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Full text of "Rheinisches Museum für Philologie"

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Rheinisches  Museum 


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Otto  Ribbeck  und  Franz  Buecheler. 


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Nene  Fol^fe. 


Noiin  lind  viorziiister  Hand. 


Mit  einer  Karte  und  einer  Ta)n*lle. 


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Frankfurt  am  Hain 

J.  I>.  Sauerlfmder's  Vorlapr. 
1804. 


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Yerzeielmiss  der  Mitarbeiter 

von  Band  XXV — XL  Villi  und  ihrer  Beiträge  yon  Band  XXXV  an. 


Abrens,  H.  L.,  in  Hannover  f  (35, 

578.  631) 
Amsel,  G.,  in  Sohweidnitz  (43»  309) 
Andresen,  G.,  in  Berlin 
Anton,  H.,  in  Jena 
Apelt,  0.,  in  Weimar  (35, 164.  39, 

27.  43, 203.  49, 59) 
Arnim,  H.  von,  in  Rostock  (42, 276. 

43,  360)  t 

Asbach,  J.,  in  Prüm  (35, 174.  36, 

38.   37,295) 
Aubert,    L.  C.  M.,  in   Gbristiania 

(36, 178) 
Aufrecht,  Th.,  in  Bonn   (35,  320. 

37, 484.  40, 160.  43,  318) 

Badham,  G.,  in  Sydney  -^ 
Baehrens,  E.,  in  Groningen  f 
Baeumker  G.,  in  Breslau 
Bartbold,  Tb.,  in  Hamburg 
Bariholomae,    Ohr.,    in   Münster 

(45, 151) 
Barwinski,  B.,  in  Deutsch -Krone 

(43, 310) 
Bauer,  Α.,  in  Graz  (39, 624) 
Bannack,  J.,  in  Leipzig  (37,  472. 

38,  293) 

Becher,  F.,  in  Halle  (37,  576.  42, 
144.  43, 639.  45,  318.  47,  639) 

Becker,  G.,  in  Bonn  t  (37, 642) 

Beloch,  J.,  in  Rom  (39,34.239. 
43, 104.  45,  465.  555.  49, 111) 

Benndorf,  0.,  in  Wien 

Bergk,  Th.,  in  Bonn  f  (35,244. 
36,87.  37,50.298.365.  38,526. 

39,  607) 

Bemays,  J.,  in  Bonn  f 

Bethe,  £..  in  Rostock  (46,  511.  47, 

577.  4S.  91.  355.  484) 
Biese,  Α.,  in  Kiel  (36, 322.  38, 634) 
Binsfeld,  J.  P.,  in  Goblenz  f 
Birt,  Th.,  in  Marburg  (38,  197.  40, 

521.  45,  491.  46, 152) 
Blase,  F.,  in  Halle  (35,  74.  287.  36, 

604.  37,151.  38,612.  40,1.  41, 

313.  43,  268.  44, 1.  406.  47,  269) 
Blass,  H.,  in  Berlin  t 
Blumner,  H.,  in  Zürich 
Boehme,  J.,  in  Hamburg  (42,  286) 
Bonnet,  M.,  in  Montpemer 
Boor,  G.  de,   in  Breslau  (45,  477. 

47,  321) 


Bornemann,  L.,  in  Hamburg 
Brambaoh,  W.,  in  Karlsruhe 
Brandt,  S.,  in  Heidelberg  (36, 630. 

38, 603.  47,  390) 
Braun,  W..  in  Wesel 
Breitenbaon,  L.,  in  Naumburg  f 
Bröcker,  L.O.,  in  Hamburg  (40, 415) 
Brugmann,  K.,  in  Leipzig  (43,  399. 

480) 
Brufifmann,  0.,  in  Leipzig 
Bruhn,  £.,  in  Kiel  (45,  273.  48, 628. 

49,  168) 
Bruns,   J.,   in   Kiel   (43,  86.  161. 

44,  374.  613.  45,  138.  223) 
Buohholti,  H.,  in  Berlin 
Bnecheler,  F.,  in  Bonn  (35, 35. 69. 

93. 279. 390. 495. 627.631. 36,235. 

329.  463.  478.  620.  37,  53.  226. 

294.  321.  516.  643.  38,  132.  474. 

476.  479.  507.  637.  640.  39,  151. 

168.  274.  315.  408.  558.  620.  40, 

148.  304.  309.  475.  627.   Suppl. 

41,  1.  118.  160.  310.  311.  454. 

634.  42, 151.  198.  817.  472.  582. 

43,  128.  151.  291.  479.  557.  44, 

317.  321.  633.    45, 159.  161. 321. 

46, 159. 233. 632. 48, 84. 320.  631. 

49, 175) 
Buermann,  H.,  in  Berlin  (40.  387)       Γ 
Bugge,  S.,  in  Ghristiania  (40,473)       } 
Bunte,  B.,  in  Leer  (43, 317) 
Buresch,    K.,    in  Athen  (44,  489. 

46,  193.  47,  329.  49,  424) 
Bursian,  G.,  in  München  f 
Busolt,  G.,  in  Kiel  (37,  312.  631i 

38,  150.  307.  309.  627.  629.  8l, 

478.  40,  156.  466)  ^ 

Busse,  Α.,  in  Berlin  (49,  72) 
Bywater,  I.,  in  Oxford  (31^.633. 

39, 157.  42,  62) 

Gauer,  F.,  in  Berlin  (41, 387.^46,244) 
Gauer,  P.,  in  Kiel  (36, 131. 88,  470. 

44, 347.  47,  74) 
Gholodniak,  J.,  in  St.  Petersburg 

(42,  486) 
Christ,  W.,  in  München  (86,  26) 
Gichorius,  G.,  in  Leipzig  (44,  440) 
Glassen,  J.,  in  Hamburg  f 
Glemm,  W.,  in  Giessen  f 
Gohn,  L.,  in  Breslau  (43,  405) 
Conway,  R.  J.,  in  Gardiff  (49,480) 


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IV 


VerzeiohnisB 


S 


CorsseD,   P.»    in   Berlin    (36,  506< 

41,  242) 
Crecelius,  W.,  in  £lberfeld  f 
Crusius,  0.,  in  Tübingen  (37»  308. 

38, 307.  39, 164.  581.  627. 40, 316. 

464.    42,  386.    43,  197.  305.  461. 

478.623.    44,309.448.   45,265. 

46,  318.    47,  61.   48,  152,  299. 

49,  299) 
Cuno,  J.  G.,  in  Graudenz  f 
Cortiue,  C,  in  Lübeck 

Darbishire,   H.  D.,   in   Cambridge 

(44,  319) 
Daub,  Α.,  in  Freiburg  i.  B.  f  (35,56) 
Dechent,   H.,   in  Frankfurt   a.  M. 

(35,  39) 
Deecke,  W.,  in  Mülhausen  i.  £.  (36, 

576.  37,  373.   39,  141.  638.   40, 

133.  638.  41,  191.  460.  42,  226) 
Deiter,  H.,  in  Aurich  (37,  314) 
Diels,  H.,  in  Berlin  (36,  343.  42, 1. 

46,  617.  49,  478) 
Dietench,  Α.,  in  Marburg  (46,  25. 

48,  141.  275) 
Dietze,  J.,  in  Hamburg  (49,  21) 
Dilthey,  K.,  in  Göttingen 
Dittenberger,  W.,  in  Halle  (36, 145. 

463.  47,  324) 
Domaszewski,  A.  v.,  in  Heidelberg 

(45, 1. 203.  46, 599.  47, 159.  207. 

48,  240.  342.  49,  612) 
Droysen,  H.,  in  Berlin 
Duemmler,  F.,  in  Basel  (42,  139. 
>  179.  43,  355.  45,  178) 

'  Duentzer,  H.,  in  Köln 

ADuhn,  F.  V.,  in  Heidelberg  (36, 127. 
632) 
J)uncker,  Α.,  in  Kassel  t  (36, 152) 
n)ziatzko,  K.,  in  Göitingen  (35, 305. 
•   37, 261.  39,  339.  44, 634.  45, 639. 
■^.  46, 47.  349.  47,  634.  49,  559) 

£;genolff,  P.,  in  Heidelberg  (35, 98. 

564.  36,490) 
£1118.  R.,  in  Oxford  (43, 258) 
filter,  Α.,  in  Bonn  (41,517.  46,112. 

47, 130.  629) 
£ngelmttDD,  R.,  in  Berlin 
£nger,  R•,  in  Posen  f 
£ntliovefl,  L.,  in  Strassburg  i.  £. 

(46,  480.   48,  472) 
£skache,  G^  in  Kassel  (45, 236. 385) 
Eussner,  Α.,  in  Würzburg  f 
£y88enhardt,  F.,  in  Hamburg 

Fabridus,   £.,   in  Freiburg  i.  Br. 
(46,  337.  589.  48,  448) 


Faltin,  G.,  in  Neu-Ruppin+ (39, 260) 

Fielitz,  W.,  in  Pless 

Flach,  H.,   in  Hamburg   (35,  191. 

36,316.624.  38,464) 
Foerstcr,  R.,  in  Breslau  (35,  471.  37, 

480.  483.  485.    38,  421.  467.  6313. 

40,  453.  631.  637.  43,  505.  49, 
167.  168.  481) 

Foerster,  Wend.,  in  Bonn 
Foerster, Wilh.,  in  Duisburg  (36, 158) 
Fracnkel, Α.,  in  Schaff hauseD(39, 159) 
Fränkel,  M.,  in  Berlin  (47,  473) 
Frederking,  Α.,  in  Mainz  (46,  144) 
Freudenberg,  J^  in  Bonn  f 
Frcudentbal,  J.,ln  Breslau  (35, 408. 

639.  43,486) 
Frey,  J.,  in  Münster 
Frick,  C,  in  Höxter  (43, 123.  44, 369. 

46, 106) 
Friederich,  B.,  in  Hannover  (38,471) 
Friedländcr,  L.,  in  Strassburg  (42, 

θΙΟ) 
Froehner,  W.,  in  Paris  (47,  291) 
Froitzheim,  J.,  in  Strassburg 
Fuchs,  R.,  in  Dresden  (49,  532) 
Fuhr,  K.,  in  Berlin  (37,  299.  468. 

41,  307) 
Funck,  Α.,  in  Kiel 

Gacdecbens,  R.,  in  Jena 
Galland,  G.,  in  Strassburg  (37,  26. 

41,  292) 
Gardthausen,  V.,  in  Leipzig  Γ39, 317. 

40,  599.  45.  612.  46,  619) 
Geizer.  H.,  in  Jena  (35,514.  44,  267. 

48, 161) 
Gercke,  Α.,  in  Göttingen  (41,  266. 

470.  42,  262.  590.  44,  127.  240. 

47,319.  48,41) 
Gilbert,  W.,  in  Dresden  (39,511. 

40,  210) 
Gildemeister,  J.,  in  Bonn  f 
Gloeckner,  F.,  in  Strassburg  (35, 484) 
Gloel,  H.,  in  Wesel  (37,  136) 
Goetz,  G.,  in  Jena  (35,  481.  37.  141. 

40,324.  41,318.629) 
Gomperz,  Th.,  in  Wien  (44,  478) 
Graf,  E.,  in  Gumbinnen   (43,  512. 

44,  469.  46,  71) 
Grosser,  R.,  in  W^ttstook 
Gundermann,  G.,  in  Gieesen  (41, 632. 

44,  637.  45,  361.  46,  489) 
Gustafsson,  F.,  in  Helsingfors 
Gutschmid,  A.  von,  in  Tübingen  f 

(37,548.  44,267) 

Haeberlin,  C.,  in  Halle  (45, 21. 311) 
Hagen,  H.,  in  Bern  (35,  569) 


der  Mitarbeiter. 


Hilm,  K.y  in  München  f 

Hanssen,  F.,  in  Santiago  (37>  2Γ)2. 

38,222) 
Härder,  Chr.,    in  Neumüuster  (48, 

433) 
Hirtfelder,  K.,  in  Heidelberg f  (36, 

227) 
Haupt,  H.,  in  Gi essen 
Heerdegen,  F.,  in£rlangen  (38, 120. 

245) 
Heidenbain,  F.,  in  Strasburg  i.  W. 
Heidimann,G.,in  Pfafrendorf(43, 153) 
Heinze,  R.,  in  Strassburg  (45,  497) 
Heibig,  W.,  in  Rom 
Hense,  0.,  in  Freibtirgi.  Br.  (39,  359. 

521.41,27.  45,541.  47,219.  49, 

174) 
Benzen,  W.,  in  Rom  t 
Hertling,  G.v.,  in  München  (39, 446) 
Hertz,  M.,  in  Breslau  (43,  312) 
HerwerUen,    H.    van,    in    Utrecht 

(35,456.  529.    37,241.    40,444. 

48,73.  44.510) 
Hettner,  F.,  in  Trier  (36,  435) 
Heydemann,  H.,  in  Halle  f  (36,  465. 

«17.  88,311) 
Heydenreich,  E.,  in  Schneeberg 
Heylbut,  G.,  in  Hamburg  (39, 157. 

310.  41,  304.  42,  102) 
fliller,  K.,  in  Halle  t( 36, 312. 37,567. 

89, 321.  40,  204.  41,  398.  42,  321) 
Hirschfeld,  G.,  in  Königsberg  (42, 

209.  44,  461) 
Hiriel,  R.,  in  Jena  (39, 169.  41, 153. 

42,  239.  43,  314.  631.   45,  419. 

47, 359) 
Hoefner,  M.  J.,  in  Mainz 
Hoerschelmann,  W.,  in  Dorpat  (35, 

373.  36, 260.  464) 
Hoffmann,    E.,    in  Wien  (39,471. 

40,150.  41,151.  42,479.  43,156) 
Holm,  Α.,  in  Neapel 
Holzapfel,  L.,  in  Leipzig  (37,  448. 

88,e:n) 

HoMM,  C,  in  Münster  (43,  494.  46, 
287.  577.  47,  462.  48,  380) 

Huelsen,  Chr.,  in  Rom  (45,  284. 
49,  379.  629) 

Hag,  Α.,  in  Zürich  f  (40,  397) 

Huachke,  E.,  in  Breslau  f 

Ihm,M.,  in  Halle  (42,487.  44,522. 

45, 622. 639. 46, 323. 37 1 .  494. 62 1 . 

47.  312.  48,  635.  479.  49,  247. 

316.  479) 
Ihne^  W.,  in  Heidelberg 
Hberg,  J.,  inLeipzig  (42, 436. 44, 207. 

45,  in.  47,  489) 


Immisoh,  0.,  in  Leipzig  (44, 299. 553. 

46,  488.  613.  48,  2iK).  512) 
Isler,  M.,  in  Hamburg  f 
Jacoby,  K.,  in  Hamburg 
Jahnke,  R.,  in  Cobleiiz  (47,  460) 
Jan,  C.  V.,  in  Strassburg  (46,  557) 
Jeep,  L.,  in  Königsberg  (36,  351. 

37,  425.  43,  60.  44,  25) 
John,  C,  in  Stuttgart 
Judeicb,  W.,  in  Marburg  (47,  5ί3) 
Jangblut,  H.,  in  Frankfurt  a.  M. 

(38,394) 
Jungmann,  £.,  in  Leipzig 


Kaibel,  G.,  in  Strassburg  (44, 316) 
Kalkmann,  Α.,  in  Berlin  (37,397. 

39,561.  42,489) 
Karo,  G.,  in  Bonn  (48,  311) 
Kekule,  R.,  in  Berlin  (39, 481.  40, 

308.  43,481) 
Keller,  L.,  in  Münster 
Keller,  0.,  in  Prag 
Kiderlin,  M.,  in  München  (46,  9) 
Kiessling,  Α.,  in  Strassburg f 
Kicssling,  G.,  in  Berlin  f 
Kirchner,  1.  E.,  in  Berlin  (39,  309. 

40,377.  43, 145.  44, 154.  46,488. 

47,  550) 

Klatt,  M.,  in  Berlin  (45,  335) 
Klebs,  E.,  in  Berlin  (42,  164.  43, 

321.  44,273.  45,436.  47,  1.  515) 
Klein,  J..  in  Bonn  (35,  154.  317. 

490.634.  36,634.  37,274.43,159) 
Klussmann,  E.,  in  Rudolstadt  f 
Knaack,   G.,    in   Stettin   (48,  632. 

49,  310.  476.  526)  ^ 

Koch,  H.  Α.,  in  Schulpforte  t  i 

Koch,  J.,  in  Marburg  (44,  575)       -' 
Kock,  Th.,  in  Weimar  (35,  2i;4. 488., 

87,130.292.  39,118.  41,85.315. 

43,  29.  605.  45,  50.  46,  299.  4% 

208,  579.  49,  162.  176) 
Koehler,  U.,  in  Berlin  (39, 293. 46, 1) 
Koepp.  F.,  in  Berlin  (39, 209.  40, 114. 

48,  154.  485) 

Koerte,  Α.,  in  Berlin  (45,  1721) 
Kohlmann,  P.,  in  Emden  t 
Kopp,  Α.,  in  Königsberg  (40,371. 

41,  247.  376.  42,  118) 
Korsch,  Th.,  in  Moskau  (41, 155) 
Krascheninnikofif,  M.,  in  Rom  (48, 

634) 
Krauss,  J.,  in  Köln  f 
Kroll,  W.,  in  Breslau  (47,  457.  599) 
Krueger,  G.,  in  Dessau 
Krumbacher,  K.,  in  München  (39, 

348.  478) 


VI 


Yeneiolmies 


Krumbholz,  P.,  in  Eisenach  (41,321. 

44, 286) 
Kuebler,   B.,   in   Berlin   (45,  485. 

46,  324) 

Kuhnert,  £.,  in  Marburg  (49,  37) 

Lange,  K.,  in  Königsberg  (35>  110) 
Lange,  L.,  in  Leipzig  f 
Lattes,  £.,  in  Mailand  (49,  317) 
Lehre,  K.,  ia  Königsberg  t 
Leo,  F.,  in  Göttingen  (35,  236.  431. 

38,  L  311.  317.  39,470.  40,  161) 
Lewy,  II.,inMülhausen  i.E.  (41,307. 

48,  398.  472) 
Loewe,  G.,  in  Göttingen  t  (38, 315. 

479) 
Luckenbaeb,  H.,  in  Karlsruhe  (36, 

308) 
Ludwich,  Α.,  in  Königsberg  (35, 298. 

473.  497.   36,  196.  304.  464.  623. 

37,206.434.  38,133.370.  41,302. 

437.  592.  627.   42,  233.  474.  547. 

634.   43,472.564.   44,194.468. 

45, 11.  46, 139) 
Lnebbert,  E.,  in  Bonn  f  (41,  468) 
Luetjohann,  Chr.,  in  Grcifswald  f 

(37,  496) 
Lugebil,   K.,   in  St.  Petersburg  f 

(43, 1.  220) 

Maehly,  J.,  in  Basel 
Manitius,  M.,  in  Dresden  (44,  540. 
45, 153. 316. 485.  46, 150.493. 622. 

47,  465.  Suppl.  48,  313. 474.  49, 
170) 

Martin,  F.,  in  Posen  f 

Marx,   F.,   in   Breslau  (39,  65.  41, 

549.   42,  251.    43,  136.  376.  640. 

46,  420.  606.  636.  47,  157) 
Mau,  Α.,  in  Rom  (36,326.  37,319) 
Meier,  P.  J.,  in  Braunscbweig  (37, 
.    343.  42,122) 

Meister,  R.,  in  Leipzig  (37,312) 
Mendelssohn,  L.,  in  Dorpat  (36, 302. 

S8, 126.  42, 525) 
Mever,  E.,  in  Halle  (36, 120.  37, 610. 

41,560.  42,81.146) 
Meyer,  W.,  in  Göttingen 
Meyndie,  6.,  in  Rom 
Michaelis,  Α.,  in  Strassburg 
Mollat,  G.,  in  Kassel  (42, 639) 
Morawski,  C.  von,  in  Krakau 
Mordtmann,J.H.,  in  Constantinopel 
Morsbach,  L.,  in  Göttingen 
MüUenbaoh,  £.,  in  Bonn  (41,  319) 
Müller,  C.  Fr.,  in  Kiel  (46,  320) 
Müller,  H.  J.,  in  Berlin  (43,  637. 

44, 319) 


Müller,   K.  K.,   in  Jena   (36,  145. 

38,454.   39,467) 
Müller,  L.,  in  St.  Petersburg 
Müller-Strübing,  H.,  in  London  f 
Muenzel,  R.,  in  Marburg  (40, 148. 

465.  632) 


Nake,  B.,  in  Berlin  (40,  145) 
Natorp,    1\,   in    Marburg    (38,  28. 

41,349.  42,374) 
Neumann,    K.  J.,    in    Strassburg 

(35,  308.  485.   36,  155) 
Niese,   B.,    in   Marburg   (38,  567. 

42,  559) 
Nietzsche,  F.,  in  Naumburg 
Nipperdey,  K.,  in  Jena  f 
Nissen,  U.,  in  Bonn  (40,  38.  329. 

480.41,481.42,28. 43,236.45,100. 

47,  161.  49,  1.  275) 
Nitzsch,  K.  W.,  in  Berlin  t 
Noack,  F.,  in  Athen  (48,  420) 
Norden,  E.,  in  Greifswald  (48,  348. 

529.  49,  194) 

Oder,  E.,  in  Berlin  (48,  541.  45, 58. 

212.  637.  48, 1) 
Oehmichen,G.,  in  München  (43, 524. 

46,  99) 
Opitz,  Th.,  in  Dresden 
Osthoff,  H.,  in  Heidelberg  (36,  481. 

37,  152) 
Otto,  Α.,  in  Oppeln  (41, 364.  42, 362. 

531) 
Overbeck,  J.,  in  Leipzig  (41,  67) 


Papadopnlos-Kerameus,  Α.,   in  St. 

Petersburg  (42, 15.  46, 160.  161) 
Patzig,  E.,  in  Leipzig  (37,  67) 
Paucker,  C.  v.,  in  Reval  f  (35,  586. 

37,556.  38,312) 
Peiper,  R.,  in  Breslau 
Peppmüller,  R.,  in  Stralsund  (40» 

462.  620) 
Pemice,  E.,  in  Berlin  (44,  568.  46, 

495.  626) 
Peter,  K.,  in  Jena  t 
Pfleiderer,  E.,  in  Tübingen  (42,153) 
Pflugk-Harttung,   J.  v.,  in  Berlin 

(41,  73) 
Philippi,  Α.,  in  Dresden  (35,  607. 

36,245.472.  41,13) 
Pomtow,    H.,   in  Eberswalde  (49, 

577.  627) 
Preuner,  E.,  in  Greifswald  (49, 313. 

362) 
Prinz,  R.,  in  Königsberg  f 


der  Mitarbeiter. 


m 


fiabe,  H.,    in  Hannover   (47,  404. 

48, 147.  49, 625) 
Sadermacher,  L.,  in  Prüm  (47, 569. 

48, 622.  49, 163) 
Bapp,  Α.,  in  Stuttgart 
Rs88ow,  H.,  in  Weimar  (40,  312. 

43,583) 
Raadienstein,  R.,  in  Aarau  f 
Reitzenstein,  R.,  i.  Straseburg  (43, 

443) 
Bettig,  6.,  in  Bern 
Ββ088,Ρ.μη  Trarbach(36,l  61. 38,148) 
RibbcSck,  0.,  in  Leipzig  (35,  105. 
36,116.321.  37,54.417.531.628. 
38,  450.    39,  315.  629.    40,  481. 
41,618.631.  42,111.  44,305.472. 
45, 146.  147.  313.   46,  331.  333. 
47, 597.  628.  49,  472) 
Ribbeck,  Wa.,  in  Marburg  (48, 636) 
Ribbeck,  Wo.,  in  Berlin  (35,  469. 

610.  36, 132.  38,  471) 
Richter,  0.,  in  Berlin 
Rieckher,  J.,  in  Heilbronn  f 
Riese,  Α.,  in  Frankfurt  a.  M.  (36, 
206. 473.    38,  154.   39,  466.    41, 
639.  42,152.   44,331.488) 
Bim,  £.,   in  Hamburg  (48,  307. 

411, 177) 
Ritechl,  F.,  in  Leipzig  f 
Roemer,  Α.,  in  Erlangen  (39,  491) 
Roensch,  H.,  in  Zwickau  f 
fiohde,  E.,  in  Heidelberg  (35,  157. 
309.479.    36,380.524.    37,146. 
465.  38,251.301.  39,161.  40,66. 
41,170.  42,475.  43,303.467.476. 
48, 110.  49,  623.  624) 
Roecher,  W.  H.,  in  Würzen  (44, 312) 
RoMbach,  0.,  in  Kiel  (44,  65.  431. 

46,  311.  48,  592) 
Roesberg,  K.,  inHüdesbeim  (38,152) 
Ruehl,  F.,  in  Königsberg  (36, 11. 
43,597.  46,146.426.  47,152.460. 
48,  565.  49,  256) 
BjMl,  Y.,  in  Zürich  (48, 175) 

SsrelBberg,  J.,  in  Aachen  t 
Scala,  R.  v.,  in  Innsbruck  (45, 474) 
Sciiaefer,  Α.,  in  Bonn  t  (38, 310) 
Schambach,  0.,  in  Altenburg  t 
Schanz,  M.,  in  Würzburg  (36,215. 

362.  37,  ld9.  38,138.305.  39,313. 

41,  152.  308.  44,  305.  471.  480) 
Scheer,  E.,  in  Saarbrücken  (36, 272. 

442.  640) 
Sdiepn,  G.,  in  Speier  (48,  482) 
Schlee,  F.,  in  Berlin  (46, 147) 
Schmid,  W.,  in  Tübingen  (43, 473. 

628.  48,  53.  626.  49, 133) 


Schmidt,  Α.,  in  Parohim  f 
Schmidt,   B.,  in  Freiburg   i.  Br. 

(36,  1) 
Schmidt,  J.,  in  Königsberg  f  (44, 397. 

481.  45, 148.  157.  318.  482.  599. 

640.  46,  77.  334.  47, 114.  325) 
Schmidt,  Leop.,  in  Marburg  f 
Schmidt,  M.,  in  Jena  f 
Schmidt,  0.  £.,  in  Meissen  (35, 313. 

40,  611.  47,  241) 
Schmitz,  W.,  in  Köln  (37,  317) 
Schneider,  R.,  in  Duisburg 
Schoell,  F.,  in  Heidelberg  (35, 543. 

639.    37,  124.    40, 320.    41,  18. 

43,298.419.  44,158.280) 
Schoell,  R.,  in  München  f  (42, 478) 
Schoene,  Α.,  in  Kiel 
Schoene,  Α.,  in  Blasewitz  (46, 153) 
Schoenemann,J.,i.Schlawe  (42,467) 
Schreiber,  Th.,  in  Leipzig 
Schroeder,  F.,  in  London  (35, 336) 
Schubring,  J.,  in  Lübeck 
Schultess,  F.,  in  Hamburg 
Schultz,  Α.,  in  Breslau 
Schulze,  E.,  in  Homburg  v.d.H.  (35, 

483.  41,  151) 
Schulze,  W.,  in  Marburg  (48,  248) 
Schumacher,  K.,  in  Karlsruhe  (41, 

223.628.  42,148.316.635) 
Schuster,  P.,  in  Leipzig  t 
Schwabe,  L.,  in  Tübingen  (39, 476. 

40,  25) 

Schwartz,  E.,  in  Giessen  (40,  223. 

41,  203.  44, 104. 161) 
Schwarz,  W.,  in  Neuwied  (48,  258. 

49, 353) 
Seeck,  0.,  in  Greifswald  (37, 1.  598. 

41,  161.  46,  154.    48,  196.  602. 

49,  208. 630) 
Seeliger,  K.,  in  Meissen 
Seume,  BL  in  Stade  (37,633) 
Sieglin,    W.,  in  Leipzig  (38,  348. 

39, 162) 
Sievers,  0.,  in  Wolfenbüttel  f 
Simson,  B.,  in  Freiburg  i.  B.  (41, 688) 
Sitzler,  J.,  in  Baden-Baden 
Skutsch,  F.,    in  Breslau   (47,  138. 

48,303) 
Sommerbrodt,  J.,   in  Breslau  (36, 

314.  37,299  39,630.  40,160) 
Sonny,  Α.,  inSt.Peter8burg(41,373) 
Speyer,  J.  S. ,  in  Groningen  (47, 638) 
Sprengel,  J.  G.,  in  Keilhau  Thür. 

(46,  54) 
Stachelscheid,  Α.,  in  London  (35, 

312.633.   36,157.324) 
Stohl,  J.  M.,  in  Münster  (38, 143. 

39,  307.  458.  466.  40,  489.  62d. 


▼m 


Verzeichnies  der  Mitarbeiter. 


46,  250.  481.  614.    48,  157.  49, 
620) 

Stangl,  Tb.,  in  Müncben  (39,  231. 

428.  566) 
Stephan,  Gh»  in  Köln  (40,  263) 
Sternkopf,  W.,  in  Dortmnnd  (47, 468) 
Steuding,  H.,  in  Würzen 
Steup,  J.,  in  Freibarg  i.  Br.  (35,321. 

640) 
Stieb,  J.,  in  Zweibrücken  (36, 175) 
Struve,  Th.,  in  St.  Petersburg 
Subkow,  W.,  in  Moskau 
Sudhaus,  S.,  in  Bonn  (44,  52:  48, 

152.  321.  552) 
Susemihl,  F.,  in  Greifswald  (35,475. 

486.  40,  563.   42,  140.   46,  326. 

49,  473) 
Swoboda,H.,  in  Prag(45, 288. 46,497. 

49   321) 
Szanto,  "e.,  in  Wien  (40,  506) 

Teichmüller,  G.,  in  Dorpatf  (36,309) 
Teufel,  F.,  in  Karlsruhe  t 
Teuffel,  W.,  in  Tübingen  f 
Thouret,  G.,  in  Berlin  (42,  426) 
Thurneysen,  R.,  in  Freiburg  i.  Br. 

(43,  347) 
Tiedke,H.,  in  Berlin  (35, 474. 42, 138) 
Toepffer,   J.,    in   Basel   (43,   142. 

45,  371.  49,  225) 
Traube,  L.,  in  München  (39,  467. 

477.  630.   40,  153.  155.    44,  478. 

47,  558.  48,  284) 

Trieber,    C,    in  Frankfurt    a.  M. 

(43,  569) 
Tümpel,  C,  in  Neustettin  (46,  528. 

636) 

Uhlig,  G.,  in  Heidelberg 

Unger,  G.  F.,  in  Würzburg  (35,  1. 

36, 50.  37, 153. 636.  38, 157. 481) 
ürlichs,  H.  L.,  in  Würzburg  (44, 

474.  487) 
ürlichs,  L.V., in  Würzburg f  (44, 259) 
üsener,  H.,  in  Bonn  (35, 131.  37, 

479.    41,  500.    43,  149.  150.  820. 

47, 154.  414.  49,  461) 

Vahlen,  J.,  in  Berlin 

Viertel,  Α.,  in  Göttingen  (36,  150) 

Vischer,  W.,  in  Basel  f 

Yliet,  1.  van  der,  in  Haarlem  (40,155. 

42,  145.  314) 
Vogel,  F.,   in  Nürnberg  (41,  158. 

43,319.  44.532) 
Voigt.  G.,  in  Leipzig  f  (36,  474) 
Voigt,  M.,  in  Leipzig  (36,  477) 


Vollmer,  Α.,  in  Düren 

VoUmer,  F.,  in  Coblenz  (4β,  343) 

Volquardsen,  C.  Α.,  in  Göttingen 

Wachendorf,  H.,  in  Düsseldorf 
Wachsmuth,  G.,  in  Leipzig  (35,  448. 

490.   36,  597.   37,  506.    89,  468. 

40,283.469.  42,462.  48,21.306. 

44, 151. 153.320.  45, 476.  46, 327. 

329.  465.  552) 
Wackemagel,  J.,  in  Basel  (44,  631. 

45,  480.  48,  299) 

Wagner,   R.,   in  Dresden  (41,  134. 

46,  378.  618) 

Weber,  H.,  in  Eisenach  (44,  307) 
Wecklein,  N.,  in  München  (35, 152. 

631.    86,135.   37,630.   38,136. 

41,  302.  469.  627) 
Weise,  0.,  in  Eisenberg  (88,  540) 
Weizsäcker,  F.,  in  Calw  (85,  350) 
Wellhausen,  J.,  in  Göttingen 
Wellmann,  E.,  in  Berlin  (40, 30) 
Welzhofer,  H.,  in  München 
Wendland,  F.,  in  Berlin  (49,  309) 
Werner,  J.,  in  Lenzburg  (42,  637. 

43,639) 
Westerburg,  E.,  in  Barmen  f  (37, 

35.  88,  92) 
Weymau,  K.,  in  München  (42,  637. 

43,  635.  45,  320.  47,  640)  ^ 
Wiedemann,  Α.,  in  Bonn  (35,364. 

38,384) 
Woelflflin,  E.  v.,  in  München  (37,  83. 

89,  156.    41,  155.  472.    42,  144, 

310. 485.  48, 308. 44, 488.  47, 640. 

48,  312.  49,  270) 
WoUseiffen,  M.,  in  Krefeld 
Wolters,  F., in  Athen  (88, 97.  41,342) 
Wotke,  C.,  in  Wien  (48,  494) 
Wünsch,  R.,  in  Rom  (49,  91) 

Zacher,  K.,  in  Breslau  (45,524) 
Zangemeister,    K.,    in   Heidelberg 

(89,634.635.636.40,480.  42,483) 
Zamcke,  E.,  in  Leipzig  (89, 1) 
Ziegler,  L.,  in  München 
Zielinski,   Th.,   in   St.  Petersburg 

(88,625.   39,73.301.   44.156) 
Zimmermann,  Α.,  in  Celle  (45, 493) 
Zingerle,  Α.,  in  Innsbruck  (41,  317) 
Zingerle,  J.,  in  Innsbruck  (48,  299) 
Zipperer,  W.,  in  Würzburg 
Zitelmann,  £.,  in  Bonn  (40  Suppl. 

41, 118) 
Zumpt,  A.  W.,  in  Berlin  f 
Zurborg,  H.,  in  Zerbst  t  (38,  464) 


Inhalt. 


Zn  den  Melanippen  des  Euripides.    Von  R.  Wunsch 


Zar  QueDenkunde  von  Piatons  Leben.    Von  A.  Bosse 

Volbthümliches  bei  Artemidoros.    Von  E.  Riess 

Die  kleinen   Schriften   dos  Alexander   von  Aphrodisias.    Von 

0.  Apelt 

Zor  antiken  Stillehre  ans  Anlass  von  Proklos'  Chrestomathie. 

Von  W.  Schmid 

Zwei  nene  Reden  des  Chorikios.    Von  R.  Foerstor 

Anecdota  medica  Graeca.    Von  R.  Fuchs 

Puparioe.    Von  H.  üsener 

Harpalyke.    Von  G.  Κ  η  aack 

Feuerzanber.    Von  E.  Κ nhn ert 

Ueber  eine  alte  Thierfabel.     Von  0.  Crusius 

Die  Gründung  von  Tyros     Von  F.  Rühl 

Die  Phoeniker  am  aegaeischen  Meer.    Von  J.  Bei  och 

Aethiopien.    Von  W.  Schwarz 

Zar  Chronologie   der   älteren   griechischen    Geschichte.     Von 

J.  To epf f er 

Der  hellenische  Bund    des  Jahres  371  v.  Chr.    Von  H.  Swo- 

boda r 

Die  Münzreform  Solons.    Von  H.  Nissen 

Am  griechischen   Inschriften   zu    attischen  Münzen.    Von  K. 

Preuner 

Zar  Datirang  des  delphischen  Paean  und  der  Apollo-Hymnen. 

Von  H.  Pomtow 

Die  griechischen  Troetbeschlnsso.    Von  K.  Buresch 


Seito 

91 

72 
177-" 

59 

133 

481,--' 

532 

461 
52G      , 

s-y 

299-- 
256 
111 
353 

225 

321 
1 

362 

577 
424 


Sprachliche  Beobachtungen  zu  Plautus.    Von  E.  Norden  ... 

Zur  Composition  des  Tibull.    Von  E.  Woelfflin 

Zur  Sdiriftstellerei  des  Mythographen4Iyginus.  Von  J.  Dietze 

Zu  Valeriua  Mazimus  und  lanuarius  Nepotianus.  Von  M.  Ihm 

Zur  Echtheitafrage   der   Scriptores  Historiae  Augustae.    Von 

0.  Seeck 

Autor-  und  Verlagsrecht  im  Alterthum.  Von  K.  Dziatzko 
Zur  Topographie   des  Quirinals  (mit    einer  Karte).    Von  Ch. 

Hülsen 

Die  Stadtgrfindung  der  Flarier.    Von  H.  Nissen 

Das  Begenwander  der  Marc  Aurel -Säule.    Von  A.  v.  Doma- 

szewaki 


194 

270 

«1 

247 

208 

559 

379 
275 

612 


Inhalt. 


Ν  i  8  c  e  1  1  e  n• 

Seite 
Kritisch -Exegetisches. 

Zu  Aeschyl 08 Agamemnon.    Zu  Aristophancs.  Von 0.  Ribbeck  472 

Zu  Ae8cby]os  Choephoren.     Von  J.  M.  Stahl G20 

Noch  einmal  Euripides  fr.  953  N^.    Von  Th.  Kock 162 

Kom.  Apollodoros  fr.  13K.    Von  Deraselbe η 1G2 

Nachtrag  zu  Bd. 48  S.  587.  588.    Von  Demselben 176 

Theopomp.    Von  E.  Roh  de 623 

Zu  Parthenios.    Von  Demselben 624 

Grammatisches  zu  Diodor.    Von  L.  Radermacher 163 

Zur  Görlitzer  Luoianhandschrift    Von  R.  Foerster 167 

Zu  Julian.    Von  Demselben 168 

Pseudonaeyianum.    Von  H.  D iels 478 

Zu  Martial  II  17.    Von  Ch.  Hülsen 629 

Zu  den  Gedichten  Priscians.   ZuOrientius.    VonM.  Manitius  170 

Zu  Seneea  de  tranquillitate  animi.    Von  0.  Hense 174 

Zu  Tacitus.    Von  M.  Ihm 479 

Zur  collatio  legum  Mosaio.  et  Roman.    Von  Demselben....  316 

Fartura.    Scripsit  F.  Buecheler 175 

Litterar  historisches. 

Kleine  Beitrage  zur  Geschichte  der  griechischen  Tragödie.  Von 

F.  Susemihl 473 

Betrogene  Betrüger.     Von  P.  Wendland 309 

« 

Grammatisches. 

Γλώσσαι.    Scripsit  H.  Rabe 625 

De  εΙς  vocabulo  adnotatio  grammatica.    Scripsit  E.  Bruhn..  168 

Antiquarisch-Epigraphisches. 

Zur  Meleagersage.    Von  G.  Κ  η  aack 310.  476 

Zur  Einführung  des  Asklepios-Kultes  in  Athen.    Von  E.  Pre u- 

ner 813 

Zur  Datirung  der  Halle  der  Athener  zu  Delphi.    Von  H.  Ρ  ο  m- 

tow 627 

Ümbr.   Naharkum,    ital.   Narce.    —    Etr.-lat.   οβας.     Von  E. 

Lattes 317 

Neue  oskische  Inschrift.    Von  R.  Seymour  Conway 480 

Die  gallischen  Steuern  bei  Ammian.    Von  0.  Seeck 630 


Die  Hfinzreform  SoIods. 


Die  Trompeten  schmettern,  König  Alexander  zieht  gegen 
Athen,  der  Bürgersmann  greift  nach  Wehr  and  Waffen  nm  die 
Altäre  und  Gräber  seiner  Vorfahren,  um  Weib  und  Kind  und  die 
eigene  Freiheit  zu  schützen.  Zu  deutsch:  nachdem  ich  die  eben 
erschienenen  beiden  Bände  ^  Aristoteles  und  Athen  von  Ulrich  von 
Wilamowitz-Moellendorff,  Berlin  1893'  durchblättert,  halte  ich  es 
filr  meine  Pflicht,  mit  wendender  Post  dem  Verfasser  und  An- 
ken zu  erklären,  dass  es  so  nicht  geht  und  so  nicht  fort- 
g^en  darf. 

Als  ich,  den  Plan  zu  einem  Buch  über  Livius  fertig  im 
Kopf,  die  Universität  Berlin  bezogen,  habe  ich  ein  Jahr  lang  je 
«ne  Vorlesung  bei  Boeckh,  Droysen,  Kiepert,  Lepsius,  Ranke 
gehört  (Mommsen  war  beurlaubt),  bei  Haupt  zwei,  Horaz  und 
Aristophanes,  und  bei  ihm  nur  eine  einzige  Stunde,  ohne  mein 
Verschulden,  versäumt.  Er  schien  mir  ein  Interpret  von  höchster 
Meisterschaft  zu  sein,  der  der  Jugend  den  geistigen  Drill  zu  geben 
verstand,  wie  die  Garde  ihren  Rekruten.  Es  war  überaus  lehr- 
reich in  diesen  Morgenstunden,  nur  eine  Wahrnehmung  trübte  den 
GeoQss.  Ich  traf  hier  den  nämlichen  paedagogischen  Missgriff 
wieder,  den  ich  bereits  aus  MüUenhoffs  Vorlesungen  kannte,  dase 
ZQ  unserer  Ausbildung  immer  ein  Prügelknabe  in  Gestalt  eines 
lebenden  oder  verstorbenen  Philologen  vorgeführt  wurde,  über  den 
•ich  die  volle  Schale  sittlicher  Entrüstung  in  den  kräftigsten  Aus- 
drücken ergoss.  Die  Jagend  hat  feine  Sinne  und  empfand,  meine 
ieb,  in  ihrer  überwältigenden  Mehrheit  die  bedenklichen  Nach- 
tkeile dieses  tagtäglich  sich  wiederholenden  Schauspiels.  Sie 
ichtete  und  fürchtete  Haupt,  sie  liebte  und  verehrte  den  alten 
Boeckh.  Ich  hatte  eine  Arbeit  über  Aeschylos  für  Boeckh  mit- 
gebracht,     gab   sie    aber    nicht    ab,     blieb    vielmehr    als    Aus- 

Xn•.  f.  Philol.  N.  F.  XLIX.  1 


2  Nissen 

länder  dem  preuseieohen  Staat  wie  seinen  Gelehrten  änseerlich 
nnd  innerlich  gleich  fremd.  Für  die  Richtigkeit  meiner  Beob- 
achtungen glaube  ich  bürgen  zu  können ;  sie  ist  mir  in  der  Folge 
Yon  verschiedenen  Seiten  her  bestätigt  worden.  Bei  Boeckh  fand 
ich  meine  Rechnung  nicht,  wunderte  mich  sogar  in  meinem  Un- 
verstand,  dass  er  immer  und  wieder  Ergebnisse  seiner  Arbeiten 
vorbrachte,  als  ob  sie  nicht  längst  auf  allen  Dächern  von  den 
Spatzen  gepfiffen  würden.  Was  mich  trotzdem  öfters  in  die  grie- 
chischen Alterthümer  hinein  lockte,  war  das  Behagen,  den  Alten 
mit  zahllosen  Blättern  und  Blättchen  herumwirthschaften  zu  sehen, 
zu  beobachten,  wie  er  mit  seinem  trockenen  sachlichen,  gelegent- 
lich durch  leisen  Humor  gewürzten  Vortrag  feine  Fäden  zu  den 
Herzen  der  Zuhörer  spann.  £s  war,  was  der  Niedersachse  ge- 
mtitblich  nennt.  In  reiferen  Jahren,  da  mich  mein  Beruf  der 
Boeckhschen  Forschung  näher  zu  treten  nöthigte,  tauchte  wieder 
jenes  Bild  im  Gedächtnies  auf  und  machte  mir  verständlich,  wa* 
rum  der  kluge,  massvolle,  besonnene  Mann  mit  dem  Wahlspruch 
γηράσκω  άΑ  πολλά  οιοα(Τκόμ€νος  zum  Gesetzgeber  der  Alterthums- 
wissenschaft  berufen  war  wie  Solon  zum  Gesetzgeber  der  Athener. 
Gegenwärtig  herrscht  die  Anarchie,  die  Verwirrung  des  logischen 
Denkens  und  des  sittlichen  Empfindens  wird  nachgerade  unerträg- 
lich. Die  Prügeljungen  heissen  nicht  mehr  Orelli,  Dissen  oder 
Bergk,  sie  heissen  Thukydides  und  Aristoteles.  £s  wird  hohe 
Zeit,  dass  wir  uns  auf  die  Vergangenheit  und  auf  die  Zukunft 
der  Α Iterthums Wissenschaft  besinnen,  dass  wir  unseren  Lehrern 
Rechenschaft  ablegen  von  unserem  Thnn. 

Dem  alten  Boeckh  war  die  Thatsache  in  Fleisch  und  Blut 
übergegangen,  dass  die  Athener  von  Gerste  und  Weizen  lebten, 
nicht  etwa  von  Poesie  und  Philosophie.  Wer  einer  Ernüchterung 
von  aesthetischen  Träumereien  bedarf,  nehme  eine  ihrer  scheuss- 
lichen  Münzen  in  die  Hand,  um  inne  zu  werden,  wie  sehr  von 
ihnen  künstlerischer  Geschmack  den  kaufmännischen  Rücksichten- 
nachgesetzt  wurde.  Für  Boeckh  wäre  ohne  allen  Zweifel  das 
zehnte  Kapitel  des  Athenerstaates  das  wichtigste  im  ganzen  Bach 
des  Aristoteles  gewesen.  Wie  haben  es  seine  Nachfolger  er- 
klärt ? 

An  die  Spitze  stelle  ich  einen  Gelehrten,  der  sich  der  dan• 
kenswerthen  Aufgabe  unterzieht,  die  Ergebnisse  der  heutigen  Volks- 
wirthschaftslehre  an  die  Alterthumswissenschaft  zu  übermitteln. 
J.  Beloch,  Griechische  Geschichte  I  216  A.  schreibt:  ^Dieses 
Kapitel    beweist   nur,    dass    sein  Verfasser    von    metrologischen 


Die  Münzreform  Solons.  3 

Dingen  keine  Ahnaog  hatte'    und    beruft   sich   für  dies  verdam- 
meode  Urtheil    auf  den    Aufsatz   von   C.  F.  Lehmann,    Hermes 
IXVn  530—60.     Der  Gewährsmann  ist  Assyriolog,  hat  unsere 
Kenntniss  um  drei  altbabjloniscbe  Gewichte    bereichert  und  auf 
eolcher  Grundlage  eine  bemerkenswerthe  Theorie  über  die  Wan- 
demog  des  babylonischen  Masssystems    aufgebaut.      Die  Theorie 
wird  mit  kühnem  Scharfsinn  entwickelt   und  mit  unermüdlichem 
Eifer  vorgetragen.     Aber  sie  setzt  aller  Orten    für  die    auf  dem 
Felde  des  classischen  Altertbums  mühsam  gewonnenen  Ergebnisse 
der  £iozelforschung  willkürliche  Grössen    ein  und  wird  dadurch 
vorläufig  für  unsere  Zwecke  unbrauchbar.     Lehmann  begreift  die 
ablehnende  Haltung  meines  Abrisses  nicht  und  legt  als  Nachlässig- 
keit aus,  was  wohl  bedacht  war.     Ich  bestreite  nicht  die  von  ihm 
gegebene  Deutung   der  Aufschriften   jener  Gewichte,    will    auch 
nicht  die    Entwicklung   der  Masssysteme    innerhalb  Babyloniens 
verfolgen.     Ich  suche  lediglich  die  Wurzeln    auf   aus  denen  die 
Verzweigung  der  Systeme  am  Mittelmeer  sich  ableiten  lässt.    Ob 
der  letzte  Ursprung  unserer  Masse  dem  Nil    oder    dem  Euphrat 
angehört,  ist  eine  offene  Frage,    die    mit    dem  Zuwachs  des  Ma- 
terials von  Jahr  zu  Jahr  verschieden  beantwortet    werden   kann. 
So  lange  mir  die  Wage  zu  Gunsten  Aegyptens  zu  sinken  scheint, 
▼erde  ich  fortfahren,  jenen  altbabylonischen  König,  den  die  Auf- 
schriften nennen,  zu  ignoriren  und  die  Gewichte  selbst  als  Binde- 
glied zwischen  den  Systemen  am  Nil  und  Mittelmeer  zu  betrach- 
ten.   Des  alten  Cato  Mahnung  Ohaldaeos    ne  consulito,    mit    der 
V.  Gutschmid  seine  Philippika   gegen    die   Assyriologen    schloss, 
liegt  mir  noch  in  den  Gliedern.     Was  nun  den  vorliegenden  Auf- 
satz betrifft,  so  kann  von  dem  übrigen  Inhalt  abgesehen  und  ein- 
fach constatirt  werden,  dass  Lehmann  im  zehnten  Kapitel  wieder- 
findet 'jene  Mischung  von  aristotelischer  Weite   des  Blicks    und 
Schärfe  des  Urtheils  mit  auffälligen  Unebenheiten    und  thatsäch- 
liehen  Irrthümem,    die    zu    den    so    diametral  entgegengesetzten 
Urtheilen  über  Autorschaft   und  Werth   der  'Αθηναίων  πολιτεία 
Anläse  gegeben  haben'. 

Meine  erste  Bekanntschaft  mit  der  Metrologie  reicht  weit 
znrftok.  Als  ich  ein  verbreitetes  Reisehandbuch  anzufertigen  hatte 
wd  in  Pompeji  vier  Wochen  lang  kein  deutsches  Wort  hörte, 
fisg  ich  aus  Langeweile  an  zu  messen.  Ich  dachte  meinem  Lehrer 
Kitzsch  eine  Freude  zu  bereiten  durch  den  Nachweis,  dass  die 
bitische  Methode,  die  ich  von  ihm  an  mittelalterlichen  Chroniken 
vlemt,  auch  dazu  dienen  könne,    die   altrömischen  Häuser,    die 


4  Nissen 

Niebnlirs  lebhafte  Phantasie  in  Italien  gesehen  haben  wollte,  wo 
sie  nieht  waren  (Lebensnachrichten  II  251),  am  richtigen  Orte 
zn  finden.  Ein  Tag  im  Spätsommer  1865  ist  mir  nnvergesslich 
geblieben,  wo  ich  mal  wieder  am  Hanse  des  Chimrgen  hemm 
hantirte:  sieht  mir  da  ein  Neapolitaner  besorgt  zn,  fragt  seinen 
Custoden  nach  des  Fremdlings  Stand  und  Bemf,  geht  mit  den 
strafenden  Worten  weiter  'sta  perdendo  il  tempo  misnrando  dei 
sassi'.  Das  Wort  gab  den  Empfindungen,  mit  denen  seine  Lands- 
leute dem  neuen  Versuch  ihre  Ruinen  zum  Reden  zu  bringen, 
ausnahmslos  entgegensahen,  bezeichnenden  Ausdruck.  Wir  haben 
oft  darüber  gelacht,  nachdem  Freund  Schoene  mich  aufgesucht 
und  mein  Bauherr  geworden  war.  Unsere  Ziele  wurden  vorzei- 
tig in  meinem  Templum  bekannt  gegeben,  daraufhin  von  Fiorelli 
auf  seinen  Wegen  verfolgt,  die  schrittweise  sich  entwickelnde 
Baugesohiohte  Pompeji's  war  für  die  wichtigeren  Forschungen  in 
Griechenland  von  Nutzen.  Jenem  oben  erwähnten  Maccaroniesser 
habe  ich  ein  freundliches  Andenken  bewahrt.  Ich  hatte  bei  wie- 
derholten Besuchen  in  Pompeji  mehr  als  10000  Messungen  ge- 
macht, um  die  Verschiedenheit  von  oskischem  und  römischem 
Mass  festzustellen  und  damit  einen  Anhalt  für  die  Altersbestim- 
mung der  Gebäude  zu  gewinnen.  Die  scharfe  Kritik  meines  hol- 
steinischen Landsmanns  Mau  hat  die  Verschiedenheit  anerkennen 
müssen ;  sie  ist  bisweilen  unbillig  und  verfallt  in  dieselbe  Flüch- 
tigkeit, die  am  Vorgänger  gerügt  wird,  in  manchen  schwebenden 
Fragen  bleibt  das  letzte  Wort  noch  zu  sprechen.  Aber  einen 
grossen  Gewinn  hat  Mau's  geduldige  Arbeit  gebracht:  sie  hat 
klar  bewiesen,  dass  Messungen  an  einem  Bauwerk  in  vielen  oder 
gar  den  meisten  Fällen  keine  objektiven,  sondern  nur  subjektive 
Kriterien  liefern.  Für  Pompeji  war  das  oskische  Mass  aus  der 
Litteratur  zu  erschliessen  ;  ohne  solchen  Fingerzeig  hätten  wir  es 
schwerlich  jemals  aus  den  Ruinen  darstellen  können.  Angesichts 
der  überall  sich  regenden  Bestrebungen  eine  prähistorische  Me- 
trologie zu  begründen,  scheint  es  erspriesslich,  an  diese  Erfah- 
rungen zu  erinnern. 

In  neue  Bahnen  wurde  die  Metrologie  durch  Dörpfeld  ge- 
lenkt Mit  seinen  hellen  Augen  die  Nebel  der  Gelehrsamkeit 
durchdringend,  führte  er  diese  praktische  Wissenschaft  aus  der 
Fremde  in  ihre  Heimath  am  Mittelmeer,  aus  grauer  Theorie  ins 
wirkliche  Leben  zurück.  Ich  war  gerüstet,  ihm  unverweilt  zu 
folgen:  das  Studium  der  aegyptischen  Masse,  in  das  mich  mein 
Freund  Dümichen  eingeweiht,  das  Studium  der  griechischen  Quellen, 


Die  Münzreform  Solons.  5 

das  Haitech  ans  allen  so  sehr  erleichtert,  hatte  in  mir  die  lieber- 
zeogang  gereift,  dass  wir,    um  Boeckh's  schöpferische  Gedanken 
fortzupflanzen,  mit  der  Gewohnheit  brechen  müssen,    seine  Lehr- 
satze zu  behandeln,  als  ständen  sie  im  kleinen  Katechismus.  Ich 
fertigte  also  einen  kritischen  Auszug   ans  Hultsch's  Repertorium 
und  fahr  1885  nach  Athen,  um  ihn  vor  dem  Druck  der  Prüfung 
Meister  Dörpfeld's  zu  unterbreiten.     Als  die  Ν öthigung  herantrat, 
for  eine  zweite  Auflage    des  Abrisses    in  Iw.  Müllers  Handbuch 
mich  wieder  metrologischer  Arbeit  zuzuwenden,  war  der  Athener- 
staat  erschienen.     Die  Wahrnehmung    bot  sich    von    selbst    dar, 
dass   die    ältere  Ueberlieferung  im  Wesentlichen    auf  Aristoteles 
beroht.    Damit    stand    von    vornherein    die  üeberzeugung   uner- 
schütterlich fest,  dass  ein  Gewährsmann  mit  urkundlicher  Autori- 
tät za  uns  rede.     Als  solcher  hatte  er  sich    stets    der  numisma- 
tischen Forschung  bewährt,  dafür  bürgte  sein  Stand.  Aristoteles 
war  Arzt  oder,  was  dasselbe   ist,    Apotheker.     Seine  Collegen  in 
der  Eaiserzeit  rechneten  mit  Decigrammen,  in  der  Ptolemaeerzeit 
mit  Milligrammen;    die  tägliche  Erfahrung  lehrt,  dass  durch  ein 
falsch  gesetztes  Komma   ein  Menschenleben  verwirkt  wird;    der 
Gedanke,  man  könne  die  Richtigkeit  seiner  Gleichungen  in  Zweifel 
ziehen,    lag  mir  1891  bei  der  Neubearbeitung  der  Metrologie  in 
himmelweiter  Feme.      Ich    brauche   nichts   zu  beschönigen:    aus 
dem  Facsimile,  der  englischen,  holländischen  und  deutschen  Aus- 
gabe wurde  sprachlichen  Bedenken  zum  Trotz  von  mir  ein  Text 
zasammengestoppelt,  der  nach  dem  ürtheil  von  Kennern  ungrie- 
ebisch  ist,  sachlich  dagegen  die  Wahrheit  ergab.     Nach  den  Mit- 
tkeilungen  Eenyon's   ist   es    auch  heutigen  Tages  nicht  möglich, 
den  Wortlaut  des  Papyrus  mit  absoluter  Sicherheit  zu  entziffern: 
in  Betreff  des  Sinnes  ist  jeder  Zweifel  ausgeschlossen.     Ich  setze 
den  Text  der  Bequemlichkeit  halber  her. 

έν  [μέν  ούν  τ]οϊς  νόμοις  ταύτα  οοκεΐ  θ€ΐναι 
δημοτικά,  προ  δέ  της  νομοθεσίας  ποιήσα[ι  τήν 
τών]  χ[ρ]€ώ[ν  άπο]κο7Γήν  και  μετά  ταύτα  τήν  τ€  των 
μέτρων  και  σταθμών  και  τήν  του   νομίσματος  αοΕησιν. 
δέπ'  εκείνου  γαρ  έγένετο  και  τα  μέτρα  μείίιυ  τών  Φει- 
όαινείιυν,  και  ή  μνα  πρότερον  [δγο]υσα  [σ]τα[θμ]όν 
έβδομήκοντα  δραχμάς  άνεπληρώθη  ταΐς  εκατόν, 
ή  ν  b'  ό  αρχαίος  χαράκτη  ρ  οίδραχμον.  έποίησε  δέ  και 
σταθμά  προς  τ[ό]  νόμισμα  τ[ρ]εϊς  καΐ  έΗήκοντα 
10  μνας  τό  τάλαντον  άγουσας,  καΐ  έπιδιενεμήθησαν 
[αΐ  τρεις]  μναϊ  τψ  στατήρι  και  τοις  άλλοις 


6  Nissen 

στοθμοΐς.  διατάίας  bt  την  πολιτείαν  δνπερ 
εΐρηται  τρόπον  κτλ. 

Ζ.  6  nach  Diels,  Deutsche  Litteraturz.  1893  ρ.  77B,  wodurch  die 
früheren  Lesungen  παραπλήσιον  Eenyon  παρά  μικρόν  Eaibel-Wilamo- 
witz  beseitigt  werden.  Meine  Anfragen  beantwortet  Kenyon  dahin, 
dass  1)  ein  μέν  hinter  πρότερον  nicht  vorhanden;  2)  [£χο]υσα  und 
[βγο]υσα  möglich,  letzteres  um  ein  Weniges  wahrscheinlicher;  3) hinter 
[δγο]υσα  nur  Raum  für  einen  Buchstaben,  so  dass  mein  Vorschlag 
[κα]τά  [νόμ]ον  in  der  zweiten  Hälfte  annehmbar,  in  der  ersten  unan- 
nehmbar; 4)  [σ]τα[θμ]όν  möglich  aber  nicht  sicher  sei.  Z.  11  ai  τρεις 
Blass,  Fleckeis.  Jb.  1892  p.  572.  Eenyon  schreibt  '  Blass'  reading  is 
very  doubtful,  but  there  is  something  which  may  be  the  horizontal 
stroke  above  the  line  (  )  which  indicates  a  numeral.  More  than  that 
I  do  not  venture  to  say'. 

Die  gewöhnliche  Betrachtung  der  Numismatik  wie  der  Me- 
trologie verfallt  durchweg  in  den  Fehler  vorschnell  zu  verall- 
gemeinern. Sie  stellt  vermeintlich  bindende  Normen  auf,  ohne 
die  grossen  Schwankungen  zu  berücksichtigen,  denen  die  Währung 
wie  das  gesammte  politische  Leben  der  antiken  Freistaaten  unter- 
worfen war.  Daher  werden  auch  die  Namen  aeginaeisch  und  ea- 
boeisch  zur  Bezeichnung  der  wirthsohaftlichen  Gegensätze  von 
Hellas  vielfach  rein  missbräuchlich  angewandt.  An  diese  erste 
knüpft  eine  zweite  Vorbemerkung  an.  Den  Erklärern  macht  dies 
Kapitel  den  Eindruck  eines  Einschiebsels.  Das  ist  es  nicht 
Vielmehr  gehören  in  der  Anschauung  der  Athener  Mass  und 
Gewicht  ebenso  sehr  wie  die  Gesetze  Solons  zu  den  unverrück- 
baren Bestand theilen  der  altväterlichen  Verfassung.  Dies  lehrt 
der  zu  ihrer  Herstellung  403  v.  Chr.  gefasste  Volksbesohluss 
Andok.  I  83  πολιτεύεσθαι  ^Αθηναίους  κατά  τα  πάτρια,  νόμοις 
bk  χρήσθαι  τοις  Σόλωνος  καΐ  μέτροις  και  σταθμοΐς  und  macht 
die  Erwägung  verständlich,  dass  die  Handelspolitik  Athens  mit 
dieser  Währung  verknüpft  war,  femer,  worauf  ich  später  zurück- 
komme, dass  die  Währung  im  letzten  Abschnitt  des  peloponne- 
sischen  Krieges  abgeschafft  war  oder  werden  sollte.  (Jeber  So- 
lons Neuerung  wird  Folgendes  ausgesagt: 

1.  die  Hohlmasse  werden  grösser  als  die  pheidonischen ; 

2.  die  solonische  Mine  verhält   sich    zur  pheidonischen  wie 
7  :  10; 

3.  das  alte  Courantstück  war   ein  Stater,    nicht    ein  Tetra- 
drachmon ; 

4.  das    Markttalent    verhält    sich    zum    pheidonischen    wie 
21  :  20. 


Die  Münzreform  Solons.  7 

Die  Gleiohangen  hieraus  sind  in  meiner  Metrologie  im  We- 
seDtlichen  richtig  abgeleitet  worden  ohne  die  mindeste  Beachtung 
ΖΠ  finden.  Vielmehr  verbreiten  sich  Brnno  Keil  (Die  eolonieche 
Yerfaesnng  in  Aristoteles  Yerfassungsgeschichte  Athene,  Berlin 
1892,  p»  163 — 73)  auf  zehn  Seiten,  in  kräftigeren  Worten  von 
Wilamowitz  I  41 — 44  auf  vier  Seiten  über  die  bedauerliche  Erschei- 
nung, dass  Aristoteles  seine  Nachrichten  der  attischen  Chronik 
entnommen  und  diese  nicht  verstanden  habe.  Man  erzählt  von 
den  Gelehrten  mancherlei  Schnurren.  Indessen  bin  ich  einem 
Collegen,  der  ein  Buch  gebraucht  hätte  um  zu  erfahren  was  eine 
Hark  und  was  ein  Frank  sei,  der  dann  die  Auskunft  nicht  be- 
griffen hätte,  weder  in  Göttingen  und  Strassburg  noch  in  den 
Fliegenden  Blättern  begegnet  Von  den  Griechen  habe  ich  Boeckh 
echmunzelnd  sagen  hören,  sie  hätten  mit  Geld  sehr  gut  Bescheid 
gewusst.  Aristoteles  vollends  redet  an  vielen  Stellen  mit  dem 
weiten  Blick  und  der  Sachkunde  eines  Professors  der  Finanz- 
wissenschaft.  Ob  auch  seine  Erklärer  so  thun,  als  habe  er  den 
Athenerstaat  in  einem  Zustand  geistiger  Störung  geschrieben, 
braucht  doch  Niemand  solche  Voraussetzung  zu  billigen. 

Das  Ganzstüok  attischer  Prägung  war  eine  Silbermünze 
von  ursprünglich  17,47  gr,  später  17,28  gr  Normalgewicht,  deren 
Wertb  zur  Zeit  der  Silberwährung  ungefähr  unserem  Thaler  ent- 
sprach. Wir  älteren  rechnen  wohl  noch  nach  Thalern,  aber  es 
läset  sich  mit  Sicherheit  voraussagen,  dass  in  absehbarer  Zeit 
der  Thaler,  obwohl  der  Vater  der  heutigen  Mark,  aus  dem  Sprach- 
gebrauch und  der  Erinnerung  des  deutschen  Volkes  verschwunden 
sein  wird.  Ein  ähnlicher  Vorgang  hat  sich  in  Athen  abgespielt. 
Seit  dem  fünften  Jahrhundert  rechnet  der  Staat  ausschliesslich 
nach  Talenten,  Drachmen  und  Theilen  der  Drachme,  betrachtet 
also  das  Courantstück  als  ein  Tetradrachmon.  Im  sechsten  Jahr- 
hundert hiess  es  nach  Ausweis  der  im  Perserschutt  auf  der  Akro- 
polis  gefundenen  Tempelgewichte  (deren  eines  Journal  of  Hellenic 
Studies  XIII  128  abgebildet  ist)  Stater:  eine  Bezeichnung,  die 
sich  noch  geraume  Zeit  im  Marktgewicht   erhalten  hat^.      Aber 


^  Meine  Mahnung,  die  attischen  Gewichte  zu  sammeln  und  zu 
sichten,  ist  bei  Herrn  Dr.  Erich  Pemice  auf  einen  fruchtbaren  Boden 
gefallen.  Er  legte  mir  Mitte  September  ein  Manuskript  zur  Begutach- 
tung vor,  das  800  Gewichte  von  der  Epoche  der  Pisietratiden  bis  zu 
den  Byzantinern  herab  umfassend,  die  ganze  Handelsentwicklung  der 
Sudt  in  einziger  Art  wiederspiegelt.    Die  Ansicht  des  Verf.,  dass  seine 


8  NisBcn 

was  ihr  Geld  anlangt,  wissen  die  Athener  der  Blüthezeit  nicht 
mehr,  dass  der  Silberthaler  einst  Stater  geheissen  habe  ;  denn  so 
benennen  sie  ohne  den  Zusatz  von  χρυ(ίους  nnd  ohne  ein  Miss- 
yerständniss  za  befürchten  ihr  Goldstück  von  8,64  gr  oder  2  Drach- 
men Gewicht^.  Die  allgemeine  ünkenntniss  kehrt  in  der  atti- 
schen Chronik  wieder.  Die  späteren  Atthiden  (mindestens  seit 
Fhilochoros),  die  in  scharfem  Gegensatz  za  Aristoteles  stehen, 
erfreaen  anter  anderen  Fabeln  das  Herz  ihrer  Mitbürger  durch 
die  Nachricht,    dass  Theseus  Didraohmen    mit   dem  Bilde    eines 


sorgsame,  verständige  Arbeit  unverändert  gedruckt  werden  könne,  theile 
ich  nicht;  denn  nirgends  war  auch  nur  der  leiseste  Versuch  gemacht, 
die  üeberlieferung  zur  Erklärung  dieser  Monumente  heranzuziehen. 
Blosse  Empirie  ist  keine  Wissenschaft  oder  wie  ich  Pomp.  Stud.  467 
schrieb:  *Der  Augenschein  lehrt  uns  die  Bücher  verstehen,  aber  ohne 
die  Bücher  sehen  wir  nur  halb'.  Nach  der  Abreise  des  Verf.  gingen 
mir  die  Dinge  durch  den  Kopf  und  ich  beschloss,  meine  Ansichten  gegen 
einige,  wie  ich  glaube,  Grundirrtbümer  des  Verzeichnisses  zu  formuliren, 
als  v.  Wilamowitz's  Buch  erschien.  Den  masslosen  Angriffen  auf  meine 
Zunft  hätte  ich  wirksamer  begegnen  können  als  durch  diese  metrolo- 
gische Erörterung.  Allein  das  sachliche  Interesse  der  Alterthumswissen- 
schaft,  dass  endlich  die  Wichtigkeit  dieses  Forschungsgebietes  allgemein 
anerkannt  werde,  wiegt  für  mich  vor.  Von  Jahr  zu  Jahr  wächst  das 
Material  und  nimmt  die  Unklarheit  zu.  Es  klingt  unglaublich  bei  der 
strengen  Polizei,  die  im  römischen  Altertbum  geübt  wird,  und  ist  doch 
Tbatsache,  dass  nicht  einmal  römisches  Gewicht  ausreichend  bekannt 
ist.  Zum  Beweis  diene  folgender  Vorfall.  Murray  veröffentlichte  im 
Numismatic  chronicie  1868  p.  70  9  Bleigewichte  aus  Lyon  mit  Bemer- 
kungen von  Mommsen,  der  diese  kleinen  Stücke  mit  dem  aeginaeischen 
Stater  in  Beziehung  bringt.  Im  Hermes  III  299  f.  wiederholt  Mommsen 
die  Notiz,  damit  die  Thatsache,  wenn  auch  nicht  in  ihren  geschicht- 
lichen Zusammenhang  eingereiht,  doch  bei  weiterer  Forschung  im  Auge 
behalten  werde.  Endlich  nimmt  Hultscb,  Metrol.  ^  693  sie  auf.  Allein 
statt  mit  den  Gedanken  nach  Aegina  und  Babylon  zu  schweifen,  würde 
es  doch  am  Nächsten  gelegen  haben,  in  einer  römischen  Provinzialstadt 
das  gesetzliche  Gewicht  zu  suchen:  der  räthselhafte  Fund  stammt  ein- 
fach aus  einer  römischen  Apotheke  und  gibt  altbekanntes  Scrupelge- 
wicht,  ohne  damit  an  Interesse  einzubüssen.  Muss  demnach  immer  und 
wieder  auf  eine  umfassende  Aufnahme  des  Thatbestandes  gedrungen 
werden,  so  erfordert  solche  allerdings  methodische  Schulung:  unkriti- 
sche Wägungen  können  in  der  Wissenschaft  grösseres  Unheil  anrichten 
als  schlechte  Copien  von  Inschriften. 

»  Hultsch,  Metr.2  224  A.  2.  Arist.  Wolken  1041,  Isokr.  XV  156 
XVII  35.  41,  letzterer  besonders  für  den  Ausdruck  bei  Aristoteles 
wichtig. 


Die  Münzreform  SolonB.  9 

Stiers  geeohlagen  habe,  auf  die  dann  [seit  Soloo]  Tetradrachmen 
gefolgt  seien  ^.  Allein  dieser  jnngen  Ueberlieferung  widerspricht 
eine  andere,  die  das  attische  Tetradrachmon  als  Stater  anffasst^. 
Dass  die  letztere  mit  den  Urkunden  des  sechsten  Jahrhunderts 
übereinstimme,  ward  oben  angedeutet.  Seit  dem  Bekanntwerden 
des  Athenerstaates  dürfen  wir  sie  unbedenklich  auf  Aristoteles 
zurückfuhren,  wie  denn  überhaupt  die  Drachme  einer  jüngeren 
Entwicklung  angehört  als  der  Stater.  Hiernach  versteht  man  die 
Worte  fjv  b'  ό  αρχαίος  χαρακτήρ  δίδραχμον  ohne  Schwierigkeit, 
αρχαίος  wird  nicht  vom  Gegensatz  zwischen  solonischer  und  vor- 
solonischer  Zeit  gesagt;  denn  der  Schreiber  hat  ebenso  gut  wie 
wir  gewusst,  dass  vor  Selon  überhaupt  keine  Münzen  in  Attika 
geechlagen  worden  sind.  Er  bezeichnet  (wie  z.  B.  auch  c.  4) 
den  Gegensatz  zwischen  dem  4.  und  6.  Jahrhundert,  der  Zeit  in 
der  er  schrieb  und  einer  seit  mehreren  Menschenaltem  verflosse- 
nen Vergangenheit.  Ihm  wie  seinen  Lesern  liefen  tagtäglich 
peloponnesische  Statere  und  attische  Tetradrachmen  durch  die 
fbger.  Wenn  er  also  sagt  Mer  alte  Stempel  lautete  auf  zwei 
Drachmen',  so  konnte  Niemand  darüber  im  Unklaren  sein,  dass 
er  den  attischen  Thaler  meinte.  Stater  durfte  dieser  nicht  ge- 
nannt werden,  das  hätten  die  Zeitgenossen  nicht  verstanden.  Da- 
gegen war  die  Verwandlung  von  zwei  in  vier  Drachmen  ihnen 
ans  der  Münzpraxis  so  geläufig,  dass  sie  keines  erklärenden 
Zasatzes  bedurfte.  Ich  verweise  auf  den  Oek.  II  2,  20  erzähl- 
ten Schelmenstreich  des  Dionys,  der  alles  Silber  bei  Todesstrafe 
von  den  Bürgern  einforderte:  άνενεχθέντος  bt  του  αργυρίου 
ίπικόιμας  χαρακτήρα  έίέδωκε  τήν  οραχμήν  δύο  δυναμένην  οραχ- 
μάς,  καΐ  τό  τε  όφειλόμενον  *πρότ€ρον  άνήνεγκαν  προς  αυτόν  \ 
Ob  die  aus  den  solonischen  Gesetzen  angeführten  Geldwerthe 
gedankenlos  übernommen  oder  richtig  in  jüngere  Drachmen  um- 
gerechnet sind,  kann  hier  unerörtert  bleiben.  Unter  allen  Um- 
etanden  beansprucht  das  gefundene  Ergebniss  für  die  Volkswirth- 
sehaft  des  sechsten  Jahrhunderts  eine  hervorragende  Bedeutung. 
Aristoteles  schreibt  dem  Selon  zu  την  του  νομίσματος 
αυΕησιν.  Das  Wort  kann  Vergrösserung  und  Vermehrung  be- 
deuten.    Im  ersteren  Sinne  wird  es  vom  Courantstiick  gebraucht: 


Ϊ  Plat.  Thea.  25,  Schol.  Arist.  Vögel  1106,  Poll.  IX  BO.  74,  Hesych. 
0.  βοος  γλαΟΗ. 

«  Metr.  scr.  I  301,  16    315,  3   331,  19   343,  4   325,  16. 

»  Vgl.  Boeckh,  Staatsh.  Ρ  28,  meine  Metr.  2  858.  59.  67.  8T  u.^u 


10  Nissen 

der  peloponneeische  Stater  steht  auch  in  seiner  echwereten  Form 
40  Frocent  unter  dem  attisclien  Thaler.  Man  könnte  meinen, 
dass  von  einer  entsprechenden  Yergrösserung  der  Mine  die  Rede 
sei.  Indessen  ist  dies  nicht  nöthig,  besitzen  wir  doch  ein  aus- 
drückliches Zeugniss,  das  der  attischen  Mine  25  Statere  zuweist 
(Metr.  scr.  I  301,  15).  Wie  die  Schatzmeister  unter  den  Pisi- 
stratiden  gerechnet  haben,  weiss  ich  nicht  zu  sagen  ^;  sicher  in- 
dess  ist  durch  die  Setzung  des  Artikels  ταΐς  εκατόν,  dass  Ari- 
stoteles lediglich  die  bekannte  Mine  seiner  Zeit  im  Auge  hat. 
Kein  damaliger  Leser  konnte  die  Worte  missverstehen:  ^ unter 
Solon  nämlich  wurden  sowohl  die  Hohlmasse  grösser  als  die 
pheidonischen  als  auch  die  Mine  nach  früherem  Gewicht  nur  70 
Drachmen  schwer  auf  die  jetzigen  100  ausgebracht;  übrigens  lautete 
das  alte  Courantstück  auf  2  Drachmen^.  Die  nämliche  Gleichung 
7  :  10  wird  für  das  urkundlich  und  aus  Gewichtstücken  längst 
bekannte  Markttalent  (Metr.^  847.  877)  erwähnt,  das  90  Münz- 
minen enthält  und  folglich  zum  pheidonischen  wie  10^/2  :  10  steht. 
Dasselbe  entspricht  dem  Wasser-  oder  Weingewicht  eines  Me- 
tretes.  Das  Fruchtmass,  der  Medimnos,  das  52  Liter  fasst  und 
damit  dem  Wassergewicht  von  2  Talenten  gleicht,  wird  von  Ari- 
stoteles übergangen. 

Die  ältesten,  gut  erhaltenen  attischen  Tetradrachmen  oder, 
wie  es  richtiger  heissen  muss,  Statere  wiegen  17,47  gr^.  Ver- 
einzelt kommen  übermünzte  Stücke  von  17,76  und  17,85  gr  vor^ 
Aber  die  überwiegende  Masse  ältester  Prägang  steht  merklich 
unter  dem  Normalgewicht,  was  nicht  zu  verwundem  ist.  Nach- 
dem nämlich  der  Münzfuss  um  reichlich  ein  Prooent,  der  Thaler 
von  17,47  auf  17,28  gr  herabgesetzt  war,  •  lag  es  für  den  Staat 
wie  für  Privatleute  gleich  nahe,  die  alten  schweren  Stücke  um 
den  überschiessenden  Betrag  zu  mindern.  Früher  hat  man  in  den 
ältesten  Stateren  Erzeugnisse  der  von  Solon  eröffneten  und  von 
Pisistratos  fortbetriebenen  Münzstätte  erblickt:  wie  ich  glaube  mit 
vollstem  Recht.     Neuerdings  will  man   sie   nach  Imhoof-Blnmers 


^  Yermuthlich  geben  die  S.  7  A.  erwähnten  Tempelgewichte 
Aufschluss:  eine  nochmalige  Einsicht  der  Wägungen  um  diesen  Punkt 
aufzuklären  ist  mir  nicht  verstattet  worden. 

^  V.  Prokesch-Osten,  über  die  Münzen  Athens  p.  6,  Abb.  d.  Berl. 
Ak.  184S. 

^  Catalogue  of  Greek  coins  in  the  British  Museum  N.  2,  3,  9. 


Die  Münzreform  Solons.  11 

Forgang  ^  vom  Anfang  des  sechsten  Jahrhunderts  ans  £nde  rücken. 
Das  palaeographische  Bedenken,    dass  Theta    in    der   Regel    mit 
dem  Punkt  0,  selten  mit  dem  Kreuz    φ  in  der  Aufschrift  ΑΘΕ 
erscheint,    ist   nicht   von    Belang.      Aus    den    Forschungen    von 
Mommsen  und  Brandis,  die  in  entscheidenden  Hauptpunkten  mit  dem 
gegebenen  Thatbestand  unvereinbar  sind,  läset  sich  keine  bindende 
Korm  für  den  Gang  der  älteren  Münzgeschichte  entnehmen.    Die 
solonische  Prägung  wird  durch  zwei  Gewährsmänner  des  vierten 
Jahrhunderts  mit  höchstem  Nachdruck  bezeugt:  durch  den  Finanz- 
beamteu  Androtion,    bei    dem  wir  Eenntniss    der    im  Schatzamt 
fortlebenden  Tradition  voraussetzen  dürfen,  durch  Aristoteles,  den 
wir  nach  den  unten  zu  besprechenden  Angaben  als  den  grössten 
MüDzkenner  des  Alterthums  anzusehen  berechtigt  sind.    Es  müssen 
strenge  Beweise  beigebracht  werden,  bevor  wir  einräumen,    dass 
der  Stern,  der  durch  das  Dunkel  der  früheren  Handelsgeschichte 
den  Weg  weist,  wie  dem  Schiffer  der  Polarstem,  in  trügerischem 
Licht  leuchte.  —  Mit  Hippias   hebt    die   zweite  Periode    in    der 
Entwicklung  der  attischen  Münze    an    nach   Oek.  II  2,  4    τό  Τ€ 
νόμισμα  τό  δν  *Αθηναίοις  άδόκιμον  έποίησε,    τάΕας   bk    τιμήν 
έκ€λευσ6  προς  αυτόν  άνακομίίειν  συνελθόντιυν  bt  έπί  τώ  κόψαι 
eiepov  χαρακτήρα,  έεέοιυκ€  τό  αυτό  άργύριον.     Man    hat  diese 
Nachricht  fälschlich  auf  die  erste  Einführung  des  attischen  Stem- 
pels mit  Pallaskopf   und  Eule  bezogen.     Ungesucht    bietet    sich 
ans  eine  andere  Deutung  dar.      Auf  Hippias    wird   einerseits  die 
Aenderung  des  χαρακτήρ,  der  fortan  als  Tetradrachmon  bezeich- 
nete, was  bisher  ein  Stater  gewesen  war,  anderseits  die  endgiltige 
Festsetzung  des  Normalgewichts  auf  17,28  gr  zurückzuführen  sein. 
Dass  diese  Reduction   mit  der  persischen  Münzreform  des  Darius 
Zusammen    hänge,    ist    bereits    Metr.^    876    von    mir  vermuthet 
worden. 

Die  Mine  von  432  gr  nebst  dem  dazu  gehörigen  Hohlmass 
ruht  auf  dem  bekannten  attisch- römischen  Fuss  von  296  mm. 
Dörpfeld  hat  1883  in  dem  ersten  seiner  metrologischen  Beiträge 
diesen  Fuss  am  Parthenon  und  anderen  Tempeln  der  Blüthezeit 
nachgewiesen,  aber  1891  in  dem  fünften  einen  abweichenden  Fuss 
von  328— 29  mm  an  die  Stelle  setzen  wollen.  So  erleben  wir 
das  für  einen  Laien  wunderliche,  einen  Metrologen  nach  den  S.  4 
gemachten  Bemerkungen  nicht  befremdende  Schauspiel,  dass  Pen- 


1  Monateber.  d.  Berl.  Ak.  1881  p.  657. 


12  Nissen 

rose  in  seinem  Streit  mit  Dörpfeld  über  die  Baagescliichte  des 
PartheDon  eich  der  Waffen  bedient,  die  dieser  1883  geschmiedet 
hatte.  Die  Einzelheiten  ihrer  Erörterung  sind  mir  nicht  geläufig ; 
von  vornherein  indess  bin  ich  geneigt,  eine  grössere  Wahrschein- 
lichkeit für  den  Fuss  von  296  mm  als  für  denjenigen  von  329  mm 
zu  beanspruchen.  Allerdings  wissen  wir  aus  dem  Bericht  von 
408/7,  dass  am  Erechtheion  nach  letzterem  gebaut  worden  ist. 
Aber  diese  Thatsache  gehört  einem  andern  Zusammenhang  an.  — 
Unsere  aristokratische  Ueberlieferung  verschweigt  insgemein,  dass 
die  Kämpfe  der  Parteien  und  Staaten  unter  einander  im  alten 
Hellas  so  gut  wie  in  der  Neuzeit  durch  wirthschaftliche  Gegen- 
sätze bedingt  waren.  Beispielsweise  erklären  die  abweichenden 
Interessen  von  Stadt  und  Land  die  Haltung  der  athenischen  Po- 
litik im  fünften  Jahrhundert,  fuhrt  die  Handelsrivalität  mit  Ko- 
rinth  den  Ausbruch  des  peloponnesischen  Krieges  herbei  ^  Auf 
eine  handelspolitische  Schwenkung  im  letsten  Drittel  dieses  Krie- 
ges können  wir  nur  aus  vereinzelten  Umständen  schliessen,  da 
kein  Geschichtschreiber  ihrer  ausdrücklich  gedenkt.  Nach  der 
sicilischen  Niederlage  ersetzen  die  Athener  die  bisherigen  Tribute 
durch  einen  in  allen  Häfen  des  Bundesgebietes  erhobenen  Zoll 
(Thuk.  YII  28,  4).  Aristophanes  klagt  über  die  407  eingetretene 
Verschlechterung  der  Münze  (Frösche  720 f.  mit  Schol.).  Euboea 
hat  in  diesen  Jahren  nach  aeginaeischem  Fuss  geprägt^.  Endlich 
hat  der  S.  6  erwähnte  Eid  der  403  auf  die  Fortdauer  der  Ge- 
setze, Masse  und  Gewichte  Solons  geschworen  wurde,  nur  dann 
einen  Sinn,  wenn  wir  annehmen,  dass  solche  ernstlich  bestritten 
war.  Ob  die  merkliche  Abnahme  des  Gewichtes  der  Tetradrach- 
men (Hultsch,  Metr.^  221)  auf  eine  Aenderung  der  attischen 
Währung  hinweist,  kann  ich  nicht  entscheiden.  Alle  Anzeichen 
indess  sprechen  dafür,  dass  Athen  in  der  Agonie  seines  Todes- 
kampfes den  Anschluss  an  das  peloponnesische  System  sei  es 
vollzogen,  sei  es  angebahnt  hatte. 

Mit  der  Wiederherstellung  der  Demokratie  ist  diese  Episode 
beendigt:  die  Athener  schlagen  ihren  alten  Thaler  fort  bis  86 
V.  Chr.,  wo  sie  durch  Sulla  das  Eecht  in  Silber  zu  münzen  für 
immer  einbüssten.  Man  nimmt  seit  Boeckh  an  (auch  ich  bin  die- 
ser Ansicht  gefolgt),    dass  das  vorsolonische  Marktgewicht    sich 


^  Vgl.    meine   Ausführungen    in    Sybels    hietor.    Zeitechr.   N.  F. 
XXVII  39Ü  f. 

2  Imhoof- Blumer,  Monatsbl.  d.  Berl.  Ak.l881  p.  667. 


Die  Münzreform  Solons.  13 

Dich  dem  Gesetz  der  Trägheit  bis  100  ▼.  Chr.,  wo  sein  Gebrauch 
urkundlich  bezeugt  wird,  im  Verkehr  zn  Athen  behauptet  habe. 
Allein  die  Annahme  stimmt  schlecht  zn  der  Wachsamkeit  der 
Metronomen  and  der  Eifersucht  des  Demos  auf  seine  nationalen 
Besonderheiten;  es  würde  mich  nicht  überraschen,  wenn  sie  durch 
die  Sammlang  der  Gewichte  auf  einen  bestimmten  Zeitraum  und 
einen  bescheidenen  Umfang  eingeschränkt  werden  sollte.  Für 
die  nächsten  Jahrhunderte  stehen  zunächst  keine  anderen  metro- 
logischen Daten  zur  Verfügung,  als  die  Münzen  darbieten.  Beulo, 
der  über  1000  Tetradrachmen  des  jüngeren  Stils  unter  Händen 
gehabt  hat,  constatirt  eine  merkliche  Abnahme  des  Gewichts,  das 
im  Mittel  16,5  bis  16,6  gr  beträgt.  Irgend  eine  Regel  für  die 
Abnahme  vermochte  derselbe  Gelehrte  nicht  zu  erkennen  \  Der 
Anfang  des  neuen  Stils  wird  (ob  mit  Recht,  ist  sehr  fraglich) 
ans  £nde  des  dritten  Jahrhunderts  gesetzt,  nachdem  Athen  seit 
dem  lamischen  Krieg  ein  volles  Jahrhundert  hindurch  des  Münz- 
recbts  beraubt  gewesen  sein  soll.  Ob  ein  Sinken  des  Gewichts 
in  den  letzten  Reihen  des  alten  Stils,  der  bis  322  erstreckt  wird, 
wahrnehmbar  sei,  vermag  ich  nicht  zu  sagen.  Unter  allen  Um- 
stlnden  erwuchs  dem  ehrwürdigen  Vogel  der  Pallas  auf  dem 
Weltmarkt  eine  gefährliche  Nebenbuhlerschaft  durch  die  make- 
donischen Könige.  Es  müssen  sehr  umfassende  finanzpolitische 
Untersuchungen  über  die  Frage  angestellt  worden  sein,  welche 
Währung  in  dem  neuen  Weltreich  die  Herrschaft  antreten  solle: 
die  schliessliche  Entscheidung  hat  sich  über  zwei  Jahrzehnte  hin- 
gezogen. Mit  der  Gewinnung  der  Bergwerke  des  Pangaeon  356 
erlangt  König  Philipp  die  Mittel  zu  einer  ausgedehnten  Gold- 
prägung (Diodor  XVI  8,  7).  Sein  Philippeus  ist  auf  den  attischen 
Fnes  ausgebracht  und  bestimmt  das  im  Osten  verbreitetste  Gold- 
stück, den  nm  2^/^  Procent  leichteren  Dareikos,  aus  dem  Felde 
xü  schlagen.  Aber  in  Silber  prägt  er  Tetradrachmen  von  14,5  gr 
nach  einem  ganz  abweichenden  System,  das  von  seinem  Sohn 
wieder  verlassen  wird.  Folgerichtig  führt  Alexander  seit  334 
dem  Beginn  der  Eroberung  Asiens  den  attischen  Fuss  in  der  Sil- 
ber- wie  der  Goldprägung  rein  durch.  Nach  den  Münzgewichten 
laut  es  sich  schwer  sagen,  ob  die  solonische  Drachme  von  4,366  gr 
oder  die  um  ein  Procent  abgeminderte  Drachme  der  Blüthezeit 
▼on  4,32  gr  als  Norm  gewählt  wurde^.     Im  Hinblick  auf  die  Ver- 


^  Beule,  les  monnaies  d^Athdnes  105. 

'  Zusaminenstellung  von  Münzgewichten  bei  Ilultsch  242 f. 


14  Nissen 

hältnieee  des  westlichen,  nuter  dem  Einflnss  Karthagos  stehenden 
Geldmarktes,  sowie  auf  die  nnten  zu  besprechende  Silberprägang 
Philipps  möchte  die  erstere  Annahme  den  Vorzug  verdienen. 
Jedenfalls  hat  die  neue  Königsmünze  die  cursirenden  altfränki- 
schen Thaler  Athens  nicht  nur  durch  die  Schönheit  ihrer  Stempel, 
sondern  auch  durch  volleres  Gewicht  ausgestochen. 

In  die  Uebergangszeit  von  der  attischen  zur  makedonischen 
Weltmünze  gehören  die  beiden  Zeugnisse,  die  wir  über  die 
Schöpfung  jener  besitzen.  Beide  sind  selbstverständlich  richtig, 
es  handelt  sich  nur  darum,  ihre  Abweichung  von  einander  zu 
erklären.  Das  Jahr,  in  dem  Androtion  seine  Chronik  veröffent- 
lichte, ist  unbekannt;  desgleichen  der  Zweck,  den  er  mit  der 
falschen  Behauptung  vom  Zusammenhang  der  solonischen  Münz- 
reform und  des  Schuldenerlasses  verfolgte.  Sicher  ist,  dass  Ari- 
stoteles jene  Darstellung  vor  Augen  gehabt  und  bekämpft  hat. 
Wenn  nun  Androtion  100  solonische  Drachmen  73  älteren  gleich- 
setzt (Flut.  Sol.  15),  so  kehrt  dies  Υ erhäitniss  ja  wieder  in  dem 
bekannten  Gesetz  vom  Jahre  100  v.  Chr.  (CIA.  II  476).  Aller- 
dings ist  es  ein  Trugschluss,  die  hier  erwähnte  Handelsmine,  die 
138  Münzdrachmen  wiegt,  ins  siebente  Jahrhundert  v.  Chr.  hin- 
aufrücken zu  wollen.  Mit  besserem  Grund  nehmen  wir  an,  dass 
sie  im  dritten,  als  der  achäische  Bund  seine  schützende  Hand 
über  Athen  hielt,  auf  dem  attischen  Markt  eingebürgert  wurde; 
denn  die  Achaeer  führten  einheitliches  Mass,  Gewicht  und  Münze 
bei  ihren  Bundesgliedem  ein  (Pol.  II  37,  10)  und  eben  von  ihrem 
System  ist  hier  die  Kede.  Es  ist  das  nämliche,  das  seit  Alters 
bei  den  Peloponnesiern  vorherrschte  und  aeginaeisch  genannt  zu 
werden  pflegt.  Gleichungen  desselben  mit  attischer  Währung 
können  deshalb  übereinstimmen,  ob  sie  nun  der  Epoche  des  Königs 
Mithridates  oder  des  Königs  Philipp  angehören.  Unzutreffende 
Namen  pflegen  vielen  Schaden  anzurichten ;  dies  gilt  auch  vom 
Namen  aeginaeisch.  Mit  der  alten  Handelsstadt,  die  den  Athenern 
Schmerzen  bereitete  wie  ein  Geschwür  im  Auge,  hat  die  Wäh- 
rung in  der  vorliegenden  Gestalt  nichts  zu  thun,  so  wenig  wie 
die  sog.  attische  Drachme  von  3,41  gr  mit  Athen.  In  beiden 
Fällen  hat  der  Sprachgebrauch  ein  neckisches  Spiel  getrieben. 

Die  Stadt  Aegina  hat  mit  derselben  Festigkeit  wie  Athen 
an  dem  einmal  angenommenen  Typus  und  Gewicht  ihrer  Münze 
festgehalten.  Hie  Eule,  hie  Schildkröte:  in  beiden  Fällen  sinkt 
das  wirkliche  Gewicht  bei  Nothlagen  höchstens  um  einige  Pro- 
cent  unter  die  Norm,  hat  Eücksicht  auf  die  Kundschaft,  der  gute 


Die  Münzreform  Solons.  15 

fiof  der  Firma  als  leitendes  Motiv  gegolten.  Die  Prägung  nm- 
faset  zwei  bis  drei  Jahrhunderte  bie  znm  Jahr  431,  wo  die  Ae- 
j^eten  aas  ihrer  Heimath  yertrieben  wurden,  und  ist  nach  der 
RüekfÜhmng  durch  Lyeander  404  in  sehr  bescheidenen  Grenzen 
▼ieder  aufgenommen  worden.  Der  Katalog  des  brittischen  Mu- 
lenrns  verzeichnet  79  Statere  aus  der  ersten,  5  aus  der  zweiten 
Periode.  Von  dieser  Zahl  erreichen  oder  tibertreffen  11  die  Norm, 
weitere  27  kommen  ihr  sehr  nahe.  Das  Normalgewicht  wird 
▼on  Head,  Hist.  Num.  p.  332  etwas  zu  hoch  mit  194  grains  = 
12,571  gr,  richtiger  von  Hussey  u.  a.  (Hultsch  190  A.  2)  mit 
192  grains  =  12,441  gr  angesetzt.  Auch  in  der  jtingsten  Periode 
Bach  404  ist  von  einer  Reduction  nicht  die  Hede.  Was  Aristo- 
teles mit  dem  Namen  des  Königs  Pheidon  benennt,  ist  eben  die 
Kunze  von  Aegina,  die  wir  nunmehr  nach  seiner  Gleichung  mit 
der  solonischen  bestimmen  auf:  Talent  37,423  kgr,  Mine  624  gr, 
Stater  12,47  gr,  Obol  1,04  gr  \ 

Nach  Androtion  ist  die  vorsolonische  Mine  4  Procent  leich- 
ter als  die  pheidonische.  £s  wiegen  Talent  35,885  kgr,  Mine 
598  gr,  Stater  1 1 ,99  gr,  Obol  1  gr.  Dabei  wird  vorausgesetzt 
daes  die  solonische  Drachme  ohne  Heduction  dem  Schriftsteller 
geläufig  war,  was  nach  seiner  amtlichen  Thätigkeit  wahrschein- 
lich genug  ist.  Wie  Metr.^  878  bemerkt,  muss  das  Münzamt 
ums  Jahr  100  v.  Chr.  die  δραχμή  Στ6φανηφόρου  zu  4,32  gr 
gerechnet  haben,  damit  eine  völlige  XJebereinstimmung  zwischen 
dem  Ansatz  der  Urkunde  und  demjenigen  Androtions  heraus- 
kommt. Eine  Währung,  die  dem  Ansatz  entsprochen  hätte,  gab 
es  zu  Solons  Zeiten  nicht,  wohl  aber  200  Jahr  später.  Die 
Normen  König  Pheidons  gelten  nämlich  für  den  grösseren  Theil 
des  griechischen  Festlandes,  insonderheit  für  den  Peloponnes  (ausser 
Korinth),  Boeotien,  Lokris  und  Phokis.  Die  Bundesgenossen  Spar- 
ta« in  ihrer  Mehrheit  prägen  auf  den  gleichen  Fuss  wie  Aegina. 
Aber  alle  übrigen  Münzstätten  werden  von  der  aeginaeischen  so 
»ehr  verdunkelt,  dass  das  aeginaeische  Wappen,  die  Schildkröte, 
im  Sprachgebrauch  peloponnesisches  Courant  bedeutet,  gleichwie 


^  Ich  habe  Metr.  ^  874  alle  diese  Beträge  eia  Hundertstel  zu  klein 
gesetzt,  weil  ioh  im  Hinblick  auf  die  olympische  Elle,  zu  der  auch 
nach  den  jetzigen  Zahlen  eine  Beziehung  angenommen  werden  kann, 
das  reducirte  attische  Talent  statt  des  solonischen  der  Rechnung  zu 
Gmnde  legte.  Ohne  derartige  Fehlgriffe  geht  es  bei  Qeneralrechnungen 
«itei  ab. 


16  Nissen 

die  Eule  attisches.  Erst  nachdem  dies  Hauptamt  431  geschlossen 
worden  war,  nehmen  die  übrigen  einen  ungeahnten  Aufschwang. 
Sie  schlagen  auf  den  alten  Fass,  vermindern  ihn  aber  am  4  Pro- 
cent, ähnlich  wie  Hippias  den  solonischen  um  ein  Procent  ver- 
mindert hatte.  Die  Gründe  der  Herabsetzung  werden  in  der  all- 
gemeinen Gelduoth  und  allgemeinen  Währungs Verhältnissen  (auch 
in  Athen  sinkt  ja  das  Gewicht  unter  die  Norm)  zu  suchen  sein, 
die  einzelnen  Staaten  mögen  sie  früher  oder  später  angenommen 
haben :  aber  schliesslich  dringt  die  Aendernng  überall  durch  und 
wird  gesetzlich.  Es  wäre  von  Werth,  den  Zeitpunkt  genau  zu 
ermitteln.  Früh  fällt  er  keineswegs;  denn  Aegina  hat  nach  404 
die  Wendung  nicht  mitgemacht:  von  5  Stateren,  die  das  Yerzeioh- 
niss  des  brittischen  Museums  enthält,  kommt  ein  einziger,  was 
nichts  beweist,  auf  die  '  reducirte  Norm  von  1 84  grains.  Zum 
gleichen  Ergebniss  führt  der  Bestand  der  anderen  Münzämter. 
Ich  entnehme  der  genannten  Quelle  zur  Yeranschaulichung  folgende 
Angaben  mit  der  Bemerkung,  dass  auch  so  leichte  Stücke,  die 
augenscheinlich  durch  ihre  Gewichtsminderung  metrologisch  ausser 
Betracht  bleiben  müssten,  mitgezählt  sind.  Von  den  Stateren  des 
brittischen  Museums  wiegen 


nach  alter  Norm 
192—84  grains 

nach  junger  Norm 

184  grains 

und  darunter 

Aegina 
Sikyon 
Elis 

67 
13 

42 

17 

7 
27 

Zakynthos 

Argos 

Opunt.  Lokrer 

Orchomenos 

5 
8 
2 

6 
4 
9 
2 

Theben 

88 

28 

Man  wird  darnach  die  Beduction  des  aeginaeischen  Fusses  um 
die  Wende  des  fünften  zum  vierten  Jahrhundert  annehmen  dürfen 
Das  also  ist  des  Pudels  Kern :  Androtion  hat  gewusst,  dass  König 
Pheidon  älter  sei  als  Solen,  dass  seine  Währung  einst  in  Attika 
wie  im  übrigen  Griechenland  gegolten  habe,  hat  sie  aber  als 
echter  Annalist  nicht  durch  eigene  Forschung  aufgehellt,  sondern 
auf  gut  Glück  nach  dem  Curs  bestimmt,  den  das  attische  Schatz- 
amt für  das  boeotische  und  peloponnesische  Courant  seit  ein  paar 
Menschenaltem  zu  Grunde  legte.  Somit  werfen  die  Thatsachen 
eine  der  stolzesten  Säulen  des  Boeckh'schen  Lehrgebäudes    über 


Die  Münzreform  Solons.  17 

den  Haufen^.  Der  Meister  würde  eich  ttber  den  Nachweis  nicht 
beklagen;  denn  wir  verfahren  lediglich  nach  denselben  kritischen 
Gnmdsätzen,  die  er  einst  den  nngesohichtlichen  Censnssätzen  des 
Servioe  ΤαΙΙιαβ  gegenüber  znr  Anwendung  gebracht  hatte.  Die 
venneintliche  ürknndlichkeit  der  attischen  Chronik  und  ähnliche 
Irrlichter,  die  bei  der  Gebart  der  Geschichte  hemmspuken,  lernt 
man  nebenbei  nach  ihrem  wahren  Werth  schätzen. 

Aristoteles  benennt  die  Wähmng,  der  Aegina  in  seiner  Blüthe- 
zeit  folgte,    mit   dem  Namen    des    Königs  Pheidon.     Die  Litren 
TOD  Akragas  nnd  Himera  setzt  er  einem  aeginaeischen  Obol  gleich 
(PoUnx  ly  174,  IX  80).      Darunter   hat  er  indess  aller  Wahrr 
BcbeiDlichkeit  nach  etwas  anderes  verstanden  als  man  gemeinhin 
annimmt.     Wenn  ich  nicht  irre,    rührt    eben  von    ihm  die  61ei- 
chnngdes  aeginaeischen  Talents  mit  100  attischen  Minen  her(Pollax 
II  76.  86).     Auf  diesen  Fass  haben  die  makedonischen  KönigCi 
Philipp  II.  wie  seine  Vorgänger  gemünzt  (Metr.^  872).     Bei  den 
Metrologen  heisst  er  gewöhnlich  wegen  seiner  weiten  Verbreitung 
in  Eleinasien  und  Syrien  der  phoenikische.    Einzelne  Stücke  be- 
weisen, dass  Aegina  sich  seiner  vor  König  Pheidon  bedient  hat : 
in  Paris  ein  Elektronstater  von  13,41  gr,  in  London  ein  Silber- 
itater  (Nr.  96  des  Katalogs)  von  13,685  gr.      Es  scheint  mir  be- 
zeichnend zu  sein,    dass   die  münzkundigen  Berather  König  Phi- 
lipps, mit  den  historisch  gewordenen   Verhältnissen  Griechenlands 
brechend,  auf  die  älteste  Gestalt  der  attischen  wie  der  aeginaeischen 
Währung  zurtickgriffen,   um  auf  beiden  die  neue  Weltmünze  auf- 
zubauen.    Einem  Forscher  wie  Aristoteles,  der  das  richtige  Ver- 
liältnise  zwischen    solonisoher    und     pheidonischer    Währung    zn 
ermitteln  wusste,  heisst   es  gewiss  nicht  zu  viel  zutrauen,    dass 
er  auch  über  letztere  volle  Klarheit  besass.      In  der  That  ist  der 
Ursprung  der  drei  wichtigsten  Gewichts-  und  Münzsysteme  Grie- 
chenlands 80  einfach  wie  nur  möglich.     Sie    sind     alle    drei   aus 
dem   Cubue    der    Elle  von  444  mm    (Wassergewicht  87,528  kgr, 
Metr.*  875)  abgeleitet: 

aeginaeisches  Talent    V2  Gubikelle  =  48,660  kgr 

pheidonisohes  Talent  V7  Gubikelle  =  37,423  kgr 

enboeisches  Talent     Vio  Gubikelle  =   26,196  kgr. 

Dass  der  Athenerstaat,    den   ein  freundliches  Geschick  uns 

beseheert,  nur  aus  und  im  Zusammenhang  mit  der  Zeitgeschichte 


^  Zu  meiner  eigenen  Ueberraschung,  da  Metr.*  847,  877  das  an- 
gMak  vorsolonisohe  Marktgewioht  paradirt. 

I.  f.  PhUol.  N.  F.  XLIZ,  2 


18  Nissen 

Γ 

begriffen  werden  könne,  habe  ich  in  dieser  Zeitschrift  XLVII 
161  f.  darzalegen  versacht.  Den  Aristoteles  der  Scholastik  ver- 
tauscht man  freilich  nicht  ohne  gründliche  uedankenarbeit  mit 
dem  Staatsmann  und  Kämpfer  in  praktischer  Politik ;  ich  wnndere 
mich  gar  nicht  dartlber,  dass  meine  Auffassung  in  der  ganzen 
einschlagenden  Litteratur,  soweit  ich  sie  kenne,  zurückgewiesen 
wird,  höchstens  über  den  Mangel  an  Vorsicht,  den  der  Ueber- 
eifer  unserer  schreiblustigen  Zeit  auch  bei  dieser  Gelegenheit 
bethätigt.  Inzwischen  ist  der  Streit  erledigt,  seit  einigen  Wochen 
befindet  sich  in  meinen  und  den  Händen  der  Leser  die  wichtige 
Mittheilung,  die  Sudhaus  in  dieserZeit8chriftXLYIII552f.  veröffent- 
licht hat,  das  Wort  gehört  jetzt  Epikur,  der  den  Aristoteles  aus 
grösserer  Nähe  kannte  als  die  Herren  Collegen,  die  heute  Bücher 
Über  ihn  verfassen.  So  sehr  man  auf  den  Fortgang  der  Sud- 
haus* sehen  Entzifferungsarbeiten  gespannt  sein  darf,  will  ich  eine 
allgemeine  Bemerkung  nicht  unterdrücken.  —  Litterarische  Polemik 
ist  zur  Mehrung  der  Erkenntniss  unerlässlich,  wird  feiner  empfin- 
dende Naturen  stets  abstossen,  ob  sie  nun  aus  dem  Alterthum 
stammt  oder  aus  der  Gegenwart.  Die  Nachlebenden  werden  des- 
halb leicht  den  Kämpfenden  nicht  gerecht.  In  zweitausend  Jahren 
wird  das  Gezänk  von  Heine  und  Börne,  der  Streit  der  Hegelianer 
und  Herbartianer,  zwischen  G.  Hermann  und  Boeckh  nebst  so 
vielen  anderen  Fehden  verschollen  sein :  man  wird  die  Entste- 
hung des  Zollvereins  studiren,  um  die  Errichtung  des  deutschen 
Reichs  zu  begreifen.  Für  das  Alterthum  liegt  die  Sache  anders. 
Der  Hader  der  Schulen,  das  Geschimpfe  der  Gelehrten  gewinnt 
eine  geschichtliche  Bedeutung,  weil  es  geschichtlichen  Gegensätzen 
Ausdruck  leiht.  *—  Die  Erhebung  der  Hellenen  nach  Alexanders 
Tode  wurde  von  den  makedonischen  Generalen  in  Blut  erstickt, 
aber  seiner  Vergangenheit  würdig  hat  Athen  jede  Gelegenheit 
benutzt,  die  Erfolg  versprach,  um  die  verlorene  Freiheit  zurück 
zu  erobern.  In  seiner  tiefsten  Demüthignng,  den  härtesten  Schlä- 
gen des  Schicksals  zum  Trotz,  blieb  Athen  noch  ein  Jahrhundert 
und  länger  die  geistige  Hauptstadt  der  Welt.  Wenn  Speer  und 
Schild  rosteten,  führten  Feder  und  Tinte  den  Streit  fort,  der  bis 
ans  Ende  des  Alterthums  hin-  und  herwogen  sollte,  den  Streit 
zwischen  Monarchie  und  Republik.  Es  ist  in  der  Ordnung,  dass 
die  freiheitlich  gesinnten  Forscher  ihre  Waffen  gegen  den  Grün- 
der der  königlichen  Wissenschaft  richten,  dass  um  den  todten 
Aristoteles  sich  ein  ähnlicher  Kampf,  wenn  auch  von  geringerer 
Dauer  entspinnt,  wie  um  den  todten  Alexander.    Die  Verehrung, 


Die  Münzreform  Solons.  19 

welche  Jalirtausende  dem  Nameu  gezollt,  darf  man  bei  den  Geg- 
nern nicht  erwarten,    ans  ihren  Worten  klingt  glühende  Leiden- 
ichaft,    klingt  der  wilde  Hase,    den  der  Druck  der  Knechtschaft 
enengt:  bei  dem  Athener  Epikur,  der  mit  achtzehn  Jahren  von 
Hans  und  Hof  vertrieben,  angesichts  der  makedonischen  Besatzung 
der  Theilnahme  am    öffentlichen  Leben    entsagt   hatte,    bei  dem 
Athener  Philochoros,  der  im  Greisenalter  auf  Betrieb  des  make- 
donischen Königs  ermordet  ward,  bei  dem  landflüchtigen  Timaeos, 
der  in  Athen  fünfzig  Jahre  lang    auf  die  Rückkehr    nach  seiner 
Heimathinsel  harren  musste.     Ihre  Angaben  über  das  Leben  des 
Arietotelee  sind  schwer  verständlich,  zeigen  indess,  dass  das  Idyll, 
dag  V.  Wilamowitz  ausmalt,    der  Wirklichkeit    nicht    entspricht. 
Epikur  hebt  seine  Thätigkeit  als  Chemiker  hervor  und  läset  ihn 
Chemie    lehren,    wahrscheinlich    anspielend    auf   die    Vergiftung 
Alexandere,    die  Olympias  ihm  in    die  Schuhe  schob:   biba(TK€lv 
φιλόσοφα  βη[τορικ]ά  πολιτικά   γεωργικά  μυρ[€]ψικά  μεταλλικά 
κτλ.    Sudhaus  ρ.  562  bemerkt  ^  dann  am  Schluss  bissig  und  mit 
beabsichtigtem  Doppelsinn    μεταλλικά \    denkt    also    vermuthlich 
nicht  Mos   an  Bergwerke  (fr.  254 — 66  Rose),    sondern  an  Geld. 
Dass  Aristoteles  im  Anschluss  an  die  makedonische  Münzreform 
über  die  damaligen  Währungen   und    ihren   Ursprung    gehandelt 
habe,  ist  wohl  möglich.    Dazu  stimmt  eine  Aeusserung  des  Timaeos 
(PoLXII  8),  der  nach  herbem  Tadel  der  in  der  Politie  gegen  die 
Lokrer    geschleuderten    Verunglimpfungen    fortfährt    καΐ    ταΟτα 
λίγειν  αυτόν  φησιν  ουτιυς  άζιοττίστιυς    ώστε   οοκεΐν   ?να   τιυν 
έστρατηγηκότιυν  ύπάρχειν  καΐ  τους  Πέρσας    έν  ταϊς  Κιλικίαις 
ττύλαις  άρτι  παρατά£ει  νενικηκότα    bxa    της  αύτοΟ   δυνάμεως, 
άλλ'  ου  σοφιστήν  όψιμαθή  και  μισητόν  υπάρχοντα  καΐ  τό  πο- 
λυτίμητον  Ιατρεϊον  όρτίως  όττοκεκλεικότα,  προς  bk  τούτοις  εΙς 
πάσαν  αύλήν  και  σκηνήν  έμπεπηδηκότα,  προς  bk  γαστρίμαργον 
άψορτυτην   έπ\  στόμα   φερόμενον  έν  πάσι.      Aus   den  Worten 
kann  man  in  üebereinstimmung   mit    der  Yita   Marciana  heraus- 
lesen:   1)    dass  Aristoteles    beim  König   in  Asien    gewesen   sei; 
2)  das«  er  erst  332  nach  der  Vernichtung  der  persischen  Flotte 
und  nach  der  Beseitigung  der  drohenden  Gefahr  eines  hellenischen 
Krieges  seine  Lehrthätigkeit  in  Athen  eröffnet  habe;    3)  dass  er 
die  Politien  im  Auftrag  des  Königs  geschrieben  habe.    Apollodor 
setzt  die  üebersiedlung  nach  Athen  zwei  Jahre  früher  an  (Diog. 
Laert.  V  1,  10) :  der  Widerspruch  lässt  sich  durch  die  Annahme 
lösen,    dass  Aristoteles    zu   einer  wichtigen  Berathung  ins  Feld- 
lifer  entboten  ward,    z.  B.    einer  Berathung    über  die  in  diesen 


iO  Kissen   Die  Münzreform  Solone. 

Jahren  vollzogene  Aenderung  der  bisherigen  Silberwahrnng.  Die 
Worte  τό  ιτολυτίμητον  Ιατρεϊον  άρτίως  άττοκεκλεικότα  bedeuten 
ηπη  gewiss  nicht  '  eine  obscnre  Arztstabe  znmachen',  wie  v.  Wi- 
lamowitz  I  315  übersetzt;  darin  wird  eher  eine  Bosheit  stecken, 
die  auf  des  Gelehrten  Thätigkeit  am  Münzamt  Bezog  nimmt.  Ti- 
maeos  hat  anderswo  zu  der  aristotelischen  Auffassung  des  Talentes 
Stellung  genommen  (Metr.  scr.  I  299,  6).  Ich  sage  nicht,  dass 
Aristoteles  makedonischer  Münzwardein  gewesen  sei,  aber  der 
Gedanke,  dass  er  eine  Denkschrift  über  die  Münzreform  geschrie- 
ben habe,  scheint  mir  überans  ansprechend.  Wohl  verstanden, 
es  handelt  sich  nur  um  Möglichkeiten.  Allein  um  die  Thätig- 
keit des  räthselhaften  Mannes  richtig  zu  würdigen,  werden  wir 
die  Vorstellung  abstreifen  müssen,  dass  sein  Leben  wie  ein  durch 
blumige  Auen  gleitender  Bach  verlaufen,  mit  Athen  in  derselben 
Weise  verknüpft  sei,  wie  das  eines  heutigen  CoUegen,  der  an 
einer  und  derselben  Universität  als  Student,  Privatdocent  und 
Professor  gehaust  bat. 

So  viel  über  die  Erklärung  des  zehnten  Kapitels,  wo  das 
Einmaleins  entscheidet :  eine  Instanz  gegen  die  kein  Wortschwall 
aufkommt.  Dass  das  Yerständniss  der  anderen  Kapitel  und  der 
Schrift  in  ihrer  Gesammtheit  von  den  gewöhnlichen  Voraus- 
setzungen aus  zu  erreichen  sei,  muss  ich  nach  Durchsicht  des 
V.  Wilamowitz*echen  Werkes  bezweifeln.  Jedesfalls  steht  der  in 
ihm  angeschlagene  Ton  ausser  Yerhältniss  zum  Geleisteten. 

Bonn.  H.  Nissen. 


21 


Zur  Schriftstellerei  des  Mythographen  Hyginus. 


Ein  Znsammenhang  zwischeii  der  Astronomie  des  Hy ginne 
und  der  nnter  dem  Namen  desselben  Verfassers  tiberlieferten 
Fabeleammlung  wird  durch  den  Verweis  in  astr.  II  12  (p.  46. 15 
Bunte)  verbürgt.  Diese  viel  besprochene  Stelle,  welche  lautet: 
Graeae  fuerunt  Gorgonum  custodes,  de  quibus  in  primo  libro  gene" 
akgiarum  scripsimus,  ist  mit  Recht  allerseits  auf  das  den  Fabeln 
vorangeschickte  genealogische  Kapitel,  p.  1 1.  1  Schmidt,  bezogen 
worden^.  Fraglich  ist  dagegen,  in  welchem  Verhältnisse  die 
eigentliche  Fabelsammlung,  welche  sich  an  dieses  Kapitel  an- 
echliesst,  zu  dem  citirten  genealogischen  Werke -steht.  Die  einen 
haben  dieselbe  überhaupt  dem  Hygin  abgesprochen,  andere  sie 
wenigstens  von  den  genealogiae  getrennt  und  als  eine  besondere 
Schrift  des  Mythographen  angesehen,  welche  erst  nachträglich 
mit  den  jetzt  nur  noch  fragmentarisch  erhaltenen  Genealogieen 
verbunden  wäre. 

I. 
Um    zunächst    über   die  Verfasserschaft  des  Hygin  zu  ent- 
scheiden,   wird  eine  Untersuchung  der  Zusammenhänge  zwischen 
dem  Fabelbuche    und    der  Astronomie    erforderlich  sein.     Durch 


^  Man  bemerke,  dass  Typhon  sowohl  cap.  geneal.  p.  10. 11  als  astr. 
II 28  (69. 24)  Gigant  genannt  wird ;  vgl.  Ilberg  in  Rosehers  mythol.  Lex. 
I  S.  1643.  —  Dagegen  kann  der  Verweis  astr.  II  17  (57.  3) :  α  quibus 
tum  (sc.  a  nymphis  Liberum)  ntUritutn  et  nostri  in  progenie  deorutn  et 
complures  Graeci  diocerunt,  nicht  auf  fab.  182  gehen,  auch  wenn  man 
mit  Robert  Eratosth.  p.  234  nos  für  nostri  schreibt.  Denn  das  be- 
treffende Stück  in  fab.  182  steht  in  engstem  Zusammenhaoge  mit  fab. 
179  (ygl.  ApoUod.  3.  4.  3),  d.  h.  es  ist  im  Zusammenhange  mit  den 
Sefaicksalen  des  Kadmos-Stammes  erzählt,  konnte  also  nicht  mit  in  pro- 
ferne  deorutn  (=  έν  θβογονίφ)  citirt  werden. 


22  Dietze 

Uotereachungen  über  die  Diktion  freilich  werden  eich  solche  nar 
schwer  nachweisen  lassen,  da  die  fabulae  in  einer  stark  tiber- 
arbeiteten Fassang  vorliegen;  wohl  aber  durch  Yergleichnng  des 
Inhalts  nnd  der  Darstellung  einzelner  Fabeln.  Im  zweiten  Bache 
der  Astronomie  nämlich,  welches  die  zu  den  Sternbildern  ge- 
hörigen Sagen  im  engen  Anschlüsse  an  die  sogenannten  Erato- 
sthenischen  Katasterismen  unter  gleichzeitiger  Benützung  eines 
Aratkommentars  ^  behandelt,  werden  zuweilen  karze  mythologische 
Notizen  eingeschaltet,  die  in  keiner  Beziehung  zu  den  sonstigen 
Quellen  dieser  Schrift  stehen,  die  aber  auf  Versionen  hinweisen, 
welche  in  den  fabulae  nach  der  griechischen  Vorlage  ausführlicher 
behandelt  sind.  Ueber  den  Tod  des  Castor  wird  astr.  II  22  (65.  4) 
der  Erzählung  der  Katasterismen  eine  andere  Version  hinzuge- 
fügt, welche  zu  fab.  80  stimmt:  (üii  autem^  cum  oppugnarent 
Spartam  Lynceus  et  Idas,  ibi  perisse  diaerunt.  Der  Zusatz  in 
astr.  II  14  (51.  21)  nonnulU  Glaucum  Minois  filium  eius  (sc.  Aes- 
culapii)  opera  remansse  diaerunt  entspricht  der  in  fab.  49  (= 
Apollod.  3. 10.  3)  gegebenen  Darstellung.  Man  vergleiche  femer 
astr.  II  8  (45.  II)  alii  autem  cum  Leda  Jovem  concubuisse  in 
olarem  conversum  diaerunt  mit  fab.  77.  Zu  dem  in  der  Vorlage 
(catast.  23)  genannten  Sohne  des  Neptun  und  der  Celaeno,  näm- 
lich dem  Lycus,  wird  astr.  II  21  (63.  17)  Nycteus  nach  fab.  157 


^  Mit  Unrecht  hat  Robert  diesen  weitschweifigen,  mit  unpassen- 
den mythologischen  Notizen  gespickten  Kommentar  auf  einen  Alexan- 
driner und  noch  dazu  auf  Parmeniscus,  den  Schüler  des  Aristarch, 
zurückgeführt.  Bei  dieser  Gelegenheit  bemerken  wir,  dass  die  Zusätze 
in  astr.  II  7,  die  Robert  aus  einem  mythographischen  Handbuche  her- 
leitet, aus  eben  diesem  Kommentare  stammen;  vgl.  p.  43.  10  Bunte 
(p.  141,  13  Bobert)  alii  dicunt,  qitod  initia  Liberi  sit  specülatus^  id  ei 
accidisse  und  astr.  II  6  (42,  10)  aUi  Orphea  α  Thr actis  mülieribus  inter- 
ficij  quod  viderit  Liberi  patris  initia  (atis  dem  Aratkommentare:  Ro- 
bert p.  224).  —  Es  ist  bekannt,  dass  dieser  Kommentar  gern  dichte- 
rische Erzählungen  heranzog;  fehlte  die  Beziehung  zu  den  Katasteris- 
men,  so  wurde  sie  ergänzt.  Eine  Kontrolle  gewährt  uns  Aesch.  frg. 
199  N.  gegenüber  dem  Kommentare  bei  Hyg.  astr.  II  6  (42.  11)  ss 
schol.  Arat.  75  (vgl.  Robert  p.  224;  Maass  anall.  Eratosth,  p.  43).  Zu- 
nächst ist  wenig  wahrscheinlich,  dass  Aeschylus  den  mit  den  Ligurem 
kämpfenden  Herakles  unter  die  Sterne  versetzt  habe.  Sodann  hiess  es 
im  Kommentare,  der  bedrängte  Held  habe  sich  auf  die  Kniee  nieder- 
gelassen {se  ingeniculasse  Hyg.,  έπΙ  γόνυ  πεσόντα  schol.);  natürlich, 
denn  es  handelt  sich  um  die  Erklärung  dos  Genicularius.  Beim  Ae- 
schylus steht  nur  άμηχανοΟντα. 


Zar  Schriftstellerei  des  Mythographen  HyginuB.  23 

^U.  8)  gesellt;  vgl.  fab.  8  (41.  21).  Auf  die  in  fab.  166  gege- 
bene Version  weist  astr.  II  13  (47.  21)  bin:  alii  autem  anguina 
ianium  crura  häbuisse  Erichthonium  diaeruntK  Mit  derselben 
Fabel  zeigt  aacb  die  anmittelbar  vorher  eingeschobene  Erzählnng 
wenigstens  eine  gewisse  Aehnlichkeit : 

fab.  166.  astr.  p.  47.  15. 

giitm   (sc.    Erichthoninm)    Mi-  eum  dicitur  Minerva  in  cistula 

nerva  dedit   in    eistida  servan'  quadam  ad  Erechthei  fUias  detu- 

dum  Cecropis  ßiäbus.   hae  cum  lisse   et   his  dedisse  servirndum. 

äslidam  aperuisseni^  comix  in^  virgines  cistam  aperuerunt.   quo 

dkavii;  iUae  α  Minerva  in-  facto    insania  α  Minerva 

Santa  ohieeta^  ipsae  sc  in  iniecta  de  arce  Ätheniensium 

mare^  praecipUaverunt.  se  praecipitaverunt. 

Selbstverständlich  kann  nur  durch  solche  sprachlich  e 
Anklänge  erwiesen  werden,  dass  der  Verfasser  der  Astro- 
nomie die  griechische  Vorlage  der  Fabeln  nicht  bloss  gekannt, 
sondern  aaoh  in  der  erhaltenen  Sammlung  selbst  verarbeitet  hat. 
Wir  vergleichen  zu  diesem  Zwecke  die  Sagen  von  Lykaon  und 
seiner  Tochter  Callisto  nach  ihrer  Darstellung  in  den  beiden 
Werken  des  Hyginus.  Die  Erzählung  in  astr.  II  4,  die  sich 
im  grossen  und  ganzen  an  Eratosthenes  anschliesst,  erinnert  un- 
Terkennbar  an  fab.  176,  wie  schon  Eobert  p.  75  angemerkt  hat. 
Man  vergleiche: 

fab.  176.  astr.  p.  34.  10. 

Ad  Lycaonem  Jovis  in  hospUium  Areas,  quem  dicitur  Lpcaon,  cum 

venisse    dicitur    .  .  .    Lycaonis  Juppiter   ad  eum   in  hospüium 

filU  (2)  carnem  humanam  cum  venisset,  cum  alia  came  concisum 

cetera  carne  commiscuerunt  idque  pro  epulis  adposuisse ; 

in  epulo  ei  apposuerunt.  (1)  Jo-  studebat   enim  scire,   si 

vem   tentare   voluerunt,  deus  esset, 
deusne  esset. 


»  Vgl.  Preller-Robert  griech.  Myth.  I  S.  199  A.  1. 

*  Diese  ablativische  Wendung  ist  in  den  Fabeln  formelhaft:  fab. 
2  (39.  1),  3  (39.  6),  32  (66.  5),  132  (113.  24)  u.ö.;  s.  den  Index  Schef- 
fen  Q.  öbicio.  In  der  Astronomie  sind  ausser  unserer  Stelle  zu  ver- 
gleichen II  23  (65,  16)  ab  lunone  fwrare  öbiecto  und  Π  14  (50.  22  α  Ce- 
rere  fa$ne  obiecta,  —  Auch  die  poetische  Wendung  (Tschiassny  stud. 
Syg-  p.  38  n.  78)  debitum  naturae  scHvere  fab.  52  (58.  19)  oder  persoh 
lere  &b.  26  (55.  21)  kehrt  mit  geringer  Modification  in  der  astr.  wie- 
der: II  20  (60.  21)  άώιΐηίη  naturae  reddere, 

'  £e  liegt  nahe,   die  Worte  ans  der  Astr.  zu  verbessern.    Zur 


24  Dietze 

In  dem  letzten  Falle,  den  wir  anfahren,  dem  eicheraten, 
wie  nns  dünkt,  zeigt  es  eich,  dass  der  Yerfaeser  der  Astronomie 
noch  einen  anderen  Aator  des  Fabelschreibere  kennt,  nämlich 
den  anbekannten  Dichter  der  vier  Yeree,  welche  in  fab.  177  sa 
dem  Stembilde  der  Callieto  citirt  werden.  In  dem  eingeeclio- 
benen  Stücke  astr.  II  I  (31.  15)  heisst  es  von  diesem  Stembilde: 
negant  Tethyn  Oceani  uaorem  id  reciperCy  quod  Tethya  Jtmoms 
sU  ntäria,  cui  Callhto  8ucc uhuer it  ut  padex.  Dieser  Ge- 
brauch von  succumbere^  welcher  singalär  in  der  ganzen  Latinität 
dasteht,  weist  aaf  den  vierten  der  in  der  Fabel  oitirten  Verse  hin : 

ausa  suae  quia  sü  guondam  suceumhere  alumnae. 

Wenn  also  der  Verfasser  der  Astronomie  nicht  bloss  aof 
die  in  dem  Fabelwerke  benützte  griechische  Vorlage,  sondern 
auch  auf  die  in  demselben  gegebene  Darstellung  anspielt,^  so  ist 
kein  Grund  mehr  vorhanden,  an  der  Identität  des  Verfassers 
beider  Werke  zu  zweifeln. 

Durch  die  eben  besprochene  poetische  Anspielung  ist  übri- 
gens die  Thatsache,  dass  Hygin  auf  die  römischen  Dichter  Be- 
zug nimmt,  von  neuem  bestätigt,  sowohl  denen  gegenüber,  welche 
solche  Anklänge  überhaupt  leugnen,  als  denen,  welche  sie  für 
interpolirt  halten.  Wir  reihen  die  übrigen  Beispiele  aus  der 
Astronomie  an.  Wie  in  fab.  57  zur  Uebersetzung  von  Jl.  Ζ  181. 
182  Lukrezverse  verwandt  werden,  so  ist  astr.  IV  3  dem  Arat- 
citate  die  Uebersetzung  des  Cicero  hinzugefügt.  Auch  der  astr. 
III  29  sich  findende  Fall,  dass  eine  griechische  Wendung  mit 
einer  poetischen  Floskel,  hier  aus  den  Aratea  des  Cicero,  wieder- 
gegeben wird,  hat  in  dem  Fabelbuche  seine  Parallelen.  Schliess- 
lich wird  astr.  II  24  (67.  17)  mit  den  Worten  pro  quo  etiam 
Callimachus  (sollte  heissen  Callimachi  interpres  LcUinus)  eam 
magnanimam  dixit  deutlich  auf  CatuU  66.  26  hingewiesen.  Haupt, 
der  opusc,  I  p.  60  gesehen  hat,  dass  das  ganze  Stück  p.  67, 
11  — 18  sammt  dem  Verweise  aus  einem  Catullkommentar  ^ 
geflossen  ist,  hat  dasselbe  freilich  nach  dem  Vorgange  Valcke- 
naers  aus  dem  Texte  ausgeschieden.  Nun  aber  ist  die  voran- 
gehende Erzählung  über    die  Berenice    p.  67,  3—11  sicher  vom 


Vorsicht  mahnt  jedoch,  dass  infolge  einer  gleichen  Flüchtigkeit  in  der 
Astr.  die  Töchter  des  Kekrops  mit  denen  des  Erechtheue  verwechselt 
werden. 

^  Eiu  Vergilkommentar  liegt    nach  0.  Crusius   in  Rosthtrs  Lex, 
der  Myth.  1  S.  1836  f.  der  fab.  193  zu  Grunde. 


Zur  Schriftstellerei  des  Mythographen  Hyg^nus.  25 

Hygin  ans  den  Katasterismen  übersetzt,  wie  gegeu  Robert 
Bratosth.  p.  5  f.  glänzend  durch  das  £xcerpt  des  Cosmas  bei 
Maass  (mall,  Eratosth.  p.  5  erwiesen  ist.  Wenn  aber  dieser  Ab- 
echoitt  dem  Verfasser  der  Astronomie  angehört,  so  m  α  s  β 
aoeh  die  folgende  Einlage  ans  dem  Catnllkommentar  echt  sein. 
Denn  da  unmittelbar  nach  derselben  mit  den  Worten  EratostJienes 
autem  dicii  wieder  auf  die  Erzählung  der  Katasterismen  zurück- 
gegriffen wird  (Robert  a.  a.  0.),  so  ist  es  wegen  des  autem  un- 
bedingt erforderlich,  dass  Hygin  ein  von  der  Vorlage  verschie- 
denes Stück  eingeschoben  hatte,  nämlich  die  Einlage  aus  dem 
Catnllkommentar.  Derjenige  also,  welcher  dieselbe  interpolirt 
hat,  ist  kein  anderer  als  der  Verfasser  selbst. 

IL 

Wenn  es  für  uns  ausgemacht  ist,   dass  die  Fabelsammlung 
Ton  dem  Verfasser    des  astronomischen  Werkes  stammt,   so  tritt 
an  uns    die     zweite    Frage     heran,     in    welchem    Verhältnisse 
diese    Sammlung    zu    den    in    der    Astronomie    citirten     genea- 
hgiae  gestanden  hat.     Robert^    hat    die  Ansicht  ausgesprochen, 
daae   die  genealogische  Schrift    vom  Hygin  vor,    das  Fabelbuch 
aber  nach  der  Herausgabe  seiner  Astronomie  abgefasst  und  beide 
Werke  erst  nachträglich    in  einander  gearbeitet  seien.     Da  diese 
Hypothese  Beifall^  gefunden    hat  und  sogar  in  die  neueste  Auf- 
lage von  Teuffels  Litteraturgeschichte  übergegangen  ist,    scheint 
es  an    der  Zeit  zu    sein,    sich  genauer  mit  ihr  zu  beschäftigen. 
Zur  Zeit   der  Abfassung    der  Astronomie    hatte  Hygin,   wie   das 
Citat  in  II  12  erweist,    das   genealogische  Werk  bereits  heraus- 
gegeben» plante    aber    damals  zugleich    eine  dritte  Schrift.     Am 
Schlüsse  der  praefatio  (p.  22.  7)  heisst  es  nämlich,  nachdem  der 
Verfasser  von  der  Aufnahme  gesprochen  hat,  welche  er  für  seine 
Astronomie  erwartet:  ideoque  maioribus  etiatn  niti  läborihtis  cogi- 
iamus^   in   quibus   et   ipsi   exerceamur    et,   quibus    volumus,    nos 
itrobare  possimus;    und  weiter:   sed  ne  diutius  de  eo,  quod  negle- 
gimus,   loquamur,   ad  proposiium    veniemus.     Näheres    über    die 
£nt8tehungsweise    dieses    in   Vorbereitung    befindlichen    Buches, 
durch  welches  Hygin  sich  die  Gunst  des  Publikums  zu  erobern 
bofflc,  erfahren  wir  ebendaselbst:  etenim  necessariis  nostris  homini• 


*  Er<Uosth.  p.  235.  23«. 

*  Bei  Knaack  Hermes  16    S.  585  A.  1;    vgl.  Kauffmann   de  Hyg. 
p.  42. 


26  Dietzc 

bus  sciefdissimis  maaimas  res  scripsimus:  non  leOtbus  occupati 
rebus  popuU  captamus  existimationem.  Der  Mythograph  hatte  also 
einzelne  Partieen  des  Werkes,  von  dessen  Auearbeitung  er  sich 
soviel  versprach,  damals  bereits  für  den  Gebrauch  seiner  näch- 
sten Freunde  entworfen.  Dass  diese  Studien  schon  der  Astronomie 
zu  gute  gekommen  sind,  wird  sich  bestätigen.  Ueber  den  Inhalt 
der  geplanten  Schrift  werden  wir  durch  drei  Verweise,  deren 
Zusammenhang  von  Eobert  erkannt  worden  ist,  unterrichtet.  Es 
sollten  nämlich  mythologische  Themata  darin  abgehandelt  werden ; 
vgl.  astr.  II  12  (46.  22)  Gorgonam,  de  qua^  alio  tempore  phtra 
dicemus;  II  20  (59.  25)  aureatn  pellem,  de  qua  aHibi  plura  dice" 
.  mttö;  II  34  (73.  21)  quae  post  mortem  eins  (sc.  Orionis)  Diana 
fecerity  in  eius  historiis  dicemus.  Diese  Citate  können  weder  we- 
gen des  Futurums  auf  die  genealogiae  bezogen  werden  noch  aus 
der  Vorlage  abgeschrieben  sein  (Hobert  a.  a.  0.).  Mit  Bursian^ 
aber  an  Verweise  auf  Stellen  zu  denken,  die  im  selben  Buche 
folgen  oder  wenigstens  nach  der  ursprünglichen  Absicht  des  Ver- 
fassers folgen  sollten,  geht  nicht  an,  da  Hygin  auf  kommende 
Stellen  wohl  mit  ut  postea  oder  posterius  dicemus^  nie  aber  mit 
ut  alio  tempore  oder  alibi  dicemus  hinweist.  £e  bleibt  also  nichts 
übrig,  als  an  das  in  Vorbereitung  stehende  Werk  zu  denken. 
Darin  aber,  dass  dasselbe  irgend  etwas  mit  der  uns  erhaltenen 
Fabelsammlung  zu  thun  habe,  können  wir  Eobert  nicht  beipflich- 
ten. Nach  seiner  Annahme  müssten  jene  Verweise  in  unseren 
fabulae  ihre  Entsprechung  finden.  Aber  wir  konstatiren,  dass 
ausführlichere  Angaben  über  die  Gorgo  und  die  Thaten  der  Ar- 
temis sich  in  denselben  nicht  finden  und  überhaupt  für  ein  Werk, 
welches  wie  unser  Fabelbuch  die  wichtigsten  Sagen  für  den  Schul- 
gebrauch kurz  erzählt,  sich  nicht  eignen  würden.  Vielmehr  ist 
an  eingehendere  mythologische  Untersuchungen  zu  denken.  Auch 
für  die  dritte  Stelle  —  auream  pellem^  de  qua  alibi  plura  dice- 
mus —  vermiesen  wir  ein  genaues  Korrelat  in  den  Fabeln.    Man 


^  So  steht  deutlich  auch  im  Dresdensis.  Dass  die  Bedeutung 
dieser  trefflichen  Handschrift  wegen  der  unzureichenden  Kollation  Bun- 
tes in  der  letzten  Zeit  nicht  genügend  gewürdigt  worden  ist,  haben 
Heydenreich  Progr.  Freiberg  1878  S.  If.  und  besser  noch  Kauffmann 
de  Hyg.  mem.  p.  11  betont. 

2  Jbb.  f.  Phil  1866  S.  763.  —  Ein  ungenaues  Citat  findet  eich 
allerdings  ΙΙί  10  (85.  11),  wo  wohl  infolge  nachlässiger  Quellenbe- 
nutzung mit  aupra  diximus  auf  eine  Stelle  verwiesen  wird,  die  erst 
lU  29  (93.  23)  folgt. 


Zur  Suhriftstellerei  des  Mythographon  Hyginus.  27 

lonDte  allerdinge  zur  Noth  an  fab.  188  (vgl.  3  init.)  oder  über- 
haupt an  die  Bolle  denken,  welcbe  das  goldene  Yliess  in  der 
Argonauteneage  spielt.  Die  Möglichkeit  einer  solchen  Beziehung 
wird  nach  Bobert  dadurch  zur  Gewissheit  erhoben,  dass  gleich 
Dach  dem  Verweise  II  20  (60.  1  =  Bobert  p.  125.  18)  wiederum 
zu  der  Erzählung  nach  Eratosthenes  ein  Zusatz  gemacht  wird, 
welcher  der  in  fab.  2  gegebenen  Darstellung  entsprechen  und 
dieselbe  also  gewissermassen  vorausnehmen  soll.  Diese  Bezie- 
hoog  müssen  wir  aber  entschieden  bestreiten.  Sehen  wir  uns 
jenes  eingeschobene  Stück  genauer  an:  et  arietis  ipsius  efßgiem 
ώ  Nube  inter  sidera  constitutam  habere  tempus  anni^  quo  frumen- 
tum  seritur  ideo,  quod  Ino  tostum  severU  ante^  quae  maxime  fugae 
fuit  causa.  Nichts  ist  sicherer,  als  dass  die  hier  angedeutete 
Version  der  von  Ovid  fast.  III  853—876  und  Apollod.  1.  9.  1 
gegebenen  entspricht.  Nachdem  durch  die  List  der  Ino  die  Saat 
Terdorben  und  eine  Teuerung  im  Lande  hervorgerufen  ist,  sendet 
man  einen  Boten  nach  Delphi,  um  den  Bath  des  Apollon  einzu- 
holen. Der  Bote  wird  aber  von  der  Ino  überredet,  eine  falsche 
Antwort  zu  geben  und  im  Namen  des  Gottes  den  Opfertod  des 
Phrixus^  zu  fordern.  Gern  ist  Phrixus  bereit,  mit  seinem  Blute 
die  Noth  des  YaterlandSs  abzuwenden:  da  erscheint  im  letzten 
Angenblicke  Nephele  und  bringt  ihre  Kinder  auf  dem  Widder 
davon.  Nur  bei  dieser  Sagen version  kann  man  die  List  der  Ino 
mit  der  Flucht  ihrer  Stiefkinder  und  dem  Eatasterismus  des 
Widders  in  Verbindung  bringen.  Werfen  wir  nunmehr  einen 
Blick  auf  fab.  2.  Der  Anfang  der  Erzählung  ist  derselbe  bis 
zur  Ueberbringung  der  falschen  Botschaft  und  dem  Anerbieten 
des  Phrixus,  in  den  Tod  zu  gehen.  Nun  aber  im  Augenblicke 
der  höchsten  Gefahr  wird  der  Bote  von  Mitleid  übermannt  und 
thut  dem  Athamas  den  schändlichen  Plan  seines  Weibes  kund^. 
Phrixus  ist  gerettet:  Ino  und  ihr  Sohn  werden  ihm  zur  Bestra- 
ftuig  überliefert,  aber  von  Dionysus  durch  ein  Wunder  entführt. 
Die  Flucht  der  Geschwister  auf  dem  Widder  wird  bei  einer  ganz 
•äderen  Gelegenheit   erzählt.     Mit    dieser  Sagenform  haben  also 


*  Wenn  beim  Ovid  auch  Helle  dem  Tode  verfallen  soll,  so  ist 
das  eine  freie  Zugabe  des  römischen  Dichters,  üebrigens  nennt  Apol- 
lödor  mehrere  Boten. 

3  Offenbar  liegi  die  ύπόθ€σις   eines    Dramas   zu  Grunde,   höchst- 
vthnckeinlich  des  Eurip ideischen  Phrixus;  vgl.  frg.  831  N. 
πολλοΐσι  οούλοις  τοονομ*  αίσχρόν,  ή  bi  φρήν 
Turv  ούχΙ  δούλων  έστ'  έλ€υθ€ρωτέρα. 


28  Dietze 

die  Worte  der  Astronomie  nichts  zu  thun.  Vielleicht  ist  die 
Yermathnng,  dass  die  in  der  Astronomie  gegehene  Version  im 
Anschlnss  an  die  Katasterismen  erzählt  ist,  doch  nicht  ganz  ab- 
zuweisen, zumal  dieselbe  auch  von  Ovid,  den  fiebert  selbst  als 
testis  für  den  Eratosthenes  anfuhrt,  befolgt  ist.  Doch  wie  dem 
auch  sei,  jedenfalls  ist  ein  positiver  Beweis,  dass  jene  drei  Ver- 
weise den  fabulae  gelten,  nicht  erbracht  worden. 

Wer  die  Fabeln  für  das  nach  der  Astronomie  abgefasste 
Werk  des  Hyginus  hält,  verkennt  vollständig  das  Yerhältniss,  in 
welchem  beide  Schriften  zu  einander  stehen.  Während  die  Quellen 
des  Fabelbuches,  wie  wir  sahen,  dem  Verfasser  der  Astronomie 
bekannt  sind  und  ihre  Bearbeitung  im  ersten  Werke  nicht  ohne 
Einfluss  auf  die  Darstellung  im  zweiten  geblieben  ist,  kommen 
umgekehrt  in  der  Astronomie  eine  Unmenge  von  Sagenversionen 
theils  aus  den  astronomischen  Quellen,  theils  aus  anderen  Vor- 
lagen hinzu,  welche  dem  Verfasser  der  fabulae  noch  unbekannt 
sind,  trotzdem  dass  sich  zu  ihrer  Verwerthung  reichliche  Gelegen- 
heit geboten  hätte.  Auch  in  der  Erzählungskunst  zeigt  die  Astro- 
nomie einen  Fortschritt,  wenn  man  z.  B.  die  Darstellung  der 
Erichthoniusfabel  in  fab.  166  und  astr.  II  13  vergleicht;  gegen- 
über  fab.  63.  64  zeichnet  sich  astr.  II  9 — 12  nicht  nur  durch 
eine  gewisse  Gelehrsamkeit  und  Citatenreichthum,  sondern  auch 
durch  eine  Art  von  Kritik  aus^.  Schliesslich  werden  zuweilen 
Sagen,  welche  im  Fabelbuche  ausführlicher  behandelt  sind,  in 
der  zweiten  Schrift  als  bekannt  vorausgesetzt.  Von  dem  in  fab. 
84  berichteten  Tode  des  Myrtilns  heisst  es  astr.  II  13  (48.  5): 
cuius  post  notam  ornnt-^ti^  mortem.  Die  in  fab.  64  erzählten  Sagen 
werden  astr.  II  9  als  notissimae  historiae  bezeichnet.  Weil  fab.  63 
vorausgesetzt  ist,  werden  die  Worte  der  Vorlage  catast.  22  τή 
Δανάη  ώς  χρυσός  μιγ^ις  ό  Ζευς  έγίννησεν  αυτόν  in  astr.  II 
12  einfach  durch  inus^itato  gener e  concubitionis  ncUiiS  wiedergege- 
ben ^     Wenn    Hygin    in    solcher  Weise    die    in  den  fabulae  be- 


^  Vgl.  p.  46,  3  Euripides  fabulam  commodissime  scribit ;  p.  46.  10 
non  ut  quidam  inscienttssime  interpretantur;  p.  46.  11  quae  res  netnini 
docto  potest  probari. 

2  Die  Version  in  fab.  64  Cassiope  filiae  suae  Ändromedae  farmam 
Nereidüms  anteposuit  beruht  auf  einer  Verwechslung  mit  der  Cenchreis 
(fab.  58)  oder  Niobe  (9).  In  Astr.  II  10  wird  der  Irrthum  richtig  ge- 
stellt: Cassiopia.  de  hac  Euripides  et  Sophocles  et  alii  complures  dixe^ 
runtj  ut  gloriata  sit  se  forma  Nereidas  praestare.  üebrigens  wird  das 
Euripidescitat  Astr.  II  9  weiter,    als    es    die  Vorlage    (Catast.  15)   ge- 


Zur  ScbrifUtellerei  des  Mythograpben  Hygfinos.  29 

bandelteo  Stoffe  als  trivial  binetellt,  so  ist  es  nnmöglicb,  dass 
das  Fabelbacb  jene  bei  der  Abfassung  der  Astronomie  geplante 
Schrift  war,  welcbe  alle  früberen  Werke  an  Gelebrsamkeit  tiber- 
treffen sollte. 

Diese  dritte  Scbrift  also,  welcbe  mit  den  genealogiae-fabulae 
nichts  zu  tbun  batte,  aber  ebenfalls  mytbologiscbe  Stoffe  beban- 
delte, ist  uns  völlig  anbekannt.  Wir  können  niobt  einmal  wiesen, 
ob  eie  überbanpt  berausgegeben  worden  ist.  Vielleicbt  gelingt 
ee  aber  docb,  uns  wenigstens  eine  Vorstellung  von  ibrem  In- 
halte zu  macben.  Weil  die  mytbologiscben  Kenntnisse,  welcbe 
Hygin  im  zweiten  Bucbe  der  Astronomie  auskramt,  Öfters  zu  dem 
Zwecke  dieser  Scbrift  nicbt  in  der  geringsten  Beziebung  steben, 
haben  wir  bereits  die  Yermutbung  angedeutet,  dass  die  Vorstu- 
dien für  das  künftige  Werk  bier  von  Einfluss  gewesen  sind.  Wir 
vollen  versnoben,  an  der  Hand  der  drei  oben  besprochenen  fu- 
tnriscben  Verweise  einen  Schritt  weiter  zu  kommen.  Dass  die 
in  astr.  II  20  versprochenen  Untersuchungen  über  das  goldene 
Yliess  (auream  pellem,  de  qua  cUibi  plura  dicemus)  und  die  Ein- 
schaltungen über  die  Vorgeschichte  der  Argonautensage  (60.  6 — 
25)  von  den  Angaben  über  den  Bauort  des  Schiffes  Argo  in  II 
37  nicht  zu  trennen  sind,  hat  bereits  Bursian^  gesehen.  Diese 
Angaben  haben  mit  dem  Katasterismus  der  Argo  nichts  zu  tbun, 
veisen  aber  eine  dem  Fabelbuche  fremde  Quellenkenntniss  ^  auf 
md  können  darum  mit  den  Vorarbeiten  für  das  künftige  Werk 
in  Verbindung  gebracht  werden.  Vergleichbar  ist  die  etymolo- 
^he  Auseinandersetzung  über  die  έτηοίαι^  in  astr.  Π  4;  da- 
leihst  fahrt  Hygin  fort  (p.  38.  2):  sed  de  hoc  in  medio  rdin- 
quäuTj  ne   nos  omnia  praeripuisse  eanstimemur.     Solche  Themata 


itattet,  ausgedehnt:  hunc  Euripides  cum  ccteris  Phoenicis  fUium  esse 
nonstraoUf  mit  Unrecht,  wie  schlagend  Apollod.  2.  1.  4  beweist.  Wie 
Tonichtig  man  mit  den  Gitaten  in  den  mythologischen  Quellen  umzu- 
geben bat,  zeigt  Sittl  in  der  Abhandlung  über  die  GlaübtoOrdigkeit  der 
ffenodfraffmente,  Wiener'  Stud.  1890  S.  56  ff. 
1  Jbb.  f.  Phil  1866  S.  763. 

*  Natürlich  bat  der  Verfasser  die  angefübrten  Schriftsteller,  Ho- 
iser,  Pindar,  Aescbylas  und  Gallimacbus,  nicbt  selbst  einges^en.  Von 
doD  Homercitate  läset  sich  das  beweisen.  Denn  die  Worte  (p.  75.  3) 
Bomenu  kunc  eundem  locum  etc.,  welcbe  jetzt  unverständlich  sind, 
Wngen  sich  in  der  vom  Hygin  verstümmelten  Vorlage  auf  das  tbessa- 
Hiebe  Aigos  (H.  Β  681);  vgl.  Mnncker  z.  Stelle. 

*  VgL  Maass  atuul  Eratosth,  p.  68. 


dO  Dietze 

also  sind  es,    welche  durch  Einschaltung    in  die  Astronomie  der 
in  Vorbereitung  stehenden  Schrift  vorweggenommen  werden. 

Das  zweite  Citat  in  astr.  II  1 2  {Gorgonam,  de  qua  alio  tem- 
pore plura  dicemus)  verspricht  für  das  geplante  Werk  Stoffe, 
welche  auch  in  den  vom  Verfasser  gemachten  Zusätzen  in  astr. 
II  12  (ßohert  p.  131)  und  II  13  (Robert  p.  103)  berührt  sind. 
Der  dritte  Verweis  endlich  am  Schlüsse  von  astr.  II  34  (sed 
quae  post  mortem  eius,  sc.  Orionis,  Diana  fecerit,  in  eins  historiis 
dicemus)  hängt  so  eng  mit  dem  vorangehenden  fieferate  aus  Istrus 
zusammen,  dass  Bursian  und  Robert^  meinten,  auch  der  Verweis 
des  Hygin  sei  aus  derselben  Vorlage  abgeschrieben.  Wenngleich 
demselben  eine  solche  Flüchtigkeit  schon  zuzutrauen  wäre,  so 
sehen  wir  hier  keinen  Grund  zu  dieser  Annahme,  sondern  halten 
dafür,  dass  unser  Schriftsteller  in  dem  geplanten  Buche  die  Quelle, 
welche  er  bereits  in  der  Astronomie  hie  und  da  zu  Rathe  zog, 
weiter  verwenden  wollte.  Wir  möchten  insbesondere  deshalb 
wieder  die  drei  Istrus -Referate,  welche  sich  in  der  Astronomie 
finden,  mit  dem  in  Vorbereitung  stehenden  Werke  in  Verbindung 
bringen,  weil  die  in  ihnen  behandelten  Sagen  zur  Erklärung  der 
betreffenden  Gestirne  absolut  nichts  beitragen^.  In  der  Citirung 
des  Istrus  aber  ist  ein  Fortschritt  gegenüber  dem  Fabelbuche  zu 
konstatiren.  Denn  wenn  in  letzterem  jener  Schriftsteller  benutzt 
wird,  so  hat  Hygin  diese  Stücke  aus  seiner  unmittelbaren  Vor- 
lage, ohne  eine  Ahnung  von  ihrem  Ursprünge  zu  haben,  über- 
nommen^. Freilich  wollen  wir  damit  nicht  gesagt  haben,  dass 
die  IstruB-Referate  der  Astronomie  aus  erster  Hand  geschöpft  sind^. 


1  Bursian  Jbb,  a.  a.  0.  S.  766,  Robert  Eratosth,  p.  235. 

2  Robert  Eratosth,  p.  230.  Die  eine  (Π  35  p.  74.  3)  widerstreitet 
sogar  dem  Katasterismus.  Darum  moss  mit  Robert  gegen  Wilamowitz 
Hermes  18  S.  42i  A.  2  an  der  Kontamination  festgehalten  werden.  — 
W^ährend  für  die  Geschichte  vom  ApoUon  und  der  Coronis  in  Astr.  II 
40  Istrus  als  Gewährsmann  genannt  wird,  geht  fab.  202  (ausgeschrieben 
in  schol.  Stat.  Theb.  III  506  bei  Kohlmann,  Progr.  Posen  1873  S.  10) 
auf  eine  überarbeitete  Hesiod-ύπόθeσις  (s.  frg.  143  K,)  zurück,  welche 
reiner  bei  Ovid.  met.  II  531—632  und  Apollodor  3.  10.  3  erhalten  ist; 
vgl.  Thräjaer  in  Koscher 8  Lex.  I  S.  618. 

8  Vgl.  Knaack  ätsch.  Litt.- Ztg.  1886  S.  1060;  Bethe  quaest, 
Diod.  p.  83. 

*  Auch  die  lange  Geschichte  von  den  Schicksalen  des  Prometheus 
in  Astr.  II  15  scheint  nicht  aus    den  astronomischen  Quellen  zu  stam- 


Zar  Schriftstellerei  des  Mythographen  Hyginue.  31 

III. 

Der  uang  anserer  ünterenchnng  hat  uns  za  dem  Keenltate 
geführt,  dase  die  Abfassung  der  Fabelsammlang  vor  die  Her- 
ausgabe der  Astronomie  fällt.  Es  bleibt  nur  noch  zu  nnter- 
snchen,  in  welchem  Yerhältnisse  unser  fabularum  liber  zu  den 
ebenfalls  yor  der  Astronomie  edirten  gene(üogiae  stand,  ob  er 
Ton  denselben  yerschieden  oder  ihnen  ursprünglich  einverleibt 
war.  Wer  sich  für  die  genealogiae  einen  rein  genealogischen 
Aofbau  und  Charakter  konstrnirt,  nimmt  lieber  zwei  völlig 
getrennte  Schriften  an.  Und  es  ist  wahr,  der  Titel  genealogiae 
wäre  für  ein  Werk  wie  unser  Fabelbuch,  mag  dasselbe  noch  so 
lehr  überarbeitet  und  excerpirt  sein  und  unter  dem  Yerluste 
der  Bucheintheilung  gelitten  haben,  kein  passender  gewesen.  Aber 
ea  fragt  sich,  wieviel  wir  unserem  Autor  überhaupt  zutrauen 
dürfen.  Die  äusseren  Zeugnisse  sprechen  jedenfalls  gegen  die 
Annahme  zweier  verschiedener  Werke.  Bei  der  Herausgabe  der 
Aatronomie  sag^  Hygin  von  derselben  praef.  p.  19.  8:  ne  n^ü 
m  adolesceniia  läborasse  dicerer  et  imperitorum  iudicio  desidiize 
ftt^em  erimeny  hoc  velut  rudimenio  scientiae  nisus  scripsi  ad  te; 
Tj^l.  lY  14  (114.  19).  Dieser  Ausspruch  des  jugendlichen  Schrift- 
itellers  ist  wunderbar.  Hygin  ignorirt  offenbar  die  Abfassung 
des  Erstlingswerkes,  der  genealogiae:  er  scheint  von  denselben 
nieht  allzu  viel  zu  halten.  Unmöglich  aber  ist  es  angesichts 
dieser  Worte  und  der  Jugend  des  Yerfassers,  eine  umfangreichere 
aehriftstellerische  Thätigkeit  desselben  vor  der  Herausgabe  der 
Astronomie  anzunehmen. 

Wichtiger  ist  ein  zweites  Zeugniss,  das  nach  unserer  An- 
ficht bisher  nicht  genügend  gewürdigt  worden  ist.  Pseudo-Dosi- 
theus  übersetzte  das  Werk  des  Hygin  im  Jahre  207  und  fand  in 
der  γενεαλογία,   wie  er  dasselbe  nennt,    bereits  die  Fabelsamm- 


neo,  sondern  im  Zusammenhange  mit  den  erweiterten  mythologischen 

«ad  litterarischen  Studien  des  Verfassers  zu  stehen.     Robert  Eratosth. 

p.  223  (Tgl.  Knaack  andU»  Eratosth,  p.  43.  54)   hat  allerdings  den  Ka- 

tasteritmos  am  Eingange  des  Kapitels  mit  grossem  Scharfsinn  auf  den 

Bermipp  zurückgeführt;  dagegen  ist  höchst  unwahrscheinlich,  dass  die 

b»e  angehängten  Sagen  ans  dem  Kreise  des  Prometheus  auf  denselben 

Autor  zurückgehen.    Das  ganze  Stück,  welches  drei  Seiten  des  Bunte- 

«hen  Textes  füllt,  steht  weder  mit  den  für  Hermipp  bezeugten  Stem- 

dcstongen  noch  überhaupt  mit  dem  Inhalte  von  φαινόμ€να  im  Zusam• 

Xslttiige.    Die  ätiologische  Tendenz    und   der   saloppe  Ton   scheinen 

^Qe^ogs  auf  einen  Alexandriner  hinzuweisen. 


32•  Dietze 

lung  vor.  Man  hat  nun  gemeint,  schon  dem  Doeithens  habe 
eine  Kompilation  der  genecUogiae  and  fabulae  unter  dem  Titel 
der  ersteren  vorgelegen.  Aber  man  verwickelt  sich  bei  dieser 
Annahme  in  chronologische  Schwierigkeiten.  Doeithens  bezeugt 
uns  nämlich,  dass  die  γενεαλογία  des  Hyginus  im  Jahre  207 
gerade  ihrer  Fabelerzählungen  halber  allen  bekannt  war  und  in 
der  Schule  benützt  wurde,  d.  h.  dass  der  Ursprung  seiner  Vor- 
lage, welche  ebenso  wie  unsere  Freisinger  Bezension  die  fabulae 
enthielt,  spätestens  in  die  zweite  Hälfte  des  zweiten  Jahrhunderte 
fällt.  Nun  sprechen  aber  alle  Gründe  dafür,  die  Lebenszeit  des 
Hygin  möglichst  tief  in  das  zweite  Jahrhundert,  also  an  die 
Dositheanische  γενεαλογία  heran  zu  rücken.  £e  ist  folglich  nicht 
der  mindeste  Grund  vorhanden,  in  einem  so  wesentlichen  Punkte 
eine  Verschiedenheit  des  Originalwerkes  von  der  Vorlage  des 
Dositheus  anzunehmen  und  einen  Kompilator  zwischen  beiden  an- 
zusetzen. Der  Kompilator  war  höchstens  Hygin  selbst ;  nur  kom- 
pilirte  er  nicht  zwei  lateinische  Schriften,  sondern  seine  griechi- 
schen Quellen. 

Dass  die  Astronomie  wegen  der  in  ihr  ausgeschriebenen 
Vorlagen  möglichst  an  das  Ende  des  zweiten  Jahrhunderts  zu 
rücken  ist,  haben  Robert  und  Maass  dargethan.  Man  ver- 
gleiche auch  abgesehen  von  sprachlichen  Indicien^  die  Citir- 
weise  des  benützten  Katasterismen- Exemplares:  catast.  22  Α1(ίχύ- 
λος  6  τών  τραγψδιών  ποιητής  =  Hyg.  astr.  II  12  (46.  14) 
Aeschylua  tragoediarum  scriptor*.  Wir  stellen  im  folgenden 
einige  sprachliche  Momente  zusammen,  welche  für  die  gleiche 
Datirung  der  Astronomie  in  das  Gewicht  fallen.  Die  Umschrei- 
bung des  accus,  c.  inf.  durch  iä^  —  und  quod  —  findet  sich  frei- 
lich bereits  im  ersten  Jahrhundert,  aber  weder  so  zahlreich  noch 
in    so  merkwürdiger   Weise    wie   beim  Hyginus.     Die  Wendung 

1  Robert  Eratosth.  p.  31.  35. 

3  Mit  Unrecht  hat  also  Vogels  achol  in  Cic.  Arat.  {Crefdd  1884) 
p.  15  n.  43  diese  Worte  verdächtigt;  vgl.  dagegen  Kauffmann  de  Hyg. 
mem.  p.  30  n.  9.  Ans  dem  Hyg^n  ist  zu  vergleichen  Astr.  II  15  (53. 
21)  Aeschylus  tragoediarum  scriptor  und  fab.  247  (138,  1)  Euripides 
tragoediarum  scriptor.  Erklärlich  ist  Astr.  II  27  (69.  3)  Sositheui  tra» 
goediarum  scriptor  =  catast.  bei  schol.  Germ.  B.  P.  Robert  p.  150,  20 : 
Sositheus  tragoediographus.  —  Nach  dem  Aratkommentar  dagegen,  der 
vom  Hygin  neben  den  Katasterismen  benutzt  wird,  heisst  es  korrekt 
Astr.  II  6  (42,  11):  Aeschylus  in  fabula,  quae  inscribitur  Προμηθεύς 
λυόμενος. 

^  Mayen  de  particulis  quod,  quia  etc.  p.  69. 


Zar  Schriftstellerei  des  Mythographen  Hyginos.  33 

astr.  Π  4  (34.  10)  de  hocfertur,  lU  sit  Areas  nomine  =  catast.  8 
TTcpi  τούτου  λέγβται,   δτι  gibt  einen  Wink  für  die  Entstehnngs- 
seit  nicht  nur  dee  griechischen    Originale  ^,  sondern  anch  der  la- 
teinischen   Uebereetzung.     Fast   könnte  es   nach   den   Beispielen 
bei  fiygin  scheinen,  als  ob  in  dem  von  ihm  benutzten  Exemplare 
der  Katasterismen  eich  mehr  solcher  Fälle  gefunden  hätten;  vgl. 
astr.  II 10  (45.21)  de  hoc  dixerunt,  ut  gloriata  sit\  II  31  (71.  4) 
(2e  hoc  dicüur^  ut  (ut  KM  pr.  Bursian,   quod  Bunte)  sit  missum\ 
1142  (79.  7)  de  quo  diaerunt^  ut  incenderit;   II  22  (65.  2)  hoc 
amjfdius  addunt,  ut  sit  occissus^.     Hierher  gehört  ferner  die  Eon- 
etrnktion    des    freien  nominat.    particip.^,    die  passive  Bedeutung 
TOD  criminari    II  18  (58.  22),    die    bei  Apuleius   und  Augnstin, 
der  Gebrauch   der  Form  Lacedaemones  II  22  (65.  3)  statt  Lace- 
daemonii,  der  zuerst  bei  Tertullian  (Muncker  zu  Fulg.  myth.  II), 
und  die  vulgäre  Wendung   desperata   spe  II  4  (36.  11),  die  gar 
erst  narrat.  Ovid  met.  III  1    wiederkehrt.     Nur   unserem  Autor 
eigenthümlich  ist   die  Bedeutung    von  observantia  (=  Wachsam- 
keit) U  42  (79.  13),    eine  Bildung  wie   concubitio  II  12  (46.  6) 
und  die  reflexive  Anwendung  von  ingenietUare  (intransitiv  Lampr. 
£ccl.)  II  6  (42.  17).     Wenn  wir  also  die  schriftstellerische  Thä- 
tigkeit    des  Hygin    am  Ende    des  zweiten  Jahrhunderts  ansetzen, 
10  halten    wir    es    gar  nicht   für  unwahrscheinlich,    dass   der   in 
der  Widmung  der  Astronomie  genannte  M.  Fabius,  welcher  nach 
der  praefatio  historische  Schriften  herausgab,  jener  Fabius  Mar- 
eellinus  ist,,  der  seine  Eaiserbiographieen  zu  derselben  Zeit  abge- 
best zu  haben  scheint. 

In   welchem  Verhältnisse    aber    steht    denn  die  uns  erhal- 


^  Robert  a.  a.  0.  p.  31.  —  Die  neueste  Litteratur  über  die  Echt- 
heitsfrage  der  Eatasterismen  hat  Robert  im  Jahrb.  d.  Inst.  Υ  (1890) 
S.  232  A.  28  zusammengestellt. 

*  Moncker  vergleicht  Vopieo.  Tac.  (bist.  Aug.  XXVII)  16,  6  de 
fuo  dictum  est^  ut  Probua  diceretw,  etiamsi  Prohus  nomine  non  fuisset. 
Zu  quod  vgL  IV  14  (118,  16  und  19);  Mayen  a.  a.  0.  p.  14.  27.  Fer- 
ner schreibt  Barsian  Münch.  Sitz.-Ber.  1876  S.  18  Astr.  II  15  (54,  19) 
mit  R.:  opinort  quod  revertar  und  zieht  heran  Pallad.  Rut  r.  r.  III 
24:  opinanteSf  quod  α  nuüa  ave  tangatur  (sc.  semen). 

'  II  18  (58,  10)  Antiam  petisse  ab  eo,  uti  sibi  copiam  faceret,  pro- 
»ittmg  ei  coniugis  regnum,  II  40  (77,  5)  Demophonta  ferunt  misisse  ad 
AfcOiiM  oraeulum^  quaerens  remedium  vastitatis;  vgl.  fab.  84  (83,  15) 
t^miUre  eum  coepit  timens;  Gell.  7,  3,  11  labitum  nobis  est  attingere 
nfraenauri:  Dietse  quaest.  Hyg.  p.  16. 

«Ma.  Xus.  f.  PliUoL  N.  F.  XLIX.  3 


34  Dietze 

tene  Fabeleammlnng  zu  den  ursprüDglicben  genealogiae?  Ist  sie 
aus  dem  genealogischen  Zasammenhange  des  Originalwerkes  bei 
einer  späteren  Ueberarbeitnng  heransgehoben  oder  war  sie  von 
vornherein  nur  lose  und  äusserlich  mit  dem  eigentlich  genealo- 
gischen Theile  verknüpft?  Der  jüngste  Herausgeber  der  Fabeln, 
Moritz  Schmidt,  hat  sich  für  den  ersten  Fall  entschieden :  er  hat 
in  seiner  praefatio  die  ursprünglichen  genealogischen  Zusammen- 
hänge der  Schrift  des  Hygin,  oft  freilich  nicht  ohne  Gewaltmittel, 
wieder  aufzudecken  versucht  und  eine  Anordnung  der  Sagen  nach 
Geschlechtern  angenommen,  wie  sie  etwa  in  der  Apollodorischen 
Bibliothek  vorliegt  ^.  £β  ist  allerdings  wahr,  ein  Theil  der  Fa- 
beln ist  nach  den  Geschlechtern,  welchen  die  einzelnen  Heroen 
angehören,  gruppirt.  Aber  es  werden  nicht  nur  die  verschie- 
denen Sagenkreise  äusserlich  an  einander  gereiht^,  sondern  es 
wird  nicht  einmal  innerhalb  dieser  Kreise  der  Versuch  gemacht, 
eine  durchgehende  verwandtschaftliche  Verknüpfung  herzustellen. 
Offenbar  ist  die  Auswahl  der  Fabeln  nach  dem  Bedürfnisse  des 
Schulbuches  getroffen  worden.  Häufig  werden  Sagen  nach  der 
Aehnlichkeit  ihres  Inhalts  oder  nach  ätiologischen  oder  lokalen 
Gesichtspunkten  zusammengestellt.  Sogar  ganze  Abschnitte  un- 
serer Sammlung  sind  in  solch  äusserlicher  Weise  aufgebaut ^  Es 
lassen  sich  schliesslich  Stellen  nachweisen,  an  welchen  der  genea- 
logische Zusammenhang  direkt  unterbrochen  ist.  Das  Geschlecht 
des  Phoroneus  wird  in  fab.  145.  149  bis  auf  den  Epaphus  herab- 
geführt. Dann  aber  wird  vermittelst  eines  wunderbaren  und  wahr- 
scheinlich vom  Hygin  selbst  erfundenen  Ueberganges  am  An- 
fange von  fab.  150  auf  die  Titanomachie  übergegangen.  Ein 
anderes  und  vielleicht  noch  beweiskräftigeres  Beispiel  liefert  uns 
die  Aeolidensage.  Nach  Schmidt^  besteht  dadurch  ein  Zusam- 
menhang zwischen  fab.  10  und  12,  dass  Neleus  und  Pelias,  beide 
Söhne  der  Tyro,  also  Urenkel  des  Aeolus  sind.  Allerdings  findet 
sich  diese  Genealogie  in  fab.  157  (14.  7);  dagegen  wird  sie  in 
unserem  Stücke   nicht  befolgt,    da  Neleus   in    fahr  10    (vgl.  fab. 


^  Vgl.  besonders  p.  43. 

^  Z.  B.  der  Τρωικός  an  den  θηβαϊκός,  die  θηση(ς  an  die  *  Ηρά- 
κλεια und  diese  wieder  an  den  'Αργοναυτικός. 

8  Fab.  49-65,  129—220.  Man  vergleiche  darin  fab.  57-59 
(unglückliche  Liebe),  129—134  (Thateu  des  Liber),  185 flf.  (schöne 
Frauen),  194—197  (Katasterismen),  198— 20()  (μεταμορφώσεις). 

*  praef.  p.  13  ff. 


Zur  Schriftstellerei  des  Mythographen  Hyginns.  35 

31)  ein  Sohn  des  Hippokoon,  wahreoheinlich  infolge  einer  Yer- 
wechelnng  der  Neliden  mit  den  Hippokoontiden,  Peliae  aber  in 
fab.  12  ein  Sohn  des  Cretheue,  der  eigentlich  sein  Stiefvater 
war,  genannt  wird  ^.  Εβ  scheint  jedoch,  dass  die  Genealogie, 
welche  den  Zusammenhang  zwischen  den  beiden  Fabeln  aufhebt, 
erst  vom  Hygin  gegen  seinen  Gewährsmann  eingeführt  ist.  Denn 
die  Worte  JPericl$fmenus  beneficio  Neptuni  avi  in  aquüae  effigiem 
commutcUus  in  fab.  10,  nach  welchen  Neleas  im  Widerspruche 
zum  Anfange  des  Kapitels  doch  ein  Sohn  des  Poseidon  und  der 
TjTo  ist,  sind  wohl  infolge  einer  Flüchtigkeit  aus  der  griechischen 
Vorlage  stehen  geblieben. 

Wir  glauben  damit  einen  Anhaltspunkt  für  die  Beurtheiluug 
der  ganzen  Frage  gewonnen  zuhaben.  In  dem  eben  erwähnten  Falle 
bestand  wirklich  eine  verwandtschaftliche  Verknüpfung,  nur  nicht 
in  dem  Werke  des  Hygin,  wie  Schmidt  irrthümlich  annahm, 
sondern  in  seiner  griechischen  Quelle.  Ebenso  stammen  die  übri- 
gen genealogischen  Zusammenhänge,  deren  Spuren  in  unserer 
Sammlung  noch  nachweisbar  sind,  aus  jener  auch  von  Apollodor 
benützten  mythographischen  Vorlage,  welcke  die  Sagen  im  An- 
schlnss  an  die  aufgestellten  Stemmata  der  Heroen  erzählte^.  Als 
Hygin  dieselbe  bearbeitete,  hob  er  im  wesentlichen  die  eigent- 
lichen Fabelerzählungen  heraus  und  liess  die  durchgehende  ver- 
wandtschaftliehe Verbindung  fallen.  Er  konnte  das  aber  um  so 
eher  thun,  als  er  die  zu  den  Mythen  und  Sagen  gehörigen  Stem- 
mata in  der  den  fabulae  vorangeschickten  Partie  seines  Werkes 
ausführlich   dargestellt    hatte.     Nach   unserer   Annahme,    welche 


1  Dass  dem  Hygin  überhaupt  die  Genealogie  des  Aeolidenhauses 
nicht  sehr  geläufig  war,  zeigt  die  unsinnige  Uebersetzung  von  ΑΙολίοης 
mit  Aeoli  füius  in  fab.  3  (39,  18)  und  die  Verwechslung  des  Stamm- 
vaters Aeolus  mit  dem  homerischen  Schaffner  der  Winde  in  fab. 
125  (107,  5). 

^  Vgl.  Bethe  quaest,  Diod,  p.  95,  der  vom  griechischen  Mytho- 
graphen  sagt:  ingentem  materiem  (sc.  totam  Chaecorum  historiam  fahu• 
l»em)  sie  dispostät  auctor,  ut  generum  stemmata  construeret  atque  unius 
cuiusgue  herois  aut  heroidis  facinora  et  fata  breviter  narraret.  —  Die 
Anordnung  der  Fabeln  innerhalb  der  Sagenkreise  ist  beim  Hygin  fol- 
gende. In  der  Mitte  steht  ein  Verzcichniss  der  Hauptthaten  des  Helden 
{Eereulis  atkla,  parerga  30,  31;  Thesei  labores  38)  oder  bei  grösseren 
Kreisen  ein  Katalog  der  Betheiligten  (173,  14,  70.  71,  97).  Vorange- 
Khickt  werden  Angaben  über  die  Abstammung  und  Geburt  des  oder 
^  Haupthelden;  der  Τρωικός  z.  B.  hebt  mit  dem  Geschlechte  der 
^jadariden,    Tantaliden    und  der  Trojanischen  Königsfamilie  an.    An 


36        Dietze  Zar  Sohriftetellerei  des  Mythographen  Hyginns. 

übrigens  in  dieeem  Punkte  zu  der  Schmidtecben  ^  stimmt,  bestand 
nämlicb  die  nrsprünglicbe  Sobrift  des  Bömers  aus  zwei  Tbeilen, 
deren  zweiter  in  unserer  Sammlung  erbalten  ist.  In  demselben 
wird  eine  reiobe  Auswahl  von  Fabeln  gegeben,  welcbe  auf  die- 
jenigen Götter  und  Helden  Bezug  baben,  deren  Genealogieen  im 
ersten  Tbeile  gegeben  waren.  Spuren  dieses  ersten  rein  genea- 
log^scben  Tbeiles  sind  nocb  erbalten.  Vor  allem  gehört  hierher 
das  am  Anfange  unserer  Sammlung  befindliche  caput  geneälogicufn, 
welches  jetzt  freilich  sehr  dürr  ist,  für  das  aber  der  am  Eingange 
unserer  Abhandlung  besprochene  Verweis  in  der  Astronomie  eine 
etwas  ausführlichere  Fassung  vorauszusetzen  scheint.  Hierher 
gehören  ferner  die  Stemmata  in  fab.  155—163,  welcbe  nicht  mehr 
vollständig  erhalten  sind,  wie  ein  Vergleich  mit  den  verwandten 
226—233  zeigt  ^  Dass  ursprünglich  auch  Heroenstemmata  ge- 
geben waren,  zeigen  162  (HercuUs  filii)  und  163  (Ämaeonea^), 
Auch  andere  Stücke  dieses  Tbeiles  sind  in  die  fabulae  verschlagen, 
so  182  Α  und  183.  Noch  anderes  endlich  ist  gänzlich  verloren 
gegangen:  Dositbeus  wenigstens  hat  sein  Kapital  περί  μου(Π!ιν 
sicher  ebendaher.      * 

Wir  fassen  unsere  Ansicht  noch  einmal  kurz  zusammen. 
Wie  Dositbeus  im  zweiten  Buche  seiner  interpretamenia  die  θειί^ν 
και  θεάων  ονόματα,  im  dritten  die  dazu  gehörigen  εξηγήσεις 
(auch  Ιστορίαι  genannt)  gab,  so  enthielt  der  erste  Theil  der 
genecUogiae  des  Hygin  die  Stemmata  der  Götter  und  Heroen, 
der  zweite  behandelte  die  darauf  bezüglichen  Sagen  im  wesent- 
lichen Anschlüsse  an  ein  griechisches  Handbuch  und  unter 
Bücksich tnahme  auf  den  Schulgebraucb.  Es  lag  in  der  Natur 
der  Sache,  dass  der  erste  Theil,  weil  trocken  und  langweilig, 
bald  vernachlässigt  wurde.  Schon  die  Auswahl,  welche  Dosi- 
tbeus aus  den  genealogiae  giebt,  bezeugt  den  Anfang  dieses 
Prozesses.  Allmählich  wurden  die  einzelnen  Stücke  des  ersten 
Tbeiles  gekürzt  oder  in  die  Fabeln  verarbeitet  oder  ganz  ausge- 
lassen. Mit  dieser  Verstümmelung  war  der  Verlust  des  nunmehr 
gänzlich  bedeutungslos  gewordenen  Titels  und  der  Untergang  der 
Bucheintbeilung  verbunden. 

