθύς  bisher  ein  δπαΕ  λεγόμενον.  Das  £^ 
brechen  (Zeile  6)  wurde  schon  erwähnt,  desgleichen  die  κένιυσις 
bia  γαστρός  (XI  39). 

8.  u.  9. 

Die  Nr.  8  und  9  bieten  verschiedene  Recepte  einer  sogen. 
Upa  (vgl.  oben  die  Erläutemng  zu  Nr.  3). 

Zunächst  die  Textgestaltung !  Es  liegen  zwei  Versionen  und 
nicht  zwei  verschiedene  Hierae  vor,  und  zwar  ist  die  zweite 
offenbar  ein  Auszug  aus  der  vollständigeren,  mit  Nr.  8  bezeich- 
neten. Nr.  9  beginnt  mit  der  6.  Substanz  (κολοκυνθίοος)  von 
Nr.  8,  überspringt  die  7.,  bringt  dann  aber  die  8. — 10.  (σκίλλης 
όπτής  — στοιχάδος),  schiebt  dann  Nr.  2  (άγαρικου)  ein  und  föbrt 
mit  11  und  12  (άμμωνιακου  und  β^ελλίου)  fort.  Nachdem  3  ein- 
geschoben ist,  folgt  13,  14,  15,  1Γ>,  17,  18,  19  und  20  (χαμοΐ- 
bpuou — (Τκαμιυνίας).  Nun  kommen  der  Reihe  nach  die  Nnmmem: 
24  ύπερικου,  1  έπιθύμου,  25—28  πολυποοίου  —  πετροσελίνου; 
als  besonderer  Zusatz  erscheint  dann  2[ιγγιβέρε(υς,  dann  geht  die 
Reihe  weiter  mit  29—33  σαγαττηνου  —  μέλιτος.  Diese  ausführ- 
liche Vergleichung  war  nicht  zwecklos,  sondern  giebt  uns  das 
sicher  an,  was  wir  vorher  nur  vermuthen  konnten,  nämlich  dasg 
in  Zeile  10  bei  der  17.  Zukehrung  der  Nr.  8  für  das  überlieferte 
Γ 

φλησκούνης  zu  schreiben  ist  γλήχωνος.  Keine  Erklärung  frei- 
lich findet  Nr.  22  ßou2[iiuv,  über  welches  ich  keinerlei  Aufschlnss 
zu  geben  vermag.  Auch  zu  κληματίτου,  Nr.  8,  Zeile  17,  kann 
ich  nichts  Sicheres  sagen.  Unwahrscheinlich  ist  κληματΐου,  wel- 
ches auf  έμπετρου  bezogen  werden  müsste,  also  *  Schössling 
der  ίμπετρον  genannten  Pflanze*  bedeuten  würde,  während  an- 
dererseits die  Wahl  zwischen  κληματίδος  und  κληματίτι&ος 
schwer  wird. 

Ueber  das  AVesen  der  ΙεραΙ  giebt  uns  Aufschlnss  Gralenos, 
ed.  Kühn  XIII  129  sqq.  Danach  gab  es  vor  Galenos  zwei  ver- 
schiedene so  benannte  Mittel,  deren  eines  zum  unterschiede  von 
dem  anderen  durch  den  Zusatz  des  hauptsächlichen  prineipinm  agene 
gekennzeichnet  wurde,  also  Ιερά  ή  ΟΓ  αλόης  und  Ιερά  ή  bia 
κολοκυνθί^ος.  Zur  Zeit  des  Galenos  nannte  man  meistens  das 
Aloemittel  die  πικρά,  das  Coloquinthenmittel  die  Ιερά  (a.  a.  0.). 
Dass  man  aber  darin  nicht  oonsequent  verfuhr,  zeigt  VI  354,  wo 
es  heisst:  '£s  nennen  aber  die  einen  dieses  Mittel  (das  Aloe- 
mittel) ιερά,    die  anderen  πικρά  .     Vgl.  ausserdem  XI  368  sq.; 


Anecdoia  medica  Graeca. 


593 


XV  539  8q*  Ausser  diesen  gemelnbin  so  genannten  tepal  mit  dem 
beigefügten  ünterBcheidungamerkmale  gab  ee  noch  eine  ganze 
Beihe  anderer  der  Anpreisung  wegen  so  betitelter  Recepte,  wie 
es  ja  aucb  viele  Recepte  des  Namens  ηά^χρ^ύτος^  αθάνατος, 
πανάκεια,  Ζευς  urw.  gab.  Im  Galenoe  finden  eicb  die  lepa  προς 
0τομαχικούς  des  Antipatros  (ΧΠΙ  136),  des  Tbemieon  (ΧΙΠ  158) 
und  des  Androinßcbos  (Xll!  12β),  andere  verzeicbnet  Pnscbmann 
in  seinem  ^Alexander  von  Tralles  ^.  Weder  Nr,  8,  noch  Nr.  9 
iit  eine  in  iinfierein  Galenoscorpus  vertretene  Hiera,  wobl  aber 
ist  der  Grundstock  unseres  Mittels  8  zu  finden  XIV  327.  Es 
decken  sich  mit  den  Ineditis  folgende  Bestandtbeile:  κολοκυν- 
θίδος  έντεριώνου  του  εντός  άπαλου,  κασίας,  κινναμώμου^  σμύρ- 
νης,  κρόκου,  όποπάνακος,  πεπφειυς  μακρού  και  μέλανος,  πρα- 
σίου.  στοίχάΐϊος,  άγαρικου,  ααγαπηνου,  μβλιτος,  mebr  als  in  Kr.  8 
aber  werden  verzeicbnet  χαμαιττίτυος,  σχοΐνου  άνθους,  vapbo- 
στάχυος,  τεντιανής.  Solcher  Variationen  giebt  es  unzählige,  und 
es  darf  uns  nicht  wundern,  wenn  die  durch  unwesentliche  Ab- 
änderungen bereicherten  und  später  völlig  veränderten  Recepte 
doch  noch  als  Galeniana,  schon  der  Empfehlung  wegen,  weiter 
verbreitet  worden.  Eine  ähnliche  Version  dieses  unter  Nr,  9 
verzeichneten  ^heiligen'  oder  wohl  besser 'starken'  Mittels  enthält 
Aetios,  coutractae  medicinae  tetrabibli  (Lugduni  1549)  p»  163  inf.: 

Hiera  Galeni.  Cap»  CXIIL 

Medullae  colocynthidie  sextantem  et  unciae  dimidium,  cha* 
maedryos,  agarici^  Scillae  assatae,  ammoniaci  tbymiamatis, 
Bcammoniae,  corticis  veratri  nigrij  stoechadis,  hyperici,  sin• 
gulorum  sextantem,  epithymi,  enphorbii,  otriueqne  drachmae 
VIII,  polypodii  sicci,  bdelliii  aloes»  marrubii,  casiae,  singu- 
lorum  sextantem,  niyrrhae  trogodyticae,  sagapenii  croci,  ari- 
etolochiae  lougae,  piperie  alhi,  longi,  communis,  cinamomi, 
opopanacis,  castorü,  petroselini,  Bingulorum  drachmas  IV* 
Mellis  quod  satis  est  Dato  perfectam  dosim  dracbmas  IV, 
mediam  lU,  minimam  II  cum  aqua  mulsa  et  salis  tenuissime 
triti  oochleario  dimidio• 

Maxima  porro  est  eius  ntilitas. 

Nun   wird   die  Wirkung    des   Receptcs   im    Einleben  bö- 
ecbriehen. 


1  Wien  1878,  I  502,  Anm.  1. 


I 

L 


594  Fuchs 

10. 
Dieees  fragmentarisch  gefasete  Stück  besteht  aus  einem 
classisch-griechischen  Thema,  in  welches  die  von  einem  Nen- 
griechen  gemachte  und  in  moderner  Sprache  niedergeechriebene 
Beobachtung  über  ein  Carcinom  der  Mamma  mitten  hineingescho- 
ben erscheint  Es  ist  deshalb  an  den  Formen  γυναίκα  und  ßuZiov 
nichts  zu  ändern.  Der  oblique  Casus  yerrichtet  heute  neben  γυνή 
die  Function  eines  Nominativ.  Τό  βυΖίον  bezeichnet  die  weib- 
liche Brust,  an  welcher  ja  Carcinome  mit  Vorliebe  auftreten. 
Neu  ist  aber  nicht  nur  die  Form  des  Mittelstücks,  sondern  auch 
die  Weisheit  der  beiden  ersten  Zeilen.  Denn  so  thöricht  war 
Galenos  keineswegs,  dass  er  den  Aderlass  oder  irgend  ein  an- 
deres therapeutisches  Verfahren  sinnlos  und  ohne  üeberlegung 
überall  anwandte.  Dies  zu  behaupten  ist  genau  so  thöricht,  wie 
wenn  man  dem  Erasistratos  unterschiebt,  er  habe  alle  Krank- 
heiten auf  die  Plethora  zurückgeführt  Nein,  Galenos  führt  ge- 
rade eine  grosse  Zahl  Indicationen  und  Contraindicationen  f^  den 
Aderlass  an,  unter  welchen  die  nachstehenden  Stellen  von  Bedeu- 
tung sind:  VI  263;  X  439;  626;  658;  777  sq.;  XI  269  sq.;  290; 
292;  310;  XV  764sq.;  XVI  261;  481;  XVII,  II  116.  Von  der 
κάθαραις  oder  Purgation  gilt  das  von  dem  Anonymus  Behaup- 
tete noch  viel  weniger.  Z.  B.  werden  XVII,  II  448  von  der 
Purgation  ausdrücklich  ausgeschlossen  ol  [γαρ]  ίϊ,  όπβψιιΣτν  πολ- 
λών f|  γλίσχρων  f|  παχέιυν  εδεσμάτων,  ωσαύτως  bt  οίς  Kod 
υποχόνδρια  διατεταμ^να  πεφύσηται  ή  ύπερβαλλόντως  έστι  θερμό 
και  πυρρώδη  τα  ουρά  καί  τις  αυτόθι  των  σπλάγχνων  φλεγμονή, 
πάντες  οΰτοι  προς  τάς  καθάρσεις  άνεπιτήδειοι.  Contraindicirt 
ist  die  Purgation  femer  ζ.  Β.  bei  Schwangeren,  weil  Abortus 
entstehen  könnte  (XVII,  II  652 sqq.),  aber  auch  sonst,  z.B.  XVO, 
II  655  sqq.;  X  821.  Auf  die  Gefahren  der  Venäsection  verwei- 
sen z.  B.  III  359;  XI  353;  XVI  280.  Welche  Jahreszeit  ge- 
eignet sei,  wird  XI  347  genau  bestimmt,  welche  Gegend  ebenda, 
welche  Krankbeiteperiode  IX  571;  XVI  279;  XVII,  II  346;  667, 
daes  nur  bei  der  Verfolgung  bestimmter  Zwecke  zu  purgiren  ββί, 
lehren  z.  B.  X  288;  XV  111;  XVI  114.  Der  Scopus  ist  immer, 
der  Grösse  der  Krankheit  und  den  Kräften  des  Patienten  ent- 
sprechend vorzugehen.  Bei  Carcinomen  wendet  Galenos  ebenfalls 
die  Reinigung  durch  Abführmittel  und  den  Aderlass  an  (X  977 sqq.; 
XII  142  sq.).  Dass  der  Aderlass  im  Allgemeinen  im  Frühjahre 
stattzufinden  habe,  lehren  u.  a.  folgende  zwei  Stellen:  1)  XVIII, 
I  78:  Όκόσοισι  φλεβοτομίη  ή  φαρμακείη  συμφέρει,  τούτους  τοΟ 


Anecdota  medica  Graeca. 


595 


I 


I 


I 


ήρος  φλ€βοτομ€Ϊν  f|  φαρμακ€ύ€ΐν  χρή,  deon  diefleii  Aphoriemne 
des  Hippokratea  billigt  Galenos  in  sebem  Commentare  (a*  a.  0*) 
ausdrücklich;  2)  XVIII»  I  161,  woaelbet  der  näraliolie  Lehrsatz 
in  folgender  Form  wiederkehrt:  Όκόσοισι  συμφέρει  αίμα  άφαι- 
ρ€Ϊ0θαι  άττό  τών  φλ€ρών,  τούτους  χρή  ίαρι  φλββοτομεϊσθαι. 
Der  Anfang  des  FrühlingB  wird  genannt  XI  271.  Der  HerbBt 
wird  nach  dem  Beißpiele  des  Hippokrates  von  Galenoß  gleichfalle 
als  geeignete  Zeit  empfoiilen  {XYI  126  sq.).  Was  schlieBsliob 
den  Znsatz  in  Zeile  19  anlangt  'Es  nützen  aber  auch  aussen  ap- 
plicirte  Arzneien;  das  ist  ja  bekannt',  eo  geht  er  nicht  auf  Ga- 
lenos znriiok,  sondern  auf  den  YerfaBser  des  ganzen  Abschnitts« 
Der  Gedanke  ist  zu  ergänzen  ans  den  Worten  πάσαν  νόσον  in 
Zeile  15,  so  dase  es  etwa  iieisst:  'Bei  vielen  Krankheiten  nützen 
aber  auch  .*.,/. 


Der  cod*  Paris,   G  r  a  e  c*   232  4  s  a  e  c.   XVL 

In  Abschnitt  III  des  früheren  Aufsatzes  ^  (S,  539  f.)  war 
angemerkt  worden,  dasa  der  cod.  Paria*  Graec,  2324  zur  Re- 
GOEStmction  einer  Reihe  der  dortselbst  folgenden  nicht  edirten 
Bruchstücke  heranzuziehen  sei,  da  er  auf  eine  andere  Quelle 
zurückgehe  und  oft  das  Richtige  an  Stelle  der  Corruptelen  von 
Paria.  euppL  Graec.  636  darbiete.  Er  konnte  herangezogen  werden 
bei  folgenden  Fragmenten:  Nr.  2  λήθαργου  αιτία,  Nr,  4  Άπο- 
π\τ\ί\ας  αιτία,  Nr.  5  περικεφαλαίας  αιτία,  Nr.  8  πλευρίτι6ος 
αιτία,  Nr.  9  περιπνευμονίας  αιτία,  Nr.  10  Συγκοπών  αιτία  καρ• 
5ϊης,  Νη  15  Κοίλικών  αιτία,  Nr.  16  Σκοτοματικών  αιτία,  wo 
er  keine  Variante  bot,  Nr.  17  μανίας  αιτία,  Nr.  18  μΕλαγχολίας 
αιτία,  Nr.  20  παραλύσεως  αΙτία,  Nr.  21  Κυνικού  σπασμοί)  αίτια, 
Νγ,  22  Παραλύσεως  κατοπόσεως  αίτια,  Νπ  23  μυ5ριάσεως  καΐ 
φθίσεοίς  οίτία,  Nr.  24  αίμοπτυϊκαιν  αιτία,  woselbst  Theil  1 
und  II,  die  Aetiologie,  weggefallen  war,  Nr.  25  φθίσεως  αιτία, 
Nr.  26  έμπύων  αιτία,  Nr.  27  ατροφίας  αΙτία,  Nr.  29  ήπατος 
φλεγμονής  αΙτία,  Nr.  30  Ίκτερου  αιτία,  Nr.  31  Λειεντερίας 
αιτία.  Verechiedene  Kapitel,  nämlich  die  nicht  mit  aufgeführten, 
fehlen  im  Pftrie.  2324,  hingegen  bietet  er  mehr  Nr.  3  επιληψίας 
αιτία. 

üeber  den  cod.  Paris,  Graec.  2324  sagt  Henri  Omont  in 
seinem  *Inventaire  eommaire  des  manuscrits  grece  de  la  biblio- 
theqne  nationale',  Paris  ISSfi,  S*  239  wörtlich  folgendes: 

J23^4,  Hippocratis,  Galeni,  Magni  et  Eraeistrati  iatrosophium; 


596  Fache 

Τήν  περί  τής  τών  οΰραιν  ...  (1);  —  Symeonis  Sethi 
tractatus  de  alimentorum  facultate  (35);  —  Anonymi  trao- 
tatue  de  re  medica,  capit.  CCXU. :  ΤΤερι  obpunrurv.  Ti  Τ6 
dpa  τά  τών  ύδρώτων  .  .  .  (109  ν). 

XVI  Β.  Pap.  249  fol.  (Fontebl.-Reg.  3180.)  Ρ. 
Diesen  Angaben,  welche  ich  für  treffend  halte,  ist  höchsteni 
das  Wenige  hinzuzufügen,  was  auf  S.  532  f.  der  früheren  Ab- 
handlung^ über  den  cod.  Paris,  suppl.  Graec.  636  und  a.  a.  0., 
8.  539  f.  über  ihn  selbst  angemerkt  wurde.  Dieses  Mal  ist  es 
mir  hauptsächlich  darum  zu  thun,  die  Inhaltsangabe  der  Hs.  m 
vervollständigen;  einzelne  Ausführungen  werden  vielleicht  später 
noch  gegeben  werden.     Der  cod.  enthält: 

pag.  1 — 34 v:  Hippocratis,    Galeni   Magni    et   Era- 

sistrati  iatrosophiumj  beginnend  mit 
folgenden  Worten:  Άρχί  συν  θβφ  Ιατρο- 
σοφίου  Ιπποκράτους  καΐ  γαληνού  μα• 
γνου  καΐ  έρασηστρατοΟ.  Die  ersten 
Worte  des  Ιατροσόφίον  sind:   Τήν  πβρί  τής 

τών  ούρων Diesen  Traetat  habe 

ich  behufs  späterer  Untersuchung  ebenfalls 
copirt.  Die  Zurtickführung  der  einzelnen  Lehr- 
sätze auf  einen  der  alten  Gewährsmänner 
wird  ungemein  schwierig  sein,  Eraeistrateischei, 
wenigstens  ihm  allein  Eigenthümlicliee,  habe 
ich  nicht  entdecken  können, 
pag.  35  r — 109  r:  Symeonis  Sethi  tractatus  de  alimeth 
torum  facultatibuSf  kürzlich  von  mir  mit- 
getheilt  im  Philologus  LUX  (N.F.Vn,  S.  449  ff.), 
pag.  111 — 114 v:  ebenfalls  ein  σύνταγμα  π€ρΙ  τροφών, 
wenn  auch  nicht  von  Simeon  Seth,  vielmehr 
von  einem  Anonymus^  handelnd  περί  μορίων 
Ζώιυν,  und  zwar  speciell  über  χοίροι,  Ferkel 
(pag.  111),  π€ρ\  ιχθύων  σαρκών  und  πβρί  φο- 
κίας  (φωκίας  ^  =  Seehund,  pag.  111  ν),  περί 
άρτεμίσιας  (1 .  άρτεμισίας  =  Beifuss, pag.  1 12ν), 
π€ρι  εύίόμου  (1.  εύίώμου  =  eruca  sativa  D  C, 
braseica  eruca  L.,  unser  Senfkohl,  Rnnke  oder 
Baukenkohl,  pag.  1 1 3  v),  περί  καυκαλίΟων  = 
Caucaliß,  περί  άγριολαπάθου  =  Ampfer  ^  (pag. 

114  r),  π€ρΙ  γλίχων  (1.  γλήχωνος  s=  βλήχι». 

1  Ganz  späte  Nebenform  νοη^φώκη 


Anecdota  medica  GraecA. 


pag. 

pag. 


pag. 


νοςι  Tinaer  menlba  pulegiam  L.,  Polei(minze), 

pag.  1 14  v) 
pag,  114  v:  πΕρΙ    φλεβοτομίας    έκ     του    γαλινοΟ 

λόγαιν 
115  γ:  φλεβών  χρεία  κένωμα  τϊολύ 

1 15  ν — 116r:  περί  μέτρου  κενώσεως  αίματος 

ποίας  τμητέον  φλέβας 
Uüv^— 119r:  περί  φλεβοτομίας 

όϊτότερα  τις  φησίν  (ecil  τμητέα  είναι  φλέβια) 
119 ν — 120 ν:  ττερι  ύΟέρα»ν  =  über  Wassersucht 
121ΐΓ — 121ν:   περί  άακητου    (1.  άσκίτου),    d.  b,   über   die- 
jenige   Art    Hydrops,    welche   man  —  heute 

noch  —  Ascites  nennt 
pag.  122r— 125v:    εις  άφορμήν  λαβοματίας  (?) 

Hierauf  folgen   verschiedene  Leberleiden   mit 

den  entsprechenden  Heilmitteln. 
pag.  126r:  κοιλιακούς 

pag.  1267:  περί  αϊμαπιρά  δυσεντερίας  (Ι,  αιματηρας) 

pag.  127r:  περί  τενισμού  (L  τεινΕσμοΰ) 

pag.  127 ν:  περί  κωλικής  οιαθέσεως 

pag.  128r:  περί  ϊλεου   Ι^ιάχνωσις    (1.  περί  εΙλεοΟ'   διά- 

Τνωσις) 
pag.  128 ν:  περί  χολέρας 

pag.  129γ— 130r;    περί  ίκτερου  διάχνωσίς  (β,  pag.  128r) 
pag,  IviOv:  περί  αίμα  κενώσεαις  κάτυι  (natürlich  αίματος) 

pag,  131  γ:  περί  περιπνευμονίας 

pag.  131  ν:  περί  κυνάγχης 

pag,  132γ— 133γ:    περί  επιληψίας  έρασιστράτου  ^ 


*  S.  meinen  Hippokrates,  S.  328,  Anm.  GS  (Die  Diät,  Zweites  Buch, 
Kap»  XVUI=LIV). 

3  Di?r  Güte  des  Derrn  Dr.  Kiilbßeiaeh  verdanke  ich  die  nachfol- 
gende Abschrift  der  SS,  139 r  und  132 v*  Mit  der  Prüfung  und  Ein- 
richtung deraelbon  wird  steh  die  leider  wieder  auf  Jahre  hinausgescho- 
bene Ausgabe  des  Eraaistratos  befassen  müssen.  Alsdann  wird  auch 
der  augenblicklich  nicht  zur  Verfügung  stehende  Schluss  beigegeben 
werden.  Da«  Fragment^  welches  ich  für  eefit  lialte,  legt  nahOi  in  der 
früheren  Sammlung  der  Anecdota  (Rhein.  Mus.,  N.  F.,  Bd.XLlX,  S.541), 
Fragm,  3,  Zeile  8  statt  Πραζαγόρας  vielmehr  Έρασίοτρστος  zu  achrei- 
ben: 1)  wegen  des  Inlmlts,  2)  wegeu  der  Wiederholung  des  Wortes 
ΤΤραΕαγόρας  in  Zeile  3  des  Fol.  151  ν  (S.  542)  und  3)  wegen  der  aonat 
beliebten  Voranstellung  des  Έρασίοτρατος»  s*  z.  B.  Fragm.  1»  2,  8,  20, 


696  YuchB 

pag.  133 ν:  οιάγνωσις  μνήμης  άττολίας  (1.  αιηυλείας), 

π€ρ\  σκοτωματικών 

pag.  134r:  περί  τρόμου 

pag.  134 ν — 135 γ:  π€ρ\  σττληνός  φλεγμαίνοντος  und  ein  reme- 
diam  epleniticum 

pag.  135  v:  προς  νεψρών  πόνων 

pag.  136r:  περ\  σκληρίας  σπλάγχνων 

pag.  136 ν:  περί  αίμοραγίας  γυναικός  =  üterueblutungen, 

Metrorrhagie 

pag.  137 γ:  περί  άς>ωνίας  und  π€ρ\  αποκοπής  φωνής 

pag.  137ν— 142γ:  περί  γλώττης  τραχυτητος  und  einige  andere 
kleine  Tractate 

pag.  142v:  του  γαληνού  περί  εμετών 

pag.  143 Γ — 146 γ:    verschiedene  Recepte 

pag.  146v— 147r:  Των  σκοτοματικών  τήν  αΐτίαν  etc.  Der  erete 
Buchstabe  ist  von  P^  mit  schwarser  Tinte  hin- 
zugefügt.    Dieser  Tractat  deckt  sich  mit  eod. 

Paris,  suppl.  Graec.  636,  pag.  46  ν  und  47 r. 

27,  29,  30,  34 ;  es  weicht  nur  ab  von  dieser  Gewohnheit  Fragm.  4,  ans 
leicht  begreiBicher  Veranlassong. 

Das  Bruchstück  des  Paris,  graec.  2324  lautet: 

περί  έιηληψίασ  έρααιςράτου  *  ΐφ 

ος• 
Ειηληψ(α,  σπασμόα  έςΙν  6λου  τοΟ  σώμτ 

μετά  βλάβηα  tuiv  ήτ€μονικΰ»ν  ^ν^ργ€ΐών 

όιταιτέ  μέν  έν  αύηΰ  τιΰ  €γκ€(ράλω,  συνι 

«ταμ^νην  ίχ«  τήν  αΐτίαν  itori  hi  iyroö 

τούτου  ταΐσ  κοιλ(ακ  ^μφράττουσι  τάσ 

δι^^όδουσ  τοΟ  ήγ€μονικοο  ΐΓν€ύματοσ. 

ώστ€  πιΐΓΓ€ΐ  καΐ  dq>piZeiv  (Ι  prima  manos  corr.  ex  σ  ut  vid.) 

öircp  ol  Ibiurroi* 
δαίμονα  καλοΟσιν  ^μφράττονται  bi  άπό 
του  nvc'.  ή  μ€λαγχολικοο  χυμού*  ίδ'  6τ€  (1.  ?σθ*  βτ€)  καΐ 
κατά  τής  γα?ροσ•  ςόμα  κατά  συμπάβ« 
αν  μύοαν  προπεττονθώσ  11  (1.-θ<5τοσ  [έ$])  ετέρου  μορ( 
ου*  οίον  χ€ΐρόσ  καΐ  ποδόο*  αύρασ  τιν^ 
άν€ρχομένησ  κατά  τύτν  (1.  τόν)  ^γκ^<ραλον 
τούτουσ  bi  ifteQxitiy  ομού  διά  mrcpou  κ€χρισ 
μένου  ^αίου  (1.  ^λαίψ)*  καΐ  ώσφρα{ν€ΐν  ucukcM 
VUIV  καΐ  όπο{ω'  είτα  φλεβοτομών  (1.•μ€ΐν)'  καΐ  dva 
Tpißciv  (η  in  ci  corr.  m.  1)  τα  άκρα'  τρ(β€ΐν  καΐ  αινμ«ια€ΐν 
καΐ  biöciv  δια  όΕυκράτου  καΐ  καστόρίου* 
€ΐτα  καθα{ρ€ΐν  δια  τησ  ΰράσ*  ή  τού  i 
Xcßöpoo'  ή  τήα  ^ντεριώνησ  bV  δλησ  τί)σ 


Anecdota  medioa  GraecA. 


599 


p&g,   147  V  sqq.: 


pag,  203  Γ : 
pag,  203  v: 

^pag.  204 r— 209  v: 


pag.  210r— 224r: 
pag.  224  V— 233  v: 


Dreeden. 


λήθαργου  aitia  =  cod,  Paris,  suppl  Graec. 
pag.  23  V  aqq.   —   Vgl.  den  apparatus  criticue 
der  in  1  genannten  Schrift  und  oben  S.  595. 
έκ  τών  Toö  γαληνού  τΓ€ρι  νεφρών. 
Einige   Fragen    und  Antworten    tiber  Krank- 
heiten. 

FuHsetsung  des  dnrcli  pag.  203  rund  ν  unter- 
brochenen Tractats  über  die  Δ  t  ά  γ  ν  ui  CT  ι  ς 
τΓ£ρ\  τών  ?E€uuv  κα\  χρονιών  νοση- 
μάτων. Seite  20  9  ν  enthält  eine  Lücke  von 
8  Zeilen. 

Beschreibungen  mannigfaober  Krankheiten  und 
deren  Behandlung. 

Die  αποσπάσματα  Ιατρικά  werden  von  an- 
derer Hand  in  groeeer,  deutlicher  und  echöner 
Schrift  fortgesetsst. 

Der  1.  Scbreiber  setzt  von  der  Mitte  der  5. 
Zeile  an  «eine  Excerpte  fort 
Der  2*  Schreiber  vervollständigt  die  von  dem 
1*  Sclireiber  abgebrochene  Arbeit,  b riebt  aber 
Bolbat  inmitten  seiner  Schilderung  und  in- 
mitten  der  Seite   mit   folgenden  Worten  ab: 

b 
KK9i '  ,\  κυκύ.  Eb  deutet  das  δλλο  an,  daee 
ein  nemea  Recept  folgen  βοίΗβ|  dessen  erster  Be- 
gtandtbeil  noob  erhalten  igt.  Das  Wort  selbst 
kann  ieb  nicbt  erklären,  ioh  glaube  aber,  dasi 
KqKibuiv  ÄU  lesen  ist,  von  κηκίς  ==  GallapfeL 
Aehnlicb  lautende  Worte  sind  auch  die  Glossen 
des  HesyehioB  κύκυον  und  κυκύϊϊΐα,  welch© 
angeblich  die  süsse  ColoquintUe  bezeichnen. 

Robert  Fuchs. 


000  Rohdo 


Nekyia. 