Hamburg.  J.  Dietze. 

jenen  Mittelpunkt  aber  schliesst  sich  dann  ein  reicher  Kranz  von  Sa- 
gen aus  dem  betrefiTenden  Kreiee  an. 

1  praef.  p.  15. 

^  Cap.  230  quae  mortales  cum  Libero,  c.  232  quae  cum  Aquilone, 
c.  233  quae  immortales  cum  mortalibus  concubuerunt, 

*  Man  vergleiche  die  Genealogie  des  Inachussohnes  Phoroncus 
fab.  145  und  124. 


37 


Fenerzanber. 


£8  ist  eine  im  antiken  Liebeszanber  häufig  gebrauchte,  ohne 
weiteres  verständliche  Formel,  der  Geliebte  möge  vom  Feuer  ge- 
brannt werden,   uratur  furens,    huiue  Spiritus  et  cor  comburatur, 
onmia  membra  totius  corporis,    wie    es    auf  der  Zaabertafel  von 
Hadrametum  heisst^;    Simaitha  wünscht  im  zweiten  Idyll  Theo- 
bite  oÖTui  TOI  και  Δίλφις  ένΐ  φλογΐ  σάρκ•  άμαθύνοι  (26)  und 
ώς  τάκοιθ'  ύπ'  ίρωτος  6  Μύνδιος  αύτίκα  Δέλφις  (39).     Aber 
nicht  nur  durch  einen  Liebeszauber,    sondern    auch   durch    einen 
Finch  kann  dies  verzehrende  Feuer  im  Menschen  entfacht  werden ; 
unaufhörlich  brennt  es  den  Berufenen  bis  zum  Tode  oder  bis  zur 
Erfiülnng  einer  bestimmten  in  der  Beschwörung  ausgesprochenen 
Bedingung.      Der  Gebannte    zeigt   alle  Symptome   eines  hitzigen 
Fiebers,  πυρετός;    man    kann    sich    danach    mit  Schaudern  eine 
Vorstellung  bilden,  welch  eine  Art  von  Fieberkuren  in  gewissen 
Kreisen  des  Alterthums  geübt  wurde  ^.     In  dem  grossen  Pariser 
Zaaberpapyrue*  stehen  die  Flüche  βάσταΕον   αυτής  τόν   υπνον 
και  5ός  αυτή  καΟσιν  ψυχής   und    φλέΕον    άκοιμήτψ   ττυρί  τήν 
ψυχην  τής  b€iva,    in   einem  Leydener  καΟσον    τήν    beiva    ?ως 
όποθάνΐ]^.     Auf  einer  Bleitafel  aus  Alexandria  ^   werden    neben 


'  Ck)llection8  du  Μηβέβ  Alaoui  I.  äorie,  livr.  5.  Paris  1890.  S.  58, 
59;  ähnlich  auf  der  Tafel  von  6ir-al  Djabana  S.  63. 

>  Vgl.  z.  B.  Alexander  Trall.  ed.  Puschmann  I  S.  407,  437 ;  Denk- 
schr.  Wiener  Akad.  Bd.  42  S.  27;  Legrand,  Bibl.  grecque  vulg.  II  Paris 
1881  S.  12  Z.  335 ff.;  Soldan,  Gesch.  d.  Hexenprocesse,  hsg.  v.  Heppe 
1880 1  S.  67,  68;  Zeitschr.  Deutsch.  Morg.  Ges.  42  (1888)  S.457, 459, 460. 

'  Zeile  2488  und  2767  bei  Wessely,  Denkschr.  d.  Wiener  Akad. 
1888.  Ich  bemerke,  dass  ich  im  Folgenden  bei  dem  grossen  Pariser 
Papyrus  nur  die  Zeile,  bei  den  übrigen  Papyri  der  Wessely'schen  Pu- 
Vlüation  auch  die  Seiten  citiren  werde. 

*  Jahrb.  f.  Phüologie.    Supplbd.  XVI  S.  818  Z.  22. 

*  Rhein.  Mus.  18  (1863)  S.  563.     Ich  bemerke  beiläu6g,  dass  das 


38  Knhnert 

beetimmt  bezeiobneten  Gottbeiten  zuletzt  alle  Dämonen,  die  sieb 
an  dem  Ort  der  BescbwÖrung  befinden,  angerufen  συνέχετε  μοι 
τψ  Ίωνικφ  *  Άννιανου  την  Ισχύν  τήν  δύναμιν,  ϊνα  μοι  συλλά- 
βη[σ]τ€  αυτόν  καΐ  παράδοιτε  άώροις*,  ϊνα  κατατήζητε 
αύτου  τάς  σάρκας  τά  νεύρα  τά  μέλη  τήν  ψυχήν.  In  dem  bi- 
linguen  Papyrus  aus  Tbeben^  wird  Typbon  angerufen  βάοισον 
κα\  κατάβαλε  τον  δείνα  ^ίγει  κα\  πυρ€[τ]φ.  Im  CIG.  Ι  916 
wird  den  unterirdiecben  Göttern  ein  Heroon  zum  Scbutz  empfob- 
len  und  gegen  den  Frevler  am  Grabe  der  Flucb  gescbleudert  μή 
Τή  βατή  μή  θάλασσα  πλωτή  ίσται,  άλλα  έκριΣωθήσεται  παγγε- 
νεί*  πασι  τοις  κακοΐς  πεΐραν  δώσει,  κα\  φρείκη  καΐ  πυρετιρ 
τριταίψ  καΐ  έλέφαντι  .  .  .  und  mit  einem  äbnlicben  Flucb  wird 
auf  einer  Grabberme  in  Euboia  der  Frevler  belastet  θεός  πατάΗαι 
άπορίςι  και  πυρετψ  κα\  ^ίγει  ΐψημ.  άρχ.  1892  S.  175. 

In  dem  Papyrus  Anastasy  des  British  Museum  (128  Z.  71ff., 
inz wieeben  publicirt  in  den  Greek  Pap.  in  tbe  Br.  Mus.  S.  67) 
ist  uns  eine  Yorscbrift  für  die  BescbwÖrung  eines  Diebes  erbal• 
ten.     Sie  lautet: 

Λαβών  βοτάνην  χίλκβει  καΐ  βούγλιυσσον*  υλισον  και  τά 
έκπιάσματα  καυσον  κα\  μεΚον  τψ  χυλφ  χρηστώς  •  ^  κα\  τράφε  •  εΙς 
τοϊχον^   ούάτιον®.      ΚαΙ    λαβών   ζύλον    πανουργικόν®    γλύψον 

unverständliche  ύπό  τοΟ  αποδόσεως  νεικηθή  Zeile  26  natürlicb  ύπό  τους 
πόοες  £ως  νεικηθή  ζη  lesen  ist. 

^  £r  ist  der  Beschwörende. 

s  Zu  den  dwpoi  Dilthey,  Rhein.  Mus.  25  (1870)  S.  334. 

β  Renvene,  Lettres  k  Letronne  eur  les  pap.  bilingues,  Leide 
1830  S.  39. 

*  Zu  χέλκβει  vgl.  Goodwin,  Publ.  of  tbe  Cambridge  soc.  II  1852 
S.  35 ;  zu  βούγλωσσον  Lenz,  Botanik  d.  alten  Griechen  und  Römer  1859 
S.  534. 

5  P.  ^.  β  ρ.  γρ.  7  ρ.  χοιχο-. 

β  Ρ.  χοω  εν  αυτοις.  Empfiehlt  sich  meine  Aenderung  auch  nicht 
gerade  paläographiech,  so  wird  sie  doch  dem  Sinne  nach  unbedingt 
gefordert:  eine  Abbildung  des  ούάτιον  wird  unter  den  hier  ausgelasse- 
nen Zauberworten  Zeile  83-^6  gegeben.  Es  bandelt  sich  um  eine 
Todtenbeschwörung,  das  folgende  έεορκ{Σωσε  bezieht  sich  auf  den  Todten- 
dämon;  unter  dem  τοίχος  wird  also  die  Wand  des  Grabmals  zu  ver- 
sieben sein,  das  ούάτιον  soll  das  Ohr  des  Todten  vorstellen.  Bei  He- 
liodor  Aeth.  VI  14  singt  die  Zauberin  dem  Todten  ins  Ohr  und  belebt 
ihn  dadurch;  ähnlich  2165.  Eenyon  erkennt  in  der  Zeichnung  eine 
freilich  nicht  genaue  Darstellung  des  utat,  des  symbolic  eye  of  the  Sun  — 
6od  Horus;  ist  daraus  im  griechischen  ούάτιον  geworden? 

^  P.  πανουργικο•.    Man  erinnert   sich  an  unser  Galgenholz  (den 


Feuerzauber.  39 

σφΟραν  και  iy^  ταύττ)  κροΟε  €ΐς  τό  οος  λέγων  [τ]όν  λόγον 
^KiZui  σε  κατά  τών  άγιων  ονομάτων^  . .  .  παράοος  τόν  κλέπ- 
την  τόν  κλέψαντά  τι*  δσον  κρούω  τό  ούάτιον  σφύρη  ταύτη,  6 
του  κλέπτου  ός>θαλμός*  κρουέσθω  και  φλεγμαινέσθω  αχρι 
ού  αυτόν  μηνύση.    Λέγων  ταύτα  κρούε  τή  σφύρη. 

Der  Fluch  gilt  also  nur  so  lange,  bis  der  Dieb  eich  selbst 
angibt  und  zugleich  natürlich  das  entwendete  Gut  zurüoker- 
etattet 

Dieselbe  Bedeutung  haben,  wie  jetzt  ohne  weiteres  klar  ist, 
eise  fieihe  der  im  Temenos  der  Demeter  zu  Enidos  gefundenen 
Defixionen.  Sie  wurden  früher  ganz  falsch  verstanden;  Bechtel 
hat  zuerst  das  den  Fluch  enthaltende  Wort  richtig  erkannt  und 
gedeutet,  doch  unbekannt  mit  unseren  Analogien  seine  Erklärung 
nur  zweifelnd  zu  geben  gewagt^.  Die  Inschrift  3540  lautet: 
[*Ανα]τίθημι  Δάματρι  κα\  Κούραι  τόν  κατ'  έμο[υ  ε]ϊπ[α]ντα, 
ΟΤΙ  έγώ  τώι  έμώι  avb[pij  φάρμακα  ποιώ  .  .  Άνα[βαΐ]  παρά 
Δάματρα  πεπρημένος  μετά  των  άλλων  [ΙΜων]  πάντων  έ^α- 
γορευων  . .  Wie  der  Dieb  so  lange  Schmerz  und  Brennen  im 
Auge  empfinden  soll,  bis  er  sich  angibt,  soll  hier  der  Verläum- 
der  80  lange  vom  Feuer  gebrannt  werden,  bis  er  zur  Demeter 
geht  und  seine  Schuld  eingesteht.     Ganz    ähnlich   ist  3536;    in 


ήλος  εσταυρωμένου  bei  Alex.  Trall.  ed.  Pasohmann  I  567  kennen  noch 
heute  die  Diebe  als  zauberkräftig,  s.  Chr.  Roohlitz,  Wesen  u.  Treiben 
der  Gauner,  Leipzig  1846  S.  18);  doch  ist  hier  vermuthlich  ein  be- 
•timmter  zauberkräftiger  Baum  gemeint.  Oder  ist  an  die  Mandragora 
zu  denken  ?    Vgl.  C.  Meyer,  Aberglaube   des  Mittelalters  1884,   S.  63. 

^  έν  ebenso  2514  βραχίονι  iv  φ  έπιθύοβις.  Der  Gebrauch  ist 
häufig  in  der  LXX,  den  Apokryphen  und  dem  N.  T.,  z.  £.  £zod.  17, 5 
Pafbov  έν  ij  έπάταζας  τάν  ποταμόν. 

^  Die  nxm  Zeile  78—91  folgenden  Zauberworte  mit  der  Abbil- 
dung des  Ohres  habe  ich  als  für  unsere  Untersuchung  unwesentlich 
fortgelassen. 

'  Auf  das  Auge  des  Diebes  ist  es  auch  in  deutschen  Beschwö- 
ruDgen  abgresehen.  Bartsch,  Sagen  aus  Mecklenburg  II  (1880)  S.  322, 
323:  Schmiede  verstehen  Dieben  (und  anderen  Personen)  das  Auge 
sunnschmieden.  Durch  eine  unbekannte  Formel  bannen  sie  den  Dieb 
und  muss  er  stille  halten,  bis  durch  eine  weitere,  von  fortwährendem 
Schmieden  (vgl.  xpoOe  τή  Οφύρη)  begleitete  Formel  das  Auge  ausge- 
ichmiedet  ist,  wodurch  er  bUnd  wird.  Vgl.  ebendort  S.  332  Nr.  1606 
«d  Zeitschrift  f.  Ethnologie  XXV  (1893)  S.  30  Nr.  25. 

«  Samml.  d.  griech.  Dialekt-Inschr.  III  Heft  IV,   1  S.  233  ff. 


40  Knhnert 

dem  unleserlichen  Wort  Zeile  23  steckt  εξομολογούσα  oder  iio- 
μολογουμίνα,  wie  ebenfalls  bereite  Bechtel  vermuthete.  ΤΤεπρη- 
μένος  kehrt  in  derselben  Bedeutung  wieder  in  3537,  8543, 
3544  \ 

Zu  den  wirkungsvollsten  Beschwörungen  gehören  solche, 
bei  denen  irgend  ein  Gegenstand  gleichsam  symbolisch  in  den- 
selben Zustand  versetzt  wird,  den  man  auf  einen  Menschen  her- 
aufbeschwören will.  Die  verschiedensten  Objekte  können  bei 
diesem  Zauber  verwerthet  werden;  wir  finden  bei  den  Griechen 
sowohl  zauberkräftige  Pflanzen  und  Instrumente  dazu  verwandt, 
wie  Abbildungen  des  zu  Bannenden,  überhaupt  Dinge,  die  in 
irgend  einer  bestimmten  Beziehung  zu  ihm  stehen^.  Aber  auch 
jeder  beliebige  Gegenstand  kann,  ohne  dass  eine  nähere  Bezie- 
hung erkennbar  wäre,  des  Menschen  Stelle  vertreten;  eine  be- 
stimmte Formel  genügt,  um  ihm  die  gewünschte  Kraft  zu  ver- 
leihen. So  finden  wir  bei  dieser  Art  des  Zaubers  verwandt 
Lorbeer  und  Myrrhe,  den  Bannkreisel  wie  das  Bild  des  zu  Ban- 
nenden   oder   seine  Fussspur^;    aber    auch   ein    beliebiges  Stück 


^  Desgleichen  auf  der  Inschrift  der  Fraeippe  aus  Fpidauros  [κα- 
κώς] €ΐχ€  τάγ  γαστέρα  καΐ  έπέπρητο  δλα.  Baunack,  Studien  Ι  143  hat 
dazu  richtig  bemerkt:  wohl  im  Sinne  von  πυρέττβιν,  πυρβταίνβιν.  Es 
bedeutet  durch  die  Entzündung  ganz  entkräftet. 

^  Interessant  ist  ein  mecklenburgischer  Zauber,  bei  welchem  die 
Beziehung  zu  dem  zu  Bannenden  auf  folgende  Weise  hergestellt  wird. 
Ein  todter  Vogel  —  am  besten  eignet  sich  dazu  eine  Krähe  —  wird  wie  eine 
menschliche  Leiche  gekleidet,  in  eine  Schachtel  gelegt  und  durch  eine  Art 
von  Taufformel  im  Namen  der  Dreieinigkeit  mit  dem  vollständigen 
Vor-  und  Zunamen  des  Menschen  belegt,  der  durch  diese  Art  Hexerei 
gctödtet  werden  soll.  Dann  wird  die  Brust  des  Vogels  mit  so  vielen 
Nadeln  durchstochen,  als  darauf  Kaum  finden  und  hierauf  die  Schach- 
tel mit  demselben  begraben  an  einem  Orte,  auf  den  nicht  Sonnen-  oder 
Mondlicht  fallt.  So  wie  allmählich  die  Leiche  des  Vogels  vergeht, 
stirbt  langsam  der  Mensch  dahin,  dessen  Namen  man  ihm  gegeben. 
Bartsch,  Sagen  aus  Mecklenburg  II  329  Nr.  1596.  Zu  dieser  Namen- 
gebung  vergl.  Grimm,  Deutsche  Mythol.  II*  914.  Die  einfache  Nen- 
nung des  Namens  genüget  bei  dem  höchst  originellen  Prügelzauber  Zeit• 
sehr.  f.  Ethnologie  XXV  (1893)  S.  38  Nr.  58. 

^  Das  deutet  Lucian  έταιρ.  bxaX,  4  an;  ganz  gewöhnlich  ist  es 
in  deutschen  Zaubergebräuohen.  Schlägt  man  dort,  wo  ein  Dieb  mit 
dem  Gestohlenen  hindurch  gegangen  ist,  Nägel  (vom  Kirchhof)  ein,  so 
treffen  sie  ihn,  Frischbier,  Hexenspruch  und  Zauberbann  1870  S.  115, 
116.  —  In  allem,  was  der  Dieb  berührt  hat,  steckt  eine  geheimnissvolle 
Macht   über  ihn.    Legt    man   einen  geretteten  Theil  des  Gestohlenen 


Feuerzauber.  41 

Wache,  Thon,  Mehl,  im  deutschen  Zauber  auch  Glas,  im  neu- 
^eohiechen  einen  Stnck  u.  s.  w. 

Ein  Eecept  für  einen  Feuerzauber  mit  einer  Myrrhe  bietet 
der  grosse  Pariser  Papyrus  Z.  1496  ff.  Ich  lasse  dasselbe  mit 
kurzen  Erläuterungen  hier  folgen. 

'Αγωγή  έτη  Σμύρνης*  έτπθυομίνης.  Έπιθύιυν  έπι  άνθρά- 
KUIV  biu)K€*  τόν  λόγον*.  Λόγος*  Σύ  €Τ  ίμυρνα  ή  τπκρά,  ή 
χαλεπή,  ή  καταλλάσσουσα  τους  μαχόμενους,  ή  φρύγουσα  κα\ 
αναγκαίουσα  φιλ€Ϊν  τους  μή  προσποιούμενους  τόν  ίριυτα.  Πάν- 
τες σε  λίγουσιν  ίμύρναν,  έγώ  δέ  λέγω  σε  σαρκοφάγον*  και 
φλογικήν  τής  καρδίας.  Ου  πε'μπω  σε  μακράν  εΙς  τήν  Άραβίαν, 
ου  πέμπω  σε  εΙς  Βαβυλώνα,  άλλα  πέμπω  σε^  προς  τήν  δεϊνα^ 
τής  δεϊνα  ^,  ϊνα  μοι  διακονήσης  προς  αυτήν,  ϊνα  μοι  άΕης  αυτήν. 
Ei  κάθηται,  μή  καθήσθω,  εί  λαλεϊ  προς  τίνα,  μή  λαλείτω^,  ei 
έμβλέπει  τινι,  μή  έμβλεπέτω,  εΐ  προσέρχεται  τινι,  μή  προσ- 
€ρχέσθω,    εΐ   ιτ€ριπατεϊ,    μή   περιπατείτω,    εΐ  πίνει®,    μή  πινέ- 


Qnt«r  die  Ziegel  des  Herdes  und  brennt  Donnerstag  nach  dem  Abend 
Espenholz  darauf,  so  reiben  unbekannte  übernatürliche  Einflüsse  den 
Dieb  auf,  wie  das  Feuer  und  die  Hitze  allmählich  das  Verwahrte  an- 
greifen, Toppen,  Aberglauben  aus  Masuren  18()7  S.  59. 

1  üeber  die  Myrrhe  vgl.  Lenz,  Botanik  S.  213,  669,  Murr,  Pflan- 
zenwelt in  der  griech.  Mythol.  1890  S.  76. 

'  οιώκω  in  der  Bedeutung  hersagen  ist  ausser  in  diesen  Papyri 
(es  findet  sich  noch  Zeile  585,  926,  958,  S.  137  Z.  408  und  Abhdlg.  d. 
Berl.  Akad.  1865  S.  154  Z.  146)  mir  nicht  nachzuweisen  gelungen.  Viel- 
leicht deutet  das  'Verfolgen*  auf  ein  lautloses  Hersagen,  vgl.  Grimm, 
Deutsche  Mythol.  U*  1174,  Bartsch,  a.  a.  0.  II  S.318  und  dazu  im 
Pariaer  Pap.  745  λέγε  άτόνψ  φθόγγψ  ϊνα  μή  άκούση.  Das  überlieferte 
αυτονω  ist  natürlich  falsch. 

»Ρ.  λ. 

*  Vgl!  Dieterich,  Nekyia  S.  52. 

*  Ich  erinnere  hier  an  die  orphische  έπψ&ή,  von  der  die  Satyrn 
im  Kyklops  reden  646—648;  man  sieht  auch  hier,  aus  welchen  Kreisen 
die  Vorbilder  für  diese  Beschwörungen  herstammen. 

'  Der  Pap.  bietet  dafür  stets  l^,  was  ich  im  Folgenden  nicht 
mehr  anmerke. 

'  Der  Name  der  Mutter  ist  stehend  in  diesen  Zauberformeln,  vgl. 
Heim  in  den  Jahrb.  f.  Philologie  19  Supplbd.  1893  S.  474  A.  1,  Bullet- 
tino  coramunale  Serie  II  tom.  9  (1881)  S.  169,  Zeitschrift  d.  deutschen 
B-Jrgenl.  Ges.  42  (1888)  S.  460  (Δ.  2). 

8  Aehnliche  Formeln  bei  Dieterich,  Jahrb.  f.  Philol.  16  Supplbd. 
S.T91. 

*  In  einem  modernen  italienischen  Liebeszauber   finden   sich  die 


42  Knhnert 

Tui  ^,  εΐ  έσθ(6ΐ,  μή  έσθιέτω,  εΐ  καταφιλεΐ  τίνα,  μή  καταφίλείτω, 
εΐ  τέρπεταί  τινι  ήοονή,  μή  τερπέσθω,  εΐ  κοιμάται,  μή  κοιμάσθω* 
άλλ*  έμέ  μόνον*  τόν  οεϊνα  κατά  νουν  έχίτω,  έμου  μόνου  έπι- 
θυμείτω,  έμέ  μόνον  στεργίτω  ^,  τα  έμά  θελήματα  πάντα  ποιείτω. 
Μή  είσέλθης  αοτής  bia  τών  ομμάτων,  μή  διά  τών*  πλευρών, 
μή  bia  τών  ονύχων,  μηοέ  bia  τοΟ  όμψαλοΟ,  μφί  hiä  τών  με- 
λών, άλλα  bia  τής  ψυχής  και  Ιμμεινον  αυτής  TiJ  Kapbiqi^  καΐ 
καΟσον  αυτής  τά  σπλάγχνα,  τό  στήθος,  τό  ήπαρ,  τό  ττνεΟμα, 
τα  όστα,  τους  μυελούς,  Ιιυς  Ιλθη  προς  έμέ  τόν  bεΐvα  φίλοΟσά 
με  και  ποιήση  πάντα  τά  θελήματα  μου*  δτι  έ^ορκίΖω  σε, 
2Ιμύρνα,  κατά  τών  τριών  ονομάτων  ανοχω  αβρασαζ  τρω  κα\  τόν 
έπακολουθότερον  και  τόν  Ισχυρότερον  κορμειωθ  ιαω  σαβαωθ 
αbωvαι,  ϊνα  μοι  τάς  έντολάς*  επιτέλεσης,  Ζμύρνα.  Ώς  έχώ  σε 
κατακαώ^  και  bυvατή  εΐ^  ούτω  ής  φιλώ  τής  bεϊvα  κατάκουσον 
τόν  έγκίφαλον,  ίκκαυσον  καΐ  ίκστρεψον  αυτής  τά  σπλάγχνα, 
έκσταΕον  αυτής  τό  αίμα,  ?ως  ίλθη  προς  έμέ  τόν  bεϊvα  τής 
bεΐvα.  Όρκ(2Ιω  σε  κατά  τοΟ®  .  .  .,  βάλλω  σε  εΙς  τό  πυρ  τό 
καόμενον  και  όρκί2Ιω  σε  κατά  του  παντοκράτορος  θεου^^  Ζών- 
τος άεί. 

Ohne  Zweifel  geht   auf   ähnliche    antike  Quellen   eine    am 


Worte:  non  possa  ne  bere  ne  mangiare,  ne  banca  da  sedere  ne  letto 
da  riposare,  iin  che  me  non  verr4  a  ritrovare,  Zeit.  f.  Deutsch.  Alter- 
thum  VI  (1848)  S.  300. 

1  P.   WlV€r 

2  Vgl.  2757 ff.,  2960-61.  Theocrit.  II  44-46:  €Ϊτ€  γυνή  τήνψ 
παρακέκλιται  €Ϊτ€  καΐ  άνήρ,  τόσσον  2χοι  λάθας,  δσσον  πόκα  Θησέα  φαντί 
έν  Δίη,  λασθήμεν  έϋπλοκάμω  *Αριάδνας. 

8  Vgl.  2557  ff.  und  unten  S.51  Ζ.  17,  18. 

*  Ρ.  τω-. 

^  Ρ.  αυτής  δια  της  ψυχής  και  εν  τη  κάρδια.  Oder  ist  das  doppelte 
διά  τής  ψυχής  erträglich  und  nichts  zu  ändern? 

β  Vgl.  Wessely  zu  den  griech.  Papyri  des  Louvre  . .  I  Wien  1889 
S.  15  zu  Zeile  1539.  Ich  werde  diese  Schrift  im  folgenden  als  *  Nach- 
träge* citiren. 

'  Vgl.  Vergil  Ecl.  8,  83:  Daphnie  me  malus  urit,  ego  hanc  in 
Daphnide  laurum. 

8  Auf  die  Zauberkraft  der  Myrrhe  deuteten  schon  oben  die  Worte 
άναγκά2Ιουσα  φιλ€ΐν  τους  μή  προσποιούμενους  τόν  ίριχηα,  σαρκοφάγος, 
φλογική  καρδίας. 

®  Die  ονόματα  βαρβαρικά  und  die  hinter  dci  folgenden  Beschwö- 
rungsformeln haben  für  uns  hier  keine  Bedeutung. 


Feuerzauber.  43 

£nde  eines   außerweltten  kunst    ynd    artzney   bachee^    in    nicht 
unbedenklichem  Latein  überlieferte  Zanbervorechrift  zurück: 

Ad  amorem  in  mnlieribne. 

Yade  ad  rntam^  in  die  eolis  ante  ortnm  et  perminge  eam  in 
nomine  eins  quam  diligis  et  aspergae  sale^  et  post  occaenm  fac 
■imiliter  et  effodias  eam  tota  radice,  et  vade  domum  et  pone  eam 
in  calidoe  cinerea  (in  heiße  aechen)  dicendo  haec  verba:  el  ol 
omel  qni  amoris  estie  magistri,  coninro  nos  et  precipo  nobis,  ut 
eicnt  ista  rata  nritar  in  hac  cinere,  ita  mentem  Ν  nrificatie  in 
amori  meum,  ita  nt  requiem  nnllam  habeat,  donec  meum  volon- 
tatem  perfecerit. 

Diese  Zauber  mit  der  Myrrhe  und  Haute  gehören  zur  ersten 
Art  der  oben  angeführten,  den  Pflanzen  wohnt  eine  gebeimniss- 
Yolle  Zaubermacht  inne;  für  gewöhnlich  besitzt  der  den  Menschen 
vertretende  Gegenstand  diese  Kraft  nicht.  Die  Wirkung  beruht 
allein  darin,  dass  das  Objekt  mit  dem  zu  Bannenden  identificirt  wird 
—  am  deutlichsten  kommt  das  zum  Ausdruck,  wenn  man  ein  Bild 
dasselbe  erleiden  läset,  was  man  dem  Menschen  anzuthun  wünscht^. 
£s  iet  bekannt,  welch  innige  Gemeinschaft  zwischen  Bild  und  Mensch 
bestehend  gedacht  wurde :  die  Verpflichtung,  die  der  Hellene  einer 
Gottheit  gegenüber  fühlte,  löste  er  dadurch  ein,  dass  er  ihr  sein 
Bild  weihte.  £s  war  gleichsam  sein  zweites  Ich,  das  er  dem 
Gotte  ganz  zu  eigen  gab^;    und  was  dem  Bilde  widerfahr,    galt 


^  In  einer  Handschrift  zu  Nürnberg  aas  dem  Ende  desXVI.Jhdts., 
heraoeg.  von  Bartsch,  Zeit.  f.  deutsche  Mythologie  III  1855  S.  328. 

*  lieber  die  Raute  vgl.  Lenz,  Botanik  S.  671,  Murr,  Pflanzenwelt 
S.  210,  Alexander  Trall.  ed.  Puschmann  I  S.  495,  563. 

'  Das  Salzstrenen  findet  sich  auch  bei  Lukian  έταιρ.   διάλ.  4,  5. 

^  Agrippa  v.  Nettesheim   de    ocouUa  philos.  II   cap.  49:    dicunt 

enim,   quod,    quatenus    imaginum   operarii   ipsam  imaginem  afficiunt, 

eatenus   illam  similes   passiones   inferre   his,    quibus   adscriptae   sunt, 

prout  illud  animus  operantis  dictaverit. 

^  Diese  stellvertretende  Bedeutung  des  Bildes  tritt  in  einer  merk- 
würdigen üeberlieferung  bei  Festus  (S.  239  ed.  Müller)  in  ganz  eigener 
Weise  hervor:  Pilae  et  effigies  viriles  et  muliebres  ex  lana  Compitali- 
bas  suspendebantur  in  coropitis,  quod  hune  diem  festum  esse  deorum 
ififerorum,  quos  vocant  Lares,  putabant,  quibus  tot  pilae,  quot  capita 
serrorum,  tot  effigies,  quot  essent  liberi,  ponebautur,  ut  vivis  parcerent 
et  «went  his  pilis  et  simulacris  contenti.  Vgl.  Ovid  fasti  6,  159 ff.; 
Macrobios  I  7,  31 :  .  . .  inferentes  Diti  non  homiaum  capita  sed  oscilla 
ad  Immanam  effigiem  arte  simulata,  et  aras  Satuminas  non  mactando 


44  Knhnert 

als 'Yorbedeutang  für  den,  den  ee  darstellte.  So  reich  sind  unsere 
Ueberliefernngen  nicht,  um  erkennen  zn  lassen,  ob  ein  bestimm- 
tes Material  für  diese  Bilder  zur  Wirkung  des  Zaubers  wesent- 
lich war;  das  gewöhnliche  ist  Wachs,  vielleicht  nur  in  seiner 
Eigenschaft  als  leicht  jeder  Behandlung  sich  fügender  und  schnell 
brennbarer  Stoff,  der  vom  Feuer  ganz  und  gar,  ohne  Best  ver- 
zehrt werden  konnte  \  Bekannt  und  erst  kürzlich  wieder  behau• 
delt  ist  die  Schilderung  des  Horaz  in  der  YIII.  Satire  des  L 
Buchs  26ff.^.  Die  Zauberinnen  Canidia  und  Sagana  haben  zwei 
Puppen  hergestellt,  eine  lanea  effigies  und  eine  cerea,  maior  lanea, 
quae  poenis  compesceret  inferiorem;  cerea  suppliciter  stabat  ser- 
vilibus  ut  quae  iam  peritura  modis.  Es  handelt  sich  um  eine 
Todtenbeschwörung^;    das    grössere  Bild  aus  Wolle  vertritt  den 


viro  sed  accensis  luminibus  excolentes.  lieber  diese  Bedeutung  der 
Fackeln  später. 

^  Das  war  wesentlich:  Simaitha  sieht  es  als  gutes  Vorzeichen  an, 
dass  der  Lorbeer  λακ€ϊ  μέγα  καππυρίσασα  κήΕαπίνας  αφθη  κούδέ  σπ  ο- 
böv  €ΐοομ€ς  αύτας  Tbeokrit  II 24.  Möglich  aber,  dass  man  mit  Grimm, 
Deutsche  Myth.  Π^  1046  eine  tiefere  Bedeutung  in  der  Anwendung  des 
Wachses  zu  suchen  hat.  Aus  Wachs  waren  auch  die  πλοιάρια  und 
ανθρωπάρια,  die  Nectanebus  bei  seinem  Zauber  verwandte,  Pseudo- 
kallisthenes  Cap.  1.  Noch  im  XIY.  Jhdt.  suchte  man  durch  Zerstechen 
von  Wachsbildern  das  Leben  Jobanns  XXII.  zu  gefährden,  wodurch 
das  Oberhaupt  der  Kirche  in  nicht  unbedeutende  Furcht  versetzt  zu 
sein  scheint,  Haynaldus  annal.  eccles.  XV.  (Coloniae  1691)  S.  165 
Spalte  1 ;  von  Karl  IV.  von  Frankreich  ist  ebendort  unter  dem  Jahre 
1327  (S.  338  Sp.  2)  erzählt,  dass  einige  perditionis  filii  quasdam  sub 
figura  seu  typario  regio  conflari  imagines  plumbeas  vel  etiam  lapideas 
fabricarunt  seu  fabricari  fecerunt,  ut  magicis  artibus  horrenda  malefioia, 
incantationes  et  convocationes  daemonum  . . .  exercerent.  Vgl.  Schind• 
ler,  Aberglaube  des  M.  A.  1858  S.  132— 134,  Grimm,  Deutsche  MythoL 
lll*  S.  315.  Noch  die  heutigen  Griechen  üben  einen  Zauber  mit  einer 
Wachspuppe  aus,  wie  aus  einer  Vorschrift  (aus  Bhetymna  auf  Kreta), 
die  mir  Herr  Prof.  G.  N.  Hatzidakis  in  Athen  gütigst  mitgetheilt  hat 
und  die  ich  hier  mit  seiner  Erlaubniss  veröffentliche,  hervorgeht:  Άν- 
&ρ€ίκ€λον  κήρινον  δμοιον  τψ  γαμβρφ  (bei  Hochzeiten  gehen  die  Liebee- 
zauber  natürlich  am  häufigsten  in  Scene)  κατασκβυάσας  ένέπη£€ν  (der 
Zauberer)  εΙς  αΟτό  μυρ{α  καρφία  έπψδων  τόσους  πόνους  €ΐς  τό  κορμί 
τοΟ  δείνα. 

2  Die  Irrthüraer  Düntzer's  (Jahrb.  f.  Philol.  145  S.  597ff.)>  ^e» 
die  Zauberpapyri  gänzlich  unbekannt  geblieben  sind,  hat  bereite  Riese, 
Rhein.  Museum  48  (1893)  S.  307 ff.  corrigirt. 

β  Eine   solche  ist  auch  bei  Heliodor  Aithiop.  VI  14  beschrieben. 


Feuersaaber.  45 

Todtendämon,  das  kleinere  aus  Wachs  den  zu  Bannenden,  und 
wie  das  grössere  das  schwächere  bändigen  soll,  so  soll  der  Todten- 
dämon auf  der  Zauberin  Befehl  den  ihr  angetrenen  Geliebten  mit 
Feaer^  verfolgen,  bis  er  reuevoll  in  ihre  Arme  zurückkehrt. 
Schon  in  der  Darstellung  der  Bilder  kam  die  Macht  des  Todten- 
damoDs  zum  Ausdruck,  cerea  suppliciter  stabat.  Eine  Parallele 
dazu  bietet  eine  Zaubervorschrift  ebenfalls  aus  dem  grossen  Pariser 
Papyrus*,  bei  der  zwar  das  Feuer  keine  Bolle  spielt,  die  aber 
durch  die  ihr  ebenfalls  zu  Grunde  liegende  Idee,  dass  ein  Bild 
die  Stelle  des  Menschen  vertrete,  ihm  sympathetisch  sei,  im  eng- 
iten  Zusammenhang  mit  der  horazischen  Beschwörung  steht. 

Φιλτροκατάδ€σμος  θαυμαστός.  Λαβών  πηλόν^  άπό  τρο- 
χού κεραμικού  πλάσον  l\\ib\a  buo,  άρρενικόν  καΐ  θηλυκόν '  τόν 
μέν  δρσ€να  ώς  "Apea  καθιυπλισμίνον*  ποίησον,  τή  άριστερςί 
χ€ΐρι  κρατούντα  Είφος  καταπλήσσοντα  αυτής  εΙς  τήν  κατακλεΐοα 
τήν  bcEiav,  αυτήν  bfe  όπισθάγκιυνα^  καΐ  έπ\  τα  γόνατα 
καθημένην  κα\  τήν  ούσίαν^  έπ\  τής  κεφαλής  άφεις  ή  έπΙ  του 


Dort  giesat  die  Zauberin  Honig,  Milch  und  Wein  in  eine  Grube  und 
wirft  dann  eine  Teigpuppe  hinein  πέμμα  στεάτινον  (vgl.  dazu  Eoraia 
in  eeiner  Ausgabe  II  218)  εΙς  ανδρός  (d.  h.  des  todten  Sohnes  den  sie 
beschwören  will)  μίμημα  π€πλασμένον  δάφνη  καΐ  μαράθρψ  καταστέψασα. 
Horaz  redet  von  cmor  in  foesam  confusas  ut  inde  manes  elicerent  ani- 
mas  responea  datnras ;  wahrecheinlich  ist  auch  hier  das  wollene  Bild  des 
Todtendämons  in  die  Grube  geworfen  zu  denken,  damit  es  sich  wie  die 
Schatten  in  der  Nekyia  am  Blute  sättige  und  der  Todte  Kraft  gewinne. 
Bei  Lucan  VI  544  ff.  füllt  die  Thessalierin  Erichtho  dem  Leichnam  das 
Blut  ein« 

*  Vers  43    imagine   cerea   largior   arserit   ignis.     Vgl.    Grimm, 
Deutsche  Mythol.  II«  S.  914. 

*  Bei  Wessely  Zeile  296—407.  Sie  ist  bereits  von  Riesa  in  dem 
erwähnten  Aufsatz  zum  Vergleich  herangezogen. 

?  P.  κηρον.  Biese  Rh.  Mus.  42  S.  309  A.  1  hält  κ€ραμικοΟ  für  ver- 
derbt;  vgl.  Greek  Papyri  S.  112  Z.  866—67. 

*  Dies  Bild  soll  den  Todtendämon  vorstellen.  Vgl.  dazu  später 
S.  60  A.  7. 

^  P.  οπισθαγγωνα.  Die  Hände  des  Mädchens  sind  auf  dem  Rücken 
gefesselt  zu  denken. 

^  Riese  hat  sich  a.  a.  0.  S.  309  A.  2  damit  begnügt,  die  völlige 
Unklarheit  des  Wortes  festzustellen,  doch  mit  dem  Zusatz,  dass  es  hier 
^Ββη  Korpertheil  bedeuten  müsse,  was  schon  wegen  der  Verbindung 
^ά<ρ€ΐς  wenig  wahrscheinlich  ist.  Etwas  bestimmter  lässt  sich  die 
Bedeatung  des  Wortes  doch  umgrenzen.  Ganz  verständlich  ist  ουσία 
ΤοΛης  τής  έν  μοί  ουσίας  γβώδους  πρώτη  493 ;  es  ist  von  den  vier  Ele- 


46  Euhnert 

meDten  die  Bede  und  demnach  mit  Sicherheit  an  Erdetoff  zu  denken, 
wie  ähnlich  Dieterich  Abraxas  191  Z.  7  «ασα  ούναμις  ουσίας  vom  πΟρ 
gebraucht  ist.  Eine  verwandte  Bedeutung  moss  die  obaia  μνημείου  435 
haben,  d.  h.  Stoff  des  Grabes,  Grabeserde  mit  allem  was  ihr  vom  Todten 
anhaftet,  dasselbe  was  kurz  darauf  448  mit  λείψανα  σκήνους  bezeichnet 
wird.  In  diesem  Zusammenhang  wird  die  Zauberkraft  des  καλαβούτης 
χωροίραγών  έν  τοΙς  μνημείοις  ευρισκόμενος  Wessely,  Denkschr.  Wiener 
Akad.  Bd.  42  S.  2(>  Z.  186  verständlich.  Von  der  Wirkung  der  Grmbee- 
erde  berichtet  Agrippa  v.  Nettesheim  de  occulta  pbilos.  I  Gap.  46: 
dicitur  etiam,  quod  si  mulier  accipiat  acum  inficiatque  fimo,  deinde 
involvat  luto  in  quo  cadaver  humanuni  defossum  fuerit  et  secum  porta• 
verit  in  panniculo  qui  fuerit  in  funere  non  poterit  vir  quispiam  cum  ea 
coire  quam  diu  secum  habuerit.  Das  geht  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit 
wie  die  gesammte  Wissenschaft  Agrippas  auf  antike  Quellen  zurück.  Aue 
Böhmen  berichtet  Wuttke,  Deutscher  Yolksaberglaube  ^  S.  345:  Ist  die 
Geliebte  gleichgiltig  geworden,  so  nimmt  der  Bursoh  um  Mitternacht  drei 
Schollen  Erde  von  dem  Grabe  eines  ungetauft  gestorbenen  Kindes  (also 
τάφος  άωρου,  vgl.  unten  S.  49  A.  9)  und  ¥rirft  sie  ihr  über  den  Kopf,  so  wird 
die  Liebe  wieder  wach.  (Mehr  darüber  in  Wuttkes  Index  unter  Kirch- 
hoferde.) Wir  haben  jetzt  eine  Analogie  für  die  αγωγή  έπΙ  ηρώων  ή 
μονομάχων  ή  βιαίων  im  Paris.  1390 ff.:  man  soll  ein  Stück  Brod  hin* 
werfen  an  einen  Ort,  δπου  ήρωες  έσφάγησαν  καΐ  μονομάχοι  καΐ 
βίαιοι,  dann  von  diesem  Ort  κόπρια  aufheben  und  sie  ins  Hans  der 
Geliebten  werfen.  Das  ist  dasselbe  wie  die  ουσία  μνημείου;  die  Erde, 
in  die  etwas  von  dem  Todten  übergegangen  ist,  ist  dadurch  ebenso 
zauberkräftig  geworden,  wie  das  blutige  Tuch  eines  βίαιος  Alex.  Trall. 
ed.  Puschmann  I  565.  Pap.  Paris.  750 ff.  wird  gerathen,  einen  Sonnen- 
käfer mit  zwölf  Strahlen  auf  bestimmte  Weise  zu  todten,  in  ein  Glas- 
gefäss  zu  werfen  und  zu  sagen  (763):  έγώ  σε  έτ^λεσα,  ίνα  μοι  ή  σή 
ουσία  γένη[ται]  χρήσιμος.  Denkt  man  auch  an  die  innewohnende  Kraft, 
so  ist  diese  doch  allein  an  den  todten  Körper,  also  die  λείψανα  σκήνους 
des  Thieres  gebunden.     Dasselbe  gilt  für  die  ουσία  νεκροΟ  κυνός  2578. 

Es  gibt  aber  nicht  nur  ουσία  vom  Todten;  2689  und  2875  hören 
wir  von  ουσία  κυνός,  2687  von  ουσία  κυνοκεφάλου.  In  anderen  Vor- 
schriften begegnet  an  Stelle  dessen  κόπρος  κυνοκεφάλου  2460  und  άψ^- 
&ευμα  κυνός  oder  κροκοδείλου  Dieterich  .^br.  188  Ζ.  2  und  9;  offenbar 
ist  da  κόπρος = ουσία;  der  gemeinsame  Begriff  könnte  der  der  Verwesung 
sein.  Die  Anwendung  des  κόπρος  im  Zauber  überliefern  uns  nicht  nur 
unsere  Papyri,  vgl.  noch  1440  βόλβιτον  βοός  μέλαινης,  3096  κόπρος  ίπιΚα, 
2651  μυγαλοΟ  κόπρος,  sondern  auch  Alex.  Trall.  ed.  Puschmann  I  563 
κυνός  άφοδος,  II  375,  377  λύκου  άφόδευμα,  1 445  κόπρος  αίλουρου ;  durch 
eine  vollständige  Systematisirung  dieser  Heilmethode  hat  sich  Paullini 
(Neue  heilsame  Dreckapothek,  Frankfurt  1697,  von  der  ich  besonders 
auf  S.  408  verweise)  eine  gewisse  Unsterblichkeit  gesichert,  üeber  die 
abergläubischen  Vorstellungen  der  Diebe  von  der  Wirkung  der  mumia 
spiritualis  vgl.  Ave-Lallemant,  das  deutsche  Gaunerthum  II  23  ff. 

Zweimal  wird  in  den  Papyri   von   der  ουσία  (ή  ουσία)  eines  le- 


Feuerfeftuber.  47 

τραχήλου.    Γράψον  bk  €ΐς  τό  πλάσμα  τής  άγομίνης*   έπ\  μέν 
τής   κ€φαλής^   ϊσεηιοω   ιθιουνε   βριωλωθιων   νεβουτοσουοληθ. 


b enden  Menschen  und  zwar  des  zu  bannenden  gesprochen,  2236:  τήν 
oöoiov  οπόθΕς  αυτής,  2088  σοΙ  λέγω  τψ  καταχθονίψ  δαίμονι  τψ  ή  ουσία 
τήαΟ€  ου€σιυματ(σθη.  In  dem  ου  steckt  zweifellos  ein  Fehler,  ver- 
mothlich  ist  zu  lesen  ένΕΟωματίσθη.  Am  £nde  unseres  φίλτροκατά- 
6€σμος  wird  vorgeschrieben,  die  beiden  Bilder,  deren  eins  mit  der  ου- 
σία behaftet  ist,  in  des  Todten  Grab  zu  legen ;  2088  wäre  verständlich, 
wenn  ένεσωματίσθη  dieselbe  Bedeutung  haben  könnte;  dann  würde 
SQch  aofdas^xciq  τήν  ούσίαν  S.  50  Α.  10  ein  ganz  anderes  Licht  fallen. 
Man  hat  dabei  sicher  an  etwas  von  der  Person  zu  denken,  zu  verglei- 
chen wäre  bei  Legrand  bibl.  grecque  vulg.  I  S.  187  Z.  562:  νά  χ^ση  τό 
συκώην  του  καΐ  δλην  τήν  ούσιάν  του,  einer  Stelle,  auf  die  michHatzi- 
dakis  aufmerksam  macht.  Dass  die  widerlichsten  Gebräuche  nicht  nur 
dem  germanischen  sondern  auch  dem  griechischen  Zauber  eigen  waren, 
können  wir  aus  dem  άνθρωπου  γόνος  Jahrb.  f.  Philol.  Supplbd.  16, 816 
und  den  καταμήνια  bei  Alex.  Trall.  II  581  Puschmann  sehen. 

In  allen  diesen'  Fällen  ist  die  ουσία  als  einem  bestimuilen  Gegen- 
stand oder  Wesen  angehörig  bezeichnet.  Absolut  begegnet  das  Wort 
an  unserer  Stelle  und  in  der  αγωγή  άγρυπνητική  2943  ff.,  die  ich  fol- 
gendermassen  auffasse.  In  ein  Wachshündchen  werden  die  Augen  einer 
Fledermaus  gesetzt,  die  οοσ(α  auf  eine  Nadel  gesteckt  und  diese  Nadel 
10  durch  die  Augen  gestochen,  ίνα  ή  ουσία  φαίνηται  d.  h.  sichtbar 
bleibt.  Der  Beschwörende  bittet  die  Hekate,  Iva  άποβάληται  τό  πύρινον 
ή  δ€ΐνα  έν  τφ  όφθαλμψ,  d.  h.  wie  die  Augen  des  Thieres  von  der  mit 
ούοία  bestrichenen  Nadel  durchstochen  sind,  so  möge  die  zu  Bannende 
den  Glanz  ihrer  Augen  verlieren.  Man  kann  sowohl  an  den  κόπρος 
vie  an  den  lutns  in  quo  cadaver  humanum  defossum  fuerit  denken. 

In  einem  Papyrusfragment  endlich,  das  mir  durch  Wesselys  Güte 
noch  vor  der  inzwischen  erfolgten  Publication  zugänglich  wurde  (Denkschr. 
Wiener  Akad.  Bd.  42  S.  36  Z.  470)  steht  ein  φίλτρον  κάλλιστον  έπίγραψον 
Μ  λάμνης  κασσιτ€ρίνης  τους  χαρακτήρας  καΐ  τά  ονόματα,  καΐ  ούσιάσας 
(Κβη7οηθυαιάσας)οΙ<;ι6ήποτ€  ούσίςκ  Ιλι^ον  καΐ  βάλ€  Είς  θάλασσαν.  Wir  lernen 
daraus  zweierlei :  erstens,  dass  der  BegriS  der  ουσία  ein  immerhin  recht 
amfuigreicher  war,  zweitens,  dass  man  sogar  ein  Yerbum  davon  gebildet 
hat,  dessen  Bedeutung  nur  sein  kann  mit  ουσία  behaften,  d.  h.  zauber- 
kräftig  machen.  Die  allgemeine  Bedeutung  Zaubermittel  scheint  das  Wort 
uch  AbhdL  Berl.  Akad.  1865  S.  122  Z.  98  zu  haben,  wo  der  θ€Ος .  . . 
^νειροπομπεί  δγΕί  γυναίκας  άνδρας  δίχα  ουσίας,  αναιρεί,  d.  h.  doch  wohl, 
loch  ohne  Anwendung  eines  derartigen  Mittels  den  Zauber  ausführt. 

Ich  begnüge  mich  mit  dieser  Uebersicht;  hoffentlich  ist  ein  an- 
^tter  gluckUcher  und  kann  das  von  mir  angedeutete  entweder  erweisen 
^  von  einer  erfreulicheren  Seite  Licht  in  dies  Dunkel  bringen. 

1  D.  h.  der  zu  bannenden,  vgl.  später  dSov. 

s  Aehnliche  Aufschriften  auf  Theile  der  Figur  2398  ff. 


48  Knhnert 

έπι  bk  τής  beixaq  ακοής  ουερμηχαν '  έπΙ  bk  τής  ευωνύμου  λιβαβα 
ωϊμαθοθο'  έτη  5έ  της  οράσεως  αμουναβρει*  έπι  bi  του  όε^ιου 
οφθαλμού  ωρορμοθιοαηθ "  έπι  bk  του  δλλου  χοβουε*  έπΙ  οέ 
τής  beiiäq  κλεώός  αδεταμερου*  έπι  bk  του  οεΗιοΟ  βραχίονος^ 
ενεψαενεσγαρ^•  έπΙ  bk  του  δλλου  μελχιου  μελχιεοια'  έπ\  bk  τών 
χειρών^  μελχο  μελχουαηλ•  έπι  bk  του  στήθους  τό  δνομα  τής 
αγομένης  μητρόθεν*"  έπι  bk  τής  καρδίας  βαλαμινθωουθ*  καΐ 
υπό  τό  ύπογάστριον  αοβης  αωβαρ^"  έπι  bk  τής  φύσεως®  βλι- 
χιανεοι  ουωια*  έπι  bk  τής  πυγής  πισσαοαρα'  έπι  bk  των  πελ- 
μάτων τοΰ  μέν  οεζιου  ελω*  του  άλλου  "^  ελαιωος.  Και  λαβών 
δεκατρείς  βελόνας®  χαλκάς  πήΗον  μίαν®  έπι  του  εγκεφάλου, 
λέγων  περονώ  σου  ή  δείνα  τόν  έγκέφαλον  και  δύο  εΙς  τάς 
άκοας,  και  δύο  εις  τους  οφθαλμούς  και  μίαν  εΙς  τό  στόμα  καΐ 
δύο  είς^^  τα  υποχόνδρια  και  μίαν  εΙς  τάς  χείρας  καΐ  δύο  εΙς  τάς 
φύσεις  και  δύο  εΙς  τά  πέλματα,  καθ'  δπαΗ"  λέγων*  περονω  τό 
ποιόν  μέλος  τής  δείνα,  όπως  μηδενός  μνησθή  πλην  έμου  μόνου 


1  Vgl.  Wessely,  Nachträge  S.  13  eu  Zeile  312. 

3  Ebendort  zu  Zeile  313. 

^  Die  beiden  Hände  bekommen  nur  eine  Inschrift,  weil  sie  auf 
dem  Rücken  zusammengebunden  sind. 

*  Vgl.  oben  S.  41  A.  7. 

δ  Wessely,  Nachträge  S.  13  zu  Zeile  318. 

^  φύσις  s  albotov  (wie  natura),  im  Neu-  und  Mittelgriechisohen 
(Ducange)  gewöhnlich,  kommt  in  dieser  Bedeutung  schon  bei  Nikander 
vor,  vgl.  Oder,  de  Antonino  Liberali  1886  S.  33  Nr.  20. 

7  P.  άλλο. 

β  Das  ist  die  eigentliche  Form  der  defixio.  Ovid  Amores  III 
7,  30:  et  medium  tenues  in  iecur  eg^t  acus,  vgl.  Heroides  VI  91,  92, 
oben  S.  40  A.  2  und  den  neugriechischen  Zauber  S.  44  A.  1.  Danach 
wird  bei  Lukian  έταιρ.  διάλ.  4,  4  όβελούς  statt  όβολούς  zu  lesen  sein: 
der  Sold  ist  vorher  genannt,  die  6β€λοΙ  werden  unter  den  Zauberingre- 
dieuzien  angeführt;  freilich  werden  sie  bei  der  im  Folgenden  beschrie- 
benen Handlung  nicht  angewandt.  In  der  Oberpfalz  sticht  das  betro- 
gene Mädchen  um  Mittemacht  in  eine  unter  Beschwörungen  angezün- 
dete Kerze  einige  Nadeln  und  spricht:  ich  stech'  das  Licht,  ich  stech' 
das  Licht,  ich  stech'  das  Herz  das  ich  liebe.  Wuttke,  Deutscher  Volks- 
aberglaubeS  S.  345  Nr.  4. 

^  P.  ä,  auch  im  folgenden  Zahlzeichen. 

w  P.  σις,  Wessely,  Nachträge  S.  13  zu  Zeile  325. 

^^  Je  einmal,  d.  h.  jedesmal  beim  Durchstechen  des  betreffenden 
Theiles  (τό  ποιόν  μέλος),  wie  es  bei  dem  ersten,  dem  εγκέφαλος,  ange- 
geben ist.    Für  καθ'  δπο^  in  dieser  Bedeutung  =  έκάστοτ€  macht  mich 


Feaerzaaber.  49 

TOübciva.  Και  λαβών  πλάτυμμα  μολυβοΟν^  γράψον  τόν  λόγον* 
και  biunce*•  και  συνόήσας  τό  πέταλον*  τοις  ίψοίοις  μίτψ  άπό 
Ιστου,  ποιήσας  δμματα  τΕε^  λέγων,  ώς  οίδος®,  άβρασο£  κατά- 
αχ€ς'•  τίθεται  ηλίου  β  δύνοντος  παρά  άωρου  ή  βιαίου^  θήκην, 
ιπφοτιθών*   αύτψ  και  τά  του  καιροΟ  άνθη. 

Λόγος  ό  γραφόμβνος  και  οιιυκόμβνος. 
ΤΤαρακατατίθεμαι  ύμΐν  τοιττον  τόν  κατά2>€σμον  θεοΐς  χθο- 
νίοις  Ύεσεμιγάοων"   και   κούρη    ΤΤερσεφόνΐ)  Έρεσχιγάλ    και 
'Αιώνιοι  τψ  βαρβαριθα,  Έρμη  καταχθονίψ  θωουθφωκενταΣεψευα 


W.  Schulze  auf  2  Stellen  der  Apophthegmata  patram  bei  Cotelerius 
Monom,  eccles.  grr.  I  614  Β  und  619  C  aufmerksam  κατά  βπαξ  υπάγεις 
und  ύμεΐς  καθ'  απαί  αναβαίνετε  e=  jedesmal. 

^  filei  ist  das  beste  Material  für  Defixionen,  aus  filei  sind  die 
Tafeln  von  Knidos,  Alexandria,  Gypern.  Vgl.  Dieterich,  Jahrb.  f.  Philol. 
Supplb.  16  S.  789. 

*  P.  τον  λογον  τον  αυτόν.  Der  λόγος  folgt  aber  erst  unten,  der 
Zusatz  ist  also  zu  streichen. 

8  Vgl.  oben  S.  41  Δ.  2. 

*  D.  h.  das  fileitafelchen. 

^  Zu  den  βμματα  vgl.  0.  Hirschfeld,  de  incantamentis  1863  S.  43 
Λ.4.  τζε  =  365,  vgl.  Dieterich,  Abraxas  S.  182  Z.  25:  σύ  εΤ  ό  αριθμός 
τού  ένιαυτοΟ  αβρασαΗ.  Ebenfalls  365  Knoten  werden  in  einen  schwar- 
sen  Faden  geknüpft.  Denkschr.  Wiener  Akad.  Bd.  42  S.  35  Z.  460. 

β  Ebenso  ώς  οΤοες  1442,  οϋκ  αγνοείς  S.  50  Ζ.  243. 

'  D.  h.  binde,  banne,  vgl.  imten  S.  51  A.  12  und  S.  55  b^vui  τή 
νύφη  κοί.τό  γαμβρό. 

«Ρ.  rf. 

*  An  das  Grab  werden  die  Bilder  mit  dem  Taf eichen  gelegt  (vgl. 
2215,  2220  κατορύξεις  ird  dubpou  θήκην,  καταχώσεις  εΙς  άωρου  μνήμα), 
weil  die  Todtendämonen  den  Zauber  vollbringen  sollen,  wie  in  Knidos 
die  Zaubertafeln  im  Temenos  der  Demeter,  welcher  der  Schuldige  über- 
antwortet war,  aufgehängt  oder  vergraben  wurden.  Die  άωροι  (unten 
θ€θΙ  genannt)  und  βιαιοθάνατοι  sind  die  rechten  Zauberdämonen,  vgl. 
Dieterich,  Jahrb.  f.  Philol.  Supplbd.  16  S.  792  A.  1.  Aus  den  άωροι 
sind  bei  den  Christen  die  ungetauften  Kinder  geworden,  vgl.  A.  Saupe 
der  Indiculus  Snperstit.  1891  S.  29,  Wuttke,  Deutscher  Yolksaber- 
gliube«  8. 17,  44  und  öfter. 

^  Construirt,  als  ob  τίθει  voranginge;  τά  τοΟ,καιροΟ  άνθη  ebenso 
2189,  1862.  Vgl.  Greek  Papyri  S.  72  Z.  220  όσα  ακμάζει  τών  όπωρών 
md  Heliodor  Aith.  VI  14  δάφνη  καΐ  μαράθρψ  καταατέψααα, 

"  Vgl.  Wessely,  Nachtr.  S.  13  zu  Zeile  338.  Ύεσεμιγάδων  = 
Hoton  wird  neben  κόρη  Έρεσχιγάλ  ebenfalls  angerufen  auf  der  Blei- 
W  aus  Alexandria  Bh.  Mus.  18  S.  563.  Zur  Ereschigal  vgl.  Roschers 
loikon  Sp.  1584  ff. 

ttria.  Mae.  f.  Philol.  N.  F.  XLIX.  ^ 


60  Kuhnert 

ερχθαθουμισκονται  καλβαναχαμβρη  ^  κα\  'Avoußibi  κραταιφ  ψι- 
ρινθ  τφ.  τος  κλ€Ϊί)ας^  ίχοντι  τών  καθ'  "Aibou•  καΐ  οαίμοσι 
καταχθόνίοις,  θεοΐς  άώροις  bk  κα\  άώραις,  μέλλαξί^  τε  κα\  παρ- 
θένοις  ένιαυτούς  έί  ένιουταιν,  μήνας  έκ  μηνών,  ημέρας  tl  ήμβ- 
ρών,  ώρας  il  ώρών^  Όρκίίιυ  πάντας  δαίμονας  τους  έν  τφ 
τόπψ  τούτψ•  συνπαρασταθήναι  τώ  2>α!μονι  τούτψ''•  κα\  άνέγει- 
ραΐ  μοι  σαυτόν  δστις  ποτ'  εΤ,  εϊτε  δρρην  εϊτε  θήλυς,  κα\  οπαγε 
εΙς  πάντα  τόπον  και  εΙς  παν  άμφοοον  κα\  εΙς  πασαν  οΐκίαν 
καΐ  αΗον  κα\  κατάδησον^  "ΑΗον  τήν  δείνα  ήν  δείνα•  —  ίχεις 
τήν  ούσίαν  *°  —  φιλούσαν  με  τον  δείνα  δν  ίτεκεν  ή  δείνα.  Μή 
βινηθήτω,   μή   πυγισθήτιυ,    μηδέ   προς   ήδονήν    ποιή[σ]η   μετ' 


1  Vgl.  Weseely,  Nachträge  eu  Zeile  339. 

^  P.  κλιδας.  Auf  den  Bleitafeln  aus  Cypem  wird  ebenfalls  der 
καθ'  "Άιοου  θυρωρός  erwähnt,  Proceedings  Society  bibl.  archeol.  ΧΙΠ,  1891 
S.  174  ff.  Vers  1464  unseres  Pap.  wicd  neben  anderen  Gottheiten  Aiakos 
angerufen  πυλωρέ  κλείθρων  τών  ά€ΐδ{ων  θαττον  δνοιΕε,  κλιδοΟχέ  Τ€ 
"Ανουβι  φύλαΗ,  αναπέμψατε  μοι  τών  νβκύων  τούτων  εΤδωλα  προς  ύπη- 
ρεσίαν  έν  τή  άρτι  üjpqi  ανυπερθέτως,  Ινα  πορευθέντες  δζωσί  μοι  τφ  δείνα 
τήν  δείνα  τής  δείνα;  dann  werden  neben  Iris  alle  Götter  genannt  als 
wartend,  dass  die  Dämonen  dem  Befehl  gehorchen,  üeber  Aiakos  in 
dieser  Stellung  vgl.  Rohde,  Psyche  S.  285  Anm. 

8  P.  Αδου. 

^  μέλλαξ  adultus,  adolescens.  Ducange.    Vgl.  Hesych.  μέλ(λ)αξ. 

^  D.  h.  Stande  für  Stunde,  auf  alle  Zeit.  Vgl  unten  S.  61  A.  14 
πάση  dipqi  τοΟ  αΙώνος. 

®  GIG.  5858  b:  δαίμονες  καΐ  πνεύματα  ol  έν  [τφ  τό]πψ  τούτψ 
θηλυκών  καΐ  άρρενικών.  Bleitafel  aus  Alexandria  Rh.  Mus.  18,  563: 
δαίμονες  ot  έν  τούτψ  τφ  τόπψ  έστέ. 

"^  Dieser  Todtendämon,  in  dessen  Grab  die  Bilder  gelegt  werden» 
soll  in  erster  Linie  den  Zauber  vollbringen;  unter  dem  oben  erwähn- 
ten Bilde  des  Άρης  καθωπλισμένος  wird  er  also  zu  verstehen  sein,  nicht 
wohl  der  Beschwörende.    Vgl.  S.  45  A.  4. 

^  Vgl.  2490:  έκδιώ^ασα  αυτήν  άπό  παντός  τόπου  καΐ  πάσης  οΙκίας 
ΛΕον  αΟτήν  ώδε  προς  έμέ. 

®  Die  Formel  ist  zu  vervollständigen  in  τήν  δεΐνα  ήν  έτεκεν  ή 
δείνα,  wie  sie  im  folgenden  lautet.  Ebenso  abgekürzt  findet  sie  sich 
2497,  2908,  2930,^2937.  Vollständiger  ό  δείνα  öv  ή  δείνα  527,  2909, 
2931  (wo  ου  in  δν  zu  verbessern  ist)  und  Dieterich  Abraxas  177  Z.  26. 
Einfacher  τοΟ  δείνα  τής  δείνα  588. 

^  Vgl.  oben  S.  47  Α.  Doch  könnte  hier  ουσία  auch  einfach 
bedeuten:  du  hast  die  Macht  dazu  und  wäre  dann  zu  vergleichen  mit 
έχων  τήν  έζουσίαν  bei  Dieterich,  Jahrb.  f.  Philologie»  Snpplbd.  16 
S.  802,  7. 


Feaersauber.  51 

iUou  ανδρός  ^  ei  μή  μετ'  έμου  μόνου  του  δείνα '  ίνα  μή  δυνηθή 
ή  b€iva  μήτ€  πβΐν  *  μήτ€  φαγείν  *,  μή  στέργειν,  μή  καρτερεϊν,  μή 
ίύσταθήσαι,  μή  ύπνου  τυχεΐν  ή  δείνα  έκτος  έμου  του  δείνα• 
βη  σε  ϋορκϊίω  κατά  τοΟ  ονόματος^  του  φοβερού  κα\  τρομεροΟ, 
ου^  ή  γή  άκούσα[σ]α  του  ονόματος  άνοιγήσεται,  oö  οΐ  δαίμονες 
άκούσαντες  τοΟ  ονόματος^  ίνφοβοι*  ςχίβηθήσονται,  ου  οΐ  ποτα- 
μοί καΐ  αΐ  πίτραι  άκούσαντες  τό  όνομα  φρίσσονται^.  Όρκίίιυ 
σ6  νεκυδαΐμον,  εϊτε  αρρης  εϊτε  θήλυς,  κατά  τοΟ  βαρβαριθα 
χενμβραβα^  ρουχαμβρα  κα\  κατά  τοΟ  αβρατ  αβρασαζ  σεσεγγεν 
βαρφαραγγης  και  κατά  τοΟ  αωιαμαρι  ένδόίου  καΐ  κατά  του 
μαρμαεωθ  μαρμαραυωθ  μαρμαραωθ  μαρεχθανα  αμαρΖα  μαριβειυθ ' 
μή  μου  παράκουσης,  νεκυδαΐμον,  τών  εντολών  κα\  τών  ονομά- 
των ^  άλλ'  ίγειρον  μόνον  *°  σεαυτόν  άπό  τής  έχούσης  σε  άνα- 
παύσειυς  δστις  ποτέ  εΤ,  εϊτε  άρρης  εϊτε  θήλυς,  κα\  οπαγε  εΙς 
πάντα  τόπον,  εΙς  παν  δμφοδον",  εΙς  πασαν  οίκιαν,  κα\  ίνεγκόν 
μοι  τήν  δείνα  καΐ  κάτασχες  ^^  αυτής  τήν  βρώσιν  και  τήν  πόσιν 
και  μή  έάσης  τήν  δείνα  άλλου  ανδρός  πεΐραν  λαβείν  προς 
ήδονήν  μηδέ  Ιδίου  ανδρός  εΐ  μή  έμου  μόνου  του  δείνα.  Άλλ' 
ϊλκ€  τήν  δείνα  τών  τριχών,  τών^^  σπλάγχνων,  τής  ψυχής  προς 
ίμί  τόν  δείνα  πάση  ώρφ  του  αιώνος  **,  νυκτός  κα\  ήμίρας, 
μίχρι  ου  ίλθη  προς  έμέ  τόν  δείνα,  κα\  αχώριστος  μου  μείνη  ή^ 
bciva  ποίησον.  Κατάδησον  εΙς  τόν  ^^  άπαντα  χρόνον  τής  2ωής 
μου  και  συνανάγκασον  τήν  δείνα  .ύπουργόν  εΤναί  μοι  τώ  δείνα, 
και  μή  άποσκιρτάτω  άπ*  έμου  ώραν  μίαν  τοΟ  αΙώνος.  Έάν  μοι 

^  Der  gleiche  WuDsch  2740  ff. 

^  Ebenso  ist  die  Form  überliefert  im  Leydener  Pap.  bei  Diele- 
rieh  Abraxas  192  Z.  8  and  im  Pariser  1824  καταπ^ν ;  2656  πει^ν.  Vgl. 
Noy.  Test.  ed.  Tischendorf  XU»  S.  123. 

»  Vgl.  oben  S.  41/42. 

*P.ä. 

»  Vgl.  Wessely,  Nachtr.  za  Zeile  357. 

*  F.  €v  φοβου  verb.  v.  Wessely.  Zu  der  Formel  vgl.  Dieterich, 
Jilirb.  f.  Philol.  Supplbd.  16,  774. 

^  P.  φΗσσονται  verbessert  von  Wessely.  δαίμονες  φρίσσουσι 
»42,2829. 

*  Vgl.  Wessely,  Nachtr.  zu  Zeile  362. 

*  P.  ovof*. 

^Gewöhnlicher  ^r^ipov  μοι  σεαυτόν  S.  72  Ζ.  74.  Vgl.  oben 
Ä.  50  Z.  6,  7. 

^  P.  αμφοδο    . 

^  Vgl.  Dieterich,  Abraxas  S.  197  Z.  4 ;  oben  S.  49,  7. 

"  P.  TU)~. 

"  Vgl.  oben  S.  50  A.  5.  «  P.  το~» 


52  Kuhnert 

τούτο  τέλεσης,  αναπαύσω  σε  ταχέως.  Έγώ  γάρ^  €ΐμι*  βαρ- 
βαραδωναι  6  τα  δστρα  κρύβων^,  6  λαμπροφεγγής  οόρανου  κρα- 
τών, όκύριος  κόσμου  .  .  .*  δΗον,  κατάοησον  τήν  ί)€Ϊνα  φιλούσαν, 
έρώσαν,  τόν  ί)€ϊνα  ποθούσαν  κοΓ^•  δτι  δρκ(2!ω  σε,  νεκυδαΐμον, 
κατά  του  φοβερού  μεγάλου  .  .  .®,  ϊνα  μοι"^  δΕης  τήν  δείνα,  καΐ 
κεφαλήν  κεφαλή  κολλήοή]  κα\  χείλεα  χείλεσι^  συνάψΐ)  καΐ   γα- 


1  Vgl.  Wessely,  Nachträge  zu  Zeile  385  (Druckfehler  386). 

^  Der  Beschwörende  identifioirt  sich  mit  dem  höchsten  Grotte 
(ebenso  1018)  und  spricht  in  seinem  Namen,  insofern  er  auch  über  ihn 
Macht  hat;  er  erhält  dieselbe  durch  die  später  angegebene  έξα{τησις 
Zeile  434  ff.  Vgl.  Burckhardt,  Zeit  Constantins^  S.  221,  Dieterich, 
Abräxas  136  A.  1. 

8  Vulgäre  Form  für  κρυπτών. 

^  Die  sieben  und  eine  halbe  Zeile  füllenden  Zauberworte  sind 
ausgelassen. 

^  κοΓ  findet  sich  in  dieser  Abkürzung  sehr  häufig  im  Pariser  Pa- 
pyrus. Aus  einigen  Stellen  ergibt  sich  mit  Sicherheit,  dass  es  an  der 
Stelle  eingefügt  ist,  an  der  man  eine  genauere  Mittheilung  über  den 
Wunsch  des  Beschwörenden  erwartet,  z.B.  273  έπιτρέψης  hi  γενέσθαι 
κοΓ  1476  ποιοΟντα  τό  δείνα  πράγμα  κοι'',  ebenso  1483  u.  1495.  In  der 
Verbindung  mit  τ6  δεΐνα  πράγμα  findet  sich  im  Papyrus  Mimaut  bei 
Wessely  S.  142  Z.  76  [ποί]ησον  τό  δεϊνα  πρ[ογμα]  κοινά,  ebenso  Ζ.  84, 
gewöhnlicher  in  vollerer  Form  [ποίει  τ]6  δείνα  πράγμα  κοινά  δσα  θέλεις 
141,  52,  γ€[ν]έσθω  αύτοις  τό  δείνα  πράγμα  κοινά  δσα  θέλεις  ήοη  ήδη 
ταχύ  ταχύ  143,  122  ff.,  ebenso  [κο]ινα  δ  θέλεις  142,  86  und  143,  111.  (In 
dem  einen  Leydener  Papyrus  Jahrb.  f.  Philol.  Sapplbd.  16,  S.  798,  11 
steht  δσα  θέλεις  an  der  Stelle,  an  der  sonst  κοι'  begegnet).  Findet  sich 
nun  gleichbedeutend  im  Pariser  Pap.  2672  δσα  δέ  βούλει  κοινά,  so  kann 
es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  die  sonst  im  Parisinus  stets  ange- 
wendete Kürzung  κοΓ  ebenso  in  κοινά  δσα  θέλεις  zu  ergänzen  ist.  In 
der  Regel  bezeichnet  das  Wort  die  Stelle,  an  welche  die  speciellen 
Wünsche  in  die  allgemein  gefassten  Zauberrecepte  hineingehören;  bis- 
weilen charakterisirt  nur  eine  Ueberschrift  die  Art  des  Zaubers  und  die 
Formel  ist  mit  der  einfachen  Angabe  κοΓ  ganz  ins  Belieben  des  Be- 
schwörenden gestellt,  z.  B.  Denkschr.  Wiener  Akad.  Band  42  S.  34 
Z.  425, 430  (κάτοχος . .  . :  θεοί  κραταιοί  κατέχ€τ(ε)  κοΓ  δσ'  άν  θέλης.);  oft 
ist,  wie  auch  oben,  die  Formel  zum  Theil  angegeben,  so  dass  κοΓ  etwa 
soviel  wie  καΐ  τά  λοιπά  (D.  W.  Α.  Band  42  S.  36,  485)  bedeutet.  Dass 
kein  Verbum  darin  steckt,  wie  man  zu  erwarten  geneigt  ist,  sondern 
κοινά,  folgt  aus  D.  W.  A.  Bd.  42  S.  26,  202  und  33,  401  καΐ  τά  κοΓ; 
es  kann  also  nur  bedeuten:  alles  was  du  wünschest. 

^  Zwei.  Reihen  Zauberworte. 

'  P.  μη  vcrb.  von  Wessely. 

®  P.  χειλη*^*  Wessely,  Nachträge  zu  Zeile  401. 


Fenerz&uber.  &3 

(Trepa  γαατρι  κολλή<Τΐ]  και  μηρόν  μηρψ  πελάστ)  καΐ  τό  μελαν^ 
τψ  μέλανι  συνάρμοση*  καΐ  τά  αφροδισιακά  εαυτής  εκτέλεση  ή 
δείνα  μετ'  έμου  του  δείνα  εΙς  τόν  δπαντα  χρόνο  ν  ^  του  αιώνος. 
Είτα  τράφον  εΙς  ϊτερον  μέρος  του  πλατυμματος  την  καρδίαν 
«αι  τους  χαρακτήρας  ώς  υπόκειται^ 

In  dieser  Zaubervorechrift  des  Pariser  Papyrus  besitzen  wir 
eise  Parallele,  welche  die  horazische  Todtenbeschwöning  voU- 
ständig  aufklärt.  TJeber  die  gleiche  Bedeutung  der  beiden  Bilder 
igt  schon  gesprochen;  ein  Unterschied  besteht  insofern,  als  bei 
Horaz  das  Wachsbild  verbrannt,  das  des  Dämons  wahrscheinlich 
in  die  Grube  (natürlich  παρ'  άωρου  ή  βίαιου  μνήμα)  gelegt  wird^, 
während  im  Pariser  Papyrus  das  Bild  des  zu  Bannenden  mit  Na- 
deln zerstochen  und  mit  dem  des  Dämons  zusammen  in  dessen 
Grab  gelegt  wird. 

Ebenfalls  einen  Liebeszauber  enthält  die  achte  Ekloge  Yer- 
gils;  wir  finden  darin  keine  eingehende  Schilderung  der  Vor- 
bereitungen —  diese  waren  damals  eben  allgemein  bekannt  — 
Bondem  nur  di»  Beschwörung  genauer  beschrieben.  Die  Zauberin 
trägt  um  einen  Altar  dreimal  eine  effigies ;  es  liegt  nahe,  darunter 
ein  Bild  ihres  Geliebten  Daphnis  zu  verstehen.  Auf  dies  Bild 
nmss  sich  das  tema  licia  circumdare  (Vers  78,  74)  beziehen,  zu 
vergleichen  wäre  der  Faden  mit  den  365  Knoten  in  unserem  Pa- 
pyrne.    In  Yers  80  wünscht  sie 

limus  ut  hie  durescit  et  haec  ut  cera  liquescit 
uno  eodemque  igni:  sie  nostro  Daphnis  amore. 

Unter  der  cera  hat  man  vielfach  das  oben  effigies  genannte 
Wachsbild  des  Daphnis  verstanden,  in  TJebereinstimmung  mit 
Servius,  der  dazu  bemerkt:  se  de  limo  facit,  Daphnidem  de  cera. 
Er  hielt  also  den  limus  für  ein  Bild  der  Zauberin  ans  Thon. 
Wenn  aber  das  sie  nostro  Daphnis  amore,  d.  h.  duresoat  et  11- 
queseat  wie  Servius  ganz  richtig  ergänzt,  überhaupt  einen  Sinn 
baben  soll,  so  kann  es  nur  bedeuten,  Daphnis  möge  durch  den 
Zauber  einerseits  ebenso  hart  —  also  offenbar  gegen  alle  anderen 

^  Offenbar  sind  darunter  die  τρ(χ€ς  albo{u)v  =  τά  aiboXa  zu 
▼errtehen. 

*  P.  συνορμαση,  verb.  v.  W.  Schulze.  *  P.  χρονο'. 

*  Unter  der  καρδία  sind  ohne  Zweifel  die  in  Pyramidenform  ge- 
echriebenen  Palindrome  auf  S.  55  bei  Wessely  zu  verstehen,  die  von 
^den  Seiten  mit  magischen  Charakteren  umgeben  sind.  Daran  schliesst 
»ch  eine  an  Helios  gerichtete  έΕαΙτησις  τής  πράΗεως  (Zeile  434  ff.). 

^  Wohl  zugleich  mit  dem  Bilde  scharren  die  Frauen  lupi  barbam 
Firiae  cum  dente  colubrae  ein,  vgl.  Riese  a.  a.  0.  S.  309. 


54  Kahnert 

Frauen  ^  —  andererseits  so  weich  wie  Wachs  gegen  die  Zauberin 
werden.  Dann  ist  aber  der  Gedanke,  dass  unter  dem  limne  ein 
Bild  der  Zauberin  su  versteben  sei,  ganz  von  der  Hand  su  weisen : 
man  könnte  nur  an  zwei  Bilder  des  Dapbnis  aus  verschiedenem 
Stoff  denken  und  das  bat  Voss  in  der  That  getban'.  Haben  wir 
bisher  auch  kein  anderes  Beispiel  dafür  *,  so  wäre  dies  Yerfahren 
doch  immerbin  verständlich  und  damit  könnten  wir  uns  begnügen 
auf  einem  Gebiete,  auf  dem  wir  in  allen  Einzelheiten  den  gross- 
ten  Yerscbiedenbeiten  begegnen. 

Es  kann  indessen  gar  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass 
weder  unter  limus  noch  unter  cera  Bilder  zu  verstehen  sind^. 
Wenn  wir  bei  Servius  einem  so  offenbaren  Irrtbum  wie  der  £r^ 
klärung  des  se  de  limo  facit  begegnen,  so  werden  wir  auch  das 
übrige  als  nur  ad  hoc  construirt  und  damit  weiterer  Beachtung 
unwertb  ansehen  dürfen.  Yergil  bat  einfach  ein  Stück  Thon  oder 
Erde  und  eine  Scheibe  Wachs  gemeint. 

Dasselbe  gilt  für  sein  Vorbild,  den  von  Theokrit  im  zweiten 
Idyll  beschriebenen  Zauber.  Auch  hier  sucht  ein  Mädchen,  8i- 
maitha,  auf  diesem  nicht  ungewöhnlichen  Wege  ihren  ungetreuen 
Geliebten  zu  sich  zurückzuführen.  Beim  Drehen  des  Zauber- 
kreisels läset  sie  ihre  Dienerin  Thestylis  Mehl  ins  Feuer  streuen 
mit  den  Worten  τά  Δέλφιοος  όστια  πάσσω.  Darauf  verbrennt 
sie  über  Delphis  (im  Δέλφιοι)  einen  Lorbeerzweig;  wie  dieser 
plötzlich  mit  lautem  Knistern,  ohne  dass  man  seine  Asche  sieht, 
verbrennt,  οΰτιυ  τοι  κα\  Δέλφις  έν\  φλογΐ  σάρκ'  άμαθυνοι^ 
Vers  38  wünscht  sie:  Λίς  τοΟτον  τόν  κηρόν  έγώ  σύν  οαίμονι 
τάκω,    ώς  τάκοιθ'  ύπ'  ίρωτος  ό  Μύνδιος  αύτίκα  Δέλφίς,    und 


^  So  fasst  es  auch  die  ausführlichere  Erklärung  im  Cod.  Reg., 
8.  Thilos  Ausgabe.    Vgl.  oben  S.  50/51. 

2  Vergils  Eklogen  Altona  1797  II  S.  424,  25 ;  unter  der  effigies 
versteht  er  ein  Bild  der  Zauberin.    Ihm  folgt  0.  Hirschfeld  de  incant.  43. 

^  Denn  die  Notiz  der  Scbolia  Bemensia  (die  übrigens  in  den  Feh- 
ler des  Servius  nicht  verfallen)  zu  VIII  75:  malefici...  effigiem  amato- 
ris  circumferunt,  unam  ex  lino,  aliam  ex  luto,  tertiam  e  cera  ist  offen- 
bar ans  unserer  Stelle  erst  geschlossen,  effigies  mit  licia  =  linum, 
limus  =s  latus,  cera  =  cera. 

^  Düntzer  a.  a.  0.  S.  602  scheint  auch  nicht  an  Bilder  zu  den- 
ken. Für  die  gleich  zu  behandelnde  Theokritstelle  sprach  schon  Grimm, 
Deutsche  Mythol.  11^  914  einen  solchen  Zweifel  aus. 

^  Das  erinnert  an  unseren  Zmyrnazauber,  vgl.  Vergil  Ekloge 
Vni  83. 


Feuersanber.  56 

wie  dioeer  eherDe  Ereieel  sich  dreht,  eo  möge  sich  Delpbie  vor 
memer  Thttr  winden.  Drei  Handinngen  —  Verbrennen  des  Mehls, 
des  Lorbeere,  Drehen  des  Bannkreisele  —  sehen  wir  also  zu 
Delphis  in  Beziehung  gesetzt,  ohne  dass  sie  an  einem  Abbild  vor- 
genommen werden:  danach  werden  wir  logisoherweise  bei  der 
Tierten  an  ein  beliebiges  Sttiok  Wachs  denken.  Das  Feuer  der 
liebe  soll  den  Gebannten  so  weich  machen  wie  die  Flamme  das 
Stfiek  Wachs,  bei  Yergil  zugleich  so  hart  wie  die  Gluth  den 
Thon  härtet. 

Weitere  antike  Parallelen  stehen  mir  dafdr  nicht  zu  Gebote. 
Doch  werden  an  deren  Stelle  einige  neugriechische  Zaubervor- 
lehriften,  die  mir  Herr  Prof.  Hatzidakis  ebenfalls  mitgetheilt  hat, 
willkommen  sein:  Σχοινίον  έκ  κηροΟ  κατακρυφθέν  εις  κόπρον 
και  θ€ρμι[ι  Oban  κατακλικτθέν  έτάκη,  καΐ  τηκομένψ  ίττήδεν  ό  μά- 
τος*  δταυς  λ€ΐ  (=  λύει)  το  κερί  τοΟτο,  νά  λύση  και  να  χαθή 
και  τό  κορμί  του  beiva.  —  "Ινα  δήσωαι  (=  κωλύσυασι  συγγε- 
ν(αθαι)  τους  νεονύμςρους  2>ουντες  κόμβον  έπΙ  σχοινίου  λέγουσι* 
b^vuj  τή  νύφη  κα\  τό  γαμβρό  ^  Έφ'  δσον  bi  ό  κόμβος  μή 
λύεται,  ο\  νεόνυμιροι  ου  δύνανται  συγγενέσθαι.  Τό  σχοινίον 
τούτο,  έε  οΰ  ό  κόμβος,  όνήκέ  ποτέ  άλιεΐ  τινι,  και  οπότε  ούτος 
aXieuuv  βυθίεοι  αυτό  εΙς  τήν  θάλασσαν,  ό  νεόνυμφος  φοαίνετο 
και  Ιπασχε  δεινώς.  —  *Η  έρώσα  λαμβάνει  νεοσσούς  άπτήνας 
και  Ζώντας  ρίπτει  εΙς  τό  πυρ  λέγουσα  •  δπιυς  λαχταρίζουν  τά 
πουλιά,  νά  λαχταρίση  κα\  ό  [δείνα]  bi'  έμενα*.  Ich  schliesse 
diesen  Beispielen  noch  eine  Zauberformel  ans  Hohenfurt  im  Böh- 
merwald' an  :  Schreib  anff  ein  weyss  glas  dyse  wartt  f  assoaelf 
mammens  t  baldns  f  rebaldns  f  tansent  listiger  vnd  leg  das 
[das]  glas  ozn  dem  fenre  vnd  sprich  diso  wartt  als  hayss  das  glas 
ist  als  hayss  sy  der  η  nach  mir  N.  £tc.  Κ 

Dass  wir  in  den  beschriebenen  symbolischen  Yerbrennnngen 
MJir  alterthämliche  Zauberhandlnngen  zu  erblicken  haben,  dürfen 
^  nicht  nnr  vermnthen^;    es    gibt  noch  Sparen,  die  dies  über 


^  Ueber  das  Nestelknüpfen  C.  Meyer,  Aberglaube  des  Mittelalters 
1884  S.  265,  Dieterich,  Jahrb.  f.  Phüol.  Supplbd.  16  S.  811  A.  1  zu 
Zefle  26. 

^  Die  letzte  Formel  erfuhr  Hatzidakis  von  einem  Manne  aus  Pa- 
^  die  übrigen  wie  die  S.  44  A.  1  mitgetheilte,  stammen  aus  Rhe- 
thymxna  auf  Kreta. 

8  Zeitschr.  f.  Deutsch.  Alterthum  35  (1891)  S.  251. 

*  YgL  καΐ  τά  λοιπά  oben  S.  52  Α.  5. 

^  Für  die   ähnlichen   sumerisch-assyrischen  Zauberformeln  muss 


56  Kuhnert 

jeden  Zweifel  erheben.  Aue  den  βιΖοτόμοι  des  Sophokles  ist  uns 
bei  Heeychioe  ein  Fragment  erhalten  άϊστιίκΤας*  διαχέας  κα\ 
τήζας.  Σοφοκλής  {αίοτόμοις'  κόρον  ιστωσας  ττυρ^.  Küster  hat 
κηρόν  άϊστώσας  πυρί  verbessert,  die  beiden  letzten  Worte  offen- 
bar richtig;  Nauck  hat  κόρον  im  Text  stehen  lassen  ohne  Erklä- 
rung, was  er  darunter  versteht.  Aus  der  Glosse  des  Hesychios 
folgt,  dass  der  κόρος  geschmolzen  wurde;  ich  vermuthe  daher, 
dass  das  Wort  hier  die  Bedeutung  Puppe  hatte  und  diese  Stelle 
von  einem  Zauber  handelte,  bei  welchem  ein  Wachsbild  in  der 
bekannten  Weise  verbrannt  wurde. 

Ein  Fluch  mit  einer  ähnlichen  symbolischen  Handlung 
findet  sich  in  Sophokles  Aias  1175  ff.  Teukros  führt  des  Aias 
Sohn  an  die  Leiche  des  Vaters,  lässt  ihn  sein,  der  Tekmessa  und 
das  eigene  Haar  fassen  und  spricht  dabei  den  Fluch  aus 

el  bi  τις  στρατού 
βίφ  σ'  άποσπάσεΐ€  τουοε  του  νεκρού, 
κακός  κακώς  αθοτττος  έκπέσοι  χθονός 
γένους  δπαντος  βίΖαν  έΗημημένος, 
αδτως,  δπωσπερ  τόνί)'  έγώ  τέμνω  πλόκον. 
Schon  dem  homerischen  Zeitalter  waren  ähnliche  Gebräuche 
beim  Schwur  bekannt,  ja,  die  Heroen  scheinen  dieselben  bereits 
tiberwnnden  zu  haben.    Bei  dem  Eidesopfer  der  Troer  und  Achaier 
vor  dem  Zweikampf  des  Menelaos  mit  Paris   wird  Wein   ausge- 
gossen Γ  297 

ώδε  bέ  τις  εϊπεσκεν  'Αχαιών  τε  Τρώων  τε* 
ΖεΟ  κυοιστε,  μέγιστε,  καΐ  αθάνατοι  θεοί  άλλοι, 
όππότεροι  πρότεροι  υπέρ  δρκια  πημήνειαν, 
ώοέ  σφ'  εγκέφαλος  χαμάοις  βέοι,  ώς  δδε  οΤνος, 
αυτών  κα\  τεκέων,  άλοχοι  b^  άλλοισι  δαμεΐεν. 
Wir  hören  nur  den  Wunsch  eines  Mannes   aus  dem  Volke, 
allein    es  ist  klar,    dass    wir    daraus    mit  Sicherheit    entnehmen 
können,  dass  bestimmten  Fluchopfern,  wenn  auch  vielleicht  nicht 
mehr  in  den  höfischen  Kreisen,  diese  rohe  Form  eigen  war.    Die 
Molosser  haben  sie  noch  lange  bewahrt :  ol  γάρ  Μολοττοι,  έπει- 
bav  δρκια  ποιώνται,  βους  παραστησάμενοι  κα\  κώθιυνας  οίνου 
πλήρεις,  τόν  μέν  βουν  κατακόπτοντες  εΙς  μικρά  έπαρώνται  τοις 


ich  mich  mit  einem  Hinweis  auf  die  Schrift  von  P.  Jensen,  de  incan- 
tameotorum  sumerioo-assyriorum  .  .  .  tabula  sexta  Monaohii  1885  be- 
gnügen. 

*  Nauck,  Fragm.  trag.«  Nr.  493. 


Feuerzauber.  57 

παραβησομένοις  ούτως  κατακοπήναί'  τους  bk  κώθωνας  έκ- 
χίοντες  ούτως  έκχυθήνοι  τό  αίμα  των  παραβησομένων^ 
Die  homerische  Parallele  ist  interessant,  wenngleich  wir  dies 
Opfer  mit  seiner  kräftigen  Flachformel  auch  ohne  sie  für  ein 
uraltes  halten  müssten.  Genau  entsprechende  italische  Ceremo- 
nien  sind  bei  Livius  I  24  und  XXI  45  überliefert  ^ 

Nach  den  vorausgegangenen  Erörterungen  wird  es  keinem 
Zweifel  mehr  unterliegen,  dass  auch  der  seltsame  Tod  Meleagers 
in  diese  Kategorie  gehört.  Die  homerische  TJeberlieferung  bietet 
uns  nur  den  schauerlichen  Fluch  der  Althaia  I  566  ff. 

θεοϊσιν 
πολλ'  άχέουσ'  ήράτο  κασιγνήτοιο  q)ovoio, 
πολλά  ht  καΐ  γαϊαν  πολύφορβον  χερσίν  άλοία 
κικλήσκουσ'  ^Αίί)ην  καΐ  έπαινην  Περσεφόνειαν 
πρόχνυ  καθείομένη,  οευοντο  bk  οάκρυσι  κόλποι, 
παώΐ  b6μev  θάνατον*  τής  b'  ήερόφοιτις  Έρινύς 
ίκλυεν  έ£  Έρέβεσφιν,  άμείλιχον  ήτορ  ίχουσα. 
Der  Tod  des  Meleager  wird,    wie    es    bei    dem  Zweck  der 
Episode  das  natürliche  ist,    nur   angedeutet;    nach   der  Analogie 
der  £oiai  und  der  Minyas  (Paus.  X  31,  3)    werden  wir  uns  der 
Annahme  nicht  entziehen  können,  dass  der  Dichter,  einem  älteren 
epischen  Meleagerlied  folgend,  den  Helden  in  der  Schlacht  durch 
ApoUon  sein  Ende  findend  dachten     Das  war  ein  echter  Heroen- 
tod, der  ehrenvollste  für  jugendliche  Helden,  den  auch  Patroklos 
and  Achilleus  starben.     Allein  —  schon    diese    stereotjrpe  Form 
wird  unser  Bedenken  erregen  —  diese  Wendung    der  Sage  war 
nicht  die  ursprüngliche.     Die  Volksüberlieferung,  für  uns  wie  für 
die  antiken  Mythologen  zuerst  bei  Phrynichos  nachweisbar,  lautete 
andere:   Althaia  entzündet  ein  Stück  Holz,    und  wie  dieses  vom 
Feuer  verzehrt  wird,  so  vergeht  Meleager  plötzlich: 

6  b'  αρτι  θάλλων  σάρκα  διοπετης  δπιυς  αστήρ  άπίσβη 
heisst  es  in  einem  Fragment  des  Furipides,    das  von  M.  Mayer '^ 


^  Corpus  paroemiogr.  graec.  edd.  Leutsch-Schneidewin  I  S.  225 
zu  Z.  18. 

2  Für  das  Alter  derartiger  Formeln  spricht  auch  ihre  Verwen- 
dung zu  Heilzwecken,  z.  B.  Alex.  Trall.  ed.  Puschmann  II  585  ώς  ol 
^ς  ούτοι  ούκ  αοΕονται,  μηδέ  τό  πάθος  τοΟδ€.     Vgl.  ebenda  II  583. 

^  £ine  nähere  Begründung  meines  Urtheils  über  die  homerische 
teberlieferung  werde  ich  in  dem  Artikel  Meleager  in  Röschere  mytho- 
^g•  Lexikon  versuchen. 

*  De  Eurip.  mythopoeia  1883  S.  78,  79. 


58  Kuhn  er  t  Feuenauber. 

mit  grösster  Wabreoheinliohkeit  auf  deseen  Meleager  bezogen  ist. 
£in  nntentalisclies  Vasengemälde  des  vierten  Jabrbnnderte  zeigt 
nne  den  Helden  mit  allen  Zeioben  eines  verzehrenden  inneren 
Schmerzes^  sterbend  in  den  Armen  seines  Bruders  Tenkroe'. 

Dass  diese  IJeberliefemng  die  volksthümlichere  und  damit 
ältere  ist,  leuchtet  von  selbst  ein^;  sie  wäre  der  epischen  nie 
substituirt,  wohingegen  diese  schon  durch  den  einen  in  anderen 
epischen  Sagen  wiederkehrenden  Zug  ihren  ritterlichen  Ursprung 
verräth.  Die  Handlung  der  Althaia  aber  ist  uns  jetzt  völlig  ver- 
ständlich durch  die  analogen  Beschwörungen  unserer  Papyri  und 
jeder  Zweifel,  ob  wir  für  die  Urzeit  Griechenlands  bereits  sym- 
bolische Bräuche  dieser  Art  voraussetzen  dürfen,  wird  durch  die 
vollkommene  Analogie  der  eben  behandelten  homerischen  Fluch- 
formel beseitigt«  Althaia  hat  ihrem  Fluch  dadurch  erhöhte  Kraft 
verliehen,  dass  sie  ein  Holzscheit  entflammte  und  die  Todtengott- 
heiten  anflehte:  wie  dieses  Holz  vom  Feuer  verzehrt  wird,  so 
brennt  ihn,  bis  er  stirbt.  Ihr  Fluch  ist  die  älteste,  rein  grie- 
chische Form  einer  Beschwörung,  die  in  einer  unserem  Blick 
vielfach  verborgenen  Linie  zu  den  Recepten  der  Zauberpapyri 
und  von  dort  das  Mittelalter  hindurch  bis  in  unser  Jahrhundert 
führt. 

Die  Grundlage  dieses  Zaubers  endlich  ruht  in  der  Auf- 
fassung des  menschlichen  Lebens  als  eines  Lichts.  Die  Sage 
vom  Nornagest,  der  durch  Verbrennen  eines  Lichts  sich  selbst 
den  Tod  gibt,  ist  bereits  von  Grimm ^  und  Wackernagel  ^  zum 
Vergleich  herangezogen  worden.  Sie  ist  nur  ein  berühmtes  Bei- 
spiel für  eine  Vorstellung,  die  noch  heute  in  unserem  Volke 
lebendig  ist^  und  die  auch  die  Neugriechen  von  ihren  Vorfahren 
ererbt  und  hie  und  da  bewahrt  haben''.  £uripides  zieht  zum 
Vergleich  mit  einem  jähen  Tode  das  plötzliche  Erlöschen  eines 
Sterns  heran  und  jedem  bekannt  sind  die  später  so  häufigen  Dar- 
stellungen des  Todtengenius  mit  verlöschender  Lebensfackel. 

Marburg.  Ernst  Kuh  η  er  t. 


^  Ich  erinnere  an  die  oben  S.  37—39  angeführten  Formeln. 

3  Arohäol.  Zeitung  1867  Taf.  CCXX. 

8  Vgl.  A.  Feuerbach,  naohgel.  Schriften  IV  7,  Eekule,  de  fabala 
Meleagrea  1861  S.  7. 

*  Deutsche  Mythol.  U*  S.  712. 

5  Z.  f.  Deutsches  Alterth.  VI  (1848)  S.  280  ff. 

β  Grimm,  Deutsche  Mythol.  II*  712,  Müllenhoff,  Sagen  d.  Her- 
zogthümer  Schleswig-Holstein,  Lauenburg  1845  S.  180. 

"^  B.  Schmidt,  Volksleben  der  Neugriechen  S.  246. 


59 


Die  kleinen  Schriften  des  Alexander  τοη  Apbrodisias. 


Die  kleinen  Schriften  des  Alexander  von  Apbrodisiae  sind 
nrar  weder  nach  ihrem  selbständigen  philosophischen  Gehalt  noch 
oAch  dem  Werth,  den  sie  als  Quelle  für  nnsere  Eenntniss  der 
alten  Philosophie  überhaupt  besitzen,  Dokumente  ersten  Banges. 
Gleichwohl  bieten  sie  in  beiden  Beziehungen  ein  nicht  zu  unter- 
icli&tzendes  eigenartiges  Interesse,  das  sie  vor  Vergessenheit 
schützt  Ein  treuer  Erklärer  des  Aristoteles,  bewegt  sich  Alexan- 
der zwar  auch  bei  seinen  eigenen  philosophischen  Versuchen  ganz 
in  den  Gedankenbahnen  des  Meisters:  trotzdem  ist  er  kein  ur- 
tbeilsloser  Nachbeter.  Er  spricht  seinem  Führer  nicht  nach, 
sondern  er  denkt  ihm  nach.  Der  Verzicht  auf  Originalität  des 
Gedankens  ist  ihm  kein  Verzicht  auf  das  Denken  selbst.  Und 
du  ist  es,  was  ihn  über  die  grosse  Masse  der  Commentatoren 
weit  emporhebt.  Er  zeigt  noch  Funken  lebendigen  Geistes;  die 
urietotelische  Philosophie  ist  ihm  nicht  todte  TJeb erlief erung,  son- 
dern Arischer  Quell  der  Wahrheit  und  Lebensweisheit.  Treu  hält 
er  ihr  Banner  aufrecht  im  ungleichen  Kampf  mit  begünstigteren 
ßegoem.  Denn  nicht  er,  sondern  sie  beherrschen  den  Zeitgeist. 
£i  bat  einen  eigenen  Beiz,  die  strenge  solide,  aber  in  den  Augen 
des  Publikums  etwas  altmodische  Lehre  sich  gegen  die  modischen 
Lehren  der  herrschenden  Schulen  vertheidigen  zu  sehen.  Aristo- 
teles selbst,  wäre  er  wieder  erstanden,  hätte  wohl  wuchtiger  und 
vernichtender  drein  geschlagen,  indess  auch  Alexander  stellt  sei- 
len Mann.  Wir  lernen  aus  ihm,  wie  aus  keiner  andern  Quelle, 
die  Einwände  kennen,  welche  den  Lehren  des  Stagiriten  entgegen- 
S^halten  wurden  und  die  z.  Th.  rein  chikanöser  Natur,  z.  Th. 
*W  auch  von  tieferem  Interesse  sind.  Man  lese  z.  B.  den  Ab- 
•chitt  der  ethischen  Probleme,  der  über  die  Tugenden  als  μ€(ΤΟ- 
^€ς  und  die  gegen  diese  Lehre  gemachten  Einwürfe  handelt  No. 


ßO  Apelt 

XXVIIp.  152ff.     £r  enthält  in  letzterer  Beziehung  manches  6e- 
achtenewerthe. 

Besondere  anhaltend  hat  den  Alexander  die  Antinomie  der 
Freiheit  und  des  Schicksale  beschäftigt,  wozu  abgesehen  von  dem 
inneren  Interesse  der  Frage  vor  allem  die  bekannten  Lehren  der 
Stoiker  den  Anlass  boten.  Wie  ein  rother  Faden  ziehen  sich  die 
Betrachtungen  über  das  έφ^  ήμΐν  und  die  εΙμαρμένη,  über  τύχη, 
αυτόματον  u.  s.  w.  durch  seine  kleinen  Schriften  hindurch,  von 
dem  zweiten  Buch  de  anima  an  bis  zu  der  zusammenhängenden 
Behandlung  des  Problems  in  der  Schrift  ncpi  εΙμαρμένης.  In 
dieser  letzteren  werden  eindringender  als  in  der  gleichnamigen 
pseudoplutarchischen  Schrift  —  die  sich  selbst  nur  als  Disposi- 
tion, als  Programm  für  eine  eingehendere  Behandlung  des  Gegen- 
standes gibt  —  die  verschiedenen  Seiten  der  Frage  mit  den 
daran  sich  knüpfenden  Controversen  erörtert. 

Der  Text  dieser  kleinen  Schriften  Alexanders  lag  ziemlich 
im  Argen.  Erst  durch  die  kürzlich  im  Auftrag  der  Berliner 
Akademie  erschienene  Ausgabe  von  Bruns  ist  die  sichere  hand- 
schriftliche Grundlage  geschaffen,  auf  der  sich  die  Emendation 
mit  einiger  Aussicht  auf  Erfolg  aufbauen  kann.  Die  Ausgabe  um- 
fasst  zwei  Bände,  deren  erster  die  Psychologie  enthält,  d.  h.  das 
sog.  erste  Buch  de  anima,  sodann  unter  dem  von  Bruns  gewähl- 
ten Titel  de  anima  libri  mantissa  das  sog.  zweite  Buch  de  anima, 
das  nur  z.  Th.  über  psychologische,  daneben  über  ethische  und 
naturphilosophische  Fragen,  nicht  systematisch,  sondern  aphori- 
stisch handelt,  ähnlich  wie  die  vier  Bücher  αποριών  και  λύσεων, 
die  mit  der  Schrift  de  fato  und  der  Abhandlung  de  mixtione  den 
zweiten  Band  der  Bruns'schen  Ausgabe  bilden.  Meiner  Freude 
über  das  Erscheinen  dieser  Ausgabe  glaube  ich  nicht  besser  Aus- 
druck geben  zu  können,  als  durch  Besprechung  einer  Anzahl  von 
Stellen  des  zweiten  Bandes,  in  denen  ich  hoffe  in  möglichst 
engem  Anschluss  an  die  Züge  der  besten  Handschrift,  eines  Ve- 
netus  (Marcianus  258),  dem  Alexander  das  Seinige  zurückgeben 
zu  können. 

Ich  beginne  mit  der  Schrift  de  fato,  der  interessantesten 
Partie  des  Ganzen. 

p.  170,  2  ff.  bio  ούτε  i.1  ανάγκης  δνθρωπος  έΗ  ανθρώπου 
αλλ'  ώς  έπι  το  πλείστον,  ώστ€  και  κατά  τήν  ώρίσθαι  οοκοΟσαν 
προθεσμίαν  τοις  γινομένοις  κατά  φύσιν  ϊκαστον  των  ουτιυς 
γινομένων  άει  γίνεται.  Grammatik  und  Sinn  kommen  zu  ihrem 
Recht,  wenn  ώστε  durch  ούτε  ersetzt  wird. 


Die  kleinen  Schriften  des  Alexander  von  Aphrodisias.  61 

170,  21  f.,  wo  von  der  Natarbeatimmtbeit  der  Gbaraktere 
die  Bede  ist,  beiaet  ea  nacb  dem  Yenetua :  τψ  μίν  γαρ  φιλοκιν- 
buvui  και  θρασ€ΐ  φύσει  βίαιος  τις  και  δ  θάνατος  ώς  iiu  τό 
πλείστον  (αυτή  γάρ  ή  τής  φύσεως  εΙμαρμένη),  τψ  hl  γε  άκο- 
λάστψ  τήν  φύσιν  τό  τε  έν  ήδοναϊς  τοιαύταις  καταίήν  καΐ  6 
τών  άκρατων  βίος,  δν  μη  τι  κάλλιον  έν  αυτψ  (sie)  γενόμενος 
έκιπσητης  κατά  φύσιν  α\  τών  πόνων  ύπομονα\  καΐ  αι  κακοπά- 
θίΐαι  κα\  μεν  τοις  τοιούτοις  του  βίου  καταστροραΐ  πάλιν  είσΐ 
καθ'  είμαρμένην.  Darob  folgende  Umänderungen  und  £rgän- 
Zungen  von  &v  μη  τι  ab  dürfte  bier  vielleicbt  das  ürsprünglicbe 
eich  berauaatellen :  δ  ν  μη  τι  κάλλιον  έν  αύτιμ  γεννώμενος 
ίκπέση  τής  κατά  φύσιν  <άκολασίας,  τψ  δέ  καρτερικώ  τήν 
φύσιν)  αΐ  τών  πόνων  υπομοναί  κα\  αΐ  κακοπάθειαι  καΐ  αϊ 
έν  τοις  τοιούτοις  κ.  τ.  λ.  *  Denn  einem  tollkübnen  Wagebala 
ist  in  der  Regel  ein  gewaltsamer  Tod  beachieden  (denn  daa  iat 
sein  natUrliobea  Scbickaal),  für  den  von  der  Natur  zum  Wollüat- 
ling  Gescbaffenen  ist  Scbicksalabeetimmung  ein  Leben  in  Sinnen- 
genosa  und  Zügelloaigkeit  —  er  müaate  denn  in  aicb  etwas  Ed- 
leres heranreifen  lassen  und  so  sieb  lossagen  von  aeinem  natür- 
lichen Hang  zur  Aussobweifung  —  für  den  von  Natur  zu  stand- 
haftem Aasbarren  Gescbaffenen  binwiederum  das  Ertragen  von 
Mühseligkeiten  und  Widerwärtigkeiten  und  ein  dem  entsprecben- 
dee  Iiebensende\ 

p.  171,  20  μιγνύντες  γάρ  ούτω  τόν  λόγο  ν  τή  τε  τών 
οοΕών  παρ'  άλλήλας  θέσει  γνωριμώτερον  τάληθές  ποιήσομεν 
wl  προς  τούτψ  ούχ  ίίομεν  ανάγκην  μεμνήσθαι  τών  αυτών 
ΤΓολλάκις.  Hier  bat  Bruns  nacb  des  Salmasius  Vorgang  das  τε 
geetricben,  wobl  wegen  des  folgenden  προς  τούτψ.  Allein  vgl. 
Plato  Pbaed.  110  Ε  τήν  bi  γήν  αυτήν  κεκοσμήσθαι  τούτοις  τ  ε 
^ασι  και  ίτ\  χρυσφ  κα\  άργύρψ  και  τοις  άλλοις  αυ  τοις 
τοιούτοις.  Pbil.  63  Ε  άλλ'  δς  τε  ήδονάς  αληθείς  κα\  καθαράς 
ε!ιτ€ς,  σχεδόν  οικείας  ήμϊν  νόμιίε  και  προς  ταύταις  τάς 
μεθ'  ύγιείας. 

176,  27 f.  τοις  γάρ  γνωρίΖειν  αυτών  τά  αϊτια  δυναμένοις 
(ούτοι  b'  δν  είεν  οΐ  μάντεις)  ουκ  ίσται  δυνατά  όντα  δυνα- 
τοΐς  είδόσιν  μέν  αυτά  κεκωλυκέναι  άγνοοΟσιν  bfe 
4φ'  ημών  κωλύοντες.  In  diesem  Abscbnitt  bekämpft  Alexan- 
der die  Lebre  der  Stoiker  von  dem  Yerhältniss  des  Möglieben 
nm  Scbicksal,  d.  i.  zur  Notb wendigkeit.  Dass  die  Stoiker  neben 
ihrer  alles  beberrscbenden  ειμαρμένη  für  die  Möglicbkeit  (τό 
δυνατόν  τε  και  ένδεχόμενον)  nocb  einen  Spielraum  zuliessen,  war 


62  Apelt 

an  sich  nicht  so  ungereimt,  wie  es  Alexander  von  vom  herein 
hinstellt.  Denn  möglich  ist  einerseits  dasjenige,  was  keinen 
Widersprach  in  sich  hat  (d.  i.  die  logische  Möglichkeit),  ander- 
seits dasjenige,  dessen  Begriff  den  formalen  Bedingungen  gemäss 
ist,  unter  denen  es  allein  als  ein  Gegenstand  der  Erfahrung  ge- 
dacht werden  kann,  m.  a.  W.  dasjenige,  das  nicht  gegen  die  Be- 
dingungen von  Zeit,  Raum  und  Naturgesetzen  verstösst  (d.  i.  die 
reale  Möglichkeit).  Wenn  also  in  der  Natur  auch  alles  nach 
Nothwendigkeit  geschieht,  so  hat  das  Mögliche  doch  immer  noch 
seine  Bedeutung.  Allein  die  Art,  wie  die  Stoiker  ihre  Ansicht 
begründeten,  Hess  allerdings  an  Verschrobenheit  nichts  zu  wün- 
schen übrig.  Sie  sagten  nämlich,  möglich  sei  dasjenige,  dessen 
Eintreten  durch  nichts  yerhindert  werde,  auch  wenn  es  that- 
sächlich  nicht  einträte,  verstanden  jenes  *  nichts*  aber  so,  dass  es 
bedeute  'wovon  wir  nichts  wissen^  'dessen  Gründe  wir  nicht 
kennen',  m.  a.  W.  möglich  war  ihnen  danach  dasjenige,  dessen 
Eintreten  durch  uns  unbekannte  Gründe  verhindert  werde.  Darauf 
hatte  denn  Alexander  für  seine  Polemik  leichtes  Spiel.  Denn  er 
konnte  erwidern:  wer  also  jene  Gründe  kennt  (wie  beispiels- 
weise vielleicht  die  Wahrsager),  für  den  sind  die  nämlichen  Dinge 
unmöglich,  die  für  denjenigen  möglich  sind,  der  diese  Gründe 
nicht  kennt.  Und  dies  hat  Alexander  auch  offenbar  gesagt  in 
den  zwar  stark  entstellten,  aber  doch  nicht  wie  Bruns  (Bhein. 
Mus.  44  p.  618)  meint,  unheilbaren  obigen  Worten.  Denn  sie 
zeigen  klar  den  geforderten  Sinn,  wenn  man  sie  unter  Anwen- 
dung von  Heilmitteln,  die  durchaus  nicht  über  das  sonst  bei  die- 
sem Schriftsteller  zulässige  Mass  hinausgreifen,  in  folgender 
Fassung  liest:  τοις  γαρ  TVUjpiZeiv  αυτών  τά  αϊτια  ουναμένοις 
(οΰτοι  b'  δν  cTev  οΐ  μάντεις)  ουκ  ίσται  δυνατά,  δντα  δυνατά 
τοις  elboaiv  μέν  αυτά  κεκιυλυμένα,  άγνοοΟσιν  5έ  ύφ'  οΐαιν 
(oder  auch  ύφ'  ών  αΐτίιυν)  κωλύεται.  '  Denn  in  den  Augen  derer, 
welche  im  Stande  sind,  die  Ursachen  zu  erkennen  (vrie  z.B.  der 
Wahrsager),  werden  gewisse  Dinge  nicht  möglich  sein,  die  mög- 
lich sind  in  den  Augen  derer,  die  zwar  wiesen,  dass  ihr  Ein- 
treten verhindert  ist,  aber  nicht  wissen,  durch  welche  Gründe 
es  verhindert  wird*,  ganz  wie  er  kurz  vorher  176,  19 f.  gesagt 
hat  τό  ήμϊν  τά  κιυλύοντα  άγνωστα  εΤναι  πάντως  μέν  τίνα 
δντα  ...  άλλ'  δτι  μή  ήμϊν  έστι  γνώριμα  τίνα  δ  ίστι  bia  τοΟτο 
άκώλυτον  αυτών  τό  γίνεσθαι  λέγουσιν.  Für  κωλύεται  kann  es 
vielleicht  auch,  den  Zügen  der  Es.  etwas  näher,  heissen  κωλύον- 


Die  kleinen  ßcbriften  des  Alexander  von  AphrodiuM.  63 

Tai;   denn    der  Floral  des  Verbums   nach    dem  Neutrum  plur., 
Kbeint  dem  AI.  nicht  ganz  fremd  zu  sein. 

179,  3  f.  el  γάρ,  έν  οίς  ούοέν  ήμϊν  πλέον  έκ  τοΟ  βουλεύ- 
eoSai  του  βουλεύεσθαι  αυτού  μόνου  περιγίνεται,  ού  βουλευό- 
μ€θα,  δήλον  ώς  έν  οΤς  βουλ€υόμ€θα  πλέον  τι  εΕοντ€ς  έκ  του 
Ρουλ€ύ€σθαι  παρά  τό  βουλεύσασθαι  βουλ€υόμ€θα  π€ρι  αυτών 
ίπ'  αυτό  T€  τό  βουλεύσασθαι  περιγίνεται  καΐ  περί  των  δλλιυν 
Ρουλευομένοις  π€ρι  ών  προειρήκαμεν.  Hier  ist  für  die  letzten 
eoDstmctionsloeen  Worte  offenbar  zu  schreiben  έπ€ΐ  αυτό  γε  τό 
Ρουλευσασθαι  περιγίνεται  κ.  τ.  λ.  ^Denn  das  blosse  Berath- 
Bchlagen  für  sich  würde  als  etwaiger  Gewinn  sich  auch  ergeben, 
wenn  wir  über  die  andern  vorher  genannten  Dinge  berathen 
wollten'.  Ein  sehr  triftiges  Argument.  Wir  berathen  vernünf- 
tiger Weise  nur  über  zukünftige  Handlungen,  nicht  über  ver- 
gangene ;  auch  nicht  über  Gegenstände  der  wissenschaftlichen  £r- 
kenntniss,  denn  das  sind  Dinge  der  Einsicht,  nicht  der  Berath- 
•chlagung.  Soll  die  Berathschlagung  Sinn  haben,  so  muss  ein 
durch  sie  zu  erreichender  Zweck  vorliegen.  Wäre  das  nicht, 
wire  das  Berathechlagen  selbst  der  Zweck  der  Berathschlagung, 
10  könnten  wir  ja  ebenso  gut  wie  über  zukünftige  z.  B.  auch 
über  vergangene  Handlungen  in  Berathung  treten. 

179,  22  δχρηστον  δρα  τό  βουλεύσασθαι  και  έφ'  ών  αύτφ 
^  τι  χρήσιμον  ήμΐν  παρεχομένψ  χρώμεθα.  So  ist  mit  der  Hss. 
zu  lesen.  Bruns  hat  falsch  abgetheilt  (Komma  hinter  βουλεύ- 
<^ααθαι)  und  unnöthig  conjioirt  ώς(€ΐς^τι.  Der  Sinn  ist:  'es  ist 
UKi  unnütz  zu  berathen  auch  bei  solchen  Dingen,  bei  denen  wir 
^e  Berathschlagung  als  uns  einen  gewiesen  Nutzen  gewährend 
U)  wenden  \ 

180,  31  f.  Für  diese  mehrfach  verdorbenen  Worte  dürfte 
sich  folgende  Fassung  empfehlen:  άλλα  κ&ν  δλλους  ΐοιυμεν  μή 
καλώς  περί  τών  πρακτέων  διαλαμβάνοντας,  κάκ€ίνοις  έπικαλοΰ- 
m  ϋ^ς  άμαρτάνουσιν,  άέιουμεν  bk  Ουμβούλοις  τοιούσ5€  (mit 
Bruns  für  TOioiabe)  χρήσθαι  ώς  έφ'  ήμΐν  δν  τό  Τ€  παραλαμ- 
Ράν€ΐν  αυτούς  συμβούλους  οντάς  (oder  besser  mit  Bruns  αύτοϊς 
ίΛιμβουλευσοντας )  f|  μή,  παραλαμβάνοντας  bi  (für  παρα- 
λαμβάνειν  τους)  πραΗαι  άν  5ιά  τήν  τών  τοιούτων  παρουσίαν 
Αλα  τινά  καΐ  μή  ταύτα  ά  πράσσομεν.  '  Auch  wenn  wir  sehen, 
^e  andere  über  die  einzuschlagenden  Wege  unverständig  urthei- 
«Di  tadeln  wir  sie  ob  fehlerhaften  Verfahrens  und  erachten  es 
^  angemessen,  dass  solche  Leute  sich  des  Bathes  anderer  bedie- 
nt zum  Zeichen,    dass  es  Sache  des  freien  Willens  ist,    Rath- 


64  Apelt 

geber  heranzuziehen  oder  nicht,  nnd  in  ereterem  Falle  in  Folg< 
ihrer  Mitwirkung  andere  zu  handeln  und  nicht  so  wie  wir  that 
Rächlich  handeln  . 

182,  26  f.  o\  bi  biov  αύτόθβν  μη  σώΖεσθαι  λέγειν  καΐ  TOt 
μη  σώΖεσθαι  2ητ€ϊν  τ€  καΐ  παρίχεσθαι  τάς  αΙτίας,  έπεί  τουτ< 
έώρων  παντάπασιν  δοοΕόν  τ€  δ  ν  και  πολλά  τών  καΐ  αύτοϊ< 
του  έφ'  ήμϊν  πασάν  τ€  ταύτό  οεικνύς  συνοοευον  τώ  τή< 
ειμαρμένης  λόγψ,  τψ  bxä  τής  όμιυνυμιας  παρακρούεσθαι  του« 
άκούοντας  ηγούνται  φεύγειν  τα  δτοπα,  δσα  ϊπεται  τοις  μηδέ^ 
έφ'  ήμϊν  είναι  λέγουαιν.  Der  freie  Wille  verträgt  sich  nicht  mi 
dem  Fatalismus  der  Stoiker;  gleichwohl  suchen  sie  der  Freihei 
auch  in  ihrem  System  einen  Platz  zu  sichern.  Das  gelingt  ihnei 
freilich  nur  durch  sophistisches  Wortemachen.  Dagegen  eifer 
Alexander.  Aber  die  obigen  Worte,  in  denen  er  es  thut,  scheine] 
von  έπεί  ab  rettungslos  verdorben.  Gleichwohl  läset  schärfere 
Eindringen  ihren  Sinn  und  damit  auch  ihre  wahrscheinliche  Oe 
staltung  noch  erkennen.  Nämlich:  έπει  τούτο  έώριυν  παντά 
πασιν  fiboHov  τε  δ  ν  και  πολλά  τών  κατ'  αυτούς,  του  έφ'  ήμϊ 
άηή,ααντα,  τούτο  οείκνυσι  συνοοευον  τψ  τής  ε\μαρμένη< 
λόγψ  κ.  τ.  λ.  'Sie  aber,  anstatt  alsbald  zu  bekennen,  dass  ihr• 
Ansicht  nicht  haltbar  sei  und  anstatt  für  diese  ünhaltbarkeit  di 
Gründe  zu  suchen  und  zur  Stelle  zu  schaffen,  suchen  durch  Zwei 
deutigkeit  der  Worte  die  Hörer  zu  blenden  und  so  die  Wider 
sinnigkeiten  zu  meiden,  die  sich  als  Folgerungen  aus  der  Ansich 
von  der  Nicht-Existenz  des  freien  Willens  ergeben;  denn  einer 
seits  sahen  sie,  dass  jenes  Eingeständniss  nicht  sonderlich  rühm 
lieh  sei,  anderseits  zeigen  viele  ihrer  Behauptungen  als  in  Widei 
Spruch  stehend  mit  dem  freien  Willen,  dass  dieser  (bei  ihnen 
mit  dem  Begriff  des  Schicksals  zusammentrifft '.  Das  ist  durchau 
verständlich  und  angemessen  und  schmiegt  sich  der  Ueberlieferuni 
auf  das  Engste  an.  Zu  dem  άηή,αανζα  vgl.  p.  193,  8  τό  πραι 
τον  είρημένον  πώς  ου  φανερώς  όπςίοει  τιυν  πραγμάτων; 

183,  33  τούτο  γάρ  έστιν  αύτψ  τ  ψ  είναι  λογικώ  τό  ίχει 
έν  αύτψ  λόγον  κ.  τ.  λ.  So  schreibt  Bruns  mit  Orelli  im  Wider 
Spruch  mit  den  Hss.,  die  offenbar  Recht  haben  mit  ihrem  αυτί 
τό  είναι  cf.  184, 15.  'Denn  eben  darin  besteht  für  ihn  das  Vet 
nünftige  Sein,  dass  er  in  sich  einen  Richter  hat'  u.  s,  w. 

1 85,  4  εΐ  b'  ίχομεν  και  του  βουλευσάμενοί  τι  ποιεϊν  παρ< 
τής  φύσεως  την  έζουσίαν,  οήλον  ώς  ίχοιμεν  αν  έΕουσίαν  κο 
του  bia  του  βουλεύσασθαι  αλλο  τι  πραίαι,  και  μη  πάντως  τουτ• 
δ  και  βουλευσάμενοί    ήν  &ν  βουλευοίμεθα.      Das    Letzte    mus 


Die  kleinen  Schriften  des  Alexander    von  Aphrodisias.  66 

meiner  Ansicht  jiaoh  heissen :  δ  και  μη  (so  mit  Schwartz)  ßou- 
λζυσάμβνοι  (sc.  ^χοιμβν  &v  έΗοικτίαν  πραίαι).  Τί  γάρ  &ν  βου- 
λ£υοίμ€θα;  'Wenn  wir  von  der  Natur  das  Vermögen  hahen,  auch 
auf  G-mnd  herathschlagender  üeberlegung  etwas  zu  thnn,  so 
haben  wir  offenbar  auch  das  Vermögen  anders  zu  bandeln  und 
nicht  80  wie  wir  ohne  Berathschlagung  handeln  würden.  Denn 
wozu  beriethen  wir  denn  überhaupt?  .  Der  Ven.  hat  ην  αν  ohne 
Aecente.  Das  deutet  auf  Unsicherheit  in  Lesung  der  Vorlage. 
Η  und  Tl  sind  nicht  selten  in  den  Hes.  verwechselt.  Also  liegt 
τί  γαρ  dem  ην  paläographisch  gar  nicht  fern. 

187,  2.  Der  Fatalismus  mass  alle  Menschen  zu  Feinden 
der  Arbeit  und  Anstrengung  und  zu  Anhängern  des  leichtlebigen 
Geoasses  machen  ώς,  πάντως  έσομένων  τών  όφειλόντιυν  Τ€νέ- 
(Τθαι,  μηδέν  αύτοι  περί  αυτών  ώσιν  καλόν,  ohne  Sinn,  den  man 
gewinnt,  wenn  man  schreibt  ώς  .  .  .  μηδέν  αύτοι  παρ*  αυτών 
ύΰ\\  καλοί,  auf  dass  sie,  da  ja,  was  einmal  werden  soll,  auch 
unverbrüchlich  eintreten  wird,  nur  ja  nicht  durch  sich  selbst  (aus 
eigener  Kraft)  edel  seien'.     Zu  παρ'  αυτών  cf.  161,  27. 

187,  26  el  γαρ  οΰτιυς  ίτι  5Γ  ημών,  πώς  ίτ'  αν  ευλόγως 
οΐ  μέν  €Ϊ€ν  έν  έπαίνοις,  οΐ  bk  έν  ψόγοις;  Der  einfache,  durch 
den  Sinn  geforderte  Gedanke  springt  hervor  durch  folgende 
Schreibung:  el  γάρ  οδτΐϋς  f  στιν,  ημών  πώς  ίτ'  άν  —  ψόγοις; 
denn  wenn  dem  so  int,  wie  könnten  dann  mit  Recht  die  einen 
▼on  uns  noch  Lob  verdienen,  die  andern  Tadel?  Der  Archetypus 
^ar,  wie  Bruns  in  der  Vorrede  richtig  zeigt,  in  Uncialen  ge- 
schrieben.    Da  liegen  ECTIN  und  ΕΤΙΔΙ  einander  sehr  nahe. 

188,  8  πώς  b'  άν  σώΖοιτο  καΐ  f\  προς  τους  θεούς  ευσέ- 
βεια τών  βύσεβεϊν  οοκούντιυν,  διότι  μη  έπ'  αύτοϊς  ήν  τό  τούτο 
Μη  ποιειν,  οίίτιυς  ποιούντιυν;  Hier  ist  das  von  Bruns  angezwei- 
felte und  angeblich  durch  άλλ*  ÖTi  zu  ersetzende  biOTi  ganz  am 
Platze.  Das  οΰτιυς  ποιούντιυν  gibt  eben  die  Bedingung  an,  der 
gemäss  es  keine  eigentliche  Frömmigkeit  mehr  geben  kann.  Näm- 
lich: 'Wie  wird  femer  die  fromme  Gottesfurcht  derer  zu  retten 
^in,  die  man  für  fromme  Leute  achtet,  wenn  sie  bloss  darum 
^  handeln,  weil  es  nicht  in  ihrer  Macht  stand  anders  zu 
handeln'? 

190,  26  τψ  γάρ  τούτο  πεπεισμένα),  nicht  πεπιστευκότι 
βίβ88  es  für  das  πεπιστευμένψ  der  Uss.  heissen. 

198,  111  ώσπερ  τών  αλλιυν  κατά  φύσιν  αύτοϊς  τυγχά- 
^(ίιν.     Hier  hat  man  αύτοϊς  unnüthiger  Weise   ändern  wollen. 

R»w;n.  Mtm.  f.  PhUol.  N.  P.  XLIX.  5 


66  Apelt 

£β  hängt  ab  von  κατά  φύσιν,   'qnae   eis  nataralia  sunt'.     Nacli 
δλλων  ist  vielleicht  τών  einzuechieben. 

200,  22  f.  ούοέ  γάρ  τήν  αρχήν  βούλονται  iia  τών  abuva- 
τιυν  ουτιυς  γάρ  ήν  έν  τοις  λεγομίνοις  ουσχωρία.  Hier  ist 
meines  Erachtens  durch  Interpunktion  und  weitere  leichte  Aen- 
derung  zu  helfen.  Nämlich:  βούλονται,  έπΙ  τών  αδυνάτων  ο&τιυς 
(d.  i.  rfji  αυτών  φύσει  cf.  Ζ,  19)  γάρ  ήν  άν  τοις  λβγομένοις 
5υ(Τχΐϋρ(α.  Das  οΰτως  ist  nach  der  vorhergehenden  Unterschei- 
dung ganz  unentbehrlich  und  schon  darum  erweist  eich  der  von 
Bruns  mitgetheilte  Vorschlag  von  Diels  als  unhaltbar.  Die  Stel- 
lung von  γάρ  ist  hier  einerseits  durch  die  Betonung  des  Voran- 
gestellten, anderseits  durch  dessen  innere  Zusammengehörigkeit 
voll  gerechtfertigt.  Also:  ^ die  Götter  wollen  das  auch  überhaupt 
gar  nicht;  denn  gegenüber  dem  Unmöglichen  dieser  Art  würde, 
was  etwa  dagegen  vorgebracht  wird,  einen  schweren  Stand 
haben*. 

202,  If.  και  ταύτη  τή  πίστβι  του  πάντα  καθ'  €\μαρμένην 
γίνεσθαι  χρώμενοι  προς  τψ  μηδέν  αληθές  λίγ€ΐν  προσέτι  καΐ 
δτοπά  τίνα  καΐ  αλλότρια  παντάπασιν  θεών  πέρι  αυτών  τολμώσι 
λέγειν.  So  Bruns.  Aber  nicht  πέρι,  sondern  περί  muss  es 
heissen,  und  θεών  gehört  zu  αλλότρια.  ^Sie  wagen  Widersinni- 
ges und  dem  Wesen  der  Götter  Fremdes  über  sie  zu  sagen*.  Cf. 
Quaest.  p.  68,  22  παντελώς  όλλότριον  θεών.  69,  80  άλλοτριώ- 
τερον  τής  τών  θεών  ουσίας. 

205,  1  ff.  Ich  setze  die  längere  Stelle  gleich  in  derjenigen 
Fassung  hin,  die  mir  die  richtige  scheint:  Τό  bk.  λέγειν  έλέγ- 
χεσθαι  (für  ήγεϊσθαι)  τους  ούχ  ηγουμένους  έν  τφ  σώίεσθαι 
τήν  καθ'  όρμήν  τών  Ζώιυν  ένέργειαν  ήοη  σώΖεσθαι  καΐ  τό  έφ' 
ήμϊν  τψ  παν  τό  καθ'  όρμήν  γινόμενον  έπι  τοις  δρμώσιν  είναι 
καΐ  οιά  τούτο  έρωταν,  εΐ  μή  ενέργημα  τι  τό  έφ'  ήμΐν  έστι,  κοί 
λαβόντας  έπ\  τούτψ  πάλιν  έρωταν,  εΐ  μή  τών  ενεργημάτων  τά 
μέν  είναι  οοκεϊ  καθ'  όρμήν,  τά  b'  ου  καθ'  όρμήν,  Ö  λαβόντας 
πάλιν  προστιθέναι  τούτιυ  τό  μή  τό  (für  μήτε)  τών  ενεργημάτων 
μέν,  μή  καθ'  όρμήν  5έ  είναι  τό  (Hss.  τι)  έφ'  ήμΐν,  οΰ  καΐ  αυ- 
τού συγχιυρουμένου  έπΙ  τούτοις  λαμβάνειν  τό  πάν  τό  καθ'  όρ- 
μήν γινόμενον  έπΙ  τοις  ούτως  ένεργουσιν  είναι,  επειδή  έν 
μηόενΐ  τών  άλλως  ενεργούμενων  εστί,  καΐ  όιά  τούτο  λέγειν 
σώ2!εσθαι  κατ'  αυτούς  και  τό  τοιούτον  έφ'  ήμΐν,  δ  όυνοτόν  ύφ' 
ημών  γενέσθαι  τε  καΐ  μή,  είναι  hr\  καΐ  τά  οοτως  γινόμενα  έν 
τοις  καθ'  όρμήν  γινομένοις,  πώς  ού  παντάπασιν  άγνοούντων 
ταύτα,  προς  δ  ποιοΟνται  τους  λόγους;  ού  γάρ  εΐ  έν  τοις  καθ' 


Die  kleinen  Schriften  des  Alezander  von  Aphrodisias.  67 

6ρμήν  ένβργουμένοις  τό  έφ*  ήμϊν  eTvoi  συγκβχώρηται,  5ιά  τοΟτο 
του  ν  (für  του  λόγου)  ήοη  παν  τό  καθ'  όρμήν  ένεργουμβνον 
έφ^  ήμιν.  '  Sie  behaupten,  es  würden  diejenigen,  die  nicht  glau- 
ben wollen,  dase  mit  der  Aufrechterhaltung  und  Anerkennung  der 
dnrch  den  Trieb  bestimmten  Thätigkeit  der  Thiere  auch  die  freie 
WiUenskraft  aufrecht  erhalten  werde,  dadurch  widerlegt,  daes 
alle  durch  den  Trieb  bestimmten  Thätigkeiten  in  der  Gewalt 
derer  stehen,  die  nach  diesem  Triebe  handeln.  Darum  fragen 
sie,  ob  nicht  die  freie  Willenskraft  eine  Art  von  Thätigkeit 
(Thatkraft)  sei  und  dies  zugestanden  fragen  sie  weiter,  ob  nicht 
Ton  den  Thätigkeiten  die  einen  durch  den  Trieb  bestimmt  zu 
sein  scheinen,  die  andern  nicht.  Dies  dann  zugestanden  fügen 
sie  weiter  den  Satz  hinzu,  dasjenige,  was  zwar  zu  den  Thätig- 
keiten gehöre,  aber  nicht  zu  denen,  die  aus  dem  Triebe  ent- 
spriogen,  könne  nicht  Akt  der  freien  Willenskraft  sein;  dies  gleich- 
ialle  eingeräumt  erklären  sie  sodann,  dass  alles,  was  dem  Triebe 
gemäss  geschieht,  in  der  Gewalt  derer  stehe,  die  auf  diese  Weise 
tbätig  sind,  denn  es  gehöre  nur  in  diese  und  in  keine  andere 
Klasse  von  Thätigkeiten  (d.  h.  es  gehöre  zu  den  freien  Hand- 
loogeo)  und  darum  behaupten  sie,  6s  würde  ihnen  zufolge  auch 
jene  freie  Willenskraft  aufrecht  erhalten,  die  sich  auf  das  bezieht, 
vaa  wir  thun  oder  lassen  können,  mithin  gehöre  auch,  was  auf 
dieie  Weise  geschehe,  zu  dem,  was  durch  den  Trieb  bestimmt 
verde.  Wenn  sie  so  reden,  so  zeigen  sie  mit  alle  dem  doch, 
daes  sie  völlig  im  Dunkeln  tappen  über  den  Gegenstand,  gegen 
den  sie  ihre  Argumente  richten.  Denn  wenn  zugestanden  ist, 
das8  die  Akte  der  freien  Willenskraft  zu  dem  gehören,  was  durch 
den  Trieb  bestimmt  wird,  so  ist  deshalb  doch  nicht  schon  alles, 
vaa  nach  Massgabe  des  Triebes  geschieht,  Akt  unserer  freien 
Willenskraft*.  Ans  dieser  Uebersetzung  wird  sich  die  Berech- 
tignng  der  vorgenommenen  Aenderungen  ergeben.  Was  έλίγ- 
Χ(<Τθαι  betrifft,  so  verdient  es  nicht  nur  paläographisch  den  Vor- 
<iig  vor  allen  vorgeschlagenen  Aenderungen  (beachte  in  dieser 
Beziehung  das  vorausgehende  λέγειν),  sondern  wird  auch  durch 
das  folgende  τψ  —  cTvai  gefordert.  Das  μη  τό  steckt  ganz  klar  in 
dem  sinnlosen  μήτε  der  Hss.  Man  muss  sich  bei  Alexander  an 
^«n  ganz  monströsen  Umfang  im  Gebrauch  des  Artikels  zum 
Zweck  der  Substantivirung  von  Sätzen,  Infinitiven  u.  dergl.  ge- 
wöhnen. Vgl.  Index  zum  1.  Bd.  s.  v.  Articulus.  Hier  steht  die 
Siehe  so:  τό  (oder  meinetwegen  auch  τά)  τών  ενεργημάτων  μίν, 
)ή  καθ'    όρμήν    ΙΑ  gehört    zusammen   und    bildet    das    Subjekt, 


68  Apelt 

Auedrücke  wie  τά  ταιν  ενεργημάτων  sind  dem  Alexander  sehr 
geläufig.  Vgl.  z.  B.  de  anim.  11,  p.  180,  8  τά  της  τύχης,  τά 
τής  γνώμης  και  της  οικείας  προαιρέσεως.  Das  yorangehende 
τό  μη  ist  zueammen  zu  nehmen  mit  εΤναι  το  έφ'  ήμ^,  das  Ganze 
abhängig  von  προατιθέναι.  Uebrigens  hat  Alexander  mit  seinem 
Einwand  vollständig  Recht.  £s  handelt  sich  um  falsche  IJm- 
kehrung  des  TJrtheils.  Aue  dem  Satze,  dass  jedes  έφ'  ήμΐν  ein 
καθ*  όρμήν  sei,  folgt  noch  nicht,  dass  jedes  καθ*  όρμήν  auch 
έφ'  ήμΐν  sei.  Die  Aenderungen,  die  Heine  vorgenommen  hat, 
sind  dem  Sinne  nach  richtig,  entfernen  sich  aber  viel  zu  weit 
von  der  handschriftlichen  üeberlieferung. 

206,  9  ii  ανάγκης  bi  πάντα  ποιουμεν  καθ'  οΟς  αδύνατον 
μέν  τώνοέ  τινιυν  περιεστώτιυν  μή  πράσσειν  ήμδς,  τά  V  έΕ 
ανάγκης  ήμας  άει  περιστήσεται  ταύτα  bC  8  πράττομεν.  Wie 
die  Construktion  dieses  Satzes  im  Ganzen  in  Ordnung  zu  bringen 
ist,  lasse  ich  dahingestellt.  Aber  so  viel  ist  klar,  dass  es  heissen 
muss  καθ*  οΰς  αδύνατον  μέν  τώνοέ  τινιυν  περιεστώτων  μή 
πράσσειν  ήμας  τάοε,  Ü  ανάγκης  κ.  τ.  λ.  Τάοε,  abhängig  von 
πρά(Τ(Τειν,    folgt    einfach    schon  aus  dem  vorhergehenden  τιυνδε. 

208,  If.  τίς  ουκ  δν  αυτών  θαυμάσαι  τήν  σύνθεσιν  του 
λόγου  ώς  άπέριττον  καΐ  έΕ  όμολογουμένων  καΐ  εναργών  συνά- 
γουσαν  τό  μή  όεϊν  ών  ήν  τό  δρα  τής  περί  τους  συλλογισμούς 
ασχολίας  μακράς.  Vergleicht  man  den  Schluss,  das  Ergebnies 
dieser  längeren  Auseinandersetzung  über  die  Hohlheit  der  stoi- 
schen Soriten  p.  210,  3  ούοέν  δρα  μένει  του  ύπό  τοΟ  μβτά 
τοσαύτης  τίχνης  ήριυτημένου  λόγου  κατεσκευασμένον,  so  wird 
man  sich  überzeugen,  dass  in  dem  sinnlosen  τό  μή  5εΐν  nichts 
anderes  steckt  als  das  bekannte  τό  μηδέν  ^das  Nichtige  ,  'die 
Nichtigkeit*.  Die  Worte  ών  ήν  —  μακράς  dagegen  sind  ganz 
in  Ordnung  und  bedürfen  keiner  Aenderung,  wie  sie  Diels  ver- 
sucht hat.  Man  muss  nur  τό  δρα  richtig  verstehen ;  τό  δρα 
'das  Also  ist  einfach  'der  Schlusssatz'.  Das  ist  ganz  in  der 
Manier  Alezanders.  Wir  erhalten  demnach  folgenden  durchaus 
befriedigenden  Satz:  'wer  möchte  sich  nicht  wundern  über  das 
Gefüge  ihrer  Rede,  das  wie  etwas  ganz  Ordnungsgemässes  und 
wie  auf  Grrund  zugestandener  und  einleuchtender  Prämissen  die 
Nichtigkeit  folgert,  die  (das  Nichtige  dessen  folgert,  das)  den 
Schlusssatz  der  langen  mühseligen  Schlusskette  bildet*. 

208,  3  f.  Unmittelbar  an  den  eben  besprochenen  Satz  schlieest 
sich  die  folgende  längere  Periode  an:  θέμενοι  γαρ  τό  τήν  είμαρ• 
με'νην  χρήσθαι  πασιν  τοις  γεγονόσι  τε  και  γινομίνοις  καθ'  ει- 


Die  kleinen  Schriften  des  Alexander  von  Aphrodisias.  f>9 

μαρμένην  προς  τήν  άκώλυτον  τών  ύπ'  αυτής  γινομένων  ένέρ- 
Teiav  οδτως,  ώς  γέγονεν  ?καστου  αυτών  και  φύσεως  ίχει,  λίθψ 
μ^ν  ώς  λίθψ,  φυτψ  bk  ώς  φυτώ,  Ιώψ  bk  ώς  Ζώω,  ei  bk.  ώς 
ίώψ,  και  όρμητικψ,  έν  τψ  τιθέναι  τό  χρήσθαι  αυτήν  τψ  2ψψ 
ώς  ίώψ  τ€  και  όρμητικψ  και  γίνεσθαι  τά  ύφ'  αυτών  bia  τών 
ίψων  γινόμενα  κατά  την  τών  Ζψιυν  ορμή  ν  έπομενιυν  καΐ  του• 
Tuiv  τών  έΕ  ανάγκης  περιεστώτυ)ν  αυτά  τότε  αίτίοις  δτινα  άν 
(4)»  ηγούμενοι  5ιά  του  τό  καθ'  όρμήν  ένεργεϊν  τά  ίψα  τηρεΐν 
έν  τψ  δπαντα  γίνεσθαι  καθ'  ειμαρμίνην  καΐ  τό  έφ'  ήμϊν  εΤναί 
τι  τηρεΐν,  τους  τε  άλλους  έριυτώσιν  λόγους  καΐ  οή  και  τόν 
ιτροειρημενον  έμοι  οοκεΐ  ώς  ούκ  άληθεΐ  πιστεύοντες  τοσούτον 
αύτψ  δσον  5ιά  μήκος  τε  καΐ  πλήθος  ονομάτων  και  ασαφή  σύν- 
θ^σιν  παράίειν  ηγούμενοι  τους  άκούοντας.  Das  von  mir  ein- 
geschobene ijiy  dessen  Ausfall  sich  durch  das  folgende  η  sofort 
erklärt,  ist  alles,  was  nöthig  ist,  am  der  sonst  hinkenden  Pe- 
riode aufzuhelfen.  'Denn  sie  setzen  vbraus,  das  Schicksal  lasse 
alles  nach  seiner  fest  bestimmten  Ordnung  Gewordene  und  Wer- 
dende zum  Zweck  der  ungehemmten  Wirkung  dessen,  was  von 
ilim  geschaffen  wird,  so  walten,  wie  es  die  natürliche  Beschaffen- 
heit eines  jeden  mit  sich  bringt,  den  Stein  als  Stein,  die  Pflanze 
als  Pflanze,  das  Thier  als  Thier  und  wenn  als  Thier,  auch  als 
ein  von  Trieben  bestimmtes  Wesen.  Indem  sie  nun  also  anneh- 
men, dass  das  Schicksal  das  Thier  als  Thier  und  als  ein  durch 
Triebe  bestimmtes  Wesen  walten  lasse  und  dass  auch  dasjenige, 
wae  auf  ihre  eigene  Veranlassung  durch  die  Thiere  geschieht 
(wenn  sie  z.  B.  das  Pferd  an  den  Pflug  spannen  und  arbeiten 
lassen)  nach  Massgabe  des  thierischen  Triebes  geschähe,  da  ja 
anch  diese  durch  Zwang  ihnen  sich  aufdrängenden  Umstände  aus 
bestimmten  Gründen,  welche  es  auch  immer  seien,  erfolgen,  so 
meinen  sie  durch  Aufrechterhaltung  der  durch  den  Trieb  be- 
stimmten Thätigkeit  der  Thiere  zugleich  mit  der  allgemeinen 
Schicksalsbestimmung  alles  Werdenden  auch  die  menschliche  Selbst- 
Wimmung  aufrecht  zu  erhalten  und  so  machen  sie  denn,  wie 
überhaupt  ihre  Schlüsse,  so  besonders  auch  den  oben  angezoge- 
i»en,  wie  mir  scheint,  nicht  sowohl  im  Vertrauen  auf  seine  Wahr- 
heit als  vielmehr  in  dem  Glauben  durch  die  Länge  und  den  Schwall 
ier  Worte  und  deren  unklare  und  verwirrende  Zusammensetzung 
fe  Hörer  irre  zu  führen'.  Ich  glaube  durch  diese  üebersetzung 
^gleich  das  schwierige  ύφ'  αυτών  bxa  τών  2φων,  das  verschie- 
•iene  sehr  unglückliche    und    unnöthige  Aendeningsversuche  her- 


70  Apelt 

vorgerufen  hat^    als  nicht  nur  erträglich,  sondern  im  Zusammen- 
hang geradezu  nothwendig  erwiesen   zu  hahen. 

211,  33  πρώτων]  προτέρων? 

212,  9  f.  Dieser  Schlusspassus  der  ganzen  Ahhandlung 
durfte  in  folgender  Gestalt  ganz  lesbar  erscheinen:  έ(ΤΟμ€θα  bi 
καΐ  nepl  τους  ήμϊν  ομοίους  δρχοντας  ευχάριστοι  <δτι)  ταύτα 
πράττεται  εΙς  ήμας  τε  και  ή  περί  υμών  οΙκεία  προαίρεσις 
πράττει  (für  πράττειν)  ύμδς  αίρέσει  του  βελτίονος  και  του 
περί  τήν  κρίσιν  αύτου  φροντίίειν  ποιοΟντας  δ  ποιείτε,  άλλ'  ου 
προκαταβεβλημένοις  τισιν  αΐτίοις  επόμενους,  οΐς  άναγκαΐον 
ϊπεσθαι  ή  άν  εκείνα  δγη.  ποιησόμεθα  bi  και  αρετής  έπιμέλεια\ 
ώς  δντες  αύτοι  κύριοι  του  βελτίους  ή  χείρους  γενέσθαι  (τού- 
των γαρ  μόνων  κύριος  τις,  ών  και  του  μή  πράττειν  αυτός  ?χει 
τήν  έΗουσίαν)  και  τα  δλλα  bfe  όσα  πράττομεν  κατά  τόν  βίον, 
δτι  μόνως  ευλόγως  πράττειν  δν  οοκοϊμεν,  εΐ  κατά  τήν  'Αριστο- 
τέλους οόΗαν  περί  αυτών  άποοώοίημεν  τάς  αΙτίας,  δς  biä 
παντός  έπειράθην  ύμϊν  παραστήσαι  του  λόγου.  So  abgetheill 
und  gelesen  ist  das  Ganze  völlig  verständlich  und  benöthigt 
durchaus  nicht  der  von  Bruns  gemachten  Annahmen  mehrfache] 
Lücken. 

Nun  noch  einige  Bemerkungen  zu  den  Quaestiones. 
7,  29  καΐ  καθέκαστα  έστι]  wohl   καθό  καθέκαστα  έστι. 
Dann  ist  auch  έστι  am  Platze,  das  Bruns  streicht. 

10,  28  für  das  δπως  des  Yen.  schreiben  schon  die  geringe- 
ren Hss.  δ  πώς,  mit  Recht;  denn  der  Gebrauch  des  Fronomenf 
nehen  dem  folgenden  weiteren  Inhalt  des  άλογον  λέγειν  hat  nichts 
Auffallendes.  Vgl.  z.  B.  Liv.  38,  57,  12.  Man  thut  gut,  dei 
Deutlichkeit  wegen  hinter  λέγειν  ein  Komma  zu  setzen. 

11,  33.  Vielleicht  πώς  (für  παν)  γάρ  οΐόν  τε  καθ'  oO^ 
πάντα  τά  γινόμενα  καθ'  ειμαρμένην  γίνεται;  ούοέν  <ουν>  τώ> 
γινομένων  ώς  δυνατόν  καΐ  μή  γενέσθαι  γίνεται.    Cf.  12,  10. 

49,  10.  Für  ταύτόν  γής  ist  zu  lesen  ταυ  τ'  όλίγης 
Wieder  ein  deutlicher  Beleg  dafür,  dass  der  Archetypus  in  Un 
cialen  geschrieben  war.  Im  Folgenden  ist  für  αύτώ  σώμα  woh! 
αυτών  5v  σώμα  und  für  μεταλαμβάνει  mit  Η  μεταλαμβάνει! 
zu  lesen. 

51,  10 f.  Es  dürfte  zu  schreiben  sein:  καΐ  γαρ  ibiov  (d.i 
in  seiner  einen,  eigenthümlichen  Bedeutung)  το  άντικείμενον  τοί 
έφ'  ήμϊν  ουκ  έφ'  ήμΐν  bia  τούτου,  το  hi  έφ' ήμϊν  οιττόν  (fü: 
οήλον).  ών  OÖV  τά  αντικείμενα  έφ'  ήμϊν,  ταύτα  και  αυτά  έφ 
ήμϊν,  6  5'  δν  ή  (für  οτι  μή)   έφ'  ήμϊν,    έν  τοϊς   πρακτοϊς    (sc 


Die  kleinen  Schriften  des  Alexander  von  Aphrodisias.  71 

((Την).  Es  wird  ein  doppeltes  έφ*  ήμΐν  unterschieden:  das  Ver- 
mögen des  έφ'  ήμΐν  selbst,  und  der  Gebrauch  der  ούναμις,  m. 
a.  W.  1)  der  freie  Wille  selbst,  den  wir  ohne  unser  Zuthun  haben 
und  2)  die  durch  denselben  bewirkten  oder  zu  bewirkenden  Hand- 
loDgen,  die  ganz  von-  unserem  Entschluss  abhängen. 

51,  20.  Die  Stelle  ist  in  Ordnung,  wenn  man  mit  dem 
Ven.  das  τό  nach  αδύνατον  weglässt,  wenigstens  dürfte  so  die 
Schreibung  des  Yen.  zu  deuten  sein.  Also:  es  ist  unmöglich, 
das8  dem  έφ*  ήμΐν  etwas  unmögliches  entgegengesetzt  sei. 

70,  4 f.  Vielleicht  τιθ€μίνοις'  τίνος  <τάρ>  άγαθου  τοις 
άνθρώποις  κατ'  αυτούς  οΐόν  τε  (für  τι)  γίνεσθαι  (αΐτίαν)  τήν 
Β€ίαν  πρόνοιαν;  wie  leicht  αΐτίαν  zwischen  αι  την  ausfallen 
konnte,  liegt  auf  der  Hand. 

81,  19  ού  κινήσεων]  α  υ  κινήσεων? 

107,  24  έπεί  μηοέ].  Entweder  ίτι  εΐ  μr\bi  oder  έπεί 
(ti)  μηδέ. 

126,  2  ist  zu  schreiben  ομοίως  τή  οίκείςι  λύπη  εΐη  &ν  και 
αυτή  κακόν,  ώς  υπερβολή  γαρ  τό  έφ'  οίς  μ  ή  5εΐ  (für  μr\bέ) 
ηνόμενον.  Cf.  Arist.  Eth.  Nie.  1126»  27  u.  ö.  'Die  ήοονή  ist 
^nn  in  gleicher  Weise  wie  die  λύπη  ein  üebel,  denn  was  ge- 
ecbieht,  wo  es  nicht  geschehen  sollte,  ist  gleichsam  ein  üebermass  . 

128,  30  ff.  dürfte  zu  schreiben  sein  τους  μή  τα  όμοια  άμαρ- 
τάνοντας  έπαινο Οσι  (statt  έπικαλοΟσι  des  Ven.  Cf.  ρ.  129, 
13),  εύχονται  τοις  θεοΐς  υπέρ  του  κάλλιον  φρονήσαι,  έν  οϊς 
^idi  και  ο\  έρώντες,  οϊ  εΐ  τό  έρασθήναι  έπ'  αύτοΐς  <και^  τό 
ίρίκην  παύσασθαι,  έκόντες  <άν>  άνεΐεν  (von  άνίημι,  für  άν 
^itvj  τα  κατά  τόν  έρωτα  πράττοντες.  lieber  άνίημι  mit  Partie, 
cf.  Passow  8.  ν.  άνίημι  zu  Ende  und  Plato  Legg.  635B.  741 A. 
Zur  Sache  vgl.  Galen  περί  ψυχής  παθών  c.  VI  (ρ.  22,  12  ff. 
Marqu.).  üebrigens  ist  έκόντες  hier  ebensowenig  im  strengsten 
Sinne  genommen,  wie  das  έπ'  αυτοΐς  bei  dem  έρασθήναι. 

142,  9.  Es  dürfte  genügen  τψ  πάντα  αίσχράπάντη  (für 
ττάντα}  οιαβεβλήσθαι  ^weil  ihnen  alles  Hässliche  durchaus  zu- 
wider ist*. 

143,  22.  Vielleicht  καθ'  ήν  ευ  (für  ει)  άνθρωπος  έστι. 
Cf.  ρ.  63,  14,  16,  ρ.  82,  15.     De  anima  93,  20. 

Weimar.  Otto  Apelt. 


72  Busse 


Zar  UnfeUenknnde  τοη  Piatons  Leben. 


In  dem  Berichte  des  Laertine  Diogenes  über  Piatons  Ge- 
burts-  und  Todesjahr  (III  2. 3)  lässt  sich  der  Kern  noch  mit  ziem- 
licher Sicherheit  herausschälen.  Ich  glaube  die  Hand  des  Eom- 
pilators  an  zwei  Stellen  zu  erkennen,  die  ich  durch  Klammern 
bezeichnen  werde :  Και  γίνεται  Πλάτων,  ώς  φησιν  Απολλόδωρος 
έν  Χρονικοϊς,  όγοόη  και  όγοοηκοστή  όλυμπιάοι  θαργηλιώνος 
έβδομη,  καθ'  ήν  Δήλιοι  τόν  'Απόλλωνα  γενέσθαι  φασί.  τελευτςί 
bi  (ώς  φησιν  Έρμιτπτος,  έν  γάμοις  δείπνων)  τφ  πρώτψ  ίτει 
τής  ογδόης  και  εκατοστής  Ολυμπιάδος  βιούς  έτος  έν  προς  τοις 
όγδοήκοντα.  (Νεάνθης  δέ  φησιν  αυτόν  τεττάρων  και  όγδοή- 
κοντα  τελευτήσαι  ετών),  έστιν  ουν  Ισοκράτους  νεώτερος  έτε- 
σιν  έζ•  ό  μέν  γάρ  έπι  Λυσιμάχου,  Πλάτων  δ'  έπΙ  Άμεινίου 
γέγονεν,  έφ'  ου  Περικλής  έτελεύτησεν. 

Des  Hermippos  Zeugnies  hat  man  bisher  aiich  auf  die  An- 
gabe des  Todesjahres  und  der  Lebensdauer  bezogen.  Aber  mochte 
man  nun  annehmen,  dass  Hermippos  an  dieser  Stelle  von  Apollo- 
dor  citirt  wurde,  oder  meinen,  dass  Nikias,  nach  Diele  ^  und 
Usener^  der  Verfasser  der  Unterlage  desLaertius,  den  Geburtstag 
und  das  Geburtsjahr  aus  Apollodor  geschöpft,  zur  Bestimmung 
d^  Todesjahres  und  der  Lebensdauer  aber  des  Hermippos  Bio- 
graphie eingesehen  habe,  in  beiden  Fällen  begegnet  die  Auflfassung 
nicht  geringen  Schwierigkeiten,  die  mit  einem  Schlage  gelöst  sind, 
sobald  wir  das  Zeugniss  auf  die  Worte  έν  γάμοις  δείπνων  be- 
schränken. Nun  haben  wir  allen  Grund  zu  der  Annahme,  dass 
Laertius  aus  einer  des  Hermippos  Namen  tragenden   Schrift  über 


^  Reiskii  auimadversiones  in  L.  D.  Hermes  24,  324 f. 
2  Die  Unterlage  des  L.  D.  Sitzungbber.   d.  Berl.  Akad.    d.  >Viss. 
1892  S.  1023  ff. 


Zar  Quellenkande  von  Platons  Leben.  73 

die  Todeearten  der  Philosophen,  offenbar  einem  Auszug  aus  den 
Biographien,  seine  Vorlage  erweitert  hat  (Wilamowitz  ep.  ad 
Maase.  p.  159),  ausserdem  deutet  Laertins  in  einer  sicher  von  ihm 
herrnhrenden  Bemerkung  (III  40:  καΐ  έτ€λ€ύτα  μέν  δν  €Ϊπομ€ν 
τρόπον,  Φιλίππου  βασιλεύοντος  έτος  τρισκοώίκατον^  καθά  καΐ 
Φαβωρϊνός  φησιν  Άπομνημοευμάτιυν  τρίτψ)  ausdrücklich  auf 
ansere  Stelle  hin,  also  dürfen  wir  auch  wohl  hier  die  Hand  des 
Kompilators  vermuthen  und  die  Anführung  des  Hermippos  als 
einen  Zusatz  von  Laertins  ansehen. 

Es  muss  demnach  Apollodor  ebenso  für  das  Todesjahr  und 
die  Lebensdauer  wie  für  das  Geburtsjahr  mit  seinem  Ansehen 
einstehen,  wodurch  unser  Vertrauen  gewiss  nicht  gemindert  wird, 
üasa  er  thatsächlich  den  Tod  Platons  Ol.  108,  1  (348/7)  unter 
Archon  Theophilos  ansetzte,  erfahren  wir  auch  aus  L.  D.  V  9, 
Xl4.  Bei  der  Angabe  der  Lebensdauer  rechnete  er  wie  gewöhn- 
lieh das  Todesjahr  mit  und  nahm  daher  als  Geburtsjahr  Ol.  88,  1  ^ 
(428/7)  das  Archontat  des  Diotimos  an.  Dieser  Ansatz,  der  mit 
dem  Zengniss  Hermodors  (L.  D.  III  6)  vortrefflich  übereinstimmt, 
hat  in  neuerer  Zeit  gegenüber  den  abweichenden  Angaben  mit 
Becht  allgemeine  Anerkennung  gefunden,  trotzdem  dürfte  es  nicht 
überflüssig  sein,  auf  einen  Zeugen  hinzuweisen,  der  an  Ansehen 
wie  an  Alter  über  Apollodor  bedeutend  hinausragt,  wahrschein- 
lich sogar  nicht  ohne  Einfluss  auf  ihn  gewesen  ist,  nämlich  auf 
^ochoros. 

Die  Stelle,  welche  ich  aus  dem  Dunkel  einer  unverdienten 
Miesachtung  in  die  rechte  Beleuchtung  rücken  möchte,  steht  in 
der  Vita  Marciana  des  Aristoteles  (p.  428,  11  f.  Rose)  und  lautet: 
wii  δτι  Πλάτων   μέν  έτίχθη    έπι  Διοτίμου  δρχοντος  Άθήνησι 


^  Des  Favorinus  Zeuguiss  für  das  Todesjahr  Platons  finde  ich 
^  den  Handbüchern  nicht  berücksichtigt.  Ueber  den  Regierungsantritt 
Philippe  ist  zu  vergleichen  Schaefer,  Demosth.  III  63  Anm.  1. 

^  Das  Fehlen  des  Jahres  in  der  Olympiadenangabe  bei  L.  D. 
hemht  nur  auf  einer  Nachlässigkeit,  deren  sich  wahrscheinlich  der  Ur- 
heber des  Aaszugs  aus  des  Nikias  Διαδοχα{  schuldig  gemacht  hat.  Dass 
Tun  Apollodor  das  erste  Jahr  der  Olympiade  ausdrücklich  angegeben 
'^iu-.  beweist  sowohl  Hippolyt  I  8  (Diels  Doxogr.  p.  503)  ούτος  ήκμασεν 
^ους  πρώτου  τής  όγδοηκοστής  ογδόης  Ολυμπιάδος,  καθ'  δν  καιρόν  καΐ 
Κάτωνα  λέγουσι  γεγενήσθαι  (Diels,  Rh.  Μ.  31,  42)  wie  auch  Euscbios 
(Cbonic),  dessen  Zeitbestimmung  01.89,  1  doch  nur  durch  Verschrei- 
^  aas  Ol.  88,  1  entstanden  ist  und  jedenfalls  auf  Apollodor  zu- 
radcgeht. 


74  Basee 

και  βιούς  έτη  πβ'  μετήλλα£€  τόν  βίον  έπ\  θ€θφ(λου,  *Αριστ 
τέλης  5έ  τβχθεις  έπι  Διοτρέφους  και  βιούς  ίτη  Ηγ'  τελβυτςί  i 
Διοκλέους,  φοιτςί  5έ  Πλάτωνι  έπΙ  Ναυσιγένους  και  άττό  θ< 
φίλου  έφ'  ου  τελευτςί  ΤΤλάτιυν  ?ιυς  Διοκλέους,  έφ'  οΰ  Τ€λ€υ 
'Αριστοτέλης,  ίτη  κγ  έπίίησε  ΤΤλάτωνι  —  οίίτιυ  Φιλόχορ 
\(Ττόρη(Τ€.  Die  knappe  Aufzählang  der  Archonten  ohne  die  e: 
später  üblichen  Angaben  der  Olympiaden  jähre,  die  Uebereineti 
mung  der  Geburts-  und  Todesjahre  beider  Philosophen  mit  d 
Angaben  Apollodors  halten  jeden  Zweifel  an  der  Zuverlässigk 
der  Qirellenangabe  fern.  Die  Irrthümer  sind  im  Grande  weni| 
zahlreich  and  geringfügiger,  als  wir  bei  chronologischen  Ueb« 
lieferangen  gewohnt  sind.  Es  wäre  ja  auch  geradezu  ein  Wund 
wenn  auf  dem  langen  Wege  von  Philochoros  bis  zu  unserer 
6.  nachchristlichen  Jahrhundert  entstandenen  Vita  die  versoh 
denen  Hände,  welche  die  Münze  weitergaben,  nicht  sichtbs 
Spuren  hinterlassen  hätten.  Bei  Piaton  steht  die  Lfebenedai; 
von  82  Jahren  mit  den  Archonten  im  Widersprach,  bei  Ariel 
teles  die  Angabe,  dass  er  Piaton  nur  23  Jahre  überlebt  hal 
Die  falschen  Zahlen  haben  einen  verschiedenen  Ursprung.  I 
Aristoteles  läset  sich  noch  die  corrigirende  Hand  des  Neaplai 
nikers,  wahrscheinlich  eines  Schülers  Olympiodors,  erkennen,  d 
unbekümmert  um  die  Archontenjahre  für  den  von  ihm  an^ 
nommenen  Verkehr  des  Aristoteles  mit  Sokrates  (p.  427,  1 
3  Jahre  gewinnen  wollte  und  da  nach  feststehender  Ueberliel 
rung  (L.  D.  V  10)  Aristoteles  mit  17  Jahren  nach  Athen  ka 
so  rechnen  musste,  dass  17  +  3  -|-  20  4-  23  =  63  Jahre  herai 
kamen,  während  die  Angaben  der  Archonten  deutlich  zeigen,  da 
Philochoros  die  richtige  Rechnung  17  +  20  +  26  =  63  aufsteU 
(vgl.  Hermes  28,  256).  Bei  Piaton  dagegen  sind  die  82  Lebei 
jähre,  welche  mit  den  Archonten  Diotimos  Ol.  88,  1  (428/7)  u: 
Theophilos  Ol.  108,  1  (348/7)  nicht  in  Einklang  gebracht  werd 
können,  durch  Verschreibung  entstanden.  Doch  müssen  wir  v< 
der  Korrektur  unseres  Textes  absehen,  denn  der  Irrthum  ist  nac 
weislich  älter  als  die  Vita. 

Ausser  der  vorliegenden  Stelle  gibt  es  nämlich  für  die  L 
bensdauer  von  82  Jahren  noch  3  Zeugen,  von  denen  jedoch  V( 
Max.  7  ext.  3  (altero  etiam  et  octogesimo  anno  decedens  si 
capite  Sophronis  mimos  habuisse  fertur)  sogleich  ausscheidet,  < 
seine  Angabe  sich  mit  der  apollodorischen  Ueberlieferung,  da 
Piaton  81  Jahre  gelebt  habe,  sehr  wohl  verträgt.  Val.  Ma 
sah  eben  das  Todesjahr,  welches  bei  Bestimmung  der  Lebensdau 


Zur  Qaellenkande  γοα  Platons  Leben.  75 

Ton  den  alten  Chronographen  mitgezählt  wurde,  als  vollendet  an, 
wie  denn  auch  Seneca  ep.  58,  27  den  Todestag  gerade  auf  den 
82.  Gebnrtetag  verlegt :  Nam  hoc  ecie,  pato,  Flatoni  diligentiae 
enae  benefioio  contigisse,  quod  natali  Rao  discessit  et  annum  unum 
et  ootogesimDm  implevit  sine  ulla  dednctione.  Der  zweite  Zenge 
ut  Heejchins  bei  Soidas^  8.  v.  ΤΤλάτνυν  (II  294):  έτέχβη  bk 
ίν  Airivij  έν  τή  πη'  όλυμτπάοι  μβτά  τά  προοίμια  του  Πελο- 
ποννησιακού πολέμου  και  έβίιυ  ίτη  β'  και  π',  τελευτςί  5έ  έπΙ 
της  ρη'  Ολυμπιάδος.  Abgesehen  von  der  Lebensdauer  stimmen 
die  Angaben  mit  Laertius  durchaus  Uberein  und  weisen  deutlich 
»uf  denselben  Ursprung  hin.  Da  aber  Hesychius  neben  der  Vor- 
lage des  Laertius  nachweislich  auch  andere  Quellenschriften  be* 
nutzte,  so  wäre  es  ja  denkbar,  dass  er  die  Bestimmung  des  Le- 
bensalters, welche  er  in  seiner  Vorlage  fand,  absichtlich  geändert 
bat.  Allein  mit  der  Zahl  82  sind  die  angegebenen  Olympiaden 
schlecht  in  Einklang  zu  bringen.  Denn  Ol.  88  beginnt  mit  dem 
Jahre  428/7,  Ol.  108  mit  dem  Jahre  348/7.  Wir  müssten  also 
annehmen,  dass  Hesychius  den  Tod  Piatons  weiter  hinabriioken 
vollte,  was  gegenüber  der  völligen  üebereinstimmung  im  Ansatz 
des  Todesjahres  wenig  wahrscheinlich  ist.  Ich  glaube  daher, 
^  hier  eine  einfache  Corruptel  vorliegt,  die  wir  durch  die 
Korrektur  ίτη  α'  καΐ  π'  zu  beseitigen  berechtigt  sind. 

Der  dritte  Zeuge  dagegen  Athen.  V  217 ab  weiss  nicht  nur 
von  einer  82  jährigen  Lebensdauer  zu  berichten,  sondern  zieht 
aneh  f&r  die  Bestimmung  des  Geburtsjahres^  die  daraus  sich  erge- 
benden Folgen.  Nach  seiner  Angabe  ist  Piaton  geboren  unter 
Archen  Apollodoros  (Ol.  87,  3),  dem  Nachfolger  des  Euthyde- 
Φοβ,  gestorben  unter  Theophilos,  dem  Nachfolger  des  Eallimachos, 


^  Yolkmann,  Quaestiones  de  Diogene  Laertio  (Programm  des  St. 
Maria-Magd.-Gymn.  zu  Breslau  1890)  p.  3  ff.  sucht  gegen  Wilamowitz 
(ep.  ad  Maass.  p.  148)  zu  beweisen,  dass  Suidas  neben  Hesychius  auch 
Uertios  selbst  benutzt  habe.  Ich  glaube,  der  Beweis  ist  ihm  nicht 
gelungen.  Denn  er  geht  dabei  von  der  unberechtigten  (vgl.  Csener, 
^Unterlage  des  L.  D.  p.  1034)  Ansicht  aus,  dass  alle  Zusätze*,  welche 
&ch  an  den  ursprünglichen  Text  angegliedert  haben,  von  Laertius 
leibst  herrühren.  Thatsächlich  findet  sich  in  den  von  ihm  angeführten 
fiUen  kein  Beispiel,  wo  der  Zusatz  nicht  schon  in  den  Auszug  des 
^ikias  Eingang  gefunden  haben  konnte.  Beweiskräftig  aber  sind  nur 
'^e  Fälle,  in  denen  sich  mit  Sicherheit  die  Hand  des  Laertius  nach- 
weisen lässi. 

^  Dass  er  nicht  den  Tod  hinabrückte,  sondern  die  Geburt  früher 


76  Busse 

δς  έστιν  όγοοηκοστός  και  δεύτερος.  Dieser  Zusatz  und  die  pein- 
liche Genauigkeit  in  der  Angabe  der  Archonten  beweisen,  dase 
er  sich  gegen  eine  abweichende  Annahme  wendet,  um  der  gegen- 
über seinen  Ansatz  als  den  allein  richtigen  hinzustellen.  Erfand 
in  seiner  Vorlage  zwar  82  Jahre  als  Lebenszeit  angegeben,  aber 
zugleich  eine  Bestimmung  des  Geburtsjahres,  dessen  Differenz  mit 
dem  Todesjahre  diese  Zahl  nicht  ergab.  Ein  Blick  auf  die  Stelle 
in  der  Vita  Marc,  überzeugt  uns,  dass  diese  nicht  nur  der  ge- 
stellten Anforderung  aufs  genaueste  entspricht,  sondern  auch  im 
Wortlaut  mit  Athenaios  wunderbar  übereinstimmt. 

Athen.  V  217 ab  Vita  Marc.  428,  11 

Πλάτων    hk.   γεννάται    έπι  Πλάτων    μίν    έτέχοη    im 

'Απολλοδώρου  του  μετ'  Ευθύ-  Διοτίμου    δρχοντος    *Αθήνησι 

δημον  δρΗαντος*    δύο   hi   και  και  βιούς  ίτη    δύο  και  όγόοή• 

όγοοήκοντα  βιώσας  ίτη  μετήλ-  κοντά  ματηλλαίε  τον  βίον  ίιά 

λαΗε  έπι  Θεοφίλου   τοΰ    μετά  Θεοφίλου. 
Καλλίμαχον,   δς  έστιν   όγδοη- 
κοστός  και  δεύτερος. 

Die  gemeinsame  Quelle  dieser  beiden  Stellen  läset  sioli  aus 
einer  Betrachtung  der  Vita  Marc,  gewinnen.  Dieselbe  ist  unver- 
kennbar aus  zwei  verschiedenen  Lebensabrissen  zu  einem  anor- 
ganischen Ganzen  zusammengesetzt,  dessen  Näthe  dann  noch 
durch  ein  paar  am  Wege  aufgelesene  Fetzen  verdeckt  wurden. 
Einen  grossen  Bestandtheil  hat  die  verlorene  Vita  Olympiodors- 
geliefert,  die  Hauptquelle  aber  bildete  die  Schrift  des  Neuplato- 
nikers  ^  Ptolemaios  über  das  Leben,  Testament  und  die  Schriften 
des  Aristoteles.  Diese  wird  in  der  Vita  selbst  (p.  435,  16)  an- 
gedeutet und  durch  einen  Vergleich  der  Lebensbeschreibung  mit 
den  biographischen  Notizen    bei  Elias  ^    und    in    der    arabischen. 


ansetzte,  ist  leicht  erklärlich,  da  das  Todesjahr  allgemein  feststand,  die 
Angaben  über  das  Geburtsjahr  schwankten.  In  der  That  ist  ja  auch 
bei  Plafon  wie  bei  allen  Athenern,  die  noch  in  das  5.  Jahrhundert 
hineinreichen,  das  Geburtsjahr  nur  durch  Rechnung  gefunden  (Wila- 
mowitz,  Euripidcs  Herakles  S.  Sjy  während  das  Todesjahr  auf  festste- 
hender üeberlieferunjsf  beruhte,  namentlich  bei  den  Philosophen  durch 
die  Nachrichten  über  den  Lehrstuhlwechsel  verbürgt  war. 

^  Rose,  De  Ar.  libr.  ord.  p.  45.     Wilamowitz,  Ant.  v.  Kar.  p.  28. 

2  Vita  Marc.  p.  435,  16  f.  Elias  p.  24»19  Brand,  verglichen  mit 
p.  22*11  Brand. 


Zur  Quellenkunde  von  Piatons  Leben.  77 

Ueberliefening  (Hermes  28,  264  £P.)   über  allen  Zweifel  erhoben; 
Des  Ptolemaioe  Quelle  war    die  Einleitungescbrift    des  Peripate- 
tikers  Andronikos  von  Rhodos  \  den  Ptolemaioe  ausdrücklich  als 
Gewährsmann  angeführt  haben  muss,  denn  sowohl  Elias  wie  der 
Yerfasser  der  Vita  Marc,  haben  offenbar  Andronikos'  Schrift  nicht 
in  Händen  gehabt,  sondern  seinen  Namen  aus  ihrer  unmittelbaren 
Quelle  hinübergenommen.    unter  der  Schrift  des  Andronikos  haben 
wir  uns  wohl  nicht  ein  selbständiges  Werk  vorzustellen,  sondern 
eine  Erweiterung  des  den  Ausgaben    und  Erstlingskommentaren, 
bei  Aristoteles  dem    zu  den  Kategorien,    bei  Piaton  dem  zu  Al- 
kibiades  (proleg.  S.  219  Herm.),  gewöhnlich  vorangestellten  γένος* 
(Wilam.,    Hermes  12,  341    Eur.  Herakl.  1).     Zu    dem    Lebens- 
abrise  fügte  Andronikos  noch  das  Testament  des  Aristoteles  und 
ein  Verzeichniss  seiner  Schriften  mit  Erörterungen  über  Echtheit 
nnd  Titel   derselben    und    mit  Angabe    der  Anfangsworte  hinzu, 
wie  es  nach    seinem  Vorbilde  Porphyrios    im  Leben  Plotins    ge- 
macht hat.      Es    ist   möglich,    dass    die  Schrift    des  Andronikos^ 
Paraphrase  der  Kategorien  einleitete^,  aber  wahrscheinlicher  dürfte 

^  Snsemihl  (Alex.  Litter.  II  303)  spricht  von  einer  Einleitungs- 
Kbrift  in  das  Studium  des  Aristoteles  und  des  Tbeophrastos.  Dazu 
gebeü  des  Porphyrios  Worte  im  Leben  Plotins  (c.  24),  worauf  sich  die 
Aoffassang  allein  stützen  kann,  keinen  Anlass.  Denn  Porphyrios  sagt 
QQr,  dass  Andronikos  die  Schriften  des  Aristoteles  und  des  Theophra- 
*to8  in  Pragmatien  ordnete,  und  bezeichnet  damit  zwei  verschiedene 
Ausüben  beider  Philosophen.  Wenn  wir  nun  aus  anderen  Quellen  er- 
&bren,  dass  Andronikos  zu  den  Werken  des  Aristoteles  eine  Einlei- 
^gsschrift  verfasste,  so  dürfen  wir  wohl  bei  den  Werken  des  Theo- 
phrastos  dasselbe  vermuthen,  aber  eine  gemeinsame  Einleitungsschrift 
aat  weder  ein  äusseres  Zeugniss  noch  einen  inneren  Grund  für  sich. 

^  Damit  würde  allerdings  der  Umfang  von  mindestens  5  Büchern 
schwer  vereinbar  sein  (Susemihl,  Alex.  Litt.  II  303).  Aber  dürfen  wir 
denn  auch  unter  dem  durch  tractatus  wiedergegebenen  Worte  Ptol. 
^0.  90  ein  Buch  verstehen?  Es  liegt  doch  wohl  viel  näher,  darin  die 
i'^ebewetzung  von  πρθΕις  (Littig,  Andr.  v.  llhodos  wählt  λόγος)  zu 
vermuthen. 

'  Des  Andronikos  Paraphrase  zu  den  Kategorien  kennen  w^ir  aus 
Simplikios'  Kommentar  (p.  41^  25.  42»  10),  der  jedoch  seine  Kenntniss 
Wiglich  dem  grossen  Kommentar  des  Porphyrios  verdankt,  wie  der 
Z^mmenhang,  in  dem  Andronikos  von  ihm  citirt  wird,  deutlich  be- 
säet. Dass  Andronikos  auch  einen  Kommentar  zu  den  Kategorien  ge- 
•ibieben  (Snsemihl  A.  L.  II  303)  oder  zu  der  Paraphrase  eine  aus- 
gliche Erläuterung  hinzugefügt  habe  (Brandis,  Ueber  die  griech. 
Ausleger  des  Arietot.  Org.  S.  273,  Zeller  IIP  1  S.622  Anm.  3),  ist  eine 


78  Busse 

es  sein,  daee  sie  seiner  Ausgabe  der  aristotelischen  Werke  vorai 
geschickt  war.  Diese  Ausgabe  verschaffte  sich  dann  ein  solchi 
Ansehen,  dass  sie  die  anderen  verdrängte  und  in  den  Grundztlge 
sich  bis  auf  unsere  Zeit  erhalten  hat  (Littig,  Andronikos  v.  Rh« 
dos,  München  1890  S.  35).  Mit  derselben  wurde  auch  die  £i] 
leitung  weiter  fortgepflanzt  und  nach  dem  willkürlichen  Verfahr« 
der  Alten  (vgl.  Galen,  De  libris  suis  XIX  p.  9E.)  durch  eigei 
mächtige  Zusätze,  die  zum  Theil  aus  dem  Yerzeichniss  der  Schri 
ten  Theophrast's  genommen  waren  (Littig  a.  a.  0.  S.  34),  ui 
Aenderungen  entatellt.  In  dieser  Gestalt  lag  sie  dem  Neupl 
toniker  Ptolemaios  vor,  der  sie  seiner  eigenen  Einleitungsschri 
zu  Grunde  legte,  das  Testament  einfach  übertrug,  die  biograph 
sehen  Angaben  in  neuplatonischem  Geiste  bearbeitete^  und  ai 
der  Abhandlung  über  die  aristotelischen  Schriften  sein  Yerzeicl 
nies  heraushob.  Die  Einleitung  des  Andronikos  stand  aber  auci 
so  müssen  wir  annehmen,  dem  Athenaios  zur  Verfügung.  Ptol 
maios  und  Athenaios  fanden  im  Leben  des  Aristoteles  ausser  d( 
nach  Archonten  bezeichneten  Jahren  der  Geburt  und  des  Tod 
Piatons  als  Lebensdauer  82  Jahre  angegeben,  eine  Zahl,  d 
offenbar  durch  blosse  Verschreibung  aus  81  entstanden  ist.  Wal 
rend  nun  Ptolemaios  den  Fehler  in  gutem  Glauben  weiterga 
sah  sich  Athenaios,  der  die  Ansätze  Apollodors  aus  des  Niki 
Diadochen  kannte  (Usener  a.  a.  0.  S.  1031),  zu  einer  Korrekti 
veranlasst.     Er  hielt  aber  im  Widerspruch  mit  ApolloAor  an  d( 


unberechtigte  Annahme.  Wenn  Simpl.  p.  61a  25  Br.  ihn  in  summ 
rischer  Weise  unter  den  ίίτγργταί  aufführt,  so  liegt  darin  eine  leid 
begreifliche  Ungenauigkeit  des  Ausdruckes.  Hingegen  ist  zu  bemerke 
dass  eine  ^Εήγησις  nirgends  von  ihm  angeführt  wird,  dass  alle  Cita 
bei  SimpUkios  (p.40*>  23.  66*  41.  66^  9)  wie  auch  bei  Porphyrios  p.  12 
21  (Busse)  Umschreibungen  des  aristotelischen  Textes  sind,  dass  al 
Nachrichten  von  bestimmten  Auffassungen  des  Andronikos  zum  The 
ausdrücklich  als  Schlüsse  aus  seioer  umschreibenden  Darstellung  hl 
gestellt  werden,  wie  p.  78^  24,  zum  Theil  aber  als  solche  klar  erkenn 
lieh  sind  wie  p.  47^  26.  57•  24.  58»  37.  72i>  12.  73b  lo.  74»>  2 
79^  2.  30.  80b  3.  Dass  die  Erwähnung  bei  Dexippos  p.  21,  18  (Buss 
aus  der  Paraphrase,  natürlich  durch  das  Medium  Porphyrios,  stamnr 
beweist  Simpl.  p.  42»  10.  lieber  die  ünechtheit  der  Postprädikamen 
und  über  den  Titel  (Simpl.  p.  81»  27)  hat  Andronikos  jedenfalls  in  ^< 
Einleitungsschrift  gehandelt. 

1  Die  Vertheidigung  des  Aristoteles  gegen  die  Anschuldigunj 
dass  er  sich  gegen  Piaton  aufgelehnt  (p.  428,  8  f.),  ist  doch  wohl  nei 
platonischen  Ursprungs  (vgl.  Hermes  2«,  268  Anm.). 


Zur  QneUenknnde  von  Platons  Leben.  79 

62  Lebensjahren  feet  nnd  rückte,  das  Todesjahr  mitzählend,  die 
(rebnrt  zwei  Jahre  hinauf. 

üeber  Andronikos  hinaus  können  wir  das  Zeugnies  des  Phi- 
lochoros  nicht  verfolgen.  Aber  warum  sollte  Andronikos  nicht 
unmittelbar  aus  der  Quelle  geschöpft  haben?  Jedenfalls  haben 
wir  keinen  Grund,  an  der  Zuverlässigkeit  der  Ueberlieferung  zu 
zweifeln. 

Somit  rückt  Apollodor  unter  den  Zeugen  für  den  Ansatz 
Ol.  88,  1  —  Ol.  108,  1  in  die  zweite  Linie,  und  bei  dem  Zeit- 
Terhältniss  zwischen  Philochoros  und  Apollodor  liegt  es  nahe, 
überall  da,  wo  sie  in  ihren  Angaben  übereinstimmen,  an  die  Ab- 
hängigkeit des  einen  vom  anderen  zu  denken  und  die  Benutzung 
von  Philochoros'  Atthis  in  derselben  Weise  für  Apollodor  in  An- 
Bpmcb  zu  nehmen,  wie  es  Boeckh,  El.  Sehr.  V  S.  399  mit  Be- 
ragnakme  auf  CIG.  II  304*  318  für  seinen  Vorläufer  Eratosthenes 
getlan  hat.  In  unserem  Falle  erhält  diese  Yermuthung  noch  eine 
besondere  Stütze.  Als  wichtigste  Quelle  Apollodors  werden  wir 
bei  allen  Angaben,  welche  Schriftsteller  aus  den  alexandrinischen 
Bibliotheken  betre£Pen,  doch  wohl  die  Πίνακες  annehmen  müssen. 
In  der  pinakographischen  Ueberlieferung  aber  scheint,  wie  wir 
nocl  sehen  werden,  eine  andere  Zeitbestimmung  Platons,  wonach 
seine  Greburt  in  das  Archontat  des  Epameinon  fiel,  enthalten  ge- 
wesen zu  sein.  Wenn  also  Apollodor  hier  von  der  geläufigen 
I^eberlieferung  abwich  und  die  Zeitbestimmung  aufnahm,  welche 
I^bilochoros  bot,  so  dürfte  die  Annahme,  dass  er  dabei  unter  dem 
Einflösse  des  Philochoros  stand,  den  Grad  der  Wahrscheinlichkeit 
fo  sich  haben,  der  überhaupt  bei  solchen  Untersuchungen  zu 
erzielen  ist. 

Fassen  wir  das  Ergebniss  zusammen.  Philochoros^  Atthis 
bildet  die  Quelle  für  zwei  verschiedene  üeberlieferungen,  die  eine 
geht  von  ihm  zu  Apollodor,  von  diesem  mit  einer  Gabelung  zu 
Nikias  und  zu  Eusebios,  und  von  Nikias  zu  Laertius  und  zu 
Hegychios,  die  andere  geht  von  Philochoros  zu  Andronikos,  von 
diesem  mit  einer  Gabelung  zu  Athenaios  und  zu  Ptolemaios,  der 
•i'blievlich  die  Vita  Marciana  speist. 


80  Busse 

Phil  och  0Γ08 


/ 


ApoUodoros 

\ 

Nikiae        \  Andronikoe 


Laert.  Diog.      \        Kusebios  Athenaios         Ptolemaios 


Heeychios  Vita  Marciana. 

Wir  haben  soeben  darauf  hingewiesen,  daes  es  neben  der 
Zeitbestimmung  des  Philochoros  noch  einen  anderen  Ansatz  gab, 
welcher  zwar  in  der  Festsetzung  des  Todesjahres  mit  Philocho- 
ros übereinstimmte,  aber  als  Geburtsjahr  das  Arohontat  des  Epa- 
meinon  Ol.  87,  4  (429/8)  bot.  Man  brauchte  nur  vom  Todesjahr 
ausgehend  die  81  Lebensjahre  voll  in  Anrechnung  zu  bringen, 
um  den  verführerischen  Synchronismus  von  Piatons  Geburt  und 
dem  Tode  des  Perikles  zu  gewinnen.  Wir  finden  diesen  Ansatz 
im  letzten  Abschnitt  unserer  Diogenesstelle,  wo  aber  έπ*  Έπα- 
μείνονος  für  έττ'  ^Αμεινίου  und  έτττά  für  ΙΈ  nach  Schaefers  Con- 
jektur  ^  zu  lesen  ist.  Er  würde  auf  Neanthes  zurückzuführen  sein, 
wenn  wir  mit  Diele  (Eh.  M.  31,  42)  die  beiden  letzten  Sätze 
zusammenfassen  und  den  Widerspruch  durch  Korrektur  der  Zahl 
τεττάρων  in  ενός  beseitigen  dürften.  Aber  so  einleuchtend  auch 
die  Erklärung  ist,  welche  Diels  für  den  Ursprung  der  falschen 
und  hier  allein  vorkommenden  Zahl  84  gibt,  nämlich  die  Ver- 
Schreibung  ΤΤΔ  aus  TTA,  so  mups  doch  Laertius  die  falsche  Zahl 
schon  in  seiner  Quelle  gefunden  haben,  sonst  hätte,  er  nicht  nach 
den  Worten,  dass  Piaton  81  Jahre  gelebt  habe,  mit  Νεάνθης  be 
φη(Τΐν  fortfahren  können,  sondern  musste  die  Uebereinstimmung 
beider  Angaben  irgendwie  bemerklich  machen  und  die  neue  Quelle 
etwa  durch  και  Νεάνθης  φησίν  anknüpfen.  Halten  wir  aber  an 
der  Zahl  84  fest,  so  fällt  diese  ganze  Notiz  aus  dem  Zusammen- 


1  Zeitschrift  für  d.  Alterthunisw.  VI  (1848)  S.  25G. 


Zur  Qaellenkimde  von  Platons  Leben.  81 

bang  beraue.  Denn  der  folgende  mit  icrw  οδν  anfangende  Sats 
bezieht  eicb  dann  nicht  anf  die  Altereangabe  des  Neanthee,  son- 
dern auf  die  Zeitbestimmung  Apollodors  und  enthält  eine  darans 
lieh  ergebende  Folgerung  für  das  Zeitverhältniss  zwischen  Piaton 
aod  Isokrates.  Wir  werden  nm  so  weniger  Bedenken  tragen,  die 
Anfuhning  des  Neanthee  für  eine  Erweiterung  der  laertianischen 
Vorlage  zu  erklären,  als  alle  aus  Neanthes  geflossenen  Bemer- 
bnngen  spätere  Zusätze  zu  sein  scheinen  und  wahrscheinlich  aus 
des  Favorinus  ΤΤαντο5απή  Ιστορία  (L.  D.  III  24)  geschöpft  sind. 
Sliminiren  wir  also  den  Zwischensatz,  so  hat  zwar  das  oOv  auch 
in  der  neuen  Satzfolge  keine  innere  Berechtigung,  da  die  beiden 
Zeitbestimmungen  im  Widerspruch  stehen,  aber  dies  ist  nur  ein 
Beweis  dafür,  dass  der  Compilator  der  beiden  Quellennachrichten 
das  Archontenjahr  des  Epameinon  nicht  genau  kannte  und  in  gu- 
tem Glauben  eine  üebereinstimmung  zwischen  seinen  Quellenschrift- 
itellem  annahm. 

Welches  die  zweite  Quelle  gewesen  ist,  lässt  sich  aus  der 
neberlieferung  folgern,  welche  allein,  soviel  ich  sehe»  mit  unserer 
Stelle  im  Ansatz  von  Platons  Geburt  übereinstimmt  und  in  den 
Tit&e  X  or.  p.  836  f.  enthalten  ist,  wo  es  von  Isokrates  heisst: 
Τ£νόμ€νος  bt  κατά  τήν  όγοοηκοστήν  ίκτην  όλυμπιάοα  Λυσιμά- 
χου (Αρχοντος,  ν6ώτ€ρος>  μέν  Λυσίου  ουσΐ  καΐ  €Ϊκοσιν  ίτ€σι, 
^σβύτ€ρος  hl  Πλάτωνος  έτττά.  Bei  Dionysius  (De  Isoer.  iud. 
c•  I)  fehlt  die  Parallele  mit  Plato,  er  berichtet  nur  Ισοκράτης 
4  ^Αθηναίος  έγεννήθη  μέν  έπΙ  τής  όγόοηκοστής  καΐ  ?κτης 
Λϋμτπάδος  άρχοντος  Άθήνησι  Λυσιμάχου  πέμτττψ  πρότερον 
ίτο  του  Πελοποννησιακού  πολέμου,  ουσΐ  καΐ  εΐκοσιν  ίτεσι  νεώ- 
τερος Λυσίου.  Auf  die  Quelle  des  Dionysius  hat  schon  v.  Wi- 
Itmowitz  (Hermes  12,  341  Anm.)  hingewiesen.  Die  κοιναί  Ιστο- 
ρί«,  Ας  κατέλιπον  ήμϊν  οΐ  τους  βίους  τών  ανδρών  συντάία- 
Ι^οι  (ep.  Ι  ad  Amm.  ο.  3  ρ.  723)  waren  die  den  Ausgaben 
vorangeschickten  kurzen  Lebensabrisse,  welche  mit  dem  γένος  des 
oehriftstellers  begannen  und  daher  γένη  genannt  wurden.  Daneben 
^^  auch  die  Bezeichnung  Ιστορία  üblich»  die  wir  nicht  nur  bei 
Dionysius  finden  (De  Isaei  iud.  c.  1  p.  588:  bia  τό  μη5έ  τοιούτη 
^ριτυγχάνειν  \στορί(]ΐ),  sondern  auch  bei  Photius  cod.  268  (p. 
*96^  38)  Λυκούργου  bk  ούοενός  τών  άλλων,  δσα  γ€  τελεϊν  εΙς 
ρήτορας  κοί  οημαγωγούς,  τό  ίλαττον  φερομένου  ουπιυ  παρέ- 
öJtcv  ήμϊν  6  χρόνος  λόγους  άνογνώναι,  φέρεσθαι  bk  αύτου  έ£ 
ί(^τορίος*  le'  μεμαθήκαμεν  υ\ός  μέν  ή  ν  Λυκόφρονος  του  Λυ- 

^  Dieser  Ausdruck  verleitete  Α.  Schöne  (Jahn's  Jahrb.  104,  783  ff.) 
Koi.  C  Philol.  H.  V.  XUZ.  ^ 


82  Busse 

κούργου,  δν  f|  τών  λ'  τυραννίς  άν€ΐλ€,  τόν  οήμον  Έτ€θβοιιτ< 
6ης'  ήκροάσατο  bk  τά  μέν  πρώτα,  άις  ή  Ιστορία  λέγ€ΐ,  ΤΤλ^ 
τιυνος  του  φΐλθ(ΤΟς)θυ^  Den  Wechsel  der  beiden  BeseichnaDgc 
können  wir  recht  deutlich  in  den  beiden  nenplatonisohen  Lebern 
beschreibnngen  Platons  beobachten.  Olympiodor  schliesst  seil 
Daretellnng  mit  den  Worten  καΐ  ταΟτα  μέν  π€ρΙ  τοΟ  γένους  Τΰ 
φιλοσόφου  (ρ.  195  Hermann),  der  Anonymne  dagegen,  der  d 
Προλ€γόμ€να  τής  Πλάτωνος  φιλοσοφίας  mit  einem  Lebensabrii 
des  Philosophen  einleitet,  gebraucht  durchweg  nur  den  Auedmc 
Ιστορία  (ρ.  196,  12.  197,  24.  202,  12  Hermann).  Diese  Leben 
abrisse  sind  aus  dürftigen  Anföngen  ^,  wo  sie  nicht  viel  mehr  a 
das  γένος  und  die  Zeitbestimmung  des  Schriftstellers  enthielte 
allmählich  zu  grösserem  Umfange  herangewachsen,  natürlich  uni 
dem  Einflüsse  der  biographischen  und  chronologischen  Schrifte 
Das  biographische  Trümmerfeld  freilich,  auf  dem  wir  heute  stehe 
gibt  uns  nur  selten  Anhaltspunkte,  um  eine  solche  Einwirkui 
nachweisen  zu  können.  Dass  die  κοιναί  Ιστορίαι,  welche  de 
Dionysius  vorlagen  und  in  gedrängter  Kürze  die  wichtigsten  Mi 
theilungen  über  Oeburt,  Bildungsgang,  Wirksamkeit  und  T< 
enthielten,  τοη  dem  chronologischen  Werke  Apollodors  gespei 
wurden,  läset  sich  aus  den  Angaben  über  das  Leben  des  Ariat 
teles  schliessen,   wo    eine  Yergleichung  möglich  ist.     Denn  d 


zu  dem  verfehlten  Schluss,  dass  Photiae  eine  Quellenschrift  mit  de 
Titel  (στορία  benutzt  habe,  während  er  mit  diesem  Ausdruck  offenbi 
den  ihm  vorliegenden  Lebensabriss  bezeichnete. 

1  Ebenso  Eustathins  im  Leben  Pindars  174  (S.  36  Westerm 
έπινίκιοι  κατά  τήν  (στορίαν  ώσύ  b\  οΟς  καΐ  έπινίκους  τ€τρααυλλάΡ( 
q>ao(v. 

^  Den  Ursprung  haben  wir  sicherlich  in  den  alexandrinisch« 
Bibliotheken  zu  suchen  und  von  der  Thätigkeit  ihrer  Ordner  herz 
leiten.  Man  könnte  auf  des  Kallimachos  Epigramm  VI  und  XXVII  bi 
weisen  und  vermuthen,  dass  er  nicht  nur  den  poetischen  Werken  kur 
Notizen  über  des  Verfassers  Leben  und  Herkunft  in  gebundener  For 
voranschickte  (Welcker,  Episch.  Cycl.  I  8,  Wachsmuth,  Philol.  16,  652 
sondern  auch  die  Prosaschriften  nach  dem  Vorgange  von  Zenodot« 
Alexandres  und  Lykophron  mit  dergleichen  Angaben  ausstattete.  Ab 
wozu  neben  den  σίλλυβοι  noch  andere  Aufschriften  annehmen?  Da 
das  γένος  des  Schriftstellers  aof  dem  σ(λλυβος  der  Rolle  neben  de 
Namen  bezeichnet  war,  ist  bei  den  vielen  Homonymen  der  griechisch« 
Litteratar  doch  selbstverständlich.  Wenn  also  das  γένος  den  Kern  d 
Ιστορία  bildete,  so  wird  wohl  der  Ursprung  in  dem  σ(λλυβος  zu  s 
chen  sein. 


Zur  Qoellenkuode  von  Platons  Leben.  93 

Kiobrieliteni  welche  bei  Laertins  (V  10.  11)  ans  ApoUodor  ans 
erlulten  eind,  stimmen  mit  Dionysioe  ep.  I  ad  Amm.  o.  5  p.  727  f. 
nieht  nur  im  Inhalt  sondern  anoh  in  der  Form  der  Darstellung 
wunderbar  überein  ^  ApoUodor  aber  verdankte  seine  Kenntnisse, 
wie  schon  bemerkt,  hauptsächlioh  den  Πίνακες,  daher  es  denn 
erklärlich  ist,  dass  Dionysins  fttr  die  Redner,  wo  er  eine  \(Ττορία 
nicht  fand,  auch  bei  Kallimachos  nnd  den  pergamenisohen  Oram- 
Btiikem  nach  genaueren  Angaben  vergebens  sacht  (De  Dinarchi 
ind.  eis.  630). 

Wenn  sich  nun  schon  bei  Dionysius  das  Bedürfhiss  einer 
Sigaaznng  des  biographischen  Materials  geltend  machte,  so  mnss- 
ton  die  Lücken  noch  fühlbarer  werden,  als  der  Kanon  der  10 
Bedner  anfgestellt  wurde.  Ob  Caecilins  von  Kaiakte  der  Urheber 
defl  Kanons  gewesen  ist,  mag  noch  zweifelhaft  sein  (Susemihl, 
Alex.  litt.  II  484 f.  694 f.);  dass  er  in  seiner  Schrift  Hcpl  χα- 
ρακτήρος  τών  οέκα  Ρητόρων  (Suid.)  auch  Lebensabrisse  der 
Sedner  auf  Grund  eines  reichen  Materials  gab,  lässt  sich  aus  den 
ttUreichen  Anführungen  (FEG.  HI  330  f.)  erweisen.  B.  Weise 
(Quaeationee  Caecilianae  Berol.  1888  S.  21  ff.)  hat  mit  einem  hohen 
Qrad  von  Wahrscheinlichkeit  dargelegt,  dass  Gaecilius  ein  jünge- 
nr  Zeitgenosse  des  Dionysins  war  und  durch  die  Schriften  seines 
Uteren  Freundes  beeinflusst  wurde.  Aber  reicheren  Ertrag  liefer- 
ten ihm  für  den  biographischen  Theil  seiner  Schrift  die  ausführ- 
lichen, auch  schon  von  Dionysius  benutzten  (De  Isaei  iud.  S.  588) 
Lebensbeschreibungen  des  Hermippos  (Keil,  Anal.  Isocr.  S.  93). 
IKe  biographischen  Abrisse  des  Gaecilius  haben  aber  auch  auf  die 
T^  befruchtend  eingewirkt  Als  der  Kanon  allgemeine  Aner- 
kennuDg  gefunden  hatte  und  eine  Ausgabe  der  10  aueerwählten 
Hedner  veranstaltet  wurde,  sind  die  vorangeschickten  γένη  durch 
Sxoerpte  aus  des  Gaecilius  Schrift  zum  Theil  bereichert,  zum 
Theil  sogar  neu  gebildet  worden.  In  dieser  Oestalt  wurden  die 
Lebensabrisse  zu  der  uns  überlieferten  Sammlung,  die  ursprüog- 
Uch  jedenfalls  anonym  erschien  ^  vereinigt.     Daneben  wurden  sie 

^  Diele  (Bh.  Mus.  31,  46)  dachte  an  eine  Vermittelung  des  De- 
loetrios  von  Magnesia.  Aber  zu  Demetrioe  griff  Dionysioe  .  nach  De 
I^inarchi  iud.  c.  1  S.  631  erst  dann,  wenn  seine  gewöhnliche  Quelle  ver- 
wiegte. Hier  bilden  die  ep.  I  ad  Amm.  c.  3  S.  724  ausdrücklich  als 
tnelle  bezeiehneten  κοιναί  iaropiai  die  Vermittelung. 

^  Die  Zuweisung  an  Plutarch  stammt  von  den  Grammatikern, 
4  für  ihre  Rubriken  einen  Namen  brauchten.  Da  die  Yitae  im  Lam- 
priaskttalog  (M.  Treu,  Der  sog.  Lampriaskatalog  der  Plutarchschriften 


B4  Busse 

natürlich  anch  einzeln  in  den  Ausgaben  fortgepflanzt  und  dnroh 
weitere  Zusätze  vermehrt.  Dies  letzte  Eotwioklungsetadium  lernen 
wir  aus  Photioe  kennen,  der  sie  aber  nicht  in  einer  neuen  Samm- 
lung gelesen  hat,  wie  Ballheimer  (De  Pboti  vitis  X  or.  Bonnae 
1877  S.  18)  meint,  sondern  einzeln  vor  den  ihm  vorliegenden 
Ausgaben  fand^ 

Wenn  wir  also  in  den  Vitae  eine  Angabe  finden,  die  Dio- 
nysius  nicht  hat,  dagegen  Photioe  bietet,  so  dürfen  wir  ohne  Be- 
denken annehmen,  dass  sie  aus  Caeoilius  geschöpft  ist  und  auf 
Hermippos  zurückgeht.  Dass  Dionysius  die  Parallele  zwischen 
Piaton  und  Isokrates  nicht  angibt,  ist  früher  bemerkt  worden, 
Photioe  dagegen  kennt  denselben  Altersunterschied  wie  Pseudo- 
Plutarch;  denn  er  berichtet  von  Isokrates  (ind.  260  p.  486^  11): 
T^TOV€  bk  κατά  τήν  π'  καΐ  ς'  ολυμπιάδα,  ν€ώτ€ρ<>ς  μέν  Λυσίου 
έπΙ  5υσ1ν  ίτεσιν  καΐ  κ',  Πλάτωνος  5έ  πρ€σβότ€ρος  ι'  bcovrum 
τριών.  Somit  setzte  Hermippos  die  Geburt  des  Isokrates  7  Jahre 
früher  an  als  Platons  Geburt,  d.  h.  er  verlegte  Piatons  Geburl 
in  das  Archontat  des  Epameinon  Ol.  87,  4  (429/8).  Wenn  wii 
nun  diese  Parallele  mit  der  gleichen  Altersdifferenz  auch  bei 
Laertius  finden,  so  sind  wir  wohl  berechtigt,  hier  dieselbe  Qnelli 
in  Anspruch  zu  nehmen  und  diesen  Ansatz  auf  Hermippos  zurück• 
zufuhren.  Fügen  wir  dann  noch  hinzu,  dass  Hermippos  die  chro 
nologischen  Angaben  höchst  wahrscheinlich  den  pinakographisehei 
Aufzeichnungen  seines  Lehrers  Kallimachos  verdankte,  so  sine 
wir  endlich  bei  der  ersten  Quelle  dieses  Ansatzes  angelangt  unc 
können  als  Ergebniss  der  Erörterung  hinstellen,  dass  alle  nni 
erhaltenen  Zeitbestimmungen  Platons  auf  zwei  Ansätze  zurück 
gehen ;  von  diesen  stammte  der  eine  von  Philochoros,  der  ander« 
von  Kallimachos.  Beide  stimmten  im  Todesjahr,  dem  Archonta 
des  Theophilos  OL  108,  1  (348/7)  überein,  dagegen  wurde  all 
Geburtsjahr  von  Philochoros  das  Archontat  des  Diotimos  Ol.  88,  1 


S.  54)   aufgezählt  werden,    so  muss  die  Autorenfölechang   schon  im  4 
Jahrhundert  erfolgt  sein. 

1  Wenn  Schaefer  (Ztechr.  f.  d.  Alterthumsw.  VI  247)  von  Pho 
tios  erklärt,  'Lykargos  Reden  hat  er  sich  nicht  verschaffen  können 
doch  berichtet  er  über  ihn  nach  den  Biographien',  so  hait«r  die  Wort 
c.  268  (p.  497i>  38)  Λυκούργου  .  . .  οΰπω  παρίσχ€ν  ήμίν  ό'χρόνος  dva 
γνϋιναι,  φέρ€σθαι  δ'  αύτοΟ  έΕ  Ιστορίας  te'  μεμαθήκαμεν  falsch  gedeatel 
Photios  hat  nur  die  Reden  noch  nicht  gelesen,  er  berichtet  dahe 
aus  der  vorangeschiekten  Vita. 


Zar  QueUenkande  von  Platons  Leben.  85 

(328/7),  von  Kallimachoe  das  Arohontat  des  £pameinon  Ol.  87,  4 
(329/8)  aDgenommen.  Apollodor  billigte  den  Ansatz  des  Philo• 
obros,  dem  auch  wir  den  Vorzug  geben. 

Daea  die  beiden  Ansätze  im  Sammelwerke  des  Laertins  in 
einer  Weiee  vereinigt  sind,  als  ob  ein  Unterschied  überhaupt  nicht 
▼orhanden  wäre,  ist  bei  der  eigenthümlichen  Komposition  des 
Werkes  nicht  auffällig.  In  diesem  Falle  dürfen  wir  nicht  einmal 
Laertius  selbst  für  die  oberflächliche  Vereinigung  verantwortlich 
mftchen,  denn  es  lässt  sich  nachweisen,  dass  beide  Ansätze  schon 
ein  fester  Bestand  der  Unterlage  gewesen  sind,  dass  sogar  die 
Tentftmmelung  des  Namens  Epameinon  und  die  Verschreibung  der 
Zahl  επτά  schon  in  der  Unterlage  sich  gefunden  hat.  Das  lehrt 
UM  eine  Vergleichung  unserer  Stelle  mit  der  anonymen  Vita  Pla- 
tou  ans  der  nenplatonischen  Schule,  worüber  zum  Schluss  mir 
noch  einige  Bemerkungen  gestattet  sein  mögen. 

Das  Verhältniss  der  beiden  neuplatonischen  Lebensbeschrei- 
iinngen  Piatons,  von  denen  die  eine  Olympiodors  Kommentar  zum 
Alcibiades,  die  andere  die  anonymen  prolegomena  einleitet  ^  so- 
wohl zu  einander  wie  zu  Laertius  ist  fast  zu  gleicher  Zeit  von 
Frendenthal  (Hell.  Stud.  III  304  f.,  Hermes  XVI  209)  und  von 
Kasse  (Biogr.  Graeci  S.  67  ff.)  zum  Gegenstand  einer  Erörterung 
gemacht  worden.  Beide  stellen  sie  gleichberechtigt  neben  ein- 
uider  und  erklären  ihre  Uebereinstimmung  mit  Laertius  durch 
^e  Abhängigkeit  von  einer  gemeinsamen  Quelle.  Maass  behauptet 
nüt  emer  sehr  gewagten  Schlussfolgerung  Nego  alteram  ex  altera 
inanasse,  quia  utraque  exhibet  non  nulla,  quibus  caret  altera  und 
leitet  beide  in  paralleler  Weise  von  Porphyrios  her,  der  seine 
Naehrichten  angeblich  dem  Favorinus  verdankte;  Freudenthal 
glaubte  sie  doch  näher  an  einander  rücken  zu  müssen,  begnügte 
noh  aber  mit  der  allgemeinen  Erklärung,  dass  beide  verschiedene 
Bearbeitungen  olympiodorischer  Vorträge  seien,  die  zu  verschie- 
denen Zeiten  gehalten  wurden  und  daher  in  Einzelheiten  von  ein- 
^der  abwichen;  Olympiodor  aber  habe  seine  Angaben  aus  der• 
^Iben  Quelle  wie  J^aertius  geschöpft.  Wenn  mit  der  letzten  Er- 
Uirnng  nicht  eine  unmittelbare  Benutzung  derselben  Quellenschrift 
gemeint  ist,  sondern  nur  die  Abhängigkeit  von  einer  oder  meh- 
ren Lebensbeschreibungen,  deren  Nachrichten  auf  verschiedenen 


^  Westermann,  Biogr.  gr.  m.  p.  382 ff.  und  Appendix. zu  Laert. 
^g.  p.  1  ff,  doch  ist  hier  in  der  olympiodorischen  Vita  die  Einleitung 
fortgeUasen.    Ich  oitire  nach  Plat.  Dial.  ed.  Hermann  VI  190  ff. 


8ß  Busse 

Wegen  und  in  venchiedenen  Stadien  dem  Laertine  und  Olympiodor 
zugeflossen  sind,  so  können  wir  sie  mit  der  Einschilbikung  auf  den 
unter  Olympiodors  Namen  überlieferten  Lebeneabries  gelten  lassen• 
Zur  Erkenntniss  dieses  Yerhältnisese  hat  Wilamowitz  ep.  ad  Haaas. 
p.  153  den  richtigen  Weg  gewiesen.  Olympiodor  steht  am  Ende 
einer  TTeberlieferung,  die  viele  Generationen  hinduroh  vom  Lehrer 
zum  Schiller  sich  fortpflanzte  und  wahrscheinlich  in  verschiedenen 
Stadien  mannigfache  Einwirkung  von  denAtaboxaf  erfohren  hat 
Ein  genauer  Nachweis,  ob  von  allen  Diadochenschriftstellem 
gerade  Nikias  die  γένη  in  hervorragendem  Masse  beeinflusst  hat, 
Iftsst  sich  auf  Gbnnd  der  in  der  olympiodorischen  Vita  vorliegen- 
den Trümmer  nicht  mehr  führen.  Denn  Olympiodor  verhIÜt  sich 
gegen  die  geschichtlichen  Thatsachen  leider  allzu  gleichgültig,  hat 
er  doch  nicht  einmal  die  Zeitbestimmung  und  den  Geburtsort 
Platons  überliefert,  wohingegen  er  in  der  Einleitung  den  4  εν- 
θουσιασμοί und  am  Ende  den  Erlebnissen  Platons  auf  den  sioi- 
lischen  Beisen  eine  unverhältnissmässig  breite  Darstellung  widmet. 
In  diesen  Ausführungen  waltet  offenbar  der  Geist  Olympiodors^, 
und  wenn  auch  die  Vita  in  der  vorliegenden  Form  nicht  von 
Olympiodor  selbst  niedergeschrieben,  sondern  von  einem  Schüler 
nach  seinen  Vorlesungen  aufgezeichnet  ist,  was  von  allen  plato- 
nischen Kommentaren  Olympiodors  erwiesen*  zu  sein  scheint,  so 
gibt  es  doch  keine  Stelle,  die  die  bearbeitende  Hand  des  Schülers 
erkennen  liesse.  Vergleichen  wir  hiermit  die  anonyme  Vita, 
so  ist  leicht  zu  bemerken,  dass  sie  in  der  Form  der  Darstellung 
dürftiger,  in  Bezug  auf  den  Inhalt  aber  reichhaltiger  ist.  Gegen- 
über der  korrekten  und  fliessenden  Ausdrucksweise  Olympiodors 
treten  hier  grammatische  und  stylistisohe  Mängel  deutlich  hervor. 
In  der  Anwendung  der  Partikeln  herrscht  schon  Unsicherheit 
und  Verwirrung®,  in  den  Wiederholungen  desselben  Ausdrucks^ 
drückt  sich  unverkennbar  Dürftigkeit  des  Sprachschatzes  und  Un- 
geschicklichkeit im  Sprachgebrauch  aus.  Besonders  instmotiv 
sind  die  beiden  Einleitungen,  deren  Verhältniss  Haass  (S.  70)  zu 
einer  falschen  Schlussfolgerung  verwerthet  hat. 


1  Vgl.  Olympiodors  Kommentar  zu  Platons  Oorgiae  S.  392  (Jahn). 

^  Skowronski,  De  auctoris  Heerenii  et  Olympiodori  Alexandrini 
soholis  (Vratislaviae  1884)  S.  39  f. 

Β  έν  tritt  schon  mehrfach  für  εΙς  ein,  έκεΐσε  immer  für  ^kcI. 
Beides  findet  sich  nicht  bei  Olympiodor. 

*  0.111  und  rV  (p.  198  f.)  bieten  hierfür  dem  ersten  Blicke  eine 
Fülle  von  Beispielen.  • 


Zur  Quellenkttiide  von  Piatone  Leben. 


87 


Olympiodorue  p.  190 
Ό  μίν  'Αριστοτέλης  άρχο- 
μ€νος  τής  έαυτοΟ    θ€θλοτ(ας 
φηθ(ν'  πάντ€ς  fivOpumoi  clb^- 
vu  ορέγονται  φύσει,  σημεΐον 
bi  ή  τών   αΙσΟήσ€ων  άγάττη- 
σις'  έγώ  bk  τής  τοΟ  Πλάτωνος 
φιλοσοφίας   αρχόμενος  φα(ην 
fiv  το&το  μειΣόνιυς,  δτι  πάντες 
dvepumoi  τής  Πλάτωνος  φι- 
λοσοφίας  ορέγονται    χρηστόν 
παρ*   αότής   Απαντες   άρύσα- 
σβαι  βουλόμενοι   καΐ  κάτοχοι 
τοις  ταύτης  νάμασιν  είναι  σπου- 
6άΖοντες  καΐ  τών  Πλατωνικών 
ενθουσιασμών  πλήρεις  έαιιτούς 
καταστήσαντες. 


Anonymae  ρ.  196 
*0  μέν  οαιμόνιος  *  Αριστοτέ- 
λης τής  θεολογικής  αύτου  φι- 
λοσοφίας αρχόμενος  πάντας 
ανθρώπους  ίφη  του  εΐ^έναι 
έφίεσθαι,  καΐ  τούτου  πίστιν 
τήν  τών  αΙσθήσεων  ίλεγεν  άγά- 
πησιν  5ιά  τούτο  γαρ  τάς  αίσθή- 
σεις  άγαπώμεν,  ϊνα  γινώσκω- 
μέν  TU  φαίην  b'  δν  έγώ  τήν 
Πλάτωνος  τοΟτο  πεπονθέναΓ 
πάντας  γάρ  ανθρώπους  έστιν 
Ι6εϊν  ώσπερ  ίκ  τίνος  πηγής 
άρύσασθαι  βουλομένους  έκ  ταύ- 
της, δσον  έκαστος  χρήσιμον 
οίηθή.  πάντας  5έ  λέγω  τους 
γε  κατά  φύσιν  έχοντας  και  μή 
άτεράμονας  όντας  καΐ  6ίκην 
νυκτερινών  μή  δυναμένους  άντ- 
ωπεΐν  ήλιακψ  φωτί,  οι  μόνα 
τά  αΙσθητά  οΐόμενοι  είναι  τών 
νοητών  οόοεμίαν  τίθενται  φρον- 
τίδα. 

Wer  diese  beiden  Darstellnngen  ohne  vorgefaeste  Meinung 
betrachtet,  mnss  anf  der  linken  Seite  den  originalen  Entwurf, 
auf  der  rechten  alle  Merkmale  einer  Kopie  erkennen.  Wir  sehen 
hier  das  aus  Plat.  Tim.  75  Ε  entnommene  Bild  der  platonischen 
Lehre  als  eines  Junghronnens  philosophischer  Begeisterung  in 
unverständiger  Weise  yerstttmmelt,  die  ganze  Darstellung  in  die 
Breite  gezogen  und  durch  alheme  Zusätze,  worin  auch  die  unver- 
meidlichen νυκτερί^ες  nicht  fehlen,  verflacht.  Zur  Erklärung 
dieeer  mutatio  in  peius  ist  die  Annahme  eines  ungeschickten  und 
unbeholfenen  Bearbeiters  der  Vita  nicht  zu  umgehen.  Und  diese 
Annahme  wird  auch  durch  eine  Vergleiohung  des  in  beiden  Yiten 
enthaltenen  Stoffes  empfohlen.  Wir  beobachten,  dass  in  der  olym- 
piodorischen  Vita  sich  keine  Nachricht  findet,  die  nicht  zugleich, 
wenn  such  in  verkürzter  und  verstümmelter  Wiedergabe,  auch  in 
der  anonymen  Vita  enthalten  wäre^,    dagegen    bietet   diese  eine 


^  Wenn  Maaes   p.  70  sagt:    Quae  enim  de  itineribus  Platonis  et 
Mpnlcro  in  fine  Olympiodorue  exhibet,  desunt  in  Anonymo,  so  ist  das 


88  Βαββθ 

Reihe  wichtiger  und  auf  ältere  Quellen  sarüokgehender  Angaben, 
die  bei  Olympiodor  fehlen.  Dahin  gehört  der  Bericht  über  Ge* 
bnrtezeit,  Geburtsort  und  Lebensalter,  die  Nachricht,  daee  Piaton 
von  vegetarischer  Kost  gelebt,  dass  er  zwei  gymniache  Siege 
gewonnen,  dass  er  im  Alter  von  20  Jahren  zu  Sokratee  kam  und 
10  Jahre  mit  ihm  verkehrte,  die  Angaben  über  das  Verhalten 
Platons  beim  Prozesse,  den  Ausspruch  des  Sokratee  bei  der  Lek* 
ture  des  Lysis,  den  Verkehr  mit  Hermogenes,  wie  für  Hermippoe 
zu  lesen  ist,  die  Schülerinnen  Piatos,  endlich  die  Epigramme  auf 
dem  Grabmal  des  Misanthropen  Timon  und  die  ausführliche  Dar- 
stellung der  €ύρήματα  Platons. 

Diese  Zusätze  also  weisen  zum  Theil  eine  so  auffällige 
üebereinstimmung  mit  Laertius  auf,  dass  die  Annahme  eines  ge* 
meinsamen,  weit  zurückliegenden  Ursprungs  nicht  mehr  ausreicht. 
Hören  wir  nur  die  chronologischen  Angaben:  έγβννήθη  γαρ  τή 
έβδομη  του  θαργηλιώνος  μηνός,    έν  i^  έορτήν   έπιτελοΟσιν   ο\ 

Δήλιοι  του  'Απόλλωνος γέγονε   τοίνυν  έν   χρόνψ  μέν 

τή  πη'  όλυμτηάοι  έπι  δρχοντος  Άμεινίου  ΤΤ€ρικλέους  ίτι  Ζών- 
τος και  τών  Π€λοποννησιοκών  πολέμων  ίτι  συγκροτουμένων  *t 
νεώτερος  ών  Ισοκράτους  H  έτεσιν.  Wie  bei  Laertius  fehlt 
auch  hier  das  Jahr  der  88.  Olympiade,  es  erscheint  der  Arohon 
Ameinias  wieder  und  Plato  wird  auch  hier  6  Jahre  jünger  als 
Isokrates  genannt.  Vor  allem  aber  sehen  wir,  wie  die  beiden 
sich  widersprechenden  Zeitbestimmungen  auch  hier  wieder  harm- 
los zusammengestellt  werden.  Aus  der  einen  ist  der  Tag  und 
die  Olympiade  der  Geburt,   und  zwar    ohne  Angabe  des  Jahres, 


ein  Irrthum.  Allerdings  wird  Olympiodors  ausführliche  Darstellung  der 
sicilisohen  Reisen  mit  den  kurzen  Worten  wiedergegeben:  είτα  εκείθεν 
Ιπ\  Σικελίαν  άψίκετο  τους  έν  ΑΤτντι  κρατήρας  ίστορήσαι  βουλόμενος, 
δτε  καΐ  τήν  προς  Διονύσιον  ίντευίιν  έποιήσατο  (ρ.  199),  aber  die  übrigen 
Reisen  zu  den  Pythagoreem,  nach  Aegypten,  nach  Phdnizien  werden 
in  gleicher  Weise  erwähnt,  und  die  von  Olympiodor  überlieferte  Orab- 
inschrift  findet  sich  auch  beim  Anonymus,  aber  in  Form  eines  Orakels 
(p.  202). 

^  Die  von  Laertius  abweichende  Wendung,  dass  Piaton  noch  zu 
Lebzeiten  des  Perikles  geboren  sei  (statt  im  Todesjahre  desselben),  ist 
natürlich  auf  Rechnung  des  Anonymus  zu  setzen  und  macht  doch  wohl 
kaum  die  Verwirrung  grösser,  wie  Zeller  11^  338  Anm.  meint.  Dagegen 
hft  der  Hinweis  auf  den  peloponnesischen  Krieg  wahrscheinlich  schon 
in  der  Vorlage  gestanden,  wie  aas  Hesychius  (ματά  τά  προο(μια  τοΟ 
ΤΤελοποννησιακοΟ  πολέμου)  zu  ersehen  ist. 


Zur  Quellenkunde  von  Piaions  Leben.  89 

an•  der  andern  der  Arehon    und  die  Parallele  mit  leokratee    an- 
gefahrt    Wer  hier  an   eine   geradlinige  Abhängigkeit  zweifelt, 
der  mnse  an  Wunder  glauben.   Es  kann  eich  allein  um  die  Frage 
handeln,  ob  diese  Angaben  aus  der  Gompilation  des  Laertiue  oder 
ans  seiner  Vorlage  geflossen  sind.     Da   bemerken  wir  denn  zu- 
niehst,  dass  in  diesem  Berichte  die  laertianischen    Znsätze  über 
den  Tod  Piatons  und  die  Zeitangabe    des  Neanthes   fehlen.     Ge- 
wiss, der  £pitomator  kann  diese  Notizen  als   nebensächlich  weg- 
gelassen haben.    Aber  es  ist  doch  auffällig,  dass  uns  bei  der  An- 
gabe des  Geburtsortes  dieselbe  Erscheinung  entgegentritt :  genaue 
Uebereinstimmung  der  Vita  mit  Laertius,    aber  Weglaseung    der 
▼om  Compilator  eingefügten  Bemerkung.     Bei  Laertiue  heisst  die 
Stelle,   wenn  wir   den  von  ihm  eingeschwärzten  Zusatz  (Wilam. 
ap.  ad  Maass.  S.  149)  einklammem:    και  έγεννήθη    κατά   τινας 
έν  Alrivq  (έν  τή  Φεώιάδου  οικίφ  του  θάλητος,  ώς  φησι  Φαβω- 
ρΐνος  έν  TTctvTobatr^  Ιστορίφ)  του  πατρός  αύτου  μετά  και  δλ- 
λιυν  πεμφθέντος  κληρουχου.     In    der  Vita   lesen  wir   nur:    iv 
τόπψ  hk  γίγονεν    έν   τή  ΑΙγίνη  του  πατρός  αύτου  Άρίσταινος 
KCET*  εκείνο  καιρού  κληρουχου  πεμψθέντος  έν  τή  ΑΙγίνΐ).    Dazu 
kommen    noch  andere  Beobachtungen.      Dass    Apuleius*    biogra- 
phische Hittheilnngen  (De  Plat.  et  eius  dogm.  p.  64  Goldb.)  in 
engster  Beziehung  zur  laertianischen  Vorlage  stehen^,  ist  längst 
erkannt  (Maass  a.a.O.  S.  59ff.).     Nun  weiss  Apuleins  von  zwei 
gymnischen  Siegen  Piatons»  ebenso  wie  Porphyrios  (Cyrill.  contra 
Inl.  VI  208) I  ebenso   wie    der   Anonymus*.      Laertius    dagegen 
schreibt  III  4:    είσι   V  οι  καΐ  παλαΐσαί  φασιν  'αυτόν  Ισθμοί, 
καθά  και  Δικαίαρχος  έν   πρώτψ  περί  βίων.      Wie  erklärt  sich 
diese  Abweichung?     Doch  wohl  durch  die  Annahme,    dass  auch 
in  der  Unterlage  des  Laertius   von    zwei  Siegen    berichtet    war, 
diese  Angabe  aber  durch  die  ans  Dikäarch  geschöpfte  Notiz  ver- 
dringt  worden  ist.     In  der  laertianischen  Darstellung  der  Reisen 


^  Die  enge  Verwandtschaft  zwischen  Apuleius  und  Laertius  schützt 
auch  Apnl.  p.  65,  14  Goldb.  die  Lesart  der  ed.  Vioentina  I  gegen  alle 
ipiteren  Heilversuche  in  den  Worten:  atqne  ad  Indos  et  Magos  inten- 
diMet  auimom,  nisi  tunc  eum  bella  vetuissent  asiatiea  (überliefert  ist 
aletiea).  Denn  bei  Laertiae  ΙΠ  7  heisst  es:  διέγνω  δή  ό  Πλάτων 
ed  τοΙς  Μφτοις  συμμΐ&ιι.   διά  δ^  τους   τής  'Ασίας  πολέμους  άπιστη. 

'  Kaeh  der  Yita  an  den  Olympien   und  Nemeen,    nach  Apuleins 
osd  Porphyrios   an  den  Isthmien  und  Pythien.      Die  Abweichangr    h^t 

8.  71  Anm.  78  schon  richtig  gedeutet. 


90  Βαββθ  Zar  Qaellenkande  von  Platone  Leben. 

PlatonSy  wie  in  den  davon  abhängigen  Berichten,  hemcht  eicher- 
lich  grosse  Verwirrung.  £ine  Handhabe  zur  Erklärung  derselben 
geben  uns  Apuleius  und  die  Yita  (c.  IV  199)  mit  der  Bemer- 
kung, dase  Flaton  deswegen  nach  Aegypten  gegangen  sei,  weil 
er  dort  die  Quelle  der  pythagoreischen  Weisheit  zu  finden  hoffte. 
Sobald  diese  Motivirung  sich  eingeschlichen  hatte»  musste  natür- 
lich die  von  Cicero  (De  rep.  I  10  De  flu.  V  29,  87)  und  Au- 
gustin (CiY.  D.  VIII  4)  überlieferte  richtige  Reihenfolge  der 
Beisen  umgestürzt  werden.  Wir  dürfen  annehmen,  dass  auch  in 
der  Vorlage  des  Laertius  diese  Motivirung  enthalten  war  und  von 
dort  aus  bei  Apuleius  und  in  die  Vita  Eingang  gefunden  hat. 

Nur  ein  Punkt  könnte  zu  Bedenken  Anlass  geben.  Bei 
L.  D.  III  6  ist  die  Angabe,  dass  Piaton  den  Herakliteer  Kra- 
tylos  und  den  Parmenideer  Hermogenes  hörte,  von  üsener  (Epi- 
curea  XXIV)  als  ein  späterer  Zusatz  erkannt  und  herausgerückt 
worden.  Sicherlich  mit  Recht.  Aber  Usener  ist  gewiss  Weit 
entfernt  behaupten  zu  wollen,  dass  dieser  Zusatz  erst  von  der 
Hand  des  Laertius  herrühren  muss.  Es  ist  ja  auch  schon  vor 
Laertius  eine  Reihe  von  Bemerkungen,  welche  das  GefÜge  der 
Darstellung  sprengten,  in  die  Vorlage  eingeschwärzt  worden 
(Usener,  Die  Unterlage  des  L.  D.  S.  1084).  Deshalb  kann  sehr 
wohl  die  übereinstimmende  Nachricht  in  der  Vita  c.  IV  p.  199 
ans  den  Diadochen  stammen,  wie  denn  auch  die  sicher  zwieohen 
Nikias  und  Laertius  eingedrungene  Bemerkung  des  Justus  von 
Tiberias  (II  41)  sich  in  der  Vita  wiederfindet^. 

Die  Nachrichten,  welche  sonst  noch  aus  derselben  Quelle 
geflossen  zu  sein  scheinen,  dass  Piaton  im  Alter  von  20  Jahren 
zu  Sokrates  kam  und  10  Jahre  (abgerundet  aus  8)  mit  ihm  ver- 
kehrte, dass  Sokrates  über  den  Dialog  Lysis  sich  abfällig  äusserte, 
wobei  der  Neuplatoniker  den  Ausspruch  absichtlich  abschwächt, 
dass  Piaton  auch  Schülerinnen,  deren  Namen  freilich  in  der  Vita 
corrumpirt  sind,  zu  seinen  Füssen  gesehen,  standen  alle  schon  in 
der  Vorlage  des  Laertius.  Die  Abweichungen  in  Einzelheiten 
erklären  sich  dadurch,  dass  diese  Notizen  nicht  etwa  unmittelbar 
aus  der  Quelle  geschöpft  sind,  sondern  wahrscheinlich  erst  eine 
ganze  Reihe  von  Mittelgliedern  durchlaufen  mussten,  ehe  sie  dem 
an  der  Schwelle  des  byzantinischen  Zeitalters  stehenden  Neupla- 
toniker zuflössen. 

Berlin.  Adolf  Busse. 


^  Ebenso  in  Olympiodors  Kommentar   zu  Gorgias   S.  892  (Jahn), 
wo  die  Darstellung  mit  Laertius  noch  genauer  übereinstimmt. 


91 


Ζπ  den  MeUnippen  des  Enripides. 


Seitdem  Härtung  und  Welcker  die  Tragödien  des  EnripideB 
in  sneammenfaseender  Weise  behandelt  baben,  ist  unsere  Eennt- 
niM  dieses  Diobters  durcb  glückliebe  Handscbriftenfunde  und 
reiebbaltige  Einzelarbeiten  so  erweitert  worden,  dass  sieb  an  der 
H«nd  dieser  Hülfsmittel  vielfacb  neue  Beziebungen  zwiscben  ein- 
zelnen Fragmenten  herstellen  und  damit  neue  Anhaltspunkte  für 
den  Gkng  des  Stückes,  dem  sie  angehören,  gewinnen  lassen.  Ein 
Versucb  dieser  Art  sei  hier  an  den  Melanippen  unseres  Dichters 
gemacht;  da  jedoch  nicht  beabsichtigt  werden  kann,  alles  Be- 
kannte zu  wiederholen,  sondern  auf  dasselbe  nur  dann  zurüok- 
gegrüTen  wird,  wenn  es  zum  Aufbau  des  Neuen  notbwendig  ist, 
so  wird  sich  für  die  Form  des  Versuches  eine  gewisse  Sprung- 
haftigkeit  und  scheinbare  ünvollst&ndigkeit  ergeben,  die  aber  in 
der  Natur  dieser  Art  von  Untersuchungen  begründet  ist. 

Das  Marmor  Albanam   (CIO  6047),    das   den  Katalog    der 
euripideischen  Stücke  enthält,    bietet  uns  an  der  Stelle,    wo  wir 
die  Melanippe  erwarten,    statt   des  weiblichen  Eigennamens  den 
entsprechenden  männlichen,  den  Melanippos.     Allgemein  hat  man 
diese  Lesung  als   leichtes  Versehen    betrachtet   und  Μελανίπιτη 
daftr  eingesetzt,  eine  Verbesserung,  die  gewiss  die  nächstliegende 
ist,  besonders   da  der  Stein  mehrere  derartige  Fehler  des  Stein- 
metzen aufzuweisen  hat.     Aber  in  der  ersten  Spalte  unseres  Ea- 
ttlogs  ist  neben  dem  Alkmeon  die  ähnlich  lautende  Alkmene  weg- 
gefallen,  und    dieser  umstand    muss    uns  stutzig  machen:    denn 
ebenso   gut   könnte   die    Folge  Μ€λάνιππθ€  —  ΜΕλανίτπτη   zur 
Weglassung  des  letzteren  Titels  geführt    haben.     Dass    uns    ein 
McXaviinroc  des  Enripides  weiter   nicht  bezeugt  ist  —  erwähnt 
vird  der  Name  nur   einmal    (Nauck*  frgm.  537)   als    der    eines 
Hebenhelden    in  der  Sage  des  Meleager    —   darf  nicht   beirren. 


92  Wünsch 

denn  gleiohfalle  nur  ans  dem  Marmor  Albanum  kennen  wir  den 
''Eneioc  unseres  Dichters.  Zu  erinnern  ist  jedenfalls  an  den  Me• 
lanippus  des  Aeoius,  dessen  Handlung  von  0.  Bibbeck  wieder 
hergestellt  ist  (Quaest.  scaen.  344,  Rom.  Trag.  521);  denn  wie 
Accius  des  öfteren  —  nach  Ribbeok  sechsmal  —  nach  enripi- 
deiscbem  Vorbild  gearbeitet  hat,  so  wäre  auch  hier  vielleicht 
Benutzung  eines  Stückes  des  Euripides  anzusetzen.  Dabei  ist  zu 
bemerken,  dass,  während  die  meisten  Citate  aus  dem  Stücke  des 
Accius  als  aus  dem  Melanippus  vorgebracht  werden  und  nur 
einmal  sohlechtere  Handschriften  eine  Verwechselung  mit  der 
Melanippe  eintreten  lassen,  zweimal  sämmtliche  Handschriften 
Melanippa  bieten  (frgm.  IV  und  VI),  und  zwar  Hesse  sich  frgm. 
VI:  ^reicis  abs  te  religionem  ganz  gut  als  Anrede  an  die  Phi- 
losophin Melanippe  denken.  Jedenfalls  aber  haben  wir,  wenn 
auch  diese  Erwägungen  zu  keinem  positiven  Resultat  führen,  wie 
ich  glaube,  kein  Recht,  dem  Euripides  einseitig  die  Melanippen, 
und  andererseits  dem  Accius  nur  einen  Melanippus  zuzuschreiben» 
sondern,  so  lange  unsere  Kenntnisse  auf  dem  Gebiet  der  Tragö- 
die so  lückenhaft  sind  wie  jetzt,  müssen  wir  es  im  Ungewissen 
lassen,  ob  nicht  Euripides  auch  einen  Μελάνιτπτοο  und  Acciae 
auch  eine  Melanippa  geschrieben  hat. 

Wie  wir  wissen,  hat  Euripides  die  Sage  von  der  Melanippe 
zweimal  zum  Stoffe  eines  Dramas  gewählt ;  beide  Tragödien  unter- 
schied man  später  durch  den  Zusatztitel  οοφή  und  οεομώτιο.  Das 
der  Handlung  —  und  jedenfalls  auch  der  Abfassungszeit  —  nach 
früher  fallende  Stück  ist  die.  οοφή.  Ueber  den  Inhalt  dieser 
weisen  Melanippe  sind  wir  gut  unterrichtet  durch  Gregor  von 
Eorinth  und  Dionys  von  Halicamass.  Aiolos,  der  Sohn  des 
Hellen  und  Enkel  des  Zeus,  erzeugt  mit  Hippe,  der  Tochter  dee 
Centauren  Chiron  die  Melanippe,  die  Heldin  unseres  Stückes,  die 
bei  Beginn  desselben  bereits  von  Poseidon  Mutter  zweier  Söhne 
ist.  Ihr  Vater  Aiolos  hat  eines  Mordes  wegen  ausser  Landes 
gehen  müssen,  jetzt  ist  er  entsühnt  und  wird  zurückerwartet.  Aus 
Furcht  vor  ihm  setzt  Melanippe  ihre  Knäblein  auf  der  Rinder- 
weide aus;  Aiolos  kehrt  zurück,  aber  bald  nach  ihm  tritt  ein 
Hirt  mit  den  beiden  Kindern  auf,  die  er  gefunden  hat,  als  eine 
Eub  sie  säugte  und  ein  Stier  sie  bewachte.  Der  abergläubisohe 
Hirte  glaubt  nun,  die  Kinder  seien  von  der  Kuh  geworfen  and 
hält  sie  deshalb  für  τέρατα.  Aiolos  lässt  sich  von  seinem  Vater 
Hellen,  der  als  alter  Mann  die  altvaterischen  Religions-  und 
Aberglaubensanschauungen  des  hellenischen  Volkes  vertritt,  über- 


Zu  den  Melanippen  dee  £uripidee.  dS 

reden,  die  Kinder  dem  Ritus  gemäss  zn  verbrennen.     Melanippe 
erhllt  liiena  den  Auftrag.      Sie  sohmückt    die  Kinder    mit    dem 
enbeesohmuck,    versucht   aber  durch  ihre  Redegabe  den  Feuer- 
tod von  ihnen  abzuwenden,  indem  sie,  die  von  ihrer  Mutter  die 
Weltweisheit  des  Kentauren  überkommen  hat,  Vater  und  Gross- 
viter  darftber  aufzuklären  sucht,  dass  es  keine  Wunder  gibt,  mit- 
hin auch  diese  Kinder  auf  natürlichem  Wege  zur  Welt  gekommen 
lind,  vielleicht  von  einer  verführten  Jungfrau,  die  sie  aus  Angst 
vor  ihrem  Yater  ausgesetzt  hat     Hier  brechen  unsere  Gewährs- 
mianer  ab;  es  wird  sich  unten  zeigen,  was  sich  noch  weiter  für 
den  Gang  des  Stückes  ermitteln  läset.      Jedenfalls    geht  das  na- 
mentlich aus  Dionys  hervor,    dass    der  Glanzpunkt    des  Stückes 
die  'Ρήαο  der  Melanippe  gegen  den  Wunderglauben  gewesen  ist 
und  dass  man  der  Ansicht  war,  Euripides  habe  unter  ihrer  Maske 
zum  Theil  seine  eigene  Weltanschauung  vorgetragen,  die  zu  der 
Rolle  der  Melanippe  wenig  passe:  so  tadelt  auch  Aristoteles  Poet. 
1454  a  80  τήν  Tf)c  Μελανίτπτηο  βήοιν  als  Beispiel  des  άπρεπέο 
καΐ  μή  άρμόττον,    eine  Stelle,   die    den  Nauck^schen  Citaten  auf 
Seite  510    der    neuen  Auflage    der  Tragikerfragmente  zuzufügen 
wäre. 

Textkritisch  ist  noch  eine  Stelle  der    oben  angeführten  In- 
haltsangabe   des  Dionys    von  Halioamass  (Rhet.  IX  11,    vol.  Υ 
ρ.  356)  zu  besprechen.    Es  heisst  dort:    ή  bi  Μελανίππη  έπαι- 
bcuOn  μέν  υπό  του  TToceibilivoc,   γίγονε   bi  ταύτιτ|  παώία  κτλ. 
Dass  έπαιΟ€υθη  hier  nicht  passt,  ist  länget  gefühlt  worden,  schon 
Valckenaer  hat  dafür  έπλήοθη  conicirt.     Aber  diese  Gonjectur  — 
welche  noch  jetzt  bei  Nauck  steht  —  trifft  den  erwarteten  Sinn  nur 
halb  und  weicht  auch  ziemlich  stark    von    den  Schriftzügen   des 
έιιαΑευθη  ab.     Nun    ziehe  man  zum  Vergleich    heran  Eratosth. 
Kataet  0.  18,  wo  es  von  der  Hippe,  der  Mutter  unserer  Heldin, 
heisst  ύιτ'  ΑΙόλου  bi  όπατηθεΐοαν  φθαρήναι  —  ich  glaube,   die 
Besserung  ήπατήΟη  far  έπαώβύθη  ist  evident^. 

Unsere  nächste  Aufgabe  würde  nun  sein,  die  erhaltenen 
Evipideefragmente  den  Inhaltsangaben  anzupassen,  um  zu  ersehen, 
Vis  sich  aus  dieser  Aneinanderfügung  für  den  Gang  des  Stückes 
»gibt.  Den  Prolog  sprach  nach  Gregor  von  Eorinth  (Rhet.  vol. 
VII  p.  1312  έν  οέ,τή  Μελανίτπτη  παρειοάγει  ταύτην  προοιμια- 


^  Diese  Gonjectur  hat  zuerst  mein  Freund  A.  Dietericb)  dem  ich 
^Ü^criuMpt  verschiedene  Einzelheiten  meiner  Bemerkungen  zu  danken 
Ivbe,  im  Jahre  1888  als  Doctorthese  vertheidigt. 


94  Wünsch 

Σομένην)  Melanippe  selbst.  Dass  Fragment  480  Zeuc  ÖCTic  ό 
Zeiic,  ού  γάρ  oTba  πλην  λόγψ  (κλύων),  welches,  wie  man  bisher 
annahm,  eine  ältere  Bedaotion  des  Anfanges  unseres  Prologs  sein 
sollte,  in  Wahrheit  eine  jüngere  Fiction  ist,  hat  Wilamowiti 
(£ar.  Her.  II  269)  bemerkt  nnd  den  Ursprung  der  Worte  Z€uc 
öcTic  ό  Zeuc  ans  Herakles  y.  1263  nachgewiesen.  Aber  aoch 
der  Eest  des  Verses  ist  nach  enripideischem  Vorbilde  gebaut; 
als  Muster  diente  Hippel,  y.  1004:  ουκ  oTba  (πραΕιν  τήνΟ€)  πλην 
λόγψ  κλύιυν.  —  Den  echten  Anfang  des  Prologs  hat  uns  Frag- 
ment 481  erhalten:  Zeuc,  ώο  λέλεκται  τήο  αληθείας δπο,  Έλλην' 
ίτικτεν.  Wir  entnehmen  hieraus,  dass  der  Prolog  nach  beliebter 
euripideischer  Manier  mit  einer  genealogischen  Exposition  begannt 
in  deren  Verlauf  wir  auch  Fragment  482  einzugliedern  haben: 
ή  πρώτα  μέν  τά  θεια  προυμαντεύοατο 
χρηομοΐοι  οαφέοιν  άοτέρων  έπ'  άντολαΐο. 
Melanippe  erzählte  hier  von  ihrer  Mutter  Hippe,  derToch* 
ter  des  Kentauren  Chiron,  deren  Geschichte  wir  aus  £ratosth. 
Katast.  c.  18  (bei  Nauck  frgm.  488)  kennen.  Wir  erfahren  hier 
mit  bestimmtem  Hinweis  auf  Euripides  folgendes:  Hippe — nach 
der  richtigen  Herstellung  Valckenaers  —  von  Aiolos  verfuhrt 
und  im  Begriffe  zu  gebären,  wird  auf  ihr  Gebet,  damit  ihr  Vater 
Chiron  sie  nicht  in  dieser  Lage  trifft,  in  ein  Pferd  verwandelt, 
und  dieses  Pferd  —  so  fährt  Hygin  poet.  astr.  II 18  fort  —  wird 
sodann  unter  die  Sterne  versetzt.  Von  dieser  ihrer  Mutter  hat 
Melanippe  den  aufklärenden  Unterricht  genossen,  dessen  Früchte 
sie  später  in  ihrer  grossen  βήοιο  zeigt,  und  zwar  hat  dieser  Un• 
terricht  stattgefunden,  als  Hippe  bereits  unter  die  Sterne  versetzt 
war:  eine  andere  Möglichkeit  ist  ausgeschlossen,  da  ihre  Ver• 
Wandlung  gleich  nach  der  Geburt  der  Melanippe  erfolgte  ('  post- 
quam  peperit,  in  equam  conversa  inter  astra  est  oonstituta  Hygin). 
So  versteht  sich  einerseits  das  acT^pUiV  έπ'  άντολαΐο  (frgm.  482) 
und  andererseits  brauchen  wir  nicht  mit  Welcker  (Griech.  Trag. 
II  844)  anzunehmen,  dass  die  Weisheit  der  Mutter  durch  Aiolos 
auf  Melanippe  tibergegangen  sei :  ihre  Polemik  richtet  sich  später 
ja  gerade  gegen  diesen  und  den  Grossvater  Hellen.  —  Doch  war 
die  Hippe  mit  einfacher  Erzählung  ihres  Geschickes  im  Prolog 
nicht  abgethan ;  PoUux  IV  141  führt  unter  den  πρόοωπα  ίκοκευα 
auch  an  Ίππη  (so  zu  lesen  statt  Εύίππη)  ή  Χείριυνοο  ύπαλλαττο- 
μένη  είο  ΐππον  παρ'  Εύριπίοη:  dies  kann  nicht  wohl  in  einem 
anderen  Drama  des  Euripides  als  in  unserem  gewesen  sein,  und 
wir  haben  anzunehmen,  dass  in  unserem  Stück  die  in  das  Pferd 


Zu  den  Melanippen  dee  Earipides.  95 

(wohl  das  Sternbild)  verwandelte  Hippe  anf  die  Bühne  kam  und 
die  Bolle  des  Ococ  άπό  μηχανήο  übernahm :  wie  besohafiPen  aber 
üt  Lösung  war,  die  sie  herbeiführte,  können  wir  nicht  mehr 
fiBftstellen. 

Jedenfalls  haben  wir  eo  swei  feste  Punkte  des  Dramas  ge- 
wonnen: den  Prolog,  der  die  Yorfabel,  jedenfalls  bis  zum  Ans- 
tetsen  der  Kinder,  exponirte  —  and  den  Sohluss,  die  Lösung 
duroh  das  Auftreten  der  Hippe:  es  gilt  nun,  den  Gang  der  ein- 
xelnen  Epeisodien  festzustellen.  Wie  die  Rückkunft  des  Aiolos, 
sein  Wiedersehen  mit  Hellen  und  Melanippe,  der  Bericht  des 
Hirten,  der  Dialog  zwischen  Hellen  und  Aiolos,  der  Befehl  des 
letzteren,  die  Kinder  zu  verbreifhen,  gruppirt  und  im  einzelnen 
ausgeführt  waren,  wissen  wir  nicht  mehr ;  selbst  die  Bruchstücke 
des  finnius,  der  dies  Stück  bearbeitet  hat,  geben  wenig  mehr  aus 
als  die  Inhaltsangaben  des  öregor  und  Dionys.  Festen  Boden 
bekommen  wir  erst  wieder  unter  die  Füsse  mit  der  grossen  ^ήοιο 
der  Melanippe,  in  deren  Anfang  Fragment  483  gestenden  hat: 
έγώ  γυνή  μέν  €ΐμι,  voOc  b'  ivecxi  μοΓ 
αυτή  V  έμαυτήο  ου  κακώε  γνώμηε  £χιυ. 
es  sind  die•  τ.  1124 — 25  aus  der  Lysistrate  des  Aristophanes, 
wo  der  Scholiast  zu  dem  letzteren  Verse  bemerkt  ό  οτίχοο  (ol 
cnjüoi  Put.)  έκ  ςοφήο  Μβλανίτπτης  Ευριττιοου.  Mir  machen  diese 
beiden  Verse  ganz  euripideischen  Eindruck  und  ich  glaube,  dass 
de  wohl  an  der  bezeichneten  Stelle  —  am  Eingang  der  ^^cic  — 
gestanden  haben;  die  beiden  bei  Aristophanes  folgenden  Verse 
jedoch: 

τούο  V  ίκ  πατρόο  τ€  καΐ  γεραιτέριυν  λόγουε 

noXXoik  OKOUcac'  ου  μεμούειυμαι  κακώο 
itimmen  nicht  zu  dem  Anfange  von  Fragment  484,  wo  als  allei- 
nige Weisheitsquelle  die  Mutter  genannt  wird,  während  hier  noch 
der  Vater  und  seine  Altersgenossen  hinzutreten,  was  für  Melanippe 
oieabar  nicht  passt.  Sehr  gut  stehen  ihr  aber  die  beiden  ersten 
Terse  mit  den  betonten  Begriffen  des  voöc  und  der  γνώμη :  damit 
kftndet  sich  die  Philosophin  an. 

Im  weiteren  Verlaufe    der  philosophischen  Vorlesung,    die 
lelanippe  ihrem  Vater  und  Grossvater  hält,  stand  Fragment  484 : 

κούκ  tμόc  ό  μυθοο,  άλλ'  έμής  μητρόε  πάρα, 

ύκ  ουρανός  τ€  γαία  τ'  ήν  μορφή  μία* 

έπ€ΐ  b'  έχωρίςβηεαν  άλλήλλιυν  οίχα 

τίκτουα  πάντα  κάνέίΜυκαν  elc  φάοο 

b^vöpn,  πετεινά,  θήρας  ουοτ'  αλμη  τρέφει 

T^voc  T€  θνητών. 


96  Wünsch 

lieber  den  philoeopbtechen  Inhalt  dieeee  Fragmente  iet  aoe- 
führlich  gehandelt  worden  von  Dieterioh  in  seiner  Nekyia,  p.  101 
Hier  möchte  ich  anoh  das  von  Dieterich  p.  100  n.5  herangesogene 
Fragment  aus  Porphyrius  de  abstinentia  III  25  (Nanck  fragm.  £ar. 
1004)  ansohliessen:  ευγγενέο  ήμΐν  τό  τιΐιν  λοιπών  Ζφων  γένοο* 
καΐ  γάρ  τροφαΐ  αΐ  αύταΙ  πάοιν  auToic  καΐ  πνεύματα  ύκ.  Eupmibnc 
και  "φοινίουο  ίχει  ßoac  |  τα  2Ιψα  πάντα'  καΐ  κοινούς  άπάνηυν 
οείκνυοι  γονεΐο  ούρανόν  καΐ  γήν.  Wilamowitz  hat  allerdings  in 
seiner  Commentatio  de  tragicorum  Graecornm  fragmentis  p.  17 
dies  Brnchstttck  den  Kretern  zngewiesen,  da  die  Tendern  des- 
selben —  Mahnung  zum  Enthalten  von  Fleischspeisen  —  mit 
den  in  den  Kretern  spielenden  llQrsterien  sehr  wohl  übereinstimmt• 
Aber  diese  Tendenz  kann  ebensogut  von  Porphyrius  in  nnser 
Fragment  hineingelegt  worden  sein,  der  ganze  Zuschnitt  des  Ex- 
oerptes  deutet  auf  eine  naturphilosophische  Deduotion  bei  Eiiri- 
pides,  und  die  letzten  Worte,  er  habe  Himmel  und  Erde  als 
Eltern  aller  Lebewesen  bezeichnet,  decken  sich  doch  mit  der 
letzten  Hälfte  des  frgm.  484.  Ich  glaube  daher,  den  Inhalt  von 
frgm.  1004  bald  nach  484  folgen  lassen  za  müssen. 

Gegen  Ende  der  Bede  der  Melanippe  folgte  frgm.  485 :  die 
Philosophin,  die  mit  ihren  Vemunftgründen  nichts  gegen  den 
Aberglauben  der  beiden  Männer  ausrichten  kann,  setzt  nun  die 
Wahrheit  als  gegebenen  Fall,  um  ihre  Kinder  zu  retten:  ei  bk 
παρθένοο  φθαρεΐοα  ΰέθηκε  τα  παιδία  καΐ  ς)θβουμένη  τόν  πατέρα, 
cύ  (ρόνον  οράοειο;  (Dion.  Hai.  Rhet.  IX  11).  Ein  Recht,  diese 
Prosa  in  Poesie  znrückzuyerwandeln,  haben  wir  nicht:  die  Form 
der  gewonnenen  Trimeter  wird  so  fragwürdig  bleiben,  dass  wir 
uns  besser  mit  dem  Inhalt  zufrieden  geben. 

Nachdem  auch  dieser  letzte  AngrifiP  der  Melanippe  vergeb- 
lich gewesen  ist,  bleibt  ihr,  um  ihre  Kinder  zu  retten,  nur  noch 
ein  Weg  übrig :  sie  bekennt  sich  als  Mutter  und  beschwört  dies, 
als  es  von  Vater  und  Grossvater  ungläubig  aufgenommen  wird, 
mit  dem  Verse  (frgm.  487): 

ομνυμι  b'  kpov  αίθέρ',  οϊκηαν  Διόο  — 
denn  einem  anderen  als  der  Philosophin  werden  wir  diese  Worte 
kaum  in  den  Mund  legen. 

Es  naht  die  Katastrophe,  ihre  Bestrafung  wird  —  jedenfalls 
vom  Vater  —  befohlen,  frgm.  497: 

τ€ί€α€θ€τήνδ€  •  καΐ  τ4ρ  εντεύθεν  vocei 
τα  τών  γυναικών  ο1  μέν  ή  παΛων  πίρι 
ή  ουγγενείαο  εϊνεκ'  ουκ  άττώλεοαν 


Zu  den  Melanippen  des  Earipidee.  97 

κακήν  XaßovTCC  είτα  τούτο  τδοικον 
noXXaic  ύπ€ρρύηκ€  καΐ  xuipei  πρόοω 
dkr'  έείτηλθ€  αρετή  KaOicraTau 
Obwohl  Johaniiee  Stobaene  bei  diesen  Versen  die  Melanippe 
nur  leblechtliin  citirt,  ist  doch  nicht  zweifelhaft,  dass  sie  ans  der 
Philotophin  stammen ;  in  die  Gefangene  passen  sie  nicht,  von  den 
beiden  Frauen,  die  dort  vorkommen,  bestraft  sich  Theano  selbst, 
ond  Melanippe  wird  dort  nicht  bestraft,  sondern  belohnt.     Dem- 
gemäfls  ist  κακήν  λαβόντεο  γ.  4  nicht  von  den  Männern  zu  ver- 
rteheo,    die    eine  schlechte  Frau  genommen   haben,   sondern  von 
lolchen,  die  eine  Frau  als  schlecht  erfunden  haben. 

Wahrend  der  Bestrafung  der  Melanippe  erscheint  deren 
Hntter  Hippe  in  der  oben  angedeuteten  Weise  und  hringt  die  — 
fo  uns  problematische  —  Lösung ;  aus  dem  Sohlusschor  stammt 
vielleicht  frgm.  486: 

biKaiocuvac  τό  χρύοεον  πρόοωπον  — 
denn  am  naturgemSssesten  ist  es,    wenn  die  uerechtigkeit  gegen 
£nde  des  Stückes  angerufen  würde  ~  doch  kann   dieses  Bruch- 
stück auch  einem  beliehigen  anderen  Ghorliede    entnommen  sein. 
Dies  ist  alles,  was  sich  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  über 
den  Gang  der  Philosophin  Melanippe    sagen   lässt.      Ueber    den 
Tadel,  den  Aristoteles  diesem  Drama  widerfahren  liess,  haben  wir 
oben  schon  gesprochen:  wir  würden  das  όπρεπέο  καΐ  μή  άρμότ- 
τον,  was  Aristoteles  auf  das  Yerhältniss  der  βή€ΐ€  der  Melanippe 
SS  ihrem  ήθθ€  bezieht,   mehr  auf  die  ganze  Anlage  des  Stückes 
tnwenden,    das  wunderbare  Erscheinungen,    wie    das    Eingreifen 
einer  in  ein  Sternbild   verwandelten  Person,   zur  Voraussetzung 
hat,  und   in    der  Tendenz  das  Wunder  leugnet.     Eine  Parallele 
hierzu   bietet  allerdings  Shakespeare,   dessen  Hamlet    nach    der 
Oeistererseheinung  seines  Vaters  philosophirt  über 
das  unentdeckte  Land,  von  dess  Bezirk 
kein  Wandrer  wiederkehrt. 
Nicht  so  gut,  wie  über  die  Philosophin,  sind  wir  über  den 
Inhalt  der  gefesselten  Melanippe  unterrichtet.      Allerdings  haben 
▼ir  hier  etwas  mehr  vom  Stücke  selbst,    ich   meine  jenes    1879 
i&  Aegypten  gefundene  Pergamentbrnchstück  von  ca.  48  Versen,  von 
dem  nns  Johannes  Stobaeus  4  Verse  überliefert  hatte  als  aus  der 
Melanippe  des  Euripides  stammend.     Da  die  Handlung  des  Frag- 
mente  nun    zur  weisen  Melanippe  nicht  im  geringsten  passt,    so 
iahen  wir    hier    offenbar  ein   Stück    der    gefesselten  Melanippe 
▼or  uns.    Dasselhe  enthält  Theile   eines  Botenberichts,    wir  ler- 

Utla.  Um.  t  Phllol.  N.  F.  SLIX.  7 


98  Wünsch 

nen  aus  demselben  folgendes:  zwei  jagendliche  Brttder  werden 
auf  der  Jagd  von  den  Brüdern  einer  Frau  ttberfiallen,  die  sie  bis 
dahin  für  ihre  Matter  gehalten  haben,  die  es  in  Wirklichkeit 
aber  nicht  ist,  und  dieselbe  Frau  ist  es,  der  der  Bote  seinen  Be- 
richt erstattet:  ihre  Brüder  sind  von  ihren  Stiefsöhnen  get5dtet 
worden.  Sehen  wir  uns  nnn  die  Hyginfabel  Nr.  186  an,  die  uns 
die  ueschichte  der  Melanippe  überliefert  hat,  so  finden  wir  hier 
einen  Widersprach  zwischen  der  Erz&hlang  des  Hygin  und  unse- 
rem Bruchstück:  dort  sind  die  von  der  Stieftnutter  aufgehetzten 
nicht  die  Stiefoheime  der  beiden  Jünglinge,  sondern  die  Stief- 
brüder, die  in  der  That  bei  dem  Versuche,  das  Geheies  ihrer 
Mutter  zu  vollziehen,  selbst  erschlagen  werden.  Eine  solche 
Discrepanz  muss  uns  zunächst  stutzig  machen  und  davon  abhalten, 
bei  der  Beconstruction  unseres  Stückes  der  Hyg^nfabel  zu  folgen ; 
vielmehr  müssen  wir  nachsehen,  was  aus  den  weiteren  Bruch- 
stücken selbst  zu  schliessen  ist.  Viel  ist  es  nicht.  Wir  haben 
frgm.  494,  welches  über  den  Werth  des  Weibes  redet  und 
durch  Porphyrius  als  aus  der  gefesselten  Melanippe  stammend  be- 
zeugt ist: 

τηε  μέν  κακής  κάκιον  oub^v  γίγνεται 
γυναικόο,  έοθλής  b'  ουδέν  elc  ύπερβολήν 
πέφυκ'  δμεινον  διαφέρουα  V  α\  φύ€€ΐ€. 
Es  wird  nicht  zu  kühn  sein,    eine  Reihe   von  Stellen,    die 
darauf  hinweisen,    dass  dies  in   frgm.  494  berührte  Thema,    das 
schon   Hesiod    ('Έργα   ν.  700)    und   Semonides   (frgm.  6)   ange- 
schlagen hatten,  ausführlich  besprochen  wurde,  ja  sogar  den  In- 
halt philosophisch-gnomischer  Erörterung   bildete,  demselben  Zu- 
sammenhange und  damit  unserem  Stücke  zuzuweisen,  auch  wenn 
nicht  ausdrücklich   im  Lemma  bemerkt  ist,    dass   die  Verse    aus 
der  gefesselten  Melanippe  stammen.     Es  sind  dies  die  frgm.  498, 
498,  499,  501,   502,   503.      Die    dialogische  Anordnung    dürfte, 
wenn    wir    die    redenden    Personen    mit    Α   und   Β    bezeichnen, 
folgende  gewesen  sein:  Α  ist  Gegner  des  weiblichen  Geschleohts, 
frgm.  498: 

πλην  τήο  τεκούαιο  θήλυ  παν  μιοφ  t^voc. 
Β    entgegnet    dem     mit    einer    Lobpreisung    der    Frauen, 
frgm.  499: 

μάτην  fip'  elc  γυναΐκαο  ii  ανδρών  ψόγοο 
ψάλλει,  κενόν  τόζευμα,  καΐ  κακώο  λέγει' 
αϊ  b'  εϊο'  άμείνουο  άροίνιυν,  έγώ  \ifw. 
Nach  erneuten  Ausfällen  von  Α  gibt  Β  zu,  dass  eine  prin- 


Ζα  den  Melanippen  des  fiaripides.  9i 

apielle  Höherstellnng  des  weiblioben  GeeeUechte  allerdings  nicht 
anfreclit  in  erhalten  sei,  ebensowenig  aber  auch  eine  prinzipielle 
Terwerfiing:  es  gibt  allerdings  schlechte  Frauen,  dafür  sind  die 
guten  aber  auch  um  so  höher  zn  schätzen  (frgm.  494).  Hieran 
knftpft  Α  an  mit  frgm.  493. 

βλγιοτόν  tcn  θήλυ  μιοηθέν  t^voc 
αϊ  γάρ  οφαλεΐοαι  ταΐοιν  ούκ  έοφαλμέναιο 
aTqcoc  γυναιίΐ  καΐ  KCKoivunrrai  ψόγον 
Tttic  ου  κακαΐοιν  α\  κακα{'  τά  b'  eic  γάμουο 
ού&έν  boKoOciv  ύγιέο  ovbpaciv  φρονεΐν. 
Νηη  wendet  sich  das  Gespräch  dem  Thema  der  ^Ennst  zu 
heirathen'  zu,  γάμοο  ist  nun  Stichwort.     Die  Heirath  einer  Frau, 
die  Ton  edlerem  Geschlecht-  oder  von  grösserem  Reichthum    als 
der  Mann  ist,  wird  verworfen  (frgm.  502): 

ecoi  γαμοΟοι  V  ή  γένβι  Kpciccouc  γάμουο 
ή  πολλά  χρήματ*,  ούκ  έττίοτανται  γαμεΐν 
τά  τήο  TuvaiKOc  γάρ  κρατοΟντ'  έν  &ώμα€ΐν 
bouXoT  τόν  dvbpa,  κοΰκέτ'  ict'  ελεύθερος. 
πλοΟτο€  b'  έπακτόο  έκ  γυναικείων  γάμων 
άνόνητοο'  α\  γάρ  οιαλύοεκ  ού  ^biai. 
Die  Nutzanwendung   aus   diesem  Gespräch  wird  frgm.  501 
gebogen: 

γάμουο  V  δοοι  cπεύboυcι  μή  πεπρωμένους 
μάτην  πονουοιν  f|  bfe  τφ  χpεuJV  πόοει 
μένουςα  κάςπούοαοτος  ήλθεν  εΐο  bόμoυc. 
Man  könnte  zunächst  versucht  sein,  ήλθεν  hier  als  gnomi- 
echen  Aorist  zu  fassen  und  damit  das  ganze  Citat  als  Sentenz  zu 
betrachten:  aber  einerseits  wendet  Euripides  hier  sonst  nirgends 
tieien  Aorist  an,  und  andererseits  ist  es  doch  wirklich  kein  Er- 
fidunmgssatz,  dass  die  richtige  Frau  ihrem  Manne  von  selbst  ins 
Hüs  kommt:  es  bezieht  sich  dieser  Satz  offenbar  auf  eine  Hand- 
hag,  die  dem  Stücke  selbst  entnommen  ist.  Da  nun,  der  ganzen 
Anlage  des  Dialogs  nach,  Α  ein  Mann,  Β  eine  Frau  ist,  so 
können  wir  annehmen,  dass  Α  der  Herr  des  Palastes  ist,  vor 
dem  das  Stück  spielt,  Β  eine  Frau,  die  dort  eingetreten  ist,  und 
du8  der  Dialog  den  Mann  zur  üeberzeugung  gebracht  hat,  Β  sei 
^e  richtige  Frau  für  ihn:  dem  Entschlnss,  sie  heimzuführen,  gibt 
w  in  frgm.  501  Ausdruck  —  es  scheint,  dass  er  dabei  auf  eine 
frühere,  unglückliche  Ehe  anspielt  —  der  Chor  billigt  sein  Yor- 
kaben  durch  frgm.  503: 


100  Wünsoh 

μετρίων  λέκτρων,  μετρίων  bi  γάμων 
μετά  εωφροευνηε 
κΟρεαι  θνητοΐειν  δριετον. 
Nachdem  wir  diese  Brachetüoke  im  ZneammenhaDge  betrach- 
tet haben,  würde  ee  sieb  darum  handeln,  nach  weiteren  in  enohen, 
die  etwas  für  den  Gang  der  Handlang  ausgeben.      Dabei    fallen 
zunächst  einige  weg,    die    ganz   allgemeine    Sentenzen    enthalten 
(frgm.  490,  492);  wichtiger  ist  dagegen  frgm.  491: 

ΐετω  b'  δφρων  ών  öctic  δτεκνοο  ών  τό  πρΙν 
παΐοαε  θυραίουο  εΐε  δόμοικ  έκτήεατο, 
τήν  μοίρα  ν  εΐε  τό  μή  χρεών  καταετρέφίχιν' 
φ  γάρ  θεοί  bibuici  μή  φΟναι  τέκνα, 
ου  χρή  μάχεοθαι  πρόε  τό  θείον,  άλλ'  έαν. 
Die  untergeschobenen  Söhne,  das  haben  wir  aus  dem  Boten- 
bericht gelernt,    sind  die  beiden,    auf  die  dort  das  Attentat  rer- 
übt  wird;  diese  Worte  hier  klingen  so,   als  ob  es  die  Worte  der 
Stiefmutter  sind,    die  ihr  die  Heue  über  die  Adoption  auspresst; 
wir  können  femer  daraus  schliessen,  dass  sie  keine  eigenen  Kin- 
der gehabt  hat:  das  μή  φΟναι  τέκνα  schliesst  meines  Erachtens 
diese  Annahme  völlig  aus,  und  der  Widerspruch  mit  der  Hygin- 
fabel  besteht  damit  um  so  mehr  zu  recht. 

Sehen  wir  nun  zu,    wie  sich  überhaupt   das,  was  wir   den 
Fragmenten  entnommen  haben,  zu  der  Erzählung  Hygins  verh&lt. 
Heianippe,  die  Tochter  des  Desmontes  —  so  beginnt  er,  offenbar 
den  Titel    οεεμώτιε  nicht  verstehend   —  oder    des  Aeolus,    wie 
andere  Dichter  sagen,    wird   von  Poseidon  verführt  und   gebiert 
ihm  zwei  Söhne.     Als  ihr  Vater  dies  gewahr  wird,    läset  er  die 
Melanippe  blenden  und  in  ein  Grabmal  einschliessen,  die  Kinder 
aber  aussetzen :  doch  diese  werden  von  einer  Kuh  gesäugt  und  so 
am  Leben  erhalten.     Hirten,  die  dies  sehen,    retten  die  Knaben, 
um  sie  aufzuziehen.  —  Der  König  Metapontus  von  Ikaria  (diesen 
anf  den  ersten  Blick  unbequemen  Namen  durch  Conjeotnr  irgend- 
wie zu  alteriren,  haben  wir  kein  Becht),  hatte  mit  seiner  Qattin 
Theano  in  kinderloser  Ehe  gelebt:    er  geht  mit  der  Absieht  um, 
sie  aus  diesem  Grunde  zu  Verstössen.     Sie  schickt  zu  dem  Hirten 
mit  der  Bitte,  ihr  ein  Kind  zu  verschaffen,    das  sie  dem  Könige 
gegenüber  als  ihr  eigenes  ausgeben    kann  :    die  Hirten    sohicken 
ihre  beiden  Findlinge.     Später  gebiert   Theano  selbst  dem  Meta- 
pont  Zwillinge,    doch    dieser  wendet  seine  väterliche  Liebe  aus- 
schliesslich den  beiden  älteren  zu.    Theano  ist  nun  bestrebt,  ihren 
eigenen  Kindern  die  Nachfolge  in  der  Herrschaft  tu  sichern,  und 


Zu  den  Melanippen  des  £uripidee.  101 

selimiedet  deshalb  einen  Anschlag  gegen  das  Leben  der  beiden 
unechten  Söhne.  Die  Gelegenheit,  diesen  Anschlag  ansznftthren, 
bietet  ihr  die  Abwesenheit  Metaponts,  der  sich  entfernt  hat,  nm 
der  Diana  Metapontina  zn  opfern.  Soweit  zunächst  die  Erzählung 
Hygins:  sie  enthält  das,  was  den  Prolog  des  Stückes  ansmaohte. 
Wir  sehen,  ee  spielt  in  Ikaria,  vor  dem  Königspalaste  des  Meta- 
pont;  anoh  die  Zeit  ist  bestimmt:  der  Festtag  der  Diana.  Rech- 
nen wir  dieser  Erzählung  die  beiden  eigenen  Kinder  der  Theano 
ab,  80  werden  wir  ungefähr  die  Exposition  des  euripideischen 
Stückes  haben.  Gresprochen  wurde  der  Prolog  jedenfalls  von 
einem  G-otte,  da  kein  Sterblicher  die  Abkunft  der  Söhne  der 
Helanippe  kennt,  und  so  liegt  es  am  nächsten,  den  Prolog  von 
Poseidon  geeprochen  zu  denken.  Hier  wird  der  Vers  gestanden 
baben  (frgm.  489) : 

τόν  b'  όμφΐ  ßoOv  ^ΐφέντα  Βοιωτόν  καλεΐν. 
Die  Ηββ.  bieten  βουν»  was  Meinecke  nach  einer  Eustathios- 
stelle  in  ßoOc  geändert  hat.  Ich  möchte  ßoOv  stehen  lassen :  wir 
mfissen  annehmen,  dass  das  adversative  bk  als  uegensatz  die 
Namengebung  des  Aiolos  voraussetzte;  da  nun  die  Kinder  von 
einem  roCpoc  bewacht,  von  einer  ßoCc  gesäugt  werden  (Gregor. 
Cor.  Bhet.  voL  Ύ11  p.  1313),  so  wäre  Aiolos  wohl  mit  dem 
ToCpoc,  Boiotos  mit  der  singularen  ßoOc  in  Beziehung  gesetzt 
hn  ttbrigen  setze  ich  den  Vers  mit  Wilamowitz  (Anal.  Eur.  p.  190) 
hierher,  schon  deshalb,  weil  es  an  und  für  sich  wahrscheinlicher 
itt,  dass  die  Namen  der  Kinder,  die  in  der  weisen  Melanippe 
ganz  nebensächlich  sind,  hier  im  Prolog  der  gefesselten  genannt 
werden  mussten.  —  Wenn  übrigens  Nauck  diese  Exposition  als 
Erzählung  des  Inhalts  der  weisen  Melanippe  ansehen  will,  so 
halte  ich  dies  fär  unnöthig.  Wenn  dort,  wie  wir  gesehen  haben, 
gegen  Ende  Hippe  auftrat  und  die  Lösung  herbeiführte,  so  wird 
ein  solch  grausamer  Schluss,  wie  die  Blendung  der  Melanippe 
dnrch  ihren  Vater,  nicht  anzusetzen  sein;  ausserdem  wäre  als- 
dann eine  zweimalige  Aussetzung  der  Kinder  zu  erwähnen  gewe- 
■en,  nicht  nur  eine  einmalige.  Dagegen  lässt  sich  sehr  wohl 
annehmen,  dass  Euripides,  als  er  den  Melanippe-Stoff  noch  ein- 
mal behandelte,  sich  nicht  genau  an  die  durch  das  erste  Drama 
geschaffenen  Bedingungen  hielt,  und  eine  etwas  davon  abwei- 
chende Expositon  schuf,  deren  Excerpt  wir  ziemlich  genau  bei 
Hjgin  wiederfinden;  nur  die  beiden  eigenen  Söhne  der  Theano 
sind  zu  streichen,   und  damit  derselben  andere,    uns    unbekannte 


102  Wünsch 

Motive  zu  uDterstelleD,    die    sie  veranlasseD,    an   den  Mord  der 
beiden  Jünglinge  zu  denken. 

Nach  dem  Prolog  kommen  die  einzelnen  Epeisodia,  die  sich 
in  der  Hyginfabel  nicht  mehr  mit  völliger  Gewissbeit  von  ein- 
ander trennen  lasscD.  Der  Mordanscblag  gegen  die  Brüder  wird 
geschmiedet,  bei  Hygin  von  Theano  und  ihren  Söhnen,  bei  £ari- 
pides  von  Theano  und  ihren  Brüdern;  die  üebelthäter  machen 
eich  anf  den  Weg.  Im  nächsten  Akte  kommt  der  Botenberioht : 
der  Ueberfall  ist  abgeschlagen,  die  Anstifter  sind  gefallen.  So- 
weit stimmen  Hygin  nnd  Enripides ;  nur  die  Worte  Hygins  '  Nep- 
tnno  adinvante '  sind  wohl  Zusatz,  der  Botenberioht  des  Enripides 
enthält  nichts  von  göttlicher  Einmischung,  auch  in  den  nach  v.  22 
ausgefallenen  Zeilen  scheint  nichts  davon  gestanden  zu  haben, 
denn  der  Bote  ahnt  in  seinem  moralisirenden  Schlusssatze (v.  40 sqq.) 
nichts  von  der  göttlichen  Abkunft  der  Zwillingsbrüder. 

Bei  Hygin  tödtet  sich  Theano  aus  Verzweiflung,  als  die  Lei* 
eben  der  Erschlagenen  in  die  Eönigsburg  gebracht  werden;  die 
Göttersöhne  fliehen  zu  den  Hirten,  die  sie  gefunden  haben  (der 
Ausdruck  Hygins  ^ubi  educati  erant*  vom  Hirtenlager  ist  unge- 
nau, sie  sind  doch  offenbar  schon  als  Säuglinge  in  den  Palast 
Metaponts  gekommen  und. dort  erzogen  worden)•  — Dort  offenbart 
ihnen  Poseidon  ihre  Abstammung  und  das  Schicksal  ihrer  Mutter. 
Sie  tödten  den  Grossvater  und  befreien  ihre  Mutter,  deren  Augen- 
licht von  Poseidon  wiederhergestellt  wird ;  sie  führen  dieselbe  dann 
zu  Metapont,  dem  sie  die  Treulosigkeit  der  Theano  erzählen. 
Metapont  heirathet  die  Melanippe,  adoptirt  ihre  Söhne,  diese 
gründen  in  der  Propontis  die  Städte  Boiotia  und  Aeolia. 

So  weit  Hygin.     Für  Enripides  haben  wir  einen  ähnlichen 
Gang  der  Handlung  vorauszusetzen,    obwohl   wir    hier   von   den 
Fragmenten  zunächst  fast  ganz  im  Stich    gelassen  werden.     Wir 
können  nur  ahnen,  dass  die  Worte  (frgm.  507) : 
τί  ToOc  θανόντας  ουκ  eqic  τεθνηκίναι 
και  τάκχυθίντα  cuXX^teic  άλγηματα; 
von  Metapontos  gesprochen   werden,   als  Aiolos  und  Boiotos  mit 
ihren  Enthüllungen  beginnen.     Von  Theano    und    ihrem  Verrath 
verbittert,  fängt  Metapont  an,    die  Frauen  zu  schmähen,    die  an- 
wesende Melanippe  ergreift  die  Partei  ihres  Geschlechtes  und  es 
entspinnt  sich  der  Redekampf  über  den  Werth  der  Frauen,    den 
wir  in  seinen  Grundzügen  oben  gezeichnet  haben.     Metapont  wird 
besiegt  und  entechliesst  sich,  der  klugen  Yertheidigerin  ihres  Ge- 
schlechtes die  Hand  zu  reichen;  so  erklärt  sich  frgm.  501: 


Zu  den  Melauippen  des  Euripidee.  103 

ή  bk  Τψ  XpCUlV  KOC€l 

μένοικα  xacnoubocToc  ήλθ€ν  elc  {>όμου€. 

Der  Chor  lobt  diese  Absicht  (frgm.  503);  den  nun  folgen- 
den Sehluse  können  wir  nns  aus  dem  neulich  gefandenen  Ab- 
lehlau  der  Antiope  reoonstmiren :  um  noch  nicht  gesühnter  Blut- 
aekidd  willen  ziehen  Aiolos  nnd  Boiotos  in  die  Fremde,  um  dort 
Städte  za  grönden  —  wie  im  Άλκμέων  ό  bia  Κορίνθου  Amphi- 
loehos  das  amphilochische  Argos  anlegt 

Aber  anch  Metapont  ist  nicht  unthätig  in  seinem  loaria 
geblieben,  er  ist  der  sp&teren  Sage  bekannt  genug  als  Gründungs- 
lieros  der  Stadt  eeinee  Namens,  und  daes  diese  Gründungssage  in 
amerem  Stücke  erwähnt  wurde,  läset  sich  aus  folgendem  schliessen : 
Athen.  XU  p.  523  D: 

ώνομάοθη  V  ή  Cipic,  ibc  μέν  Τίμαιόο  φηοι  και  €ύριπ(5η€ 
έν  Δεομώηοι  ή  Μελανίππη,  άπό  γυναικόο  tivoc  Cipiboc. 

Kun  ist  aber  Cipic  der  alte  Name  von  Metapont,  wie  uns 
Stephtnus  Byzantins  s.  v.  Μεταπόντιον  erzählt  Wurde  also 
Siiii  in  einem  Stücke  des  Euripides,  in  dem  Metapont  als  Held 
Mfirat,  erwähnt,  so  ist  daraus  zu  schliessen,  dass  Metapont,  der 
Uer  noch  in  Ikaria  wohnt,  den  Auftrag  erhält,  Siris  neu  zu  be- 
liedeln  und  nach  seinem  Namen  zu  nennen. 

Also  von  Ikaria  aus  ist  nach  dem  Stücke  des  Euripides 
Metapont  gegründet;  aber  von  welchem  Ikaria  aus?  Von  der 
huel  gewiss  nicht,  denn  das  Reich  des  Metapont  gianzt  zu  Lande 
m  das  des  alten  Aiolos:  nur  so  ist  die  Aussetzung  der  Kinder 
uid  ihre  Bettung  zu  den  Hirten  des  Metapont  möglich.  Als 
festländisches  Ikaria  kenne  ich  aber  nur  den  Demos  der  ägeischen 
Fkyle  in  Attika,  der  seinen  Namen  von  Ikarius,  dem  unglück- 
lielien  Liebling  des  Bakchos,  hatte,  der  unter  dem  Namen  Βοώτηο 
an  den  Himmel  versetzt  wurde  (Hygin  fab.  130,  poet.  astr.  II  4, 
^).  Ikarius  erscheint  in  den  Genealogien  als  Enkel  des  Aiolos 
(Apollod.  I  9,  5,  III  10,  3,  3):  dies  würde  Ikaria  und  Aiolos 
verknüpfen,  andererseits  besteht  vielleicht  ein  Zusammenhang 
xwigchen  Βοώτηο  und  BoiuiTOc,  welch  letzteren  das  Etymologicum 
Magnum  s.  v.  auch  Bouitoc  nennt.  Metapont  selbst  gilt  als 
Nachkomme  des  Sisyphus  (Steph.  Byz.  s.  v.  Μεταπόντιον)  und 
vird  damit  dem  Aiolos  verwandtschaftlich  nahe  gestellt,  er  ist 
Jeeaen  Enkel,  genau  wie  Ikarius.  Diese  genealogischen  Bezie• 
Longen,  die  sich  alle  innerhalb  desselben  Sagenkreises  halten, 
fordern  doch  wohl  die  Anknüpfung  des  Metapont  an  das  attische 
Aaria,  nnd  beweisen  damit,  dass  Euripides  am  Schlüsse  seines 
Dramae  die  Gründung  der  Stadt  Metapont  von  Athen  herleitete. 


104  Wünsch 

Eine  eolche  Grttndnngeeage  konnte  natfirlioli  nur  in  poli- 
tieoher  Absicht  dem  Pnbliknm  vorgeführt  werden,  und  swAr  sa 
einer  Zeit,  wo  diese  politische  Absicht  allgemein  verstanden 
wurde :  wir  kommen  damit  für  die  chronologische  Ansetsnng  un- 
seres Dramas  in  eine  Zeit,  in  der  das  Interesse  Athens  daranf 
gerichtet  war,  sich  im  Westen  Bundesgenossen  zu  werben,  idso 
in  die  Zeit  der  sicilischen  Expedition.  Dass  man  sich  damals  um 
die  Freundschaft  der  Metapontiner  kümmerte,  beweist  uns  Thuk. 
VII 33, 5,  wo  es  von  den  Feldherren  der  Athener  heisst :  τφ  Άρτφ .  • 
άνανεωοάμενοί  τίνα  πάλαιαν  φίλίαν  άφίκνοΟνται  eic  Μεταπόνηον 
τή€  Ιταλίας•  καΐ  τούο  Μεταττοντίοικ  Trcfcovrec  κατά  τό  Ευμμα- 
χικόν ..  Das  neiOeiv  kann  sehr  wohl  durch  eine  solche  Sage  geför- 
dert worden  sein.  Später  finden  wir  die  Metapontiner  als  treue  Helfer 
Athens  (Thuk.  YII  57),  obwohl  im  eigenen  Inneren  Zwietracht 
herrscht.  In  demselben  Thukydidescapitel  werden  die  Bondea- 
genossen  der  Athener  aufgesählt,  wobei  die  Stämme  der  ΑΙολεΐύ 
und  Bomiroi  (§  5)  eine  bedeutende  Bolle  spielen. 

Mit  diesem,  aus  dem  politischen  Charakter  unseres  Stttckee 
erschlossenen  Zeitansatz  stimmt  nun  vorzüglich,  was  eich  sonet 
von  chronologischen  Indicien  auffinden  lässt.  Wir  haben  deren 
nur  wenige,  es  sind  Anspielungen  aus  Aristophanes.  Thesm. 
V.  407  sq.  heisst  es: 

. .  γυνή  TIC  όποβαλέοθαι  βούλεται 
duopoöca  παίόων,  ovbk  τοΟτ'  &τιν  λαθ€ΐν. 
Es  handelt  sich  um  die  Stlnden  der  Frauen,  die  die  M&nner 
aus  den  Stücken  des  Euripides  kennen  lernen:  obiges  Vergehen 
bezieht  sich  offenbar  auf  die  gefesselte  Melanippe.  Auch  ein 
Wortanklang  kommt  dazu,  frgm.  493  sagt  Euripides  von  den 
Frauen: 

κ€κο(νωνται  ψόγον 
raic  ου  κακαΐοιν  αϊ  κακαί*  τά  b'  elc  γάμουε 
ουοέν  boKoOciv  ύγιέο  avbpaciv  φρονβΐν 
und  Thesm.  394  wird  Euripides  vorgeworfen^  er  habe  die  Frauen 
genannt 

Tac  ούοέν  ύγιέο,  rac  μέγ'  ovbpaciv  κακόν. 
Diese  A^nspielungen  beweisen,  dass  das  Stück  vor  412  f&llt, 
und  in  dieser  Zeit,  wo  das  ganze  politische  Interesse  Athens  sich 
auf  den  Westen  concentrirte,  sollten  die  beiden  thrakischen  Plätze, 
die  den  Namen  des  Aiolos  und  Boiotos  trugen  (Steph.  Bys.  s«  v. 
ΑΙόλειον  und  Βοιωτία,  Plin.  N.  h.  lY  11,  49)  dem  Euripides 
wichtig  genug  erschienen  sein,    um   als   attische  *Αποικ(αι    hin* 


Zu  den  Melanippen  des  fiuripidee.  106 

geteilt  SU  werden?     Das  glanbe  icli  nicht«  somal  da  gerade  im 
Westen  das    eigentliche  Orttndnngsfeld    des  Zwillingepaaree  lag; 
Diodor,    der  IV  67  die  Sage,    allerdings    andere    als    £aripide8 
eniUt,  knüpft  sie  auch  an  Metapont  an,   und    läset    den  Aiolos 
dtao  die  Solischen  Inseln  colonisiren,  w&hrend  Boiotos  τοη  Meta- 
pont nach  Aeolien  and  Böotien  zurückkehrt.    So  jung  die  ganze 
Sa^  bei  Diodor  ist,  so  scheint  sie  doch  das  mit  Euripides  gemein  zu 
haben,  dass  sie  grössere  Gründungen  des  Aiolos  und  Boiotos  voraus- 
setit,  als  die  eines   unbedeutenden   thrakischen  Platzes,    und  ich 
gknbe  sieher,    dass  Euripides    am  Schlüsse  unseres  Stückes  die 
geatmmten  böotisch-ftolischen  Kolonien  als  Adoptivkolonien  Attikas 
ansprach,  wie  ihve  Stifter  Adoptivsöhne  des  attischen  Heros  Meta- 
pont gewesen  waren«    Der  Gedanke,  Aeolier  und  Böotier  für  Athen 
zn  interessiren,  musste  damals,  als  im  peloponnesischen  Kriege  die 
Jonier  auf  Seiten  Athens,  die  Derer  auf  Seiten  Spartas  standen,  sehr 
nahe  liegen :   diesen  Gedanken  poetisch  auszuführen  und  auf  den 
Brennpunkt  des  politischen  Interesses,  den  westlichen  Kriegsschau- 
plati  zu  concentriren,  blieb  dem  Euripides  und  seiner  gefesselten 
Heianippe  vorbehalten. 

Bei  dieser  Beconstruction  des  euripideischen  Stückes  ist 
nsiges  aus  der  Hyg^nfabel  als  unverwendbar  übrig  geblieben. 
Die  beiden  eigenen  Kinder  der  Theano  waren  bei  Euripides  nicht 
Torhanden,  das  persönliche  Eingreifen  Poseidons  zu  Gunsten  seiner 
Söbne  ein  von  unserem  Dichter  nicht  verwendetes  Motiv;  auch 
die  Gründungen  in  der  Propontis  haben  wir  dem  euripideischen 
Stücke  aberkennen  zu  müssen  geglaubt  Da  es  nun  bei  der  Ar- 
Mteweise  Hygins  unwahrscheinlich  ist,  dass  er,  resp.  seine  Quelle 
iu  euripideische  Drama  auf  eigene  Faust  mit  diesen  Zügen  be- 
reichert haben,  so  werden  wir  zu  der  Annahme  gedrängt,  dass 
ϋβ  gefesselte  Melanippe  eine .  sp&tere  Umarbeitung  erfahren  hat : 
ob  von  Euripides  selbst  oder  von  einem  späteren  Dichter  bleibe 
^hbgestellt  Die  wesentlichen  Züge,  welche  die  neue  Bearbei- 
tung hinzufügte,  habe  ich  eben  angeführt :  der  Umstand,  dass  die 
Grfindangen  nach  der  Propontis  verlegt  werden,  läset  darauf 
lehliessen,  dass  wir  es  mit  einer  späteren  Zeit  und  veränderten 
politischen  Interessen  zu  thun  haben.  Fraglich  bleibt  dabei,  ob 
^itte  Gründungen  noch  mit  Athen  zusammengebracht  wurden : 
V  gab  ein  'kapic  in  Macedonien  (Pomp.  Mel.  II  3),  und  die 
»gebende  Landschaft  konnte  von  dieser  Stadt  sehr  wohl  Ικαρία 
ieissen  —  so  bleibt  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass 
bripides  seihst  noch  in  seinen  letzten  Jahren,    als   er   sich  am 


106  Wunsch 

makedoDieohen  Königehofe  befand,  eine  Umarbeitmig  seiaea  Stiiekee 
vorgenommen  und  dabei  den  politischen  Abrichten  deeaelben  Bech- 
nnng  getragen  hat^ 

Zu  besprechen  bliebe  noch  von  den  erhaltenen  trgm»  Nanek 
506,  dass  sieh  bei  Johannes  Stobaeus  Eol.  18,  14  a  in  folgender 
Gestalt  —  wenn  man  einige  nothwendige  Yerbessemngen  vor- 
nimmt —  findet. 

boKCiTe  nebav  τάδικήματ'  eic  θ€θύ€ 
πτεροΐοι,  καπειτ'  έν  Διόο  δέλτου  πτυχακ 
τράφ€ΐν  τιν'  αυτά,  Ζήνα  b'  elcopdrvra  νιν 
θνητοΐο  bmaZeiv;  oOb'  ό  mc  &ν  oupavoc 
0  Aloe  τράφοντο€  Tac  βροτών  άμmpιτ^ac 
έεαρκέ€€ΐ€ν  ούν  έκεΐνοο  &ν  ckottuiv 
πέμπ€ΐν  έκά£τψ  Ζημίαν  άλλ'  ή  Δίκη 
ένταΟθά  ποδοπν  εγγύς,  ά  ßouXccO^  6pfiv. 
aurac  μέν  άνθρώποιοιν,  ώ  γυναι,  θ€θί 
10  TOiciv  biboöciv,  oSc  &ν  έχθαίριυο',  έπ€ΐ 
οδ  €φίν  πονηρόν  έοτιν 
£β  musste  zunächst  anffallen,    dass   die  lotsten    drei  Yenw 
nicht  von  derselben  Person  gesprochen  sein  konnten,  wie  die  vor- 
hergehenden; da  nun  auch  der  Sinn  der  letzteren  Partie  ein  ganz 
anderer  zu  sein  schien,    so    hat    man    dies   fragm.    in  zwei  ver- 
schiedene zerlegt   (so    finden    sich    die  letzten  Verse    bei  Nanek 
ad.  489),  indem  man  annahm,    es  seien  dadurch,   dass  Johannes 
Stobaeus  ein  Lemma  ausgelassen  habe,  zwei  vollständig  verschie- 
dene Citate  zu  einem  zusammengeschmolzen.      In  der  That  mnts 
man  eine  derartige,    und    zwar  berechtigte  Trennung  vornehmen 
bei  Stob.  Flor.  97,  16  (die  beiden  Theile  stehen  bei  Nauok  frgoi. 
Eur.  285  und  frgm.  ad.  557),    aber  die  Sache    liegt  dort     inso- 
fern   anders,    als   in   drei   Handschriften    noch  die  ursprilngliohe 
Trennung  deutlich  erkennbar  ist.     Hier  aber  wurde  es  doch  von 
Nutzen  sein,  die  beiden  Theile  auf  ihre  Zusammengehörigkeit  η 
untersuchen.     Auszugehen  ist  dabei  von   den  letzten  Versen,    die 
offenbar  in  Unordnung  gerathen  sind,      αυταο    ist  nicht  an  ver- 
werthen,  mag  man  den  Vers  als  Fortsetzung  des  vorhergehenden 
oder  als  Beginn  eines  besonderen  Citates  betrachten.    Nanek  hat 


1  Vielleicbt  hat  in  dieser  Umarbeitung  auch  Metapont  nicht  in 
Unteritalien,  sondern  in  der  Nahe  der  Propontis  seine  Grandnng  an- 
gelegt: so  würde  sich  wenigstens  eine  Bemerkung  bei  Stephanns  s.  ▼. 
Μεταπόντιον  verstehen:  λέγ€ται  καΐ  Μ€ταπόνηο€  die  BuZdvnoc 


Zu  den  Melanippen  des  Euripides.  107 

Xunac  eingeeetst,  dem  Sinne  und  Sohriftstigen  nach  steht  δτα€ 
niher,  und  ich  glanhe,  daee  diese  Verbesserung  evident  ist:  δται 
im  Flor,  findet  sich  zuerst  IL  X  391,  und  diese  pluralischen  αται 
nnd  eine  dem  Euripides  ganz  geläufige  Vorstellung  (Herc.  F. 
1284,  Iph.  T.  148,  Or.  987,  Troad.  121),  sie  werden  von  der 
Gottheit  gesandt,  Med.  129: 

μάΖουο  b'  ärac,  δταν  opTicO^ 

οαίμων,  oIkoic  άπέοωκεν. 
Der  Gedanke  dieses  Bruchstückes    ist  daher  für  Euripides 
nicht  anstössig,  auch  glaube  ich  nicht,  dass  man  Wilamowitz  un- 
bediogt  zustimmen  muss,  der  den  Gedanken  έπει  οϋ  Οφΐν  πονη- 
ρόν  Icti  als  eines  attischen  Tragikers  unwürdig  verwirft  —  wir 
wissen  ja  nicht,  wie  die  Fortsetzung  dieser  Stelle    einst    lautete. 
Am  anstössigsten  ist  noch  die  Form  bibouciv,    die   uns   in   spä- 
terer Zeit  oft  belegt  ist,  aber  bei  den  Tragikern,  so  viel  ich  sehe, 
nur  zwei  Analogien  hat:  TiOeici  Aesch.  Ag.  453,   ZeuTvOci  Eur. 
£1.1323:  allerdings  stehen  beide  Formen  in  einer  lyrischen  Par- 
tie.    Doch  glaube  ich,    dass  wir  deshalb,    weil   diese  Form  zu- 
fällig für  den  euripideischen  Dialog  nicht  belegt  ist,    noch    kein 
Becht  haben,  sie  demselben  abzusprechen;    für  Aristophanes   be- 
leogt  sie  Bekk.  Antiatt.  88.  —  Nachdem  so  die  Bedenken,  welche 
die    in  Frage    stehenden  Verse    hervorgerufen    haben,    beseitigt 
lind,   wollen  wir   die  beiden  Fragmente,    die    bei  Johannes  Sto- 
baens  vereinigt  sind,  im  Zusammenhange  betrachten.    Die  letzten 
Terse  setzen   mit  einem  neuen  Gedanken  und  der  Anrede  γυναι 
ein  -^  sie  enthalten  offenbar  die  Antwort    eines  Mannes  auf  die 
Bede  einer  Frau:   im  Gegensatz  zu    dort  entwickelten  Anschau- 
iBgen  wird  von    den  gottgesandten  ^Αται   und    dem  Hasse    der 
&otter  gesprochen,  eine  pessimistische  Weltanschauung,    die    der 
optimistischen  von    der  alles   ausgleichenden  Gerechtigkeit,    der 
Δίκη,  gerade  gegenüber  steht•     Und  nun  betrachte  man  die  vor- 
tt|;egangenen    Verse !     Die    volksthümlich-anthropomorphe    An- 
eehtuung  von  Zeus,  der  die  Sünden  der  Menschen  in  ein  grosses 
Bseh  einträgt  und  nach  den  Listen   dieses  Buches    den  sündigen 
Sterblichen  den  Process  macht,  wird  bekämpft  und  an  ihre  Stelle 
&  höhere  Auffassung  von  einer    allgegenwärtigen  Gerechtigkeit 
peetzt:    wir  glauben   hier    geradezu    die  Philosophin  M^lanippe 
nfen  zu  hören  und  ihre  Weltweisheit  zu  vernehmen,  die  sie  an 
SWle  altvaterischen  Aberglaubens  setzen  will.     Doch  ihren  Aos- 
Aroagen  stellen  sich  die  Ausführungen  eines  Mannes,    der    die 
Wsrisehe  "Άτη    mit   dem  herodoteischen  θείον  φθονηρόν  ver- 


108  Wunsch 

bindet,  entgegen:  ich  glaube  nicht,  daes  wir  irre  gehen,  wenn 
wir  annehmen,  hier  den  durch  den  Tod  der  Theano  verbitterten 
Metapontue  zu  hören.  So  erweisen  sich  diese  beiden  anschei- 
nend disparaten  Fragmente  doch  als  innerlich  zusammengehörig. 
Die  bis  jetzt  nicht  besprochenen  Fragmente  der  beiden  He- 
ianippen enthalten  meist  sprichwörtliche  Weisheit  und  sind  daher 
weder  mit  Bestimmtheit  dem  einen  oder  dem  anderen  Stücke  zuzu- 
weisen noch  ergeben  sie  irgend  etwas  für  den  Gang  der  Hand* 
lung  oder  die  AuffUhrungszeit  desselben.  £e  erübrigt  daher  nooh| 
einiges  zur  Melanippensage  zu  bemerken.  Wilamowitz  hat  an- 
gedeutet, dass  die  gefesselte  Melanippe  Motive  aus  den  Sagen  von 
Ino,  Antiope,  Meleagros  verbunden  habe  (Eur.  Her.  I  89 n«).  In 
der  That  erinnert  die  4.  Fabel  des  Hygin,  welche  uns  eine  der 
Fassungen  der  Inosage  vorführt,  mit  den  zweimal  zwei  Söhnen, 
die  Athamas  mit  Ino  und  Themisto  erzeugt,  und  den  Mordan- 
schlägen der  letzteren  an  das  VerhSltniss  der  Theano  zu  ihrm 
eigenen  und  ihren  Adoptivsöhnen,  also  an  die  von  uns  oonsta- 
tirte  jüngere  Fassung  der  gefesselten  Melanippe.  Die  Aehnlich- 
keit  unseres  Stückes  mit  der  Antiope  haben  wir  bereite  oben  mit 
heran  gezogen,  um  den  Schluss  zu  reconstruiren ;  die  Jagdseene 
und  der  Streit  mit  den  Brüdern  der  Mutter  erinnert  an  Melea- 
gros. In  der  weisen  Melanippe  ist  vielleicht  die  doppelte  Aus- 
setzung der  Kinder  auf  die  Sage  von  der  Alope  zurückzuführen. 
Und  begreiflich  ist  es,  dass  gerade  bei  einem  philosophisch-ten- 
denziösen Drama  —  dass  Melanippe  ihren  Charakter  als  Predi- 
gerin der  Weltweisheit  auch  nach  ihrer  Fesselung  behalten  hat, 
ist  gelegentlich  betont  worden  —  die  Erfindungsgabe  des  Dichters 
mehr  als  gewöhnlich  mit  der  Bearbeitung  des  SagenstojflPee  zu 
thun  hat,  um  den  Boden  vorzubereiten,  auf  dem  seine  Deduetion 
vor  sich  gehen  kann.  Die  Hauptperson  allerdings,  Melanippe^ 
war  ihm  in  der  Sage  gegeben;  doch  erscheint  sie  in  so  wech- 
selnder Umgebung,  dass  man  sieht,  sie  hat  nie  eine  grosse  Bolle 
gespielt.  Ursprünglich  ist  Melanippe  wohl,  wie  der  Name  an- 
deutet, eine  chthonische  Gottheit  gewesen  (zu  erinnern  wäre  aa 
"Αιόηο  κλυτόπωλοο  u.  a.);  es  steht  neben  der  Melanippe  —  wie 
neben  der  Leukippe  ein  Leukippos  —  ein  Melanippos,  der  seine 
Bedeutung  als  Unterweltsgott  besser  gewahrt  hat:  Usener  (de 
carm.  Phoc.  30)  hat  aus  den  Namen  der  Helden,  die  mit  Me- 
lanippos zusammen  von  Patroklos  getödtet  werden  (II.  XVI  695) 
diesem  die  chthonische  Bedeutung  vindicirt;  ein  MeXocvintrcioy 
gab  es  in  Athen  (Harpokration  s.  v.)  und  Pausanias  (IX  18,  l) 


2α  den  Melanippen  des  fiaripidee.  109 

kiBDte  SU  Theben  eia  Grabmal  des  MeUnippos.  —  Ein  Leakippos 
tueht  neben  der  Melanippe  in  den  meiapontinischen  Gründungs- 
iigen  auf:    Strabo  VI  265:    ενταύθα  bk   κα\   τόν  Μετάποντον 
μυθευοαα  και  τήν  Μελανίππην  τήν  δεομώτιν  κα\  τόν  Ü  αύτηο 
BouuTOv  ....  &τι  bi  TIC  κα\  outoc  λόγοο,  ώο  ό  πεμφθείο  ύπό 
τΔν  'Αχαιών  έτή  τόν  ουνοικιεμόν  Λεύκιππος  εΐη,  χρηςάμενοο  bi 
παρά  τών  ΤαραντΙνων  τόν  τόπον  εΐο  ήμέραν  καΐ  νύκτα  μή  άπο- 
bov),   μεθ*  ήμέραν   μέν  λέγιυν  πρΟ€  τούο  άπαιτουνταο  βτι  και 
de  τήν  έφεεή€  νύκτα  αΐτήοαιτο  και  λάβοι,    νύκτωρ   Ö*  βτι  καΐ 
Kpoc  τήν  i£f\c  ήμέραν.     Man  wäre  beinahe  versucht  zu  glauben, 
dais  hier  die  rationalietisohe  Ausdeutung   einer   uralten  Sage  zu 
Gnnde  liegt,  und  daee  diese  Sage  Lenkippos  und  Melanippe  als 
Herrscher   des  Tages   und    der  Nacht  kannte    (vGS   μελάνιπποο 
iesch.  frgm.  69,  λευκόπιυλοο  ήμερα  Aesoh.  Fers.  384,  Soph.  Ai. 
673):  an  Metapont,  die  Stadt  über  der  See,  wo  für  die  Griechen 
die  Sonne  unterging  und  somit  die  Nacht  den  Tag  ablöste,  konn- 
ten sich  dergleichen  Sagen  am  leichtesten  anknüpfen.  —  Einmal 
enekeint  in  der  Verwandtschaft  des  oben  erwähnten  Ikarius   ein 
Leokippos  (Apd.  I  9,  3):  doch  ist  auf  Gegentibersteliungen  der- 
artiger Namen,  wie  Melanippe  (Tochter  des  Aiolos)  —  Lenkippos 
(Enkel  des  Aiolos)  bei  den  griechischen  Mythographen  nichts  zu 
geben:    es   scheint  der  Farbencontrast  ihnen  zu  einer  bequemen 
Auskunft  gedient  zu  haben,  wenn  sie  um  Yerwandtschaftsnamen 
ia  Verlegenheit  waren ;    aus   ApoUodor  allein   habe    ich    notirt : 
Π,  7,  2  Μέλαο-Λευκωπεύε,  I  8,  6,  3:  'Άργοο-Μέλαο,  lU  5,  4 
λύηκ-Νυκτευε. 

Die  Naoht-  und  Unterweltsbedeutung  der  Melanippe  ist  nur 
loeh  aas  diesen  wenigen  Zügen  zu  ersehen:    dagegen  hat  Mela- 
loppe  eine  andere  Seite  ihres  Wesens  stärker  ausgeprägt:  neben 
fcm  Boss  des  Hades  steht  das  Ross  des  Poseidon,  und  als  letz- 
teres  wollte   Preller    (Myth.  Ρ  481)    die    Melanippe    aufgefasst 
vielen.    So  wird  Melanippe   zur  Geliebten   des  Meergottes,   wie 
ee  denn  Pausanias  (IX  1,  1)  als  Nymphe  kennt.     Ihre  genealo- 
pieken  Verbindungen  sind  sehr  schwankend.     Von  ihren  beiden 
tsknen  erscheint  in  den  Genealogien  Boiotos  als  der  wichtigere, 
^  dass  er  überall   dieselben    Eltern    bat,    die    ihm  Euripides 
idegt.     Sohn  des  Poseidon  und  der  Melanippe,  die  mit  Metapont 
tt  Beziehung  gesetzt  wird,  ist  er  nur  bei  Strabo  (VI  265),    der 
^  Fassung  offenbar  aus  derselben  Quelle    hat  wie  Euripides, 
>ir  die  Handlung  nicht  in  Griechenland  spielen  lässt,  sondern  in 
Vsteritalien,  wenigstens  deutet  das  bei  ihm  Folgende  darauf  hin^ 


110  WÜQioh  Zu  den  Meluiippen  des  Euripides. 

wo  er  als  Beweis  dafür,  dass  Melanippe  nicht  sn  Metapont,  son- 
dern zu  Dies  geführt  worden  sei,  den  Yers  ans  Aeins  anführt: 
Δίου  tvi  μεγάροκ  τέκ€ν  εύεώήε  Μελανίτπτη. 

Damit  wird  anf  eine  andere  Sagenform  angespielt,  die  nns 
Diodor  lY  67  —  der  an  anderer  Stelle  (XIX  58)  den  Boiotos  Sohn 
der  Melanippe  und  des  Poseidon  nennt  —  erhalten  hat:  hier  wird 
nicht  Melanippe,  sondern  ihre  Enkelin  Arne  von  Poseidon  ver- 
führt, nach  der  Entdeckung  von  ihrem  Vater  Aiolos  Verstössen, 
und  gebiert  in  Metapont  im  Hause  eines  Gastfirenndes  den  Aiolos 
und  Boiotos.  Arne  erscheint  überhaupt  am  häufigsten  als  Mutter 
des  Boiotos  —  die  Stellen  hat  Welcher,  Tragg.  Π  843  gesam- 
melt. Eine  andere  Genealogie,  die  Stephanus  Byzantios  s.  v. 
ΒοΛοιτία  hat,  lässt  den  Boiotos  von  Itonos,  dem  Sohne  des  Am- 
phictyon  abstammen:  hiermit  stimmt  Paus.  IX  1,  nur  dass  er 
noch  Melanippe  als  Matter  des  Boiotos  nennt.  Welche  Sagen- 
form  dem  Enripides  vorgelegen  und  von  ihm  benutzt  worden,  — 
nachdem  wir  oben  die  fremden  Sagenbestandtheile  ausgesondert 
haben,  bleibt  aus  der  eigentlichen  Melanippe-Sage  wenig  übrig  — 
welche  umgekehrt  von  ihm  vielleicht  beeinflusst  worden  ist,  wage 
ich  nicht  zu  entscheiden ;  neu  erscheint  in  seinem  Drama  der  Zog, 
dass  Melanippe  die  Enkelin  des  weisen  Gentauren  Chiron  ist  — 
dies  geschah,  um  sie  beföhigter  zur  Vertreterin  aufklärender  Weis- 
heitslebren zu  machen.  So  schuf  Enripides  aus  einer  Sage,  die 
wenig  reich  an  handelnden  Gestalten  war,  durch  Verbindung  mit 
Elementen  anderer  Sagen  and  durch  Belebung  vermittelst  Erör- 
terung philosophischer  Tagesfragen  einen  Stoff,  der  für  zwei  Dra- 
men ausreichte.  Von  der  Beliebtheit  derselben  kann  nns  die 
Thatsache  überzeugen,  dass  sie  lange  gelesen  wurden:  für  die 
δεομώτις  beweist  dies  der  ägyptische  Papyrus,  für  die  εοφή  der 
Vers  des  Nonnos  (VIII  236): 

κα(  c€  οοφής  προβέβουλεν  άεώομένηε  Μελανίιπτης. 

Rom.  R.  Wünsch. 


111 


Die  Phoeniker  am  aegaeischen  Meer. 


Herodot  beginnt  seine  ueschichte  mit  der  Schilderung  eines 
pboenikiechen  Marktes  an  der  Küste  von  Argolis;  bei  einer  sol- 
chen Grelegenheit  sei  lo  geraubt  und  nach  Aegypten  entführt 
worden.  Er  glaubte  also,  dass  der  phoenikische  Handel  im 
legaeiechen  Meer  bis  in  die  graueste  Urzeit  zurückginge;  und 
dieee  Vorstellung  ist  in  der  ganzen  späteren  antiken  Geschicht- 
ichreibung herrschend  geblieben,  und  steht  auch  heute  noch  in 
unbestrittener  Geltung. 

£e  sind  die  homerischen  Epen,  an  denen  Herodot  seine  Auf- 
hnwag  gebildet  hat;  oder  wenn  nicht  er  selbst,  so  doch  seine 
ßewilhrsmänner.  Wer  auf  dem  Standpunkte  steht,  dass  Ilias  und 
Odyssee,  so  wie  wir  sie  lesen,  die  Werke  eines  Dichtere  sind, 
*  der  seine  Aufgabe  darin  sah,  die  Zeit  des  troischen  Krieges  zu 
idiildem,  der  kann  nur  so  schliessen,  wie  Herodot  geschlossen  hat. 
Wir  betrachten  heute  das  griechische  Yolksepos  mit  anderen 
An^D,  und  müssen  demgemäss  auch  zu  anderen  Ergebnissen 
bmmen.  Die  folgende  Uebersicht  der  Stellen,  an  denen  die 
Pkoeniker  bei  Homer  erwähnt  werden,  wird  das  ohne  weiteres 
^Itr  legen : 

IiWvioi  Ζ  290.  Ψ  743.  b  84.  618.  ο  118. 

Φο(νικ€ς  Ψ  744.  ν  272.  ξ  288.  ο  415.  417.  419.  473. 

Σιδον(η  (Σι6ών)  Ζ  291.  ν  285.  ο  425. 

Φοινικίη  6  83.  S  491. 

Im  ganzen  also  werden  die  Phoeniker  in  der  Ilias  4  mal 
^ilmt,  in  der  Odyssee  13  mal.  Yon  diesen  Stellen  aber  kommen 
2290f.,  b  83  f.  618,  ο  118  hier  für  uns  nicht  in  Betracht,  da  es 
'U  darin  nicht  um  Fahrten  der  Phoeniker  in  das  aegaeische  Meer, 
fondern  um  Fahrten  der  Anwohner  dieses  Meeres  (Alexandres, 
XeoeUo•)   nach  Phoenikien    handelt.     Phoenikische  Kaufleute  in 


112  Beloch 

Oriechenland  kommen  nur  in  vier  Gesängen  vor:  in  den  Leioben- 
spielen  des  Patroklos  (Ψ  748  f.),  bekanntlich  einem  der  jüngsten 
Stücke  der  Ilias ;  in  den  Erzählungen  des  Odyssens  ν  285  i  288. 
291,  die  nach  Eirchhoff  der  ^späteren  Fortsetzung'  angehören, 
und  in  der  Erzählung  des  Eumaeos  von  seinen  Schicksalen  o408— 
484,  die  Eirchhoff  der  ^jüngeren  Bearbeitung'  dieser  ^späteren 
Fortsetzung'  zuweist.  Bemerkens werth  ist  es  auch,  daes  Glas, 
geschnittene  Steine,  wohlriechende  Salben  bei  Homer  nie  vor- 
kommen; die  Dichter  müssen  also  das  Gefühl  gehabt  haben,  daes 
die  Erwähnung  dieser  Dinge  nicht  stilgerecht  sei,  was  wieder  zur 
Voraussetzung  hat,  dass  solche  Waaren  noch  zur  Zeit  der  Ent- 
stehung der  Odyssee  auf  den  griechischen  Märkten  verhältniss- 
mässig  neu  waren.  Das  Epos  bezeugt  also  phoenikischen  Han- 
delsverkehr nach  dem  aegaeischen  Meere  nur  für  die  Zeit,  in  der 
seine  jüngeren  Schichten  sich  bildeten,  d.  h.  etwa  für  das  Ende 
des  Yin.  und  die  erste  Hälfte  des  VII.  Jahrhunderte;  während 
das  Schweigen  der  älteren  Gesänge  den  Beweis  dafür  zu  geben 
scheint,  dass  in  der  Zeit,  als  der  Eem  unserer  beiden  Epen  ent- 
stand, der  phoenikische  Handelsmann  in  den  griechischen  Häfen 
noch  keine  charakteristische  Erscheinung  war. 

Damit  fällt  helles  Licht  auf  eine  Thatsache,  die  bei  der 
herkömmlichen  Ansicht  über  das  Alter  der  Beziehungen  der  Phoe- 
niker  zu  Griechenland  ganz  unerklärlich  bleibt.  Beicht  der  phoe- 
nikische Handelsverkehr  auf  dem  aegaeischen  Meere  in  unvor- 
denkliche Zeiten  zurück,  so  mussten  die  Phoeniker  die  Lehr- 
meister der  Griechen  in  der  Schifffahrt  werden,  ganz  ebenso  wie 
die  Griechen  selbst  später  die  Lehrmeister  der  Italiker  darin  ge- 
worden sind.  Nun  ist  die  nautische  Terminologie  der  R5mer 
voll  von  griechischen  Ausdrücken  (Schrader,  Handelsgesehiehle 
I  46);  in  der  ganzen,  so  reich  entwickelten  nautischen  Termino- 
logie bei  Homer  aber  findet  sich  kein  einziger  Ausdruck,  den 
man  auch  nur  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  aus  dem  Semi- 
tischen ableiten  könnte  (A.  Müller  in  Bezzenbergers  BeUrägm 
j  I  300).  Daraus  ergiebt  sich  mit  zwingender  Nothwendigkeit  der 
I  Schluss,  dass  die  Schifffahrt  auf  dem  aegaeischen  Meer  sich  ganz 
,  selbstständig,  mindestens  doch  unbeeinflusst  von  den  Phoenikem, 
entwickelt  hat  (Schrader  a.  a.  0.  S.  43).  Die  Entwickelung  der 
Seetüchtigkeit  bei  den  Griechen  musste  nun  aber  mit  der  Besitz- 
nahme der  Inseln  und  der  kleinasiatischen  Westküste  Hand  in 
Hand  gehen;  folglich  sind  die  Phoeniker  erst  in  das  aegaeisehe 
Meer  gekommen,    oder   haben   doch    regelmässige  Verbindungen 


Die  Phoeniker  am  Mgaeischen  Meer.  113 

dorthin  anterbalten  erat  «α  einer  Zeit,   als   die  Hellenen   bereite 
Ib  Kleinasien  aneäseig  waren. 

Wir  yeratehen  jetxt,  wie  der  Name  der  loner  bei  den  orien- 
taliichen  Völkern  zur  Beseichnnng  der  ganzen  griechiecben  Nation 
werden  konnte.  Für  die  Phoeniker  haben  wir  allerdings  in  die- 
ser Beaehnng  bis  jetzt  kein  direktes  Zengniss.  Wohl  aber 
beteiehnen  die  Juden  seit  wenigstens  dem  Anfang  des  VI.  Jahr- 
koderts  die  Hellenen  als  Javan  (Ezech.  27,  13,  Jes.  66,  19, 
TergL  Gen.  10),  nnd  da  sie  von  den  Griechen  in  dieser  Zeit  tiber- 
litapt  nnr  durch  die  Vermittlung  der  Phoeniker  Kunde  haben 
konnten,  auch  dieselbe  Sprache  mit  diesen  redeten,  so  bleibt  kaum 
ein  Zweifel,  dass  die  Phoeniker  die  Griechen  mit  demselben  Na- 
men bezeichnet  haben.  £s  ist  willkürlich,  die  angeführten  Stellen 
der  Bibel  nur  auf  die  loner  Eleinasiens  zu  beziehen,  wie  Stade 
ee  will  (Giessener  Ludwigsprogramm  1880),  denn  die  Phoeniker 
Btteeen  im  VI.  Jahrhundert  eben  so  einen  Gesammtnamen  für 
die  Hellenen  gehabt  haben,  wie  diese  einen  solchen  für  die  Phoe- 
Biker  hatten.  Nun  hat  aber  der  ionische  Name  sich  erat  in  der 
Lindeehaft  gebildet,  an  der  er  durch  das  ganze  Alterthum  haften 
geblieben  ist,  an  der  kleinasiatischen  Küste  von  der  Mündung 
dee  Maeandros  bis  zur  Mündung  des  Hermos  (£.  Meyer,  For• 
^f^geni  9wr  alten  Qtsckichie  1  S.  132,  meine  Dar.  Wanderung^ 
Ά  Mus.  XL  559).  Auch  hieraus  ergiebt  sich  also,  dass  die 
Phoeniker  in  das  aegaeische  Meer  erst  gekommen  sind  zu  einer 
Zeit,  als  die  Griechen  an  dieser  Küste  sesshaft  waren  nicht  nur, 
sondern  als  lonien  bereite  die  wirthschaftliche  Führung  der  Na- 
tion gewonnen  hatte.  Mit  den  Griechen  auf  Kypros  mochten  die 
Berührungen  der  Phoeniker  allerdings  älter  sein;  aber  die  Ky- 
Fner  mussten  ihnen,  bei  ihren  mannichfachen  Eigenthümlichkeiten 
^  ihrer  isolirten  Lage,  zunächst  als  besonderer  Volksstamm 
eneheinen.  Rechnet  doch  noch  die  Völkertafel  der  Genesis 
Kypros  nicht  zu  Javan  schlechtweg,  sondern  nennt  Kittim  einen 
Sohn  Jayans. 

Die  Geschichte  des  griechischen  Alphabets  nöthigt  uns  kei•* 
^wegs  zu  der  Annahme,  dass  die  Phoeniker  schon  vor  dem 
VIL  Jahrhundert  das  aegaeische  Meer  befahren  hätten.  Gehen 
*^h  die  ältesten  uns  erhaltenen  griechischen  Inschriften  nicht 
^  das  VIL  Jahrhundert  hinauf;  nnd  Homer  erwähnt  wie  be- 
^t  die  Schrift  nur  an  einer  einzigen  Stelle,  und  das  in  Aus- 
^ken,  die  deutlich  zeigen,  dass  der  Dichter  selbst  und  seine 
Hörer  nicht  zn  lesen  ventanden.    Die  Gründe  aber,   die  für  ein 

Uita.  Ml•,  f.  PhiloL  N.  F.  XUX.  8 


114•  Belooh 

höheres  Alter  des  Schriftgebranohs  bei  den  Grieohen  beigebracht* 
worden  sind,  haben  nur  subjectiven  Werth ;  ein  n&heree  längehen 
darauf  ist  hier  nieht  erforderlich,  um  so  weniger,  als  die  Auf- 
findung der  Inschrift  von  Neandreia  diesen  Hypothesen  jetit  sum 
grossen  Theil  den  Boden  entzogen  hat.  Auch  wissen  wir  ja  gar 
nicht,  ob  die  Kenntniss  des  Alphabets  den  Griechen  wirklich  durch 
die  Phoeniker  yermittelt  worden  ist,  und  nicht  yielmehr  auf  dem 
Landwege  über  Kleinasien.  Zu  denken  gibt  jedenfalls  die  That- 
Sache,  dass  gerade  der  Theil  der  griechischen  Welt,  der  dem 
phoenikischen  Einfluss  am  längsten  und  am  unmittelbarsten  aus- 
gesetzt gewesen  ist,  die  Insel  Eypros,  die  Buchstabenschrift  erst 
in  Alexanders  Zeit  angenommen  hat.  Und  die  griechischen  Buch- 
stabennamen  scheinen  nicht  aus  dem  Eananäischen,  sondern  aus 
dem  Aramäischen  abgeleitet. 

Ebensowenig  erfahren  wir  aus  phoenikischen  und  überhaupt 
aus  semitischen  Quellen  über  Beziehungen  des  Oriente  zu  G-rie- 
chenland  vor  dem  VIII.  Jahrhundert.  Die  aegyptischen  Texte 
aber  sind  eine  sehr  trübe  Quelle  für  alles,  was  jenseits  der  G-ren- 
zen  des  Nilthaies  und  etwa  noch  Syriens  liegt.  £b  ist  reine 
Willkür,  auf  Grund  von  Inschriften  aus  der  Zeit  der  XVIII. 
Dynastie  zu  behaupten,  dass  die  Phoeniker  schon  damals,  also 
etwa  im  XV.  Jahrhundert,  das  aegaeische  Meer  befahren  hätten. 
Denn  diese  Texte  bewegen  sich  durchaus  in  allgemeinen  Aus- 
drücken: sie  reden  von  'Eeft  und  den  Inseln  im  grossen  Meere', 
von  'Keft,  Asebii  den  Inseln  im  grossen  Meere  und  den  Inseln 
der  Tenau^  (vergl.  Erman  Aegypten  II  661).  Asebi  gilt  gewöhn- 
lich für  Cypem,  was  indess  neuerdings  bestritten  wird ;  dass  unter 
den  ^Inseln  im  grossen  Meere'  die  Inseln  des  aegaeischen  Archi- 
pels, etwa  Bhodos  und  Kreta  zu  verstehen  seien,  ist  eine  ganz 
unbeweisbare  Hypothese,  und  die  Identificirung  der  Tenau,  oder 
wie  dieser  Name  sonst  zu  lesen  sein  mag,  mit  den  Danaern  bleibt 
eine  blosse  Möglichkeit  auch  für  den,  der  das  Volk  der  Danaer 

Vi  für  mehr  hält,  als  ein  Gebilde  des  Mythos.      Mit    blossen   Mög- 
lichkeiten aber  hat  die  Wissenschaft  nichts  zu  thun. 

Dafür  steht  die  monumentale  TJeberliefernng,  soweit  wir 
bis  jetzt  urtheilen  können,  in  bestem  Einklang  mit  dem  Ergeb- 
nisse, zu  dem  wir  oben  gelangt  sind.  Erschöpfend  auf  diese 
Fragen  einzugehen  ist  hier  nicht  der  Ort;  es  mag  genügen, 
einige  Hauptpunkte  hervorzuheben.  Die  Herkunft  des  mykenaei- 
schen  Stils  ist  ja  noch  immer   ein  ungelöstes  Rätbsel;    aber  die 

^    überwiegende    Wahrscheinlichkeit    spricht   doch    dafür,    dass    er 


ί 
■! 


I>ie  Ptioeniker  änl  aegaeischen  Meef.  Il6 

i  oidit  AUS  Phoenikien  stammt.  Wohl  aber  läset  unter  der  Masse 
der  ffljkenaeischen  Funde  eine  kleine  Gruppe  phoenikisohen  ür- 
ipriogs  sich  aussondern:  die  Astartebildoben  und  Tempelohen 
toA  Goldblech,  Tielleicbt  auch  noch  einiges  andere  (Heibig  J^Jpoe* 
8. 33).  Hätte  nun  ein  regelmässiger  und  direkter  Handelsverkehr 
TOB  Phoenikien  nach  dem  aegaeisohen  Meer  bereits  in  der  älteren 
mykenaeischen  Periode  bestanden,  so  mttseten  solche  E^eugnisse 
dee  phoenikisohen  Eunsthandwerks  viel  zahlreicher  vorkommen. 
Min  mag  einwenden,  dass  damals  die  phoenikische  Industrie  erst  in 
ihren  Anfängen  stand,  und  es  ist  ja  möglich,  dass  es  sich  so  verhält; 
dann  kann  aber  auch  ein  ausgedehnter  phoenikischer  Handel  noch 
mcbt  bestanden  haben;  denn  die  ganze  Geschichte,  von  Eorinth 
ind  Athen  bis  herab  auf  das  England  unserer  Tage  gibt  den 
Beweis,  dass  alle  grossen  Handelsvölker  zugleich  auch  Indnstrie- 
T6lker  waren.  Die  grosse  Masse  der  auf  griechischem  Boden  ge- 
hndenen  Erzeugnisse  phoenikischer  Kunst  gehört  nun  aber  der 
Zeit  an,  in  der  nach  dem  Zeugnisse  des  Epos  der  phoenikische 
Seehandel  auf  dem  aegaeischen  Meer  in  seiner  Blüthe  stand,  dem 
Vm.  and  YII.  Jahrhundert;  so  die  Metallschalen,  die  Bronce- 
iehilde  (Orsi  Muieo  Itel.  di  AnL  ckiss,,  II.  punt.  Sp.  151  ff.  des 
S.-A.)y  die  Schmucksachen  aus  der  Nekropole  von  Eameiros  anf 
Rhodos.  Auch  die  Beschreibungen  von  Kunstwerken  in  den  jünge- 
ren Theilen  des  Epos  selbst  stehen,  wie  bekannt,  nnter  dem  Ein- 
^  solcher  phoenikisohen  Arbeiten:  der  Schild  des  Achilleus, 
die  Fibula  des  Odjsseus,  die  goldenen  und  silbernen  *  Hunde ' 
(Sphinxe?)  im  Hause  des  Alkinoos,  das  Wehrgehäng  des  Hera• 
hlee,  und  anderes.  Dagegen  scheinen  die  Kunstwerke,  die  in  den 
Uteren  Theilen  des  Epos  beschrieben  werden,  wie  der  Schild  des 
Sarpedon  und  der  Panzer  des  Agamemnon,  dem  geometrischen  Stil 
«angehören  (Heibig  Epas^  S.  379 ff.).  Auch  in  der  griechischen 
Vasenmalerei  findet  der  orientalisirende  Stil  erst  im  VII.  Jahr- 
bindert Eingang;  und  wenn  er  auch  natürlich  auf  dem  Wege 
^her  Kleinasien  vermittelt  sein  kann,  so  liegt  es  doch  näher, 
dabei  an  den  Einfluss  des  phoenikiscben  Handels  zu  denken.  Es 
hedarf  endlich  keiner  Bemerkung,  dass  phoenikische  Waaren  schon 
'•nge  vor  Eröffnung  einer  direoten  Seeverbindnng  zwischen  Phoe- 
■kien  und  dem  aegaeischen  Meer  auf  indirectem  Wege  eingeführt 
Verden  konnten,  sei  es  zu  Lande  über  Kleinasien,  sei  es  durch 
fe  Yermittelnng  der  Griechen  auf  Kypros,  oder  der  Völker  an 
^  kleinasiatischen  Südküste.  Aller  älteste  Handel  ist  ja  über- 
^npt  Landverkehr;   die  Waaren  gehen  von  Hand  zu  Hand,  von 


116  Beloch 

Stamm  zu  Stamm,  und  so  langeam  diese  Art  des  Yerkehn  fördert, 
80  sicher  verbreitet  sie  die  Errungenschaften  der  Gnltar  über 
ganze  Continente.  Man  denke  an  den  unermessliehen  EinfliiM, 
den  die  Binnenstadt  Babylon  auf  die  Länder  am  Mittelmeer  geübt 
hat.  Eleinasien  bat  die  Brücke  gebildet,  auf  der*  die  Eneng- 
nisse  der  babylonischen  und  aegyptisohen  Industrie  zuerst  naoh 
dem  aegaeischen  Meere  gelangt  sind.  Darum  ist  lonien  früher 
als  jede  andere  griechische  Landschaft  zu  höherer  Gesittung  gelangt; 
denn  hier  öffnen  sich  die  Thäler  des  Maeandros  und  HermoS| 
die  natürlichen  Verbindungswege  zwischen  der  Küste  und  dem 
Inneren  der  Halbinsel,  und  weiter  den  Ländern  am  Euphrat.  Wäre 
die  Einwirkung  der  orientalischen  Cultur  auf  die  Griechen  in 
der  älteren  Zeit  vorzugsweise  auf  dem  Seewege  erfolgt,  so  bliebe 
diese  frühe  Blüthe  loniens  ganz  unverständlich;  denn  zu  Schiff 
gelangt  man  von  Phoenikien  nach  der  Argolis  fast  genau  so  leioht| 
wie  nach  der  ionischen  Küste.  Oder  meint  jemand  etwa  auf  Grund 
der  mykenaeischen  Funde,  dass  die  Wiege  der  griechischen  Cnl* 
tur  in  der  Argolis  gestanden  habe?  Bloss  weil  der  Spaten  in 
lonien  noch  nicht  tief  genug  eingesetzt  worden  ist? 

üeberhaupt  können  wir  uns  die  Hindemisse  kaum  gross 
genug  vorstellen,  die  sich  in  der  älteren  Zeit  dem  Verkehr  zur 
See  entgegenstellten,  soweit  es  sich  dabei  um  mehr  handelte  als 

Xum  einen  Besuch  in  der  Nachbarstadt.  Die  Kleinheit  der  Schiffe 
zwang  dazu,  die  Küste  beständig  im  Geeicht  zu  behalten,  am 
^bend  war  man  genöthigt  zu  landen,  bei  bewegter  See  musste 
die  Fahrt  oft  auf  lange  Zeit  unterbrochen  werden,  überhaupt  war 
die  Schifffahrt  auf  wenige  Sommermonate  beschränkt.  Dazu  die 
Feindseligkeit  der  Küstenbewohner,  die  jeder  Anknüpfung  von 
Handelsbeziehungen  von  vorn  herein  die  grössten  Schwierigkeiten 
in  den  Weg  legte.  Die  Schifffahrt  hat  denn  auch  überall  zuerst 
nicht  dem  Handel,  sondern  dem  Seeraube  gedient,  ganz  besonders 
im  aegaeischen  Meere.  Wie  hätte  sich  der  phoenikische  Kauf- 
fahrer in  dieses  Meer  wagen  sollen,  so  lange  der  Fortschritt  an 
Gesittung  nicht  einigermassen  geordnete  Zustände  an  seinen  üfem 
geschaffen  hatte?  Vereinzelte  phoenikische  Schiffer  mögen  immer- 
hin schon  vorher  dorthin  verschlagen  worden  sein;  aber  hier 
handelt  es  sich  nicht  darum,  sondern  um  regelmässige  directe 
Handelsverbindungen. 

Bei  Fahrten  nach  anderen  Theilen  des  Mittelmeeres  wirkten 
diese  Hindernisse  nicht  ganz  in  demselben  Grade.  Der  Schiffer, 
der  längs  der  Nordküste  von  Afrika  nach  Westen  steuerte,  hatte 


Die  Phoeniker  am  aegaeischen  Meer.  117 

woU  mit  Wind  und  Wellen  zu  kämpfen,  und  den  Gefahren»  wie 
das  Qobekannte  Ufer  sie  barg,  aber  so  lange  er  an  Bord  seines 
Fahnengee  blieb,  oder  den  Btickzng  dorthin  frei  hatte,  war  er 
i^^etk  jeden  Angriff  gesichert;  denn  die  Bewohner  der  Küste 
Libyens  und  überhaupt  alle  Völker  am  westlichen  Mittelmeer 
haben  bis  zur  Ankunft  der  Phoeniker  and  Hellenen,  ja  zum  Theil 
loeb  viel  spSter  nur  die  ersten  Kudimente  der  Schiffahrt  gekannt. 
Und  bei  der  tiefen  Culturstufe^  auf  der  alle  diese  Völker  noch 
itanden,  war  es  hier  für  die  Phoeniker  vcrhältnissmässig  leicht, 
feite  Stützpunkte  für  ihren  Handel  in  Besitz  zu  nehmen  Auch 
waren  aus  Afrika,  und  noch  mehr  aus  Iberien  sehr  viel  werth- 
▼ollere  Waaren  zu  holen,  als  vom  aegaeischen  Meer.  £s  w&re 
also  immerhin  denkbar,  dass  sich  von  Tyros  nach  Libyen,  oder 
eelbet  nach  Tartessos  hin  eher  ein  regelmässiger  Handelsverkehr 
entwickelt  hätte,  als  nach  den  Küsten  loniens  oder  des  Peloponnes. 
Die  Nekropolen  von  TJtica  und  Gades  werden  uns  dereinst  über 
diese  Frage  sicheren  Aufschluss  geben;  für  jetzt  aber  berechtigt 
1UI8  nichts  zu  der  Annahme,  dass  die  Phoeniker  eher  als  die 
Hellenen  in  das  westliche  Mittelmeer  gekommen  sind,  also  vor 
dem  Vlll.  oder  dem  Ende  des  IX.  Jahrhunderts. 

Blicken  wir  zunächst  auf  Sicilien.  Thukydides  erzählt  uns 
u  einer  bekannten  Stelle  (VI  2,  6),  es  hätten  einst  Phoeniker 
Mf  Torgebirgen  und  Küsteninselchen  rings  um  die  ganze  Insel 
gesessen,  und  sich  erst  vor  den  Hellenen  nach  den  Plätzen  im  Westen 
<vückgezogen,  die  sie  noch  in  historischer  Zeit  behaupteten. 
Aber  was  bedeutet  denn  das  Zeugniss  eines  Historikers  des  aus- 
gebenden V.  Jahrhunderts  —  und  auch  Thukydides  Quelle  kann 
nicbt  viel  älter  gewesen  sein  —  für  Thatsachen,  die  seiner  Zeit 
ixa  3 — 4  Jahrhunderte  vorausliegen  ?  Gab  es  doch  eine  wirklich 
frische  üeberlieferung  nicht  einmal  über  die  Gründung  der 
Sltesten  hellenischen  Colonien  auf  Sicilien;  was  die  Späteren 
darüber  zu  berichten  wissen,  beruht  theils  auf  Bückschlüssen  aus 
den  Zuständen  der  geschichtlichen  Zeit,  theils  auf  mündlich  fort- 
gepflanzter Sage.  In  diesen  Sagen  nun  spielen  wohl  die  urein- 
gMessenen  Sikeler,  niemals  aber  die  Phoeniker  eine  Bolle.  So 
Wiohtet  uns  Thukydides  selbst  (VI  8,  2),  dass  der  Korinthier 
Arckias  seine  Ansiedlung  auf  Ortygia  gründete  Σικελούς  έίελά- 
^  πρώτον  έκ  τής  νήσου;  und  doch  gibt  es  an  der  ganzen  Küste 
Seiliens  keinen  zweiten  Punkt,  der  Thukydides  eigener  Beschrei- 
^g  von  der  Lage  der  ältesten  phoenikischen  Ansiedinngen  so 
geaan  entapräche,  wie  eben  Ortygia.     In  der  That  ist  gerade  die 


118  Belooh 

unmittelbare  TJmgebtmg  von  Syrakne  sehr  reich  an  eikelieeh^ 
Nekropolen;  die  Celonie  karthagiecher  Eaufleate  aber,  die  ai 
Beginn  des  lY«  Jahrhunderte  in  Syrakne  bestand  (Diod.  XIY  46 
hat  mit  einer  pboenikischen  Α  η  Siedlung  aus  vorgriechiecher  Ze 
gerade  so  viel  zu  thun,  wie  etwa  die  heutige  deutsche  Colonie  i 
Palermo  mit  der  Herrschaft  der  Hohenstaufen.  Auch  in  Zank 
(Thuk.  VI  4,  5)  und  in  der  Gegend  von  Megara  (Thuk.  VI  4,  : 
sollen  die  griechischen  Ansiedler  Sikeler  vorgeAinden  haben ;  ui 
dasselbe  erzählt  Diodor  (XIV  88,  nach  Timaeos)  von.  Naxos.  Ma 
könnte  versucht  sein,  die  kleine  Halbinsel  Thapeos  swischen  S; 
rakus  und  Megara  ihres  Namens  wegen  als  Sitz  einer  alten  pho* 
nikisohen  Ansiedlung  in  Anspruch  zu  nehmen ;  aber  es  finden  sie 
dort  ausschliesslich  sikelische  Gräber  und  Thonwaaren  (Orsi  i; 
Bull  Hol.  di  Paletnologia  XVII,  1891  S.  135,  vergl.  Cavalla 
imArchivio  Storico  Sicüianoj  nuova  serie,  vol.  V,  1880).  £bei 
sowenig  Recht  hat  Herakleia  Minoa  darauf,  als  alte  phoenikiscl 
Niederlassung  zu  gelten.  Denn  diese  Stadt  ist  eine  selinuntisol 
Gründung  (Herod.  V  46),  Minoa  genannt  nach  der  Insel  in  di 
Nähe  des  griechischen  Megara,  das  ja  indirekt  die  Mutterstadt  vo 
Selinus  war.  £twa  um  500  wurde  dann  dieses  sicilische  Mine 
von  den  Leuten  des  Spartaners  Dorieus  in  Besitz  genommen,  uii 
erhielt  zu  Ehren  von  dessen  mythischem  Stammvater  Herakles  de 
Namen  Herakleia,  den  vorher  schon  die  von  Dorieus  selbst  am  Ery 
begründete  Colonie  geführt  hatte  (Diod.  IV  23).  Die  Legende  R< 
Melqart  auf  den  Münzen  von  Herakleia  aus  der  Zeit  der  karth: 
gischen  Herrschaft  (c.  380 — 250)  ist  also  nichts  weiter  als  d 
üebersetzung  des  griechischen  Stadtnamens  (Head  JSt^^  Num.  S.  124 
Ueberhaupt  aber  ist  in  dem  griechischen  Theile  Siciliens  niemal 
ich  sage  nicht  ein  phoenikischer  Begräbniesplatz,  aber  nicht  eii 
mal  ein  einzelnes  phoenikisches  Grab  aufgedeckt  worden  (Or 
a.  a.  0.). 

Gegenüber  diesen  Thatsachen  lässt  sich  die  Angabe  d< 
Thukydides  nicht  anft'echt  erhalten,  es  hätten  einist  Phoenik( 
rings  am  Sicilien  gesessen.  Wir  können  aber  auch  nachweise 
wie  Thukydides,  oder  vielmehr  seine  Quelle  zu  dieser  Ansid 
gekommen  ist.  Eine  der  liparischen  Inseln  heisst  Φοινικου(ΤΟ 
öder  Φοινιιέώοης,  eine  Ortschaft  zwischen  Messene  und  Taur 
menion  ΦοίνιΕ  (Appian,  Bür geriet,  V  HO)  oder  Φοινίκη  (Poljrae 
V  3,  6  vergl.  Pais  "Ατακτα  S.  85  ff.),  ein  Hafen  bei  Helori 
heisst  Φοινικους  (Ptol.  III  4,  8 ,  Steph.  Byz.  ΆκράγανΤ€^ 
Dass  solche  Namen  —  es  mögen  noch  andere  vorhanden  gewe8< 


Die  Phoeniker  am  MgAeiecbon  Meer.  119 

Mm  —  mit  den  Fhoenikern  nicht  das  geringste  zn  thon  haben, 
liegt  auf  der  Hand.  ΦοινικοΟσσα  bedeutet  '  Palmenineer,  wie 
•ehon  Strabon  (VI  276)  und  die  Quelle  des  unter  Arietotelee 
Namen  überlieferten  Wunderbuches  (c.  132)  gesehen  haben.  Die 
Stidt  Φοινίκη  heisst  in  den  römischen  Itinerarien  Palma  oder  Ta- 
auurioium  (Holm  Beitrüge  Mur  Berichtigung  der  Karte  des  alten 
SidUenSf  Progr.  Lübeok  1866  8.  11).  Aber  hier  wie  überall,  wo 
ne  eich  in  der  griechischen  Welt  finden,  haben  derartige  Orts- 
osmen  den  Beweis  für  eine  phoenikische  Colonisation  abgeben 
mfiisen.  Wenn  noch  Holm  sagt  {Gesch.  Sic.  I  82):  'nördlich 
Tom  Vorgebirge  Pachynon  wird  in  der  Nähe  der  Stadt  Heloros 
ein  Hafen  Phoinikus  erwähnt;  also  hatten  sich  auch  hier  Phoe- 
meier  angesiedelt  —  dürfen  wir  uns  da  wundern,  dass  Antio- 
ekoe  oder  wer  sonst  die  Vorlage  des  Thukydides  gewesen  ist, 
deaaelben  Schluss  machte? 

Aber  nicht  nur  für    das  Bestehen  phoenikischer  Niederlas- 
inngen,   auch  für  einen  phoenikischen  Handel    nach    dem  Osten 
Sieiliens  in  Yorhellenisoher  Periode    fehlt  es  an  jedem  Beweise; 
oier  rielmehr  es  lässt  sich  beweisen,    oder   doch  höchst   wahr- 
loheinlich  machen,    dass    ein    solcher  Handelsverkehr   nicht    bor 
etanden  hat     Die  Ausgrabungen  Paolo  Orsi's,  des  hochverdienten 
Direotors   des  Nationalmuseums  in  Syrakns,    haben    uns    in   den 
leisten  Jahren  eine  Reihe    von  sikelischen  Nekropolen    aus   der 
Zeit  vor  der  griechischen  Colonisation   kennen  gelehrt    (Berichte 
dtruber  im  Bfdletino  itaUano  di  Faletnologia  1889,  1891,  1892). 
Die  Funde  zeigen,  dass  die  Cultur  der  Sikeler  bereits  in  hohem 
Megge  von  der  'mykenaeischen    Cultur  beeinflusst  war.    Dieselben 
Vtsenformen  wie  in  Mjkenae  und  Troia,  kehren  in  Sicilien  wieder, 
ji  im  Felsengrab  von  Milocca  (oder  Matrensa)  bei  Syrakus  fanden 
ofik  importirte  mykenaeische  Vasen  des  '  dritten  Stils '  {Bull.  XV, 
1B8I^  S.  197  ff.,  vergl.  Furtwängler  und  Loeschoke  Mgken.  Vasen 
8.47),   und  in  der  Nekropole  von  Caetelluccio    bei  Noto   Frag- 
mente griechischer  geometrischer  Vasen  (BuU.  XVIIl,  1892  S.  13 
Iit  HI  1,  3).     Bronceschwerter    von    derselben    Form    wie    in 
Vykeoae  fanden  sich  in  der  Nekropole  auf  dem  Plemmyrion  {Bull. 
ITII,    1891,   S.  135),  Messerklingen  ähnlich  denen  aus  Mykenae 
«nd  Troia  in  Pantalica  {Butt.  XV  S.  178  f.).      Ganz    neuerdings 
lad  noch  weitere  Funde  derselben  Art  gemacht  worden.     Dage- 
fen  fehlen  alle  charakteristischen  Erzeugnisse  der  phoenikischen 
Isdastrie,  wie  Waaren  aus  Glas,  Smalt,  Elfenbein,  edlem  Metall 
^  ähnliches ;  oder  sie  kommen,  wenn  überhaupt,  doch  nur  ganz 


120  Belooh 

Tereinzelt  vor.  £e  wird  dadaroh  im  höchtten  Chrade  nnwdir- 
echeinlioh,  dase  der  Einflass  der  mykenaeieobeii  Gnltnr  auf  die 
Sikeler  durch  den  phoenikiecheo  Handel  vermittelt  ist 

Haben  also  die  Griechen  selbst  jene  Gegentttnde  eingefüüirt, 
beziehnngsweise  die  Master,  nach  denen  sie  im  Lande  gefertigt 
Würden  ?  Bisher  sind  noch  in  keiner  griechischen  Nekropole  de• 
Westens  mykenaeische  Vasen  oder  überhaupt  irgend  welche  Spo- 
ren des  mykenaeischen  Stils  zu  Tage  gekommen.  Wir  dürfen 
allerdings  nicht  vergessen,  dass  in  den  Nekropolen  der  ohalkidi- 
schen  Colonien  auf  Sicilien  systematische  Ausgrabungen  noch  nie- 
mals vorgenommen  worden  sind,  und  dass  die  Necropoli  del  Fnsoo 
bei  Syrakus  zu  weit  von  Ortygia  entfernt  liegt,  als  dass  wir  in 
ihr  den  Platz  erkennen  dürften,  an  dem  die  ersten  korinthischen 
Ansiedler  ihre  Todten  bestatteten.  Auch  die  Nekropolis  von  Me- 
gara  ist  bisher  erst  zum  kleinsten  Theile  erforscht.  Mag  aber 
der  mykenaeische  Stil  zur  Zeit  als  die  Besiedelung  Siciliens  beganUi 
bereits  ausser  Gebrauch  gewesen  sein,  so  steht  es  doch  sicheri 
dass  er  sich  neben  dem  Dipylonstil  bis  ins  VIII.  Jahrhundert 
behauptet  hat.  Es  wäre  leicht,  das  ausführlich  naohznweisen ; 
der  Kürze  wegen  will  ich  mich  auf  Furtwängler  berufen»  der  eben 
in  der  Erschliessung  des  Westens  durch  die  Chalkidier  und  Eorinthier 
eine  der  Hauptursachen  sieht,  welche  den  Verfall  der  mykenaeischen 
Cultnrp^riode  herbeigeführt  haben  (in  Boschers  XAiPÜbon  I  Sp.  1754). 
Nun  ist  es  ja  klar,  dass  dem  Beginn  der  griechischen  Coloniea- 
tion  an  den  Küsten  Italiens  und  Siciliens  eine  Periode  des  Han- 
delsverkehrs und  Seeraubes  vorhergegangen  sein  muss ;  und  noch 
früher,  lange  ehe  die  Griechen  selbst  nach  Sicilien  schifiten,  mois 
über  die  Strasse  von  Otranto  herüber  eine  Verbindung  zwischen 
den  beiden  benachbarten  Halbinseln  bestanden  haben.  In  der 
That  sind  in  Messapien  Scherben  mykenaeischer  Vasen  gefunden 
worden,  obgleich  die  praehistorische  Durchforschung  dieses  Ge- 
bietes noch  in  den  ersten  Anfängen  steht.  Wir  brauchen  also 
keineswegs  die  Phoeniker  zu  Hülfe  zu  rufen,  um  die  Einwirkung 
der  mykenaeischen  Cultur  auf  die  Urbewohner  Siciliens  zu  erklären. 

Zu  welcher  Zeit  die  phoenikischen  Ansiedlungen  im  N.W. 
der  Insel  begründet  sind,  entzieht  sich  durchaus  unserer  Kennt- 
niss.  Nur  soviel  ist  klar,  dass,  als  Selinus  und  Himera  erbaut 
wurden,  also  um  die  Mitte  des  VII.  Jahrhunderts,  die  Macht  der 
Phoeniker  auf  Sicilien  noch  in  ihren  ersten  Anfängen  stand,  da 
sie  der  Gründung  dieser  griechischen  Pflanzstädte  keine  Hinder- 
nisse in  den  Weg  legten  oder  in  den  Weg  zu  legen  vermochten. 


Die  Phoeniker  am  aegaeisohen  Meer.  112 

Noch  bei  der  Enählnng  von  der  üntemehmang  des  Pentathloe, 
der  um  580  den  Versach  machte,  am  Vorgebirge  Lilybaeon  sieh 
festzusetzeDy  epricht  unser  bester  Bericht  (Timaeos  bei  Diod.  V  9) 
aar  τοη  Kämpfen  gegen  die  Elymer.  Es  ist  demnach  kaum 
tahncbeinlich,  dass  die  Phoeniker  auf  Sicilien  vor  dem  VII.  Jahr- 
hundert sich  niedergelassen  haben ;  jedenfalls  haben  sie  erst  nach 
den  Griechen  begonnen,  regelmässige  Handelsbeziehungen  mit  der 
heel  zu  unterhalten. 

Ist  das  richtig,  so  muss  dasselbe  auch  von  der  Westküste 
Italiens  gelten.  In  der  That  werden  die  Phoeniker  von  den  Kö- 
Ββπ  mit  griechischem  Namen  alsPoeni  bezeichnet;  die  Römer  haben 
tleo  die  Phoeniker  erst  kennen  gelernt,  als  sie  bereits  mit  den 
firieohen  in  regem  Verkehr  standen.  Auch  ist,  wie  schon  er- 
vabt,  die  nautische  Terminologie  der  Römer  voll  vos  griechi- 
ιώβΒ  Ausdrücken,  während  phoenikische  Ausdrücke  darin  so  gut 
wie  ganz  fehlen ;  ein  neuer  Beweis,  dass  von  den  beiden  grossen 
seefahrenden  Nationen  des  Alterthums  die  Griechen  zuerst  in 
cogere  Beziehungen  zu  Latium  getreten  sind.  Was  aber  von 
Latiun  gilt,  muss  auch  von  dem  benachbarten  Etrurien  gelten, 
wie  denn  Latiner  und  Etrusker  ihr  Alphabet  dem  griechischen, 
keineswegs  aber  dem  phoenikischen  entlehnt  haben.  Man  hat 
den  griechischen  Namen  von  Caere:  Agylla,  aus  dem  Phoenikischen  >V 
ableiten  wollen;  aber  diese  Etymologie  ist  gerade  so  werthlos, Λ 
wie  alle  derartigen  Etymologien  überhaupt,  ein  Punkt,  auf  den  wir 
weiter  unten  zurückkommen  werden.  Und  die  phoenikischen  Indu- 
itrieartikel,  die  sich  in  den  Schachtgräbem  von  Tarquinii  und 
^etolonia  finden,  können  sehr  wohl  durch  griechische  Vermitte- 
^g  importirt  sein.  Martha  schreibt  darüber  {Art  Etrusque, 
Pariel889  S.  72):.  La  prosence  dans  les  pozzi  d*objects  de  style 
onental  comme  le  vase  k  roulettes  et  le  scaraboe,  ne  prouve  pas 
Mntre  l^ypoth^e  d'une  importation  hell^nique.  Pendant  des 
li^les  la  Grice  a  eti  inond^e  d'articles  phiniciens.  Es  beweist 
tßt  nichts,  dass  in  diesen  Gräbern  griechische  Vasen  noch  nicht  I 
vorkommen;  denn  die  Barbaren  Etruriens  mussten  offenbar  an  ' 
orientalischem  Tand  viel  eher  Gefallen  finden  als  ihnen  der  Sinn 
^  die  Schönheit  der  griechischen  Thonwaare  aufging. 

Die  Behauptung  aber,  dass  das  italische  Pfund  von  273  gr 
«^h  die  Phoeniker  nach  dem  Westen  gekommen  sei,  ist  eine 
l^ox  unerweisliche,  oder  vielmehr  nachweislieh  irrige  Hypothese, 
^nn  die  römischen  Hohlmaasse  sind,  wie  die  Namen  zeigen, 
^  Grieehen  entlehnt;  das  italische  Pfund  aber  ist  aus  dem  Hohl- 


122  Beloch 

maaeee  abgeleitet.  Und  es  ist  reine  Willkür,  den  eieiliedi-römi 
Beben  von  dem  attieoben  Medimnoe  su  trennen  (vergl.  C.  F.  Leb 
mann,  Hermes  27,  1892,  S.  535  ff.).  Als  die  Oriecben  sich  ii 
Sioilien  nnd  Italien  niederliessen,  bracbten  sie  bereite  ein  ansge 
bildete?  Gewicbts-  nnd  Maaseeystem  mit:  denn  der  Beginn  de: 
Münzprägung,  der  das  Beeteben  solcber  Systeme  in  Orieobenlan« 
znr  Yorauseetzang  bat,  ist  dem  Beginn  der  Golonisation  de 
Westens  etwa  gleiobzeitig.  Von  den  Pboenikem  hatten  sie  ii 
dieser  Beziebung  nicbts  mebr  zu  lernen,  von  den  Italikem  nattr 
lieb  noch  weniger;  sie  baben  siöb  aber  dem  Gebranoh  der  Its 
liker  insoweit  angepasst,  daes  sie  ibre  Halbmine  als  Pfund  (Libra 
bezeichneten  nnd  duodezimal  theilten. 