Die  Loktüre  dcR  anregenden  Buches  von  P.  üauer,  *Grand- 
ragou  der  Homerkritik'  mahnt  mich  an  die  Ansfühning  der,  in 
der  'pHycho  p.  45.  50  angekündigten  gcnaneren  Betrachtun/? 
der  CompoRition  der  homerischen  Nekyia  in  λ  der  Odyssee.  Wenn 
ein  unbefangenes  und  sachliches  Urthcil,  durch  keine  missgün• 
stigo  Parteisucht  gefälscht,  in  den  Motiven  der  andeutenden  Dar- 
legung meiner  Aullassung  jener  Gomposition  {Psyche  p.  45 — 59) 
sich  HO  wenig  zurechtzuiinden  weiss,  wie  in  dem  genannten  Buche 
geschieht,  so  wird  es  Zeit  sein,  in  deutlicherer  Erklärung  den 
Faden  vor  Augen  zu  legen,  an  dem  ich  durch  das  Labyrinth  der 
ThatsaohtMi  und  Meinungen  einen  gangbaren  Weg  finden  zu  kön- 
nen holTo.  Die  Pfade  laufen  verwirrend  durcheinander;  so  selbst- 
gewiss  auch  dieser  oder  jener  Führer  versichert,  ganz  allein  den 
Weg  zum  Ziele  zu  kennen,  so  ist  doch  in  Wahrheit  das  eine 
ithurarium  nicht  zuverlässiger  als  das  andere.  Jeder  neu  Hinzu- 
kommende muss  selbständig  versuchen,  einen  Weg  zu  finden 
den  er  gehen  könne,     αύτάρ  έγών  βασεΟμαι  έμάν  6bov  — 

Odyssous  wird  von  Kirke  in  den  Hades  geschickt,  mit  dem 
einrigon  Zweck,  den  Tiresias  zu  befragen:  —  χρή  \κ€(Τβαι  βίς 
Aι^αo  ^όμoυς  — ,  ψυχή  χρησομ€νους  Θηβαίου  TcipecTiao  (κ  490ff.). 
Tiresias  soll  ihm  sagen  ό^όv  και  μβτρα  κ(λεύθου  νόστον  θ* 
Ους  ίπ\  πόντον  ίλεύσ^ται  ίχθυΟ€ντα  (κ  539  f.)  ^  Odyseeus  ζα 
Achill,  λ  470  f.:  ήλΟον  Ttipcaiao  κατά  χρ€ος,  et  τίνα  βουλήν 
(ϊτοκ  όπιΐ'ς  Ίθάκην  tiς  τταιτταλοεσααν  ΐκοίαην. 

Im  H:vl;^s  ciolt  d-»m  Dulder  Tiresias  Antwort.  νό<Ττον 
^^wί^ll.  iiÄCt  tT  a'.sV.»'.,•,  r.,;o]:.:em  er  vor/.  Opterblut  getrunken  bat 
λ  liV;  or  svricl•.:  ihn:  vor.  .Ion  Helioirindern  auf  Tbrinakia; 
wervior.  die  VosoV-ä  ;:c:,  j^o  wo  nie  t^hssou«  allein  nach  Hanse  zn- 
niokcolancovi.  λ':ογ:  ov^  νακώς  \t;ai  — . 

*  Woi-  •  «tkbrt  Äo<  ^  Ä^i*  :iÄ>  (t.  Pg^Ae  p.  49). 


Nekyia. 


601 


Ale  nun  aber,  so  gebt  tn  unserer  Odyssee  die  Erzählung 
weiter»  Odyeseua  zur  Klrke  zurückgekehrt  ist,  begrüeet  die  Zau- 
berin zwar  die  aua  dem  Hadee  lebend  Wiedergekehrten  als  biü- 
θανέες»  μ  22*,  fragt  den  Odysseus  nach  allem,  iEepieivcv  ?κα€Γτα 
(μ  34)»  dann  aber  bebt  sie  selbst  an  (wie  eie  verheiasen  bat,  μ 
25.  26),  von  allen  Gefahren  des  bevorstehenden  νόστος  zu  be- 
richten, von  Sirenen,  Flankten,  Skylla  und  Charybdis,  zuletzt  von 
Tbrinakia  (μ  30 — 141).  Sie  spricht  von  den  Heliosrindern,  die 
dort  gehütet  werden^  genauer  ale  Tireaias  getban  bat;  sie  knüpft 
mit  denselben  Worten  wie  jener  (μ  137— 141  =  λ  110 — 114)  die 
Warnung  vor  Beschädigung  der  Heerde,  nnd  die  Hinweienng  auf 
die  aus  dieser  für  die  Eilckkebr  sich  ergebenden  Gefabren  an.  In 
diesem  Bericht  der  Kirke,  in  dem  mit  keinem  Worte  auf  Tireeias 
und  dessen  gleichlautende  Ankündigung  hingewiesen  wird,  ist 
offenbar  vorausgesetzt,  dass  Odysseue  noch  gar  nichte  vernommen 
habe  von  eeinem  νόστος,  insbesondere  von  den  HelioBrindern. 
Wie  Kirke  dies  voraussetzen  kann  nach  geschehener  (und  ihr 
wiederbericbteter)  Befragung  des  Tireeias ;  andererseits,  was  Kirke 
bewegen  konnte,  den  Odysseue  erst  von  Tiresias  mühsam  er* 
künden  zu  lassen,  was  sie,  wie  sich  nun  ergiebt,  selbst  weiss, 
und  genauer  als  Tiresias  zu  sagen  weiss  (als  θέσφατα  spendende 
Göttin,  μ  155,  der  alles  bekannt  ist:  vgl,  κ  456  ff.)  und  nun 
sogar  wirklieb  sagt :  darnach  fragt  mau  vergeblich  ^.  Ks  gieht 
darauf  keine  Antwort,  Vielmehr  ist  offenbar,  dass  die  Befragung 
des  Tireeias  in  λ  und  die  Belehrung  des  Odysseus  durch  Kirke 
in  μ  jeder  Beziehung  auf  einander  entbehren  \  dass  unmöglich  ein 
und  derselbe  Poet  beide  Belehrungen  angelegt  und  in  seinem 
Gedicht    verbunden    haben   kann«     Eine  von  beiden  muss  zu  der 


*  Schon  die  Ausleger  und  Kritiker  des  Alterthums  —  denen 
kaum  eine  der  wirklich  vorhandenon  Bedenklichkeiten  in  der  Compo- 
eition  der  bomer.  Gedichte  unbemerkt  blieb  —  haben  sich  diesp  Frage 
vorgelegt  und  auf  ihre  Art  beantwortet  (Schol.  κ  490,  49 L  4ίί2.  Eustath. 
Od*  ltiii5j  20  ff,  s,  Scbrader,  Porphyr.  Qu.  Odyss,  p,  101  f.).  Am  ersten 
läset  aich  von  ihren  λύσ€ΐς  noch  hören,  was  SchoL  Hamburg.  X  481 
vorbringt:  tratz  der  «igenen  Kunde  der  Kirke  miiseü  Od,  zu  Tiresiiii» 
gebcu,  weil  ό  ττοιητής  έττ€ΐσο&ΐψ  χρήοααθαι  έβουλήθη  ina  τό  φρικωοες 
καΐ  έκηληκτικόν  τής  ψυχαΤ"^τίας*  Ein  poötischer,  nicht  ein  ρΓη^^οιη- 
tiecher  Grund:  das  ist  gan«  richtig  empfunden.  Nur  ist  tlii*  Alt*!icht^ 
ein  Schsiuergcmiüde  pinxulegen^  bei  der  Erdichtung  der  Nokyia  böchHent 
ein  nah^nnächlicbea  Motiv  geweseu. 

Bb«in.  Uuft.  f.  PhUol.  N.  F.  L.  88 


ii4ffUfttftf  ^'Λμ$ίί  v//fbftfMJeoefi,  tob  fremder  Hsad  BAchtiiglicli  hin• 

Hmt  Ut  <IU  IMehrung  durch  Kirke  in  μ  die  weit  umfae- 
«ffrMlDrn,  »tioh  in  dem  einzigen  Ponkte,  in  dem  eie  mit  der  Rede 
<t««N  IVamIm  ttbeminkommt,  die  genauere.  Sie  ist  im  Znsammen- 
ImtiK  iler  folgnnden  Krzählung  unentbehrlich;  ohne  sie  wäre 
OilyNNMUii  Iti  den  folgenden  Erlebnissen  rath•  und  hülflos;  sebe 
Hi^lMit  kommen  Ihm  allein  aus  Kirke's  Warnungen:  auch  beruft 
nr  mImIi  m(pU  auf  diese:  μ  164  ff.,  22G  ff.,  26G  ff.  Κ  Die  Abenteuer 
IipI  dctu  Nlrrnen,  bei  Skylla  und  übarybdis  konnten  ohne  das 
V^rauswUnnn  dt^s  (Mysiirus  nicht  so,  wie  sie  thun,  verlaufen; 
dio  WaitutUKt^n  diM*  Kirke,  aus  denen  dieses  Vorauswissen  flieset, 
mUM0ii  h(oU  einen  ΠγηΙ  und  (heil  dieser  ganzen  Erzählung  gebildet 
Imben«  lUb  aber  Kirke  auf  jeden  Fall  ihre  θέσφατα  über  Sire- 
l\«Mii  8K>*)U  lind  rhiirybdie,  so  ist  an  sich  schon  nicht  zu  yer- 
«(««biii  waiiim  «ie  von  dem  Ictiten  der  Abenteuer,  der  Schlack- 
\\k\\t  der  UehoAimder  auf  Thrinakia,  nicht  sollte  Bescheid  ge- 
y^HuM  mid  )^^beii  haben«  Auch  diese  letzte  WArouag  ist  ein 
iiMe^9WhrU«'K«mi  SUok  der  i^^aammlheit  ihrer  θέσφατα.  Xeba 
il^v  >im>)  (Vt^lu'^  die  irletohlauUMihie  l^rv^phezeiuBg  des  Tirenae 
ft^Kv  I^WiiJliii»*\|»;  Kii^t"  riMttl  auf  di^fse  keiMrki  RSekackt 
^  Wi£y4A'.1  UvbM  «k'V  4>e  ^νϊτ^^4Τ^Μΐ  urd  rsrikljfeiBdigkcit  4er 
^^VAxiii>^|t  ^«tv^  T\re^A*<  irr  d,v5i  tvä  ccä  νΜΤος  4e•  ΟΙτ•- 
w^^  1^>^^>>a>i^^  «ι^Λ  ;w  ι%Ατ.»ΐΜ  T>(ifie:x  v^.N.Jrf  xnc  ίολ  «β  «bb- 
«tiv««   K^etM'^C'eir  ^m««$  W7v^irWV9  ^τικ  cir.r.    xut  £rmffiL•.   micii 

«•«;  «Vt>r  >k%)«^^κ    tiki^vr.    μ*/}γ^    fci'»Kr:i..    ua^    u»   Ofc  Sfiekaocfat 
Mri  <W   >Hä  (a  V.    4it*n  W*-hn^  i;i««wc  V*"*i-.i.ii  Lnc   ft^iOiI  iteskscmae. 


ι;«»**-*•     v»»v-kM.^     A-^-^-««*       *«-a     ••    4:     tto^^pm:     It•^ 


Nekyia. 


Ihrem  ganzen  UiiifaiTg  wiederholen  wollte  ^.  Die  Prophezeiung 
fies  Tiresiae  ist  die  jüngere;  sie  ist  in  dae  Ganze  der  Odjeeeus- 
lieder  erst  nacliträglich  eingelegt,  als  die  Prophezeiung  der  Kirke 
dario  eohon  vorhanden  war* 

Damit  i^t  aher  gesagt,  dass  die  ganxe  Nekyia  in  der 
Odyf^eee  nreprünglich  fehlte*  Denn  ohne  die  Begegnung  des 
Odyseeue  mit  Tire«ias  kann  überhaupt  nichts  von  dem  was 
Odyeeeue  in  der  Unterwelt  hört  und  sieht  und  redet  in  dem 
Gedichte  gestanden  haben.  Diese  Scenen  alle  hedürfen  einer 
Einführung^  einer  Veranlassung,  ohne  die  sie  nicht  vor  sich  ge- 
hen konnten:  und  efi  giebt  keine  andere  Yeranlaseung  ate  die 
Befragung  dee  Tiresiae  Κ 

Es  ist  denn  auch  echon  längst  auHgeeprochen  und  oft  ans- 
gefuhrt  worden,  dase  die  Nekyia  in  dem  ursprünglichen  Beetand 
der  Odyssee  gefehlt  haben  müsse  ^. 

Nun  int  das,  was  Tireeias  dem  Odyssens  eugt»  was  Odys- 
eeuß  erwidert,  und  Tiresias  noch  hinzufügt  (λ  90 — 151),  so  dürftig 
neben   den  Mahnungen    und  Berichten  der  Kirke  in  μ  so   über- 


*  So  auch  Bergk,  Gr.  LiU.-Gtsch.  1,  689:  daes  über  die  weitere 
Fahrt  des  Odysseui  Tireeiai  nur  weniget  mittheile,  beruhe  auf  Absicht 
den  Dichtere:  *da  dieser  Dichter  nicht  woitläuftig  wiederholen  wullto. 
was  in  dur  alten  Odyssee  der  Iluld  aua  dem  Munde  der  Kirke  vor- 
uommen  Latte'.  Damit  will  sich  freilich  Bergka  Ansicht»  daee  die 
Nokyia  ein  ohne  Hücksichi  auf  die  Odyssee  als  Ganzes  gedichtcteSi  ur- 
eprUnglicIi  selbständig  cxiatireDdes 'Lied*  set,  durchaus  nicht  vertragen. 
—  In  ihrer  Art  erklären,  aus  ähnlichen  Motiven,  SchoL  λ  492  die  Un- 
vollständigkeit  der  Prophezeiung  dea  Tireaiaa:  Sirenen  und  dtn  πορθμός 
übergehe  er,  ü\hύ}ς  έροΟσαν  τήν  Κίρκην  (eben  in  μ). 

3  Kanimer,  Einh.  d.  Od.  531,  53ιί  nimmt  an,  dasa  die  Hadeafahrl 
ursprünglich  oliuo  die  Seen  ο  aar  Befragung  des  Tiresiae  in  der  Odyssee 
gestanden  habe.  Daa  ist  aber  ganz  undenkbar,  wenn  doch  (woran 
auch  K.  feathält)  Eirkc  den  Helden  in  den  Hadea  schickt:  eajit  sie  ein- 
mal χρή —  (κ  490),  so  muaa  auch  der  ürund  für  dieses  'Mues*  dem 
OJy^seus,  der  so  Unerhörtea  (κ  502)  unternelimen  βοΐΐ,  mitgetheilt  wer- 
den :  ebun  die  Nothwendigkeit  der  Befragung  des  Sehers  (κ  392  ff.,  538  IT,). 
Hatte  übrigens  die  Nekyia  ohne  Tiresiaa  schon  ihre  Stelle  im  Gedicht 
gefunden,  so  begriffe  man  nicht,  wie  noch  nachträglich  Jemand,  um 
die  übrigen  Hadesscenen,  die  dann  ja  schon  thatsächlich  eingefüliri 
warcn^  tiret  noch  einzuführen,  die  Befragung  dea  Tiresiae  su  erliiKlt*» 
für  nothig  halten  konnte:  denn  nur  dem  Zwecke  einer  solchen  Kiu- 
fuhruug  dient  jene  Befragung, 

^  Zuerst,  soweit  mir  bekannt,  von  Lauer  ia  seinen»  im  Uebrigeo 
wenig  gelungenen  QuncsH.  Ifmnerkac  ^1843)  p.  55  ff. 


804  Rokde 

flUseig,  poetisch  so  gehaltlos,  dass  der  Wnnschi  diese  Seenen  sti 
gestalten,  unmöglich  als  der  wirkliche  Beweggrund  gelten  kann, 
der  ihren  Urliober  in  dichterische  Thätigkeit  gesetast  habe.  Die 
Befragung  des  Tireslas,  pragmatisch  genommen  die  einzige  αΜα 
fUr  die  Hadesfahrt  des  Odjsseus,  ist  poetisch  genommen  nur  eine 
πρόφα(Τΐς|  ein  leichthin  ersonnener  und  obenhin  ausgeführter 
Anläse  sur  Einführung  anderer  Seenen  im  Reiche  der  Abgeschie- 
denen, deren  Ausbildung  der  eigentliche  Zweck  des  Dichten 
und  seiner  Dichtung  war.  Es  fragt  sich  nur,  welchen  und  wie 
vielen  solcher  Seenen  die  Befragung  des  Tiresias  zur  Einführung 
und  Ermüglichung  zu  dienen  ursprünglich  bestimmt  war.  Denn, 
dase  in  ihrem  gegenwärtigen  Bestand  die  Nekyia  nicht  das  ein- 
heitliche Werk  eines  einzigen  Dichters  darstellt,  das  wird  von 
Niemanden  verkannt  Es  sondern  sich  deutlich  von  einander 
acht  Abschnitte:  1.  Elpenor.  2.  Tiresias.  3.  Antikleia.  4.  Die 
Heldenfrauen.  5.  Intermezzo.  6.  Die  dTaipOL  7.  Die  Erschei- 
nungen im  Erebos.  8.  Finale.  Hier  sind  nun  (um  τοη  1,  5,  8 
einstweilen  nicht  zu  reden)  das  3.  und  6.,  und  das  4.,  nnd  wie- 
der das  7.  StUck  von  einander  nach  Gehalt  und  Styl  und  der 
sich  darin  ausprägenden  Sinnesart  des  Dichters  stark  yerscbieden. 
Mit  Antikleia  und  nachher  mit  den  εταίροι  (Agamemnon,  Achill, 
Aias)  tritt  Odysseus  in  ein  wirkliches  Gesprach  (Aias  antwortet 
b<!»redt  genug  durch  finsteres  Schweigen);  sie  reden  von  Dingen, 
die  beiden  Theilea  am  Herzen  liegen  und  darum  ihnen  der  Bede 
werth  sind.  Das  Vergangene,  von  dem  sie  reden,  liegt  nicht 
atarr  abgeschlossen  vor  dem  Blick  als  ein  für  immer  Gewesenes. 
Aas  der  Empfindung  der  Redenden  strömt  ihm  aufs  Nene  Blut 
des  Lebens  ein;  wir  sehen  es  als  ein  Werdendes  und  Gegen- 
wärtiges vor  uns  sich  entwickeln  und  regen.  Hier  ist  home- 
rische Art.  kann  man  ohne  Umschweife  sagen.  —  Der  Frauen- 
katalog  gtebt  eine  lange  Reihe  von  Berichten  im  'Ησΐθ%€Κ>ς 
χ€φακτήρ*  aus  einem  grossen  Schatz  der  Sagenkunde  ohne  jede 
Rücksicht  auf  personliche  Theilnahme  des  Odysseos  an  dena  B•• 
richte(eo  ausgewähh.  in  einfach  historischem  Vortrag,  von  keia^ 
Regung  gemüchlicher  Mitempfindung  belebt  oder  bennraUgt.  — 
Die  ^Gesr;iltea  im  Erebos'  stellen  sich  anschanend«  Phantnaie  ht 
einer  Reihe  von  meisterhaft  fest  und  knapp  umrissenen  Buden 
ά'ΛΓ,  sehr  merklich  verschieden  sowohl  von  dem  breit  entwickelndem 
Stvl  der  Gesprüoue  aiic  Aatikleia  und  den  txoipoi^  als  τοη  dmt^ 
duixh   Audnucuii^  des  Bek:uiaten  das  Gedachcmss  an 


Nekyia, 


605 


beBohÄftigenden,  niclit  die  lebendige  Aüecbaumg  des  Gegenwär- 
tigen beetimm enden  Darstellungs weise  des  Frauenkotaloge, 

Dass  die  Hand  Eines  Dickt ers  innerkalb  eines  einzigen 
kurzen  Gedichte  in  diesen  drei  verecbiedenen  Sfylarten  eich 
babe  ergeben  wollen  —  auck  wenn  sie  es  konnte  — ,  iet  iiicbt 
zvl  glaubeB,  Nun  wird,  nach  dem  Vorgange  des  Aristarch,  der 
von  den  Gestalten  im  Erebos  erzählende  Abecbnitt  (λ  065^627) 
aoob  von  der  neueren  Kritik  ziemlich  elnmütbig  als  eine  epätere 
Eindichtnng  preisgegeben.  Für  diese  άθετηΰΤις  gieht  es  auch 
einen  ansseren,  aber  sehr  bedentsamen  Grund,  den  die  Schoüen 
atark  hervorheben  ^.  Odysseus  erblickt  hier  Gestalten  die,  im 
Innern  des  Erebos  festgehalten^  sich  ihm  nicht  entgegenbewegen 
können»  ahne  doch  seihst  seinen  Standpunkt  an  der  Grube,  die 
er  am  änssersten  Rande  der  Unterwelt  gegraben  hat,  zu  vei^ 
lassen  (αυτού  μένον  ignebov  628),  Dies  steht  im  Widerspruch 
mit  der  Vorstellung,  die  in  den  anderen  Scenen  herrscht:  nach 
der  Odysseus  der  Seelen  oder  εΐίιωλα  erst  gewahr  wird^  wenn 
eie  zu  ihm  herankommen,  ύττίζ  Έρέβευς  37,  sowie  sie,  von  ihm 
entlaasen,  wieder  entschweben  μετ'  &\λας  ψυχάς  €ΐς  Έρεβος 
νεκύαιν  κατατεθνειώτοίγ  563  f.  Da  ihm,  dieser  seinei  Stellung 
entsprechend,  schon  Tiresias  naht  (90),  die  Befragung  des  Tiresies 
aber  ohne  alle  Frage  zu  dem  ursprii  η  glichen  Bestände  der  Ne- 
kyia gehört,  die  ohne  sie  gar  nicht  zu  Stande  kommen  konnte, 
so  müssen  die  Verse»  in  denen  Odysseus  von  Vorgängen  im  in* 
neren  Erebos  erzählt,  die  er  an  seiner  Opfergrube  stehend  wahr- 
genommen hahe>  von  einer  anderen  als  der  Hand  des  ersten 
Dichters  der  Nekyia  gebildet  sein. 

Der  Voraussetzung  des  nraprlinglichen  Gedichtes  entspre- 
chend, kommen  zu  Odysseus  aus  der  Tiefe  heran  Tiresias,  Anti- 
kleia,  die  εταίροι.  Es  kommen  heran  auch  die  Weiber.  Der 
Bericht  von  den  Weibern  ißt  nicht  von  demselben  Dichter  ana- 
geführt  wie  die  Gespräche  mit  Änlikleia  und  den  έτοίροΐ.  Εβ 
fragt  sich,  welcher  von  diesen  beiden  Ähschnitten  dem  Gedicht 
ureprünglicher  angehört,  —  Der  Frauenkatalog  soll  auch  als 
eine  Reihe  von  Gesprächen  gedacht  werden,  in  der  die  einzelnen 
Frauen  dem  Odyeeeus  auf  seine  Fragen  Antwort  geben:  λ  229. 
233.  234.  Aber  nicht  an  einer  einzigen  Stelle  dieses  Kataloge 
entwickelt  sich  ein  wirklicher  Dialog;  den  Inhalt  der  Schicksale 
der  Einzelnen   ak  deren  eigene  Mittheilung   zu   bezeichnen    wird 


1  Schol.  λ  568.  570.  573.  680.  588.  593. 


Rohde 


elnigemale  ein  eoh wacher  Ansatz  gemacht:  φότο,  (pQ  heisei  en 
236;  237;  φάσχ€  306  (€δχ€Τ0  261);  in  den  meieteti  Fällen  apart 
Rieh  der  Dichter  auch  eo  flüchtige  Andetiturig.  *  Ich  sah*  die 
und  jene»  eagt  Odjeseue  immer  wieder;  was  er  an  Thateachen 
fiue  ihrem  Leben  mittheilt,  kann  er  eheneognt  eigner  Erinnerung 
und  eonether  gewonnener  Kunde  verdanken  als  ihren  eigenen 
Mittheilungen.  Έβ  zeigt  eich  sehr  deutlich:  die  Form  der  per* 
fionlichen  Auesage,  oder  gar  des  lebendigen  Wechaelgeepräehe, 
ißt  für  das  in  diesem  Abechnitt  Vorzutragende  nicht  die  wahr- 
haft angemessen Ct  geschweige  denn  die  noth wendige  Form.  Nicht 
für  diese  Eeihe  von  Berichten  würde,  wenn  res  inte^ira  gewesen 
wäre,  diese  Form  erdacht  und  erwählt  worden  sein.  Warum 
sie,  als  eine  äusserliche  Einkleidung  wenigstens,  dennoch  auch 
diesem  ÄbBchnitt  gegeben  ist,  läset  sich  nicht  verkennen:  der 
Dichter  des  Kataloge  fügt  sich  einer  Γύτ  den  Verkehr  des  Odys- 
seus  mit  den  Unterirdischen  bereits  vorgezeichneten  Form  der 
Darstellung.  Er  fand  in  dem  Gedichte,  dem  er  seine  eigenen 
Verse  einfügte,  solche  Abschnitte  bereits  vor,  in  denen  die  dia- 
logische Form  voll  durchgeführt  war,  in  denen  sie  nicht  will- 
kürlich von  auseenher  angenommen,  für  die  sie  aus  dem  Wesen 
der  Sache  heraus  erfunden  war.  Als  solch©  Abschnitte  können 
nur  die  Gespräche  des  Odysseus  mit  Tiresias,  Antikletai  den 
iraipot  gelten.  Diesen  Scenen  liegt  die  dialogische  Umkleidung 
knapp  und  glatt  an,  wie  eine  natürliche  Haut.  Hier  versteht  man, 
aus  den  Personen,  die  mit  Odysseus  in  Zwiegesprächen  zusam- 
mengeführt werden,  aus  dem  Inhalt  der  thatsäoh liehen  Mittbei- 
lungen, die  sie  mit  ihm  austauschen,  den  Empindungen,  die 
beiden  Theilen  das  Gespräch  erregt,  die  innere  Nothwendigkeit 
einer  Form  der  Darstellung,  die  diese  Abgeschiedenen  mit  den 
noch  Lebenden  In  lebendigen  Verkehr  setzen  muss.  Man  he* 
greift  hier  vollkommen,  warum  der  Dichter  seine  Todtenschan 
durch  die  Opfer  an  der  Grube,  die  Heranlookung  der  Seelen 
durch  die  Blut  Witterung  eröffnet,  die  dem  Heranschweben  der 
Einzelnen,  der  persönlichen  Entwicklung  ihrer  Art,  ihrer  Ge- 
danken und  Anliegen  noch  im  Jenseits  den  Anlas»,  die  Ermög- 
lichung geben  miissen;  warum  er  nicht  etwa  mit  einem  stummen 
Betrachten  des,  um  den  Eingelrungenen  unbekümmert  weiter- 
gehenden Treibens  der  Abgeschiedenen  (wie  in  den  später  eiu- 
gedichteten  Bildern  aus  dem  Erebos),  oder  einem  betrachtenden 
Herumwandeln  des  Helden,  etwa  unter  der  Leitong  eines  Kun- 
digen (wie  in  späteren  Nekyien  vielfach  geschieht)  eich  begnügen 


Nekyia* 


607 


wollte.  Hier  stehen  wir  auf  dem  älteBten  und  ersten  Boden 
der  später  in  mannicMaijlieii  Schiclitoiigen  angewachsenen  Nekyia. 
Wenn  diese  Betrachtungen  richtig  Bind,  bo  Terbleiben  (von 
Kipenor,  dem  Intermezzo,  dem  Finale  einstweilen  abgesehen)  für 
die,  durch  die  Befragung  des  Tiresias  eingeleitete  älteste  Nekjia 
die  Gespräche  des  Odysseus  mit  Antikleia,  mit  Agamemnon  und 
Achill,  und  die  Anrede  an  den  ssürneniden  Aiae,  Biese  Abschnitte 
nochmalg  zu  theilen  und  einige  von  ihnen  an  die  Befragung  des 
Tiresias  anzuscbliessen^  die  übrigen  einem  Nachdichter  zuzuweisen, 
könnte  man  sich  nur  durch  sehr  dringende  Gründe  bewegen 
lassen.  Baes  die  Befragung  des  Tiresias,  selbst  nur  eine  Ein- 
leitung zu  inhaltreicberen  Yorgängen  im  Todtenreiohe,  jemals 
nichts  anderes  als  die  Zusammenkunft  des  Odysseus  mit  seiner 
Mutter  nach  sich  gezogen  habej  ist  ganz  unglaubliob:  der  Hebel 
wäre  ftir  eine  so  geringe  Last  viel  zu  lang  und  zu  stark  ^  Die 
Unterredungen  mit  den  έταΐροΐι  Agamemnon,  Achill,  Aias  sind 
unter  siohj  aber  auch  mit  dem  Gespräch  mit  der  Mutter  durch- 
aus aus  Einem  Greiete  und  aus  Einem  Grusee  Κ    Hier  dennoch  eine 


*  Auch  weist  das  generelle  övnva  — ,  φ  δέ  Κ€  —  in  der  Anwei- 
sung des  Tiresiaa  λ  147.  149  mit  Bestimmtheit  darauf  hin^  dass  nicht 
allein  die  Mutter  eich  nacbher  der  Opfergrube  nahen  werde. 