Was  Sardinien  angebt,  so  fehlt  nach  dem  ürtbeil  des  beste: 
Kenners  der  dortigen  Alterthümer,  Prof.  Ettore  Pais  in  Pisa  jede 
monumentale  Beweis  einer  phoenikischen  Golonisation  oder  phoc 
nikischen  Handels  in  vorkartbagischer  Zeit,  d.  b.  vor  dem  71 
Jahrhundert. 

lieber  die  Zeit  der  Begründung  der  phoenikisoben  Goloniei 
in  Afrika  besitzen  wir  keine  irgend  verlftssliobe  Ueberliefemng 
Selbst  die  Anfänge  Karthagos  sind  in  das  Dunkel  der  Sage  ge 
hüllt,  und  die  Ansätze  des  Gründungsdatums  geben  demgemSs 
weit  auseinander.  Ich  verweise  dafür  auf  die  Ausführungen  Mel 
zers.  In  solchen  Fällen  ist  es  immer  gerathen,  sich  an  die  nie 
drigste  Zeitbestimmung  zu  halten;  das  ist  hier  der  Ansatz  de 
Timaeoe  auf  814/3.  Damit  ist  noch  nicht  gesagt,  dass  diese 
Ansatz  der  richtige  ist;  Karthago  kann  recht  wohl  noch  etwa: 
später  gegründet  sein,  wie  es  denn  erst  im  Lauf  des  Tl.  Jahr 
hunderte  in  der  Gresobichte  erscheint,  allerdings  bereits  als  be 
träcbtliche  Macht.  Jedenfalls  gehen  die  bisher  an  der  Stätte  Kar 
thagos  aufgedeckten  Gräber  nicht  über  das  VII.  Jabrhnnder 
hinauf. 

Karthago  heisst  ^Neustadt*;  natürlich  mit  Bezug  auf  di 
Mutterstadt  Tyros,  nicht  auf  die  Scbwestercolonien  in  Afrik 
(Melzer  I  S.  91).  Es  würde  in  der  That  aller  Analogie  widei 
sprechen,  wenn  die  Phoeniker  andere  Städte  an  dieser  Küste 
z.  B.  Utica,  Jahrhunderte  eher  gegründet  hätten,  als  das  eoyie 
günstiger  gelegene  Karthago.  Ist  also  Karthago  am  Ausgang 
des  IX.  oder  vielleicht  erst  im  Laufe  des  VIII.  Jahrhundert 
erbaut,  so  wird  überhaupt  der  Beginn  der  phoenikisoben  Coloni 
sation  in  Nordafrika  ungefähr  in  dieselbe  Zeit  fallen. 


Die  Phoeniker  am  aogaeiscben  Meer.  133 

Nun  wird  allerdioge  in  einem  Fragment  der  phoenikieohen 
Geeciichte  des  Menandroe  von  Epheeoe,  das  nne  Joeephns  erhalten 
iiet  (g.  Äpian  I  18  =  Archaeol.  VIII  5,  3    und    daraus  Enseb. 
1 117  Schoene)  von  einem  Eriegszng  erzählt,  den  König  Hiram 
Ton  Tjros,  der  Zeitgenosse  Salomons,  gegen  das  abgefallene  Utica 
Qotemommen  hätte.     Das  würde  also  die  Gründung  dieser  Stadt 
bis  wenigstens  in  das  X.  Jahrhundert  hinaufiücken.     Indess  der 
Ntme  der  abgefallenen  Stadt  ist  in   den  Handschriften    an    allen 
dm  Stellen  corrupt,   und  Ίτυκαίοις,    wie  die  neuesten  Ausgaben 
leien,  ist  erst  von  Gutschmid  in  den  Text  hineincorrigirt.     Viel 
Aiher  liegt  doch  offenbar  die  Annahme,  dass  Hiram   gegen  eine 
Stadt  Syriens  zu  kämpfen  hatte.     Nehmen  wir  aber  auch  an,  dass 
Menandros  wirklich  Ίτυκαίοις  geschrieben,  und  die  libysche  Stadt 
dieses  Namens  gemeint  hat,   so  steht   doch  die  Tbatsache  selbst 
damit  noch  lange  nicht  sicher.      Selbst  Eduard  Meyer,    der  den 
fiericht  des  Menandros  in  seinen  Text  aufnimmt,  erhebt  den  Zweifel, 
ob   diese  Angabe  *  grössere    Zuverlässigkeit   in    Anspruch    neh- 
men könne,    als   die  anderer  orientalischer  Annalen,    oder  z.  fi. 
des  Josephus*  {Gesch.  des  ÄUerth.  I  S.346).     Wie  es  in  Wahrheit 
4amit  bestellt  ist,  zeigt  die  Notiz,  König  Itubaal  von  Tyros  (ca. 
ββ5— 854)  habe  Auza  in  Libyen  gegründet,    womit   nach   allge- 
meiner Annahme  nur  Auzia  in  der  Nähe   des    heutigen  Anmale, 
tief  im  Binnenlande  Algeriens,   gemeint  sein  kann.     Die  phoeni- 
kischen  Colonien  liegen  fast  ausnahmslos  an  der  Küste,  und  selbst 
Karthago  auf  der  Höhe  seiner  Macht    hat  diese  Gegend  niemals 
beherrscht;  hat  es  da  auch  nur  die  geringste  Wahrscheinlichkeit, 
dass  die  Phoeniker  bereits  im  IX.  Jahrhundert  sich  dort  festge- 
setzt haben  sollten? 

Auch   die  Gründung  Karthagos   weiss  Menandros    auf  Jahr 

^d  Monat  zu  bestimmen,    obgleich  es  doch  darüber,    wie  heute 

niemand  bezweifelt,  einen  urkundlichen  Bericht  nicht  gegeben  hat• 

Sollen  wir  also  seinen  Angaben   über   die  ältere  Geschichte  der 

tbrigen  phoenikischen  Colonien  in  Libyen  Glauben  schenken,  und 

ttt  die  Annahme  überhaupt  zulässig,  dass  eine  historische  üeber- 

Wening  sich  erhalten  hatte  über  Ereignisse,   die  der  Gründung 

^Mi  Karthago  vorausliegen? 

Gades  an  den  Säulen  des  Herakles  soll  wenige  Jahre  vor 
Utica  gegründet  sein,  um  die  Zeit,  als  die  Dorier  mit  Eodros 
liaipften  und  Megara  gründeten  (Vell.  12,  4);  es  ist  klar,  dass 
'iMe  Angabe  gerade  so  viel  oder  so  wenig  Werth  hat,  wie  das 
Uwrliefert«  Gründungsdatum  von  Utica  selbst,  oder  die    chrono- 


lU  Beloch 

logischen  Ansätze  der  Grttndnog  Karthagos.  Tarsis  wird  alle 
dings  in  der  mosaischen  Völkertafel  aofgefUhrt,  aher  erst  in  d« 
jüngeren  Einlagei  die  etwa  um  600  entstanden  ist.  und  d 
Angabe,  dass  Salomon  für  den  Handel  mit  Ophir  einen  'Tarsi 
fahrer'  erbanen  Hess  (Reg,  I  9,  26  ff.)  beweist  natürlich  für  St 
lomons  Zeit  nichts,  sondern  nur  für  die  Zeit  der  Entstehung  d« 
deateronomistischen  Geschicbtswerkes  (VI.  Jahrhundert).  Mn 
hat  nun  freilich  behauptet,  dass  die  Entwerthung  des  Silbers,  d 
zu  irgend  einer  sehr  frühen  Zeit  im  Orient  eingetreten  sein  sol 
eine  Folge  der  Erschliessung  der  iberischen  Silberbergwerke  dun 
die  Phoeniker  gewesen  sei;  aber  das  ist  eine  ganz  willkttrlicl 
Hypothese,  auch  abgesehen  davon,  dass  die  Thatsache  selbst,  d 
dadurch  erklärt  werden  soll,  nichts  weiter  ist,  als  eine  vage  Ye 
muthung  (vergl.  E.  Meyer,  Gesch,  des  ÄUerth.  I  S.  227). 

Das  erste  historische  Zeugniss  für  das  Bestehen  eines  Hai 
delsverkehrs  von  Phoenikien  nach  Tartessos  bietet  Jesaja  im  let 
ten  Drittel  des  VIII.  Jahrhunderts  (2,  16;  28,  6.  10.  14;  [60,1 
66,  19]);  doch  ist  die  Echtheit  des  hauptsächlich  in  Betracl 
kommenden  Cap.  23  zweifelhaft.  Dieser  Verkehr  mag  di 
male  immerhin  bereits  seit  längerer  Zeit  bestanden  haben;  ab« 
wir  haben  bis  jetzt  keinen  Grund,  seine  Anfänge  über  das  VII 
Jahrhundert  hinaufzurücken.  Hat  es  doch  an  und  für  sich  d 
höchste  Wahrscheinlichkeit,  dass  die  Phoeniker  sich  erst  in  L 
byen  festgesetzt  haben,  ehe  sie  daran  denken  konnten,  nach  de 
Säulen  des  Herakles  vorzudringen.  Noch  als  der  Samier  Eolaec 
nach  Tartessos  gelangte,  gegen  das  Ende  des  VII.  Jahrhundert 
war,  nach  Herodots  Zeugniss  (IV  152)  τό  έμπόριον  τούτο  άια 
ρατον  τούτον  τον  χρόνον,  wie  denn  Eolaeos  in  der  That  übe 
reichen  Gewinn  von  seiner  Fahrt  heimbrachte;  das  aus  dem  Zehnte 
gestiftete  Weihgeschenk  stand  noch  zu  Herodots  Zeit  im  Heraec 
auf  Samos.  Ist  es  da  wahrscheinlich,  dass  die  Phoeniker  sehe 
seit  langen  Jahrhunderten  an  den  spanischen  Küsten  Handel  tri 
ben  und  Factoreien  gegründet  hatten?  Die  Art,  wie  Gutsohm: 
diese  Schwierigkeit  zu  lösen  sucht  (KL  Schriften  II  S.  69):  d 
alte  Verkehr  der  Phoeniker  mit  Tartessos  sei  gerade  im  VI 
Jahrhundert  unterbrochen  gewesen  [undGades?],  gibt  den  best« 
Beweis  für  die  Richtigkeit  des  Gesagten. 

Wir  kommen  also   zu  dem  Ergebniese,    dass  Hellenen    ui 

I    Phoeniker  ziemlich  gleichzeitig  in  das  westliche  Mittelmeer  gelanj 

sind.     Auf  Sicilien,  in  Italien,  an  der  keltischen  Südkttste,  wan 

die  Hellenen  die  ersten;    in  Libyen,  auf  Sardinien,    in  Tartees< 


Die  Pboeniker  am  aegaeischen  Meer.  125 


:V 


~t 


die  Pboeniker.  Der  Zaeammenetoee  zwischen  beiden  Seevölkern 
erfolgte  im  VI.  Jahrhundert  auf  Sicilien,  bei  Coreica  und  inibe 
rien.  Da  nun  die  grieohische  Colonieation  des  Westens  nicht  vor 
dem  VIII.  Jahrhundert  begonnen  hat,  so  wird  anch  der  Beginn 
der  phoenikischen  Colonieation  nicht  wesentlich  früher  angesetzt 
werden  dtrfen.  Ee  ist  das  dieselbe  Zeit,  in  der  nach  dem  Zeug- 
UM  des  Epos  die  regelmässigen  Handelsfahrten  der  Pboeniker 
Bteh  dem  aegaeischen  Meere  ihren  Anfang  nahmen. 

Ist  das  bis  hierher  Ausgeführte  richtig,  so  ergibt  eich  daraus 
uit  zwingender  Nothwendigkeit  der  Schluss,  dass  phoenikische  W 
Colonien  am  aegaeischen  Meere  niemals  bestanden  haben.  Denn  in  λ 
ciaer  Zeit  wo  die  Griechen  begannen  nach  allen  Seiten  über  die 
Grenzen  hinauszudringen,  innerhalb  deren  ihre  Geschichte  bisher 
eich  abgespielt  hatte,  können  fremde  Ansiedlungen  auf  griechi- 
<ehem  Boden  nicht  mehr  gegründet  worden  sein.  Wir  wollen 
Aber  hier  zun&chst  von  diesem  Resultat  absehen  und  versuchen, 
die  Frage  auf  anderem  Wege  zur  Lösung  zu  bringen. 

Bekanntlich  hat  sich  bisher  am  aegaeischen  Meer  weder  eine 
Phoenikiaehe  Nekropole,   noch  überhaupt  irgend    eine  Spur  einer 
phoenikischen  Ansiedlung  gefunden.  Schalen  von  Purpurschnecken, 
^e  zur  Gewinnung  des  Saftes  aufgebrochen  sind,  finden  sich  frei- 
lich in  Massen  an  den  griechischen  Küsten,    z.  B.    bei  Gytheion 
^  Lakonien,  auf  Eythera  und  auf  der  kleinen  Insel  Hagios  Geor- 
Sioe  im  Sunde  von  Salamis.     Da  indess  in  Griechenland  während 
^W  klaeeischen  2«eit  und  bis  herab  zu  den  Byzantinern  eine  blü- 
hende Parporindnstrie  bestanden  hat  (Lambros  Μελετήματα  Ίστο- 
Ψκά  S.  23•— 43)  so  liegt  nicht  der  geringste  Grund  vor,  in  die- 
Hq  Musehelhaufen   die  Reste  von   phoenikischen   Färbereien   zu 
«eben. 

Ebensowenig  lassen  semitische  Ortsnamen  am  aegaeischen 
^kere  sich  nachweisen,  trotz  aller  Bemühungen,  die  nach  dieser 
Kelitimg  gemacht  worden  sind.  Eduard  Meyer,  der  selbst  eine 
pkoeBikieehe  Colonieation  am  aegaeischen  Meere  annimmt,  ist  hier 
pviss  ein  unverdächtiger  Zeuge ;  aber  auch  ihm  '  scheint  den 
^ologischen  Combinationen  gegenüber  grosse  Zurückhaltung 
erboten;  wo  spätere  Funde  eine  Controle  ermöglicht  haben,  z.  B. 
^  den  assyrischen  Namen,  ist  dieselbe  sehr  zu  Ungunsten  der 
^n  Deutungsversuche  ausgefallen.  Namen  wie  Seriphos,  Sy- 
"■i^  Salamis,  Astyra,  Abydos,  können  sehr  wohl  semitisch  sein, 
<W  zu  beweisen  ist  es  nicht*  (Gesch.  des  AUerth.  1  S.  232). 
Keia  verehrter   College  Ignazio  Guidi,    der   bekannte   Semitiet| 


Ide  Belocli 

schreibt  mir,  das  Gttnstigete,    was  eich  von  derartigen  Etymol 
gien  eagen   lieeee,    sei   ein  non  Ιίς^,     Ebenso    spricht  aioh 
HofiPmann  bei  Baeolt  ans  (I  S.  175).   Vergl.  anch  Rieh.  Pietschma 
and  8.  Fränkel  bei  Partsch,  KephaXUnia  S.  89,    und   Enmann 
den  Abhandlungen  der  Petershurger  Akademie   Bd.  XXXI   n. 
(1886)  S.  8  f.     Es  mag  ja  sehr  verlockend  sein,    den  Fiose  h 
danos  anf  Kreta  (γ  292)  und   in  Elia  (H  135)   mit   dem  Jorda 
den  Berg  Atabyrion  auf  Rhodos  mit  dem  Berge  Tabor  zasammc 
zostellen;    aber  es   bleibt   eben    doch    eine    blosse   Möglichke 
der  die  andere  Möglichkeit  gegenübersteht,  dass  diese  Namen  d 
Sprache  der  vorgriechischen  Urbevölkerung  angehören.     Und  m 
nigstens  für  den  Namen  Atabyrion  lässt  sich  diese  letstere  Mö 
lichkeit   zur    grossen  Wahrscheinlichkeit  erheben  (unten  S.  184 
Es  steht  schlecht  um  die  Phoenikerhypothese,   wenn  sie  zu  m 
oben  Beweisen  zu  greifen  hat. 

Hätten  wirklich  einst  phoenikische  Colonien  am  aegaeisoh 
Meere  bestanden,  so  müssten  semitische  Lehnwörter  in  grösser 
Zahl  ins  Griechische  eingedrungen  sein,  in  ähnlicher  Weise,  w 
griechische  Lehnwörter  die  italischen  Sprachen  durchsetzt  habe 
Nun  sind  aber  Wörter  semitischer  Herkunft  im  älteren  G-riechis« 
ausserordentlich  selten;  ja  es  ist  keineswegs  ausgemacht|  da 
I  sich  bei  Homer  auch  nur  ein  einziges  solches  Wort  findet.  Di 
I  meisten  Anspruch  hat  wohl  χιτών ;  das  Wort  kann  mit  der  Sacl 
sei  es  über  Kleinasien,  sei  es  über  Eypros  nach  Griechenlai 
gekommen  sein,  und  beweist  also,  selbst  wenn  es  semitisch  sc 
sollte,  noch  keineswegs  eine  directe  Berührung  zwischen  lone 
und  Phoenikem  in  vorhomerischer  Zeit.  Φυκος  (I  7,  Ψ  69 
beide  mal  im  Gleichnies)  ist  wegen  seiner  Bedeutung  sohwc 
lieh  ein  Lehnwort ;  bei  κυπάρισσος  (e  64  ρ  340,  als  Ortenai 
Β  519.  593)  spricht  das  Suffix  gegen  semitischen  Ursprun 
Höchst  unwahrscheinlich  ist  die  Ableitung  aus  dem  Semitisch 
bei  οθόνη,  βνος,  παλλακίς,  χρυσός;  auch  hier  könnte  eventu« 
Eleinasien  die  Vermittelang  übernommen  haben.  Alle  übrig 
semitischen  Etymologien  homerischer  Wörter  sind  ganz  prob! 
matisch  (vergl.  A.  Müller  in  Bezzenbergers  Beiträgen  I  273 — 30 
^  y.  Ebensowenig  wie  die  phoenikische  Sprache  hat  die  pboei 
/<  kische  Religion  auf  die  Hellenen  einen  tiefer  greifenden  Einfiu 
geübt.  Die  Griechen  haben  den  Italikern  ihren  ApoUon,  Hei 
kies,  Asklepios,  Eastor  u.  s.  w.  gegeben;  auf  dem  homerisch 
Olymp  hat  kein  einziger  semitischer  Gott  seine  Stelle.  Weg 
Aphrodite,    an  der  der  Makel  des  Semitismus  So  lange  gebaf^ 


Die  Phoeniker  am  aegaeisohen  Meer.  IdT 

hi  and  jd  der  Voretellang  vieler  Leute  Doch  immer  haftet,  ge- 
Bügt  es  jetit  anf  die  Aasführnngen  Eomanns  (a.  a.  0.)  zu  ver- 
weteeiL  Einzelne  phoenikieche  Caltnagebräuche  mögen  immerhin 
Khon  früh  nach  Griechenland  gekommen  sein,  obgleich  bei  Homer 
»eh  noch  nichts  derartiges  findet ;  aber  auch  hier  kann  Elein- 
mmi  oder  Eypros  die  Vermittelung  übernommen  haben. 

Von  entscheidender  Bedeutung  ist  es  endlich,  dass  das  £pos 
TOD  phoenikischen  Colonien  am  aegaeischen  Meere  nichts  zu  be- 
liebten weiss.  Im  Troerkatalog,  wie  sonst  unter  den  Bundesge- 
Boteen  der  Troer  in  der  Ilias  suchen  wir  die  Phoeniker  vergebens; 
Bnd  doch  lassen  die  Dichter  den  Troern  alle  barbarischen  Völker 
in  Umkreis  des  aegaeischen  Meeres  zu  Hülfe  ziehen,  von  denen 
tie  irgend  Kenntniss  haben.  Die  Phoeniker  können  also  auch  in 
iea  älteren  Heldenliedern  nicht  erwähnt  gewesen  sein,  die  der 
Oise  voraosliegen.  Ebenso  zählt  die  Odyssee  alle  Völker  auf, 
tie  sor  Zeit  des  troisohen  Krieges  Kreta  bewohnt  haben  sollten : 
ieheeer,  Eteokreter,  Kydonen,  Dorier,  Pelasger  (τ  175 — 177); 
I^hoeniker  sind  nicht  darunter.  Erst  Neuere  haben  die  Kydonen 
^  Phoeniker  in  Anspruch  genommen;  eine  Hypothese,  so  grund- 
^  wie  nur  eine  die  jemals  gemacht  worden  ist. 

Wenn  also  unsere  älteste  Quelle,  das  homerische  Epos,  von 
Phoenüdsehen  Colonien  am  aegaeischen  Meere  keine  Kenntniss 
^^,  so  ist  allem,  was  Spätere  darüber  zu  berichten  wissen,  von 
^om  herein  das  Urtheil  gesprochen.  Es  wird  sich  aber  immer- 
Itfn  lohnen,  diese  angebliche  Tradition  zu  analysiren,  da  es  ja 
^HMh  immer  viele  gibt,  die  in  solchen  Autoschediasmen,  nicht 
ier  Sage,  sondern  der  gelehrten  oder  halbgelehrten  Speculation 
^inen  ^  historischen  Kern    suchen. 

Allerdings  ist  die  Ueberlieferung,  um  die  es  sich  hier  han- 
delt, so  durchsichtig,   d^s  es  schwer  zu  verstehen  ist,    wie  sich 
\Tgend  Jemand  dadurch  täuschen  lassen    konnte.     In    der  Regel 
ttt  es  der  echt  hellenische  Gott  ΦοΙνιί,    der  '  blutigrothe',    eine 
i    htm  des  Sonnengottes,    dessen  Name  die  Grundlage    für  diese 
Ά  Cambinationen  abgeben  musste.  DerCultus  dieses  Gottes  oder  Heros 
I    W  eich  auf  Kreta  bis  in  recht    späte  Zeiten  erhalten;   noch  die 
Urkonde  des  Bündnisses  zwischen  Knosos  und  Dreros  nennt  ihn 
^iter  den  Schwurgöttem  (Cauer^  121).     Zum  Heros  herabgesun- 
^  erscheint    er   in  der  Ilias  als  Erzieher  Achills,    und  in  dem 
Xjthos  von  Europa  als  deren  Vater  (Ξ  321).   Seine  Heimath  ist 
Φοινίκη,  der  blutrothe  Morgenhimmel.     Als  dann  Phoenix  auf  die 
irts  venetit  wnrde,  übertrug  man  den  Namen  Phoenike  auf  Län- 


128  Beloch 

der  im  Oeteo,  znnäoliBt  auf  Earien  (Korinoa  fir.  27  bei  Atben.  I\ 
174  f.),  weiterhin  auf  die  eyrieehe  Küste;  ganz  in  derselben  Weite 
wie  der  Name  des  ^  Lichtlandee '  Λυκ(α  auf  eine  kleinaaiatitch 
Landschaft  übertragen  worden  ist  (vergl.  Crnsins  in  Röscher 
Lexikon  11  Sp.  883  f.).  So  werden  die  Sidonier,  wie  sie  in  ihre 
eigenen  Sprache  sich  nannten  (E.  Meyer,  Oeaeh,  des  AUerth. 
S.  229  nnd  342  f.)  schon  im  Epos  ausser  mit  diesem  Namen  ano! 
als  Φοίνικες  bezeichnet.  Als  dann  die  göttliche  Natur  des  Phoeni 
dem  grössten  Theil  der  Nation  aus  dem  Bewusstsein  gesohwunde; 
war,  ergab  die  Oleichsetzung  des  alten  Gottes  mit  dem  Eponyi 
der  Phoeniker  sich  ganz  von  selbst ;  um  so  leichter,  als  die  Θηβ 
eben  eben  damals  mit  der  alten  Cultur  des  Orients  nfther  be 
kannt  wurden  und  bestrebt  waren,  die  Anfänge  der  eigenen  Ge 
sittung  an  sie  anzuknüpfen  (Müller,  Orchomenos^  S.  112).  Mi 
Phoenix  wurde  dann  auch  seiner  ganzen  Sippe  phoenikisohe 
Ursprung  angedichtet;  als  später  die  historische  Reflexion  ei 
wachte,  sah  man  in  ihnen  die  mythischen  Reprftsentanten  pho« 
nikischer  Ansiedlungen. 

Auf  Kreta  freilich,  wo  der  Gült  des  Phoenix  sich  lebendi 
erhielt,  scheinen  sich  solche  Sagen  nicht  gebildet  zu  haben.  Deni 
wenn  der  Eponymos  von  Itanos  als  Sohn  des  Phoenix  bezeichne 
wurde  (Steph.  Byz.  Ίτανός),  so  ist  der  Gott  zu  verstehen,  gac 
ebenso  wie  Kydon,  der  Eponymos  von  Eydonia,  ein  Sohn  da 
Apollon  heisst  (Steph.  Byz.  Kubuivia);  und  von  phoenikisohe 
Colonien  auf  der  Insel  hören  wir  aus  dem  Alterthum  nichts 
Dasselbe  gilt  von  Eorinth,  wo  es  einen  Berg  Φοιν(καιον  gm 
(Ephoros  bei  Steph.  Byz.),  und  Άθηνα  Φοιν(κη  verehrt  wurc 
(Scholl,  zu  Lykophr.  658).  Erst  der  neueren  'Forschung*  wtf 
es  vorbehalten,  über  die  Logographen  hinauszugehen  und  d^ 
Entdeckung  zu  machen,  dass  einst  Phoeniker  in  Korinth  und  BT» 
Kreta  gesessen  hätten  und  dass  Minos,  der  gutgriechische  Gott 
ein  pboenikischer  Seekönig  gewesen  sei. 

Auch  auf  Eythera  scheint  Phoenix  einen  Cultus  gehabt  m 
haben,  wenigstens  gilt  der  Eponym  der  Insel  als  sein  Sohn  (Step  1 
Byz.).  Femer  gab  es  hier  einen  Hafen  ΦοινικοΟς  (Xen.  HeB 
ly  8.  7).  Darum  läset  Herodot  den  dortigen  Aphroditetempel  V9 
Phoenikern  gestiftet  werden  (I  105). 

Das  meiste  aber,  was  über  den  phocDikisohen  Ursprung  gri€ 
chischer  Städte  erzählt  wurde,  knüpft  an  Eadmos  an,  den  Bm 
der  des  Phoenix  (vergl.  Crusius,  Art.  Kadmos  in  Roschers  Lexi 
hon).     So  namentlich  die  Gründungssage  von  Theben,  auf  dessei 


Die  Phoeniker  km  aegfaeisohen  Meer.  129 

tnrg  EadmoB  ein  Heiligthnm  hatten     Die  Neaeren    eind  natttr- 

lieh  am  eine  aemitieobe  Etymologie  nioht  verlegen;  Kadmoa  aoU 

Oitmann*  bedeuten.    Aber  für  die  Phoeniker  aelbet  war  Kadmoa 

doch  jedenfalla  kein  ^Oatmann',   eondem   nach  seiner  Auewande- 

nuig  vielmehr  ein  ^  Weatmann ';  oder  sollen  wir  glauben,  dass  die 

Griechen  ihm  den  aemitieohen  Namen  gegeben  haben?  Das  müssen 

gelehrte  Lente  gewesen  sein,  diese  alten  Thebaner,  die  sogar  Ka- 

mDÜsoh  verstanden!    ^$üuu_die^  Zeit,    wo  8olghe_  Spielereien  für 

Ernst  genommen  wnrden,    liegt  ja  wohl  hinter  uns.      Und    aach 

die   sieben  Thore  Thebens    wird   jetzt,    nach   Wilamowitz    Ans- 

Ahmngen   {Hermes  XXVI)   niemand  mehr   als  Beweis    für   den 

phoenikiachen  Ursprung  der  Stadt  vorbringen  wollen. 

Ans  ähnlichen  Gründen  wurde  Thera  als  alte  phoenikische 
Golonie  ausgegeben,  ein  Mythos,  über  den  Stadniczka  richtig 
eeartheilt  hat  (Kifrene  S.  52  ff.) ;  dasselbe  gilt  von  den  phoeni- 
kiiehen  Anaiedlungen  auf  dem  nahen  Melos  und  auf  Oliaros  (En- 
Uann  a.  a.  0.  S.  4).  Wie  es  sich  mit  Pronektos  an  der  Pro* 
pontis  verhält,  das  Stephanos  von  Byzanz  eine  phoenikische  Grün- 
dung nennt,  vermögen  wir  bei  unserer  völligen  Unkenntniss  der 
Geschichte  dieser  kleinen  Stadt,  ihrer  Mythen  und  Culte,  natür- 
lich nicht  zu  errathen;  vielleicht  ist  auch  hier  Eadmos  oder  Phoenix 
Verehrt  worden,  wenigstens  finden  sich  Spuren  der  Eadmossage 
in  dem  nahen  Astakos  (Memnon  c.  20,  vergl.  Crnsius  a.  a.  0. 
8p.  865  und  jetzt  ΆίΙοΙ  Ν.  F.  VI,  1893,  S.  379). 

Von  Eadmos  leitete  sich  femer  das  Geschlecht  ab,  in  dem 

4«s  Prieaterthnm  des  Poseidon   in  lalysos  erblich  war  (Diod.  V 

S8);    auch  Rhodos  sollte  also  eine  alte  phoenikische  Ansiedlung 

*ein;  Der  Localhistoriker  Ergeias,  oder  wie  er  sonst  geheissen  hat, 

'«rasste  denn  auch  einen  ganz  detaillirten  Bericht  darüber  zu  geben, 

wie  die  Griechen  sich  der  von  den  Phoenikern  vertheidigten  Burg 

^<m  lalysos   bemächtigt   hätten  {FHG,  IV  405    bei  Athen.  VIII 

^ff.).     Seine  Erzählung  iat  ganz  mythisch,    und  es  ist  ja  auch 7 

^  Aber  der  Eponym  der  Kadmeia,  wie  noch  ganz  kürzlich  wieder 
woptet  worden,  ist  Kadmoe  keineswegs.  Denn  erstens  kommt  Kab- 
^  von  Kadmoe,  nicht  umgekehrt ;  zweitens  kann  der  Name  Κα6μ€(α 
^  entstanden  sein  in  einer  Zeit,  als  sich  um  den  Fuss  des  alten  The- 
^  der  späteren  Burg,  eine  Unterstadt  angesetzt  hatte,  das  Ύποθήβαι 
m  Schiffskatalogs,  was  erst  in  verhaltnissmässig  später  Zeit  geschehen 
*i  drittens  wäre  es  ganz  unverständlich,  wie  der  Cult  eines  blossen 
^οηχηιβη  sich  über  einen  so  grossen  Theil  der  griechischen  Welt 
Iditte  ausbreiten  können. 

t  Philol.  K.  F.  XLIZ.  9 


laO  Beloob 

an  sich  klar,  daes  ee  eich  hier  nicht  um  wirkliche  Ueberliefemnf^ 
handeln  kann,  eo  wenig  wie  bei  irgend  einem  anderen  Berieht 
über  die  Ghründung  von  G^rieoheneUldten  im  Westen  Kleinaaient, 
da  diese  Colonisation  eben  in  die  sohriftloee  Zeit   hinanfreicht 

Anoh  sonst  fehlt  es  für  eine  phoenüdsehe  Niederlassung  auf 
Rhodos  an  jedem  Beweise.  Das  angeblich  ^phoenikische*  (Busolt 
I  178),  d.  b.  von  Kadmos  gestiftete  Weihgesehenk  im  Tempel  der 
Athens  zu  Lindes  hatte,  wie  ans  Diod.  V  68  deatlioh  herrorgeht, 
eine  griechische  Inschrift  in  '  phoenikisohen',  d.  h.  archaischen 
Buchstaben,  sog.  Καομήια  γράμματα,  ähnlich  denen,  die  Herodol 
(V  59)  im  Tempel  des  ismenischen  Apollon  in  Theben  sah.  Yen 
den  älteren  Nekropolen  der  Insel  ist  die  von  lalysos  'myke- 
naeisch*,  also  ebenso  wenig  phoenikisch  wie  die  von  Mykenac 
selbst,  während  die  Nekropole  von  Kameiros  nachmykenaeisel 
ist,  folglich  in  eine  Zeit  gehört,  in  der  Rhodos  sicher  schon  voi 
Griechen  besiedelt  war.  Auch  die  mosaische  VSlkertafel  nenni 
Dodanim,  worunter  man  gewöhnlich  Rhodos  versteht,  unter  der 
Kindern  Javan.  Es  bleibt  der  Name  des  Atabyrion;  wem  dai 
als  Beweis  genttgt,  —  nun,  der  ist  eben  in  seinen  Ansprüchec 
sehr  bescheiden.  Denn  gerade  Bergnamen  pflegen  mit  besonderei 
Zähigkeit  sich  zu  erhalten;  und  da  Rhodos  doch  ohne  Zweifel 
von  Karem  bewohnt  war,  lange  ehe  der  erste  phoenikisch» 
Schiffer  nach  der  Insel  kam,  so  werden  wir  den  Namen  Άταβύ- 
ptov  aus  dem  Karischen  ableiten  mttssen.  Nun  wissen  wir  js 
von  der  karischen  Sprache  fast  gar  nichts ;  aber  unter  den  wenL 
gen  Glossen,  die  uns  der  Zufall  erhalten  bat,  findet  sich  gerad 
die  Wurzel,  auf  die  es  hier  ankommt:  τάβα  hiess  auf  Kariser 
*der  Felsen'  (Steph.  Byz.  Τάβαι,  vergl.  Sayce  The  Karitm  Lan 
guage  in  Transactions  of  the  Societff  of  Biblical  AreJmteölogp  C 
part  I   S.  119). 

Der  Eponym  von  Thasos  galt  als  Sohn  des  Phoenix  (Heroc 
VI  47)  und  folglich  als  Neffe  des  Kadmos.  Auch  sonst  trit 
Kadmos  in  dieser  Gegend  auf;  er  galt  als  Erfinder  des  Berg 
baues  und  sollte  die  Goldgruben  des  Thasos  auf  dem  Festland 
gegenüber  liegenden  Pangaeon  ausgebeutet  haben  (Plin.  N.  Β 
YII  197,  Clemens  Stromata  I  S.  807  B,  Demetrios  von  Skepsi 
bei  Strab.  XIV  680).  Dieser  Mythos  muss  aus  Thasos  selbe 
stammen,  da  das  Pangaeon  von  dort  ans  colonisirt  worden  ist 
ohne  Zweifel  wussten  die  Tbasier  von  den  Bergwerken  ihre 
eigenen  Insel  ähnliches  zu  berichten.  Daher  läset  Herodot  (s 
a.  0.)  diese  Minen  zuerst  von  den  Phoenikem  ausgebeutet  wer 


Die  PhoeDiker  am  Hegaeitohen  Meef.  181 

Jeo,  ein  Schlaes,  der  für  ihn  am  so  näher  lag,  als  man  ihm  in 
Tyroe  einen  Tempel  des  Heraklee  θάσιος  gezeigt  hatte  (II  44). 
Dem  gegenüber  hat  schon  Otfiried  Müller  bemerkt  {Orchomenos^ 
8. 109  f.),  daee  die  Klagen  des  Arohiloohos  über  das  nnwirthliohe 
Thaeos  ganz  nnveretändlioh  wären,  falls  diese  Gruben  schon  zu 
teuer  Zeit  im  Betrieb  standen.  Und  sollen  wir  denn  annehmen, 
dies  die  Insel  bis  zur  hellenischen  Colonisation  nm  die  Mitte  des 
ΥΏ.  Jahrhunderts  im  Besitz  der  Phoeniker  geblieben  ist?  Wenn 
aber  nicht,  wie  konnten  dann  die  Griechen  von  dem  einstigen 
Bestehen  einer  phoenikisohen  Colonie  Kenntniss  erlangen? 

Die  vorstehende  Analyse  der  Ueberlieferang  über  die  angeb- 
liehe phoenikische  Colonisation  am  aegaeischen  Meere  hat  hoffent- 
lieh klar  gelegt,    daes    hier   überall  ein  historisches  Fundament 
mangelt,  und  nichts  weiter  vorliegt  als  durchsichtige   und    späte 
Combinationen  i^nf  fl^^nnd  γ^η  MyfiiAn  nnii  ny^wamAti    Wir  haben 
ferner  gesehen,  dass  die  Annahme  einer  solchen  Colonisation  auch 
ans  anderen  Gründen  höchst  unwahrscheinlich  ist,  dass  vielmehr 
die  regelmässigen  Handelsfahrten  der  Phoeniker  in  das  aegaeische 
Heer  erst  begonnen  haben,  nachdem  die  Griechen  bereits  auf  den 
Issebi  nnd  an  der  Küste  Eleinasiens  sich  angesiedelt  hatten.  Wenn 
^r  dem  Zeugnisse  des  Epos  vertrauen  dürften,  würde  dieser  Ver- 
kehr sogar  nicht  über  das  YIII.  Jahrhundert  hinaufreichen;  aber 
freilich  dieses  Zeugniss   kann  trügen.      Das    letzte  Wort    haben 
hm  wie  überall  in   praehistorischen  Fragen    die  Monumente   zu 
aussehen. 


Nachtrag. 
Als  mir  die  Correctur   dieses  Aufsatzes   zuging,    hatte  ich 
c1)en  den   II.  Band   der  Qesehiehte  des  ÄUerthums   von   Eduard 
Uejer  erhalten.     Auch  er  betont,    was    ich   oben   hervorgehoben 
habe,  dass  die  ältere  Gestalt  der  griechischen  Sagenüberlieferung 
^en  phoenikischen  Ansiedlungen  am  aegaeischen  Meer   nichts  zu 
Wehten  weiss.     Er  erkennt  weiter  an,  dass  aus  einer  Nachwir- 
kuig  orientalischer  Einflüsse  auf  die  spätere  griechische  Cultur,l 
tpeeiell  die  Beligion,   der  Beweis  für  das  Vorhandensein  solcher  \ 
^edlungen  nicht  geführt  werden  kann.     Es  blieben   also    nur  V 
^  Ueberreste  der  mykenaeischen  Cultur,    in  denen  die  orienta-    \ 
tiehen  Einflüsse  klar  zu  Tage  liegeik      Und  da  hier  unter  den 
italischen  Vorbildern  die  rein  ägyptisirenden  Elemente  durch- 
<Q8  vorherrschen,    während   die  auf  Kleinasien  und  die  Chetiter 
<i^ckweieenden  an  zweiter  Stelle  stehen,    sei  zugleich  erwiesen, 


13d  Β e loch  Die  Phoeniker  am  aegaeisohen  Meer. 

daes  die  Phoeniker  die  Vermittler  gewesen  sind  (S.  15Sf.).  AIm 
daraus  würde  doch  höchetena  dae  Bestehen  eines  phoenikisoht 
Handelsverkehrs  nach  dem  aegaeischen  Meer  in  mykenaeisohi 
Zeit  folgen,  ähnlich  dem,  der  nns  in  der  Odyssee  geschildert  win 
keineswegs  aber,  dass  phoenikische  Ansiedlangen  an  den  Küste 
des  aegaeischen  Meeres  bestanden  haben.  Meyer  sagt  aber  nt 
weiter:  ^Zn  dem  Reichthum  an  orientalischen  Typen,  welche  d 
mykenisohe  Kunst  verwerthete,  bildet  die  Thateaohe  einen  au 
f&lligen  Contrast,  dass  wir  Erzeugnisse  der  phoenikisohen  Kun 
unter  den  Fundobjekten  nicht  mit  Sicherheit  nachweisen  könnei 
(S.  178).  Diese  Thatsache  fordert  doch  eine  Erklärung;  sie  find« 
sie  bei  der  Annahme,  die  ich  oben  S.  115  entwickelt  habe,  dai 
ein  direkter  Handelsverkehr  der  Phoeniker  nach  dem  aegae 
sehen  Meere  in  dieser  Zeit  noch  nicht  bestanden  hat. 

Die  Ansicht  Wellhausens  und  anderer  über  die  Herkun 
der  griechischen  Buchstabennamen,  der  ich  oben  (S.  114)  gefoi( 
bin,  wird  von  Meyer  bestritten  (S.  382);  sie  läset  sich  aber,  w; 
mir  Prof.  Ouidi  mittheilt,  sehr  wohl  vertheidigen.  IfÜL^eelbi 
habe  natürlich  über  diese  Frage  kein  Uriheili  da  ich  den  sem 
tischen  Studien  fem  stehe.  Die  Sache  ist  übrigens  für  die  hie 
X^     behandelten  Probleme  von  ganz  untergeordneter  Bedeutung. 

üeber  die  oben  S.  119  erwähnten  neuesten  Amgrabunge 
bei  Syrakus  hat  Orsi  inzwischen  berichtet.  {NecrqpoU  Sicnl 
presse  Siraeusa^  in  den  Monumenti  antichi  ptibblicati  per  cura  del 
Accad.  dei  Lincei,  Vol.  II  pnnt.  1,  1893).  Auch  in  dieser  sik« 
lischen  Nekropole  fehlt  es  durchaus  an  Erzeugnissen  der  phoen: 
kischen  oder  überhaupt  orientalLechen  Industrie ;  dafür  finden  sie 
zwei  importirte  mykenaeische  Vasen,  femer  Nachahmungen  myk« 
naeischer  Vasenformen,  mykenaeische  Schwerter,  Fibeln  und  ähi 
liches.  Der  Entdecker  meint  nun  freilich,  dass  die  Phoenikc 
diesen  Verkehr  zwischen  Sicilien  und  dem  mykenaeisohen  Caltu] 
gebiet  vermittelt  hätten;  aber  der  einzige  Ghrund,  der  ihn  das 
bestimmt,  ist  sein  Glaube,  dass  die  Phoeniker  einige  Jahrhui 
derte  eher  nach  Sicilien  gekommen  wären,  als  die  Hellenen.  Wi 
weit  dieser  Glaube  begründet  ist,  haben  wir  oben  gesehen.  Di 
Möglichkeit,  dass  die  '  mykenaeisohen  Industrieproducte  wedc 
von  den  Griechen,  noch  von  den  Phoenikern  nach  Sicilien  gebraoli 
sind,  sondern  durch  den  Handel  von  Stamm  zu  Stamm  längs  de 
Kilste  des  ionischen  Meeres,  hat  Orsi  Hberhaupt  nicht  in  Betracl 
gezögen. 

Hom.  Julius  Belooh. 


183 


Zir  antiken  Stillehre  ans  Anläse  yon  PrtkUs' 

Cbrestomathie. 


So  vielgenaimt  die  grammatisohe  Chrestomathie  des  Proklos 
hu  den  Homerikem  und  Mythologen  ist,    so  wenig    beachtet  ist 
ύα  Auszug  aus  dem  ersten  Bach  derselben,  welchen  Photios  cod. 
239  erhalten  hat,  in  der  Geschichte  der  Rhetorik  geblieben.    Und 
^ooh  ist  die  in  ihm  enthaltene  Stiltheorie  bei  der  sehr  geringen 
'SiU  von  Bmchstttoken  der  Torhermogenischen  Stillehre   eben  in 
^ittem  Zusammenhang  einer  genauen  Prüfung  gewiss  werth,  und 
tnr  eine  solche  scheint  auch  geeignet^  ttber  Zeit  und  wissenschaft- 
liebe  Beziehungen  dieses  Proklos    einige    zuverlässigere  Anhalts- 
Imokte  zu  geben.     Denn    die   länget  (R.  Yolkmann,    Geschichte 
^nd  Kritik  der  Wolf  sehen  Prolegomena  S.  191)  bezweifelte  An- 
lulmie  des  Suidas,  dass  man  es  hier  mit  dem  Ljkier  Proklos  zu 
tkirn  haboi-  ist  durch  die  neuerliche  Versicherung  von  U.  v.  Wi- 
laaowitz  (Homer.  Untersuch.  380)  um  nichts  zweifelloser  gewor- 
des;  ja,  wenn  man  in  des  Marines  VitA  Prodi  liest,  dass  der  Lykier 
*ieh  sehen  vor  seinem  ζ  wanzigsten  Lebenqahr  endgiltig  von  der  Rhe- 
torik abgewandt  hat  (cap.  11.  12)  und  welcher  Art  das  Interesse 
^esen  ist,    das    er  der  Poesie  entgegenbrachte  (cap.  37  eztr.), 
^  könnte  man  sich  versucht  fühlen,    von  vornherein  die  Abfas- 
*ttg  einer  Poetik    mit  Beispielen  durch    den  Neuplatoniker   für 
^uioglich  zu  erklären.      Das  wäre  freilich  übereilt:    wenn    der 
Φιηκώτατος  Longinus  dem  Neuplatoniemus  so  nahe  stand,    wie 
*ir  das  aus  Porphyrios^  Vita  Plotini  wissen,    wenn  des  Proklos 
*Λητ  Syrianos  Commentare    zu  Hermogenes   schrieb,    so   kann 
*ich  Proklos  selbst,  wenigstens  sofern  er  eben  Neuplatoniker  ist, 

• 

tt  einer  von  seinem  Biographen  nicht  bezeichneten  Epoche  seines 


134  Schmid 

späteren  Lebend  in  das  grammatisoh-rbetorisclie  Oebiet  hinfil 
gegriffen  baben.  Es  ist  also  niebt  die  Frage  zn  beantwort 
kann  Proklos  ttberbanpt  eine  grammatiscb-rbetorieebe  Stille] 
gesobrieben  baben?  sondern  die:  kann  er  just  die  von  Pbot 
gelesene  geschrieben  baben?  Will  man  aber  der  Doktrin  * 
Proklos  ibre  ricbtige  Stellnng  im  gescbicbtlicben  Zoeammenbi 
anzuweisen  versucben,  so  wird  eine  umständliobere  Rekognof 
rnng  des  gesammten  Gebietes  der  antiken  Stillehre  nicbt  zu  ν 
meiden  sein ;  denn  was  bis  jetzt  von  Darstellungen  derselben  y 
liegt,  ist  nur  eine  trübe  Flutb  unverarbeiteter,  vielfacb  unverst 
dener  Notizen. 

Niobts  besonders  Eennzeicbnendes  für  den  Standpunkt  < 
Proklos  liegt  in  seiner  Anscbauung,  dass  die  Poesie,  um  weh 
es  ihm  zu  thun  ist,  sich  in  den  Ausdrucksmitteln  von  der  Pr« 
nicbt  generell,  sondern  nur  graduell  unterscheide.  Grleich  für  c 
Ersten,  welcher  die  poetische  Bbythmik  mit  Bewusetsein  auf  ' 
prosaische  Perlodisirung  anwandte,  für  Thrasymachos  von  Cfa 
kedon  musste  diese  Auffassung  feststehen,  sie  zeigt  sich  in  d 
Oebrauch  der  rhetorischen  Techniker,  poetische  Beispiele  pron 
cue  mit  prosaiscben  anzuführen  und  ist  sogar  von  dem  der  Te4 
nik  gewiss  fernestehenden  Strabon  (I  p.  18  C),  offenbar  weil 
die  allgemein  herrschende  war,  geäussert  worden  (s.  aueh  Α 
stid.  or.  XLIX  p.  529  Dindf.  671  Ganter;  id.  art.  rhet  p.  5< 
15  ff.  Spengel).  Eigenartiger  ist  die  Benennung  und  Cbaraktc 
sirung  der  Stilarten  bei  Proklos:  er  unterscheidet  deren  di 
welche  er  πλάσματα  nennt,  abpov,  Ισχνόν^  und  μέσον;  jed< 
von  ibnen  steht  ein  Fehler  zur  Seite:  dem  abpov  das  σκληρ 
και  έπηρμένον,  dem  Ισχνόν  das  ταπβινόν,  dem  μέσον  das  άργ 
καΐ  έκλελυμένον.  Die  Ansetzung  eines  besonderen  blühend 
Stils  (άνθηρόν)  bekämpft  Proklos :  das  Blühende  komme  nur  i 
Beimischung  in  den  genannten  drei  Stilformen  besonders  i 
εκφράσεις  von  Fluren  und  Hainen  und  sonstige  τοπογραφίαι  ν 

Eigentbümlich  ist  hier  zunächst  die  Bezeichnung  πλάσμα  i 
Stil.  In  diesem  Sinn  kommt  das  Wort  sonst  nur  vor  vielleicht  1 
Aristid.  or.  XV  p.  372  Dindf. 401  Ganter,  sicher  bei  Dionysios  ν 
Halikamass  (die  Stellen  gibt  Greilicb  Dionysius  Hai.  quibus  potis 


*  In  der  Charakteristik  dieses  Stils   ist  für  das  sinnlose  auch 
Westphals  Text  (scriptores  rei  metricae  I)  übergegangene  γο€ρο1ς 
818  b,   31  Bekker)  zu  lesen  νοεροΐς  (vgl.  z.  B.  Cic.  or.  20;   Quint  1 
10,  59). 


Zur  antiken  Stillehre.  185 

■om  Tooabiilie  ex  artibos  metaphorice  dactis  in  toriptie  rhet.  uens 
nt  1886  p.  li  f.),  Paandoplutaroh  de  vita  Homeri  II  o.  72,  Albinue 
iiig.  io  Plat  philoe.  o.  2,  Anonym,  de  comoed.  vor  Bergke  Ari- 
itoplianee  p.  XXXII  §  13  (πλάσματος  πολιτικοΟ  emendirt  Bergk, 
griech.  Litteratorgeech.  IV  1 29  A.  22)  und  dem  Schüler  des  Kra- 
tM  Ton  Mallot,  Tanriekos  (Sext  Emp.  p.  655,  6  Bekker)i.    An 
den  übrigen  Stellen»  wo  ee  auf  rhetorische  Dinge  angewendet  ist, 
beieichnet   das  Wort  den  Redestofif  als  Gegenstand   der  νόησις 
(μ  Marcellin.  IV  614,    17   Walz ;    Fortanatian.   p.  84,  3  Halm) 
oder  den  λόγος  ^σχηματισμένος  (Demetr.  π.  έρμ.  298;  Antisthenes 
ouote  das,  indem   er   das   homerische  Epitheton   des  Odyssens 
ιτολύτροπος  erklärte,  πλάσις :  τρόποι  λόγων   a\  ποιαι  πλάσεις 
bei  Η.  Schrader,  Porphyrii  qnaest.  Hom.  ad  Odyss.  pertin.  p.  1, 
U.  175  ff.)  oder  den  rednerischen  Vortrag  (so  bei  Quint.  I  8,  2, 
tber  welche  Stelle  sich  Ernesti  lex.  teohnol.  lat.  rhet.  286  ff.  den 
lopf  zerbricht;  sie  wird  illastrirt  dnrch  die  in  der  Anmerkung 
citirten  Plntarchstellen    und  Longin  p.  311,  7  Sp.).      Der  Erste, 
telcher  πλάσμα  =  Stil  gebraucht  hat,   ist  für  uns  der  stoische 
(franunatiker  Tauriskos;    er  bezeichnete  als  Gegenstand  des  von 
den  Stoikern   τριβικόν   genannten    Theils   der  Grrammatik    unter 
s&derem  τάς  οιαςκ)ράς  τών  πλασμάταιν  καΐ  χαρακτήρων^.  —  In 
diesem  Zusammenhang  verdient  auch  bemerkt   zu   werden,    dass 
tnter  den  wenigen  Stellen,  an  welchen  wir  diesen  Gebrauch  von 
κλάσμα  nachweisen  können,  drei  sich  befinden,   welche  die  Ver- 
bindung πλάσμα  Ιστορικόν  oder  τής  Ιστορίας  aufweisen  (Dionys. 
de  comp.  4^;   ad  Pomp.  4,  3;   Albin.  1.  1.^).     Von  historischem 
Stil  haben,   so  nachhaltig  auch   der  Einfluss  war,    welchen    die 
Sehnle  des  Isokrates    auf   die  Geschichtschreibung   ausübte  (Cic. 
de  or.  II  51 ;  or.  66),    die  älteren  rhetorischen  Techniker  nichts 
gewusst;    erst  die  erneuerte  Sophistik  der  Eaiserzeit    hat    auch 
dieses  Gebiet  in  das  rhetorische  System  einzubeziehen  einen  An- 
Imf  genommen,  wovon  uns  Rufus  p.  463,  6  Sp. ;  Harpocration  bei 
Anonym.  Seguer.    p.  460,  24  Sp.;    Marcellin.    vit.    Thuc.    41  f.; 


^  Plnt.  Dem.  9  wird  es  wohl  in  demselben  Sinn  wie  ibid.  11  =» 
Vortrag  gebrauchen. 

'  Die  beiden  letzten  Worte  dürften  Glossem  sein. 

*  Auch  Dionys.  vet.  Script,  cens.  III  2   ist   ΙστορικοΟ  πλάσματος 
(lUtt  πράγματος)  zu  lesen. 

*  Albinas  bedient   sich  in  diesem  Zusammenh|tng  der   stoischen 
Begriffe  λόγος  ένδιάθετος  und  προφορικός. 


136  Schmid 

Nicol.  progym.  p.  483,  15  ff.  Sp.  Ennde  geben.  In  Yorohrii 
lieber  Zeit  befasete  sieb  mit  den  Historikern  wieeeneebafüio 
d.  b.  in  Kritik  nnd  £xegeee,  nur  diejenige  Orunmatik,  welel 
überbaapt  anf  die  Proealitteratnr  Rückeiobt  nahm,  die  atoVsoh 
sie  muee  den  Begriff  des  bietoriseben  Stils,  nacb  allen  nns  vo 
liegenden  Anzeicben,  aufgebracht,  ibn  πλάσμα  \(ΓΓθρικόν  genan 
nnd  den  Terminus  πλάσμα  für  Stil,  welcher  spSter  auch  bei  Stc 
kern  durch  den  anderen  Terminus  χαρακτήρ  verdrängt  word 
geschaffen  haben  ^. 

Drei  Stilarten  werden  von  weitaus  den  meisten  uns  vorli 
genden  Technikern  angenommen,  und  man  bat  sich,  uneingeden 
dass  es  dafür  keinerlei  Beweis  giebt,  gewöhnt,  diese  Dreitheilui 
auf  Theophrasts  Schrift  π€ρΙ  λέξεως  zurüoksuflibren.  Die  Nam« 
dieser  drei  Stilformen  sind  nicht  bei  allen  Autoren  gleich.  ] 
wird  gut  sein,  die  Stellen  gesichtet  vorzuführen: 

1)  Die  Namen  ά^ρός,  1(Τχνός,  μέσος  geben  Varro  bei  6c 
lins  VI  14  (mit  der  Uebersetzung  über,  gracilis,  mediocris,  welcl 
Ansdrttcke  doch  wohl  Gellius  selbst  im  weiteren  Verlauf  VI  14, 
durch  magnificus,  subtilis,  mixtus  moderatusque  ersetzt),  Quintj 
XII  10,  58  (mit  der  Uebersetzung  grandis  atque  robustus,  su* 
tilis,  medius,  wofür  nacb  Q.  einige  auch  ανθηρός,  floridus  sagten 
Fortunatian.  p.  126,  1  ff.  Halm  (mit  der  Uebersetzung  ampli 
sive  sublimis,  tenuis  sive  subtilis,  mediocris  sive  modestus) ;  [Plu* 
de  Vit.  Hom.  II  72;  Syrian.  VII  93  Walz  (=  Joh.  Sicil.  VI  : 
Walz);  endlich  unser  Proklos. 

2)  Julius  Victor  p.  438,  8  Halm :  βαρύ,  Ισχνόν,  μέσον.  D* 
Terminus  βαρύ  ist  gewiss  nur  eine  Retroversion   des  dem  Juli 
geläufigen  lateinischen  gravis  (Comific.  IV  8,  1 1)  und  dieser  Zeu| 
somit  auch  zur  ersten  Gruppe  zu  ziehen. 

3)  Dionys.  Hai.  schwankt  in  der  Terminologie:  de  Des 
1—3  (vgl.  auch  c.  34)  redet  er  von  λΟις  έ^ηλλαγμένη  καΐ  π: 
ριττή,  λιτή  *  καΐ  άφ€λής,  μικτή  τε  καΐ  σύνθετος  έκ  τούτων  τιϊ 
buciv;  ebenda  c.  δ.  38  von  χαρακτήρ  Ισχνός,  υψηλός  und  de 
μεταξύ  τούτων. 


1  Dem  widerspricht  auch  die  oben  citirte  SteUe  aus  [Plut.]  v: 
Hom.  nicht:  diese  Schrift  hat  mit  Porpbyrios  nichts  zu  thun  (Diel 
Doxogr.  Gr.  99),  steht  aber  zu  der  Stoa  in  nächster  Beziehung  (1 
Sehrader,  Porpbyrii  quaestion.  Homericar.  ad  Iliad.  pertin.  reliquii 
p.  401  f.). 

^  Dieser  Ausdruck  im  rhetorischen  Sinn  auch  bei  Aristot  rhe 
III  16  p.  1416,  b,  25;  Demetr.  π.  έρμ.  77. 


Znr  antiken  Stillehre.  137 

4)  Mareellin.  v'it  Thao«  89  (und  aiie  ihm  Said.  β.  ν.  χα- 
ραχτήρ)  hat  die  Terminologie  von  Dionys.  de  Dem.  5.  33. 

5)  Prolegom.  in  Platonis  phil.  c.  17 :  χοκρακτήρ  άορός, 
ισχνός,  μικτός  oder  μέσος.  Der  letztere  ist  entweder  κατά  κρα- 
(Τίν  oder  κατά  παράθεσιν^  gemiecht. 

6)  Georg.  Plethon  in  Walz  Rhet.  Gr.  ΥΠ  554:  χαρακτήρ 
χαλαρός,  άορός,  μέσος. 

7)  Die  Lateiner  haben  ausser  Maorob.  Sat.  V  1,  7  ganz 
allgemein  von  Comifioias  an  die  drei  Stilarten,  aber  keine  ein- 
keitliohe  lateinische  Terminologie  dafür  (Comif.  IV  8,  11  ff.;  Cic. 
or.20ff.  53.  75 ff.;  Varro  bei  Gell.  VI  14;  Qnint.  XII  10,  58; 
Fortnnatian.  p.  126;   Inl.  Vict.  p.  438,  8;    fimporios  p.  561  H.). 

Ein  Theil  der  Techniker  stellt  den  einzelnen  Charakteren 
die  in  ihrer  Sichtung  liegenden  Fehler  zur  Seite,  nämlich  dem 
ώρόν  Yarro  (GeU.YI  14,5)  das  sufflatum,  Comificius  (IV  10, 15) 
ebenso,  Fortunatianus  (p.  126,  5)  das  tumidum  et  inflatum,  Pro- 
Uoe  (Phot  p.  318  b,  37)  das  σκληρόν  καΐ  έπηρμένον;  dem  Ισχνόν 
Tarro  das  squalens  et  ieiunidicum,  Gomificius  das  exUe  (aridum 
ot  exsangue),  Fortnnatianus  das  aridum  et  sicoum,  Proklos  das 
ταπ€ΐνόν;  dem  μέσον  Varro  das  inoertum  et  ambigaum,  Comifi- 
otii  das  [fluctuans  et]  dissolutum,  Fortunatianus  das  tepidum  ao 
dinolutum  et  velut  enerve,  Proklos  das  άργόν  καΐ  οιαλελυμένον. 
%i  aller  Verschiedenheit  der  lateinischen  üebersetzungen  oder 
TJmiehreibungen  ist  klar,  dass  alle  diese  Techniker  auf  ein  und 
dtteelbe  griechische  Origlnalsystem  zurückgehen.  Mit  diesem  — 
^  kann  schon  hier  bemerkt  werden  —  sind  unvereinbar  die 
Linien,  welche  Demetrios  den  Entartungen  von  dreien  seiner  vier 
Stilfonnen  gibt:  ψυχρόν  (Demetr.  π.  έρμ.  114 ff.  nach  Aristot. 
rtet  ni  3  und  Theophrast),  κακό2ηλον  (Demetr.  186  ff.;  von 
^eanthes  von  Eyzikos,  welcher  nach  J.  Brzoska  de  canone  X 
^Hit.  31, 1  zuerst,  so  viel  wir  wiesen,  über  das  κακόίηλον  schrieb, 
^  nicht  anzunehmen,  dass  er  erst  diesen  Begriff  aufgebracht 
^be),  άχαρι  (Demetr.  302  ff.).  Nur  die  Entartung  des  χαρακτήρ 
^^'Χνός,  der  Εηρός  ist  dem  System  des  Demetrios  (236  ff.)  mit 
leneiD  ersten  gemeinsam. 

Ganz  eigenartig  nimmt  sich  auf  den  ersten  Anblick  die 
Uhre  des  Fortunatianus  aus,    wonach  jeder  der  drei  Charaktere 


^  Analog  in  der  Metrik  die  Scheidung  zwiecben  Logaöden  und 
l*^pa  έιηούνβετα.     / 


138  Schmid 

zwei  Nnaooen  hätte,  ein  αύ(ηηρόν  und  ein  ανθηρον^.  Si• 
man  aber  näher  zn,  so  findet  man  Spnren  derselben  AnflEue« 
anch  bei  Cicero  or.  20ff.,  welcher  im  hohen  Stil  diejenigeoi  wel< 
eich  aepera  trieti  horrida  oratione  neqae  perfecta  neqna  oonoln 
von  denen,  welche  sich  levi  et  stracta  et  terminata  bedien 
im  echlichten  Stil  die  callidi,  eed  impoliti  et  conenlto  radi 
eimilee  et  imperitomm  von  den  in  eadem  ieinnitate  ooncinnioi 
id  est  faceti  florentes  etiam  et  leviter  omati  nnterecheidet ;  fen 
bei  Varro  (Gelline  VI  14,  11):  nnnmqnodque  genne  onm  ca 
pndiceqne  omatnr,  fit  illustrine  (entspricht  dem  αύ(ίτηρόν),  ο 
fucator  atqne  praelinitur,  fit  praeetigioenm  (άνθηρόν).  In  ά 
selbe  Richtung  weist  Demetrios,  wenn  er  (36)  von  Lenten  spric 
welche  nur  zwei  Stilarten  unterscheiden  nnd  der  einen  das  μ€ΐ 
λοπρεπές  nnd  beivov,  der  andern  das  γλαφυρόν  nnd  Ισχνόν  : 
theilten :  das  άνθηρόν  im  ersten  Stil  dürfte  bei  dieser  Anschans 
durch  das  μεγαλοπρεπές,  im  zweiten  durch  das  τλ<Χφνρόν^  ( 
αύ(Ττηρόν  im  ersten  durch  das  beivov,  im  zweiten  durch  < 
Ισχνόν  dargestellt  sein.  Endlich  enthält  ein  Stück  von  der 
Fortunatianus  auftretenden  Lehre  auch  unser  Proklosexcerpt 
818  b,  33)  in  der  kurzen  Polemik  gegen  die  Ansetzung  eil 
άνθηρόν  als  besonderen  Stils,  da  doch  das  άνθηρόν  συν€Κφέρ€ΐ 
καΐ  συμμέμικται  τοις  είρημένοις. 

Ueberschaut  man  die  hier  zusammengestellten  Zeugnisse, 
scheidet  sich  aus  ihnen  ganz  deutlich  eine  enger  zusammengel 
rige  Gruppe  aus,  gebildet  von  den  zwar  nicht  gleichmässig  vc 
'  ständigen,  aber  theils  in  der  Terminologie,  theils  in  der  Grui 
anschauung,  theils  in  beiden  zugleich  völlig  übereinstimmend 
Autoren  Yarro,  Cornificius,  Quintilian,  Pseudoplutarch|  Fortui 
tianus,  lulius  Victor,  Proklos.  Die  vollständigsten  und  am  meisl 
systematisch  geordneten  Mittheilungen  gibt  Fortunatianus,  τ 
dieser  lässt  auch  über  den  Ursprung  der  von  ihm  vermittelt 
Lehre  am  wenigsten  Zweifel:  seit  L.  Spengel  (Rh.  Mus.  XV! 
489  f.),  noch  mehr  seit  F.  Strillers  Abhandlung  de  Stoicori 
studiis  rhetoricis^  wissen  wir,    dass  dieser  Schriftstelleri    wo 


1  Für  diese  von  ihm  oder  seinem  Gewährsmann  in  der  griec 
sehen  Quelle  vorgefundenen  Namen  setzt  er  ofifenbar  nur  der  Abweo 
lung  wegen  p.  126,  6  severius  und  floridius,  126,  7  severum  et  laeti 
S.  a.  Flin.  n.  bist.  XXXV  6,  12  wo  die  Farben  in  austeri  und  floi 
eingetheilt  sind. 

3  Dionys.  de  comp.  23  braucht  ανθηρός  u.  γλαφυρός  synonym 
3  Ich  finde  nicht,  dass  Strillers  Darstellung  im  Wesentlichen 


Zur  antiken  Stillehre.  139 

Selbetftodi^ee  zu  bieten  scheint,  nne  die  sonst  so  sehr  verdonkelte 
itobohe  Lehre  &berliefert.  Von  den  übrigen  Vertretern  dieser 
Groppe  widerstreben  def  Znrttckftthrnng  auf  stoische  Quellen  in 
keiner  Weise  Varro,  Comificins,  Pseudoplntaroh,  anoh  Qnintilian 
nicht,  welcher  die  stoischen  Lehren  kennt  nnd  häufig  citirt.  Für 
Proklos  bleibt  nichts  übrig,  als  sich  zu  fttgen:  auch  er  vertritt 
das  stoYsche  System,  soweit  der  dürftige  Auszug  noch  erkennen 
llsit.  Es  ist  doch  wohl  auch  nicht  Zufall,  dass  es  gerade  zwei 
itoische  Geschiohtschreiber  (Polybios  und  Butilius  Bufus)  sind, 
welche  (Varro  bei  Gell.  VI  14,  7;  vgl.  Wilmanns  de  Varronis 
Ubris  gramm.  77,  1)  die  Diktion  der  drei  Mitglieder  der  athe- 
meehen  Philosophengesandtschaft  vom  Jahr  155  auf  die  drei  Stil- 
Uten  des  dbpov,  Ιοχνόν  und  μέσον  vertheilten,  und  dass  Vor- 
bilder für  dieselben  bei  Oellius  VI  14,  7  und  Quintilian  XII 
10,  64  aus  Homer,  dem  Urquell  der  stoischen  Weisheit,  ent- 
sommen  werden.  Da  auch  Cicero  deutliche  Spuren  desselben 
Systems  zeigt,  so  darf  zunächst  die  Thatsaohe  festgestellt  werden, 
dAH  von  etwa  100  vor  bis  100  nach  Christi  Geburt  die  stoische 
lehre  von  den  drei  Stilarten  und  ihren  Entartungen  und  den  zwei 
^veh  alle  Stilarten  hindurchgehenden  Nuancen  in  Geltung  ge- 
"weaen  ist. 

£s  zeigen  sich  aber  seit  Cicero  und  Dionysios  Trübungen 
^eier  einfachen  stoischen  Stillehre,  deren  Art  und  Entstehungs- 
vsache  nunmehr  nachzuweisen  sein  wird. 

Wenn  man  den  Fortunatianus  als  die  reinste  Quelle  der 
ttoiiehen  Lehre  betrachten  darf,  so  könnte  man  in  einem  Punkt 
«ine  Trübung  derselben  schon  vor  Cicero  finden  wollen.  Wäh- 
lend nämlich  die  Entartungen  der  drei  normalen  χαρακτήρες  bei 
Tortanatianus  als  contraria  derselben  aufgefasst  werden,  erscheinen 
eie  bei  Comificius  (IV  10,  15)  und  dann  auch  bei  Varro  (Gell. 
Tl  14,  4)  unter  der  bildlichen  Vorstellung  der  Verwandtschaft 
eder  Nachbarschaft  gegenüber  den  gesunden  Stilarten.  Dieselbe 
Vorstellung  schwebt  auch  dem  Proklos  p.  318  b,  30  vor,  und 
lie  liegt  der  Lehre  von  den  Entartungen  bei  Demetrios  durch- 
gingig zu  Grunde  (παράκεισθαι  114.  186.  236.802;  γείτνιάν  114). 
^h  soll  darauf  vorläufig  kein  Werth  gelegt  werden. 

Ungestörte  Uebereinstimmung  herrscht  bei  allen  Autoren 
^  über  den  χαρακτήρ  Ισχνός,  wenn  auch  nicht  alle  gleich  voU- 


'Skrt  werde  di^rch  die  Einwendungen  von  Reuter  (Herrn.  XXVIII 90  f.), 
teleher  sich  doch  selbst  (1.  c.  p.  121)  zu  Concessionen  genöthigt  sieht. 


140  Schmid 

ständig  in  Anfzählung  seiner  Merkmale  sind.  Die  τροπική  κο 
φίλοκατάσκευος  συνθεσις,  welche  auch  ihm  Ptokloi  zngeatehi 
wird  Ulaetrirt  durch  die  Bemerkungen  des  Gieero  or.  81  £ 

Weniger  rein  ist  das  Bild,  welches  sich  von  dem  χ€φακτή 
άορός  aus  der  Zusammenfassung  der  tiberlieferten  Merkmale  ex 
gibt  Die  charakterisirenden  Uebersetzungen  wenigstens ,  mi 
welchen  die  Lateiner  das  abpov  bezeichnen,  als  oharaoter  übe] 
gravis,  grandis,  magnifcus,  robustus,  amplus,  sublimis,  Yanra 
Schilderung  dieses  Stils  durch  die  Eigenschaften  der  dignitat  αη 
amplitudo,  auch  seine  Exemplifikation  auf  Pacuvius  als  Musts 
desselben,  lassen  das  bei  anderen  hervortretende  Element  am 
hinreiseenden  Leidenschaftlichkeit  jedenfalls  nicht  als  ein  notT 
wendiges  Ingrediens  des  χαρακτήρ  άορός  erscheinen.  Sein  Wesa 
scheint  von  Hause  aus  poetische  Grossartigkeit  und  FtiUe  in  Qm 
danken  und  schmückender  Ausstattung  (κατ€(Τκευα(Τμένον  μάλκΓ"* 
και  ποιητικόν  έμφαιναν  κάλλος  sagt  Proklos)  zu  bilden.  Afai 
schon  Polybios  und  Rutilius  (Gell.  VI  14,  10)  bezeichnen  c, 
Ausdrucks  weise  ihres  Vertreters  des  χαρακτήρ  ά5ρός  als  violer- 
et  rapida;  Comificius  lässt  (lY  8,  11)  etwas  vom  LeidenschiM 
liehen  hereinspielen,  wenn  er  sagt,  die  der  figura  gravis  ans 
messenen  Gedanken  seien  diejenigen,  quae  in  amplificatione 
oommiseratione  tractantur ;  Cicero  redet  von  vehemens,  vom  p^ 
movere  et  convertere  animos  (or.  20.  69),  von  ardens  acer  (9  - 
Dionysios  (de  Dem.  2)  von  καταπλήξασθαι  τήν  biavoiav  ( 
Proklos  p.  318  b,  27  έκπληκτικώτατον  und  [Plut.]  vit  Η 
II  6),  von  πάθος  προαγαγεΐν;  vgl.  Demetr.  283;  Quintil. 
10,  59. 

Viel  grösser  noch  ist  die  Verschiedenartigkeit  der  MeM 
male  des  mittleren  Stils  und  der  Beurtheilung  seines  Werth^ 
Der  Sinn  der  stoischen  Lehre  ist  offenbar,  dass  dieser  Stil  90 
in  einer  gewissen  temperirten  Mitte  zwischen  den  zwei  unvere^ 
baren  (Demetr.  36;  Dionys.  de  Dem.  2;  anders  freilich  Prol^ 
in  Piatonis  philos.  17),  also  auch  in  ihm  nicht  vereinten  £xt^ 
men  des  hohen  und  des  schlichten  Stils  halte,  ohne  aber  irger^ 
wie  diese  beiden  an  ästhetischem  Werth  zu  tibertreffen.  Cice^ 
hierin  ein  getreuer  Interpret  der  stoischen  Anschauung,  ken< 
zeichnet  ihn  (or.  21)  in  einer  negativen,  eigentlich  tadelnde 
Weise:  in  neutro  exoellens,  utriusque  particeps  vel  utriusque,  0 
verum  quaerimus,  potius  expere,  und  führt  als  Muster  ftir  ibx 
den  Phalereer  Demetrios  an  (or.  92.  94).  Ganz  anders  Diony• 
sios:  ihm    ist  dieser  Stil   der  aus  den  besten  Eigenschaften  dei 


Zar  anükea  Stillehre.  141 

beiden  anderen  gemischte  (de  Dem.  3,    ähnlich  Proleg.    in  Plat. 
pUI.  17),  der  eigentlich  beste  Stil  (de  Dem.  33.  34),  in  welchem 
et  bokratee  and  Piaton  zu  verhältnisemäseiger,  Demosthenes  aber 
10  absolater  Vollkommenheit    gebracht    hat.      Vor   diesen   drei 
Sehriftstellem  hat  nnr  Thrasymachos   von  Chalkedon   in  solcher 
ßKxi\  λέΕις  geschrieben  (de  Dem.  3),  während  die  übrigen  älteren 
Aitoren  je  in  einer  der  anvermischten  Formen    sich  hielten  (de 
J)em.  8).     Der  Begriff  der  μικτή  \4ίις   sowie   das    Beispiel  von 
Hirasymachos  gehört  dem  Theophrast  an.   Anzunehmen  aber,  dass 
Theophrast  unter  der  μικτή  \&ις  eine  abgesonderte  Stilart  ver- 
standen, oder  dass  er  gar  diese,  wie  Dionysios  thut,  für  die  voll- 
lommenete  gehalten  habe,    liegt   nicht  der  geringste  Grund  vor. 
yfiB  verschiedene   Dinge    Theophrast   und  Dionysios    unter   der 
^κτή  λέΕις  verstehen,  wird  am  klarsten  ersichtlich  aus  Dionys. 
de  Lye.  6:  an  seinem  Erfinder  der  μικτή  λέΗις,  dem  Thrasyma- 
^os,  betonte  Theophrast  als  Hauptvorzug    die  (Τυ(Ττρέφθυ(Τα  τά 
νοήματα  και  στρογγύλιυς  έκφέρουσα  λέΕις  οΙκεία  πάνυ  καΐ  άναγ- 
να{α  τοις  οικανικοΐς  λόγοις,  also  eine  gedrungene,  wohlabgerun- 
^ete,  für  die  Gerichterede  besonders   geeignete  Ausdrucksweise, 
^^elehe  Dionysios  nicht  etwa    bei    den  Helden    seiner    μέ(ίη  und 
Μικτή   λέΕις,   Piaton,   Isokrates,    Demosthenes,    sondern  bei  dem 
Vertreter  seines  χαρακτήρ  1(Τχνός,  bei  Lysias  am  besten  ausge- 
t^rigt  findet.     Was  bei  Dionysios  anlässlich  der  μικτή  λέΗις  über 
Isokrates  und  Piaton  gesagt  wird,   kann    also    nach  der  zuletzt 
angeführten  Stelle  bei  Theophrast  nicht  in  demselben  Zusammen- 
lung  gestanden  haben,    und  ganz  sicher  ist,    dass  die  gesammte 
^affiftssnng  des  Demosthenes  bei  Dionysios  in  vollem  Widerspruch 
^a  derjenigen  bei  Theophrast  sich  befindet  (Heylbut,  Rhein.  Mus. 
^XXXIX  159). 

Neu  ist  in  der  Darstellung  der  Stillehre  bei  Dionysios  das 
Prinzip  der  Abmessung  der  Stilarten  nach  ihrem  ästhetischen 
^erth,  welches  ihn  zu  einem  eklektischen  Stilideal  führt.  Dieses 
^be  Prinzip  beherrscht  nun  aber  auch  Ciceros  Orator,  nur  dass 
Qeero  seinen  Idealredner  nicht  in  einer  wenn  auch  noch  so  sehr 
'^WTollkommneten  Einzelstilart,  sondern  über  allen  den  alten  drei 
^^larten  sucht  (or.  100. 101),  wobei  ihm  (or.  104)  selbst  Demosthenes 
^t  ganz  genügt.  Die  Erklärung  für  diese  Abnormitäten  der 
otieronischen  und  dionysischen  Stillehre  liegt  offenbar  darin,  dass 
^  1.  Jahrhundert  v.  Chr.  die  Frage  nach  einer  absolut  besten 
Ailfonn  aoi^worfen  war  und  die  alte  Stillehre  nun  in  verschie- 
^Mr  Weise  umgestaltete.     Diese  Fiuge   kann   nur  aufgeworfen 


142  Schmid 

worden  sein  von  den  Tbeoretikern  der  imitatio»  welche  nicht  i 
litterarhiBtorisohem,  sondem  in  stilreformatorisohem  Intereeee  λ 
beiteten  (Cio.  or.  24:  nnnc  enim  tantum  qnieqae  landai,  qnantni 
se  posse  sperat  imitari;  vgl.  Syrian.  VII  91,  9  Wali)»  yon  de 
Attioisten  im  weitesten  Sinn.  Man  hat  in  den  Zeiten  der  att 
oietischen  Bewegung  yerechiedene  Ideale  dee  beeten  Rednel«  an 
gestellt,  je  nach  Gesohmaok  (Cio.  or.  36) :  die  Bhodier  knltivirti 
den  Hypereidee,  d.  h.  den  mittleren  Stil  in  yordionyeiachem  Sil 
(Cic.  or.  90;  Qnint  XII  10,  18),  andere  den  Thnkydide•,  d.  ! 
den  hohen  (Agartharohides  beiPhot.  cod.  213  p.l71  b»  10  Bekkei 
Cio.  or.  30;  de  opt.  or.  gen.  or.  15;  Dionys.  de  Thnc.  52),  wi( 
der  andere  den  Lysiae,  d.  h.  den  schlichten^  —  diese  Letsterf 
hielten  sich  bekanntlich  für  die  Attici  par  excellence.  Dem  D 
mosthenes  hat  bei  den  rhetorisch  gebildeten  Lenten  feineren  & 
schmacks  wahrscheinlich  lange  Zeit  geschadet,  dass  er  von  di 
Peripatetikem  seit  Theophrast  geflissentlich  verkleinert*  nnd  da 
er  auch  von  Asianern  wie  Eleochares  von  Myrleia  bewnndc 
wurde.  Erst  die  mittlere  Stoa  scheint  ihn,  vielleicht  snn&oL• 
ans  ethischen  Gründen,  wieder  mehr  zu  Ehren  gebracht  an  hab» 
(R.  Hirzel,  Untersuchungen  su  Ciceros  phUos.  Schriften  III 1,  8S 
A.  Schmekel,  Philos.  der  mittleren  Stoa  232 ff.),  und  zn  allgem.' 
nerer  Anerkennung  als  dem  ersten  aller  Redner  verhelfen  ihm  e:^ 
Cicero  und  Dionysios  (Hamecker,  Neue  Jahrbücher  f.  PhiloL  1^ 
S.  42  ff.).  Aus  diesen  Betrachtungen  folgt,  dass  wir  weder  die  Α  i 
werf  ung  der  Frage  nach  der  absolut  besten  unter  verschiedenen  ge^ 
benen  Stilformen  noch  die  dionysische  Auffassang  vom  χαραιττ 
μέοος  oder  μικτός  jenseits  des  Beginns  der  atticistischen  Bewegiu 
(c.  150  V.  Chr.)  suchen  dürfen,  d.  h.  dass  jene  Dinge  weder  Λ< 
Theophrast  noch  die  alte  stoische  Stillehre  irgend  etwas  angehe 
Es  tritt  aber  im  ersten  Jahrhundert  v.  Chr.  noch  ein  weitere 
Ingrediens  in  den  χαρακτήρ  μέ(Τος,  welches  mit  dessen  eigeoi 
liebem  Wesen  nichts  zu  tbun  hat:  das  Blühende.  Cicero  le^ 
diesem  Stil  Eigenschaften  bei,  mit  welchen  Demetrios  seinen  χβ* 


^  Noch  später  findet  man  Velleitaten  für  Kritias  (Philostr.  Vit 
80ph.  p.  72,  8  Kayser)  u.  den  Sokratiker  Aeechines  (Aristid.  or.  XLVl 
295,  367). 

'  Das  klingt  noch  sehr  deutlich  in  der  wesentlich  ans  peripate 
tischen  Quellen  geschöpften  Demosthenesbiographie  des  Plutarch  nad 
(c.  9.  10.  11.  17);  Kritolaos  bei  Gell.  XI  9;  Schol.  Aristot.  rhet.  Π 
1404a,  1;  vgl.  die  von  Dionys.  ad  Amm.  I  ausgefoohtene  Ck>DtroverM 


Zur  antiken  Stillehre.  148 

ρακτήρ  γλαφυρός  kennzeichnet :  plurimum  snavitatie  (or.  91 ;  vgl. 
BMoetr.  128),  Uehertragangen  (or.  92;    Demetr.  142),  Allegorie 
(or.  94;  Demetr.  151),  uehranch  aller  Wortfiguren  (or.  95;  De- 
setr.  140 ff.);    er  redet  (or.  96)    von  diesem  Stil   als  ineigne  et 
fmns  orationie  pictnm  et  expolitnm  genug.  Quintilian  XII 10, 58 
nft  geradezu,    manche    nennen  den  mittleren  Stil  auch  floridum 
(umque  id  όνθηρόν  appellant).     Dieser  Stil  zeigt  also  hier  eine 
eBtsehiedene  Neigung,    sich  in  einen  anderen,  den  von  den  Stoi- 
kern (Proklos  p.  318,  b,  35)  gar  nicht  als  selbständig  anerkann- 
ten blühenden  Stil  zu  verflüchtigen.     Es  ist  die  Frage,  wie  diese 
enge  Verbindung  des  άνθηρόν,  welches  nach  stoischer  Lehre  als 
Küanee  in  jedem  Stil  vorkommt,    mit  einem  einzelnen  unter  den 
χορακτήρ€ς  zu  erklären  sei.     Ist  etwa  zu  Ciceros  Zeit  ein  selb• 
stiodiger   blühender  Stil    erst   neu   in    die  Litteratur   eingeführt 
vorden  und  äussert  nun  bei  Cicero  seine   ersten  Ansprüche    auf 
Anerkennung  in  der  rhetorischen  Theorie?    oder    hat   schon  vor 
Geero  in  einer  von  der  stoischen  verschiedenen  Theorie  der  Aus- 
^ncksformen  das  Blühende  sich  Anerkennung  verschafft    gehabt 
^  beweist  auch  in  diesem  Fall  Cicero  sein  poröses,  eklektisches 
^ftlent,    indem    er    in    die    stoische  Lehre    ein  Stück   von   einer 
«äderen  einflickt?     An  atticistische  Einflüsse    ist   hier  nicht   zu 
denken. 

Wenn  wir  den  Sjrianos  (in  Walz  Rh.  ur.  VII  93)   hören, 
to  wäre  der  χαρακτήρ  ανθηρός  nebst  dem  γραφικός  von  einem 
^oast  gänzlich  unbekannten  Hipparchos  zuerst  zu  den  drei  alten 
StUarten  άορός,  1(ίχνός,    μέσος   hin  eingeführt  worden;   Deme- 
tiios  hätte  dann  den  letzteren  aufgegeben,  den  ersteren  (ανθηρός) 
Ehalten.    Die  Terminologie    dee  Sjrianos  ist  nicht  genau:    De- 
twtrios  weiss  nichts  von  einem  χαρακτήρ  ανθηρός,  sondern  nur 
>on  einem  γλαφυρός;  immerhin  zeigt  diese  Stelle  nebst  Dionys. 
de  eomp.  23,    dass   wir   berechtigt   sind,    die    Stilbezeichnungen 
^ρός   und   γλαφυρός  für   völlig   gleichbedeutend    zu  halten. 
Diza  stimmt  auch,  dass  der  einzige  Autor,  welcher  ausser  Deme- 
^08  4  Stilarten  aufstellt,    ohne  dass  bei  ihm  übrigens  eine  Be- 
gnüg des  Demetrios  irgendwie  wahrscheinlich  wäre»  Macrobius 
(8tt  V  1,  7)  neben  copiosum,  breve,  eiccnm   ein  pingue  et  flo- 
'■dum  nennt.     Seine  Bezeichnungen  sind  etwas  ungeschickt,  aber 
^  meint    sicherlich    dieselben    4    Charaktere    wie    Demetrios; 
«β  beivov  mit  breve  wiedergegeben  wird,  dürfte  durch  den  für 
'm««!  Stil   angeführten   Mustersohriftsteller  Sallust   und    dessen 
Wrorrageiidste  Eigenschaft  (Sen.  ep.  114,  17)    veranlasst   sein, 


U4  Scbmid 

Wenn  wir  nun  den  Ursprung  des  bltthenden  Stils  «ofiBnd 
wollen,  so  sind  wir  bei  dem  Mangel  aller  n&heren  Kunde  ttb 
Hipparchos  ganz  anf  den  uns  vorliegenden  Demietrios  angewiese 
Dass  der  Verfasser  der  Sebrift  περί  ερμηνείας  dem  Anfang  d 
2.  naobcbristlioben  Jabrbunderts  angebört,  balte  ieb  nach  d* 
Untersuebangen  von  Bebeim-Scbwarzbacb  and  Aitscbnl  für  an 
gemacbt,  und  zu  dieser  Ansetznng  stimmt  anob  die  beiSjriaa 
eingebaltene  Keibenfolge:  Dionysios,  Hipparcbos,  Demetrioe.  1 
allgemeinen  längst  anerkannt  ist  die  starke  Benntznng  peripat 
tisober  Quellen  in  der  Sebrift  περί  ερμηνείας.  Die  merkwürdig 
Versebiedenbeit  in  den  Ansetzungen  der  Abfassungszeit  der  Sehr 
bftngt  mit  dem  eigentbttmlicben  Umstand  zusammen,  dass  dieeel 
bei  mebrfacben  Anzeioben  späterer  Zeit  doob  ausser  dem  übrige 
auob  zweifelbaften  Γαοαρευς  237  keinen  Gewährsmann  oiti 
welcber  mit  Sicberbeit  über  das  3.  Jabrbundert  y.  Cbr.  hemntc 
gesetzt  werden  könnte.  Das  erklärt  sich  nur  unter  der  Vorau 
Setzung,  der  Verfasser  habe  von  seiner  Zeit  aus  sehr  alte  pe 
patetisohe  Quellen  benützt.  Sehr  vieles  in  der  Schrift  weist  « 
Theophrast  hin,  und  die  Hauptaufgabe  für  uns  ist  nun,  wenn  ν 
finden  wollen,  wober  Demetrios'  χαρακτήρ  ανθηρός  stamme,  J 
Grad  der  Abhängigkeit  der  demetrianiscben  Stillehre  von  d. 
jenigen  des  Theophrast  mit  Hilfe  der  spärlichen  Fragmente  c 
des  Letzteren  Buch  περί  λέΕειυς  festzustellen. 

Aus  Tbeophrasts  Stillebre,  vorsichtiger  ausgedrückt,  d. 
jenigen  Tbeilen  seiner  Sebrift  περί  λέΕεως,  welche  die  von  m 
in  die  Stillehre  gezogenen  Gegenstände  betreffen,  lassen  sich  f 
gende  Einzelheiten  oonstatiren: 

1)  Theophrast  redete  von  einer  μικτή  \έΙ\ς  und  nannte 
Schöpfer  derselben  den  ThrasTmachos  (Dionjs.  de  Dem.  3; 
Lys.  6), 

2)  er  bezeichnete  eine  Ausdrucksform  der  μεγαλοπρέΐΓ^ 
und  gab    für  die  Composition  derselben  Beispiele   (Demetr.   4: 

3)  er  bandelte  von  dem  Fehler  des  ψυχρόν  (Demetr.  11^ 

4)  er  bezeichnete  ονόματα  καλά  zu  stilistischer  Yerwe 
düng  (Demetr.  173;  vgl.  Dionys.  de  comp.  16;  Dio  Cbr.  X 
235,  16  Ddf.), 

5)  er  gab  die  Methode  an,  πιθανότης  zu  erreichen  (D( 
metr.  222), 

6)  er  unterschied  laudes  orationie  (Cic.  or.  79),  deren  vieil 
Cicero  bezeichnet  als  omatum  illud,    suave^   et    afflnens.     No< 


^  Die  Veränderung  von  suave  in  gravo,  welche  H.  Rabe,  de  Tbe 


Zur  antUten  Stillelire.  14S 

deHtlicher  Simplioias  in  Arietotelie  oateg.  p.  3B  ed.  Basil.:  δ<Τα 
tepi  τών  ibeuiv  (nämUcli  von  Theophraet  und  den  π€ρΙ  αυτόν) 
ΕίρηταΓ  τΐ  τ6  σα<ρές  έν  \iiei,  τί  τ6  μεγαλοπρεπές,  τί  τ6  ήού 
και  τηθανόν. 

Ans  diesen  Nachrichten  haben  wir  uns  folgende  Yoretellang 
Ton  dem  nne  hier  intereseirenden  Theil  des  theophrastischen 
Boohee  zn  machen:  Theophraet  unterschied  mindestens  4  ib^ai 
λαεως  —  dass  es  bloss  4  gewesen  seien,  kann  weder  aus  Ci- 
cero, der  mit  dem  quartum  nicht  die  letzte  Nummer  gemeint  zu 
laben  braucht,  noch  aus  Simplioins,  der  keinerlei  Interesse  hat, 
Iderüber  vollständig  zu  sein  (wie  denn  auch  die  Reihenfolge  der 
ibioi  bei  ihm  nicht  mit  der  von  Cicero  bezeugten  tibereinstimmt, 
tiao  ungenau  widergegeben  ist),  geschlossen  werden.  Vier  von 
ditten  \bia\  oder  laudes  orationis  hiessen  σαφές,  μεγαλοπρεπές, 
iibu,  πιθανόν  ^  Ganz  verfehlt  wäre  es,  diese  ib^ai  λέξεως  in 
cbe  Linie  mit  den  auch  dem  Aristoteles  schon  (rhet.  III  2.  5) 
l)eksnnten  nothwendigen  Grundeigensohaften  jeder  Rede  zu  stellen 
(Αληνισμός,  σαφήνεια,  πρέπον).  Man  darf  sich  nicht  dadurch 
irre  machen  lassen,  dass  das  σαφές  unter  diesen  wie  unter  jenen 
Torkommt:  die  Klarheit,  sofern  sie  Voraussetzung  der  Verständ- 
lichkeit ist,  ist  etwas  anderes  als  die  Klarheit,  welche  das  oberste 
Ceeetz  für  eine  Stilform  bildet  und  unter  den  Ιοέαι  des  Hermo- 
genes  die  erste  ist.  Weiter  ergibt  sich  aus  den  Fragmenten  des 
^tbeophrast  bei  Demetrios,  dass  Theophrast  den  Fehler  des  ψυ- 
Xpöv  besprach  und  dasselbe  als  x6  υπερβάλλον  τήν  οίκείαν 
^(ΠΤ€λ(αν,  also  einen  Verstoss  gegen  eine  der  Grundeigen- 
^haften,  das  πρέπον,  nicht  als  Parekbase  einer  Stilform  definirte. 
^  Eintheilungsprincip,  nach  welchem  Theophrast  die  Finzel- 
leiten  des  Ausdruckes  durchnahm,  ist  von  Dionysios  (de  Isoer.  3) 
erhalten:  εκλογή  τών  ονομάτων,  ή  έκ  τούτων  αρμονία,  τά  περι- 
^φάvovτα  αυτά  σχήματα.     Nicht  ganz  sicher,    aber  immerhin 


phraiti  libris  ircpi  λέξεως  ρ.  41  vornehmen  will,  halte  ich  nach  Cio. 
w.  42  {dulee  orationis  genus  solatum  et  affluens)  für  falsch :  gemeint 
^  das  γλαφυρόν  oder  ήδύ. 

^  leb  kann  übrigens  nicht  unterlassen,  die  Selbständigkeit  einer 
^  des  ιηθανόν  als  fraglich  zu  bezeichnen :  die  Formulirang  des  Sim- 
lOdiu  legt  nahe,  an  eine  engere  Verbindung  zwischen  ήδύ  u.  πιθανόν» 
tiUDt.  YlII  3,  42  an  eine  solche  von  πρέπον  α.  πιθανόν  zu  denken, 
fcmnach  konnte  Theophrast  in  diesem  Zusammenhang  das  πιθανόν 
ittäsch  gesprochen  auch  als  blosses  έπιγέννημα  angesehen  haben.  S.  a. 
Demeir.  206.  221. 

BUlB.  Mw.  f.  PhUol.  H.  7.  XLIX.  10 


14β  Sctimid 

wahrscheinliuh  ist,  daee  auch  die  höhere  Eiotheilang  dee  ganten 
Stoffes  der  Stilistik  bei  Dionyeios  (die  Stellen  bei  G.  Ammon  de 
Dionyeii  Hai.  libror.  rhet.  fontib.  p.  5)  in  πραγμαηκός  nnd  λε- 
κτικός τόπος  schon  von  Theophraet,  wenn  anch  yielleioht  nicht 
ganz  in  demselben  Sinn  wie  τοη  Dionysios  (s.  fragm.  XXIV  bei 
M.  Schmidt  de  Theophrasto  rhetore  p.  52)  angewendet  war. 

An  diesen  festen  Daten  ist    nnn    die  Schrift  des  Demetrios 
zu  messen.     Dabei  zeigt  sich  zuerst,    dass  der  Begriff  der  Ib^a, 
welcher,  dem  Gebrauch  des  vielfach  τοη  Theophrast  abhängigen 
Dionyeios  nach  (s.  die  Stellen  bei  Rössler,  Dionysii  Hai.  scriptor. 
rhet.  fragm.  p.  43,  1),  dem  Theophrast  zugeschrieben  werden  kann 
und  dem  Zeugniss  des  Simplicius  nach  ihm  zugesohrieben  werden 
muss,  dem  Demetrios  fremd  ist,  dass  aber  sachlich  mehrere  der  χαρα- 
κτήρες des  Demetrios  in  engster  Verwandtschaft  mit  theophrastL- 
sehen  ib^ai  stehen:  die  (Ταφήνεια  ist  das  Wesen  von  DemetriaA* 
χαρακτήρ  Ισχνός  (Demetr.  191.  192.  196—198.  201—204.  221  Λ 
das   ήού   das  Wesen    des   χαρ.  γλαφυρός    (166.  173.   174.  l^fr*^ 
182),  das  μεγαλοπρεπές  des  Theophrast  hat  dem  ersten  χαραχτ^^ 
des  Dionysios   auch    den  Namen    gegeben.      Für    den  χαραι 
δεινός  des  Demetrios  scheint    sich   zunächst    kein  Anknttpfun| 
punkt  bei  Theophrast  zu  finden,  und  doch  ist  gerade  in  der 
handlung   dieses  Stils   bei  Demetrios  ein  Stück,    welches   au8| 
sprechen  theophrastische  Farbe   an    sich  tr&gt.      Man   muss  si 
vor  allen  Dingen  daran  erinnern,  dass  δεινός  und  οεινότης  in 
rhetorischen  Technik  vieldeutige  Begriffe  sind.      Höchste  re< 
rische  Vollkommenheit,    virtuose  Beherrschung  sämmtlicher 
nerischen  Mittel  heisst  οεινότης  bei  Dionysios  und  Hermogei 
und  dieser  Gebrauch  ist  durch  Beispiele  aus  der  klassischen  Lie=^  ^ 
ratur  (s.  Rehdantz,  Indices  zu  Demosthenes'  philipp.  Reden  s^    ^ 
δεινός)  gerechtfertigt.      Gleichwohl    muss  sich  Hermogenes    c3<i 
Recht  zu  dieser  Yerwendungs weise  erst  erkämpfen  (de  id.  p.  S^^^i 
29  ff.  Sp.)  —  der  Sinn  von  δεινός  sei,    wendete   man  gegen  it^ 
ein,  φοβερός,    μέγας,    ισχυρός,  t\  πάντα  ταΟτα.     Wer  wenden 
das  ein,  da  doch,  wie  bemerkt,  schon  klassische  Schriftsteller  τον 
einem  βήτωρ  δεινός  in  Hermogenes'  Sinn  redeten  nnd  Dionysiof 
diesen  Gebrauch  wieder  eingebürgert  hatte  ^?      Gegen  Aristidei, 
welcher  unter  δεινότης  nur  die  Sinnfigur  der  προκατασκευή  ve^ 
steht  (p.  497  Sp.),    hat  die  Bemerkung  keine  Spitze,   wohl    aber 

^  Auf  dessen  Autorität  sich  zu  berufen,  dürfte,  der  geringschätzigen 
Bemerkung  de  id.  p.  342, 10  Sp.  nach,  Hermogenes  unter  seiner  Würde 
gefunden  haben. 


Zar  antiken  Stillelire.  147 

gegen  Demeirioe,  welcher  der  οεινάτης   genau    die   von  Hermo- 
genee  erwihnte  und  von    ihm  abweichende  Bedeutung  gibt:    bei 
Demetrioe  iet  die  οεινότης  keineswege    der   vollkommenste   Stil, 
•ondem  der  Stil  der  Leidenschaft,    das  Andringende,    Drohiende. 
Wir  erwarten  und  finden  hier  besonders  Beispiele  aus  Demosthe- 
nes.    Bezeichnend  ist  nun  aber,  dass  der  demosthenisohen  betvo- 
της   in    einem    besonderen  Abschnitt    (282 — 286)    diejenige   des 
Bemadea    zur  Seite   gestellt  und  mit  Beispielen  belegt  wird.   £e 
kum  der  Ansicht  wohl   nicht  widersprochen  werden,    dass,    was 
die  spätere  Zeit  an  Echtem  von  diesem  Redner,  der  nichts  Schrift- 
Uehes  hinterlassen   hatt«  (Cic.  Brut.  36),   noch  besass,    ihr    von 
demjenigen  Techniker  übermittelt  war,  welcher  die  beiden  Redner 
Bemosthenes  und  Demades   noch   gehört    und    der  Beredsamkeit 
d«  Letzteren  besondere   Beachtung   geschenkt  hatte:    von  Theo- 
pknst.    Er  ist  sicher  auch  die  Quelle  der  Δημάοεια  bei  Deme- 
trioe und  hat  die    ib^a   der   οεινότης    in  Demetrios'  Sinn  durch 
J)emade8  besonders  glänzend  ausgeprägt  gefunden.    Das  zugegeben, 
^oden  wir  zu  der  Consequenz  gedrängt,   dass  schon  Theophrast 
em  ib^a  der  &€ΐνότης  anerkannt  habe.      Welche  und  wie  viele 
t&6n  Theophrast  sonst  noch   aufgestellt  hatte,    ist   nicht  auszu- 
machen —  wenn  man  aber  z.  B.  eine  ib^a  des  κάλλος  aus  De- 
^etr.  173|  der  ενάργεια  aus  209  für  ihn  erschliessen  wollte,  so 
'^to  dagegen  wenig  zu  vigen. 

Wichtig  zur  Aufklärung  des  Verhältnisses  zwischen  Deme- 
irioe und  Theophrast  ist  namentlich    auch    die  Stellung  des  Er- 
^teren  zu  dem   von  Theophrast    aufgestellten  Eintheilungsprinzip 
ii  εκλογή  ονομάτων,  αρμονία  und  σχήματα  ^.    Demetrios  nimmt 
^ne  4  Stilarten  regelmässig  nach  je  drei  Gesichtspunkten  durch 
(38.  115.  236.  240):   biavoia  oder  πράγματα,   λέΕις  und  Ουνθε- 
^.    Gibt  man  zu,    dass  Dionysios    seine  Disposition    in    πραγ- 
Ιίβηκός  und  λεκτικός  τόπος  schon    bei  Theophrast   vorgefunden 
Ittbe,  so  kann  man  die    biavoia   des  Demetrios    auf    den    theo- 
Fbastiachen  πραγματικός    τόπος  zurückführen.     Aber  die  Thei- 
hog  des  λεκτικός  τόπος  stimmt  bei  beiden  nicht  überein.    Deme- 
trioe   berücksichtigt    in   seinem  Dispositionsschema    die    Figuren 
steht,   wiewohl  in  der  Ausführung  sehr   viel  von  Figuren  steht. 
Ke  Stellung  der  Figuren  ist  aber  eine  sehr  schwankende:    über 
b  Wortfiguren  sagt  Demetrios  59,    sie   gehören   zur  σύνθεσις, 


*  Die  Kategorien  sind  bei  Theophrast  nicht  ganz  neu  (Liers,  Neue 
ίΛΛ.  f.  Philol.  136,  684),   aber  wohl  vor  ihm  nicht  syetematisirt. 


148  Slohmid 

indessen  treten  sie  §  140 — 141  unter  der  λ^Εις  auf,  ebenso  192- 
195;  nicht  anders  schwanken  die  Sinnfiguren  bin  and  her:  ante 
der  \&χς  befinden  sie  sich  106— 111,  196—197,  279—281,  nnta 
der  (Τύνθ6σις  155,  208—220,  252—254.  Nur  bei  der  Beepr- 
ohnng  des  χαρακτήρ  Ο€ΐνός  ist  ein  Anlauf  genommen,  Wort-  um 
Sinnfigaren  ähnlich  wie  in  Comificias*  Rhetorik  in  einem  S 
sammenhang  zu  behandeln  (263 — 271).  Man  kommt  nicht  s 
recht,  wenn  man  diese  Unebenheiten  der  Ueberliefernng  der  Schi^ 
zur  Last  legt:  sie  sitzen  allzu  tief,  und  nur  die  Unklarheit  Μ 
Verfassers  selbst  kann  für  sie  verantwortlich  gemacht  werd« 
Wäre  dieser  ein  blosser  £pitomator  des  Theophraet,  so  w£ 
unverständlich,  wie  er  zu  solchen  Unklarheiten  kommen  koniM 
für  die  ihm  sicherlich  Theophrasts  Schrift  kein  Vorbild  g^^ 
Theophrastische  Materialien  finden  wir  überall  in  ihm,  nirge^ 
aber  theophrastische  Klarheit  und  Consequeni.  Um  dies  eig-^i 
thümliche  Verhältnlss  zu  erklären,  müssen  wir  annehmen^  Deta 
trios  habe  Theophrasts  Stoff  in  einem  anderen  Sinn  und  so^ 
auch  in  anderer  Anordnung  als  Theophrast  selbst  angewen^ 
und  das  erlösende  Wort  dürfte  gesprochen  sein,  wenn  man  8&.i 
Demetrios  hat  den  Versuch  gemacht,  aus  der  Lehre  des  TIb. 
phrast  von  den  ib^ai  eine  Lehre  von  4  χαρακτήρες,  welche 
eklektisch  aus  jenen  ib^ai  zusammensetzte,  zurechtzuschnei 
ist  aber  dabei  sehr  mechanisch  und  ungeschickt  verfahren, 
merkenswerth  ist  endlich  noch  der  Unterschied,  welcher  hinsi 
lieh  der  Klarheit  der  Behandlung  zwischen  den  gesunden 
arten  und  den  ihnen  entsprechenden  Fehlem  obwaltet  — 
jenen  ein  Geschiebe  verschiedenartigster  Notizen,  welches  t»  ^ 
dass  der  Verfasser  viel  treffliches  Material  vor  sich  gehabt,  ik. 
es  nicht  zur  Beherrschung  und  klaren  Neugestaltung  dessel  1 
gebracht  hat;  bei  diesen  consequente  Einhaltung  des  dreitheill^ 
Dispositionsschemas.  Nach  diesem  sind  in  grosser  Kürze  kcc^ 
ίηλον  186-189,  Ηηρόν  236—239  und  αχαρι  302—304  dur^ 
genommen,  ausführlicher  und  nicht  ganz  ebenso  klar  das  ψνχρ^ 
(115  —  127).  Von  dem  Letzteren  redete  auch  Theophrast,  di 
Auffassung  des  ψυχρόν  als  Parekbase  des  μεγαλοπρεπές  aber  Μ 
ein  Werk  des  Demetrios  (s.  oben  S.  145).  Kürze  und  Durchsicb- 
tigkeit  der  Behandlung  der  übrigen  drei  Parekbasen  macht  wahr- 
scheinlich, dass  für  sie  Demetrios  nicht  erst  theophrastischee 
Material  umzuformen  brauchte,  und  so  wird  H.  Rabe  (de  Theo- 
phraflti  libris  π.  λέ£.  26)  Recht  haben,  in  Abrede  zu  ziehen,  daei 
bei  Theophrast   die   verfehlten    χαρακτήρες  vorgekommen  seiea 


Zur  antiken  Stillebre.  149 

Der  Erfolg  dieser  Aneeinandereetzungen  dürfte  sein,  wabr- 
lekemlieh  gemacht  sn  haben,  eo  weit  eben  nneer  beschränktes 
Miteria]  es  snlässt,  dass  Demetrios  eine  Detorsion  der  Ideen)ehre 
des  Theophrast  in  die  Richtung  der  stolechen  Lehre  von  den 
Cbrakteren  yorgenommen,  dass  er  namentlich  aus  zwei  bei  Theo- 
plirast  vorkommenden  ib^ai,  dem  γλαφυρόν  oder  άνθηρόν  oder 
f|U  und  dem  b€tvov  zwei  neue  Stilarten  gemacht  hat.  Von  der 
ito!8chen  Lehre  hat  er  den  χαρακτήρ  Ισχνός  behalten,  den  όορός 
iber,  nach  der  sachlich  richtigen  Einsicht  von  Beheim-Schwarz- 
bich,  in  die  zwei  Formen  des  μ€ταλοπρ€πές  and  beivov  zerlegt, 
den  χαρακτήρ  μέσος  der  Stoiker  hat  er  aufgegeben,  dafür  aber 
Theophrasts  Lehre  von  der  μικτή  ΧέΈις  (§  36)  übernommen.  Vom 
itoischen  Standpunkt  aus  betrachtet  konnte  die  Neueinführung  des 
χαρακτήρ  Ο€ΐνός  und  γλαφυρός  auch  als  eine  Erhebung  der  zwei 
Itoischen  Nuancen  des  αόοτηρόν  und  άνθηρόν  zu  selbständigen 
Stilarten  angesehen  werden.  Von  der  stoischen  Lehre  hat  De- 
metrios endlich  das  Prinzip,  den  gesunden  Stilarten  verfehlte 
fegenüberzusetzen;  die  von  der  stoischen  abweichenden  Art,  wie 
er  eich  das  Yerhältniss  der  beiden  zu  einander  vorstellt,  geht 
^eUeioht  auf  Theophrast  zurück,  wiewohl  dieser  nichts  den  Pa- 
TeklMisen  des  Demetrios  ganz  genau  entsprechendes  gehabt  haben 
^.  Aber  das  ψυχρόν  wenigstens,  welches  Demetrios  zu  neuer 
^^wendnng  dem  Theophrast  entnommen  hat,  erscheint  bei  letz- 
terem nicht  als  Gegensatz  des  πρέπον,  sondern  als  ein  diesem 
>ibe,  in  seiner  Richtung  liegender  Fehler,    als  ein  ύπ€ρβάλλ€ΐν. 

Sind  diese  Erwägungen  richtig,  so  ist  die  Veranlassung  jener 
^\  den  Technikern  des  1.  Jahrhunders  und  gelegentlich  schon 
früher  auftretenden  Trübungen  der  stoischen  Stiltheorie  (s.  oben 
8•  140, 142 f.)  aufgeklärt:  Demetrios  ist  nicht  der  Erste,  welcher 
One  Contamination  des  theophrastischen  mit  dem  stoischen  Stand- 
ptnkt  versucht  hat,  auch  nicht  jener  dunkle  Hipparchos,  sondern 
icbon  im  2.  Jahrhundert  v.  Chr.,  jedenfalls  im  1.  sickert  etwas 
▼on  den  Ideen  des  b€ivov  und  des  άνθηρόν  in  die  stoischen 
Charaktere  herein.  Ein  solcher  Vorgang  in  der  Theorie  kann 
BOT  die  Rückwirkung  eines  Prozesses  im  Leben  der  Kunst  selbst 
^:  das  Aufgeregt-pathetische  und  das  Stisslich-zierliche  mueste 
^  einer  Zeit,  wo  man  es  in  dem  herkömmlichen  Schema  der 
Sieorie  unterzubringen  suchte,  in  der  lebendigen  Beredsamkeit 
eine  bedeutende  Rolle  spielen.  Denn  sonst  wäre  unbegreiflich, 
vamm  nicht  auch  andere  Ibiax  in  die  Stillehre  einzudringen  such- 
ten.   Das  άνθηρόν  ist  nun  so  recht  der  Stil    der  peripatetischen 


150  Scbmid 

Salonprofeesoren  —  Theophraet  selbst  und  namenflioh  Dametr: 
von  Phaleron  haben,  das  anreum  flamen  von  Aiistotelee*  e= 
terie(hen  Sehriften  weiterleitend,  in  dieser  Art  getohrieben  α 
Charisios  bat  sie  den  Asianem  vermittelt.  Die  letzteren  kanni 
neben  der  Zierlicbkeit,  als  eobte  Orientalen,  nur  noch^  das  e 
gegengesetzte  Extrem  der  grellen  Aufregung  (f&r  diese  wer« 
sie  bei  Demostbenes  Vorbilder  gesucht  haben) :  das  ist  von  Cia 
(Brut.  325)  bezeugt.  Dass  die  Asianer  keine  eigentliche  Stillek 
sondern  im  wesentlichen  die  peripatetische  Ideenlehre  gela 
haben»  ist  darum  sehr  wahrscheinlich,  weil  ihr  Ideal  nicht  w« 
ger  als  das  der  Atticisten,  nur  in  ungesunder  Weise,  redneris« 
Virtuosität  *  gewesen  sein  wird.  Dass  sie  überhaupt  in  der  r 
torischen  Theorie  etwas  geleistet  haben,  ist  durchaus  unerw« 
lieh,  und  so  darf  mit  Grund  die  Annahme  verworfen  werden, 
ob  jene  Trübungen  stoischer  Lehre  durch  eine  asianisohe  Thec 
veranlasst  sein  könnten :  Theophrasts  Ideenlehre  und  das  rhetorie^ 
Ideal  des  Atticismus  sind  die  bewegenden  Kräfte,  welche  die  5 
lehre  der  Stoa  seit  dem  2.  Jahrhundert  v.  Chr.  allmihlich  % 
bilden.  Dass  aber  in  der  Theorie  von  den  theophrastischen  Id< 
das  b€ivov  und  das  ήου  besondere  Beachtung  beanspruchen  x 
finden  konnten,  darf  als  Wirkung  des  in  der  Praxis  herrsohenc 
asianischen  und  peripatetisohen  Stils  betrachtet  werden,  und  ^ 
Hervordrängen  dieser  beiden  Ib^ai  zeigt  sich  bald  auch  in  < 
Trübungen  der  stoischen  χαρακτήρες  des  abpov  und  μέσον.  V 
wie  Cicero  die  stoi'ecbe  Dreitheilnng  beibehalten  wollte,  leli 
diese  litterarisch  wichtig  gewordenen  ib^ai  an  diejenigen  χαρ 
τήρ€ς  an,  zu  deren  Wesen  sie  am  ehesten  zu  passen  sohieneo 
das  beivov  an  das  obpov,  das  όνθηρόν  an  das  μέσον. 

In  einer  Beziehung  sind  Spuren  von  Umbildung  der  0 
sehen  Theorie  in  der  Stillehre  des  Dionysios  schon  oben(S.  14C 
nachgewiesen  und  ist  gezeigt  worden,  dass  dieselben  von 
atticistischen  Richtung  herrühren.  Es  werden  aber  bei  Dionye 
noch  weitere  bemerklioh.  £r  hat  zwar  die  Zahl  der  alten  d 
Stilarten  und  die  Namen  des  χαρακτήρ  μέσος  und  Ισχνός  h 
behalten,  umschreibt  und  charakterisirt  sie  aber  (de  Dem.  1— 
lieber,  als  dass    er  die  geläufigen  Termini  braucht    Den  NanK 


^  Mit  Unrecht  postulirt  J.  Brzoska,  de  canone  decem  orat.  31 
drei  asianisohe  Stilformen. 

'  Ueber  den  Zusammenbang  dieses  Ideals  mit  der  Ideenlel 
unten  S.  153  Weiteres. 


Zur  antiken  Stillehre.  151 

Ο5ρός  hat  er  dnroh  den  neuen  υψηλός  zu  ersetzen  fUr  gut  ge- 
funden. Man  wird  nicht  fehlgehen,  wenn  man  diese  neue  Be- 
nennung mit  dem  Begriff  der  stärksten,  Enthusiasmus  erregenden 
ledneriaohen  Wirkung  durch  das  υψος  der  Rede  in  Zusammen- 
Wig  hringt  Dieser  orientalische  Färbung  tragende  Begriff  ist 
b  den  Atticistenkreisen  des  ersten  Jahrhunderts  aufgekommen^, 
nelleioht  von  Cäoilius  zuerst  aufgestellt,  von  dem  Verfasser  der 
QHi  vorliegenden  Schrift  περί  ύψους  näher  behandelt  worden ; 
er  spielt  auch  in  Quintilians  Begriff  vom  χαρακτήρ  άορός  herein 
(in  10,  61  ff);  aber  indem  Quintilian  (§63)  den  erhabenen 
Stil  allen  anderen  vorzieht,  weicht  er  von  Dionysios  ab.  Letz- 
terer steht  nur  in  der  Behandlung  des  χαρακτήρ  1(ίχνός  ganz  auf 
den  Standpunkt  der  stoischen  Stillehre.  Ob  er  die  stoischen 
eontraria  übernommen,  ist  nicht  mehr  ersichtlich.  Die  zwei  stoi- 
lehen  Stilnuancen  aber  lassen  sich,  wiewohl  umgebildet,  noch  bei 
ilun  nachweisen,  nur  dass  ihm  auch  hier  das  atticistische  Ideal 
dl«  Conoept  verrückt  zu  haben  scheint.  Was  Dionysios  von 
NüaDcirung  der  Stilformen  sagt,  steckt  er  in  die  Lehre  von  der 
θύνθ€(ης.  £r  unterscheidet,  als  Erster,  wie  ich  mit  6.  Ammon 
(de  Dionysii  Hai.  libror.  rhet.  fontibus  55)  annehme,  drei  Arten 
Ton  θύνθε(Τΐς,  welche  sich  keineswegs  mit  den  drei  Stilarten 
ieeken.  Das  Prinzip,  welches  seine  Lehre  von  den  Compositions- 
ebarakteren  beherrscht,  ist  durchaus  analog  dem,  welches  in  seiner 
Lehre  von  den  Stilcharakteren  zu  Tage  tritt:  einer  von  den  dreien 
iit  der  vorzüglichste,  unter  den  Stilcharakteren  der  μέ(Τος,  unter 
dtti  Compositionscharakteren  die  αρμονία  κοινή,  neben  welcher, 
benannt  mit  den  zwei  stoischen  Bezeichnungen,  die  αύατηρά  und 
ανθηρά  oder  γλαφυρά  αρμονία  stehen.  Aber  die  Methode  der 
Applikation  der  drei  Compositionsnüancen  auf  die  drei  Stilarten 
W  Dionysios  ist  sehr  .verschieden  von  der  sto'ischen  Lehre:  der 
bttteren  zufolge  müsste  erwartet  werden,  dass  die  drei  Compo- 
litionsoharaktere  sich  durch  alle  drei  Stilarten  hindurch  erstrecken, 
10  dass  sie  in  jeder  einzelnen  sämmtlich  auftreten  müssten.  Dass 
AQch  Dionysios  sich  ebenso  wie  Demetrios  und  auf  dem  Gebiet 
^r  Ideenlehre  Theophrast  und  Hermogenes  ein  bestimmtes  Ver- 
bltniss  der  Compositionsarten  zu  den  obersten  Ausdrucksformen 
{i  h.  entweder  Charakteren  oder  Ideen)  gedacht  habe,  ist  selbst- 


^  Auch  die  Lateiner  haben  vor  Mitte  des  1.  Jahrhunderte  v.  Chr. 
^en  Ausdruck ,  welcher  als  Uebersetzung  des  Begriffes  ΰψος,  υψηλός 
selten  konnte  (Emesti,  lex.  technol.  latin.  rhet.  378 ff.). 


152  Sobmid 

yeretändlicli.     Sieht  man  nun  in  der  Sohrift  de  eompotitione  v^: 
borom  genauer  zu,  so  zeigt  sioli,  daee  dem  χοροκτήρ  1<ΐχνός  fil>«i 
hanpt  gar  kein  Compositioneoharakter  entepriclit  (Lytiat,  aaek    ύ 
Dem.  2  der  Vertreter  des  Ιοχνόν,  kommt  de  comp.  29 — 34  nioh 
vor),  daee  die  αρμονία  αυστηρά  dem  χαρακτήρ  ύφηλός  (ThalK} 
didee)  zukommt,  wäbrend  die  ανθηρά  und  die   κοινή   in  der    ^ 
auf   den  χαρακτήρ  μέσος  entfallen,    daee  jene  dem  yerhiltiB.iH 
mäeeig  guten  Vertreter  dee  mittleren  Stile,   dem  leokrates,  äm.^ 
aber    der  5€ΐνότης  dee  Demoetbenee   und   den    in  Hinsiclit     ^ 
Compoeition    über   leokratee   geetellten  Proeaikem    Demokri.^ 
Piaton  und  Arietotelee  vorbebalten  bleibt.     So   dienen  dem  XDic 
njeioe  auch  die  Compoeitionecharaktere  dazu,   eine  Bangordimvn, 
der  Stilarten  mitzubegründen.  welche  eich  in  folgender  Vier^litt 
lung  auedrüoken  läeet:   1)  χαρακτήρ  μέσος   mit   αρμονία  κοινι 
(=  5€ΐνότης  dee  Demoetbenee),    2)  χαρ.  μέσος  mit  αρμονία     ^ 
θηρά  (leokratee),    3)  χαρ.  υψηλός    mit  αρμονία  αυστηρά  (!Fhii 
kydidee),    4)    χαρ.  Ισχνός   ohne  αρμονία  (Lyeiae).     Man   eidt 
wie  nahe  Dionyeioe  der  Stileintheilung  dee  Demetrioa  iet  --  0^ 
χαρακτήρ  μέσος   droht   ihm  in  zwei  Stilarten   zu   zerbröckela^i 
und  im  Ganzen    iet  dae  Bild    eeiner  Stil-   und  Compoeitionelelm 
völlig  daeeelbe,  welchee  Demetrioe'  Schrift  darbietet:  alte  BegriA 
in  neuen,  nicht  immer  glücklichen  Verwendungen  und  CombiiM' 
tionen,    drängen  nach  einer  neuen  Theorie  der  Auedruckeformen. 
£e  wird    auf  Grund  dieeer  Betrachtungen   erlaubt    eein  η 
konetatiren,  daee  die  atticietiecbe  Richtung  mit  ihrem  Suchen  nftok 
einem  redneriechen  Ideal   in  die  berrechende  etoieche  Stiltheorie 
einen    Keil   getrieben    bat,    welcher   dieee   nothwendig   aprengOB 
mueete.     Man  encbte  die  alte  Schablone  beizubehalten  durch  ϋ6 
Fixirung  einee  Idealetile,    welcher    entweder  eich  über    die  drei 
Stilarten    erhebe    (Cicero)    oder    eich    aue    zweckmäeeiger   Yw- 
miechung    dereelben   bilde  (Dionyeioe)    oder    geradezu   in    einer 


^  Immerhin  hat  eben  Dionysios  noch  keinen  eigenen  χαρακτήρ 
γλαφυρός  aufgestellt,  und  so  ist  denkbar,  daee  Demetrios  seine  Schriften 
habe  kennen  und  doch  §  179  sagen  können,  noch  niemand  habe  über 
γλαφυρά  σύνθεσις  geschrieben,  da  was  Dionysiue  darüber  sagt,  in  ande- 
rem Zusammenhang  steht.  Da  aber  Demetrios  auch  in  der  Art  wie 
gelegentlich  Dionysios  und  Hermogenes,  einfach  in  wahrheitswidriger 
Weise  sich  seiner  Priorität  gerühmt  oder  den  Dionysios  wirklich  nicht 
durchgängig  gekannt  haben  kann,  so  ist  jedenfalls  diese  Stelle  keine 
Instanz  gegen  die  Ansetzung  des  Demetrios  nach  Dionysios. 


Zar  antiken  Siillehre.  158 

iener  Stilarten  bestehe  (Qnint.  ΧΏ  10,  63;  Anotor  περί  δψους, 

ä«r  an  den   χαρακτήρ   υψηλός   anschlieset);    man   contaminirte 

Stobches  und  Theophraetischee,  man  vermehrte  die  Zahl  der  alten 

irei  Sdlformen,    bis    endlieh    dieser    regen,    2 — 3  Jahrhunderte 

flUenden  Thfttigkeit    die    znerst  von  Aristides   sehr   mangelhaft 

QODcipirte,    dann  von  Hermogenes  yoll    und  bewnsst  durchgebil* 

dete  Ideenlehre  ein  Ziel  setzte. 

Hier  könnten  wir  unsere  Umschau  beendigen,  wenn  es  nicht 
Terloekend  wäre,  nachdem  so  viel  yon  Stil-  (χαρακτήρ)  und  Ideen- 
klre  geredet  worden  ist,  Wesen  und  geschichtlichen  Ursprung 
dieser  beiden  Gegensätze  noch  in  Kttrze  zu  bertlhren. 

Jede  Kunstlehre  hat,  wenn  es  sich  um  Beurtheilung  von 
klaitlerisohen  Leistungen  handelt,  die  Wahl  zwischen  zwei  Mass- 
ttihen :  entweder  sie  stellt  ein  allgemein  verbindliches  ästhetisches 
Ueal  auf  und  taxirt  den  Werth  des  Kunstwerks  nach  dem  Grad 
eeber  Annäherung  an  dasselbe,  oder  sie  setzt  die  Leistung  in 
Beiiebung  zu  dem  individuellen  Charakter  dessen,  der  sie  her• 
Torgebracht  hat,  und  bemisst  ihren  Werth  nach  dem  Grad  der 
Feinheit,  in  welcher  das  Werk  die  Eigenart  seines  Schöpfers 
brückt.  Mit  anderen  Worten,  es  gibt  in  Sachen  der  Kunst 
uien  uniformistischen  oder  absolutistischen  und  einen  individua- 
btiechen  oder  relativistischen  Standpunkt.  Dionysios  (de  Dem. 
IB  extr.)  scheidet  die  beiden  Eichtungen  nach  ihren  Zielen :  ή5ονή 
^^  όλήθβια.  Zwischen  diesen  beiden  Polen  muss  sich  naturge- 
>^  jedes  Kunstleben  und  somit  auch  die  aus  diesem  abgezogene 
hnsttheorie  bewegen.  Also  auch  Geschichte  und  Theorie  des 
etib  bei  den  Griechen.  So  lange  es  sich  noch  um  Ausbildun/B: 
dei  Könnens,  der  Technik  vorwiegend  handelt  und  in  der  Rich- 
tBBg  auf  Erwerb  einer  möglichst  gesteigerten  Kunstfertigkeit  eine 
^Τοθή  ίρις  unter  den  Kttnstlem  erregt  ist,  pflegt  mehr  der  Uni- 
fonniemus  zu  herrschen.  Danach,  wenn  die  Mittel  der  Technik 
freier  zur  Yerfligung  stehen,  kommt  man  gewöhnlich  zu  der  Ein• 
neht,  dass  nach  strenger  Wahrheit  eigentlich  doch  jeder  nur  dact 
kieten  kann,  auf  was  ihn  seine  Natur  hinweist:  dann  greift  in 
kiltamer  Weise  der  Individualismus  gegen  den  immer  unwahrer 
werdenden  früheren  Standpunkt  um  sich. 

Die  letzten  Jahrhunderte  des  jklassischen  Alterthums  stehen, 
leferD  es  sich  um  Kunsttibung  handelt,  unter  dem  Zeichen  des 
Ar  Schul-  und  Nachahmungszwecke  immer  am  meisten  brauch- 
l>tten  Uniformismus;  sie  vermitteln  uns  aus  letzter  Hand  die  an- 
tike Litteratur,   und  so  ist  es  kein  Wunder,   dass  uns,    was   die 


IM  Sohmid 

oharakteristischen  RiobtuDgen  in  der  alten  Ennet  geleUtet  liab^ 
gegenüber  der  glanxyollen  Einheit  des  ^KUeeisohen'  in  Sobatt 
gestellt  erscheint  —  in  wie  vielen  ^cken  andern,  fiurbenreic]] 
würde  eich  uns  das  Bild  dee  Alterthnme  darstellen,  hätten  ^ 
mehr  yon  den  Schöpfungen  der  drei  nächsten  Jahrhunderte  y 
Christus! 

Auch  die  griechische  Stillehre  schliesst  mit  dem  strengste 
Uniformismus  ab:  es  gibt  schliesslich  nur  noch  einen  Sedner - 
ihm  wird  dann  der  ποιητής,  der  Ιστορικός  oder  (ΤυγγραφίΕΐίς 
der  τεχνικός,  der  θεολόγος  hinzugefügt  —,  Demosthenes,  be 
Hermogenes  ό  Ι^ήτιυρ;  sein  Stil  ist  der  universellste,  vollkom- 
menste, nachahmungswürdigste;  um  seine  Nachahmung  möglidi 
zu  machen,  zerlegt  man  ihn  in  seine  einzelnen  Strahlen,  die  ib^CN 
(Hermog.  de  id.  268,  11  ff.  Sp.).  Mit  diesem  Stil  κατ*  ϋφ 
ausgerüstet  soll  nun  der  Sophist,  auf  Ausprägung  seiner  EigeDsrl 
verzichtend,  jedem  Gegenstand,  jedem  Publikum,  jeder  GelegM• 
heit  durch  seine  Rede  aufs  vollkommenste  entsprechen  könnes: 
er  soll  ein  Proteus  sein  können  (Dionysios  braucht  dies  Bild  di 
Dem.  8),  der  beliebig  alle  Gestalten  annimmt,  ein  Maler,  der  iV 
wohl  ausgestattetem  Ideen-Farbenkasten  die  Farben  frei  wihK 
wie  sie  ihm  passen,  um  zu  seinem  Ziel  zu  gelangen  (Hermog*  ^ 
id.  268,  16  Sp.).  Freilich  ist  das  ein  Ideal,  welches  nur  wenige 
erreichen  —  Aelius  Aristides  glaubte  es  nächst  Demosthenee  e^ 
reicht  zu  haben;  andere  Sophisten  von  beschränkterer  Kraf 
waren  zufrieden,  diese  und  jene  ib^a  ausprägen  zu  können,  onc 
80  kommt  es,  dass  in  Philostratos^  Vitae  Sophistorum  Ib^a  bänfil 
so  gebraucht  ist,  dass  es  mit  χαρακτήρ  synonym  zu  sein  scheint 
Man  darf  sich  aber  dadurch  über  den  Gegensatz  der  beiden  Be 
griffe  nicht  täuschen  lassen:  wer  eine  ib^a  zum  vollen  Ausdruci 
zu  bringen  vermag,  leistet  alles,  was  man  vom  Standpunkt  de 
charakteristischen  Stillehre  aus  nur  wünschen  kann,  aber  du 
einen  kleinen  Theil  dessen,  was  die  Ideenlehre  vom  vollkommt 
nen  Redner  fordert. 

Hermogenes  sagt  (de  id.  267,  25 ff.  Sp.),  vor  ihm  habe  ni( 
mand,  so  viel  er  wisse,  etwas  Genaues  über  die  Ideen  geschri« 
ben.  Das  msg  im  Sinn  des  Hermogenes  richtig  sein;  sicher  i 
aber  nicht  bloss,  dass  der  Begriff  der  ib^a  =  Element  des  re 
nerischen  Ausdrucke  vor  Hermogenes  existirt  hat,  wie  er  dei 
der  nothwendige  Begleiter  jeder  nniformistischen  Stiltheorie,  ali 
namentlich  auch  der  von  Dionysios   bestimmten  Phase    der    at 


Zur  antiken  Stillehre.  156 

titohen  Bewe^^g  ist^,  sondern  auch,  dase  schon  vor  Henno- 
les  ftber  die  \biai  geschrieben  worden  ist:  in  Theophrasts  Bach 
il  λέ&ως,  wie  wir  oben  geaseigt  haben.  Wir  haben  angenom- 
B,  die  Anfstellnng  von  χαρακτήρες  durch  Combination  theo- 
astischer  Ideen  sei  das  Werk  nicht  des  Theophrast  selbst» 
dem  des  Demetrios.  Es  kann  jetzt,  nachdem  das  gmndsftts- 
le  Verhältniss  aswischen ,  Stil-  und  Ideenlehre  anfgeklftrt  ist, 
h  eine  Beobachtung  beigefügt  werden,  welche  unsere  Annahme 
titigt  Theophrast  redete  von  einer  μικτή  λέίις,  anerkannte 
9  die  Mischbarkeit  verschiedener  ib^au  Diese  Ansicht  ist  der 
jnJcteristischen  Stillehre  grundsätzlich  entgegengesetzt  und  so- 
;  auch  der  stoischen  ohne  Zweifel  von  Hause  aus  fremd  ge- 
•en:  wem  der  Stil  der  volle  Ausdruck  persönlicher  Eigenart 
,  ftr  den  gibt  es  keine  Stilmischung;  diese  hat  nur  Baum  in 
er  Betrachtungsweise,  nach  welcher  sich  der  Charakter  des 
dners  zu  demjenigen  seiner  Bede  grundsätzlich  indifferent  ver- 
It.  Wir  dürfen  also  behaupten,  dass  Theophrasts  Ideenlehre 
im  auch  nicht  so  kasuistisch  ausgearbeitet,  so  doch  in  dem- 
ben  Sinn  gehalten  war  wie  diejenige  des  Hermogenes.  Daraus 
[ibt  sich  femer,  dass  wir  überall,  wo  wir  die  Lehre  von  den 
ύ  Charakteren,  bei  dem  χαροκτήρ  μέσος  aber  Beisätze  wie 
ίτός,  mixtus,  moderatus  (s.  die  Stellen  oben  S.  136  f.),  ebenso 
wir  überhaupt  die  Lehre  von  der  Mischbarkeit  der  Stile 
emetr.  36)  vor  Hermogenes  finden,  Einflüsse  der  Ideenlehre  zu 
tttatiren  haben. 

Der  Ursprung  der  Ideenlehre  aber  liegt  noch  jenseits  des 
eophrast  Den  Begriff  derselben  haben  in  voller  Klarheit  schon 
Tgias  und  Isokrates  gehabt.  Für  den  Letzteren  namentlich, 
mn  Bild  uns  deutlicher  ist,  gibt  es  nur  einen  Stil»  den- 
ligen,  welchen  er  selbst  schreibt  (s.  a.  Dionys.  de  Dem.  18) 
d  dessen  ib^ai,  dbr\  oder  τρόποι  (s.  Schneider  zu  Isokr.  IV  7 ; 


^  So  tritt  der  Begriff  auf  bei  Dionysios  (die  Stellen  bei  Röeeler, 
)ny8i  Hai.  scriptor.  rhetor.  fragm.  p.4d,  1),  beimAuctor  π€ρΙ  ΰφους 
1  Q.  bei  Aristides  (p.  459,  5;  501,  15;  512,  7.  9  Sp.)»  dessen  zwei 
Iformen  sich  an  Aristoteles'  Scheidung  von  Χ&χς  γραφική  u.  άγιυ- 
ηκή  anschliessen  (er  nennt  seinen  λόγος  πολιτικός  auch  αγωνιστικός 
512,  2;  den  άφ€λής  auch  συγγραφικός  ρ.  533,  19;  541,  20;  547,  25; 
t,  10),  wobei  aber  offenbar  das  Hauptgewicht  auf  den  λόγος  πολιτικός 
egt  und  vorausgesetzt  wird,  die  eigentliche  rednerische  Virtacsität 
nur  in  diesem  erreichbar  (art.  rhet.  p.  501,  14  ff.  Sp.;  or.  XLIX5dO 
idf.). 


156  Schmid 

Isokr.  ep.  VI  8 ;  Antiethenee  im  Schol.  Odyes.  α  1 )  er  seiueji 
Schülern  vermittelt.  Auch  Piaton  steht  mit  seinem  StilbegrifT 
grundsätzlich  ganz  auf  isokratisohem  Standpunkt  (Phaedr.  p.871I>; 
273  D). 

Ein  Gegensatz  gegen  diese  Einheitslehre,  welche  durch  leo- 
krates'  vomehmthnerische  Beschränkung  des  Gebietes  der  Rhetorik 
auf  die  ihm  schicklich,  grossartig,  ^philosophisch'  scheinendeB 
Gegenstände  noch  drückender  wurde,  konnte  nicht  ausbleiben. 
Ein  solcher  wird  aber  nicht  etwa  gebildet  durch  eine  Auffassong} 
welche  das  Bestimmende  für  den  Stil  ausserhalb  der  Schrift- 
stellerpersönlichkeit,  in  der  Yerschiedenartigkeit  der  G^genstiode 
oder  des  Publikums  sucht  (wie  Aristoteles  rhet  13;  III  18; 
viel  später  Apollon.  Tyan.  ep.  19).  Die  Parole  von  Isokntoi' 
Gegnern  in  der  Stiltheorie  musste  vielmehr  lauten:  so  viele 
Menschen,  so  viele  Stilarten  (das  ist  z.  B.  ausgesprochen  tob 
Cic.  de  or.  III  26ff. ;  or.  53.  100;  Dionjs.  de  Dem.  8;  Ben.  ep. 
114;  Quint.  XII  10,  10;  s.  a.  die  Polemik  bei  Syrian.  71198, 
17£f.  Walz).  Yon  dieser  Ansicht  aus  scheint  zunftohst  die  An^ 
Stellung  einer  fassbaren  Stiltheorie  eine  Unmöglichkeit  zu  eeis; 
möglich  wird  eine  solche  erst,  wenn  man  die  unzählbare  Keoge 
der  Individuen  in  eine  ttbersichtliche  Zahl  von  psyohologisehei 
Typen  eintheilt.  Den  Anfang  dazu  hat,  soviel  wir  vermnibea 
können,  Antisthenes  in  seinem  Buch  π€ρι  λέ£€ΐυς  ή  π€ρΙ  χορβ' 
κτήρων  gemacht.  Ohne  allen  Grund  hat  F.  Blass  (att.  Bered- 
samk.  II  308)  bezweifeln  wollen,  dass  wirklich  die  Stilartea 
Gegenstand  dieses  Buches  gewesen  seien.  Wir  kennen  den  Ge- 
gensatz des  Antisthenes  zu  Isokrates  (Reinhardt,  de  Isoeratif 
aemulis  24  ff.)  und  wissen,  dass  er  in  einer  eigenen  Schrift  (OiS' 
ner,  quaest.  Anaxim.  7 ff.)  dem  Charakteristiker  par  exceUeuoe, 
Lysias,    den  Vorrang  vor  Isokrates    zuerkannt  hat^.     Dies   allei 


^  Ob  freilich  Lysias  dem  Antisthenes,  als  einem  Philosophen,  in 
jeder  Hinsicht  genügt,  muss  bezweifelt  werden:  Lysias  thut  ja,  wti 
Apoll.  Tyan.  (ep.  19.  57)  und  die  Philosophie  überhaupt  tadelt,  er  itsDt 
nicht  seinen,  sondern  anderer  Leute  Charakter  in  seinen  Reden  dar. 
Aber  das  liegt  an  seiner  logograpbischen  Thätigkeit.  Die  scharfe  Cha- 
rakteristik ist  dem  Lysias  ein  rhetorisches  Mittel,  das  für  den  Redner 
Wichtigste,  nämlich  άΕιοπιστία  zu  erreichen.  Er  behandelt  die  £inzel- 
Charakteristik  mit  derselben  künstlerischen  Indifferenz  wie  der  Unifor* 
mist  seine  ibiax.  Aber  in  der  Anwendung  der  Charakteristik  liegt  doch 
die  Anerkennung  des  Grundsatzes,  das  einzig  wahre  und  deshalb  auch 
vor  allem  Vertrauen  erwerbende  Yerhältniss  sei,  dass  sich  im  Stil  niohU 


Zur  antiken  Stillekre•  157 

itimmt  trefflich    zo    dem   von   uns    anj^eDommenen  Inhalt    eeines 
Biehea  π€ρΙ  λέε€ΐυς. 

Wir  sind  bis  zu  den  Quellen  der  griechisohen  Stillehre  vor- 
^edniDgen:  hier  entspringt  die  Lehre  yom  einheitlichen  Idealetil 
mit  seinen  verschiedenen,  je  nach  Bedarf  misch-  und  verschieb- 
bireo  ib^ai,  von  der  rednerischen  Virtuosität  und  Ubiquität  — 
dort  in  gleicher  Höhe  diejenige  yom  Stil  als  dem  Abbild  des 
persönlichen  Charakters,  welche  sich,  ausgegangen  vom  Stifter 
dir  kynischen  Schule,  in  dem  κυνικός  τρόπος  der  Sp&teren  (£. 
Weber,  Leipz.  Stud.  X  161  £f.)  keck  und  munter  ausströmt.  Theo• 
phrast  erscheint  uns  nun  als  blosser  Weiter bildner  der  isokrati- 
Khen  Ideenlehre.  Dann  entziehen  sich  die  beiden  Gewässer  auf 
einige  Zeit  unseren  Augen ;  wo  sie  wieder  erscheinen,  zeigen  sie 
Terlnderte  Eichtungen,  eins  ist  dem  anderen  zugekehrt,  und  end- 
Üeh  vereinigen  sie  sich  in  einen  Strom.  Die  stoische  Stillehre 
Itit  allem  nach  an  Antisthenes  angeknüpft,  sich  aber,  wie  die 
stoische  Philosophie  dieser  Zeit  überhaupt,  vom  2.  Jahrhundert 
tt  einem  gewissen  fiklekticismus  zugewandt:  daher  die  Ingredien- 
zien aus  der  Ideenlehre.  Um  dieselbe  Zeit  treten  die  ersten 
Spuren  des  Atticismus  auf.  £s  ist  durch  Brzoskas  apagogische 
Cntersnohung  zwar  nicht  über  alle  Zweifel  erhoben,  aber  doch 
*e)ttr  wahrscheinlich  gemacht  worden,  dass  diese  Sichtung  im 
HiQptsits  der  stoischen  Grammatik,  in  Fergamon  besonders  ge- 
biftigt  forden  ist^  Wir  haben  Grund  anzunehmen,  dass  die 
Uteren  Atticisten  bei  der  stoischen  Stillehre  geblieben,  aber  nicht 
einig  darüber  gewesen  sind,  welche  der  drei  Stilarten  die  nach- 
dunungswürdigste  sei  (s.  oben  S.  142).  Die  gesammte  atticisti- 
Kbe  Bewegung  weist  aber  mit  innerer  Nothwendigkeit  auf  ein 
2iel  hin:  die  Aufstellung  des  Ideals  rednerischer  Virtuosität, 
^vch  welche  die  Frage,  wem  unter  den  Klassikern  der  attischen 
Proea  die  Palme  des  άττικισμός  gebühre,  endgiltig  gelöst  wurde. 
^  heisst  nichts  anderes,  als :  die  Lehre  von  den  χαρακτήρ€ς 
nvnete  durch  diejenige  von  den  Ib^ai  verdrängt  werden.     Wo  es 


^Boeres  als  der  Charakter  des  Redenden  wiederspiegele  (oder,  was  für 
fa  Redner  völlij^  dasselbe  ist :  wiederzuspiegeln  scheine),  dass  es  an- 
*türlich  und  darum  nicht  vertrauenerweckend  sei,  wenn  einer  rede 
*ie  der  andere,  d.  b.  die  Anerkennung  des  Prinzips  der  Lehre  von 
^  χαρακτήρ€ς. 

^  Agatharchides,  einer  der  ersten  nachweisbaren  Atticisten,  gehört 
freilich  nach  Alexandria. 


16β  Schmid 

sich  um  Errettong  ans  der  durch  extremen  IndividaaliBmae  nfthe 
gelegten  Gefahr  der  Stilverwilderung,  um  AufSitellang  eine•  red- 
nerisohen  Ideale  von  allgemeiner  Verbindlichkeit  handelt,  erwarteii 
wir  dereeetalt  des  Isokrates  wieder  su  begegnen.  In  einer  Zeit, 
wo  der  Realismus  die  besten  Köpfe  in  Anspruch  nahm  und  in 
formalen  Dingen  theils  das  Charakteristische,  theile,  wie  von  den 
Asianern,  möglichst  starke»  aktuelle  Wirkung  gesucht  wiirdOi 
konnte  Isokrates  nicht  beliebt  sein  (s.  Lucil.  bei  Gell.  XVIII  8,  S 
nach  L.  MttUers  Berichtigung ;  Cic.  or.  37 ;  Dionys.  de  Dem.  18 ; 
Philod.  de  rhet.  IV  42,  wozu  vgl.  Diele  Doxogr.  253,  o.  β«; 
meinen  Atticismus  II  3,  3).  Den  Römern  war  er  im  allgemeinen 
überhaupt  wenig  sympathisch  (so  den  römischen  Attioi:  Cic.  or. 
40.  42 ;  Tacitus  erwähnt  ihn  nicht,  wo  wir  ihn  erwarten  mflssten, 
dial.  de  or.  25).  Aber  Cicero  und  Dionysios  stehen  grundsStilieh 
auf  seinem  Standpunkt  —  Dionysios'  ganies  ästhetisches  System 
(Attioism.  I  7 ff.)  ist  nur  eine  Ausführung  isokratischer  Grund- 
sätzen Aber  doch  wird  er  nicht  auf  den  Thron  gehoben;  selbst 
Cicero  (or.  37)  und  Dionysios  (de  Isoer.  2.  3)  wagen  nicht,  ihn 
unbedingt  zu  empfehlen,  und  die  Wirkung  der  vorangegangenen 
Herrschaft  des  Individualismus  ist,  dass  im  1.  Jahrhundert  y.  Chr. 
derjenige  Redner  als  der  beste  gepriesen  wird,  in  welchem  Atti- 
cisten  und  Asianer,  üniformisten  und  Charakteristiker  gleicher- 
massen  Genüge  finden  konnten:  Demosthenes.  Der  weitere  Ver- 
lauf der  Entwiokelung  der  griechischen  Stiltheorie  ist  oben  S.15Sf• 
angedeutet. 

Nachdem  wir  das  ganze  Gebiet  überblickt  und  nach  ge• 
wissen  Gesichtspunkten  zu  ordnen  versucht  haben,  kehren  wir 
zum  Ausgangspunkt  der  Betrachtung  zurUck  und  erneuem  die 
Frage,  in  welches  Stadium  der  dargelegten  Entwicklung  die  Lehre 
des  Proklos  sich  einfügen  lasse.  Er  vertritt,  wie  gezeigt  wurdet 
die  stoische  Stiltheorie.  Dem  widerspricht  nicht,  was  Photios 
p.  319,  a,  1  ff.  weiter  aus  seiner  Chrestomathie  mittheilt :  die 
κρίσις  ποιήματος  ist  der  oberste  Theil  der  alten  Grammatik 
(Dionys.  Thrax.  §  1  p.  6,  2  ühlig)  und  insbesondere  der  Stolz 
der  stoischen  Grammatiker,  welche  lieber  κριτικοί  als  γραμμα- 
τικοί heissen  wollten  (C.  Wachsmuth,  de  Cratete  Mall.  9).  Was 
die  Eintheilung  der  gesammten  Poesie  in  οιηγηματική  und  μιμη- 


^  Es  ist  das  Verdienst  von  G.  Ammon  (Blätter  f.  bair.  Gymn. 
1891,  235  ff.),  auch  in  der  apollodorischen  Schule  den  Schatten  des  Iso- 
krates wieder  entdeckt  zu  haben. 


Zur  antiken  Stilleti]^.  159 

τιχή  (ρ.  319y  a,  3  f.)  betrifft,  so  ist  dieselbe  jedenfalle  nicht  peri- 
letetiech:  dem  Aristotelee  ist  bekanntlich  nach  Flatons  Vorgang 
Iberhanpt  alle  Poesie  μίμησις.  Ob  freilich  gerade  die  Sto^'ker 
10  wie  Proklos  eingetheilt  haben,  weiss  ich  nicht  zu  sagen.  Was 
p.  319,  a,  26  von  dem  έΞαληθιΣεσθαι  προς  Ιστορίαν  gesagt  wird, 
weist  auf  die  den  Stolkern  besonders  beliebte  allegorische  Dichter• 
erklftmng  hin. 

Geringe,  aber  immerhin  beachtenswerthe  Anzeichen  theo- 
pkrsetiBchen  Einflusses  bei  Proklos  sind  oben  S.  189. 140  bemerk- 
lieh gemacht  worden;  wir  lernen  aus  ihnen  freilich  bloss,  was 
oknekin  selbstyerständlich  wäre,  dass  Proklos  nicht  jenseits  des 
2.  Jahrhunderts  v.  Chr.  gesetzt  werden  darf.  Seine  eigenartige 
Terminologie  f&r  die  verfehlten  Ausdrucksformen  weiss  ich  nir- 
Inende  anzuknüpfen  —  vielleicht  bietet  uns  hier  Photios  statt  der 
ei^ntlichen  Termini  nur  Umschreibungen. 

Die  erste  Handhabe  zu  genauerer  Bestimmung  von  Proklos' 
Zeit  bietet  seine  polemische  Bemerkung  über  den  χαρακτήρ  αν- 
δρός. Die  früheren  Ausführungen  haben  gezeigt,  dass  es  ausser- 
lieh  bezeugt  und  innerlich,  d.h.  im  £nt  wicklungsgang  der  Stillehre 
hegründet  ist,  dass  das  άνθηρόν  oder  γλαφυρόν  als  selbständiger 
StU  erst  nach  Dionysios  aufgestellt  worden  ist  Dass  sich  Pro- 
Uoe  damit  gerade  gegen  Demetrios  wende,  kann  nicht  behauptet 
▼erden :  wäre  dies  der  Fall,  so  würden  wir  auch  eine  Bemerkung 
tber  die  Ausmerzung  des  χαρακτήρ  μέσος  und  die  Zertheilung 
in  hohen  Stils  in  5€ΐνός  und  μεγαλοπρειτής  erwarten,  wobei 
freilich  die  Möglichkeit  offen  gelassen  werden  muss,  dass  Photios 
Β  dieser  Partie  ungenau  excerpire.  In  die  Zeit  der  neuen  So- 
pkietik  weist  den  Proklos  aber  auch  die  Concession,  welche  er 
fcm  άνθηρόν  macht:  für  τοπογραφίαι,  λειμώνων  κα\*  αλσών  έκ- 
φρασης sei  es  die  geeignete  Ausdruoksform.  Störend  drängten 
>ieh  εκφράσεις  schon  gelegentlich  bei  Schriftstellern  des  4.  Jahr- 
Innderts  v.  Chr.  (Phili^tos:  Dionys.  vet.  script.  cens.  III  2  extr.) 
io  die  Darstellung ;  aber  eine  so  bedeutende  Rolle,  dass  man  in 
ttilietiechen  Erörterungen  auf  sie  Rücksicht  zu  nehmen  veran- 
knt  war,  spielt  die  ίκφρασις  doch  erst  seit  Ende  des  1 .  Jahr- 
Intnderts  n.  Chr.  Dion  Chrysostomos  ist,  so  viel  wir  wissen,  der 
bte,  welcher  (noch  in  seiner  rhetorischen  Periode)  eine  έκφρα- 
^  des  Tempethals  (vgl.  Ael.  var.  bist.  III I)  als  gesonderte  Schrift 
Wausgegeben  hat  (Synes.  Dio  p.  324,  7  Dindf.).  Seit  Beginn 
<k8  zweiten  Jahrhunderte  n.  Chr.  erscheint  die  έκφρασις  regel- 
ouiuig  in  den  Progymnasmen.     In  dieser  Zeit  eifern  gegen  den 


160  Schmid 

ünfog,  der  mit  den  έκφρά(Τ€ΐς  getrieben  wnrde,  mehrere  Sehrift- 
eteller  von  reinerem  Gesohmack:  so  Dionys.  Hai.  artrhetX  17^; 
Lnoian.  de  bist,  eonscr.  c.57;  Arietid.  or.  LI  p.  580  Dindf.  Wir 
werden  demnach  Bedenken  tragen,  den  Prokloe  vor  das  erate 
Jahrhundert  n.  Chr.  zu  setzen. 

Sophisten  nnd  Ekphrasensch reiber  hat    ea  nun  freilich  noek. 
500  Jahre  lang  gegeben  bis  hinab  zu  den  letzten  Regangen  dß^ 
Neusophistik  im  Philisterland.    Es  handelt  sich  also  noch  um  dec^ 
terminns  post  quem  non. 

Das  zweite  wesentliche  Kriterium  für  die  von  una  gesuchte 
Zeitbestimmung  liegt  in  dem  Umstand,    dass  Proklos  überhabt 
die  stoische  Lehre  yon  den  drei  Stiiarten  yerhältnisemSaaig  unyer- 
mischt  vorträgt.     Yon  Ende   des    zweiten   Jahrhunderts  n.  Chr. 
an  herrscht  unter  den  Griechen  (s.  z.  B.  Ammon.  ad  Aristot  de 
interpr.  p.  53;  Philostr.  V.  S.  p.  13,  25;  14,  3;  19,  12;  23,  28; 
24,  30;  27,  5;  34,  19;  36,  4;  40,  30;  46,  6;   52,  23;  65,  25; 
68,  20;  71,  4.  6;  72,  5;  74,  5;  75,  26;  81,  6;  88,  16;  90,18. 
22;  96,  18;  98,  2;  100,  18.  28;  101,  22;  104,  2;  122,  27;  123» 
13;  dialex.  p.  258,  9;  vit.  Apoll,  p.  149,  22;    185,  28  Eayier) 
und  am  unbedingtesten  gerade  unter  den  Nenplatonikem  (Sjriio• 
VII  90  Walz)  die  Ideenlehre   des  Hermogenes*,    dessen  Spiiro> 
wir  unter  den  Lateinern  nicht  vor  Priscian   nachweisen   ktoneo• 
Also  ist  Proklos  jedenfalls  kein  Neuplatoniker  und  hat  vor  Ηθ^ 
mogenes  geschrieben  —  hätte  er  nach  ihm  geschrieben,  so  kitte 
er  sich    über   die  Feststellung    eines    durch   Hermogenes'  Lebre 
veralteten  Standpunktes  rechtfertigen  mflssen.    Man  darf  esnich^ 
als  Instanz    gegen  die  Richtigkeit   dieser  Behauptung    anftthreHt    ^ 
wenn  gelegentlich  ein  später  Grammatiker  wie  Marcellinus  od0^ 
der  Verfasser  der  Prolegomena  zu  Piaton  (s.  o.  S.  137)  aus  eiue^ 
vorhermogenischen  Quelle  die  drei  alten  Stilarten  wieder  herror' 
zieht.     Unrichtig  wäre  auch,    wenn    man   behaupten  wollte,  di0 
Ideenlehre  des  Hermogenes  betreffe  nur  die  Prosa,  während  ffir 


^  Ich  halte  nach  dem  Vorgang  von  F.  Blase,  De  Dionysii  HtL 
Script,  rhet.  27  f.  undRössler,  Dionysii  Hai.  scriptor.  rhet.  fragm.  llf., 
trotz  Sadee  and  üsener,  nicht  für  unmöglich,  dass  die  zwei  letzten 
Kapitel  der  citirten  τέχνη  von  Dionysios  verfasst  sind. 

3  In  seinen  Fussstapfen  steht  auch  Longin:  er  redet  von  πολι- 
τικώς λέγειν  (ρ.  323,  29  Spengel),  von  der  κρασις  τΟΕιν  1δ€ών  (ρ.  324, 
16);  auch  ihm  sind  (ρ.  326,  7)  wie  dem  Hermogenes  (p.  398,  19; 
403,  14)  Piaton  und  Demosthenes  die  in  ihrer  Art  vollendetsten 
Prosaiker. 


Zur  antiken  Stillekre.  l6l 

die  Poeeie  die  alte  Stillehre  beibehalten  worden  sei.     Hermogenes 

whreibt  allerdings  vorzugeweise  für  Redner,  ist  aber  keineswegs 

der  Ifeinang,  dass  seine  Lehre  nar  für  die  Prosa  Geltung  haben 

tollte:  die  Ib^ai,    welche  er  charakterisirt,  sind  ebenso  die  £le- 

meDte  des  πολιτικός   (d.  h.  praktischen)   wie    des   πανηγυρικός 

^ος;   unter  den  letzteren  fallen    ihm   Schriftsteller  wie  Piaton 

lod  eämmtliche  Dichter  (de  id.  p.  405,  7 ff.;  424,  20 ff.;  vgl.2H8, 

^t  Sp.),    und  was  Demosthenes    unter  den  Prosaikern,    ist    ihm 

Homer  unter  den  Dichtem  (p.  405,  18 ff.):  nur  praktische,  nicht 

principielle  Gründe  halten  ihn  ab,  in  seiner  Ideenlehre  auch  die 

Dichter  noch  eingehender  zu  behandeln. 

£s  ist  somit  nach  allem,  was  wir  wissen,  nicht  möglich, 
dt88  ein  Neuplatoniher  des  5.  Jahrhunderts  ohne  ein  Wort  der  Be- 
(Qgoahme  auf  Hermogenes  eine  Stillehre  geschrieben  habe,  welche 
der  hermogenischen  Ideenlehre  principiell  entgegengesetzt  war. 
Useer  Proklos  ist  ein  stoischer  Grammatiker,  der  von  Hermo- 
genee*  Ideenlehre  noch  nichts  wnsste,  aber  kurz  vor  ihm  gelebt 
kt,  und  wenn  man  ihn  mit  Marc  Aureis  Lehrer  Eutychius  Pro- 
colae  Ton  Sicca  identifioiren  will,  so  hätten  wir  von  unserer  6e- 
^ktungs weise  aus  dagegen  nichts  einzuwenden. 

Zum  Schluss  ist  es  yielleicht  nicht  überflüssig  darauf  hin- 
zuweisen, dass  auch  im  Zusammenhang  dieser  Betrachtung  sich 
Proklos  als  ein  Mann  yon  respektabler  Gelehrsamkeit  erwiesen 
^  welcher  ausser  dem  ' mjthographischen  Handbuch^  für  diesen 
Piuns  der  Stillehre  jedenfalls  noch  eine  andere  Quelle  benutzt 
kt  Dadurch  mögen  diejenigen  zur  Vorsicht  gemahnt  werden, 
velcke  durch  die  Coincidenzen  zwischen  Proklos'  Darstellung  des 
^{nichen  Gyklus  und  den  neuentdeckten  ApoUodorfragmenten  sich 
^  der  Behauptung  hinreissen  lassen,  Proklos  sei  nar  ein  beque- 
mer Schwindler  gewesen.  Die  Frage,  ob  die  neuentstandenen 
vROpiai  nicht  auf  andere  Art  gelöst  werden  können,  ist  der  Er- 
^igong  sicherlich  werth. 

Tübingen.  W.  Seh m id. 


Bbtla.  Hw.  t  ^hiloi.  K.  f.  XhlX.  U 


162  Miscellen. 


Miscellen. 


Noeh  einmal  Earipidee  Fragm-  1^53  N*. 

In  dem  Jahresbericht  über  die  Fortechritte  der  Alterthnm•' 
Wissenschaft  1892  S.  267  wird  benaierkt,  daes  in  der  Abhandlang 
Rhein.  Mus.  XXXXVI  S.  299-310  die  im  Jahreebericht  S.182f. 
gegen  die  Autorschaft  des  Earipidee  ^  angeführten  GrOnde  nicht 
widerlegt*  seien.  Die  Verbindung  des  Polt  τυχόν  vermuthet« 
τάχ*  αν  mit  dem  Particip  erscheine  ^  als  gezwungen  .  Auf  der 
angezogenen  Seite  183  wird  ^Fragm.  953  nach  dem  vulgären  ToD| 
nach  dem  Ausdruck  προς  τής  Εστίας  (V.  89),  nach  der  Elision 
π€ΐράσομ'  ώςΓ44),  besondere  aber  nach  dem  Ausdruck  τυχόν  (9) 
einer  Komödie    zugewiesen. 

Da  über  den  *  vulgären  Ton '  ausser  von  vielen  anderen  Sei* 
ten,  bereits  in  Bd.  XXXY  des  Bhein.  Mus.  (S.  265)  gehandelt, 
über  die  sonst  berührten  Punkte  in  Bd.  XXXXVI  8.  306/7  dtf 
nöthige  gesagt  und  auch  für  die  Verbindung  von  τάχ*  αν  ιΰ^ 
dem  Particip  alle  erforderliche  Auskunft  gegeben  iet,  so  bleibt 
nur  der  Einfall,  dass  das  Bruchstück  '  einer  Komödie  zuzuweisen 
sei,  als  unberücksichtigt  stehen  —  ein  Einfall,  der  doch  nur  ftl* 
Scherz  verständlich  wäre  und  eine  ernsthafte  Widerlegung  erst 
dann  verdiente,  wenn  aus  irgend  einer  beliebigen  Komödie  irgend 
eine  Partie  von  44  Trimetern  ohne  Anapästen  (abgesehen  natfir* 
lieh  vom  ersten  Fusse)  und  ohne  die  übrigen  Kennzeichen  des 
komischen  Verses  nachgewiesen  würde. 

Weimar.  Theod.  Kock. 


Kern.  Apollodoros  Fragm.  13  K. 

Dieses  Fragment  hat  im  Hermes  XXVIII  (1893)  S.  48—50 
eine  erneute  Besprechung  gefunden.     Dabei  kommen  die  Erklärer 
seit  Meineke  (darunter  Madvig,  Gebet)  schlecht    weg:  durch  ihre 
'  licentia  et  perversitas    sei  die  Zahl  der  Verderbnisse  des  Textet 
nur  vermehrt.     Aber    obwohl    dieser  nur    durch  wenige  und  ge- 
ringfügige Fehler  entstellt  sein  soll,    werden   doch  an  mehreren 
Stellen  Correcturen   vorgenommen,    deren  Werth    zweifelhaft   ist 
und  jedenfalls  den  der  verworfenen  Conjectnren  nicht  übersteigt. 
In  V.  2  wird  του  λόγου  μέν    für  του  λεγομένου   vorgeschlagen 
(τιυν  λεγομένων  Cobet).     Was    μέν  hier    bedeuten    soll,    dürfte 
schwer  zu  sagen  sein.     In  V.  14  wird  Gesners  Vorschlag   6  für 
bi  (mit  JRecht)  gebilligt  und  (in  dem  Satz  ου  πόλΐν  δλην  φυλήν 
bk  μαλακός  ανατρέπει)  φυλήν  bi.  in  φύσιν  b'  ό  verwandelt,   eo 
dass  der  Dichter    (paullo    maioribus  verbis    rei  angendae  causa) 


Mise^Uett.  163 

Itn  würde,  ein  Weichling  stürze  nicht  blos  (eeinen)  Staat, 
idem  '  ioium  terrarum  orhem '  ins  Verderben  (toHus  generia 
mani  interitam  cinaedomm  opera  parari  dioit).  Ob  φύίΤίς 
"endwo  sonst  diese  Bedeutung  hat,  kann  hier  anerörtert  bleiben ; 

den  Komikern  ist  sie  nirgends  nachzuweisen. 

Die  in  CAF  vorsichtig  aufgestellte  Yermuthung  (fortasse) 
πόλιν  όμου  φίλοις  ό  μαλακός  ανατρέπει  (als  Fragesatz)  soll 
r  nicht  von  neuem  empfohlen,  muss  aber  gegen  den  Vorwurf 
chützt  werden,  dass  dadurch  dem  Dichter  eine  Abgeschmaokt- 

fineptum  )  aufgebürdet  sei:  ^quid  enim  refert  solnsne  an 
ι  sodalibus  rempublicam  pessnm  det  .  Der  Sport,  selbstge- 
iffene  Ungereimtheiten  als  Kucknkseier  in  fremde  Nester  zu 
in,  um  sie  dann  als  nichtig  nachzuweisen  und  das  τήνελλα 
ενικός  anzustimmen,  verbreitet  sich  zusehends.  Die  Ver- 
hung   meint  nicht    '  der  Weichling   und  seine  Freunde  rioh- 

den  Staat  zu  Grrunde ' ,  sondern  der  Weichling  stürzt 
it  nur  seine  Freunde  (Angehörigen),  sondern  mit  ihnen  auoh 

Staat  'ins  Verderben^  —  ein  Gedanke,  der  weniger  abge- 
nackt  sein  dürfte  als  die  lächerliche  Uebertreibung,  *er  ver- 
itet  den  ganzen  Erdkreis'.  Und  wenn  von  όμου  φίλοις  gesagt 
1  ^abhorret    ab    cotidiano    et  humili  poetae  sermone^    so   ifet 

ein  Irrthum :  Arist.  £kkl.  404  σκόροι*  όμου  τρίψαντ*  ömp. 
gm.  569,  β  κολοκύνταις  όμου  ταΐς  γογγυλίσιν  όμώσιν  (άρου- 
).  681  πολφούς  V  ούχ  ήψον  όμου  βολβοΐς.  Vgl.  Ephipp. 
Β.     Eubul.  150,  5.  6. 

Auch  die  in  CAF  vorgeschlagene  Lesung  von  V.  7  (ούόέν 
)  αίσχρόν  έστιν  αύτοΐς*  άπό  τύχης  πράττουσι  πάντα),  die 
igens  nur  eine  Combination  von  Gesners  (αότοΐς)  und  Madvigs 
ό  τύχης)  Aenderungen  in  Verbindung  mit  einer  neuen  Inter- 
ction  ist,  dürfte  nicht  so  unangemessen  (alienum)  sein,  wie 
anptet  wird:  'tamquam  hoc  sit  impudentis,  non  inconsulti. 
adentis  est  πάντα  πράττειν,  ποΐ€Ϊν,  τολμαν,  einsdem  parum 
ren,  si  quod  appetierit  non  assequatur'.  Des  Dichters  Mei- 
g  ist:  Die  Weichlichkeit  und  Lüderlichkeit  der  jetzigen  Jugend 
Dichtet  Pflichtgefühl  und  Charakterfestigkeit.  Für  sie  ist  nichts 
ir  schimpflich:  weil  sie  alle  Scham  verloren  haben,  handeln 
ohne  Consequenz  den  einen  Tag  so,  den  andern  so:  Lüge, 
ineid,  falsch  Zeugniss,  Diebstahl  usw.,  alles  ist  ihnen  einerlei ; 
l  diese  Charakterlosigkeit  ist  ganz  geeignet  (V.  6)  ein  ganzes 
«Uwesen  zu  untergraben,  nicht  blos  das  Glück  einer  Familie 

H). 
Weimar.  Theod.  Eock. 


Grammatisehes  zu  Diodor. 

Das  Partizipium  des  Futurums  wird  im  späteren  Griechisch 
ifig  da  gesetzt,  wo  man  in  der  älteren  Sprache  lieber  einen 
lichtstatz  oder  einen  finalen  Relativsatz  angewendet  hätte, 
in  Schriftsteller  zeigt  diese  Besonderheit  so  ausgeprägt,  wie 
)dor;  bei  ihm  lassen  sich  denn  auch  bestimmte  Eigentbürolich- 


164  Misoetleii. 

keiten  des  Spraohgebrauchee  nachweisen,  die  eioh  aaMer  beiiluB 
noch  bei  Dionys  yon  Halik.,  bei  Nikolaae  Damaflcenas  and  indi* 
her  bei  Dio  Chryeostomae  wiederfinden. 

Nach  Verben,  wie  πέμπ€ΐν,  άιτολ€(π€ΐν,  συνίστασθαι,  dff- 
φέρ€ΐν,  παρασκευάΣειν,  έφίστάναι,  είσάγειν  n.  β.  w.  tritt  xun 
Objekte  öftere  eine  Zweck beetimmnng.  Sie  wird  bei  Diodorbei• 
nabe  ansnabmeloe  durch  das  Part.  fat.  gegeben:  ΆντκΤθένην  iiK• 
λιπ€  κωλύσοντα  20,  50,  91.  Dies  Beispiel  möge  als  typisch  ffir 
den  Fall  gelten,  dass  ein  Personenname  oder  ein  stellyertreteikles 
Pronomen  Objekt  des  Zeitwortes  ist:  nie  steht  alsdann  bei  dem  fol- 
genden Partizip  der  Artikel  ^.  Ebensowenig,  wo  es  zu  einem  Sab- 
stantiv  tritt,  das  selber  den  Artikel  hat,  oder  zu  einem  Pronom^ 
das  sich  auf  ein  derartig  bestimmtes  Substantiv  bezieht:  tiv 
έτερον  έζέπ€μψ€  λάθρςι  οηλώσοντα  14,  20,  98.  toO'OTOXoUi 
öv  άπεσταλκώς  ή  ν  'ΑλΟαν^ρος  παραπίμψοντα  18,  12,  69*. 

£ntbebrt  dagegen  das  vorbergebende  Objekt  des  Artikel•,  ^ 
tritt  er  zumParticip:  χώμα  κατασκ€υάσ€ΐν  τό  παρε^όμενον  2,28,3. 
άΟροΐσαι  ούναμιν  τήν  οιαπολεμήσουσαν  16,  42,  31.  anicriv• 
λεν  —  τινάς  τους  Εενολογήσοντας  14,  47,  100.  στροτητοί< 
ήρουντο  τους  άφηγησομένους  20,  46,  49.  Am  gewöhnlioheten 
bei  έκπέμττειν  und  άποστέλλειν.  Die  Beispiele  sind  sehr  c«U* 
reicht  Drei  Ausnahmen  wird  man  um  so  unbedenklicher  vef* 
bessern  dürfen^,  als  ja  der  Artikel  in  griechischen  Handschr.  ά^ 


1  Vgl.  4,  49,  3.  11,  44,  3.  11,  79,  5.  12.  44,  8.  (bis  hierbin 
nach  Vogel,  von  dessen  Ausgabe  der  dritte  Band  mir  zu  spät  sug^ngi 
weiter  nach  Dindorfs   gr.  Ausg.)    13.  11,  10.     14,  12,  27.     14,  3S>,f' 

14,  38,  52.    14,  78,  29.    14,  87,  10.    14,  99,  47.    14,  103,  90.     15,20,«• 

15,  29,  1.     15,  47,  7.     16,  (>,  61.    16,  49,  22.    17,  32.  90.     17,  55•  JJ' 

17,  37,  1.    18.  4,  57.     18,  29,  50.     19,  77.  87.    20,  16,  65.   20,  l9.  ** 
20,  50.  91.   20.  62,  72.  20,  107,  73.    20, 112,  75.  .. 

8  Vgl.  11,  4,  1.  11,  19,  5.  11,  40,  3.  13,  80,  86.  14,  5ft  Jj' 
14,  81.  92.  15,  2,  82.  15,  7,  60.  16,  17,  i^.  18,  21,  36.  20,  83•  w. 
20,  99,  97. 

8  Vgl.  ausser  den  oben  angeführten  1,  54,  3.  1,  67,  4.  2,  l^*f 
3,  1,  2.    4,  53,  5.    11,  2,  5.    11,  :3,  3.    11,  5,  4.     11,  29,  2.     11,  39,  f 

11,  43,  2.    12,4,  5.    12,  65,  7.    12,  72,  3.     13,  8,  85.     13.  98,  29.    if 

12,  41.  14,  13,  2.  14,  42,  12.  14,  46,  69.  14,  3,  92.  14,  19,  36.  IJ 
iif),  68.  14,  53,  12.  14,  81,  90.  14,  106,  93.  14,  113,  13.  14,113,20• 
15,26,85.   15,30,46.    15,38,57.    16.42,31.     16,65,89.     17,110,26- 

18,  10,  88.    18,18,39.    18,  51,48.     18,  52,  5.     19,  59,  33.    19,  61,  22- 

19,  79,  73.    19,  86,  45.    20,  9,  19.    20,  33,  7.    20,  38,  78.   20,  48,  »*• 

20,  96,  60.     20,  100,  21. 

*  Gegen  den  möglichen  Vorwurf  der  Gleichmacherei  möge  m%X^ 
mir  ein  Wort  der  Vertheidigunff  gestatten.  Ich  halte  es  für  verkehrtr 
wenn  man  etwa  im  Dionys  die  ί  orm  απας  nach  Cons.  überall  herstellen 
wollte,  weil  sie  danach  die  geläufige  ist.  Denn  hier,  wo  bloss  stilisti- 
sche Rücksichten  massgebend  sind,  muss  man  den  Autoren  unbedingt 
ein  gewisses  Mass  der  freien  Bewegung  gestatten.  Wo  es  sich  aber 
um  grammatische  Dinge  und  um  Sprachricbtigkeit  handelt,  tritt  die 
Analogie  in  ihr  Kecht.  Diodor  schrieb  aber  πρέσβ€ΐς  εξέπεμψαν  τους 
&ιαλ€ζομένους  nicht  aus  formalen  Gründen,  sondern  weil  er  das  als 
Griechisch  gelernt  hatte. 


Misoellen.  165 

iut  flüohügee  Element  ist.  18.  11,  27:  άπέστ€λλ€  στρατιώτας 
f  Λ€θ<Τθένει  βοηθήσοντας,  richtiger  στρατιώτας  ^τούς^  τφ 
Εοσθίνει  βοηθήσοντας.  15,  34,  32  έΕέπ€μψ€  στόλον  παραφυ- 
(£οντα,  gleich  darauf  εξέπεμψε  όύναμιν  τήν  παραφυλάΕουσαν, 
•,  79,  73  έ£έπεμψε  στόλον  τόν  συλληψόμενον.  Im  Coielinia- 
•  fehlt  ausserdem  noch  στόλον ;  τόν  konnte  dahinter  sehr  leicht 
iwinden.  15,  8,  11 :  ΤΤυθώοε  τινάς  ίπεμψεν  έρησομένους, 
έρησόμενος  (1,  67,  4  ίπεμψί  τινας  τους  έττιμελησομένους, 
L  17,  47,  100)?  Die  letzte  Stelle,  die  in  Betracht  kommt, 
ht  17,  55,  24:  —  Μαίοιον  έζαπέστειλε  παραφυλά^οντα,  έτέ- 
\)ς  V  Οίπεμψε  τήν  χώραν  πυρπολήσοντας,  wo  ich  Bedenken 
ge  den  Artikel  vor  τήν  χώραν  einzusetzen,  weil  das  vorher- 
lende  Satzglied,  in  dem  er  fehlen  musste,  auf  die  Gestaltung 
I  folgenden  eingewirkt  haben  kann. 

Noch  einige  Fälle  sind  übrig,  wo  das  Subst.,  das  dem  Par- 
ip  vorangeht,  eine  attributive  Bestimmung  bei  sich  hat.  κατα- 
Γεϊν  5ύναμιν  Ικανήν  τήν  τταρέΕουσαν  τήν  άσφάλειαν  19, 46,  1 ; 
•πέμψε  ούναμιν  άΕιόλογον  πείικήν  τε  κοί  ναυτική  ν  τήν  ίτη- 
ΐομένην  18,  69,  31.  Andererseits  16,  77,  45  ευθύς  hi  καΐ 
ι^αμιν  ναυτικήν  άΣιόλογον  έΕίπεμψαν  βοηθήσουσαν  τοις  Βυ- 
ιττίοις;  indessen  bieten  der  Ciarom.  prior  und  der  Laurent. 
ηθοΟσαν;  unstreitig  richtig,  vgl.  exe.  leg.  p.  172,  90  Dind. 
nier  έΕέττεμψε  μύριους  όττλίτας  τους  καταληψομένους  11, 
5;  έλίσθαι  τριάκοντα  δνορας  τους  άφηγησομίνους  14,  3, 
3;  δύο  δράκοντας  απέστειλε  τους  άναλώσοντας  4,  16,  1; 
|τει  στρατηγόν  άΕιόχρεων  τόν  οιαδεΕόμενον  17,30,40,  wo- 
ih  14,  4,  27  πέμψαι  πιστούς  άνδρας  <τούς)  υπέρ  τούτων 
τιλεΐ  δηλώσοντας  zu  korrigiren  wäre,  των  Φοινίκων  άπέλιπί 
ας  τους  έπιμελησομίνους  5,  58,  2;  πεμφθήναί  τίνα  των 
ολόγων  ηγεμόνων  τόν  νυκτός  άναβησόμενον  20,  94,  7 ; 
έστειλε  τινας  των  Ιππίων  —  τους  έρουντας  13,  18,  65; 
onach  14,  112,  70  προσέπεμψε  δί  τίνα  των  υπηρετών  τόν 
►Οντα  (für  τών  υπηρετούντων  έρουντα)? 