2  Ed-  Meyer,  H.  {—  Hermes  Bd.  80)  251  f  möchte  den  ünter- 
Bohied  zwischen  Tiresias^  Antikleia  und  den  εταίροι,  die  er  zwei  ver- 
schied enen  Dichtern  zuweisen  will,  reckt  tief  ausgraben ;  er  setzt  sich 
förmlich  in  ästbetiscbe  Wallungen,  am  den  '  Ungeheuern  Gegensatz* 
swischen  den  s^wei  AbBchnitten»  den  nur  ich  'nicht  empfinde*,  gutwil- 
ligen Leeern  bis  senr  ErBcbütterung  eindringlich  zu  machen.  Was  er 
da  aber  von  dem  'Grauen  vor  der  Geieterwelf  in  dem  ersten»  den 
'behaglichen  Zwiegeeprächen*  in  dem  zweiten  AbBchnitt  erzählt,  das 
bat  er  nur  aus  der  Fülle  dee  eigenen  Gemüthee ;  in  dem  Gedicht  eelbat 
(deseen  zwei  Abschnitte  kaum  unzutreffender  cbarakterieirt  werden 
konnten]  ist  nicbts  von  alledem  zu  spüren.  Ein  'Gegeneatz*  besteht 
swiBcben  den  beiden  Abschnitten  in  keinem  Punkte;  nur  ist  der  Yer- 
faÄBor  dieeea  alten  Kerns  der  Nekyia  nicht  Stümper  genug,  um  Ein* 
leitnng  und  Ausführung  des  Themas  ganz  in  gleichem  Ton  und  Tempo 
zu  halten^  um  seinen  Helden  mit  der  Mutter  in  völlig  derselben  Stim- 
mung reden  zu  laesen,  wie  mit  den  εταίροι;  so  wie  er  auch  wieder 
in  dem  Verkehr  des  Helden  mit  Agamemnon,  mit  Achill»  mit  Aiae 
jedesmal,  je  nach  der  Art  der  dem  Odysseus  Gegenüberstehenden  und 
nach  dem  Inhalt  der  Unterredung  den  Ton  variirt  —  sehr  merklich  für 
den,  der  solche  Klanguaterecbiede  zu  'empfinden*  vermag.  Aber  Eine 
Hand  ist  es,  die  alle  diese  Töne  anichlägt  und  verbindet. 


60β  Bohde 

Scheidung  rorznnehnien,  hat  mftnche  Kritiker  ^  em  asneiiicher 
Urnttand  bewogeiL  Das  Trinken  Tom  Opferhlnt,  das  Tiresiat 
(146—149)  für  daa  νημερτές  dviOtreiv  der  Seelen  als  nothwen- 
dige  Bedingung  angegeben  hat,  wird,  als  das  Erkennnngsrer- 
mögen  der  ψυχή  erweckend,  ausdrücklich  erwähnt  bei  AwfAlfi^ 
153  (ήλυθ€  καΐ  iciev  αίμα  Κ€λαιν€φές'  αύτίκα  V  ^tvui)  nod 
bei  Agamemnon  390  {ίχνω  V  αΤψ'  έμΐ  κείνος,  έπ€ΐ  πίεν  αίμα 
κελαινόν)'.  Nachher  kommt  Achill  heran,  mit  ihm  Patroklos, 
Antilochos  and  Aias.  Der  Act  des  Erkennens  tritt  zunächst  bei 
Achill  deatlich  ein:  Ιγνω  bi  ψυχή  μ€  πο5ώκ€θς  Aicndöao  471. 
Dass  dieser  Act  dorch   den  Blatgenass   bewirkt   wird,    ist    hier 


1  S.  beMmdert  Kammer,  EiaüL  d.  Od.  495ff. 

*  Dies  ift  die  ToUig  richere  üeberliefenmg.  In  einer  einzigen 
He  •  einem  TindoboneDsis  (C)  de•  13.  Jh.'•,  lautet  die  zweite  Hilfte  des 
Venes:  in€\  Ibcv  όq>θoλμolσL  Dies  ist  nichts  als  eine  nnzeitige  Reminis- 
cenz  aus  Y.  β  15,  bei  der  ihrem  Urheber  selbst  nicht  geheuer  war;  denn 
er  schreibt  am  Rande  der  Hs.:  γρ.  intX  iricv  αίμα  iccXatvov,  δ  καΐ 
κρ[€ΐττον].  Da  mit  diesem  Irrthum  eines  einzelnen  byzantinischen  Schrei- 
bers die  richtige  Ueberlieferung  έπ€ΐ  «{εν  αΤμα  κελαινόν  doch  nicht 
wohl  sich  erschüttern  Hess,  hat  man  gemeint,  eine  Unterstützung  der 
SchreibweiM :  ένεΐ  (bcv  όφθαλμοίσιν  aus  einem  Scholion  Haurl.  gewinnen 
zn  können,  das  in  unseren  Ausgaben  zu  Y.  391  gesetzt  wird:  πΰις  μή 
miiiv  τό  αίμα  γτνώσκο;  κτλ.  Diese  Frage  zeige,  dass  der  Scholiast  das 
lfi€\  fficv  —  hier  (990)  nidit  gelesen  habe.  So  C.  W.  Kayser,  dann 
Wilamowitz,  Hom,  Unier»,  151, 11  u.  a.  Aber  auch  diese  Stütze  ist 
nur  illusorisch.  Wer  die  Scholien  im  Zusammenhange  liest,  bemerkt 
alsbald,  dass  jenes  Scholion  zu  391  unmittelbar  verbunden  werden 
muss  mit  Schol.  T.  Y.  zu  385:  dass  aber  dies  ein  irrthümlich  hieher 
▼erschlagenes  Scholion  zu  Y.  568—627  sei,  ist  längst  bemerkt  und  in 
der  That  unTcrkennbar.  Das  Schol.  Η  zu  391  berieht  sich  auf  Y.  615 
(die  bίκάZoγτeς sind  Minos  —  auch,  als  KoXdluiv,  Herakles;  die  δικα2[όμενοι 
Tityos  u.  s.  w.,  aber  doch  nicht  Agamemnon!);  dass  das  Ganze  ebenso 
wie  das  Schol.  385  aus  Porphyrios  stammt  und  wohin  es  zu  beuchen 
ist,  lehrt  ein  Blick  auf  Porph.  «epi  Στυγός  bei  Stob.  ed.  I  p.  423  W. 
Das  alles  ist  langst  erkannt,  beide  Scholien,  das  zu  385  und  das  zu  391 
auch  (nach  Polaks  Yorgang)  an  ihrer  richtigen  Stelle  eingeordnet  bei 
Scbrader,  Porph.  Quaest.  Hom.  ad  Od.  pert.  p.  10^.  Trotzdem  operirt 
noch  Cauer,  Grundfr.  215  (E.  Meyer  H.  252  ohnehin)  mit  dem  Scbol. 
H.  391  zu  Gunsten  der  Schreibung  έ«€ΐ  Ibcv  όφθαλμοίσιν.  Diese  beruht 
aber,  da  jenes  Scholion  mit  der  Sache  gar  nichts  zu  thun  hat,  lediglich 
auf  einem  Irrthum  oder  willkürlichen  Einfall  des  Schreibers  jenes  Vin• 
dobonensis,  und  hat  also  gar  keine  Beglaubigung.  Die  richtige  Lesart: 
ένεΐ  m'ev  αίμα  aeXaivov  war  die  mnzige  wirklich  übe  lieferte. 


Nekyia. 


G09 


nicbt  ausdrücklich  geöagt.  Die  anderen  Seelen,  heiset  ee  dann 
542,  ίστασαν  άχνυμεναι,  eipovro  bl  κήϊϊε'  έκαστη.    Aiae  endlicb, 

»der  nicht  reriet,  triükt  auch  nicht  vom  Blute;  seine  ψυχή  ateht 
von  ferne,  κεχολωμενη  εϊνεκα  νίκης  —  544;  mithin  weise  eie 
auch  ohne  Bluttrtink,  wer  Odysseus  ist. 

Dieser  Ungleichmiiesigkeit  der  Darfilellung  kann  ich  so  viel 
Bedeutung  nicht  beimeeeen,  uro  nach  ihr  äie  innerlich  zufaramen• 
hängenden  Scenen  auseinander  zu  reissen,  Antikleia  und  Agamem• 
Don  dem  einen^  Achill  und  Aias  einem  anderen  Dichter  zuzu- 
weisen. Man  ist  vollkommen  berechtigt,  in  V.  471  das:  ?tvui, 
daj  ja  jedenfalls  einen  momentan  eintretenden  Act  eines  bis  da- 
hin nicht  thätigeii  Erkcnnungsvermogene  bezeichnet,  sich,  ^κατά 
τό  σιΐϋττώμενον'  (mit  Schol  λ  471)  dahin  zu  erläutern,  daae 
man  ein:  έπύ  ixkv  αίμα  κελαινόν  öich  in  Gedanken  ergänzt 
Ee  giebt  in  homerischer  Dichtung  der  Fälle  genug,  in  denen  der 
Dichter  einen  Umstandj  degsen  Erwähnung  zur  voOständigen  Ge- 
nauigkeit der  Erzählung  erfurderlich  wäre,  in  einer  gewissen 
Lässlichkeit  der  Ausführung  bei  Seite  läset,  ohne  doch  damit 
sein  Eintreten  in  Abrede  zu  stellen.  Hier  wird  der  Bluttrnnk, 
der,  wie  alle  rein  phantastiachen  Züge  der  Einkleidung  seiner 
Erzählung,  für  den  Dichter  der  ursprünglichen  Nekyia  kein  selb- 
ständiges  Interesse  hat,  ihm  nur  als  Vehikel  für  die  Vorgänge 
eines  geistig  gemüthlicben  Verkehrs  des  Odysseus  mit  den  Seinen 
dient,  nachdem  er  schon  hei  Antikleia  (153)  nnd  Agamemnon  (300) 
nur  flüchtig  angedeutet  war,  in  dem  Fall  deß  Achill  (471  fj  nicht 
mehr  ausdrücklich  erwähnt,  sondern  nur  noch  vorausgesetzt,  und 
vollends  in  den  wenigen  Worten,  mit  denen  der  Verkehr  mit  den 
anderen  ψυχαί  angedeutet  wird  (541  f.),  nicht  mehr  besondere 
hervorgehoben.     Das    ist    nur   nicht   pedantisch  ^     In  dem  Falle 


1  Es  ist  übrigens  bemerkcnswerth,  dasa  die  Wirkung  des  Blut- 
trinkeufl  nicht  ganz  deutlich  und  fest  umgrenzt  vom  Dichter  bezeichnet 
wird.  £γνω  lieisat  es  bei  AnÜkleia,  bei  Agamemnoni  V,  löß»  300.  Aber 
Tiresia»  sagt  dem  Odysseus:  wen  du  dem  Blute  wirit  nahen  lassen, 
ό  hi  τοι  νημερτές  ένίψει  (148).  Das  klingt  beinahe,  als  ob  durch  den 
Bluttrank  den  Seelen  wahrsagende  Kraft  komme:  νϊ|μ€ρτέα  €ΐπ£ΐν,  ctpeiv 
bedeutet  wahrhafte  VorauBsaguug  der  Zukunft  im  Munde  deseolben 
Tireaiae,  V.  96.  137  (so  auch  νημ€ρτές  ^νΐσττες  μ  112).  Es  ist  als  ob 
man  es  hier  durchweg  mit  einer  νεκυομαντΐία  zu  thun  hätte  (vgl. 
Psyche  5HJ*  in  der  die  Seelen  zum  Wahrsagen  von  Zukünftigem  ge* 
zwangen  werden  sollen.  Aber  wenn  auch  νημερτές  ^νισπείν  hier  nichts 
weiter  ak  trugks,  der  Wahrheit  gemäss  reden,  bedeuten  soll   (wie  ja 


βίο  Rokd« 


im  Aiae  mwmbt  der  Dichter  tekoa  ciae  leiste  VehawAroxm^ 
der  Hr  die  Erwerbv&r  des  roUtm  BewvMtaeni  der  ψσχοί  re- 
ttelhea  Bediaggnyfn  ζ«1ι•κβ,  wenB  er  eaf  da*  vcBdcrroBe 
Büd,  ToU  Wselit  ead  GröiK,  uelit  rerocklca  voUie,  tos 
«BTcrsoliBten  Helden,  der  tob  atm  Todfeade,  deaMB  Abi 
hat  er  v«hrKaMt»  sek  η  vorUowm  Groll  abve»dcc 
Opfatmk  TendbBÜMsd.  Αϊμ*  BevvMtaeiB  m  dabei 
cn  vcwg«•  heuer  gedacht  als  da«  der  Aatikleiay  dk  doch 
■■r  aasmm  tob  aUen  als  cnte  heruschweht.  weal  ia  ihr.  he- 
reitB  Tor  dea  BIcnriBk.  eine  EapfiadaBg  tob  der 
d«i  OdTooras  vach  gevindea  ist.  die  sie  im  dea 


iAi  τ  101:  &  S14:  3S1:  «13:  i  l^i.  » ie  das 
aadrvk   czid  rä^  »ecj-   ΰ    dis    frrHrh^  Twwal•  dat   auögg*»i> 
Fcufe  de  Bxxssrcüs  besoekzi««  wztL•   Kt  TosvuCss^  von  ckkt  Fcüee 
äR  «&IB1  T-jjftr;  faza  psmew  aaspchüärt :  ü  iMK  izr  frnapihtf  ΤΣΙμ  έεββλ 

^  lA  tmK;.  wk  nasi  säehx.  dese  I>iehser  ds-  ahcK  S^ekria  st. 
das  f!r  «Bx  Xrcrr.  cb§  üas  tsk  roRDehercci  nahFuittAbcfc  var.  zkihi  pc^ 
daLiJKAi  diLnAifTyrreL  ecEanaZ.  xit  ecnai  vsekäpcrcE.  pMCaackeL  Zwot^m 

v^Hjcl.  ^ihZa  miiiiT"  Ackx  >Mie.  ιγ^^γτ***'  ^UBDOvaäiBr  Λη  4iiiid  ^^^"^fat 
xsr  dfic  skoafmsi  TflrpFvs^isfTi^^et  der  ΗεαιιβΓ :  -v-erdBL•  ivsa  hlaz&fiB 
«ft>  öuLh  «ΠΓΒΐ  5<r  'Wfäit  ΊΣοα  Gevrciäzxih&i  iiniDaücäiir  I^imiBzi^  Tx- 
fg^rJrir'irfTtef  :iit£!r  WiÄcnvewäifBiäs  astraDCiiciiKX  «rät.  —  £ί£.  XfavT 
£.  S^i.  wsäm  κίώ  \%τπ.  xx  iamer  ts-  rx-vilJBt  ik^er  ameil  Wias•- 
•BCzÜiäiksn  ^«pai  si»  Lune  seäier  ^tfla&fr.  Ifirfr  rslr:  aat  zoix  gar 
niettC:  «bkiss'  «r  aabR  aiJuh«  süä.  ä:•:^  ^^gCTWc.  ;i•  m  für  ^a,  imefr  ^«• 
saäiBL•  asd.  hisr  κ  Siä  äcn.  BsmcfiiQ^  zil  siel•  xx  iPicifiL•  £irtäi2iüf 
amx»ln  Tjemhfc  %'innr"tfi;fc  Α^ι,τητττΓ.-ηπι^  Acäiiil.  Aiai  FTitfnr  Bicaaer 
ax  "PTi*  faiOÄ  «V  ^iCr  zjfä:!  **^•"**'  nS'Lxap.  xtcr  α<"^  TTnicevkifia  ä 
Bh:iST3jksL  öi?  un^o:  uir^  iixr  ezis  BiODsnxx  rc  fnaritiflr..  STseaeL 
JDicir  iiL  3jmL  I\  li^  frritirL  er  hiJV  έιβκχ  riiterMULMii  fcr  rznt*eaBia- 
"hwt  ÄST  Γ^:±ΐβΓ  ΪΒίβκ  tttisL  du  CO^sxDoxjiall  öftl•  HixsSToxikBDa.  oat  lieä 
Ofc  Bsirapmf  ös  Tz^beiu  aicrrip  ιΐ'&τ.  kTinkii  "im  iklisL•.  Wni  xnai 
OS  HacarJtise-  aoä  ioht  *thb»  'iieiaBL  Zeser  ndeL  r  —  Csiur.  il  rwmijfi 
füS  f.  iHxms^    aas   tnraL  tutjü  Ansudü  ilior  oai  To^uQzxub  lunae- 

SofAesu  IL  aeoiBL  üv  yn^ifoi  SC'ir:  'snxJtsL  Tiresauk.  Axiui£.~»iub.  Aj^snuammi' 

lAiWtmwT  3uiHk  w  ws*iu  iiö.  ösiizr  mL  91  vewTm^•  Kanri'nnhf  Germiae 
haktfiL.  TiBff  &:t<r  memf  ^iwnnti«  ir.iHr  xrilirc^  ix  öfm  Snenea  möx 
AzitIkJKiu  HFv .  kUin  I':ie8u  ro.  «üa*.  'crf:  ijusic  1:11.    Ilu-  iiniiSY  AJica* 

xiicb;  fnr  ^-übira  iLiitir   uid    üfv  Aimni.TiTia»   iisr  I^jummip.   ja  oma 
'wieda'  ashbuma     f^mtf  ük  iJmuit  ü^niif  aar  Sia»  «καίε  xia 


Nekjria. 


eil 


I 


I 


Schneidet  man  ans  dem  Gau  Ken  der  Kekfja  den  Fratien* 
k&Utlog  und  die  ErficbeinungeD  im  Kreboe  aus,  ho  läset  der  Ttct* 
bleibende  Rest  einen  Sinn  dee  Diclitere  und  der  Diclitang  erken- 
nen, der  sich  von  der  Art  anderer  ünterweltsdiohttingen  ep&terer 
Ze^t  merklich  unterscheidet.  Hier  sollen  nicht  die  Znetände  im 
Seelenreiche  anechaulich  gemacht  werden^  nicht  die  drängenden 
Schaaren  der  Abgeschiedenen  dem  Blick  voriibergefiihrt  werden; 
der  lebende  Held  soll  mit  den  Vorangegangenen,  der  Mütter  imd 
den  Kriegsgenossen,  da,  wo  es  allein  noch  möglich  war,  in  per• 
Bönliche  Berührung,  die  eeine  und  ihre  Art  eich  gegeneinander 
abheben  läset,  in  einen  Austanech  von  Gedanken  and  Mitthei* 
lungen  treten,  der,  auf  dem  dunklen  Hintergrund  des  Schatten- 
reiches, doch  nur  Erscheinungen  und  Ereignisse  der  Oberwelt, 
des  einzigen  wirklichen  Lebensbereiohee,  vorüberziehen  lEeet.  Von 
diesem  dichteriechen  Zweck  und  Sinn  der  ureprünglichen  Nekyia 
und  den  Motiven  immer  weiterer  Außbildung  durch  nachträgliche 
Eindichtung  ist  in  der  Psf/che  p.  45  ff.  in  genauerer  Aueführong 
gehandelt,  die  hier  lücht  wiederholt  werden  soll* 

Ihren  eigentlichen  Zweck  erfüllt  die  alte  Nekyia  in  dem, 
"was  auch  in  ihr  den  breitesten  Eaum  einnimmt,  in  der  Auebrei- 
tnng  des  Gesprächs  dea  Odyeeeue  mit  Antikleia,  Agamemnon, 
Achill,  dem  Versuche  eines  Verkehrs  mit  Aias,  Hiermit  tritt 
eie  völlig  in  die  Strömung  der  durch  die  Odyssee  wirkenden 
dichterischen  Triebe.  Es  ist  ja  unverkennbar^  wie  in  den  Ge- 
sängen dieses  Gedichtes  der  Trieb  sich  regt,  den  οΤμαι  τών  τότ' 
αρα  κλέος  ούρανόν  eupuv  ΐκανεν  (θ  74)^  den  Sagen  namentlich 
von  den  letzten,  hinter  der  Ilias  liegenden  Theilen  des  troisohen 
Krieges,  von  den  Heimfahrten  der  Helden,  Gestalt  zu  geben: 
mitten  in  dem  νόστος  des  Odysseus  wird  solchen  Auaführungen 
oder  Skizzirungen  der  Sagen,  auf  deren  Hintergrund  jener  letxte 
νόστος  steht,  Eaum  geschaffen,  in  den  Erzählungen  des  Nestor 
und  Menelaos  in  γ  b,  in  den  Vorträgen  des  Demodokos  in  Θ,  aber 
auch  anderswo,  Dass  zu  dem,  was,  von  gleichem  Drange  bewegt, 
der  Dichter  der  Nekyia^  an  Themen  aus  der  Kriegsgeschichte  und 
den  Heimfahrtsabenteuern   anschlägt  und    ausführt,    die  Beriohte 


festesten  im  homerischen,  d.  h.  in  relativ  modernem  Seeleng lauben»  — 
lüdesstiu,  wie  ich  das  Fehlen  der  Erwähnung  des  BluttrinkenH  bei  Aohill 
und  Aias  betirt helle,  trctTen  alle  solche  Betr^cbtuageu  über  diu  Alter 
der  einzelnen  Stücke  usw.  überhaupt  auf  alle  diese  Soenen  und  ebenso 
auf  die  von  Tiresias  usw.  nicht  zu. 


619  Rohde 

iB  Τ  b  die  Anregung  gegeben  haben,  ist  echwer  xn  verkennen. 
In  dem,  was  von  dem  Morde  des  Agamemnon  dieser  selbst  be* 
richten  mues,  sind  die  in  γ  b  gegebenen  Bruchstüoke  erzählender 
Ansfühmng  des  gleichen  Gegenstandes  als  bekannt  vorausgesetzt; 
sie  werden  hier  vervollständigt,  in  Einem  bedeutenden  Motive 
erweitert,  an  dessen  Ausbildung  sich  das  Fortspinnen  der  Sage 
durch  die  wetteifernde  Bemühung  der  einzelnen  Sänger  lehrreich 
beobachten  lässt  ^. 

1  Durchweg  mues  das  von  Agamemnons  letzten  Schicksalen  in  γ  δ 
Erzählte  dem  was  hiervon  in  λ  405  ff.  berichtet  wird,  zur  Ergänzung 
dienen;  ohne  jene  vorausgehenden  Berichte  ventünde  man  den  hier 
gegebenen  gar  nicht.  In  λ  wird  nichts  gesagt  von  der  Buhlschaft  des 
Aegieth  mit Elytaemnestra,  d.h.  also  von  dem  Grunde  seiner  Mordthat : 
das  war  eben  τ  263—275  (α  36)  ausgeführt.  Nichts  von  der  Heimfahrt 
und  Rückkehr  des  Agamemnon:  das  stand  schon  zu  lesen  b  512—537. 
In  λ  wird  eine  einzelne  Scehe  des  Mordes  ausgeführt  (mit  sehr  rich- 
tigem Gefühle  eine  solche,  die  nur  der  selbst  Betroffene,  Agamemnon 
—  der  nur  hier  zum  Worte  kommt  —  schildern  konnte,  nur  so,  wie 
er  dabei  empfinden  konnte).  Der  ganze  Mord,  seine  Veranstaltung  und 
seine  Ausführung  werden  als  bekannt  —  dem  Leser  bekannt,  freilich 
nicht  dem  Odysseus:  aber  das  ist  ganz  in  homerischer  Art  —  voraus* 
gesetzt;  es  war  davon  erzählt  in  (γ  303  f.)  b  530— 537.  Die  Beziehung 
auf  jene  Stelle  verräth  sich  hier  auch  (was  freilich  der  Theorie  von 
einer  sehr  späten  Entstehung  der  *TeIemachie'  wenig  gelegen  kommt) 
in  der  Entlehnung  des  Verses  λ  411  aus  b  535  (Kirchhoff  streicht  λ  411 
mit  keiner  anderen  Motivirung,  als  dass  er  hier  *den  Ausdruck  unnö- 
thiger  Weise  beschwere".  Der  Vers  schliesst  sich  aber  an  den  vorher- 
gehenden, durch  das  asyndetisch  angefügte  bcιπv{σσας  das  καλέοσας 
steigernd  und  ergänzend»  trefflich  an;  er  ist  sachlich  unentbehrlich 
ohne  ihn  wäre  nirgends  ausgesprochen,  dass  der  Mord  beim  Mahle 
stattfand,  was  doch  nicht  bloss  vorausgesetzt  werden  durfte.  Auch  be- 
zieht sich  ja  das  ώς  412  ganz  deutlich  auf  411  zurück).  Die  Rache 
des  Orest  kann,  selbst  als  Wunsch  oder  Ahnung,  in  λ  so  gänzlich  un- 
berührt bleiben,  weil  sie  in  γ  305  ff.,  α  29  ff.  hinreichend  eingeprägt 
ist.  Neu  hinzugekommen  zu  den  Schilderungen  der  Mordthat  ist  das, 
was  in  λ  421  ff.  von  Kassandra  erzählt  wird.  Ob  nun  in  γ  b  von  ihr 
und  ihrem  Schicksal  nichts  gesagt  ist,  weil  die  Dichtung  sich  mit  ihr 
noch  nicht  beschäftig^  hatte,  oder  weil  dort  von  ihr  zu  reden  kein  An- 
lass  war:  auf  jeden  Fall  wird  in  λ  von  ihr  erzählt  eben  weil  in  yb 
nicht  von  ihr  erzählt  war,  um  die  Erzählung  zu  bereichem  und  zu 
vervollständigen.  Klytaemnestra  wird  stärker  an  der  Unthat  betheiligt, 
indem  sie  Kassandra  selbst  erschlägt  (λ  422  ff.).  Ob  das  έκτα  σ  ύ  ν 
ούλομένη  άλόχψ  λ  410  eine  αυτοχειρία  der  Klytaemnestra  bezeichnen 
soll  oder  nur  ihre  βούλευσις,  ist  nicht  klar;  wahrscheinlich  das  letztere; 
dann  stünde  in  dieser  Hinsicht  die  Dichtung  noch  auf  demselben 
Punkte,  wie  τ  2d5,  b  92. 


Kekyia. 


6U 


An  dieser  Beziehung  auf  γ  b  zeigt  sich  nocbmale  sehr  dent* 
lich|  dass  die  älteste  Nekyia  das,  als  was  wir  sie  allein  kennen, 
eine  Eindichtang  in  das  Ganze  der  Odyssee,  von  jeher  war. 
DasH  jemals  die  Hadesfahrt  dea  OdyeaenH  ata  ein,  von  der  Odyssee 
unabhängiges  'Lied*  selbständig  existirt  habe,  und  nachträgHch 
erat  in  die  Odyssee   eingefügt  worden  sei  *—  wie  seit  Laaer  oft 


^  Weil  sie  sich  in  das  Ganze  der  Odyssee  einordnet»  läset  die 
Nekyiü  (λ  185  f.,  449)  den  Tel^machos  als  erwachsen  eracheiDeri:  das 
pa59t  nicht  wohl  zu  den  ZeitverhältnisBeii,  wenn  mati  genau  ausrechnet, 
in  welchem  Jahre  der  Irren  des  Odysseus  die  Radesfahrt  vor  sich  geht, 
ist  aber  ersichtlich  dadurch  veranlasst,  dass  dem  Dichter  der  Nekyia 
die  Gestalt  des  Telemachos  so  vor  Augen  steht,  wie  sie  in  den  früheren 
Biichini,  der  sog.  'Telemachie'  geschildert  ist.  So  sehr  richtig  Niese, 
Entw.  1G8;  Thrümer,  Perj^a  mos  151.  —  Nach  £d.  Meyer,  H.^bi^  ist  es 
gerade  umgekehrt:  mit  der  Schilderung  der  Lage  des  Telemachos  (oder 
gar  auch  der  des  Laertea  λ  187  fl*.?  vgl.,  ausser  ω,  α  189  ff.;  λ  193  aus 
α  193  entlehnt)  stelle  sich  λ  in  '  schärfsten  Widerspruch  zu  der  ge- 
ssmmten  Odyssee*.  Tolemach  sei  hier  'anerkannter  Regent'.  Das  Ge- 
genlheÜ  steht  deutlich  in  V.  184  i  σόν  δ'  oönuj  τις  ίχει  καλών  Τ^Ρ<*ζ| 
d.  h.  es  ist  Nieraand  Regent,  also  auch  Telemachos  nicht.  Ganz  wie 
in  der  übrigen  Odyssee.  Der  allgemein  gehaltene  Ausdruck  (oö  τις) 
läsEt  erkennen,  dasa  auch  ein  Andrer  als  Tdemach  wohl  Anwartschaft 
auf  die  Königswürdö  haben  könntu,  jedenfalls  derjenige,  der  etwa  die 
Penelope  Ιγημεν,  'Αχαιών  6ς  τις  ίριστος  (179);  völhg  so  wie  sonst  in 
der  Odyssee:  s.  ο  5'21  f.,  α  39<ί,  tOl.  Telemachos  ist  im  Genuss  des 
Erongutes  (nicht  allein  seines  Privatbesitzes!  wie  er  sein  wird,  wenn 
statt  des  Odysseus  ein  andrer  König  geworden  sein  wird :  α  39ΰ  ff., 
401  f»),  er  geniesst  die  Mahlzeiten,  zu  denen  ihn  die  andern  laden  (je- 
denfiills,  wie  üblich,  in  Verbindung  mit  einer  Berathung;  so  laden  selbst 
den  regierenden  König  die  γέροντες  unter  Umstanden  ihrerseits  ίς  βου- 
λήν:  Od.  ι  54.  55).  Hiermit  uniEchreibt  der  Dichter  dtir  Nekyia  die 
Lage  des  Telemaekosi  aus  eigenen  Mitteln,  denn  im  übrigen  Gedicht 
ist  sie  deutlich  nirgends  beschrieben^  aber  ohne  jeden  ersichtlichen 
*  Widerspruch'  zu  dem  übrigen  Gedicht  und  mit  der  unverkennbaren 
Absicht,  die  dort  vorausgesetzten,  dem  Dichter  im  Gedächtniss  vor- 
Bchw^ebeuden  Verhältnisse  zu  fornmliren.  Die  Bedrüngnisa  der  Pene- 
lope durch  die  Freier  lässt  er  dabei  absichtlich  nnerwähut  (es  wird 
nur  von  ferne  auf  mögliche  neue  Verehelichung  der  Königin  angespielt; 
179),  vielleicht  auch,  wie  Caucr  Gruntlfr,  299  anuimmt,  durch  chronof 
logische  Beobachtungen  bewogen,  die  abermals  diu  BeriJck'tichtig^uug 
der  ganzen  Odyssee  durch  den  Dichter  der  Ni*kyia  liestätigon  würden. 
Hauptsächlich  aber  hat  er  jedenfalls  die  vorzeitige  Beunruhigung  doe 
Odysseus  durch  so  schlimme  Kunde  fernhalten  wollen,  andere  als  der 
rlaterpolator  der  V.  llfjff. 