Der  Artikel  steht  in  allen  Fällen,  wenn  das  Partie,  dem 
betantiv  vorangestellt  ist,  ferner  da,  wo  ein  persönliches  Ob- 
t  beim  Verbum  überhaupt  fehlt,  so  dass  das  Partie,  in  un- 
ttelbarer  Abhängigkeit  vom  Zeitworte  geräth.     πεμψάντων  — 

V  ταύτης  ήγησόμενον  Καλλίβιον  14,  4,  4.  τους  φυλάΕοντας 
1^  τόπον  άπίλιπε  στρατιώτας  20,  111,  61.  —  ίητουντες  τους 
ΐθοδοτήσοντας  18,  21,  41;  ένίθετο  τους  τούτοις  κατά  τρό- 

V  χρησομένους    20,   85,  35  ^.      Die    einzige  Abweichung    von 


1  Vgl.  18,  26,  55.  20,  76,  35.  1,  18,  6.  1,  70,  2.  2,  25,  2.  2. 
δ.  3,  73,  8.  4,  42,  3.  4,  55,  6.  5,  58,  4.  11,  67,  6.  12,  35.  3. 
18,  68.  13,  18,  75.  13.  20,  36.  13,  22,  25.  13,  94,  96.  14,  4,  27. 
11,  96.  14,  11,  101.  14,  18,  93.  14,  43,  45.  14,  57,36.  14,82,10. 
9,  31.  15,  25,  71.  15,  48,  86.  16,  32,  44.  16,  84,  22.  17,  15,  53. 
26,  80.    17,  44,  2.    17,  52,  57.    17,  67,  46.    18,  17,  59.     18,  21,  41. 

49,  76.     19,  2,  84.     19,  5,  10.    19,  8,  38.     19,  37,  39.    19,  50,  68, 
δ1,  97.    19,  55.  92.    19,  61,  2.    19,  66,  20.    20,  9,  100.    20,  30,  95. 

50,  95.   20,  53,  27.   20,  61,  17.    20,  68,  78. 


lf)6  Misoellen. 

dieeem  Gebrauche  steht  in  den  Fragmenten  fr.  VIII  25  bei 
Vogel  p.  165.  Die  Stelle  ist  bereits  von  Krebs  dnroh  Einsetm; 
des  Artikels  gebessert  worden. 

Ich  habe  die  Excerpte^  bis  jetzt  beiseite  gelassen,  weilibn 
Ueberliefemng  eine  besondere  ist.  Die  Verhältnisse  gestalten 
sich  in  ihnen  im  Wesentlichen  nicht  anders,  als  in  dem  xnssB- 
menhängenden  Diodortexte.  Vgl.  die  Beispiele:  (Tuvorr^cTreikcv 
ΌΕύθβμιν  —  κατασκ€ψόμ€νον  exe.  Hoeschel.  p.  4,  4  Dind.;  coif. 
exe.  legat.  p.  169,  39.  exo.  legat.  p.  172,  82.  Femer  ττέμΗΚη 
πρβσββυτάς  τους  έμ<ρανιουντας  exe.  leg.  ρ.  170,  80.  (wW- 
στησεν  5ν5ρας  δέκα  τους  οιακοικτομένους  exe.  legat  ρ.  163,69. 
conf.  h  VIII  fr.  25  Vogel,  exe.  de  virt.  et  vit.  p.  13S,  19  Dind. 
p.  158,  43.  p.  160,  31.  exo.  leg.  p.  162,  6.  p.  163,  69.  p.l66, 
82.    p.  167,  42.    p.  168,  85.    p.  169,  39.    p.  170,  80.    p.  171,85. 

^  Bei  gramm.  Untersuchungen  sind  sie  deshalb  mit  Vorsicht  n 
benutzen,  weil  man  nicht  überall  genau  weiss,  wo  Diodor  aufhört  opd 
der  Excerptor  einsetzt.  Bezeichnend  für  die  Kontamination  ist  dai  hsi- 
iige  Fehlen  der  satzverbindenden  Partikeln.  Unklarheiten  der  KoDstrnk- 
tion  und  offenkundige  Barbarismen  fallen  auf;  beispielsweiee  geht  v» 
an  Ίτροσιτέμφας  τους  πυθομένους  exe.  Vat.  ρ.  16.  22  D.  Am  tieftten 
stehen  wohl  die  exe.  Hoeschel.  Abweichungen  vom  Sprachgebrauohe 
des  Autors:  ί^έπεμψε  τους  κωλύοντας  für  κωλύσοντας  exe.  Vat  ρ. 99,1« 
möglicherweise  ein  Schreiberversehen,  έχυρός  exe.  Hoesch.  p.  14, 6  βύι 
Unicum  für  Diodor,  σμικρολογία  exe.  de  virt.  et  vit.  p.  117»  o6  einUni- 
cum  für  ihn  und  die  gleichzeitigen  Historiker,  die  den  sigm.  Anlsst 
bei  μικρός  und  seinen  Zusammensetzungen  verecbmähen.  Conacribere 
bei  Diodor  und  Dionys,  der  das  Wort  sehr  oft  braucht,  nur  συντάτ• 
τ€σθαι  (cf.  1,  6,  1.    1,  46,  8.   20,  1,  13.    19,  44,  31.   20.50,8.  2,fi0,i 

4.  1,  1.   4,  1,  3.   5,  57,  1.   5,  64,3.  Diod.),  aber  Exe.  Hoeschel.  p.2.60 
Dind. :  δτι  Δίυλλος  Αθηναίος  συγγραφεύς  τάς  κοινάς  ιτράΕεις  συντά&ΐζ) 
ausserdem  scheint  der  Artikel   unterdrückt;    vgl.  V  57,  1.     19,  44,  31. 
20,  50,  8.  exe.  de  virt.  et  vit.   p.  124,  41.      Der  Schriftsteller  brsucht 
als  regelmässige  Phrase  έμπ{πτ€ΐν  €ΐς  άπορίαν,  άθυμίαν,   &έος,   öioXof' 
σμούς,  εννοίας,  κινδύνους,    στάσβις,  ταραχάς  η.  s.  w.   einmal   19, 19,^ 
findet  sich  iweoc  als  werthlose  Variante ;  exe.  Vat.  p.  69,  20  hat  Di^J• 
richtig  έπΙ  δεισιδαιμονίαν  in  εΙς  b.  geändert.      £s   bleibt  exe.  Hoe8<'<^' 
p.  25,  93  €ΐς  τήν  νόσον  ίπιπτον,  aber  auch  15,  63,  12  εΙς  ιτολλήν  ^^ 
χανίαν  ίπιπτον.     In   einem  anderen  Punkte  scheinen  die  £xcerpte  gf 
naner.    Es  steht  θαυμασιώτερον  1,  71,  1.    1,  84,  2.  exe.  de  virt.  et  Vit• 
p.  126,  14.    θαυμασιώτατον    1,  63,  7.     1,  74,  4.    3,  48,  1.    20,  13,  ^^' 
20,  30,  78.    θαυοαστός  3,  44,  7.    13,  83,  9.   exe.  de  v.  et  v.  p.93,  4i» 
p.  138,  34.  fr.  1X1,3  Vogel,  fr.  IX  11.  θαυμαστόν  3,  44, 5.  3, 68,  2.  3, 69,  ^' 
11,5,  3.    11,7,1.    11,35,2.     16,  34,  6.    18,  41,  97.   exe.  Vat.  ρ.71.2ί; 
de    V.  et   V.  98,   4.    120,  57.     126,  99.    exe.    Hoesch.  21,   62.    fr.  X  S 
θαυμαστοί  3,  25,  5.    16,  74,  50.    18,  40,  78.    θαυμαστά  3,  69,  2.   5,45i 
2.    17,  52,  19.    θαυμαστών  5,  36,  2.    19,  58,  1.    θαυμαστοίς  18,41,19. 
θαυμαστούς  15,  86,  11.     θαυμαστής   fr.   Χ  4,  6.     θαυμαστή   4,  66,  6. 
θαυμαστήν  3,  51,  2.   3,  58,  2.   1,  63,  3.    4,  18,  1,    17,  52,  15.  exclee. 
ρ.  174,  80.  exe.  de  ν.  et  ν.  121,  92.     θαυμασταΐς  11,  38,  4.    θαυμαστά^ 

5,  33,  5.  5,  46,  6.  fr.  VIII  10,  1.  θαυμαστώς  4,  77,  8.  12,  36,  3, 
15,  39,  71.  15,  42,  12.  16,  92,  9.  18,  41,  100.  exe.  Phot.  ρ.  63,  59.  d< 
ν.  et  ν.  ρ.  142,  70.  154,  92.  5,  14,  12.  16,  26,  5.  17,  10,  97.  End 
lieh  θαυμάσιοι  fr.  Χ  24,  1.  θαυμάσιους  12,  61,  3.  θαυμάσιον  acc.  m 
17,  52,  10.  θαυμάσιον  η.  3,  50,  4  und  11,  89,  5.  Das  sieht  aus,  al 
ob  Diodor  θαυμαστός,  θαυμασιώτερος,  θαυμασιώτατος  flektirt  habe. 


Miscellen.  167 

ρ.  173,  36.  ezo.  Vat.  ρ.  80,  3.  ρ.  102,  3.  Während  die  exe. 
^iotii,  die  exe.  Hoeechel.,  die  exe.  leg.  und  die  exe.  de  virt.  et 
Vit  das  Regelmäesige  tren  wiedergeben,  finden  eich  in  den  exe. 
Vit  drei  Anenahmen,  die  bemerk enswerther  Weise  in  unmittel- 
barer Nachbargohaft  auf  einander  folgen.  Man  kann  die  Vermu- 
tlrnog  nicht  abweisen»  daee  der  Excerptor  seine  Hand  im  Spiele 
^habt  hat  £xo.  Tat.  p.  25  (p.  188  Vogel)  απέστειλε  κήρυκας 
Ίτρός  τον  Κροΐσον  την  τ€  ουναστείαν  αυτοΟ  κατασκεψομένους  • . . 
exe  Vat.  ρ.  26  (ρ.  189  V.)  πέμψαι  θεωρούς  εΙς  Δελφούς  έπε- 
ρυιτήσοντας,  βχο.  Vat  ρ.  27  (ρ.  191  V.)  όταν  Ινα  τών  έαυτου 
Ικηίλύιν  πέμψη  καταστρεψόμενον  τήν'Ελλάοα.  Es  sind  das  die- 
selben Excerpte,  die  das  famose  προ<Τπέμψας  τους  πυθομένους 
nnd  έ£έπεμψε  τους  κιυλυοντας  mit  vollkommener  Ignorirnng  des 
Sprachgebranohes  bieten. 

£e  fehlen  noch  die  Beispiele  für  den  zuletzt  betrachteten 
Fall.  έΣαπέστειλε  τους  άπολογησομένους  exo.  legat.  ρ.  168, 
85  D.  vgl.  IX  fr.  2,  4.  37,  2  V.  exe.  de  virt.  et  vit  p.  1 15,  74. 
p.  104,  94  p.  107,  40.  exe.  Phot  p.  74,  35  D.  Danach  Krebs 
p.  165  V.  έπεμψεν  εΙς  'Αλβανούς  <τούς>  .  .  ποιήσοντας. 

Natürlich  gelten  die  aufgestellten  Regeln  auch  in  allen 
übrigen  Fällen,  wo  eine  finale  Bestimmung  durch  das  Part.  fut. 
gegeben  wird.  Der  Artikel  fehlt  beim  Part.,  falls  das  zugehörige 
Kernen  bestimmt  ist,  er  findet  sich  bei  ihm  überall,  wenn  das 
Vorhergehende  Nomen  unbestimmt  ist  Also  πλεΟσαι  ΤΤολύκλει- 
τον  —  Μυρμιδόνα  &έ  —  βοηθήσοντας  19,  62,  45,  dagegen  μη- 
δενός δντος  τοΟ  τολμήσοντος  3,  73,  8.     So  ohne  Ausnahmen. 

Der  Gebrauch  des  Artikels  im  späteren  Orieohisch  zeigt 
manches  Besondere  gegenüber  der  älteren  Sprache.  Zuweilen 
Veranlassen  ganz  äusserliche  Beweggründe  einen  Schriftsteller, 
ihn  anzuwenden  oder  zu  unterdrücken.  In  den  rhetorischen  Schrif- 
ten des  Dionysios  findet  sich  ungemein  häufig  das  Wort  'Αθη- 
ναίος: davor  stets  der  Artikel,  wo  es  gilt,  einen  Hiat  zu  ver- 
meiden, sonst  fehlt  er  sozusagen  regelmässig.  Bei  Untersuchungen 
tiber  den  Hiatus  wird  man  auch  auf  diese  Dinge  sein  Augenmerk 
SU  richten  haben. 

Prüm.  L.  Radermacher. 


Zur  OSrlitzer  Lieianhandsehrift. 

Nils  Nilen  hat  sich  in  seinen  sehr  verdienstlichen  Adnota- 
tiones  Lucianeae,  Hauniae  1889  (=  Nordisk  Tidskrift  for  Filo- 
logi,  N.  R.  IX  p.  241—306)  auch  mit  der  fast  berühmt  gewor- 
denen Lucianhandschrift  meiner  Vaterstadt  beschäftigt.  £r  hat, 
Ar  mich  überzeugend,  nachgewiesen,  dass  dieselbe  von  loannes 
Bhosos  von  Kreta  geschrieben  ist.  Die  Lösung  des  zweiten  Prob- 
lems aber,  die  Deutung  der  mit  rother  oder  schwarzer  Tinte  dem 
hdex  der  Handschrift  beigesohriebenen  Zahlen,  ist  ihm  nicht  ge- 
glückt und  da  auch  Ed.  Schwartz,  sein  Recensent  in  der"  Berl. 
Philol.  «Wochenschrift  1891  Nr.  37  Sp.  1165  zu  dem  Ergebniss 
gelangt  ist,  dass  die  Bedeutung  dieser  Zahlen  völlig  dunkel  sei, 


168  Misoellen. 

80  will  ich  mit   einem  kurzen,    die  Sache   kUntellenden  Worte 
nicht  zurückhalten. 

Νίΐέη  sagt:  In  indice  codicis  nnmeri  qnidam  XY  yel  XYI 
saecnlo    scripti  sunt,    quos   ita   recenseho,    ut  appareat,    ad  qnoa 
Lnciani    libros   pertineant.      Stiohometrici    non   poeannt   esae   hi 
nnmeri;  ad  nnllam  meomm  codicnm  —  eexaginta  antem  Lnciani 
Codices  perlnstravi  —  poseunt  pertinere.     Panlne  Vogt  Gl.  V.  qni 
de  multie  qaoqne  codicibus  Lncianeis  dieseruit,    ne  ex  enia  qoi- 
dem  nllam  eeee  me  docnit,  qni  tantum  nnmemm   paginarnm  ha— 
beret :  at  cam  haud  dnbinm  esse  videatar,  qnin  ad  alinm  qnendan« 
librornm  ordinem  pertineant,  in  conspectn  eoe  posni,  nt  in  oeteri^ 
qnoqne  codicibue  examinandie  respici  possent.     Darauf  hat  er  di^ 
Zahlen  bis  anf  eine,  914  statt  917,  richtig  abgedrückt     EeinefliL. 
falls  sind  die  Zahlen  im  15.  Jahrhundert  geschrieben.     Daee  em.i 
noch  ins  16.  Jahrhundert  gehören,    will  ich  nicht   ganz  lengne>i, 
obwohl  sie  mir  jünger  zu  sein  scheinen.     Jedenfalls  sind  sie  naoli 
1563  beigeschrieben   und    beziehen    sich    auf   keine  Handschrift 
sondern  auf  den  zweiten  Band  der  in  jenem  Jahre    erachienenen 
Ausgabe,  welche  auf  Band  I  den  Titel  trägt:  Λουκιανού  δπαντα 
Luciani  Samosatensis  opera  quae  quidem  extant,    omnia,    Oraeee 
et  Latine,    una  cum  Gilberti  Cognati  Nozereni,    et  loannis  Sftin- 
baci  Annotationibus  utilissimis.     Basileae,    Per    Henricum   Fetri. 
1563,  auf  Band  II:  Luciani  Samosateni  operum  Tomna  Π.    Com 
Gilberti  Cognati    et    loannis   Sambuci  Annotationibus:    quae  a^ 
calcem  adiectas  reperies.     Basileae  (keine  Jahreszahl).     Schriftea 
des  Codex,  welche  nicht  in  jenem  Bande  stehen,    entbehren  tacb 
im  Index  der  Beischrift  der  Zahlen. 

Zu  Inlian. 

Franz  Cumont  hat  in  der  Revue  de  philologie  XVI 161  sq* 
aus  dem  Codex  Baroccianus  56  unter  andern  recht  fragwürdig 
lulianea  auch  ein  Stück  veröffentlicht,    welches  die  Rückantwort 
des  Kaisers  lulian  auf  das  Schreiben   einer  syrischen  Aphrodite- 
priesterin    enthalten    soll,    welche    den  Befehl    des   Kaisers,   die 
Tempelprostitution  abzuschaffen    mit    der  Erklärung    beantwortet 
hatte,  dass  sie  und  ihre  Genossinnen  in  diesem  Falle  auf  ihr  Amt 
verzichten  würden.     Der  Brief  soll  um  362/63  geschrieben  sein. 
Der  Darlegung  der  Miss  Verständnisse,  auf  welchen  diese  Ansicht 
beraht,  glaube  ich  durch  den  Hinweis  darauf  überhoben  zu  sein, 
dass  das  Stück  nichts  anderes  ist  als  die  Ethopoiie  des  Libanioe 
τίνας  δν  εϊποι   λόγους    πόρνη    σωφρονήσασα  t.  IV  ρ.  1044  R. 
Die  Handschrift    ist   auch  für  die  Herstellung    des  Textes    ohne 
Werth. 

Breslau.  Richard  Förster. 


De  €ΐς  voeabnlo  adnotatio  grammatiea. 

In  Axiocho  qui  fertur  Piatonis  Socrates,  ut  consolet\ir  Axio- 
chum  in  ipso    mortis    articulo    mori  vementer    timentem    aaepius 


Misoellen  169 

^icnretm  illam  ei  inoulcat  ratinncnlain,  com  po8t  mortem  senen 

.carere  se  putet,  non  posee  eum  timere    oe  quid  mali  eentiat; 

oriri  totem  timorem  illnm  inde    quod,    etei  mortem  eensu  carere 

ikitj  non  eximat  tamen  omnem  sensam  e  morte :  370*  όρχήν  γάρ, 

Ä  *ΑΕίοχ€,  μή  €υνυποτιθέμ€νος  άμώς  γ^  πιυς  μίαν  αϊοθηαν, 

itara  το  άνβπιοτήμον,  ουκ  αν  ποτέ  πτυρβίης  τόν  θάνατον.  Suo 

nire  ee  hoc  non  intellegere  dioit  Carolas  Bnresch    {consolationum 

β  Graecis  Itomanisque  seriptarum  hisL  criL  studd.  Lips.  IX  102 

s^fi.  l);  quid  enim  est,  quod  nnum  eeneum  ουνυποτίθεοθαι  Axio- 

ilmm  Socrates  dicat?     Itaque  dici  debuisee    ratue   'niei   qnodam 

Qodo  novnm  (i.  e.  alterum)  eensam  eimnl  poneres,   band  timeree 

»lortem'    ecribendum  eese  conicit  μή  ουνυποτιθέμενος  άμώς  γέ 

Γυυς  νέαν  αΐοΟηαν.     Din  ego  nihil  hac  coniectura  certine  duxi; 

Qm  aliquando  apud  Aeliannm  vor,  hist.  X  18  de  Daphnido  legi 

laec:  βουκολών  bi  κατά  τήν  Σικελ(αν  ό  Δάφνις  ήραοθη  αυτού 

^μς>η  μία.     Qaibns   in  verbie    cum   μία  aperte   pronominie  in- 

leilniti  vice  fnngeretnr,  eundem  in  eeneum  etiam  in  Axiocho  apte 

K>terat  accipi;    qnidni    enim  Socratee  dicat:  ^nisi  —  qua  es  im* 

irndentia  —  qnolibet  modo  eeneum  aliqnem  occnlte    eimnl  in- 

luceree,    non    credo    reformidatumm   te    esse    mortem'?     Neque 

Hainen  nni  illi  loco  mnltnm  tribnebam,  donec  apud  Platarobnm  legi 

in  Arietide  11   τό  τύυν  Σφραγιτίοων   νυμφών   δντρον   έν   μιςί 

KOfnxp^  του  Κιθαιρώνος  έοτιν.     lam    vero   et   illad    recordabar 

adinncto  genetivo  partitivo  eeecenties  εΤς  inveniri  pro  τ\ς  et  cum 

edoctue  eesem  ab  homine  lingnae  Neograecae  perito   fnngi    apud 

Neograecoe  articnli  indefiniti  vice  Ινας,  μία,  Ινα,  idem  hnio  voca- 

bulo  accidisee  qnod  latino  unus   et    neqnaqaam    tollendum    esse 

^ius  neue  veetiginm  intellegebam.     Itaque  plura  exempla  ciroum• 

>pioere  coepi ;  supped itabat  autem  panca  quaedam  Stephanns,  ego 

<l^e  repperi  omne  commentariomm  genug  perscrutatne  —  egerunt 

^tem  de  hoc  neu  primue  Henricue  Stephanns  in  libro  qni  inscri- 

^itur  Iraiti  de  la  conformite   du   langage  /ταηςοιβ   avec  le  Grec 

^&r.  1569,    ultimufl  Hatzidakis    introduct,    in   gramm.  Neograec. 

(lips.  1892)  p.  207  —  liceat  hoc  loco  in  nnum  conspectum  pro- 

fcrre.     Primus    igitur  testis  citandns    est  Aristophanes   av.  1292 

^ύ  μέν  εΙς  κάπηλος  ώνομάΖετο  χωλός;  nam  equ.  400  εΐοε 

)ή  μΐ€ώ,  γενοΐμην  Sv  Κρατίνου  κώοιον  utrum  Ι  ν  an  έν  scriba- 

^^  penes  nos  est.     Proximi  seountur  intervallo  satis  longo  LXX 

interpretes :  Gen.  21,  15  Ιρριψε  τό  παώίον  (ή  "Αγαρ)  ύποκάτω 

ι  Ι»ιδς  ελάτης,  Regg.  II  2,  18  Αοαήλ  κούφος  τοις  nociv  αύτοΟ 

!  ^cl  μία  όορκάς  έν  άγρψ;    plura  non  adfero,    quia  facili  opera 

^  Ui^uisquc  concordantia  usus  Lanckiana   invenire  potest.    Apud 

I  ^OB  Bcriptores  repperi  baec:    Aescb.  ep.  10,  9    δπαΕ  οιελέχθην 

^i  ύπερώρψ  τε  ήδη  καΐ  λουομένην  αυτήν  μετά  μιας  γραός 

1^.  ev.  Mattb.  8,  19    και  προοελθών  εις  γραμματικός  εΐπεν 

«4τώ.    21,  19  και  ιοών  ουκήν   μίαν  έπι  τής   oboO   ήλθεν  έπ' 

ίώτην.    apocal.  8,  13   και  ήκουοα   ενός   άετου  πεταμένου   έν 

ί»€ςουρανήματι  λίγοντος  φωνή  μεγάλη.     Plut.  Grass.  4  προς  bl 

τάν  Ούίβιον  ίπεμψεν  Ινα  δοΟλον.    Cat.  min.  16   Λόλλιος  εΙς 

cuvdpxuiv  του  Κάτωνος   ύπ'   άςθενείας  όπελέλειπτο  τής  δίκης. 


170  Miscellen. 

ApoUod.  I  4,  3  ό  δέ  έπι  τό  χαλκεΐον  έλθών  καΐ  άρπάεας  πο£ 
?να  έκέλευοε  ποδηγεϊν.  act.  Ιο.  159,  1  Ζ.  ήν  δίέ  τις  έν  μ: 
κώμη  \€ρ€ύς  τοΟ  Διός  ονόματι  εύχάρης.  Ennap.  IqI.  126  κ 
που  και  οιαλέΕεως  μιας  οιαβολή  τις  Ιγκατ€€π€(ρ€το  τφ  πρ 
οιμίψ.  Ach.  Tat.  Ι  1  όχ€τηγός  περί  μίαν  άμάραν  κεκυφώ 
LoDg.  ΐν  Ö,  3  κρεμ^  γέροντα  δνθρωπον  έκ  μιας  πίτυος.  cIuo 
pasch.  594,  18  λαβών  εΤς  Γότθος  λίθον  ^οωκεν  αυτόν  και 
τής  ακοής.  608,  8  εΤς  Μαύρος  ίρριψεν  (λίθον)  επάνω  tc 
βαοιλέως  *Αναοταοίου. 

Eiloniae.  £.  Bruhn. 


Zu  den  Oedicliteii  Prieeiana. 

Kürzlich  hat  J.  Koch  in  einem  Frankfurter  Programm  (di 
oarminihne  Prisoiani  gramuiatici  nomine  inscriptis  1892)  ee  unter 
nommen,  die  heiden  Gedichte,  welche  von  Priacian  überliefiBit 
sind,  zu  scheiden  und  die  Periegesis  dem  Priscian  abznaprechea 
Von  rein  äasserlichen  Gründen  stehen  dem  die  Aufschriften  der 
erhaltenen  Codices  sowie  die  Aufzeichnungen  in  alten  Bibliotbekr 
katalogen  gegenüber',  in  denen  fast  ohne  Ausnahme  PriscitBii 
Grammatikns  als  YerjfasRer  genannt  wird.  Sowohl  die  fitiniÖ- 
sisohe,  wie  die  englische  und  deutsche  Ueberliefenmg  stimiBt 
hierin  überein  nnd  fest  steht  wenigstens,  daas  znr  karolingisekeD 
Zeit  (vgl.  die  Aufschrift  im  Turicensis  und  Durlacensis  sowie 
diejenige  aus  der  alten  Lorscher  Bibliothek)  das  Werk  unter  Prii' 
cians  Namen  ging.  Nun  sind  allerdings  von  Koch  gegen  Pri•* 
cians  Autorschaft  erhebliche  Bedenken  geltend  gemacht  worden. 
Die  metrischen  und  sprachlichen  Zusammenstellungen  ergobel 
bedeutende  Abweichungen  in  beiden  Gedichten  und  das  GowicU 
dieser  Gründe  ist  nicht  anzutasten.  Wenn  sich  nun  aber  £ook 
auch  gegen  den  christlichen  Ursprung  des  Gedichtes  ausspricht, 
80  begibt  er  sich  auf  ein  Gebiet,  auf  welchem  er  nicht  genug» 
Hause  ist. 

Zunächst  gebe  ich  zu,  dass  die  vier  Einfuhrungsveree  dei 
Periegesis  von  einem  Nichtchristen  geschrieben  sein  könntoBj 
obwohl,  wie  unten  gezeigt  werden  soll,  auch  hierin  ein  durchtti 
christlicher  Gedanke  enthalten  ist.  Specifisch  christlich  dagegei 
ist  der  ganze  Schluss  von  V.  1080  an.  Dort  heisst  es  'Abel 
ihr  Gelände  der  Erde,  freuet  euch  die  Zeitlichkeit  hindurch.  Β 
freue  sich  jede  Insel,  die  vom  Meere  umgeben  ist'  u»  s.  w.  Die* 
Worte  sind  nämlich  nichts  anderes  als  eine  Paraphrase  von  Psi! 
96,  1  'exultet  terra,  laetentur  insulae  multae'.  Der  Dichter  dehi 
diese  Aufforderung  in  den  folgenden  Versen  auch  auf  das  Wel 
meer,  auf  Flüsse,  Berge  und  Seen  aus,  was  sich  in  jenem  Psal 
nicht  findet.  Wem  das  aber  noch  nicht  genug  ist,  der  betrach 
den  Inhalt  des  letzten  Verses  'Omnipotens  pro  quo  genitor  mi 
praemia  donet'  nämlich  für  die  Besingung  von  Meer   und  Lan 


^  Vgl.    Manitius,    Philolugisches    aus    alten    Bibliothekskataloff 
S.  136  f. 


MisoeUen.  171 

itörlich  ist  'OmoipoteDS  genitor*  ein  Ausdruck,  der  bei  Lucre- 
la  wie  bei  Aldhelm  steben  könnte,  aber  die  Belohnung,  die  der 
ßhter  für  sein  Werk  fordert,  Tat  nur  im  cbristlicben  Sinne  oder 
Munde  eines  Christen  überhaupt  verständlich.  Denn  seit  luven- 
I  glauben  die  christlichen  Poeten  mit  ihrem  Gedicht  eine  gute 
ndiung  vollbracht  zu  haben,  für  welche  sie  Belohnung  in  An- 
neb  nehmen  können;  vgl.  luvenci  evang.  praef.  22  hoc  (seil. 
Ds)  etenim  forsan  me  snbtrahet  igni  |  Tunc  cum  flammivoma 
icendet  nube  corascans  |  Iudex  .  Nun  zu  der  christlichen  An- 
elung  in  den  Eingangs versen.  Hier  wird  der  Urheber  der 
höpfung  angerufen,  was  ja  auch  für  die  christlichen  Dichter 
it  luvencus  fast  Gewohnheit  wurde,  indem  man  Gott  an  die 
ille  Apolls  und  der  Musen  setzte.  Dann  heisst  es  in  Bezug 
f  Land  und  Meer  Mn  quas  Imperium  mortalibus  ipse  dedisti\ 
18  ist  doch  unmöglich  heidnische  Auffassung,  sondern  entspricht 
r  gewohnten  christlichen  Ansicht,  die  aus  Gen.  1,  26  stammt, 
iermit  meine  ich  den  christlichen  Ursprung  des  Gedichtes  zur 
snfige  bewiesen  zu  haben  und  ich  wende  mich  nun  nur  noch 
Ken  die  Auffassung  Kochs  bezüglich  der  von  mir  Rhein.  Mu- 
Dm  44,  544  aus  Hugo  von  Trimberg  beigebrachten  Stelle.  Koch 
»nt  nämlich  seiner  Ansicht  betreffe  des  nichtchristlichen  ür- 
rungs  der  Periegesi^  zu  Liebe,  dass  die  Worte  im  Registrum 
nltorum  auctorum  des  Hugo  (Y.  210  f.,  p.  23  ed.  Huemer) 
aude  quidem  dignior  foret  Priscianus  |  Si  mansisset  ut  erat 
idem  christianus  ihren  Ursprung  aus  der  Leetüre  der  beiden 
Hlichte  genommen  hätten.  Koch  scheint  aber  den  Hugo  gar 
iht  eingesehen  zu  haben  ^,  sonst  hätte  er  nicht  von  der  Leetüre 
ider  Gedichte  gesprochen.  Hugo  citirt  nämlich  nur  aus  der 
riegesis  und  zwar  die  vier  £ingang8verse,  während  ihm  das 
dicht  auf  Anastasius  natürlich  ebenso  unbekannt  war,  wie  wohl 
en  damaligen  Gelehrten.  Eine  einzige  vollständige  Handschrift 
Rtirt  davon  und  in  alten  Katalogen  wird  das  Gedicht  ebenfalls 
Γ  einmal  aus  Oviedo  genannt.     So  hat  es  im  Mittelalter  unter 

grössten  Seltenheiten  gehört.  —  Uebrigens  möchte  ich  noch 
^en  die  Art  Verwahrung  einlegen,  wie  Koch  mit  handschrift- 
lien  Subscriptionen  umspringt.  Näblich  ebenfalls  seiner  An- 
bt  zu  Liebe  läset  er  die  Aufschrift  für  de  laude  Anastasii 
ten,  während  er  die  fast  ebenso  ausführlichen  Aufschriften  bei 

Periegesis  als  interpolirt  erklärt.  Beiderseits  steht  *  prisciani 
immatici  ,  im  Dnrlacensis  findet  sich  sogar  *  pr.gr.  cesariensis*. 
I  heisst  doch  die  karolingische  Ueberlieferung  einfach  auf  den 
pf  stellen,  wenn  man  bei  dem  einen  Werke  die  Aufschrift  gel- 

lässt  und  sie  bei  dem  anderen  für  gefälscht  erklärt. 

Uebrigens  ist  doch  noch  die  älteste  Ueberlieferung  in  Be- 
eht  zu  ziehen,  welche  hier  nicht  auf  vollständigen  Handschrif- 

1  Mit  Sicherheit  ergibt  sich  dies  daraus,  dass  Hugo  von  Trim- 
l  V.  178 ff.  erwähnt,  dass  er  die  Kenntoiss  von  Priscians  Apostasie 
ι  Anticlaudian  des  Alanus  verdanke,  wie  übrigens  Koch  aus  meiner 
lehiehie  der  ohristl.  lat.  Poesie*  S.  860  hätte  entnehmen  können. 


172  Miscellen. 

ten  sondern  auf  Bruchstücken  in  Florilegien  beraht.  Wirfinda 
eine  Anzahl  Verse  ans  der  Periegesis  snnfichet  in  den  Exempl 
diversornm  auctornm  (ed.  Keil,  Halle  1872).  Diese  Sammlon^ 
die  auf  einem  älteren  langobardischen  Florileg  beruht,  kann  nni 
allerdings  in  ihrer  vorliegenden  Gestalt  erst  im  dritten  Jahrzehfii 
des  9.  Jahrhunderts  abgefasst  sein,  da  als  Y,  217  Walahfridi 
Strabi  de  vita  et  fine  Mammae  IV  16  (Poet.  lat.  aevi  Carol.  II 
279)  angeführt  wird.  Aber  der  Grundstock  geht  jedenfalls  iif 
das  8.  Jahrhundert  zurück.  Hier  werden  von  V.  90  an  viele 
Verse  ans  der  Feriegese  citirt  und    zwar    meist  mit  beigeschri»• 

benem  PRIS,  wofür  sich  freilich  an  manchen  Stellen  verschriebei 

F£RS  findet.  Jedenfalls  deutet  das  mit  Sicherheit  darauf  bii} 
dass  der  VerfaRRer  des  ursprünglichen  Florilegiums  in  seiner  Hand- 
schrift die  Periegese  als  ein  Werk  PriRcians  bezeichnet  vorfwid. 
und  so  ist  es  auch  bei  Micon  von  S.  Riquier,  dessen  Sammlmig 
eine  vielfach  erweiterte  andere  Ableitung  des  ursprünglichen  Flo- 
rilegiums bietet;   dort    wird    zu    dem    ersten    ans    der  Periegeee 

stammenden  Verse  (153)  PRISC  IN  PERl  gesetzt,  üebrige* 
finden  sich  bei  Micon  bedeutend  weniger  Verse  ans  Priscian,  all 
in  den  Exempla,  nämlich  10,  während  die  Exempla  23  bietes. 
Diese  Ueberlieferung  Priscians  gehört  zu .  derjenigen,  welche  in 
den  codd.  deteriores  erhalten  ist  (B  Baehrens).  So  gibt  Exempli 
119  =  Prise.  94  Gargani  und  laspidis,  92  ==  200  Getuliqee 
supersunt,  124  =  1*58  Plurior  ad  solem  residet,  127  =  280  fonti• 
(und  rauca),  126  =  296  Halani,  129  =  314  Noricique,  94  =8« 
Pheheus  surgens,  96  =  401  Egeum,  97  =  512  Ostendit,  130  = 
596  Taprobanem  veniae  g.  quam,  99  =  651  Meotidis,  131  ==653 
Caucasus  exivit,  100  =  718  Massagete  (ebenso  Micon  237),  90== 
737  Calcedonis  (ebenso  Micon  70),  101  =  755  Stemma  micÄii•! 
91  =  770  Suntque  Calcedoni,  102  =  780  haec  potius  (ebeMO 
Micon  389),  103  =  861  gurgite  clausa.  Ausserdem  notire  iek 
die  Abweichungen  in  den  nur  von  Micon  angeführten  Versen; 
Micon  259  =  Prise.  418  colorem;  304=801  Pamphilos,  Grainm; 
346  =  1009  Saffirique.  Beide  Florilegien  sind  von  Baehren« 
nicht  herangezogen  worden. 

Zn  Orientins. 

Dass  die  Kritik,  welche  Bährens  an  Orientins  geübt  bat  (ed• 
Ellis  p.  254,  Fleckeis.  Jahrbb.  137,  389fl*.)  eine  reinigende  ge- 
wesen ist,  kann  man  nicht  sagen.  Manches  hat  er  wohl  zur  t^' 
klärung  des  Dichters  beigetragen,  doch  die  ihm  eigenthümlid^ 
gewaltsame  Art,  römische  Dichter  zu  verbessern,  hat  ihn  aaci 
hier  oft  übers  Ziel  hinausechiessen  lassen.  Ich  will  im  folgende) 
versuchen  eine  Reihe  von  Stellen  lesbarer  zu  gestalten 
I  11,  12     —  lascivum  miserum  fallax  breve  mobile  vanum, 

heu  nos  noxarum  fons  male  praeoipitans  — 

50  kann  hanc  nur  im  Gegensatz    zu.  49  unam  gesagt  sei 
und  mu88  auf  das   zukünftige  Leben  gehen,    wie    der  Imperaü 


MiseeUen.  173 

Mueqaitor  erweist.  Derselbe  Gegensatz  ist  52  aasgedrückt,  wo 
a  Tita  '  terrena '  zu  ergänzen  ist.  Die  Aendemogen  von  Bährens 
liiit'  und  'cura'  sind  nnnöthig. 

56  ist  das  Handscbr.  tatis  zu  halten,  es  ist  im  Gegensatz 
Q  dem  schnellen  Verlaufe  des  irdischen  Lebens  gesagt. 

85  schreibe  ich  mit  Bährens  ^maiorem'.  114  vielleicht 
ttne  statt  aera.  206  eint  statt  sunt.  249  at  tarnen  statt  est 
timen.  264  tenet  für  tegit  mit  Bährens.  277  dubitas.  306  son- 
tei  statt  des  unmöglichen  insontes  mit  Bährens.  321  ist  formosos 
Bit  Commirius  vorzuziehen.  343  ignes  statt  ignis,  die  alte  Accu- 
ntivform  lässt  sich  sonst  aus  Orientius  nicht  belegen.  344  ist 
fagies  zu  halten,  das  Futurum  steht  für  den  Imperativ  wie  sehr 
bafig  in  der  Yulgata.  356  exstinxit.  358  vindicat,  en,  gladio, 
u  ist  nicht  zu  rechtfertigen.  Η 82  choro  mit  Bährens,  nicht  der 
tone  ist  insanus  zu  nennen,  sondern  der  chorus  iuvenum.  420 
&poliare  (vgl.  luvenc.  ed.  Huemer  I  11,  16  u.  s.  w.).  428 
dachte  ich  an  Tenuia  vix  dederat  s.  n.  s.,  doch  scheint  tenuis 
(Bibrens)  vorzuziehen  zu  sein.  535  foror  aptat  habenas  mit  Ri• 
finos.  550  obtulerant  quam  cava  gemma  (non  aliter  liquor  si- 
tientia  ora  proluit  quem  p.  o.  quam  is  quem  c.  g.  obtulit)^ 
576  reoipiens  statt  respiciens  nach  Matth.  10,  40  u.  a. 

II  3  premes  mit  Schenkl.  18  favet,  ah,  vitiis  statt  faveat 
V.  27  contemptum  ist  zu  halten,  es  entspricht  dem  deiectus 
Tl.  25.  30  lacobus  wie  luvenc.  I  430.  46  serviat  mit  Ellis 
(ne  sapor  antiquum  (=  antiquorum,  seil.  Adae  et  Evae)  illecebris 
wmat).  49  tum  statt  dam.  171  non  etiam  in  metuendis  rupi- 
bm.  172  trudere  statt  ludere.  215  vixerat.  216  Atque  iliic 
Tixit  qui  modo  mille  simul.  221  tangare.  222  vivat  in  efftgie. 
Zwischen  228  und  229  scheint  ein  Distichon  zu  fehlen,  da  der 
Cedanke  keine  Anknüpfung  hat.  239  ist  selbstverständlich  mit 
hhrens  nee  zu  schreiben.  249  illad  für  illum.  254  Serius  ex 
«eiere.     261   faciet  mit  Ellis.     308  nisi    quae.     311  quin  etiam. 

Carm.  Orientio  trib.  III  de  trinitate  V.  4  omnipotens  est.  5 
leu  unus.  12  quaerimus  statt  quaesumusP  44  rodit  iniquus. 
67  adorandus  mit  Ellis.  69  cognoscier  angulus  omnis.  72  depin- 
Sit  101  patris?  108  aufert  statt  obstet.  114  ascensu.  115 
iBtQ8  mit  Ellis.  126  quod  mit  Schenkl.  136  Stilus?  163  lau- 
bMÜB  audis  osanna  mil  Ellis. 

IV  Orationes  13  stellae  für  guttae?  17  fulmina  mit  Bäh- 
^8.    28  sonatis  für  sonantes.     33  deoantatis.    47  veniam  Christe. 

Kürzlich  ist  durch  die  Veröffentlichung  von  Micons  Flori- 
kgi«n  (ed.  Traube,  Poet.  lat.  aevi  Carol.  HI  279  ff.)  eine  sehr 
^^Dschte  Bereicherung  zu  der  bisher  bekannten  Ueberlieferung 
^  Orientius  gekommen.  Da  nämlich  Micon  drei  Verse  aus 
Orientius  citirt,  welche  den  Exempla  diversorum  anctorum  fehlen, 
^  ist  es  sehr  wahrscheinlich,    dass    er  sie  aus  eigner  Eenntnise 


^  Zu  567  ist  in  den  kritischen  Apparat  zu  setzen:  quae  tibi  dat 
norioks  Pauhis  Diaconua  homl.  153  (Migne  95,  1347). 


174  itisoelieii. 

hinzag66etzt  hat,  wie  das  überhaupt  mit  vielen  Citaten  ans  ohrii 
liehen  Dichtern  bei  ihm  der  Fall  sein  mag.  JedenfSalie  war  Oi 
entins  im  Frankenreiohe  vorhanden,  wie  ja  auch  die  ganie  hentii 
üeberlieferung  auf  Frankreich  zurückgeht.  Freilich  möchte  < 
immer  noch  zweifelhaft  erscheinen,  ob  Micon  die  Verse  selbi 
dem  Orientioe  entnahm,  oder  ob  er  sicn  hierbei  nicht  vielmeb 
schon  anf  einen  Vorgänger  stützte.  Bei  dem  ersten  von  ihi 
oitirten  Verse  (23)  steht  nämlich  'ORATIVS',    was   enUohiede: 

nur  eine  falsche  Auflösung  der  Abkürzung  OB  oder  OBIVS  ist' 
Dagegen  wird  als  Quelle  bei  dem  zweiten  Verse  (334)  Prüden 
tius  angegeben,  während  für  den  dritten  Vers  (364)  der  Antor 
name  ganz  fehlt.  Diese  Verschiedenheit  ist  zn  auffällig,  al 
dass  man  nicht  annehmen  möchte,  sie  könnte  nicht  Torkommui 
wenn  der  Autor  den  Orientius  selbst  gekannt  hätte.  Allerding 
passiren  ihm  solche  Versehen  oft  genug.  Uebrigens  wird  duro) 
Micon  die  Yerbesserung  des  Commirius  zu  Commonit.  II  34  i 
ihrer  Richtigkeit  erwiesen,  Micon  überliefert  ebenfalls  ^  properes 
Zu  I  538  (V.  334)  bietet  Micon  statt  ^marmore*  *  corpore \  ffi 
I  347  (V.  364)  'et  troica*  wie  der  Ashbumhamensis. 

Dresden.  M.  Manitins. 


Zu  Seneea  de  tranqnillitate  animi. 

Ueber  eine  von  dem  Unterzeichneten  in  der  Programoc 
abhandlung  ^Seneea  und  Athenodorus'  (Freiburg  i.  B.  1893 
S.  43  f.  neben  anderen  besprochene  Stelle  des  Seneea  mag  biet 
noch  ein  Wort  gestattet  sein,  einmal  im  Hinblick  auf  ihr  coltnr 
geschichtliches  Interesse  und  insofern  dieselbe  lehrt,  wie  sehr  mtf 
auch  bei  einem  so  durch  und  durch  rhetorisch  gefärbten  Schrift- 
steller gelegentlich  die  Forderung  strengerer  Goncinnität  zn  et" 
massigen  hat. 

De  tranqu.  4  räth  Seneea,  angesichts  der  Ungunst  der  poli- 
tischen Verhältnisse  nicht  gleich  auf  jede  Thätigkeit  zu  versiok- 
ten,    sondern  sich  je  nach  Umständen  ein  geeignetes  Feld  seiner 
Wirksamkeit  zu  wählen.     §  3:  Militare  non  licet:  honorespäcti 
privato  vivendum  est:  sit  orator;    silentium   indictum   est:   tocito 
advocatione  cives   iuvet;    periculosum    etiam  ingressu  forum  erf• 
in  domibus,    in  spectaculis,    in  conviviis  bonutn  contubemakßi 
/idelem  amicumj  temper antem  conuivam  agat;   officia  citns  omtstf: 
hominis  eaerceat.      Das  von  Gertz  stud.  er.    p.  139   angefochteae 
in  spectacidis  —  fidelem  amicum  (agat)  schien  dem  Gedanken  nach 
unklar  und  tritt    zudem  aus    der    sonst    so  concinnen  Gliederoni 
heraus,    da  man  für  in  spectacuUs  —  fidelem  amicum  eine  gleiok 
enge  Bezüglichkeit  erwarten  möchte,  wie  sie  für    die  Worte    if 
domibus  —  bonum  contubernalem  und  in  conviviis  —  temperanieM 
convivam  agat  gewählt  ist.    Aber  gegenüber  den  bisher  gemach 
ten  Yorschlägen  in  sodaliciis  oder  in  cenaculis  bleiben  ernstlicbi 


1  Wie  auch  in  b  (Braxellensis  100B6— 10077   sich  nnr  Cr  Hndel 


Misoetteü.  17β 

Serapel  zurück,  nod  so  hielt  ich  eine  nochmalige  ümschan  in  den 

fan  Dialog  de  tranquillitate  meiner  Aneicht  nach   zeitlich    nahe 

fiagenden  Schriften  Senecas  für  geboten.     In  derThat  führt  uns 

fit  Stelle  geradwegs  in  das  unheimliche  Delatorenweeen  der  Nero- 

Biehen  Zeit.     Man  soll  eich  in  spectaculie  als  fidelis  amicas  zei- 

go),  insofern,  nm  Senecas  eigene  Worte    za  wählen    de  dem.  II 

tt,  2,  ex  spectactüis  materia  criminis  ac  pericuU  quaeritur.    Eine 

inbedachtere  Beifallsänsserang    gab    dem    üebelwollenden   unter 

Umst&nden  genügenden  G-rund,   eine  Anklage    zu    erheben.     Die 

Firben  mit  denen  Seneca  die  im  Gefolge    den  Despotismus    sich 

xeigende  Schwüle   und  Beängstigung  schildert,    sind    seiner  Zeit 

eitlebot:  non  convivia  securi  ineunty  in  quibiis  lingua  soUwite  etiam 

Ms  custodienda  est,  non  spectacui^,  ex  quibus  materia   criminis 

•e  T^mculi  quaeritur. 

Zu  den  Gründen,  mit  denen  ich  in  der  genannten  Abband- 
hng  die  Neronische  Zeit  (etwa  59)  als  die  Abfassungszeit  der 
Sekift  de  tranquillitate  animi  zu  erhärten  suchte,  lässt  sich  also 
taeh  die  üebereinstimmung  zwischen  de  tranqu.  4,  Β  und  de 
«lern.  II  26  y  2  hinzufügen. 

Freiburg  i.  B.  Otto  Hense. 


Partura. 


I  Pompeis  non  procul  a  lupanari  insoriptum  est  muro  CIL. 
IT  1698  gemma  velim  fieri  hora  non(a),  in  quo  gemmam  accu- 
ntimm  interpretatur  editor  sollertissimas  per  errorem  opinor. 
>itt  Uli  similia  amantium  vota  permnlta  legontur,  ut  in  scolio 
Attioo  €ΐθ'  δπυρον  καλόν  γενοίμην  μέγα  χρυσίον  καί  με  καλή 
Τυνή  ς)ορο(η  καθαρόν  θεμένη  νόον  vel  in  APal.  είθε  ^obov  γε- 
%ην  ut  decerptum  amica  niveo  pectori  adprimeret.  poeta  nobili 
lOD  indigna  est  ista  penthemimeris.  sed  quod  adhaeret  ei  hora 
tone  cum  decentius  est  tot  aliis  quibus  parietes  Pompeianos  Scor- 
iopordonioi  obleverunt  verbis,  tum  hoc  ipso  minus  darum,  cenae 
^hora  est,  cenam  si  cogitavit  scriptor,  potoriam  gemmam  in- 
Ulegi  oportet  (nee  bibat  e  gemma  divite  nostra  sitis  Propertias), 
^  anulum  inaurisye  aut  ornamentum  muliebre.  aliorsum  autem 
^pies,  si  ab  ea  ipsa  hora  nonarias  vocatas  esse  memineris  me- 
^nculas  vilissimas.  aureus  est  Danae  lusit  aliquis  Pompeis 
νορψοήσας  Ovidium  (acta  inst.  arch.  Rom.  1889  p.  122). 

II  Conviva  libertinus  in  Petronii  sat.  45  ut  amphitheatrum 
Hfeot  id  est  ut  spectatores  ibi  videant.  ampliteatur  codex,  unde 
^^phitheater  Friedlaender  et  ego  restituimus.  cui  tum  similiter 
liidem  declinata  vocabula  adscripsi  ut  arater  et  aster,  oblitus 
Wn  eram  eins  ipsius  nominis  iam  prodiiese  exempla.  nam  po- 
Püo  spectante  an^hilheater  ruit  et  hoc  imp.  amphitheater  arsit 
fcriptum  habent  chronica  anni  354  (MGH.  antiquiss.  IX  p.  145,  21 
^  147,  16).  accessit  interim  epigraphicum  quoque  exemplum  ex 
reliqniis  edictomm  praef  urb.  scriptorum  post  a.  354  quas  Gatti 
in  Mi•  areh.  municip.  Romae  1891  composuit,  ubi  cum  vici  urbis 


176  Mieoellen. 

ant  vicani  referantur,  amphiteater  in  Λ  g  1  legitnr  item  nt 
Petronio  aspiratione  deetitutum  partionlae  posteriorie.  edicta  i 
qaoniam  tetigi,  unum  aliquid  addam  de  hie  qai  in  Ä  b  10  Ca 
moDtieDsibas  Isiaois  moDetariis  aliisqne  sabiaDCti  sunt  Noenses 
ara  Matidie.  de  voce  quid  erat  cur  dubitaretur?  ernit  hi  Not 
seSj  qnoniam  ν  inter  vocales  saepieeime  negligitnr  (faor  failia  sii 
de  re  autem  sitae  urbani  pentiores  videant  an  poeeint  esse  No^ 
viae  quidam  inter  Uaelinm  et  Palatinum  accolae  regioni  III  < 
tribnti  seorenm,  cum  eummatim  in  XII  viam  eandem  ροβα< 
anctor  regionum  antiqane. 

III  In  museo  provinciali  Bonnenei  tabella  marmorea  ei 
ex  Romano  oolambario  aeportata  ab  amatore  antiqoitatie  perej 
nato  in  Italia,    eic  inscripta    (Hettuer    catal.   mae.   aead.  p.  4' 

Q,  SeatUlius  Eros  | mor  ollaa  II  \  [C.  Norha\iM  C,  L  1 

nysio  \  Xamico]  suo  et  \  [Norban]ae  C.  L  Primae  \  [amicae]  s 
donat,  nam  nomina  propria  cnm  vera  reparari  neqneant,  eta' 
addere  libnit  quae  exemplo  essen t.  difficiline  erat  alterins  vei 
call  eapplementam  in  venire  probabile.  hoc  eqaidem  eoleo  diec 
tibus  tradere  Eros  [gut  et  Ä]inorf  eimilem  appellationem 
H.  Meyersahmi  libello  p.  30  didici  obtigieee  homini  Bithy 
Γάιος  Ιούλιος  Έρμας  6  και  Μερκούριος. 

Bonnae.  F.  Β. 


Nachtrag  zu  XLYIII  S.  587»  8. 

Zu  S.  587  macht  Herr  Dr.  Wernicke  za  Halle  mich  br 
lieh  darauf  aufmerkeam,  dase  '  ApoUon  Eynneios  Cnlte  hatte 
Halai  Aixonidee  am  Hymettos  (v.  Wilamowitz,  Hermee  XX 
120.  Maass,  Ind.  Greifsw.  1891/2  S.  XII),  in  Eorinth  (Gl 
I  1102)  und  zu  Temnos  in  AeoJis  (Polyb.  32,  25,  12);  vgl. 
Mayer,  Giganten  und  Titanen  63.  Preller-Robert,  Griech.  ü 
thol.  272'. 

S.  588  ist  zu  οργάς  Xenoph.  Kyneg.  10,  19  citirt.  Ε 
noch  beweiskräftigere  Stelle  steht  ebendaselbst  9,  2:  κατοΚΓ 
ψασθαι  bl  πρότερο  ν  προελθόντα  είςτάς  όργάδας,  ού  cio 
έλαφοι  πλεϊσται. 

Weimar.  Theod.  Eock. 


Verantwortlicher  Redacteur:  Hermann  Rau  in  Bonn. 

(15.  December  1893) 


Unlvenit&te-Baohdruokerel  τοη  Carl  Oeorgl  in  Bona. 


177 


Volkethfimlichee  bei  Artemidoros. 


Der  Seher  Melampne  sagte  in  seioem  Werke  περ\  τεράτων 
•«ιοημείιυν:  ουδέν  bxaφέpexv  τα  μεθ'  ήμέραν  γινόμενα  των 
^  όοκούντων  γίνεσθαι.  Dieser  Spruch,  den  Artemidoros  selber 
»ofiihrt  (III  28;  179,  14  H.<ercher»,  ist  bezeichnend  für  die  ganze 
^Qmdeutang  des  Alterthnms,  die  nicht  auf  d^n  Ruhm  einer 
^nen  Wissenschaft  Anspruch  erheben  kann,  wie  etwa  die  Stern- 
^^terei,  sondern  die  nur  die  luftigen  Gebilde  des  Schlafes  nach 
^6D  Regeln  erklärt,  die  andere  mantische  Disziplinen  festgestellt 
«^ben.  Den  Traumbuchschreibem  selbst  war  freilich  trotz  Me- 
hnipns  dieses  Bewusstsein  geschwunden,  sonst  hätten  sie  schwer- 
<Ui  ihre  Deutungen  oft  so  absurd  begründet,  wie  wir  das  in 
^rtemidors  Buch  mit  lachendem  Erstaunen  lesen.  Andererseits 
^r  macht  die  Treue,  mit  der  sich  die  Deutungen  selbst  von 
«ihrhnndert  zu  Jahrhundert  erhalten  haben,  wie  man  ohne  Wei- 
^  annehmen  darf,  es  möglich,  die  alten  religiösen  oder  volks- 
ttümlichen  Vorstellungen  zu  erkennen,  die  ihnen  zu  Grunde  liegen, 
l^r  folgende  Aufsatz  will  das  an  einer  Beihe  von  Beispielen 
«eigen*. 

I  5  (12,  28 ff.  H.).  'Wer  träumt,  dass  er  in  Gold  ver- 
handelt sei,  oder  einen  Schatz  gefunden  habe,  wird  sterben  .  Das 
Were  kehrt  wieder  II  59  (155,  2  H.),  wo  A.  als  Grund  hinzu- 
%t:  ού  γαρ  δνευ  του  τήν  γήν  ανασκαφή  ναι  θησαυρός  εύρίσκε- 


*  Nicht  mit  aufgenommen  habe  ich  eine  Reihe  von  Traumdeu• 
tangen,  bei  denen  das  Bewusstsein  von  ihrem  Zusammenhang  mit 
Oltoben  und  Sitte  auch  den  Traumdeutern  lebendig  geblieben  ist,  z.  B. 
I  4  (11,  10 H.);  I  72;  73  (fy^  H.);  IH  ?>0  (188,  1  ff.)  u.  a.  m. 

iUi*iii.  Mus.  f.  Piniol.  N.  F.  XLIX.  1'-^ 


178  Riess 

• 

ται,  ώσπερ  oibi  ν€κρός  κατατίθεται.  Darüber  brancht  man 
kein  Wort  zu  verlieren.  In  Wahrheit  beruht  die  Ausdenta 
ohne  Zweifel  auf  dem  Glauben  an  die  '  echatzhtttenden  Todtei 
auf  den  schon  Lobeck  ^  aufmerksam  gemacht  hat.  um  den  Schi 
zu  heben,  mnss  man  eben  ins  Todtenreich.  Auch  den  erst 
Theil  möchte  ich  auf  diesen  Glauben  beziehen.  Freilich  ste 
Gold  ganz  allgemein  in  Beziehung  zum  Tode  überhaupt  (Benndo: 
Antike  Gesichtshelme  und  Sepulcralmasken ;  Denkschr.  der  Wie 
Akad.  XXVII  368).  A.  selbst  sagt  I  77  (71,  26),  dem  Krank 
bedeute  der  Traum,  er  trüge  einen  Goldkranz,  den  Tod:  χλωρ< 
T€  γάρ  ό  χρυσός  και  βαρύς  και  ψυχρός  και  bia  τοοτο  θανάι 
προ(Τ€ίκασται  ^.  Aber  diese  Begründung  ist  gewiss  sekundS 
wie  man  leicht  einsieht,  wenn  man  an  die  Goldkränze  denkt,  d 
80  viele  Leichen  im  Alterthum  getragen  haben.  Und  schliessli« 
wird  überhaupt  die  sepulkrale  Bedeutsamkeit  des  Goldes  auf  d 
Vorstellung  zurückgehen,  dass  die  Schätze  der  Erde  den  Unte 
irdischen  gehören.  Denn  auch  der  Traum,  in  Silber  oder  Enpf 
verwandelt  zu  werden,  bedeutet  für  einen  Kranken  den  Tod(I5< 
47,  17fr.  H.). 

I  5  (13,  3  H.).  *£in  Armer,  der  träumt,  er  werde  vo 
Blitz  getroffen,  wird  reich  werden*.  Diese  Deutung,  die  von  d« 
sonstigen  Wirkungen  des  Blitzschlags  (II  9 ;  92,  27  ff.  H. ;  v^ 
Pauly-Wissowa  I^,  42,  44  ff.;  E.  Eohde,  Psyche  132,  4)  ziei 
lieh  weit  abliegt,  aber  ausdrücklich  als  Lehre  der  πάνυ  πάλαι 
bezeichnet  wird,  dürfte  auch  gut  volksthümlich  sein.  Wenigste! 
scheint  mir  auf  ganz  verwandten  Glauben  hinzuweisen,  wei 
Plutarch  (quaest.  nat.  4)  berichtet,  dass  Gewitterregen  für  b 
fruchtender  gelte,  als  anderer,  und  wenn  wir  bei  Athenaios  (XI 
649 f— 650  a;  Murr,  Pflanzenwelt  70)  lesen,  dass  der  Blitz,  d 
in  ein  Grab  bei  Kyzikos  fuhr,  dort  den  Baum  κόνναρος  erzeuj 
habe,  der  zweimal  jährlich  Früchte  trug.  —  Dass  ein  Reiche 
der  denselben  Traum  hat,  arm  wird,  ist  gewiss  nur  eine  künc 
lieh  ausgedachte  Antithese. 


1  Aglaophamus  632°»;  vgl.  auch  E.  Rohde,  Psyche  226,  1;  B.C. 
III  227,  No.  21. 

2  Die  todbringende  Bedeutung  von  Gold   (und  Purpur)    geht 
weit,   dass  schon  der  Traum,   er   bekleide  ein  Amt,  zu   dessen  Trac 
sie  gehören,  einem  Kranken  den  Tod  verkündet  (II  30 ;  126,  28ff.  H.) 
Golden  ist  auch  der  Zweig  des  Aeneas   beim  descensus  Averni    (Vei 
Aon.  Λ^Ι  VM  und  Sorvius  dazu). 


Volksthümliches  bei  Artemidoros.  179 

I  21  (23^  10 ff.  H.).     ^Träumt  man,    daee    einem  die  rechte 
Kopfseite  kahl  wird,  so  verliert  man  die  männlichen  Verwandten ; 
^e  weiblichen  aber,  wenn  es  die  linke  Seite  ist*.  .  Dazu  stellen 
^ch  I  26  (28,  8 ff.  H.),   wo  das  rechte  Auge  als  Sohn,   Bruder, 
Vater,    das  linke  als  Tochter,    Schwester,    Mutter    erklärt    wird, 
X  31  (31,  10  ff.  H.),  wo  die  rechte  Zahnreihe  Männer,  die  linke 
Planen  bedeutet  und  I  42  (40,    10  ff.  H.).     Hier    wird    als    eine 
Ίταλαιά  οιαίρε<Τΐς  berichtet,  dass  die  rechte  Hand  auf  die  männ- 
lichen, die  linke  auf  die  weiblichen  Verwandten  gehe.     Herr  H. 
ÜBtwj  hat  (Rhein.  Mus.  XLVIII  398)  diese  Bezüge  auf  jüdische 
Traumdeutung  zurückführen  wollen.     Mit    eben  so  vielem  Recht 
liStte  er  z.  B.  Aegypten  herbeiziehen  können,  wo  das  rechte  Auge 
die  Sonne,  das  linke    den  Mond    bedeutet  (Wiedemann,    Religion 
^  alten  Aegypter  160).     Und  so  Hessen  sich  der  Parallelen  noch 
viel  mehr  auch  aus  neuem  Aberglauben  beibringen,  woraus  aber 
^Imd  nur  folgen  würde,  was  der  einzig  richtige  Schluss  ist,  dass 
^^ir  es  Dämlich  mit  einer  so  ziemlich  allen  Völkern  gemeinsamen 
Vorstellung  zu  thun  haben.      Für  die    Griechen  vergleiche  man, 
"^as  bei  Pauly- Wieso wa  1^  83,  60  ff.  bemerkt  worden  ist. 

I  50  (46,  10 ;  48,  9  ff.  H.).  "  Sieht  sich  Jemand  im  Traum 
^n  übermenschlicher  Grösse,  so  wird  er  sterben.  Ebenso  geht 
^s,  wenn  ein  Kranker  träumt,  er  besässe  übermenschliche  Schön• 
l^eit'.  Hier  kann  man  an  die  Vorstellung  denken,  dass  alles 
^V'idematürliche  unheilvoll  wirkt,  vor  allem  das  υπέρμ€τρον. 
A.l)er  näher  liegt  Folgendes.  Gespenster  erscheinen  in  Übermensch- 
Ucher  Grösse ;  vgl.  die  Beschreibung  des  Hekatephasmas  bei  Lu- 
ganos Philopseudes  22  und  Roschers  Lex.  Myth.  I  2471,  28  ff. 
Und  die  ήρω€ς  dachte  man  sich  wohl  auch  als  von  einer  über- 
"■iiensehlichen  Schönheit  (Servius  z.  Aen.  VI  49). 

1  56  (54,  16  H.).     ^Zu  träumen,  dass  man  auf  einem  Zwei- 
ter Viergespann  fahre,  weissagt  einem  Kranken  den  Tod'.   Einen 
^nmd  dafür  gibt  A.  nicht  an;    es  war  also   entweder  zu  seiner 
^t  die  Vorstellung  noch  lebendig,  die  den  Anlass  zur  Deutung 
(eboten  hat,    oder   aber  sie  war   spurlos  verschollen.      Aber  im 
iteiten  Jahrhundert   nach  Christus    wurde   in   Griechenland    die 
Leiche  länget  nicht  mehr  gefahren,  und  auch  in  Rom  war  dieser 
Brauch  selten  geworden  (Marquardt,  Privatleben  I  355).     Dage- 
gen   ist    in    der    Kulturepoche    der    sogenannten     Dipylonvasen 
gerade  das  Fahren  der  Leiche  von  der  grössten  Bedeutung.    Auf 
den  zahlreichen  Gefässen  mit  dem  Bilde  eines  Leichenzuges  pflegt 
der  vierrädrige  Wagen,  auf  dem  die  hohe  Kline  mit  dem  Körper 


180  Riese 

des  Todten  eteht,  den  Mitfelpankt  der  Daretellung  zu  bilden. 
desB  naoh  dieser  Periode  gehen  die  Beispiele  plötzlioh  ans. 
sind  ans  späterer  Zeit  nur  das  Terrakottarelief  (Rajet,  Η 
ments  pl.  75)  und  eine  mit  diesem  auffallend  übereinstimm« 
sf.  Yase  (ebenda  Text),  sowie  ein  sf.  attischer  Pinaz  in  '. 
lin  bekannt  (Furtwängler  1814).  Auch  ans  der  römis< 
Sitte,  die  imagines  der  Ahnen  auf  Wagen  der  Leiche  vora 
fahren^,  kann  die  Ausdeutung  des  Traumes  bei  A.  nicht  a 
leitet  sein.  So  müssen  wir  darin  wohl  eine  Reminiscenz  an 
früh  abgekommene  griechische  Sitte  sehen.  Wir  können  ; 
dabei  nicht  stehen  bleiben.  Aus  Artemidoros,  so  scheint 
wenigstens,  lässt  sich  erst  erklären,  warum  überhaupt  die  Le 
gefahren  wurde.  Der  Todte  hat  den  Wagen  nöthig,  um  auf 
die  weite  Reise  ins  Reich  der  Geister  machen  zu  können.  I 
neben  dem  Glauben  an  die  unmittelbare  Nachbarschaft  der  To 
unter  der  Erde  gab  es  ja  auch  seit  langem  die  Vorstellung,  • 
ihr  Reich  an  der  äussersten  Grenze  der  οΙκουμένη  läge, 
wie  zur  Bestätigung  lesen  wir  im  gleichen  Kapitel  bei  A.  (5 
H.) :  bxa  bk  τής  έρημου  αρμα  dXauvetv  παντί  δήπουθβν  τώ  ib 
θάνατον  ούκ  εΙς  μακράν  έσόμ€νον  προαγορεύει.  Also  di 
eine  Wüste,  eine  einsame,  menschenleere  Gegend,  ging  die  Β 
zum  Hades.  Solche  Reise  sehen  wir  auf  etruskischen  Monume 
dargestellt  z.  B.  Micali  Storia  Taf.  65.  Und  so  hätte  u 
Grieche  am  Ende  seine  Weisheit  sich  bei  den  Etruskem  gel 
auf  seinen  grossen  Reisen,  die  er  zur  Erkundung  der  Trä 
unternommen  hat?  Diesen  verlockenden  Schluss  zu  mac 
hindert  hauptsächlich,  dass  wir  von  der  etruskischen  Traumi 
terei  nichts  wissen.  Wie  alle  Völker,  werden  auch  sie  an  Trä 
geglaubt  und  sie  ausgelegt  haben.  Aber  hier  dürfen  wir  mit  die 
hypothetischen  χ  nicht  operiren.  Ferner  aber:  dass  diese  ^ 
Stellung  auf  griechischem  Boden  gewachsen  ist,  zeigt  die  J 
logie  der  neugriechischen  Charonlegenden.  Charon  ist  hier 
Reiter,  der  die  Todten  zu  Pferde  in  sein  fernes  Reich  sohle 
ein  sicher  antiker  Glaube,  der  nicht  durch  gelehrte  Tradition 
halten  sein  kann^.     Und   schliesslich  darf  man  wohl  auch    t 


t  üeber  die  Bedeutung  dieser  Prozession  vgl.  Marquardt,  Pr 
leben  I  353,  G;  Beondorf,  Gesichtshelmc  a.  a.  0.  374 f.;  F.  Liebr 
zur  Volkskunde  370  No.  17. 

-  Uober  die  hierher  gehörendon  Vorstellungen    vom  Hades- J 


Vulksthümliclics  bei  Artemidoros.  1K1 

^€8  Widerspruclie,  der  in  Eoechere  Lexikoo  (I  1785,  7  f.)  dage- 
gen erhoben  worden  iet,  den  "Άιδης  κλυτόπωλος  hieher  beziehen. 

I  60  (56,  15  H.).  *Wer  träumt,  er  ringe  mit  einem  Un- 
bekannten, der  wird  krank  werden':  δττερ  γαρ  ό  παλακττής  βού- 
λ<ται  τόν  άντίπαλον  btaOeivat,  τούτο  και  ή  νόσος  τόν  κάμνοντα, 
τ«υτ'  ίση  τή  γή  boövat.  So  albern  diese  Begründung  ist,  so 
liegt  in  ihr  doch  ein  wahrer  Kern.  Wir  haben  ee  mit  einer 
Personifikation  der  als  Dämon  gefaesten  Krankheit  zu  thun,  wie 
in  dem  Bilde  eines  späten  Amuletts:  Bevue  des  it  gr.  IY287ff. 
XJeblicher  noch  war  es  die  Krankheit  als  fressendes  Thier  zu 
fassen:  Liebrecht,  z.  Volkskunde  347  No.  12;  Bienkowski,  £ra• 
QCB  Vindob.  295  ff.  und  so  lesen  wir  bei  Artemidoros  II  54 
(152,  22  H.),  dass  der  Kampf  mit  wilden  Thieren  in  der  Arena 
bedeutet,  der  Träumende  werde  krank  werden :  ύ)ς  γάρ  ύττό  θη- 
ρίου, οΰτιυ  και  ύπό  νόσου  φθ€ίρονται  αϊ  σάρκες.  So  auch  II  12 
(102,  15  Η.):  λ^ων  <άπ€ΐλών>  νόσον  μαντεύεται  und  IV  56 
(236,  3 ff.):  τά  δγρια  θηρία  προς  νόσον  <λάμβαν€>.  ώσπερ  μέν 
Τώρ  τά  θηρία  βλάπτει  τους  ανθρώπους,  οίίτω  και  αΐ  νόσοι. 
Vergleiche  auch  Usener,  de  carmine  Iliadis  quodam  Phocaico  33  ff. 

I  60  (56,  26  H.).  '  Wer  im  Traume  mit  einem  Todten  ringt, 
^ird  krank  werden  oder  mit  den  Erben  des  Todten  in  Streit 
^crathen*.  Sehen  wir  von  der  durchsichtigen  Symbolik  des  zwei- 
ten Theils  ab,  so  haben  wir  im  ersten  die  weit  verbreitete  volks- 
^hftmliche  Anschauung,  dass  der  Schlag  der  Gespenster  krank  ^ 
»»lacht  (Lobeck,  Aglaoph.  637 f.,  E.  Rohde,  Psyche  225,  4). 


*»-  8.W.  hat  besonders  Dilthey  gehaadelt;  zuletzt  Arch.  Zeit.  1874,  81  ff. 
^ei  ihm  aber  und,  so  weit  ich  sehe,  auch  in  alleu  anderen  Behand- 
lungen dieses  Themas  fehlt  die  Stelle  Aisch.  Agam.  1235  Weil,  die 
»^^ch  seit  Lobeck  (zum  Aias  352)  als  verderbt  gilt.  Hier  nennt 
^assindra  die  Klytaimestra  θύουααν  "Αιδου  μητέρα.  Es  leuchtet  ohne 
Weiteres  ein,  wie  eng  sich  die  Vorstellung  von  der  *  in  der  wilden  Jagd 
^•brenden'  (Dilthey  a.  a.  0.  91)  Todesmutter  an  den  Hades- Jäger  an• 
^^estt.  Schon  das  sollte  die  Stelle  gesichert  haben.  Zum  Ueberfluss 
tftt  es  neugriechisch  eine  Mutter  des  Charos  (Schmidt,  Märchen  159  Ü\). 
^k  lebendig  muss  im  5.  Jahrhundert  der  Glaube  noch  gewesen  sein, 
^enn  die  einfache  Bezeichnung  dem  Dichter  genügt  hat!  —  Chtbonische 
^Qge  an  Kl.  siehe  auch  bei  0.  Crusius,  Klyt.  inErsch  u.  Gruber  253, 11. 
^  Diese  Krankheit  heisst  davon  *  Schlaganfair  άπόπληζις;  siehe 
nletzt  Babiok  de  deisidaemonia.  diss.  Lips.  1891,  23.  Nur  kehrt  er  in 
eigenthümlichem  Missverständniss  die  Sache  um.  Natürlich  ist  das 
Unprfinglidie  die  körperliche  Auffassung  des  Schlags.    So  ist  es  denn 


182  Riese 

Ι  70  (64,  9  Η.)*  'Wer  träumt,  er  esse  das  Eleisch  ein 
ihm  weder  bekannten  noch  verwandten  Menschen,  dem  bedeal 
das  τό  μέγιστον  καΐ  υπερβολή  αγαθόν  τρόπον  γάρ  τίνα  ο\  & 
θρωποι,  δταν  ώφελώνται  παρ^  αλλήλων,  έσθίουσιν  αλλήλους  (22 
Trotz  dieser  anedrücklichen  Angabe  Α. 'β  ist  mir  ganz  nnzweif• 
haft,  daee  wir  hier  einen  letzten  Nachklang  von  ursprünglich« 
Eannibalismas  haben.  Es  ist  ja  durch  viele  Beispiele  von  so| 
nannten  ^  Wilden^  bekannt,  wie  weit  verbreitet  der  Glaube  i 
man  könne  sich  die  geistigen  und  körperlichen  Kräfte  einee  Hc 
sehen  zu  eigen  machen,  indem  man  sein  Fleisch  oder  einen  l 
stimmten  Körper theil  von  ihm  geniesst.  Gerade  deshalb  wi 
auch  der  Kannibalismus  mit  Vorliebe  an  den  Leichen  erschlag 
ner  Feinde  geübt  und  kommt  deshalb  auch  da  vor,  wo  sonst  d 
Genuss  von  Menschenileisch  verabscheut  wird  (Chamisso,  Bei 
um  die  Welt,  zweiter  Theil  S.  394  der  Ausgabe  des  Biblioj 
Inst.)^.  Für  Griechenland  hat  erst  jüngst  Bohde  Spuren  c 
Kannibalismus  in  der  Sitte  des  μα(Τχαλΐ(Τμός  nachgewiesen  (Psyc 
253,  1)^.  Noch  deutlicher  zeigt  sich  dieser,  wenn  Tydeus  st( 
bend  das  Gehirn  seines  getödteten  Feindes  Melanippos  schlü 
(Bethe,  Theban.  Heldenlieder  62). 

I  74  (67, 12ff.H.).  Λύχνος  (σημαίν€ΐ>τόν  τής  οικίας  αρχον 
και  τό  πνεύμα  του  Ιδόντος  ή  5ιά  τό  έπιβλέπειν  τα  €vbov  ή  5ιά  τό  < 
από(Τβ€(Ττον.  Der  zweite  Theil  der  Erklärung  deutet  schon  an,  di 
wir  unter  dem  πνεύμα  den  Lebenshauch  zu  verstehen  haben.  Leio! 
wie  die  Lampe,  erlischt  auch  des  Menschen  Leben.  Noch  deutlicl 
spricht  sich  das  II  9  (96,  15  ff.  Ή.)  aus,  wo  A.  nach  'Phemono 
berichtet,  ein  hell  brennendes  Licht  bringe  dem  Kranken  Gei 
sung,    ein  dunkles  verkünde  seinen  Tod.      So    hätten    wir    hi 


durchaus  nicht  *facete  dictum',  wenn  in  Aristophanes'  Vögeln  14ίΚ 
der  Chor  sagt:  wer  Nachts  dem  Heros  Orestes  begegnete,  γυμνός 
πληγείς  ύττ*  αύτοΟ  πάντα  τάπιδ^Ηια.  Man  denke  nur  an  die  sehr  hai 
greitlichen  Prügelstriemen,  die  Trimalchios  Mitknecht  von  dem  Kan 
mit  den  Strigen  davonträgt  (Petron.  63).  Gerade  die  genaue  Ueberc 
Stimmung  macht  den  Witz  um  so  beissender.  Vgl.  auch  £.  Roh 
Psyche  376,  1. 

^  Die  gleiche  Anschauung  bei  Thierfleisch:  der  Genuss  eines 
geborenen  Häschens  stellt  die  verlorene  Fruchtbarkeit  wieder  her  (P 
N.  H.  XXVIII  248). 

^  Rohdes  Frage,  ob  die  abgeschnittenen  Glieder  gegen  des  £rm 
deten  Seele  apotropäisoh  wirken  sollen,  ist  zu  bejahen;  vgl.  die  San 
lung  von  H.  Gaidoz:    les  docorations   in  der  Melusine  Bd.  III — VI. 


Yolksthümliches  bei  Artemidoros.  lrt.1 

ik^  zwar  meines  Wieeens   einzig  durch  A.  bezeugt,   die  uns  so 
S^läafige  Vorstellung  vom  Lebenslicht.      Granz    fehlt  es  aber  an 
Spuren  dieses  Grlaubens  auch  sonst  im  Alterthum  nicht.     Bei  Ge- 
ic^nheit  des  Kandelabers  von  Cortona    bringt    Micali    (Monum. 
ned.  testo  p.  79)  eine  testamentarische  Verfügung  aus  dem  Corpus 
Jitrie  bei,    wonach  Skltf^en   freigelassen  werden,    wenn  sie  einen 
Siooat  um  den  andern  am  Grabmal  ihres  Herrn  lucemam  aocen- 
dant  et  sollemnia  mortis  peragant.     So  habe  denn  auch  der  Kan- 
delaber ursprünglich  gehangen  'dal  sommo  della  volta  forse  uel 
^v^eetibolo  ο  in  altra  stanza  interiore  del  sepolcro*.     £benso  fand 
eich   im    Volumniergrabmal    zu   Perusia    eine   kleine  Thonlampe 
*  preeisamente  nel  mezzo  all'  archivolto  deir  ingresso  .     Auch  in 
der  esquilinisohen  Nekropole    fanden    sich  Lampen    in   grosserer 
Zahl,    die  vermuthlich  auf  den  kleinen  ebendort  gefundenen  Al- 
tSithen  gestanden  haben  (Drossel  in  den  Annali  dell'  Inst.  1879, 
2θ4).    Femer  scheint  es  nach  den  Ausführungen  von  Ersilia  Cae- 
tani-Lovatelli  (Bull.  comm.  XIX  245  ff.),  als  habe  man  dem  Ge- 
xiids  mit  Vorliebe  gerade  Lampen  geweiht^.     Wie  lebendig  aber 
Wenigstens  in  hellenistischer  Zeit  der  Geniusglaube  auch  in  Grie- 
<2]ienland  gewesen  ist,  lehrt  besser  als  alle  litterarischen  Zeugnisse 
^ine  bschrift  des  3.  oder  2.  Jahrhunderts  aus  Halikarnassos  (Brit. 
^08.  Inscr.  IV  1  Ko.  896),  wo  auf  Befehl  des  Apollon  Telmesseus 
^in  gewisser  Poseidonios  einen  Geschlechtskultus  stiftet,    in  dem 
2eQ8  Patroos,  Apollon  Telmesseus,  die  Moiren,  die  Göttermutter 
^Uid  der  'Αγαθός  Δαίμων  des  Stifters  und  seiner  Mutter  Gorgis 
Verehrt  werden  sollen.     Seit  dem  8.  Jahrhundert  finden  sich  Lam- 
pen in  Gräbern  und  besonders  auf  der  ustrina  auf  dem  kürzlich 


*h»  man  berechtigt  ist,  das  Erschlagen  des  Feindes  im  Krieg  dem 
^ord  gleich  zu  setzen,  beweist  auch  die  Zusammeustellung  des  Mord- 
^iiene  und  der  hasta  velitaris  bei  Plin.  N.  H.  XXVIII  33  und  34.  Vgl. 
Liebrecht  z.  Volkskunde  321  No.  66. 

^  Die  von  Garrucd  (Bull.  d.  Inst.  1860,  70)  veröfifentlichte  Lampe 
^  Müseo  Kircheriano  darf  nicht  dafür  heraDgezogen  werden.  Denn 
*ie  Herr  Dressel  Herrn  v.  Domaszewski,  dem  ich  für  seine  Vermittlung 
^oen  Dank  sage,  gütigst  mitgetheilt  hat,  steht  dort:  Helenas  suom 
*Mifit  d(i8)  inferis  und  so  weiter.  Ferner  am  Schluss  nicht  ligamus, 
indem  fecimus.  Der  seltene  Fall  einer  deüxio  auf  einem  Thongefäss 
^  sich  ganz  neuerdings  auch  in  den  Rhcinlanden  gezeigt,  s.  Westd. 
Koneepondenzblatt  1893,  Okt.  no.  105. 


184  UioBs 

aufgegrabenen  attiechen  Friedhof   nach    Brückners    und  Pemieei 
Beobachtung  (Mitth.  a.  Ath.  ΧΛ^ΊΙ!  82;  159). 

I  74  (67,  15  Η.).  Τρίπους  και  εστία  ^σημαίνουσι^ 
βίον  και  την  δλην  κατάστασιν  και  τήν  γυναίκα  του  ΙΜντος. 
βτι  άν  ούν  πάθη  ό  τρίπους  t\  ή  εστία,  €ΐς  ταύτα  τήν  βλάβηι 
άνακτέον.  τράπε^Ια  bk  τρίποδος  ούόέν  διαφέρει  obbk  δλλο  iw 
σκεύος,  ψ  τις  έπιδειπνεΐ.  Für  die  religiöse  Heiligung  de•  Her- 
des im  antiken  Hause,  auf  der  diese  Deutung  ja  offenbar  beraht* 
Zeugnisse  beizubringen,  ist  wohl  nicht  nöthig.  Der  τρίπους  isP 
hier  so  eng  mit  dem  Herd  verbunden,  weil  er  als  Koohtopfetin- 
der  seinen  festen  Platz  über  dem  Herd  hatte,  wie  noch  heute  i^^  -ΰ 
niederdeutschen  Bauernhäusern  der  Kessel  ständig  an  einer  grossec^K  ^λ 
Kette  über  dem  offenen  Herdfeuer  in  der  Diele  hängt.  Das•  dec^Kaa 
Herd  die  τράπ€2[α  gleichsteht,  weil  man  nämlich  nrsprttngliot^C^  ^ 
eben  das  Mahl  selbst  am  Herd  verzehrte,  ist  auch  bekannt,  ebeni 
wie  man  auch  den  dreiftissigen  ^  Grapen  ^  durch  eine  ttbergel 
Platte  zum  Fsstisch  machte  (Blümner  bei  Baumeister  I  462). 
Und  so  ist  es  gewiss  kein  Zufall,  dass  die  griechischen  Speii 
tische  drei  Füsse  hatten,  trotz  einer  viereckigen  Tischplatte^. 
Die  Worte  την  δλην  κατάστασιν  erklären  sich  vorzüglicli 
die  Anekdote  bei  Herod.  VIII  13"  f.  (Vgl.  Leföbure,  Ηέΐαβίηι 
V  147;  Phemonoe  bei  Artemidor  II  9  (96,  7  H.)).  Zu  erklären. 
bleibt  endlich  wohl  noch  der  Bezug  des  Herdes  auf  die  Frav.. 
An  einer  andern  Stelle  (II  10;  98,  9  f.  H.)  sagt  A.  selbst,  der 
Vergleich  sei  begründet  bia  τό  όέχεσθαι  τά  προς  τον  βίον  βδ- 
χρηστα.  Wir  erinnern  uns  an  die  Bedeutung,  die  der  Herd  bei 
der  Hochzeit  (z.  B.  Wachsmuth,  das  alte  Griechenland  im  neuen 
02/93)  hat.  Dass  in  der  Deutung  Artemidors  nicht  ein  künst- 
lich konstruirter  Bezug,  sondern  ein  echt  volksthümlicher  Glaube 
vorliegt,  wird  anfs  willkommenste  dadurch  bestätigt,  dass  in  Epi- 
ros  heute  der  Platz,  wo  Herd  und  Backofen  stehen,  mit  demsel- 
ben Namen  genannt  wird,  wie  die  Mutter  (μάννα:  Contis,  Μέΐη- 
sine  IV  122,   1). 

I    81    (82,   18  ff.  H.).      Der    Traum,    er   schlafe   in    einem 


^  Blümner  bei  Baumeister  III  hSlSb  meint,  dreifüssige  Tische 
ständen  auch  bei  unebenem  Fussboden  fest.  Aber  dann  müssten  doch 
wohl  die  Füsse,  was  unmöglich  ist,  verschiedene  Lange  haben.  So 
wird  man  mit  ihm  (Arch.  Zeit.  1S84,  28<))  darauf  verzichten,  den  (prak- 
tischen) Zweck  anzufi^oben.  Es  wird  eben  heiliger  Brauch  g^ewe- 
sen  sein. 


VolkethuTn liebes  hei  Artoniidorue.  185 


Μ       BeiJjgthome,    yerktiodigt    dem  Kranken,    daes   er  genesen,    dem 

■       ficranden, '  da98  er  krank  werde.     A.  erklärt:    ό  μέν   γάρ  ανά- 

Ι       Ταυλαν    ?Ε€ΐ    τής   νόσου   bia   τό   τους   καθβύοοντας  μή  άντι- 

\      λ€:ιμβάν€σθαι  πόνων,  ό  V  έπ*  Ιατρείαν  θ€αιν  κατελεύσεται.   Hier 

eicht  man  deutlich,  wie  eich  zwei  Schichten  der  Aaedentung  über 

eintoder  gelagert   haben.      Denn    der  allein  richtige  Grund  der 

X^cntungy    nämlich,    daas  der  Traum   die  Inkubationeheilung  vor- 

^>iaeMgt,  bat  sich  nur  im  zweiten  Theil  der  Erklärung   gehalten, 

^^ikrend  der  erste  Theil  naturwieeenechaftlich-rationalistisch,  aber 

natürlich  ganz  verkehrt  ist. 

ibid.  (82,  22 ff.  H.).    'Wer  träumt,  dass  er  έν  μνήμασι,  έν 
'Ζ'οφοις,  έν  obifi  schlafe,  der  stirbt,  wenn  er  krank  ist;  wenn  ein 
«sunder  so  träumt,   bedeutet    es    ihm  άπραίία.     δπρακτοι  γάρ 
τοιαΟται  btatpißal  καΐ  τά  χωρία*.     Auch  hier  haben  wir  es 
it  einem  bekannten  Volksglauben  zu  thun.      Denn    an  Gräbern 
treiben  die  Gespenster  derTodten  ihr  Wesen,  wesbalb  man  schwei- 
S^nd   daran  vorüberging,    um    sie  nicht  aufzuschreien  (£.  Kobde, 
Pejche  223,  1).     Und  so  gab  es  denn    auch    ein    pythagorisches 
^'νίμβολον,  man  solle  nicht  auf  Gräbern  schlafen  (Mullach  F.  Ph. 
<i.  1510,  17). 

II  7  (91,  Iff.  H.).    'Träumt  ein  Kranker,    er  sehe  sich  im 
Spiegel,   so  wird  er  sterben:    γήϊνον   γάρ    έστι   τό  κάτοπτρον, 
Οοϊας  δν  ή  πεποιημένον  ύλης.    Wer  sich  träumend  im  Spiegel 
^titellt  sieht,  der  wird  erkranken.     Wer  träumt,    dass    er   sich 
Jfe  Wasser  spiegle,  wird  sterben  oder  doch  einen  seiner  nächsten 
Verwandten  durch  den  Tod  verlieren '.     A's.  oben  ausgeschriebene 
frklärung  sieht  mehr  nach  einem  schlechten  Witz,  als  nach  einer 
tmnt  gemeinten  Begründung  aus.      Er  oder  der  Mann,    dem    er 
•eine  Weisheit  verdankt,    hatten    eben    den  wahren  Grund  ver- 
g«Men  und  halfen  sieh,  so  gut  es  ging.     Zum  Glück  hat  sich  die 
χα  Grande  liegende  Vorstellung    noch   heute    lebendig    erhalten. 
Denn  man  wird  fascinirt,  wenn  man  in  einen  Spiegel  sieht.     Ich 
kADD   dafür  auf  die  zahlreichen  Belege    verweinen,   die   J.  Tuch- 
Mionn  in  seiner  Arbeit  über  die  Fascination  beigebracht  hat  (Me- 
laeine  y54ff.).     So  ist  der  Glaube  auch  heute  noch  in  Griechen- 
land  in  voller  Kraft  (55,  2).     Auch  in  Böhmen  meint  man,  durch 
Bespiegeln  verschlechtere  sich  eine  Krankheit   (56,  1).     Von  der 
verderblichen  Wirkung  endlich    des   sich  im  Wasser  Bespiegeins 
enäblte  auch  ein  griechisches   Gedicht:    καλαι   μέν    ποτ*   έσαν, 
καλατ  φόβαι  COreXiboo '  |  αλλ'  αυτόν  βάσκαινεν  Ιδών  όλοφώίος 
αινηρ  Ι  bivq  έν  ποταμψ*  τόν  b'  αύτίκα  νοΟσος  άεικής  . . .  (Plut. 


18G  KicBs 

quaeet.  conv.  V  7,  4).      Hierher  wird    dann    auch   das  pythag 
rieche  σύμβολον  (Mallach  F.  Ph.  G.  I  506,  29)  irapa  λύχνον 
έΟοπτρχΙοΌ  zu  ziehen  sein. 

II  10  (96,  24  H.).  '  Glaubt  man  im  Tranm  zu  sehen,  i 
das  Haue  oder  ein  Theil  davon  oder  sonst  ein  G^rätk  in  ein« 
hellen  nnd  doch  nicht  verzehrenden  Feuer  steht,  so  bedeutet 
Glück'  (vgl.  auch  den  Traum  V  47;  262,  22  H.).  Ebenso  gizs 
es  Tiberius  im  Exil  zu  Rhodos:  pridie  quam  de  reditu  eerta.« 
üeret,  veetimenta  mutanti  tunioa  ardere  visa  est  (Suet.  Tib.  l^ 
Man  kann  daran  denken,  dass  die  Götter  den  Menschen  in  kUr^: 
Feuerglanz  erscheinen :  in  prece  totus  eram ;  caelestia  numina  sezmi 
laetaque  purparea  luce  refulsit  humus  sagt  Ovidius  (fast.  VI  251  £-] 
Näher  liegt  es  vielleicht  noch,  sich  der  reinigenden  Wirkung  dl^ 
Feuers  zu  erinnern,  wie  sie  sich  an  Demophon  (hymn.  Cer.  23^ 
und  im  Feuersprung  an  den  Palilien  (Ovid.  fast  IV  725  ff.)  aift' 
spricht. 

Wenn  im  selben  Kapitel•  (98,  3  H.)  brennende  Bäume  ^ 
verschiedener  Weise  auf  die  Hausgenossen  gedeutet  werden,  ^ 
ist  es  sicher  erlaubt  an  die  bekannte,  auch  im  Alterthum  vei^ 
breitete  Yorstellung  vom  Lebensbaum  zu  denken  (Mannhardt 
Feld-  und  Waldkulte  II  23  ff.).     • 

II  12  (105,  25  H.).  *  Träumt  Jemand,  er  höre  ein  Thief 
sprechen,  so  bedeutet  das  Glück,  besonders,  wenn  es  etwas  eSqpn* 
μον  και  ήδύ  sagt.  Was  es  aber  auch  sprechen  möge  τΐάντοΗ 
αληθή  λέγει'.  Dasselbe  wiederholt  Α.  II  69  (162,  9  Η.):  τΛ 
άλογα  εψα  πάντως  αληθή  λέγει,  bia  το  μη  είναι  έν  μεθόδψ  λόγου• 
So  plausibel  dieser  ethische  Grund  klingt,  so  falsch  ist  er.  Wir 
haben  einen  weit  verbreiteten,  uralten  Glauben  vor  uns.  Per 
naive  Mensch  schreibt  dem  Thier  eine  Seele  zu,  so  gut  wie  sick 
selbst.  Und  da  das  Thier  mit  seinen  schärferen  Sinnen  Gefabreß 
schon  wittert,  ehe  der  Mensch  sie  erspäht,  so  ist  seine  Seele  def 
menschlichen  nicht  nur  verwandt,  sondern  begabter  als  sie  uH" 
daher  im  Stande,  die  Wahrheit  im  Voraus  zu  erkennen.  Ist  hierin* 
der  Glaube  an  die  Thieraugurien  zum  guten  Theil  gegründet,  ^ 
nnden  wir  auch  bei  verschiedenen  Völkern  die  Meinung,  dae• 
wenigstens  zu  einer  bestimmten,  besonders  geheiligten  Zeit  da* 
Vieh  wieder  mit  menschlicher  Stimme  begabt  werde  und  die 
Zukunft  vorhersage.  So  z.  B.  in  Deutschland  in  der  Neujahre* 
oder  Weihnachtsnacht  (Wuttke,  Volksaberglaube  ^  §§15,  16;  vgl. 
Liebrecht,  z.  Volkskunde  366).  Aus  dem  Alterthum  gehöres 
hieher  die  redenden  Rosse  Achills;    denn    dass   sie   die  Sprache 


Yolkathümliches  bei  Artemidoros.  187 

^htr  angenbliokliobeii  Gabe  der  Hera  verdanken,  zeigt  nnr,  wie 

^iii  flieh  Homer  über  den  Yolksaberglauben  erhoben  hat  (IL  XIX 

^7).    Ueberhanpt  kannte  ja   der    alte  Aberglauben  sowohl    die 

l^k'ersprache,  wie  die  Mittel,  ihr  Veretändnies  zu  erlangen.    Da- 

wiechen  und  zwischen  dem  deutschen  Aberglauben   besteht  aber 

ollimbar  nur  ein  Gradunterschied. 

II  13  (106,  7  ff.  H.).     Wenn  hier  der   im  Traum  gesehene 
bpaxiisv  Keichthum  und  Schätze  bedeutet,  h\ä  τό  έττΐ  θησαυρούς 
Lbfnkcreai,  so  darf  man  darin  getrost  einen  letzten  Rest  des  von 
O.  Crusius  (Verhandlg.  d.  40.  Philologenvers.  44,  3)  nachgewie- 
icnen  Märchens  erkennen.      Doch    kann    die  Deutung    am    £nde 
auch   geradeswegs    vom  Glauben    an    die    schatzhiitenden  unter- 
irdischen abgeleitet  sein  (oben  S.  1 78),  aus  dem  im  letzten  Grund 
aveh  das  Märchen  geflossen  ist.     Denn    auch    der  Traumdeutung 
war  natürlich  der  Bezug  der  Schlange    auf  den  Todten  lebendig 
geblieben;  vgl.  IV  79  (248,  14  H.):  δράκοντες  o\  μέν  εΙς  άνδρας 
μεταβάλλοντες  ήρωας  σημαίνουσιν,  ο\  hi  εις  γυναίκας  ηρωίδας. 
II  13   (107,  1  Η.).      'Wenn    eine  Schwangere   träumt,    sie 
verberge  irgend  ein  θηρίον  έρπετόν  im  Busen,  διαφθερεΐ  και  ου 
διασώσει   τό  ίμβρυον\     Auch    dies    ist    dem  Yolksaberglauben 
entnommen.     Flinius  (N.  H.  XXX128)  erzählt,  dass  eine  Schwan- 
S^e  abortiren  müsse,  wenn  sie  über  eine  Viper  oder  amphisbaena 
Schritten  sei.     Zwar  A.  redet  nur  von  einem  beliebigen  Beptil, 
tber  es  ist  doch  kc^um  zufallig,  dass  diese  Traumdeutung  bei  ihm 
^r  dem  Abschnitt  ασπίδες  και  ίχιδναι  steht. 

Π  16  (110, 13  Η.).  Von  einem  Delphin  zu  träumen,  bringt 
eiüek.  Denn  wohin  er  schwimmt,  dorthin  wird  der  Wind  wehen. 
0«ber  diesen  Traum  hat  das  Nöthige  schon  Keller,  Thiere  d. 
Uu8.  Alterthums  218  bemerkt.  Vgl.  auch  Hopf,  Thierorakel  87. 
II  17  (110,  21  H.).  Λάροι,  αϊθυιαι  und  überhaupt  alle 
Seevögel,  im  Traum  gesehen,  τους  πλ^οντας  εις  ίσχατον  άγουσι 
•ivbuvov,  άλλ'  ουκ  άπολλύουσι.  Es  ist  das  derselbe  Glaube, 
den  noch  heute  die  Matrosen  an  bestimmte  Vögel  der  hohen  See 
topfen,  die  sog.  mother  Carey's  chicken.  Vergleiche  Keller, 
».a.  0.  262;  Hopf  179 f. 

II  36  (137,  15  ff.  H.).     *Von    einem  Stern schnuppenfall  zu 

f  Hamen    bringt  Unglück    und    weissagt    den   Tod    vieler  Leute. 

m  zwar  bedeuten  die  hellen  Sternschnuppen,  dass  grosse  Männer, 

&  dunkleren,  dass  gewöhnliche  Menschen  sterben  werden'.   Die 

fleiehe  Ausdeutung  kehrt  V  23  (258,  4  ff.  H.)  wieder,  aber  etwas 

erweitert    Da  träumt  einem  Sklaven,  ein  Stern  falle  vom  Himmel, 


IWi  Riese 

ein  anderer  aber  steige  von    der  £rde    zum  Himmel   auf. 
Herr  stirbt,    er  aber  bleibt  Sklave  des  Sohnes,   obgleich    er  € 


^  Zu  dem  dort  Bemerkten  lässt  sich  hinzufügen,   dass  nach  O^^ 
divin.  I  Τδ  anscheinend  auch  ganze  Staaten    ihren  Lebensstern  geha-^^ 
haben,  wie  es  ja  auch  einen  genius  civitatis  gab  (griechisch  Τύχη).  ^^ 
Zu  dem,    was   ebendort  von  dem  Glauben  an  die  Göttlichkeit  der  Gr^ 
stirne  gesagt  worden  ist,  vgl.  was  ich  bei  Pauly-Wiesowa  I  2  s.  Attf^ 
lügie    ausgeführt   habe.     Zu    der  Anekdote   von  König  Philijjpos  u»d 
dem  Schützen  Aster  bietet  nicht  nur  deutscher  Aberglaube  die  nöthige 
Krklärung.    Mit  dem  Finger  auf  die  Sterne  zu  zeigen  verbot  auch  ein 
pythagorisches  σύμβολον  (Mullach  F.  Ph.  G.  I  510,  29). 

-  In  Norwegen  wurde  über  die  Viehställc  hinweg  geschossen,  wenn 
das  Vieh  krank  war  (Liobrecht  a.  a.  0.  319  No.  53).  —  In  demselben 
Lande  findet  sich  auch  eine  höchst  auffallende  Parallele  zu  Plin.  N.  Ε 


wartet  hatte,  freigelassen  zu  werden:  6  μέν  oOv  iT€(niiv  acTT^i^ 
έσήμαιν€  τόν  άποθανούμενον,  ό  h\  €ΐς  ουρανόν  avcXOuiv  τ — ^ 
έποψόμενον  και  όεσπόσοντα  αύτου.  Für  die  Yolkathfimlichk  ^ek\ 
des  Glaubens,  aus  dem  diese  Deutung  erwacheen  ist,  daas  nä^ 
lieh  Sternschnuppen  den  Tod  eines  Menschen  bedeuten,  und  di 
jeder  Mensch  seinen  Stern  hat,  der  mit  seiner  Grebnrt  glei^:^ 
zeitig  aufgeht,  sich  in  seinem  Lichtglanz  nach  dem  Glfiok  dei 
Menschen  richtet  und  erlischt,  wenn  er  stirbt,  kann  ioh  auf  die 
Stellen  verweisen,  die  ich  in  Panly  -Wissowas  Realenoyolopae^lie 
11,  41,  28  ff.  citirt  habe^ 

11  64  deutet  Artemidoros  verschiedene  Arten  des  TrauDti^ 
aus,  dass  man  zu  fliegen  glaubt.  Darunter  ist  einiges  für  uni^>* 
Absichten  nicht  ohne  Interesse.  159,  7 ff.  H.  heisst  es:  τό  ireft 
τους  κεράμους  ϊτττασθαι  και  τάς  οΙκίας  κα\  τά  δμ(ρο}>α  άκοχο* 
στασίας  της  ψυχής  και  ταραχάς  μαντευ€ται.  Die  Deutuxif 
scheint  sehr  nahe  zu  liegen,  besonders  uns  Modernen,  die  wir  9Λ 
das  Bild  vom  Umflattern  der  Sorgen  und  ähnliches  gewöhnt  aiii^ 
Trotzdem  bin  ich  geneigt,  auch  hier  einen  religiös-superatitieeeB 
Grund  anzunehmen.  Nicht  nur  die  Sorgen  umflattern  das  HaiMi 
sondern  auch  die  viel  realeren  bösen  Geister  als  ünglücksvö^^' 
und  Strigen,  an  den  Todtenfesten  Attikas  und  Roms  auch  die  Gr«* 
spenster  der  Verstorbenen  (E.  Rohde,  Psyche^  2 18  f.  vgL  Griii»™ 
Mythologie,  Anhang  No.  120;  160).  Von  besonderem  Nutzen 
aber  für  die  Erklärung  unseres  Traumes  scheint  mir  eine  E^li" 
niusstelle  zu  sein.  Wenn  eine  Frau,  so  erzählt  er,  in  schwer^^ 
Kindesnöthen  war,  so  nahm  man  eine  Mordwaffe  und  schoss  e^• 
übers  Dach  weg  (N.  H.  XXVIII  38;  34)^.     Den  Dämon,  der  Ji« 


Volksthümlichee  bei  Artemidoros.  189 

ätbindung  hinderte,  dachte  man  eiob  also  offenbar  auf  dem  Dach 
itzend  oder  darüber  schwebend.  Wie  die  Seele  des  Sterbenden 
arch  das  Dach  entweicht,  aber  auch  als  Gespenst  durch  dessen 
'effnang  wieder  zurtickkehren  kann,  hat  Liebrecht  ausgeführt  (z. 
blksk.  572). 

159,  16  H.  Ίπτασθαι  μετά  όρνέων  σημαίνει  μετά  άνθρώ- 
iw  αλλοεθνών  και  Ηνων  όναστραφήσεσθαι.  Dieser  Ausdeu- 
Bg  liegt  zu  Grunde  die  alte  volksthtimliche  Gleichsetzung  der 
irbarensprache  mit  der  ebenso  unverständlichen  Sprache  der 
5gel,    wofür  es  genügen  mag,    auf  Aisch.  Agam.  1050  f.  Weil. 

verweisen.  Der  Bezug  der  Yögel  auf  fremde  Völker  findet 
ih  auch  in  dem  V  74  (268,  20  ff.  H.)  erzählten  Traum. 

160,  23  H.  *'Οιπυς  δν  πίτηται  νοσών  άνθριυπος  τεθνή- 
ταΓ  φασί  γάρ  τάς  ψυχάς  άτταλλαγείσας  τών  σωμάτων  εΙς 
rv  ούρανόν  άνιέναι  τάχει  χρωμίνας  ύττερβάλλοντι  καΐ  ώς  εΐ- 
■ΐν  πτηνών  όμοιας.  Der  Glaube,  dass  die  Seele  des  Sterbenden 
cht  zum  Hades  hinabgeht,  sondern  sich  εΙς  αιθέρα  empor- 
hwingt,  war  in  Griechenland  sehr  verbreitet,  wie  das  eine  Reihe 
m  Grabschrifien  in  Eaibels  Epigram mata  ausspricht  (vgl.  Lehre, 
>p.  Aufs. 2  339 ff.;  £.  Rohde,  Psyche  227, 1).  Auch  das  Fliegen, 
mherflattem  an  sich  ist  eine  Thätigkeit,  in  der  uns  die  Seelen 
>r  allem  auf  attischen  Lekythen  begegnen  (E.  Rohde,  Psyche 
!3,  3 ;  4).     Aber  der  Schwerpunkt  der  Begründung  scheint  mir 

dem  Vergleich  mit  den  Vögeln  zu  liegen.  Wäre  es  auch  sonst 
bekannt,  so  müssten  wir  aus  unserer  Stelle  allein  schon  folgern, 
BS  man  sich  die  Seele  im  Moment  des  Todes  als  Vogel  davon 
Bgend  dachte.  Dazu  träte  unterstützend  die  Analogie  deutschen 
iaubens  (Litteratur  bei  Laistner,  Nebelsagen  52).  Doch,  meine 
b,  gibt  es  auch  für  das  griechische  Alterthum  unzweideutige 
iugnisse  ältester  Zeit.  Τετριγυΐα  entschwebt  die  Seele  des  Pa- 
oklos  der  Umarmung  ihres  Freundes  (II.  XXIII  101),  und 
)eD8o  läset  der  Dichter  der  zweiten  νέκυια    die  Seelen    der  er- 

IX  129.  Dort  wird  erzählt,  dass  der  Stock,  mit  dem  man  einer 
dilaoffe  einen  Frosch  aus  dem  Maul  geschlagen  hat,  bei  schweren 
tttbindungen  hilft.  Bei  Liebrecht  a.  a.  0.  333  No.  178  wird  ganz 
bliches  ans  Norwegen  erzählt.  Nur  hat  dort  nicht  der  Stock,  sondern 
tr  Mensch  die  Heilkraft  erlanget.  Dagegen  stimmt  genau  zu  Plin., 
it  L•  weiter  naob  Bartsch  aus  einem  deutschen  Ms.  des  16./ 17.  Jhdts. 
richtet.  Die  Stellen  stimmen  zu  genau  zu  einander.  Man  wird  an 
B,  auch  sonst  im  Aberglauben  mächtige,  gelehrte  Tradition  denken 
Qssen. 


190  Kiese 

sohlageuen  Freier  τρι^Ιουσας  dem  Hermee  ψυχοπομπός  ii  des 
Hades  folgen.  Das  heisst  nicht  etwa  '  mit  halber  Stimme ,  wie 
E.  Eohde,  Psyche  10  erklärt,  sondern  vielmehr  'switechernd 
wie  ein  VogeP.  Und  dies  stridere,  das  den  Seelen  mit  den  Vö- 
geln gemein  ist,  kennzeichnet  auch  die  striges,  die  man  sich  ili 
Vögel  dachte  (Pauly-Wissowa  I^  93,  40  ff.).  Dase  diese  Vor• 
etellnng  auch  griechisch  ist,  würde  allein  der  griecbiidM 
Zaubereprach  gegen  die  Strigen  bei  Festus  beweisen.  Eodlieh 
darf  man  auch  an  den  Adler  der  Kaiserapotheoeen  in  Rom  e^ 
innern. 

III  13  (174,  1  H.).  'Sie)}t  sich  ein  Kranker  imTraamali 
Gott,  so  wird  er  sterben:  αθάνατοι  γαρ  o\  άποθανόντβς,  öttl 
μηκέτι  τ€θνήΗονται\  Auch  hier  haben  wir  in  der  Begründang 
wieder  zwei  Schichten  über  einander.  Denn  der  erste  Theil  eD^ 
hält  den  wirklichen  Grund  für  die  Deutung,  während  der  fweiti 
eine  überaus  läppische  Zuthat  ist. 

III  28  (179,  25  H.).  'Das  Wiesel  im  Traum  gesehen,  be- 
deutet γυναίκα  πανοΟργον  καΐ  κακότροπον.  καΐ  θάνατον,  ίη 
γαρ  &ν  λάβη,  τοΟτο  αήπει  \  Die  todbringende  Bedeutung  dei 
Wiesele  geht  auf  seinen  üblen  Angang  (Schwarz  a.  a.  0.  42.  0. 
Crusius,  Rhein.  Mus.  XLII  417).  Die  erste  Deutung  dagegei 
hängt  eng  zusammen  mit  dem  von  Crusius  (Verhandl.  d.  40.?^" 
lologenvers.  35,  3),  Rohde  (Rhein.  Mus.  XLIII  303),  Zielindi 
(ibid.  XLIV  157)  besprochenen  Märchen  von  der  Wieselhochxeit• 
Unsere  Stelle,  so  scheint  mir,  erhebt  zur  Gewissheit,  was  Zie* 
linski  nur  als  Yermuthung  aussprechen  konnte,  dass  nämlich  auek 


im  Alterthum,  wie  im  Neugriechischen,  das  Wiesel  auch  den  Nt 
men  Frau  öder  Braut  geführt  hat.  Sonst  hätte  Artemidoros  fliek 
kaum  mit  den  kurzen  Worten :  γαλή  σημαίνει  γυναίκα  begnüget 
können. 

III  48  (187,  7if.  Ή.).     'Träumt  man,  dass  man  Jemand  mit 
Steinen  wirft,    so  bedeutet    das,   dass   man  ihn   verlästern  wird. 


^  Wie  Fledermäuse:  Od.  XXIV  G.  Aber  da  ist  gewiss  das  flie- 
gende Säugethier  noch  nicht  von  den  Vögeln  unterschieden.  So  nodi 
Arteraid.  111  65  (194,  3  ff.  H.):  γλαύΕ  .  .  νυκτ€ρ1ς  καΐ  €ί  τι  άλλον  νυκτ€• 
ρινόν  öpv€Ov.  Auch  hier  ist  die  Deutung  volkstbtimlichem  Glauben 
entlehnt;  s.  Schwarz,  Celler  Progr.  1888,  Hopf,  a.  a.  0.  —  F.  Kranes 
zwar  übersetzt  lustig  νυκτ€ρ{ς  mit '  Schleiereule  \  aber  dass  die  lebende 
Junge  gebiert  (194,  8  H.)  ist  seine  und  nicht  Artcmidors  xoologische 
AVeisluiit. 


Yolkeihuinlichee  bei  Artemidoro».  191 

W  man  selber  geworfen,  eo  wird  man  verl&stert.  έο{κα(Τΐ  γάρ 
λίθοι  λόγοις  όπρ€πέ<Τΐ  κα\  μαχίμοις'.  'Wenn  zwischen  zwei 
eooden  anf  der  Strasse  ein  Stein  hindurch  geworfen  worden 
erzahlt  Α ngnstinusy  ^so  glaubte  man,  es  entzweite  sie*  (dootr. 
ist.  II  20,  31).  Mit  Steinen  zu  werfen,  galt  aber  überhaupt 
Ausdruck  der  Schmähung,  wie  die  nengrieohische  Sitte  zeigt, 
ir  die  Conze,  Philologus  XIX  166  berichtet  und  die  Liebrecht 
ktig  auf  ibren  religiösen  Ursprung  zurückgeführt  hat  (z. 
Iksk.  282  f.).  Vergl.  auch  jüngst  Beruh.  Schmidt,  Jahrb.  f. 
Joi.  1893,  569  ff. 

Besonderes  Interesse  verdient  III  66  (194,  16  H.),  wo  es 
Mt,  dass  ein  ώρολόγιον  συμπΐπτον  ή  κατασσόμ€νον  πονηρόν 
όλέθριον  sei,  μάλιστα  bk  τοις  νοσοΟσι^.  Wir  sehen  hier, 
!  auch  in  verhältnissmässig  später  Zeit  sich  ein  Aberglaube 
ι  hat  bilden  können.  Denn  wir  haben  hier  zweifellos  genau 
idbe  Vorstellung,  natürlich  den  veränderten  Umständen  ange* 
st,  die  sich  bei  uns  in  der  Bedensart  von  der  abgelaufenen 
>ensuhr  ausgeprägt  hat.  Als  französische  Sitte  führt  Liebrecht 
a.  0.  350)  an,  dass  man  beim  Tode  eines  Menschen  die  Uhr 
illt «. 

IV  19  (211, 15  ff.  H.).  Τα  παρ'  ήλικίαν  τοις  βρ^φεσι  γι- 
ΐ€να  . . .  πάντα  κακό  πλην  λαλιάς '  ...  τα  £λλα  .  . .  θάνατον 
Aaiv€i,  δτι  εγγύς  έστι  τοΟ  γήριυς,  μεθ'  δ  πάντως  ακολουθεί 
^τος '  λαλιά  hi  αγαθή,  δτι  φύσει  λογικόν  Ιψόν  έστχν  ό  άν- 
ιίπος.  Dass  es  Unglück  bringt,  wenn  Kinder  etwas  an  sich 
)en  oder  thun,  was  über  ihre  Jahre  binausgeht,  ist  ein  ganz 
gemeiner  Aberglaube  (vgl.  Seneca  rhet.  controv.  I  22;  Otto, 
riehwörter  375,  1917),  der  auf  die  Vorstellung  vom  Wider- 
ürlichen  zurückgeht.  So  sagt  denn  A.  auch  allgemein  τά  παρ' 
κίαν  μοχθηρά  πάντα  πλην  όλίγιυν  (Ι  16;  20,  19  Η.)•  Auf- 
lend  ist  aber,  dass  es  gut  sein  soll,  wenn  die  Kinder  früh 
echen.  Denn  wenigstens  in  Born  glaubte  man,  dass  solche 
ider  spät  gehen  lernten  (Plin.  N.  H.  X  270).  Auch  findet  sich 
A.  selbst  eine  Bemerkung,  die  beweist,  dass  nicht  allgemein 
λαλιά  παΐοός  für  glücklich  galt.  Unmittelbar  anschliessend 
unsere  Stelle  erzählt  er  nämlich,  einem  Vater  habe  geträumt, 


^  £bendort  heisst  es:  besser  ist  es,  wenn  im  Traum  die  Uhr  die 
ide  vor  Mittag  zeigt,  als  umgekehrt.    Vgl.  dazu  £.  Bohde,  Psyche 
2. 
^  Derselbe  Glaube  noch  heute  in  dorilmgobiing  Hamburgs  oft  geübt. 


192  Riese 

dasB  sein  erst  5  Monate  altes  Kind  artikulirt  gesprochen  bitto: 
κα\  προσ€Οόκ(υν  μέν  τίνες  το  παι5(ον  όποθαν€ΪΜαι.  Wir  liabei 
schon  mehrfach  gesehen,  dass  vom  Märchen  Ffiden  auch  in  die 
Traumdeutung  hinüberführen.  So  möchte  ich  denn  vermnthα^ 
ohne  freilich  den  strikten  Beweis  führen  zu  könneny  dass  ei  ηώ 
hier  um  einen  Rest  jener  Erzählungen  handelt,  die  H.  Grttdoi 
und  Andere  unter  dem  Titel  L'enfant  qui  parle  avant  d*dtre  ύ 
in  der  Melusine  IV— Λ'^Ι  zusammengestellt  haben,  und  wo  eben 
auch  nicht  nur  der  Foetus,  sondern  auch  das  unmündige  Kai 
spricht. 

IV  24  (217,  2  H.).  Dass  die  Traumerscheinung  einer  altoi 
Frau  einem  Kranken  den  Tod  verkündet,  wird  zwar  von  Arte• 
midoros  künstlich  mit  der  Ισοψηφία  von  "χραύς  und  ή  έκφορέ 
begründet  (beide  Wörter  haben  den  Zahlen werth  704),  sowie  ni 
der  Erwägung,  die  γραΟς  sei  μέλλουσα  μή  εΙς  μακρόν  άιη^ 
θνήσκειν.  IndeRS  liegt  der  wahre  Grund  offenbar  in  denselb« 
Vorstellungen,  die  den  'Angang'  der  alten  Frau  zu  einem  Ver- 
derben bringenden  gemacht  haben;  vgl.  J.  Tuohmann,  Melasine 
Υ  300  ff. 

IV  82  (250,  6 ff.  H.).     'Was  man  den  Todten    mitzugeben 
pflegt,    solche  Dinge    im  Traume    einem  Verstorbenen    zu  geben 
oder  von  ihm  zu  bekommen  ist  nicht  gut.     Denn  es  bedeutet  den 
Tod  des  Träumers  oder  eines  seiner  Verwandten.     Andere  Secbeo 
einem  Todten  zu  geben,  ist  ebenfalls  schlimm,  dagegen  bringt  es 
Glück,  sie  von  ihm  zu  bekommen,   am    meisten  Nahrung,  Geld» 
Gerätb,  Kleider  .     Die  beiden  Deutungen,  die  hier  nebeneinander 
stehen,  scheinen  gar  nicht  zusammen   zu  passen.      Und    doch  i^ 
der  Widerspruch  nur  scheinbar.     Natürlich  bringt  es  Unglück  ιβ 
bekommen,  was  zu  einem  Todten  gehört,  vor  allem  seine  Speise. 
Denn  wer  von  dieser  isst,   ist    den  Unterirdischen    verfallen  (t 
Eohde,  Psyche  221,  1).      Ebenso    darf    man  im  deutschen  Aber 
glauben  nichts  zurückhalten,  was  bei  einer  Leiche  gebraucht  wor 
den  ist.     Es  muss  alles  mit  in  den  Sarg  (Grimm,  Mythol.  Anhang 
546;  700.    Wuttke,  Volksabergl.  ^  §  378;  §  383).     Was  aber  dtt 
Geben  sülcher  Sachen  im  Traume    anlangt,    so   bringt   dies   den 
Tod  nach  dem  sehr  natürlichen  Gedankengang,  dass,  wer  im  Traun 
den  Todten  ausstattet,  es  sehr  bald  auch  in  Wahrheit  thun  wird. 
Heisst  es  nun  aber  weiter,  dass  es  Unglück  bringt  andere  Sachei 
einem  Todten  zu  geben,    so  findet    sich  auch  dazu  im  deutsche! 
Glauben  eine  schlagende  Parallele.     Man  verkauft    sich   nämlicl 
den  Unterirdischen,  wenn  man  den  Todten  eignen  Besitz  mit  ins 


Volksthümlicbes  bei  Artemidoros.  193 

bb  gibt  and  dieser  Glaube  hat  einerseits  zu  bedenklichen  Bos- 
ntssanbereien  geführt  (Wnttke  a.  a.  0.  §  378),  auf  der  andern 
nte  za  manchem  Heilzauber  (ebenda  §  266),  indem  man  Dinge, 
6  dem  Kranken  gehören  oder  ihn  berührt  haben,  in  einem  Sarg 
tbegraben  läset.  Wenn  nun  umgekehrt  die  Gabe  der  Todten 
der  von  A.  angeführten  Beschränkung  Glück  bringt,  so  zeigt 
b  recht,  wie  tief  der  Glaube  an  ihre  Eigenschaft  als  Schatz - 
ter  gewurzelt  ist.  Bei  den  Speisen  wird  man  wohl  hauptsäch- 
h  an  Getreide  zu  denken  haben  (E.  Rohde,  Psyche  226,  1). 

Ich  will  die  Geduld  des  Lesers  nicht  länger  durch  Einzel- 
iten  ermüden.  Das  Resultat  unserer  TJebersicht  springt  in  die 
Igen.  In  ungeahntem  Masse  haben  sich  religiöse  Vorstellungen 
der  Wissenschaft  vom  leichten  Volk  der  Träume  erhalten,  die 
Ott  z.  Th.  yerschollen  sind.  Um  so  mehr  werden  wir  uns 
iten,  leichtfertig  Entlehnungen  ab  extremis  barbaris  anzunehmen. 

Hamburg.  £.  Riess. 


IIMID.  UuM.  t  PliÜol.  H.  V.  XLlt  13 


194  Norden 


Spracbliche  Beobachtungen  2η  Plantne. 


Daes  die  lateiniecbe  Litteratnr    ihren  besten  Commentar  in  , 
der  griechiechen  findet,   als  deren  bewnsste  Nachahmerin  sie  otf 
von  Anfang  an  entgegentritt,  ist  ein  Gesichtspunkt,  der  nns  hett* 
zatage  als  selbstverständlich  erscheint,  wenn  er  anch  keineswagi  ; 
bereits  allseitig  verfolgt  ist.     Wäre  die  griechische  Wissensohift 
nicht  so  früh  in  das  agreste  Latium  getragen  worden,  so  wurden 
wir  mehr  von  den  Versen  der  alten  Fauni  und  Vates  wissen,  voft 
jenen  uralten  nationalen  Gesängen,  welche  zum  Preise  dergrotfen 
Männer  der  Vorzeit  beim  Gelage  gesungen  wurden,  von  den  ts* 
conditi  versus    des  Landmanns  und   des  Soldaten.     Die  uns  p^ 
oder    theilweise    erhaltene    früheste  Litteratur  Borns    trägt  d^ 
Stempel  der  Greisenhaftigkeit  von  vornherein  auf  der  Stirn :  eine 
Entwicklung  von  innen    heraus  war    der  Lage    der  Dinge    oa^^ 
ausgeschlossen.     Auch  die  Geschichte  der  Wissenschaft   in  Bo0 
kennt,  wie  Madvig  bemerkt  (opüsc.  acad.  1834,  87  ff.)  kein  JfinT 
lingsalter:    bei    den  Griechen  erlebte    sie  ihre  Bltithe,    als  eine 
massenhafte  Litteratur  vorlag,    die    zu  sichten  und    zu  verstehen 
eine  noth wendige  Forderung  war,  wie  zuerst  Aristoteles  erkannte*» 
in  Eom  setzte  die  litterarhistorische  Forschung  ein  in  einem  Zeit' 
abschnitt,  der  von  den  ersten  schriftlichen  Aeusserungen  des  litte* 
rarischen  Lebens  nicht  sehr  fern  lag.     Von  den  Griechen  lernte» 
die  Römer   seit  Accius    auch,    was    wissenschaftliche   Forschung 
sei:  aber  mit  jenem  auf  dem  Gebiete  des  Geistes  unberechtigten 
Nationalgefühl,    welches    die  Signatur   des  ganzen  Zeitalters  der 
Eepublik  bildet,    glaubte    der  fertcs  victor    es  der  capta  Graeei$ 
überall  nachmachen    zu    müssen:    daher   jenes    verhängnissvoUe 
Parallelisiren  einer  auf  blosser  Construction  beruhenden  römischen 
Litteratur  mit  der  vorliegenden  griechischen,  was  in  Varro  seinei 
Höhepunkt  erreicht  und  so  bedenkliche  Früchte  gezeitigt  hat  wi( 
jenes    berühmte   Liviuscapitel    über    ein    prähistorisches    italisch 


Sprachliche  Beobachtangen  ζ«  Plautue.  195 

isches  Drama  mit  dem  Namen  Satura,  woran  man  noch  immer 
alt,  obwohl  Leo  mit  kürzen  Worten  die  ganze  Haltlosigkeit 
r  Hypothese  dargethan  hat.  So  bewegen  wir  nns  in  der 
ichen  Litteratur  von  Anfang  an  auf  einem  sehr  unsicheren 
n,  da  eine  methodische  Forschung,  wie  die  des  Aristophanee 
Lristarch  für  Accius  und  Yarro  bei  dem  besten  Willen  nicht 
ch  war,  trotzdem  aber  unternommen  wurde,  so  gut  es  eben 
1  wollte.     Es  wäre  ungerecht,    zu  verkennen,    wie  viel  wir 

die  Forschung  dieser  beiden  Männer  und  ihrer  Mitforscher 
it  haben,    nur  dürfen  wir    nicht  vergessen,   wie  vieles    bei 

auf  blosser  Combination  beruht,  die  sie  an  die  Stelle  der 
boctc  setzten,  auf  welcher  Aristoteles  und  die  Alexandriner 
in.  Das  läset  sich  an  nichts  so  klar  erkennen  wie  an  der 
lichte  unserer  Plautusüberlieferung.  Jenes  berühmte  Gellius- 
tl  (III  3)  lässt  uns  einen  Blick  thun  in  die  Werkstätte  der 
3ten  römischen  Philologen.  Die  Aufgabe,  die  ihnen  hier 
!lt  wurde,  war  freilich  gleich  die  schwierigste,  die  sich  den- 
ässt:  urkundliches  Material  war  so  gut  wie  gar  nicht  vor- 
n  und  doch  stand  die  Thatsache  fest,  dass  unter  der  unge- 
en  Masse  von  Stücken,  die  unter  Plautus'  Namen  gingen, 
grosse  Anzahl  von  falsa  seien;  das  ού  γνήαον,  welches  jene 
irten  hier  notirten,  bietet,  wie  man  aus  Bitschrs  Ausfüh- 
n  weiss,  keine  absolute  Garantie  für  die  Bichtigkeit  der 
se ;  uns  bleibt  aber  nichts  übrig,  als  uns  damit  zufrieden  zu 
,  dass  Yarro,  auch  hier,  wie  oft,  bloss  compilirend,  die  21 
e  deshalb  auswählte,  weil  sie  von  allen  früheren  Kritikern  als 
angesehen  waren.  Aber  in  einem  Punkte  können  wir  doch, 
ei  den  Griechen  über  die  Homerkritiker,  so  bei  den  Bömern 
die  Plautuskritiker  hinausgehen  mit  Hülfe  eines  Principe, 
ine  Errungenschaft  erst  unseres  Jahrhunderts  ist,  des  sprach- 
ichtlichen.  Dass  jede  Sprache  sich  in  einem  fortwährenden 
nde  der  Entwicklung  befindet,  hatten  freilich  schon  die  He- 
eer  erkannt,  und  dieser  Gesichtspunkt  blieb  für  das  ganze 
tbum  auch  massgebend  :  aber  es  gab  wenige  exacte 
matiker,  die  sich  von  ihm  nun  auch  in  der  Praxis  lei- 
iessen :  besonders  wirkte  die  allzu  starre  Bichtung  Ari- 
18  hier  nachtheilig.  Es  ist  möglich,  dass  es  auch  in  Bom 
matiker  gab,  welchen  die  Bichtigkeit  jenes  Princips  ein- 
tete:  von  Probus  ist  es  nach  dem,  was  Sueton  von  ihm 
itet  (de  gramm.  24)  sogar  sehr  wahrscheinlich:  leider  ist 
leine  Thätigkeit  für  uns  so  gut  wie  verschollen.     Yon  Yarro 


196  Norden 

wird  Όηβ  freilich  berichtet   (bei  Gellias    a.  a.  0.  §  3),    er  Ii^ebe 
sich  bei  seiner  Lectüre    der   unter  Plaatus  Namen   fiberliefiBK*^Q 
Stücke  (auBser  jenen  21,  deren  Echtheit  ihm  aus  dem  oben  aim  JS^ 
führten  Grrunde  feststand)  leiten  lassen  von  einem  gewissen   ^Dt 
fühl  deesen,  was  plautinisches  Latein  sei:  adductus  fUo  atque    ^a• 
cetia  sermoni^  PlatUo  congruentis;    ob   er   darüber   in   den  ^*1dI 
Büchern  seiner  qtAoesiiones  Plautinae  sich  auseprach,  wissen    ^^ 
nicht:  jedenfalls  war  es  ein  subjectives  Princip,   welches    sn     im- 
bewiesenen,  darum  aber  mit  um  so  grösserem  Selbstbewnsstscia 
vorgetragenen  Urtheilen  führen  musste,  wie  zu  jenem  berüoh'^^ 
ten:  hie  versus  Plauti  est,   hie  non  est.    Hier  ist  der  Pnnkt,    wo 
die    moderne  Forschung   einsetzen  muss:    die  Untersuchung    dei 
Sprachgebrauchs  ist  das  einzige  Mittel,    in    das  Chaos  Licht    «i 
bringen:  man  hat  es  mit  £rfolg  angewendet  bei  den  nichtvarro- 
nischen  Stücken  ^,  aber  für  die  Ausscheidung  des  Unechten  iDDe^ 
halb  der   uns   erhaltenen  fabulae  Varromanae^   ist    noch   weni; 
geschehen.     Und  doch    ist    dies  grade   hier    der  sicherste  Weg, 
vorausgesetzt,  dass  er  mit  Vorsicht  betreten  wird :  denn  dase  ia 
diesen  Fragen    stets    die   änsserste  Vorsicht  geboten    ist,   weiM 
Jeder,  der  sprachliche  Untersuchungen  dieser  Art  angestellt  hst^ 
es  ist  selten,  dass  sie  allein  ausschlaggebend  sind,  nur  im  Ver^* 
mit  anderen  Argumenten  oder  aber  wenn    sie  in   geh&ufler  ZaU 
auf  kurzem  Kaum  sich  zusammendrängen,  haben  sie  Beweiskr*^   \ 
Es  ist  klar,  dass  für  derartige  Untersuchungen  lexicalische  Vo^' 
arbeiten  dringend  nöthig  sind,    um  so  mehr,    wenn    es   sich    OJ^ 
einen  Schriftsteller   wie  Plautns  handelt,    dessen  Sprachgebraucb 
sowohl  infolge   des   äusseren  Umfangs   des  Erhaltenen  als  a0<^ 
infolge  des  beständigen  Flusses,  in  dem  die  Sprache  damals  τϊοΛ 
begriffen  war,  für  den  Einzelnen  schwer  zu  übersehen  ist:    ds» 
man  sich  auf  den  Naudet'schen  Index   nicht  verlassen  darf,    iit 
bekannt.     Wie  die  Untersuchung  anzugreifen    ist,    hat  vor  allen 
Langen  in  seinen  ^Kritischen  Beiträgen'  gezeigt.     Ich  werde  im 


^  Vgl.  Winter,  Plauti  fabul.  deperd.  fragmenta  p.  3:  den  Vera 
der  Lenones  gemini:  dolet  huic  puello  sese  venum  dueier  hat  Piautas 
schwerlich  schreiben  können,  da  er  dölere  sonst  nur  mit  quod  oder  quia 
construirt.  Ebd. :  in  dem  Vers  der  Trigemini:  nisi  fugissem  in  medium, 
credo,  praemorsisset  ist  nach  den  Nachweisen  bei  Langen,  Krit.  Beitr. 
p.  222  diese  Bedeutung  von  medium  unplautinisch.  Femer:  Cormeula 
fr.  I  g[uid  cessamus  ludos  facere  ?  cireus  noster  ecce  adestt  wo  der  Sprach- 
gebrauch des  Plautus  axum  erfordert  hätte  (cf.  Langen  a.  a.  O.   p.  4). 


Spraohlichü  Bcubacbtuiigeii  zu  Plautus.      *  197 

;  Folgeoden  νβτβαοΐιβη,  darzulegen,  wie  wichtig  rein  eprachliche 
^baehtungen  aach  für  die  höhere  Kritik  werden  können,  die 
Μ  bei  Plautne  bekanntlich  mit  den  Prologen  und  Dittographien 
<i  thnn  hat. 

1. 

Dass  in  dem  grossen  Canticnm,    welches    die    zweite  Soene 
des  Pseudolus  nmfasst,   viele  Dittographieen  sich  finden,    ist  eine 
Aititehende  Thatsache.     Besonders  klar   ist    es    bei  Vers  210  ff. 
Der  Knppler  Ballio  redet  eine  seiner  meretrices  an: 
XMüis,  fac  ut  anmum  advortas,  quoius  amaloros  olivi  210 

Dunamin  dorn  habend  maxumam: 

8i  mihi  non  iam  huc  cuUeis 

Oleum  departcUum  ert^, 
Te  ipsam  cuUeo  ego  cras  faeiam  ut  deportere  in  porgtUam. 
Ibi  iibiadeo  leetus  dabiiur^  übt  tu  ikau  somnium  captas^  sed  übt  215 

üsgue  ad  languorem  —  teneSj 

Quo  se  haec  tendant  qwU  loquor. 
Ak,  exeeira  tu,  quae  tibi  ctmicos  tot  hohes  tarn  probe  oleo  onustos 
•^MH  quo^iamst  hodie  tua  tuorum  Opera  conservorum 
^ÜidiusctUum  capufi  aut  num  ipse  igo  pulmento  utar  magis  220 
Ünctiusculo?  sed  ecio  ego^  tu  oleum  hau  magni  pendis:  vino 
Tt  dSingis .  sine  modo :  rependam  ego  hSrcIe  cuncta  una  opera^ 

Nisi  guidem  tu  haec  om/nia 

Faeis  effecta  quae  loquor  \ 

Die  Verse  218 — 224  sind  von  Usener  (im  Greifswalder  Pro- 

^minm  1866)  nach  dem  Vorgang  Gnyets  verworfen  worden  ohne 

Hhere  Angabe  der  Gründe:  dass  sie  neben  210 — 217  unmöglich 

^d,  leuchtet  allerdings  auf  den  ersten  Blick  ein  (obwohl  Lorenz 

*Bf  Grund  einer  von  Ritschi  bloss  hingeworfenen  Vermuthung  die 

Verse  durch  Umstellungen  zu  halten  sucht,  wodurch  er  aber  zu 

beispiellosen  Aenderungen    gezwungen    wird).     Die    Hauptsache 

ist:  es  ist  undenkbar,  dass,  während  die  erste  meretrix  in  6  Ver- 

ten  angeredet  wird  (188 — 193),  die  zweite  in  ebenfalls  6  (196 — 

201),  die  vierte  in  5  (225 — 229),  auf  die  dritte,  selbst  wenn  man 

dieKurzverse  211—213  und  216—217.    222— 224  für  je  1  zählt, 

ia  Ganzen    11  Verse  kommen  sollten;    dazu    kommt,    dass   die 

Strafe,  die  der  leno  in  V.  218 — 224  androht,    geradezu  harmlos 


^  Die  Begründung  für  die  im  Text  gegebene  Abtheilung  der  Verse, 
üe  mich  hier  zu  weit  führen  würde,  werde  ich  an  einem  andern  Ort  geben. 


198  •  Norden 

ist  gegenüber  dem  in  V.  210 — 217  Aaegesproohenen;  auch  iitiii 
y.  210f.  quoius  awatores  olivi  dunamin  dorn  habent  maxmm 
nur  eine  matte  Wiederholung  V.  218  quae  tibi  amicos  tot  heiU» 
tarn  probe  oleo  onustos,  und  in  Y.  219  sind  die  conservi  ganznn- 
passend,  da  der  leno  nach  seinem  in  V.  178  ff.  aasgeeprocheneB 
Programm  nur  von  sich  reden  kann.  Kurz:  diese  Verse  sisd 
eine  sehr  plumpe  (mit  erborgten  Floskeln  aufgestützte:  nUidiMB' 
ctdum  aus  V.  774,  onustos  aus  Y.  198,  excetra  tu  aus  Cas.  644) 
Dittographie,  deren  Yeranlassung  nicht  zweifelhaft  sein  kanoi 
wenn  man  eine  meines  Wissens  nur  von  Bueoheler  (mündliek) 
vorgetragene  Ansicht  zu  Grunde  legt,  nach  welcher  sich  viele 
Dittographien  unseres  Plautustextes  herleiten  lassen  aus  eiDea 
Missempfinden,  welches  eine  spätere  Generation  vor  allzu  grosiei 
Obscoenitäten  zeigte. 

Wenn  wir  uns  nun  diese  Dittographie  auf  ihren  spraok- 
lichen  Ausdruck  ansehen,  so  fällt  zunächst  ins  Auge,  dass  eis 
Vers  wie  219 

num  quoipiamst  hodie  tua  tuorum  opera  conservorum 
kaum  von  Plautus  so  hätte  geschrieben  sein  können:  denn  <iie 
verschränkte  Wortstellung  wird  keineswegs  durch  die  an  eiei 
gefällige  Nebeneinanderstellung  von  tua  ^ttoricm  entschuldigt  ^  Voi 
grösserem  Interesse  ist  aber  ein  zweiter  Anstoss:  er  betrifft  die 
Worte  magis  ufictiusculo.  Derartiges  wird  registrirt  unter  der 
Kubrik  ^  doppelter  Comparativ'  und  als  eine  volksthümlich-pleo* 
nastische  Ausdrucke  weise  aufgefasst.  Aber  '  Pleonasmus  ist  ein 
todter  Begriff,  der  auf  die  lebendige  Sprache  nie  passt,  sondern 
künstlich  geschaffen  wurde  von  den  alten  Grammatikern,  denen 
das  psychologische  Element  der  Sprache  nie  zum  Bewusetsein 
gekommen  ist.  Es  ist  also  nichts  damit  gewonnen ,  wenn 
man,  obwohl  schon  Gottfried  Hermann  das  Gebiet  scharf  «m• 
grenzt  hat:  opusc.  I  222  ff.  (vgl.  auch  Bemhardy,  Wiss.  Sjo^ 
d.  gr.  Spr.  p.  44,  Ziemer,  Junggramm.  Streifz.  ^  p.  45  ff•)» 
eine  solche  Erscheinung  als  Pleonasmus  bezeichnet,  so  venif 
wie  sog.  '  doppelte  Negationen'  oder  Yerbindungen  wie  etioiff'' 
tßwque,    namque    enim,    sed   autem   Pleonasmen    sind;    die  «1^ 


*  Goetz  etollt  die  Worte  um,  womit  er  einen  trochaeischen  Rbyth* 
mus  gewinnt  wie  in  V.  218.  220.  221:  num  tuorum  conservorum  qwA' 
piamst  hodie  tua  opera,  ähnlich  Spongel :  num  tua  tuorum  quoipu» 
hodiest  opera  ωmervorum,  Aber  da  auch  fiir  V.  222  die  Hss.  unzwei* 
deutig  auf  iambischc  Messung  hinw^eisen,  trage  ich  kein  Bedenken,  ή< 
bei  diesem  Dichter  auch    zwischen    trüchäischea  Reihen   anzuerkennflO 


Sprachlichu  Beobachtungen  zu  Plautus.  199 

)  oder,  ^nte  grade  in  diesen  Dingen  ziemlich  auf  dasselbe 
ommt,  die  Sprache  des  Volkes,  ist,  wenngleich  sie  die 
isdmcksweise  liebt,  keineswegs  verschwenderisch  in  ihrem 
It  nnd  zahlt  nie  für  einen  nnd  denselben  Begriff  mit  doppel- 
ze, sondern,  wenn  man  nur  genauer  zusieht  und  die  starren 

der  Logik  oder  Grammatik  vor  der  psychologischen  Be- 
igsweise  zurücktreten  lässt,  so  erkennt  man  überall  sehr 
iancen  des  Gedankens,  der  nach  allen  seinen  verschiedenen 
gen  zu  Ende  gedacht  wird.  Darum  kann  von  einem 
ten  Comparativ'  so  wenig  die  Eede  sein  wie  von  einer 
ten  Negation  ,  in  einer  Zeit,  wo  der  Comparativ  noch  als 
Eitiv,   und    die  Negation  als  Negation    empfunden  wurde. 

Zeit  des  Plautus  müssen  wir  selbstverständlich  ein  leben- 
iwusstsein  des  Gradusunterschiedes  voraussetzen :  von  einer 
;hung  desselben,  die  eben  ein  Zeichen  des  Verfalls  ist, 
d  ihm  keine  Rede  sein.  Nur  fragt  sich,  ob  denn  diesen 
inen  Erwägungen  auch  die  einzelnen  Thatsachen  ent- 
Q.  Indem  ich  zunächst  von  dem  Pseudolusverse  absehe, 
;h  alle  Verse  zusammen,  in  welchen,  wie  man  zu  sagen 
magis  zur  Verstärkung  des  Comparativs  dient':  wir  werden 
läse  sich  dies  thatsächlich  nicht  so  verhält,  sondern  dass 
eben  dem  Comparativ  seinen  vollen  Werth  behält,  indem 
iomparativische  Idee  auf  einen  neuen  Begriff  weiterleitet, 
durch  seine  eigenthtimliche  Stellung  im  Satze  seine  Selbst- 
:eit  auch  äusserlich  zeigt  (ganz  wie  das  griechische  μάλλον 
mparativ,  worüber  cf.  Rehdantz,  Rhetor.  Ind.  zu  Demosth. ' 


Die  Beispiele  findet  man  ohne  Kritik  und  z.  Th.  nicht  ganz 
Heben,  wodurch  man  eich  die  richtige  Erkenntniss  dieser  Spracb- 
ing  verschloss,  bei  Holtze,  Synt.  priso.  II  p.  206  und  Brix  zu 
4,  sowie  in  einer  Hallenser  Dissertation  von  W.  Fraesdorff,  De 
livi  gradus  tisu  Plautino  {Hälis  1881)  p.  41.  Ein  paar  Beispiele 
uch:  Ott,  Doppelgradation  des  lat.  Adjectivs  und  Verwechs- 
Γ  Gradus  unter  einander  (Fleckeisens  Jahrb.  1875  p.  787  ff.) 
und  Wölfilin,  Lat.  und  romanische  Comparation  (Erlangen  1879) 
Vuch  Ziemer  a.  a.  0.  p.  107.  149  irrt  (in  seinem  Buch :  Vergl. 
r  idg.  Comparation,  Berlin  1884  übergeht  er  diese  Erscheinung), 
m  Citat  in  der  genannten  Schrift  Otts  (a.  a.  0.)  sehe  ich,  dass 
QU,  Mantissa  quaestionum  in  Arnobium  critiearum  (Rudolstadt 
11  in  zwei  Stellen  des  Amobius  das  magis  richtig  vom  Comparativ 
rie  es  auch  Holtze  an  ein  paar  Stellen,  aber  ohne  jede  Kritik, 
θ  Auffassung,  die  Ott  nicht  theilt  und  Wölfflin  nicht  einmal  erwähnt, 
ite  von  der  Klussmann'schen  Schrift  nicht  Einsicht  nehmen. 


200  Norden 

1)  Aul.  422         Ua  fusiibus   sum  molliar   \   moffis   qmam  Mms 

cmaeduSf 

wo  durob  die  Dibaerese  im  versne  Reizianus   die  SelbetSndigkeit 
des  tnagis  besondere  dentlicb  angezeigt  ist. 

2)  Capt.  643       certon?   —    quin  nihily  inquan^   invenies  magis 

hoc  certo  eerUus. 
8)  Bacob.  500  f.  inimiciorem  nunc  ufrum  credam  magis 

sodalemne  esse  an  Bacchidem,  incerium  admodumslt. 

4)  Men.  979        fiMgis  multo  potior  f acutus  egoverba,  verbera  odu 

5)  Poen.  211  ff.   negoti  sibi  qui  volet  vim  parare 

navem  et  mulierem  haec  stbi  duo  comparaio: 
nam  nullae  magis  res  duae  plus  negcii 
habent, 

6)  Poen.  460  f.    ego  faao  posthac  dei  deaeque  ceieri 

contenfiores  möge  erunt  atque  avidi  minus. 

In  allen  diesen  Fällen  ist  schon  durcb  die  blosae  Stellmig 
angezeigt,  dass  magis  niebt  unmittelbar  zum  Comparativ  gehört 
Unter  den  Beispielen  sind  gleichartig  1.  2.  4.,  wo  von  magis  ein 
neuer  Begriff  abhängt,  der  entweder  mit  quam  angefügt  ist  (1) 
oder  im  Ablativ  steht  (2.  4):  auf  derselben  Stufe  steht  auch  5, 
denn  zu  nuigis  ist  der  Begriff  ^his  duobus '  nothwendig  zu  er- 
gänzen. In  3  gehört  magis  klärlich  nicht  sowohl  zu  inimicioremy 
sondern  zu  den  folgenden  Begriffen,  die  lose  an  das  Vorherige 
angeknüpft  sind:  uter  nunc  inimicior?  sodalis  magis  an  Bacchis? 
In  6  ist  endlich  möge  offenbar  bloss  der  hier  sehr  wirksamen 
KespoDRion  mit  minus  zu  Liebe  gesetzt. 

Einige  weitere  Fälle  sind  genauer  zu  besprechen. 

7)  Stich.  480  ff.  (Zwiegespräch  zwischen  dem  Parasiten  Ge- 
lasimus  und  dem  •Epignomus) : 

E.  Videos,    Gr.  certumnest?    E.  certumst:  cenabo  domL 

G.  sed  quoniam  nil  processit,  at  ego  hoc  iero 
apertiore  magis  via,  Ha:  plane  loquar. 

In  den  beiden  letzten  Versen  wird  viel  geändert,  z.  B. 
Ritschi:  sed  quoniam  nil  processit,  igitur  adiero,  Goetz:  ^.  q,  m. 
processit  Jiact  ego  adiero,  andere  anders,  aber  es  braucht  nicht• 
geändert  zu  werden  (ausser  ioero,  was  ja  keine  Aenderung  ist^ 
da  dies  in  Plautushss.  mit  iero  beliebig  wechselt),  sondern  es  ist 
nach  processit  leicht  zu  interpungiren :  'aber  nachdem  es  mir  nun 
in  keiner  Weise  vorwärts  gegangen  ist,  so  will  ich  auf  einem 
Wege  gehen,  der  offener  ist  als  dieser;  so:  ich  werde  grade* 


Sprachliche  Beobachtungen  zu  Flau  tue.  201 

heraus  reden  (pUme^  offenbar  mit  der  nreprüDglichen  und  abge- 
leiteten Bedeutung  spielend)  ,  wobei  der  Gebrauch  von  (d  sein 
genaues  Analogon  findet  in  Capt.  683  f.  si  ego  hie  peribo^  ast  üle 
ut  dixit  non  redU,  \  at  erit  mi  hoc  factum  mortuo  memorabUe. 
Dieser  Fall  steht  also  auf  derselben  Stufe  wie  2.  4. 

Έβ  bleiben  jetzt  aber  noch  5  Stellen  übrig,  die  anders  ge- 
artet sind»  wie  sich  bei  mehreren  schon  gleich  äusserlich  durch 
die  veränderte  Stellung  von  ti/uigis  kundgibt,  und  bei  keiner  hängt 
ein  neuer  Begriff  von  magis  ab.  Von  diesen  beruhen  2  Stellen 
auf  blossen  Conjecturen,  die  schon  deshalb  abzuweisen  sind,  weil 
sie  dem  plautinisohen  Gebrauch  widersprechen: 

8)  Amph.  300f.  clare  οάυοτβηΜ/ίώηΙαοστ:  sk  ausctilteiquaeloquar; 

igifur  magis   demum   maiorem  in  sese  concipiet 

metum. 
Allein  die  Hss.  haben  im  zweiten  Vers :  igitur  magis  modum 
wtarem  statt  igitur  magis  demum  maiorem^  was  eine  Conjectur  von 
Acidalius  ist. 

9)  MiL  612  f.      sSd  volo  scire:    eodem  consilio,  quod  intiis  medi- 

tati  sumuSj 
gerimus   rem?    —   Magis  non  potestf    esse  ad 

remf  tUibile, 
wo  einige  versuchten,  den  Vers  so  zu  ändern:    magis  non  potest 
esse  aliud  ad  rem  utibüius. 

10)  Stich.  698  f.    Hier  haben  diePalatini: 

nimium  lepide  in  metUem  venu.    —    Potiusne  in 

subseUio 
Cunice  hie  accipimur  quam  in  lectis?    —    Immo 

enim  hie  magis  est  dulc  iusj 
aber  im  Ambrosianus  steht:  immo  enim  nimium  hie  dulcius^ 
was  Goetz  mit  Eecht  aufnimmt.  Wie  magis  hier  in  die  Palatini 
gekommen  ist,  scheint  leicht  begreiflich:  in  Α  ist,  wie  Goetz 
richtig  vermuthet,  dulciust  zu  schreiben;  die  Copula  war,  wie  sehr 
oft  in  unsem  Plautushandschriften  (besonders  wenn  sie  coalescirt) 
ausgelassen,  dann  in  der  palatinischen  Recension  übergeschrieben 
und  an  einer  falschen  Stelle  (wie  sehr  häufig  in  diesen  Ilse.)  in 
den  Text  gesetzt,  woraus  dann  sich  die  Nothwendigkeit  ergab, 
magis  für  nimium  zu  setzen,  damit  ein  Vers  herauskam. 

So  bleiben  noch  3  Stellen  übrig,  in  denen  auf  keine  Weise 
aie  Thatsache  einer  wirklichen  Doppelgradation  in  Abrede  gestellt 
werden  kann.     Darunter  sind   2  Verse,    die   ohnehin    wenigstens 


202  Norden 

verdächtig  sind,  weil  sie  in  Prologen  stehen,  und  einen  sehr  fadi 
Witz  enthalten: 

11)  Men.  prol.  54 f.  nam  nisi  qui  argenium  dederitf  nugas  egerU: 

qui  dederit^  magis  maiores  nugas  egerUy 
Verse  die  wörtlich  wiederholt  werden  in: 

12)  Poen.  prol.  82. 

Natürlich  werden  dadurch  auch  die  umgebenden  Yerse, 
denen  diese  eng  zusammenhängen,  hinfällig. 

Die  dritte  der  Stellen,    die  sich  dem  plautinischen  Spi 
gebrauch  nicht  fügen,  ist  der  Pseudolusvers,  von  dem  dieünt^ 
Buchung  auegegangen  ist.     Wir  haben  hier  also  die  Erscheini 
zu  constatiren,    dass  ein  Nachdichter  einen  plautinischen  Spi 
gebrauch,    der  für  ihn  nicht  mehr   lebendig  war,   in    der  We:  ^ 
nachahmt,    dass  er  bloss  das  Aensserliohe  desselben  reproduci.^ 
indem  er,  wie  auch  die  Neueren,    in  der  Verbindung   von 
mit  einem  Comparativ  das  Wesentliche  zu  sehen  vermeinte.  Soli 
Missverständniese  begegnen  Jedem,    der  einen    ihm  fremden 
copiren  will:  manches  derartige  hat  z.  B.  für  die  künstliche 
setzessprache  in  Ciceros  Büchern  de  legibus  Jordan  nachgewi« 
(Beitr.  z.  Gesch.  d.  lat.  Spr.  p.  225 ff.);   wenn  femer  Sallust 
plautinische  und  vermuthlich  auch  von  Gate  geschriebene  po^^ 
locorum  zu  neuem  Leben  auferweckt,    lug.  72^  2    neque  post 
locorum  Iiigurihae  dies  aut  nox  uUa  quieta  fuit\  so  hat  er  dc:^< 
nicht  mehr  gewuset,  dass  postid  alte  ablativische  Form  ist,  de=?  ^ 
er  schreibt  lug.  63,  (5  is  ad  id  locorum  talis  vir,  nam  postea  (m-  ^> 
hitione  praeceps  datus  est  und  75,  7    ubi   ad   id  loci  ventum   ^^ 
worin  ihm  Livius  folgt  (cf.  Hitschl  opusc.  II  541  ff.);  endlich      ^< 
ein  drittes  Beispiel  dieser  sprachgeschichtlich  interessanten  Tim  ^^ 
Sache  angeführt,   weil  es  ebensowenig  wie  jenes  ^nagis   in  sei  "^^^ 
Bedeutung  erkannt  wurde:   wenn  es  Pseud.  13  heisst  id  te  H4P' 
piier  prohibessitj    so  erklären  die  Lexicographen   und  nach  ihtJ^^ 
Lorenz  das  id  als  Accusativ  des  Inhaltes    (womit  ja  schliessli^ii 
alles  erklärt  werden  kann)    neben    dem  Objectsaccusativ  te,   und 
Lorenz  führt  als  Parallele  an  Liv.  XXXIX  45,  7  id  eos  ut  pro- 
hiberety  quoad  eius  sine  hello  posset:  aber    hat  es  Livius,    wo  er 
jene  alte  Formel  las,   so  verstanden,    dann   hat    er  nicht  minder 
geirrt  als  die  Neueren,  denn  in  der  Aulularia  V.  611  bittet  Euclio 
die  Fides:    idepol   ne   illic  piUcram  praedam  agatj    si  quis  illam 
invenerit  \  aulam  onustam  aiiri;  verum  id  te  quaeso  ut  prohibessis, 
Fides,  woraus  klar  hervorgeht,   dass  id  als  Objectsaccusativ  von 
prohihe^sis  abhängt,    dass  also    in  jenem  Verse  des  Pseudolus  te 


Sprachliche  Beobachtoogeu  zu  Plautus.  203 

^<ibt  ale  Acousativ,  eondern  ale  Ablativ  zu  faisen  ist,  welcher 
ilibängt  von  der  in  dem  Verbam  Doch  eelbstetändig  empfandenen 
^faeposition  pro^  also:  'das  möge  lappiter  von  dir  fernhalten': 
^^  ist  ja  auch  der  oreprüngliche  Sinn  des  in  apotropäi scher  For- 
i&el  häufigen  Verbnms  (vgl.  z.B.  das  Gebet  bei  Cator.  r.  141,  2 
lind  aaeeerdem  Plaut.  Amph.  1051  f.).  — 

Wenn  wir  schliesslich  Aragen,  wann  jener  plantinische  Sprach- 

^braacb  so  weit  in  Vergessenheit  gerathen  sein  mag,  dass  diese 

dreiTerse  geschrieben  werden  konnten,  so  kommen  wir  auf  einen 

Zeitraam,    der  auch    zu   den  allgemeinen  Vorstellungen  über  die 

Epoche  dieser  Art  von  Nachdichtungen  stimmt.     Zu  der  Zeit  des 

Terenz  n&mlich,  als  man  noch  proprie  redete,  war  das  Bewusst- 

seiD  für  diese  Spracherscheinung    noch   lebendig,    wenngleich  sie 

9k  eine  in  ihrem  letzten  Grunde  doch  volksthümliche,    von  dem 

iv  Aristokraten  dichtenden  Terenz  vermieden  worden  ist  bis  auf 

ein  einziges  Mal:  Hec  737 f. 

nam  ea  aetaie  non  sum^  ut  non  siet  peccato  mi  ignosci  aequom  : 

φω  magis  omnis  res  catUtus  ne  temere  faciam^  adcuro. 

Dieser  Fall  entspricht  also  mit  seinem  von  magis  abhängigen 

comparativischen  Ablativ  genau  dem  zweiten  und  vierten  der  plau- 

tioiechen  Beispiele.      Dagegen  ist  bei  dem  Verfasser  des  bellum 

-4/Wcfim  der  Gebrauch  schon  weiter  vorgeschritten,  weniger  auf- 

nUljg  c.  54,  5  ut  neque   bello   fortes   neque  pace   honi  aut  utiles 

fmitis  et  magis  in  seditione   conciiandisque  militibus  adversum 

f^^rum  mperatorem  quam  pudoris  modestiaeque  fueritis  studiosi- 

ores  als  c.  48,  3  erat  in  castris  Caesaris  superiore  tempore  mag- 

^  ierroTj  et  exspectatUme  eopiarum  regiarum  exercitus  eins  ma- 

9h  suspensiore    animo   ante    adventum   lubae  commovebatur \ 

Mquam  vero  casira  castris  contulit,  despectis  eius  copiis  omnem 

^Miorem  deponit,  obgleich  man  auch  hier  noch  fühlt,  dass  magis 

lucht  sowohl  eng  zum  Comparativ  als  vielmehr  zu  ante  adcentum 

i^  Sinne  nach  zu  beziehen  ist,  wie  der  folgende  Satz  postguam 

Wö  etc.  beweist.     Jedenfalls    aber  leitet    dieses   Beispiel    schon 

lientlich  auf  die  späteren  über,  in  denen  thatsächlich  eine  solche 

f    £Dtwerthung  des  Comparativs  zum  Vorschein  tritt,  dass  man  von 

einer  '  Doppelgradation'  mit  Recht  reden  darf.     In  die  Zeit  bald 

nach  Terenz    fallen  also,   auch   vom    sprachlichen  Gesichtspunkt 

aoe   betrachtet,    jene    beiden  Frologstellen    und  die  Dittographie 

ia  dem  Canticum  des  Pseudolus. 


Amphitr.  prol.  V.  38 

nunc  iam  huc  animtitn  omnes  quae  loquar  advortUe. 
In  dieeem  Veree  häufen    sicli   die  Abweichiuig^n  von   d^T 
plautiniechen  Diction. 

1)  Bekanntlich  ist  nach  Fleckeisens  Nachweis  nuneiam  b«! 
Plautne  stete  dreisilbig^.     Wenn    aber   auf   Gbrand   dieser  Begut- 
achtung Fleckeisen  nnd  ihm  folgend  Goetz  in  nnserm  Yerse 
iam  tilgen,    so  würde  man   sich    das    znr^Noth  gefallen    las» 
wenn  der  Vers  nicht  andere  naevi  zeigte. 

2)  Nach  Langens  Nachweis    (Fleckeisens  Jhb.    125,  67^91) 
gebraucht  Plautus  bei  animum  advoriere  nie  die  Form  Aue,   s 
dem  stets  hoc. 

3)  Plautus  kennt  nur  entweder  hoc  ani$Mim  advartere  ol 
einen  davon  abhängigen  Relativsatz,  oder  anmum  advoriere  ol 
hoc  mit  abhängigem  Relativsatz.     Eine  Vermischung  beider  C^9• 
structionen  findet  nicht  statt,  sie  ist  ja  auch  nicht  bloss  spracl• 
widrig,  sondern  verstösst  gegen  die  Gesetze  des  Denkens*.    Le^ 
teres  ist  auch  in  der  Recension    einiger   minderwerthiger  Hand* 
Schriften  (EJF)    empfunden  worden,   da   sie   ad  ea   bieten    statt 
omties:  jenes  empfahl  Ritschi   (proll.  p.  GLXXXI)    auftunehmea, 
offenbar  wegen  des  auch  ihm  bedenklichen  huc  quae  fogMor,  ohM 
dass  ihm   darin  Jemand    gefolgt    wäre:    abgesehen    davon,   dass 
jenes  ad  ea  ohne  Zweifel  interpolirt  ist,    ist   es  auch  seinerseits 
wieder  unplautinisch,  denn  Plautus   kennt  nicht  die  ConstmotioB 
animum  adveriere  ad,  sondern  die  Phrase  war  bei  ihm  schon  in 
sehr  zu  einem  Begriff  geworden,  als  dass  sie  mit  einem  andern 
Casus  als  mit  dem  Accusativ  hätte    verbunden   werden    können• 
Langen  a.  a.  0.    führt  freilich    zwei    scheinbar   widersprechende 
Fälle  an,    von  denen  aber  der  erste  anders  zu  erklären  ist,    der 
zweite  auf  Conjectur  beruht:    denn  Mil.  69   ßwete  advortis  tuam 


^  Die  Einwände  Ussings  (zu  diesem  Verse)  sind  hinfällig:  denn 
vou  den  beiden  Versen,  die  er  gegen  Fleckeisen  anführt,  ist  Bacch.  995 
kritisch  und  metrisch  unsicher  (vgl.  Brachmann  in  Leipz.  Stud.  III 140), 
und  Epid.  135  iüam  amabo  olimy  nuneiam  alia  cura  impendet  peetori 
ist  natürlich  nicht  iüam  amabo  sondern  Ulam  am^o  olim  zu  messen 
(cf.  Müller,  Nachtr.  2  plaut.  Pros.  p.  38). 

3  Leichter  ist  die  ähnliche  Constrnction  Pseud.  153  huc  adhibet 
auriü,  quae  ego  loquar,  obwohl  auch  dieser  Vers  aus  anderen  Gründe 
verdächtigt  worden  ist. 


Sprachliche  Beobachtungen  zu  Plautus.  205 

Mmrn  ad  aninmm  meum  spielt  ja  offenbar  mit  dem  Ausdruck : 
*;ar  artig  lenkst  du  deinen  Sinn  auf  meinen  Sinn\    und  gewinnt 
•eine  Erklärung  aus  dem  vorhergehenden  Vers:   häbos-?  —  Τα- 
Mks  vis  rogare?   habeo,    et  sHlum;    in    dem  zweiten  Fall  bieten 
üe  Ηββ.  Pseud.  143  nunc  adeo  hanc  edictionem  nisi  animum  ad- 
9^i$  omneSj    wo  Langen    nunc   adeo  ad  hänc  edictionem    etc. 
sebeiben  will:  allein  wenn  auch  Plautus  mit  dieser  Phrase  sonst 
AQr  das  Neutrum  eines  Pronomens  verbindet,    so    kann    er  doch 
^mal  aujoh  den  Accusativ  eines  Substantivs  gesetzt  haben»  vor- 
ausgesetzt, dass  dieser  Vers  wirklich  von  ihm  herrührt:  jedenfalls 
^et  es  nicht    rathsam,    die    έίηβ  singulare  Construction    mit    dem 
Accusativ  eines  Substantivs  durch   eine  andere  gleichfalls  singu* 
1^  mit  der  Präposition  ad  zu  ersetzen. 

4)  Das  Wesentliche    aber    ist  Folgendes.     Für   Plautus    ist 
^ie  Verbindung  animum  advorterCy  wenn  sie  auch  äusserlich  noch 
i^klt  zu  iinem  Wort  geworden  ist,  doch  schon  so  sehr  zu  einem 
begriff  erstarkt,    dass  er  die  beiden  Worte    nie  von   ein- 
ander zu  trennen  sich  erlaubt:    nur   in    unserm  Vers    sind 
tie  durch  Zwischenstellung    anderer  Worte   von    einander  losge- 
'iwen.    Die  eben  aufgestellte  Behauptung  scheint  freilich  auf  den 
ttiten  Blick  durch  eine  Stelle  widerlegt  zu  werden :  im  Pseudolus 
bisst  ee  nämlich  Y.  481  advorte  ergo  animum,  was  um  so  mehr 
gtgen  jene  Behauptung   zu   beweisen   scheint,    weil    der  Dichter 
ohne  metriechen  Zwang  hätte  schreiben  können  ergo  animum  ad-- 
vorte.    Allein    hier  greift  wieder    eine    andere  Beobachtung  ein: 
Flantus  stellt  in  der  ausserordentlichen  grossen  Anzahl  von  Fällen, 
wo  er  ergo  mit  dem  präsentisohen  Imperativ  verbindet,  dies  Wort 
nach  dem  Imperativ^,    mit  Ausnahme    ganz    weniger  Male:    es 
■teht  36  Mal  nach^,  und  unter  7  Malen,    wo  es  vor  dem  Impe- 
rativ steht,  sind  5  Fälle  anders  zu  erklären^,    so    dass  also  nur 


^  Bei  dem  futurischen  Imperativ  herrscht  keine  feste  Regel :  Capt. 
689  faeito  ergo  721  ergo  ab  eo  petita  gratiam  Men.  430  ergo  mox  auferto 
Psead.  292  pietatem  ergo  istam  ampkxator  1164  memento  ergo  Pers.  388 
ergo  istue  facito  Rud.  1398  mihi  dato  ergo, 

s  As.  350  auscüUa  ergo  488  ambtda  ergo,  Cf.  Aul.  428. 879.  Gore. 
172.  727.  Gas.  588.  793.  831.  Ep.  241.  Most.  650.  Men.  lOlG.  Mil. 
255.  1009.  1199.  1268.  Mero.  905.  Pseud.  758.  920.  997.  1016.  1230. 
1317.  Poen.  720.  Pers.  215.  239.  701.  767.  835.  Rud.  184.  641.  720. 
752.  786.  1053.    Stich.  669.  725. 

•  Cure.  118  ergo  fac  in  einem  Canticum  mit  cretischem  Rhyth- 
miu,  in  welchem  die  Wortstellung  durch  den  Zwang  des  Metrums  auch 


206  Norden 

2  bleiben»  in  denen  kein  ersichtlicher  Ghmnd  einer  AbweiehiiEs^  g 
vorhanden  ist^  Während  also  in  jenem  Yeree  dee  Peendol^^ns 
advorte  ergo  animum  zwei  Frincipien  mit  einander  in  Gonfl:3K.Gt 
kamen,  die  Einheit  von  animum  advortere  und  die  Stellang  y^  ^n 
ergo  znm  Imperativ,  wobei  das  letztere  zu  seinem  Rechte  ki^  m, 
fehlt  jeder  erklärliche  Grund  einer  Losreissung  jener  Phrase  io 
dem  Prologverse  des  Amphitrno,  von  dem  wir  ausgingen.  I^  ^^ 
selbe  ist  also  durch  das  Zusammentreffen  der  vier  aufgeführ^^teo 
Gesichtspunkte  geri  chtet  ^ 

Greifswald.  E.  Norden. 


sonst  viel  freier  ist.    Merc.  498  dömi  maneto  tne.  —  Ergo  aetutum  fifce 
cum  praeda  recipias,  wo  der  Nachdruck  nicht  auf  dem  Imperativ  face, 
sondern   auf  dem   C!onjunctiv   recipias   liegt.     Merc.  777    drachuma^ 
dato.  —  Dabitur.  —  lam  darei  ergo  aeis  iube:   der  Vers   ist   kritisek 
nicht  ganz  sicher:  tarn  ist  von  Ritschl  eingesetzt,  es  fehlt  in  denEtf.? 
vielleicht  empfiehlt  sich,  da  sicher  ein  einsilbiges  Wort  ausgefallen  wia 
muss,  eher  quin:  denn  quin  ergo  ist  für  Plautus  eine  so  constante  Wort* 
folge   (vgl.  das  spätere  quin  etiam^    quin  potius,    quin  immo),  dass  es 
auch  an  der  vierten  und  fünften  Stelle,  welche  dem  oben  aufgestellten 
Gesetz  nicht  entsprechen,  als  das  höhere  Princip  wirksam  ist:  Rud.  628 
quin  tu  ergo  omitte,  Merc.  955  quin  tu  ergo  i  modo. 

*  Merc.  955  propter  istanc.  —  I  modo.  —  Ergo  eura,  —  Quin  tu 
ergo  i  modo  (wenn  hier  nicht  die  Stellung  des  zweiten  ergo  vor  dem 
Imperativ  —  regulär  wegen  quin,  s.  die  vorige  Anm.  a.  E.  —  auf  das 
erste  des  Parallelismus  halber  eingewirkt  hat).  Cure.  625  im  ut  scias 
me  liberum  esse.  —  Ergo  ambula  in  ius.  —  Em  tibi. 

^  Absichtlich  habe  ich  in  der  obigen  Untersuchung  bei  dem  vier- 
ten Punkte  ausser  Acht  gelassen  einen  kritisch  unsicheren  Vers:  Merc. 
prol.  10 f.:  sed  ea  ut  sim  implicitus  dicam,  si  opera  est  auribus,  |  atqme 
advortefidam  ut  animum  adtst  benignitas,  so  die  Hss.  Dafür  schrieb 
Acidalius :  atque  advortendum  ad  animum,  was  Gootz  aufnahm  nach 
Ritschis  Vorgang,  der  freilich  Parerg.  p.  18  über  diese  Conjectur  sagte: 
defendi  nequit  und  dafür  adque  advorte^idum  huc  animum  vorschlug,  in 
seiner  Ausgabe  aber  auf  die  Vermuthung  des  Acidalius  zurückgriff  (cf. 
Dziatzko  Rh.  M.  26,  433).  Mir  scheint  gleichfalls  letztere  deshalb 
empfehlenswerther,  als  die  von  Ritschl  vorgeschlagene,  weil  sich  das  α 
der  Endung  in  advortendam  besser  erklärt  bei  der  Annahme,  dass  einat 
ad  darauf  folgte :  dann  war  an  der  Verderbniss  die  Synaloephe  Schuld, 
die  hin  und  wieder  in  unseren  Hss.  Verwirrung  gestiftet  zu  haben 
scheint,  wie  Buecheler  bemerkte,  der  auf  diese  Weise  mehrere  Verse 
emendirte,  z.  B.  Truc.  40  isti  amator  statt  est  amator,  <>49  qui  ovit 
TaretinaR  statt  qm  vis  Tarctivns.    \<f].  aus  Plautus  ferner:  Truc.  126^ 


Spraohliohe  Beobaohiangen  zu  Plaatos.  $07 

wo  die  Palstini  väle  et  schreiben  statt  des  richtigen  valeo  et,  was  der 
Ambroaianos  hat,  Poen.  1355  in  Α  contram  haud  verhum  quidem  d.  h. 
OMfre'  me  haud  etc.  Epid.  215  in  Α  animadvorterintf  was  Plautns  noch 
siclit  kennt,  statt  animutn  advorterint;  Pseud.  188  in  Α  amica  es,  aber 
in  6  amiceB,  woraus  dann  in  CD  amicis  wurde.  Aus  anderen  Schrift- 
stellern: Caecilius  bei  Nonius  127  (fr.  136  Ribb.)  Itber  essem  iam  diu, 
vo  liberOf  was  nöthig  ist,  von  lunius  hergestellt  wurde ;  Lucretius  II 
962  ab'  ea;  aUiSy  wofür  schon  früh  emendirt  wurde  cUia  ex  cdiis;  Varro 
att.  bei  Nonius  46  ventique  frigido  sah  (ixe  eruperant,  d.  h.  se  ah, 
Heber  Yergilhandschriften  cf.  Ribbeck  proll.  p.  257  f.  ^  Auf  alle  Fälle 
wir  in  jenem  Verse  advortere  animum  durch  ein  Wort  getrennt,  bei 
dem  die  Entschuldigung,  die  advorte  ergo  animum  hat,  nicht  wirksam 
iit:  es  ist  bezeichnend,  dass  auch  dieser  Vers  in  einem  Prolog  steht 
imd  zwar  in  demjenigen,  der  neben  dem  der  Casina  die  offenbarsten 
Sparen  später  Abfassung  seigt. 


20β  Seeck 


Zur  Echtheitsfrage  des  Scriptores  hietoriae 

Augnstae. 


Dass  eich  in  den  Scriptores  hietoriae  Aug^stae  zahlreiche 
Stellen  finden,  welche  erst  nach  der  Mitte  des  vierten  Jahrhun- 
derts geschriehen  sein  können,  hat  Dessau  ^  hewiesen  und  Momm• 
sen^  anerkannt.  Der  erstere  zog  daraus  den  wohlhegründeten 
Schluss,  dass  die  Sammlung  nicht,  wie  sie  vorgibt,  in  den  Zeiten 
Diocletians  und  Constantins  entstanden  sein  könne,  sondern  eine 
viel  spätere  Fälschung  sei;  der  zweite  wollte  ihre  Echtheit 
als  Ganzes  noch  aufrecht  erhalten,  indem  er  die  Anachronis- 
men aus  einer  Ueberarbeitung  theodosischer  Zeit  zu  erklären 
suchte.  Demgegenüber  hatte  ich  den  Beweis  angetreten,  dass 
gerade  diejenigen  Stellen  der  Scriptores,  auf  denen  ihre  berge• 
brachte  Datirung  ausschliesslich  beruht,  die  Anreden  an  Dio- 
cletian  und  Constantin,  die  Hinweise  auf  eigene  Erlebnisse  der 
Verfasser  u.  dgl.  m.,  am  wenigsten  zu  ihrer  vorgeblichen  Zeit 
passen  und  deutlich  den  Stempel  späterer  Fiction  an  der  Stime 
tragen^.  Eine  Widerlegung,  die  ernsthaft  zu  nehmen  wäre,  ist 
darauf  noch  nicht  erfolgt.  Klebs^  und  Peter  ^  die  seitdem 
gegen    Dessau    und    mich    aufgetreten    sind,    bekämpfen    gleich- 

^  lieber  Zeit  und  Persöulichkeit  der  Scriptores  hietoriae  Augoeiae. 
Hermes  XXIV  S.  337. 

^  Die  Scriptores  historiae  Augustae.  Hermes  XXV  S.  228. 

^  Studien  zur  Geschichte  Diocletians  und  Ck)n8tantins.  III.  Die 
Entstehungszeit  der  historia  Augusta.  Jahrb.  f.  olass.  Philol.  1890 
S.    (509. 

*  Die  Scriptores  historiae  Augustae.  Rhein.  Mus.  XLVII  S.  1 
und  515. 

^  Die  Scriptores  historiae  Augustae.  Sechs  litterargeschiohtliche 
Untersuchungen.  Leipzig,  Teubner.  1892.  Bursians  Jahresber.  LXXVU 
S.    V22. 


Zur  Echtheitsfrage  der  Scriptores  historiae  Augusiae.  209 

falls  die  Mommsen'sche  Interpolationstheorie  mit  viel  Grlück, 
aber  wenig  ConsequeDz.  Denn  auf  das  Becht,  jede  Stelle,  deren 
nachconetantinieohen  Charakter  sie  durchaus  nicht  leugnen  können, 
frischweg  in  eckige  Klammern  zu  setzen,  wollen  auch  sie  nicht 
Terzichten^.  Wo  dies  Mittelchen  nicht  reichen  will,  setzen  sie 
sicli  über  die  chronologischen  Anstösee  mit  grosser  Leichtigkeit 
bin  weg  und  conoentriren  dafür  die  ganze  Wucht  ihres  Angriffs 
auf  einen  Nebenpunkt  von  Dessaus  Erörterungen.  Dieser  hatte 
behauptet,  was  sich  uns  als  Sammlung  aus  den  Schriften  ver* 
Bchiedener  Biographen  darstelle,  sei  in  Wirklichkeit  das  Werk 
eines  einzigen  Fälschers.  Dem  gegenüber  suchen  sie  im  Verein 
mit  Woelfflin^  zu  beweisen,  dass  sich  in  den  einzelnen  Stücken 
Unterschiede*  des  Stils  und  der  Auffassungsweise  zeigen,  welche 
sich  nur  aus  dem  Zusammenwirken  mehrerer  Hände  erklären 
lassen.  Dies  wird  man  wohl  zugeben  müssen,  doch  ist  dadurch 
der  Kern  der  Frage  gar  nicht  berührt.  Denn  ob  die  Sammlung 
Ton  einem  Fälscher  oder  von  einer  Fälscherbande  zusammenge- 
andelt  ist,  scheint  mir  von  sehr  untergeordnetem  Interesse.  Wie 
sich  im  sechszehnten  Jahrhundert  eine  Schaar  geistvoller  Männer 
ΧΌΤ  Abfassung  der  Epistolae  obscurorum  virorum  vereinigte,  die 
in  gewissem  Sinne  doch  auch  eine  Fälschung  sind,  so  können  im 
fünften  ein  halbes  oder  ein  viertel  Dutzend  Narren  sich  zu  einem 
dummen  Spass  die  Hände  gereicht  haben.  Etwas  Unwahrschein- 
liches liegt  darin  um  so  weniger,  da  Narren  bekanntlich  viel 
gemeiner  sind  als  geistvolle  Männer,  und  sich  zu  derartigen  Scher- 
lan  auch  viel  leichter  bereit  finden  lassen.  Die  Frage  bleibt  also 
nach  wie  vor:    Konnte  dies  Machwerk   in  diocletianisch-constan- 


^  Klebe  verwirft  zwar  principiell  die  Methode,  sachliche  Schwie- 
rigkeiten durch  Annahme  von  Interpolationen  zu  beseitigen  (S.  54G 
Anm.  2),  kann  ihrer  aber  doch  nicht  ganz  entrathen.  Wenn  Vopiscus 
(Prob.  2,  7),  der  um  304  geschrieben  haben  will,  den  luliüs  Gapitolinus 
und  Aelius  Lampridius,  welche  angeblich  zur  Zeit  Constantins  ihre 
Werke  zum  Abschluss  brachten,  schon  unter  seinen  Vorgängern  nennt, 
10  weiss  auch  er  keine  andere  Hilfe  als  die  beliebte  Klammer  (S.  518 
Anm.  2).  Allerdings  ist  das  bei  ihm  Ausnahme;  doch  um  so  eher 
jarf  man  erwarten,  dass  er  sich  über  kurz  oder  lang  zur  Ansicht 
Dessaoe  bekehren  wird.  Denn  das  unterliegt  keinem  Zweifel:  wer  die 
Echtheit  der  Scriptores  aufrecht  erhalten  will,  kann  ohne  die  Voraus- 
setzungen Mommsens  unmöglich  auskommen. 

'  Die  Scriptores  historiae  Augustae.  Sitzungsber.  d.  k.  bayer. 
Akad.  d.  Wissensch.  1891  S.  465. 

Mll«.f.  Phllol.  N.  F.  XLIX.  1^ 


210  Seeck 

tinisoher  Zeit  entstehen?  und  nach  wie  vor  müssen  wir  sie  τβι 
neinen. 

Den  Gegenstand  noch  einmal  in  seinem  vollen  Umfiuige  s 
erörtern,  halte  ich  für  überflüssig,  um  so  mehr,  als  Dessan  e 
erst  kürzlich  in  mnstergiltiger  Weise  gethan  hat^.  Trotzden 
dürfte  eine  Yermehmng  des  Materials  noch  immer  nützlich  sein 
denn  wie  ich  aus  privaten  Aenssemngen  weiss,  gilt  die  Frag 
anch  jetzt  nicht  als  entschieden.  Doch  werde  ich  mich  daraa 
beschränken,  einige  charakteristische  Anachronismen  der  Sorip 
tores,  welche  bis  jetzt  noch  gar  nicht  oder  doch  nicht  in  genv 
gendem  Hasse  hervorgehoben  sind,  in  möglichster  Kürze  auf 
zndecken. 

1.     Gardepr'äfectar  und  Magisterinm  Hilitnm. 

Die  Furcht  vor  Usurpationen,  welche  das  leitende  Motiv  füi 
Diocletians  ganze  Politik  bildete,  führte  ihn  dazu,  die  Beamten 
gewalt  in  jeder  Weise  zu  schwächen  und  zu  hemmen.  Nebei 
der  Verkleinerung  aller  Provinzen  diente  diesem  Zwecke  nament• 
lieh  die  Scheidung  von  Militär-  und  Civilgewalt,  welche  acbor 
im  J.  289,  wenn  auch  vielleicht  noch  nicht  durchgeführt,  so  dool 
im  Werke  war^  Nur  in  solchen  Gebieten,  die,  ewig  von  viUe* 
Käuberstämmen  bedroht,  den  Charakter  von  Militärgrenzen  hatten 
wie  Isaurien,  Arabien,  Mauretanien,  war  der  Statthalter  zugleicl 
Commandant^;  doch  diese  Provinzen  waren  zu  unbedeutend,  nn 
der  Krone  irgend  welche  Gefahr  zu  drohen. 

Daneben  blieb  die  höchste  Spitze  der  AemterhierarcU 
von  jener  Theilung  der  Gewalten  unter  Diocletian  noch  nnbe 
rührt ^.    Die  Gardepräfecten,  welche  seit  Constantin  nur  mit  Jnsti 

^  Ueber  die  Scriptores  historiae  Augustae.    Hermes  XXVII  S.56 

^  £amen.  paneg.  II  3  qui  iustitiam  vestram  iudices  aemuleni^ 
qui  virtutis  vestrae  gloriam  duces  servent.  Die  Unterscheidung  von  Stat 
haltern  (iudices)  und  Militarcommandanten  (duces)  findet  sich  an  dies 
Stelle  meines  Wissens  zum  ersten  Mal. 

8  Not.  Dign.  Or.  29,  6.  37,  36.  43.  Oc.  30,  1.  11.  20.  In  ei 
zelnen  der  genannten  Proviozen  mag  der  alte  Zustand  ungetheill 
Statthaltermaoht  erst  später  wieder  hergestellt  sein.  Doch  dass  er 
manchen  Stellen  auch  unter  Diocletian  bestehen  blieb,  zeigt  das  Β 
spiel  des  Aurelius  Litua,  der  als  Praeses  von  Mauretania  Caesarieo 
im  J.  290  (CIL.  VIII  9041)  die  Quinquegentianer  und  Transtagnen 
besiegte  (a.  0.  8924.  9324). 

*  Zos.  II  32,  2.    33,  3-Γ). 


Zar  Echiheitefrage  der  Scriptores  historiae  Augustae.  911 

lod  Terwaltung  beecfaäftigt  sind,  treten  noch  297  bei  CoDstantius, 
K6  bei  Sevems,  311  und  312  bei  Maxentiae  als  Trnppenführer 
bedeutsam  hervor^.  Wenn  ihnen  gegenüber  das  Misstranen 
Kkwieg,  80  liegt  der  Grand  in  ihrer  engen  Verbindung  mit  der 
Person  der  Kaiser.  Denn  stets  befanden  sie  sich  in  deren  ümge- 
hmg  und  unter  ihrer  anmittelbarsten  Anfsicht;  d.ass  sie  in  beson- 
deren Aufträgen  vom  Hoflager  abconimandirt  wurden,  war  seltene 
Aoenahme  und  hatte  niemals  lange  Dauer. 

Auch  die  geographische  Theilung  ihrer  Competenzen  führt 
Zoiimns  (II  33)    erst  auf  Constantin  zurück,    ohne  Zweifel    mit 
Becht     Vorher  gehörte  der  einzelne  Präfect  nicht  zu  einem  be- 
itiiDmten  Gebiet,  sondern  zu  einem  bestimmten  Kaiser.     Insofern 
der  Caesar  Constantius  Gallien,  Spanien  und  Brittannien   zu  ver- 
galten pflegte,  erstreckte  sich  auch  die  Wirksamkeit  seines  Prä- 
'eeten    in    der  Regel    nur    über    diese  Diöcesen.     Wie   aber  die 
Bezirke  der  vier  Kaiser  niemals    gesetzlich   umgrenzt,    ja    nicht 
einmal  durch  private  Verabredung  scharf  und  dauernd  geschieden 
waren,   so  auch  die  der  Präfecten.      üebernahm  Maximian    zeit- 
weilig das  Begiment  in  Gallien  oder  Constantius  in  Italien,  was 
beides  vorgekommen  ist^,    so    erweiterte  sich  entsprechend  auch 
der  Wirkungskreis  ihres  alter  ego.    Freilich  waren  die  vier  Pr&- 
hctarbezirke  Constantius  schon  unter  Diocletian  in  dem  vierfachen 
Kaiserthum  vorgebildet,    aber  weder   rechtlich  noch  thatsächlich 
tt  die  Existenz  getreten.     Man  konnte  also  von  einem  Rriiefectus 
tniäorio  Gailiarum  ebenso  wenig  reden,  wie  von  einem  Impera- 
^euUiarumj    weil   beider  Competenz    als    unbegrenzte  gedacht 
War  und  sich  nur  freiwillig  und  widerruflich  gewisse  geographische 
Ganzen  auf  Zeit  gefallen  Hess. 

Auf  dem  engen  Zusammenhange  der  Gardepräfectur  mit  der 
Person  des  Herrschers  beruht  auch  eine  Thatsache,  auf  welche 
Λ  schon  früher  hingewiesen  habe,  aber  noch  ohne  dafür  eine 
fMeende  Erklärung  geben  zu  könnend  Bekanntlich  nennen  im 
vierten  Jahrhundert  die  Ueberschriften  der  Kaisergesetze  keine 
Magistratur  häufiger  als  die  Präfectur.  Dies  gilt  noch  nicht  für 
Diocletian  und  auch  für  Constantin  nicht  vor  dem  December318. 
Ass  der  früheren  Zeit  besitzen  wir  von  letzterem  123  Gesetzes- 


^  Die  Anfange  Constantius   des  Grossen.    Deutsche   Zeitschr.  f. 
GeMhichtswiss.  YII  S.  59.  195.  223.  226. 
'  Die  Anfänge  Constantins  S.  70. 
3  Zeitschr.  f.  Rechtsgesch.  X  S.  199. 


212  Seeck 

fragmente ;  doch  erscheint  darin  nur  ein  einziges  Mal  (Co( 
YIII  4,  1)  ein  Praefectus  Praetorio   als  Adressat,    und 
diesem  Falle  ist  die  Ueberlieferang  nicht  unzweifelhaft, 
finden  wir  ans  den  späteren  Jahren  des  Kaisers  unter  2 
menten  nicht  weniger  als  85,  welche  an  solche  Beamte 
sind;  unter  seinen  Nachfolgern  steigt  dann  noch  der  Pro 
Dies  kann  unmöglich  Zufall  sein.   Ohne  Zweifel  liegt  der 
daran,  dass  die  Gesetze  nicht  nur  die  Form  von  Briefen 
sondern  auch  noch  als  solche  empfunden  wurden.     Man 
sie  daher  nur  an  Abwesende,  nicht  auch  an  diejenigen, 
chen  man  mündlich  verkehren  konnte.    Der  Beginn  der  1 
welche  Präfecten  nennen,  gibt  uns  daher  ungefähr  den  Ζ 
wo  diese  sich  vom  Hoflager   lösten   und  selbständig  in 
yinzen  gingen. 

Höchst  wahrscheinlich  hängt  diese  Neuerung  dami 
men,  dass  Constantin  am  1.  März  317  die  beiden  Söhne 
er  damals  besass,  zu  Caesaren  ernannt  hatte.  Diocleti 
den  Grundsatz  aufgestellt,  dass  alle  Kriege,  soweit  die 
möglich  sei,  durch  die  Kaiser  persönlich  geführt  werden 
damit  sich  kein  Privatmann  durch  Feldherrnruhm  die  He 
Soldaten  gewinne  und  sich  so  den  Weg  zum  Throne  bahn 
darum  war  die  Mitregentschaft  zum  G-rundpfeiler  seines 
geworden,  weil  es  sich  nur  durch  eine  Mehrzahl  von  He 
erzwingen  liess,  dass  in  der  Nähe  jeder  gefährdeten  Gren: 
ein  kaiserlicher  Heerführer  bereit  stehe.  Constantin  bat 
manche  trübe  Erfahrung  gelernt,  dass  in  der  Yielherrso 
recht  der  Keim  des  Bürgerkrieges  liege.  Trotzdem  w£ 
der  Bewunderung  seines  Vorgängers  zu  befangen,  um  de 
stem  ganz  zu  verlassen;  er  meinte  nur  den  Gefahren  c 
dadurch  vorbeugen  zu  müssen,  dass  alle  Kaiser  durch  B: 
Blutes  verbunden  waren.  Da  nun  das  Herrscherhaus  au 
selbst  und  Licinius,  dem  zu  vertrauen  er  wenig  G-run 
keinen  Mann  besass,  so  stellte  er  Knaben  an  die  Spitze  d 
und  Provinzen.  Auf  diese  Weise  wurden  die  Siege  des 
zwar  nicht  unter  der  wirklichen  Führung  der  Prinzen,  a 
unter  ihren  Augen  erfochten  und  hefteten  sich  an  ihren 
So  hat  Constantin  IL  (geb.  317)  schon  im  J.  332,  also 
zehnjähriger,  jenseit  der  Donau  selbständig  gegen  die 
commandirt^,  und  um  dieselbe  Zeit  scheint  Constantius, 


»  Zeitschr.  f.  Recbtsgeseh.  X  S.  198. 


Zur  Elchtheitefrage  der  Scriptores  historiae  Augnstae.  213 

9Λ  Jfthr  jüDger  war,  Gallien  verwaltet  zu  haben  ^.  Constans 
wurde  vor  seinem  dreizehnten  Jahre  als  Herrscher  nach  Italien 
geiehickt^.  Crispns  schlag  als  Knabe,  d.  h.  nach  römischer  Sitte 
Tor  vollendetem  vierzehnten  Jahr,  am  Khein  die  Alamannen^ 
ud  eein  vierjähriger  Brader  durfte  erwarten,  dass  ihm  in  aller- 
lichster  Zeit  ein  ähnlicher  Rahm  bevorstehe^.  £s  versteht  sich 
TDD  gelbst,  dass  diese  Kinder  nar  dem  Namen  nach  selbständig 
»gierten;  am  an  ihrer  Statt  die  Geschäfte  zu  fuhren,  sind  die 
leaen  Präfeoten  eingesetzt  worden. 

Dass  schon  im  J.  318  oder  317  die  Präfecturbezirke  recht- 
Uch  abgegrenzt  worden,  ist  damit  freilich  noch  nicht  bewiesen. 
Auch  später  mag  das  Amt,  wie  anter  Diocletian,  mit  der  Person 
der  Caesaren,  nicht  mit  ihrem  Eeichstheil  verknüpft  geblieben 
lein.  Jedenfalls  ist  nach  dem  Zeagniss  des  Zosimus,  gegen  das 
hin  Grund  zum  Zweifel  vorliegt,  die  geographische  Competenz- 
tkeilnng  noch  vor  dem  Ende  von  Constantins  Kegierung  durch- 
geführt worden,  und  wo  das  Werk  des  Ammian  und  mit  ihm 
Quere  genauere  Kenntniss  beginnt,  finden  wir  sie  denn  auch  in 
voller  Wirksamkeit.  Trotzdem  ist  sie  in  der  Titulatur  der  Prä- 
fecten  noch  bis  auf  Valentinian  I.  nicht  zum  Ausdruck  gekommen. 
In  den  sehr  zahlreichen  Gesetzen  und  Inschriften,  welche  das  Amt 
neDnen,  ist  ihm  vor  dem  J.  364  niemals  der  Name  seines  Bezirks 
tottugefugt  \ 

Im  engsten  Zusammenhange  mit  Constantins  Umgestaltung 
der  Präfectur  steht,  wie  Zosimus  bezeugt,  die  Einführung  der 
Xtgistri  Militum.  So  lange  die  Präfecten  unter  den  Augen  der 
Kueer  weilten,  schien  ihre  ungetheilte  Gewalt  nicht  gar  zu  ge- 
lblich; seit  sie  als  Berather  und  Vormünder  prinzlicher  Knaben 


^  Tillemont,  Constantin  art.  75. 

^  Constans  starb  350  nach  Vict.  epit.  41,  23  im  27.  Jahre,  nach 
birop.  X  9,  4  im  30.  Da  die  letztere  Zahl  aussieht,  als  wenn  sie 
^bgemndet  wäre,  ist  wohl  der  genaueren  der  Epitomc  der  Vorzug  zu 
f^ben.  Er  war  also  323  geboren,  und  vor  der  Tricennalienfeier  des 
Mres  335  hatte  Constantin  ihn  schon  in  seinen  künftigen  Reichstheil 
«DteeDdet.    Euseb.  laud.  Const.  3:  vgl.  Vit.  Const.  IV  51. 

3  Nazar.  pan.  X  36  in  quo  vdox  virtus  aetatis  mora  non  retar- 
iata  pueriles  anno 8  gloriis  trittmphalihus  oeet^pavit. 

*  Nazar.  37  cumque  miraretur  fratremj   etiam  sibi  favit,   quod  ex 
annis  eiuSy  quam  proocimus  tantae  gloriae  essety  agnovit. 

*  Mommsen,  De  C.  Caelii  Saturnini  titulo.    Memorie  dell'  Instit. 
11  S.  301. 


214  Seeck 

in  weit  entfernte  Landschaften  entsandt  wurden,  wandte  man 
selbe  Mittel,  durch  welches  Diooletian  die  Macht  der  Provinsutl- 
statthaltcr  gelähmt  hatte,  auch  bei  ihrem  Amte  an.    Das  Truppea- 
commando    wurde    davon    abgezweigt    und    andern    Magiatr&ten 
übertragen,  die  ihrerseits  wieder  dadurch  geschwächt  wurden,  daes 
man  das  militärische  Yerpflegungswesen  in  den  Händen  der  Pit- 
feoten  liess.    Eine  weitere  Beschränkung  lag  darin,  dass  die  Füh- 
rung der  Reiterei  von  der  des  Fussvolks   an  jedem  Hoflager  ge« 
schieden  war ;  denn  die  Magistri  utriusque  militiae  gehören  wahr- 
scheinlich erst  einer  späteren  Zeit  an.     Die  Wahl  des  Titele  fui 
das  neue  Feldherrnamt  dürfte  durch  die  antiquarischen  Neigungen 
jener  Epoche  bestimmt  sein.     Einen  magister  equUum  hatte  et  ja 
schon  in  den  glorreichen  Zeiten  der  römischen  Bepublik  gegeben; 
hieraus  ergab  sich  dann  der  magister  peditum  und  die  Zusammen' 
fassung  beider  als  magistri  militum  von  selbst. 

Wenden  wir  uns  nun  den  Scriptores  zu,  so  interessirt  une 
zunächst  folgende  Ueberschrift  eines  gefälschten  Briefes  bei  Tre- 
bellius  Pollio  (Tyr.  18,  5):  Valerianus  Ragotüo  Clara  praefeeto 
Illyrici  et  GaUiarum,  Dass  hier  ein  Praefectus  Praetorio  gemeint 
ist,  zeigt  im  Texte  des  Briefes  die  Anrede  parens,  welche  füf 
diese  Beamten  die  officielle  war  und  keinem  von  geringerem  Baog^ 
seitens  der  Kaiser  ertheilt  wurde.  Ueberdies  sind  sowohl  lUy* 
ricum  als  auch  die  Galliae  wohlbekannte  Präfecturbezirke.  Aach 
ihre  Vereinigung  in  einer  Hand  ist  nicht  beispiellos ;  379  ist  eie 
gleichfalls  vorgekommen^,  früher  allerdings  nicht.  Also  ein  Schrift' 
steiler,  der  vor  304  geschrieben  haben  will,  kennt  nicht  nur  die 
Präfecturbezirke,  deren  Einrichtung  frühestens  dem  J.  3^' 
angehört,  sondern  auch  ihre  titulare  Verwendung,  die  sonst  flicht 
vor  364  vorkommt,  und  zwar  zeigt  er  sie  uns  in  einer  Combina• 
tion,  welche  unter  der  Regierung  Gratians  die  erste  beglaubigt« 
Analogie  findet. 

Vielleicht  setzt  Peter,  Λvenn  er  eine  dritte  Auflage  seinen 
Scriptores  besorgt,  die  Worte  Ulyrici  et  GalUarum  in  eckige 
Klammern ;  damit  wäre  dieser  Schwierigkeit  ja  abgeholfen.  Nor 
würde  ich  ihm  rathen,  seine  Athetesen  dann  noch  etwas  weiter 
auszudehnen;  denn  auch  das  Magisterium  Militum,  welches  mit 
den  Präfecturbezirken  zugleich  geschaifen  wurde,  ist  unseren  Bio* 
graphen  nicht  unbekannt.  Anrel.  18,  1  heisst  es:  equUes  sane 
om>tes  ante  imperium  suh  ClatidiO  Äurelianus  giibemavU^  cum  offen- 


1  Seeck,  Symmachus  pracf.  p.  LXXX. 


Zur  EUshthüitsfrage  der  Suriptoroe  historiao  Augustae.  215 

nuigistri  eorum  incwirisset,  quod  tetnere  Claudio  non  iubente 
nassent.  Ich  verstehe  nioht,  wie  Mommeen,  der  auf  diese  und 
verwandten  Stellen  Aurel.  11,  2.  17,  2.  Prob.  11,  7  schon 
ewiesen  hat\  meinen  kann»  sie  fuhrt en  nirgends  auf  die  amt- 
i  Competenz  der  Eeichsfeldherm,  wie  sie  später  bestand.  Wenn 

magister  eguUum  nioht  in  seinem  technischen  Sinne  aufpassen 
,  so  weiss  ich  nicht,  wie  man  es  anders  übersetzen  will,  als 
h  'Lehrer  der  Keiter',  was  in  dem  angeführten  Satze  gar 
en  verständlichen  Sinn  ergeben  würde.  Ganz  dasselbe  gilt 
Aurel.  11,2:  in  tua  erit  potestate  vaüitiae  magisierium.  Denn 
abar  ist  hier  kein  Lehramt  gemeint»  sondern  die  wohlbekannte 
IhermstelluDg.  Zudem  stützen  der  praefectus  lUyrici  et  βαΙΙι- 
m  and  die  magistri  militum  einander  gegenseitig  zu  gut,    um 

künstliche  Interpretation  des  einen  oder  des  andern  Titels 
ilaesen. 

2.     Der  Caesar  Crispns. 

Claud.  13,  2  lesen  wir:  Claudius^  QuintiUus  et  Crispus  fra- 
fucrunt.  Crispi  filia  Claudia ;  ex  ea  et  Eutropio,  nobüissimo 
'is  Dardanae  viro,  Constantitts  Caesar  est  geniius,  fuerunt 
m  sorores,  quarum  una,  Cmistantina  nomine^  nupta  tribuno 
ynorum,  in  primis  annis  defecit.  Schon  Peter  (S.  11)  hat 
inf  hingewiesen,  dass  Crispus,  der  Bruder  des  Divus  Claudius, 
e  Existenz  vielleicht  dem  gleichnamigen  Sohne  Constantins 
lanke;  doch  wie  mir  scheint,  lässt  sich  diese  Vermuthung 
iahe  zur  Gewissheit  erheben.  Von  den  Namen,  welche  der 
nmbaum  des  Pollio  nennt,  sind  Claudius  und  QuintiUus  histo- 
b,  Claudia  von  dem  ersteren  abgeleitet.  Die  übrigen  drei 
*  finden  sich  sämmtlich  in  der  Familie  Constantins  wieder; 
1  vie  Crispus  sein  Sohn,  so  war  Entropia  seine  Schwieger- 
ter  und  Constantina  seine  Schwester.  Dass  der  Kaiser  den 
len  für  seinen  Erstgeborenen  aus  den  Scriptores  historiae 
nistae  geschöpft  habe,  wird  dem  gegenüber  keiner  ernsthaft 
iupten  wollen.  Hätte  er  zur  Zeit  von  dessen  Geburt  auf 
en  gefälschten  Stammbaum  schon  Rücksicht  nehmen  können 
'  wollen,  so  würde  er  ihn  doch  gewiss  Claudius  genannt 
in,  wie  er  es  bei  seinem  zweiten  Sohne  Elavius  Claudius  Con- 
tinus that.     Es  bleibt  die  Möglichkeit  übrig,  dass  irgend  ein 

1  Hermes  XXV  ö.  236. 


216  Seeck 

älterer  Anverwandter  des  Herrecherhauses  Criepne  biees,  dc^^s 
auch  diese  ist  sehr  gering.  Constantins  war  aus  dem  niedrige^^ 
Stande  hervorgegangen  und  seine  Herkunft  in  tiefstes  Donlace 
gehüllt ;  dass  man  für  ihn  jeden  beliehigen  Stammbaum  auehectK.«] 
konnte,  zeigt  am  deutlichsten,  wie  wenig  man  von  seiner  P*a 
milie  wusste.  £s  ist  höchst  unwahrscheinlich,  dass  irgend  ^is 
Bruder,  Vetter  oder  Oheim  von  ihm  genügend  an  die  Oe£Pezit- 
liohkeit  trat,  um  dem  Trebellius  Pollio  für  seine  Fälschung  Stoff"  zu 
gewähren.  Der  Name  Crispus  kann  also  wirklich  kaum  von 
einem  andern  hergeleitet  sein,  als  von  dem  bekannten  Sohne  Con- 
stantins. 

Wenn  wir  dem  Vopiscus    und    dem  Pollio    selbst    Glauben 
schenken  wollen,    so    hat    der   letztere  spätestens  im  Jahre  30S 
seine  Biographiensammlung  zum  Abschluss  gebracht.   War  damals 
Crispus  schon  geboren,  so  müsste  er  321  zum  mindesten  ein  acht- 
zehnjähriger Jüngling  gewesen  sein.     Nun  ist  aber  die  Rede  de» 
Nazarius,    welche  wir  oben  (S.  213)   schon  angeführt  haben,    in 
eben  diesem  Jahre  gehalten,  und  der  Caesar  wird  darin  noch  ein 
Knabe  genannt.   Das  wäre  einem  Kaisersohne  dieses  Alters  gegen- 
über ohne  Zweifel  eine  grobe  Beleidigung  gewesen.     Die  Schluss- 
folgerung  mag  sich  jeder  selbst  ziehen. 

3.     Die  Siegestitel  der  Kaiser. 

Firm.  13,  3  Alamamios,  qui  tunc  adhuc  Germani  dicebaM^^ 
non   sine   gloriac    spUndore  contrivU,     Vgl.    Prob.  12,  3    iesies 
Franci  in  inviis  strati  paludibus^  tesfes  Crermani  et  Älamanni  langt 
α  Bheni  summoti  litoribus.     Tyr.  8,  11  omnis  Älamannia  omnis^f^ 
Germania  cum  ceteris  quac  adiacent  goUtbus,      Als    gesonderten 
Stamm  kannte  man  die  Alamannen  schon  in  den  Tagen  des  Cara' 
calla;    doch  blieb  das  Bewusstsein,  dass  sie  nur  einen  Theil  der 
grossen  germanischen  Völkerfamilie  bildeten,  bis  in  die  Mitte  dei 
vierten  Jahrhunderts  in  jedem  Römer  lebendig.    Am  deutlicheten 
zeigt  dies  eine  Inschrift  aus  dem  Jahre  354  (CIL.  III  3705),  auf 
welcher  Constantins  die  Titel  Gernianicus  Älamannicus   mo^riniHS 
und  Gennanicus  mcucimus  neben  einander  führt.   Hier  tritt  sowohl 
das  Bestreben  hervor,    dieses  eine  Volk   von  seinen  Stammesge* 
nossen  schärfer  zu  scheiden,  als  auch  die  Empfindung,   dass  dies 
im  vollen  Masse  doch  nicht  möglich  sei.    Erst  bei  Aurelius  Victor, 
der  sechs  Jahre  später  schrieb,    int   diese    geschwunden.     In  den 
Sätzen  (35,  2) :  Italiam  rcpcüvity  cuim  urbes  Alamannomm  vcjdo^ 


Zor  £chibeit8frage  der  Scripiorcs  historiae  Augustac.  217 

'^^•ίΑΑί  affligebantur,  stmttl  Germanis  Gallia  demotis  etc.  hielt  er 
niclit  für  erforderlioh,  Germanis  reliquis  oder  aliis  zn  schreiben, 
>dQrch  die  Verbindung  zwiechen  den  Alamannen  und  den  Ger- 
euen anderer  Stämme  leicht  herzustellen  war.  Für  ihn  hatte 
b  der  Tbeil  von  seinem  Ganzen  schon  völlig  gesondert, 
aeelbe  beobachten  wir  dann  im  J.  369  auch  bei  Eutrop:  IX 
2  Älamanni  vasfatis  GMiis  in  Italiam  penetraverunt  —  Ger- 
m  usqiie  ad  Hispanias  penetraverunt.  X  14  apud  Argentoratum 
Uiae  urbem  ingentes  Alxtmannorum  copiae  extindae  sunt.  — 
tea  per  eundem  Itdianum  egregia  adversum  barbaros  gesta  sunt 
mnotique  ultra  Bhenum  Germani.  Diese  Stellen  sind  später  von 
ironymus  (chron.  2277.  2278)  und  Orosius  (VII  22,  7  ;  29,  15) 
mitgeschrieben,  ohne  dass  auch  sie  an  der  Scheidung  von  Ger- 
nen  und  Alamannen  Anstoss  genommen  hätten. 

Doch  was  veranlasste  den  Vopiscus,  diese  späte  Anschauung 
verrathen,  indem  er  dem  Namen  Älamanni  den  ganz  tiber- 
Rsigen  Satz  φά  tunc  adhuc  Germani  dicebantur  hinzufügte? 
ie  mir  scheint,  ist  nur  eine  Erklärung  dafür  möglich.  Er  fand 
«einer  Quelle,  dass  Proculus  nach  einem  Alamannensiege  den 
tel  Germanicus  angenommen  habe,  und  dies  schien  ihm  einer 
chtfertigung  zu  bedürfen.  Seine  stillschweigende  Voraussetzung 
•r  also,  dass  nach  den  Sitten  derjenigen  Zeit,  welche  seine  Le- 
'  kannten,  der  Sieger  sich  Alamannicus  hätte  nennen  müssen, 
e  dies  Spartianus  auch  von  Caracalla  erzählt  (10,  6):  cum  Ger- 
mici  et  Parthici  et  Aräbici  et  Alamannici  nomen  adscriberet, 
m  Alamannorum  gentem  deviceraJt.  Nun  ist  es  aber  wohlbe- 
Qnt,  dass  die  Römer  die  einzelnen  deutschen  Stämme  zwar  schon 
it  Caesar  sehr  genau  unterschieden,  dies  aber  in  ihren  Sieges- 
%ln  noch  mehr  als  drei  Jahrhunderte  lang  nicht  zum  Ausdruck 
^Achten.  Erst  Claudius  II.  braucht  neben  dem  altgewohnten 
itel  GemwwiciiÄ  (CIL.  in  3521.  XII  2228)  auch  den  specielleren 
i^Ätci«  (CIL.  VIII  4876),  und  seit  Aurelian  stehen  beide  zu- 
^mmen  auch  auf  denselben  Inschriften.  Von  den  Germanen, 
iter  welchem  Namen  man  auch  fernerhin  die  Masse  der  klei- 
Ten  Völkerschaften  begreift,  haben  sich  so  die  Gothen  zuerst 
sondert,  weil  ihre  Zahl  und  die  Ausdehnung  ihres  Gebietes  sie 
m  Reiche  vor  allen  anderen  Stämmen  furchtbar  machte;  doch 
Ige  bleibt  dieses  Privilegium  ihnen  allein  reservirt.  Maximian, 
netantius  Chlorus  und  Constantin  haben  zahlreiche  Siege  über 
Alamannen  errungen,  der  letzte  jener  drei  auch  auf  seinen 
mzen  die  Alamannia  devicta  gefeiert  und  ludi  Alamannici  ge- 


218  Seock 

stiftet;  dooh  sie  alle  nannten  sieh  nnr  GermanieuSj  niemals  Ä. 
mannicus.    Dieser  Titel  erscheint  zuerst   im  Jalire  331    bei  1 
jungen  Caesar  Constantin  11.^,  bleibt  aber  dem  Publikom  so 
gewohnt,  dass  sich  Constantius  IL,    wie    wir  sohon  oben  sab• 
noch  im  Jahre  354  nicht  schlechthin  den  Alamannensieger, 
dem  den  Sieger  der  alamannischen  Germanen  nennt. 

Wie  die  Alamannen,  so  sind  auch  die  Franken  in  der  oben 
angeführten  Stelle  des  Yopiscus  (Prob.  12,  3)  von  den  Germanen 
geschieden.     Derselbe  Autor  erfindet  (Prob.  11,  9)  die  folgende 
Acclamation  des  Senats:  Tu  FrctncicuSf  tu  Gothicus,  tu  SarmaU' 
cusj  tu  Farthictis,   tu  omnia.     Der  Titel  GernumicuSy    der    seiner 
angeblichen  Zeit  geläufig  war,  fehlt  hier,   dafür  steht  FrancimSf 
das  in  echten  Urkunden  nicht  vor  Yalentinian   und  Valens  vor- 
kommt (CIL.  VI  1175). 

Von  Aurelian  wird  berichtet  (30,  4) :  Oum  iUum  CarpkM^ 
senatus  äbsentem  vocasset,  mandasse  e  loco  fertur :  ^Superest^  ^or 
tres  conscripti^  uf  me  eticm  Carpisculum  vocetis*.  carpisculum  erim 
genus  calciamenti  esse  satis  notum  est,  quod  cognomen  deforme 
videbatur^  cum  et  Gothicus  et  SamuUicus  et  Armeniacus  et  Bar 
ihicus  et  Adiabenicus  iam  üle  dkeretur.  Dass  sowohl  unter  Sio- 
cletian  als  auch  unter  seinen  Nachfolgern  Constantius  und  Ga* 
lerius  dieser  Spott  über  einen  Beinamen,  den  sie  alle  drei  führten, 
gefährlich  sein  musste,  hat  schon  Dessau  hervorgehoben.  ^' 
gleich  aber  war  er  auch  thöricht.  Denn  die  Carpen  waren  bie 
zu  dem  Siege  Maximians,  durch  welchen  sie  vernichtet  wurdeOt 
ein  Volk  von  solcher  Bedeutung,  dass  man  sich  des  Kampfe* 
gegen  sie  keineswegs  zu  schämen  hatte.  Erst  einer  sehr  viel 
späteren  Zeit,  in  der  nur  noch  ärmliche  Keste  von  ihnen  äbriS 
waren,  konnte  der  Titel  Carpicus  anstössig  scheinen. 

Also  Alamannicus  und  Francicus  sind  Autoren,  welche  tbeil^ 
unter  Diocletian  theils  unmittelbar  nach  seiner  Abdankung  vX 
schreiben  behaupten,  vollkommen  geläufig;  Germanicus  im  Sinn9 
des  Alamannensiegers  finden  sie  fremd  und  erklärungsbedürftig, 
Carpicus  geradezu  lächerlich.  Und  doch  sind  diese  beiden  Titel 
von  ihren  angeblichen  Kaisern  geführt  worden,  während  sich  jene 
erst  viel  später  in  den  Urkunden  nachweisen  lassen. 


1  Hermes  XXII  S.  iiliS  =  CIL.  111  7000. 


Zar  £chiheitsfrag6  der  Scriptores  historiae  Augustao.  219 


4.     Die  Legio  III  Felix. 

Von  Legionen,  welche  nicht  vor  Diocletian  gegründet  sind, 
'erden  une  genannt  die  tertia  felix  (Aur.  11,4;  Prob.  5,  6),  die 
^uta  Martia  (Claud.  14,  2)  und  die  sexta  QaXlicana  (Aur.  7, 1). 
•einer  dieser  Namen  ist  erfunden.  Die  Notitia  dignitatnm  nennt 
n«  Ugio  quarta  Martia  (Or.  37,  22)  und  eine  prima  Flavia 
ttüicana  Constantia  (Oc.  V  264).  Die  Zahlen  stimmen  hier  nicht, 
raachen  aber  darum  nicht  falsch  zu  sein.  Denn  in  den  Stürmen 
5r  Völkerwanderung  gingen  so  viele  Legionen  unter,  dass  sich 
arunter  sehr  wohl  die  von  den  Scriptores  erwähnten  befunden 
aben  können.  Von  jenen  dreien  gewährt  uns  nur  die  tertia  felix 
in  sicheres  chronologisches  Datum;  doch  zur  Gewinnung  des- 
«Iben  wird  es  nöthig  sein,  etwas  weiter  auszuholen. 

Bei  den  Legionen  der  früheren  Kaiserzeit  stehen  die  Zahlen 

ganz  unabhängig  neben  den  Namen ;  doch  bei  denjenigen,  welche 

cnt  durch  Diocletian  oder  später  geschaffen  wurden,  ändert  sich 

dies.    Wir  finden  in  der  Notitia  dignitatnm  eine  prima  lulia  AI' 

1^,  eine  secunda  lulia  ΑΙρίηα,  eine  tertia  lulia  Älpina;  femer 

pnmaArmeniaca,  secunda  Armen iaca;  prima  Flavia^  secunda  Fla• 

cia;  prima  Flavia  gemina,  secunda  Flavia  gemina\  pritna  Vaten" 

^iniatui^  secunda  Valentiniana,    Mitunter  kommt  es  auch  vor,  dass 

einzelne  Nummern  an  der  vollen  Reihe  fehlen.    So  stehen  neben 

^er  prma  Itcdica  eine  secunda  und  eine  quarta,  aber  keine  tertia ; 

^iones  loviae  gibt   es  nur  eine  prima  und  eine  quinta^   Hercur 

^'oe  eine  secunda,  tertia  und  sexta.     Doch  in  allen  diesen  Fällen 

^d   man    annehmen    müssen,    dass    diejenigen   Truppenkörper, 

Welche  die  dazwischen  liegenden  Nummern  trugen,  in  dem  stür- 

>uflcben  Jahrhundert  von  Diocletian  bis  auf  die  Notitia  vernichtet 

forden  sind.     Einen  Beweis  dafür  dürfte  man  wohl  darin  finden, 

dtte  die  Notitia  zwar  nur  eine  legio  IV  Martia  kennt,    aber  die 

?r'ma  dazu  sich    inschriftlich  beglaubigt   findet   (CIL.  III  3653) 

nod  die  quintUy    wie    schon   angeführt,    in   der  historia  Augusta 

rorkommt.     Während  also  unter  den  früheren  Kaisern  der  Name 

fc/iö  quarta  Flavia  bedeutete:  'die  vierte  Legion,  welche  ausser 

ihrer  Nummer  auch  den  Namen  Flavia  führt* ,  würde  es  bei  einer 

iVeugründung  diocletianischer  Zeit  bedeuten :    ^  die  vierte  Legion 

inter  denjenigen,  welche  Flaviae  heissen '.     Die  Nummerirung  be- 

ieht  sich  nicht  auf  die  Legionen  im  Allgemeinen,    sondern    nur 

kuf  die  Legionen  des  gleichen  Namens.     Zu    diesem   kann    dann 


220  Sceck 

noch  ein  Beinamen  hinzutreten,  welcher  in  der  Weise  der  erster ^ 
Kaiserzeit  von  der  Ziffer  unabhängig  ist.  So  steht  neben  d^ 
prima  Flavia  Constantia  GaUicana  die  secunda  Flauia  ConsUii9n^4 
Thebaeorum;  von  den  drei  isaurischen  Legionen  heisst  nur  di 
erste  sagittaria,  und  die  prima  Flavia  PaciSj  secunda  Fkwia  Tür 
tutis,  tertia  Flavia  ScUtäis  bilden  eine  zusammenhängende  Grmppe 
Doch  dies  ändert  an  der  Hauptregel  nichts.  Wenn  es  also  siu 
Zeit  des  Vopiscus  eine  legio  tertia  fdix  gab,  so  mase  gleichzeitig 
oder  vorher  auch  eine  prima  fdix  nnd  eine  secvmda  füix  bestan- 
den haben. 

Nun  finden  wir  in  der  Notitia  dignitatum  (Or.  7,  46)  zwät 
keine  prima^  wohl  aber  eine  secunda  felix^  doch  diese  führt  den 
Beinamen  VaHeniis.    Im  ersten  Jahrhundert  der  Kaiserzeit  kommt 
es  zwar  vor,  dass  einzelne  Legionen  den  Namen  ihrer  Herrscher 
als  Belohnung  für  eine  That  der  Treue  oder    des  Muthes  beige- 
legt erhalten,  doch  schon  mit  Claudius  hört  dies  auf.     Seit  Tes- 
pasian    bezeichnet    der    Kaisername    bei    einem    Tmppenkörper, 
sofern  er  dauernd  geführt  wird  und  nicht  mit  den  einzelnen  Ββ' 
gierungen  wechselt,  nie  etwas  anderes,  als  den  Gründer  desselben, 
und  dass  dies    auch   im  vierten  Jahrhundert    so   geblieben   war, 
beweisen  die  zahlreichen  legiones  IHocietianaCj  Maximianae^  Icvia^f 
HerctUiaCf   Flaviae^   Itdiae  und   Valentinianae,    welche  unmöglicli 
alle  sich  so  ausgezeichnet  haben  können,  um  einen  Ehrentiteln^ 
verdienen.     Ist  aber  die  legio  secunda  felLc  erst  von  Valens  ge- 
schaffen ,     so     kann    die    iertia  felix    des    Vopiscus    auch   niclJ  ^ 
älter  sein. 

5.     Das  Geld. 

Wo   bei  Vopiscus  Zahlungsanweisungen    vorkommen,    wir^^ 
regelmässig  verfügt,    dass    ein  bestimmter  Theil    der  Summe  i 
Gold,  ein  anderer  in  Silber,  ein  dritter  in  Kupfer  zu  erlegen  sei^^ 


^  Aurel.  9,  7  aureos  Äntoninianos  diurnos  binos,  argenteos  Phl•- 
Ιιρρωβ  minutulos  quinquagenos,  aeris  denarios  centiim.  12,  1  aureos 
Antoniniafios  trecentos,  argenteos  Philippeos  minutüloa  tria  miliar  in 
aere  sestertium  quinquagies.  Prob.  4,  5  aureos  Äntoninianos  cefttum^ 
argenteos  Aurelianos  miUe,  aereos  Philippeos  äecem  milia.  Firm.  15,  8 
aurws  PhiUppeos  centutn^  argenteos  Äntoninianos  miWe,  aeris  sestertittm 
decies.  Ganz  in  derselben  Weise  stellt  Lampridius  (Heliog.  22,  3)  cen- 
tum  aureos  et  mille  argenteos  et  centuw  foUes  aeris  zusammen  oder 
(21,  7)  aureos  milUnos  et  ceiitena  pondo  argenti. 


Zar  £chtheitefrage  der  Scriptores  historiae  Augastae.  221 

Solon  an  anderer  Stelle  habe  ich  darauf  hingewiesen,  das»  diese 
Selieidung  nach  den  Metallen  eich  in  echten  Urkunden  nicht  vor 
^4€  nachweisen  läset ^  Das  Gehalt  des  Eumenias,  welches  wirk- 
Uch  der  Zeit  Diocletians  angehört,  wird  ganz  einfach  auf  600,000 
3e«terzen  angesetzt,  ohne  dass  die  Geldsorte,  in  der  es  zu  zahlen 
Ät,  irgendwie  bestimmt  würde  (paneg.  IV  14). 

In    noch    viel    spätere  Zeit   führt    uns    folgende  Stelle  des 
L*a.nipridin8  (Alex.  22,  8) :  tantum  intra  biennium  vel  prope  annum 
P€>rcinae  camis  fuit  et  hubtüae^  ut^  cum  fuisset  ocio  mimUulis  libra, 
f^^  duos  unumque   utriusque  camis  libra  redigeretur.      Dass    der 
Minutulus,  nach  dem  hier  die  Fleischpreise  bestimmt  werden,  nur 
ein  Silberstück  sein  kann,  hat  schon  Mommsen  erkannt^.    Denn 
einerseits  redet  Yopiscus  (Aur.  9,  7.    12,  1)   von  argentei  minu- 
^^i,   andererseits    hat    es   im    römischen  Reiche  niemals  eine  so 
Werthvolle  Kupfermünze  gegeben,  dass  acht  Stücke  davon  für  ein 
Pfund  Fleisch  ein  sehr  hoher  Preis  gewesen  wären,  wie  das  Lam- 
piidius  doch  offenbar  voraussetzt.    Doch  ebenso  erfordert  der  Sinn 
seiner  Worte,  dass  ein  Minutulus  ein  aussergewöhnlich  niedriger 
Preis  sei,   und  was  das  im  vierten  Jahrhundert  bedeutete,   lehrt 
^8  das  diocletianische  £dikt.      In  diesem  waren  die  Preise  be- 
kanntlich so  angesetzt,  dass  sie  sich  auf  die  Dauer  nicht  aufrecht 
erhalten  Hessen,   also  bedeutend  unter  dem  gewöhnlichen  Markt- 
Werthe.     Wenn  der  Kaiser    das  Schweinefleisch    auf  12  Denare, 
das  Rindfleisch  auf  8  schätzt,    so  werden  wir   annehmen  dürfen, 
d&8s  dies  recht  wohlfeil  war  und  dass  folglich  der  Minutulus  des 
Lampridius  ungefähr  den  gleichen  Werth  ausdrückt.     Dieser  be- 
^gt  in  deutsches  Geld  übersetzt  22  Pfennige  für  Schweinefleisch, 
^^  für  Rindfleisch.     Nun  galt  das   kleinste    cureirende  Silber- 
^ck  unter  Alexander  Severus  43  Pfennige,  unter  Diocletian  61, 
^ter  Constantin  38,  unter  Constantius  IL  und  seinen  Nachfolgern 
^3.    Unter  diesen  Münzen  ist  keine,    die   nicht   den   geforderten 
Verth  des  Minutulus  um  das  Doppelte  oder  Dreifache  überstiege. 
Erst  unter  Honorius  beginnt  die  Prägung  eines  ganz  kleinen  Sil- 
Stückchens,  für  welches  nach  seinem  minimalen  Umfange  der 
Xame  argenteua  mvnutüius  höchst  angemessen  ist,  und  dessen  Werth 
demjenigen  entspricht,  welchen  wir  bei  Lampridius  erwarten  müssen. 
£e  galt  nämlich  10  Denare  oder  21  Pfennige^,    also    fast  genau 


1  Zeitechr.  f.  Namismaük  XVII  8.53.  152. 

^  (beschichte  des  römischen  MSnzwesens  S.  783. 

»  Zeitschr.  f.  Numismatik  XVIl  S.  00. 


222  Seeck 

den  Fleischpreie  des  Ediktes.  Da  nie  vorher  eine  Silbennflii 
80  niedrigen  Wertliee  existirt  hat,  scheint  mir  jeder  Zweifel  &ix•• 
geschlossen,  dass  der  Biograph  diese  meinte  und  folglich  niolit 
vor  395  geschrieben  haben  kann. 

In  diesem  Znsammenhange    mag    anch    darauf   hingewieees 
werden,  dass  der  technische  Ausdruck  adaerare^  den  PoUio  Claud. 
14, 14  braucht,  sich  in  den  echten  Quellen  nicht  vor  388  nachweieen 
lässt^     Dies   würde  nicht  viel  bedeuten,  wenn  das  Wort  einselir 
seltenes  wäre.     Doch  kommt  sowohl    das  Yerbum    als   anch  ättB 
davon  abgeleitete   adaeratio   in    den  Gesetzen    der    späteren  Zeit 
recht  häufig  vor^. 

6.     Der  Proconsul  Ciliciae. 

Vopisc.  Aurel.  42,  1.     Äurelianus  filiam  solam  reliquit,  eutus 
posteri  etmtn  nunc  Bomae  sunt.     Äurelianus   namque  pro  e<msuU 
Cüici/ie^    Senator  opiimuSy   sui  vere  iuris  vitaeque  venerabüis,  iW 
nunc  in  Sicilia  vitam  agit,  eius  est  nepos.     Es  ist  längst  bemerkt 
worden,    dass  zur  angeblichen  Zeit    des  Yopiscus    (um  304)  der 
Enkel    des  Aurelian  unmöglich  schon    ein   würdiger    Greis  eein 
konnte.     Peter  hat  daher  auch  diese  Stelle  einklammem  wollen. 
Er  hat  dabei  nur  vergessen,  dass  es  zu  den  regelmässigen  Prak* 
tiken  dieser  Fälscher  gehört,    Nachkommen  der  untergegangenen 
Herrscherhäuser  als  noch  in  ihrer  Zeit  lebend  zu  erwähnen.  So 
kennt  Capitolinus  Reste  von  den  Familien  der  Gordiane  (20,  6) 
und  des  Balbinus  (16,  1);  Pollio  behauptet,  dass  das  Geschlecht 
der  Macriane  noch  immer  blühe  (tyr.  14,  3 — 5),  und  weiss  ahn- 
liches auch  von  den  Enkeln  des  Gallienus  (19,  8),  des  Tetricaei 
der  Zenobia  und  des  Censorinus  zu  berichten  (tyr.  25,  2.    27,  2. 
33,  5);  Vopiscus  ist  mit  Nachkommen  des  Aurelian  (1,3.  42,1)' 
des  Probus  (24,1)  und  des  Proculus  bekannt  (13,5).     Dase  die* 
alles  Schwindel  ist,  bedarf  wohl  keines  Beweises.     In  einer  Zei*t 
wo  jeder  Kaiser  vor  Usurpationen  zittern  musste  und  keiner  vo^" 
einem  Justizmorde  zurückscheute,  wird  man  die  Keime  eines  künf^ 
tigen  Prätendententhunifl  gewiss    nicht    so  üppig   haben  wuchern 
lassen.     Wenn    unsere  Biographen    von   ausgestorbenen  Familien 
immer  wieder  so  reden,    als   ob  sie  noch  existirten,    so    ist    dies 


1  Die   ältesten  Zeugnisse   dafür    sind    Cod.  Theod.  yil  18,  8    1. 
Vin  4,  19.    Amm.  XXXI  14,  2. 

2  HatMicl,  ('orpuH  leguni.     Indicoa  p.  103. 


Zor  Echtheitsfrage  der  Scriptores  bistoriae  Augnstae.  223 

ir  ein  Kittel,  um  bei  ihren  Zeitgenoesen  den  Eindruck  zu  er- 
'cieOy  dass  auch  eie  selbst  einer  längst  vergangenen  Epoche 
gehören. 

Demselben  Zwecke  dient  auch  der  Titel  pro  constde  Ciliciae, 
leben  Yopiscus  dem  Enkel  Aurelians  beilegt.     Denn  auch  die- 

darf  scbun  deshalb  nicht  getilgt  werden,  weil  er  in  einer 
*alleletelle  desselben  Autors  seine  Stütze  findet.  Gar.  4,  6  wird 
Brief  citirt  mit  der  Ueberschrift :  Marcus  ÄurcUus  pro  con- 
I  Ciliciae  lunio  legato  suo.  In  beiden  Fällen  erscheint  dies 
consulat  in  einer  Zeit,  welche  der  Fälscher,  wenn  er  wirklich 
i  nach  804  geschrieben  hat,  noch  erlebt  haben  müsste.  Da 
in  ßom  mit  den  Spitzen  des  Adels  verkehrt  haben  will,  hätte 
über  die  Titulatur  eines  Statthalters  sich  unmöglich  täuschen 
inen;  denn  unter  seinen  Freunden  und  Bekannten  wäre  gewiss 

eine  oder  der  andere  gewesen,  der  selbst  Cilicien  verwaltet 
te.  Nun  ist  es  aber  wohlhekannt,  dass  das  Proconsulat  dieser 
)vinz  schon  mit  der  Bepublik  zu  Grabe  getragen  ist;  in  der 
heren  Eaiserzeit  wurde  sie  von  Legaten,  unter  Diocletian  von 
nsnlares  verwaltet.  Den  Titel  pro  consule  Ciliciae  hat  Yopiscus 
ibrscheinlich  irgendwo  im  Cicero  aufgelesen ;  wenn  er  ihn  aber 
ischlich  auf  die  Epoche  anwendet,  welcher  er  seihst  angehören 
ί11,  so  zeigt  dies,  dass  er  zu  ihrer  Schilderung  ein  alterthüm- 
ibes  Colorit  erforderlich  glaubte,  mit  andern  Worten,  dass  er 
atsäehlich  in  einer  viel  späteren  Zeit  lebte. 


Dies  ist  eine  kleine  Nachlese,  welche  keineswegs  die  äugen- 
%8ten  und  überzeugendsten  Anachronismen  der  Soriptores  um- 
^;  denn  diese  waren  theils  von  Dessau  theils  von  mir  schon 
I  unseren  früher  erschienenen  Untersuchungen  vorweg  genommen. 
fotzdem  dürfte  sie  wohl  schon  für  flieh  allein  die  Echtheits- 
age entscheiden,  dafem  man  nicht  mit  Momrasen  an  eine  spätere 
Überarbeitung  der  Biographien  glauben  will.  Doch  auch  wenn 
in  dies  thut,  wird  es  kaum  möglich  sein,  alle  beanstandeten 
^llen  als  Interpolationen  auszuscheiden ;  dazu  stehen  die  meisten 
Q  ihnen  viel  zu  fest  im  Zusammenhange  der  ganzen  Erzählung, 
it  man  daran  fest,  dass  der  Kern  der  Sammlung  unter  Dio- 
tian  und  Constantin  entstanden  sei,  so  muss  man  eine  tiefgrei- 
de  Umgestaltung  des  ganzen  Werkes  in  späterer  Zeit  annehmen, 
le  solche  würde  freilich  jeden  Anachronismus   erklären;   doch 


224        Seeck  Zur  £chtheit8frage  der  Scriptoree  histortM  Augastae. 

hätte  man  sie  in  jener  £poche  ohne  Zweifel  ale  selbständig 
litterarische  Leistung  angesehn.  Warum  publioirte  sie  also  de 
Ueberarheiter  nicht  unter  seinem   eigenen  Namen? 

Den  Beweis,  dass  die  Historia  Augusta  nicht  vor  dem  letz 
ten  Ende    des  vierten  Jahrhunderts   zum  Abschluss    gelangt  seil 
kann,    habe  ich  früher  geführt  und  an  dieser  Stelle  vervoUstän 
digt.     Als  Vermuthung  fügte  ich  hinzu,  dass  sie  unter  dem  galli 
sehen  Usurpator  Constantin  III  (407 — 411)    entstanden    sei    um 
die  Weissagung    auf    die    ewige    Dauer    des    claudisch-flavischei 
Herrscherhauses  (Claud.   10,  5)    sich    auf   diesen  beziehe.     Dies< 
Datirung  halte  ich  selbst  für  discutabel;  doch  die  Gründe,  welche 
man  dagegen  angeführt  hat,    überzeugen    mich    nicht.     Von  den 
Galliern  wird  (Gallien.  4,  3)  gerühmt,  dass  es  ihnen  insitum  est, 
l^ves  ac   degenerantes  α  virtute  Romana  et  luxuriöses   principe^ 
ferre  nmi  posse.     Dass  dieses  sich  sehr  passend  auf  ihren  Abfal 
von  dem  schwächlichen  Honorius    zu    dem    kühnen  und    kriege 
rischen  Constantin  beziehen  lässt,  wird  man  kaum  läugnen.    Pet^ 
(S.  243)  macht  dagegen  geltend,  dass  dieselben  Gallier  an  ander- 
Steilen  wegen  ihrer  Unbeständigkeit  und  ihrer  Sucht  zum  Kaiser 
machen  scharf  getadelt  werden;    doch    ist   dies   eher  eine  BeetS 
tigung  als  eine  Widerlegung.   Denn  auch  jenem  dritten  Conetastii 
blieben  sie  bekanntlich  nicht  treu,    sondern    erhoben   gegen  ilm 
neue  Usurpatoren.     Nicht  viel  gewichtiger    ist   der   andere  Ein- 
wand, dass  ein  in  Rom  geschriebenes  Buch  keinen  Herrscher  habe 
verherrlichen  können,    dessen  Macht   immer    auf  den   gjEilliechen 
Eeichstheil  beschränkt  blieb.     Freilich  müssen  unsere  Biographeor 
oder  doch  ein  Theil  von  ihnen,    die  Hauptstadt  aus  eigener  An- 
schauung gekannt  haben ;  das  verräth  sich  oft  genug  in  dem  In* 
halt  ihrer  Schriften.     Doch    dass    diese    in  Rom    abgefasst  sindi 
beruht  nur  auf  ihrem  eigenen  Zeugniss,    ist  also  eben    so  wenig 
glaubwürdig,  wie  alles  übrige,  was  die  Fälscher  von  sich  selbet 
aussagen.     £s  können  sehr  wohl  Gallier  gewesen  sein,  die  sicbf 
wie  Rutilius  Namatianus,    eine    Zeit   lang    in    Rom    aufgehalten 
hatten,    oder  auch  Stadtrömer,   die  nach  Gallien  geflohen  wareti« 
Die  furchtbare  Hetze,  welche  nach  dem  Tode  des  Stilicho  gegei^ 
seine  Anhänger  ausbrach,    hat  gewiss  manchem  Italiener  Anlast 
gegeben,  bei  Constantin  III.  vor  den  Henkern  des  Honorius  Schutz 
zu  suchen.     Doch  das  sind  Fragen,    vor  denen  die  Wissenschaft' 
liehe  Forschung  versagt.     Diese  hat  genug  gethan,  wenn  sie  eine 
Fälschung  als  solche  erwiesen  und  ihre  Zeit  annähernd  festgestellt 
hat.     Zwecke   und  Urheber    derselben    aufzufinden,    ist  selbst  ii 
historisch  sehr  gut  bekannten  Epochen  nicht  immer  möglich,  ge 
schweige  denn  im  fünften  Jahrhundert,     das    zu    den  dunkelstei 
Perioden  der  ganzen  Geschichte  gehört. 

Greifswiild.  Otto  Seeck. 


225 


Zar  Chronologie  der  älteren  griechischen  Geschichte. 


I. 


Die  messeniechen  Kriege. 

Die  olympische  Siegerclironik  beginnt  mit  dem  Jahre  776, 
ύ  welchem  Koroibos  aus  Elis  im  Lauf  siegte.  Für  die  nächste 
Olympiade  772  steht  sein  Landsmann  Antimachos  ans  Dyspon- 
tion  in  der  urkundlichen  Liste  als  Sieger  verzeichnet.  Die  Sieger 
Verfolgenden  neun  Olympiaden  768 — 736  sind  mit  zwei  Aus- 
»slimen  Messenier.  736  bricht  ihre  in  diesem  Zeitraum  fast 
^tinnirliche  Siegerreihe  plötzlich  ab:  die  nächsten  Olympiaden 
forden  von  Argivem  \  Eorinthiern,  Pisaten  und  Megarern  ausge- 
Allt  720  siegt  zum  ersten  mal  ein  Spartaner.  Für  das  ganze 
Mgende  Jahrhundert  stellt  Sparta  sodann  mehr  als  die  Hälfte 
liier  bekannten  Sieger,  Messenien  keinen. 

Wenn  wir  über  die  peloponnesisohe  Geschichte  des  achten 

^i  siebenten  Jahrhunderts    vor  Chr.    nichts    wüssten    und    die 

^dympische  Siegerchronik  das  einzige  historische  Denkmal  wäre, 

^M  uns  über    diese  Zeit  Aufschluss    gäbe,    so   müssten  wir    aus 

'erselben    schliessen,    dass    auf    der  Halbinsel   gegen   Ende    des 

leiten  Jahrhunderts  gewaltsame  Umwälzungen  in  den  Machtver- 

taltnissen  der  einander  benachbarten  und  an  den  Spielen   bethei- 

li^en  Landschaften    stattgefunden  hätten.      Der    jähe  Abschluss 


*  Ob  der  Sieger  der  12.  Olympiade  Oxythemis  aus  Kleonai  oder 
Korone  stammte,  läset  sich  nicht  entscheiden,  da  beides  gleichgut 
überliefert  ist :  Förster  Die  Sieger  in  den  olympischen  Spielen  (Zwickau 
1891)  3. 


fijfetln.  Mai.  f.  Pbllol.  N.  F.  XUX, 


Vö 


226  Toepffer 

der  meesenischen  und  der  sich  unmittelbar  daran  anschlieaeen 
Beginn  der  spartanischen  Siegeraera  können  nicht  als  zoföl 
und  unabhängig  von  einander  entstandene  Ereignisse  betrach 
werden,  sondern  lassen  sich  nur  als  die  Folgen  einer  gleichz 
tigen  politischen  Katastrophe  denken,  die  den  bis  dahin  glei< 
massig  fortschreitenden  Entwickelungsgang  der  messenischen  Mai 
plötzlich  unterbrach. 

Das  historische  Factum,  welches  die  Zertrümmerung  < 
einen  und  das  Aufleben  des  anderen  Staates  bewirkte,  ist  in  < 
olympischen  Siegerliste  natürlich  nicht  angegeben. 

Dagegen  hören  wir  durch  das  Zeugniss  des  den  Ereignis! 
nahestehenden  Dichters  Tyrtaios  von  zwei  grossen  Kriege 
die  zwischen  Sparta  und  Messenien  geführt  worden  seien,  η 
beide  mit  der  Niederwerfung  Messeniens  geendet  hätten,  und  ι 
fahren,  dass  der  erste  dieser  Vernichtungskriege  im  zwanzigsi 
Jahre  beigelegt  worden  sei,  worauf  zwei  Menschenalter  spai 
der  Kampf  von  neuem  ausgebrochen  sei.  Tyrtaios  nennt  au 
den  Namen  des  Königs,  der  zur  Zeit  des  zwanzigjährigen  Krieg 
in  Sparta  herrschte:  Theopompos. 

Eine  chronologische  Fixirung  der  Zeit  dieser  Kämpfe  find• 
wir  bei  dem  Dichter  Tyrtaios  natürlich  ebensowenig  wie  in  d 
olympischen  Chronik  eine  Angabe  über  die  Veranlassung  der  ai 
fälligen  Statistik  der  Siegerliste. 

Ausser  den  kurzen  Angaben  des  Tyrtaios  besitzen  wir  üb 
die  messenischen  Kriege  eine  Reihe  historischer  Nachrichten,  d 
alle  einer  jungem  Zeit  angehören  und  auf  Grund  deren  man  d 
Zeit  dieser  Kriege  in  sehr  verschiedener  Weise  bestimmt  hi 
Der  chronologische  Aufbau  der  meisten  Neueren  basirt  auf  d 
Zeitbestimmung  des  Pausanias,  der  den  ersten  Krieg  von  743- 
724,  den  zweiten  von  685 — 668  währen  lässt^.  Die  Ansätze  d 
antiken  Chronographen  stehen  mit  diesen  Angaben  des  Paueani 
über  den  ersten  Krieg  im  Einklang.  Es  scheint,  dass  die  tibi 
einstimmenden  Daten  beider  auf  den  Lakedaimonier  Sosibi 
zurückgehen,  der  die  spartanischen  Königslisten  seiner  Zeitrec 
nung  zu  Grunde  legte  ^.  Ob  diese  Berechnungsweise  zuverläet 
war  oder  nicht,  können  wir  nicht  wissen. 

B.  Niese  fällt  über  dieselbe  in  seinem  unlängst  erschienei 
Aufsatz  über  die  ältere  Geschichte  Messeniens  folgendes  ürth( 


1  Die  moderne  Litteratur  bei  Busolt  Griech.  Gesch.  Ρ  589 ff. 
-'  E.  Rolule  UlieiD.  Mus.  XXXVI  Γ>2Γ). 


Zar  Chronologie  der  älteren  griechischen  Geschichte.  227 

Alle  jene  überlieferten  Daten    sind    sehr   unsicher ;    namentlich 
luben  die  so  bestimmten  Angaben  des  Pansanias  und    der  Chro- 
nographen,   wie  schon  Grote  bemerkte,    gar  keinen  Werth:    sie 
drohen   lediglich    auf  Yermuthung   und    sind    aufs  Gerathewohl 
kstimmt  worden,  und  zwar  yerhältnissmässig  erst  spät  (Hermes 
ΏΥΙ  29).     Gegen  die  Auffassung,  dass  eine  Nachricht  des  Pau- 
^iae  auf  Yermuthung  beruhe  und  dem  Gerathewohl  entstamme, 
^&ast  sich  von  vornherein  nichts    einwenden.      Daher  wollen  wir 
^ie  Angaben  dieses  Schriftstellers  zunächst  aus  dem  Spiel  lassen 
Dod  sehen,    wie  weit  wir  mit  Hilfe  des  Tyrtaios  und  der  olym- 
pischen Siegerchronik  kommen  können. 

Da  wir  sowohl  die  Dauer  des  ersten  Krieges  als  auch  das 
Intervallum  zwischen  seinem  Ende  und  dem  Beginn  des  zweiten 
Krieges  durch  Tyrtaios  kennen,  so  kommt  es  vor  allem  darauf 
^n,  aus  der  üeberlieferung  einen  Anhaltspunkt  für  die  Bestim- 
mung des  Anfanges  oder  Schlusses  des  ersten  Krieges  zu  ge- 
'winnen. 

In  dem  ausführlichen  Kriegsbericht  des  Pansanias  finden 
sich  zwei  Namen,  die  in  dem  olympischen  Siegerverzeichniss  wie- 
derkehren :  Androkles  und  Polychares,  der  erste  als  Sieger  der 
tetten  (768),  der  zweite  als  Sieger  der  vierten  (764)  Olympiade 
legifltrirt.  Von  Polychares  erzählt  Pansanias  (IV  4,  5)  offenbar 
^ch  messenischer  Version  dass  der  Raub  seines  Viehes  und  die 
£nnordung  seines  Sohnes  durch  den  Spartaner  £uaiphnos  die 
Veranlassung  zum  Ausbruch  des  Krieges  zwischen  Messenien  und 
Sparta  geworden  sei.  An  die  historische  Treue  dieser  Nachricht 
Glicht  niemand  zu  glauben;  nur  vermag  ich  in  dem  Umstände, 
^  nach  Ausweis  der  Chronik  im  Jahre  764  ein  Messenier 
Polychares  in  Olympia  gesiegt  hat,  noch  keinen  Grund  zur 
Verdächtigung  der  Erzählung  des  Pansanias  zu  finden,  denn 
^  wüsste  nicht,  wie  man  den  Nachweis  führen  wollte,  dass 
^r  Name  dieses  Mannes  aus  der  ^  Olympionikenliste  in  die 
Whichte  gelangt'  sei^.  Ob  man  das  behauptet  oder  leug- 
net, kommt  auf  dasselbe  heraus,  da  man  es  ebensowenig  be- 
weisen wie  widerlegen  kann.  Anders  steht  es  mit  Androkles. 
Paasanias  (IV  4,  4)  lässt  den  ersten  Krieg  mit  Sparta  ausbrechen, 


1  Niese  Hermes  XXVI  32,  dem  sich  J.  Beloch  (Griech.  Gesch. 
I  285)  angeschlossen  hat;  im  übrigen  ist  der  Redacteur  Hippias  für 
Beloch  der  Gradmesser  für  den  chronologischen  Werth  der  olympischen 
Chronik  in  älterer  Zeit  (I  284.  322). 


228  Tpepffep 

während  Androkles  und  Antiochos,  die  Söhne  des  Phintas,  in 
Messenien  Könige  waren.  Die  Nachkommen  des  enteren  wan- 
dern noch  während  des  Krieges  nach  Sparta  ans  und  erhal- 
ten am  Schluss  desselhen  von  den  Spartanern  den  fmchtharen 
Landstrich  Hyameia,  den  diese  den  besiegten  Hesseniem  abge- 
nommen hatten.  Die  Geschichtlichkeit  dieser  dnrchane  unver- 
dächtigen Nachricht  in  Frage  zu  stellen,  haben  wir  ebensowenig 
Grund,  wie  die  Existenz  des  messenischen  Geschlechtes  der  An- 
drokleiden  zu  bezweifeln,  das  uns  auch  noch  in  andern  IJeber- 
lieferungen  entgegentritt:  wir  finden  dasselbe  sowohl  in  Attika 
als  auch  in  Ephesos,  an  letzterem  Ort  im  Besitze  der  sacra  der 
Demeter  Eleusinia,  die  seinen  peloponnesischen  Ursprung  ver- 
bürgen. Nun  lesen  wir  in  der  olympischen  Siegerohronik  unter 
ol.  3  =  768:  'Άνοροκλος  Μεσήνιος  στάοιον.  Dass  der  hier 
erwähnte  Sieger  aus  Messenien  mit  dem  von  Pausanias  erwähnten 
König  der  Messenier  und  Angehörigen  des  Adelsgeechlechtes 
identisch  sei,  wird  wohl  niemand  in  Abrede  stellend  Wer  aber 
annehmen  wollte,  dass  Pausanias  oder  sein  Gewährsmann  den 
Namen  des  messenischen  Könige,  unter  dem  der  erste  Krieg  aus- 
gebrochen sein  soll,  der  olympischen  Chronik  entnommen  und  das 
übrige  frei  hinzugedichtet  habe,  der  muss  auch  annehmen,  dass 
das  messenieche  Adelsgeschlecht  seinen  Namen  und  Ursprung 
derselben  Quelle  verdanke.  Das  wird  wohl  niemand  thun. .  Mit- 
hin gewährt  uns  die  olympische  Sie^erliste  einen  festen  Anhalts- 
punkt für  die  Zeitbestimmung  einer  Persönlichkeit,  die  während 
des  ersten  messenischen  Krieges  eine  politische  Bolle  gespielt  hat. 
Die  hinsichtlich  ihres  Werthes  uncontrolirbare  Angabe  des  Pau- 
sanias, dass  der  Krieg  unter  der  Regierung  des  Androkles  im 
Jahre  743  ausgebrochen  sei,  steht  mit  der  Zeit  seines  olympi- 
schen Sieges  (768)  in  bestem  Einklang,  aber  sie  steht  dahin. 
Prüfen  wir  daher,  ob  uns  die  olympische  Siegerliste  ein  Mittel 
an  die  Hand  gibt,  den  Werth  dieser  Nachricht  zu  beurthei- 
len.  Nach  Ausweis  der  Chronik  beginnt  die  fortlaufende  spar- 
tanische Siegeraera  mit  dem  Jahre  720.  Wir  dürfen  aus 
dieser  Thatsache  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit  schliessen,  dass 
Messenien   um    diese  Zeit    niedergeworfen  war.     Die   Landschaft 


^  üeber  die  Namensformen  "Ανδροκλος  und  *Ανδροκλής  vgl.  0. 
Crusius  Jahrb.  für  Philol.  1891  S.  392.  Wegen  der  ephesiechen  Stif- 
tungssage ist  es  unmöglich,  iu  dem  Könige  Androkles  den  Archegetes 
des  mcsRenischcn  Geschlechtes  zu  sehen. 


Zur  Chronologie  der  älteren  griechischen  Geschichte.  220 

verschwindet  aus  der  Reihe  der  selbständigen  Staaten  und  Sparta 
öitt  an  ihre  Stelle.  Wenn  wir  von  diesem  terminus  ante  quem 
ausgehend  den  Beginn  des  zwanzigjährigen  Krieges  zu  bestimmen 
'β eben,  so  würden  wir,  wenn  wir  das  Ende  desselben  mit  dem 
treten  spartanischen  Siege  in  Olympia  (720)  zusammenfallen 
•'^eeen,  als  Anfangstermin  das  Jahr  740  erhalten,  also  einen  Zeit- 
Pt&nkt,  der  sich  mit  der  Angabo  des  Pausanias  fast  deckt. 
*V"enn  ich  nicht  anstehe,  den  ersten  Krieg  in  ungefährer  Ueber- 
^iiistimmung  mit  Pausanias  von  740  bis  720  etwa  währen  zu 
Seen,  80  geschieht  das  also,  wie  ich  ausdrücklich  betone,  nicht 
f  die  Autorität  dieses  Schriftstellers  hin,  dessen  Berechnungs- 
iee  sich  unserer  Controle  zwar  entzieht,  aber  deshalb  noch 
v^xcht  falsch  zu  sein  braucht.  Mit  der  speci eilen  Nachricht,  dass  der 
K^ineg  itei  δευτίρψ  της  ένατης  Ολυμπιάδος  (ol.  9,  2  =  743), 
^"V  Ξβνόοοκος  Μεσσηνίας  ένίκα  στάδιον,  ausgebrochen  sei,  läset 
sicli  natürlich  nichts  anfangen. 

Wenn  in  der  olympischen  Chronik  unter  ol.  11  ==  736  zum 

letzten  mal  ein  Messenier  als  Sieger  verzeichnet  ist  und  die  Sieger 

^^T  nächsten  Olympiaden  durchweg   aus  Landschaften    stammen, 

^ie  an  dem  Kriege   nicht    betheiligt    waren,    so    ist    daraus    der 

i^hstliegende  Schluss,   dass  mit  diesem  Zeitpunkt  die  Bedräng- 

^\%B  der  Messenier  begonnen  hat.    Denn  die  ebenfalls  vorgebrachte 

Möglichkeit,  dass  auch  die  weitere  Verbreitung  der  Spiele  oder  die 

^ennehrung  der  Bewerber  um  die  Preise  das  plötzliche  Aufhören 

der  zahlreichen  Siege    der  Messenier   veranlasst   haben    könnte^, 

iclieiiit  mir  ebenso  unhaltbar,    wie  dass  die  Messenier  sich  nach 

ier  11.  Olympiade   zwar  an    den  Wettkämpfen  betheiligt,    aber 

keine  Siege  mehr  errungen  hätten  ^. 

Tyrtaios,    der  Zeitgenosse   des  zweiten  Krieges,    bezeichnet 

die  Kämpfer  des  ersten    als   πατφων  ημετέρων  πατέρες.     Dar- 

ziach  wird    man    die  Zwischenzeit  zwischen    den    beiden  Kriegen 

aof  60—70  Jahre  ansetzen  dürfen:    so  waren    die  Kämpfer  von 

1870  die  Enkel  der  Freiheitskämpfer^.      Der    zweite  Krieg    mit 

Sparta  muse  also  um  die  Mitte  des  7.  Jahrhunderts  ausgebrochen 


^  Niese  a.  a.  0. 

2  Niese  a.  a.  0. 

3  Ich  vermag  mich  in  diesem  Punkte  nicht  Beloch  anzuschliessen, 
der  aas  dem  Umstände,  dass  Tyrtaios  *pin  Dichter,  kein  Ooncaloge* 
gB'weeen,  folgert,  dass  πατέρων  ημετέρων  πατέρβς  nicht  unsere  Gross- 
väter zu  beisseu  braacho  (Griech.  Gesch.  I  285). 


230  Tücpffor 

sein  und  scheint  sich,  wie  Niese  richtig  annimmt,  ziemlich  lange 
hingezogen  zu  haben.  Wann  er  sein  £nde  erreichte,  läset  sich 
auch  nicht  annähernd  bestimmen. 


II. 

Die  Kämpfe  der  Athener  in  der  Aiolis. 

Durch   die    bahnbrechenden    chronologischen  Arbeiten    τ 
Diele  und  Sohde  ist  das  Fundament  aufgedeckt  worden,  auf  d 
das  Gebäude  der  griechischen  Litteraturgeschichte  ruht    Sie  hab 
den  gelehrten  Mörtel,    der  an  dem   antiken  Baumaterial  hafte 
entfernt  und  dasselbe  dadurch  zu  einem  Neubau  verwendbar 
macht.     Die  seitdem  herrschende  rastlose  Geschäftigkeit  im 
reissen  und  Aufrichten  hat  sich   auch  der  Chronologie  der  ai 
sehen  Lyriker  zugewandt.     Julius  Beloch  hat  kürzlich  das  Ze^ -St- 
alter des  Alkaios  und  der  Sappho    einer  umfassenden  und  w^:St- 
greifenden  Untersuchung  unterzogen,  in  der  er  zu  dem  Sesnlfc^t 
gelangt,    dass  Alkaios   und  Sappho    und    der  von  diesen  zeitlm.^^ 
nicht  zu  trennende  Tyrann  von  Mytilene  Pittakos  nicht,  wie  nt 
bisher  allgemein  annahm,  um  die  Wende  des  siebenten  und  sec 
ten  Jahrhunderts  gelebt  hätten,    sondern    dass    dieselben  Zeit^S"^ 
nossen  des  Anakreon  seien,  der  dem  Ausgange  des  sechsten  Jab^-^' 
hunderte    angehört^.      Welche  Bedeutung    diese  Thatsache,    fa^H^* 
sie  sich  erweisen  liesse,   für   die  Beurtheilung    des    historisciv-  ^^ 
Entwickelungeganges  der  griechischen  Lyrik  haben  würde,  li^^K* 
auf  der  Hand  ^.     Doch  werde    ich    nicht    durch  diesen  Gesich.  "^^' 
punkt  veranlasst,  auf  die  Frage  nach  der  Lebenszeit  dieser  P^^^ 
sonen  näher  einzugehen,    sondern    durch    die  Consequenzen, 
sich  aus  jener  Hypothese  für  die  ältere  Geschichte  Athens  erge 
Denn  die  Frage  nach  dem  Zeitalter  des  Alkaios  und  der  Sapp 
hängt  aufs  engste  zusammen  mit  der  viel  umstrittenen  Chrono 


e 


( 
0- 


1  Rhein.  Mus.  1890,  465  ff.,  Griech.  Gesch.  I  258.  330. 

2  Es  wäre  wohl  Zeit,  dass  die  litterarische  Forschung  ihre  Pflicl^^ 
thäte,   die    unvergleichliche  Poesie    der  Sappho  von    dem  seit  Welck^^ 
auf  ihr  lastenden  Vorurtheil  zu  befreien,  denn  wer  so  offen  und  so  deut' 
lieh  redet  wie  Sappho,  hat  ein  Eecht  darauf,  verstanden  und  dem  YeT 
ständnisB  entsprechend  beurtheilt  zu  werden.    £s  freut  mich,  in  diesen 
Punkte  mit  Beloch  vollkommen  übereinzustimmen. 


Zur  Chronologie  der  älteren  griechischen  Geschichte.  231 

gie  der  Kampfe,    welche    die  Athener    mit    den  Aiolern   um  den 
Besitz  von  Sigeion  geführt  hahen. 

Dass   den    antiken    Litterarhietorikem    für   die  Bestimmung 
^^T  Lebenszeit  des  Alkaios    keine  directe  Ueberliefemng  zu  Ge- 
bote gestanden  hat  und  sie  infolgedessen  gezwungen  waren,    aus 
^θη  historischen  Anspielungen,  die  sich  in  den  Werken  des  Dich- 
^rt  fanden,   seine  Zeit  zu  berechnen,  wird  heute  wohl  von  Nie- 
mand bezweifelt.     Beweisen  lässt  sich  diese  Voraussetzung  eben- 
sowenig wie    widerlegen.      Einen  Anhaltspunkt    für    die  Zeitbe- 
stimmung des  Alkaios  konnten  seine  zahlreichen  Angriffe    gegen 
den  liytilenaeer  Pittakos  bieten.   Ks  scheint,  dass  sie  ihn  geboten 
^aben,    denn    in  unseren  litterarischen  Quellen  werden  Pittakos, 
Alkaios  und  Sappho  in  dieselbe  Olympiade   (42  =  612)  gesetzt: 
tHog.  Laert.  I  79  ήκμαΕε  μέν  οΰν  (ΤΤιττακός)  περί  τήν  τεσσα- 
Ρακοστήν  δευτίραν  ολυμπιάδα.     Suid.  β.  Σαπφώ  .  .  .  γεγονυΤα 
>^ατά  τήν  μβ  ολυμπιάδα,  δτε  και  'Αλκαίος  ήν  . .  καΐ  ΤΤιττακός. 
i'ftr  die  umgekehrte  Annahme,    dass  Pittakos  (nach  Alkaios  oder 
Sappho  datirt  worden  sei,  fehlt  jeder  Anhaltspunkt. 

Als  Quelle  dieses  chronologischen  Ansatzes  dürfen  wir 
Apollodoros  betrachten,  auf  den  der  Autor  des  Diogenes  wohl 
^irect,  Suidas  (Hesychios)  indirect  durch  die  Vermittelung  des 
Diogenes  zurückgeht.  Das  Quellenverhältniss  ergibt  sich  aus 
Einern  Vergleich  der  dem  Diogenes  und  Suidas  gemeinsamen 
Kachrichten  über  das  Leben  des  Pittakos.  Der  einzige  feste 
iSinkt  in  demselben,  den  wir  als  gegeben  betrachten  dürfen,  ist 
4ie  Angabe  über  die  Blüthe  des  Mannes,  die  dem  Sprachgebrauch 
der  antiken  Chronologen  zufolge  in  das  erste  Jahr  der  Olympiade 
ansetzen  ist  (ol.  42,  1  =  612)^  Das  bei  Suidas  verzeichnete 
Oeburtsjahr  des  Pittakos  (ol.  32  =  652)  ist  evidentermassen  erst 
^Tif  Grund  der  bekannten  Thatsache  bestimmt  worden,  dass  man 
das  vierzigste  Lebensjahr  eines  Mannes  als  seine  Akme  zu  be- 
^^achten  pflegte. 

Wir  haben  uns  also  in  dem  Leben  des  Pittakos  nach  einem 
Ereigniss  umzusehen,  das  den  alten  Chronologen  Veranlassung 
fab,  seine  Blüthe  in  die  genannte  Olympiade  zu  setzen. 

Die  methodische  Bedeutung  dieser  Frage  ist  in  unserer  Zeit 
Hchtig  erkannt  und  der  Versuch  sie  zu  beantworten  von  ver- 
Mhiedener  Seite  in  verschiedener  Weise  gemacht  worden.  E.  Rohde 
sprach  in  seinem    bekannten  Aufsatz    über    die  Biographica    des 


»  VgL  E.  Rohde  Rhein.  Mus.  1887  ö.  47G. 


232  Toepffer 

Suidae  (Bhein.  Mas.  1878,  217)   die  MeinuDg  aus,    daee  der  ai 

ol.  42  ^=612  fixirte  Zweikampf   dee  Fittakos    und  Phrynon  al 

dae  Ereigniss  anzuseben  sei,    auf  Grund    deseen  man  die  Blütli 

wie    des  Fittakos  so   der  Sappho  und  des  Alkaios    in  oL  42  gi 

setzt  hätte.     Die  einzige  Grundlage,   auf  die    sich  diese  Ansicl 

stützt,  bilden  die  Worte  des  Suidas  s.  ΤΤιττακός '  έγραψε  νόμους 

και  Txji  μβ  όλυμπιάοι  Μίλαγχρον  τόν  τύραννον  Μιτυλήνης  όνεΐλ< 

καΐ  Φρύνωνα  στρατηγόν  Αθηναίων  πολεμοΟντα  υπέρ  του  Σ 

γείου  μονομάχων  όπέκτεινε.     leb    habe   in    meinen  Quaesiiani 

IHsistrateae  (Dorpat  1886)  66  versucht,    diese  Grundlage   zu  ei 

sebüttern,  indem  ich  das  Secht  in  Frage  stellte,    die  Worte  de 

Suidae   και   Φριϊνωνα   στρατηγόν   'Αθηναίων  πολεμουντα  ύπί 

τοΟ  Σιγείου  μονομάχων  όπέκτεινε  auf  dieselbe  (42.)  Olympiac 

zu  bezieben,  in  die  der  Autor  die  Ermordung  des  Tyrannen  M• 

lanchros  setzt,  zumal  Eusebius,  bei  dem  sich  allein   eine  chront 

logische  Fizirung  des  Zweikampfes  zwischen  Fittakos  und  Pbi^i 

non  findet,    denselben    der  43.  Olympiade  (608/4)  zuweist.    Ic 

habe  femer  im  Gegensatz  zu  Rohdes  Ausführungen  auf  die  Wah. 

scheinlichkeit  hingewiesen,  dass  die  bei  Suidas  ol.  42  angesetz 

Ermordung  des  Tyrannen  Melancbros,  das  einzige  Ereigniss,  desse 

Gleichzeitigkeit  mit  der  überlieferten  ακμή  des  Fittakos  nachwei 

bar  ist,    den  Anhaltspunkt  zur  Bestimmung  der  Blüthe  des  T; 

rannen  gegeben  haben  würde.     Es    freut    mich,    dass  Kohde    : 

einer  darauf  erschienenen  Miscelle  (Rhein.  Mus.  1887,  475  ff.)  seil 

frühere  Ansicht   zurückgezogen  hat  und  zu  demselben  Ergebni 

gelangt,  das  ich  in  meiner  Untersuchung  ausgesprochen  hatte. 

Eine    dritte   Möglichkeit    ist    von   Susemihl    in   Erwägur 

gezogen    worden,    der    in    einem  Aufsatz    über    die    Chronolog; 

des  Fittakos    (Rhein.  Mus.   1887,  140  ff.)    die  Ansicht    aufstell 

dass  die  Blüthe   des  Fittakos  nach    der    ol.  42  (612)  stattgefu. 

denen    Besetzung    Sigeions    durch    die    Athener    datirt    wordi 

sei.     Diese  Auffassung  hat,    wie  Rohde    richtig    bemerkt,    wed 

äussere  Gewähr,  noch  innere  Wahrscheinlichkeit.     Es  findet  sii 

in    unserer  üeberlieferung    schlechterdings    garnichts,    was    di 

selbe    auch    nur    einigermassen    befürworten    konnte.      Susemil 

hat  daher  mit  Recht    in    einer  späteren  Abhandlung    (Jahrb.  Γι 

Fhilol.    1890,    190  ff.)    seine    frühere   Ansicht    aufgegeben    üb 

eine  neue  Hypothese  aufgestellt.     Er   geht   dabei   von  einer  Ε 

wägung  aus,   die  mir  durchaus  berechtigt  erscheint.    Das  einzig 

was  wir  von  Antimenidas,  dem  Bruder  des  Alkaios,  wissen,    ii 

dass    er    an    dem  Sturze    des  Tyrannen  Melancbros  Antheil    g 


Zar  Chronologie  der  älteren  griechischou  Geschichte.  2i)3 

Bommeoi  im  babyloDischen  Heere  Eriegsdienete  geleistet  und  sich 
ώ  einer  Schlacht  auf  Seiten    der  Babylonier    ausgezeichnet    hat. 
Wenn  wir  bedenken,    wie  häufig    die    antiken  Chronologen    zur 
•Oatinmg  griechischer  Ereignisse  die  in  den  meisten  Fällen  chro- 
i^ologisch   fixirten  orientalischen  herangezogen    haben    (z.  6.  die 
£robernng  von  Sardes),  so  werden  wir  die  Möglichkeit,  dass  der 
äturs  des  Tyrannen  Melanchros    nach    der   von   den  Babyloniern 
^ceehlagenen  Schlacht,  an  der  Antimenidas  Theil  nahm,  bestimmt 
'forden  sein  könnte,  nicht  zurückweisen  ^     Susemihl  gibt  zu,  dass 
<lie  von    mir    ausgesprochene  Yermuthung,    die   antiken  Chrono- 
logen könnten  auf  diesem  Wege  zur  Fixirung  des  Tyrannensturzes 
Mitylene  gelangt  sein,"  ^ebenso  wahrscheinlich,    ja    vielleicht 
ahrsoheinlicher    als  die  seinige  sei.     Damit  fällt  jeder  Einwand 
Segen  meine  Ausführungen  über  die  Berechnung    der  ακμή    des 
I^ittakos.     Der    Sturz    des    lesbisohen  Tyrannen  Melanchros,    an 
^em  sowohl  Pittakos  als  auch  die  Brüder  des  Alkaios  ^  betheiligt 
^^^aren,  ist  als  das  Ereigniss  anzusehen,  nach  welchem  die  Blüthe 
'^^ie  des  Pittakos  so  des  Alkaios   und  der  Sappho,   ή  συνήκμαζε 
"Τούτοις,  im  Alterthum  bestimmt  worden  ist. 

Eine  andere  Frage  ist  es,  welche  historische  Gewähr  dieser 
^T  uns  als  gegeben  zu  erachtende  Ansatz  beanspruchen  darf. 

Beloch  fällt  über  die  Glaubwürdigkeit  desselben  folgendes 
Uytheil:  *  Warum  aus  der  langen  Regierung  des  Tyrannen  gerade 
dieses  Jahr  (612)  herausgegriffen  wurde,  weiss  ich  nidht,  und  es 
^ommt  auch  gar  nicht  viel  darauf  an,  es  zu  wissen,  da  wir  es 
^b«n  nur  mit  einer  Berechnung  zu  thun  haben,  die  für  uns  in 
deiner  Weise  massgebend  sein  kann'^.     Die  einzige  Möglichkeit, 


»  0.  Müllers  (Rhein.  Mus.  I  287)  von  A.  Schöne  (Leben  der 
^^pho  753)  gebilligte  Annahme,  dass  Antimenidas  unter  Nebukadnezar 
*^  der  Schlacht  bei  Karkemisch  (604)  gegen  Neho  von  Aegypten  ge- 
^^apft  habe,  schwebt  in  der  Luft.  Unsere  einzige  Quelle,  die  Ode  des 
-^IkiioB  (fr.  m.  37)  gewährt  keinen  Anhaltspunkt  dafür. 

^  Ausser  Antimenidas    werden   noch    Kikis  (Suid.)    und  Kitbaros 
>^i  M.)  als  Brüder  des  Dichters  erwähnt. 

*  Rhein.  Mus.  1890,  466.  Der  chronologische  Ansatz  geht  nach 
««loch  wahrscheinlich  auf  einen  Synchronismus  mit  Periandros  zurück, 
"^  die  antiken  Litteraturhietoriker  bei  der  Bestimmung  der  Zeit  des  Pitta- 
»OBTonderErwägung  ausgingen,  dass  dieser  zu  den  sieben  Weisen  gehörte : 
foltrlich,  schlössen  sie  weiter,  musste  er  mit  Solen  und  Periandros  gleich- 
ttit%  sein.  Als  Bestätigung  dieser  Annahme  dient  Beloch  der  Umstand, 
daai  Easebitis  die  ακμή  des  Alkaios  und  der  Sappho  (folglich  auch  die  des 


234  Toepfftr 

die  Belocb  den  antiken  Litterarhietorikern  zur  Beetimmung  der  Z< 
des  Pittakos  einräumt,  ist  die  Benutzung  des  lesbieclien  Eponyme 
kataloge:  *  Allerdings  liegt  kein  Grund  vor  zu  bezweifeln,  ds 
die  £ponymenliste  von  Mytilene  bis  ins  siebente  Jabrbundc 
hinaufging.  Aber  mit  der  bloesen  Eponymenliete,  angenomm 
daes  sie  benutzt  wurde,  was  wir  nicht  wissen,  war  wenig  g 
Wonnen.  Ist  Pittakos  überhaupt  eponymer  Beamter  geweee 
Und  wenn  ein  Pittakos  in  der  Liste  sich  fand,  welche  Garani 
hatte  man  denn,  daes  er  der  berühmte  Pittakos  war?  Und  kons 
nicht  mehr  als  ein  Pittakos  in  der  Liste  verzeichnet  sein? 
soll  in  der  That  nach  Demetrios  von  Magnesia  (bei  Diogen 
I  4,  79)  später  noch  einen  zweiten  Gesetzgeber  Pittakos  gegeb 
haben  δς  και  μικρός  προσηγορεύθη.  Also  selbst  wenn  die  alt 
Litterarhistoriker  die  mytilenäisohe  Eponymenliste  zur  BestL 
mung  der  Epoche  des  Pittakos  verwendet  hätten,  würden  ih 
chronologischen  Ansätze  noch  sehr  weit  von  unbedingter  Sicherhi 
entfernt  sein'.  Ich  brauche  die  Hinfälligkeit  dieser  Ausführung 
nicht  darzuthun  und  glaube,  dass  auch  Beloch,  wenn  er  die  ησ 
erhaltenen  Eponymen Verzeichnisse  genauer  geprüft  hätte,  d 
Sache  nicht  so  schlimm  finden  würde,  denn  er  würde  in  diese 
Fall  bemerken,  dass  schon  die  Alten  bei  Namensgleichheit  se 
nahe  liegende  Unterscheidungsmale  wie  νεώτερος  δεύτερος  od 
in  unserem  Fall  μικρός  augenscheinlich  um  Verwechselungen  vc 
zubeugen  angewandt  haben.  Es  ist  überhaupt  nicht  möglich,  t 
Glaubwürdigkeit  der  überlieferten  Angaben  über  die  Zeit  d 
Pittakos  und  Alkaios  auf  Grund  derartiger  Erwägungen  zu  erweis 
oder  zu  widerlegen,  sondern  wir  haben  uns  nach  positiven  AnhaL 


Pittakos)  auf  ol.  46,  2  =  595  d.  h.  ein  Jahr  ν  ο  r  das  Archontat  des  Sei 
(ol.  40,  3  =  594)  gesetzt  habe.  Allein  Beloch  übersieht  dabei,  dass  c 
Ausatz  des  Eusebios,  wie  A.  Schoene  (Leben  der  Sappho  755)  scha 
sinnig  erkannt  hat,  ofifenbar  aus  der  auch  im  Marmor  Parium  benutz'^ 
Notiz  von  einer  Flucht  der  Sappho  nach  Sicilien  geflossen  ist,  die 
das  fünfzehnte  Jahr  des  Alyattes  (nach  Eusebius  ol.  46,  2  =  5£ 
E.  llohde  Rhein.  Mus.  1878  S.  217)  gesetzt  wurde.  Uebrigens  ist  aa 
abgesehen  hiervon  die  Hypothese,  dass  die  ακμή  des  aiolischen  Weis 
nach  dem  Vorjahre  des  Amtsjahres  seines  athenischen  Collegen  bestimi 
worden  sei,  wenig  bestechend.  [Wie  ich  aus  der  erst  während  d 
Druckes  dieser  Abhandlung  ersschieuenen  tief  eingreifenden  Geschieh 
des  Alterthums  von  E.  Meyer  ersehe,  protestirt  auch  er  gegen  i 
chronologischen  Ansätze  Belochs,  ohne  jedoch  auf  das  Detail  der  Fra 
näher  einzugehen,  was  die  Natur  seines  Werkes  mit  sich  bringt.] 


(Zur  Chronologie  der  älteren  griochischen  Geschichte.  235 

poiilten  omzuseheD,  wenn  wir  den  historischen  Werth  jenes  Ansatzes 
Stimmen  wollen. 
^  £inen  solchen  Anhaltspunkt  gewährt    der    Krieg,    den    die 

Stadt  Mjtilene  mit  Athen  um  den  Besitz  der  aiolischen  Küsten- 
feetimg  Sigeion  geführt  hat.      Denn    in  diesen  Krieg  ist  sowohl 
der  Tyrann  Fittakos    als    auch    der  Dichter  Alkaios  verflochten. 
^Wir  besitzen  ein  Fragment  des  berühmten  Liedes,  in  dem  Alkaios 
aeinem  Freunde  Melanippos  den  Verlust    seines  Schildes  in  einer 
Schlacht    gegen   die  Athener  klagt.     Wir    wissen,    dass  Fittakos 
mit  dem  Anführer  der  Athener  einen  Zweikampf   bestanden  und 
letzteren  in  demselben    getödtet  hat.     Wir    wissen    ferner,     dass 
dieser  Athener  Phrynon    hiess    und    dass    er  vorher  in  Olympia 
einen  Sieg  errungen  hatte.    Nach  Ausweis  der  olympischen  Sieger- 
liete  fand  dieser  Sieg  in  der  36.  Olympiade  d.  h.  im  Jahre   686 
•tatt    Der  636  siegende  Athener  Fhrynon  ist  der  einzige  Sieger 
^ieees  Namens,  den  die  olympische  Chronik  kennt.    Die  überlie- 
ferte ακμή  des  Fittakos  und  Alkaios  (612)  wird  also  durch  das  ur- 
kundliche Zeugniss  der  olympischen  Siegerliste  gestützt  und  bestätigt. 
Beloch  erhebt  gegen  diese  Schlussfolgerungen  folgenden  Ein- 
spruch S.  472 :  *  Man  wird  hoflPentlich  nicht  die  Erzählung  von  dem 
angeblichen  Zweikampfe  des  Fittakos  mit  dem  Strategen  Fhrynon 
^e  Argument  gegen  meinen  Annatz    der  Lebenszeit    des  Alkaios 
^Ciwenden  wollen.     Dass  hier  keine  Geschichte,  nur  Volkstradi- 
^ion  vorliegt,    zeigt   die  Erzählung  selbst:    Fittakos  soll   seinem 
Gegner  ein  Netz  über  den  Kopf  geworfen  und  ihn  dann  mit  dem 
-t^reizack  erstochen  haben.     Das    ist   ja  ganz    offenbar    absurd  \ 
Aus  welchem  Grunde  ab^prd?    Die  hier  beschriebene  Kam- 
Pfesart  der  beiden  Gegner    ist  die    der  in  späterer  Zeit  üblichen 
^«tiarierkämpfe,  als  deren  Vorbild  man  schon  im  Alterthum  den 
^^eikampf  des  Fittakos  und  Fhrynon  zu  betrachten  pflegte.    Wer 
^Iso  den  Zweikampf  des  Fittakos  und  Phrynon  für  absurd  erklärt, 
^er  mnss  auch  die  Eetiarierkämpfe  für  absurd  erklären.     Das  ist 
^eschmacksache.     Aber  dass  die  Ketiarierkämpfe  in  dieser  Weise 
^usgefochten  wurden,    ist  eine  Thatsache,     die    durch  zahlreiche 
^hriftliche  und  noch  zahlreichere    monumentale  Zeugnisse    fest- 
steht.  Ob  bereite  Phrynon  und  Fittakos  in  dieser  Weise  gekämpft 
bben,    steht  dahin.     Es  wäre  denkbar,    dass    aus  einem  für  uns 
üicht  mehr  erkennbaren  Grunde    die    später    übliche   Kampfesart 
der  Betiarier   auf  sie    übertragen    worden    ist.      Ob    das    wahr- 
icbeinlich  ist,  mag  jeder  selbst  ermessend     Jedenfalls   wird   die 

^  Was  ich  Qtuitst.  Piaistr,  %ff.  über  die  Retiarierkämpie  im  Zu- 


236  Tücpffer 

Thatsache  des  Zweikampfes  von  der  einen  Möglichkeit  ebenso-- 
wenig  tangirt  wie  von  der  anderen.  Das  kann  aucli  Beloeh  nich^ 
bestreiten,  allein  er  folgert  weiter:  *  Wenn  aber  Pittakos  anoh  wirk^; 
lieb  einen  Athener  Namens  Phrynon  im  Zweikampfe  getödtet  habev 
sollte,  so  folgt  doch  daraus  noch  nicht,  dass  derselbe  mit  deozi 
Phrynon  identisch  ist,  der  636  in  Olympia  im  Stadion  Sieger  wekt 
Er  kann  gerade  so  gat  ein  Enkel  dieses  Phrynon  gewesen  seiiK-z 
um  80  mehr,  als  Diogenes  den  Gegner  des  Pittakos  als  Sieger  ίτ- 
Pankration,  nicht  im  Stadion  bezeichnet.  Es  liegt  also  hier  i~  _ 
besten  Falle  eine  Combination  späterer  Historiker  vor*^  Wec^ 
es  um  unsere  Ueberlieferung  wirklich  so  stünde,  so  müssten 
allerdings  die  erbaltenen  Verzeichnisse  von  Siegern,  Begenl 
und  Beamten  aus  der  Reihe  unserer  historischen  Quellen  streiche 
denn  wir  könnten  nie  wissen,  ob  die  Yerfertiger  derselben  nie 
statt  der  in  ihnen  verzeichneten  Personen  ganz  andere  gleich] 
mige  gemeint  haben  und  es  blieben  uns  die  leeren  Namen  üb] 
vergleichbar  den  Zahlen  einer  chronologischen  Tabelle  oh 
Thatsachen.  Zum  Glück  stehen  jedoch  in  unserem  Falle 
Dinge  nicht  so,  denn  es  ist  ausdrücklich  und  gut  bezen^g 
dass  Phrynon  der  olympische  Sieger  mit  Phrynon,    dem  G-egik^ 


sammenhang  mit  dem  Zweikampf  des  Phrynon  und  Pittakos  bemei-^ 
habe,  kann  ich  heute  nicht  mehr  in  ganzem  Umfange  aufrecht  erhalt^^J 
Stellen  wie  Ε  487  und  Aischylos  Choeph.  998  ff.  scheinen  mir  darauf  h:K£ 
zuweisen,    dass   die  Kampfart    mit    Netz   und   Stosswaffe    alt   und        -" 
Griechenland  verbreitet  war. 

1  Aehnlich  urtheilt  F.  Cauer,  der  in  seiner  Schrift  über  die'P^^r- 
teien  und  Politiker  in  Megara  und  Athen'  (Stuttgart  1890)  89  die  An- 
sicht ausspricht,    dass   der  Zweikampf  zwischen  Phrynon  und  Pittakos 
in  einer  Zeit  erfunden  sei,    als   die  Epoche   der  sieben  Weisen  bereit» 
feststand:  *Den  Namen  des  besiegten  Gegners  suchte  und  fand  man  in 
der  Liste  der  gleichzeitigen  Olympioniken,  in  welcher  zu  03G  der  Athe- 
ner Phrynon  verzeichnet  war'.    Ks  ist  mir  unbegreiflich,  wie  Cauer  sich 
das  geschehen  denkt.     Wie   sollte  jemand  darauf  kommen,   den  unbe- 
kannten Namen  des  besiegten  Gegners  des  Pittakos  in  der  olympischen 
Siegerchronik  zu  'suchen*?    Und  angenommen,  dass  jemand  aus  einer 
unerfindlichen  Ideenassociation  auf  diese  Recherche  verfallen  wäre,  wie 
sollte  er  den  Namen  des  von  Pittakos  getödteten  Gegners  hier  *  finden\ 
wenn  demselben  nicht  eine  Notiz  beigefügt  war,   welche   die  Identität 
des  Olympioniken  mit  dem  Gegner  des  Pittakos  bezeugte?     und  wenn 
das  der  Fall    war,    wie   es  thatsächlich    der  Fall    ist,   was    berechtigt 
uns  dann,  dieser  Notiz  den  Glauben    zu  versagen    und  den  Zweikampf 
in  das  Reich  der  Erfindungen  zu  verweisen? 


Zar  Chronologie  der  älteren  griechischen  Geschichte.  237 

Kttakos  identisch  war.  Olympische  Chronik:  Τ€(Τ(Ταρακο(Ττή 
•  φρύνιυν  'Αθηναίος,  δς  Πιττοκώ  μονομάχων  όνηρέθη. 
\t  ist.  glaube  ich,  die  negative  Seite  von  Beloohs  Beweisfiih- 
als  unhaltbar  erwiesen. 

Seine  Ansicht,  dass  Pittakos  und  Alkaios  als  Zeit-  und  Zunft- 
sen  des  Feisistratos  und  Anakreon  erst  in  der  zweiten  Hälfte 
chsten  Jahrhunderts  gelebt  und  gewirkt  hätten,  ist  durch  die 
ilung  des  Herodot  von  dem  Erlege  der  Athener  und  Myti* 
'  um  den  Besitz  von  Sigeion  veranlasst  worden.  Dieser 
it  bat  in  neuerer  Zeit  eine  sehr  verschiedenartige  Beurthei- 
und  Behandlung  erfahren.  Die  meisten  haben  ihn  wegen 
Widerspruches  mit  unseren  anderen  Quellen  verurtheilt  und 
>rfen.  Nach  Beloch  (S.  467)  ist  dagegen  ^  die  Erzählung 
lote  so  klar  und  in  sich  geschlossen,  als  man  nur  wünschen 
.  Herodot  ist  nach  ihm  'nicht  nur  unsere  beste,  sondern 
ezu  unsere  einzige  Quelle,  die  auf  wirkliche  Ueberlieferung 
£geht\  £s  thut  somit  eine  Prüfung  dieser  Ueberlieferung  noth. 
Der  Bericht  des  Herodot  lautet  V  95:  ^Als  Hippias,  der 
des  Feisistratos  seine  Hoffnungen  auf  die  spartanische  Hilfe 
em  sah,  begab  er  sich  zurück  nach  Sigeion,  das  Feisistratos 
Vaffengewalt  den  Mytilenäern  abgenommen  und  seinem  un- 
hen  Sohne  Hegesistratos,  den  ihm  eine  Argiverin  geboren, 
rbtheil  übergeben  hatte.  Dieser  behauptete  seinen  Besitz 
ohne  Kampf.  Die  Mytilenäer  und  Athener  kämpften  nämlich 
Uhilleion  und  Sigeion  aus  geraume  Zeit  gegen  einander, 
nen  ihr  Gebiet  zurückfordernd,  die  anderen  sich  dem  wider- 
d.  Und  ausser  vielen  anderen  Dingen,  die  sich  in  den 
ihten  ereigneten,  ist  auch  die  Flucht  des  Dichters  Alkaios 
nnen,  der  bei  einem  Zusammenstoss  mit  den  Athenern  seinen 
l  verlor,  den  die  Feinde  erbeuteten  und  im  Tempel  der 
a  zu  Sigeion  aufhängten.  Dieser  Unfall  wurde  von  Alkaios 
3em  Liede  an  seinen  Freund  Melanippos  besungen.  Die 
hnung  zwischen  den  Athenern  und  Mytilenäern  bewirkte 
idros,  der  Sohn  des  Eypselos,  denn  diesen  wählte  man  zum 
Isrichter.  Sein  Spruch  lautete :  jeder  soll  das  behalten,  was 
t.  Infolgedessen  blieb  Sigeion  im  Besitze  der  Athener  . 
Vergleichen  wir  die  Erzählung  des  Herodot  mit  den  paralle- 
ßrichten  des  Strabon   (XIII  600)   und  Diogenes   (I  74),    so 

wir    zwischen   ihm    und     den    letzteren    beachtenswerthe 
einetimmungen    und    Abweichungen.       Strabon    und    Dio- 

wissen    von    einer  Eroberung  Sigeions    durch  Peisistratoa 


238  Toepffer 

niobts,  sondern  setzen  den  Unfall  des  Alkaios  in  den  Κτ 
der  Athener  Phrynon  mit  den  Mytilenäern  um  den  Besitz 
führte.     Dieser  Krieg  warde  nach  ihnen  durch  das  Schiec 
des  Periandros  entschieden.     Dagegen  herrscht  in  Bezug 
Flacht  des  Alkaios  insofern  üehereinstimmung  mit  Her< 
dieses  Ereigniss  von  allen  dreien  vor  das  Schiedsgericht 
riandros  gesetzt  wird.      Ein    Vergleich    der    drei  Berioh 
femer,  dass  Sigeion  von  den  Athenern  zweimal    erobert 
ist,    einmal  durch    den  Olympioniken  Phrynon    und    das 
Mal  durch  Peisistratos.      Wenn  Beloch  behauptet,    dasi 
'kein  Sterbenswort  überliefert    sei,    so    muss  ich  dieser 
tung  widersprechen.      Die    Belegstellen    sind    folgende: 
XIII  539  τούτο  bk  (Σίγειον)  κατίσχον  μέν  'Αθηναίοι  <Ι 
τόν  όλυμπιονίκην  πέμψαντες,    Λεσβίων   έπώικαίομίνιυν 
τι  της  συμπάσης  Τρψάδος.     Herodot    V  94    όνεχώρει 
πίης)  όπίσιυ  ές  Σίγειον,  τό  eWe  Πεισίστρατος  α1χμτ|  π• 
τιληναίων.     Da  wir  die  Zeit  sowohl  des  Phrynon    (oly: 
Sieg  636)    als    auch  des  Peisistratos  (Tod  528/7,    Archo 
Korneas)  kennen  —  sie  liegen  etwa  hundert  Jahre  auseini 
so  folgt,  dass  die  Eroberung  Sigeions  durch  Phrynon  voi 
Peisistratos    stattgefunden    hat.      Da    Peisistratos   Sigeic 
παρά  Μυτιληναίων  erobert  hat,    folgt  ferner,    dass    die 
die  Stadt  inzwischen  an  die  Mytilenäer    wieder    verlöre; 
müssen.     ^  Alles  deuteln  kann  daran  nichts  ändern  . 

Strabon  und  Diogenes  setzen  das  Schiedsgericht  c 
andres  an  den  Schluss  des  Krieges,  der  mit  der  Besetzung 
durch  den  Athener  Phrynon  seinen  Anfang  nahm  d.  h. 
Schluss  des  ersten  Krieges,  den  Athen  um  den  Besitz 
führte.  Nach  Herodot  finden  dagegen  die  Kämpfe,  durcl 
Hegesistratos,  der  Sohn  des  Peisistratos,  seine  Herrscha 
geion  zu  befestigen  suchte,  durch  den  Schiedsspruch  des 
dros  ihren  Abschluss. 

Wenn  wir  unsere  Zuflucht  hier  nicht  zu  einer  bis 
Duplication  nehmen  wollen,  der  die  innere  ünwahrschei 
an  der  Stirn  geschrieben  stände,  so  haben  wir  uns  entw 
Strabon  oder  für  Herodot  zu  entscheiden. 

Beloch  gibt  Herodot  Recht.  Nach  ihm  ist  Sigeic 
haupt  nur  ein  einziges  Mal  von  den  Athenern  erobert 
und  zwar  durch  Peisistratos:  da  'wir  die  Geschichte  Α 
der  solonischen  Zeit  wenigstens  in  ihren  äusseren  [Jmrisf 
lieh  genau   kennen,    so    wäre    es    sehr   auffallend,    wem 


Zar  Chronologie  der  älteren  griechischen  Geschichte.  23S 

Onellen  eine    so  wichtige  Thateache,    wie    die  Festsetzung    der 

Athener  am  Hellespont,    verschweigen  'sollten'    (S.  467).      Wir 

liaben  gesehen,    dass    unsere  Quellen    diese  Thatsache  nicht  ver- 

•cbwiegen  hahen.      *  Und    noch  auffallender    wäre    die  Thatsache 

«elbet.     In  einer  Zeit,  wo  Athen  durch  innere  Wirren  geschwächt 

Dicht  einmal  im  Stande  war,    den  Nachham   in   Megara  Salamis 

KU  entreissen,  wo  von  einer  attischen  Flotte  noch  kaum  die  Rede 

Bein  konnte,    wo    noch  kein  Staat    des  griechischen  Mutterlandes 

Beinen  Finflnss  jenseits  des  ägäischen  Meeres  ausgedehnt  hatte  — 

in  einer  solchen  Zeit  sollen  die  Athener  es  vermocht  hahen,  Si- 

^ion  zu  erobern  und  ihre  dortige  Stellung  siegreich  gegen    das 

machtige  Mytilene  zu  behaupten?'^.     Wir    haben  gesehen,   dass 

Athen  seine  dortige  Stellung  gegen  das  mächtige  Mytilene  nicht 

siegreich    zu    behaupten  vermocht    hat.     Wie    sehr  Athen   durch 

innere  Wirren  im  siebenten  Jahrhundert  geschwächt  war,  können 

wir  allerdings  ebensowenig  ermessen,    wie    die  Stärke    der  atti- 

lehen  Seemacht    in  dieser  Zeit  auch  nur  annähernd  bestimmen*; 


^  Ebenso    Griech.    Gesch.    I    330.       Auch    F.    Gauer    bemerkt 

^•B9:  'An  sich  ist  es  kaum  denkbar,  dass  die  Athener  bereits  za  Ende 

^  siebenten  Jahrhunderte  eine  Eroberung  am  Hellespont  gemacht  und 

dorch  einen  langen  Krieg  vertheidigt  haben  sollten,  während  es  ihnen 

^iiunöglich  schien  oder,    wie  andere  meinen,    noch  nicht  einmal  in  den 

^iim  gekommen  war,  das  benachbarte  Salamis  zu  gewinnen.  Oder  waren 

Wo  die  damals  noch  seemächtigen  Megarer,  im  saronischen  Golf  ihre 

Wiegenen  Gegner,  am  Hellespont  vielleicht  behilflich*?    Ich  kann  den 

fischen  Zusammenhang  dieser  Sätze  nicht  verstehen.    Wenn  Athen  das 

^achbarte  Salamis  nicht  gewinnen  konnte,  so  war  gewiss  die  Ueber- 

M  Megaras,    in  dessen  Besitz    die  Insel    war,    daran  schuld.    Aber 

haben  denn    die  seemächtigen  M^arer    mit    den    athenischen  Er- 

ODgen  in  der  Aiolis  zu  schaffen?    Wir  wissen  doch,  dass  nicht  die 

irer,  sondern  die  Lesbier  hier  ihre  Gegner  waren.     Wer  mächtige 

barn  hat,   wird  naturgemäss    auf  das  benachbarte  verzichten  und 

as  fernerliegende  sein  Auge  richten.    Wem  es  blos  um  Hypothesen 

in  ist,    der  kann    bei  A.  Holm    (Griech.  Gesch.  I  466)    auch   die 

ehrte  Schlussfolgerung  gezogen  finden,  dass  die  Athener,  um  am 

tont  kraftvoll  auftreten  zu  können,  Megara  gegenüber  aus '  Klug- 

icht  aus  'Verzagtheit*  in  Betreff  der  Insel  Salamis  Concessionen 

t  hätten. 

Die  zahlreichen  Darstellungen  von  Schiffen  und  Seegefechten 
ältesten  attischen  Thongefässen,  die  aus  dieser  und  noch  frühe- 
itammen,  sprechen  nicht  dafür,  dass  die  Anfänge  des  athenischen 
fi    so  jung   sind,    wie    man    meist  anzunehmen  pftej^i.    \3ft\i^"t 


240  Toepffer 

aber  ich  sehe  nicht,    was  uns  hindern  sollte,    anzunehmen, 
die  Stärke  der  attischen  Flotte  zn  der  durch  innere  Wirren 
vorgebrachten  Schwäche  in  demselben  Yerhältniss  gestanden,  wif 
etwa  fünfzig  Jahre  später,    als  ein  anderer  Adelicher  eich 
innere  Wirren'^genöthigt  sah,  Attika  zu  verlassen  and  am  Hellefc 
pont,    nicht  allzu  weit  von  Sigeion,    eine  Herrschaft  zn  erobei 
Die  tadellos  überlieferte  Thatsache,    dass  Sigeion  bereite  in  vor 
peisistratischer  Zeit  von  den  Athenern  erobert  worden  sei,  bedi 

eines  schlagenderen  Gegenbeweises,    als    ihn    Beloch   und  Gau  ι 

geliefert  haben. 

Für   diese  Thatsache   spricht    aber  Folgendes.      Nach    df       in 
übereinstimmenden  Zeugniss  des  Strabon  und  Diogenes  wurde  ΛL•eι 
Krieg,  in  dem  Pittakos  den  Phrynon  tödtete  und  Alkaios  vor  d^  ^n 
Athenern  fliehen  musste,  durch  den  Schiedsspruch  des  Periandar-oe 
entschieden.     Die  Lebenszeit  des  Pittakos  und  Alkaios  bildet       in 
unserer  Rechnung  eine  unbekannte  Grrösse.     Nehmen  wir  an,  amm^m 
wir  über    die  Zeit   des  Phrynon    ebenfalls   nichts  wüssten;    'W^ae 
wissen  wir  über  die  Zeit  des  Periandros?     Wir  besitzen  zur  ^Be- 
stimmung derselben    die  Zengnisse    des  Aristoteles    und   der  xKiit 
diesem   übereinstimmenden  alexandrinischen  Chronologen^,  deren 
Zeitbestimmung  sich  auf  das  bekannte  Epochenjahr  der  Erobenrnvig 
von  Sardes    stützt:    Periandros  starb   nach  Sosikrates    40  Jatore 
vor  dem  Fall  von  Sardes  (546),  ein  Jahr  vor  der  49.  Olympia.  A, 
d.  h.  585  vor  Chr.  Geburt  (Diog.  I  95).      Wer   dieses  Zeugimise 
zu  ignoriren  oder  zu  verdächtigen  gedenkt,    hat    die  Pflicht,      ^ 
vorher  zu  entkräften.     Das  ist  bisher  noch  von  keiner  Seite  g^ 
than  worden. 

Wie  verhält  sich  nun  die  Erzählung  des  Herodot  zu  der 
überlieferten  Lebenszeit  des  Periandros?  Nach  Herodot  erobert 
Peisistratos  Sigeion  und  übergibt  die  Stadt  seinem  Sohne  Hege- 
sistratos.     Wie  ich  in  meinen  Quaest.  Pisistr.  113   gezeigt  hal^e, 


die  Dipylonvasen  vgl.  den  instructiven  Aufsatz  von  E.  Pemice  Mitth. 
d.  atben.  Inst.  1892,  304  ff.  Schon  die  uralte  Institution  der  Nankrarien 
hätte  zu  den  richtigen  Schlüssen  führen  sollen. 

1  Nach  Aristoteles  (Pol.  V  1315b)  regierte  Periandros  4OV2  Jahre, 
womit  die  ίτη  τετταράκοντα  der  alexandrinischeu  Chronologen  (Apol- 
lodor)  übereinstimmen  (Diog.  I  98).  H.  Diels  Rhein.  Mus.  XXXI  20. 
Wie  genau  Aristoteles  in  der  Geschichte  des  korinthischen  Tyrannen 
orientirt  war,  zeigt  seine  Kenntniss  solch  entlegener  Einzelheiten,  wie 
sie  Rhet.  I  1Γ)  erwähnt  werden. 


Zur  Chronologrie  der  älteren  griechischen  Geschichte.  241 

^It  diese  That  in  die   6  letzten  Regierangsjalire    des  Tyrannen 
vä34~528).    Dieses  durch  Wahrscheinlichkeitsrechnung  gewonnene 
•Resultat  ist  durch  die  'Αθηναίων  πολιτεία  des  Aristoteles  bestä- 
tig worden.     Auf  eine  genauere  Fizirung  des  Zeitpunktes  kommt 
ee  hier  nicht  an,  denn  es  genügt  der  Hinweis  auf  die  Thatsache, 
^ass  ein  Krieg,  den  ein  frtlhestens  im  Jahre  561  geborener  Mann 
führte,  nicht  von  einem  Manne  geschlichtet  werden  konnte,    der 
l>«reit8  im  Jahre  5Θ5  gestorben  war.     Folglich    enthält   die  Er- 
zählung des  Herodot  eine  chronologische  Unmöglichkeit. 

Das  wird  auch  von  Beloch  anerkannt:  ^Es  soll  zugegeben 
Mrerden,  dass  Herodot  einen  Anachronismus  begangen  hat.  Aber 
^8  wäre  unbillig,  von  Herodot  ezacte  Synchronismen  zu  erwarten. 
Sine  Wissenschaft  der  Chronologie  bestand  ja  noch  nicht '  ^.  Be- 
loch erklärt  die  Entstehung  des  Anachronismus  durch  die  An- 
nahme einer  Verwechselung.  Periandros  hätte  nämlich  einmal 
^inen  Grenzstreit  zwischen  Tenedos  und  Sigeion  beigelegt,  und 
die  darauf  bezügliche  Urkunde  sei  noch  im  vierten  Jahrhundert 
erhalten  gewesen,  da  sich  die  Tenedier  damals  gegen  die  Sigeier 
^Qf  dieselbe  bezogen  hätten  (Arist.  Bhet.  I  15).  Da  nun  dieser 
Schiedsspruch,  wie  aus  Aristoteles  Worten  hervorgehe,  zwischen 
Tenedos  und  Sigeion,  nicht  zwischen  Athen  und  Mytilene  ver- 
iKiittelte,  so  müsse  er  in  eine  Zeit  gehören,  als  Sigeion  noch  nicht 
athenisch  war  und  die  mytilenäische  Herrschaft  sich  noch  nicht 
^U  zum  Hellespont  ausgedehnt  hatte.  Die  Stelle  des  Aristoteles, 
*iif  die  hier  Bezug  genommen  wird,  lautet:  olov  Αθηναίοι  ^Ομήρψ 
Ι*άρτυρι  έχρήσαντο  περί  Σαλαμίνος  και  Tevdbioi  ίναγχος  ΤΤερι- 
^δρψ  τψ  Κορινθίψ  προς  Σιγειεΐς.  Die  Bewohner  der  kleinen 
loeel  Tenedos  beziehen  sich  also  im  vierten  Jahrhundert  in  einem 
Streite  mit  den  Sigeiern  auf  ein  Schiedsgericht  des  Periandros. 
Oase  hier  kein  anderer  Schiedsspruch  gemeint  sein  kann,  als  der 
bekannte,  welcher  zwischen  Athen,  in  dessen  Gewalt  sich  Sigeion 
damals  befand,  und  Mytilene  vermittelte,  ist  doch  wohl  evident. 
Fon  einer  Verwechselung  kann  hier  also  gar  nicht  die  Hede  sein. 
Welche  Rolle  die  kleine,  Sigeion  benachbarte  Insel  Tenedos  in 
dem  Schiedsspruch  des  Periandros,  dessen  Wortlaut  und  Umfang 
wir  nicht  kennen,  gespielt  hat,  wissen  wir  nicht  ^.     Doch  berech- 

^  Hiermit  läset  es  sich  allerdings  nicht  vereinigen,  dass  Hero- 
dot« Bericht  'unsere  einzige  und  beste  Quelle  sei,  die  auf  wirkliche 
Ueberliefemng  zurückgehe*  und  dass  derselbe  'so  klar  und  in  sich  ge- 
schlossen sei,  als  man  nur  wünschen  könne*. 

s  Es  ist   »ehr   wohl    moglioh,    dass   derselbe   eine   auf  Tenedos 

RMia.  Uvkm,  r.  Philol.  N.  F.  XIJX  ^^> 


242  Τ  ο  βρ  ff  er 

tigt  ηηβ  dieser  Umstand  noch  nioht  zu  dem  Schluse,  dass 
Aristoteles  erwähnte  Schiedsspruch  des  Periandros  gar  ni 
sehen  Athen  und  Mytilene,  sondern  zwischen  Sigeion  nnd 
vermittelt  habe.     Ebensowenig  folgt  ans  den  Worten  des 
teles,  dass  dieses  Schiedsgericht  in  eine  Zeit  gehöre,  als 
noch  nicht  mytilenäisch  nnd  auch  nicht  athenisch  war. 
Aristoteles  erwähnten  Σιγειεΐς,  mit  denen  die  Tenedier  ζ 
Zeit  in  einen  Rechtsstreit  verwickelt  waren,   sind    natürl 
damaligen  Bewohner  der  Stadt,    ob  diese  nun  von  Grebn: 
lenäer  oder  Athener  oder  keines  von   beiden  waren,    dac 
wir  nicht  nnd  ist   in   diesem  Fall  auch  gleichgültig    zn 
Was  wir  über  die  älteste  Geschichte  der  Stadt  wissen,  i 
sie  von  den  Mytilenäern  gegründet  nnd  von  den  Athener 
entrissen  worden  ist:    eine  Periode,    in    der  Sigeion   noc 
mytilenäisch  nnd  noch  nicht  athenisch  war»  hat  es  also  ü1 
nie  gegeben.     Damit  scheitert  der  Versuch,    den  Anachi 
des  Herodot   durch    die  Annahme  einer  Verwechselung 
schuldigen  oder  zu  motiviren. 

Der  chronologische  Widerspruch  ist  vielmehr  auf  ei 
andere  Weise  zu  lösen.  Schon  Valckenaer  hat  es  erkc 
ausgesprochen,  dass  Herodot  die  Begebenheiten  hier  nicht 
zeitlichen  Aufeinanderfolge  herzählt,  sondern  dass  er,  wie 
sonst  bei  ihm  zu  geschehen  pflegt,  auf  die  Vorgeschichte  d 
zurückgreift  und  diese  episodisch  seiner  fortlaufenden  Ei 
einflicht  ^  Mit  dem  Satze  έπολίμεον  γαρ  κ.  τ.  λ.  begin 
wohl  niemand  in  Abrede  stellen  wird,  eine  Recapitulation 
liegender  Begebenheiten.  Diese  umfasst  aber  nicht,  \ 
fälschlich  angenommen  hat,    die  Ereignisse    des  Krieges 


bezügliche  Bestimmung  oder  Clausel  enthalten  hat,  auf  die  sich  d 
ner  der  Insel  bei  einem  späteren  Rechtsstreit  mit  den  Sigeion 
haben.  Auch  die  Thatsache,  dass  die  Feste  Achilleion  in  diesen 
gericht  den  Mytilenäern  zugesprochen  wurde,  ist  nicht  extri 
fert,  sondern  ergibt  sich  erst  durch  nothwendige  Schlussfolgeru 
unsere  Benrtheilung  des  vorhandenen  Quellenmaterials  ist  der 
von  Interesse,  dass  es  noch  im  vierten  Jahrhundert  eine  auf  dei 
Spruch  des  Periandros  bezügliche  Urkunde  gegeben  und  dass  Α 
von  derselben  Kenntniss  genommen  hat.  Hoffen  wir,  dass 
einmal  selbst  zu  uns  reden  wird. 

1  Valckenaer  zu  Herodot  V  94:  'More  suo,  facta  Sigei 
bellum  Herodotus  in  transcursu  commeraorat  de  Sigeo  inter  At 
olim  et  Mytilenaeos  gestum;  forsan  ut  occasionem  sibi  parar 
carminibus  decantatum  facinus  narrandi'. 


Zar  Chronologie  der  älteren  griechischen  Geschichte.  243 

den  Hegeeistratos  seine  Herrschaft  in  Sigeion  befestigte,  sondern 
^ift  aogenscheinlich  bis  anf  den  ersten  Krieg  zurück,  den  die 
«Athener  mit  den  Mytilenäem  um  den  Besitz  Sigeions  fahrten. 
In  diesem  Kriege  ereignete  sich  der  Unfall  des  Alkaios,  den 
Eerodot  in  üebereinstimmung  mit  Strabou  und  Diogenes  vor  das 
Schiedsgericht  des  Periandros  setzt.  Periandros  entschied  diesen 
Krieg,  indem  er  den  Mytilenäern  Achilleion,  den  Athenern  Sigeion 
XOsprach^.  Damit  schliesst  bei  Herodot  die  Recapitnlation  und 
der  verlassene  Faden  wird  mit  der  Erzählung  von  Hippias'  ferne- 
ren Thaten  wieder  aufgenommen.      Soweit   ist  alles  in  schönster 


^  Rohde,  der  das  Verdienst  hat,    die  üeberlieferuug    über   diese 
Kriege  zuerst  gesichtet  und  richtig  gewürdigt  zu  haben,  bemerkt  Rhein. 
Mü8.  1887,  447:   *Toepffer   Quaest.  IHs.   SOS.  redet  so,   als   ob  er  die 
Thatsache,  dass  id,  de  quo  inter  Äthtnienses  et  Mytüenaeos  eo  bdlo  actum 
c^i  fuitSigeum  polemisch,  im  Gegensatz  zu  mir,  erst  bekräftigen  müsse. 
Aber  eben  dieses  hatte  ich  nachdrücklich  betont  und  gerade  darum  eine 
Üngenauigkeit    des  Laertius    angenommen,    nicht    anders    als   jetzt    T. 
&Qch'.    Diese  Bemerkung  liefert  mir  den  Beweis,    dass  ich  mich  nicht 
präcise  genug  ausgedrückt  habe.     Was  ich  im  Gegensatz  zu  Rohde  be- 
tonen zu  müssen  glaubte,  war :  td,  de  quo  eo  beUo  actum  est,  solum  fuit 
Äpeem  {non  Sigettm  et  Ächiüeum).    Denn  Rohde  hatte  Rhein.  Mus.  1878, 
216  bemerkt:   *Sigeum,   eine  Gründung    der   Mytilenäer,   nehmen    die 
Athener  unter  Phrynondas;   sie  bedrohen  auch  Achilleum,  eine  andere 
inytilenäische   Besitzung'    und   diese   Bemerkung   war   in    die  neueren 
griechischen  Geschichtsbücher   als  historische  Thatsache  übergegangen. 
^  die    Athener   in   diesem  Kriege   die  Festung  Achilleion   bedroht 
lifttten,  ist  aber  nirgends  überliefert.    Den  Anhaltspunkt  für  diese  An- 
nahme hat  lediglich  die  Ausdracksweise    des  Diogenes  (I  74)   geboten, 
^r  die  Athener  und  Mytilenäer  π€ρΙ  τής  Άχιλλ€(τιδος  χώρας  kämpfen 
^d  am  Schluss  der  Erzählung  τό  χωρίον  (ohne  Hinzufügung  des  Na• 
iQene)  durch  das  Schiedsgericht  des  Periandros  den  Athenern  zugewiesen 
Verden  läset.     Wer   nun   oben   die  Άχιλλείτις  χώρα   mit   der  Festung 
Αχίλλειον  identificirt,  der  muss  nothwendigerweise  auch  annehmen,  dass 
Apollodor  unter  dem  χωρίον  Achilleion  verstanden  und  im  Widerspruch 
iDit  der  ganzen  übrigen  üeberlieferung  nicht  Sigeion,  sondern  Achilleion 
^  Athenern  durch  Periandros  habe  zusprechen  lassen.     Das  ist  nicht 
fe  Fall  gewesen.    Wir   dürfen  daher  unter  Άχιλλβίτις  χώρα  nicht  die 
▼on  den  Mytilenäern  als  Operationsbasis  gegen  die  Athener  errichtete 
feitung  Achilleion  verstehen,    sondern    müssen  jenen  Namen    auf  das 
ganze    strittige  Küstengebiet   beziehen,   das    Herodot   als  Ίλιάς   χώρα 
bezeichnet  und   auf  dem  sich  sowohl    die  athenische  Festung  Sigeion 
als  auch  die  mytilenaeische  Achilleion  befand.    Der  Kampf  drehte  sich, 
soweit  die  Üeberlieferung  erkennen  lässt,  lediglich  um  den  Angriff  und 
die  Yertheidigung  von  Sigeion,  dessen  Besitz    am  Schlüsse  des  Krieges 
auf  schiedsgerichtlichem  Wege  den  Athenern  zugesprochen  wurde. 


244  Toepffer 

Ordnung.  Nur  eins  ist  zu  beachten.  Wenn  Peieietratos  Sigei 
αΙχμή  παρά  Μυτιληναίων  erobert  hat,  so  müssen  die  Athener  d 
durch  Periandros'  Spruch  ihnen  zuerkannte  Stadt  inzwischen  wied 
verloren  haben.  Diese  Thatsache  hätte  Herodot  in  seiner  Erza 
long  unter  allen  umständen  erwähnen  müssen.  Dass  er  dies 
nicht  gethan,  dafür  trifiPt  ihn  ein  durch  keine  Kunst  der  Int- 
pretation  zu  rechtfertigender  Vorwurf.  Diesen  kann  ihm  Niemih 
ersparen.  Aber  darauf  glaube  ich  hinweisen  zu  müssen,  d• 
unsere  Stelle  keineswegs  die  einzige  ist,  an  der  Herodot  sich  e^ 
solche  Ungenauigkeit  zu  Schulden  kommen  l&sst.  Ich  will  κ 
einen  einzigen  Fall  erwähnen,  in  welchem  er  sich  eines  ganz  ä^ 
liehen  Vergehens  schuldig  macht,  dessen  er  noch  nicht  überfü. 
worden  ist. 

Es  handelt  sich  um  die  Geschichte  des  Tyrannen  Lygdai 
von  Naxos.  Wir  wissen  von  diesem  Usurpator  nur  sehr  wer: 
Die  ausführlichsten  und  wichtigsten  Nachrichten  über  ihn  vr 
danken  wir  dem  Aristoteles.  Dieser  bezeichnet  den  Lygdai 
in  der  Politik  (V 1305  a)  als  einen  Hegemon  έκ  της  ολιγαρχίας.  S& 
eigenmächtige  Erhebung  zur  Tyrannis  wird  hier  als  Beispiel  d». 
angeführt,  wie  sich  aus  der  Oligarchie  unter  Umständen  eine  Tyx^ 
nie  entwickeln  könne.  Das  Nähere  erfahren  wir  über  ihn  in  < 
Politeia  der  Naxier  (fr.  510),  in  der  die  Art,  wie  sich  Lygd&i 
zum  Tyrannen  aufgeworfen  hatte,  erzählt  wird:  bei  einem  Bür^ 
zwist,  der  auf  der  Insel  ausbricht,  übernimmt  er  die  Führerscl^ 
über  seine  Mitbürger:  και  μεγίστη  τότε  στάσις  έγένετο,  τγ\ 
στατουντος  τών  ΝαΕίαιν  Λυγοάμώος,  δς  άπό  ταύτης  τής  σχΊ 
τηγίας  τύραννος  άνεφάνη  πατρίδος.  An  der  Authenticität  die 
Angaben  zu  zweifeln,  haben  wir  weder  Grund  noch  Recht.  Ααβί 
Aristoteles  kommt  Herodot  als  Quelle  für  die  Lebensgeschid 
des  Lygdamis  in  Betracht.  Er  erwähnt  ihn  an  zwei  Steli^ 
I  61:  Als  Peisistratos  während  seines  zweiten  Exils  in  Eretn 
Anstalten  traf  um  die  Tyrannis  in  Athen  wiederzugewinnen,  kaß 
ein  naxischer  Bürger  Namens  Lygdamis  zu  ihm,  ein  Volontair,  unc 
unterstützte  ihn  mit  der  grössten  Bereitwilligkeit  mit  Mitteln  nm 
Truppen.  I  64:  Als  dem  Peisistratos  darauf  der  Anschlag  au 
Athen  gelungen  und  er  wieder  in  den  Besitz  der  Herrscbai 
gelangt  war,  vergalt  er  dem  Lygdamis  seinen  Eifer  dadurch,  dat 
er  die  Insel  Naxos  mit  Gewalt  unterwarf  (κατεστρέψατο  πολέμυ 
und  dem  Lygdamis  übergab  (και  επέτρεψε  Λυγοάμι).  Die  üi 
stände,  unter  denen  Lygdamis  hier  die  Herrschaft  über  Nax< 
erlangt,  haben  mit  den  oben  geschilderten  Vorgängen,  deren  Kenn 


Zur  Chronologie  der  älteren  griechisehen  Geschichte.  245 

lies  wir  dem  Arietoteies  verdanken,  nichts  gemein  und  nichts  zu 
eebaffeD.    Da  wir  an  der  Richtigkeit    der  Angaben    des  Herodot 
Π1  diesem  Fall  ebensowenig  zu  zweifeln  berechtigt    sind,  wie  an 
der  Richtigkeit    der  Angaben  des   Aristoteles,    so    folgt    daraus, 
daes  Lygdamis  in  seiner  Vaterstadt  zweimal  zur  Herrschaft  gelangt 
ist,  einmal  in  der  von  Aristoteles  und  das  andere  Mal  in  der  von 
Herodot  geschilderten  Weise  ^.     Wenn  Lygdamis   die  Alleinherr- 
echaft  über  die  Insel  bereits  einmal  inne  gehabt  hätte,  so  würde 
Aristoteles  eine  spätere  Erhebung    desselben  unmöglich   als  Bei- 
spiel dafür    angeführt   haben,    wie   sich   die    Tyrannis    aus    der 
Oligarchie    entwickeln    könne,    denn    das    Beispiel    würde    nicht 
den  Fall   illnstriren,    den  Aristoteles  im  Auge  hat.      Daraus  er- 
^bt  sich,    dass    die  eigenmächtige  Erhebung    des   Lygdamis   bei 
Gelegenheit  des  Bürgerzwistes  auf  Naxos  früher  erfolgt  sein  muss, 
Als  die  Eroberung  der  Insel    durch  Peisistratos    und    die  Ueber- 
gabe  derselben  an  ihn.     Als  Lygdamis  nach  Eretria  in  das  Heer- 
lager des  Peisistratos  kam,  um  dessen  herrschsüchtige  Pläne  nach 
Kräften  zu  unterstützen,  war  er  ein  mit  Peisistratos  durch  Gleich- 
I^eit  des  Schicksals  verbundener  Mann,  der  das  Ende  seiner  Herr- 
lichkeit aller  Wahrscheinlichkeit   nach    der   berüchtigten   Säube- 
ruDgssucht  der  Lakedaimonier  verdankte  ^.     Sein  Eifer  für  Peisi- 
stratos hat  ihm,  wie  wir  aus  Herodot  ersehen,  gute  Zinsen  getra- 
gen.   Freilich,  wenn  wir  nur  den  Bericht  des  Herodot  besässen, 
•€  würden  wir   kaum  verstehen,    welches    Interesse  der  Νάξιος 
«νήρ  εθελοντής  daran  hatte,  dem  verbannten  Tyrannen  der  Athener 
Τίροθυμίην  πλείστην  παρίχεσθαι.   Durch  einen  Vergleich  mit  den 
Nachrichten  aus  der  aristotelischen  Politik  und  Politeia   der  Ka- 
vier werden  wir  hierüber  aufgeklärt:    er    war    ein   heimathloser 
ixtyrann  wie  Peisistratos.     Wie    es  dem  Herodot    nicht    in    den 
f  Sinn  gekommen  ist,    den  Verlust  der  Herrschaft    auf  Naxos  aus 


^  Auch  Aristoteles  erwähnt  in  seiner  unter  engem  Anschluss  an 
flerodot  aber  auf  viel  breiterer  Basis  verfassten  Geschichte  der  Peisi- 
itratiden  die  Unterstützung  des  Lygdamis  bei  der  zweiten  Verbaimang 
des  Peisistratos  und  die  spätere  Belohnung  desselben  durch  die  Ver- 
leihung der  Insel  Naxos  (ΆΘ.  πολ.  15).  Die  Eroberung  der  Insel  durch 
Feisistratos  wird  auch  in  den  Scholien  zu  Ar.  Vesp.  355  erwähnt. 

2  In  der  aus  vortrefflichen  Quellen  schöpfenden  Schrift  des  Plu- 
tarch  über  Herodots  Böswilligkeit  (21)  findet  sich  die  vereinzelte  und 
für  uns  daher  uncontrolirbare  Notiz,  dass  die  Lak<  daimonier  den  Lyg- 
damis aus  Naxos  vertrieben  hätten. 


246    Tocpffcr   Zur  Chronologie  der  älteren  griechischen  Geschich^^ 

der  Yorgeschiclite  des  Lygdamis  zu  repetireo,  so  hat  er  es  aiu^   « 

nicht  für  nöthig  hefunden,  hei  Erwähnung  der  Wiedereroheni -χ: 

Sigeions  durch  PeieistratoB  die  vorangegangene  Einhnsse  die^^e 
Ortes  namhaft  zu  machen.  So  sind  in  seinem  Berichte  die  hei^S^e] 
Kriege  in  einen  einzigen  verschwommen. 

Die    Analogie    aus    der  Geschichte    des   Lygdamis    sprLc^Zi^ 
dafür,    dass  wir  es  auch  in  unserem  Fall    mit  einer  schriftstelle* 
rischen  Nonchalance  des  Herodot  zu  thun  hahen,  für  die  wir    i  hn 
nach  Beliehen  verantwortlich  machen  und  tadeln  können,  aus  ^er 
wir  aher  keine  chronologischen  Folgerungen  zu  ziehen  berechtigt  sio^i• 
Herodots  Erzählung  von  den  Kämpfen  der  Athener  und  Mytile- 
näer  um  den  Besitz  von  Sigeion  und  von  der  Beendigung  dieeer 
Kämpfe  durch  den  Schiedsspruch    des  Periandros   fällt    also     ^ 
Instanz  gegen  die    überlieferte  Lehenszeit   des  Pittakoe,    Alk&ioe 
und  Phrynon  fort  und  damit  stürzt   das  chronologische  Gebäode 
zusammen,  das  auf  diesem  Fundament  erbaut  ist. 

Der  Krieg  der  Athener  mit   den  Mytilenäern    um    das  aio- 
lische  Küstengebiet  am  Eingang    in    den  Hellespont    ist  die  f^* 
beste  auswärtige  WafPenthat  Athens,  von  der  wir  Kunde  haben. 
Die  Sage  hat  diesen  Krieg  und  seine  Folgen  in  uralte  Vergangen- 
heit   gerückt    und    mit  dem   Nebel    des    Göttermythos    umhülle* 
Wie    die    späteren  Kämpfe   der  Athener   mit    den  Megarem     "βπι 
den  Besitz  von  Salamis,    so    sind    auch    diese  Kämpfe  durch   ^^^ 
Urtheilsspruch    einer   fremden  Macht    entschieden    worden.      Dw 
Schiedsgericht,    welches    den  Athenern    die  Festung  Sigeion    ^' 
rantirte,  hat  am  Ende  des  siebenten,    spätestens    um   die  WeX)^^ 
des    siebenten     und    sechsten    Jahrhunderts    stattgefunden.        Üe 
merkwürdige  Thatsache,    dass    die  überwiegende  Masse  der  Oar* 
Stellungen  auf  den  Dipylonvasen,  deren  attische  Proveiiienz    Ö  her 
jeden  Zweifel  erhaben  ist,    Schiffe  und    Schiffskämpfe    präseu'tirt, 
fordert  eine  Erklärung,    die  man  schwerlich    in    etwas  anderem, 
als  in  gleichzeitigen  Seeunternehmungen  der  Athener  wird  finden 
können.      Wie    wir  dieses  auch    bei    dem  Fehlen    jeder   schi^^* 
liehen  üeberlieferung  lediglich  aus   der  monumentalen  Thatsacie 
erschliessen    würden,    so    zwingt    uns   eines    der   ältesten   Denk'    ] 
mäler  der  attischen  Schrift    und  Sprache   unabhängig    von  jeder 
historischen  Tradition  um  die  Wende  des  siebenten  und    sechsten 
Jahrhunderts    eine   Ausbreitung    der   athenischen   Macht    an   der 
Mündung  des  Hellespont  zu  constatiren ;  die  gleichzeitig  in  ioni- 
scher und   attischer  Mundart  verfasste  Grabschrift  des  Prokonne- 
siers  Phanodikos  aus  Sigeion,  die  nach  dem  heutigen  Stande  unserer 
epigraphischen    Kenntniss  Niemand    mehr   über    den  Anfang    des 
sechsten  Jahrhunderts    herabrücken    kann.     Ich    denke,     wo   die 
litterarischen  und  monumentalen  Ueberlieferungen    sich  in  dieeer 
Weise  erp^änzen  und  bestätii^en,  da  brauchen  wir  nicht  mehr  dar- 
nach zu  fragen,   ob  das  Wahre  auch  das   Wahrscheinliche  sei. 

Herlin.  .lohaTincR  Toepffer. 


247 


h  Valeriitö  Haximns  and  lanuarias  Nepotianus. 


Der  mit  einer  auf  die  Dauer  echlecht  mundeDden  rhetorisch- 
moralischen  Brühe  ühergossenen  Anekdotensammlung  des  Valerius 
Ifaximus  ist  bekanntlich  wiederholt  die  Ehre  der  Epitomirung  zu 
Theil  geworden.  Wir  besitzen  aus  dem  Alterthum  die  Epitome 
des  Inline  Paris,  einen  Theil  des  davon  unabhängigen  Auszugs 
des  lanuarius  Nepotianus,  ausserdem  mittelalterliche  Excerpte  Κ 
Die  Epitome  des  Nepotianus  blieb  lange  Zeit  unbekannt,  erst 
A.  Mai  hat  sie  aus  dem  cod.  Yatic.  1321  (saec.  XIY)  ans  Licht 
gezogen;  sie  bietet  in  21  Kapiteln  nur  Auszüge  aus  den  Bersten 
fifichem  des  Valerius  und  bricht  mitten  im  Text  ab  (Val.  Max. 
^112,  7).  Dem  neuesten  Herausgeber^  ist  es  entgangen,  dass  uns 
ausser  dem  Yaticanue  noch  eine  andere  Quelle  zu  Gebote  steht, 
a«8  welcher  wir  nicht  nur  den  bisherigen  Text  an  manchen  Stellen 
'Verbessern  können,  sondern  auch  eine  Eeihe  neuer  Bruchstücke 
e^winnen. 

Nepotianus  steht  bei  unsem  Gelehrten  nicht  in  hoher  Ach- 
^ng,  Epitheta  wie  homo  plus  quam  ineptus^  atidor  insuUtis  et 
^doctus,  misellus  epitomator  haben  ihre  Berechtigung,  und  es  wäre 
Verlorne  Liebesmüh',  eine  litterarische  Ehrenrettung  versuchen 
20  wollen.  Sein  ürtheil  über  das  Werk  des  Val.  Max.  in  dem 
*n  den  adulescens  Victor  gerichteten  Widmungsschreiben  {digna 
Mtm  eognitione  componit,  sed  coUigenda  producit,  dum  se  ostentat 


*  Kampf  verzeichnet  einige  Hbs.  in  seiner  grossen  Ausgabe  (1854) 
p.  69  f.  Hinzuzufügen  der  cod.  Cusanus  saec.  XII  (Jos.  Klein,  üeber  eine 
He.  des  Nicolaus  v.  Cues.  Berlin  1866  p.  119  ff.  Ex  libris  Valerii 
Maximi  dictortim  vel  factorum,  beginnend  Sulpicio  sei  sacerdoti  inter 
merifieandum  u.  b.  w.;  vgl.  Kempf  a.  0.  p.  70),  eine  Hs.  aus  Nizza 
saea  XII  (Catalogue  des  ms.  des  dopartements  XIV  p.  405). 

2  Val.  Max.  iter.  rec.  C.  Kempf  (1888).  Nach  den  Seitenzahlen 
dieser  Ausg.  citire  ich. 


248  Ihm 

senteniiis,  locis  iactat,  fundit  eacessüms)  wird  man  billigen,  aMzje 
seinen  Auszng  darum  doch  recht  dürftig  finden.  Immerhin  ist^  e 
für  die  Textkritik  des  Yal.  Max.  von  einigem  Nutzen  und  h  mJfi 
die  Lücke  im  1.  Buch  einigermassen  ausfüllen,  wenn  auch  nL^^^ 
in  dem  Masse  wie  der  dem  Valerius  meist  wörÜioh  folge^cadi 
lulius  Paris :  Paris  sowohl  wie  Nepotianus  haben  bessere  ValeriL  '^^ 
exemplare  zur  Hand  gehabt  als  wir  heut  besitzen.  Sodann  bi^^ti 
der  Auszug  des  Nepotianus  einiges  sprachliche  Interesse, 
sehr  verderbte  Textüberlieferung  im  Vatioanus  hat  gerade 
neuerer  Zeit  den  Scharfsinn  einer  Keihe  von  Gelehrten  hei 
gefordert»  die  sich  sonst  schwerlich  mit  diesem  miseUus 
mafor  befasst  haben  würden.  Aber  die  meisten  suchten  eilbei 
oder  gar  goldenes  Latein  bei  ihm  zu  entdecken:  daher  dievic 
verfehlten  Conjecturen,  deren  zu  viele  in  dem  Kempf  sehen  'J__  ^a 
Aufnahme  gefunden  haben.  Nepotian  ist  eben  ein  Soribent  '^t 
4.  oder  5.  Jhdts.,  er  schreibt  das  Talmilatein  seiner  Zeit,  -k^^d 
anderes  darf  man  bei  ihm  nicht  suchen.  Den  richtigen  Weg  ^* 
hier  mit  gesundem  ürtheil  C.  F.  W.  Müller  gewiesen  (Fl^«k 
eisens  Jahrb.  f.  class.  Phil.  141  p.  713  ff.),  er  dämmt  den  £n^  «n 
dationseifef  etwas  ein;  Petschenig  folgt  ihm  (Philol.  1891  p.  fe^2, 
und  ihr  Verfahren  billigt  neuerdings  Heraeus  (Spioilegium  ^^^ 
ticum  in  Yal.  Maxime,  Fleckeis.  Jahrb.  Suppl.  XIX  p.  632  ^* 
auch  Kempf  nimmt  es  mit  einiger  Reserve  an^. 

Nicht  wenige  Lesarten  des  Vatic.    finden   ihre  Bestätig^t^" 
durch  die  oben  angedeutete  andere  Quelle,  auf  welche  vor  m-  "■"" 
mehr  16  Jahren  H.  Droysen  hingewiesen  hat^.     Das  Breviari''"' 
des  £utrop  hat  bekanntlich  Paulus  Diaconus  fortgesetzt  und    ^^ 
historia  Romana  erweitert;    diese    wurde  wiederum   erweitert    ^ö 
einer  grossen  Compilation,    der  sog.  historia  miscella,    als  derßfl 
Urheber  in  dem  cod.  Palatinus  909    (geschrieben   zwischen  976 
und  1025  in  Unteritalien)  ein  sonst  unbekannter  Landolfus  Sagu 
figurirt.     Der   aus   dem   Palatinus    abgeschriebene    Bambergensis 
bildet    die  Grundlage    der   Eyssenhardt^schen  Ausgabe    der   hiet. 
miscella  (Berlin  1869)^.    Droysen  macht  es  durchaus  wahrscheb- 
lich,  dass  in  dem  Palat.  die  Originalhandschrift  der  bist.  Romana 


1  Bursians  Jahresbericht  1890  II  p.  284  ff. 

2  Hermes  XIII  (1878)  p.  122  ff.,  vgl.  XII  p.  387  ff. 

^  Ich  citire  im  Folgenden  die  Seitenzahlen  der  neuen  Droystii- 
sehen  (Dr.)  Ausgabe  des  Eutropius  und  seiner  Fortsetzer  in  den  Mouum. 
Germ.  Auct.  antiquiss.  II  (1879). 


Ζα  Yaleriue  Maximas  und  lanuarius  Nepotianus.  249 

des  Landolfus  vorliegt.  Der  Nutzen  dieser  Compilation  des  Lan- 
dolfne  beruht  fast  nur  darin,  dass  er  Excerpte  ans  der  Epitome 
des  Nepotianus  einflickt,  und  zwar  kannte  er  diese  Epitome  voU- 
*tändig,  nicht  nur  das  Bruchstück,  das  wir  besitzen.  Den  Namen 
tiee  Aotors  nennt  er  nicht. 

Ich  greife  folgende  Stellen  heraus,   an    denen  die  Lesarten 

^<8  Yaticanus  durch  den  cod.  Palat.  bestätigt,  Lücken  ausgefüllt, 

Coojecturen  überflüssig  gemacht  werden. 

Nepot.  I  13  ^  p.  232  Dr.  per  hostium  tentoria  (ad  Quirinahm 
^onkm  coniendii  et  eelebrtUo)  sacrificio  rediit. 

Zu  I  19  bietet  p.  255  Dr.  die  sehr  bemerkenewerthe  Variante 
^riutis  (für  frustis,  Yal.  Max.  inter  fragmcrUa  seil,  vestis  aureae).  Das 
▼on  Gertz  und  Eempf  befürwortete  est  zu  streichen. 

YII  8  nichts  zu  ändern,  vgl.  p.  257  Dr. 

Yin  1  haltbar  certaturae  civüe  inier  beüum,  p.  291  Dr.,  ebenso 
cum  leetica  latus,  sed  (vgl.  Nep.  p.  608,  8  cum  quo,  C.  F.  W.  Müller 
Ä.  0.  p.  717). 

YlII  6  stimmt  wörtlich  mit  p.  245  Dr.  (hier  interrogat  statt 
dci  Perf.). 

IX  2  zu  verbessern  nach  p.  253  Dr.  noctu  —  vidit  (duos)  iuvenes 
"-•  tamquam  (temerarius)  incertorum  loeutor, 

IX  3  stimmt  wörtlich  mit  p.  235  Dr. 

IX  4  lies  an  veUet  ire  nach  p.  231  Dr.  {cum  Yatic,  num  Kempf, 
««  Val.  Max.  I  8,  3). 

IX  8,  vgl.  p.  227  Dr.  Zu  streichen  das  von  Kempf  aufgenommene 
t«K«i),  der  Genetiv  Aeneae  gehört  zu  penates. 

IX  12  verkürzt  Landolfus  p.  228  Dr.  so:  at  iüa  purgare  se  de- 
^^ηαία  humaniter  in  vado  Tiberis  adiit,  navem  adscendit,  Ugavü  pro- 
'flM  sonula  et  uit.  In  uita  scheint  adiit  zu  stecken  (Droysen,  Herrn. 
ΪΠΙ  p.  123).    Richtig  Kempf  p.  607,  3  est  statt  et. 

IX  24  aureo  loculo  bestätigt  p.  238  Dr. 

XI  1  α  foris  richtig  der  Yatic,  p.  253  Dr.  (vgl.  C.  F.  W.  Müller 
*•  0.  p.  718,  Petschenig  a.  0.  p.  92),  nicht  foris  α  oder  α  portis. 

XXI  1  verkiurzt  p.  229  Dr.  Wohl  richtig  quod  pone  erat  Eber- 
^,  Novak  und  Kempf,  vgl.  p.  595,  1. 

XXI  2  überliefert  Cloelia  virgo  ....  per  eundem  alveum  ruptis 
ümeulis  innotavit.  Hier  hilft  Landolfus  nichts  (p.  229  Dr.).  Eberhard 
schreibt  innotuit,  Petschenig  (Philol.  1892  p.  18)  und  Heraeus  (a.  0. 
p.  635)  enatavit  unter  Berufung  auf  Nepot.  IX  3  angtiis  enatavit 
tnsulam.  Richtig  Mai  und  Halm  innatavit.  Der  Vergilvers  Aen.  ΥΙΠ 
ebl  et  fluvium  vinclis  innaret  CJoelia  ruptis  beseitigt  wohl  jeden  Zwei- 
fel h    0  statt  α  im  Yatic.  fälschlich  auch  sonst,  p.  21,  2.   593,  10.  599, 


'  Sonst  sind  mir  Reminiscenzeu  an  Yergii  nicht  aufgefallen.     Zu 


250  Ihm 

22.   614,  β  u.  26.    Das  Verb  innatare  auch  bei  Landolfiis  p.  250, 24  Dr. 
aus  Ncpotian  (=  Val.  Max.  IX  1  Ext.  1)  dum  aquis  intuU<U, 

XXI  3  richtig  Eempf  fixatn  (rixam  Vat.,  nixam  Mai),  vgl. 
p.  263  Dr.  Dieselbe  Corruptel  (R  für  F)  p.  620,  11  {afrixü  für 
affixit). 

p.  15,  23  einzuschalten  negotia  (nach  privata),  vgl.  p.  249  Dr. 
Ebenso  Paris  {ad  negotia  privata), 

p.  15,  28  zu  lesen  (nach  p.  269  Dr.)  et  viddmtwr  (oder  videba- 
turque)  fretus  inire  {mire  Vat.,  inhire  Land.)  bellum. 

p.  16,  17  ändert  Landolfus  p.  268  die  Wortetelluxig  (userebai  se 
auctoritate. 

p.  19,  22  richtig  exdderetur  der  Vat.  und  Landolfus  p.  259  Dr. 
(vgl.  C.  F.  W.  Müller  a.  0.  p.  720). 

Vergleicht  man  diese  und  die  andern  Stellen,  so  sieht  man, 
dass  Landolfus  den  Nepotian  meist  wörtlich  ansschreibt,  dass  er 
manches  verkürzt,  oftmals  nur  kurze  Sätze    und  Wendungen  in 
seine    andern  Quellen    (besonders  Orosius)    einschachtelt;   eigene 
Zuthaten  gestattet  er  sich  sehr  selten^.     Wir  sind  daher    in  der 
Lage,  da  wir  mit  Hülfe    der  andern  von  ihm   benutzten  Queliei^ 
seine  Compilationsmanier  durchschauen  können,  auch  solche  Ne^ 
potianusstücke  ausfindig  zu  machen,    für    die  uns  der  Yatic.  im 
Stich  lässt'"^.     Wie  weit   im  Einzelnen    der  Wortlaut    als  Nepo- 
tianisch    gelten    darf,    bleibt    natürlich   dahingestellt.      Immerhin 
gewinnen  wir  aus  diesen  Bruchstücken  einiges  Neue,  Sprachliches 
und  für  die  Textkritik  des  Val.  Maximus  Nützliches.    Ich  wähle 
folgende  Beispiele  aus. 


Val.  Max.  III  2,  23  (die  Heldenthat  des  Centurio  Cassius  Scaev») 
=  Nepot.  p.  288,  20—25  Dr.,  der  Details  erzählt,  die  Val.  Max.  nich* 
hat,  vgl.  Lucan.  VI  144 ff.  Appian.  b.  c.  II  60.  Die  in  demselben  § 
bei  Valerius  folgende  Anekdote  erzählt  Nepot.  p.  282,  19—28  Dr.;  sein 
Text  zeigt  wieder  eine  bessere  Valeriusüberlieferuug,  da  er  den  Soldaten 
Cäsars  Scevius  uennt.    Kempf  hat  richtig  Scaevi  hergestellt  (nach  Cass. 


p.  599,  l  ex  {ait  Vat.)  capite  apcx  flammae  summus  {summo  Gertz, 
Kempf)  einicuit  könnte  man  vgl.  Aen.  X  270  ardet  apex  capiti  cri- 
stisque  α  vertkc  flamma  funditnr  (XII 492  apiccm  summum).  Zu  p.  597, 7 
navigans  suis  flaiibus  (so  richtig  die  Hs.,  nicht  secundis,  C.  F.  W. 
Müller  a.  0.  p.717)  Verg.  .\en.  IV  442.   V  832  u.  a. 

1  Das  aruspex  p.  290,  17  Dr.  (fehlt  im  Vat.,  Nepot.  VII  14)  halte 
ich  nicht  wie  Droysen  a.  0.  p.  127  u.  131  für  einen  Zusatz  des  Landol- 
fus; Noi)ot.  kann  es  aus  Val.  Max.  1  <>,  13  übernommen  haben. 

-  Droysen,  Hermes  XIII  p.  12NÜ'. 


Ζα  Valerius  Maximua  und  lanuarius  Nepotianus.  251 

Dio  37,  &3  ΤΤούπλιος  Σκαίουιος),   Sctuva   bieten  die  Yalerioehse.,   auch 
die  des  Paris. 

NepotianoB  scheint  benutzt  bei  Landolfus  p.  254,  42—44  Dr., 
aber  die  Worte  der  Gattin  Hasdrubals  'vive  tUt  qui  superstes  esse  Kar» 
iaginis  poies,  nam  frustra  pro  tiöbis  rogasaes*  fehlen  bei  Val.  Max.  JII 
2  £xt.  8.  Sie  können  aus  einer  Liviusepitome  stammen  (vgl.  Liv.  ep. 
51.   Appian.  Lib.  131)^. 

Val.  Max.  III  2,  11  =  Nepot.  p.  246,  3  Dr.  cum  ei  quidam  Poe- 
nus  humida  detrahere  spolia  veüet.  Für  humida  lies  Numida  {spoUare 
u  conanUa  Numidae  Yal.  Max.). 

Auf  Val.  Max.  ΠΙ  3,  1  weist  hin  Land.  p.  229  Dr.  qui  ad  fe- 
riendum  Porsennam  ad  eius  eastra  atque  tentorium  descenderat  et  sub» 
regulum  eius  stipendia  dividentem  habitu  purpurato  occidit  regem  arbi- 
traius,  eaptusque  ilico  loeutus  est  cur  verUsset,  dextram  denique  quae 
trraverat,  igni  qui  in  ara  erat  urenda  superposuit.  Valerius  erwähnt 
den  Irrthum  des  Scaevola,  dem  der  bei  Landolfus  subregulus  genannte 
ecriba  des  Porsenna  (Liv.  II 12)  zum  Opfer  fällt,  nicht.  Doch  gestattet 
tidi  Nepotianus  ja  auch  sonst  kurze  Zusätze,  und  das  Wort  8ίώregu^us 
darf  dem  ins  4.  oder  5.  Jhdt.  gehörenden  Epitomator  sehr  wohl  zuge- 
tnnt  werden.  £s  ist  nachweisbar  erst  seit  dem  4.  Jhdt.  (Amm.  Marc. 
XVII 12,  21  Agüimundus  subregulus  aliique  optimates.  Sulp.  Sev.  chron. 
Η  10  meruitque  α  rege  ut  subreguUs  oc*  praesidibus  imperaret),  nicht 
Klten  im  Mittellatein  (Ducange  gloss.  s.  v.). 

Die  Lücke  Val.  Max.  V  1,  1  e  füllt  Paris  durch  ad  gratulandum 
^,  Nepot.  p.  253,  32  Dr.  durch  das  gleichwerthige  gratulatum. 

Für  Val.  Max.  V  I  Ext.  3  verdient  Beachtung  Nepot.  p.  237, 
^9  Dr.  Pyrrus  Lieonem  [et]  Moiossum  obviam  eis  iusnt  exire.  ipse 
^^^m  cum  exomoHs  equitibus  processit  ad  portam.  Kempf  schreibt 
''^erdings  mit  Foertsch  ipse  cum  ornatu  regio  saiutatum  extra  portam 
^^rrit.  Aber  equitum  hat  sicher  nicht  gefehlt,  wie  Nepotian  und 
modere  Valeriushss.  beweisen;  regio  hat  nur  Paris,  der  dadurch,  wie  es 
*6beint,  das  equitum  ersetzte. 

Die  Worte  Val.  Max.  V  2,  1  super  haec  aedem  et  aram  Fortunae 
•idte&re  eo  loco  quo  Coriolanus  exoratus  fueraty  faciendam   curavit  er- 
icheinen in  der  Hs.  des  Landolfus  in  diesem  Gewände:  in  loco  autem, 
«6»  oraverant,   suo   area  facta  est  Fortunae   muUebri   p.  229,  39    Dr. 
(p.  13  Eyss.).    Nepotian  dürfte  geschrieben  haben  α  senatu  ara,  nicht, 
vie  Pithoens  vorschlug,  α  marito  suo  (vgl.  die  Fassung  bei  Val.  Max.). 
Aach  die  Worte  quem  summovere  armis  Borna   non  poterat  p.  229,  38 
Dr.  smd  ans  Nepotian  entlehnt. 


'  Nepotianus  weicht  manchmal  sehr  vom  Valeriustextc  ab,  auch 
inhaltlich.  Man  vgl.  z.  B.  XVI  δ  n.  6  mit  Val.  Max.  II  7,  β  u.  7. 
£r  hat  offenbar  noch  andere  Quellen  benutzt,  wie  er  ja  auch  einige 
exempla  bringt,  die  bei  Valerius  nicht  stehen,  vgl.  die  epist.  an  Victor 
p.  592, 14  nonnuUa  praetermissa  conectam ;  Kempf  in  der  gr.  Ausg.  p.  G7  f. 


252  Ihm 

Val.  Max.  V  2,  1  =  p.  348,  2  Dr.  (p.  62,  26  Eyee.)  duae  m — -<few 
feminae  e  Campanis  partibtts  id  est  Vescia  Oppia  mater  famüiaa  et         Chl• 
via  Falcula  meretrix  benignae  pro  statu  fuere  Eomano  eto.    Den  er     ^en 
Frauennamen  überliefert  ebenso  die  He.  des  Paris  ( Festia  Liv.  XXYI^HSS. 
wie  es  scheint  richtiger)  ^,    dagegen   bietet  sie  Faeula  statt  Falettl  *a  in 
Uebereinstimmung  mit  den  Valeriushss.,   den  Ashbnrnhamensis   aiB.  ege- 
nommeu,   der  die  Lesart  des  Nepotianus  wiedergibt.    Liyiiu    hat  JE^o»• 
culam   (so   der  alte  Paris.  5730  saec.  YI/VII)   als   bettbezeugte  L^^sart 
(daneben  Faculam),     Für   den  Anfangsbachstaben  F   spricht  die        ge• 
sammtc  üeberliefening,   und  es  liegt  zunächst  kein  zwingender  Gsr^iuid 
vor,  den  Momm senschen  Vorschlag  Pactda  zu  adoptiren'.    Sowohl   Ja^ 
ctüa  wie  Falcula  sind  als  (Manns-)  Namen  bezeugt,  CIL.  ΙΠ  1954     C%• 
lona)   L,  Statius    L.  f.  Faeula,  Gic.   pro  Gluent.  §  103.  112.  pro  Cmcl 
§  28  Fidieulanius  Falcula.    Für  jPoZcula,  nicht  für  Faeula  spricht  dk 
Ueberlieferung  bei  Livius.     Der  Lautwandel  al  zu  au  läset  sich  h&xißg 
genug  in  den  Hss.  constatiren,  er  ist  ausserdem  heimisch  in  vielen  iii- 
lischen  Dialekten,  und  es  finden  sich  Belege  im  Spanischen  und  sonit'• 
Handschriftliche  Belege  schon  im  Mediceus  des  Yergilins  Georg.  lY  125 
und  467  (autis  und  atUa  von  l.Hd.;  vgl.  frz.  haut  u.  s.  w.);  aufEallesd 
häufig  cauculus   für   calctduSf    schon   im  Salmasianus  271,   11   (Silli^fi 
Plin.  y  p.  XL)^,  καυκουλατορι  im  Edict.  Dioclot.  VII67.    So  kann  abo 
Fauctda  in  der  alten  Liviushs.  nichts  aufiTälliges  bieten,  Falcula  dürfte 
allem  Anschein   nach    die   richtige  Schreibung  sein.    Denn  wenn  auch 
die  entgegengesetzte  Entwickelungsreibe  al  =  aul  =  au  im  Romanischen 
sich  nachweisen  lässt  (it.  Alfidena,    lat.  Äufidena;    it.  sp.  salma  =  pr. 
sauma  =.  lat.  sagma  ^  u.  a.,  vgl.  Schuchardt  a.  0.  11  p.  494),  so  spricht 
doch  für  Falcula  der  Umstand,  dass  es  als  Name  belegt  ist. 

Die  Worte  qui  vix  egressus  pueritia  hat  Landolfus  p.  245  Dr. 
aus  Nepotianus  entlehnt.  Bei  Yal.  Max.  Υ  4,  2  liest  Kempf  mit  Aldus 
vixdum  annos  puhertatis  ingressum.  Alle  von  Kempf  eingesehenen  Co- 
dices bieten  puerilitatis  ingressum,  das  Richtige  fand  Pighius  in  2  Hss. 
puerilitatis  egressum^  die  Lesart,  die  Halm  und  andfire  aufgenommen 
haben.  Für  pueriUlatis  zu  schreibou  puerilis  aetatts  liegt  kein  Grund 
vor,  wenn  auch  Seneca  cp.  4  sagt  adhtic  non  pueritia  in  nobis,  sedj 
quod  est  gravius,  puerilitas  remanct.     Analog   virUitas  bei  Plin.    n.  h. 


1  Eine  Vestia  M.  f.  CIL.  Υ  70.']  1  (Turin),  aber  die  Lesart  ist 
unsicher.  Neben  Vestinus  {-nius)  auch  Vescinius  (CIL.  IX).  Vestia 
auch  der  A^hburnh.  des  Yal.  Max.,  cestigia  die  andern  Hss. 

2  Unterital.  Dialekte  p.  284.  Die  Conjectur  billigt  u.  a.  Luchs 
in  seiner  Ausg.  von  Li^  1.  XXYI— XXX  (a.  1879). 

3  Öchucbardt,  Yulgärlatein  II  p.  193  ff.  III  p.  306  f. 

^  Yiele  Beispiele  in  den  Pliuiushss.,  auch  im  Bernensis  des  Yal. 
Max.  cauculis  von  erster  Hand  (YIII  7  Ext.  1). 

'^  Isidor.  Et>m.  20,  Ut  sagma  quac  corrupte  vulgo  dicitur  salma^ 
scilicei  sella  u.  s.  w. 


Ζα  Valeriae  Maxirous  und  lanuarius  Nepotianus.  253 

7»  152  {paedagogia  in  transitu  viriHtatis  eustodtantur),  und  wohl  auch 
'••eitföai  Varro  beiNonias  123  und  433  M.,  der  für  Varro  auch  pu^i- 
^  bezeugt  (532,  vgl.  156  u.  494).  Den  Begriff  des  puer  umschreibt 
^tm  durch  cum  adhuc  praetextatus  esset.  Pubertatis  las  weder  er, 
>H)ch  Xepotianus  in  seinem  Valeriusexemplar. 

Wenn  die  Erzählung  von  Lucretia  bei  Landolfus  p.  228  Dr.  aus 
^epotian  stammt,  dann  hat  dieser  seine  Vorlage  erweitert.  Die  Worte 
<ier  Lucretia  nuUa  impudica  exin  Lucretiae  se  defendet  exemplo  fehlen 
^  Val.  Max.  VI  1,  1 ;  vgl.  Liv.  I  58  nee  uUa  deinde  impudica  Lu- 
^t^Üae  exemplo  vivet 

VI  2,  3  =  p.  261,  7  Dr Carbo  trihunus  pUhi  cupien^  necem 

vniicare  Grracchanam  et  excitare  sopitam.  Es  scheint  seditionem  zu 
fehlen  (p.  96  Eyss.),  vgl.  Val.  Max.  nuper  septdtae  Gracchanae  seditionis 
Muientissimus  vindex. 

VII  4,  1  =  p.  228,  13  Dr.  Die  von  Halm  und  Kempf  aufge- 
nommene Lesart  deserto  (aus  Paris  deserentem)  an  Stelle  des  hand- 
schriftlichen deteeio  bestätigt  Nepotian :  ita  eos  deseruit  ac  decepit  tU  in 
9edio  fervore  certaminis  cum  exerdtu  suo  in  proximo  colle  consideret. 
Den  bei  Valerius  fehlenden  Schluss  Mettum  vero  Fufetium  currihus  iüi- 
fotum  pro  animi  infideiitate  divisit  möchte  ich  eher  dem  Nepotian  als 
dem  Landolfus  zutrauen.  Vgl.  Liv.  I  28,  10  in  currus  distentum  inligat 
Mätium  und  Serv.  Aen.  VIII  642. 

Vm  1,  5  =  p.  254.  5  Dr.  Die  Worte  der  Vestalin  lauten  bei 
diesem:  Vestay  inquit,  si  pia  castaque  sum,  hanc  e  Tiberi  aquam  usque 
ad  tempium  tuum  perferam,  Kempf  hat  aus  den  schlechteren  Hss.  hoc 
eingesetzt,  hanc  ist  besser  bezeugt  und  ohne  Anstoss. 

vm  11,  2  =  p.  290,  19  Dr.  Für  die  Lesart  des  Paris  eo  die 
emn  forte  spricht  auch  die  Fassung  bei  Nepotian  {quo  die  viso  Spu- 
rinnae  ait  Caesar), 

Val.  Max.  VIII  13  Ext.  1  =  p.  254  Dr.  (p.  80  Eyss.).  Valerius 
weiss  nichts  von  dem  Zusatz  et  sui  custodem  tutelamque  saevissimis  ca- 
mibus  committebat. 

vm  15,  17  =  p.  271/72  Dr.  Im  Schlusssatz  das  der  späteren 
Latinität  angehörende  Wort  animositas'^. 

IX  2  Ext.  2  =  p.  246,  25  Dr.  id  est  quosdam  (quihusdam  Eys- 
seohardt  p.  58)  ima  pedum  amputavit,    älios  in  castris  binos   inter  se 


1  Bei  Ammian,  Ai*nob.,  Rufin.,  Sid.  Apoll.,  Ps.  Ascon.  Rönsch 
Itala  p.  305.  Nettleship,  Contributions  to  latin  lexicogr.  p.  198.  Auch 
Firm.  Mat.  math.  I  1.  Anonym,  de  physiogn.  Hb.  36  (Script,  physio- 
gnom.  ed.  R.  Foerster  II  p.  53).  Andere  späte  Worte  sospitas  p.  614,  2  K. 
(Rönsch  p.  53),  deopenre  p.  612,  7.  üeber  suhregulus  s.  o.  p.  265.  Zu 
beachten  auch  Formen  wie  paritum  est  p.  597, 25.  in  iudicium  venitur 
α  feminis  p,  618,  28  u.  a.  (Anderes  bei  C.  F.  W.  Müller,  Petschenig, 
Heraeus  a.  0.) 


254  Ihm 

ipsos  eompulU  dimicare.    Dadaroh  wird  Oeriz'  Conjector  beetitigt,  ^ 
Max.  schrieb  ima  pedum^  (nicht  prima\  ebenso  Paris. 

IX  5  Ext.  3  =  p.  246,  19  Dr.  Durch  wessoi  Irrthum  1 
Ma(c)harbal  zum  Lacedämonier  gemacht  wurde,  bleibt  mir  vorderha 
unklar. 

Die  Uebereineiimmang  des  Yatic.  mit  der  von  Landolfi 
benutzten  Hs.  (auch  in  den  Fehlem)  ist  eine  so  anffällige,  ^^ 
man  fast  glauben  möchte,  jener  sei  aus  letzterer  abgeschriebe 
{serpentum  p.  603,  14  =  p.  245,  7  Dr.  Burgoni  für  Ogtdi 
p.  605,  8  =  p.  235,  9  Dr.  Lamo,  Lavium  p.  606,  10.  11  = 
p.  227,  11.  12  Dr.  mhsüicium  p.  623,  7  =  p.  229,  21  D] 
u.  a.  m.).  Jedenfalls  war  die  Vorlage  des  Vatic.  in  Minuskel 
geschrieben,  sonst  wären  Verderbnisse  wie  p.  593,  21  inuacuk 
(=  tiiuacidus^  Bibactdus),  593,  23  mtMCulus,  620,  5  mininiu 
(:=  Minucius)  nicht  erklärlich. 

£in  neuer  Herausgeber  wird  dem  Text  des  Nepot.  eine  gan 
andere  Gestalt  geben  müssen,  er  wird  noch  mehr  Lesarten,  al 
C.  F.  W.  Müller  und  Petschenig  verlangen,  beibehalten,  er  wir 
vor  allem  eine  Neuvergleichung  des  Yaticanus  vornehmen  müseei 
Dass  eine  solche  wünsohenswerth  ist,  davon  habe  ich  mich  dnrc 
eine  Collationsprobe,  die  Herr  Dr.  Wünsch  zu  besorgen  die  Freund 
lichkeit  hatte,  überzeugen  können.  Die  Art  der  Corruptelen,  d: 
Abkürzungen,  u.  a.  muss  beachtet  werden  ^.  Pro  ist  z.  B.  abg 
kürzt  durch  einfaches  ρ  (pducat  592,  10,  phihitus  543,  16,  al 
phici  p.  19,  31  =  proici).  Auffallend  häufig  steht  s  stt 
Schluss-w:  p.  592,  4  tanttiSy  592,  12  recidas,  592,  19  gt< 
soluSf  593,  5  calUfanaSj  593,  8  pfecturus,  598,  10  tus  u.  ö. 
der  Vorlage  war  also  schliessendes  m  durch  einen  s-ähnlicl 
Haken  wiedergegeben  —  für  den,  der  mit  Hss.  zu  thnn  h 
keine  unbekannte  Erscheinung.  Danach  lese  ich  auch  p.  593 
ob  noscendam^  haruspicum  disciplinam ;  der  Singular  empfic 
sich  ferner  p.  595,  11  pontificum  disciplinam^  vielleicht  auch  r 
gionem  p.  595,  14*;    dagegen    richtig    p.  596,  4   per   familii 


^  ima  pedum  z.  B.  Scr.  physiogii.  ed.  Foerster  II  p.  10.  119. 1 

2  DieHs.  ist  in  Italien  geschrieben,  γ.βΟΙ,  Π  estis  (extis)^  018 
cotta  (cocta). 

3  obnoscendas   die   Hs.,    nicht   ad   noscendas;    desgl.    p.  593, 
occidissety  nicht  accidisset. 