614  Rohd6 

behauptet  worden  ist  — ,  müeste,  nm  glaublioli  in  werden,  mit 
beionders  dentliohen  und  starken  Beweisen^  erhärtet  werden. 
An  solchen  Beweisen  fehlt  es  ganz. 

Das  wäre  also  die  alte  Nekyia.  Odyssens  ersählt  in  ihr, 
wie  der  Fortsetzer  der  Odyssee  in  ψ  322  ff.  mit  nicht  gerade  ge- 
schickten, aber  ganz  deutlich  den  Umfang  dieser  ältesten,  auch 
ihm  noch  unentstellt  vorliegenden  Hadesfahrt  bezeichnenden  Wor- 
ten sagt,  ώς  άς  *Mb€ω  bόμoy  ήλυθ€ν  €υρώ€ντα,  ψυχή  χρησό• 
μένος  Θηβαίου  Teipeaiao,  νη\  πολυκλήώι,  και  €Ϊσώ€  πάντας 
εταίρους,  μητέρα  θ'  ή  μιν  ίτικτε  καΐ  ?τρ€φ€  τυτθόν  έόντα. 

Ueber  die  einzelnen  Theile  der  uns  vorliegenden  Hades- 
dichtung noch  einige  Bemerkungen. 

Das  Finale,  628—640,  gehört  unzweifelhaft  zum  ursprüng- 
lichen Bestände  der  Nekyia.  Das  Gedicht  bedarf  eines  solchen, 
hier  sehr  wirksam  gegebenen  Abschlusses.  Odysseus  steht  hier, 
gemäss  der  Voraussetzung  des  ursprünglichen  Gedichtes,  die  in 
der  eingeschobenen  Partie,  565 — 627,  vergessen  oder  doch  bei 
Seite  geschoben  war,  wieder  an  dem  Eingang  zur  Unterwelt,  an 
seiner  Opfergrube'•  An  564  konnte  sich  628  unmittelbar  an- 
schliessen. 


^  £inen  solchen  Beweis  findot  Kirchhoff  p.  222  in  dem  κατέκ€ΐτο 
κ  532,  das  aus  λ  45,  wo  es  passend  steht,  unpassend  wiederholt  sei: 
hieraus  ergebe  sich,  dass  λ  schon  vorhanden  wsr,  ehe  es  durch  die  ent- 
sprechenden Verse  in  κ  in  die  Gesammterzahlung  eingehängt  wurde. 
Gewiss  ist  κατέκ£ΐτο  κ  532  unpassend  aus  λ  45  wiederholt,  aber  nur 
nach  der  anzeitigen  Reminiscenz  eines  Schreibers,  nicht  von  dem  Dichter 
jenes  Verses.  Dieser  weiss  den  für  den  Auftrag  der  Kirke  geeigneten 
Ausdruck  in  allem  übrigen  so  vollkommen  zutreffend  zu  gebrauchen, 
dass  ein  so  gedankenloses,  ja  sinnloses  Verfallen  in  die  Form  einer 
Erzählung  von  Vergangenem,  wie  es  in  jenem  κατέκ€ΐτο  läge,  ihm  un- 
möglich zugetraut  werden  kann.  Wo  die  beiden  Stellen  in  κ  und  λ  einmal 
nicht  genau  im  Ausdruck  zusammentreffen,  κ  52() — 530,  λ  34 — 37,  ist 
die  Partie  in  κ  die  frühere  und  ausführlichere,  von  der  in  λ  eine  ab- 
kürzende Fassung  gegeben  wird;  unmöglich  kann  hier  λ  dem  Dichter 
in  κ  den  Anstoss  gegeben  haben.  Man  wird  in  κ  532,  mit  einigen  Hss., 
nach  Nauck  u.  a.  neueren  Herausgebern  κατάκ€ΐτ(αι)  zu  schreiben  haben. 

'  Kammer,  Einh.  d.  Od.  475  meint,  die  Gefährten,  die  Odysseus 
mit  zur  Opfergrubo  nimmt,  λ  23 ff.,  seien  hier  vergessen;  Od.  sei  allein; 
es  bestehe  also  ein  Widerspruch  zwischen  λ  23  ff.  und  λ  84  ff.,  G3<). 
Aber  die  Gefährten  sind  zwischen  λ  23  und  84  mit  den  geschlachteten 
Opferthieren  zur  Verbrennung  fortgegangen:  so  ist  jedenfalls  zu  ver- 
stehen, was  λ  44—47  gesagt  wird;  so  versteht  es  Schol.  λ  44,  und  so 


Nökyia• 


616 


Ob  die  Kpiflode  van  Elpenor's  Tode  and  Erscheiiiting  am 
Eingang  der  Unterwelt  (κ  551 -* 500;  λ  51—84;  μ  9—16  halb) 
zum  ursprünglichen  Bestand  der  Nekyia  gehöre,  ist  echwer  mit 
Toller  Beetimmtheit  zu  enteeheiden.  Sie  ist  fiir  das  Ganze  nicM 
noth wendig,  ja  man  verötebt  weder  Grund  noch  Zweck  ihrer 
Einlegung  in  den  Verlauf  der  übrigen  Abenteuer  und  Erlebniaee 
im  Hades  Κ  Äberp  unter  der  Vorauaeetzung  einer  nachträglichen 
Einlegnng  von  fremder  Hand  verstünde  man  beides  um  niehte 
besser;  und  man  müeste  doch  dann  vor  allem  ein  Motiv  nach* 
gewiesen  sehn,  wenn  mau  an  eine  Eindichtung  glauben  sollte. 
Die  Episode  tritt  andererseits  weder  in  den  Verlauf  der  Ereignisse, 
wie  er  in  der  ursprünglichen  Nekyia  sich  entwickelte,  störend 
ein,  noch  aus  dem  Kreise  eechatoiogischer  Vorstellungen,  in  die 
Homer,  und  auch  die  älleste  Nekyia,  sich  einschliessen,  merklich 
herans.  Elpenor  begegnet,  άν'  εύρυττυλές  *ΑϊΙ>ος  5uj  (wie  die 
ψυχή  des  unbeatatteten  Patroklos,  Ψ  74)  schwebend,  zu  allererst 
dem  Freunde;  als  άταφος  ist  er  zu  den  übrigen  Schatten  noch 
flicht  zugelassen :  dass  dies  die  Meinung  des  Dichters  selbst  ist^ 
seigt   sein  γαρ  V.  52.     Die    ψυχή    des   Elpenor    ist    des    vollen 


hatte  es  Polygnot  vorstanden  und  auf  seinem  Nekyiabikle  in  Delphi 
(Paas,  10,  2i.t,  i)  dargestellt:  s.  R  Schone,  Jahrb.  d,  arcAtio?.  Imt.  1893 
p»  200.  Ganz  natürlich  ist  also  ieitdem,  und  auch  zuletzt  noch,  V*  636, 
Odyeaetid  allein  an  der  Opfergnibe. 

1  Atiffallend  ist  die  Breite  und  Wichtigkeit,  mit  der  von  der  Be- 
stattung und  dem  Gmhmal  dua  Elpenor  geredet  wird  (λ  <jiJ — 78;  μ  11 
— 16).  Man  hat  daher  gemeint,  die  Gcechichtt)  diene  als  αίτιον  für  ein 
anjfaüende»,  auf  einen  Gefahrteu  des  Odysseus  belogenes  Grabmal  auf 
einem  Vorsprang  von  Aiaia  (Wilamowitz,  Rom.  Unters.  HL•}*  Aetiolo- 
gische  Erzählungen  dieser  Art  kennt  Homer  nicht  (wohl  merkwürdige 
σήματα  —  auch  das  οήμα  πολυοκάρθμοιο  Μυρίνης,  Ίλου  σί\μα  —  aber 
nicht  Geschichten,  die  eigeiia  deren  Enleteliang  erläutern  sollen).  Auch 
ist  es  uumöglicli,  daa  homersche  Aiaia  anderswo  als  noppm  που  ίν  £κ- 
Τ€τοπισμένοις  τόττοις  άορίατοις  zu  auishen*  Ein  Local  der  wirklichen 
Welt  wäre  es  noch  nicht,  atiüh  wenn  ea  mit  dem  Aia  der  Argonauten- 
ahenteuer  urspriiniilich  idcntJHch  sein  sollte  {hol  Homer  ist  es  jeden- 
fallt  davon  untere cliieden)  Und  hatte  ea  von  jeher  eine  beatimnite 
Lage  in  bekannten  Ländern,  so  hätte  man  ea  nicht  naohträglich  fixiren 
können,  und  zwar  den  Andeutungen  des  Gedichts  ganü  wideraprechendi 
hei  Circeii  an  der  Küete  xon  Latium.  (Die  richtige  Consequcnx  der 
AutTaasung  dieser  Elpenorgrübsage  ala  eines  tttiologißt:hen  berichte  wicre, 
dieae  Fixirung  liei  Circeii  für  nrapriiuglich|  der  Meinung  des  Dichters 
seibat  entaprechond  auszugeben,  wozu  sich  MüUenhoffi  1}.  AHrrt.  1,  5iift 
in  der  That  entsohloseen  hat.) 


^m      lU    il 


β16  Bohde 

Bewa^stseins  noch  nicht  beranbt;  sie  bedarf  χα  deeeen  £nreckiiB^ 
dee  Blnttrinkens  nicht;  ja  sie  hat  ein  erhöhetes  BewvBetseia: 
Elpenor  weise  vorans,  was  Odyssens  demnächst  thmn  wird  (T.  69. 
70);  er  weiss  offenbar  anch,  dass  die  Matter  des  OdyMeos  uckt 
nehr  am  Leben  ist  (V.  67.  68).  In  allem  diesen  ist  nichts  des 
alt  homerischen  Glaaben  widersprechendes.  S.  ΆψϋΜε  25.  26.  50  £. 
Wo  nach  keiner  von  beiden  Seiten  aasschUggebeade  Grande 
aiehen,  wird  man.  nach  dem  Grandsatze:  tu  dtibio  pro  reo,  za 
der  Aadassang  neigen,  dass  die  Episode  ihre  Stelle  recbtaiMag 
innehabe   and   tarn   ar«pranglichen  Bestand   der  Kekjia  gehorem 

Die  Rede  de«  Tiresias,  λ  1<X>'-137,  kann  so  wie  sie  rer- 
Hegt«  nicht  rc^n  Einer  Hand  gebiliet  sein.  Mit  V.  114.  113: 
ιίι^  καλώς  vdai,  ~  ^€ΐς  b'  €v  τφματα  otnii  iss  der  ^  T.  l^O; 
aftpektsi'gte  Berieh:  aber  den  νόστος  des  OiTüsems  ^«cadigt: 
der  Bervrht  schlieft  wirk«im«  aaii  ionkler  AadeitsDg  e»es  Ca- 


5»Ki:it  j:  *3fisci!L•  Thguei  Zfsr  nkax  Niirsi    \3ΰ^  =  i^T.  ,5Ö&:  λ5ι£  = 

3iQ  Ίϊ^τ  ijy^"*  viΓβsi:L•L•fώ. ,   L•LZ  ^ti^L•aL  TL•!  tr.A.Ti  Titfa  Ä:cä.  ZJt  τΌ^ώοί- 

:«t  ü.«»  Ttt  öir  Γ*3Ηΐί*Λ•  aar  *j:«t  XiiT^i^  :•μτ  an.  ixvr7uüa«ar  : 
v^fitir  £&  Änr  «x«£  iu»  £.  j.  ^  isiL•  ir  i  n^z  Ltn. '  irana  ^ογ&ηι  ΐΐΒβαίιη*^ 
>ita:  wxrL•  ic  iiki  £;&»  iüwa  ijwer  E.itf  sl  k  τ;α.  sirü.  «ümc  st  ν  '^β- 
3λπιω»α  —  r»fcw  «ζ  tu  Ί&:::νι  Frurs  öi^  ,«£:TwieJM  ii  äif  ικαχί,  um 
ΪΙ&«π»/Γ  W  T^i..  i:i««  kfUDi  iifiÄi  JLitv.t:  piihi.  iik:  ^τνηοί»  Aj^- 
i(»i»  fr^fsc^  "iiiuigitfiif  fi.li»  cuis  LLxiiabuL  "»"friaJ^iiiBiaf  ncauäun.  Fti(^ 
im!  Aicv^iir:  io»  uiüfr^a  ^ii^üüiL  öi»  Srannr  iciün  ::i2{aamiisL  •Γ..]&πα&. 
TiL•  Ji'iuHCi  L  fTut'-'Jiwr  -"  L  unmur  T^apr  ^">'i**^  1.  ih*.  ΓΓ.  ■FTypimwr- 
Voru'ii'^iu  rU• — >'c*  witi  ,  icvjäbi»  iJjirüxur»  ääIi.'h  v«»^  ^iix  «biusil  ü nö« 

..'kkiiiTim*  Jüfui..  L•  ,"#*".  Λ*ι  -.  icauii'.'iifT:  »  ";.:  : -^ΙϊΛ;  utf  ^wi  nian:  ttu 
Viiiiujjijtjn^  ä*^  .'iC^SÄPu*  π  ."^^  .  uuL  ;»*i  f.  ^»a.:  mmuiz'vr^  mx:  i-ir«•;: 
iirv•'.  i\.\i'  ιι•.•ιΐ.:ιΐϋΓ  1.  i^niiiH  i».*uiii  ^iniiiiit  \ii*ti-a  du  Itnummf: 
^\i\i»  ιό\^ι  iisi  π  Κ* , — h'U  iHt'WBctiii'i  i^-i'üntu-^^  ftj»*»iHu  «.  Id:- — -5;  . 
.*<;•'^»»ΐϊ*  ^ί»«ι    :  '     :>   4t:u   ΪΙικ^»η*      lür    iim    ti-uu    m.  Jimü**»    ttsp^^rnni. 

OM.  ^w^UHir.  ίΐ%Γ4   ,pim.   «irrmf*iu*J    nitiw   nlu  ImibS^inriiitTQitt., 


Nekyia. 


tili 


I 


iieils^  Jaa  daheim  ilen  Dulder  erwarte,  ganz  ebenso  wio  der  B'luch 
des  Polyphera,  ι  531  t,  der  hier  widerklingt.  Was  von  Y»  llß 
an  folgt,  flclion  formell  durch  die  ungeichicktö  Apposition :  πή• 
ματα^  δνορας  ύττερφιάλους  als  ein  uDorganieclies  AnhängBel  sich 
kenniteiclinend,  kann,  als  über  das  Tliema  der  Voraufleagiingen 
des  Tiresias  hinauftgebend,  nicht  nreprunglich  von  diesen  einen 
Theil  ausgemacht  tinbeii.  Man  hat  mit  Recht  darauf  hingewiesen  V, 
dass  in  den  zeitlich  hinter  der  Hadesfahrt  liegenden  Theilen  des 
Gedichte  Odysseue  nirgends  etwas  davon  verlauten  läseti  dass  er 
von  dem,  hier  ihm  angekündigten  Treiben  der  Freier,  der  Be- 
drängiiiss  seiner  Gattin  lienntnies  habe;  bis  zu  seiner  Ankunft 
anf  Ithaka  handelt  er  in  offenbarer  Unkenntniss  dieser  Dingo, 
die  ihm  dort  erst  Athene  (v  375  ff.)  bekannt  macht»  Hierin 
läge  freilich  noch  nicht  unbedingt  ein  Anzeichen  für  spätere  Ein- 
diehtung  dieser  Verse  in  die  Nekyia:  denn  es  fehlen  in  den  fol- 
genden Büchern,  vor  ψ  251  ff.;  322  ff.,  überhaupt  alle  sicheren 
Spuren  einer  Kenntniss  der  ganzen  Hadesfahrt  ^,  Aber  in  eich 
eelbßt  trägt  die  Nekyia  den  Beweis,  dass  V.  116 — 120  Ursprung- 
lieh  in  ihr  nicht  vorhanden  waren,  Nach  der  eben  erst  von 
Tireflias  erhaltenen  Auskunft  über  die  Zustände  in  seinem  HauRe 

1 

die  Freiofj  ihre  vergeblichen  Bemühungen  um  Penelope,  kann 
Odyesens  unmöglich  fragen,  wie  es  in  dem  GesprÄch  mit  Anti- 
kleia  geschieht  (177—179),  ob  Penelope  etwa  bereits  einem  an- 
deren vermählt  sei.  Die  Verae,  in  denen  Tiresiae  jene  Aua- 
kunft  ihm  giebt,  standen  eben  ursprünglich,  als  das  Gespräch 
mit  Antilfleia  gedichtet  wurde,  noch  uieht  da  ^* 
I  Mit  V,  IIG  beginnt  die  Interpolation,  Sie  kann  mit  di^r 
Ankümligiing  der  Freiernoth  niemals  gesehloRsen  haben,  sondern 
muss  auch  die  Auilosung  der  Spannung  geboten  haben ;  άλλ' 
ήτοι  K£tvujv  t€  βίας  άποτίσεαι  έλθών  (118).  Mit  diesem  Sat»e 
wiederum  kann  —  schon  der  Form  nach,  da  ein  eolcbes  άλλ^  ή 
τοί  γε  eine  längere  Rede  abzu8chliea«en  ganz  ungeeignet  ist, 
ielmehr  auf  ein  Folgendes  hinweist  —  «iie  Rede  de»  Tiresias 
niemals  zu  Ende  gegangen  sein,  Das  unmittelbar  folgende  αυτάρ 
έτΓ£ΐ ,    έρχεσθαι  6ή  ίτΤ£ΐτα   —  läset  sich  von   dem   Voran- 


1  Kammer  Ehih,  d.  Od.  492.  494. 

2  Auch  die  Anspielung  des  Odysaous  auf  das  Loos  des  Affrtmt^m- 
non,  V  333 1,  muss  nicht  nnthweiidigiT  Weise  ala  Reminisoeii.:  iiii  λ 
gefasst  wer  doli, 

^  So  schon  α  L,  Kayaor,  Hom,  Äbh,  3i»;  14  f, 
Bb«lii.  Mui.i.  rniloi.  N.  F.  h,  40 


618  bohde 

stehenden  nicht  abtrennen.  Die  Yene  116—  137|  innerhalb  deren 
sich  nirgends  Halt  machen  lässt,  bilden  ein  nntheilbares  Ganze, 
Yon  einem  Dichter  hier  eingelegt,  der  hanptsftchlich  die  Wan- 
derung des  Odyssens  sa  den  Leuten  o1  oihc  IcToun  θάλασσαν 
skizziren  wollte,  daza  aber  noth wendigerweise  sich  selbst  den 
Uebergang  bahnen  mnsste  durch  die  von  den  Freiem  und  ihrer 
Beseitigung  berichtenden  Yerse  \  Seine  Einlage  liest  sich  yöllig 
auslösen;  die  resignirte  Antwort  des  Odysseus  139,  nach  den  so 
freundlich  gefärbten  Bildern,  mit  denen  jetzt  die  Rede  des  Tire- 
sias  schliesst,  kaum  begreiflich,  schliesst  sich,  wenn  man  die  Ein- 
lage, V.  116—137,  ausscheidet,  an  V.  115  passend  an. 

In  allem  Wesentlichen  weichen  die  hier  entwickelten  An- 
sichten von  der  ursprünglichen  Anlage  und  weiteren  Ausbildung 
der  Rede  des  Tiresias  und  der  Nekyia  im  Ganzen  von  dem  ab, 
was  bei  Wilamowitz  in  den  '  Homerischen  Untersuchungen*  vorge- 
bracht wird.  Dort  gilt  die  Nekyia  (nach  Ausscheidung  derjenigen 
Stücke,  die  als  Interpolationen  angesehen  werden)  als  eine  Com- 
pilation  ausgeschnittener  Stücke  aus  fertig  vorliegenden  Gedichten, 
die  ein  Redaktor  durch  einige  selbstverfertigte  Abschnitte  mit- 
einander verbunden  habe.  Von  vorne  herein  wird  diese  An- 
nahme nur  derjenige  leidlich  finden  können,  dem  für  die  Er- 
klärung der  Entstehung  der  Odyssee  im  Ganzen  die  Compilations- 
hypothese  ernstliche  Bedeutung  zu  haben  scheint.  Ich  finde  diese 
Hypothese,  so  oft  sie  auch  von  ihren  Anhängern  ins  Spiel  ge- 
bracht wird,  nirgends  als  noth  wendig  oder  doch  für  die  Erläute- 
rung der  φαινόμενα  besonders  förderlich  erwiesen  *,  sehe  vielmehr 
alle  Wahrscheinlichkeit  auf  Seiten  der  alten  VorRtellung,  nach 
der  das  uns  vorliegende  Gedicht  aus  dem  Kerne  einer  einheit- 
lichen, übrigens  von  allem  Anfang  schon  umfangreichen  und  sinn- 
reich, ja  künstlich  aufgebauten  Dichtung  durch  vielfache  Aus- 
und  Anwüchse  sich  entwickelt  hat,  die  sämmtlich,  mögen  sie 
stofflich  zum  Theil  aus  fremder,  ausserhalb  des  Kreises  der 
Odyssee  liegender  »Sagendichtung  sich  ernähren,  so  wie  sie  sich 
darstellen  einzig  für  die   ihnen   bestimmte  Stelle  im  Ganzen  des 


Ϊ  Hier  ist  V.  llß,  die  «weite  Hälfte,  entlehnt  aus  ν  396;  119  f. 
aus  α  295  f. 

'  Die  Contaminationshypotlieee,  nach  der  die  Odyssee  eine  Original- 
dichtung ül>crhaupt  nicht  wäre,  ist,  mit  Scharfsinn  und  Beharrlichkeit, 
durchgeführt  in  dem  Buche  von  den  'Quellen  der  Odyssee*.  Aber  die 
Darchfi'ihrnng  ist  zu  einer  deductio  ad  absurdum  geworden.  Es  konnte 
nicht  anders  sein. 


Kekyia 


Gin 


^ 
^ 


Geilichtee  gestaltet   worden    tind    und    niemals   anderswo    als   an 
dieser  Stelle  vorhanden  waren. 

Doch  es  sei:  die  Hypothese  der  compilatorischen  Entetelmng 
des  Gedicbtee  mag  einmal•  vereaebs weise  zugelassen  werden.  In 
unserem  Falle  soll  der  ήπτ|ττίς,  der  die  Nekyia  aus  Schnitzeln 
anderer  Dichtungen  zusammenfliokte,  fdr  den  Scblnss  der  Rede 
des  Tiresias,  V,  121—137,  einen  ÄusBchnitt  aus  einer  älteren 
Odyssee  verwendet  haben,  aus  der  er  ausserdem  noch  λ  25 — ^50; 
84—103;  121--156;  160  (?  so  ρ.  158;  doch  wohl:  1G3)— 224 
in  seine  Compilation  beriibergetragen  habe.  In  dieser,  aus  Trüm- 
mern erkennbaren  alten  Odyssee  (aus  der  auch  die  Abenteuer 
bei  den  Lotophagen  und  dem  Kyklopen  entlehnt  sein  eollan) 
hatte  denn  Tiresias,  von  Odyssens,  auf  Antreiben  irgend  Jemandes 
(nicht  der  Kirke)^  um  seinen  νόίΤΓΟς  befragt,  diesem  ansser  an- 
derem (das  hinter  Y*  lOB  weggeschnitten  &et)  schliesslich  das^ 
was  V.  121 — 137  steht,  als  das  Ende  seiner  Irrfahrten  verkündigt 
(nicht  als  etwas,  was  erst  nach  bereits  erfolgter  Heimkehr  nach 
Ithaka  und  nach  der  μνηστή ροφονία  kommen  solle).  Odysseua 
habe  dann  noch  mit  Antikleia  das  geredet,  was  V.  138 — ^224  er- 
halten ist;  darnach  sei  er  alsbald,  τάχιστα,  wie  ee  die  Mutter 
ihm  räth,   V.  223,   aus  dem  Hades  wieder  ans  Licht  gestiegen  Κ 

Diese  weitgreifenden  Combinationen,  die  eine  Geetaltnng  der 
Odyseenssage  aufgedeckt  zu  haben  beanspruchen^  von  der  das 
geeammte  AUerthnm  keine  Ahnung  hatte,  hängen  an  einem 
sehr  dünnen  Faden.  Die  Hauptsache:  die  Verlegung  der  Wan- 
derung des  Odysseus  zu  denen  o'i  ουκ  iCTa0i  Θάλα0(7αν  in  die 
Zeit  vor  seiner  ersten  Eückkehr  nach  Ithaka,  wird  einzig  erreicht 
durch  radicale  Abtrennung  der  V,  121 — 137  von  den  vorange- 
henden, ihnen  so  eng  verbundenen  116 — 120,  und  desto  engeren 
Anschluss  derselben  Verse  121^ — 137  an  das  Folgende,  die  Unter- 
redung mit  Antikleia  138 — 224.  Diese  Unterredung  kann  {wegen 
V.  177  ff.)  mit  dem  Bericht  des  Tiresias  von  den  Freiern,  V.  1  IG — 
120,  nicht  ursprünglich  verbunden  gewesen  eeint  wie  auch  Ihm, 
Unters,  p.  145  richtig  bemerkt  wird.  Ist  also  121  — 137  mit 
138—224  untrennbar  verbunden,  so  reissen  die  V.  138—224  mit 
eich  auch  121  —  137  von  116—120  los. 

Aber    die  Verbindung   von   121  —  137  {b)  mit  188—224  (r) 

1  Das  ist  ganz  unglaublich.  Das  generelle  öv  τίνα  μέν  —  φ  &έ  — 
Η7.  149  in  der  Anweisung  um  Tireaiii»  verweiet  gan«  deiiilich  auf 
mehr  nia  eine  einzige  Begegnung  den  Odysseua  mit  Bewohnern  des 
Schattenreiches. 


620  Solide 

ist  keineswegs  eine  so  unlöeliche  und  nothwendige,  wie  sie  sein 
müsste,  um  die  eben  bezeichnete  Folge  zu  haben.  Die  Antwort 
des  Odysseus  in  139  schliesst  sich,  wie  schon  bemerkt,  nicht 
einmal  passend  an  die  letzten  Eröffnungen  des  Tiresias,  in  &,  an; 
viel  besser  folgt  sie  auf  V.  115.  Die  Verse  116—120  (α)  sind 
ilirerseits  auf  das  Genaueste  verknüpft  mit  b;  nichts  berechtigt 
uns  zu  der  Annahme,  dass  diese  enge  Verknüpfung  erst  nach- 
träglich hergestellt,  nicht  von  jeher  vorhanden  gewesen  sei,  d.  h. 
seitdem  eine  fremde  Hand  durch  den  einheitlichen  Anhang  der 
V.  116 — 137  (α  b)  die  Prophezeiung  des  Tiresias  ergänzte^.  — 
Wiederum:  was  in  c  steht,  hat  —  Niemand  leugnet  es  —  von 
Anbeginn  im  Anechluss  an  die  Rede  des  Tiresias  in  der  Nekyia 
gestanden.  Die  Rede  des  Tiresias  kann  ursprünglich  das,  was 
hinter  der  vollendeten  Beantwortung  der  Frage  des  Odysseus 
nach  seinem  νόστος  noch  weiter  folgt,  V.  IIG — 137  (α  b)  nicht 
enthalten  haben.  Also  kann  auch  c  ursprünglich  nicht  neben  α 
h  gestanden  haben.  Durch  ihre  enge  und  nothwendige  Verbindung 
mit  der  Rede  des  Tiresias  in  100 — 115  werden  die  Verse  138—224 
(c)  von  α  bf  mit  denen  sie  nur  lose  Λ^erknüpft  sind,  abgerissen. 
In  den  'Homer.  Untersuchungen'  werden  freilich  104 — 120  aus 
der  Rede  des  Tiresias  ausgeschnitten.  Der  νόστος  (100)  ist 
dann  noch  nicht  verkündigt;  und  eben  121  —  137  sollen  ja,  nach 
dieser  Anordnung,  von  dem  νόστος,  der  ersten  Heimkehr  des 
Odysseus  nach  Ithaka,  erzählen.  Aber  diese  Ausscheidung  von 
104 — 120  ist  eine  ganz  unbegründete  ^) ;  wenn  nicht  etwa  das 
ein  Grund  hiefur  sein  sollte,  dass  man  den  Bericht  vom  νόστος 


^  8.  145  heisst  es:  'auch  die  Form  bosfutigt,  dass  die  Verse  113 
[114?] — 120  zu  104—113  gehören  und  nicht  zum  Folgenden*.  Dass 
114.  115  vom  Vorhergehenden  nicht  getrennt  werden  können,  leugnet 
gewiss  Niemand.  Mit  llf)  beginnt  der  Zusatz  von  fremder  Hand:  *die 
Epexegcso  δνδρας  zu  πήματα  ist  recht  ungeschickt';  sie  war  eben  ur- 
sprünglich gar  nicht  vorgesehen,  sondern  mit  115  schloss  die  Rede  des 
Tiresias.  'Die  Form*  bestätigt  hier  nur,  dass  llGfT.  nicht  zum  Vor- 
hergehenden gehören;  dagegen  sind  sie  mit  dem  Folgenden  aufs  engste 
verbunden. 