*  Die  Singulare  bei  Val.  Max.  I  1,  12. 

^  Nahe  läge  p.  5ί)(ί,  3  die  Lesart  Tferculem  Italiae  hospitem  s( 


Zu  Valcrins  Maximus  und  lanuarius  Nepotianus.  255 

Ancli  p.  606,  2  schreibe  ich  per  adversam  aciem  hostium  {ad- 
versas  acies  in  Vat.,  ivit  für  in  Gertz,  Kempf,  in  castra  Eber- 
hard), vgl.  Val.  Max.  I  8,  6  arreptis  scalis  per  mediam  hostium 
scim  ad  contraria  castra  evasit.  Ferner  hat  der  Schreiber  oft 
0  nnd  α  verwechselt  (s.  o.  p.  249).  Kein  Zweifel  also,  dass 
p.  597,  1  äblatos  der  Gertz'schen  Conjectur  sublatos  vorzuziehen 
i^  (vgl.  p.  15,  26  ahkäum).  Häufig  steht  l  statt  i,  ein  bekannter 
Äbschreiberfehler  p.  20,  21.  597,  23.  609,  13.  610,  16  u.  ö. 
Ganz  von  selbst  ergiebt  sich  also  eine  Emendation  wie  p.  597,  15 
9rct  deiectus^.  Wer  sich  möglichst  an  die  Hs.  hält,  wird 
p.  598,  8  die  Halm^sche  Conjectur  adaquatum  den  andern  vor- 
gehen, p.  611,  9  deferdfant  quos  lesen  (oluuos  Vat.)^,  p.  616, 16 
^primum  (primttö  m  Vat.)  Asiam  vidit  (oAer  adiit,  vgl.  616,  7), 
p.  619,  17  incuria  {incursu  Vatic.)^.  Wer  die  späte  Zeit  des 
Verfassers  im  Auge  behält,  wird  festhalten  an  den  überlieferten 
Lesarten  p.  607,  6  u.  29.  608,  1.  613,  23  {rudern).  615,  1. 
617,  24.  619,  4  n.  s.  w.  u.  s.  w.  Bedenkt  man  die  zahlreichen 
Verschreibungen  der  Yerbalendung  -it  in  »at  (p.  592  componat  — 
producat  —  fundat  —  habehat ^  593,  8  continucUj  593,  20  con- 
fiünai),  so  ergiebt  sich  ohne  Weiteres,  dass  Mai  und  Halm  p.  21,2 
mit  fugit  das  richtige  getroffen  haben  {fugat  Vatic,  fugata  Gertz, 
Wak,  Kempf);  ja  man  ist  versucht,  p.  600,  10  aus  dem  band- 
whrifklichen  refugiat  herzustellen  refugiit,  Consequent  wäre  es, 
ob  aber  richtig?*.  Etwas  gewagt  wäre  es  auch,  p.  615,  17 
'Nmrium  zu  halten  (für  Tibur),  denn  auf  die  Schreibung  Τίβυρ- 
Tov  bei  Appian.  b.  c.  I  65  darf  man  nicht  zu  grosses  Gewicht 
legen,  da  III  45.  58  Tfßupov,  V  24  der  Genetiv  Τίβυρος  (-ις) 
überliefert  und  das  analoge  Tudertum  für  Tuder  wohl  erst  mittel- 
alterliche Schreibung  ist. 

Halle.  Max  Ihm. 


!  fettur  Potitiis  tradidisse]  aber  ich  traue  diese  Structur  (Dräger,  Hiet. 
SjDt.  IP  458)  dem  Nepot.  nicht  zu.  Nicht  übel  Gertz  hospitanSy  aber 
Baliae  ist  beizubehalten,  wie  p.  598,  19  Macedoniae;  vgl.  Könsch, 
Itala  p.  427. 

*  So  jetzt  auch  Heraeus  a.  0.  p.  633.  Auch  p.  621,  23  bietet 
die  Hb.  ddecti  statt  deiecti. 

2  deferre  ==  honorem  deferre.  Deuteronom.  28,  50  (Hieron.)  gen- 
fem  procacissimamy  qutie  non  deferat  seni  nee  misereatur  parvüli.  Zwei- 
felhaft Cod.  Theod.  Π  8,  19  (Hänel).    Ducange  gloss.  s.  v. 

8  So  vor  Gertz  schon  Eussner,  Phil.  33  p.  739.  Aber  beut  fugt- 
ticorum  (zu  incuria  gehörig)  ist,  wie  ich  glaube,  zu  halten  (vgl.  Val. 
Max.  IV  3,  10  gravi  fugitivorum  beUo.  VI  9,  8  fugitivorum  bello).  Der 
Valeriustext  ist  lückenhaft,  Paris  hat  neglegentia. 

*  fugierunt  die  Hs.  p.  599,  28.  Vgl.  Georges,  Lex.  d.  lat.  Wort- 
formen  s.  v.  fugio,    Rönsch,  Itala  p.  285. 


256  Rahl 


Die   Orfindang  yon  Tyros. 


Auf  Julias  Africanus  geht,    soweit  wir  hente  naohkommen 
können,    eine  Notiz  zurück,    welche   hei    Georgioe   Sjnkellos  p. 
324,  2  Bonn,   so  lautet:    Καρχηδόνα   φησι  Φιλιοτος  κτισθήναι 
υπό  Άίώρου  καΐ  Καρχηδόνος  τών  Τυρίων  κατά  τοΟτον  τόν  χρό- 
νον.     Τη    der  Hieronymianischen  Uehersetzung   der  Chronik    des 
Eusehios  wird  sie  mit  den  Worten  wiedergegehen:  *^  Filistns  ecri- 
hit  a  Zoro  et  Carthagine  Tyriis^   hoc  tempore  Carthagpinem  con- 
ditam  .     Dass    sie  in  der  Meermannschen,  jetzt  Berliner,    Hand- 
schrift des  Hieronymus  fehlt  ist  Zufall  und  ehen  so  zufällig  fehlt 
sie  im  armenischen  Eusehios.     Auch  dessen  griechische  Vorlage 
muss  sie    gehaht   hahen,    denn    der  Armenier    weist    zum  Jahre 
Ahrahams  1005  mit  den  Worten   'Secundum  quosdam  Chalcedo- 
nis  exstructio  a  Didone.  Secundnm  vero  alios  prius,  sicut  et  dictum 
quidem  est     ehenso   deutlich    darauf  hin    wie  Hieronymus   ζαζη 
Jahre  1003:    ^Carthago  secundum  nonnullos  conditur  a  Didone'. 
Alii  supra  scriptum  tempus  vindicant'.     Mit  der  Angahe  des  Afri- 
canus stimmt  genau  Appianos  Lih.  c.  1 :   Καρχηδόνα  την  έν  Λι- 
βύτ|  Φοίνικες  ώκισαν   έτεσι  πεντήκοντα   πρό   άλώσευυς  Ιλίου, 
οίκισται   b'  αυτής   έγένοντο  Ζώρός   τε  καΐ  Καρχηδών,    ώς  ^ 
*Ρΐϋμαϊοι   καΐ   αύτο\  Καρχηδόνιοι   νομίίουσι,  Διδώ  γυνή  Τυρία 
κ.  τ.  λ.     Für  diejenigen,  welche  derartige  Angahen  nicht  einfaob| 
da  sie  unhistorisch  sind,    in    den  Papierkorh  werfen,    welche  es 
vielmehr  vorziehen,  ihrer  Entstehung  nachzugehen,  wodurch  doch 
auch  ein  Gewinn  für  die  Geschichte    erzielt    wird,   scheint   Gut- 
schmid  die  richtige  Lösung  des  uns  damit  aufgegebenen  Räthsels 


1  'Syriis*  der  Oxoniensis.    Mittheilungen  über  diese  Handschrift 
verdanke  ich  der  Liebenswürdigkeit  Alfred  Schönes. 

2  So  die  Handschriften  MP. 


Die  Oründung  von  Tyros.  257 

gefandeD  zu  haben,  indem  er  annimmt,  ohne  es  zu  wissen  gebe 
uns  Philistos  damit    die  Epoche  der  in  Tyros    und    früher   auch 
in  Karthago  üblichen  Aera    und    damit    das  Gründnngsjahr  von 
Tyros  ^.     Ein  Missverstöndniss,    wie   es  hier  vorausgesetzt  wird, 
war  für  einen  Griechen  sehr  leicht  möglich,    wenn    er    entweder 
selbst  erbärmlich  phönikisch  sprach    oder  sein  punischer  Freund 
mit  dem  Griechischen  auf  einem  gespannten  Fusse  stand.    Es  blieb 
für  Gutschmid  nur   eine  einzige  Schwierigkeit  übrig.   Die  Hand- 
schriften des  Hieronymus  weichen  in  der  Ansetzung  jener  Notiz 
stark  von  einander  ab;  sie  geben  798,  803  oder  807  Abrahams, 
Dionysios  von  Telmahre  802.     Wir   sind  gar  nicht    sicher,    dass 
nicht  in  andern  Handschriften  des  Hieronymus   noch  andere  Da- 
ten stehen.     Dabei  könnte   man  sich  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
bemhigen ;  ob  die  Fehlergrenze  ein  paar  Jahre  grösser  oder  klei- 
ner ist,  hätte  an  sich  für  die  Dinge,  um  welche  es  sich  handelt, 
bei  dem  gegenwärtigen  Stande  unseres  Wissens  nicht  allzu  viel 
auf  sich.   Allein,  welches  dieser  Daten  wir  auch  immer  annehmen 
mögen,    es    bleibt  ein  ungelöster  Widerspruch  mit  den  Angaben 
dea  Menander  von  Ephesos.      Das  Gründungsjahr  von  Karthago 
ist  nach  Timäos,   den    wir    für  wohl    unterrichtet  halten  dürfen, 
814  a.  C,  nach  Menander  bei  Josephos  gegen  Apion  I  18  §126 
betrögt  der  Zeitraum  zwischen  der  Gründung  Karthagos  und  dem 
Uegierungsantritt   Hiroms    155  Jahre    8  Monate    (=  156  Jahre 
nteh  der  Bechnungsweise  der  Chronographen)    und    nun  rechnet 
Josephos  weiter  (A.  J.  YIII  3,  1  §  62),  wie  anzunehmen  ist  eben- 
Uls  nach  Menander,  άπό  τής  Τύρου ^  οΐκήσειυς  εΙς  τήν  οίκοδο- 
Riov  του  ναού    240  Jahre.      Das    führt  für   die  Gründung   von 
Tjros  auf  1199  y.  Chr.;  es  ergibt  sich  also  ein  Unterschied  von 
lieberen  Jahren  von  dem   Ansatz  des  Philistos.     Diese  Differenz 
iMit  Gutschmid    nach  verschiedenen  Anläufen    zuletzt   so    zu  er- 


1  Kleine  Schriften  Π  S.  93.  46;  vgl.  I  S.  249  f. 
'  Nicht  ohne  Befremden  liest  man  bei  Niese  τής  6έ  ο(κήσ€(υς 
^  τήν  ο1χο6ομ(αν  τοΟ  ναοΟ,  so  dass  Niemand  wissen  kann,  welche 
Λαγίις  gemeint  ist.  Man  hat  keine  Gonjectur  nöthig.  Die  lateinische 
rebersetzong  liest:  *a  tyri  vero  conditione*,  und  das  wird  zu  allem 
Ueberflnss  durch  Hieron.  Chron.  zum  Jahre  735  bestätigt,  wo  es  heisst : 
'Tjras  condita  ante  templum  Hierusolimarum  ann.  CCXL  ut  scribit 
losephos  in  in'.  Ebenso  der  Armenier,  nur  dass  er  statt  der  letzten 
Worte  hat  *in  secundo'.  Wahrscheinlich  ist  die  Lesart  des  Armeniers 
richtig,  indem  der  zweite  τ€θχος  des  losephos  (Buch  6—10  der  Ar- 
chäologie) gemeint  ist. 

Μοβ.  f.  Phllol.  N.  F.  XLIX.  11 


258  Rtihl 

klären  und  damit  wegzuschaffen  gesucht  i,  daes  er  das  8{ 
in  den  Handschriften  des  Hieronymus  überlieferte  Datum  zu  € 
legte  und  annahm,  in  dem  Eönigsverzeichnisse  des  Menandei 
die  Jahre  unterdrückt  worden,  welche  der  Usurpator  allein  i 
habe;  es  würden  dort  bloss  die  12  Jahre  aufgeführt,  wi 
welcher  er  Astartos  als  Mitregenten  neben  sich  duldete, 
dann  Gntschmid  weiter  die  8  Monate  des  Phellos  yemachl 
und  das  7.  Jahr  des  Pygmalion,  als  das  Grründungsjahr  ι 
nicht  mitrechnet,  ergibt  sich  ihm  der  Betrag  'der  Differen 
damit  der  der  Jahre  der  Alleinherrschaft  des  Usurpators  • 
Jahren.  £r  scheint  dabei  unwillkürlich  unter  der  Nachwi 
der  Forschungen  von  Movers  und  seiner  eigenen  früherei 
stehen,  denn  einmal  entspricht  die  Weglassung  der  8  In 
des  Phellos  und  des  7.  Jahres  des  Pygmalion  nicht  seinei 
stigen  Grundsätzen  in  der  Behandlung  der  Chronographen, 
denen  hier  doch  wohl  verfahren  werden  musste,  und  dann 
die  Daten  der  verschiedenen  Handschriften  des  Hieronymus 
nach  der  Regel  reducirt,  welche  er  1867  und  1868  aufges 
und  nirgends  zurückgenommen  hat,  sondern,  ohne  etwas  at 
zu  bemerken^  nach  derjenigen  Methode,  welcher  er  1859  fc 
In  seiner  Becension  des  zweiten  Bandes  von  Schönes  £ai 
und  in  der  Abhandlung  'de  temporum  notis,  quibus  Em 
utitnr  in  chronicis  canonibus'  erklärte  er  es  nämlich  für 
scheinlich  richtig,  dass  man  für  die  Periode  1 — 1239  die 
Abrahams  von  2019  abzuziehen  habe,  um  sie  auf  Jahre  vor  ( 
Geburt  zu  bringen.  Nach  dieser  Eegel  würden  Zorus  und 
thago  nach  dem  Freherianus  in  1221  fallen,  nach  Α  BP  und 
Oxoniensis  in  1216,  nach  dem  Eeginensis  in  1212,  nach  Die 
von  Telmahre  in  1217.  Gutechmid  gibt  aber  als  Daten  voi 
1213  und  des  Eeginensis  1209  an,  muss  also  hier  nach  dei 
Eegel  gerechnet  haben,  welche  dahin  ging,  bei  einem  vor 
liehen  Datum  das  gegebene  Jahr  Abrahams  von  2016  abzus 
bei  einem  nachchristlichen  von    dem   gegebenen  Jahr  Abi 


1  Kleine  Schriften  IV  S.  4(3. 

2  Beitrage  zur  Geschichte  des  alten  Orients  S.  15  f. 
8  Kleine  Schriften  I  S.  433  f.  481  f. 

*  Es  Hesse  sich  das  möglicherweise  daraus  erklären,  dass 
cyclopaedia  Britaniiica  schwerlich  der  geeignete  Ort  für  solche 
aiidersetzungon  war. 

ö  Kleine  Schriften  I  S.  20«  N.  1. 


Die  Gründung  von  Tyros.  259 

9015  abziudeheo.  Die  Differenz  zwischen  Menander  und  Philietos 
kt  also  nach  seiner  zweiten  Regel  grösser,  als  er  annahm  und 
aeln  Erklärungsversuch  wird  unmöglich. 

Aber  auch  wenn  man  der  älteren  Reductionsregel  folgt, 
kum  Gutschmids  Ergebniss  nicht  befriedigen.  Denn  erstens  setzt 
M,  wie  sich  nachher  ergeben  wird,  eine  doppelte  Yerwirrung  in 
1er  Ueberlieferung  voraus  und  zweitens  ist  Gutschmids  ganze 
CoDftmotion  der  Menander^schen  Eönigsliste,  wie  ich  früher  ge- 
leigt  habe^y  unhaltbar.  Sie  leidet  nicht  nur  an  historischen  ün- 
vihncheinlichkeiten,  sondern  —  was  die  Hauptsache  ist  —  sie 
operirt  auch  mit  nachweislich  interpolirten  Zahlen.  Wir  müssen 
ώο  versuchen,  das  Problem  auf  anderem  Wege  zu  lösen. 

Es  läge  allerdings  gar  keine  Veranlassung  vor,  sich  über- 
ißt damit  abzugeben  oder  auch  nur  zu  versuchen,  das  Menan- 
tocbe  Gründungejahr  von  Tyros  festzustellen,  wenn  das  begrün- 
det wäre,  was  Pietschmann  in  seiner  Geschichte  der  Phönizier 
8. 134  vorgebracht  hat^.  Ich  lasse  dabei  die  unklaren  Bemer- 
hogen  über  Menanders  Königsliste  bei  Josephos  c.  Ap.  I  18  auf 
eck  beruhen,  da  ich  sie  offen  gestanden  nicht  vollständig  ver- 
(tttden  habe.  Im  üebrigen  meint  Pietschmann,  dass  Josephos 
ieine  Angabe  über  das  Alter  von  Tyros  schwerlich  aus  dem  Werke 
Xeoanders  geschöpft  habe.  ^Man  muss  aber  sogar  bestreiten  , 
6bt  er  fort,  'dass  Josephos  von  Menanders  Hand'  überhaupt 
nelur  gekannt  haben  wird,  als  gerade  diejenigen  Stellen,  welche 
^  wörtlich  citirt.  Die  Auswahl  und  Beschaffenheit  dieser  Stellen 
^hen  den  Eindruck,  dass  es  bereits  Auszüge  sind,  welche  Jo- 


1  Rheinisches  Museum  1893  S.  567  ff. 

^  Rawlinson's  History  of  Phoenioia  anzuführen  habe  ich  jetzt  so 
^ig  Veranlassung  als  früher,  da  dieser  'reader  and  writer  of  histories*, 
vie  er  sich  bescheiden  nennt,  Allem,  was  mit  Philologie  irgendwie  zu- 
iunmenhängt,   sorgfältig    aus  dem  Wege  geht.     Eins  möchte  ich  aber 
^och  nicht  unerwähnt  lassen.    Rawlinson  kennt   von  Gutschmid  wahr- 
scheinlich bloss  den  Artikel  *Phoenicia'    in  der  Encyclopaedia    Britan- 
itica;   es   läset  sich   das  vielleicht  erklären  und  entschuldigen^  obwohl 
Sun  die  Bücherschätze   von  Oxford    zur  Verfügung    stehen.     Aber    er 
nennt  den  Namen  Gutschmids  überhaupt  nicht ;  auch  in  dem  Verzeich• 
aiss  der  benutzten  Schriftsteller  führt  er  bloss  die  Encyclopaedia  Britan- 
Aiea  als  solche  auf.    Das   entspricht   nicht   den    guten  englischen  Ge- 
pflogenheiten. 

*  Was  heisst  das?    Wahrscheinlich   ist  gemeint   *von  Menanders 
Werk•. 


260  Rübl 

sephos  in  einem  anderen  Sobriftsteller,  den  er  aueecbriel 
ihn  dabei  als  Gewährsmann  anzuführen,  fertig  yorgefnnd 
Sie  rühren  augenscheinlich  von  einem  jtidisch-hellenic 
Autor  her,  welcher  sie  zur  Ausstaffirung  einer  zu  Guns 
Juden  abgefassten  apologetischen  Tendenzschrift  yerwerthe 
ebenso  wie  sie  nachträglich  Josephos  ausgenutzt  hat* .  Dam 
es  zum  Schluss:  'Der  Zahl  von  6  χ  40  Jahren  für  die  Ζ 
der  Gründung  der  Stadt  Tyros  bis  zur  Errichtung  des  Τ 
sieht  man  an,  dass  sie  nicht  durch  Zusammenzählen,  sonder 
nach  ganz  willkürlicher  Schätzung,  yermnthlich  im  Hinbl 
irgend  einen  biblischen  vermeintlichen  Synchronismus  i 
eine  als  geschichtlich  geltende  Begebenheit  herausgebracl 
Das  ist  indessen  willkürliches  Gerede.  Die  Auswahl  der 
aus  Menander  macht  weder  den  Eindruck,  dass  wir  es  m 
Zügen  zu  thun  hätten,  die  Josephos  bereite  vorfand,  nc 
entgegengesetzten ;  wir  wissen  nicht,  wie  weit  sich  Menan 
Beglaubigung  und  Vervollständigung  der  jüdischen  Gesch 
Zählung  verwerthen  Hess,  und  dass  Josephos  im  Stande  wa 
ständig  das  aus  seinen  Quellen  herauszufinden,  was  seinen  Ζ 
dienen  konnte,  wird  Niemand  bestreiten,  der  diesen  klug 
selbstgerechten  Pharisäer  im  Zusammenhange  gelesen  ha1 
der  Β  e  8  c  h  a  f  f  e  η  h  e  i  t  seiner  Auszüge  aber  eine  Schlussfo! 
darüber  zu  ziehen,  ob  er  Menander  direct  oder  indirect 
habe,  das  erfordert  eine  eingehende  und  schwierige  Untere 
bei  der  man  sich  alier  Wendungen  wie  ^  augenscheinlich 
faltig  zu  enthalten  hat,  wenn  man  beabsichtigt,  ernst  gei 
zu  werden  und  Andere  zu  überzeugen,  eine  Untersuchui 
dadurch  um  so  verwickelter  wird,  dass  Niemand  von  von 
zu  sagen  vermag,  ob  nicht  Josephos,  auch  wenn  er  in  de 
sich  mit  einem  Auszug  aus  Menander  begnügte,  doch  gele^ 
das  Originalwerk  einsah.  Mehr,  als  er  uns  wörtlich  üb• 
hat,  wird  er  doch  wohl  gelesen  haben,  denn  was  er  z.  I 
VIII  13,  2  §  324  von  Ithobal  erzählt,  stand  augenscheir 
hier  ist  das  Wort  am  Platze  —  bei  Menander  zwischen  de 
c.  Ap.  I  18  §  123  und  §  124  erzählt  wird.  In  der  That 
manches  dafür,  dass  Josephos  einen  Auszug  aus  Menander  b 
aber  die  Spuren  weisen  nicht  auf  einen  jüdisch-hellenistisc 
tor  und  eine  apologetische  Tendenzschrift  hin,  sondern  sie 
auf  Alexander    Polyhistor  ^      Und    von    dem,    was  Josep 

ι  Gutschmid,   Kleine   Schriften  IV    S.  470.  471.  488.  5^ 
11  S.  182. 


Die  Qröndang  von  Tyros.  261 

Kenander  bewahrt  hat,  ist  eine  Menge  so  beschaffen,  dass  es  für 
judieche  Apologetik  vollkommen  gleichgiltig  ist.  Das  ist  eben 
die  Macht  der  Geschichte,  wie  jeder  echten  Wissenschaft,  dass 
ne  anch  den  in  ihren  Dienst  zwingt,  der  glanbt,  sie  zur  Magd 
für  andere  Zwecke  herabwürdigen  zu  können,  und  je  grösser  seine 
gttgtige  Kraft  ist,  um  so  sicher  muss  er  ihr  dienen.  Es  braucht 
ja  freilich  nicht  erst  gesagt  zu  werden,  dass  Menander  weder 
angegeben  hat,  wie  lange  nach  der  Gründung  von  Tyros  noch 
vie  lange  vor  der  von  Karthago  der  Salomonische  Tempel  erbaut 
vird,  aber  das  auszurechnen  war  selbst  für  die  nicht  allzu  ge- 
scleaten  oder  gelegentlich  sehr  nachlässigen  servi  litterati  des 
Joeephos  kein  grosses  Kunststück,  mag  nun  bei  Menander  etwas 
von  Salomos  Tempel  gestanden  haben  oder  mag  Josephos  um 
seinen  *  Beweis  des  Glaubens  für  die  unwissenden  Gojim  etwas 
fetter  zu  fundiren,  die  Tempelbauten  des  Hirom  mit  seiner  ünter- 
etfitznng  des  Tempelbaues  in  Jerusalem  zeitlich  gleichgesetzt 
labend  Ganz  unmotivirt  ist  schliesslich  die  Behauptung,  dass 
^e  240  Jahre  von  der  Gründung  von  Tyros  bis  zu  der  des  Tem- 
pels auf  willkürlicher  Schätzung  beruhten,  da  6  X  40  =  240. 
Dergleichen  nennt  man  Mechanisirung  und  Schablonisirung  der 
Xethoden,  ein  Verfahren,  das  bei  Philologen  ohne  fachmässige 
luttorische  Bildung  freilich  nicht  selten  ist.  Wer  es  sonst  nicht 
veise,  der  kann  es  bei  Untersuchungen  über  Acren  und  Cyklen 
nar  zu  sehr  erfahren,  welche  merkwürdigen  Eigenschaften  die 
Zahlen  haben;  höchstens  die  Primzahlen  sind  davor  sicher,  chro- 
oographisch  verflüchtigt  zu  werden.  Aber  auch  die  nicht  einmal 
ftehr,  seitdem  Gutschmid  die  bewegliche  Eins  nachgewiesen  hat. 
Ver  eine  demonstratio  ad  oculos  liebt,  dem  empfehlen  wir  die 
preuBsische  Königsgeschichte  mit  ihren  Epochejahren  1640,  1740, 
18iO;  1688,  1888,  mit  ihren  genau  drei  Generationen  auf  das 
Jahrhundert  und  dem  chronographischen  Kunstgriff,  in  der  Mitte 
ebe  kleine  Differenz  anzubringen  und  zwar,  da  es  sich  um  2  Jahr- 
Imnderte  handelt,  eine  von  2  Jahren,  so  dass  die  Generation  von 
1740  nicht  1788,  sondern  bereits  1786  endigt. 

Nachträglich  (S.  264  N.  1)  hat  dann  Pietschmann  noch  be- 
merkt, die  Angabe  des  Josephos  mache  um  so  mehr  den  Eindruck 
des  Willkürlichen,  da  diese  240  Jahre  genau  die  Hälfte  des  Zeit- 
nams  von  12X40  Jahren  seien,    der    nach  der  Chronologie  der 
Königsbücher  des    alten  Testaments  zwischen   dem  Auszuge    aus 


ι  So  Gutschmid  öfter,  z.  B.  Kleine  Schriften  lY  S.  94. 


262  Rübl 

ι 

Aegypten  und  der  Erbauung  des  Tempels  liegt.  Wer  dtnic 
etwas  gibt,  kann  natürlieb  mit  viel  mehr  Recht  so  argamentirea. 
dass  er  annimmt,  die  Zeit  des  Auszuges  aus  Aegypten  sei  in  dei 
Weise  bestimmt  worden,  dass  man  dieses  Ereigniss  doppelt  so 
lange  vor  die  Gründung  des  Tempels  setzte,  als  die  (historiicb 
bekannte)  Gründung  von  Tjros.  Ganz  und  gar  hinfUlig  wird 
die  ganze  Erörterung,  wenn  man  mit  einer  andern,  später  ge- 
schriebenen Stelle  des  Josephos  (c.  Ap.  I  18  §  126)  den  Tempel- 
bau in  das  12.  Jahr  Hiroms  setzt.  Denn  dann  liegen  zwisciien 
dem  Tempelbau  und  der  Ghründung  von  Tyros  nicht  240,  sonden 
241  Jahre  ^.  An  sich  aber  hatten  die  Juden  weder  vom  Stand- 
punkt ihrer  Geschichte  noch  von  dem  ihrer  Religion  aus  irgend 
ein  Interesse,  sich  darum  zu  kümmern,  wann  Tyros  gegründet 
worden  war. 

Irgend  ein  Grund,  schriftliche  historische  Au&eichnongen 
in  Tyros  in  so  früher  Zeit  zu  leugnen,  liegt,  nicht  vor;  wer  eonit 
daran  etwa  gezweifelt  hätte,  den  würde  der  Fund  von  Tell-el- 
Amama  überführt  haben,  wie  alt  der  Gebrauch  der  Schrift  in 
Palästina  war.  Dass  diese  Aufzeichnungen  freilich  den  heDe* 
nistischen  Historikern  erst  in  mannigfaltiger  Umwandlung,  iOin- 
lich  wie  die  jüdischen  Bücher  Βα(Τΐλ€ΐαιν,  vorlagen,  ergibt  sicli 
mit  Sicherheit  aus  den  Erzählungen  über  den  Verkehr  des  Hirom 
mit  Salomo  bei  Josephos.  Ebenso  aber  darf  man  heute  nicU 
mehr  mit  Scaliger  die  Gründung  von  Tyros  überhaupt  erst  119^ 
ansetzen  und  es  bleibt  nichts  übrig,  als  anzunehmen,  dass  dieses 


^  A.  J.  YIII  31  §  12  geben  die  griechischen  and  lateinische^ 
Handschriften  des  Josephos  übereinstiromeud  240  Jahre.  Unger,  Ma- 
netho  S.  225  sag^:  '  die  besten  Autoritäten  schrieben  *  bekanntlich' 24l 
Jahre.  Wahrscheinlich  hat  er,  durch  Movere  II,  1  S.  138  verleitet,  ^ 
den  armenischen  Eusebios  gedacht.  Allein  die  Handschrift  von  Toka^ 
hat  240  Jahre  und  ebenso  viel  bieten  Hieronymus  und  die  εκλογή  Ιστα 
ριών  bei  Gramer,  Anecd.  Paris.  II  p.  194,  14.  Im  Chroniken  paschal 
I  p.  148, 19  Bonn,  liest  man:  Τύρος  Ικτίσθη  πρ6  τοΟ  έν  Ίβροσολύμοις  vci 
ίτ€σι  τριακοσίοις  πβντήκοντα  καΐ  έν(  (251  bei  Movere  a.  a.  Ο.  ist  ei 
Irrthum,  τριακοσίοις  πέντε  καΐ  ένί  in  Schönes  Eusebios  II  ρ.  44  wah 
scheinlich  ein  Druckfehler).  Das  geht  aber  nicht  auf  Josephos  zurüd 
sondern  beruht  auf  der  eigenen  verzwickten  H|^hnung  des  Verfassei 
Vgl.  Geizer,  Africanus  II,  1  S.  154.  Kedrenos  I  p.  104,  1  Bonn.  fol| 
dem  Chronikon  paschale.  Vgl.  Geizer  a.  a.  0.  II,  1  S.  365.  Joseph 
selbst  berechnet  bekanntlich  die  Zeit  vom  Auszug  bis  zum  Tempelbj 
anders,  als  die  Königsbücher  (A.  J.  VIII  3,  1  §61;   c.  Ap.  II  2  §  li 


Die  Gründung  von  Tyros.  263 

Aitiiffl  für  loseltyros  gelten  soll,  das  häufig  genug  auch  allein 
tk  'Tyros'  bezeichnet  wird.  Das  Wort  οΐκησις  bei  Josephos 
bu!  rar  Bestätigung  dieser  Annahme  dienen^.  Auf  alle  Fälle 
auf  man  nicht,  wie  Pietsohmann  (S.  132f.),  Herodot  (II 44)  gegen 
Imnder  ausspielen  wollen.  Dem  frommen  Griechen,  der  eigens 
BieliTjros  kam,  um  sich  über  den  dortigen  Heraklesdienst  und 
•ein  Alter  zu  unterrichten,  sagten  die  Priester,  der  Tempel  sei 
10  alt  wie  die  Stadt  und  vor  2300  Jahren  erbaut.  Man  kann 
iber  den  Werth  späterer  Nachrichten,  denen  keine  gleichzeitige 
Beglaubigung  zur  Seite  steht,  yerschieden  denken  und  man  kann 
Μ  daher  begreifen,  dass  z.  B.  über  die  Weiber  von  Weinsberg 
Ion  und  her  gestritten  wird ;  was  für  die  Historiker  feststeht,  ist 
der  Satz,  dass,  wenn  eine  directe  gleichzeitige  Beglaubigung  nicht 
mehr  vorliegt,  das  Alter  der  Berichterstatter  an  sich  gleiihgiltig 
iit  Menander  hat  Quellenforsehungen  mit  Hilfe  schriftstelleri- 
leber  Aufzeichnungen  veranstaltet,  Herodot  hat  Priester  über  reli- 
giöse Dinge  befragt:  die  Wahl  könnte  nicht  schwer  sein,  wenn 
wirklich  ein  Widerspruch  vorläge.  Man  kann  sogar  heute  in 
Oentechland  entsprechende  Erfahrungen  machen;  wer  alte  Syna- 
gogen, etwa  in  Worms  oder  Prag,  besucht,  kann  sein  blaues  Wun- 
der zu  hören  bekommen.  £s  braucht  aber  überhaupt  gar  kein 
Viderspruch  angenommen  zu  werden.  Die  Topographie  von  Tyros 
iit  freilich  noch  viel  controverser,  als  die  von  Athen  und  wir 
^sen  nicht  sicher,  welchen  Heraklestempel  Herodot  im. Sinne 
bitte.  Es  hindert  aber  gar*  Nichts,  anzunehmen,  dass  auf  der  Insel 
(oder  einer  der  Inseln)  ein  Heraklestempel  lag,  lange  ehe  die 
Stadt  auf  der  Insel  angelegt  wurde  und  dass  dieser  Tempel  für 
^  alt  galt,  als  die  Stadt  auf  dem  Festlande. 

Menander  nun  setzt,  wie  wir  sahen  (oben  S.  257),  die  οΐκη- 

('Ις  von  Tyros  in   1199  a.  C,  die  Angabe  des  Philistos,  wie  sie 

bei  Eusebios  vorliegt,  führt  höher  hinauf.     Es  ist  nun  kaum  ein 

riebtiges  Verfahren,    die    überlieferten  Zahlen    des  Menander  zu 

euMten   derjenigen    des  Philistos   corrigiren   zu    wollen,    um^  so 

veoiger,  da  bei  dem  Ersteren  keine  einzelne  Notiz,  sondern  eine 

luammenhängende  Reihe  von  Angaben  vorliegt,  die  an  und  für 

lieh  den  Anspruch  auf  gute  Beglaubigung  erheben  kann.    Wollen 

vir  zu  einem  haltbaren  Ergebniss  kommen,  so  müssen  wir  zunächst 


^  Scaliger  Anim.  in  Euseb.  p.44  (Aueg.  von  1606)  schroibt  οΙκ(- 
ιΐίΐυς.  Ich  weiss  nicht,  ob  die  Conjectur  von  ihm  herrührt,  jedenfalls 
iammt  sie  nicht  von  J.  Bekker. 


264  Ruh] 

die  Zahl  des  Philistos  für  eich  betraohteD.     Nach  welchem  Fix- 
pnnkt  hat  nun  Philietoe  das  Jahr  des  Zoros    und  Karchedon  bd- 
stimmt,  das  doch  erst  von  Africanue  aof  Jahre  Abrahame  redacirt 
worden  ist?  Wir  wissen  nicht,  wie  Philistos  für  die  historischea 
Zeiten  gerechnet  hat,  ob  nach  Jahren  der  Gründang  von  Syrskns, 
wie  Antioohos^,  oder  wie  sonst;  für  das,  was  wir  yorhistoTische 
Zeiten  nennen,    bediente    er    sich  jedenfalls    der   troisches  Aen 
(£r.  2,  bei  Dionys.  Hai.  A.  B.  I  22).     Damit  stimmt  yortre£Bieb, 
dass  Appian  Lib.  c.  1  (oben  S.  256)  an  einer  Stelle,  welche  gM*^ 
eher  Herkunft  sein  mnss,    wie    die    letzte  Quelle  des  AMoanaa.^ 
da  sie  die  Angaben  von  Hieronymus  no.  803  und  no.  1003  Scb « 
in  sich  vereinigt,  Zoros  und  Karchedon  50  Jahre  vor  den  Tgmca 
ansetzt.     Es    liegt   also  nahe   und    ist   auch    mehrfach   veiBaoIit 
worden,  die  Jahreszahl  bei  Eusebios  so  zu  erklären,  dass  die  Angabe 
des  Philistos  nach  einer  anderen  troischen  Aera  reduoirt  worden 
sei,  als  die  er  gemeint  habe.    Nur  darf  man  dabei  nicht  die  unten 
zu   besprechende    andere   Ueberlieferung    hineinmengen,    wonach 
Tyros   ein    Jahr   vor   Trojas  Zerstörung    gegründet  worden  ist• 
Die  troische  Aera   nun,   welche    zur  Zeit    des  Philistos  als  die 
dem  Stande  der  Wissenschaft    am  meisten    entsprechende   gelten 
konnte,  war  die  des  Demokritos,  und  diese  setzte  den  Fall  Trojs* 
in  1150  a.  C.^.     Demnach    wäre    das  Epochejahr    der   tyrisohen 
und  karthagischen  Aera  nach  Philistos  das  Jahr  1200  a.  C.  go' 
wesen.     Das  differirt    aber    von   dem  Ansatz    des  Menander  fV 
die  Gründung  von  Tyros  nur  um  ein  'einziges  Jahr   und  so  viel 
Spielraum  muss  man   auf   alle  Fälle   gewähren,    schon  weil  di^ 
Addition   der  Ziffern    nach  verschiedenen  Grundsätzen    vollzogei^ 
worden  sein  kann.     Philistos    und  Menander  weichen   also  unter 
dieser  Voraussetzung  nicht  von  einander  ab,  sondern  sie  stimmen 
vortrefflich. 

Aber  nach  welcher  Aera  ist  die  Angabe  des  Philistos  von 
der  Quelle  des  Africanus  reducirt  worden?  Reduciren  wir  nach 
der  alten  Kegel  Gutschmids,  so  erhalten  wir  für  die  Jahre  Abra- 
hams 798  (Cod.  F),  802  (Dionys.),  803  (ABP  Oxon.),  807  (R) 
die  Jahre  vor  Christus  1218,  1214,  1213,  1209,  als9,  weitere  50 
Jahre  abgezogen,    für  die  vorauszusetzende  Epoche    der  Τρωικά, 


^  Wölffline  Ergebnisse  in  dieser  Hinsicht  scheiuen  mir  nach  einer 
wiederholt  angestellten  Nachprüfung  durchaus  gesichert  zu  sein. 

3  Das  hat  Diels  im  Neuen  Rheinischen  Museum  XXXI  S.  30  mei- 
nes Erachtens  mit  Sicherheit  erwiesen. 


Die  Gründuug  von  Tyros.  265 

luicli  der  die  Angabe    des  Philistoe    redncirt    worden  ist,    1168, 

1164,  1162,  1159.     Yon  diesen  Jahren  ist  aber,  so  viel  mir  be- 

bumt,  keines  als  troisches  Epoobejahr  tiberliefert.    Die  1867  von 

&it8chmid  aufgestellte  Reductionsregel    ergibt   dagegen    für  das 

Attfangsjahr  der  Aera  die  Jahre  vor  Christus  1221,  1217,  1216, 

1212  und  danach   als   troische  Epoche  1171,  1167,  1166,  1162. 

Von  diesen  letzteren  Jahren   aber   ist    eins    als    troische  Epoche 

eines  berühmten    Chronographen   ausdrücklich    bezeugt,    nämlich 

1171  für  Sosibios.     Dass   diesmal   der  Freherianus  Recht   behält 

Nt  zwar  unerwartet,  aber  nicht  beispiellos. 

Neben  den,  wie  soeben  gezeigt  worden  ist,  übereinstimmen- 
den Ansätzen  des  Philistos  und  Menander  gibt  es  bekanntlich 
noch  einen  anderen  Ansatz  für  die  Gründung  von  Tyros,  den 
des  Pompejus  Trogus. 

Die  Nachrichten  dieses  Schriftstellers  über  Tyros  und  Kar- 
Aftgo  erfreuen  sich  bekanntlich  eines  guten  Rufs,  und  was  er 
^  aas  der  Geschichte  von  Tyros  erzählt,  stimmt,  soweit  wir 
lutchkommen  können,  mit  Menander  wohl  überein,  so  dass  ent- 
weder dieser  oder  ein  anderer  aus  wesentlich  gleichen  Quellen 
'clopfender  hellenistischer  Historiker,  etwa  Dios  oder  Laetos, 
ihn  den  Stoff  geliefert  haben  muss^.  Timaeos  ist  es  nicht  ge- 
veien,  da  dessen  chronologisches  Schema  ein  anderes  ist.  Ob 
^gus  an  die  Urquelle  gegangen  ist  oder  sich  an  eine  Mittel- 
<}velle  gehalten  hat,  ist  zur  Zeit  nicht  wohl  zu  entscheiden, 
l'nn  heisst  es  bei  Justinus  XVIII  .3,  2 ff.:  Tyriorum  gens  condita 
>  Phoenicibus  fuit,  qui  terrae  motu  vexati  relicto  patrio  solo  ad 
Syrium  stagnum  primo,  mox  man  proximum  litus  incoluerunt, 
condita  ibi  urbe,  quam  a  piscium  ubertate  Sidoniam  appella- 
▼erunt  ....  Post  multos  deinde  annos  a  rege  Ascaloniorum  ex- 
pQgoati  navibus  appulsi  Tyron  urbem  ante  annum  Troianae  cla- 
dis  eondiderunt.  Diese  Worte  werden  vielfach  falsch  verstanden. 
2rar  darüber,  dass  die  Gründung  von  Tyros  in  das  Jahr  vor 
der  Zerstörung  Trojas  gesetzt  werden  soll,  ist  man  einig  ^,  aber 
man  nimmt  nicht  selten  an,  dass  hier  Tyros  für  eine  Colonie  von 


^  Ungar,  Manetho  S.  228  dachte  aoffallenderweise  ernstlich  an 
Tbeopompos.  Heute  werden  ihm  die  Heerenschen  Argumente  schwer- 
lich noch  imponiren. 

^  Vgl.  die  Commentatoren  ausser  zu  unserer  Stelle  noch  zu  XIV 
3,  8.     ServiuB  zur  Aeneis  I  267,    der   aus  Trogus  schöpft,    sagt   'cum 
oonstat  ante  LXX  annos  urbis  Romae  conditani*. 


266  Rühl 

Sidon  erklärt  werde,  ja  sogar,  dase  bericbtet  werde,  Sidon  sei 
von  den  Askalonitem  erobert  worden.  So  z.  B.  Pietecbmann 
a.  a.  0.  S.  118  und  S.  134.  Diese  Auslegung  ist  falsoh;  bereits 
Gutscbmid  ^  hat  bemerkt,  dase  die  Phöniker  überhaupt,  nicht  spe- 
ciell  die  Sidonier  gemeint  sind,  und  '  expugnare  heisst  bei  Justi- 
nus  nicht  bloss  ^erstürmen,  erobern  ,  sondern  sehr  häufig  einfach 
'besiegen*.  Pietecbmann  behauptet  dann  aber  weiter  (S.  263), 
Trogus  habe  augenscheinlich  seine  üebersicht  der  üige^ 
schichte  der  Phöniker  dem  Geschichtswerk  eines  sicilianisdieii 
Griechen  entlehnt,  welches  die  Geschichte  Karthagos  behandelte 
und  dazu  als  Einleitung  eine  kurze  Urgeschichte  von  Phönikien 
gab.  Andere  bat  der  Augenschein  bekanntlich  etwas  Andere• 
gelehrt,  und  die  Schwierigkeit,  einen  Autornamen  unter  den  be- 
kannten eicilischen  Historikern  für  die  Quelle  des  Trogne  sa 
finden,  ist  gross.  Aber  über  das,  was  augensoheinlioh  sei,  IM 
sich  wissenschaftlich  überhaupt  nicht  streiten.  Zu  den  heute  auf 
dem  Gebiete  der  Alterthumswissenschaft  gebrfiuohliohsten  Ans- 
drücken  gehören  ausser  ^augenscheinlich'  auch  noch  Wörter  wie 
*  sicher*,  'gewiss*,  *  zweifellos  ,  'selbstverständlich*,  *  offenbar 
usw.  Sie  pflegen  sich  in  der  Eegel  da  einzustellen,  wo  es  an 
Beweisen  oder  auch  nur  Gründen  fehlt,  und  in  den  Kreisen  boa* 
hafter  Leute  macht  man  eich  schon  seit  längerer  Zeit  das  Ver- 
gnügen, zu  definiren,  was  diese  Redensarten  eigentlich  in  ehrlicheift 
Deutsch  bedeuten.  Sehen  wir  aber  zu,  wie  Pietecbmann  weitet 
argumentirt.  '  Die  Beziehung  auf  Karthago  ',  fährt  er  fort,  '  verrath 
sich  noch  in  der  Angabe,  die  dem  Untergange  entronnenen  Phöni' 
zier  hätten  Tyros  gegründet,  und  dies  sei  ein  Jahr  vor  dem  Falle 
Trojas  geschehen.  Bei  den  Karthagern  mnss  es  nämlich  die  Ab' 
Behauung  gegeben  haben,  Tyros  und  Karthago  seien  gleichzeitig 
gegründet,  der  Heros  eponymos  von  Tyros  habe  in  Gemeinschaft 
mit  dem  Heros  eponymos  Karthagos  den  ersten  Grundstein  zu  der 
grossen  Tochterstadt  von  Tyros  gelegt.  Es  verlieh  das  nicht 
allein  Karthago  den  höchsten  Hang  unter  den  tyrischen  Colonial- 
städten,  die  beiden  Gründungeheroen   geben  zugleich  ein  Vorbild 

für  das  Suffetenpaar  ab,  von   dem  Karthago  regiert  wurde 

Nur  ein  Autor,  der  diese  Gründungssage  kannte,  dabei  aber  auch 
den  Bericht  über  Aineias'  Aufenthalt  bei  der  liebebedtirftigen  Dido 
als  die  für  Karthagos  Gründung  massgebende  Zeitbestimmung  in 
Anschlag  brachte,  konnte  zuversichtlich  die  Entstehung  von  Ty- 


1  Kleine  Schriften  U  S.  45. 


Die  Gründung  von  Tyroe.  267 

roe  ein  Jahr  vor  dem  Falle  Trojae  ansetzen.  Hieraus  ergibt  sich 
aber,  dass  die  Darstellang  der  Urgeschichte  Phöniziens,  welcher 
Pompejne  Trogns  sich  anschliesst,  als  Ganzes  genommen,  Bestand- 
theiJ  einer  den  Pnniem  geläufigen  Gründungsgeschichte  Karthagos 
ift*.  Die  Schlüsse  sind  kühn.  Jedenfalls  hat  Trogns  mit  dieser 
eMehicbtsklittemng  nichts  zu  thun,  denn  der  macht  nicht  nur 
Karthago  za  einer  Colonie  von  Tyros,  sondern  er  erklärt  auch 
Dtiea  für  älter  als  Karthago  (Inst.  XVIIl  4,  2).  Sogar  Philistos 
BUB  Karthago  für  eine  tyrische  Colonie  gehalten  haben,  denn 
er  macht  Zoros  und  Karchedon  zu  Tyriern,  kann  also  nicht  ge- 
iitabt  haben,  Tyros  und  Karthago  seien  gleichzeitig  gegründet. 
Femer  aber  konnte  unmöglich  jemand  die  Gründung  Karthagos 
iDit  Rücksicht  auf  das  Verhältniss  der  liebebedürftigen  Dido  zu 
Aeneas  in  das  Jahr  vor  Trojas  Fall  setzen,  wenn  er  der  An• 
lieht  war,  dass  Karthago  gar  nicht  von  Dido  gegründet  wor- 
den war^. 

Wir  können  demnach  Pietschmanns  Ausführungen  ruhig  auf 
sich  beruhen  lassen  und  dürfen  hoffen,  durch  eine  Untersuchung 
der  von  Trogns  überlieferten  Daten  zu  einem  nach  der  einen  oder 
uidem  Seite  hin  verwerthbaren'  Ergebniss  zu  gelangen.  Wann 
Trogns  den  Fall  Trojas  ansetzte  ist  unbekannt;  aus  der  Stelle 
über  die  Könige  von  Alba  (XLIII  1,  13)  lässt  sich  nichts 
ichliegeen.  £r  sagt  dort  'Ascanius  ....  Lavinio  relicto  Longam 
Albam  condidit,  quae  CCC  annis  caput  regni  fuit\  Als  £ndter- 
>Bin  hat  er  dabei  die  Gründung  Roms  im  Auge,  wie  sich  schon 
*»  dem  'ad  postremum'  c.  2,  1  ergibt^.  Auf  irgend  eine  chro- 
Dologisoh  festgelegte  trojanische  Epoche  ist  dabei  keinerlei  Rück- 
sicht genommen,  es  liegt  yielmehr,  wie  man  von  jeher  gesehen 
^  dieselbe  Tradition  vor  wie  beiVergilius  Aen.  I  265  ff.,  wenn 


^  Ueber  die  beiden  Suffeten  siehe  Gutschmid,  Kleine  Schriften  II 
S.92f.;  der  Anfsatz  ist  Pieteohmann,  wie  es  scheint,  unbekannt  geblie- 
ben. Romulus  und  Remos  darf  man  nicht  heranziehen.  Die  Ausma- 
Inag  in  der  gewöhnlichen  Erzählung,  deren  staatsrechtliche  Bedeutung 
.Mommsen  so  geistvoll  nachgewiesen  hat,  ist,  wie  eben  ihr  juristischer 
Charakter  lehrt,  späteren  Ursprungs.  Die  beiden  Gründer  Romus  und 
Romulus  verdanken,  wie  bereits  A.  W.  Schlegel  gezeigt  hat,  ihren  ür- 
prung  der  Thatsache,  dass  zwei  verschiedene  Eponymennamen  für  Rom 
η  Umlauf  waren. 

2  Holzapfel,  Römische  Chronologie  S.  268  N.  1  irrt,  wenn  er  sagt, 
ustin  gebe  mit  Rücksicht  auf  die  100  Jahre  spater  erfolgte  Zerstörung 
Jbas  400  Jahre  an. 


268  Rühl 

dieser  nicht   etwa  selbst   die  Quelle   sein    sollte  i.      Ein    solches 
Verfahren  entspricht  auch  durchaus  der  Art  des  Trogus ;  er  ging 
niemals  darauf  ans,  die  Geschichten  der  Völker,  welche  er  in  ver- 
schiedenen Büchern  erzählte,    chronologisch    mit  einander  auszu- 
gleichen,   sondern  begnügte  sich  mit  einer  Anzahl  von  Synchro- 
nismen,   welche  zur  allgemeinen  Orientirung  der  Leser  als  feste 
Merkpunkte  in  den  historischen  Zeiten  wohl  ausreichen  mochten. 
Wir  müssen  also  versuchen,  seiner  tyrisohen  Zeitrechnung  ander- 
weitig   beizukommen.      Justinus    sagt    bekanntlich    einige    Ka- 
pitel weiter  (XVIII  6,  9),    Karthago  sei  72  Jahre    vor  Rom  ge- 
gründet worden.     Indem  Movers    nun  von    der  Gründung   Roms 
im  Jahre  753  a.  C.  ausging,  kam  er  für  die  Gründung  von  Kar- 
thago auf  825  oder  826  und  constatirte  somit  eine  Differenz  von 
etwa  12  Jahren    gegenüber  dem  von  Timaeos  überlieferteni    für 
historisch  zu  nehmenden  Jahre  814.     Diese  Differenz  zu  erklären 
ist  dann  von  Movers  und  von   andern  hervorragenden  Forschem 
viel  Mühe  und  Scharfsinn  aufgeboten  worden^.     Ich  fürchte,  der 
Ausgangspunkt  ist  ein  falscher  gewesen  und  man  muss  die  ganze 
Rechnung  einfach  umkehren.     Es  lag  Trogus,  wie  die  Fragmente 
des  Menander  lehren,  bei  dieser  Rechnung  kein  irgendwie  fizirtes 
Jahr  für  die  Gründung  von  Karthago  vor,  sondern  er  hatte  nur 
die  zwei  festen  Endpunkte,  die  Gründung  von  Tyros  und  die  von 
Rom.     Zwischen  diese  schob    er    dann    die    überlieferten  Einzel- 
summen für  die  Zeit  zwischen  der  Gründung  von  Tyros  und  Kar- 
thago hinein,  und  der  Rest  ergab  den  Zeitunterschied  der  Grün- 
dung von  Karthago  und  Rom.      Und  nun  gibt  es  allerdings  eine 
troische  Aera,  und  zwar  eine  sehr  verbreitete,  nach  der  sich  ihm 
die  Zahlen  ergeben  museten,  welche  wir  bei  Justinus  lesen.    Wenn 
er  die  Τρωικά  in  1208  setzte,    so    fiel  ihm    die  Gründung    von 
Tyros  in  1209,    rechnete  er  dann  mit  Menander  von  da  bis  zur 
Gründung  von  Karthago  240+156 — 111  =  385  Jahre,     so    kam 
er  für  das  letztere  Ereigniss  auf  824;  von  da  bis  auf  die  Grün- 
dung Roms  nach  capitolinischer  Aera  aber  sind    in   der  That  72 
Jahre. 


^  Vgl.  Sonny  im  Rhein.  Mus.  XLl  S.  472 ff.  Ich  muss  indessen 
bekennen,  dass  mir  viele  von  den  dort  vorgebrachten  Beispielen  einer 
Uebereinstimmung  zwischen  Virgil  und  Trogus  sehr  wenig  überzeugend 
zu  sein  scheinen. 

-  Für  corrupt  hat  die  Zahl  bei  Justinus  erklärt  Uuger,  Ma- 
netho  S.  215. 


Die  Gründung  von  Tyros.  269 

Wie  die  Dinge  liegen,  wird  nun  ecbwerlich  jemand  bestrei- 
ten Wollen,    dass  Trogue   seinen  Ansatz    für    die  Gründung   von 
Tyros,  ein  Jahr  vor  der   Zerstörung  Trojas,   in    dieser  Form    in 
seiner  Quelle  vorfand.     Wenn  er  nun  die  Jahre  bis  zur  Gründung 
Yon  Karthago    genau  ebenso  berechnete  wie  Menander,    das  Er- 
gebnies  aber  von  dem  historischen  Gründungsjahr  Karthagos  ab- 
weicht, so  bleibt  auch  hier  keine  andere  Lösung  übrig,  als  dass 
Trogue  von  einer  anderen  troischen  Aera  ausging,  als  seine  Quelle. 
Menander,  oder  wer  es  sonst  sein  mag,    hat  also  das  Jahr  1199 
a.  C.  für  ein  Jahr  genommen,  das  um  eins  höher  hinauf  lag,  als 
die  Τριυΐκά.     £ine  solche  troische  Aera  von  1198  a.  C.  aber  ist 
in  der  That  nachweisbar,  wie  von  Unger,  Manetho  S.  223  ff.  ge- 
zeigt worden  ist.      Aus   Trogus    schöpfte   wieder    Solinus  c.  30 
seinen  Ansatz  für  die  Gründung  von  Karthago,    677  Jahre  vor 
der  Zerstörung.     Es  ist  heute    kaum  nöthig,    noch  hinzuzufügen, 
daes   auch    der  Ansatz    des  Servius   zur  Aeneis  I  267,    welchen 
ÜDger  für  Catonisch  hielt  \  lediglich  aus  Trogus  entnommen  ist. 

Königsberg.  Franz  Bühl. 


^  Denn  diese  Stelle  meint   er   doch  wohl   Manetho  S.  215.    Vgl. 
auch  noch  Peter,  Historicorum  Romanorum  relliquiao  1  p.  CLXVl  f. 


270  Wölfflin 


Znr  Composition  des  Tibnll. 


So  gut  Tiball  die  Elegio  durch  den  Absohlass  der  einzelne 
Distichen  gefördert  hat,  80  sehr  hat  er  den  Bau  grösserer  Gl• 
dichte  nach  den  Gesetzen  der  Earythmie  zu  regeln  gesacht;  r 
nächst  noch,  ohne  auf  gleiche  Yerszahl  der  einzelnen  Grapp« 
zu  halten,  durch  scharfe  Disposition  der  Gedanken.  In  der  &lt 
sten  Elegie  I  10  begnügt  er  sich  nicht  damit,  die  Schrecken  d 
Krieges  dem  ihm  sympathischen  Frieden  gegentiberzustelle 
sondern  er  hat  V.  51  ff.  eine  dritte  Partie  angefügt;  welche  Β 
Haase  (De  tribus  Tibulli  locis  transpositione  sanandis)  nicht  ve 
stand  und  daher  an  das  Ende  von  IT  1  versetzen  wollte.  Ab 
was  ist  denn  die  derbe  Scene  von  dem  angeheiterten  Landman: 
der  sich  an  seiner  Frau  vergreift,  andere  als  'Krieg  im  Frieden 
Es  giebt  nicht  nur  die  Kriege  des  Mars,  sondern  auch  Vener 
bella,  die  Amor  schürt;  Krieg  und  Frieden  sind  keine  strenge 
Gegensätze,  da  auch  die  Liebe  gezankt  haben  will.  Und  daraf 
wird  der  Leser  schon  V.  47  f.  vorbereitet,  wo  dem  Ackerbau  de 
Weinbau  an  die  Seite  gestellt  wird,  weil  eben  Bacchus  dem  Arno 
zu  Hülfe  kommt.  Aber  auch  dieser  ^rieg  im  Frieden'  löst  sie 
in  Keue  und  Versöhnung  auf,  und  Tibull  schliesst  nach  den  Di£ 
sonanzen  mit  dem  wohlthuenden  Akkorde:  Fax  alma  veni,  ^ 
dass  der  dritte  Tb  eil  kein  versprengtes  Bruchstück,  sondern  ein 
logische  Fortsetzung  der  beiden  vorangehenden  ist.  Allerding 
ist  er  durch  eine  Lücke  nach  V.  50  von  der  Hauptmasse  getrennt 
denn  wenn  der  rusticus  von  dem  Feste  im  Götterhaine  zurücl 
gekehrt,  so  muss  er  zuerst  mit  seiner  Familie  hinausgezogen  seil 
und  es  bedarf  entschieden  eines  Distichons,  um  diesen  Znsammei 
hang  herzustellen.  Irren  wir  nicht,  so  begann  das  Distichon  m 
Face,  und  der  Sinn  war  etwa:  *im  Frieden  feiert  man  nach  vo! 
endeter  Arbeit    das   ländliche  Fest,    zu    welchem  Jung    und  Α 


Zur  Gompoeition  des  Tiball.  ^1 

[       »^^i^Hiieziehen'.     Wie  sich  io  den  Distichen    V.  45  und  47  pax  .  . 
^^^i  . .  boves  (Ackerbau)  und    pax  aluit    vitee  (Weinbau)    ent- 
sprechen, 80  mu88  aucb  dem  Distichon  49  Paoe  bidene  vomerque 
^'^nt  ein  zweites  V.  51  mit  Face  und  einem  Präsens  entsprochen 
^^leD,  welches  durch  Abirren  der  Augen    in   den  Handschriften 
ausgefallen  ist. 

£ine  ähnliche  Gliederung  von  Elegie  I  1  ist  von  Scaliger, 
Sejne,  Reisig,  Haase,  Ribbeok  u.  a.  verkannt  worden;  hätte  man 
<leti  Schlüssel  zum  Verständniss  gehabt,  so  hätte  man  nicht  über 
m^&ngelnden  Zusammenhang    zu  klagen    und  Distioha    und    ganze 
Grnppen  umzustellen  nöthig  gehabt.     Nach  dem  Vertheidiger  der 
handschriftlichen  Ueberlieferung,    Carl  Jakoby,    zerfällt  das  Ge- 
weht gewissermassm  in  zwei  Theile,   I  Lob  des  einfachen  Land- 
lebens, II  (y.  45  ff.)  Lob  der  Delia;    aber  wie  die  beiden  inner- 
lich zusammenhängen,  wird  uns  nicht  gesagt.      Natürlich    bildet 
die  Tita  iners  auf  dem  Lande  verbunden  mit  der  Liebe  zur  Delia 
^M  höchste  Glück  im  Menschenleben;    indessen    ist   aach    damit 
^e  Kanst  des  Dichters  nicht  voll  gewürdigt.   Während  andere  den 
Keichthnm  als  das  Höchste  betrachten,  zu  dessen  Erwerbung  sie 
das  Eriegsleben  mit  in  den  Kauf  nehmen  müssen,  lobt  der  Dich- 
ter sein  otium  auf  dem  Lande.     Er  wolle  Reben  pflanzen,  beginnt 
^,  womit   er  an  den  Frühling  erinnert;    während    die  Soldaten 
^  auf  staubiger  Landstrasse  ziehen  müssen,  will  er  seine  Glie- 
im  kühlen  Schatten  ausstrecken,  ein  Bild  des  Sommers,  dem 
Emdte  nicht  fehlen  darf.      Mit    den    fructus  V.  41    ist    der 
Herbst  nur  leise  angedeutet,  mehr  mit  den  immites  venti  Y.  45; 
1^  bereite  wird  V.  47  der  hibemus  Auster  angekündigt,    so  dass 
vir  dem  Winter  entgegen  gehen.     Jetzt  versagt   die  Natur  ihre 
Keize,  man  wird  an  das  Haus  gefesselt,    und  da  bildet  es  einen 
Ereatz   dominam   tenero  detinuisse  sinu;    ja  vielleicht  wird    nun 
^er  Winter  doch  die  schönste  Jahreszeit.      Bei    der  Schilderung 
dei  Frühlings  hat  uns  der  Dichter  hinausgeführt    auf  Flur    und 
Feld  und   von    der    Fruchtbarkeit    des  Bodens    gesprochen;    im 
Sommer    tritt    der  Verkehr  mit  der  Thierwelt  dazu,    die    boves, 
^na,  capella,  pecus,  grex ;  und  zuletzt,  die  Krone  der  Schöpfung, 
^  Weib,  Delia.     Das    alles  steht  bei  Tibull  zu  lesen,    und  es 
encheint  uns  schöner  und  sinniger,   als  dass  man  es  durch  Um- 
Λ    itellangen  oder  Auseinanderreissen  der  einzelnen  Theile    zu  yer' 
I     beisem  vereuchen  dürfte. 

I  In  der    dritten  Elegie   des    ersten  Buches    finden    wir   den 

f     Porteehritt  zu  der  leibhaftigen  Zahlensymmetrie.      Ee    «vwd. 


272  Wölfflin 

wieder  eoheinbar    sehr  yerschiedenartige  Bilder,    welche   in  dei 
Rahmen  der  Elegie  eingeschloeeen  werden,  so  daee  man  kaam  •. 
eine  Einheit  oder  eine  ktinetlerische  Compoeition  denkt:  Gedanke 
und  Wünsche  des  Dichtere,  Fieberphantasien  des  krank  anf  de 
Insel  Cercyra  Zurückgelassenen,   und   zum  Sohlnsse    wieder  di 
Delia.     Indessen    entsprechen   sich   doch   Anfang    und    Ende  a 
Abschied  und  Wiedersehen ;    ein  Ave  und  ein  Yale.     Tiboll  ml 
Y.  1  den  scheidenden  und  in  den  Krieg  ziehenden  Gefährten  zu 
Ibitis  Aegeas  sine  me,  Messalla,  per  undas, 
0  utinam  memores  ipse  cohorsque  mei. 
Vergesst  mich  nicht!     Aber  was  ist  dies  gegenüber  demWiede^ 
sehen  der  Delia?     So  ungleich,  dass  der  Dichter  hier  abeicbtliek 
auf  Responsion  verzichtet  und  der  Scene,  wie  er  in  später  Naokt 
die  schläfrige  und  von  einer  Rückkehr  nichts    ahnende  Geliebte 
überrascht,  sechs  Disticha  Y.  83 — 94  widmet.     Mesealla  ist  den 
Dichter  lieb  und  werth,  aber  die  Liebe  zu  Delia  doch  unendliek 
viel  grösser.     Sobald  man  erkennt,  dass  Mesealla  und  Delia,  Ab- 
schied und  Wiedersehen,    Gegensätze   bilden,    welche  absichtlieh 
an  den  Anfang  und  an  das  Ende  der  Elegie    gestellt   sind,  \ni 
dass  beide  Gruppen  durch  die  Form  der  Anrede  (dem  Sinne  nacb: 
memento  mei  und  mihi  obvia  curre)    sich    auch  änseerlioh  ange- 
glichen sind,    hat  man  die  Elegie  bereits  zur  Hälfte  verstanden. 
Diese  selbst  ist  nämlich  der  ersten  Ode  des  Horaz  zu  vergleicbeoi 
welche  durch  die  beiden  an  Mäcenas  gerichteten  Distichen 

Maecenas  atavis  edite  regibus 
0  et  praesidium  et  dulce  decus  meum. 
und  Quodsi  me  lyricis  vatibus  inseris, 

Sublimi  feriam  sidera  vertice 
eingerahmt  wird.  Fasst  man  dieselben  als  Prologus  und  £pi' 
logus,  so  gliedert  sich  die  Ode  viel  leichter  in  vierzeilige  Sy^ 
steme,  welche  durch  stärkere  Interpunction  getrennt  sind ;  an  dff 
Spitze  der  vier  ersten  steht  Y.  3  sunt  quos  .  .  invat,  an  der 
Spitze  der  vier  letzten  Y.  1 9  est  qui  .  .  spernit.  Sinkt  damit  die 
Ode  von  36  auf  32  Yerse,  so  bleiben  für  die  Elegie  des  TibnS 
Y.  3 — 83  genau  vierzig  Distichen  übrig,  und  zwar,  wie  sich  vo» 
selbst  herausstellen  wird,  fünf  Gruppen  von  je  8  Distichen;  dieee 
selbst  zerfallen  in  einen  ersten  und  einen  zweiten  Theil  von  zwei' 
mal  acht  Distichen  nebst  einer  Mittelgruppe  von  acht  Disticheiu 
Machen  wir  die  Probe. 

Die  Yerse  3  bis  und  mit  34  füllen  Reflexionen  des  Kranken 
mit  Ueberwiegen  der  Hoffnung.     Denn  nachdem  er  den  Tod  ge- 


Zur  Compotitio»  des  Tibull.  373 

^11)  leiner  za  sobonen,  raft  er  die  Hülfe  der  Götter  ed,  mit 
krVenichemng,  Delia  habe  keine  Pflicbten  yereänmt  und  scbliesst 
nt  der  Hoffnung  aaf  gltioklicbe  Heimkehr  Y.  33 : 

At  mihi  contingat  patrios  celebrare  Penates 
Beddereque  antiqno  menstma  tnra  Lari. 
Oft  werden    einzelne  Verse  oder  Distichen    dnrch  Anapher 
nnrnmengebalten,  nämlich  V.  4.  5  mors  atra  —  mors  atra ;  7.  9 
loii  soror  —  non  Delia;    15.  17    ipse   ego  —  ant  ego;    23.  25 
ψάά.  —  qaidye. 

Entsprechend  enthalten  die  Verse  51 — 82  Reflexionen  des 
Dichters  mit  überwiegender  Furcht.  Er  beginnt  zwar  auch  hier 
idt  der  Bitte  um  Schonung,  macht  sich  aber  schon  im  dritten 
Tene  mit  dem  Gedanken  zu  sterben  vertraut: 

Quodsi  fatales  iam  nunc  explevimus  annos, 
lud  tröstet  sich  mit  der  Hoffnung  auf  das  Elysium,  dessen  land- 
•ditfkliche  und  gesellschaftliche  Reize  geschildert  werden.  Als 
Oegenbild  dazu  folgt  in  den  zweiten  acht  Distichen  die  Unterwelt 
«b  Aufenthaltsort  der  Uebelthäter^  des  Ixion,  des  Riesen  Tityos, 
des  Tantalus,  der  Danaiden,  Veneris  quod  numina  laesit  und 
•beodahin  wünscht  er  den,  welcher  sich  an  seiner  Delia  sollte 
vergangen  haben.  Wenn  ein  moderner  Gelehrter  drei  dieser  Di- 
itichen  hat  auswerfen  wollen,  weil  die  Schilderung  des  Tartarus 
>ft  breit  und  theilweise  ohne  Beziehung  auf  Tibull  sei,  so  übersah 
er  eben,  dass  Tartarus  und  Elysium  sich  entsprechen  sollen  und 
dass  durch  das  Ausmalen  der  Unterwelt  das  Bild  der  Delia  um 
•0  mehr  wirkt.  Ist  nun  schon  die  Verwünschung  des  Verführers 
der  Delia  motivirt  und  durch  Ixion  vorbereitet,  so  ruft  sie  zu- 
gleich bei  dem  Dichter  den  Gedanken  wach  nach  Rom  zu  eilen 
^d  sich  von  der  Treue  seiner  Geliebten  zu  überzeugen,  womit 
eben  das  Schlnssbild  mit  der  Elegie  in  Zusammenhang  gebracht 
iet;  denn  das  Wiedersehen  ist  eben  äusserlich  durch  das  Mise- 
ren veranlasst. 

Dass  die  Mitte  durch  eine  Schilderung  des  saturnischen  Zelt- 
ers ausgeführt  sei,   hat  man  längst  gesehen,  wenn  auch  nicht, 
I  "eee  diese  8  Distichen,  eingeleitet  durch   die  Verse  35.  36,    und 
i  Ageschlossen  durch  den  Gegensatz  der  Gegenwart,  mathematisch 
(entu  den  ομφαλός  der  eigentlichen  Elegie  bilden.     Aber  worin 
keteht  denn  nach  dem  Dichter  das  Glück  jener  Zeit?     Weniger 
in  gewissen  positiven  Vorzügen  als  in  dem  Fehlen  des  Unglückes 
Hfid  der  Uebelstände    der    Gegenwart.     Der  Dichter   ist    krank, 
fern  von  seiner  Heimath,  weil  er  in  den  Krieg  zog  um  sich  zu 

Mus.  t  PhUo).  N.  F.  XLIX.  IS 


274  Wölfflin  Zur  Composition  des  Tiboll. 

bereichern.  Also  ist  der  erste  Fluch,  dass  man  überhaupt  di 
Heimath  verläset,  und  das  war  eben  unter  Saturn  noch  nicht  de 
Fall,  weil  noch  keine  Strassen  über  die  Berge  führten,  kei» 
Schiffe  das  Meer  befahren,  kein  Kaufmann  in  die  Feme  schweifte 
kein  Stier  einen  Wagen  zog  und  kein  Pferd  einen  Reiter  tm^ 
Da  femer  kein  Privateigenthum  abgesondert  war,  so  gab  es  kein« 
Grund  sich  zu  bekriegen,  und  so  lange  die  Menschen  von  Mild 
und  Honig  lebten,  waren  sie  auch  frei  von  Fieberkrankheitei 
Fügt  der  Dichter  dazu  das  Fehlen  der  Waffen,  so  konnte  er  β 
nur  mit  dem  Distichon  Y.  47.  48  thun: 

Non  macies  (codd.  acies),  non  ira  fuit,  non  bella,  nee  ensem. 

Inmiti  saevus  duxerat  arte  faber. 
Denn  die  acies  wäre  neben  den  bella  durchaus  überflüssig,  ua 
umgekehrt  muss  das  Fehlen  der  Krankheiten  dem  erkrankten  Diel 
ter  als  ein  Hauptsegen  des  satumischen  Zeitalters  erscheine 
(vgl.  Rhein.  Mus.  41,  472),  wie  als  ein  Hauptflach  der  Greg»] 
wart  y.  49.  50  die  caedes  et  vulnera,  das  mare  (Sohifflahii 
und  die  leti  mille  viae  (Krankheiten)  oder  leti  mnlta  via,  wen 
man  diese  Lesart  vorzieht.  Somit  sind  die  charakteristisohen  Z^ 
des  saturnischen  Zeitalters  nicht  beliebig,  sondern  genau  so  auf 
gewählt,  wie  sie  dem  Dichter  in  seiner  damaligen  Lage  beson' 
ders  vor  die  Seele  treten  mussten.  Dabei  ist  von  untergeordnetef 
Bedeutung  die  Erwägung,  ob  vielleicht  die  Verse  45.  46  vof 
43.  44  zu  stellen  seien,  die  einfache  Nahrung  vor  die  Gemeinde- 
allmend  ohne  Privatgrundbesitz.  Die  Distichen  der  Verse  37—47 
würden  dann  anaphorisch  verbunden  durcb  nondum-nec,  illo-ipete^ 
non-non;  die  Bienen  (mella)  und  Schafe  würden  dann  unmittelbtf 
an  taurus  und  equus  anschliessen. 

Wie  konnte  man  die  mangelhafte  (?)  Composition  der  Ei^ 
gie  damit  entschuldigen  wollen,  dass  eben  der  Dichter  noch  hai^ 
krank  gewesen  seil  £r  hat  sie  vielmehr  bei  vollsten  Oeistee" 
kräften  gedichtet,  und  nach  seinem  Gedankengange  konnte  de 
Dichter  V.  54 

Fac  lapis  inscriptis  stet  super  ossa  notis 
sich  nicht  an  Messalla  mit  der  Bitte  um  die  Grabschrift  wendei 
da  dieser  abgesehen  von  V.  1  keinen  Platz  in  der  Oekonomi 
hat,  sondern  nur  an  den  V.  51  genannten  Jupiter.  Einen  Dicht< 
aber,  der  eine  ähnliche  Kunst  der  Composition  besessen,  Gri 
eben  oder  Römer,  kenne  ich  nicht  und  giebt  es  wohl  nicht. 
jVfünchen.  Eduard  Wölfflin. 


375 


Die  Stadtgrnndnng  der  Flayier. 


f 


Der  Wandel,  den  Rom  seit  dem  20.  September  1870  erlebt 
^  noch  nicht  zum  Abschlaee  gebracht  hat,   bietet  dem  Frennd 
geschichtlicher  Betrachtung  ein  lehrreiches  Schauspiel.     Vor  acht 
Juten  wurde  in  der  Presse  der  Versuch   gemacht,    einen  Sturm 
iet  Entrüstung  zu  entfesseln  gegen  das,  was  man  die  Zerstörung 
tonui  taufte.     Im    Munde  der  Verfechter    der  weltlichen  Herr- 
idtaft  des  Papstthums  hätte  der  Nothsohrei   einen  Sinn  gehabt, 
hi  Wortführern,    die  ihn  ausstiessen,    fehlte  die  Berechtigung. 
Si  ist  ja  vollkommen  wahr,  dass  der  geheimnies  ν  olle  Zauber,  der 
Aedem  über  der  ewigen  Stadt  ruhte,    gebrochen   ist  durch  den 
linn  modernen  Lebens,  dass  sie  mit  Schmutz  und  Verwahrlosung 
Afleich  viele  malerische  Reize  eingebüsst•,  dass  die  Feinheit  der 
Terkehrsformen  gelitten  hat,   dass   während    der  Uebergangszeit 
'em  Fremden  die  Nachtheile  einer  Grossstadt    ohne    deren  Vor- 
teile entgegentreten:   der  Besucher,  dessen  Jugenderinnerungen 
^  die  Regierung  Pius^  IX.  anknüpfen,  hat  Mühe  sich  unter  König 
Htmbert  zurecht  zu  finden.     Aber  wir  Nordländer  müssen  wohl 
<rfer  übel  uns  von  dem  seit  Winckelmann  und  Goethe  eingewur- 
zelten Vomrtheil  befreien,    als  ob  ItaKen    für    unseren  aestheti- 
Mlien  Gennss  gesohafPen  sei  und  des  Rechtes  entbehre,  seine  Ge- 
idiioke  nach  eigenem   freien  Ermessen   zu    gestalten.      Niedrige 
Gewinnsucht  hat   ohne    Zweifel   an  Rom  schwer    gesündigt,    so 
ttiDehes  hohe  Haus  hat  den  Ruhm    seiner  Ahnen  geschändet  — 
£e  Schuldigen  werden  mit  Fingern  gezeigt.     Im  üebrigen  kann 
Niemand  erwarten,    dass  eine  Umwälzung,    die    in   kurzer  Frist 
den  Moder  von  Jahrhunderten  hinwegräumen,  für  eine  verdoppelte 
Einwohoersahl  Licht,    Luft,    Unterkunft    beschaffen  musste,    fein 


276  Nisten 

säuberlich  ohne  alle  Miesgriffe  von  Statten  gehen  würde.  So  ύ^ 
nun  einmal  der  Lauf  der  Welt  und  ich  meine  sogar,  daes  mt&ele 
deutsche  Stadtverwaltung  in  der  Schonung  ihrer  Deokmtier  toi 
der  Vergangenheit  an  der  römischen  ein  nacheifemswerthes  Vorbild 
nehmen  könnte.  Die  nordischen  Eunstschwärmer,  deren  GrefMik 
durch  das  Vorgehen  der  Römer  verletzt  werden,  übersehen,  dm 
auf  diesem  schicksalreichen  Boden  geschichtliche  Gregens&tie  mit 
einander  ringen.  Die  Hauptstadt  des  geeinten  Italien  umgibt  die 
IJeberreste  des  Alterthums  mit  liebender  Sorgfalt,  streift  nadi 
Möglichkeit  die  geistliche  Zwangejacke,  die  sie  bisher  getragen, 
ab.  Wenn  man  nicht  wüeste,  dass  harte  Nothwendigkeit  die  btn- 
lichen  Anlagen  bestimmt  hat,  könnte  der  Gedanke  aufsteigen,  all 
ob  die  neue  Zeit  absichtlich  die  stolzesten  Schöpfungen  des  Prie- 
sterstaats  in  ihrer  Wirkung  zu  schädigen  bemüht  gewesen  wäre* 
So  hat  z.  B.  der  weltberühmte  Blick  von  Villa  Medici  auf  St 
Peter  und  den  Vatican  unendlich  viel  von  seiner  eindruckevollei 
Grösse  eingebüsst,  seitdem  das  Viertel  der  Prati  vorlaut  ρτοΐι«!!* 
haft  an  den  Sitz  des  Statthalters  Christi  sich  herandrängt.  IKe 
Harmonie  des  Stadtbildes  wieder  herzustellen,  bleibt  der  Zukunft 
vorbehalten.  Die  Lebenden  dagegen  gewinnen  einen  Anhalt,  «0 
frühere  Wandlungen  des  Bildes  zu  veranschaulichen;  denn  mdff 
als  einmal  hat  eine  rauhe  Hand  seine  Züge  umgemodelt  «nd 
verändert. 

Wer  alterthümlich  zu  denken  weiss,    wird    nicht  von  eintf 
Zerstörung,    sondern    von    einer  Neugründung  reden.     Das  oben 
angeführte  Datum,  an  dem  die  Bresche  bei  Porta  Pia  geschoeeen 
ward,  bezeichnet  den  Geburtstag,  die  Aussenforts  die  Bannmeile 
der  Eönigsstadt,  die  damit  einen  Umfang  von  50  km,  das  Ändert* 
halbfache  des  kaiserlichen  Rom  einnimmt.     Die  Augenzeugen  firen* 
ten  sich  am  27.  November  1871    des  Glück    verheissenden  Zei* 
chens,    da  der  Morgenstern  —  la  stdla  d'Italia  nannte  ihn   dai 
Volk,  Stella  di  Roma  wäre    in   Erinnerung    an    die  Ahnfran  der 
Aeneaden  richtiger  gewesen  —  hell   am  Himmel  stand,    als  der 
König  zur  Eröffnung    des    ersten    italienischen  Parlaments  naeb 
M.  Citorio  fuhr    und    die  Krönung    des  grossen  Befreiungswerke 
verkündete.     Eine  andere  Vorbedeutung  blieb  unbeachtet:  genau 
vor  1800  Jahren  trugen  die  Münzen  die  Aufschrift  Borna  resuf 
gens  und  priesen  den  Kaiser  als  adserfor  libertatis  publicae  ^.    Zum 


1  Eckhel  VI  p.  327.  mi  Cohen  I  no.  391-93  402—64. 


Die  Stadtgrändutig  der  Flavier.  277 

6«dichtiiiee  der  VerscbtittuDg  Pompeji'd  ist  1879  ein  Fest  gefeiert 
vorden.  Das  CeDtennarinm  der  Kaiserstadt  ist  ohne  Saog  und 
Kliog  vorübergegangen,  so  sehr  die  Gegenwart  im  Spiegel  der 
Vergangenheit  ihr  Streben  hätt«  wiederfinden  können.  —  Die 
Siebenhügeletadt,  die  Schöpfung  der  sieben  Könige  wurde  von 
len  Galliern  eingeäeohert :  sieben  Monate  blieb  der  Feind  im  Be- 
Dti  der  von  den  Göttern  zur  Beherrschung  des  Erdkreises  aus- 
mehenen  Statte,  bis  Gamillns  ihn  vertrieb  und  nach  Bomulus 
len  Anspruch  erwarb,  der  zweite  Gründer  Roms  zu  heissen*. 
Ua  dritter  hat  Kaiser  Nero  sich  ihnen  anreihen  wollen:  am  19. 
inli  64  n.  Chr.,  dem  Jahrestag  des  Gallischen  Brandes  rief  er 
lu  Feuer  zu  Hülfe,  um  Raum  für  eine  seiner  würdige  Residenz 
m  schaffen  ^.  Von  den  14  Regionen  blieben  nur  4  verschont, 
3  wurden  ganz,  7  grösstentheils  eine  Beute  der  Flammen  ^  Taci- 
tu  hebt  die  iantn  resurgentis  urbis ptdchritudo  hervor:  der  Ruhm 
gebührt  nicht  dem  Brandstifter,  sondern  den  Flaviern  und  ihren 
Nachfolgern.  Nach  Abzug  der  Gallier,  heisst  es,  wurde  der  Auf- 
bia  in  Jahresfrist  beendet^.  Dies  war  auch  recht  wohl  möglich, 
weil  der  Hochbau  damals  noch  nicht  entwickelt  war  und  die  nie• 
drigen  auf  ein  Erdgeschoss,  allenfalls  einen  Oberstock  beschränk- 
ten Bürgerhäuser  kein  anderes  Material  zu  ihrer  Herstellung  als 
Holz  und  Luftziegel  erforderten.  Im  Mittelalter  ist  man  unter 
enteprechenden  Verhältnissen  noch  schneller  fertig  geworden. 
Für  die  Weltstadt  mit  ihren  aufgethürmten  Miethskasemen  lag 
&  Sache  minder  einfach.  Grosse  Verschiebungen  des  Besitzes 
fcaden  statt:  der  Eaiserpalast  nahm  in  bester  Gegend  an  50  Hec- 
^n  in  Beschlag,  die  Strassen  wurden  verbreitert,  mit  Säulen- 
WUen  ausgestattet,  eine  neue  Bauordnung  untersagte  die  gemein- 
Urnen  Zwischenwände  und  den  Gebrauch  von  Holz  für  die 
Vieren  Geschosse,  setzte  die  zulässige  Höhe  auf  18  m  herab, 
lehrieb  die  Anlage  von  Lichthöfen,  den  massiven  Quaderbau  aus 
^one  und  Peperin  vor  u.  s.  w.  Wohl  wurde  das  ganze  Reich 
ur  Beisteuer  für  die  Erneuerung  Roms  herangezogen,  indessen 
lacht  die  Sinnesart  des  Herrschers  die  Vermuthung  nur  gar  zu 


»  Liv.  VII 1  V49  Plut.  Cam.  1  Eutrop.  I  20. 

^^Ueber  das  Motiv  vgl.  meine  Bemerkungen  in  Sybels  bist.  Zeit- 
ar.  XXXU  p.'337  fg. 

3  Tac.  Ann.  XV  40  Dio  LXII 18  vgl.  Suet.  38  Pliu.  N.  U.  XVII  5 
tovia  847  Stat.  SUv.  II  7,  61  Tac.  Ann.  XV  50.  67. 

*  Plut  Cam.  32  Liv.  V  55  Diod.  XIV  HG. 


278  Niesen 

wahrecheinlicb,  dass  die  erpreeeten  Summen  für  Spielereien 
gendet,  nicht  zum  gemeinen  Beeten  verwandt  wurden.  Das 
dene  Haue  hat  er  eingeweiht,  die  Stadt  voller  Trttmmer  hs 
laeeeD.  Wie  die  Münze  Roma  renascens  ausdrückt^,,  setzte 
Volk  seine  Ho£Pnung  auf  Galha,  die  grausam  zu  Sohanden  wi 
Das  Vierkaiserjahr  mit  all  seinen  Sohreoknissen  folgte,  der  Β 
des  CapitolSy  die  Erstürmung  Roms,  das  Hausen  einer  zügell 
Soldateska.  Endlich  ging  Vespasian  daran,  die  klaffenden  Wu 
zu  heilen.  In  einer  Inschrift  aus  der  zweiten  Hälfte  71  d 
ihm  der  Senat:  quod  vias  urbis  neglegmtia  aupenamm  temp( 
corruptas  inpensa  sua  restUuU^  Die  Grundherren  zwang  ex 
Bebauung  der  unbenutzten  Brandstätten:  deformis  urbs  nett 
incendiis  ac  ruinis  erat^  vacuaa  areas  04xupare  et  aedtfiam 
possessores  ceasarenty  cuieumque  permisit^.  Wenn  man  er^ 
dass  am  Ausgang  der  Republik  in  der  Altstadt  Bodenpreisc 
zahlt  worden  gleicher  Höhe  wie  heutigen  Tages  in  der  City 
London  oder  an  der  Wiener  Ringstrasse,  dass  auch  im  zw 
nachchristlichen  Jahrhundert  das  in  Häusern  angelegte  Gapita 
höchstmögliche  Rente  abwarf,  so  zeigt  diese  Nachricht  die  1 
wirthschaft  Nero's,  den  Untergang  des  Gredits,  den  öffentli 
Verfall  im  grellsten  Lichte.  Im  J.  73  übernahm  Vespasian 
Titus  die  Gensur  und  brachte  während  derselben  die  neae 
staltung  der  Stadt  zum  Abschluss. 

Darüber  handelt  der  Bericht  Plin.  N.  H.  III  65—67, 
der  wichtigsten  Actenstücke  zur  Stadtgeechiohte.  Der  Verf 
hatte  als  gereifter  Mann  die  ganze  Schreckenszeit  durchlebt,  i 
und  Reich  gleichmässig  durch  Nero^s  Verbrechen  dem  Unter 
nahe  gebracht  gesehen.-  Wie  er  von  dem  Erretter  dachte, 
u.  a.  der  Ausspruch  II  18  deus  est  fnortäli  iutHxre  wortalefi 
haec  ad  aeternam  gloriam  via,  hoc  proceres  iere  Bomani, 
nunc  caelesH  passu  cum  liberis  suis  vadit  maximus  omnis  aev 
tor  Yespasianus  Augustus  fessis  rebus  subveniens.  Das  reli 
Gefühl  der  Massen  nah  und  fern  war  während  dieser  Jah 
seinen  tiefsten  Tiefen  aufgeregt  worden.  Der  Kaiser  selbst  gl• 
an  die  Sterne,  glaubte  an  die  Wunder,  die  ihm  seinen  erha1 
Beruf  verkündeten ;  conservator  caerimoniarum  ptώlicarum  et 


1  Eckhel  VI  p.  297,  Cohen  I  no.  3.  4.  55.  59—67. 

2  Dessau  245  =  CIL.  VI  931. 
•  Suetou  9. 


Die  Stadtgründung  der  Flavier.  279 

^*^  aedmm  sacrarum  heisst  er  auf  einer  Inschrift^.  Nachdem 
^6  Weltordnang  des  göttlichen  Augustae  zerfallen  war,  gedachte 
ff  eine  neue  f&r  ewige  Zeiten  aufzurichten  und  an  sein  flaue  zu 
bepfoD :  die  Munzaufsohrift  aeternitas  deutet  auf  seine  Hoffnungen 
\k\  Wenn  er  auch  gleich  seinem  Vorgänger^  auf  den  stolzen 
iimen  eines  Stadtgründers  verzichtet  hat,  den  die  Thorheit  eines 
Kero  und  (yommodus  erstrebte,  so  hat  er  in  der  That  als  solcher 
gihen  wollen.  In  diesem  Gedankenkreise  bewegt  sich  Plinius, 
kt  Geschichtschreiber  der  neuen  Dynastie  und  der  Herold  ihres 
Bnlimes.  Nach  Aufzählung  der  Gemeinden  in  der  ersten  Region 
Mens  fahrt  er  fort:  superque  Borna  ipsa,  cuius  nomen  älterum 
ätere  arcanis  eaermoniarum  nefas  habetur j  optimaque  et  salutari 
fk  (Aoliium  emmtiavü  Yalerius  Soranus  luitque  mox  poenas,  non 
Λμιμ  pidetur  inserere  hoc  loco  exemptum  rdigionis  antiguae  ob 
kc  maxime  süentium  instUutae.  namque  diva  Angerona  cui  sacri- 
fuiur  α.  d,  XII  hol.  Ion,,  ore  öbligato  obsignatoque  simülacrum 
Uet.  Ob  der  Geheimname  Roms  derselbe  ist,  den  Yalerius  So- 
nuiii•  bekannt  gemacht  hatte,  ob  er  nicht  vielmehr  zu  dem  neu 
^hebenden  flaviechen  Zeitalter  in  Beziehung  steht,  ob  das  ange- 
ftkrte  Datum  das  Gegenstück  bildet  zu  dem  Tag  der  Ghrundstein- 
kfong  des  Capitols  α.  d.  XI  Kai.  lül.^y  so  dass  Winter-  und 
Sonmierwende  in  stillschweigendem  Zusammenhang  einander  be- 
lingen  —  derartige  Räthselfragen  beschäftigen  uns  hier  nicht. 
Auf  den  ungewöhnlichen  feierlichen  Eingang  wird  deshalb  mit 
l'ielidruck  hingewiesen,  weil  der  nachfolgende  statistische  Be- 
Rdit,  was  man  bisher  verkannt  hat,  von  Zahlenmystik  durch• 
«okt  ist. 

Urbem  tres  portas  habentem  Ramulus  reliquitj  aut  tU  plurimas 
^ddmübus  credamus  quattuor^  moema  eius  coüegere  ambitu  impera- 
^ffi6ttf  censoribusque  Vespasianis  anno  eonditae  DCCCXXVI  m. 
h  XIII,  CCf  conpleaa  montes  Septem,  Zunächst  ist  das  Jahr  ins 
ioge  zu  fassen.     In  der  römischen  Theologie  und  der  römischen 


1  Dessau  252  =  CIL.  VI  934  vgl.  Tac.  hist.  1  10,  II  1.  4.  78, 
IV  81,  Sueton  Vespasian  5.  7.  25,  Tit.  5,  Plut.  0.  4,  δ,  Dio  LXV  9, 
LXYI  1.  8.  9.  12. 

s  Eokhel  VI   p.  337.  355,    Cohen  I  no.  1.  250.  51,    Titas   no.  3. 
145.  46  vgl.  Sueton  Vesp.  25  Dio  LXVI  12. 

β  Sueton  Aug.  7,  Dio  Uli  16,  Flor.  II  34,  66. 
*  Tac.  biet.  IV  53  Sueton  Vesp.  8. 

^  Detlefsen  streicht  aut   und  quattuor   gegen   die  Handschriften, 
aehwerlich  mit  Recht. 


280  Nissen 

ι 

üeberlieferang  spielt  die  Lelire  von  den  Saecola  eine  Hauptrolle 
wird  aber  dnrob  ihre  Zwiespältigkeit  eine  Quelle  nnsSglieherVer 
wirrong.  Man  reebnet  das  Saecnlnm  zu  100,  das  Menechenalte 
zu  33  Jabren,  seit  Yarro  und  Augustus  mit  Vorliebe  zu  ll^ 
bezw.  37  Jabren.  Da  die  Zabl  11  beiden  Reihen  angehört,  ge 
winnt  sie  für  die  ausgleichenden  Bemühungen  der  Chronologei 
eine  besondere  Wichtigkeit.  Unter  den  Königen  hat  Rom  22Χϋ| 
bis  zum  uallisohen  Brand  33X11  Jahre  gestanden,  indem  naok 
der  varronisohen  Aera  die  Vertreibung  in  das  243.,  die  Zerstö- 
rung in  das  364.  Jahr  der  Gründung  fällt.  Zum  Neronischei 
Brand  bemerkt  Taoitus  ^ :  fuere  gm  adnotairenJt  XIIII  hd,  S» 
tües  principium  incendii  huius  ortumy  quo  ei  Seiumes  captam  ir- 
bem  inflammaverint.  älU  eo  usque  cura  progressi  sunt,  ut  toiidm 
annos  mensesque  et  dies  inter  tUrague  incendia  numerenf.  U0 
erste  Bemerkung  ist  gemacht,  weil  das  Datum  des  Galliscbea 
Brandes  um  ein  paar  Tage  schwankt^.  In  den  letzten  Worten 
dagegen  liegt  ein  unverhohlener  Spott:  Tacitus  fühlt  sich  ah 
Quindecimvir,  d.  h.  als  Fachmann,  und  scbreibt  nachdem  di 
Sonne,  die  mit  Vespasian  leuchtend  aufgegangen»  blutroth  v^^ 
s  unken  war,  im  Gegensatz  zur  flavischen  Auffassung,  ausserda' 
als  Aristokrat  und  Rhetor  im  Gegensatz  zu  dem  bürgerlich^ 
Gelehrten  Plinius.  Denn  es  kann  kaum  einem  Zweifel  unterliege 
dass  diese  wie  eine  Anzahl  ähnlicher  Bemerkungen  auf  sein^ 
wichtigsten  Gewährsmann,  Plinius  gemünzt  sei.  Was  zunäcb 
das  Zahlenkunststück  betrifft,  so  rechnet  der  Schriftsteller  varr 
nisch,  setzt  auch  ausdrücklich  den  Gallischen  Brand  364  aiP 
Daher  kann  er  den  Zwiscbenraum  bis  Nero  nur  geglichen  habtf 
mit  418  Jahren,  418  Monaten,  418  Tagen  ^.  Die  Ziffer  nima 
Bezug  auf  den  Fall  Troja's;  es  wurde  allgemein  dem  Kais« 
Schuld  gegeben  ipso  tempore  flagrantis  urbis  inisse   eum  dornest 


*  Tac.  Ann.  XV  41,  über  seine  Theilnahme  an  den  Saecala. 
spielen  Domitians  XI  11. 

2  Nach  Polyb.  II  22,  5,  Plut.  Cam.  19  fallt  der  Brand  3,  nac 
Diod.  XIV  115  4  Tage  nach  der  Schlacht;  nach  Verrius  u.  a.  Schlacl 
am  14.,  Brand  am  17.  Juli,  Gell.  N.  A.  V  17  Macrob.  Sat.  I  16,  25 
Aur.  Victor  V.  ill.  23  Schlacht  17.  Juli ;  Liv.  VI  1  Kalender  von  Antiui 
u.  Amiternum  Tac.  bist.  II  91,  Serv.  V.  Aen.  VII  717  Schlacht  18.  Ju 
(vgl.  Plut.  qu.  Rom.  23);  Liv.  V  41  Brand  19.  Juli;  Serv.  a.  0.  Bran 
21.  Juli. 

3  Plin.  XXXIII  16  Holzapfel,  Chron.  p.  3.  44.  181.  243. 

«  Wie  Grotefend,  Rh.  Mus.  111  (lb43)  p.  153  zuerst  erkannt  ha 


Die  Stadtgrändung  der  Flavier.  281 

cm  m/mam  ei  cecinisse  Troianum  excidium,  praesentia  mala  ve- 
Att^tf  dadUms  adsimulaniem  ^ ;  überliefert  ist  aber  ein  zu  keinem 
Mannten  System  passender  Ansatz,  nach  welchem  417  Jahre 
iwiechen  jenem  Ereigniss  und  Eoms  Erbauung  liegen  ^.  Ich  ver- 
antlie,  dass  der  Ansatz  aus  flavischer  Zeit  stammt  Freilich 
Böse  noch  etwas  Anderes  in  jenem  Zahlenspiel  stecken.  Von 
364  bis  817  yerstreiohen  genau  453  Jahre,  die  Summe  von  418 
Jahren,  Monaten  und  Tagen  ergibt  1  Jahr  zu  viel  und  7  Tage 
lu  wenig.  Nun  werden  wohl  bei  lässigem  Ausdruck  Anfang  und 
Sndtermin  beide  mitgerechnet':  für  mystische  Bezüge  ist  derar- 
tige Willkür  nicht  statthaft,  vielmehr  volle  Genauigkeit  zu  er- 
warten. Solche  wird  erreicht  wenn  man  weitere  7  Jahre,  7  Mo- 
iMte,  7  Tage  hinzufügt;  denn  425  Jahre,  Monate  und  Tage  sind 
gleich  461  Jahren  7  Monaten.  Der  18.  Juli  nämlich  stand  als 
I*ig  der  Alliaech lacht  allgemein  seit  Augustus  fest,  den  19.  ver- 
^gte  die  Autorität  des  Livius  als  den  Jahrestag  der  Zerstörung, 
endlich  verblieb  Kom  7  Monate  nach  der  ältesten  Ueberlieferung 
in  den  Händen  der  Gallier^.  Als  Tag  der  Befreiung  ist  der  13. 
I^^ebruar  im  Kalender  des  Silvius  (448  n.  Chr.)  eingetragen;  am 
15.  werden  die  Lupercaliaf  das  alte  Fest  der  Keinigung  der  pala- 
tillischen  Stadt  gefeiert.  Der  einzige  Geschichtschreiber,  der  den 
^ag  der  Befreiung  erwähnt  und  daran  den  Triumph  des  Camillns 
^ebst  der  Reinigung  der  Stadt  anschliesst,  ist  Plutarch.  Ich  ver- 
nanthe,  dass  wir  es  hier  mit  flavischen  Festsetzungen  zu  thun 
■Uiben.  Wenn  das  Datum  des  Neronischen  Brandes  mit  demjenigen 
de•  Gallischen  zusammenfiel,  so  darf  man  erwarten,  dass  das  Da- 
^m  der  Herstellung  Borns  durch  Camillus  dasselbe  ist  wie  das 
der  Herstellung  durch  Vespasian.  Vom  19.  Juli  bis  zum  13.  Fe- 
t^ruar  sind  210  Tage  =  7  Monate:  ich  schliesse  also,  dass  der 
C^mfang  der  Flavischen  Stadt  am  13.  Februar  826  bestimmt,  mit 
^öderen  Worten,  da  das  Ziehen  der  Mauerfurche  gleichbedeutend 
^•t  mit  der  Gründung,  dass  Rom  an  diesem  Tage  von  Vespasian 
^«gründet  worden  sei.  Das  Datum  ist  vorläufig  durch  Vermu- 
thung  gewonnen,  nicht  so  die  tiefe  Mystik  der  Jahreszahl.  An 
^en  Palilien  826  hat  Rom  7V2  Saecula  von  110  oder  25  Gene- 


*  Tac.  Ann.  XV  39,  Sueton  38,  Dio  LXII  18. 

^  Lydus  de  magistr.  I  2,  Gelzer,  Africanus  I  p.  222. 
'  Holzapfel,  Chron.  p.  353  ;  Soltau,  Cbron.  p.  249  fg. 

*  Polyb.  II  22,  5,  Plut.  Cam.  28.  30;  6  Monate  Varro  Neu.  IX  6, 
*V  I  7,  15;  8  Mouate  Serv.  V.  Aen.  VIII  f>52. 


282  Nissen 

rationen  von  33  Jahren  vollendet;  2  Saecnla  aind  seit  den  Spi 
len  von  605,  88  Jahre,  Vs  ^^^  grossen  Saeoulum  eeit  den  Spielet::: 
des  Aogastus  verstrichen  usw. 

Ipsa  dividüur   in   regiones   quattuordecm  eompUa  Lammf^t 
CCLXV,    Yespasian  hat  keine  wirkliche,    sondern   eine  eymbo- 
lisohe  Mauer  errichtet»   anders  ausgedrückt  eine  Grenslinie  nri- 
sehen  Stadt  und  Vorstadt  gezogen  die  tief  ins  bürgerliche  Leben 
einschnitt.     Das  Mass  von  13200=  110  X  120    oder  440  X  aO 
Schritt,  lehnt  sich  deutlich  an  die  Saecularzahlen  an.     £e  betriff 
19536  m,    die  Aurelianische  Mauer  18837,5  m^;    dae  Mehr  Ytm 
7O0  m  entspricht  durchaus,  wie  später  zu  erörtern  sein  wird,  den 
allgemeinen  Voraussetzungen,    die  in  Betreff  der  Stadtgeschiobte 
gegeben  sind.     Das  Mass  mag  abgerundet  sein,    wird   sich  aber 
schwerlich  von  der  Wirklichkeit  weit    entfernen.    —    Die  Stadt 
der  Flavier  umschliesst  die  Stadt  der  sieben  Könige.    Wenn  jene 
14  Regionen,  diese  7  Berge  in  sich  begreift,  so  wird  der  Schrift* 
steiler  die  eine  doppelt  so  gross    als  die  andere  gedacht  haben: 
darnach  wäre  der  ümfeng  der  Königsstadt  6600  Schritt    AuA 
dies  Mass  stimmt   sehr   gut  zum  Thatbestand;    genaue  Angaben 
sind  mir  nicht  bekannt,  die  Schätzungen  schwanken  um  6 — 7  Millien 
herum  ^.      Von  der  Ostgrenze   der  flavischen  Stadt  wird  gesagt: 
claudUur    ab  Oriente   nggere  Tarquini  Superbi   inter  prkna  oferi 
mirabüi    namque  eum  muris  aequavii   qua  maxime  patebai  odit^ 
piano,    ceiero  muniia  erat  praecelsis  muris  aut  abrupiis  moniibii^ 
nisi  quod  easpatiantia  tecta  tnultas  addidere  urbes.     Den  Wall  an^ 
dem  Esquilin    schreibt    die    Tradition    einstimmig    dem    Servine 
Tnllius  zu^      An  dessen  Stelle    rückt    hier  Tarquinins   ledigli^ 
aus  dem  Grunde   ein,    damit    erst    das    siebente   Geschlecht  die 
Siebenhügelstadt  fertig  bringt.    —    Endlich    das  älteste  Rom  ΊιΛ 
das  Werk  des  Romulus,  der  37  Jahr,  ein  Menschenalter  lang  re- 
giert.    Gemäss  der   zu  Grunde   liegenden  Anschauung    wird    die 


^  Lauciani,  Bull,  comuualo  1892  p.  88:    credo   la  eifra   esaita  e 
definitiva. 

^  Dionys  IV  13  setzt  die  Mauer  Roms  etwas  länger  au  als  die 
atbeniscbe;  letztere  wird  zu  GO  Stadien  bestimmt  (Curtius,  Stadtge- 
schiobte LXXVIII),  doch  steht  das  Mass  nicht  fest.  Nibby  zu  hoch 
7845,  Jordan  zu  uiedrig  5740  Schritt  (Jordan  Top.  I  1  p.  245  Α.). 

3  Liv.  I  44  Dionys  IV  13,  Strab.  V  234,  Aur.  Victor  v.  ill.  7 ; 
Dion.  IV  54  redet  nur  von  einer  Verstärkung  des  Walle  duroh  Tar• 
quiuius. 


Die  Stadigründung  der  Flavier.  283 

uf  deo  Palatin  besoliränkte  Aneiedlung  ein  Siebentel  des  Um- 
iuigs  der  Königsetadt,  mitbin  943  Scbritt  1396  m  enthalten.  Dies 
(liogt  sehr  verständig;  genaue  Meesangen  fehlen,  nach  den  Pia- 
eo  bestimmte  Lanciani  den  Umfang  des  Berges  in  der  Tiefe  auf 
744  m,  vor  Jahren  ich  selbst  den  Umfang  der  Stadt  auf  etwa 
100  m^.  Im  Sinne  des  Plinias  besteht  also  Rom  aas  drei  con- 
otrischen  Kreisen  deren  Durchmesser  sich  wie  1:7:14  ver- 
Iten.  Soweit  ist  alles  einfach  und  klar.  Was  aber  die  Laren- 
)e]len  anlangt,  so  ist  eine  sichere  Beziehung  zum  Saeculum 
ht  erkennbar,  übrigens  erheben  sich  auch  aus  anderen  Gründen 
eifel  gegen  die  Richtigkeit  der  überlieferten  Zahl. 

Musdem  spaiium  mensura  currente  α  miliario  in  capite  Bo- 
rn fori  stattUö  ad  singulas  portaSy  quae  sunt  hodie  numero 
ίχνίΐ,  Ua  ut  duodecim  semel  numeretitur  praetereanturque  ex 
eribus  VII  quae  esse  desierunt,  efficit  passuum  per  directum 
IMDCCLXV,  So  Detlefsen  nach  der  zweiten  Hand  des  Leidensie 
and  des  Riccardianus :  F  verändert  ausserdem  die  am  Schluss 
hende  Zahl  in  XXX  M.  Es  handelt  sich  in  dem  Satz  um  eine 
ssnng,  die  nicht  aus  der  Addition  von  so  und  so  viel  mit  der 
esruthe  gefundenen  Grössen,  sondern  aus  theoretischer  Rechnung 
geleitet  ist  Das  besagen  die  Worte  per  directum,  gerade  wie 
80  die  absolute  Höhe  eines  Gipfels  (aUitudo  per  directum)  aus 
r  empirisch  bestimmten  Steigung  (cunbitus)  erschlossen  ist.  Pli- 
»  fasst  die  Stadt  als  Kreis,  den  Meilenzeiger  auf  dem  Forum 
Mittelpunkt.  Nun  entsteht  die  Frage,  wie  viele  Radien  die 
blasssumme  ergeben:  37  wäre  sinnlos,  aber  37  wirkliche  Thore 
t  auch  Rom  niemals  gehabt.  Die  Aurelianische  Mauer  zählt 
er  15  und  viel  mehr  können  vor  der  Befestigung  nicht  vor- 
sden  gewesen  sein ;  denn  die  Zahl  der  Thore  richtet  sich  nach 
3  einlaufenden  Landstrassen,  an  den  Eingängen  wird  die  städti- 
le  Accise  erhoben,  Zollstätten  werden  auf  den  Bedarf,  nicht  in 
iebiger  Menge  eingerichtet.  Freilich  darf  an  der  handschrift- 
^en  Ueberlieferung  nicht  gerüttelt  werden,  da  die  37  Thore  im 
szug  aus  der  constantinischen  Stadtbeschreibung  wiederkehren, 
bleibt  nichts  übrig,  als  die  Zahl  aus  mystischen  Rücksichten 
erklären:  sie  drückt  ein  Drittel  des  Saeculum  von  110  Jahren 
,  ähnlich  wie  die  Regierungsdauer  des  Romulus.  Der  Schrift- 
ler selbst  weist    uns    den  Weg,    indem   er  7  ältere    unterge- 


1  Templum  p.  84,  Visconti  e  Lanciani,  Guida  del  Palatino,  p.  9. 
Ud,  Top.  I  1  p.  166  A. 


284  Nissen 

gaDgene  Tbore  in  Abzng  bringt,  ausserdem  aber  12  als  ein  tWMi• 
ziges  reebnet.    Mit  letzteren  bat  es  eine  eigene  Bewandtnies.  Un^cr 
dem  J.  42  v.  Gbr.  stebt  im  Prodigienverzeicbniee  des  Obeeqnea^ 
70:  mula  Romae  ad  Duodecim  porttis  peperii;  die  Stadtbesebref- 
bung  ftibrt  in  der  11.  Kegion  (Gircus  Maximns)  XII  porfas  sb£ 
Was  darunter  zu  versteben  sei,  ob  die  Bogen  einer  Wasserleitiu^, 
ob  eine  Ausspannung  für  Fubrlente    (etwa  wie    an    der  Gräbe^ 
Strasse  in  Pompeji)    oder  was  sonst,    lässt    sieb  nicbt  erratben^* 
Unzweifelbaft  haben  wir   es    mit  einer  Fiction  zu    tbun,   die  e^ 
sonnen  ist,    um    eine  Zabl   voll   zu  macben,    übrigens  sehr  woU 
von  einer  älteren  Saecularfeier  berrübren  kann.     Nacb  dem  Ge* 
sagten  kommt  nur  die  Hälfte  der  37  Tbore,  nämlich  19,  eine  der 
Wirklichkeit    angemessene    Zabl     in    Betracht.        Also    enthllt 
die  Schlussziffer    die    Summe    von    19  Radien.      Leider   ist  die 
Scblussziffer  nicbt  einwandfrei  überliefert:    die  zweite  Hand  tob 
F  weicht  gänzlich  ab,  die  fünf  letzten  Stellen  eine  Wiederbolaog 
der  CCLXV  compUa  Lamm    sind   entschieden  verdächtig*.    Ib* 
dessen  braucht  keine  schwere  Yerderbniss  angenommen  zu  werden. 
In  der  Stadtbeschreibung  bei  Olympiodor  ist  von  einer  Messnng 
die  Rede,  die  den  Umfang  der  Mauer  auf  21  Millien  bestimmte'. 
So  gefasst  ist  die  Angabe  sinnlos,    sie  erhält  einen  Sinn,   indes 
wir  annehmen,  dass  der  Heide  Olympiodor  eine  nach  mystiechen 
Gesichtspunkten  ausgeführte  Messung    wie    die    plinianische  vor 
eich  hatte,  aus   der,  sei  es  durch  Schuld  des  Gescbicbtschreiberfl 
oder  des  Excerptors  Photios,  die  Summe  der  Radien  mit  der  P«" 
ripherie  verwechselt  wurde.     Ich  halte    demnach   die  Angabe  21 
Millien  bei  Olympiodor  für  gleichbedeutend  mit  der  Scbluseziffe' 
in  dem  Satze,  dessen  Erklärung  uns  hier  beschäftigt.     Ich  glaube 
sogar,  dass  die  22  Millien,  ΛVθlche  die  Mirabilien  für  den  Stadt• 
umfang  rechnen,  ein  unverstanden  fortgeschlepptes  Erbstück  elter 
Etruskerweisheit,   dieselbe  Grösse  darstellen.    Diese  späten  Zeug* 
niese  liefern   einen    ungefähren  Anhalt    für    die  Ermittelung  der 
Schlussziffer;    genauer  gewinnen  wir  sie  durch  Rechnung.     Nacb 
der    ratio    geomefricae    collectionis     numquam  faUacis    entspricht 
dem  Umfang  von  13200  ein  Durchmesser  von  4400  Schritt*.  So* 


1  Vgl.  Becker,  Top.  p.  180,  Jordan  II  p.  88. 
•^  Wie  Jordan,  Top.  II  p.  90,  I  p.  334  A.  mit  Recht  bemerkt. 
3  PhotioB,  Bibl.  cod.  80  p.  03  a,  27,    Bekker  vgl.  Jordan  Top.  II 
p.    173. 

*  Pliuius  II  85  fg.  kennt  zwar  π  =  37?»    rechnet   aber  nach  alt 


Die  Stadtgrundang  der  Flavier.  285 

fort  leochtet  ein,  daes  die  £ntfernangen  vom  Meilenzeiger  des 
toTüm  nicht  bis  zu  den  Thoren  der  flaviechen  Stadt,  vielmehr  nur 
Ml  zu  den  Thoren  der  Altetadt  gerechnet  sind.  Der  Umfang  der 
ütitedt,  wie  oben  gezeigt,  misst  6600,  der  Radius  1100  Schritt, 
9Tliore  sind  vorhanden,  folglich  wird  die  YnlgaU  XXMDCCLXY 
XXMDCCCC  zu  ändern  sein.  Die  Behauptung  mag  auf  den 
iten  Anblick  verblüffend  erscheinen.  Nach  allem  was  bei  Pil- 
ls vorausgeht,  erwartet  der  Leser  ein  Mass  der  jetzigen  Stadt 
i  wird  geneigt  sein  zu  schreiben  XXXXIMDCGC.  Ohne  Zweifel 
rde  damit  das  Exempel  viel  durchsichtiger.  Allein  die  krausen 
dankengänge  und  räthselhaften  Worte  des  Verfassers  mahnen  zur 
rsicht,  verbieten  jede  gewaltsame  Behandlung  des  Textes.  £r 
erscheidet  zwischen  moenia  und  muri:  jene  kommen  dem 
^meinen  Begriff  Rom  zu,  diese  nur  der  urbs  (S.  287). 
m  Plinins  gilt  ferner  die  Siebenhügelstadt  ebenso  wie  der 
mpel  des  besten  höchsten  Jupiter  als  ein  Werk  der  letzten 
nige.  Nun  ist  bei  dem  Neubau  des  Tempels  der  Plan  einer 
Weiterung  des  Grundrisses  aufgetaucht,  aber  durch  den  Ein- 
mch  der  geistlichen  Sachverständigen  beseitigt  worden:  haru" 
m  manuere  ut  reiiquicLe  prioris  delubri  in  paludes  aveherentu»-, 
^um  isdem  vestigiis  sisterelur;  ncUe  deos  fmäari  veierem  for- 
Ml  . . .  cdtitudo  aedibus  adieda;  id  soluin  religio  adnuere  et 
iom  templi  magnificentiae  defuisse  credebaturK  Nach  diesem 
Ofg&ng  kann  man  schliessen,  dass  die  Theologen  wie  die  Ja- 
Iten  den  Begriff  urbs  auf  die  Altstadt  beschränkten,  wie  denn 
ich  thatsächlich  die  multae  additae  urbes  zum  Theil  ausserhalb 
^  Pomerium  verblieben. 

Äd  extrema  vero  tecforum  cum  cikiiris  praetoriis  ab  eodem 
*liario  per  vicas  omnium  viarum  menswra  colligit  paulo  ampiius 
Ι  ρ.  guod  si  quis  aUUudinem  iedorum  addat^  dignam  profecto 
^imatianem  concipiai  fateaturque  nuUius  urbis  magniiudinem  in 
io  orbe  potuisse  ei  comparari.  Die  Handschriften  sinnlos  XX  p., 
eser  die  Yulgata  LXX  p.  Eine  hohe  Zahl  wird  durch  den  Zu- 
mmenhang  gefordert.  Sobald  wir  uns  der  Bannmeile  erinnern, 
Iche  die  Grenze  des  städtischen  Rechte  bezeichnet,  ist  die  in 
1    Text   aufgenommene  Lesung  gegeben:    19  Radien    zu  3200 


gebrachter  Weise  (M.  Gantor,  Rom.  Agrimensoren  p.  46fg.)   π  ==3, 
bei  der  elliptischen  Gestalt  der  Stadt  überdies,   von  der  Bequem- 
keit  abgesehen,  richtiger  war. 
^  Tadt.  bist.  IV  53. 


286  Nisten 

(2200  +  1000)  ergeben  60800  Schritt.    Auf  dem  oiulxelien  Woj^ 
läset  sicli  die  Angabe  des  Yopiecns  im  Leben  Anreliane  39  βυι• 
fach  erklären:   muros  urbis  Romae  sie  ampliavii  ut  ^mnqnagm^ 
prope  müia  murorum  eins  ambitua  teneant     Die  Maaer  entbielt 
15  Thore,  deshalb  wurden  ebenso  viel  Radien  zu  8200  gereehD«^ 
das  ergab  48  Millien.      Aus   dieser    letzten  Ziffer   stammt  m6f 
lieber  Weise   die   unverstandene  Nachricht   des  Zaoharias,    da• 
Rom  sich   von  Ost  nach  West    und    von  Nord  naeh  Sfid  je  If  j 
Millien  erstreckt  ^  j 

Das  Schema,  das  bisher  dargelegt  wurde,  gewährt  mas^ 
bende  Normen  um  das  städtische  Leben  und  die  st-ädtische  Ent- 
wicklung Roms  zu  begreifen.  Unwillkürlich  wird  die  Betneli- 
tung  von  den  noch  stehenden  Mauerringen  gefesselt,  während 
gerade  in  der  Zwischenzeit  die  von  König  Servias  bis  auf  Kaiitf 
Aurelian  verstrich,  der  höchste  Aufschwung  stattgefunden  bit 
Wenn  auch  keine  Mauer  der  sinnlichen  Wahrnehmung  zu  HttUe 
kommt,  vermag  doch  das  geistige  Auge  die  Schranken  wiedtf 
aufzurichten,  die  in  dem  bunten  vielgestaltigen  Bild  dem  Einiel' 
nen  den  gebührenden  Platz  anweisen.  Ein  kurzer  Hinweis  mtf 
dies  erläutern. 

Der  weiteste  Kreis  umschliesst  die  βίώητίηα  oder  vici  cf^ 
nium  viarum  mit  Plinius  zu  reden  und  bildet  die  Grenze  gegen 
den  ager.  Er  misst  6,4  Millien  9,5  km  im  Durchmesser,  20  Hil' 
lien  30  km  im  Umfang,  reicht  bis  M.  Mario  Ponte  Molle  S.  Ag* 
nese  und  den  Katakomben  der  Via  Appia.  Die  christlichen  Kirob- 
höfe  liegen  ausserhalb  seines  Bereichs:  orientalischer  Gottesdienst 
ist  hier  verboten  ^.  Auf  diesen  Bezirk  ist  die  bürgerliche  ßech^ 
spreohung  {iudicia  legitima)  beschränkt,  woraus  weit  reichende 
Folgen  für  Verkehr  und  Rechtsleben  sich  ergeben  ^.  In  der  Ktt• 
serzeit  gilt  der  Satz  mille  passus  non  α  müiario  urbis  sed  α  cßn^ 
tinerUibus  aedificiis  numerandi  sunt*.  Unter  der  Republik  wtf 
der  Kreis  enger  gezogen,  da  sein  Durchmesser  nur  4,2  Mühen 
6,2km,  sein  Umfang  13,2  Millien  19,5  km  betrug,  insonderheil 
war  das  Marsfeld  ausgeschlossen  ^     Damals  hatte  die  Rechtsgrent 


1  Jordan  Top.  II  p.  174. 
a  Dio  LIV  6  vgl.  Val.  Max.  II  4,  2. 

8  Gaius  IV  104,  Dig.  XXXIII  9,  4,  L  16,  2.  87.  139.    147.  173. 
*  Dig.  L  16,  154. 

6  Liv.  III  20  XXIV    9  Dionys  VIII  87,  Appian  b.  civ.  II  31,  Γ 
LI  19.     Die  griechischen  Autoron  beschränken    die  tribunicische  Int^ 


Die  SUdtgründung  der  Klavier.  287 

loeb  eine  groeee  politische  Wichtigkeit,  weil  sie  die  Geltung 
ißt  Orondreohte  des  römischen  Volkes,  der  Provocation  und 
htereession  umschrieh.  Ihr  Vorrücken  geht  mit  der  Stadterwei- 
tening  Hand  in  Hand. 

Der  zweite  Elreis  nmschliesst  Rom,  d.  h.  Alt-  und  Neu- 
ittdt:  übet  coniinente  habitabiturj  wie  es  in  Caesars  Städteord- 
mtng  heisst.  Die  Rechtequellen  unterscheiden  so:  urbis  appeUatio 
marisj  Eomae  aidem  corUinentibus  (ledificiis  ßnitur  quod  latius 
foUtK  Zu  Caesars  Zeit  nimmt  die  Neustadt  noch  wesentlich  die 
Stellung  der  späteren  Vororte  ein :  wenn  auch  das  Fahren  in  ihr 
Terboten  wird,  so  ist  die  Strassenreinigung  nicht  mit  der  Alt- 
itidt  gemeinsam,  sondern  einer  besonderen  Behörde,  den  duo 
viret  vieis  extra  propiusve  urbem  Romam  passus  Μ  purgandeis 
tbertragen^.  Die  Behörde  ist  vor  dem  J.  13  v.Chr.  abgeschafft 
ud  damit  die  Strassenreinigung  einer  einheitlichen  Leitung  unter- 
stellt worden  ^  Ich  führe  dies  als  Beispiel  an,  wie  dxe  Einge- 
Beiodung  der  Neustadt  durch  eine  lange  Reihe  von  Maseregeln 
tUmählich  angebahnt  wurde ;  aber  erst  während  der  zweiten  Cen- 
mr  des  Augustus  8  v.  Chr.  mit  der  Erweiterung  des  Pomerium 
vird  sie  rechtlich  zum  Abschluss  gebracht.  Ihren  thatsächlichen 
Audrack  erhielt  sie  alsbald  7  v.  Chr.  durch  die  Eintheilung  des 
erweiterten  Rom  in  14  Regionen  oder  Polizeibezirke  ^.  Von  die- 
len lagen  7  innerhalb  des  Pomerium,  nämlich  nach  der  constan• 
Aschen  Bezeichnung  II  Caelimoniium^  III  Isis  et  Serapis ^  IV 
htKj^um  Facis,  VI  Älta  Semita,  VIII  Forum  Eomanum,  X  Fä- 
iitfufm,  ΧΓ  Cireus  Mcußvmus'^  7  ausserhalb,  nämlich  I  Porta  Cb- 
ma,  V  Esquüiae,  VII  Via  Lat4i,  IX  Cireus  Flaminius,  XII 
Ridna  Publica,  XIII  Äventinus,  XIV  Trans  Tiberim,  davon 
Xll  und  XIII  zum  Theil  innerhalb  der  Mauer.  Es  ist  nicht 
iftöglich,  den  Umfang  des  augusteischen  Rom  mit  einiger  Sicher- 
heit zu  bestimmen.  Wenn  man  aber  berücksichtigt,  dass  die 
Ansprüche  an  die  Ausdehnung  des  Wohnraumes  während  der 
ersten  Kaiserzeit  wuchsen,  erscheint  es  wenig  wahrscheinlich, 
läse  die  augustische  Stadt  der  flavischen    an  Grundfläche  gleich 


388ion  auf  die  Stadt,  was  für  die  Zeit  in  der  sie  schrieben,  d.  h.  nach 
er  Stadterweiterung  des  Augrustue  zutrifft,  vorher  aber  nicht. 

»  Dig.  L  16,  2.  87.  139.  147.  173. 

»  CIL.  I  206,  50. 

β  Dio  LIV  26. 

*  Dio  LV  6.  8.  26,  Sueton  30. 


288  Nissen 

gekommen  eei,    eoUte   auch    die  Einwohnerzahl    fich 
gar  nicht  vermehrt  haben.     Jedenfalls  ist  der  flayisohe  Sing  ^ 
grösste,  der  Rom    bis  auf  die  Gegenwart  nmfaset  hat.     £r  mie 
4,4  Mlllien  6,5  km  im  Darohmeseer,  13,2  Million  19,5  km  im  TT  ig 
fang.     Obwohl    er  gen  Osten    mit    dem   servianischen  Wall  ab- 
sohliesst  and  Anrelian  den  davor  gelegenen  Strich  miteammt  dei 
Praetorianerlager    in    seine  Maner  einbezogen  hat,    bleibt   derai 
Länge  nm  volle  700  m  im  Rückstand.     Daraas  ergibt  eich,  daii 
die  Stadt  nach  anderen  Richtnngen,  namentlich  an  ihrer  Palsadff 
am  Flnss  hin  bedeatend  weiter   als    die  Mauer    gereicht  hat  — 
Dafür  sprechen  verschiedene  andere  Thatsachen.    Rom  hatte  aof- 
gehört  im  militärischen  Sinne  Festung  zu  sein.     Allein   wie  iv 
alte  Wall  im  Osten    auf  einer  Strecke    von  1,3  km   den  Zngaig 
auf  die  Thore  beschränkte,   so  ist  eine    ausreichende  Sperre  fif 
den  ganzen  Umkreis  vorauszusetzen.    Solche  war  durch  die  stldti- 
sche  Mauth  noth wendig  geboten.    Von  wem  die  erste  Einffihravg 
der  Verbrauchssteuer    herrührt,   welche    Gegenstände    versteoert 
wurden,  wissen  wir  im  Einzelnen  nicht  \     Vielleicht  ist  Calipdi 
als  Urheber  anzusehen,    dem  eine  drückende  Belastung  der  Etr 
waaren  nachgesagt  wird ;  unter  Vespasian  war  Obst  und  GemfiM 
wieder  freigegeben  ^.     Die  Yermuthung,  dass  die  unerklärte  Aα^ 
Schrift    der  Münzen  Galba^s  quadragensimae  remissae    die  Besei' 
tigung  oder  mindestens  Erleichterung  der  römischen  Accise  bedentei 
liegt  um  so  näher,    als  derartige  als  Köder  der  Masse  dienende 
Massregeln   in  der  Geschichte  der  Umwälzungen  wiederzukebrei 
pflegen  ^.    Aber  es  ist  nicht  minder  bekannt,  dass  Vespasian  za  aU' 
gemeinem    Missvergnügen ,    auch    seines    Sohnes    die    indirectei 
Abgaben    in  Rom  vermehrte    und   die   von    Galba  aufgehobenen 
neu  in  Kraft  setzte*.     Die    von    ihm  73  n.  Chr.  gezogene  Stadt- 
grenze   dient   nicht    zum   Wenigsten    fiscalischen    Zwecken,    wie 
jüngere  Inschriften  bezeugen.     Im  Lauf  von  hundert  Jahren  nlm* 
lieh  wird    die  Grenze   verwischt    und    der   sie    umgebende  freie 
Landstreifen  bebaut  worden  sein,    als    die  Kaiser  M.  Aurel  und 
Commodus  (177 — 80)  neue  Marken  aufrichteten:  hos  lapides  coif 
sfUui  iusserunl  propUr  controversias  quae  infer  mercafores  et  man- 


1  Marquardt,  Staatsverwaltung  II  p.  270. 
a  Sueton  Cal.  40,  Plin.  XIX  56. 
8  Cohen  I  no.  178.  79.  98.  99.  200.  46. 

*  Sueton    16   amissa   sub  GaOta   vectigdlia   refwcavit    vgl.    c.    2: 
Dio  LXVI   14. 


Die  Stadtgriindung  der  Flavier.  3H9 

w  ortae  erant  uH  finem  demonstrarent  vectigaii  foriculiari  et 
smi  promercalium  secundum  veterem  legem  semel  dumtaxat  exi- 
ndoK  Die  beiden  erwähnten  Abgaben  sind  einerseits  als  Markt- 
}r  Standgeld,  anderseits  als  Steuer  für  jeden  eingeführten  Wein- 
i  Oelkrag  za  fassen.  Die  Inschriften  (ans  Marmor  mit  Rand) 
ren  offenbar  an  den  betreffenden  Zollhäusern  angebracht.  Ihrer 
r  sind  bekannt,  gefunden  vor  Porta  Flaminia  Salaria  und  Asi- 
ia.  Nach  den  Fundorten  entsprach  die  Zolllinie  M.  Aurers 
von  Aurelian  erbauten  Mauer  und  es  bleibt  nur  fraglich,  ob 
er  jenem  bereits  das  Lager  der  Praetorianer  mit  der  Stadt 
bonden  war  oder  nicht.  Der  Zuwachs  ist  aus  der  Aenderung 
Heerwesens  utid  der  Gestattung  der  Soldatenehe,  die  im  zwei- 
Jahrhundert  gewährt  wird,  zu  erklären:  im  Grunde  genom- 
1  derselbe  Hergang,  der  in  den  Lagerstädten  an  der  Beichs- 
nze  sich  abspielt.  Aber  von  dieser  Ausnahme  abgesehen,  ist 
Stadt  des  ausgehenden  dritten  und  zweiten  Jahrhunderts  klei- 
geworden als  die  flavische.  Aus  der  Ueberlieferung  hätte  man 
ehin  schliessen  können,  dass  der  Stillstand  in  der  Entwick- 
ξ  Homs  spätestens  mit  Antoninus  Pius,  der  Rückgang  mit 
rc  Aurel  beginnt.  —  Die  Grenze  umschreibt  ferner  das  Ge- 
t  innerhalb  dessen  Tags  über  bis  zur  zehnten  Stunde  nicht 
ahren  werden  darf  ^.  Als  Kreis  gefasst  würde  der  Inhalt  rund 
X)ha  betragen.  Wird  diese  Grösse  auch  um  ein  Drittel  er- 
ssigt,  so  reicht  die  Wohnfläche  vollkommen  aus  um  Rom  eine 
ilionenstadt  zu  nennen,  mit  dem  gleichen  Rechte  wie  das  heu- 
e  Berlin  oder  Wien.  Dfe  meisterhafte  Darlegung  Pöhlmanns 
rd  nach  dieser  Richtung  hin  durch  jede  eingehende  topogra- 
ische  und  antiquarische  Forschung  neu  bestätigt  werden. 

Die  rechtliche  Stellung  der  intratnurani  und  eairamurani 
1  uns  hier  nicht  aufhalten.  Dagegen  lässt  sich  eine  Bespre- 
mg  des  Pomerium,  das  Yespasian  und  Titus  im  J.  75  erwei- 
t  haben,  nicht  umgehen.  Von  Hause  aus  der  freie  Raum 
beiden  Seiten  der  Mauer,  den  die  Vertheidigung  erheischt, 
der  Begriff  schon  unter  den  Königen  von  seiner  Ursprüng- 
en Beziehung  losgelöst  und  als  Grenze  verschiedener  Rechts- 
iete  aufgefasst  worden.  Mit  den  Worten  domi  und  müitiae 
»ichnen  die  Römer  den  Gegensatz.    Wie  der  Wall  des  Lagere 


1  Dessau  375  De  Rossi,  Piante  iconografiche  p.  46  fg. 

2  Galen  XI  p.  301  Kühn   χωρίον  ίνθα  τών  οχημάτων  άποβα(ν€ΐν 
βίθισμένοι  vgl.  Friedländer,  Sittengeschichte  Ι  ^  ρ.  71  fg. 

heln.  Mu.  f.  Pbllol.  Ν.  F.  XLIX.  ^^ 


^  Nissen 

gemeineam  Bürger  und  Bundeegenoesen  umsohlieeet,  bo  die  Stidt^ 
mauer   Bürger   und    Bauern;    noch    am    Ausgang  der   BepnbUk 
werden  die  Bewohner  Roms  als  montani    und  pagani  ontersebift- 
den,  jene  sind  in  den  vier  servianischen  Regionen,    diese  in  den 
umgebenden  Quartieren  am  Flnss  auf  dem  Aventin  und  Esqnilin 
ansässig.     Durch    die  Entwicklung    der  Volksfreiheit    gegen&ber 
der  Magistratur  verliert  der  Gegensatz  seine  anfängliche  Scharfe^ 
in  der  Eaiserzeit  verschwindet    das  Verständniss    des  Pomeriui 
nach  seiner  politischen  Bedeutung  aus  dem  allgemeinen  Bewoeit*  { 
sein.     Ehedem   in    den  Tagen    des  alten  Ständekampfes   war  ei 
keineswegs    gleichgiltig  gewesen,    ob   ein  Stadtviertel   innerbilb 
oder  ausserhalb  des  Pomerium  lag:    ausserhalb  gebot  der  Ma^* 
strat  über  Leben  und  Tod,  innerhalb  hatte  er  den  Blutbann  niobt, 
mussten  seine  Lictoren  das  Beil  aus  dem  Ruthenbtindel  forttbnn. 
Die  kaiserliche  Gewalt  ist  an  diese  Rechtsschranke  nicht  gebon- 
den:  wenn  auch  der  Kaiser  statt  des  Feldherrnmantele  die  Toga 
trägt,    wenn    die  Beile    seiner  Lictoren    wie    beim  Triumph  mit 
Lorbeer  verhüllt  sind,  die  Garde  ansserhalh  des  Pomerium  lagert) 
die  Palastwache  im  Bürger-,    nicht  im  Eriegskleid   aufzieht,  bo 
sind  das  lauter  äussere  Formen  auf  die  wenig  ankommt.    Tiefer 
greift  die  Vorschrift  in  das  städtische  Leben  ein,    dass    fremdes 
Göttern   wie  Menschen    der  Wohnsitz    innerhalb    des    Pomeriu* 
untersagt  ist.     In  den  Fremdenvierteln    braucht  die  Polizei  ηώ' 
dere  Rücksicht    walten    zu    lassen   als    der  Bürger    beansprncbt 
Aber  der  entscheidende  Gesichtspunkt,  um  zu  begreifen,  was  das 
Pomerium  für    die  Entwicklung    der  Weltstadt    bedeutete,    wirf 
dem  Privatrecht  entlehnt  werden  müssen.    —    Grund  und  Boden 
im  Umkreis  der  Mauer  gehört    in    ausgedehntem  Masse    der  Ge* 
meinde,  kann  wohl  mit  oder  ohne  Rente  zur  Bebauung  überlaeeeo* 
aber  nach  jeglicher  Verjährungsfrist  wieder    eingezogen    werden. 
Die  Annahme  ist  durchaus  erlaubt,   dass  der  ganze  von  der  8e^ 
vianischen  Mauer    umgebene  Flächenraum   jemeit    der    vier  Re- 
gionen von  Hause  aus  ein  öffentliches  Besitzthum  darstellte.  Vom 
Aventin  wissen  wir  dies   ausdrücklich:    456  v.  Chr.  wurden  die 
Possessoren  ausgetrieben  und  der  Hügel  zu  Bauplätzen  unter  die 
Plebejer  vertheilt.     Damit  trat  er  in  die  gleiche  privatrechtlicbt 
Stellung  ein  wie  der  Grund  und  Boden  innerhalb  des  Pomerium 
Wenn  die  sacrale  Gemeinschaft   mit    diesem    erst  durch  den  g< 
lehrten  Kaiser  Claudius  50  n.  Chr.  ausgesprochen  wurde,  so  hi 
solcher  Act   die  Gemüther    von    Antiquaren    und  Theologen    b< 
greiHicher  Weise  lebhaft  erregt,  ausserhalb  der  genannten  Kreif 


Die  Stadtgrüadung  der  Flavier.  291 

idoch  auf  VerständniBe  nicht  zählen  können  nnd  deshalb  den 
pott  herausgefordert  Κ  Im  Uebrigen  mues  man  sich  hüten,  die 
I  der  Weltstadt  wiederholt  vorgenommenen  Erweiterungen  des 
omerinm  auf  antiquarische  Spielerei  ihrer  Urheber  zurück  zu 
lliren. 

Die  Regierung  der  Republik  hat  das  lawinenhafte  An- 
hwellen  der  Bevölkerung  seit  den  punischen  Kriegen  mit  allen 
»rfügbaren  Mitteln  einzudämmen  gesucht,  zur  Erschwerung  des 
erkehrs  mit  dem  rechten  Flussufer  den  Bau  von  Brücken  hintan- 
ihalten,  die  Festungswerke  mit  äusserster  Zähigkeit  geschützt, 
ire  kurzsichtige  städtische  Politik  hat  bewirkt,  dass  die  Bevöl- 
iruDg  durch  den  Mauergürtel  in  einer  Weise  eingeschnürt  und 
leammengepferoht  wurde,  die  jeder  Beschreibung  spottet,  hat  die 
BTölkerung  zur  natürlichen  Feindin  des  bestehenden  Regiments 
)macht;  denn  jede  Umwälzung  versprach  eine  Besserung  ihres 
läglichen  Loses.  Die  Oeschichte  der  Republik  meldet  ein  ein- 
ges  Vorrücken  des  Pomerium  und  zwar  durch  Sulla.  Der  Staat 
ib  sich  nämlich  88  v.  Chr.  zur  Bestreitung  der  Kriegskosten 
egen  Mithridrat  genöthigt,  die  geistlichen  Liegenschaften  am 
tpitol  um  9000  Pfund  Gold  loszuschlagen:  durch  den  Verkauf 
aide  öffentliches  in  Privateigenthum  umgewandelt.  Was  aber 
ie  kaiserlichen  Erweiterungen  betrifft,  so  hängen  diese  offenbar 
lit  dem  Vorgehen  in  der  Altstadt  zusammen.  Um  Licht  und 
•oft  in  die  grauenhaft  übervölkerten  Quartiere  zu  schaffen, 
werden  Häuserblöcke  niedergerissen  und  räumen  öffentlichen  An• 
igeo  den  Platz.  Wie  umfassend  die  Enteignungen  im  Herzen 
^  Stadt  gewesen  sind,  lehrt  z.  B.  die  Thatsache,  dass  die  Bau- 
KQ  auf  dem  Palatin  10  ha,  die  Kaiserfora  6  ha,  die  Thermen  des 
"itag  7  ha  Privatbesitz  verschlangen.  Zum  Ersatz  werden  von 
en  Schöpfern  dieser  Werke,  von  Caesar,  Augustus,  Claudius,  Nero, 
^Mpasian,  Traian,  Aurelian  die  Privilegien  der  City  ausserhalb 
Blegenen  Vierteln  verliehen  nach  derselben  Fiction  wie  das 
ilische  Bodenrecht  an  Städte  der  Provinzen.  Der  Staat  erkennt 
mit  den  Besitzern  nicht  blos  Superficies  sondern  volles  Eigen- 
om  zu.  Der  praktische  Werth  einer  solchen  Erklärung  darf 
;ht  unterschätzt  werden;  denn  es  kommt  vor,  dass  der  Fiscus 
Sprüche  auf  Bodenzins  erhebt,  die  seit  dritthalb  Jahrhunderten 


1  Dionys  X  31.  32,  Liv.  III  31,  Tacit.  Ann.  XII  23,  Seneca  Dial. 
(3,  8,  Gall.  N.  A.  XIII  14. 


292  Niesen 

geruht  hatten  ^    Die  Grenze  des  steuerfreien  Stadtgebiete 
durch  Steine  hervorgehoben,   die    seit  Claudius    mit  Aufschriftc 
versehen  sind.     Nun  hat  Yespasian  wie  im  Reich  und  Italien,  ι 
auch    in  Rom    das   Bodeneigenthum    des  Staates    mit  Nachdru« 
geltend  gemacht'.      Das  Gesetz   hatte   ihn    ermächtigt    utique 
fines  pamerii  proferre  promovere,   cum  tx  republica  censebU  es 
liceat^  ita  uH  licuU  Ti.  Claudio  Caesari  Aug.  Germantco.    vii^^ 
quaecunque  ex   usu  reipublicae   maiestate   divinarum  Jmmanarm.^^i 
püblicarum  privatarumqtie  verum  esse  censebity  ei  agere  facere  -^* 
potesiasque  sit,   ita  uti   divo  Äug.   Tiberioque  lulio  Caesari  Am^st^ 
Tiberioque  Claudio  Caesari  Äug.  Germanico  fuit.     Davon  ist  G&t 
brauch  gemacht  worden,  indem  Yespasian  und  Titus  nach  AblcB.0 
ihrer  Censur  75   auctis  popuU  Bomani  finibus  pomeritwi  amp^^^h 
verunt  terminaverwUque^.     Das  Gesetz  nimmt  nur  auf  die  Poiscse 
riumserweiterung  des  Claudius,  nicht  diejenigen  seiner  Vorgang' ei 
Bezug.     Namentlich  befremdet  die  Auslassung  des  Augustus  is.ii<i 
muss    einen    triftigen  Grund    gehabt  haben.      Der    Grund    k^ai 
lediglich  in  dem  Umstand  gefunden  werden,    dass  Augustus  dai 
Pomerium  von  Rom    wesentlich    anders  aufgefasst  hat,    als   sein 
Nachfolger.     Der  Unterschied  betrifft  weder  das  Staats-  noch  du 
Privatrecht,    sondern   ausschliesslich    das    Sacralrecht,    ist   a.li'ei 
nichtsdestoweniger  geeignet,    unsere  Aufmerksamkeit  zu   fess^^n. 
Die    tägliche  Erfahrung  lehrt,    dass    bei   der  Entfestigu-H^ 
einer  Stadt  die  verwickeltsten  Hechtsfragen  zur  Sprache  kommen. 
Oftmals  ist  das  Eigentbum  an  den  Festungswerken  und  dem  da^ 
gehörenden  Gelände  strittig,  die  Ansprüche  des  Staats,    der  6^ 
raeinde,   des  Militäriiecus  durchkreuzen  einander  in  einem  nnaof' 
lösbaren  Gewirr.     Aehnliche  Vorgänge  haben   im  Alterthum  sieh 
abgespielt,   seitdem  der  Friede  im  Lande  seine  Herrschaft  aufge- 
schlagen hatte.      In  den  Municipien    erscheinen    die  Yerhältniese 
klar  und  durchsichtig,  in  Rom  unklar  und  widerspruchsvoll.  Jkt 
Widerspruch  erhält  indessen    eine   einfache  Lösung,   sobald   msn 
sich  die  Thatsache  vergegenwärtigt,    dass  Rom    innerhalb  seinei 
Mauern  eine  ältere  Festung  barg,  die  als  die  Wiege  des  ganzen 
Staats  betrachtet  wurde.   Unter  Pomerium  wird  streng  genommen 
der  freie  Raum    zu  beiden  Seiten    der  Mauer    verstanden*.      Da 


1  CIL.  VI  2ü6. 

2  Feldmesser  p.54. 111. 122.  131.133,  Dessau  249.  251.  J.N.2314 
a  Dessau  244.  248. 

*  Liv.  144,  Feldm.  p.  17,  33,  Cyrill.  Glosse  p.  140  Labb.,  Tzetzes 

CraiiHT,  An.  O.xon.  III  :is:5. 


Die  Siadtgrütiduug  der  Flavier.  293 

aber  das  äussere  Gelände  an  Ausdehnung  das  innere  weit  über- 
trifft —  die  Theorie  verlangt  die  sechsfache  Breite  für  den  äusse- 
ren Streifen  \  —  ausserdem   das  Vorrücken   der  Häuser    an    die 
Sauer  von  Innen  in  alter   und  neuer  Zeit  allmählich    im  Stillen 
vor  sich  geht,  so  gelangt  man  im  gewöhnlichen  Sprachgebrauch 
dahin,    das  Wort    allein  auf  das  äussere  Gelände    zu  beziehen^. 
Ceber  seine  Bedeutung   in  Rom    hätte    niemals  Streit    entstehen 
können,  wenn  die  Hauptzeugnisse  nicht  dem  Wortlaut  zum  Trotz 
einem  schwer  begreiflichen  Vorurtheil    geopfert  worden    wären*. 
Varro  schreibt  oppida  candebant  in  Latio  Etrusco  ritUy  ut  ηούία^ 
id  est  iunctis  hohus^  tauro  et  vacca  interiore,  arairo  ciramiagebant 
^kum,    hoc  faciebant  religionis  causa  die  auspicato  ut  fossa  et 
nitcro  esseni  munUi,    terrani  unde  exsculpserantj  fossam  vocabant 
et  mtrorswn  iactam  murum.    post  ea  qui  fiebat  orbis,  urbis  prin- 
cipium ;  qui  quod  erat  post  murum,  post  moerium  dictum  eius  quo 
(tMspicia  urbana  fimutäur.    dppi  pomeri  stant   et  circum  Ariciam 
e/  circum  Romam.    quare  et  oppida  quae  prius  erant  circumdueta 
€99ratr0j  ab  orbe  et  urvo  urbes;   et  ideo  coloniae   nostrae  omnis  in 
iiieris  antiquis  scribuntur  urbeis,  quod  item  conditae  ut  Roma;  ei 
idto  colofiiae  ut  urbes  conduntur   quod  intra  pomerium  ponutUur. 
I^ie  Neueren  entnehmen  den  Worten,  dass  die  Stadt  des  Servius 
TuUius  innerhalb  des  Pomerium  gelegen  habe  und  schieben  dem 
klaren  und  einfachen  Sinn  das  gerade  Gegentheil  unter.     Es  ist 
viöglich,  meinetwegen  wahrscheinlich,  dass  das  Gelände  der  ser- 
^nisohen  Befestigung  sorgfältig  versteint  war;    aber    mit  dem 
^eralen  und  rechtlichen  Begriff  des  Pomerium  haben  diese  Steine 
lüeht  das  mindeste  zu  thun.     Yarro  handelt  in  dem  ganzen  Ab- 
^hnitt  von  der  Stadtgründung,    weder  Servius    noch  Tarquinius 
kbeo  Rom  gegründet,  sondern  Romulus,    folglich  ist  einzig  und 
tUein    das  antiquom  oppidum  Palatinum    gemeint  "^.      In    sämmt- 
Üchen  Erörterungen•  des  Alterthums  ist  stets    nur  von  einer  Er- 
weiterung des  romulisohen  Pomerium  die  Rede,  der  Begriff  lehnt 
eich  mithin  an  die  Mauer  des  Palatium  an.    Im  Sacralrecht  herrscht 


^  Vgl.  meine  Darlegung  Pomp.  Studien  p.  4<i()— 77  die  hier  vor- 
ausgesetzt und  nur  durch  die  Anwendung  auf  die  Topographie  Roms 
ergänzt  wird. 

«  Dig.  XVIII  7,  5,  Ammian  XXV  10,  1,  Cod.  Theod.  X  ii,  δ, 
Fcldm.  p.  17,  Scrv.  V  Aen.  VI  197. 

•  Varro  LL.  V  143,  Tacit.  Ann.  XII  23,  Gall.  N.  A.  XIII  14. 

*  Varro  LL.  V  1(>4,  VI  34. 


Aügustus  hat  mit  kluger  Selbstbescheidung  auf  den  I 
Romulus  verzichtet,  aber  auf  Umwegen  dahin  gestrebt  und 
sächlich  erreicht,  dass  die  romulischen  Erinnerungen  für  i 
mit  den  caesarischen  verschwistert  wurden:  καλείται  bi  τ 
σίλ€ΐα  παλάτιον,  ούχ  δτι  και  iboH  ποτέ  ουτιυς  αυτά  ό 
l€OQa\j  a\y  δτι  ί,ν  τ€  τψ  ΤΤαλατίψ  6  Καίσαρ  φκει  και  i 
στρατήγιον  είχε,  και  τίνα  και  προς  την  του  'Ρωμύλου  η 
οίκησιν  φήμην  ή  οΙκία  αύτου  άπό  του  παντός  όρους  ίΚ 
καΐ  bia  τούτο  κ&ν  αλλοθί  που  ό  αυτοκράτωρ  καταλύΐ),  τ^ 
παλατιού  έπίκλησιν  ή  καταγωγή  αύτου  ϊσχει^.  Der  Sj 
gebrauch  entsteht  wie  bislang  CapUoUum  so  jetzt  PaiUxtiufi 
der  urbs  auszasoheiden,  zur  ara  Romana  eine  arx  imperii  '. 
zufügen^.  Caligula  hatte  beide  zu  einer  Einheit  verschn 
wollen;  jedenfalls  mussten  die  kaiserlichen  Bauten  die  Τ 
bleibsei  des  ältesten  Rom  völlig  verdecken  and  die  Yorst 
das  Palatium  sei  eine  Stadt,  ans  den  Gemiithem  verdräng« 
der  oonstantinischen  Beschreibung  wird  dem  Palatium  ein 
ratorium  zugewiesen,  das  Gegenstück  zum  bekannten  aufft 
lum  in  arce.  Es  wird  nirgends  sonst  erwähnt,  hängt  aber 
scheinlioh  mit  der  hier  berührten  Wandlung  zusammen. 
Augnm  führten  die  Aufsicht  über  die  Grenzen  des  Pomei 
Bei  seiner  Feststellung  hat  das  von  Claudius  neu  errichtet 
leginm  der  Haruspices  mitgewirkt;  denn  die  Lehre  von  de 
cula  oder  die  Bestimmung  der  Zukunft  gehört  zn  den  w 
liebsten  Anf^raben  der   etruskischen  Wifisenflohaft  ^.    "Der  La" 


Die  Stadigründung  der  Flavier.  295 

Steine  nmeclirieben.     Am  Flnss    in  der  lebhaftesten  Verkehrege- 
^end  hatte  es  die  Serviuemauer  nicht  überschritten,  da  die  Por- 
ticas  der  Ootavia  im  J.71  n.Chr.  noch  auseerhalb  lag^  Ebenso 
lehrt  der  226 — 244  geführte  Rechtsstreit  der  Fullonen,  dass  auf 
d«m  Esquilin  an  der  Innenseite   des  Walles    ansehnliche   Grund- 
stScke   im    öffentlichen  Besitz  verblieben  waren'.      Wir    wissen 
nicht,    bis    zu    welcher  Entfernung   von  der  palatinischen  Mauer 
die  auguetisohen   Pomeriumsteine   vorgerückt    waren.      Dagegen 
erhellt,   dass  die  Steine   des  Claudius  sich  nicht  mehr   nach  der 
paUtiniechen  sondern  nach  der  servianischen  Mauer  richten.    Der 
A.bfltand  von  dieser  beträgt  ungefähr  300  Schritt:    ein  Stein  im 
S^den  am  M.  Testacoio  steht  ein,  ein  zweiter  im  Norden,  270  m 
▼or  Porta  Salaria,  gar  zwei  Millien  vom  Palatin  entfernt '.     Der 
Augenschein  verwehrt  eine  Bezugnahme  auf  die  Mauer    des  Ro- 
mulue.     Ueberdies   bezeugt   Plinius   in    klaren  Worten  (S.  282), 
dass  der   seit  mehr  als    einem  Jahrhundert    geltende    rechtliche 
Begriff  der  urbs  endlich  auch  von  der  Staatskirche  angenommen 
'W'orden  ist.     Zwei  Steine  des  Vespasian  zeigen,   dass  das  Pome- 
rimn  durch    ihn    nicht   wesentlich   vergrössert    wurde.      Ausge- 
•eUossen  blieb    das  rechte  Tiberufer,    das  Marsfeld    und  Theile 
der  äusseren  Regionen.    Das  Eigenthum  des  Staates  an  Grund  und 
Boden  muss  hier  sehr  bedeuend  gewesen  sein.     Sueton  nennt  die 
Hausherren,  die  der  Kaiser  durch  die  Drohung,  die  Brandstätten 
^liebiger  Besitznahme  preiszugeben,  zum  Bauen  nöthigte,  posses- 
*€res  (S.  278).     Urkunden  lehren,  dass  der  Staat  wirklich  Beden- 
ke in  Born  erhob  ^. 

Der  Landfriede  schafft  Städte,  denen  das  wesentlichste  Kenn- 
lachen  der  urbs^  die  Mauer  fehlt.  Dies  führt  eine  bemerkens- 
^erthe  Aenderung  der  Symbolik  herbei.  In  alten  Tagen  um' 
fifigte  der  Stadtgründer  den  zur  Anlage  bestimmten  Raum:  die 
Seholle  bezeichnete  die  Mauer,  die  Furche  den  Graben.  Jetzt 
vird  das  Pomerinm  auegepflügt,  die  Stadt  und  Land  scheidende 
furche  als  symbolische  Mauer  gefasst^      Die  ältesten  Zeugnisse 


1  Dio  LV  8  Joseph,  b.  Jud.  ΥΠ  δ,  4. 

^  CIL.  VI  266  gefunden  bei  S.Antonio  Abbate,  also  in  der  Nähe 
des  Wallee. 

3  Hülsen,  das  Pomerium  Roms  iu  der  Kaisorzeit,  Hermes  XXII 
eib  fg.    Lanciani,  Forma  Urbis. 

*  CIL.  VI  266.  1585. 

*  Plut.  Rom.  11  Tacit.  Ann.  XII  24.  Ich  habe  früher  Pomp. 
Sind.  p.  474  das  Wesen  der  Aenderung  verkannt. 


396  Nissen 

dieses  BituH  etammen  aus  caesari scher  Zeit  ^ ;  noch  sind  Pon 
riamsteine  der  Colonie  Capua  erhalten  mit  der  Anfschritt  im 
Caesaris  qua  arainim  dttctum  est^.  Auch  der  kleine  Grenzgrabc 
der,  wie  jüngst  auf  verschiedenen  Strecken  nachgewiesen  wordc 
in  regelmässigem  Abstand  vor  dem  germanischen  Limes  herläu 
wird  auf  den  nämlichen  Ursprung  zurückgehen.  Bei  Landanwi 
sungen  wird  vermessen  und  verliehen  secundum  legem  divi  Λ 
gusH  qua  faL•  et  araler  ierii  ^.  In  Rom  stellt  das  Pomerium  ( 
Grenze  des  freien  Eigenthums  und  der  städtischen  Auspicien  d: 
wie  auch  gesagt  wird  des  ager  effatus  oder  der  effaii  urhi  fin 
Ideell  wird  es  von  den  Augum  als  ein  Tempium  oder  Hechte 
gefasst.  Da  an  der  Flussseite  das  Pomerium  fortfällt  und  c 
erhaltenen  Steine  etwa  300  Schritt  von  der  servianischen  Mac 
abstehen,  hat  Yespasian  ihm  annähernd  einen  Umfang  von  75 
Schritt  verliehen. 

Mit  dem  74  nach  Chr.  abgehaltenen  Lustrum  haben  Vesi 
sian  und  Titus  ihre  censorische  Thätigkeit  beschlossen.  Neb 
der  Neuordnung  von  Stadt  und  Staat  sollten  grossartige  Bauwer 
ihren  Namen  verewigen.  Im  nächsten  Jahr  ward  der  Friedei 
tempel  eingeweiht.  Nach  einer  Vermuthung  Jordan^s,  die  viel 
Beifall  gefunden  hat,  war  an  einem  anstossenden  Gebäude  c 
Plan  des  neuen  Rom,  ein  Vorläufer  des  severianischen,  von  di 
so  viele  Reste  erhalten  sind,  zur  allgemeinen  Kenntnissnahi 
angebracht  ^  Ist  dies  wirklich  der  Fall  gewesen,  so  hat  do 
Plinius  seine  Mittheilungen,  die  uns  hier  beschäftigen,  nur  η 
Beihülfe  eines  Mathematikers  d.  h.  nach  dem  damaligen  Sin 
des  Worts  eines  Mystikers,  von  einem  Plan  ablesen  könm 
Uebrigens  deutet  die  gewählte  Fassung  darauf  hin,  dass  er  kei 
Alltäglichkeiten  vorbringen  will;  auch  musste  es  ihm  bei  sein 
Beziehungen  zum  Hofe  ein  Leichtes  sein,  die  zuverlässigsten  i 
gaben  über  Rom  in  der  an  massgebender  Stelle  erwünschten  Fo: 
zu  bekommen.     Im  J.  75  ward  auch  der  Coloss  des  Sonnengot 


^  Cic.  Phil.  II  102;  Statut  von  Urse  c.  T,i  ne  quis  iutra  fi; 
oppidi  coloniaeve  qua  aratro  circumductum  erit,  hominem  mortu 
inferto  neve  ibi  humato  neve  urito  neve  hominis  mortui  monimenti 
aedificato. 

a  I.  N.  3590  =  CIL.  X  3825. 

8  Feldmesser  112.  201.  203. 

*  Jordan,  Forma  p.  8  Harm.  IX  p.  11)4  Top.  1  1    p.  45    vgl. 
Roesi,  Piante  p.  45,  Richter  Top.  p.  725. 


Die  Stadtgründung  der  Flavier.  297 

an  der  heiligen  Strasse  errichtet,    der   mehr    ά\η    100  Fuss  hoch 
den  Schutzgeiet  der  iia vischen  Stadt  darstellte^.      Auf    ihn   zielt 
die  von  Beda  dem  Ehrwürdigen  in  seine  CoUectaneen   aufgenom- 
mene Weissagung :  quamdiu  stat  colysaeas,  stat  et  Borna ;  quando 
eaM  colysaeiis,   cadet   et  Koma\    quando   cadet  Roma^    cadet  et 
mundus.      Der   Uehergang    des  Namens   auf    das  grosse  Amphi- 
theater lag  näher    als    man    glauben  sollte.      In    den  Mirabilien 
beiist  dasselbe  Tempel  der  Sonne  oder  wird    mit  einem    solchen 
in  Verbindung  gebracht  ^.      Nicht    mit   Unrecht,    wie    die   Masse 
«eigen : 

Grosse  Axe  des  Gebäudes  187,770;  der  Arena  85,756  m 

Kleine   Axe  des  Gebäudes  155,688;  der  Arena  53,624  m. 

darnach    berechnete    ein    mathematischer   Freund,    beide  Flächen 

*l8  Ellipsen  vorausgesetzt^,    mit    einem  Fehler   von  weniger  als 

Ö,lGm  bezw.  0,002  m: 

Inhalt  des  Gebäudes  22952,6  ^m  =  9  Jugera  28  Scrip. 
Inhalt  der  Arena  361 1,7  Qm  =  1  Jugerum  124  Scrip. 

Umfang  des  Gebäudes   540,607  m  =  8652/7  Schritt 
Umfang  der  Arena         221,857  m  =  149Vio  Schritt. 
Den  Inhalt  habe    ich   lediglich    der  Vollständigkeit    halber 
^^igefngt ;  vielleicht  mag  die  Berechnung  sonstigen  Nutzen  stiften. 
^er  Umfang  dagegen  fuhrt  uns  unmittelbar  in  die  Zahlenmystik 
^^  Stadtgrtinder  ein.     Die  Aussenseite  misst  365 V4  Schritt  (mit 
^em  Fehler  von    2  Zoll)    so  viel  wie    das  Jahr  Tage,    ist   im 
ttmfang  Korns  86 mal    enthalten  (Ueberschuss   51  Schritt).      Die 
Arena  misst  150  Schritt  (weniger  6  Zoll)  und  geht  88 mal  in  den 
umfang  Roms  auf.     Die  Frage,    welche  Dauer    dieser  Stadt  be- 
lÜmint  sei,  hat  die  Gemüther  der  Weisen   und  Staatsmänner  un- 
lUäseig   gequält.      Nach    der    von  Varro    verzeichneten   Angabe 
eines  hervorragenden  Augurs  waren  es  zwölf  Saecula  von  je  hun- 
dert Jahren:  als  das  verhängnissvolle  Jahr  1200  =  448  n.Chr. 
zu  Ende  ging,  wartete   man  in  banger  Sorge   auf  die  Erfüllung^. 


1  Leider  läset  sich  die  Höhenziffer  Yiicht  mit  Sicherheit  herstellen. 
Soeton  Nero  81  CXX ;  Plin.  XXXIY  45  hat  der  Bambergensis  qui  neu- 
aginta  (=  CVIXC),  der  Riccardianus  CCIIX,  der  Leidensis  CVIX,  der 
Tindoboneneie  CVID;  Dio  LXVl  15  100  Fuss;  Stadtbeschreibung  mit 
cn wesentlichen  Varianten  für  die  Statue  IO2V2)  die  Strahlen  22 Vs;  Fu- 
•ebine  in  den  verschiedenen  Versionen  107,  127,  128. 

a  ürlichs  Codex  top.  p.  110.  121.  136.  160.  167. 

*  Was  sie  nach  Beschreibung  Roms  III  1,  823  sind. 

«  CeDMMrin  d.  n.  18,  15,   Claudian  XXYI  266    '  \doU.  VLl 


298  Nissen  Die  Stadtgründung  der  Flavier. 

Daee    die  zwölf  Geier,    die    dem  Romulos   die  Götterweihe    zi 
Gründung  Roms   überbrachten,    zwölf  Saecnla   ankündeten,   w 


freilich   klar.      Aber    Angor  Vettiue,   der  Gewährsmann  Var 
wird  sich  in  der  Daner  der  Saecula  vergriffen  haben.     Hätte 
nach  hundertzehnjährigen  gerechnet,    so    könnte    er    als   gros 
Prophet  gelten;    denn  beim  Ablauf    des  Jahres  1320   der  Sta 
im  April  568  rückten  die  Langobarden  in  Italien  ein.     Nachd^si 
in   der   neueren  Geschichte  die  Generationenlehre    der  Etrusl^c 
wieder  aufgelebt  ist,    möchte   es  sich  überhaupt  empfehlen,    c5lai 
mechanische  Abzählen  von  hundert  durch  das  Saeculum  von  ϊιέλώ• 
dertzehn  Jahren  zu  erweitern:  die  Sache  würde   dadurch    unter- 
haltender,   ausserdem  die  Aussicht  auf  Treffer  verdoppelt.     I>ie8 
nebenbei.     Bei  der  Bestimmung  des  ümfangs  von  Rom  auf  132 CO 
Schritt  wird  in  der  That  die  Erinnerung  an  die  von  den  Göttern 
verheissenen  zwölf  Saecula  mitgewirkt  haben.  —  Ob  die  beziffte- 
ten  Eingänge,    deren    das  Amphitheater  76  hat,    die    durch    die 
beiden  Axen  in  vier  Gruppen  von  je  19  zerlegt  werden,    an   <lie 
19  Stadtthore   eifinnern   sollen,    ob    die  Zahl   als   Quadratwurzel 
von  365  gedacht  sei  und  ähnliche  Grübeleien  lasse  ich  bei  Seite. 
Nur  ein  Wort  noch  ist  über  die  Orientirung  zu  sagen.     Der  Ci^ 
cus  ist  nach  ausdrücklichen  Zeugnissen  der  Sonne  geweiht:  ent- 
sprechend sehen  wir  die  Axe  des  Circus  maximus  nach  den  Sol- 
stitien,    des  vatikanischen  Circus   nach   den  Aequinoctien    genao 
gerichtet  ^     Das  Colosseum  jedoch,  das  der  nämlichen  Reihe  An- 
gehört, liegt  nach  meiner  im  Winter  1871/72  gemachten  Meseung 
288 *\     Ich  glaube  den  früher  von  mir  nicht  verstandenen  Bein; 
nunmehr  deuten  zu  können.    Der  Sonnenaufgang  verweist  auf  den' , 
13.  oder  15.  Februar,  den  Geburtstag  der  flavischen  Stadt  (S.  281). 
Die  Hoffnungen,  mit  denen  er  einst  begangen  wurde,  sind  schnell 
getäuscht    geworden.      Möge    das  Standbild    des  tapfern  König«) 
das  von  der  Kuppe,  wo  einst  die  Augurn  nach  Götterzeichen  aus- 
spähten, auf  die  Hauptstadt  Italiens  herabschauen  wird,    längen 
und    glücklichere  Tage    an    sich    vorüberziehen    lassen    als   dem 
Sonnencoloss  Vespasians  beschieden  war  ! 

Bonn.  H.  Nissen. 


^  Ilheiii.  Mus.  XXXIIl  i>.  551. 


299 


üeber  eine  alte  ThierfabeL 


Die  von  £rwiD  Rohde  aus  dem  Engern  und  Weitern  ge• 
^malten  Zeugnieee  und  Parallelen  zu  dem  Märchen  vom 
Wiesel  als  Braut' ^  haben  vor  allem  die  Yorstellung  gemein- 
em, daee  ein  angenommener  oder  aufgezwungener  naturwi- 
driger Zustand  bei  der  ersten  besten  Gelegenheit  durchbrochen 
^rd  —  τή  φύσει  γάρ  ήττήθη,  wie  es  bei  Babrius  heisst :  *  Art 
'tet  nicht  von  Art'.  Hierher  gehört  auch  eine  wenig  beachtete 
^liechische  Fabel,  die  zwar  wie  ein  abgeblasstes  Nachbild  des 
Wieselmärchens  aussieht,  aber  doch  von  allen  verwandten  Stücken 
*iii  frühesten  nachweisbar  ist. 

Wir  haben    auszugehn  von  einer    in    die  Fabelsammlungen 
1^55  Cor.,  405  Für.,  360  Hlm.)    aufgenommenen  Stelle  aus  Lu- 
^'s  *  Fischer^  zu  der  sich  in  der  Apologie  ein  Seitenstück  nach- 
weisen läset: 


I.  Luc.  jRwc.  36  p.605 :  ^.μέχρι 
Top  τούτου  φίλος  έκαστος  αυ- 
τών [derPhilosophen],  ές  οσον 
äv  μη  αργύρων  ή  χρυσίον  ή 
νροκείμενον  έν  τψ  μέαψ'    ήν 
4^  τις  όβολόν  έπιδείΗη  μόνον, 
Χέλυταχ  μέν  ή  ειρήνη  ...  οί- 
ον τι  και  ο\  κύνες  πάσχουσιν  • 
inexhäv  τις  όστουν  ές  μέσους 


II  ΑροΙ  5  ρ.  713 :  j4.  οι  μέν  τοις 
τραγικοϊς  ύποκριτεϊς  είκάσου- 
(Τίν  [den  inkonsequenten  Lucian], 
οι  έπι  μέν  της  σκηνής  'Αγα- 
μέμνων έκαστος  αυτών  ή  Κρέ- 
ων .  .  εισιν,  ΐΗω  οέ  Πώλος  ή 
'Αριστόδημος  αποθεμένοι  τά 
προςωπεϊα  γίγνονται  ύπόμι- 
σθοι  τραγψδουντες,  έκπίπτον- 


*  1η  dieser  Zeitschrift  XLUI  303.  Ein  Nachtrag  von  Th.  Zielinski 
XLIV  156.  Bemerkenswerth  ist  es,  dass  auch  in  den  Acharneru  (V. 
256 f.)  die  γαλή  im  Zusammenhang  mit  der  Brautnacht  erwähnt  wird. 
Doch  kann  die  schwierige  Stelle  nicht  έν  παρ^ργψ  erledigt  werdotU. 


800 


GraeioB 


αυτούς  έμβάλη,  άναΐΓη6ήσαντ€ς 
baicvouaiv  αλλήλους  ...Β,  λέ- 
γ€ται  Vi  καΐ  βασιλ€ύς  τις  At- 
γύπτιος  πιθήκους  ποτέ  πυ^βι- 
χ(Σ€ΐν  bibaSai  καΐ  τα  θηρία  — 
μιμηλότατα  hi  έση  τιυν  άν- 
θρυητίνων  —  έκμαθεΐν  τάχιστα 
καΐ  όρχ€ΐσθαι  άλουργίοας  άμ- 
π€χόμ€να  καΐ  προςαπτ€ΐα  πε- 
ρικείμενα.  C.  καΐ.  μέχρι  πολ- 
λοΟ  εύοοκιμεΐν  τήν  θέαν,  δ- 
χρι  6ή  τις  αστείος  κάρυα  ύττό 
κόλπον  ίχων  άφήκεν  ές  τό 
μέσον*  οΐ  hl  πίθηκοι  Ιοόντες 
καΐ  έκλαθόμενοι  τής  όρχήσεως 
τοΟΘ*  δπερ  ήσαν  πίθηκοι  έγέ- 
νοντο  άντΙ  πυρριχιστών  καΐ 
Ευνέτριβον  τά  προςαιπεΐα  καΐ 
τήν  έσθήτα  κατερρήγνυον  καΐ 
έμάχοντο  περί  τής  όπώρας 
προς  αλλήλους,  τό  \λ  σύν- 
ταγμα τής  πυρρίχης  &ΐ€λέλυτο 
καΐ  κατεγελατο  ύπό  του  θεά- 
τρου. Vgl.  ib.  §32:  εΐ  πίθηκοι 
δντες  έτόλμησαν  ήρύκυν  προς- 
υπτεια  περιθέσθαι. 

Wie  Lucian  die  Fabel  auf  scheinheilige  Philoeopl 
inkonsequente  Schönredner  anwendet,  deren  Thaten  ihi 
Lügen  strafen,  so  benutzt  sie  Gregor  von  Nyssa  an  ein 
beachteten  Stelle  Glaubensgenossen  gegenüber,  die  es  η 
Christennamen  nicht  ernst  nehmen. 

III.  Greg.  Nyss.  dt  prof,  Christ  vol.  III  p.  240 
A,  εϊπερ  τόν  αληθή  σκόπον  του  Χριστιανού  έΕετ 
εξετάζοντες  εορομεν,  ούκ  δν  έλοίμεθα  μη  εΤναι  τούτο, 
δνομα  υπέρ  ημών  επαγγέλλεται,  ώς  δν  μή  τό  περί  toC 
διήγημα  τό  παρά  τοις  ?Εω  περιφερόμενον  και  ήμϊ 
μόσειε.  Β,  Φασι  γαρ  τίνα  Τών  θαυματοποιών  έπι  τής  Άλ 
πόλεως  άσκήσαντα  πίθηκον  . .  όρχηστικώς  σχηματίίί 
περιθεΐναι  αύτιυ  πρόσωπον  όρχηστικόν  και  έσθήτα  .  .  ι 
αύτφ  περιστήσαντα  ένευδοκιμεΐν  τώ  πιθήκψ  προς  τόν 
λεος  ^υθμόν  εαυτόν  έκλογίΖοντι  καΐ  bid  πάντιυν  έπικρι 


τες  κα\  συριττόμενοι 
bk  καΐ  μαστιγούμενοι 
άλλοι  bk  τό  τοΟ  mBi 
πονθέναι  σε  (ρήσουσιν, 
πάτρςι  τή  πάνυ  ςρασί  γ 
εκείνον  γάρ  6ι5αχθέν 
μέν  όρχεΐσθαι . .  (7.  κα\ 
θαυμάΣεσθαι  μένοντα 
σχήματι  . .  καΐ  τοις  ^ 
αύλοΟσι  συγκινούμεν« 
ναιον,  έπεί  hi  είδεν 
οΤμαι,  ή  άμύγοαλον  πέ 
μένην  μακρά  χαίρειν  φ 
τοις  αύλοΐς  καΐ  ^υθ) 
όρχήμασι  συναρπάσαν 
τρώγειν,  άπορρίψαντα 
bk  συντρίψαντα  τό  π( 
6.  D.  καΐ  σύτοΐνυν  ..  ι 
πίθηκος  £ιν  . .  .  καΐ  & 
κεύθων  ένΐ  φρεσίν 
λέγων  κτλ. 


lieber  eine  alte  Thierfabel.  301 

τήν  φύοιν  . . .  C  Κατβχομένου  bi  του  θ€άτρου  προς  τό  καινοπρβ- 
πές  του  θβάματος,  παρόντα  τινά  τών  αστειότερων  παιδιςΐ  τινι  beVEax 
τοις  προςκεχηνόσι . .  πίθηκον  δντα  τόν  πίθηκον.  έπιβοώντιυν  γάρ 
ηάντων  . .  ταΐς  του  πιθήκου  περιστροφαϊς  εύρύθμως  προς  τήν 
ψοήν  και  τό  μ^ος  συγκινουμίνου,   ^ίψαι  φασιν  αυτόν  έπΙ  τής 
ορχήστρας  τών  τραγημάτιυν  έκ€ϊνα  δσα  τήν  λιχνείαν  τών  τοι- 
ούτων θηρίιυν  έφέλκεταΓ  τόν  δέ  μηοέν  μελλήσαντα  έπεώή  bia- 
στταρίντα  εϊδε  πρό<ς>   του    χορού  τά  αμύγδαλα,    έκλαθόμενον 
της  τε  ορχήστρας    .  .   και  τών  τής  έσθήτος  καλλωπισμών  έπι- 
^ραμεϊν  τε  αύτοϊς  και  ταϊς  τών  χειρών  παλάμαις  συλλίγειν  τά 
€ύρισκόμενα.   και   ως  δν  μή  έμποοών   εϊη    τό  προςωπεϊον  τψ 
otόματι,  περιαιρεΐσθαι  . .  τήν  σεσοφισμένην  μορφήν  περιθρύπ- 
τοντα,  ώςτε  αυτόν  αθρόως  γέλωτα  κινήσαι  τοις  θεαταϊς  .  .  εΐ- 
'^ΧΟώς  . .  έκ  τών  του  προςωπείου  λειψάνων  διαφαινόμενον  . . 
Λ  ούτως  οί  μή  αληθώς   τήν   φύσιν    εαυτών   τη    πίστει  μορ- 
φώσαντες,   ^αδίως  έν  ταϊς  του  διαβόλου  λιχνείαις  άπελεγχθή- 
ίίονται  άλλο  τι  δντες  παρ'  δ  επαγγέλλονται,  άντι  γάρ  Ισχάδος 
!\  αμυγδαλής  .  .  τό  κενόδοίον    και  φιλότιμον  . .  και  δσα  άλλα 
τοιαύτα  ή  κακή  του  διαβόλου  αγορά   τοις    λίχνοις  τών  άνθρώ- 
imw  άντΙ  τραγημάτων  προτιθεϊσα  ^αδίως  εις  ίλεγχον  άγει  τάς 
τπθηκώδεις  ψυχάς. 