3  Dass  λ  lOiS.  im  Inhalt  und  zum  Theil  auch  in  den  Worten 
mit  μ  127  fif.  übereinstimmen,  kann  natürlich  keinen  Grund  geben,  sie 
an  ihrer  Stelle  als  nachträglich  eingelegt  zu  betrachten.  Die  Entleh- 
nung dieser  Verse  aus  den  θέσφατα  der  Kirke  und  ihre  Verwendung 
zu  einer  Prophezeiung  des  Tiresias  bildet  gerade  die  Urthatsache,  den 
ersten  Keim,  aus  dem  die  Nekyia  entstanden  ist.  Sie  zieht  aus  dieser 
Entlehnung  ihr  Leben,  und  kann  nie  ohne  sie  dagewesen  sein. 


621 


is  Τ.  131—1« 


■fteliHcl• 


η  will,  IM— 120  al»o,  in  denen  ihat- 
νύατος  idMB  erziliU  wird,  eben  darum  aue* 
i  wMmtL•  Du  wire  ein  Cirkelschltigs. 
k«  6na4  boetekt,  zu  bezweifeln,  dase  die 
Bade  des  TmoMM  100-Ί1^  ans  Einem  Stücke  iet,  dieee  Rede 
iber,  «ftd  ttltttM»  die  Bit  ikr  «ataembar  verknüpften  Υ  er  β  β  138 
bk  224^  aü  116 — IST  mpri^gliek  nicht  verbanden  gewesen 
aeU  fcSaana,  w  Ueibi  niebta  ibri^,  als  diese  Gruppe  von  Yersen 
(116—137)  ala  da•  isiacrk^aeii,  als  waa  sie  unbefangener  Be- 
tfmeblaiif  ntb  abnelim  ankindigt:  eine  mit  Y.  116  lose  an  das 
Yoraaiatdteiide  aagehlngte,  zwischen  115  und  138  obne  Yerlast 
ansecbeidbare  Knlage,  m  der  ein  Nacbdicbter  die  Yorausver- 
köfidigoag  der  Goeebieke  des  Odyssens,  die  in  der  Urnekyia  nur 
bis  zu  d»  nnbeetÖBBiten  Andeutung  von  πήματα,  die  ibn  dabeim 
erwarteBf  gefübrt  war,  bis  zum  Ende  weiter  fübren  wollte,  im 
Widertpruch  mit  den  Absiebten  des  Dichters  jener  Urnekyia^ 
aber  in  völliger  Ueberei  η  Stimmung  jedenfalls  mit  der  Bicbter- 
sage,  wie  sie  zu  seiner  Zeit  erwachsen  war*  Er  führt  also  den 
Bericht,  daa  aua  der  Odyssee  Bekannte  nur  kurz  andeutend 
(116 — 120),  daa  Keue,  ihm  Interessantere,  etwas  weiter  ausführend 
(121 — 137),  bis  zu  den  letzten  Wanderungen  und  der  letzten 
Bückkehr  des  Odysseus,  die  er,  wie  alle  Griechen  aller  Zeiten, 
nur  als  das  kannte,  als  was  sie  erfunden  waren,  als  eine  Fort^ 
Setzung  des  abgeschlossenen  Inhalts  der  Odyssee. 

Yon  dem  Frauenkatalog  (225—327)  ist  schon  geredet 
Ihn  gerade  an  dieser  Stelle  einzulegen,  gab  wohl  das  voranste* 
hende  Gespräch  des  Odysseas  mit  der  eigenen  Mutter  den  äusseren 
Anlass  *.  Ein  innerer  Fortgang  besteht  hier  freilich  gar  nicht, 
vielmehr  wird  die  angeschlagene  Weise  mit  einem  beleidigenden 
Miesklang  abgebrochen.  Nachdem  der  schöne  poetische  Gedanke 
den  lebend  bis  zum  Schattenreiche  Yorgedrungenen  nur  mit  sol- 
chen Gestalten  unter  den  Yorangegangenen  in  Yerkehr  treten 
zu  lassen,  die  seinem  Herzen  vertraut  und  theuer  sind,  begonnen 
hat,  in  dem  Gespräch  mit  der  Mutter  sich  zu  befriedigen,  drängt 
sich  ein  Gewimmel  fremder  Gestalten  vor,  die  den  Odysseus  nichts 
angehen,  die  nur  die  Neugier,  das  Verlangen  nach  ostentativer 
Auslegung  einer  aus  vielen  Dichtungen  rueammengeb  rächten 
Aoedengelebrsamkeit  ^,  aus  dem  Dunkel  heranzieht.     So  kann  e« 


*  S.  R.  Schöne,  a.  a.  0,  p.  203  f. 

'  Wenn  ich  den  Frauenkatslog  nicht  einfach  als  'ein  abgeribsenti 


622 


Eolide 


in  dem  alten  Gediotit  in^bt  weitergegangen  sein ;  erst  mit  T.  3Θ7] 
sind  wir  wieder  im  ßeleiee  der  alten  Nekyia, 


Stück  hesiodiecher  genealogiaclier  Dichtung'  bezeichne,  so  erklärt j 
nach  Ed.    Meyer  H.  251,    1,    dies  nur  daraus,    dass    ich  diese  tm 
dere  Thatsachen»    deren  Richtigkeit   mir   vollkommen    bewosst    i»t, 
leugnen  pflege,    wenn  ein  Feind  eie   nacbgewieeeo  bat.      In   den  Nied«-! 
rangen  so  bässlicher  Yerdäcbtigung  sich  in  seiner  Weite  zu  ergötzen,  ms«  j 
ich  meinem  ritterliche»  Gegner  überlassen ;  ich  darf  so  tief  hinab  nicht 
Gondescendiren.     Im  vorliegenden  Falle  ist  das  nach    der  Aussage  da 
HiBtoriker»  *  Erwiesene'  nicht  einmal  hebanptet  worden;    was  wirklich 
behauptet    wird    {Rom.    Unters.    149  flF.j,    daes    im    Frauenkatalog   die 
Κύπρια,  auch  die  Νόστοι  benutzt  seien,  ist  von  Jedem,  der  selbetandif 
nachprüfen  kann^  als  völlig  unbegründet  leicht  zu  erkennen,    auch  be- 
reits erwiesen  durch  Thraraer,  Pergamm,  129  fF.    '  Eine  der  hesiodi sehen 
Katalogpoesie  geistesverwandte  selbständige  Zudiohtungr   s^or  Odytiee't 
so  wird  dort,  p.  13^,    der  Frauenkatalog  der  Nekyia  vollkommen  tref- 
fend benaont.     Seine  Quellen  liegen  in  älterer  epischer  Dichtung^  aber 
nicht  in  den  ausgebildeten  Gedichten  des  Cyklus  oder  des  Corput  He* 
siodeum.     So  ist  auch  für  die  Erisäblungen  vom  Morde   dei  Agamem- 
non,   von    den   Thaten    des   Neoptoleraos    Benutzung    kyklisclier    Epen 
durchaus    unerwiesen.     Die    räthielhaften  Κήτ€ΐθί  V.  521    beweisen  ge- 
radezu,  clase  hier  nicht  epischö  Litteratur,   etwa  die  Ίλιάς  μικρά^    be- 
nutzt ist:    kiimen  sie  dort  vor,    so  konnten  sie  nicht  zu  den   άγνιΐίτοι 
gerechnet   'werden  (selbat  von  Apollodor,  Strab,  14,  680)  und    brauchte 
die  Bedeutung  des  Namens  nicht  nothdürftig  aus  einer  Erwähnung  bei 
Alcaeua  (fr.  läG)  erschlossen  zu  werden.     In  V.  547  schwebt  jedenfalls 
nicht  die  sehr  subjecüve  Erfiodung  des  Dichters  der   kleinen  Ilias  vor 
(die  παΙ6£ς  TpdfUiv  sind   auch  gewiss  männlich,    w4e  δυστήνηιν  παΤ&€ς 
Ζ  127,  Φ  151),   eher  die  Sage  vom  Gericht  troischer  αίχμάλαιτοι,    wie 
Sohol.  Η  (ρ.  51ί>,  22  Dind.  sehr,  statt  φονευθίντίς,  Ζ:αιτρ€υθέντ€ς?)  Q.  V.j 
verstehen.   Dies  kannten  spätere  Leser  έκ  τών  κυκλικών  (Scbol.  ρ.  δ  19, 23)| 
vermuthlioh  aus  Arktinos  (Welekert  Ep.C.2fllS;  191).     Daes  e«  damm^ 
auch  der  Dichter  der  Nekyia  daher  entlehnt  haben  müsse,    könnte  nof 
der  mit  Zuversicht  behaupten,    der  bei  allen  Uebereinstimmungen  vod 
II.  und  Od.  mit  den  Kyklikern  —  sie  sind  ja  zahlreich  —  die  erste  Er- , 
findung  des  gemeinsamen  Zuges  der  Erzählung  dem  kyklischen  Gedichli 
zuzuBcbreiben,    und  das  Element   der   lebendigen  Dichterthätigkeit  der! 
doiboii  aus  der  sowohl  II.  und  Od.  ihre  Andeutungen,  als  die  kyklischen  ' 
Epen  ihre  volle  Ausführung   der    Sage   enüehnen,    ganz   zu    climiniren 
verwegen  genug  wäre.     Durchführen    Hesse    sich    dies    nicht   ohne    die. 
grÖBsten  Absurditäten.    Ich    meinerseits    habe    mich  —  nicht  erat  aoiH 
χθες  καΐ  πρψην  —  überzeugt,  dass  eine  wirkliehe  Benutzung  einEelne 
Gedichtü  des  ep.  Cyklus  in  11  und  Od.   nur    in    einigen,    durch    spita^ 
Interpolation   in  den  Text  gekommenen  Stellen  uachvioisbar  ist  (z.  B. 
II.  24|  29.  30),    Selbst   Christs   umsichtige  Begründung   der  Annahm«  _ 


Nekyia. 


623 


Das  Intermezzo,  die  Eeden  dae  OdjeieaB,  der  Arete,  des 
Eclieneos,  des  Alkinoee  enthaltend,  durch  die  der  Bericht  dea 
OdjseeuB  enterbrochen  wird  (333 — 384;  dmrch  328 — 332  an  den 
Franenkatalog  angeschlossen),  hat  ganz  das  Ansehen  einer  nach- 
träglich gemachten  Einlage.  Die  Unschicklichkeiten  in  den  Reden 
dea  Königspaares  *,  —  das  sonst  als  ein  wahres  Vorhild  des  Taktes 
und  schonenden  Zartgefühle,  wie  sie  nur  eine  altbegründete  ge- 
gellige Cnltur  (als  deren  Träger  die  Phaeaken  durchweg  er- 
scheinen) ausbilden  kann,  bewundemewürdig  gezeichnet  ist,  —  nnd 
mehr  noch  in  der  Antwort  des  Odyssens  (355 — 3(51),  sind  sehr 
an^Tällig,  Man  könnte  sie  Yielleieht  einem  späteren  Leser 
dieses  Stückes  zuschieben^  indem  man,  mit  Kammer  Einh,  d*  Od* 
532  ff,,  die  Verse  335 — 361  als  eine,  von  zweiter  Hand  einge- 
fügte Interpolation  ansähe»  Aber  das  Motiv  zur  Etnlegung  dieses 
ganzen  Intermezzo,  das  Bedürfniss  des  Dichtere,  die  vielleicht 
nngebührlich  lange  Hinansspinnung  seiner  ν€κρικοι  διάλογοι  zn 
entschuldigen  —  darauf  kommt  es  doch  hinaus  — ^  sich  selbst 
damit  zn  noch  weiterer  Fortsetzung  zu  ermuntern:  dieses  Motiv 
läset  eich  kaum  wirksam  denken,  bevor  die  Nekyia  durch  die 
eingelegte  Partie  von  den  Heldenfrauen  erweitert  und  ausgedehnt 
war.  Entweder  ebendem,  der  den  Frauenkatalog  eingelegt  hatte, 
oder  auch  der  περίερτία  eines  späteren,  dichterisch  geschulten 
Leeers,  der  an  der  schon  um  den  Katalog  vermehrten  Nekyia 
weiterspann,  wird  vermuthlich  diese  προοικονομία  des  noch  Fol- 
genden zuzuschreiben  sein  ^<     Es   lässt   sich   annehmen,    dass    an 


weitergehenden  Einduesos  jener  Gedichte  auf  IL  und  Od.  hat  mich  nicht 
überzeugt;  wenn  nun  der  Historiker  des  AHerthumB  sich  der  entgegen- 
gesetzten Aneicht  unbedingt  unterwirft  und  unter  Bedrohung  mit  dem 
tirtheil  auf  Ketzerei  und  *  unhistorische  AuffaBaung*  (p.  251)^  von  mir 
das  Gleiche  fordert  —  wie  sollte  mir  das  wohl  irgend  welchen  EJn- 
drock  machen? 

*  In  der  Rede  der  Ar ete  ist  aber  jedenfalls  7.339  τφ  μή  έΐΓ€ΐγό- 
μ€νοι  άτΓοπέμπ€τ€  richtig  überliefert  Kirchhoffs  Conjeotur:  μιν  würde, 
mit  einer  AufiForderung,  den  ersichtlich  eine  Ermunterung  ssu  bleiben 
und  weiter  zu  erzählen  erwartenden  Fremdling  'eilend  zn  entsendon*, 
die  Unschicklichkeit  in  den  Worten  der  Arete  noch  steigern.  Alkinoos 
widerspricht  nicht,  Y.  350  t,  der  Gattin,  eondern  bestätigt  ihre  Auffbr- 
dorung,  die  Entsendung  nicht  zu  beschleunigen. 

3  Eher  wohl  ein  späterer  Leser  als  der  Dichter  des  Katalogs  mag 
das  Intermezzo  eingelegt  haben.  Dass  einst  auf  den  Katalog  unmittel- 
bar 385  flF.  folgte,  acheint  das  in  385  stehen  gebliebene,  nach  384  un- 
passende auidp  zu  verrathen  (s.  Eaj^ser,  Hom*  Äbk,  32,  und  schon  Nitzsch« 


Eokde 


Au  Geeprieh  mit  AndkleiA  unprüngfich  eich,  Dacb  einem  korsHll 
üebergasfy  der  dea  Teiwa  465/6  almlioh  lauten  konnte,  alsbalj  \ 
MmMehloM  V.  387:   ήΧθ€  V  έτΑ  ψυχή  ^Αχαμίμνονος  "Arpcibaol 

V.  5β5— 627.     Die  Hand,   die  den  Äbechnitt  von  den  Er- 
eehelmiBgen  im  Ereboi  eingelegt  l^at^  beginnt  ihre  ThätigkeH 
mit  y.  565.     £e  ist  ja  abenrd,   wae  Odyeeeue  hier  eageo  mjtMi 
data  Aias,   der^   dem  Odjeaeiia  nicht  zu  erwidern  gesonnen^  sieli 
abgekehrt   hat  άς  Ιρ€βος  (564),    nun    dennoch    ihn    —    warnm  ] 
denn?  —  angeredet  haben  wnrde^  —  wenn  nicht  Odjeveae  eei 
Anfmerksamkeit  anf  andere  ψυχάς  gerichtet  hätte;  daae  OdjMeoal 
aelbat    nur   dadurch  abgehalten  werden  aei|   den  Aias,    der    ihm 
noch  gar  nicht  auf  seine  Ansprache   geantwortet    bat,    nochmals 
ananreden.     Anch  das  Motiv  der  reinen  Neugier,  das  dem  Odjt-I 
seile  in  566  f.  geliehen  wird,    wUl    nicht   zu   dem  Charakter  der  j 
alten  Kekyia  stimmen«     Man  spart  in  diesen  ungeschickten  Verseil  | 
(505 — 567)  die  Verlegenheit  des  NachdichterB,    dem    darch   das:  i 
€{ς  Ιρ€βος  564   das    ένοόαιμον    xu  der  von  ihm  beabsichtigtea 
Zeichnung  der  Gestalten  im  Erebos  gegeben  ist,  einen  Uebergang 
hierzu  ζ  α  finden  für  Odysseus,  der  doch  nicht  vom  Platze,  ausser•  | 
halb  des  Erebos,  weicht:  er  läset  ihn  denn  dem  zum  Ereboe  sich ' 
abwendenden  Aias  wenigstens  in  Gedanken  folgen,  und  nnn  seine  1 
Aufmerksamkeit  auf  das,  was  im  Erebos  sichtbar  werden  könnte, 
richten.     Auch  die   Aristarchische    Athetese  (Ludwich,    Ar.  hom,\ 
Tcxtkr,  1,  593)  hat  wohl  ohne  Zweifel  hei  V.  565  begonnen  (s. 
Lehre,  Arist^  p.  118). 

Der  Bericht  von  Minos,  Orion  nnd  den  drei  ^BiUsem*  ist  j 
unverkennbar  von  Einer  Hand  —  jedenfalls  nach  Anleitung 
älterer  Dichtung  —  ausgeführt*  Auch  den  Abschnitt  von  Hera- 
kles, eingeleitet  (601)  mit  derselben  Redewendung :  τον  bi  μίτ 
£ΐς£νόη0α  —  wie  das  Bild  des  Orion  572  (sachlich  gleichwerthig 
ένθα  ibov  u.  ä.  569,  576^  δ82,  593),  muee  man  demselben 
Dichter  zuschreiben,  Herakles  nimmt,  nach  der  Unterbrechung 
durch  die  'Büsser',  das  in  Minos'  und  Oriüue  Gestalten  ange* 
gelegte  Motiv  der  schattenhaften  FortsetzuDg  der  irdischen  Thätig- 
keit  in  der  Unterwelt  wieder  auf.  Er  kommt  nicht  erst  heran 
(wie  doch  die  Gestalten,  die  Odyssens  an  der  Opfergrube  wahr- 
nimmt: 153  [226]  U87  467);  er  wird  ohne  weiteres  dem  Odysseus 


Änm,  III  p.  i?63).    Der    urspriingliche  Abscblusa   des  Katalogs    müssle 
iliinii  vou  der  Hand  des  Vorfaasere  dee  Intermezzo  etwas  abgeändert  sein. 
t  So  mit  Diintzer  zu  λ  ^85* 


Nekyift. 


625 


sichtbar,  wie  Minos  und  Orion  und  die  anderen  Gestalten  im 
£reboa  anch.  Aber,  wie  er  nicht,  gleich  Jenen,  an  seine  Stelle 
gefeseelt  ist,  gebt  er  nachher  wieder  fort:  β27  (=  150)-  Heraklee 
nimmt  zwiseben  Jenen  und  den  kommenden  und  gebenden  εταί- 
ροι eine  Mittelstellung  ein;  wie  denn  anch  das  Gespräch,  das  er 
mit  Odysseue  beginnt,  dieae  Bcene  den  Begegnungen  des  Odysseua 
mit  den  εταίροι  ähnlich  macht,  Odysseus  antwortet,  sehr  un- 
motivirtj  dem  Herakles  mit  keinem  Worte;  der  Vorgang  soll 
wohl  ein  GegenBtück  zu  der  Begegnung  mit  Aias  sein,  bei  der 
umgekehrt  der  Hadesbewohner  dem  Odyssene  nicht  antwortet. 
Die  ganze  Scene  ist  dem  Dichter  dieses  AhechnitteB  (5G5 — 627) 
noth wendig,  damit  er  einen  Rückweg  finde  von  jenen  Bildern 
Rtarren  Beharrens  565  — GOO  zu  der  Art  and  der  äoeaern  Situation 
der  alten  Nekyia,  von  der  er  505  abgebogen  ist,  und  in  die  mit 
628  (der  eich  ohne  Lücke  an  564  anschlieset)  wieder  eingelenkt  wird. 
In  diese,  der  Nekyia  von  fremder  Hand  eingefügte  Partie 
eind  V*  602 — 604  von  einer  noch  späteren  Hand  eingeaetzt. 
Wir  würden  auch  ohne  alle  Anleitung  in  antiker  Ueberlieferting 
das  annehmen  müssen.  Jene  drei  Verse,  in  denen  hinter  dem 
βίην  *Ηρακληείην  601  die  seltsame  Einschränkung:  €Ϊ^υυλον* 
αυτός  be  κτλ.  ungefüg  nachhinkt,  gehen  ja  deutlich  eine  ent- 
schuldigende Erläuterung  dazu,  wie  man  den  Herakles,  der  doch 
nach  feetatehender  Meinung  im  Olymp  lebe,  nun  plötzlich  im 
EreboB  auftreten  laeaen  könne•  Wer  einer  solchen  lahmen  Ent- 
schuldigung bedurftej  wäre  aelbst  gewiss  nicht  auf  den  Gedanken 
verfalleuj  Herakles  unter  den  Schatten  des  Ereboe  sich  bewegen 
zu  lassen*  Der  Dichter,  der  dies  that,  that  es  in  aller  Harm- 
losigkeit; er  wusste  noch  gar  nichts  davon,  daaa  Herakles  zu 
den  Göttern  erhöhet  aei;  seit  dies  verbreitete  und  befestigt© 
Hage  war,  musste  freilich  aeine  Dichtung  Anstoss  erregen,  die 
dann  ein  nachdichtender  Apologet  durch  seine  ingeniöse  Erfindung 

tvom  €ibujXov  des  Herakles,  das  allein  in  der  Unterwelt  eich 
auf  halte  j  beseitigen  wollte  \  Der  Herakles  des  ursprünglichen 
b, 
: 


'  Dieses  είουυλον,  neben  dem  αυτός,  d.  h.  hier,  dem  lebendig  ver- 
bundenen  Ganzen  von  Leib  und  Seele,  beatebend,  verdankt  wohl  sicher 
nuT  einer  Improvisation  de*  in  V.  fiOS.  603  thätigen  Apologeten  mm 
Dasein»  Diesem  mochten  Stellen,  wie  IL  Ε  449  f.,  vorschweben,  wo  von 
einem  efisujXov  die  Rede  ist,  das  an  Stelle  des  mit  Leih  und  Seele  ent- 
rückten Aeneas  erscheint^  oder  wie  λ  213,  wo  ein  von  Perecphon©  ge- 
sandtes elöufXov  (vgl.  H34  Γοργείην  κεφαλήν),  von  einer,  durch  die 
Göttin  freigegebenen   ψυχή    noch    verschieden,   vorgestellt  wird.    Das 


626  Rohde 

Dichters  ist  nichte  weniger  als  ein  neben  (Τώμα  and  dem  eÜHuXov 
der  ψυχή  noch  besondere  vorhandenes  elbujXov,  ein  Trugbild, 
nur  für  die  getäuschten  Augen  yorhanden;  er  redet  und  empfindet 
Yöllig  wie  die  anderen  ψυχαί  auch  aus  einem  lebendigen  Inneren 
heraus;  er  ist  nicht  nur  Oberfläche,  gleich  einem  leeren  Schein- 
bild. —  Auch  die  antike  Kritik  hat  sich  ttber  die  Beschaffenheit 
dieser  Verse  (603 — 604)  nicht  getäuscht  Aristarch  erklärte  sie 
für  unächt;  seine  Schiller  begründen  dieses  ürtheil  damit,  dass 
Herakles  sonst  bei  Homer  nie  als  Gott  gedacht  sei  (Schol.  λ  601 ; 
Aristonic.  in  Schol.  Σ  117);  dass  Hebe  bei  Homer  stets  Jung- 
frau, nicht,  wie  V.  603,  dem  Herakles  vermählt  sei  (Schol.  λ  601 ; 
Τ  464;  Aristonic.  Schol.  Δ  2;  Ε  905.  Praef.  Schol.  Ven.  A. 
Uiad.  p.  III  Bk. ;  vgl.  Porphyr,  in  Schol.  λ  385);  dass  eine 
Dreitheilung  nach  σώμα,  ψυχή,  etbcüXov  unhomerisch  sei  (Schol. 
λ  602).  £s  wäre  möglich,  dass  Aristarch  die  V.  602.  603  (denn 
den  aus  Hesiod  eingeschobenen  Vers  604  scheint  er  gar  nicht 
berücksichtigt  zu  haben)  ^  als  eine  Interpolation  zweiter  Hand, 
erst  auf  das  selbst  schon  interpolirte  Stück  565—627  aufgesetzt, 
angesehen  hätte:  er  würde  damit  nur  das  faktisch  Richtige  an- 
erkannt haben  ^.     Aber  die  Gründe  für  seine  Athetese    —    die 


sind  aber,  ähnlich  den,  auch  nicht  nur  in  der  Einbildung  des  Träu- 
menden existirenden  €Τ5ιυλα,  die  etwa  ein  Oott  dem  Träumenden  er- 
scheinen läset,  nur  für  den  Augenblick  gemachtei  auf  einen  Augenblick 
erscheinende  Bilder  (wie  sie  auch  spätere  Sage  kennt,  ^enn  sie  von 
den,  an  fernen  Orten  sichtbar  gewordenen  Erscheinungen  anderswa 
lebendig  anzutreffender  Männer,  des  Aristeas,  Pythagorae,  Apollonius 
von  Tyana  [des  Tauroethenes:  Pausan.  6,  9,  3]  erzählt,  die  *ihre  Er- 
scheinung entsenden'  können,  wie  in  so  vielen  Legenden  der  Buddha). 
Das  im  Hades  wohnende  cTöwXov  des  Herakles  soll  man  sieb  doch  wohl 
als  auf  die  Dauer  bestehend  denken.  Das  ist  eine  nur  aus  der  Ver- 
legenheit des  Moments  geborene,  in  homerischer  Psychologie  beispiel- 
lose Erfindung  (die  nur  bei  einigen  Neoplatonikem  eine  gewisse  Aner- 
kennung gefunden  hat). 

>  Wenn  Porphyrius  in  Schol.  λ  385  sagt:  τους  δύο  στίχους  καΐ 
ήμ€ΐς  άθ€τοΟμ€ν•  εΤδωλον  (602)  καΙ'  τέρπεται  έν  θαλίης  (603),  so  soll 
das  *καί*  offenbar  bedeuten:  wie  Aristarch,  die  Nichterwähnung  des 
Verses  604  aber  natürlich  nicht  bedeuten,  dass  dieser  Vers,  der  ohne 
603  ganz  unhaltbar  ist,  für  acht  gelten  solle.  Bei  der  Athetese  bleibt 
V.  604  ganz  ausser  Betracht;  er  wird  als  gar  nicht  vorhanden  ge- 
rechnet. 

3  So  hat  Aristarch  innerhalb  des  nach  seinem  Urtheil  durchaus 
interpolirten  letzten  Theiles  der  Odyssee,     hinter  ψ  296,   noch  wieder 


Nekyia» 


627 


^ 


Beobachtung  dreifachen  Yerstoseene  gegen  homerieobe  Weiee  in 
diesen  zwei  Versen  —  brauchten  wenigsten«  logiecher  Weise 
nicht  dazu  zu  fübrenj  diese  Verse  aus  der  Keihe  der  Verse  565 — 627, 
die  ihm  iuBgesammt  ale  unbomenech  galten,  auszuscblieBeen.  So 
ist  ea  wenigstens  möglich  ι  ämn  an  diesen  Versen  der  unbomerisohe 
Ursprung  der  gesammten  Partie,  565 — ^627,  nur  als  an  einem 
besonders  hervorstechenden  Beispiel  erläutert  wird  *, 

Ganz  andere  steht  es  mit  der  Angabe  einer  von  Onoma- 
kritos  an  dieser  Stelle  verübten  Fälschung,  SchoL  H.  λ  604: 
τούτον  ύττό  Όνομακρίτου  έμτΐ€ποιήσθαί  φασιν.  ήθίτηται  h4. 
Dass  die  Beziehung  dieser  Notiz  allein  auf  V.  604  (die  schon 
Nitzsob,  Änm.  III  u36  als  unstatthaft  erkannte)  unrichtig  sei, 
lehrt  die  jedenfalls  treffendere  Angabe  im  Vindob.  56  zu  V•  602  f.: 
οί5τοι  αθετούνται  και  λέγονται  Όνομακριτου  civol  In  diesen 
allzu  knapp  gefaesten  Mittbeilungen  sind  zwei  Dinge  allzu  eng 
mit  einander  verbunden,  ήθίτηται,  αθετούνται:  das  bezieht  sieb 
auf  Äristarch  ntid  die  Seinigen.  Die  Angabe  dagegen,  dass 
Onomakritos  die  Verse  ν erfasst  habe,  rührt  nicht  von  Arietarch 
und  den  Auslegeni  seiner  Annahmen  und  kriHscben  Zeichen  her: 
diese  würden  nicht  allein  die  oben  angeführten  drei  sacblichen 
Gründe  für  die  Athetese  beigebracht  haben,  wenn  sie  zu  wiseen 
gemeint  hätten,  von  wem  und  wann  diese  Verse  eingeschwärzt 
worden  seien  (vgl,  Lehrs»  Arist.^  p.  443  f.),  Äristarch  und  die 
Aristarcheer  wissen  überhaupt  von  der  angeblichen  Thätigkeit 
des  Fisistratus  und  seiner  berühmien  Commiesion,  also  auch  von 
irgend  einer  Thiltigkeit  des  Onomakritua  im  homerischen  Texte 
nicht  das  Geringste^.  Jene  Anzeige  der  Fälschung  des  Onoma- 
kritos  ist  eine  isolirte  Notiz  (ganz  ähnlich  wie  die  nur  auf  V.  631 


als  Interpolationen  der  Interpolation,  auegesohieden  ψ  310— 34:^  und 
lü  1—204  (ScboL  ψ  310;  ω  h  Porphyr,  ad  Odysi.  p.  129  ff.  Schrad). 
Ganz  willkürlich  ist  das  geleugnet  worden.  Ks  besteht  keinerlei  Grundp 
dem  Äristarch  die  einfache  Eiusicht  in  die  Möglichkeit,  dass  auch  ein 
Interpol irtea  Stück  von  einem  spÜter  hmzukorn tuenden  Leser  noch  weiter 
durch  neuü  Interpolation  ausgeschmiickt  und  erweitert  werden  könnep 
zu  verbieten  (vgl.  Ludwich,  Arist.  Hom,  Textkr.  1,  1531;  2,  221). 

1  In  Scbol.  H.  Q.  Τ  λ  <U6  wird  das  dort  vorkommende:  όλοφυρό- 
μενος  als  Beweis  gQgen  die  Aechtbcit  (Ιλέγχετα»)  des  Y.  603  verwendet, 
liies  setzt  voraus,  dass  V.  ^i03  f.  von  anderer  Hand  aU  die  übrigen  von 
Herakles  handelnden  Yerae  herrübren,  also  in  die  Interpolation  eriit 
nachLräglich  hineininterijolirt  seien.  Wie  weit  freilich  in  jenem  ^cho« 
lion  Arie tarcbi sehe  Sehule  laut  wird,  iet  nicht  zu  sagen, 

«  S.  zuletzt  Ludwich,  ÄrUt.  Hom.  Tcxtkr,  2,  392—103, 


^ 


eS28  Rohde 

bezügliche  Behauptung  des  Hereas  von  Megara  bei  Platarch, 
Thes,  20)  ^,  die  sieh  Reibst  mit  deutlichen  Worten  ihre  Tragweite 
anf  die  zwei  Verse  begränzt,  auf  die  allein  sie  zielt.  Hier  stehen 
wir  nicht,  wie  mit  den  Bemerkungen  der  Aristarcheerzu  602. 
603  in  dem  Zusammenhang  eines  kritischen  Commentars  der  ganzen 
Dichtung,  so  dass  es  möglich  w&re,  was  von  der  Interpolation  dieser 
zwei  Verse  behauptet  wird,  aus  den  anderen  Aussagen  des  Com* 
mentars  dahin  zu  ergänzen,  dass  an  diesen  beiden  Versen  die  Fäl- 
schung des  Onomakritos  nur  besonders  sichtbar  werde,  die  eich 
in  Wahrheit  auf  einen  viel  weiteren  Umfang  erstrecke.  Wenn 
dennoch,  mit  einer  durchaus  grundlosen  Fiction,  den  unzweideutigen 
Thatsachen  zuwider,  neuerdings  behauptet  worden  ist*,  die  Fäl- 
schung durch  Onomakritos  solle  sich  auf  die  ganze  Heraklesepi- 
eode, ja  auf  den  ganzen  Abschnitt  von  den  'Büssem',  565 — 627, 
beziehen,  so  hat  man  sich  dieser  Fiction  bedient  nur  um  ein 
^Zeugniss  für  den  orphischen  Ursprung  dieses  ganzen  Ab- 
schnitts zu  gewinnen.  £in  solches  Zeugniss  bietet  natürlich  die 
Behauptung  der  Fälschung  durch  Onomakritos  auch  für  die  Verse 
nicht,  auf  die  sie  sich  thatsachlich  ganz  allein  bezieht,  602  and 
603.  Onomakritos  wird  nur  genannt  als  Vertreter  jener  bedenk- 
lichen *  Commission'  des  Pisistratus,  was  von  seiner  Thätigkeit  im 


^  Nor  diesen  einen  Vers  (τοΟτο  τύ  ^νος)  und  nichts  weiter  läset 
Uereas  den  Pisistratus  €ΐς  τήν  Όμηρου  vcicviov  einschieben.  Neuere 
Herausgeber  folgen  ihm  insoweit,  dass  sie  diesen  einen  Vers  als  inter- 
polirt  bezeichnen,  mit  vollstem  Recht,  καί  νυ  κ'  In  νροτ^ρους  R>ov 
αγέρας,  οΟς  ^λόν  frcp  sagt  Odysteus  630.  Dass  diese  Helden  der  Vor- 
seit>  die  er  zu  sehn  hätte  wünschen  können,  nicht  einsein  mit  Namen 
beteiohnet  werden,  ist  nar  in  der  Ordnung ;  wenn  aber  Namen  genannt 
werden  sollten,  so  war  es  mit  der  Nennung  von  nur  zweien  (die  ni^t 
einmal  mit  einem  *zum  Beispiel*.  οΓους>  eingeführt  werden»  nicht  ge- 
ihan«  die  in  keiner  Weise  die  Fülle  der  dv^p€ς  «porcpoi  erschöpfiai 
oder  auch  nur  reprmsentiren  können.  Nach  Wüaimowiu.  H'jm.  Cuters. 
141.  ^inaje  die  Interpolation  ununterbrochen  von  5β5  bis  <>51:  aller- 
dittgs«  wenn  tv>l  nicht  mehr  da^u  gekörte«  hitu*  man  keinerlei  Mög- 
lichkett.  die  Interpol*: ioa  als  eise  'attische  ausrsg^ben.  wis  doch  vor 
allem  ^wünscht  wird.  Die  Interpolation  ecdi^  alwr  »Ia.  w^  AHstardi 
ihr  fcde  acsetJte.  mit  \*.  «ίίΤ ;  rv>l  w:  eine  einxel=e  Einlage  eine»  vor- 
witsi^n  ^ια^.n^o.'Λrrrίς.  dem  ein  Gedanke  Jii  Ttesecs'  Hadesfkhrt  ua- 
zeiti^  kasK  der  natürlich  einem  Siden  Griechen  ebenso  leicht  brnunen 
konnte,  wie  ;u$i  einem  Athener:  von  attischem  Eini:ise'  in  reden  äst 
iMch  bei  d^e«er  Kinzelinterpolaticn  des  V.  βοΐ  kein  Aslve . 


Mekyia. 


629 


Ι 

ι 


ΈΙηζβΙϋθΏ  gesagt  wird,  bat,  nicht  andere  als  alle  Berichte  von 
der  Thütigkeit  des  Fieistratus  und  seiner  Leute  im  Homer,  nur 
den  Werth  eioer  Hypothese^  und  zwar  einer  übel  erftonnenen  und 
nnbrauclibaren  Hypotbese^  Onomakritos  ßpeciell  mag  hier  ge- 
nannt sein,  weil  die  Verse  602.  603,  die  der  Urheber  jener  Be- 
hauptung mit  richtigem  Blick  aus  ihrer  Umgebung,  als  nachträg- 
lich eitigeschwärzt,  aassonderte,  einem  theologischen  Interesse,  der 
Absicht  barmonistischt^r  Ausgleichung  stwischen  Y.  601,  605  iF.  und 
der  ganz  besonders  aus  Hesiod,  Theog,  950 — 955  geläufigen  Vor- 
stellung von  dem  olympischen  Gotterleben  des  Herakles,  dienen^ 
wie  sie  vor  allen  Onomakritos  dem  θεολόγος,  in  seiner  Thätig- 
keit  als  Mitglied  der  risißtrateischen  Coramiseion,  zuzutrauen  wäre. 
Einen  orphischen  Charakter  wollte  vermutblich  selbst  der  Er- 
finder dieser  Behauptung  den  zwei  Versen  nicht  zusprechen;  und 
wollte  er  es,  so  wäre  das  für  uns  noch  nicht  Grund  genug«  or- 
phische  Art,  von  der  in  diesen  Versen  keine  Spur  ist,  ibnen  an- 
studichten.  Vollends  ganz  auf  eigene  Hand  —  denn  selbst  das 
nichtige  Sclieinbild  eines  'Zeugnisses*  erstreckt  sich  nicht  über 
602*  ^  hinaus  —  in  der  Darstellung  der  Erscb einungen  im  Erebos 
(Ö65  — 627)  irgend  etwas  als  'orpliisch*  auszugeben,  haben  wir 
nicht  den  Schatten  eines  Grundes  oder  Anlassos.  In  diesen  Bil- 
dern ist  von  aüem  was  sich  als  escbatologische  Lcbre  und  Vor- 
stellung der  Orpbiker  nicht  etwa  nebelhaft  alinen,  sondern  ganz 
präcis  und  deutlich  erkennen  lässt^  auch  nicht  ein  einziger  Zug ; 
bier  so  wenig  wie  in  den  ebenfalls  rein  episch-beroischen,  und 
gar  nicht  theologischen  liadesdarstellungen  der  Μινυάς,  die  man 
au  üb  als 'orphiscb'  ausiBugeheii  nicht  übel  Lust  hat.  —  Selbst 
wenn  die  Meinung  ricbtig  wilre^  dass  die  drei  'Bitsser',  Tityos, 
Tnntaloa,  HisjpboH,  nur  typische  Vertreter  ganzer  Classen  menscb* 
l'uimr  8ünder  seien,  die  im  Hades  für  die  Vergehen  ihres  irdi- 
scben  Lebens  zu  hüssen  hätten,  wäre  damit  noch  nicht  im  min- 
desten diesen  Schilderungen  ein  orphisch er  Charakter  zugestan- 
den :    wie  denn  die,    der   Geschichte  alter  Religion    in  Wahrheit 


*  Cauer,  Orundfr.  ßl  C,  sucht  die  'Pisiairateische  Eednction*  wie- 
der al3  eine  wobibezcugte  und  innerlich  voMbegründete  Thatsacbe  tu 
reatabilireu.  Er  bat  aber  die  von  Lehrs  uod  Nutzborn  geltend  ge- 
machten Grunde,  dio  eine  erste  oder  eine  abscblieitflendc  Rodigirung 
der  Homeriscben  Gedichte  durch  Piaistratus  oder  in  dem  Athen  der 
Zeit  des  Pisistratus  als  völlig  undenkbar  erweisen»  nicht  einmal  be- 
rührL,  geschweige  denn  widerlegt» 


ifa 


6d0  Rohde 

kuudigen  Urheber  dieser  MeiDUDg,  Weicker  Tormo,  yon  der  Ver- 
kehrtheit) hier  Orphischee  zu  wittern,  weit  entfernt  waren.  Der 
Dichter  'weise  aber  von  der,  ihm  von  Neneren  angeeonnenen  alle- 
gorieoh- erbaulichen  Aoadentang  jener  Strafacenen  nieht  das  min- 
deste; er  mfisste  denn  das  erste  nnd  einzige  Beispiel  einer  ab- 
sichtsvoll lehrhaft-moralischen  Dichtung  geben,  die  mit  scheuester 
Zurückhaltung  von  dem  'tieferen  Sinn'  ihrer  bildlichen  Darstel- 
lungen auch  nicht  durch  ein  Augenzwinkern  eine  Andeutung  gäbe. 
Wer  dem  Alterthum,  in  seiner  herben  Ehrlichkeit,  ohne  die  fadaise 
pastoraler  Zurichtung,  in*s  Gesicht  zu  sehn  sich  traut,  der  wird 
an  der  Schilderung  dieser,  zum  Theil  aus  der  Oberwelt,  auf  der 
älteste  Dichtung  ihre  Strafe  sich  vollziehen  Hess,  hier  erst  in 
den  Hades  versetzten  'Bfisser'  gerade  dieses  bemerkenswerth  fin- 
den, dass  auch  in  diesem  späten  Anwuchs  der  homerisehen  Nekyia 
an  ein  allgemein  giltiges  Sittengesetz,  dessen  Verletzung  noch  im 
Jenseits  bestraft  werde,  gar  nicht  gedacht  wird  ^.  Alle  drei, 
Tityos,  Tantalos,  Sisyphos,  haben  den  Willen  und  das  Interesse 
einzelner  Götter,  der  übermächtigen  Herren  des  Lebens,  verletzt; 
sie  erfahren  an  sich  da,  wo  kein  Wechsel  und  kein  Aufhören 
mehr  ist,  die  Macht  der  Herren,  deren  Zorn  sie  gereizt  haben. 
Aber,  dass  diese  Macht  nur  dem  allgemeinen  Sittengesetz  ihren 
Schutz  leihe,  dass  der  Wille  des  einzelnen  göttlichen  Individuums 
allein  dieses  allgemeine  Sittengesetz  zum  Inhalt  habe,  jenen  nur 
verletze,  wer  dieses  übertritt:  das  sind  Gedanken,  die  dem  Dichter 


1  Die  Vergehangen  des  Tityos,  des  Tantalos,  lassen  sich  ohne 
allzngrossen  Zwang  so  ausdeuten,  dass  in  ihnen  zugleich  mit  dem  In- 
teresse des  einzelnen  Gottes  ein  allgemeines  Sittengesetz  verletzt  er- 
schiene; und  diese  Möglichkeit  hat,  seit  Weicker,  so  manche  Neuere 
verleitet,  dem  Dichter  wirklieb  Nebengedanken  solcher  Art  zuzutrauen. 
Aber  bei  Sisyphos  fallt  auch  diese  Mi>glichkeit  fort.  Welches  Sittcn- 
gesetz  hätte  der  verletzt,  indem  er  dem  Asopos  den  Raub  seiner  Tochter 
durch  Zeus  hinterbrachte  und  nachher  dem  Hades  entlief?  unsere 
Homertheologen  finden  die  Ausrede,  dass  in  Sisyphos  nicht  ein  einzel- 
nes Vergehen,  sondern  sein  Charakter  überhaupt  büssen  müsse,  der  'die 
Sünde  und  Pein  des  Menschenverstandes*,  oder  'das  menschliche  Ge- 
schlecht in  seiner  Eitelkeit,  ringend  nach  Eitlem  und  Werthlosem'  re- 
prasentire,  und  was  der  Erbaulichkeiten  mehr  sind.  Wenn  aber  bei 
Sisyphos  die  pastorale  Auslegung  nichts  als  leere  Worte  bieten  kann, 
BO  hat  sie  auch  für  die  beiden  anderen  'Büsser'  keinen  Anspruch,  ernst 
genommen  zu  werden.  Mindestens  die  Möglichkeit  der  Auslegung 
müsste  für  alle  drei  Fälle  gleichmässig  bestehn,  oder  es  besteht  für 
keinen  von  allen  ein  Recht  dazu. 


Kekyiii* 


G31 


dieeer  Verse  nocb  fremd  sind.  Wir  wollen  uns  hüten,  durcli 
Hinetndeuteln  solclier  Grand  mein  uuge  η  einer  viel  epäleren  Periode 
griecliiflclier  Religio naentwicklung  den  Sinn  dieeer  groseen  Bilder 
altertliümlich  naiven  (jkubens  zu  verfalecben* 


Im   Vorstehenden    ist    mehrfach    Rücksicht   genommen    auf 
einen  Aufsatz  (im  Hermes  30,  241—288),  in  dem  Ednard  Meyer 
eich  gegen  die  Vorhaltungen  zu  verantworten  sucht,  die  ich  ihm 
(oben  p,  22  ff.)    wegen    der    brutal    absprechenden    Cenauren    zu 
machen  hatte,    mit  denen  er^   wie  freilich  auch  viele  andere  Ge- 
lehrte,   die  irgend  etwas  anders  darstellten,    als  es  ihm  gelaudg 
ist,  mich  und  meine  "^Psyche'   in   seiner  *Gesoh*  des  Älterthume* 
heimgesucht  hatte.     Er  macht  sich  die  Sache  leicht.    Dass  ich  in 
meiner  Auffassung  der  Entetehung  der  Nekyia  durch  die  Ableh- 
nung 'gesicherter  Ergebnisse  der  Homeranalyse    (d,  h.  der  Kirch- 
hoff ^achen,    durch  Wilamowitz  raodificirten  Hypothese,    der    sich 
M.  auch  hier,  p,  247  ff.»  unter  Wiederholung  der  bekannten  Ar- 
gumentej  völlig  hingiebl)  nicht  nur  etwas   streng  Verbotenes  ge- 
than    habe,    sondern    dabei    'gründlich    zu    Fall    gekommen'    sei 
(p.  253),    mochte   er   damit  glaublich  machen,    dass   er  die  Aue- 
ftihrungen   Lauere   und   der  Anderen,    auf   die   ich    (oben  p-  27) 
ihn  aufmerksam   gemacht   habe,    zerzaust,    und  namentlich  Kam- 
mer*n  grimmig  zu  Leibe  geht.     Ich  hatte  auf  jene  Gelehrten  nur 
verwiesen  wegen  dessen,    was   ihnen   untereinander    und  mit  mir 
gemeinsam  ist,  die  Begründung  der  Ueherzeugung,  dass  die  Nekyia 
in  unsere  Odyssee  erst  nachträglich  hineingestellt  ist  \  im  Übrigen 
hatte  ich  (in  den  Ausführungen  der 'Psyche'  45  ff.)  keinen  Zweifel 
darüber  gelassen,    dass   meine  Aneicht   von   der  Compoeition  der 
Nekyia  sich  mit  keiner   der  von  jenen    ausgeführteui    unter  ein- 
ander   sehr    verschiedenen  Theorien   decke.     Kopfftchüttelnd  sehe 
'm]\   nun    meinen   Gegner    gegen  jene    Anderen    gewandt,    ιτολλα 
μάτην  κεράεοσιν  ές  ήίρα  θυμαίνοντα,  und  frage  mich  erstaunt, 
ob  er  nur  wirklich  meinte,    Niemand  werde  merken,    dass   seine 
wüthenden  Luftatosse,    die  gar  nicht  nach  meinem  Standort  ge- 
richtet  sind,    mich    unmöglich   treffen  oder   gar  zu  Fall  bringen 
können. 

Um  dem  Vorwurf  der  'unhislorischen  Auffassung',  der  Ίβο* 
lirung  des  Homer\  der  meine  Arbeit  discreditiren  sollte,  doch 
einige  Hubstanz  zu  geben,  hat  er  nichts  anderes  erdenken  kiinnen» 
als   dass   er  (p*  251)  beide  Fehler  wahrgenommen  habe  da,    wo 


β3^ 


Uobdd 


m 

auf 


ich  (aua  den  triftigsten  Gründen,  wie  oben  bemerkt)  der  ΒβΒΑΐφ* 
tung,  daes  in  der  Nekyia  Gedichte  des  epiechen  Cyklue  benütxt 
eeien,  micb  nicht  unterworfen  habe* 

Anch  eine  sehr  übel  bestellte  Sache  brauchte    nicht  mit 
kläglichem  Ungeschick  vertreten  zn  werden. 

Hiermit  künnte  ich  den  Historiker  des  Alterthuins  m\ 
selber  überl  aasen.  Denn  über  Seelencult  und  Heroen  ν  exe  bmiig 
die  BiBcuesion  fortzneetzen,  giebt  mir  dae,  waa  Jener  (p.  275  £.} 
Torbringt,  keinerlei  Anläse.  Meine  Ansicht  von  diesen  Din^n 
ruht  eicher  auf  einem  breiten  und  festen  Grunde;  um  nii^liu 
weniger  sicher,  weil  sie  nicht  die  Ansicht  aller  Welt  ist. 

Aber  es  bleibt  noch  ein  Punkt  zu  erledigen.  Mein  Gegmi 
beschwert  sich  darüber  (p,  270),  daes  ich  seine  Darstellang  de« 
wahren  Wesens  des  Odjsseus  und  die  dafür  geltend  ^emaehtBs 
Gründe  nicht  beji^ritfen  habe.  Ep  sollte  mir  leid  thon,  wenn  ich 
ihm  hier  Unrecht  getban  hätte.  Aber  es  ist  nicht  ao*  Ich  haht 
mich  (oben  p.  29)  etwas  lustig  darüber  gemacht,  daaa  in  der 
Geschichte  des  Alterthums  Odyssena  uns  in  der  VermOOimnng 
eines  'sterbenden  Naturgottes*  vorgeführt  werde.  Er  wird  dort, 
p,  103,  ausdrücklich  so  genannt,  und  damit  zn  den  Göttergeetal* 
ten  gerechnet,  die  nach  der  Meyers  che  η  Mythologie  im  Frühjahr 
aufleben,  mit  Wintersanfang  todt  sind,  und  dann  allemal  *nijt  der 
Wiederkehr  der  besseren  Jahreszeit'  wieder  aufleben,  bald  darauf 
wieder  absterben^  und  so  io  infinitunu  Diese  possierlicben,  in  der 
Gesch,  d,  Alt.  2^  ICH)  nälier  beschriebenen  Geschöpfe  nenne  ich* 
vielleicht  nicbt  ganz  mit  dem  schuldigen  Respekt,  8ommergQtt€r, 
und  ich  sehe  nicht  ein,  wie  Meyers  Odyeaeus  eich  dieser  Benen- 
nung entziehen  könnte.  Die  ^Argumente  für  diese  späte  Apo^ 
theose  des  Odysscuß  sind  in  der  That  'verständlich  genug*  ange- 
deutet' in  der  Gesch,  d.  AU.  p,  103  f.;  es  durfte  mir  imroerhin 
zugetraut  werden,  dass  ich  sie  völlig  begrifiTen  habe;  es  steht 
wohl  nicht  ohne  weiteres  fest,  dass  man  eine  Argumentation  nicht 
begriffen  habe,  wenn  man  sie  absurd  findet.  Jetzt  werden  die 
gleichen  Argumente  breiter  entwickelt,  IL  259  if.  Sie  verlau- 
fen also. 

Ithaka,  das  ist  von  vornherein  und  ohne  jeden  Beweis  klafii 
kann  nicht  die  wahre  Heimath  des  Odysseus  sein.  Sein  Vater- 
land muBs  grösser  sein.  Nun  laset  ihn  die  Sage  nach  dem  Freier- 
niord  nach  Thesprotien  wandern,  um  dort  die  von  Tiresias  λ  121  ff. 
vorgeschriebenen  Opfer  dem  Fofteidon  darzubringen.  So  ApoUodor• 
epiL  7,  34,    und    so    wahrscheinlich    schon    die   Telegonie. 


nannte    Orte    in    Epiriis,    Buniina,    Kelkea,    als    die    Stätte   dee 

■  von  OdjBieuB  gegründeten  Poseidonheiligtbuma  (Stepli*  Byz.  s. 
Βούν€ΐμα;  Scliol.  und  Enstath*  Od.  λ  122)  ^  Diese  Localisirung 
der  Wanderung  des  Odysseiia  und  des  von  ilim  gegründeten  Po- 
eeidoulieiligtliume  in  Tlieeprotien  ist  aber  ^eecnndär',  belehrt  ntiB 
E4I.  Meyer:  denn  es  wäre  nicbt  wünsehenawerth,  Theeprotien 
(oder  gar  dae  Land  der  Eurytanen,  in  dem  ein  Orakel  dee  Odye- 
eeue  bestand)  als  die  Heimatk  des  Odysseus  betrachten  zu  müe- 
Hcn.  —  Wie  denn?  seine  Heimatb?  fragt  man  doch  etwas  ver- 
wundert. Seine  Oeimath  ist  ja  Ithakaj  nach  Thesprotien  wandert 
er  ja  eben  ata  in  die  Fremde.  Soll  denn  etwa  der  Ort,  nach 
dem  ein  Held  der  Sage  auswandert,  an  dem  er  vielleicht  auch 
ein  lepov  gründet,  in  Wahrheit  seine  Heimath  sein?  Freilich; 
das  ist  ein  Axiom  der  Mey ersehen  Mythosophie,  das  für  so  eelbet- 
verfitätidlich  gilt,  dase  ee  bicht  einmal  auBdrückÜch  aufgestellt 
zn  werden  braucbt. 

Die  'wahre  Heimath  dea  Odyeeeue'  ist  vielmehr  Arkadien. 
Denn  dort  gründet  er  in  Pheneos  einen  Cult  dee  Poseidon  Hip- 
pios  (Paus,  8,  14,  5),  anderswo  ein  Heiligthnm  der  Athene  und 
des  Poseidon  (Pnue*  8,  44,  4).  Mantineieclie  Münzen  zeigen  eine 
eeltsara  ausstafßrte  Gestalt,  die  Svoronos  (mit  äusserster  Unwahr- 
Bcheinlichkeit  freilich)  als  einen  Odyeseue  gedeutet  hat.  Weiter 
aber:  ein  Heros^  der  einem  Gölte  einen  Cultus  gründet,  ist  in 
I     Wahrheit  der  Gott  Belbst     Man  wusste  ja,  dass  in  einigen  dunklen 

■  Sagen  der  erste  Priester  eines  Gottes  in  der  That  eine  Ileroisi- 
rung  des  Gotteß  eelbst  sein  mag.  Nach  Ed.  Meyer  ist  das  alle- 
mal Bo  (natürlich  mit  Ausnahme  der  Fälle»  in  denen  es  bei  der 
Nenentdeckung  der  wahren  Mythologie  weniger  genehm  wiire). 
Also   ist   Odysseus   nichts    andere»    als  Poseidon,    ein  TTodtibdiv 

■  Ό6υΐϊίΤ6ύς,  ein  alter  arkadischer  Gott,  und  zwar  ein  *  sterbender 
Naturgott',  der  eich  regelmässig   (was  sonst  freilich  zu  den  Ge- 


I  *  Bunima  lag  nahe  bei  Trampya  (Steph.  Byz.  a,  Βούνβιμα,  s,  Τραμ- 

ΐτυία)  j  Trampya  aber,  der  Ort  an  dem  Polysperchon  den  jungen  Heraklee 
Alexanders  des  Grossen  Sohn,  orraorden  Hess  (Lycophr.  800  ff.),  muea* 
in  Tymphata  gelegen  haben:  dort  fand  der  Mord  des  Herakles  fltatt; 
Diodor.  20,  28.  Hier  war  man  alao  sehr  weit  vom  Möere  entfernt, 
recht  im  Lande  der  Männer  ot  οΰκ  ϊσασι  θάλασααν.  Die  Thesproten 
ßitzen  Bchon  bei  Homer  bis  an  dio  Kitate  hinunter,  aber  ihr  Güliiet 
erstreckte  sich  nach  alter  Benennung-  tief  in  das  Land  und  die  Goliirgc 
hinein  (Dodoiia  nach  alter  Ländereintheilung  noch  in  Thesprotien: 
Strabo  7,  328;  Paus.  1,  17,  5), 

I  Bhein.  Mtij.  f,  Piillol.  N-  F.  L.  ^1 


634  Rohde 

woliuhoiten  dcR  Poseidon  nicht  zu  gehören  scheint)  im  Winter 
hinlegt  und  stirbt:  nnn  weiss  man  doch,  wamm  der  homerische 
Üdyssous  in  den  Hades  geht,  bei  den  Φαίακες,  den  grauen  Fähr- 
männern des  Todes,  landet,  von  Kalypso,  einer  'Variante  der 
Todtcnkönigin*  festgehalten  wird. 

Man  sieht  leicht,  wie  fruchtbar  diese  Methode  der  '  Forschung^ 
für  die  Ausbildung  einer  neuen,  der  wahren  Mythologie,  werden 
kann.  Um  lu  ergründen,  welcher  Gott  in  irgend  einem  Heros 
stecke  —  alte  Göttet  sind  sie  ja  alle  miteinander  —  und  wel- 
ches seine  wahre  Ueimath  sei,  sieht  man  sich  anter  den  trefflichen 
KUstorlegenden,  die  bei  Pausanias  und  anderswo  nicht  rar  sind, 
darnaoh  um,  welchem  Gotte  und  an  welchem  Orte  etwa  der  be- 
trt'tTende  Heros  einen  Cult  gestiftet  haben  soll:  der  Ort  ist  seine 
wahre  Hoimath,  der  Gott  ist  er  selber.  Auf  diesem  Wege  wäre 
—  um  nur  einige  bedeutende  Ausblicke  zu  geben  —  Kadmos 
aU  Poseidon«  in  Rhodos  heimisch,  Aiakos  als  Zeus,  in  Arkadien 
heimisch,  leicht  entlarvt;  Pelops  ist  Hermes,  heimath berechtig 
in  KHs :  Danaos  ist  A}H>iIon  Lykios  aus  Argos ;  Deukalion  ist 
Zeus  Otvmpios  und  hat  seine  wahre  Heimath  in  Athen  u.  a.  w. 
Wo  die  so  gewonnenen  Resultate  der  For^hung  unerwünscht  sein 
•oliteu«  oder  ein  unerwünschter  Bericht  (wie  der  von  de*  Odvs- 
*ett*  ThAti^keit  im  Tbeipr\^:eclande.'  einem  erwünschten  Concur- 
rf"t  ÄAoit*  djurf  der  unerwinschte  Bericht  ohne  UcstÄcde  aIs 
^wvuailr*   jCebriiiisiirk:    werviea    tni    verliert    diru   *lle   Aa- 

l>iT>R«:i*  4l$c  :*:  :c  Ariiüec  rz  Ei*se.  Fi*  Alien  frii- 
Lu-i  :ί•:οΓ::η?3ί  iii  ix*  ci*  ί Jir:::I:l;r*:i ;  5Ϊΐ  wi«en  iiri:Li:2* 
»ϊ.Γ  τ, Λ  I'ijlIa  aI*  dir  Hiiz:^:}!  ce*  C^iy-isex*.     Zi  di-itfeai   c•?- 

itii  ^^:λ  4X':ü  i..*;  ArVifiir  :«i'¥:x^ii.  ιΐτία  Γ:»«^:;α-*>£7^ϊ$«*'« 
i^ir  Τ-',• Γι:  -Ίίί  W;:iciL'i«fr\  4:»ίΓ  i«;»:i  wci  Iuiik:u  il-*  Ίο^ώ,  ί•*ζ 
ÄCiwi.  5  wir  x^cj:  τ-^α  Ariiii^iii  ix?.  i*:er  Lx'i  τ'ία  ifr  Xjrfr- 
wjT*tivii   i»**  Γίΐ','τ^-'ίΐ.'τ^ί*  χ*ι:α  X.-iri-r^sc^a  z-l  ia:i:Jar^ii  laauL  :a 

'^i.'u  xki'i:  £.•;γ  "«Vi;•:  χι,^-*}ί•Λϋί>  Via  It*  τλ1£  Iiif  Slt!* 
^•liistc-i  Tivit   i.i  4.1  Τ  ι; α:  iwiaijiTi*    iJ»  ik?^    .•ΐ7^ϊ«'τ*   a  I  jhiju  lei- 


Nekyia.  635 

Inseln  gewesen  sei;    den  Poseidon-Odyssens,   der  in  Arkadien  zu 
Hause  war,  hatte  sie  complet  vergessen.  — 

Das  alles  wäre  recht  artig,  wenn  man  es  sich  zum  Spass  auf- 
gestellt dächte,  als  einen  heiteren  Beitrag  zu  einer  mythologie  pour 
rirCj  für  die  es  auch  sonst  an  Stoff  nicht  fehlt.  Im  gediegensten  Ernst 
wissenschaftlicher  Belehrung  vorgetragen,  macht  es  sich  weniger  gut. 
Mir  ist  es  nicht  gegehen,  solche  μυθκττορία  ernst  zu  nehmen.  ^  So 
fem  liegt  ihm  jedes  Yerständniss  des  Mythus',  fährt  mich  Ed. 
Meyer  zornig  an  (p.  266,  1).  So  fern  liegt  mir  in  der  That  jede 
Anwandlung  von  Verehrung  für  einen  Betrieh,  der  sich,  unter 
heliebiger  Verwerthung  oder  Verwerfung  der  antiken  üeherliefe- 
rung,  je  nach  Laune  und  Maass  der  eigenen  Eriindsamkeit,  eine  neue 
Mythologie  selbst  zurechtmacht,  die  dann  als  reinstes  Erzeugniss 
ächter  Wissenschaft  gelten  will.  Es  scheint  wirklich,  dass  wir 
Beide,  wenigstens  auf  dem  Gebiet  der  Mythologie  und  Religions- 
geschichte, sehr  verschiedene  Vorstellungen  von  *  Wissenschaft* 
haben,  was  sie  sei  und  vermöge,  und  was  man  ihr  zumuthen 
dürfe.  Hier  mag  wohl  die  stärkste  Wurzel  unseres  Zwiespalts 
liegen. 

Heidelberg.  Erwin  Bohde. 


G36 


Miscelks. 


]>ie  cTmliliii Bellen  OrakeL 

Wenn  man  die  langathmigen  CummeHtare  der  späteren  Nfn•" 
platoniker  durcbblättertj  so  ßtiisat  man  liier  und  da  auf  Anfüb-1 
runi^en  aus  einem  Gediclit^  welches  in  verschiedener  Weise,  inj 
httufigsten  als  clmliläisclie  Orakel  oder  Orakel  scblecbthiu  h^ 
zeichnet  wird.  Für  Leute  wie  Syrianoß  und  ProkloB  steht  di©ee 
Offenbarunii  als  Autorität  ohne  weiteres  auf  einer  Stufe  mit 
Unmcr  und  Orpheus'  wir  haben  natürlich  die  Pflicht,  die  Fnig« 
uacb  ihrem   wahren  Ursprungii  zu  stellen  ^. 

Wenn  man  von  Alleiu  absieht,   was  eeit  Porphjrioe  in  diel 
Orakel  liiiipinjß^ebeimnisst  worden  ist'^,    nnd  die  erhaltenen   Regt^rl 
für  pich  betrachtet,    so  llÜlt  zunächst    eine    grossere  Anzahl   von' 
Ver«en    philoBophischen   Inhaltes   auf,    welche    den  Anschein  er- 
wecken  könnten,    als   hätten    wir   es    mit   einem    philosophischen 
Lehrgedicht  zu  thun*     Die  Wcltanechanung  ist    eine    entscbiedeti  I 
diialiRtiBche;    scharf  getrennt  stehen  sich  intelligible  und    Sinuetrj 
weit  gegenüber.     An  dnr  Spitze  der  intelligiblen  Welt   eteht  der  j 
väterliche  νους,  dae  heilige  Feuer,    von  dem  Alles  ausseiht,    das! 
aber  über  die  Sinneiiwelt   völlig   erhaben   ist  und  nur  durch  die* 
Vermittlung   des    zweiten  νους,    des  eigentlichen  Deniiur^en,    in 
Berührung  mit  ihr   tritt*     Per  Mensch   kann   ihn   nicht    mit    der 


^  Ich  habe  denselben  Geireiistand  in  meiner  Schrift  De  oratulii 
Cluddmcis  (Brpsl.  pliilol.  Abk.  VII  L  1894)  ausführlich  behandelt,  D» 
ich  es  dort  leider  nicht  umgehen  konnte,  die  Lehre  der  Orakel  ftoe 
der  neuplatoniachen  Einkleidung  herauszuscbilen,  und  mich  ausserdem 
der  liiteiDiscben  Sprache  bedienen  musste,  bo  gebe  ich  hier  einen  kurzeu 
üüberblick  über  die  Resultate  und  einige  Nacliträge. 

^  Ich  glaube  nicht^  dasa  ich  in  der  Skepsis  gegen  Proklos  und 
Damankios  zu  weit  gegangen  bin,  wie  mir  Kuiper  vorwirft  (Museum 
ΙΪ  427).  —  Was  ich  S»  5  über  den  anonymen  Epistolograpbcn  Crftuier 
nachgesprochen  httbo,  hat  jetzt  Treu  heriehtigt  (Byz.  Ztschr,  IV  l  ss.V 
der  ihn  überzeugend  mit  Michael  Italikos  idcntificirt.  KcitÄenstein 
TOBcbt  mich  freu  nd  lieb  Β  t  auf  cod.  YalHc.  F  3']  sacc.  XV.  f.  i)7  ss.  Auf- 
merksam:  erat  eicben  OrakeUragmcnte  mit  kurzen  Erklärungeu  (Ans- 
zug  ivm  Psellos?),  dann  Plethous  έ^ήγησις. 


I 

I 


Miscellen, 


mi 


^ 


Schärfe  des  Verstandes  erkennen,  sondern  nur  mit  frommer  Seh eii 
und  reinem  Äuge  ecbauen;  ja,  der  grosse  Haufe  weise  Nichte 
von  ibni  und  sieht  im  zweiten  νους  das  höchste  Wesen,  Wäh- 
rend der  Vater  Einheit  ist,  ist  dieser  Zweiheit;  aus  ihnen  ent- 
steht in  räthaelhnfj-er  Weise  die  erste  Dreiheit  und  von  dieser 
ausgehend  herrscht  in  der  ganzen  Welt  die  von  der  Einheit  ge- 
krönte Dreiheit  (vgl.  Kopp  pal.  crit.  III  313  es.).  Der  höchste 
Gott  ißt  der  in  geheimiiiflsvolles  Schweigen  ^  gehüllte  väterliche 
Urgrund»  die  Quelle  der  Quellen,  in  welcher  Alles  ruht  wie  im 
Mütterschosse»  auß  der  auch  die  vielgestaltige  Materie  entspringt. 
Was  unmittelbar  ans  ihm  hervorgeht,  hat  die  Gestalt  fenriger 
Blitze,  auch  die  Ideen,  welche  in  ihrer  Gesammtheit  das  den- 
kende unvergängliche  Vorbild  für  die  veranderliehe  Sinnen  weit 
bilden  ®.  Die  Fülle  des  Geschaffenen  zusammenzuhalten  ist  der 
himmliache  Eros  bestimmt,  von  dem  mit  Piaton  geschieden  wird 
der  irdische;  er  bildet  mit  νους  und  ιτν^ΰμα  θέϊον  die  nach 
dem  Vorgange  des  Tiraaios  harmonisch  gemischte  Seelensnhetanz* 
Ehenfallfi  aus  dem  Timaios  stammt  der  Aion,  welcher  eine  grosse 
Rolle  in  der  intelligiblen  Welt  spielt.  Die  merkwürdigste  Ge- 
stalt des  ganzen  Gedichtes  ist  Hekate,  vielleicht  ausdrücklich  mit 
Khea  identificirt,  jedenfalls  aber  aus  verschiedenen  Gestalten  zn- 
feammengeflossen.  Sie  "^bewegt  sich  zwischen  den  Vätern  (dem 
ersten  und  dem  zweiten  Nus?),  an  der  rechten  Seite  hat  sie  die 
Weltseele,  an  der  linken  die  Quelle  der  Tugend^  am  Rücken  die 
φύ(ίϊς.  Das  Weltbild  bietet  keine  Besonderheiten:  die  Erde  ruht 
in  der  Mitte  des  Alls,  über  ihr  bis  zum  Monde  breitet  eich  die 
Luft  aus,  von  da  an  der  Aether  mit  den  sieben  Planeten^  deren 
mittelster  die  Sonne  ist  ^.  Eine  Fülle  niederer  Götter  vermittelt 
zwischen  dem  höchsten  Wesen  und  der  Welt:  die  άρχαί,  welche 
den  jungen  Gottern  des  Timaios  entsprechen;  die  ϊυγχες»  welche 
unter  drei  Führern  stehen;  die  VO€pol  und  υΧαϊοι  0"υνοχ€Ϊς, 
welche  in  feuriger  Gestalt  erscheinen,  die  τβλετάρχα^  und  end- 
lich die  Dämonen,  welche  in  das  Leben  der  einzelnen  Menschen 
eingreifen:  die  guten  Dämonen,  welche  auch  Engel  heissen,  suchen 
den  Menschen  die  Rückkehr  zur  Gottheit  zu  erleichtern,  die  bösen 
sie  zu  verhindern  *.  Die  menschliche  Seele  steht  in  der  Mitte 
zwischen  dem  göttlichen  Nns,  von  dem  sie  einen  Funken  in  sich 


*  Zu  S.  16*  trage  ich  nach  pup.  Paris.  558  σιγή  ούμβολον  θ€θο 
Σώντος  άφθαρτου,  φύλαΕόν  με  σιγή.  Hermipp.  de  astroL  70^  IB  Kroll- 
\^iereck> 

2  S.  23.  Au  V.  2  denkt  vielleicht  Hermipp,  25,  7  καΐ  ιϊιαπερ  ό 
νοητός  κόομος  τόν  αΐσθητόν  π€ριέχιιιν  πληροί  αυτόν  όγκιον  ταΐς  τιοι• 
κίλαις  καΧ  παντομόρφοις  Ιοέαις.  —  V.  8  wird  Wendlande  »c€ χα- 
ραγμένο ς  das  Ricbtigß  treffen. 

^  lieber  die  sieben  Firmamente  (S.  31  a.)  hat  schon  Kopp  ΠΙ  297 
richtig  peurtheilt.  Uöber  Poaidoniu«  (S,  34)  vgh  Wendland  Philosoph, 
Schrift  üb»  d.  Vors  68^,  Ich  hätte  erwähnen  eollen,  Uns»  die  Scheidung 
des  Äethers  von  den  vier  Elementen  von  Aristoteles  herrührt 

*  Zu  S.  ib^:    pap.  Paris.  113B  χαίρ€Τ£  πάντα  αερίων  €ΐ5ιΟλυυν 


638  Miscellen. 

aufnimmt,  und  dem  Körper,  an  den  sie  während  ihrer  irdischen 
Laufhahn  gehnnden  ist;  doch  scheint  zwischen  ihr  und  dem  Kör- 
per noch  das  δχημα  ^  za  stehen,  mit  dem  sie  sich  heim  Hinah- 
steigen  durch  Aether  und  Luft  hekleidet  und  das  sich  heim  Hin- 
aufsteigen wieder  auflöst,  indem  seine  einzelnen  Bestandtheile 
dahin  zurückkehren,  von  wo  sie  genommen  sind. 

Während  des  Erdenwallens  der  Seele  kommt  es  darauf  an, 
dass  sie,  die  seihst  göttliches  Feuer  nnd  unsterhlich  ist,  sich  frei 
erhält  von  der  Knechtschaft  des  Leihes,  der  gehildet  ist  ans  der 
vergänglichen  und  hösen  Materie  und  unter  der  Herrschaft  der 
φύσις  und  ανάγκη,  der  unahänderlichen  Ν atnmoth wendigkeit, 
steht;  sie  soll  die  Krinnerung  hewahren  an  das  ihr  vom  Vater 
mitgegehene  σύμβολον,  den  Funken  des  göttlichen  νους.  In 
diesem  heständigen  Kampfe  mit  der  Sinnenwelt  findet  sie  Unter- 
stützung hei  dem  Elemente,  welches  die  nächste  Verwandtschaft 
mit  der  Gottheit  hat  —  stoische  Immanenz  und  platonische  Trans- 
cendenz  prallen  hier  auf  einander  —  hei  dem  Feuer:  wenn  der 
Mensch  sich  dem  Feuer  naht,  empfangt  er  die  göttliche  Erleuch- 
tung. Es  ist  geradezu  ein  Feuercult,  der  gepredigt,  auf  den  der 
ganze  philosophische  unterbau  zugespitzt  wird;  es  ist  die  Bede 
vom  Priester,  der  des  Feuers  Dienst  leitet,  von  Mysten  und 
Weihen.  Bis  zum  finstersten  theurgischen  Aherglauhen  versteigt 
sich  das  Gedicht:  durch  Zauberformeln  und  Zauherriten  kano 
man  bewirken,  dass  göttliche  Wesen  in  feuriger  Gestalt  sichtbar 
erscheinen,  dass  das  Weltall  in  seinen  Fugen  wankt.  Gewisse 
Seelen    scheinen    durch    ihren  Ursprung    für   die  Erlangung   des 


πνεύματα,  pap.  Berol.  I  49.  97.  Die  böeen  Daemonen  heissen  heute 
Doch  in  Griechenland  άβρικά:  Β.  Schmidt  Volksleben  92,  Thumb  Ztschr. 
d.  V.  f.  Volksk.  II  128.  Bei  dieser  Gelejj^enheit  bemerke  ich,  dass  die 
TcXurvai  als  boee  Geister  (Schmidt  171  ff.)  offenbar  auch  Hermipp.  de 
astrol.  26,  7  kennt:  öia  τούτο  καλώς  ήμίν  θ€ΐοι  καί  Upol  δνδρ€ς  ίβέ- 
σπισαν  έναλλάττειν  τά  τών  άποιχομένιυν  ονόματα,  δπιχις  τβλωνουντας 
αυτούς  κατά  τόν  ένα^ριον  τόπον  λάνθανε ιν  έ£ή  καΐ  δι^ρχεσβαι.  Natur- 
lich stammt  die  Vorstellung,  dass  die  Zöllner  böse  Geister  werden,  aus 
dem  Volksglauben,  nicht  ans  der  christlichen  Litteratur,  wie  Schmidt 
annimmt.  Die  Vorstellung,  dass  man  die  Namen  der  Todten  ändern 
muss,  Termag  ich  bis  jetzt  weder  aus  griechischem  noch  aus  sonstigem 
Volksglauben  zu  belegen.  —  Zu  den  von  Schmidt  neue  Jahrb.  143,  δββ 
mitgetheilten  neugriechischen  έπψδοί  stellt  sich  die  aus  Tarent  bei  Gigli 
tiiperstizioni  ...  in  Terra  dOtranto.  Firenze  1893  S.  36:  wohl  ein 
griechisches  üeberbleibeel. 

*  Vgl.  Porph.  de  antro  64, 15  N.  καΐ  τάς  τ€  φίλοσωμάτους  (ψυ- 
χάς)  ύγρόν  τό  πν€ύμα  ^φ€λκομένας  πάχυναν  τούτο  ώς  ν^φος.  73,  13. 
de  abet.  109,  14  άποϋιττ^ον  άρα  τους  πολλούς  ήμϊν  χιτΰτνας,  τόν  τ€  όρα- 
τόν  τούτον  καΐ  σάρκινον  καΐ  οΟς  ίσωθεν  ήμφΐέσμ€θαΙπροθ€χ€ΐς 
δντας  τοις  6€ρματίνοις.  Zu  αύγο€ΐδ^<η  Jambl.  ap.  Stob.  Ι  374,  2  vgl. 
Procl.  in  remp.  382,  27  ed.  Bas.  <nreu&€tv  (S.  52)  braucht  in  demselben 
Zusammenhange  Porph.  de  abet.  104,  22  άνθριύπψ  hi  λ^λοχίομένψ^  τις 
τ^  έστι  καΐ  πόθτν  ^λήλυθ€  ποΐ  τε  σπεύΟ€ΐν  ός>€ίλ€τ  .  .  . 


Miacellen, 


G39 


^ 


Heils  priideBtinirt  zu  sein  ^ ;  natürlich  wird  man  geglaubt  Imbeni 
daee  die  Mysten  des  Feuercultee  eolche  privilegirte  Seelen  hatten* 
So  litiift  das  Gedicht  au»  in  die  Reclame  fiir  ein  allein  eelig 
machendes  Myeterion,  Mit  lebhaften  Farben  waren  ansgemalt 
die  Frenden  der  Bevorzugten,  welche  sogar  ihren  Körper  retten  (?) 
können,  die  Leiden  des  grossen  Haufensi  welcher  den  Quälgeistern 
des  Tartaros  anheimfällt.  Daneben  ging  einher  die  Lehre  von 
der  Seelenwanderung,  deren  Gestaltung  im  Einzelnen  nicht  mehr 
durchsichtig  ist 

Wann  und  wo  sind  die  Orakel  entstanden?  Zeller  hielt  sie 
für  ein  Prodnct  der  späteren  Neuplatoniker;  diese  Ansicht  hat 
zunächst  etwas  Bestechendes,  erweist  sich  aber  bei  näherem  Zu- 
sehen als  unhaltbar.  Erstens  hat  schon  Porphyrios  das  Gedicht 
gekannt;  zweitens  finden  sich  keine  oder  nur  ganz  geringe  Spuren 
nenplatoniseher  Lehren  in  ihm,  und  es  hat  Syrianos  und  Proklos 
grosse  Mühe  gekostet,  ihr  eigenes  System  in  das  viel  einfachere 
der  Orakel  hineinzudeuten  ^.  Grossen  Wertb  lege  ich  darauf, 
dass  in  den  auf  die  Erkenntniss  des  höchsten  Wesens  bezüglichen 
Versen  sich  keine  Spur  von  plotinischer  Ekstase  findet;  auch  als 
?v  ist  es  nicht  bezeichnet  worden:  denn  ein  solches  Zeugnisa 
hätten  die  Platoniker  anzuführen  nicht  versäumt.  Wäre  uns  die 
Gestalt  des  Neupythagoreismus  vor  Plolin  genauer  bekannt,  so 
würden  sich  vielleicht  auch  die  scheinbaren  neuplatonischen  Inter- 
polationen (S.  (j<i)  als  ursprüngliche  Bestandtheile  des  Gedichtes 
heraußst eilen.  Die  Verbindung  platomscher,  nenpytbagoreischer 
und  stoischer  Ideen  findet  ihre  Analogie  in  den  Systemen  der 
Pythagoreer  des  Alexander  Polyhistor,  des  Phiton  und  des  Nu* 
miinioß,  sowie  in  den  ebenfalls  mit  der  Praxis  eng  zusamraen* 
hängenden  hermetiBchen  Schriften^  das  ganze  Gedicht  mit  seiner 
Verschmelzung  von  Philosophie,  Keligion  und  Aberglauben  in 
der  christlichen  Gnosis.  Wir  können  es  sehr  wohl  als  ein  Do- 
cument  heidnischer  Gnosis  bezeichnen.  Wo  der  Feuercultue  her- 
zuleiten ist,  darüber  möchte  ich  eine  bestimmte  Vermuthung  nicht 
äussern;  vielleicht  weist  er  neben  dem  starken  Hervortreten  der 
Hekate  auf  Kleiu*Asien.  Was  die  Zeit  anlangt,  so  steht  Por- 
phyrios als  terminus  ante  quem  fest;  die  religiöse  Atmosphäre, 
welche  das  Gedicht  voraussetzt,  ist  etwa  seit  der  Zeit  des  Marc 
Aurel  vorhanden^:  um  das  Jahr  200  darf  man  wohl,  ohne  fehl- 
zugehen, die  chaldäischen  Orakel  ansetzen. 

Breslau.  W,  Kroll. 


^  Zu  der  AnBchauung  von  den  Sonnen-  und  Zeuaacelcn  (S.  58  f.) 
vgL  das  Orakel,  welches  Luciane  Alexander  dem  Rutil ianus  giebt  (c.  34): 
προϊτον  Πηλ€ίί)ης  ίγένου,  μ€τά  ταύτα  Μένανδρος,  tW  ^ς  νύν  φαίνϊ], 
μετά  W  ίσοεαι  ήλιάς  άκτ(ς.  Ebda.  c.  40.  Pkt.  de  dcf.  or.  2L  421«. 
Kuhn  Herabk.  m  ff.  u.  ö.  Lichrecht  stur  Volksk.  303. 

2  Was  die  Platoniker  veriinlasst  hat,  das  Gedicht  in  ihi^n  Kanon 
aufmnehmen,  ist  ja  ohnehin  klar:  die  stark  hervortretenden  pythago- 
reischen Elemente, 

^  Dass  es  identisch  ist  mit  den  λόγια  bi*  inuiv  des  Theurgen  Ju- 


640  Miecellen. 

Das  Ikariei/i^liir/^e. 

Die  Worte  der  Jerusalemer  Epitome  des  ApoUodor  (Bh.  M. 
46,  168,  15  =  Apollodori  bibl.  epit.  3,  21.  Myth.  gr.  ed.  Wairaer 
I  p.  194,  23)  Äere  (Κάλχας)  μηνίσαι  'Αγαμέμνονι  τήν  θ€Ον•  κατά 
μέν  τινας,  ίπά  κατά  θήραν  έν  Ίκαρίψ  βαλών  fXaq)ov  €ΐπ€ν  ου 
όύνασθαι  σωτηρίας  αυτήν  τυχ€Ϊν  ούδ'  Αρτέμιδος  θ€λουσΐ|ς, 
κατά  bi  τινας  δτι  κτλ.  bereichern,  wie  R.  Wagoer  in  dieser  Zeit- 
achrift  46,  399  nnd  619  behauptet,  nnsere  Kenntniee  sowohl  ia 
mythographiscber  als  topographischer  Beziehung,  insofern  cie 
einerseits  von  einer  Jagdpartie  berichten,  welche  Agamemnon 
Ton  Anlis  nach  Attika  nntemahro,  andrerseits  die  Lage  de«  Ge- 
birges nnd  damit  auch  des  Demos  Ikarion  im  Nordosten  τοη 
Attika  sichern.  Ich  mnss  jedoch  diesen  Worten  den  Werth  eines 
Zeugnisses  absprechen. 

Ich  will  nnr  kurz  betonen,  wie  wenig  wahrscheinlich  ein 
•o  weiter  Jagdansflng  an  sich  ist.  Agamemnon  hatte  Jagdrevier 
genug  in  der  Nähe  von  Aulis.  Die  Vermuthung,  dass  ursprüng- 
lich nicht  blos  ein  Berg,  sondern  ein  grosseres  Gebiet  der  im 
Nordosten  Attikas  nach  der  böotischen  Grenze  sich  hinziehenden 
Höhen  den  Namen  Ikarion  führte,  ist  nur  die  Folge  jener  τοη 
Wagner  selbst  gefühlten  Schwierigkeit  und  schwebt  völlig  in 
der  Luft.  Entscheidend  ist,  dass  die  Worte  έν  Ίκαρίψ  das  Zei- 
chen der  Terderbniss  an  der  Stirn  tragen.  Auch  der  Excerptor 
durfte  nicht  mitten  in  der  mTthographischen  £rzählunr*  wenn 
die  Worte  überhaupt  verstanden  werden  sollten.  6p€i  της  Αττυσ^ς 
oder  mindestens  das  eine  von  beiden  auslassen.  Denn  das  bloese 
Ικάριον  bedeutet  ebensowenig  irgendwo  den  Berg,  wie  Jcarias 
ohne  Mon^ 

Die  Emendation  cv  καιρίψ  βαλών  τήν  ίλοφον  liegt  asf 
atr  HaxMi  und  bedarf  kaum  der  Stütze  von  S<hoL  zu  Eur.  Or. 
föT  έν  Αύλι^ι.  ττόλα  Βοιατήας,  enpcOurv  'Atoucuvujv  jßaXXc 
τόΕοις  Ααφον  καίρια  ν  ττλπτήν.  κουχτ^σάιιενος  δ<  έτα  τη  €τη- 
Tvxkf,  και  cirrurv.  α;ς  οΟύ'  αν  αύτη  ή  'Αρτ€αις  ουτυίς  έ^αλεν^ 
€π€ΐράθη  της  Θ<ο0  όρτ^οα^ντς.  Der  MTthograph  hat  eine  iha- 
liche  Ver»ioü  im  Sinn•  wie  Sophokles  in  d*r  Elektra•  wenn  er 
diese  V.  5i>6  f.  sprechen  lisst:  τατήρ  ττοβ'  ούαός.  ώς  ijui  κλίΛΐι« 
ι?€ας  [  τταώιτν  κατ  άλσος  €£€κινη<Τ€ν  ττούοίν  σπκτον  κκράστην 
Ααφον,   ου  κατά  σ9<ιτάς  \   έκχουπάσας  ίτος  τι  τντχάν« 


lijKiosv  ise  sOguch•  Aber  zichz  rx  beweiaüo.  Eli  Ci*AS  i«  Chaldaiwrs 
Jxliajxois  iaiiec  i:cii  in  dma  STrischen  G^cccc:^  ■  Εαιτπ^ϊ^γ«  Iicrtbr. 
5yT»>trr*t!«e  ;Αίΰϊ.     EV;r  Gi:«?  Wienactie   τ-ρΙλ^ϊϊ    xa  «3.  FrmjrniiTia 

«ακτίΟντιι  i*  αι  -irTXxfcicgiuL  ταίς  ηώ"»  «μιττμ*^*^'^  i"»»xirr.üic,  ηυτίΟΤΓ»  c» 


MiaculkD. 


G41 


βαλών.  Aber  selbet  έν  καΐρίψ  kann  lehren,  daes  es  nicU  diee© 
Stelle  eelbet  war,  auf  welche  der  Mythograph  Bezug  nahm.  Der 
Außdruck  έν  καιρίψ  ist  poeti«ch  (II.  b,  185  oub'  έν  καιρίψ  όΕύ 
πάγη  βέλος,  άλλα  ττάροιθεν  |  είρύσατο  ίυυστήρ.  λ,  439  γνώ 
6*  Όοοσεύς,  δ  ο\  οΰτι  βέλος  κατά  καίριο  ν  ήλθε  ν.  θ,  84  τον 
βάλεν  iiii  Ι  άκρην  κάκ  κορυφήνι  δθι  τ€  ττρώται  τρίχες  ϊπτταίν  | 
κρανίψ  έμττεφύασι»  μάλιστα  hk  καίριόν  εστίν),  aber  doch  nicht 
Αο  aueechliesslich  poetisch^  dass  die  Annahme  nath wendig  wäre^ 
er  Fei  aus  der  poetischen  Quelle  selbst,  vielleicht  den  Κύτίρια  έττη, 

^^  in  das  mythograpkische  Handbuch  übergegangen. 

^H  Breslau.  Richard  Fo reter. 

^^^^^^^  Zu  lateiniitcliei]  Diditem* 

^^^^^^^  (Fortsetzung.) 

^^^V  5.  Zu  Q,  Serenns  (Sammonicns). 

^^^^  Aus  dem  Gedichte  de  medicina^  geht  an  manchen  Stellen 
hervor,  dass  der  Verfasser  auch  in  praxi  ärztliche  VorBchriften 
ertheilt  htkt     Vgl; 

400  Perßicus  huic  potum  e  nucleo  dabit  interiore; 

Uufie  mihi  cura  eatis  casu  monetrante  probata  est. 
4T2  His  continge  locum;  detis  haeo  mihi  certa  probavit. 
eao  Pulei  quoque  amico  convenit  imbre  repenti, 

Cuius  opem  veram  eaeua  ϊ«ίΛί  Baepe  probarunt. 
Er  verstand    eicli  wohl    auf   die   Bereitung    thenerer  Heil- 
mitte!,  machte  aber   auch   billige  Kuren,    indem    er   der  Armulh 
'Kechnung  trug;  vgl,  hierzu: 

992  Quid  referam  multis  composta  Philonia  rebus? 
Quid  loquar  antidotoe  varias?  Dis  ieta  requirat, 
At  nos  pauperibus  praeeepta  dicamuB  amica. 
Ja,  er  wendet  sich  mit  Entrüstung  von  den  markt echreieriech 
angepriesenen  und  theuern  Heilmitteln  seiner  Col legen  und  giebt 
billige  Recepte: 

BIS  Multos  praeterea  medici  componere  sucob 

Adsuerunt;  pretiosa  tamen  eum  veneris  emptiim, 
Falleris  frustraque  inmensa  nomismata  fundee. 
Quin  age  et  in  tenui  certam  cognosce  salatem. 
Während  er  anderwärts  gesteht: 
7ββ  Noo  audita  mihi  fas  sit,  sed  lecta  referre, 
beruft    er    sich    an    mehreren  Stellen    auf    seine    eigene  Praxis. 
Allerdings  verdankt  er  bei  weitem  den  meisten  Stoff  dem  Plinius» 
deo  er  auch  Ys.  53  und  845  nennt,  wie   auch  Ys.  606  den  Lu- 


Ρ 


^  *  De  medicamentis^  heisst  es  in  einer  alten  Aufschrift  von  S.  Hi- 
quier  (831),  in  Reichenau  hatte  ee  den  Titel  (aaec.  IX)  'de  arte  me- 
dicinae',  in  Gottweih  (eaeo.  XII)  *de  medicina  arte*,  Dieae  Aufschriften 
«ind  also  neben  'de  medicina*  und  '  medicinalie*  zu  nennen;  fl.  Rhein. 
Mus.  47  BuppL  S.  77. 


642  Miscellen. 

oretiue,  während  Vs.  425  die  Steile  ans  Plaatas,  einem  verloren 
gegangenen  Stücke  dieses  Dichters  entstammt.  Die  Benntzang 
Varros  Vs.  843  geht  auf  Plin.  29,  18,  65  zurück,  desgleichen 
was  Serenus  Vs.  59  ff.  über  den  Tod  des  Pherekydes  meldet 
(Plin.  7,  15,  172);  unbekannt  ist,  worauf  sich  die  Notiz  über 
den  Tod  des  Hortensius  Vß.  258—260  stützt,  üebrigens  geht 
auch  aus  dem  an  Phoebus  und  Asklepios  gerichteten  Vorwort 
hervor,  dass  Serenus  ein  Jünger  der  Heilkunst  war: 

9  Huo  ades  et  quicquid  cnpido  mihi  saepe  locutus 
Firmasti,  cunctum  teneris  expone  papyris. 
So  scheint  Serenus  neben  ausgiebigster  Benutzung  der  Li- 
teratur seine  Vorschriften  doch  auch  ans  eigener  Praxis  zu 
geben.  Aus  der  Stelle  bei  Capitol.  Gordian.  18,  2  (Jord.  et 
Eyss.  II,  38)  geht  hervor,  dass  Serenus  Sammonicus  der  Aeltere 
in  sehr  guten  Vermögensverhältnissen  gewesen  sein  muss,  da  er 
eine  Bibliothek  von  02  000  Büchern  hinterlies,  die  sein  Sohn 
dem  Gordianus  iunior  vermachte.  Dieser  Reichthum  würde  ganz 
gut  zu  des  Serenus  menschenfreundlichem  Berufe  als  einer  Art 
Armenarzt  stimmen,  als  welcher  er  sich  ja  an  den  angeführten 
Stellen  ausgiebt.  Und  so  könnte  auch  hieraus  die  Identität  des 
Serenus  Sammonicus  iunior  mit  dem  Dichter  Serenus  an  Wahr- 
scheinlichkeit gewinnen. 

6.  Ze  MaximianEs. 
Die  von  A.  R.  (Alex.  Riese)  Literar.  Centralbl.  1890  Sp. 
1711  vorgetragene  Ansicht,  dass  Maximian  in  die  erste  Blüthe- 
zeit  der  mittelalterlichen  Versitication,  etwa  saec.  IX — X  anzu- 
setzen sei,  die  sich  aus  seinen  Gedichten  durch  nichts  erweisen* 
lässt,  wird  durch  folgendes  ganz  unhaltbar.  Traube  zeigte  kürz- 
lich (Rhein.  Mus.  48,  280  ff.),  dass  die  im  Cod.  Parisin.  2832 
fol.  119  (saec.  IX)  .unter  der  Aufschrift  *Eugenii  de  sene'  er- 
haltenen drei  Distichen  dem  Maximian  (I,  1—0)  angehören.  Und 
ein  vielleicht  noch  älteres  Zeugniss  für  Maximian  gewährt  der 
berühmte  Bernensis  303  s.  (VIII-)IX.  In  dieser  Handschrift 
finden  sich  nach  Th.  Gottlieb,  AVien.  Stud.  IX,  157  ff.  zuweilen 
einzelne  Verse  übergeschrieben  ^,  und  so  steht  fol.  137  b  der 
Vers  ^  Non  sumus  ut  fuimns,  periit  pars  maxima  nostri*.  Es  ist 
Maxim.  I,  5  in  einer  sowohl  von  der  gewöhnlichen  Ueberliefe- 
rung,  wie  auch  von  jener  des  Parisin.  *JS32  sehr  abweichenden 
Fassung,  die  fast  schon  an  einen  versus  memorialis  erinnert. 
Gottlieb  glaubte,  dass  der  Bernensis  303  das  Autograph  des 
Sedulius  Scottus  sei.  Da  jedoch  die  fol.  194.  196  L  erhaltenen 
Gedichte  gar  nicht  von  Sedulius  Scottus  stammen  (s.  Traube, 
Poet.  lat.  aevi  Carol.  III,  153  f\  son.lem  nur  in  ganz  äusser- 
licher  Beziehung  zu  ihm  stehen,  so  dürfte  sich  hieraus  kein 
sicheres  Indicium  ersreben.     Jedenfalls    aber    ist  das  Vorkommen 


^  Daselbet  findt't  sich   fol.  147  b   die   höchst    interessante  Eintrm• 
guBg  Silius  Italiens  XV.  *lib.  de  belüs  panids\ 


Misccllen. 


643 


k 


lies  Verses  ein  Zeugtiiee  für  Jie  vorkarüliiigische  Eötsteliiing  von 
Maximiati«  Uedicbten. 

Dresden.  M.  Manitiue, 


I 


Fortaüa  populi  Ettmani. 
Justin  driiclit,  jedenfalls  im  AnecblusH  an  Pompeiop  Trogus, 
die  Ueber Windung  der  makedonischen  Weltroacht  durch  lioin  in 
dem  kurzen  Satze  aus  (30,  4,  16):  Macedonas  lionmna  fortnna 
vicit;  noch  einmal  begegnet  uns  bei  tlemsclben  Schriftsteller  der 
Ausdruck  fortnna  Komana:  iam  fortuna  Romana  porrigere  se  ad 
orienialia  regna,  nun  tiontenta  Italiae  terminis,  coeperat  (39,5,3), 
Schanz  bat  in  seiner  Römischen  Litteraturgeschichte  (I!  191)  diese 
hLviden  Biellen  des  Justin  mit  verwandt,  um  für  die  Vorlage  des 
Trogus  eine  den  Römern  unfreundliche  Gesinnung  ,  Bitterkeit 
in  der  Beurtheilung  ihrer  Erfolge  zu  erweisen.  Ich  kann  die 
anderen  Belege  für  die  Römerfeindlicbkeit  jenes  unbekannten  Hi- 
etorikers,  die  Sehanz  beibringt,  liier  nicht  untersuchen;  die  oben 
zur  Sprache  gebrachten  Stellen  scheinen  mir  eine  schwaelie  Stütze 
für  die  von  Schanz  vertretene  Anschauung  zu  sein,  und  dae  aus 
folgendem  Grunde:  ich  lialte  die  Lesung  der  beiden  Stellen,  wie 
öie  Schanzens  Aueführungen  zu  Grunde  liegt,  für  irrig,  halte 
vielmehr  für  noth wendig,  an  beiden  Stellen  Fortuna  statt  fortuna, 
hier  wie  in  eo  zahlreichen  nicht  genug  beachteten  Fällen,  statt 
des  abstracten  Begriffes  die  Person ificiitiou  einzusetzen:  aus  zahl- 
reichen Cultinschriften  und  Schriftstellernotizeu  wiBScn  wir,  dass 
Fortuna  Romana  oder,  wie  R.  Peter  in  einem  ausführlichen  Ar- 
tikel bei  RoBcher  (Mytholog.  Lex,  Ϊ  15151)  den  Namen  vervoll- 
ständigt, Fortuna  Publica  Populi  Romani  Uuiritium  Primigenia 
eine  allen  römischen  Leflern  gelüufige  römische  Staategottin  war, 
der  erst  in  der  Kniserzoit  die  Fortnna  Auguata,  die  Selmtzgottin 
der  kaiecrliclien  Person,  Concurrenz  gemacht  hat;  wenn  Fortuna 
neben  den  capitoÜniachen  Gottlieiten  dargestellt  worden  ist  (β, 
a»a.  0.  Sp,  1518)  und  das  auf  einem  Relief  ziemlich  später  Ent- 
ßtehungfizeit,  so  kann  das  den  Rang  dieser  Göttin  im  System  der 
römischen  Staatsreligion  am  besten  zum  Bewusstsein  bringen. 
Und  nun  liegt  ja  auf  der  Hand»  um  die  Gegensätze  einmal  derb 
zu  bezeichnen:  wer  an  der  in  Frage  stehenden  Justinußstelle  for- 
tuna liest,  für  den  bezeichnet  der  Scliriftsteller  freilich  mit  einer 
gewissen  Bitterkeit  die  Römer  ah  Glückspilze  und  er  kann  den 
läclianz'schen  Ausführungen  nur  unbedingt  beipflichten;  erscheint 
aber  Fortuna  an  dieser  Stelle,  so  sind  dem  Justinus  die  Römer 
das  provideutiell  begünstigte  V^olk,  dessen  von  höheren  Machten 
bestimmte  Bondersteilung  im  spüteren  Altertlium  stets  ein  Dogma 
der  römischen  Staatsraison  gewesen  ist,  wie  die  Historiker  sie 
sich  zurechtlegten.  Wie  weit  fortuna  Romana  im  Sinne  unserer 
Wendung  das  römische  Glück  überhau^it  mit  dem  lateinischen 
Sprachgebrauch  in  Einklang  zu  bringen  ist,  scheint  mir  oben* 
drein  mindestene   fraglich.     Darum   denke    ich,    wir    haben    hier 


644  Miscellen. 

dieselbe  Fortuna  zu  erkennen,  bei  der  der  Verfaeeer  der  Epietala 
ad  Octavianum  §  2  den  Cicero  schwören  läset  —  per  Fortunam 
popali  Komani  quae  quamquam  nobis  infesta  est,  fuit  aliquando 
propitia  et  ut  spero  futara  est  —  wehmüthig  genug  in  diesem 
theilweise  sehr  Iv  ήθει  iingirten  Manifest  des  absterbenden  Frei- 
staates dieser  Hinweis  auf  dieselbe  Fortuna^  die  auch  Justinus 
für  die  Urheberin  römischer  Grösse  hielt  *. 

Frankfurt  a.  M.  J.  Ziehen. 


^  Als  geschichtliche  Mittelfigur  zwischen  die  Fortuna  popali  Ro- 
mani  und  die  ebenfalls  fchon  erwähnte  Fortuna  Augusti  schiebt  sich 
ungezwungen  und  ganz  sicher  aus  diesem  Zusammenhange  erklärlich 
die  Fortuna  Caesaris  ein,  die  von  R.  Peter  leider  nicht  herangezogen 
worden  ist.  Wie  Cäsar  selbst  seine  Fortuna  aufgefasst  wissen  will, 
können  uns  —  abgesehen  von  seinen  Münzen  —  seine  Schriften  lehren. 


Beriehtignig. 

In  dem  mir  eben  zugekommenen  Heft  XX  der  athcn.  Mitthei- 
lungcn  fmde  ich  eine  andere  Paginirung  als  in  dem  Separatabdrucke, 
der  mir  bei  Abfassung  meiuos  obigen  Aufsatzes  'Thukydides  über  das 
alte  Athen  vor  Theseus*  vorlag.  Was  ich  oben  S.  5<36  als  S.  45—52 
bezeichnete,  ist  hier  S.  189—1%,  uud  die  von  mir  S.  571  genannte 
S.  50  ist  hier  S.  194.  J.  M.  Stahl. 


Verantwortlicher  Redacteur:  Hermann  Rau  in  Bonn. 
(15.  Ootobcr  1895) 


Register• 


Acoius  Ερίη aus t mache  280  Mjrmi- 
tloiiön  277 

adsi^'Tiarri  540 

Ai3t5chylu!i  Ag.  (1190)  14  Eumcn, 
(ίϊΗΙ— 710)  348  Pmm.  mi  f,)  ItJ 
A.  1  St^t.  (975-77)  14  Myrrni• 
donen  5^79 

AesQpas  ffab.  140  H.)  75  Λ.2  Lrs- 
mufT  zu  A.  (ι•ί  apogr.  HeiRkinTiiini 
'ΐίϊ  apn/rr*  Coberianuni  7<i  Bene- 
dict Wilhelm  zu  Λ.  H2 

Apatlmrchiile»  bcn  Diodor  205 

dXdöTUup  19  A.  9.  21  A.  1 

Alcaeus,  Zeit  2G4  littorarlaclie  Stel- 
lung 2iJ5 

Alexander  der  Gross«,  Testament 
:^57 

Α  U'xanflerromau,  üebprlieferuBg 
357  Λ.  1.2,  350  A.  1.  2,  mi 

anoiiynuis  de  mulieribus  224 

anthf>li);iia  Pal.   FUimuh    (XVI    n. 

145.  i4<))  i<;:i 

Antonius  und  Cleopatra  314 
Apollodor,  epitorae  (-1,  2ί)  (j40 
Apollodur  V.  Athen,  Krag^ment  2.37 
ApoUoniu«  Rhod.  (%  220)  12  Λ.  1 
άηό   τών    πολεμίων    auf   Weihin- 

schriften  2(iH 
Ap^ines  (p.  2S9,  11  Π,)  477 
aquiliciura  484 
*Αραί:  'Ερινύες  Ιίϊ  Α.  3 
Arcopag  34Η 
Ariadne,  vaticanisclie  31 
Aristidea   (or.  II  eubgcriptio)   309 

{or.  XX  ΠΙ  p.  451.  400)  30H  Reise 

in  die  Milyan  308 
Aristoteles,  Lo^j^ik  411,  43i>  pseud- 

aristot,  Gewitlertkeorie  583  Άθην. 

πολ.  (c.  18,  1.  2)  382    Ueberlie- 

ferunR-  iiSiJ 
Arrhid^us:  Arrhabaioa  302  A.2 
Arrian    bei    Photiui)   214    poriplns 

(VI  5)  478 


Artemieculfc  Bithynieus  145  Gala- 
tiens  147  der  Kelten  147 

Ascartus:  Prudentius  154 

Athen  ¥or  Thesen s  56(1 

'Αθηναίος  hei  Diodor  237 

Attribution  515 

Aurt^lius,  M.,  Brief  über  da«  Regen- 
wunder  454 

Aiixilien,  Aus  hobung  545 

Avian:  Avien  318 

Avien,  Schriftetellerei  321  ora  ma* 
ritima  322  Verbal  tnisa  zu  Sallust 

324  Form  d,   grieeh,   Originals 

325  Zeit  der  Vorlage  32(> 

Baumcult  Bilbyniona  145 
Blutrecht:  Salon  9  A.4 
brutua  488  A,  1 

Cfteoilius  Matal  i  β  129 

Ciieaar,  Anticato  482 

Campunella  445 

Capitolinua  vita  Marci  (24)  465 

Carmen  de  laude  Pisonie  (72  t)  152, 
(250  f,)  152 

castellum  513.  549 

Catull  (*Ϊ4,  253  f)  51  A,  1 

Cedreniis:  Eusebiu«  45G  A.  1 

Ceres  Liber  Ldtera  00 

ChriatophorusIIermogoneacommen• 
tar  241 

Cieero,  Fragment  d*  Homer  Über- 
setzung 153  Turiner  Pulimpseat 
155 

civis  547  A.  1 

civitaa  49ίϊ.  524  f,  bei  Plinius  553 
A,  2  civitfttes  barbariae  494 

Colonat  541 

cnntributi  523 

conventus  vicani  554  c,  oivium  Rom, 
524  A.  3 

Coriiica,  Gaugemeinden  49-1 

Cyprian,  Verse  des  3 IG 


G4(i 


Register. 


Damasus,  Epigramme  191 
Dometercult,  Alexandrinischer  14(5 
bid  und  κα(  in  Handschriften  477 
Dio  (71.  8-10)  4Γ)4.  4«;6 
DiodoriII2)  212,  (ΧΥΠΙΙ,Γ))  137 
Dionvs  V.  Hai.  de  Dem.  (p.  %0  sq.) 

47Ϊ,  (p.  10%)  47(>  de  Lys.  (p.  4.Si) 

47Γ>,  (ρ. 485)  V3H  de  Thucyd.  (S4r>, 

14)  i;ks 
Dio  Chrvs.  (VH  117)  138,  (XI  p.  1Γ>1, 

8  Arn.)  i;58 
Dirao  ;V)8 

clbutXov  bei  Homer  ♦J-J.'S  A.  1 
EnniuSf  Fragment  des  1Γ>2 
Erinyon  »»  Sprachgebrauch  10  Cult- 

porsonen  11    Zahl  17    Wohnsitz 

18  Cult  IH) 
'Ηροφίλη,  Etymologie  111 
Eusebius  bist.  eccL  (V  Γ^)  4Γ>4  Ε.: 

Tertullian  457  Α.  1 


000.  631  Stellung  des  Η.  in  der 
griech.  Religionsgeschichte  22 
11.  (Π  150  f.)  4  Odyss.  (o  234— 
243)  2  A.  2,  (K  532)  614  A.  1, 
(λ  23  f.:  84  f.:  630)  614  A.  1, 
(λ  57  f.)  616  A.  1,  (λ  62-65)  616 
Α.  1,  (X97f. :  μ  37 f.)  601,  (λ  104f.) 
620  Α.  2,  (λ  339)  623  Α.  1,  (λ :ί90) 
608  Α.  2.  ΐλ  602  f.)  625.  (λ  «>il) 
62S  Α.  1,  (μ  2»)6— 275)  602  Α.  1, 
(υ  61—82)  2  Α.  2 

lamblich,  Prolr.  (ρ.  114,  29  Pist.«  15 

Α.  2 
leru.^taloms  Eroberung  311 
Ikariongebirge  640 
Inschriften,  griech.  266.  268.  272. 

27.*»  lat.  2S4).  493—557  passim 
lupiter  lurarius  95  A.  2 
lustin  (30.  4, 16)  Γ,43,  (39, 5, 3)  iH3 
luventas:  Hebe  102 


famiiia  .V\*> 

Ficht*»  441 

Floralien,  I-ascivit;it  der  102 

Fortuna  populi  Romani  t»43 

Frvinlo  1A\  131 

Galatien.  Gaugomeinden  491 
Galen,  Excorpte  au?  577 
Gallier..  Gaugemeinden  524 
Gauct^mcicdea  d.  Komischen  Reichs 

4vN^ 

gier.s  5Γν>  bei  r]i;::as  4l*S.  5i\\  507. 
;\V^  A.  2  auf  IIl«^hΓinon  507.  516 


U5  45*;  A.  1 
Gnechiiche  VorrciT  »>>0 

ΠΑτρνΰη.   ΧΑί'ΛΓ  1    Ειττην>ΐΛ^;ο  1 
Α.  ^2  au:*  Va<.oTi  :^ 

HtciYiMrfciüS  S^"«hn  dl*  risistraVM? 

Ηγγαγ.ϊλ«  »y.iion-if  c'•  .'iST  A.2 
Hfrmei  ai?  Kr-c^-o^:;  472 
HcrcKiai:  Kul -.:'«?  HO 

ΗίΓνντϊν^,-.'.ϊ  2> 

Η«^:Λί,  T}io.>c- (:::.  ^λl^  ^  α.  2 

Η.Γί.ώί.    Ατ.ϊ.γα:λ    4>ί2    >γγα.•>.Γϊ•- 
).Γ.ν.;Λ  4ν.> 

Nek>>a  <hV   Aitor  ii(Tf*c\Wr,  ίΤ. 


Keilinschriften,  Σύρια  γράμματα  240 
Keren  5  Κ.:  Erinyen  17  Ä.  2 
Klitarch  bei  Diodor  223 
Ktesias  Assyriaka  205  K.  bei  dem 

anonymus  de  muUeribus  224  K. 

bei  Diodor  205  K.  bei  Xicolaus 

Damascenas  229 

Laetns  141 

L«bo'.:ax  protr.   {p.  172  St,)   139, 

ip.  170,  3i«  R.)  139  A.2,  (p.  173. 

1.  15  R.»  i;i9  A.2 
Loxicon  Messasenae  14β 
L:l»er  Libera  99 
L^^neinu?  ip.  576  W.»  476 
LucAn  Phars.  «X.  2v>».  214^  473  A.  1 
Lysias.  coicx  Palavinus  3CV4 

iTiAirisirAius  542 

MaiT-a  ri&ier.  C-'.i  9;> 

Mikv'l•.:*  SiiiU-iw  Gedieh:  aufRe- 

M;.r.-^v:< -^ZIi'".ί^  Ri •*:?-■■■  ander  453 

M&x:r.:i:5  Τλτ::::*    1  ρ.  3  R,    478 
Tr.t\r>Ji  aT3e.-vä::A  Gr&eca  576 
Mr:-aTii^f*  τ:ι:  ErLesi»  141 
Mf-v;5:  y.-;ria  1-s 

yi-.r.-jr.«f  F.,  iViiTii:*  .14*  1.   121 
Xr-i.kii-.kv  t'tT.      d.     1  rKaniinisoiieD 

ν*:•.τ.Γί-7  ο    ν    Aurf-l  472 
MxVfT.i. :f»,-b(  ιν-ίΰΓ  24  Α..  2 


Begieier. 


647 


natio  547.  553  bei  riiniuB  50H.  518 
nomen  528 

NoDiua  (p,  44  Merc)  99  Ä.2 
Konnus^  Homernachahmung  4  A,l 

Odysaeus,  Wesen  des  ü32 
Olkias:  Holkias  *My 
Onomakritos:  Homer  (\21 
i>ppidum  549  bei  Pliuius  498.  499 
Ürakelj  clialdäiacbe  63G 
Orphiaclie  Verse  3 

Pacuvias  Dulorestee  284 

pagus  509.  515,  bliyt  p,:  τιτραρ* 

χία  491 
Paionios»  Zeit  der  Nike  270 
Tj^d  Lacher  Schrecken  iJlO 
patria  potestas  7  A.  7 
Pausaniaa  (V  m,  1)  2C8 
π€ρί,  ol  π€ρΙ  τόν  δείνα  388  Ä.  1 
Püriander,  Zeit  2V,l 
Pferd   auf  Totenmahlreliefs  4  A.2 
PhiloatratuB  imag,  (I  5)  473  A.  1, 

(11  2)  478 
φλεβοτόμος:  φλεβοτομία  588 
Photiua,  Excerpiermethode  214 
Pisistnitua,    Ei^daction    d.   Homer 

627.  629  A.  1 
Pittacue,  Zeit  2G4  P,  und  Phrynon 

258 
Plato,  Sophistes  :]i>4  Leg,  (9,  8β5 

D.  E)  15   Hipp,  maior  (248  DJ 

139  A,  3 
Piatonismus,  moderner  439 
Plautus  MiL  (554)  481 
Plinius:    Ptolemaeus  505   P.  Nat. 

ilist.  (ΠΙ  13)  49»;,  ίΠΙ  2<>)  497, 
,  (in  i;iO)  514,  (III  i:y)  515,  (III 

^         13S)  519,  (IV  102)  Μ7;  flV  111) 

■  4!I7  A.3,  (V  17)  553,  (V  Ϊ4ί1)  491 
^     PliiUrch,     Moraliii    (317    B)    47S, 

(^llKl  Ι))47ίι,  (578  C)  47«,  (777  B) 
^         140.   (814  C)   139,    (HIH  B)   138 

■  Λ.  1,  (819  A)  138  A.  1,  (054  E) 
Ρ         477 

populus  553  hei  Pliniua  499.  507 

Porcius  Lieinua  über  TereriÄ  314 

praefectus  543.  54(5,  549  p.  gentium 
in  Africa  513 

praetor  525 

princepa  51ίϊ.  542 

Properz  (1,  3)  31 

Ίτροοτρότταιος  12 

ψυχή:  πν€ύμα,5 
Ι  Ptolemaeua  über  Spanien  δΟδ 

Η     Publiliua  %rus  481 


regio  bei  Plinitie  497 

Reinhold  441 

llhodua,  Alexander  d«  Grosse  357 

Sardinien,  Gangemeinden  493 

Sardi  venales  484 

Schelling  442 

SeelengliiTibe  23 

Seneca  Rhetor,  Vorname  320  codex 

Riecardianus  367 
Sererma  SaTnmnn,,   Thätigkeit   ala 

Arzt  ü41  Titel  acinea  Buches  041 

A.2 
Σίβυλλα,  Etymologie  110 
Sibyllen -Bücher,    Verzeicbnie»    lo- 

caler   Culte   100    Aufnahme    in 

Rom  108  Sprache  119 
Sieilieii,   Administrationsform  492 
Sigeion,  Krieg  um  255 
Sophisten,  Stellung  zur  Logik  395 
Spanien,  römische  Provinz  495  op- 

pida  stipendiaria  508 
Spiele,  olympische  145 
Steincultua  a.  d.  Latmosgebirgc  147 
Strabo  {C  263)  476,    (C  48:1)  47(i, 

(C  716)  476  ^ 
strategia  534.  545 
stuiti,  feriae  stultortnn  488 

territoritim  538.  553  A,  1 
Tertullian  ad  Scap.  (4)  454  ApoL 

(DJ  454 
Themiatius  orat.  (XV  p.  191  Ilard,) 

474 
Tbeogoie   (1104  f.)  250   Zeit  und 

Heimath  251 
Theophanea    Nonnua    (II  90  Ber.) 

588,  (II  286-289)  584 
TheasaloB,  Sohn  d.  Piaistratue  382 
Thukydidea  ill  15,  2)  5(>6,  (VI  54— 

59 j  382  Polemik  gegen  den  Aber- 

glauben  310 
Titus,  titus,  titio,  tituloa  159 
Topographie  und  Mythologie  373 
Tritopatoren  4,  5 
Tsietzea  Chiliaden   {IX  502  f.)  228 

A,  1 

usus  512 

Valerina  Max.  (1,  1,  13)  108  A.  1 
Venus  Erycina  103 
Vergil,  Dirae  558 
veterea  555  Α,  1 
vicue  524  Α,  3.  530 

Zeller  445 


UulT«rmlUt»3acMraeker•!  tob  Ολιϊ  U«orc<  lo  Boa«. 


Rheinisches  Museum 


für 


ρ  Η  I  L  ο  L  ο  G  I  κ 


Ht-rftitKgegebeu 


Otto  Ribbeck  uixt  Franz  Buecheler. 


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Nene  Folge- 


Funi'zi|f»tea   Baadts   τ  irrte»  Heft« 


4 


^^^W 


ν>ιΙ?•-τ  voll  Wilhelm  Violet  \n  Dre$de^ 

Wie  suidiert  man  Philologie? 

Eiiu*  Hriilf^ßi'lik    für  *ltiniiiT  ilii-f^er  WiRsetiHcbAft 
Wilhelm  FMtmd 

fÜflf<f,    * 

ΙΗβφΙίΑϋΐΑ  dftf  Phiklofri«».    -    lil.    V 

Triennium  philologicum 

ή\τ  Jilai:^  4fr  Phii-hscit» 
zur  WkmömrhtiHu»^  tafid  S^ibstprtifunf 

Williaüii  Fmu^ 

#««^f«#    vermekrtr   an«!    <--^ 

iliieke  Sieht  u  —  eAd  Umppinta^ 

Üc  ktUadCB  OnuMliitae  ' 
«ier  FUlüittcit  wmm  R»  ι 

^  Jede  de^  e  Sem#fttef^AbUi«tdlitf»OM  kmui  I  M.  —  e»^  Α  iL 
lEMfli  «aeb  «iurla  Wxii|;re  wvnlfm. 


XeiUg  «ier  Wri<iiii«oii:4€lirfi  Bnrhlmiidiiuig  m  Beriin. 

F*  1  u.  11 1  i    €J*  ο  111  ο  e  cl  i  ii  e 


Fliilll illisrlie   l'ul>cUiiU^^»*ll 

Zur    ICrtlik  und    GescHi::htQ    der    KoniOil•« 

%       Friedricli  Leo. 
vii  „a,i  ,u^:  >      i-YT^.j^  t:4  iiAfi. 

VtfUc^     -  ^  4.«««K  mim^mm^w  m  »ggJS»  fe(  -J<fc<u  «cf 

1 1    \  li*  vmiiü  η  Λ phrMDsievb^  pi 
td   IvoJiBtt».  {»reis  Μ 


Inhalt  des  vierten  Heites. 


I 


Die  percgriiitin  üaugeineiuderi  iltvs  riliuisclien  Keieh«.  Vim 
A.   S  c  ü  η  1 1  if  η 

Autlkritbebe  Strdfzttge.  U.    Von  o,  Ribheck 

Tliukydjdee  nhor  dae  alte  Atb^^ti  vor  Tlieeeus.  Von  J,  W. 
i?t!»lil     .         .    .         ,    . 

AiMU'dota  mcdicii  Graeca,    Von  K,  FucIj 

Xckviu.    Xm\  E,  Höh  du 


»Mi• 


I 


Μ  i  β  c  c  1 1  e  11. 

Die  chttldaisclien  OrÄkel.     Von  W.  Kroll 
Das  Ik^riongebirge.    Von  R.  F  Ü  r  s  t  e  r 
Zu  Q.  SiTenui^  (8ammoniuu8),    Von  >!,  Ma• 
Zu  Maximi»nuii.     Vun  Demi$<;ibt*n     .    . 
Fortuna  [lopuli  Komaul    Von  J.  Z'itheti 


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.Α  5  *' 


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