Gregor's  Erzählung  zeigt  mit  beiden  Fassungen  des  Laoian 
frappante  Uebereinstiminungen ,  aber  auch  Abweichungen  und 
Ueberschüese ^.  Deshalb  ist  es  wahrscheinlicher,  dass  beide 
Schriftsteller  verwandte  Quellen,  alte  Fabelbticher  benutzten,  als 
1m8  Gregor  Lucian  ausgeschrieben  habe.  Mag  nun  auch  die  An- 
LDUpfnng  an  Kleopatra  in  der  einen  Version  (II)  als  freie  £rfin- 
Inng  zu  betrachten  sein,  so  beweist  doch  jedenfalls  das  allen 
Irei  Zeugnissen  gemeinsame  aegyptische  Local  und  Gostüm,  dass 
ene  Mittelquelle  nicht  vor  die  hellenistische  Epoche  zu  setzen 
st;    man  könnte  an  die  Fabelsammlung  des  Demetrios  von  Pha* 


1  Dahin  gehört  der  Hinweis  auf  das  unten  zu  erwähnende  Sprich- 
rort  und  das  Auftreten  des  θαυματοποιός  im  Theater.  Ein  solcher  spielt 
rach  die  Hauptrolle  in  einer  scheinbar  römischen  Anekdote  bei  Phaedrus 
IT  5y  die  gleicbfalb  aus  einem  Iiellenistischen  Fabclbuche  entlehnt  ist: 
rgL  Plüt.  Sympos.  V  1  p.  674  B,  de  aud.  poet.  2  p.  18  B,  Paroem. 
loisl.  8.  €Ö  μέν,  άλλ'  ουδέν  προς  τόν  Παρμένοντος  ύν.  Varro's  Parmeno 
tAt  mit  diesem  Parmenon  kaum  etwas  zu  schaffen,  ebensowenig  die 
ron  O.  Müller  herangezogene  verderbte  Dichterstelle  bei  Yarro  de  1. 1. 
m  104^  s.  L.  Müller,  Lucil.  p.  313.  323,  Bücheier  in  dieser  Zeitschr. 
SXIX  197. 


302  CrusiuB 

leron  denken,    die    in  Alexandrien  geeohrieben  sein  wird.     Doc& 
Anden  eich  ähnliche  von  Lucian  erzählte  Geschichten  und  Sprici^• 
Wörter  auch  in  den  Proverbia  Alexandrina  von  Selenkos-Plntarci 
Nun  citirt  Lucian  {adv,  Ind.  4)  auch  einen  SpruchTeni,    der    auf 
unsere  Fabel  anspielt :  πίθηκος  γαρ  ό  πίθηκος,  ή  παροιμία  φη(^ 
κ&ν  χρύσ€α  ίχη    σάμβαλα  (Hds.  σύμβολα).      Vgl.  Makar.  JRos. 
612  Paroem.  II  ρ.  202  Gott.:  πίθηκος  ό  πίθηκος  KÖV  χρυσά ίχΐ| 
σάνόαλα '  έπι  των  oub^v  iE  έπεισόκτου  κόσμου  ώφβλουμένυτν^. 
Der  Begriü'  σάvbαλα  verbürgt    den  Zusammenhang    des  Spr&eli- 
wortes  mit  der  Fabel :  er  geht  auf  die  Tanzkünste  des  AfTen,  ■. 
'Eumel.'  fr.  1   Bgk.  (Μοΐσα)  ά  καθαράν  (κίθαριν)  καΐ  έλ€ύθ€ρα 
σάμβαλ'  ίχοισα.     Danach  könnte  jenes   nur  unvollständig  erhil- 
tene  Werk  des  Seleukos-Plutarch    (das    auch  hei  Makarios  steh* 
weislich  Spuren  hinterlassen  hat)    die  Mittelquelle  gewesen  sein. 
Zu  dieser  Annahme    scheint    der  Charakter    des   Verses   gut  η 
stimmen;     ich     meine    wenigstens     ionischen     Rhythmus    dureb- 
klingen  zu  hören^  und  zu  den  παροιμίαι  αίς  Άλ€ξανορεΐς  έχρώντο 
gehören  auch  Citate  aus  den  Couplets,  an  denen  sich  das  htnpt- 
Rtädtisohe  Publicum  erfreute  (prov.  Alex.  47  p.  23  m.  Α.).    Die 
ägyptisch-alexandrinische   Local    und    die  Anknüpfung    an    einen 
ägyptischen  König  oder  Kleopatra  würde  sich    so  vortrefflich  e^ 
klären,  vgl.  prov.  Alex.  22.  25.  46.  47    (von   ägyptischen  Köni- 
gen, wie  I),  45  (von  Kleopatra,  wie  11)  24  (im  Theater,  wie  III); 
die  verschiedenen  Versionen  könnten,   wie  in  mehreren  verwandten 
Fällen  (Nr^  10.   11.  13.  36.  46  m.  Α.),    neben    einander  gestan- 
den haben. 

Eine  Staffel  weiter  führen  uns  folgende  Combinationen. 
Auch  das  Wieselmärchen  war,  wie  manche  ähnliche  Geschichte, 
sprichwörtlich  geworden-;  schon  bei  den  attischen  Komikern 
fanden  sich  Anspielungen  darauf.  Die  Zeugnisse  vermittelt  uns 
das  Werk    des   Zenobios-Didymos    in    den    Excerptenreiben    des 


^  Aus  der  Fassung  des  Makarios  ergab  sich  mir  für  Lucian  die 
Correctur  σάμβαλα,  die  jedoch  schon  Bergk  vorgeschlagen  hat,  ohne 
auf  die  Parallele  Rücksicht  zu  nehmen.  Für  das  Alter  des  Spruches 
können  wir  daraus  nichts  folgern,  da  das  alterthümliche  Wort  von  den 
Hellenisten  (z.  B.  Kallimachos  und  Herondas)  wieder  in  Umlauf  gre- 
setzt  ist. 

2  Zahlreiche  einschlagende  Sprichwörter  sind  in  meinem  Vor- 
ti*agc  über  '  Märchen  reminiswnzen  *  (Wrh.  der  Philologen  Versammlung 
zu  Görlitz)  hesprochen. 


Ueber  eine  alte  Thierfabel.  308 

4ntteD  Baches;    anere   Handecbriften  (Ps.-Plutarch  101  paroem. 
Ip.336  Gott.,    Ath.  139,    Zenob.    volg.  193    p.  56,    Bodl.   277 
itÄ.)  bieten    den  Artikel    in   folgender  Form:     γαλή  χιτώνιον* 
όμοία  ή  παροιμία  αυτή  τή*   ου  πρεπβι  γαλή  κροκωτός  (so  der 
Bodl.,  weniger  gut  κροκωτόν  Par.}.     έπ€ΐ6ή  γαλή  κατά  πρόνοιαν 
Αφροδίτης  γυνή  γενομένη  έν  χιτώνι  κροκωτψ    ούσα  έπέόραμε 
μιη.  μέμνητοι  ταύτης  Στρατής  (fr.  7J  CAFr.  Ι  ρ.  731).    Kock 
hat  das  Lemma  γαλή  χιτώνιον  unter  die  Fragmente  aufgenommen 
Qod  bemerkt  dazu:    ^plenum  fortaese    erat  ου  πρέπει  γαλή  κρο- 
WüTOv,  ου  χιτώνιον  γαλή'.     Das  soll  offenbar  die  vollere  Form 
des  Sprich  Wortes  sein,  von  dem  Strattis  nach  Kooks  Ansicht  nur 
ein  Stück  citirte.     Aber  κροκιυτός  (κροκιυτόν)    ist  ja   mit  χιτώ- 
νιον identisch ;  die  platte  Tautologie  wirkt,  zumal  bei  der  schar- 
fes Zweitheilung  und  hervorgehoben  durch  das  anaphorische  ου, 
ganz  unleidlich.     Man  wird  kein  auch  nur  entfernt  ähnliches  Bei- 
ipiel  beibringen  können;    Epicharm's   τόκα  μέν  έν  τήνοις  έγών 
ήν,  τόκα  6έ  παρά  τήνοις  έγών  (Aristot.  III  9  =  Epich.  fr.  49 
ρ.  273  L.)  ist  ein  schlechter  Witz,  und  derartiges  hat  dem  Yer- 
&Mer  unseres  Verses  offenbar    fern    gelegen.     Um  die  Sachlage 
riektig  zu  beurtheilen,  müssen  wir  uns  daran  erinnern,   daes  die 
oben  herangezogenen  Zenobioshandschriften  sammt  und   sondere 
nur  stark  verstümmelte  Auszüge  aus  dem  ursprünglichen  Werke 
^ben;   späte,  gering  geachtete  Handschriften  und  Zeugen  haben 
oft  die  überraschendsten  Ergänzungen  gebracht,  wie  der  Wiener 
Pe.-Diogenian  oder  der  zuerst  von  L.  Cohn  ausgenutzte  Parisinus. 
Makarios   (565  Paroem.  II  p.  197)   bietet    nun   in   der  That   ein 
rollständigeres  Lemma:  ου  πρέπει  γαλή  κροκωτός  οΰτε  πορφύρα* 
ιτρός  τους   υπέρ  τήν  τύχην  κοσμεΐσθαι  θέλοντας.     Hier  haben 
irir  einen  geraden  Gegensatz  zu  κροκωτός,  wie  wir  ihn  brauchen ; 
Μ  fragt  sich  nur,  was  dem  γαλή  entsprochen  hat.     Auch  darüber 
geben  späte  Byzantiner  Auskunft,   Ps.-Diogenian,  Apostolios  und 
Araenios : 

IV.    Ps.  Diogen.  698    Par.  I  V.  Apoetol.  1332  Paroemiogr. 

3.  286  (vgl.  Arsen,  not.  crit  II  p.  614:  πίθηκος  έν  πορφύρςι* 
kd  Apoetol.  1175  ρ.  562):  6-  o\  φαύλοι  κδν  καλοΐς  περιβλη- 
ιοία'  γαλή  κροκιυτόν  καΐ  πίθη-  θώσιν  δμως  διαφαίνονται  πο- 
ιος έν  πορφυρςι.  νηροί. 

Durch  die  Untersuchungen  Brachmanns  (Quaest.  Pseudo- 
>iog.)  ist  von  neuem  erwiesen,  dass  auch  diese  Notizen  in  letzter 
Betanz  auf  Zenobios-Didymos  zurückgehen.  Hier  haben  wir  die 
kdreesey  die  uns  fehlte;    es    ist    der   geputzte  Affe   der  uns  be- 


d04  Crusius 

schüftigenden  Fabel,  der  also  schon  von  alter  üeberliefenuig  mä 
dem  Wiesel  als  Braut  verglichen  wurde. 

Dieselbe  Zusammenstellung  begegnet  uns  an  einer  biekng 
unbeachteten  Stelle  des  Eustathios  in  einer  ihrem  Zwecke  n&eh 
mit  der  Schrift  des  Gregorios  verwandten  Erbauungerede: 

VI.  Eustath.  or.  praep.  XI  opuso.  p.  63,  70  T.:  γαλή  τις 
έκαστος  εκείνων,  κροκωτόν  φορούσα  μή  πρέποντα,  ή  πίθηκος  6 
γελοίος,  έθέλιυν  εΤναι  περίβλεπτος,  δτε  τα  δνθινα  περιβέβλη• 
ται»  όφ'  ών  οΤμαι  καΐ  καλόν  προςονομά2[ουσιν  ο\  παροιμιαιαυς 
ύποκορι2Ιόμενοι. 

Die  SchlusRworte  gehen  auf  eine  berühmte  Pindarstelle  (OL 
II 137),  die  Eustathios  auch  sonst  als  geflügeltes  Wort  verwendet 
(Opusc.  XIV  07  p.  115,  48flP.).  Die  Sprüche  selbst  hat  er  schwer- 
lich aus  einem  Vulgär-Zenobios,  den  er  nicht  benutzt  zu  haben 
scheint^,  sondern  wohl  aus  einer  selbständigen  alten  Quelle,  viel' 
leicht  aus  einem  Lexicon.  Man  sieht,  die  Verbindung  der  beiden 
verwandten  Fabeln  war  typisch. 

In  der  That  scheint  ihr  Träger  ein  berühmter,  alter  VerB 
gewesen  zu  sein.  Aufs  schönste  schliessen  sich  die  oben  nach- 
gewiesenen Elemente  zusammen,  um  das  troohäische  Kolon  bei 
Zenobios  zu  einem  runden  Tetrameter  zu  ergänzen: 

ου  πρέπει  γαλή  κροκωτός,  ου  πιθήκψ  πορφύρα. 

Demselben  Rhythmus  fügt  sich  ein    in  das  Lexikon   Coisli• 
nianum  versprengtes  Stück  der  üeberlieferung,  Coislin.  64  p.  127 
Gaisf.  (bei  Leutsch  im  kritischen  Apparat  zu  Diogen.  versteckt): 
-  w  -  w  -  ^  άπέ6υ  τον  κροκωτόν  ή  γολή  ^. 

Diese  Bruchstücke  tragen  entschieden  das  Gepräge  der  atti- 
schen Komödien    Wirklich  ist  der  betreflPende  Abschnitt  des  Didy- 


1  Vgl.  die  Dissertation  Hotop's  de  Eustathii  proverbiis.  Sinzelne 
Missgriffe  und  Schnitzer  in  dieser  Arbeit  hat  E.  Kurtz  (in  den  Bl.  f. 
d.  Bayer.  Gymu.  1889,  48  ff.  und  im  Philol.  Suppl.  VI  307)  gut  iiachge* 
wiesen.  £r  misst  die  ganze  Untersuchung  aber  nicht  mit  dem  Mass- 
stab,  mit  dem  sie  gemessen  sein  will.  Hotop  beabsichtigte,  die  Stellung 
des  Eustathios  in  der  paroemiographischen  Üeberlieferung  klarzulegen; 
dabei  konnte  er  die  opmcula  bei  Seite  lassen.  Seine  fleissige  Arbeit 
bleibt  trotz  ihrer  Schwächen  ein  brauchbares  Hilfsmittel  für  den,  der 
nicht  nur  Sprichwörter  zusammenstellt,  sondern  sich  auch  über  die 
einschlagenden  gelehrten  Arbeiten  der  Alten  zu  unterrichten  sucht. 

2  Ueber  den  Coislinianus  vgl.  jetzt  die  tüchtigen  von  L.  Cohn 
angeregten  Quaestiones  paroemiographicae  von  B.  Schneck. 

β  Auch  die  Vernachlässigung  des  Porsonschen  Gesetzes  wäre  einem 
lambographen  kaum  zuzutrauen. 


Ueber  eine  alte  Thierfabel.  906 

ntitohen  Werkes  —  aach  die  Lemmata  —  in  der  Hauptsache 
aoe  £omiker-£xcerpten  zueammengeeetzt  ^.  Unsere  Fabel  ist 
danach  schon  in  attischer  Zeit  als  παροιμία  —  als  HsptU  im  alten 
Sinne  —  angewandt  und  mit  dem  Wieselmärchen  zusammenge- 
etellt  worden,  möglicher  Weise  von  Strattis. 

Aber  an  der  Hand  eines  schon  von  Bergk  in  diesen  Zu- 
sammenhang gezogenen  Zeugnisses  dringen  wir  noch  erheblich 
weiter  vor.  Aristides  υπέρ  τών  τεττάριυν  ρ.  307  liest  den  heuch- 
lerischen, selbstgerechten  Kynikem  ^,  die  nicht  einmal  vor  den  ver- 
götterten Lieblingen  des  Hhetors  Respekt  zeigen,  tüchtig  den 
Text  und  charakterisirt  sie  als  Leute, 

VII.  Ol  πλείιυ  μέν  σολοικίίουσιν  f|  φθίγγονται,  ύπερορακτι 
b{  τών  δλλων  δσον  αύτοϊς  ύπεροράσθαι  προςήκει,  και  τους  μέν 
δλλους  έΕετάίουσιν,  αυτούς  hi  ούόεπώποτ'  ήζίωσαν,  και  σεμ- 
νυνουσι  μέν  την  άρετήν,  άσκοΟσι  b'  ου  πάνυ,  περιέρ- 
χονται hi  δλλως  βροτών  είδωλα  καμόντων,  Ήσιόόου  κηφήνες 
(op.äd.ZOi),   'Αρχιλόχου  πίθηκοι,    bOo   μορφάς  ίχον- 
Τ6ς  Ιάντί  τριών,  τής  τραγικής  βοός  (des  Polyeides,  welche 
in  drei  Farben  schillerte)    ^και>    τών  Ιματίων    τών   ήπημέ- 
νων  ουδέν  διαφέροντες,  τά  μέν  ίΕώ  σεμνοί,  τά  b'  ivbov  'δλλος 
δν  είδείτι  τις',  οί  του  Διός  μέν  ουδέν  χείρους  φασιν  είναι,  του 
V  όβολοΟ  τοσούτον  ηττώνται  .  .  .  εΐ  b^  τις  αυτών  περί  εγκρά- 
τειας  bιαλεγoμέvωv   άπαντικρύ  σταίη   ίχων  Ινθρυπτα   κοί 
στρεπτούς,  έκβάλλουσι  την  γλώτταν,    ώσπερ    6  Μενέ- 
λεαις  το  Είφος.    αυτήν  μέν  γάρ  έάν  ϊbωσι  την  'Ελένην  —  "ελέ- 
νην  λέγω;   θεράπαιναν   μέν  ουν  .  .  παώιάν  άποφαίνουσι  τους 
Σάτυρους  του  Σοφοκλέους. 

Bergk  {PLGr,^  II  ρ•  409)  denkt  erst  an  eine  Fabel  vom 
Affen  im  Löwenfell,  hält  dann  aber  doch  eine  Beziehung  auf  die 
oben  behandelte  für  wahrscheinlicher.  In  der  That  wird  Nie- 
mand, der  beobachtet  hat,  wie  Gregorios  (und  Eustathios)  den 
gleichen  Gedanken  im  gleichen  Zusammenhange  mit  jener  Erzäh- 
lung erläutert,  die  Richtigkeit  der  letztern  Ansicht  bezweifeln. 
Wenn  Bergk  dagegen  das  oben  vermnthnngsweise    auf   die  pro- 


1  Die  Nachweise  in  meinen  Analecta  p.  87  sqq. 

3  Früher  pflegte  man  die  Stelle  auf  die  Christen  zu  beziehn; 
seitdem  die  Bedeutung  des  Jüngern  Kynismos,  der  in  den  ersten  nach- 
christlichen Jahrhunderten  als  ältester  und  erfolgreichster  Concurrent 
dem  Christenthum  das  Feld  streitig  machte,  in  ein  helleres  Licht  ge- 
rückt ist,  wird  man  die  richtige  Adresse  nicht  mehr  verkennen. 

BtefB.  Miu.  f.  Philol.  N.  F.  XLIX.  ^0 


906  Crueine 

verhia  Alexandrina    zurückgeführte    Sprichwort   ans  Archilocbo» 
ableitet,    .so    hätte    er  das  nicht  einmal    mit   einem  fortasse  ane- 
sprechen  sollen ;  schon  der  kaum  verkennbare  eotadeieche  Rhytll• 
mus  weist  nach  ganz  anderer  Richtung. 

Am  überraschendsten  aber  bewährt  sich  unsere  Annahme^ 
was  auch  Bergk  nicht  bemerkt  hat,  an  dem  bislang  unerklärten 
und  verderbten  Texte  des  Rhetors.  Statt  des  unsinnigen  dvri 
τριών  ist,  ohne  die  leiseste  Aenderung,  nur  mit  anderer  Wort- 
trennung,  zu  schreiben  όντ'  Ιτριων;  das  vorhergehende  Zahl- 
wort hat  unverkennbar  die  falsche  Auffassung  der  Zeichen  ver- 
anlasst. Für  ΐτρια,  d.  h.  für  die  τραγήματα  (III),  die  ein  Gast- 
geber ihnen  hinwirft,  nehmen  die^Kyniker  eine  zweite,  thieriecbe 
Grestalt  an,  wie  die  Affen  in  der  archilochischen  Fabel ;  man  denke 
etwa  an  das  Auftreten  des  Κυνικός  Άλκιόάμας  in  Lucians  Phi- 
losophenmahl 12  p.  425  f.  Die  wunderliche  Phrase  τών  Ιματίιυν 
τών  ήπημένΐϋν  wird  sich  nicht  sowohl  auf  die  ^  Affenjacke  ,  den 
bunten  centunaduSj  beziehn,  als  auf  die  Bettelpracht  des  Schan- 
spielerkostüms,  vgl.  Lucian  Epist.  Sat.  II  28  p.  409 :  όλόχριΚίον 
μέν  τά  ίίιυ,  κατάρραφον  bi  τά  ivbov,  diotrep  αΐ  τραγικαΐ  έ(Τθή• 
τες  έκ  ^ακαιν  πάνυ  ευτελών  συγκεκαττυμέναι.  Dagegen  kommt 
Aristides  unverkennbar  später  noch  einmal  auf  unsere  Fabel  zu* 
rück,  bei  den  Worten  εΐ  ha  τις  .  .  .  σταίη  ίχων  ίνθρυτττα  κοι 
στρεπτούς  κτλ.,  wo  der  Ausdruck  freilich  von  Demosthenes  (de  cor. 
260  p.  314  μισθόν  λαμβάνων  τούτων  ίνθρυπτα  και  στρετπούς 
και  νεήλατα)  beeinflusst  ist.  Das  Wort  ϊτρια  ist  altionisch,  da  ^ 
es  bei  Anakreon  und  Herondas  vorkommt  (s.  meine  Unters,  zu  ι 
Herond.  S.  65);  es  ist  recht  wohl  denkbar,  dass  es  Aristides 
dem  Archilochos  entlehnt  hat.  Die  Wendung  δύο  μορφάς  ίχον- 
τες  κτλ.  hat,  das  läset  sich  nicht  leugnen,  etwas  Befremdendes 
und  Gezwungenes.  Aber  dasselbe  Bild  in  derselben  Fassung 
taucht  in  einem  räthselhaften  Fragmente  eines  Komikers  auf,  das 
uns  das  Excerpt  aus  dem  Sprichwörterwerke  des  Aristophanes 
von  Byzanz  im  zweiten  Buche  des  Zenobios  (48  p.  363  M.)  er- 
halten hat: 

κείται  b'  ό  τλήμιυν  ~  το  στόμα  παρεστραμμένος, 

δ  τον  οίμορφον  Σιυκράτην  άπώλεσεν^. 


1  Vgl.  CAFr.  III  ρ.  4β1  adesp.  380.  Kock  schreibt  άττώλετο  und 
bemerkt  dazu:  *facile  est  scribere  άπώλεσεν,  sed  nihil  facit  ad  frag- 
mentum  obscurissimura  intellegendum'.  άπώλεσεν  ist  überliefert!  Auf 
(Wo  formcllon  Sch\vi(»ri«rkoiton  froho    ich    hier    nicht    ein.     Dass  Aristo- 


üeber  eine  alte  Thierfabel.  907 

Du  bislang  unerklärte  Μμορφος  ist  genau  buo  μορφός  ^xuiv; 
η  beiden  Fällen  tragen  Philosophen  das  Epitheton,  dae  auf 
en  Widerspruch  zwischen  Lehre  und  Leben,  Gebaren  und 
resinDUDg  zu  gehn  scheint.  Sokrates  wird  von  einem  seiner 
icbterischen  Antagonisten  —  £upolis,  Aristophanes ,  Eallias, 
meipeias  —  in  derselben  Weise  angegriffen  sein,  wie  die  Ky- 
ker  von  Aristides  \  So  mag  auch  der  in  seiner  Knappheit  auf- 
Uige  Ausdruck  buo  μορςρας  έχοντες  bei  Aristides  aus  einer  altem 
ariage,  vermuthlich  eben  Archilochos,  entlehnt  sein.  Die  ganze 
eile  ist  ja  ein  aus  Reminisoenzen  zusammengeflickter  Cento,  wie 
e  Ιματία  ηττημένα,  über  die  der  Rhetor  seinen  Spott  ausgiesst. 

Uebersehn    hat   auch  Bergk    einen    in   ganz  ähnlichem  Zu* 
mmenhange    bei  Clemens  Alexandrinus  paedag.  3,  2,  5    ange- 
hrten  Vers:  (ή  πόρνη)  τότε  άληθινόν  θηρίον  έλ€τχθήσ€ται 
ψιμυθίψ  πίθηκος  έντ€τριμμένος. 

Nanck  (Philol.  IV  359)  hat  den  Trimeter  aus  der  Prosa 
«Clemens  herausgeschält  und  einem  Komiker  vindicirt;  ihm  ist 
1.  Kock  (Com,  AU.  fr.  111  503)  gefolgt,  wie  gewöhnlich  ohne 
oen  Ausdruck  des  Zweifels.  Der  Zusammenhang  des  Bruch- 
ickes  mit  unsrer  Fabel  leuchtet  ein.  Der  knapp  und  fest  ge- 
nta Vers  entspricht  ganz  der  Eunstlibung  der  alten  lambogra- 
en;  und  es  ist  schwerlich  mehr  als  Zufall,  dase  wir  das  — 
e  und  fremdländische  —  Wort  ψίμυθος  -lov  bei  ihnen  nicht 
3I1  weisen  können.  Hier  wäre  also  mit  einiger  Wahrscheinlich- 
t  ein  Fragment  des  Archilochos  zu  vermuthen.  Ob  man  aus 
I  confusen  Athenaeus-Excerpten  II  p.  53*  (το  μέντοι  bivbpov 
k€i  [Pamphilus]  περισπάν,  άμυγοαλή  και  ^οί)ή.  κα\  Άρ- 
ια χο  ς  (fr.  29)  '^οόής  τε  καλόν  άνθος'.  'Αριστοφάνης 
€  νυν  τάς  άμυγδαλας  λαβών'  κτλ.,  Φρύνιχος  *  αμυγδαλή  τής 


.nes  von  Byzanz  der  Vermittler  ist,  habe  ich  in  den  Analecta  p.  152 
gethan  (vgl.  auch  Philol.  Suppl.  VI  275  f.).  Der  dort  vorgetragene 
ilärungeversuch  genügt  mir  nicht  mehr. 

1  Wenigstens  unter  dem  Strich  mag  die  Frage  aufgeworfen  wer- 
,  ob  nicht  der  platonische  Alkibiades  Sympos.  XXXII  215  f.  einen 
hen  Komikerangriff  weiterspinnt  und  in  sein  Gegentheil  verkehrt, 
l  heisst  die  Formel:  das  Aeassere  schön,  das  Innere  thierisch,  bei 
ίο:  das  Aeussere  silenartig,  das  Innere  göttlich.  Vgl.  bes.  XXXIII 
?16  τοΟτο  (τό  σχήμα  αύτοΟ)  ού  σιληνώ5€ς;  σφόδρα  γ€.  τοΟτο  γάρ 
9€v  ούτος  πβριβέβληται .  .  .,  ίνδοθ€ν  bi  άνοιχθ€ΐς  πόσης  οΤ€σθ€  γέμ€ΐ 
σωφροσύνης. 


808  Crusiu•  Ueber  eine  alte  Thierfabel. 

βηχός  αγαθόν  φάρμακον.  ά\\ο\  hk  (wobl  Gramoiatiker)  'άμ 
οαλάς',  ύις  'καλάς')  scblieeeen  darf»  daae  die  Fracht  άμύγδα 
oder  άμυγοάλη    bei  Arcbilocboe  vorgekommen  sei,    bleibt  le 
gftnzliob  unsicber;  man  würde  eonst  das  Wort  (vgl.  oben  No. 
und  III  C  D)  auf  die  Scbiaesscene  der  Fabel  bezieben  könnei 

Wer  mit  den  πίθηκοι  bei  Arcbilocboe  gemeint  war,  h 
nicht  zweifelbaft  sein.  £θ  ist  die  falsche  Neobnle,  welche  τή| 
öbujp  έφόρει  I  5ολοφρονέουσα  χειρί,  τήτέρη  bt  πυρ  (93),  vi 
leicht  auch  der  wortbrüchige  Vater,  der  fr.  89  anerkanntermaae» 
in  anderm  Sinne  mit  dem  πίθηκος  verglichen  wird.  Sie  bab 
beide  erst  den  Dichter  mit  gleissender  Freundlichkeit  anfgenoi 
men,  so  daes  er  fast  veranlasst  wäre,  ςκχινόμενον  κακόν  οίκα 
δγεσθαι  (fr.  98):  da  trat  der  reichere  und  vornehmere  Neb( 
buhler  dazwischen,  und  ihre  wahre  Natur  enthüllte  eich.  We 
•der  bei  Clemens  erhaltene  Vers  archilochisch  ist,  wird  man  i 
am  besten  auf  die  Neobule  beziehn,  der  in  fr.  100  ff.  ganz  iü 
liehe  Liebenswürdigkeiten  gesagt  werden. 

Tübingen.  0.  Crusius. 


Miscellen.  309 


Miscellen. 


Betro^ne  Beträger. 

fiüchmaDn  weist    für   den  Ursprung    des  Wortes   auf  Por- 
pkyriue'  Leben  Plotins  (c.  16)  und  Augustine  Conf.  7,  2  deceptos 
^os  ä  deceptares.     Aber  das  Wort   lässt    sich    schon    bedeutend 
frfilier  nachweisen.     II  Tim.  3,  1J3  heisst  es  von  den  Irrlehrem: 
τονηροι  bk  fivOpunroi  και   γόητες  προκόψου0ΐν   έπΙ  το  χείρον 
πλανιυντ€ς  καΐ  πλανώμενοι  ^.     Und  schon  in  älterer  griechischer 
Litteratur  wird  die  Antithese   gebraucht.      Philo    sagt    von    den 
wnnderthätigen  ägyptischen  Zauberern  De  migr.  15  S.  449  Man- 
gey  όπαταν  οοκουντες  άπατώνται.   Und  bei  dem  an  sprichwört- 
licben  Wendungen '  reichen  Dio  Chrysostomus  finden  sich  folgende 
Anklänge,  die  man  nicht  für  zufällig  halten  wird,  wenn  man  sie 
zusammenhält.     lY  33    heisst  es:    Der  άλαΖών  σοφιστής    (von 
Arnim  streicht  mit  Unrecht  σοφίστή)  wird  seinen  Schüler  in  die 
Irre  fähren  ουδέν  αυτός  είδώς,  άλλα  εΙκάΖων  και  πολύ  πρότε- 
ρον  αυτός  υπό  τοιούτων    άλαίόνων  πεπλανημένος.     Χ  1  oiba 
ph  Ιτωτ€  σχεδόν  δτι  διόάσκειν  μέν  ανθρώπους  απαντάς  χαλε- 
πόν  έστιν,  Οαπαταν  bk  ^cjibiov.  καΐ  μανθάνουσι  μέν  μόγις,  έάν 
τι  και  μάθιυσι,  παρ'  όλίγιυν  τών  είδότων,  έίαπαταινται  bi  τάχι- 
στα υπό  πολλών  τών  ουκ  εΐόότων,    και  ού  μόνον  γε  υπό  τών 
έλλυυν,    άλλα  και  αύτοι  ύφ'  αυτών.    XL VIII  10    καΐ    πότερον 
νυν  ταύτα  όργιΖόμενοι  λέγετε  ή  τότε  εκείνα  κολακεύοντες;  καΐ 
νυν  άπατώμενοι  μάλλον  ή  τότε  έδαπατώντες;  LXXIV  22:  Wer 
sich    in  seinem  Vertrauen    getäuscht  sieht,    beschwert    sich    mit 
Unrecht  bei  den  Göttern  υπ'  άνορός  απατηθείς  φίλου  και  συνή- 
θους,   οι  bk    θεοί  κοταγελώσιν  εΐοότις  δτι  εαυτόν  έΕηπάτησεν 
έπ'  άλλψ  ποιησάμενος.   —    Endlich    sagt   Julian    bei   Cyrill  S. 
347  Β    (S.  228,  8    Neumann)   von    der  Exegese    eines  Bischofs, 
der  ihm  erklären  sollte,  warum  Kains  Opfer  Gott    nicht   gefiel: 
ό  bk  ήπατα  εαυτόν  πρώτον,  είτα  και  τους  άλλους. 

Da  wir  die  Wendung  bei  verschiedenen  Schriftstellern  nach- 
gewiesen haben,  bei  denen  die  Annahme  einer  Abhängigkeit  aus- 
geschlossen scheint  (auch  Augustin  braucht  die  Bibelstelle  nicht 

^  Schon  die  Anspielung  auf  das  geflügelte  Wort  widerlegt  die 
Erklärung,  welche  zwei  Menschenklassen  scheidet,  die  γόητ€ς,  welche 
als  πλανώντβς,  und  die  πονηροί  άνθρωποι,  welche  als  πλανώμενοι  be- 
zeichnet würden  (so  auch  in  der  neuesten  Auflage  des  Kommentars 
von  Weiss).    Die  Vulgata  hat  errantes  et  in  errorem  mittentes. 

^  Aus  Bd.I  der  neuen  Ausgabe  habe  ich  notirt:  III  ()3  μηδέ  οποί 
γης  €ίσι,  τό  τοΟ  λόγου,  τοΟτο  €ΐ5έναι,  IV  81  πάντα  άνείς  κάλων,  108 
οστράκου,  φασ{,  μεταπεσόντος,  127  πυκνότερον  καΐ  συνεχέστερον  ή  τους 
κυνηρτέτας,  ςκισί,  χαίροντα  καί  λυπούμενον,  XII  43  αυτό  γε,  ώς  φασιν, 
άπλύτοις  ποσΐ .  .  .,  71  τό  λεγόμβνον  ώς  έστιν  ακοής  πιστότερα  δμματα 
άληθίς  Uw<u    Vgl.  auch  IV  4.  17.  69,    VII  34,   XU  \.  10,  ^'XÄTi  ^&. 


310  MisoeUcm. 

im  Ged'aolitnies  gehabt  zu  haben),  ist  die  Vermuthnng  berec^ü 
daes  allen  Stellen  das  Wort  eines  bekannten  Antore    zu  Gmi 
liegt,  wie  man  in  ähnlichen  Fällen  manche  Witzwoite  auf  Β 
oder  Ariston  mit    mehr    oder  weniger  Gewissheit    znruckgefB 
und    so    ihre    weite  Verbreitung   zu   erklären  gesucht  hat    I 
wenn  ich  auch  auf  die  Vermuthung  keinen  Werth  lege,  darf 
es  wohl  aussprechen,  dass  die  pointirte  Wendung  eines  Hera 
nicht  unwürdig  wäre.     Für    die  Form    vergleiche    man   in  ( 
heraklitischen  Abschnitt  Περί  διαίτης  Ι  15  (bei  Bywater  S. 
τάμνοντες  bk  και  κεντίοντες   und   später    κεντουμενοι   hl 
τερνόμενοι,    und    zum  Gedanken   sei  erinnert  an  c.  24  dersel 
Schrift:  παώοτριβίη  τοιόνοε*  5ι2άσκουσι  παρανομέειν  κατά  voji 
άοικέειν  οικαίως,  έΕαπαταν  κτλ.  und  έζαπαταισιν  δνθριυποι  ι 
λέοντες  καΐ  ώνευμενοΓ    ό  πλείστα  έζαπατήσας  ούτος  θωμ( 
ται.     Heraklit  könnte  die  scharfe  Antithese  von  der  Yielwi88( 
der  Gelehrten    oder  dem  Wissensdünkel    der   Menge    gebraa 
haben,  und  später  wäre  sie  zum  geflügelten  Wort  geworden, 
sein  Ausspruch  über  Auge    und  Ohr    und    sein    είς  έμοι  μυ| 
(Fr.  15.  113  £).     Aber  vielleicht  führt  grössere  Belesenheit 
derer  auf  sicherere  Fährte. 

Berlin.  P.  Wendland. 

Zur  Meleagersage. 

Wenn  E.  Kuhnert  S.  57  die  zuerst  bei  Phrynichos  na 
weisbare  Yolksüberlieferung  vom  Tode  Meleagers,  wonach 
Leben  des  Helden  an  das  verhängnissvolle  Holzscheit  gekni 
war,  im  Gegensatz  zu  der  homerisch-epischen  Sagengestaltung 
älter  und  ursprünglicher  hält,  so  hat  er  ohne  Frage  Recht,  a 
die  ursprüngliche  Form  der  Sage  damit  noch  nicht  erreicht.  D 
die  im  6.  Jahrhundert  bevorzugte  Version  ist  selber  erst  alsC« 
promiss  zwischen  zwei  verschiedenen  Anschauungen  zu  betracli 
und  steht  am  £nde  einer  Entwicklungsreihe,  deren  Ausgangspo 
uns  leider  nur  durch  zwei  sehr  späte  Zeugen,  Tzetzes  zu 
kophr.  492  und  Johannes  Malalas  Chron.  VI  p.  209  Ox.,  > 
bürgt  wird.  Da  beider  Zeugniss  von  A.  Surber  (Die  Meleaj 
sage,  Züricher  Diss.  1880  S.  85  f.)  zwar  richtig  beurtheilt,  a 
falsch  eingereiht  ist  —  M.  Mayer,  de  Eurip.  mythop.  56  Ic 
genaueres  Eingehen  ab  —  so  lass  ich  es  folgen: 

Tzetzes  (nach  der  bekannten  Malalas: 

Version):  τινές  be  φυλλάοα  και  μαθών  (Oineus)  δτι 
έλαίας,  ου  bqha,  εΐναί  φασιν,  ^Αταλάντη  το  δέρμα  έχαρί(ί< 
ήν  έν  τη  κυήσει  φαγουσα  όργισθεις  κατά  του  ιδίου  li 
τψ  Μελεάγρψ  έν  τή  έκτε-  δν  είχε  θαλλόν  έλαίας 
£ει  συ  ντε  τόκε  και  έφύλατ-  λαττόμενον  παρά  τη  Άλ< 
τεν  ακριβώς  υπό  τών  μάντεων  τη  έαυτου  μέν  γυναικί,  μ 
τούτο  μαθουσα,  ώς  Ιατ  αν  be  τοΟ  Μελεάγρου,  δντ 
φυλάττοιτο  ή  φυλλάς  άβλαβης,  θαλλόν  της  έλαίας  ή 
άβλαβης  και  6 Μελέαγρος  έσται,  θαία  έγκυος  ούσα  εφ 
εΐ  bi  φθαρή,  και  ό  Μελέαγρος  και  καταπιουσα  τό  4 
(Τυμφθαρήσεται.  ταύτη  ν  ουν  όιά     λον    της    έλαίας    εύθ^ 


Misoellen.  311 

ΤΟ  πάθος  τών  άόελφών  κατά-  τεκουσα  συνεγέννησε  το 
καΰσασα  είσήλθεν  έν  τψ  θαλά-  της  έλαίας  φύλλον  συν 
μφ  και  νεκρόν  εύρουσα  τον  τψ  Μελεάγρψ.  περί  ου 
τταδα  συναπεκτεινε  κα\  έαυτήν.     χρησμός  έόόθη  τώ  πατρι  αύτοΟ 

[τψ  ΟΙνεϊ],  τοσούτον  χρόνον 
Ζην  τόν  Μελίαγρον  δσον  χρό- 
νον φυλάττεται  το  φυλλον  τής 
έλαίας  τό  μετ'  αύτου  γεννη- 
θέν.  δπερ  φύλλον  όργισθεις  ό 
ΟΙνεύς  εις  πυρ  Ιβαλε,  και  έκαύ- 
θη,  άγανακτήσας  κατά  του  ibi- 
ου  υΙου.  και  παραχρήμα  ό  Με- 
λέαγρος έτελευτησεν,  ώς  ό 
σοφός  Ευριπίδης  δράμα  περί 
του  αύτου  Μελεάγρου  Οέθετο. 

Das  Euripidescitat  am  Schlasfle  ist  natürlich  abzutrennen, 
w  weist  auf  eine  mit  Varianten  ausgestattete  Vorlage  hin,  die 
Xalalae  ungeschickt  genug  ausgeschrieben  hat.  Befremdlich  ist 
<iie  Bolle,  die  Oineus  statt  Althaia  zugewiesen  wird,  selbst  dann, 
venu  man  an  die  auf  Bildwerken  angedeutete  Parteinahme  des 
Vaters  gegen  den  Sohn  denkt  (Eekulέ,  de  fabnla  Meleagrea  47) ; 
hier  hat  Malalas  offenbar  Verwirrung  angerichtet.  Verständlich 
wird  die  vorliegende  Gestalt  der  Sage  durch  die  von  Mannhardt, 
Vald-  und  Feldkulte  II  23  ff.  zusammengestellten  Parallelen  aus 
dem  Kreise  der  Wechselbeziehungen  zwischen  Mensch  und  Baum 
(^gl.  Surber  S.  120).  Am  nächsten  steht  das  Prodigium  vor  der 
Geburt  Virgils.  ^Als  Virgils  Mutter  mit  ihm  schwanger  war, 
^mte  sie,  sie  habe  einen  Lorbeerzweig  geboren,  der  auf  den 
Boden  gefallen  sofort  fest  wurzelte  und  zu  einem  mit  Blüthen 
tiDd  Früchten  erfüllten  Baume  emporschoss.  Am  folgenden  Mor- 
gen wurde  sie  von  dem  Dichter  entbunden  (Donat.  Sueton  rcliq. 
P•  55  Keiff.).  Entsprechend  dieser  bildlichen  Auffassung  des  Kin- 
des als  grüner  Baumzweig  hatte  man  den  Brauch  als  Doppel- 
gänger des  Neugeborenen  an  der  Geburtsstätte  einen  Baum  zu 
pflanzen ' ;  Parallelen  aus  dem  Baumkultus  der  Germanen  für  bei- 
des gibt  Mannhardt  I  46  f.  u.  50.  Dazu  tritt  ein  von  Basile 
novellistisch  verarbeitetes  neapolitanisches  Märchen,  worin  eine 
^e  Bäuerin  einen  Heidelbeerzweig  gebiert,  an  dessen  Bestehen 
daa  Leben  einer  Fee  geknüpft  ist,  und  ein  nahe  verwandtes  neu- 
griechisches vom  Lorbeerkinde ^     Durch  diese  leicht  zu  ver- 


^  Basile  Pentamerone  I  2  (vgl.  die  üebersetzung  Liebrechts  1 29) : 
^  α  2o  casoL•  di  Miano  *to  marito  e  na  mogliere,  che  no  avenno  sporchia 
^  figUe,  denderavano  co  no  golio  granne  d'  aoere  quarche  aredc,  t  la 
^gliere  sopra  tutto  sempe  diceva  ;  ODio!  partoresse  quarcosa  α  lo  munno; 
"Wime  eurreria,  che  ffosse  na  frasca  de  mortella;  ettanto  disse  sta 
^ona  . . .  ehe  'n  grossatole  la  pama  ...  e  ...  cacciaje  da  U  campe 
^  de  b  venire  na  bella  frasca  de  mortclla,  la  qimle  co  no  guato 
P^>»ne  pasienatala  α  na  testa  lavorata  co  ttanta  helle  mascarune^  la  mese 
^^fenegtra,    Hahn  I  21:    'Es  war  einmal  ein  Manu  \md  «vii<b  l^xvoi^ 


312  Misoellen. 

mehrenden  Belege  erhält  die  Version  der  leider  unkennÜicheD 
τινές  bei  Tzetzee  ihre  Beglaubigung;  wir  brauchen  nur  stott 
Oineus,  der  Hypostase  des  Dionysos,  den  alten  Vegetationsdämoo 
(Voigt  in  Roschers  Lex.  I  1059  fp.),  dessen  Verbindung  mit  Althui 
der  Kult  bis  in  die  hellenistische  Zeit  (Satyrus  FHG.  111  165; 
Meineke  anal.  Alex.  346)^  festgehalten  hat,  selbst  einzusetzen, 
um  die  älteste  Stufe  der  Meleagersage  zu  erreichen^.  Wie 
Althaia  den  grünen  Oliven  zweig  ins  Feuer  wirft,  so  Simaitha  bei 
Theokrit  (II  23 ff.)  den  Lorbeerzweig: 

έγώ  b'  έπ\  Δέλφώι  οάφναν 
αΐθιυ'  χώς  αιίτα  λακεΐ  μέγα  κατπτυρίσασα 
κήΕαπίνας  αφθη  κού6έ  σποοόν  €Ϊ5ομες  αυτας, 
ονίτιυ  τοι  και  Δέλφις  ένι  φλογι  σάρκ'  άμαθύνοι. 
Der  Aberglaube  hat,    wie  oft,    die    schon    der  homerischen 
Welt  fast  unverständliche  Anschauung  (άπό  ορυός,    vgl.  Schoe- 
mann    op.    ac.    II  134 — 137)    treu    bewahrt.      Ein    Beweis,  wie 
volksthtimlich  sie  gerade  in  Aitolien  war,   ist  die  von   Hekataioe 
(FHG.  I  26)  leider  nicht  ursprünglich  überlieferte  Sage  von  den 
Vorfahren  Meleagers :    Όρεσθεύς  ό  Δευκαλίωνος  ήλθεν  εις  Ai- 
τωλίαν    έπι    βασιλείςι,    και   κύιυν    (Symbol    der  Fruchtbarkeit) 
αύτοΟ  στέλεχος  ίτεκε*    και   8ς   έκέλευσε  κατορυχθήναι  καΙΟ 
ούτου  ίφυ   αμπελος   πολυστάφυλος.    bio  και  τον  αύτου  πα%α 
Φύτιον  έκάλεσε.  τούτου  b'  Οίνε  υ  ς  έγένετο  κληθείς  άπότών 


die  bekameu  keine  Kinder  und   waren    darüber   sehr    betrübt.    Einst* 
mals  baten  sie  den  lieben  Gott,    er  möchte  ihnen   ein  Kind  geben  und 
war  es   auch  nur  ein  Lorbeerkern.     Der  liebe  Gott  erhörte  ihr  Gebet, 
und  der  Leib  der  Frau  wurde  gesegnet.     Als  aber  ihre  Zeit  herankanii 
du  gebar  sie  einen  Lorbeerkeru.     Die  Weiber,    welche   ihr  beistanden, 
merkten  das  nicht,    und  trugen    ihn  mit  dem  Wcieezeuge  zur  Wäsche. 
Während  sie  wuschen,    fiel    der  Lorbeerkern    zu  Boden    und   es  ^^ 
daraus  ein  goldner  Lorbeerbaum,  dessen  Gezweige  wie  die  Sonne  glänzte  . 
Die  Angaben  Hahns  sind  bekanntlich  nicht  immer   über    allen  ZveiM 
erhaben,  um  so  mehr  ist  in  diesem  Falle  das  Zusammentreffen  mit  dem 
neapolitaner  Märchen  zu  betonen.     Ich  will  noch  einen  verlorenen  Zug 
in  dieser  üeberlieferung  anmerken.     Der  Königssohn  wird    von  seiner 
geliebten  Fee  durch  die  Aufforderung  zu  einer  Eberjagd  hinweggerufen'. 
accorze,  che  ffu  chiamato  lo  Prencipe  α  na  caccia  de  no  gran  puof^^ 
sarvateco,   che  iroinava  chillo  pajese.     Der  Vergleich    mit  der 
verhängnissvollen  Jagd    auf   den    aitolischen  Eber  liegt  nahe;    weit^^ 
Schlüsse    zu    ziehen    verbietet    der    völlig    abweichende    Verlauf    " 
Märchens.  . 

1  Althaia,  Gemahlin  des  Dionysos  zuerst  bei  Eurip.  Kykl.^JS.  ^}\ 
der  Tochter  ist  Deianeira,  als  deren  Vater  später  Ares  gilt.  Auch  ^, 
leager  ist  bei  Euripides  Sohn  des  Art-s.  Man  erkennt  noch  deut^^^ 
den  Grund  der  Verschiebung. 

3  Das  Verschlingen    des  Olivenblattes    in   unserer  Ueberliefer"*^  ^ 
scheint  sekundär,    doch   vgl.  Pentamerone  I  18   (Lisa    aus    einem     "^^ 
schluckten  Rosenblatt   geboren);    ähnlich  wird,    um    im  Alterthum      . 
bleiben,  Hera  durch  die  Berührung    mit    einer  Wunderblume    aus  ^,. 
olenischen  Gefilden  schwanger  und  gebiert  den  Ares  (Ovid.  fast.  V  ^^^. 
Nana,    die  Tochter  des  Phrygerkönigs  Sanpfarios  steckt  die  Frucht     ^ 
aus  dem  Blute  des  Agdistis    entsprossenen  Granatbaumes    in   den     ^ 
Ben  und  gebiert  den  Attis. 


Mieoellen.  813 

IV,  wo  die  Wechselbeziehung  zwischen  Mensch  und  Pflanze 
ens  noch  hindurchschimmert.  Erst  als  man  diese  mehr 
ehr  vergass,  wurde  aus  dem  grünen  Oliven  zweige  ein 
floizscheit,  und  nun  verschob  sich  die  Vorstellung  von 
jenem  wachsenden  und  schwindenden  Seele  des  Menschen : 
}enslicht  trat  an  die  Stelle.  Ich  will  auf  diese  zur  Ge- 
ihandelten  Anschauung  (Wackernagel  HZ.  VI  280 f.)  nicht 
ingehen   und    nur    auf  den    merkwürdigen  Umstand    hin- 

dass  die  Nornagestsage,  mag  man  diese  nun  für  eine 
terliche  Copie  der  Meleagersage  oder  für  eine  selbständige 
ng  halten,  statt  des  glimmenden  Scheites  die  Lebens- 
einsetzt.  Kerze  oder  Licht  gehen  durch  bei  allen  bisher 
en  Versionen,  sie  sind  also  für   das  Ursprüngliche    anzu- 

während  der  Feuerbrand    noch   deutlich    seine  Herkunft 

an  wird  nicht  oft  in  der  glücklichen  Lage  sein,  die  Ent- 
gsstufen  einer  griechischen  Sage  so  verfolgen  zu  können, 
in  Vorstehendem  versucht  ist.  Sollte  dieser  Versuch  Bei- 
len, so  gebührt  der  Dank  dem  vortrefflichen  Mannhardt, 
Torschungen  noch  eingehender  auszunützen  dem  Philologen 
spart  werden  darf, 
ettin.  Georg  Knaack. 


Zar  Einfuliriiiig  des  Asklepios-Kultes  in  Athen. 

den  Athenischen  Mittheilungen    des  verflossenen  Jahres 
^III  S.  245  ff.)  hat  A.  Körte  erkannt,  dass  die  (Ττοιχηοόν 
ibene  Urkunde  CIA.  II 1649,  welche  von  der  Stiftung  des 
os-Kultes  in  Athen  berichtet,  18  Buchstaben  in  der  Zeile 
und    dadurch  die  Einführung  desselben    unter    dem  Ar- 
des  Astyphiios  im  Jahre  420    v.  Chr.    endgiltig    sicher- 
Zu  der  Festsetzung  der  Zeilenlänge  gelangte    er  durch 
skliche  Beobachtung,    dass  uns  in  den  Fragmenten  b  und 
ngeführten  Nummer    des  CIA.   nicht,    wie  U.  Köhler  an- 
zwei    zusammengehörige    Bruchstücke   derselben  Inschrift, 
die  Trümmer   /sweier  'fast  wörtlich     übereinstimmender 
are  erhalten  sind.     Während    das    wichtigste  Fragment  a 
tzt  noch  Eäthsel    um^Räthsel   bietet,    hat  K.    den    durch 
lation  von  b  und  c  zu  ermittelnden  Abschnitt  im  wesent- 
iviederhergestellt.     Ich  wiederhole  denselben  von  Z.  5  an, 
glaube,  den  Kallias,    von    dem   es   Z.   10  fl^.  heisst:    κατέ- 
κοσμή|σας  το  τφ€νος    άπαν   τέ\\€χ   τώι   έ[αυτ]δ,    mit 
eit  in  anderweitiger  Ueberlieferung  zu  erkennen: 
δ    νόρος.  έ7τΙτο[ύ     τοέπεσκ] 
€  υ  ά  σ  θ  η  τ  ά  £  [υ    λ    ο  π] .'  (\  ι   α  κ) 
αιτάλοιπά[τώ    ν  ij(€  ρ  ώ  ν  π) 
ροσ  ι  ορύσα[τ   ο]   .    .  .(όκρι) 


ZusammenstelluDg  bei  G.  Meyer,  Essays  u.  Studien  1  242—276, 
Parodie  Lukians  (Wahre  Gesch.  I  29  (Lychnopblis,  vgl.  Kohde^ 
)5))  hinzuzufügen  ist. 


814  MiBcellen; 

τ  ο  ς.  έ  π  ι  τ  ο  ύ  [τ   ο]  (έ  φ  ύ  τ  €  υ  σ) 

10  (e)  κ  α  ι  κ  α  τ  έ  σ  τ  (η    σ  €  κ  ο  <Τ  μ  ή) 

σαςτότέμ€ν(ο    ςδπαντί) 

λ€ΐτώιέα[υτ](ο    Καλλ(ας) 

(Σ)[κ  α  μ  β  ιυ  ν  ί    b  χ]  ς].(έ  ιτ  Ι  τ  ο  ύ  τ) 

[ο] "/...). 

Im  einzelnen  bemerke  ich :    durch    (  )  habe   ich  die 

für  b  gewonnenen,    mit  [  ]  die  weder  auf  b  noch  c   beru 

Ergänzungen  bezeichnet.     Z.  6  habe  ich  Ευλοπ-  ans  b  4  e 

men,   ohne  ein  enteprechendes  Wort  (Ευλοπέόιον?   Ευλοπ^ 

ausfindig  gemacht  zu  haben.     Z.  8  (=  c  3)    würde  Zeile 

c  aus  b  auf  18  Buchetaben  vervoUetändigt,  zwei  Bachetal 

viel  zählen:  stand  in  c  προσίορυσε?     Ζ.  10  hat  Fragmei 

statt  des  erwarteten  Schlnesepeilons  von  έφυτ€υ(Τε  in  c. 

ab  gehen  beide  Fragmente,    bei    der  Annahme   einer  Zeih 

von  18  Buchstaben  für  b  und  c,  neben  einander  her,  so  d 

ohne  Bedenken  die  Auefüllung  der  Lücke  in  Z.  13,  die  sicli 

aus  c  ermitteln  lässt,  auch  für  b  als  bindend  ansehe. 

Z.  4,  5,  9  und  13  las    schon  Koehler  tm  τούτου,  ' 
ging    diesem    stets    ein  Eigenname,    wie   jetzt  feststeht: 

.  .  .  [α]νορος,   Ζ.  8  f.  ...  άκριτος,  Ζ.  13  f.  Καλλ{ας  Σ 

Es  waren  also  die  einzelnen  Posten  durch  im  τούτου  aneii 
gereiht;  dieselben  schloss  jedesmal  der  Name  des  betre 
Spenders.  Während  Z.  4  f.  und  Z.  8  f.  der  blosse  Name 
merkt  ward,  war  Kallias  Z.  12f.  durch  Beifügung  des  Den 
näheren  gekennzeichnet.  In  die  Lücke  fügen  sich  Σ[υπαλτ 
und   Σ[καμβΐϋνί6ης]. 

Wenngleich  sich  nicht  entscheiden  läset,  ob  έπι  τούτ( 
liegenden  Abschnittes  etwa  auf  a  Z.  llf.  έπι  |  [  Αοτυφί] 
χοντος  zurückgeht,  so  ist  doch  dem  Inhalt  zufolge  mit  Sic 
anzunehmen,  daes  derselbe  aus  einer  Zeit  gleich  nach  ^ 
des  Kultes  berichtet.  Aus  dieser  Zeit  ist  uns  aber,  als 
des  Jahres  412/11,  bekannt  geworden  Καλλιας  Σκαμβιυ 
durch  das  Epigramm,  das  auf  seinen  Grabstein  geschriebei 
(veröffentlicht  von  Lolling  im  Δελτίον  άρχαιολ.  1892  S. 

Καλλιας  Σκαμβιυνίοης 
(κενός  χώρος) 
ΊΗρΕας  Άθηναίοισι,  οικαι  |  οσύνην  6έ  πάρεορον,  Ι 


Κάλλια,  έκτήσιυ,  οαίμον 
[έΕ  άτα]θών  αγαθός  προγ 


[α]  σεμνότατη ν  Ι 

[όνιυν  γεγανώς  ά]νεφάνθης 

έ]σ[θ]λο ^ 

Ιοί)  stehe  nicht  an,  zwischen  Συπαλήττιος  und  Σκ( 
οης  mich  für  letzteres  zu  entscheiden  und  in  dem  Arohon 
Jahres  412/11  den  freigebigen  Verehrer  des  Asklepios  • 
zuerkennen.  Die  Versuchung  zu  weiteren  Kombinationei 
nahe.  Die  besondere  Hervorhebung  des  gemachten  Auf 
im  Verein  mit  der  Nennung  des  Demos  ruft  unwillkürli 
Erinnerung  wach  an  den  in  der  Abfolge  der  Eallias-Hipponi 
meist  als  IIL  seines  Namens  bezeichneten  Kallias,  den  be 
aus  den  Komikern  und  der  Geschichte  der  Sophistik    her 


MiBcellen.  316 

'ächtigten   Verschwender  eine«  unermeselichen  Vermögens, 

Ώ  Vollbesitz  durch  seines  Vaters  Tod  (vor  Eupolis'  Κόλακες, 

schon  geraume  Zeit  vor  420  getreten  war.   Welchem  Demos 

ilie  angehörte,  ist  nicht  ausgemacht  (vgl.  Dittenberger  Her- 

!1885S.  5*^);  durch  seine  Schwester  Hipparete  warKallias 

iwager  des  Skatnbonidefi  Alkibiades.     Aber  Zeugnisse,  um 

hontat  dieses  Eallias  im  Jahre  412/11  wahrscheinlich  zu 

oder  seine  Beziehungen  zum  Asklepios-Kult  zu  erhärten, 

h  nicht  beizubringen.     Kallias  starb    bald  nach  371,    die 

t  leider  unvollständig  erhaltenen  Grabepigramms  bestimmt 

auf   die   ersten  Zeiten  des  4.  Jahrhunderts;    den  Inhalt 

η  glaube  ich  bei  dem  gegebenen  Charakter  dieser  Poesie 

»ro  noch  contra  verwerthen  zu  dürfen. 

att  mit  dieser  frageweisen  Vermuthung  will  ich  lieber  mit 

3hem  Beobachtung  zu  einem  andern  Dokument    aus  dem 

sion  schliessen.     E.  Ziebarth  hat  die  Trümmer  eines  atti- 

sklepios-Paians  (CIA.  III  1    Add.  S.  490    N.  171c)    aus 

1  J.Baillet  zuerst  in  der  ßevue  archeologique  1889  XIII 

veröffentlichten   *  P6an    de  Menchieh '   (dem  alten  Ptole- 

Ober-Aegypten)    in   tiberzeugender  Weise  ergänzt^.     Er 

iber    noch    einen  Schritt  weitergehen:    es    kann    keinem 

unterliegen,    dass  uns  in  Athen   und  in  Aegypten  buch- 

derselbe  Paian  erhalten  ist  (bis  auf  die  örtliche  Verhält- 

ngehenden    Zeilen  19  f.    und    die   Schlussverse    21  f.    des 

ichen  Exemplars),    also  jedenfalls  ein  bekanntes  Eultlied. 

)arth  auch  die  Ergänzungen   des  attischen  Exemplare    im 

η  nicht  richtig  bezeichnet  hat,    wiederhole   ich  dasselbe, 

ι  ägyptischen  vervollständigt: 

[Παιάνα  κλυτόμητιν  άείσατε,]  Ι. 

κούροι,  Λητοίοην  έκατον,  \ί  ώ  Μ] 

παίαν,  δς  μέγα  χάρμα  βροτοϊσιν] 

έγείνατο,  μιχθείς  έν  φιλότητι] 

Kopiüvibi  ται  Φλ€τυ]€{αι•  ιή  [παι-] 

άν,  Άσκλητπόν,  οαίμ]ο[ν]α  κλεινό- 

τατον,  \k  παιάν.  του]0€  και  έΕεγε-  II. 

νοντο  Μαχάαιν  και]  ΤΤοοαλείριος 

r\b'  Ίασώ  Άκεσώ  τβ  π]ολύλλιτος•  ώ  [ιέ] 
10  [παίαν,  Αϊγλη  τ'  €ύώπι]ς  ΤΤανάκ€[ιά] 

τε  Έπιόνης  παΐο]€[ς  σύ|ν  άγακλ[υταιι] 

εύαυγεϊ  ΎγιβίαΓ]  ιή  παιάν, 

/Ασκληπιέ,  οαϊμον  κ]λ€ΐνότατ€,  ιέ 


Commentationes  philologicae  —  Monacenses  1891  S.  7ff  ;  vgl. 
illet  Revue  de  philologie  XIII  1889  S.  Slflf.,  v.  Wilamowitz 
tariolum  grammaticum  IV  188f)/i)0  S.  20f.  —  Dass  Ziebarth 
ilckenaers  Vermuthung,  Et.  M.  s.  v.  ήπιος  sei  für  Δ€κτ{ων 
'  Μ)  herzustellen  *Ακ€σώ,  mit  unrecht  für  wahrscheinlich  hielt, 
(ich  aus  Reitzensteins  Bemerkung  bei  v.  Wilamowitz  Eurip. 
}  I  S.  192^  dass  'in  der  älteren  Ueberlieferung  des  Et.  M. 
ein  ΣεΕτίων  iv  ύπομνήματι  Λυκόφρονος'  erachemt. 


316  Mi8ce11en.  , 

παιάν.  χαϊρέ  μοι,  ϊλα]ος  V  έπινίσεο  1Π• 

15   άμετέραν  πόλιν  €υρ]ύχο[ρ]ον,  U  ώ  U 
^παιάν,  δός  b'  ήμας  χαίρον]τας 
όραν  φάος  άελίου  οοκ{μ]ους 
συν  όγακλυταιι  εύαυγει]  Ύγιείαι  <•^ 
Ιή  παιάν,  'Ασκληπιέ,  οαΐμο]ν  σεμνό- 
ao  [τατε,  \έ  παιάν.] 
Nach  der  Ümriss-ZeicliDUDg  im  CIA.  stand  unter  der  rwei- 
ten  Hälfte  der  Z.  19  nichts  mehr  geschrieben. 

•    Greifswald.  Erich  Ρ  renn  er. 

Zar  Collatio  legnii  Mosaicamin  et  Ronaiarnai. 

Die    sog.  *Lex   dei*   bringt  XV  3    aus    dem  Codex  Grego- 
rianus  (libro  VII^    vgl.    P.  Krueger,  Collectio   libror.  iuris  ante- 
iustin.  III  1890  p.  241  f.)    sttb  tiMo   de   maleficis  et  Maniduim 
eine  Constitution  Diocletians,    auf  die  auch  Ps.  Ambrosius  (Am- 
brosiaster) comm.  in  epist.  Pauli  ad  Timoth.  II  cap.  3,  6  (Migne 
XVII  p.  521)  anspielt  mit  den  Worten  quippe   cttm  BiacletiaMi 
imperator  constitutione  stia  dcsignet  dicens  sordidam   hone  ä  i^^ 
puram  Jiaeresim^  quae  tiuper,  inquit,    egressa  est  de  Bersida,  Die 
betreffende    Stelle    lautet    in    der   Collatio  XV  3,  4    (Mommsess 
Ausg.  in  der  Collectio    libr.  iuris  anteiustin.  III  p.  187)  audm- 
mus  eos  (seil.  Manichaeos)  nuperrime  veluti  nova  et  inopinata  fror 
digia  in  hunc  mundum  de  Persica  adversaria  nobis  gente  progressa 
vel  orta  esse  et^  multa  facinora    ibi   commttere.      Es    liegt  alio 
keine  wörtliche  Uebereinstimmung  vor,  die  Collatio  ist  vom  Am- 
brosiaster jedenfalls  nicht  benutzt.      Die    massgebenden    Ambro• 
siasterhsfl.  (insbesondere  die  Hs.  von  Monte  Cassino  saec.  VI,  β• 
Reifferscheid,  Wiener  Sitzungsber.  71  p.  148)  bieten  an  der  ange- 
führten Stelle   übereinstimmend  Persida    (Perside    die  Mauriner), 
und  dasR  auch  in  der  Collatio  Persida  zu  lesen  sei,  darauf  weißt 
die  Lesart    des    Vercellensis   perfida    hin,    der  Hs.,    die,    wie  ee 
scheint,    für  die  Textrecension  in  erster  Linie    in  Frage  kommt 
Die  Form  Persida  für  Persis  belegt  vom  3.  Jhdt.  ab,    z.  B.  bei 
Commodian  apolog.  925  de  Persida  (weitere  Zeugnisse  bei  Geor 
ges,    Lexikon    d.  latein.  Wortformen    s.  v.  Persis)\    analog  Br^- 
seida,  Tritonida,  lepida  (ivivlepis,  vgl.  Pelagon.  177  meiner  Au8g.i 
dazu  den  Commentar  p.  1()0)    und  dergl.  mehr.     Die    Secte  de' 
Manichäer  wird  im  Ambrosiaster   iynpura    und   sordida    genannt; 
auch  diese  Epitheta  stehen  nicht  in  der  Collatio,    es    heisst  bier 
§  7  ad  hanc  (so  wird  zu  lesen  sein,  ad  adhtic  Mommsen,  adhv^ 
Vercell.)  inatiditam  et  turpem  atque  per  omnia  infamem  sectm- '" 
Den  letzten  Satz  liest  Mommsen  nt  igitur  stirpitns  amputari  kcs 
haec  nequitiae  de  saecido  beatissimo  nostro  possit,  devotio  tua  iussi^ 
ac  statutis  tranquillitaiis  nostrae  maturet  obsecundare.     Statt  Ui^ 
haben  die  Hss.  mali^  (Berolinensis  saec.  IX)    und    mali  (Vercell• 
und  Vindob.  saec.   X).     Sollte  malis  richtig  sein,  dann  liesee  det 
Ausdruck    an  Derbheit    nichts    zu  wünschen   übrig;    denn   wwi*^ 

^  Die  Worte  vd  orta  esse  et  wohl  Gloesem. 


Miscellen.  317 

€iUeus  morbus  bei  Yeget.  mulomed.)  ist  eine  von  den  alten 
lierärzten  sehr  gefürchtete  pestilenzartige  contagiöse  Krankheit 
r  Pferde  und  Rinder  (vgl.  die  griech.  Hipp.  p.  10  ff.  edit.  Gryn., 
lagoD.  204,  Veget.  I  2 ff.  1  17  mcyihns  exsecrabilis.  IV  2,  1. 
22,  2). 

Halle.  Max  Ihm. 


1.    Umbr.  Naharkma  Nahareer,  ital.  Narce. 

Bekanntlich  nennen  die  Iguviechen  Tafeln  achtmal,   zusam- 
!D  mit  der  tuta  und  trifu  der  umbriechen  Tadinaten,  nach  dem 
lekum  nomen  und  vor   dem  lapuzkum,    das  Naharkum    nomen, 
1  sie  alle  gleichfalls  als  Fremde  entweder  aus  den  Stadtgreuzen 
szQweieen,    oder   zu  verwünschen.      Diese    Naharcen    kommen 
derswo  bei  den  Alten  nie  vor:    und    die  Erklärer  haben    sich 
s  jetzt  noth  wendiger  weise  begnügen  müssen    irgend    einen  Zu- 
mmenhang    mit  dem  Flusse   Nar    und   mit   den  Nahartes    oder 
irtes  zu  vermuthen.      Da  aber  die  neuen  Ausgrabungen,   deren 
rgebnisse  man  jetzt  im  Museo  der  Villa  Giulia  bewundert,  ge- 
igt haben,  dass  eine  sehr  ansehnliche  Ansiedelung  im  Falisker- 
ode,  wo  jetzt  Narce  steht  ^a  otto  chilometri  a  monte  di  Falerii 
»amabei,  Mon.  Ant.  II  1892   p.  20)  vorhanden  war,  so  scheint 
ir  nicht  unwahrscheinlich,  dass  eben  bei  dieser  Ansiedelung  die 
oy.  Naharcen  zu  suchen  seien,  an  deren  Namen  also  noch  heute 
!Γ  von  Narce  erinnern  würde.     Was  mich  das  zu  glauben  bewegt, 
t  die  beständige  Gesellschaft  jener  Völkerschaft    in    den    iguv. 
ifeln  mit  den  Tuskern    und    den    lapuzkem.      Von    einer  Seite 
iiolich,  dass  die  fitrusker  mit  den  Faliskern  in  mehrfacher  Be- 
ehung  eng  verbunden  gewesen  seien,  wird  allgemein  angenommen : 
od  wirklich,    um  anderes  hier  zu  verschweigen,   erstens  die  fa- 
ikiechen  Inschriften  bezeugen    es    so  häufig  und  klar,  dass   sie 
ftch  die  neuesten  Herausgeber  der  etruskischen    und    der  latei- 
iech-etruskischen  Schriftdenkmäler,  als  am  nächsten  verwandt  in 
irem  Corpus  mitbegreifen.   Zweitens  Capenaten  und  Falisker  sind 
ir  Livius  V  8,  4—5  Etruriae  populi    (vgl.  VIII  17,  6  Tarqui- 
iensibus  Faliscisque  dncibus).     Endlich  Falerii  war  noch  zu  Pli- 
ins'  Zeiten  (n.  h.  III  52)  eine  colonia  Falisca  quae   oognomina- 
iir  Etruscorum ;  eine  Falesia  hatten  auch  die  Etrusker;  der  ager 
•&lemus  gehört  zu  der  in  alter  Zeit  von  den  Etruskem  beherrsch- 
en Campania,  Falerio  war  eine  Stadt  des  ager  Picentinus,    wel- 
ker'fuit  Tuscorum*   (Piin.    n.  h.    III  70),    wo    auch    Μαρκΐνα 
>der  Μαρκίννα  (vgl.  etr.  Vipina,  lat.  etr.  Vibenna,  Porsina  Por- 
^Qna)  Τυβ^ηνών  κτίσμα  stand  (Strab.  V  251 C).     Ausserdem  der 
Septunier  Halesus,    der  Eponym    von  Falerii  war  Sohn  des  Ve- 
lenterkönigs  Morrius  (Serv.  Aen.  VIII  285) ;  was  uns  auch  viel- 
kicht  an   die  Sardi  venales   der    auctio  Veientium  bei  den  capi- 
toliniechen  Spielen  erinnert,   da  wir  in  Sardinien,    wo  später  die 
Vquei  Falesce    (CIL.   XI    3078^),    neben    den    etruskisch    ge- 
inten ΑΙσαρονήνσιοι  auch  eine  der  faliskisohen  Gottheit  Feronia 
gleichnamige  Stadt  finden  (Pais,  la  Sard.  prima  del  domlmo  B^xa« 


t  tf   Ό  '  '  1       C7 


ambriecheii  Tadinaten  und  neben  den  lapuzkern  sich  finc 
Was  diese  letzten  betrifft,  so  sei  noch  erinnert  erstens,  d 
J.  624  der  gewöhnlichen  Zeitrechnung  die  Umbrer,  in  derer 
die  Dolates  cognomine  Sallentini  (Piin.  n.  h.  III  113)  ti 
wohnten,  mit  den  Danniern  und  den  Etruskem  den  Krieg 
Cuma  führten  (Dion.  Hai.  VII  3,  Diod.  XI  51);  und  wen 
diese  Daunier  die  nicht  ganz  sicheren  campanischen  Δαυν( 
III  31,  5)  sein  können  (Pais,  stör,  d'  It.  1894,  I  47  n.  2), 
man  doch  keine  Ursache,  sie  als  stammversohieden  von  dei 
sehen  Dauniern  anzusehen  (vgl.  die  apulischen  Daunier,  d 
nische  Luceria  u.  s.  w.).  Zweitens,  auch  die  Venetulani  I 
(Pauli,  Veneter  419.  426)  sind  vielleicht  mit  den  Venetei 
wandt,  deren  illyrischer  Ursprung  zwar  noch  nicht  durc 
Sprachreste  (Saggi  e  Appunti  intorno  all*  iscr.  etr.  della 
mia  p.  222,  20  mit  Rendic.  Ac.  Lincei  1894  p.  1017  — 
wie  etwas  zu  früh,  glaube  ich,  herrschende  Meinung  ge 
ist,  aber  durch  die  Ueberlieferung  feststeht. 

2.    Etr.  lat.  δβας. 

Auf  einem  bei  Yicarello  in  Etrurien,  zusammen  η 
etips  der  apollinarischen  Gewässer  und  mit  anderen  Weihgi 
ken  gefundenen,  jetzt  im  Museo  Kircheriano  aufbewahrtet] 
rechts  etwas  verstümmelten  Cippus,  las  Bormann  CIL•.  XI 
Σ€Ετίλ[ιος]  "ΑτταλοΕς]  *Οβας*Απόλλωνι  κατ'  dvap'Aqxpobi 
da  aber  Henzen  (Rh.  Mus.  1854  IX  28)  noch  ατταλου  β 
schreibt  Kaibel  2256:  *  Αττάλου,  und  bemerkt  dazu,  dass 
des  von  ihm  nach  ΚοϊΓβ  Vorgang  (Archaeol.  Zeit.  1885  S 
für  Beinamen  gehaltenen  Όβας,  Wilamowitz  [Ι]όβας  ven 
Von    diesem    Worte    Hafft    dasrefiren     Rormann:      '  nnid     Rit 


Mifloellen.  319 

1Uιereδß(ß)αςtyonβtill8cbweigβnd  veretandenem  dat.  dedicat  regiert, 
inch  CIL.  VIII  2475  (Numidia,  ealtns  Anraeine):  oblo  (andere 
Lesart  oplo)  P.  I.  Macedonis,  v.  a.  XXX,  copula  facta  fratres 
IfnWj  würde  ich  eher  oblo(B),  d.  b.  dederunt,  als  oblo  (fecerant) 
rentehen.  Mit  diesem  oblo  oder  oplo  auf  eine  Linie  stellte 
^ge  (Beaszenb.  Beitr.  X  110  fg.)  scharfsinnig  etr,  uples,  das  in 
ler  Inschrift  einer  Aschennme  von  Toscanella  (Fabretti  2104) 
orkommt:  LarOi,  Ceisi.  Ceises.  Velus,  Velisnas.  BavnBus.  sex 
vüs,  sas.  amce.  uples;  zwar  ziehe  ich  meinerseits  noch  immer 
or  zu  denten  (Saggi  e  app.  intorno  all'  is.  etr.  della  Mnmmia 
.71 — 73):  Lartia  Caesia,  Caesii  Velii  f.,  Volusenniae  Aruntiae 
ita  (d.  h.  für  mich  eine  Tochter  der  nicht  ebenbürtigen  Art  die 
^f  wie  resp.  die  Söhne  clan  genannt  wurden)  anni  sexti  vino 
äeeit  {amce  ungefähr  aus  cU-vence  wie  BamQu  neben  BavnQu) 
pulens  (d.  h.  als  Verstorbene,  wie  in  gremiu  terrae  receptus  et 
ireino  traditus  thesanro,  euphemistisch  für  starb) ;  aber  wenn  dies 
tittfällt,  so  wüsste  ich  immer  nichts  besseres  zu  denken,  als 
nit  Bugge  etr.  upks  mit  lat.  pocnlis  (meinerseits  eher  pocnla) 
η  gleichen;  also  amce  uples:  vino  adfeoit  pocula,  ähnlich  wie 
Itlat  ollas  precari.  Man  vergleiche  aus  anderen  etr.  Sepulcral- 
Biohriften  (Saggi  62):  Fabr.  2330  vence  lupum  vino  adfecit  mor- 
uun  (buchst,  vinavit  lupum,  vgl.  lupuee  sur(m^  lupu  surnu  und 
ie  birpi  oder  lupi  Sorani,  d.  h.  des  Dis  Soranus;  ebenso  Baure 
^mmt's'j  buchst,  taurus  tauri  für  Verstorbene  und  die  hispa- 
isch-lateinischen  tauri  sepulcrales,  wovon  ausführlich  Sagg^  212 
17 fg.);  Fabr.  2339  lin.  2  (Saggi  34.  52):  S'^res.  Ceisimes 
itum  iame{ra]  Sertoris  Caesinii  circumcisicium  temperavit,  wo 
m{rn)era  wie  lat.  etr.  ad  Commusta  für  ad  Combusta;  Fabr. 
η  Suppl.  318  tamera  sar  ventis  temperavit  sextarium  vini;  ib. 
32  tamera  eela\r\  v\e\nas  temperavit  trientem  vini;  Fabr.  2614 
Ν  m  mtdvenehe  Vel^ir  Pupliana  ego  nempe  melle  vino  feci  Vol- 
uria  Publiana;  Fabr.  1  Suppl.  234  mit  II  Suppl.  p.  28  (vgl. 
^anli  CI.  Etr.  408  mit  Gamnrrini  Append.  544)  mi  net^iku  mu- 
^temeke  Arias  Komata  ego  mortua  melle  vino  feci  Ariae  f.  Ca- 
wea,  wo  neviku,  wie  Velicu  Θαηίοη  von  Velia  und  Θαηία  und 
>He  lat.  flaminica,  mit  -u  fem.  wie  umbr.  etantu  mutu,  ose.  viu 
Äolto,  aus  ne-v-io  für  nec-v-io-,  wie  lat.  levis  nivis  aus  legvi- 
iigri-,  weitergebildet  ist.  —  Dass  der  Gott,  dem  ΣεΕτίλιος 
ΑφροοΚΤιεύς  die  δβ(β)ας  darbietet,  Apollon  heisst,  scheint  mir 
Sioz  in  der  Ordnung:  kennen  wir  doch  schon  den  soractischen 
^  Apollo ;  es  kommt  aber  jetzt  hinzu,  dass  in  der  Mumien- 
»>»clirift  (Saggi  128  mit  110)  ich  neben  dem  Sul  (lat.  Sol,  vgl. 
^arii-Q  StUal  in  Martio  solari)  der  Suhle  neyse  (buchst.  Solicu- 
^  necisiae)  d.  h.  der  chthonischen  Sonne  Erwähnung  finde,  die 
Gammen  mit  der  Zdv^  murs's  (Triviae  mortuariae)  genannt 
^rd;  ihr  wird  eine  ÄpMr/a  dargeboten  (Saggi  147):  Sulsle  spurta 
^i  Bui  Soliculae  sporta  in  napura  duplici,  und  ganz  parallel 
[ib.  42.  46)  erhält  die  Gottheit  der  Morgenröthe  eine  spurt{a)n 
ler  Todten :  spurin  eisna  hinQucla  &esa{n)s  sportam  sacravit  mor- 
ttdeu    (buchst,  quieticulam)  Aurorae.      Es    sei   datü.T  \iQc\i  ^Ti 


Gräbern  gefundenen  Thongefässe  gewöhnlich  zwei  oder 
Art  zwei  sind  (Bologna,  Brizio  Atti  deput.  etor.  della  ] 
1885  p.  195  und  Gbirardini  Mon.  ant.  III  col.  196; 
Barnabei  Not.  degli  Scavi  1893  p.  208  sg.,  Falerii,  Ht 
Phiiologue  1893,  52  p.  217  u.  8.  w.;  vgl.  Saggi  148.  2 
Benzen  am  angegebenen  Orte  glaubt,  dass  unsei 
'  eine  kleine  steinerne  Baeie,  ohne  Zweifel  ein  Weihgeechei 
und  daes  am  Anfange  der  Inschrift  eines  damit  zusamme 
denen  Silbergef ässes :  mem.  Furiae  Asclepiadis  ^wohl  m 
zu  lesen  sei* ;  da  wir  aber  auf  einem  römischen  Glasgefae 
(Bull.  Napol.  1853  p.  133):  memoriae  Felioissime  filiae, 
ich  auch  hier  mem(oriae)  lesen.  Mir  ist  es  nämlich  i 
glaublich,  dass  wenn  man  nichts  besseres  zur  Hand  hat 
Gegenstände,  die  ursprünglich  für  Gräber  bestimmt  wai 
chthonischen  Apollo  dargebracht  wurden. 

Mailand.  Elia  Latt 


Verantwortlicher  Redacteur:  Hermann  Rau  in  Bonn, 

(ή.  April  1894) 


821 


Der  helleaische   Bund   des  Jahres  371  y.  Ch. 


Xenophon  erzählt,  dass  die  Athener  nach  der  Schlacht  von 
Leoktra  und  nachdem  König  Archidamos    das   aafgebotene  Heer 
des  peloponnesischen  Bandes  wieder    zurückgeführt  hatte,    einen 
Congress  der  griechischen  Staaten,  welche  die  Anfrechterhaltung 
md  Darchführang  des  Antalkidas- Friedens  wünschten,   einberiefen 
ttid  dass    sich   die  Theilnehmer   desselben    in    der   Beschwörung 
foljfender  Formel  einigten  (Hellen.  VI  5,  2) :  Έμμενώ  ταϊς  σττον- 
4αίς,   δς  βασιλεύς  κατέπεμψε,   και  τοις  ψηφίσμασι  τοις  'Αθη- 
ναίων καΐ  τών  συμμάχων,  έάν  bi  τις  στρατεύη  έπί  τίνα  πόλιν 
τΐον  όμοσασών  τόνοε  τόν  δρκον,  βοηθήσω  παντί  σθένει.   Einen 
bitegrirenden  Bestandtheil  der  Uebereinkunft  bildete  die  neuerliche 
Declaration  der  Autonomie    im  Sinne    des  Eönigsfriedens    (oi  V 
/Αθηναίοι  καΐ  ol  δλλοι  ψηφίσάμενοι,   ώςπερ  βασιλεύς  ίγραψεν, 
αυτόνομους  είναι  ομοίως  καΐ  μικράς  και  μεγάλας  πόλεις);    die 
Ergebnisse  der  Berathung  wurden  von  den  Abgesandten  mit  Aus- 
nahme der  £leer,  welche  ihr  Anrecht  auf  Margana,    Skillus  und 
Triphylien  nicht  aufgeben  wollten,  bereitwillig  angenommen.  Nach 
ihrer  Ratification  und  Beschwörung  durch   die  Delegirten  gingen 
Eidhelfer  in  die  einzelnen  Staaten,  welche  den  Congress  beschickt 
hatten,    und  nahmen  von    deren    höchsten  Behörden  den  Schwur 
entgegen;  von  den  Eleem  abgesehen,  leisteten  sämmtliche  Städte 
den  Eid. 

Die  Bedeutung  dieser  allein  von  Xenophon  überlieferten 
politischen  Action,  die  unzweifelhaft  in  die  zweite  Hälfte  des 
Jahres  371  fällt  ^,    ist  von   den  Forschern,  die  sich  mit  der  Ge- 


1  Dies  geht  ganz  klar  aus  Xenophons  Worten  zu  Anfang  des  c.  δ 

herYOr,  wie  £.  v.  Stern,  Geschichte  der  spartanischen  und  tbebanischen 

Hegemonie  vom  Königsfrieden   bis  zur  Schlacht  bei  Mantinea   (Dorpat 

I8i^)  S.  149  mit  Recht  bemerkt;  einen  ähnlichen  Ansatz  vertreten  Grote^ 

BkMB.  Uns.  f.  PhUol.  N.  t.  XLIX.  ^\ 


822  Swoboda 

sobichte  jener  Zeit  beschäftigten,  wiederholt  erörtert  ^ 
ohne  dasa  man  zu  einem  befriedigenden  Einveretändniss  ül 
gekommen  wäre.  Nur  in  einem  Punkte  begegnen  sich  d 
echauungen,  dass  vorzugsweise  die  peloponnesischen  S 
welche  bisher  unter  der  Hegemonie  der  Spartaner  gei 
hatten,  auf  der  Tagsatzung  zu  Athen  vertreten  waren;  d 
sind  der  Inhalt  und  die  Tragweite  der  dort  beschworen 
Schlüsse  in  stark  abweichender  Weise  aufgefasst  worden, 
meint  ^,  dass  damals  nicht  nur  die  spartanische  Symmacl 
gelöst,  sondern  zugleich  eine  neue  unter  Athens  Yorstanc 
det  wurde  und  Grote  ^  spricht  in  ähnlicher  Weise  von 
gemeinschaftlichen  Bund  oder  einer  Liga^  Nach  Curtiue 
den  die  Bedingungen  des  Friedens  von  371  aufs  neue  besc 
und  Athen  bekam  dadurch  das  Recht  von  dessen  UeberT» 
in  seine  Hand,  eine  Anschauung,  welche  auch  Arnold 
vertritt^,  der  den  Athenern  die  Absicht  beimisst  ^zwisch 
streitenden  Seiten  ein  befriedetes  Gebiet  zu  bilden ',  ah 
Liga  der  Neutralen  im  Auge  zu  haben  scheint.  Ernst  v. 
und  Holm*^  endlich  sehen  als  Kesultat  des  Congresse»  < 
nenerung  des  Antalkidas- Friedens  an.  Doch  muss  man 
dass  die  sämmtlichen  hier  angeführten  Gelehrten  den 
Xenophons   nicht  genauere  Aufmerksamkeit   geschenkt    ur 


Griech.  Gesch.  (üebersetzung  von  Meissner)  V  468,  W.  Nitsdu 
die  Abfassung  von  Xenophons  Hellenika  S.  48,  Pomtow,  Ath.  ] 
XIV  192  und  wohl  auch  Köhler,  Ath.  Mitth.  I  26.  In  das  J 
setzen  die  Convention  Busolt,  Zweiter  athen.  Bund  791,  £. 
Griech.  Gesch.  III8  317,  Schäfer,  Demosthenes  21  80.  III  iol),  Er 
Das  Synedrion  der  Bundesgenossen  im  zweiten  athenischen  Bu 
nigsberger  Dissert.  1880)  S.  51. 

*  Geschichte  Griechenlands  vom  Ende  des  peloponnesisch 
ges  bis  zur  Schlacht  von  Mantinoa  S.  252.  Derselben  Anschai 
Pöhlmann  in  Iw.  Müllers  Handbuch  der  klass.  Altcrtliunr 
Schaft  3,  425. 

2  V  468. 

8  Aehnlich  Köhler,  Ath.  Mittheil.  1,  26.  Beloch  (Attisc 
tik  S.  149)  streift  die  Sache  nur  (die  Peloponnesier  hätten  d: 
bieten  gemacht,  sich  dem  attischen  Bunde  anzuschlicssen)  um] 
S,  150  von  der  Neutralität  Athens. 

*  a.  a.  0. 

δ  DemosthenesS  1,  80. 

0  a.  a.  0.  S.  149. 

"*  ürioch.  (ieseh.  .*i,  117. 


Der  hßllenische  Band  des  Jahres  371  v.  Chr. 


823 


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mit  dem  allgemeinen  Eindruck,    den   seine  Erzählung  hervorrief, 
begnügt  haben.     Der  Erste,  welcher  diesen  historischen  Vorgang 
eingehender  untersuchte    und   ihm    eine  ausführliche  Behandlung 
au  Theil  werden  Hess,  war  Busolt^;  er  ist  es  auch,  der  auf  die 
Wichtigkeit  der  Clausel  έμμενιΐι  τοις  ψηφίσμασι  τοις  'Αθηναίων 
καΐ  τών  (Τυμμάχων  hinwies.      Allein    er  wusste    mit   ihr    nichts 
Hechtes  anzufangen  und  seine  Untersuchung,    was   unter    diesen 
Peephismen  zu  verstehen   sei,    hinterlässt  einen  unbefriedigenden 
findruck.     Er  stellt  die  Alternative  auf,  dass  mit  dem  Ausdruck 
sowohl  Beschlüsse  der  Convention,    als  Beschlüsse    des  attischen 
Seehundes  bezeichnet  sein  könnten  und  entscheidet  sich  schliesslich 
für  das  Letztere,    wobei  er  vermuthet,    dass  es    früher  von  dem 
ittiechen    Bunde  gefasste  Beschlüsse    waren,    deren   Inhalt    sich 
wihrscheinlich   auf   die   Autonomie  bezog    und   welche    die  Mit- 
^eder  der  Coalition  ebenfalls  annahmen  ^.    So  ergibt  sich  ihm  der 
Sehlues,  dass  die  zu  Athen  versammelten  Staaten  nicht  zu  einem 
Binde  zusammentraten,  sondern  eine 'Eidgenossenschaft*  gebildet 
Iiitteo,    deren  Zweck  die  Durchführung  des  antalkidischen  Frie- 
<leB8  war  und    der    sich    trotz  anfänglichen  Widerstrebens    auch 
üe  Spartaner  nicht  entziehen  konnten ;   er  leugnet,  dass  die  Theil- 
lehmer   durch    die    Beschwörung    der    mitgetheilten    Formel    zu 
Bundesgenossen  Athene  geworden  seien.      Allein   die  Grundlage, 
•nf  welche    Busolt    seine  Beweisführung  aufbaut,    ist    durchaus 
verfehlt^;    er    geht  davon  aus,    dass    der   zu  Athen   vereinbarte 
Tertrag  nicht  bloss   an   der  oitirten  Stelle,    sondern  auch  später 
(Hellen.  VI  5,  37)  βρκοι  genannt  werde  und    stellt  diesen  Ter- 
Binus  (oder  σπονοαί)  in  Gegensatz  zu  συμμαχία,  was  die  einzig 
richtige  Bezeichnung  für  einen  Bund  sei^.      Aber  abgesehen  da- 
von, dass  (wir  werden  darüber  später  sprechen)    die  Erwähnung 
in  §  37  sich  nicht  auf  unseren  Vertrag  bezieht  und  Letzterer  in 
§  2  nicht  öpKOi,  sondern  δρκος  heisst  (der  Wechsel  des  Numerus 
ist  nicht  bedeutungslos),    so  ist   auch,    wie    bereite    von   anderer 
Seite  hervorgehoben  wurde '^,  die  von  Busolt  aufgebrachte  Unter- 


ί  a.  a.  0.  S.  699.  791  ff.  795.  79ü.  797. 
«  S.  699.  793. 

'  Die  an  die  Kritik    von  Busolt   sich   anschliessende  Behandlung 
der  Frage  durch  Hahn,  Jahrb.  f.  kl.  Philol.  li:i,  467  ist  verwirrt. 

*  Busolt  stimmt  mit  einer  gewissen  Reserve  bei  Hartel,  Demosth. 
gtndien  2,  46. 

*  P.  Graetzel  in  den  IHssertationes  philol  Jialem.  VH   19. 


324  Swoboda 

Scheidung  zwischen  δρκοι  and  (Τυμμαχία  eine  künstliche  und  ee 
nicht  im  mindesten  angezeigt,  den  besonders  im  GtehrtnclM  der 
Schriftsteller  stets  schwankenden  Aasdrücken  eine  specielle  Be- 
deatnng  unterzuschieben :  δρκοι  (δρκος),  allein  und  in  Verbindug 
mit  (Τυνθήκαι,  kann  für 'Frieden'  verwendet  werden  (ygl.  nnteB), 
aber  Beispiele,  sowohl  in  Urkunden  ^  als  bei  Schriftstellern'  leb* 
ren,  dass  es  auch  als  Bezeichnung  für  ein  Bandes  Verhältnis 
auftritt. 

Ist  somit  der  Ansicht  Busolts  über  die  Convention  von  371 
die  wichtigste  Stütze  entzogen,  so  erwächst  uns  die  Aufgabe,  ae 
ihre  Stelle    eine  andere    und    besser  begründete  Gombination  n 
setzen.     Man  wird  dabei  am  Richtigsten  ebenfalls  von  der  Glaniel 
έμμενώ  τοις  ψηφίσμασι  τοις  ^Αθηναίων  κα\  τών  συμμάχων  aar 
gehen;    Busolt    hat  mit  richtigem  Takte  gefühlt,    dass    sie  der 
Angelpunkt  für  das  Yerständniss  des  Ganzen  ist     Vielleicht  ge« 
lingt  es  eher,  in  ihre  Bedeutung  einzudringen,  wenn  sie  ans  der 
Isolirung,    in  der  sie  überliefert   ist,    herausgehoben  und  gezeigt 
werden  kann,  dass  wir  es  hier  einfach  mit  einer  ständigen,  aneh 
sonst  vorkommenden  Formel    zu    thun  haben.      Sie    deckt  sicbi 
wenn  auch  nicht  ganz  im  Wortlaut,    so    doch  völlig   dem  Sinn® 
nach  mit  einer  Verpflichtung,  welche  die  Eorkyräer  in  dem  we* 
nige  Jahre  vorher  (37Γ))  mit  den  Athenern  abgeschlossenen  Vef 
trag  über  ihren  Eintritt  in  den  Seebund  auf  sich  nehmen    (CIA- 
II  49^,  jetzt  vollständig  herausgegeben  von  Foucart  im  BiiU.  d^ 
corresp,  hell.  XIII  354  flp.).     In  dem  Eide,  welchen  die  Korkyräe^ 
den  Athenern  leisten,    heisst    es    nach    den    allgemeinen  Bestiff^" 
mungen  über  die  Zuziigspflicht  Z,  31  ff. :  και  περί  πολίμ[ο]υ  κ[(^^ 
€ΐρ]ή[νης  πράΗω  καθότ]ι  κ[α]  Ά[θ]ηναίο[ι]ς  κ[α11  [τώι]  π[λήθ€^ 
τών συμμάχ]ων  [5ο]κήΓ  κ[αι  τδ]λλ[α]  ποι[ήσω  κατά  τα  οότ*' 
μα]τα  τα  *Αθη να[ί]ιυν  κα[ι  τώΐν  [συμμάχων];  die  Ergänzun- 
gen der  stark  verstümmelten  Zeilen  sind  durch  die  ähnliche  Fassung 


^  Z.  B.  CIA.  IV  22\  dann  in  dem  Bündniss  zwischen  Athen  und 
Chalkis  CIA.  II  17b,  Z.  17.  18,  ferner  Dittenberger  Syü.  n.  79.  wo  es 
für  zwei  verschiedene  Verträge  gebraucht  wird  (Z.  17.  27/8.  36.  40. 
i>0/l.  63.  69.  77). 

2  So  Xenophon  selbst  Hellen.  V  4,  54  (ύτΓοστρας)ίντ€ς  ol  τών 
Όλυνθίιυν  1ππ€ΐς,  ήοη  γάρ  κατά  τους  δρκους  συνεστρατεύοντο  [cf.  V 
3,  26]);  dann  Aesch.  Ctesiph,  §  66  (das  von  Philokrates  beantragte 
Bündniss  Athens  mit  Philipp).  \V1.  dazu  auch  Aristoteles  Άθην.  πολ. 
c.  2.J,  Γ>. 


Der  hellenische  Band  άνβ  Juhn-g  371  v.  Chr. 


Z.  14ff.  Bnd  die  aDsloge  Bestimmung  in  dem  £ide  der  Λ^ 
Ζ.  2iS.  gMiohert.  Es  iit  anmittelbar  klar,  dase  die  hier 
nuintflii  Μτμοτο  το  'Αθηναίων  και  των  συμμάχων'  iden 
•ind  nit  den  ψηφίσματα  τά  'Αθηναίων  καΐ  των  συμμάχω> 
XeDopbon';  βι  ist  die  arkundlicb  getreuere  Bezeichnung,  wt 
der  Sehriftiteller  wfthncheinlicb  durcb  den  ihm  gelinBgeren 
irncb  ersetzte.  Nun  haben  wir  ee  da  nfttürlich  nicht  mit  ι 
VerpBicbtung  zu  tbnn,  welche  für  die  Korkyräer  allein  galt, 
itiD  mit  einem  allgemeinen  Grundaatz,  der  fUr  alle  Theilnel 
u  dem  attiioben  Seebmade  gleich  verbindlich  war:  die  Hitgli 
duMlben  haben  den  BeBchlUseen,  welche  die  Athener  und 
Sjnedrion  Cueten,  Folge  in  leieten.  Wenn  daher  die  gri 
iclieD  StMten,  welche  den  Congreae  in  Athen  beschickten, 
ifn  gleichen  Grnndeats  in  den  von  ihnen  zu  beschwörenden 
tng  aufnahmen,  so  gibt  dies  die  Folgerong  an  die  Band, 
ne  damit  beabeiohtigten,  aieh  za  einem  Bande  unter  der  Filhj 
Athene  tn  vereinigen,  .^ber  nicht  eu  einem  weiteren  Bunde 
den  die  bisherigen  atfaeniicbenSymmachen  eine  besondere  Or 
Uldeten;  et  ist  undenkbar,  daes  die  neuen  Theilnehmer  sieh 
[iBichtet  hätten,  den  Verordnungen  der  Athener  nnd  dee  8 
drioQ  des  Seehund  ee  unbedingte  Folge  za  leisten,  also  einer! 
i«richaft,  in  der  sie  gar  nicht  vertreten  gewesen  wären  — 
^nte  sich  diea  mit  dem  Princip  der  Autonomie  vertragen, 
iki  als  weiterer  Punkt  in  den  damaligen  BesohlUseen  b< 
»iid?  Auch  da  gibt  die  Formulining  des  Vertrages  mit  ] 
^f»  die  riobtige  Deutung  an  die  Hand;  wenn  in  dem  oben  wie 
Psebenen  Paaina  σύμμαχοι  die  Bedeutung  von  Bundesgeno 
W,  unter  welchen  diejenigen,  welche  den  Vertrag  beschw 
(in  diesem  Fall  die  Kork; räer),  seihet  mit  inbegriffen  sind. 
■US  dies  auch  bei  der  Wiederholung  derselben  Formel  in 
Convention  von  371  der  Fall  eein  d.  h.  sämmtliche  Theilnel: 
U  der  letzteren  sind  unter  einander  gleichberechtigte  Bnn 
fenoann  Athens  und  haben  Vertreter  in  das  Synedrion  zu  aen 
Kin  hat  also,  was  Busolt  leugnete^,  die  πόλΕίς  α\  ομόοαααΐ 
jpKOV  bei  Zenophon  gleich  zu  setzen  den  σύμμαχοι.  Und 
nnd  wir,  glaube  ich,  endlich  zu  der  richtigen  Auffaeenng  de 


'  Ueber  diese  Beuennung  des  Synedrion  vgl,  Lenz  1.  I.  t>. 

*  Eine  Umliohe  Auffassung  der  letzten  Wendung  vertritt  Koe 
.  UittheU.  1,  198  (NoU  I). 

*  a.  a.  0.  793.    Ihm  stimmt  Lenz  bei  1.  1.  S.  b2. 


32β  Swoboda 

gelangt,    was   Athen    damals    mit    der  Zusammenberafiing  eine• 
hellenieohen  Congreeees  beabsiohtigte :    ob  handelte  sich  ihm  nm 
eine  Erweiterung  des  Seebandes,    um  dessen  Auedehnung  beson- 
ders auf  diejenigen  Staaten,  welche  bisher  Sparta  Gefolge  geleistet 
hatten  und  nun  nach   der  Niederlage  von  Leuktra    und   der  all* 
gemeinen  Erschütterung,  welche  sie  hervorrief,  sohweCtokend  werden 
mussten.     Dass  Athen  diesen  Augenblick  erfasste,   um  die  pelo- 
ponnesische  Symmaohie  zu  sprengen,   sagt  Xenophon  mit  dürreD 
Worten^,  und  da  Alles  dazu  stimmt,    haben  wir    nicht  den  ge* 
ringsten  Grund,  ihm  zu  misstrauen.     Mit  diesem    Gewinn  hätte 
Athen  auch  Ersatz  für  das  Ausscheiden    der  bedeutenden  Macht 
erhalten,  welche  Theben  bisher  repräsentirte.     Man  kann  bis  it 
einem  gewissen  Grade  von  einer  Umbildung  und  Erneuerung  des 
bisherigen  Bundes  sprechen;   jedoch    ist  hervorzuheben,  dass  die 
Grundlagen,    auf  welchen  die  neue  Symmachie    erricht«t  wurde, 
ganz  dieselben  sind,    wie  diejenigen,  auf  denen  sich  die  Bildung 
der  Föderation  von  377  vollzogen  hatte.      In   erster  Linie  stebt 
das  Festhalten  an  dem  Eönigsfrieden :    Έμμ€νώ  ταΐς  (Tnovbai^ 
ας  βασιλεύς  κατέπ€μψε  —  bekanntlich  ist  auch  der  Seebund  π»ί 
Beobachtung  desselben  entstanden  und  wenn  dies  in  der  ürkunA 
aus  dem  Jahre  des  Nausinikos   nicht    so    kräftig    angedeutet  i  ^ 
(CIA.  II  17,  Z.  17 ff.),    so  finden  wir  dagegen   in    dem  Bündnis 
mit  Chios,    das  den  Ausgangspunkt   für  das  spätere  Bundesrec3 
bildete,  eine  um  so  wortreichere  Betheuerung,  sich  nicht  von  dess^ 
Bestimmungen    zu  entfernen  (Dittenberger    SylL  59,  Z.  4  f.  12 
Itif.).     Allerdinge   wird    als  Zweck  des  Seehundes  die  Befreiung 
von  dem  Uebergewicht  der  Lakedämonier  bezeichnet  (CIA.  II  Vi 
Z.  9ff.);  wenn  Athen  diese  Formel  jetzt  fallen  Hess,  so  war  die 
nicht  bloss  ein  Zeichen  diplomatischer  Klugheit,  welche  die  eigent 
liehen    Absichten    seines  Vorgehens    den    bisherigen    Anfaüngeru 
Spartas  zu  verhüllen  verstand,  sondern  auch  eine  Consequenz  der 
Aenderang,  die  in  der  politischen  Lage  seit  der  Leuktraschlachl 
eingetreten  war;    durch    letztere  wurde   Spartas  Macht    deiiniti's 
gebrochen.     Die  Voranstellung  des  Königsfriedens   entsprach  da 
gegen  der  Rolle,    welche    dieser  Vertrag    in    den    verschiedene! 
Phasen  der  griechischen  Politik    seit  386  und  nicht  zum  minde 


'  0.  5,  1:  ένθυμηθέντ€ς  ol  'Αθηναίοι,  δτι  ol  ΤΤελοποννήσιοι  ίτ 
οϊονται  χρήναι  άκολουθεΐν  καΐ  ουττιυ  οιακ^οιντο  οΐ  Λακεδαιμόνιοι  ιϊισττ€ 
τους  'Αθηναίους  διέθεσαν,  μεταπέμπονται  τάς  πόλεις  κτλ.  Ueber  di 
Tendenz  auch  Lenz  52. 


Der  helleniscbe  Bund  des  Jahres  371  v.  Ch.  827 

iten  noch  bei  den  der  Leuktraechlaoht  voraufgehenden  Yerband- 
laogen  des  letzten  Jahres  in  Sparta  gespielt  hatte  ^ ;  damit  gewann 
Athen  einen  ausgezeichneten  Vor  wand  für  seine  politischen  Absich- 
ten. Der  Seehund  hatte  bekanntlich  die  Form  einer  Epimachie  (CIA. 
Π 17,  Ζ.  46  £Γ.  und  die  gleiche  Bestimmung  in  den  verschiedenen 
Separat -Verträgen) ;  dem  entspricht  in  unseren  Festsetzungen:  έάν 
U  τις  στρατέυη  έπί  τίνα  πόλιν  τών  όμοσοσιυν  τόνδε  τόν  δρ- 
κον,  βοηθήσω  ποντ\  σθένει.     In  der  Urkunde  von  377  wird  den 
eiiedem  des  Bundes  ελευθερία  und  αυτονομία  zugesichert  (CIA. 
II17,  Z.  10.  20,  vgl.  femer  die  Bündnisse  mit  Chios,  Sylt.  59, 
Z.  15.  16    und  mit  Chalkis  CIA.  II  17^  Z.  21.  22);    auf   dem 
Congress    zu   Athen   wurde    die    Autonomie    als    panhellenischer 
ßmudsatz  proclamirt  (αυτόνομους  είναι  ομοίως  καΐ  μικράς  καΐ 
Μ€γάλας  πόλεις).     Endlich  wies  ich  bereits  darauf  hin,  dass  ein 
wichtiges  Princip  des  attischen  Bundesrechts,  die  allgemeine  Ver- 
Mndlicbkeit    der  Beschltisse  des  Vororts    und    des  Synedrion,  in 
Unseren  Vereinbarungen  wiederkehrt;  man  wird  nicht  irren,  wenn 
iiian  annimmt,   dass  die   in  der  Urkunde  für  Korkyra  damit  eng 
SQeammengehörige  und  von  ihr  nicht  zu  trennende  Bestimmung: 
•εαΐ  περί  πολέμου  καΐ  εΙρήνης  πράΕω  καθότι  δν  Άθηναίοις  και 
Tijj  πλήθει  τών  συμμάχων  οοκγ|  ebenfalls  in  ihnen  enthalten  ge- 
wesen sei.     Die  Organisation  des  neuen  Bundes  war  also  dieselbe 
^e  diejenige  des  Seebundes,  dessen  Stelle    er  von    nun    ab  ein- 
>&elimen  sollte:  neben  Athen  als  Vorort  stand  ein  aus  Vertretern 
^^mtlicher  Bundesgenossen  gebildetes  Synedrion.     Ja  sogar  die 
äusseren    Förmlichkeiten,    unter    welchen    die  Constituirung    des 
Bundes  stattfand,    kommen   den    bisher    bei   dem  Eintritt  in  den 
Soebnnd,  besonders   in  dessen  Anfängen  üblichen  nahe    (ich  ver- 
"Weiee  dafür  auf  meine  spätere  Auseinandersetzung);  nachdem  die 
io  Athen  anwesenden  Abgesandten  den  Schwur  auf  die  neue  ür- 
bmde  geleistet,  wurde  eine  Commission  in  die  einzelnen  Bundes- 
itadte  gesendet,    welche    die  Behörden    der    letzteren    zu    verei- 
digen hatte. 

So  dürfte  es  gelungen  sein,  die  bei  Xenophon  vorliegenden 
Nachrichten,  die  an  sich  nicht  ausreichen  um  die  damaligen  Vor- 
gänge in  ihrer  eigentlichen  Bedeutung  zu  würdigen,  an  der  Hand 
einer  zeitgenössischen  Urkunde  in  schärfere  Beleuchtung  zu 
rücken.  Dass  diese  Ereignisse  bei  dem  Geschichtschreiber  nicht 
zu  ihrem  Rechte  kommen,  darf  nicht  verwundern;    es  ist  ja  be- 


^  V.  Stern  a.  a.  0.  122ff. 


328  Swoboda 

kannt,    wie  er    die  ganze  bandesgenöseiecbe  Politik  Atheas  vid 
sogar  die  Bildung  des  zweiten  Seehundes    mit  Schweigen  Aber 
gangen  hat.     Wenigstens  gestatten    die    durch    ihn  mitgetbeiltni 
Fragmente  der  Yertrags-Ürkunde  den  eben  unternommenen  Ter 
such  einer  Restitution  des  Ganzen.     Dafür  lässt  uns  sein  Benbkt 
in  einer  anderen  Frage  fast  völlig  im  Stich,    in  derjenigen  naeh 
den  Theilnebmern  des  Bundes;  er  spricht  da,  wie  bemerkt,  gtm 
im  Allgemeinen  von    den    πόλεις    δσαι    βουλοιντο   τής  εΙ|>ήνιΚ 
μετέχειν,  ήν  βασιλεύς  κατέπεμψεν.    Nun  ist  aus  der  politiBchen 
Lage   nach    der  Leuktraschlacht   ohne  Weiteres  klar,    das«  yob 
einem  Beitritt  der  Thebaner  nicht  die  Rede  sein  kann  ^ ;  zweifel- 
haft aber  erscheint  es,  ob  nicht  diejenigen  Staaten,  welchen  wir 
später  als  Bundesgenossen  Thebens  begegnen,  der  Einladung  tob 
Athen  Folge  leisteten.     Es  waren  dies  (nach  Xen.  Hell.  VI  5, 2S 
und  Diodor  XY  57):    Phokis,  Euboea,  die  beiden  Lokris,  Aet<r 
lien,  Akarnanien,  Heraklea  und  Malis  ';  von  ihnen  gehörten  Pho« 
kis  und  Heraklea  bis  zur  Leuktraschlacht  dem  peloponnesischen 
Bunde  an  (Hellen.  VI  4,  9),  die  Akarnanen  und  Euboeer  konnten 
sich  als  Symmachen  Athens  dem  Rufe  nicht  entziehen.   Eine  Eint- 
Scheidung  in  dieser  Sache  ist  desswegen  ungemein  schwierig,  weil 
wir  über  den  Zeitpunkt    des    Anschlusses    der    genannten  Land- 
schaften au  Theben  nicht  genau   unterrichtet    sind,    ob    er    bald 
nach  der  Schlacht  von  Leuktra,    also  etwa  zu  der  gleichen  Zeit, 
da  der  Congress  in  Athen  stattfand,  anzusetzen  ist^  oder  erst  in 
das  folgende  Jahr  gehört^.      Jedesfalls    ist  die  Verbindung    der 
mittelgriechischen  Landschaften  mit  Athen,    wenn   sie  überhaupt 
stattfand,    von  ungemein  kurzer  Dauer  gewesen.     Viel  wichtiger 
ht  die  durch  Busolt  angeregte  Controverse    über    das  Verhalten 
der  Spartaner    gegenüber    dem  Congresse;    er   behauptet^    nicht 
geradezu,  dass  sie  an  dessen  Berathungen  sich  betheiligten,  wohl 
aber,  dass  sie  sich  den  Beschlüssen  beugten  und  den  von  Athen 


^  Athen  wird  sie  auch  gar  nicht  zur  Theilnahme  aufgefordert 
haben ;  man  erinnere  sich  an  sein  Verhalten  unmittelbar  nach  der  Leuk- 
traschlacht (Hellen.  VI  4,  19.  20). 

2  V.  Stern  S.  153.  Bezüglich  der  Akarnanen  liegt,  wie  Ober- 
hummcr  (Akarnanien  S.  127)  bemerkt,  wahrscheinlich  ein  Irrtham  Xeno- 
phons  und  eine  Verwechslung  mit  den  Aenianen  vor. 

8  V.  Stern  S.  152  flf. 

*  Wie  Sievers  a.  a.  0.  248  annimmt. 

»  1.  1.  S.  794*.    Ihm  folgt  Hahn,  Jahrb.  f.  kl.  Phil.  113,  467. 


Der  hellenische  Rund  des  Jnhrus  871  v.  Ch. 


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vorgelegten    Eid    geleistet  hätten^.      AlIerdingR    das   Schweif 

XcDophonfl  über  Spartas  AnRchluse,  welches  Lenz  und  νυη  Stei 

^egen  diese  Ansicht  ins  Treffen  fuhren,    würde  wenig   bedeute 

es  ist  eine  beliebte  Manier  des  Schriftstellers,  über  ihm  unanj 

nelime  Thateachen  hinwegzuschlüpfen.     Wohl  aber  spricht,  na< 

dem  wir  jetzt  die  Natnr  des  Bundes  genauer  erkannt  haben,  je 

Wahrscheinlichkeit  gegen  Bnsolts  Annahme;    war   es    doch    ι 

Tendenz  der  neuen  Organisation,  Spartas  Bundesgenossen  an  si 

in  liehen    und  Letzteres  vollständig    zu    isoliren.      Selbst    we 

Athen  ganz    im  Widerspruch    zu    seinen  politischen  Zielen    si 

dun  verstanden  hätte,  Sparta  in  die  Zahl  seiner  Sjmmachen  e 

nreihen,    so  würde    es  damit  nichts   anderes  erreicht  haben, 

dm  Schutz  des  bisherigen  Gegners  gegen   den  zu  gewärtigend 

Angriff  Ton  Seiten  Thebens  zu  übernehmen.    Und  anderseits  hä 

lieh  Sparta  gewiss  auch  nach  der  Niederlage  von  Leuktra  nie 

10  weit  herabgewürdigt,    sich   unter   die  Hegemonie    Athens 

■teilen  und  in  einer  Linie    mit   seinen  bisherigen  Genossen  od 

kHer  gesagt  Unterthanen,    den  Beschlüssen    eines  Synedrion 

gehorchen,  in  dem  es  selbst  nicht  mehr  als  eine  einzige  Stimi 

Ahrte.     Wie  sehr  Sparta  trotz  aller  Schicksalsschläge  noch  s] 

ler,  sogar  nach  dem  Einfall  des  Epameinondas  in  Lakonien,  si 

Athen  gegenüber  als  gleichberechtigt  fühlte,    dies    beweisen  ( 

7erhaDdlangen    über   das  Bündniss    im  Jahre  369  (Xen.  Helh 

TU  1,  1  ff.)i    welches   ΙτΛ  τοις  ΐσοις  καΐ  όμοίοις  abgeschloss 

i«varde  and  wo  die  hauptsächliche  Differenz  zwischen  den  bcid 

Compaoiscenten  sich    um   die  Hegemonie  drehte    (περί  τής   ή*^ 

μονιας  νυν  ή  σκέψΐς  §  2).      Busolt   und    Hahn  haben,    um  ih 

Aaffaesang  zu  stützen,  zwei  Stellen  Xenophons  herangezogen,  c 

angeblich  ftir  sie  beweisen  sollen,  Hell.  VI  5,  10  und  5,  3β.  81 

Wenn  aber,  wie  Busolt  meint,  Athen  wirklich  durch  Spartas  Α 

■ehlnee  verpflichtet  gewesen  wäre,    letzterem  im  Winter  370/( 

gegen    Thebens  Angriff   beizustehen^,    wie   kommt   es,    dass   c 

tpartanische  Hülfsgesand tschaft,    um  ihren  Zweck  durchzusetze 

den  Athenern  gegenüber    sich    (nach  Xen.  Hell.    VI  5,  33 — 3 


1  Ebeaeo  Breitenbach  zur  obigen  Stelle. 

s  Lens  S.  54,  v.  Stern  S.  151.  Gegen  Busolt  wendet  sich  no 
Sdiäfer»  Demosth.^  I  80. 

'  Gegen  die  Beweiskraft  dieser  Stollen  hat  bereits  I^enz  S.  5i 
£in8praohe  erhoben;  ihm  schliesst  sich  v.  Stern  an  (1.  Ji.  150). 

*  Basolt  a.  a.  0.  816. 


330  S  woboda 

auf  alles  Mögliche  beruft   und  die  ältesten  Erinnerungen   an  ein 
gemeinsames   Zusammenwirken   beider  Mächte    wieder    ansgiibt, 
des  stärksten  Arguments  aber,  des  vor  Jahresfrist  geechloesenen 
Vertrages   mit   keinem  Worte    gedenkt?      Die  Stelle  Hellen.  VI 
5,  10  spricht  davon,  welche  Beweggründe  die  Spartaner  zam  Ein- 
greifen in  die  blutigen  Parteizwistigkeiten    von  Tegea  beetimm* 
ten :  μετά  bk  ταύτα  τοις  Λακεοαιμονίοις  έοόκει  βοηθητίον  dvcB 
κατά  τους  όρκους  τοις  τεθνεώσι  τιυν  Τεγεατών  και   έκπετΓτω• 
κόσΓ   και  ουτιυ    στρατεύουσιν  έπι  τους  Μαντινίος,  ώς  παρά 
τους  δρκους  συν  δπλοις  έληλυθότιυν  αυτών  ίτύ  τους  Τεγεάτας 
Mit  diesen  δρκοι  kann  aber  unmöglich,  wie  Hahn  meint  (a.  a.  0,\ 
der  Vertrag  von  371    gemeint  sein;    denn    nach    dessen  Beetin- 
mungen  hätte  Sparta    nicht    auf  eigene  Faust   mit    militäriecher 
Macht  eingreifen  dürfen,  sondern  nur  nach  Beschluss  des  Bnodee. 
Zudem  war  Tegea  jedesfalls,  wie  die  übrigen  arkadischen  Gemein- 
wesen,   damals   noch    eine    bundesgenössische    Stadt    und   dieee« 
eigenmächtige  Vorgehen  Spartas  würde  eine  flagrante  Verletznng 
der  Bundessatzungen  dargestellt  haben;  wie  ist  also  an  eine  Be- 
rufung auf  die  letzteren  zu  denken?     Vielmehr    sind    unter  den 
δρκοι  nur  die  Bestimmungen  des  vor  der  Leuktrasch lacht  verein* 
harten  Friedens    zu    verstehen;    die  Betheiligung   Mantineas  ia\^ 
bewaffneter   Hand    an   den  Vorgängen    in  Tegea    involvirte   eit*• 
Verletzung  der  Autonomie  und  so  konnte  sich  Sparta    bei  sein^^ 
Parteinahme  auf  die  Clauael  stützen    ει  bi  τις  παρά  ταύτα  πο*' 
οίη,    τον    μέν    βουλόμενον    βοηθεϊν   ταϊς   άοικουμίναις   no\^(f 
(Hell.  VI  3,  18).     Der  Frieden  von  371  wird  auch  sonst  δρκ(7 
genannt  (so  Hell.  VI  4,   l    μετά    τους  δρκους,    ibid.  §  2    koxC 
τους  δρκους) ^,    während,    wie  früher   hervorgehoben,   Xenophot 
für  den  Bund  den  Singular  δρκος  verwendet.      Mit    der  bespro- 
chenen Stelle  hängt  aber  die  andere  in  Betracht   kommende   auj 
das  Engste  zusammen,  Hellen.  VI  5,  36   (über  die  Stimmung  ii 
Athen  angesichts  des  Hülfsgesuchs  der  Spartaner) :  ό  bk  πλεΐ(Ττο< 
ην  λόγος,  ώς  κατά  τους  δρκους  βοηθεϊν  5έοΓ    ου   γαρ  άοικη 
σάντιυν   σφών   έπιστρατεύοιεν  ο\  Άρκάί>ες   και   οι  μετ*  αύτώ^ 


^  Auch  der  Küiiigsfrieden  wird  mit  όρκοι  καΐ  συνθήκαι  bezeich 
net,  cf.  Dittcnberger,  Syll.b^,  Z.  .5  ff.  V]/\,  vielleicht  auch  CIA.  II  5i^  = 
Sylt.  71,  Z.  44/.')  nach  Dittenbergers  Vermuthung.  Bei  Aeschines  Ctesipl 
§  70  (in  dem  Dogma  der  Bundesgenossen)  steht  es  ebenfalls  für  Fri< 
den,  während  §•  «i«)  das  Büudniss  des  Philokrates  darunter  verstau 
den  wird. 


Der  hellenische  Bund  des  Juhros  371  v.  Ch.  331 

τοις  Λακεϋαιμονίοις,  άλλα  βοηθησάντιυν  τοις  Τεγεάταις,  δτι  οΐ 
Μανπν€Ϊς  παρά  τους  δρκους  έπ€στράτ€υσαν  αύτοΐς  κτέ;  denn 
hier  igt  die  ganze  Argumentation,  mit  welcher  die  Spartaner  ihr 
Eingreifen  in  die  arkadischen  Händel,  die  für  sie  so  weittragende 
Folgen  haben  sollten,  rechtfertigten,  fast  wörtlich  wiederholt  und 
den  athenischen  Ekklesiaeten  in  den  Mand  gelegt^.  Die  Die- 
eotsion,  nicht  über  die  Verpflichtung  der  Athener,  das  wäre  zu 
m\  gesagt,  aber  darüber,  ob  die  Spartaner  auf  die  verlangte 
Hülfe  irgend  welchen  Anspruch  haben,  dreht  sich  um  die  von 
Kleiteles  formulirte  Frage  τίνες  ήσαν  o\  άρΕαντες  άοικεΐν;  das 
Moment  der  άοικία,  welches  hier  in  die  Betrachtung  eingeführt 
wird  (vgl.  auch  §  36  Schluss  ol  μέν  γάρ  οικαίιυς  τους  Μαν- 
τινίας  ίφασαν  βοηθήσαι  τοις  περί  ΤΤρόΕενον  άποθανοΟσιν  ύττό 
τών  περ\  τόν  Στάσιππον,  οί  5έ  άοικεΐν,  δτι  δπλα  έττήνεγκαν 
Τίτεάταις),  ist  zwar,  wie  zugegeben  werden  muss,  für  den  Be* 
griff  der  Epimachie  von  Gewicht^,  aber  doch'  nur  in  dem  Sinne, 
wenn  es  sich  um  die  Erfüllung  der  Bundesverpflichtungen  gegen- 
über einer  Stadt  handelt,  welche  von  anderer,  ausserhalb  des 
Bandes  stehender  Seite  angegriffen  wird  (πόλις  άοικουμένη)^; 
mmöglich  aber  konnte  es  in  derselben  Weise  und  zum  Zweck 
nner  Hülfsleistung  angerufen  werden,  wenn  —  um  uns  einmal 
iof  den  Standpunkt  der  von  uns  bekämpften  Anschauung  zu 
«teilen  —  zwei  demselben  Bunde  (oder  derselben  Eidgenossen- 
■ebaft)  angehörige  Städte  in  Zwist  mit  einander  geriethen.  In 
fcm  in  Rede  stehenden  Falle  hätte  das  Hereinziehen  dieses  Ge- 
«iehtspunktes  also  nur  dann  eine  Berechtigung  gehabt,  wenn 
gerade  das  Gegentheil  dessen,  was  uns  am  Wahrscheinlichsten 
^  sich  herausgestellt  hätte,  wenn  Tegea  zu  Beginn  des  Zwistes 
flicht  dem  Bunde  angehörte^,  dagegen  Sparta  eine  bundesgenössi- 
idie  Stadt  war.  Wohl  aber  konnte  Sparta,  auch  wenn  es  nicht 
m  einem  Bundesverhältniss  zu  Athen  stand,  für  seine  Bitte  um 
Waffenhülfe  dieselbe  Bestimmung  des  Friedens  von  371  anführen, 


1  Vgl.  dazu  Lenz  a.  a.  0.  55. 

2  Aristoteles  Polit.  S.  1280^  Z.  25ff. 

^  Vgl.  den  Bund  Athens  mit  Arkadien,  Achaia,  Flis  und  Phlins 
SyU.  83,  Z.  32ff.  βοηθείν  *  Αθηναίους  τ]ούτοις  παντί  σθ[ίν€ΐ  καθά  έπαγ- 
γέλλουσι,  dcl  τοΙς  ά]δικουμένοις  κ[ατά  τό  δυνατόν. 

^  DasB  Tegea  zur  Zeit  da  die  spartanische  Gesandtschafb  in  Athen 
erecbien,  schon  aus  dem  Bunde  ausgetreten  war,  ist  für  die  Rntschei- 
dung  der  obigen  Frage  nicht  wichtig,  da  es  sich  um  den  Beginn  des 
Zwistes  handelt. 


332  Swoboda 

die  es  schon  früher,    um  sein  Einschreiten    in  Tega  za  reehtfer- 
tigen,    zum  Vorwand   genommen    hatte:    εΐ  bi  τις  παρά  ταΟτα 
ποιοίη,  τόν  μέν  βουλόμενον  βοηθεϊν  ταϊς  άοικουμέναις  πύλεσι  — 
nur  mit  dem  Unterschied,  dass  es  jetzt  selbst  die  αδικούμενη  πόλις 
war  und  dass  es  ihm  gelingen  mnsste,  seine  Unscbnld  an  dem  Frie* 
densbrnch  nachzuweisen;   freilich  lag  auch  dann  die  G-ewShmng 
einer  Unterstützung  in  dem  freien  Belieben  Athene.      So   durfte 
auch  Eleiteles  in  der  athenischen  Volksversammlnng  sagen:  πώς 
ουν,   έάν  μή  βοηθήτε  ούτω  περιφαναις  ήμϊν  όοικουμένοις,  (Λ 
παρά  τους  δρκους  ποιήσετε;  και  ταύτα  ών  αύτοΙ  έπεμελήθηη 
δρκων  δπιυς  πασιν  ύμϊν  πάντες  ήμεϊς  όμόσαιμεν;   wo  die  hier 
angezogenen    δρκοι    durchaus    nicht    der    δρκος   genannte  Band, 
sondern  dieselben  Eidschwüre  sindS    von  denen  in  §  10  und  % 
die  Hede  war,    nämlich    der  Frieden;    und  auch  mit  der  letsten 
Wendung  wird  keine  Unwahrheit  begangen,    denn    in  Wirklich- 
keit waren  es  die  Athener  gewesen,  welche  den  Frieden  angeregt 
und  dessen  Instrument  den  Spartanern  und  ihren  Bundesgenossen 
vorgelegt  hatten  (Hellen.  VI  3).     Ich    hoffe    damit  BusolU  An- 
schauung widerlegt  und  die  von  ihm  dafür  ins  Treffen  geführte» 
Stellen  in  richtigerem   Sinne  gedeutet  zu  haben.     Im  GegentheUi 
man  wird  die  Ansicht  aufstellen  können,  dass  die  Spartaner  yo^ 
ihrem  Standpunkt  aus  die  Beschlüsse   des  Congresses  von  Athe^ 
als  nichtig  und,  soweit  sie  allgemein  hellenische  Angelegenheiten 
betrafen,  als  für  sie  unverbindlich  betrachtet  und,  aller  folgende^'• 
Ereignisse  ungeachtet,    unerschütterlich  an  dem  Rechtsboden  d^- 
Friedens    von  371  festgehalten  haben;    das    zeigt   ihr   Benehme'^ 
gegen  Mantinea  bald  nachdem  die  Convention  stattgefunden  hatte 
und  auch  für  die  spätere  Zeit  ist  das  Gleiche  anzunehmen  ^.    Zu  - 
zugeben  ist,    dass  die  Sachlage,    wie  sie  von  mir  eben  dargelegt 
wurde,    aus  der  Darstellung  Xenophons  nicht  ohne  Mühe  zu  er- 
kennen ist  und  dass  eine  sichere  Entscheidung  schwer  wäre,  wenn 
wir  uns  nicht  auf  die  neugewonnene  Einsicht  in  die  von  Äther 
versuchte  Bundesbildung  stützen  könnten.      Es    geht    hier    iiichl 
an,  Xenophon  etwa  durch  die  Behauptung  zu  entlasten,    dass  ei 
über  die  Dinge,  wie  sie  sich  in  Athen  zutrugen,   weniger  nnter 


^  Lenz  S.  5i>  hat  diese  Stelle  missvcrstanden. 

2  Hellen.  VI  5,  5:    στρατεύειν  γε  μέντοι   έπ'   αυτούς  ου  δυνατό 
έ6όκ€ΐ  βιναι  έπ'  αύτονομίςι  τής  ειρήνης  γεγενημ^νης. 

3  Köhler,  Ath.  Mittheil.  1,  Ιδ. 


Der  hellenisohe  Bund  des  Jahres  371  v.  Ch.  333 

htet  war^;  ein  Mangel  an  Wissen  lässt  sich  nirgends  aufdecken, 
hl  aber  ist  ihm  vorzuwerfen,  dass  er  das  Verh&ltniss  zwischen 
ben  und  Sparta  absichtlich  in  ein  gewisses  Dunkel  gehüllt  und 
:  bewusster  Zweideutigkeit  behandelt  hat.  £s  gelingt  dem 
itigen  Leser  nicht  leicht  —  und  es  wird  auch  dem  zeitge- 
sischen  Publicum  nicht  leicht  gewesen  sein,  —  über  den  Unter- 
ied  zwischen  dem  in  Athen  geschlossenen  Bund  und  den  δρκοι, 
)T  die  Berechtigung  Spartas  zu  einem  Vorgehen  gegen  Tegea 
l  über  die  Billigkeit  seines  an  Athen  gestellten  Hülfsgesuohes 
ι  klar  zu  werden.  Wenigstens  der  Schein  wird  hervorgerufen, 
ob  Sparta  gar  nicht  anders  hätte  handeln  können,  dass  seine 
imengung  in  die  Parteizwistigkeiten  der  Arkader  eine  ihm 
ch  Eidschwüre  auferlegte  Nothwendigkeit  war,  der  es  sich 
bt  entziehen  durfte;  und  ebenso  ist  das  Eintreten  Athens  für 
irta  nicht  als  eine  Handlung  des  freien  Willens  hingestellt, 
ist  seine  Pflicht  und  Schuldigkeit,  in  Ausführung  der  Verträge, 
welchen  es  selbst  den  Anstoss  gegeben,  den  ungerecht  ange- 
ffencn  Spartanern  beizuspringen  *,  Es  bleibt  immerhin  der  Ein- 
bt  des  Lesers  ofi^en  gelassen,  ob  nicht  auch  nach  den  Be- 
iltiesen  des  Athener  Congresses  —  die  Stellung  Spartas  zu 
eer  Versammlung  übergeht  Xenophon  mit  Schweigen  —  Sparta 
'  eine  Hülfeleistung  von  Athen  Anspruch  erheben  konnte.  Und 
'h  sind  die  Worte  so  gestellt,  dass  mau  dem  Oeschichtschreiber 
bt  eine  einzige  wirkliche  Unwahrheit  vorwerfen  kann ;  aber 
fehlen  zum  Verst&ndniss  nothwendige  Zwischenglieder  und  das 
nze  ist  in  eine  veränderte  Beleuchtung  gerückt,  wie  sie  den 
ndenzen  des  Autors  entsprach. 

Den  Kern  der  neuen  Bundesgenossenschaft  bildeten  jedes- 
Is  die  bisherigen  Symmachen  Athens,  der  Seebund,  an  den  sich 
hinzutretenden  Theilnehmer  anschlössen  —  eine  Ansicht,  die 
!b  dem,  was  wir  über  die  Entstehung  der  Föderation  heraus- 
)racht  haben,  kaum  auf  Widerspruch  stossen  wird;  damit  ist 
h  dem  unfruchtbaren  Streit*,  ob  sich  der  Seebund  an  der  Cou- 

1  Wenn  ich  auch  sonst  die  Richtigkeit  dieses  jüngst  von  Fabri- 
(in  dieser  Zeitschrift  48, 449)  hervorgehobenen  Gesichtspunktes  [auch 
vartz  ebenda  44,  189]  durchaus  nicht  zu  bestreiten  willens  bin. 

2  Die  schon  oben  berührte  Erzählung  c.  5,  3G  über  die  Stimmung 
er  athenischen  Volksversammlung  ist  mir  in  ihrer  liealität  sehr 
felhaft  und  wenigstens  die  spartanerfreundliche  Tendenz  sicherlich 
mthum  Xenophons. 

3  Zwischen  Busolt   1.   1.    793    und    Flahn,    Jahrb.    f.   kl.    Philol. 
4β7. 


334  Swoboda 

vention    von  Athen    betheiligte    oder   nicht,    ein  Ende   gemtelit. 
Das8  die  nenen  Verbündeten  Athene    zum    grössten  Theil  nnter 
denjenigen  Staaten  zu  eachen  sind,  die  bis  zur  Schlacht  yon  Leak- 
tra  dem  lakedämoniechen  ßnnde  angehörten,  hat  die  frohere  For 
schung   einstimmig    und   mit  vollem  Rechte    angenommen;  wenn 
Xenophon  es  auch  nicht  ausdrücklich  sagt,   so  geht  es  doch  am 
seinen  Worten    über    die   Einleitung  der  Verhandlungen   henor 
(c.  5,  1:  ένθυμηθίντες  o\  'Αθηναίοι,   δτι  o\  ΤΤελοποννήσιοι 
κτλ.)•     Die  Schlacht  von  Leuktra  hatte  das  Gefüge  der  pelopon* 
nesischen  Bundesgenossenschaft  auf  das  Tiefste   erschüttert  Η  die 
Mehrzahl  ihrer  Theilhaber   muss  damals   abgefallen  sein^,    doek 
blieben    zunächst   noch  die  Hellen.  VI  4,  18  Genannten,  welche 
bei  dem  Zuge   des  Archidamos   Heerfolge  leisteten:  Tegea,  Man- 
tinea,    Korinth,   Sikyon,    Phlius,   Achaia  und  andere  nicht  naher 
bezeichnete  Städte.     Den  rasch  um    sich   greifenden  Procese  der 
Abbröckelung,    zu   welchem    der  Athener  Congress   gewiss  zum 
guten  Theil  beitrug,  ersieht  man  aus  den  wenigen  Städten,  weiche 
im  Winter  370/69  zu  den  Spartanern  hielten    und    auch   in  der 
Folgezeit  treu  bei  ihnen  ausharrten ;  nach  Hellen.  VI  5,  29  waren 
es  Korinth,  Phlius,  Epidauros,    Pellene  καΐ  δλλαι  bi  τίνες  tS^ 
πόλεων,  unter  welchen,  wie  Hell.  VII  2,  2  lehrt,  Troizen,  Her 
mione,  Sikyon  und  Halieis  zu  verstehen  sind',  grösstentheils  al** 
Bundesgenossen  Spartas  (Hellen.  IV  2,  16).     Die  anderen  müsse*'* 
wenn  nicht  unmittelbar  nach  der  Schlacht,  so  doch  wie  ein  Thei^ 
der  oben  genannten  nach  dem  Rückzug  des  Archidamos  sich  ab*^ 
gelöst  haben ;  und  auf  ihren  Gewinn  hatte  es  die  attische  Politik 


^  Der  Umfang  der  lakcdänioinsclien  Symmachie  vor  der  Katastro- 
phe ist  ungefähr  derselbe  gewesen,  wie  ihn  Diod.  XV  31  angibt  (dasa 
Xen.  Hell.  VI  2,  3.  4,  9j,  vgl.  Sievers  a.  a.  0.  250ίΤ.  Nur  die  Akar- 
nanen  sind  wegzulassen,  da  sie  im  Jahre  375  sich  an  die  Athener  an- 
geschlossen hatten ;  und  die  Mittheilung  Diodors  über  die  Lokrer  scheint 
auf  Irrthum  zu  beruhen,  da  Letztere  nach  Xenophons  Darstellung  den 
Spartanern  immer  feindlich  waren.  Wann  Leukas  eine  Vereinbarung 
mit  Athen  traf  (CIA.  II  52^>),  ist  ungewiss. 

2  Xen.  Hell.  VII  2,  2:  σφαλέντων  δ'  αυτών  έν  τή  έν  Α€ύιςτροις 
μάχη  καΐ  άποστάντων  μέν  πολλών  περιοίκων,  άποστάντων  bi  πάντων 
τών  Είλώτων,  έτι  bä  τών  συμμάχων  πλην  πάνυ  ολίγων  κτλ.  Bei  der 
Hülfsgesandschaft  nach  Athen  im  Winter  370/ij9  wird  von  €τι  υπόλοι- 
ποι σύμμαχοι  gesprochen  (Hell.  VI  Γ),  33). 

"  Sievcrs  a.  a.  0.  2<>2.  l'eber  diese  treu  gebliebenen  Genossen 
noch  Hollen.  VII  4,  Gff. 


Der  hellenisohe  Bund  des  Jahres  371  v.  Ch.  335 

mit  der  Bildnng  des  Bandes  abgesehen.  In  erster  Linie  werden 
woU  diejenigen  Landschaften  sich  demselben  zugewendet  haben, 
welche  später  Bundesgenossen  der  Thebaner  wurden,  also  Argos^ 
Arkadien  \  —  die  £leer  schlössen  sich  egoistischer  Motive  halber 
ans,  —  wahrscheinlich  auch  Achaia^  So  werden  die  Einheits- 
bewegung in  Arkadien  sowohl  wie  die  revolutionären  Zuckungen, 
welche  die  Peloponnes  heimsuchten,  der  Einbruch  der  Demokratie 
in  die  Halbinsel  —  Ereignisse,  welche  in  diese  Zeit  gehören^,  — 
Terständlicher,  wenn  diese  Vorgänge  nicht  bloss  von  den  Sym- 
pathien der  leitenden  demokratischen  Macht  Athen  begleitet  waren, 
•ondern  auch  einen  festen  Rückhalt  an  dem  Bündniss  mit  ihr 
hatten.  Ich  halte  es  aber  durchaus  nicht  für  unmöglich,  dass 
auch  die  aufgeführten,  Sparta  noch  treugebliebenen  Städte,  wie 
Korinth,  Phlius  usw.,  damals  in  das  Bündniss  mit  Athen  traten^ ; 
Xenophon  spricht  von  der  Gesammtheit  der  Peloponnesier,  die 
den  Vertrag  beschworen  und  setzt  sie  in  Gegensatz  zu  den  Eleem 
(wi  ώμοσαν  πάντες  πλην  Ηλείων)^..  Man  könnte  daran  denken, 
dase  diese  Staaten  im  Gefühle  ihrer  Isolirung  und  unter  dem  Ein- 
druck der  Niederlage  der  Spartaner,  ohne  die  Verbindung  mit 
ihren  bisherigen  Verbündeten  zu  lösen,  eine  Stütze  gegen  zukünf- 
%e  Eventualitäten  an  Athen  suchten;  sie  wären  also  Angehörige 
tweier  Symmachien  gewesen,  ein  Verhältniss,  welches,  an  sich 
nicht  undenkbar,  freilich  und  besonders  unter  den  begleitenden 
Uniständen  keine  Dauer  versprach. 

Athen  hatte  mit  einem  Schlage    ein  Ziel   erreicht,    welches 
die  stolzesten  Träume  verwirklichte,  die  je  seinen  Politikern  vor- 
geschwebt sein  mochten:  die  Leitung  eines  grossen  Bundes  nicht 
blos  von  See-  sondern    auch    von  Landstaaten,    mit    welchem    es 
Ütf  bis  in  die  Peloponnes  hineingriff,    fast   das  Gegenbild  derje- 
nigen Stellung,    welche    den  Spartanern    durch    den  peloponnesi- 
schen  Krieg  zugefallen  war,    da    sie   nicht  bloss  der  heimischen 


1  Dazu  die  Nachricht  über  die  Bitte  um  Hülfe  an  Atiien  bei  Diod. 
XV  62,  3. 

*  Die  Achaier  scheinen  später  bis  zu  dem  dritten  Zuge  des  Epa- 
meinondas  eine  Mittelstellung  zwischen  Theben  und  Sparta  eingenom- 
men zu  haben. 

«  v.  Stern  a.  a.  0.  93  f.  155  ff. 

*  Einer  ähnlichen  Ansicht  ist  Grote  (V  468). 

*  Allerdings  ist  die  Rede  des  Prokles  von  Phlius  bei  Xenophon 
HelL  VI  δ,  38 ff.  nicht  recht  damit  zu  vereinbaren;  aber  es  ist  nicht 
zo  verge^isen,  dnss  sie  doch  Xenophons  Product   ist. 


336  Swoboda 

Halbinsel,  sondern  auch  einem  grossen  Theil  von  Mittelgrieeben- 
land  geboten.  Aber  das  Fundament,  anf  welchem  diese•  lαιM^ 
lieb  imponirende  Oebäude  aufgerichtet  worden,  war  nicht  trag- 
fähig  genug;  verdankten  damals  die  Spartaner  ihre  Uebermadit 
der  Tüchtigkeit  der  Waffen,  ihrer  militärischen  UeberlegenM 
über  den  Gegner,  so  war  es  von  Seiten  Athens  nur  ein  geschick- 
ter diplomatischer  Schachzug  gewesen,  mit  dem  sie  die  Ghioit 
der  augenblicklichen  Lage  auszunützen  und  den  £rfolg  des  Sieg« 
der  Thebaner  für  sich  zu  fructificiren  versuchten.  Das  moclit» 
eine  Politik  der  Schlauheit  sein,  ehrlich  war  sie  nicht  und  00 
verdient  gewiss  nicht  das  Lob,  welches  ihr  Sievers  zn  Theil  wer 
den  lässt^.  Zum  mindesten  hätte  Athen  entschlossen  sein  müaen, 
mit  den  Waffen  in  der  Hand  seine  Stellung  zu  behaupten  joi 
mit  der  grössten  Energie  jede  Störung  derselben,  sei  es  von  wel- 
cher Seite  immer  sie  erfolgte,  niederzuwerfen  ^ ;  wie  der  Fortgang 
der  Dinge  zeigt,  war  es  zu  einer  solchen  Politik  der  Thatkraft 
zu  schlaff,  wohl  auch  durch  die  voraufgegangenen  Eriegejabre 
materiell  zu  erschöpft,  um  die  Lasten  auf  sich  nehmen  zu  könneoi 
die  zur  Behauptung  seiner  Ansprüche  erforderlich  waren.  So  e^ 
klärt  es  sich,  dass  die  neue,  so  rasch  entstandene  Bundesgenossen 
Schaft  nur  von  kurzer  Dauer  war  und  in  der  Geschichte  d* 
nächsten  Jahre  keine  sichtbaren  Spuren  hinterlassen  hat.  Di 
Sache  stand  von  allem  Anfang  an  schon  dadurch  schief,  dass  di 
Erwartung,  welche  die  Athener  zur  Voraussetzung  ihrer  Actio 
gemacht  hatten,  die  peloponnesische  Symmachie  werde  völlig  ζβι 
fallen  und  deren  Glieder  von  nun  ab  Schutz  allein  bei  Athe 
suchen,  sich  nicht  in  diesem  Masse  erfüllte;  wir  haben  gesehei 
dass  einige  nicht  unwichtige  Theilnehmer  an  der  attischen  Sy^ 
raachie,  so  Korinth,  der  Schlüssel  der  Peloponnes,  an  der  Bundes 
gen  ofi  HC  π  Schaft  mit  Sparta  auch  ferner  festhielten  und  es  ist  b< 
greiflich,  dass  bei  einem  Conflict  der  Interessen  zwischen  d< 
älteren  und  der  neueren  Zugehörigkeit  die  Gefühle  der  Anhang 
lichkeit  und  der  Interessengemeinschaft  mit  dem  langjährigen  Fül 
rer  sich  als  stärker  erweisen  mussten.  Ein  weiteres  Momen 
welches  der  Entwicklung  des  Bundes  gefährlich  wurde,  war  gerat 
durch  ihn  begünstigt  worden,  das  Streben  der  Arkader  «ach  ü 
abhängigkeit  und    einem  festeren   Zusammenschluss    ihrer   Lan 


^  Sievers  a.  a.  0.  252. 

2  Hervorgehoben  von  v.  Stern  S.  151. 


Der  hellenische  Bund  des  Jahres  371  v.  Ch.  337 

ttluft'.  Dadurch,  daes  sich  innerhalb  des  allgemeinen  Bandes 
eiDe  engere  Omppe  bildete,  wnrde  nothwendigerweise  das  Gleich- 
^wicht  zwischen  dessen  Gliedern  gestört  nnd  es  konnte  ein  Zwie- 
^t  der  Bandesgewalt  mit  dem  neaen  arkadischen  κοινόν  hei 
der  nächsten  Gelegenheit  aashrechen.  Es  war  mit  den  Satzangen 
des  zu  Athen  beschworenen  Bandes  schwer  zu  vereinbaren,  dass 
b  der  Verfassung,  welche  sich  die  Arkader  nun  gaben,  die  Ent- 
ttheidung  über  Krieg  und  Frieden  der  Versammlung  der  μύριοι' 
ngetheilt  wurde  (Diod.  XV  59),  von  deren  guten  Willen  es  ab- 
ging, ob  ihre  Beschlüsse  mit  denjenigen  des  Synedrion  überein- 
stimmten oder  nicht.  Dennoch  lag  die  Hauptursaohe  an  dem 
nuichen  Verfall  der  neuen  Föderation  nicht  an  den  Bundesge- 
nossen, sondern,  wie  bereits  gesagt,  an  der  nicht  genug  zielbe- 
wossten  und  durchaus  nicht  dem  gewaltigen  Anlauf  zu  Anfang 
entsprechenden  Politik  des  Vororts.  Nach  den  Bestimmungen  des 
fiondes  hatte  Athen  das  Recht  und  die  Pflicht,  Mantinea  beizn- 
stehen  als  die  Spartaner  gegen  diese  Stadt  vorgingen,  da  dadurch 
iHindesgenöseisohes  Territorium  verletzt  wurde ;  in  der  That  über- 
liefert auch  Diodor  (XV  62,  3)  die  Thatsache,  dass  von  den 
peloponnesischen  Bundesgenossen  durch  eine  Gesandschaft'  an 
Athen  das  Ansuchen  um  Hülfe  gestellt  ward^.     Unbegreiflicher- 


'  Für  die  Anordnung  der  Ereignisse  in  dem  Jahre  nach  der 
i  Uaktraschlacht  halte  ich  es  für  das  Beste,  den  wohlerwogenen  Bemer- 
k'nigen  von  Pomtow,  Ath.  Mittheil.  XIV  19*  zu  folgen,  der  nur  darin 
fuiz  Unrecht  hat,  dass  er  an  der  Mitwirkung  thebanischer  Truppen 
^ier  Pammenes  bei  der  Gründung  von  Megalopolis  festhält.  Da- 
lejen  von  Stern  S.  157.  166.  167. 

^  Dass  die  Inschrift  Syü.  167  in  das  4.  Jahrhundert  gehört,    hat 

IHttenberger  Addend,  S.  661  überzeugend  bemerkt.     Die  μύριοι  waren 

eine  Primärversammlung  (Busolt,   Griech.  Staatsalterth.*  83);   mit  Gil- 

W  μυρίοι  zu  acoentuiren  (Griech.  Staatsalt.  2,  133),  ist  keine  Veran- 

^ng.    Die  Benennung  nach  bestimmten  Zahlen    ist   in  den  griechi- 

ichen  Institutionen  sehr  häufig  und  dass  sie  nicht  genau  der  Wirklich- 

i^eit  zu  entsprechen  brauchen,  beweisen  die  Bürgerschaf ts-Abtheilungen. 

^  Trotzdem    dass   die   bnndesgenössischen  Städte    ihre   ständige 

Vertretung  im  Synedrion  hatten,   kommt  es  natürlich  öfter  vor,   dass 

ία  wichtigen  Fällen  Gesandte  zwischen   dem  Vorort   und   den  Bundes- 

j^liedem   hin-    und   hergingen,    vgl.   Xen.    Hell.    VI  2,  9    und  Diodor 

(V  46  (Korkyra);  dann  Xen.  Hell.  VI  3,  2,  CIA.  II  52«,  SIG.  8G. 

*  Ol  bi  *Αρκάδ€ς,  καίπβρ  ν€νικηκότ€ς,  δμιυς  €ύλοβοΟντο  τό  βάρος 
•ής  Σπάρτης  καΐ  καθ'  αυτούς  ούχ  ύπέλαβον  ουνήσβσθαι  τοις  Λακ€6αι- 
ιον(οις   &ιαπολ€μ€ΐν.     Διό  καΐ  παραλαβόντες  Άργείους  τε  καΐ  Ηλείους, 

Bhelii.  Μοβ.  f.  Philoi.  Ν.  F.  XLIX.  ^*^ 


338  Swoboda 

weise  entsprach  Athen  ihrer  Bitte  nicht,  es  war  der  Erste,  wel- 
cher   die  vor   Kurzem    übernommenen  Verpflichtnn^n    verletite 
und  die  Gelegenheit  vorübergehen  Hess,    in  die  Verhältnisse  der 
Peloponnes    mit    fester  Hand    einzugreifen.      Die    Conseqneoxei, 
welche  dieser  Schritt  nach  sich  zog,  waren  verhängnissvoU  genug; 
die  Arkader/  mit  ihnen  die  Argiver  und  Eleer,  wandten  sich  aif 
den  abschlägigen  Bescheid  hin  nach  Theben,    wo   sie  bereitwilli- 
geres Gehör  fanden.     Die  weitere  Entwicklung  der  Dinge  ist  b^ 
kannt.     Damit  war  aber  der  Bund  gesprengt:    die  Arkader  und 
Argiver  müssen  damals  ausgetreten  sein  und  mit  den  Thebanern 
Bnndnissverträge  abgeschlossen  haben  ^.     Wohl  um  dieselbe  Zeit 
erfolgte  der  Anschluss  der  mittelgriechischen  Staaten  an  Theben, 
von  welchen  es  allerdings  zweifelhaft  ist,  ob  sie  sich  vorher  noter 
die  Führerschaft  Athens  gestellt  hatten.     Unter  diesen  Umständen 
wird  das  neu  eingesetzte  Synedrion  des  Bundes  keine  lange  dan- 
ernde  und  praktisch  wirksame  Thätigkeit  entfaltet  haben.   Zudem 
schlug  binnen  Jahresfrist  die  politische  Situation  in  Griechenland, 
nicht  ohne  Schuld  der  Athener,    in    das  Gegentheil   um   und  die 
Voraussetzungen,    unter    welchen    der   Bund   sich    zusammenge* 
schlössen  hatte,  waren  in  Kurzem  von  den  J^reignissen  überbolt; 
Athen  hatte  jedesfalls  die  weitausgreifende  Energie  der  Thebaner 
nicht  voraus  geahnt  und  sah  sich  jetzt  genöthigt,  für  eben  dasselbe 
Sparta  einzutreten,  gegen  welches  seine  föderativen  Pläne  sich  vor 
kurzem  richteten.    Ob  die  übrigen  Staaten,  welche  sich  um  Athen 
geschaart  hatten,  unter  diesen  Verhältnissen  noch  an  dem  Bunde 
festhielten,    erscheint    zweifelhaft    und   es  wird  Letzterer  wieder 
auf  den  Umfang  des  Seebundes,  von  dem  er  ausging,   zusammen- 
geschrumpft sein.     Der  Zerfall  dieser  merkwürdigen  Bildung  wir 
schon  vollzogen,  als  einige  Jahre  nach  ihrer  Entstehung   die  The- 
baner unter  directer  Mitwirkung  des  Perserkönigs    ihre  hegemo- 
nischen Pläne  durchzusetzen  versuchten  (Hell.  VII  1,  33  ff.)  und 
damit  die  bisherige  Uebung,  den  Antalkidasfrieden  zum  Ausgangs- 


τό  μέν  πρώτον  πρέσββις  απέστειλαν  €ίς  τάς  'Αθήνας,  άΗιοΟντβς  συμμο- 
χ(αν  ποιήσασθαι  κατά  των  Σπαρτιατών  ώς  δ'  ούδεΙς  αύτοΐς  προς€ΐχ€, 
διοπρ€σβ€υσάμ€νοι  προς  τους  Θηβαίους  ίπεισαν  αυτούς  συμμαχίαν  συν- 
θέσθαι  κατά  τών  Λακεδαιμονίων.  Natürlich  ist  bei  Diodor  das  gegen- 
seitige Verhältniss  zwischen  Athen  and  Arkadien  nicht  klar  erfasst. 
Zu  ihm  treten  noch  die  Anspielungen  bei  Demosth.  XVI  12.  19.  21. 

1  Cf.  Xen.  Hell.  VII  1,  18.  33;  5,  5.  Dass  innerhalb  des  theba- 
niflchen  Bundes  Verträge  von  vorschiodener  Verpflichtung  bestanden, 
ergibt  sicli  aus  Xon.  Hell.  Vll  Γ>,  4  ver;»lichen  mit  VII  1,  42. 


Der  hellenische  Bund  des  Jahres  371  v.  Ch.  8^9 

ikt  einer  gemeinhelleniechen  Action  zu  machen,  aafgege]bi^n 
rde.  Bald  darauf  (366)  echioee  Athen  ein  Bündnies  mit  dem 
ieren  Gliede  seines  Bundes,  dem  arkadischen  κοινόν,  diesmal 
rise  auf  gleichem  Fusse  und  diese  Thatsache  zeigt  yielleicbjt 
besten,  wie  gründlich  es  mit  Athens  Absichten,  die  Pelpr 
nes  seiner  Leitung  zu  unterwerfen,    vorbei  war  für  alle  ^ijb, 


Die  Urkunde  für  Korkyra,  welche  bei  der  Entscheidunji 
erer  Frage  eine  so  wichtige  Bolle  spielt,  ist  der  einzige  voll• 
ndig  erhaltene  Vertrag  über  den  Eintritt  eines  Staates  iu/  dßn 
iiten  attischen  Seehund^.  Die  Bedeutung,  welche  die  Bestim- 
ngen  dieses  Bündnisses  für  sich  beanspruchen,  ist  bisher  ypn 
Forschung  wohl  hie  und  da  berührt  worden^,  völlig  erlc|d^t 
sie  aber  noch  nicht,  vielleicht  weil  dessen  vollkommen  ge- 
berter  Text  erst  seit  einigen  Jahren  gewonnen   ist^;    es    If^st 


^  Die    vielerörterte  Schwierigkeit   über   den  Zeitpunkt   de«  Beit 

ts  von  Korkyra,  die  durch  die  Trennung  von  [Κ€ρκυ]ρα(ων  [ό  οή]μος 

1  von  Άκαρν&νες  usw.  Ζ.  10 £f.  in  CIA.  II  17,  Lat.  Β  geschaffen  jist, 

eint  mir  auch  durch  die  jüngste  Erörterung  von  Joseph  Zingerle  in\ 

ims  Vindobonensis  S.  364.  365  nicht   gelöst   worden   zu   sein.  \  Ιψ 

fentheil,  seine  Annahme,  dass  die  korkyräische  Volkspartei  sich  schon 

dem  Zuge  des  Timotheos  an  Athen  angeschlossen  habe,  ist  ^ochs^ 

wahrscheinlich ;  denn  sie  würde  voraussetzen,  dass  vor  375  eine  atti- 

)  Flotte  in  jenen  Gewässern  operirte,  welche  den  korkyräischea  De- 

craten  Hülfe  leistete  und  unter  deren  Mitwirkung   das  Bündniss  su 

ide  kam,  also  eine  ganz  unmögliche  Anschauung.  Der  Ausdrucksweis(e 

κυρα(ων  ό  δήμος  in  dem  Yerzeichniss  der  Bundesgenossen  entspricht 

Schutz  der  demokratischen  Verfassung  Korkyras   in  dem  Bündniss 

3.  4).    Wie  hätte   femer  das  geflügelte  Wort  Τιμόθεος   Κόρκυραν 

entstehen  können  (darüber   v.  Stern  S.  86),   wenn  Korkyra  schon 

ler  im  Bunde  mit  Athen  war  ?    Aus  dem  neu  gefundenen  Fragment 

CIA.  II  49   (veröffentlicht  im  Δελτίον    άρχαιολ.    1888,  174)    sieht 

,  dass  die  Vertreter  von  Korkyra  früher   in  das  Synedrion  eintriv? 

als  diejenigen  der  Akarnanen ;  vielleicht  ist  dies  der  Grund,  warum 

Letzteren  in  der  Liste  später  angeführt  sind.     Ueberhaupt  sind  die 

ttellungen  Zingerles  in  dem  ersten  Abschnitt  seiner  Abhandlung  bei 

Anerkennung  für  die  Bemühungen  des  Verfassers  im  Ganzen  und 

einen  als  verfehlt  zu  bezeichnen. 

8  Adelbert  Hoeck,  Hermes  XIV  128  und  Jahrb.  f.  kl.  Philol.  117, 
Jjenz  a.  a.  0.  25  ff. 

^  Butt,  de  corr.  hell•  XIII  354  ff.    Der  Commentar,   mit  welchem 


340  Swoboda 

immerbin  noch  einige  Folgerungen  über  die  Natur  ondVerfaMOBg 
des  attischen  Seebondes  zu. 

Schon  die  Art,  in  welcher  der  Vertrag  formnlirt  ist,  und 
dessen  Gliederung  erscheint  als  bedeutsam.  Der  erste  TlieS 
(Z.  1 — 15),  das  eigentliche  Bündniss,  ist  als  gewöhnliche  Epi- 
machie  zwischen  Athen  und  einer  zweiten  Macht  abgefasst  (dilier 
die  üeberschrift  Συμμαχία  Κορκυραίων  καΐ  'Αθηναίων  6[1]ς  xiv 
[ael]  χρόνον)  und  diesem  Schema  entspricht  der  folgende  Abniti 
über  die  Zuzugspflicht  bei  einem  Angriff  auf  das  Gebiet  eines  der 
beiden  Yertragschliessenden  mit  der  stereotypen  Formel  καθότι  iv 
έπαγγέλλωσιν  Κορκυραΐοι  (Αθηναίοι)  ^  Eine  Berücksichtignng 
des  Verhältnisses  zum  Seebund  tritt  erst,  daran  angeschlosseo,  in 
den  folgenden  Zeilen  10  ff.  auf,  da  freilich  in  zwei  wichtigen  Punk- 
ten: in  Bezug  auf  Krieg  und  Frieden  ist  Eorkyra  an  die  Be- 
schlüsse der  Athener  und  der  Mehrheit  des  Bundes- Synedrion 
gebunden  (πό[λ]£[μ]ον  bi  κα\  είρήνην  μή  έίεΐναι  Κ[ορκυρ]αίοις 
ποιήσασθαι  [fijveu  *Α[θηναίιυν]  και  [του  π]λήθους  τών  συμμά- 
χων) und  auch  in  allem  üebrigen  gelobt  es  Gehorsam  dieeen 
Beschlüssen  (ποΐ€Ϊν  bk  κα[ι]  τδλλα  κατά  τά  δόγματα  τών  <Τυμ- 
μάχων).  Die  beiden  £ide  der  Korkyräer  und  der  Athener  wie* 
derholen  fast  wörtlich  den  Inhalt  des  Bündnisses;  die  Verpflich- 
tungen Eorkyras  gegen  den  Vorort  und  den  Bund  finden  sich 
Z.  31  ff.  und  ihnen  entspricht  ein  analoger  Passus  in  dem  Schwur 
der  Athener  Z.  20  ff.  Noch  auffallender  ist  die  Formulirung  des 
ähnlichen  Bündnisses  mit  Chalkis  CIA.  II  17^  {SylL  64),  das 
sich  ebenfalls  als  Separat -Vertrag  zwischen  dieser  Stadt  und  Athen 
gibt  (Z.  20  f.  [Συμμαχί]α  Χαλ[κώ]ίιυν  τών  έν  Εύ[β]οίαι  [καΐ 
Άθηναί]ιυν  cf.  auch  Ζ.  10 ff.  19)  und  in  dem  verlorenen  Theil 
des  Fides,  wie  der  erhaltene  Anfang  zeigt,  die  gleiche  Bestim- 
mung über  die  Epimachie  enthielt.  Daneben  aber  treffen  wir  zu 
Anfang  des  Schwures  auf  eine  Wiederholung  der  allgemeinen 
Grundsätze,  welche  in  CIA.  II  17  für  den  Seebund  aufgestellt  sind 
und  Z.  25/6  eine  Bezugnahme  auf  die  δόγματα  des  Synedrion  ;  es  ist 
wahrscheinlich,  dass  auch  die  weiteren  Vorschriften,  wie  sie  der  Ver- 
trag mit  Korkyra  bietet,  in  dem  nicht  erhaltenen  Schluss  der  Urkunde 
gestanden  haben.  Die  berührte  Formulirang  der  beiden  Urkunden 
ist  ungemein  lehrreich  für  die  Art,  wie  der  Seebund  entstand  und 


der  Herausgeber  Foucart  die  Inschrift  begleitet,  bietet  nichts  Neues  den 
früheren  Forschungen  gegenüber. 
1  Dazu  Thuc.  V  47,  3.  4. 


Der  hellenische  Bund  des  Jahres  371  v.  Qh.  341 

der  beste  Beweis,  dase  die  Aneicht,  er  sei  aus  Sonder-Verträgen 
Athens  mit  den  Städten  heranege wachsen,    richtig    ist^     Meiner 
Keinung  nach  ist  auf  dieses  historische  Moment  für  die  Bearthei- 
long  der  Bandesyerfassong  mehr  Grewicht    zu  legen,    als   es  ge- 
meinhin geschieht;  das  Bundesrecht  wurde  nicht  mit  einem  Male 
nioh  ahstrakten  Orundsätzen  gemodelt,  sondern  hat  sich  aus  den 
geschichtlichen  Yerhältniesen  heraus  allmählich  entwickelt.    Von 
einer  Bundes-Constitution  ^,  die  etwa  eine  genaue  Regelung  aller 
Einzelheiten  enthielt,  kann  nach  der  Entstehung  des  Bundes  keine 
Bede  sein';    in   dem  Beschluss    aus    dem   Jahre    des  Nausinikos 
findet  sich  nirgends  eine  Berufung  auf  einen  solchen  Akt,  sondern 
«uf  das  Bündnies  mit  Chios  (Z.  24),  welches  sonach  als  die  Grund- 
lage des  Bundesrechtes  anzusehen  ist^. 

Die  Entstehung  des  Bundes  in  der  angedeuteten  Weise  zeigt 
lieh  auch  später  fortwirkend  bei  der  Aufnahme  neuer  Mitglieder 
in  denselben.  Natürlich  hat  man  diese  Aufnahme  strenge  zu 
trennen  von  den  Bündnissen  in  weiterem  Sinn,  wie  sie  Staaten 
ttit  dem  attischen  Seebund  abschliessen  konnten  (z.  B.  Syllage 
n.  83).  Die  von  Busolt^  aufgestellte  Ansicht,  der  Vorort  (d.  h. 
die  athenische  Ekklesie)  habe  in  dieser  Sache  allein  entschieden, 
mrde  neuerdings  wieder  von  Gilbert  aufgenommen  ^  obwohl  sie 
bereits  von  Harten  und  Lenz^,  von  Letzterem  wenigstens  zum 
Tbeil  bekämpft  worden  ist.  Aber  weder  die  Annahme  Harteis, 
der  Vorort  sei  ein  für  allemal  zur  Aufnahme  neuer  Mitglieder 
•of  Grund  der  377  aufgestellten  Bedingungen  autorisirt  gewesen, 
aoeh  die  Anschauung  von  Lenz,  das  Synedrion  habe  nur  bei  der 
Beechwörung  des  Vertrags  mitzuwirken  gehabt,  können  gegenüber 
dem  vermehrten  inschriftlichen  Material  aufrechterhalten  werden. 
wird  der  Wahrheit  näher  kommen,  den  Vorgang  bei  der  Auf- 


^  Hervorgehoben  von  Szanto,  Ath.  Mittheil.  16,  30  und  jetzt  auch 
in  den  allgemeinen  Darstellungen  (Busolt,  Gr.  Staatsalt.  ^  333  und  Gil- 
bert, Qriech.  Staatealterth.  s  1,  495). 

'  Wie  sie  früher  Busolt  (Zweiter  athen.  Bund 680.  684)  annahm; 
aoch  Lenz  spricht  öfter  von  der  'Bundesverfassung*. 

8  Dagegen   v.   Stern   a.   a.  0.    71,    Gilbert,    Gr.    Staatsalterth.  3 

I,    49β. 

*  Cf.  auch  Dittenbergers  Anmerkung  3  zur  Syüoge  nr.  62. 
5  Zweiter  att.  Bund  S.  695. 

β  Griech.  SUatsalterthümer  >  1,  496  (Note  1). 
7  Demosth.  Studien  2,  78flf. 

•  S.  16  flf. 


Si^  Swoboda 

n^hme  neuer  Mitglieder  etwa    folgendermassen    zu   faeeen.    Die 
Einleitung  bildete,  daee  ein  Sonder -Vertrag  zwisclien  Athen  und 
der  beti^ffenden  Macht  abgeschlossen  ward,  in  dem  schon  auf  du 
Verhältniss  zu  dem  Seehund  Rücksicht  genommen  ist ;  so  wie  ei 
mit  Chalkis  und  Korkyra,  dann  mit  Mytilene  und  Byzanz  (CIA• 
II  18.  19)  geschah^.     Für    die  weitere  Procedur    ist    beeonden 
die  Inschrift  CIA.  II 49  mit  der  wichtigen  Ergänzung  des  Schlnseei 
im  Δελτίον    άρχαιολογικόν   von   1888,    S.  174   heranzuziehen*. 
Nach  Z.  22  ff.  π[φψαι  bi  καΐ  συνΑρου]ς  τών  πό[λ]€ων  έκά(ίτιιι 
ές  τό  συ[νίδριον  τών  συμμάχων]  κατά  τά  [1)]ότματα  τώΜ 
συμμάχιυ[ν  τά  περί  τών  Κορκυρα]ίων,  περί  bk  τών'Ακαρ• 
Vtivu)v  σκ[έψασθαι  κοινή  μετά  Α]Ισχύλου  κτλ.   ist  es  unabwei«• 
bar,  dass  auch  das  Synedrion  der  Symmachen  bei  der  Aufnahme 
sein  Votum  abgab,  speciell  die  Verhältnisse,  welche  mit  dem  Ein* 
tritt  eines  Vertreters    des    neuen  Bundesgliedes    in   seine  Hitte 
zusammenhingen,  einer  Begelung  unterzogt     Erst  nach  dem  zn- 
stimmenden  Beschluss  des  Synedrion  wird  der  Sonder -Vertrag  dem 
attischen  Demos    zur  Genehmigung  vorgelegt    worden    sein  nnd 
erfolgte  gleichzeitig  ein  Beschluss  desselben  über  die  Aufnahme 
in  den  Bund  (z.  B.  CIA.  II 49  und  49^);  letztere  wurde  nicht  in  der 
Form  bewirkt,  dass  etwa  zwischen  dem  Zutretenden  und  dem  See- 

^  Bei  Methymna  (Sitzungsber.  der  Berliner  Akademie  1888,  243 
a.  19  =  BiUl,  de  corr.  hell,  XII  138  n.  i>)  datirt  das  Souderbündni» 
mit  Athen  aus  der  Zeit  vor  der  Bildung  des  Seebundes. 

^  Lolling  war  so  freundlich,  mir  auf  meine  Bitte  nach  nochini 
liger  Prüfung  einen  Abklatsch  des  neuen  Bruchstücks  zu  übersend^^ 
aus  dem  hervorgeht,  dass  seine  Ergänzungen  vollständig  gesichert  sii^ 
Nur  Z.  20.  21  (ich  gebe  die  im  AcXriov  nicht  durchgeführte  Zeil«? 
theilung  nach  dem  Abklatsch)  τους  καΐ  άνα]γραφη[σομέ]νους  εΙς  τι 
στή[λην  τήν  κοινήν  ού  οΐ  σύμ]μαχοι  έ[τγ€]γρα(μ)μ4νοι  eloiv  ist  f^ 
zweifelhaft,  obschon  ich  zugeben  muss,  dass  die  Buchstabenspuren,  ^ 
weit  man  sie  erkennen  kann  (es  geht  gerade  da  ein  starker  BrO 
durch)  zu  der  angeführten  Herstellung  stimmen  und  ich  nichts  Bessei 
zu  bieten  vermag.  Allein  die  dadurch  vorausgesetzte  Anordnung,  d* 
auch  die  Eidhelfer  auf  die  κοινή  στήλη  τών  συμμάχων  aufgeschriet? 
werden  sollen,  unter  welcher  nur  CIA.  II  17  verstanden  werden  kar 
ist  in  dem  Verzeichniss  auf  der  letzteren  Urkunde  nicht  durchgefüh 
[Seitdem  ich  im  vorigen  Herbste  diesen  Absatz  niederschrieb,  sind  \« 
alle  durch  den  zu  frühen  Tod  Lollings  in  schmerzliche  Trauer  verset 
worden ;  ich  kann  nicht  ohne  tiefe  Bewegung  des  ausgezeichneten  Mann 
gedenken,  mit  dem  mich  langjährige  Freundschaft  verband.] 

^  Dies  würde  schon  dadurch  nahegelegt,  dass  das  Synedrion  l 
d(.u  wcitciuii  liüiuldiäüeu  anderer  Staaten  mit  dem  Seebund  mitwirkt 


Der  hellenische  Band  des  Jahres  371  v.  Chr.  843 

bnnd  ein  epecieller  Vertrag  abgeschlossen  ward,  sondern  durch  die 
Anfischreibang  des  £r8teren  auf  die  gemeinsame  Stele,  welche  die 
Namen  der  Bundesgenossen  enthielt  (vgl.  CIA.  II  49  Z.  13  ff.  und  die 
Urkunde  über  Methymna  Z.  8  ff.)  und  durch  die  gegenseitige 
Bdleietung.  Damit  war  der  Akt  vollzogen^.  Und  zwar  muse 
lieh  die  Praxis  herausgebildet  haben  ^,  dass  der  Eid  dreimal  ge- 
leistet wurde  (vgl.  CIA.  II  49  und  das  Bündniss  mit  Methymna) : 
nerst  von  der  Gesandschaft  des  Staates,  welcher  um  Aufnahme 
insachte,  anderseits  ihr  gegenüber  von  dem  Synedrion  und  den 
dazu  bestimmten  Beamten  des  Vororts  ^  endlich  von  den  Behör- 
den der  neu  eingetretenen  Stadt,  weicheil  der  Schwur  von  einer 
Abordnung  des  Synedrion  abgenommen  ward^.  Dass  die  neuge- 
wonnenen Bundesgenossen  einen  doppelten  Eid  abzulegen  hatten, 
einen  an  Athen  und  einen  an  das  Synedrion,  wie  jüngst  behauptet 
wurde  ^,  dafür  existirt  keine  Spur  in  der  Ueberlieferung;  wohl 
aber  ersieht  man  aus  der  Ausdrucksweise  des  Methymnäer-Decrets 
(Z.  11  ff.  όμόσαι  bi  την  πρεσβείαν  τών  Μηθυμναίιυν  τόν  αυτόν 
ϋρκον,  δμπερ  κα\  ο\  δλλοι  σύμμαχοι  ώμοσαν  τοις  τε  συνέοροις 
τ(Δ)ν  συμμάχων  κτλ.  Ζ.  20  ff.,  dazu  Δελτίον  a.  a.  Ο.  Ζ.  17.  18), 
^B  es  eine  bestimmte  Eidformel  gab,  welche  sämmtlichen  Mit- 
gliedern in  gleicher  Weise  auferlegt  wurde  und  sie  natürlich  so- 
wohl dem  Yorort  als  den  übrigen  Symmachen  gegenüber  ver- 
pfliehtete.  Für  deren  Keconstruction  dürfen  wir  ohne  Anstand 
den  Inhalt  des  Bündnisses  mit  Korkyra  heranziehen,  sie  wird  im 
Wesentlichen  mit  dem  dort  mitgetheilten  Schwur  übereingestimmt 
hben  *. 


^  Nicht  sicher  iet  es,  ob  das  Synedrion  bei  der  Erneuerung  oder 
Abänderung  älterer  Verträge  mitwirkte.  Solche  Fälle  liegen  vor: 
fiW.  86  (dazu  Ath.  Mittheil.  2,  210  ff.),  CIA.  II  109,  welche  beide  Ur- 
^den  eher  dagegen  sprechen  würden;  dafür  kann  man  bei  SylL  79 
(Z.  56  f.  69  ff.)  an  eine  Mitwirkung  der  Symmachen  denken. 

3  Zu  Anfang  war  es  anders,  vgl.  CIA.  Π  ITb  und  den  Vertrag 
^t  Byzanz  (CIA.  II  19  =  Syü.  62) ;  über  letzteren  Jadeich,  Kleinasiat. 
Studien  269  und  Jos.  Zingerle  1.  1.  361. 

^  Ein  solcher  gemeinsamer  Eid  auch  SißU.  79. 

*  Urkunde  fdr  Methymna  Z.  19  ff.  έπιμεληθήναι  6έ  Αϊσιμον  καΐ 
τους  συνέδρους  τους  έπΙ  τών  [v€]uiv  οπιυς  αν  όμόσιυσιν  αΐ  άρχαΐ  αΐ 
Μηθυμναίιυν  καθάπερ  οΐ  &λλοι  σύμμαχοι  nach  der  schlagenden  Ergän- 
niDg  von  Wilhelm,  Ath.  Mittheil.  XVII  192.  193. 

δ  J.  Zingerle  1.  1.  360. 

β  J.  Zingerle  sieht  (a.  a.  0.  362)  in  dem  Vertrage  mit  Korkyra 
eine  Ausaeraohtlassung  der  Bundessatzungen,  eine  Ansicht,  für  die  zuerst 
der  Beweis  zu  liefern  wäre. 


344  Swoboda 

Trifft  diese  Aneicht  das  Bichtige,   so  ist  damit  für  ϋβ  Be• 
urtheilung  dee  zweiten  Seehundes  ein  weiteres,   nicht  unvencht- 
liches  Moment  gewonnen.     Wie    schon    früher   bemerkt  wurde, 
setzt  sich  der  Vertrag  mit  Korkyra  aus  zwei  Elementen  zoeammen, 
einerseits  der  Epimachie,    anderseits    der  Folgeleistang  den  Be- 
schlüssen  des  Vororts    und    des  Synedrion.     Wenn  wir  nun  die 
beiden  Omndsätze  auf  die  Organisation  des  Gesammtbandes  an»- 
dehnen,    so  ist  es  unleugbar,    dass    sie  in  einem  gewiesen  Zwi^ 
Spalt  mit  einander  sind.     Der  Begriff  der  Epimachie  hat  zur  Tor- 
aussetzung, dass  sie  eine  Abmachung  zwischen  zwei  gleiohberech* 
tigten  Staaten  sei^,  von '^  welchen  keiner  durch  etwas  anderes  ale 
durch  die  freiwillig  auf  sich  genommene  Verpflichtung  verhalten 
war,  den  versprochenen  Zuzug  auf  die  Anzeige  des  Verbündeten 
hin  (καθότι  &v  έπαγγέλλωσιν  ol  Κείνες)   zu  leisten^;    er   kann 
denselben  daher  auch  verweigern,    wenn  nach  seiner  Ansicht  in 
dem  gegebenen  Falle  die  Aufforderung    des   verbündeten  Staates 
ohne  Berechtigung  ist^     In  dem  Seebund  erfuhr  aber  der  Inlialt 
der  Epimachie  dadurch,  dass  die  Bundesgenossen  gelobten,  eicli 
im  Allgemeinen  und  speciell  was  Krieg  und  Frieden  anlangte,  den 
gemeinsamen   Beschlüssen  Athens   und    der  Mehrheit    der   Sym- 
machen  unterzuordnen^,  eine  schwerwiegende  Wandlung.    Damit 
wurde  den  einzelnen  Staaten  die  Möglichkeit  genommen,  den  caeoe 
foederis  zu  beurtheilen,  also  gerade  dasjenige  Kecht  aufgehoben, 
welches  für  die  Epimachie  charakteristisch  ist;    es    konnte   auob 
die  Eventualität  eintreten,  dass  der  Bund  trotz  seiner  defensiven 
Tendenz  in  einen  Angriffskrieg  hineingezogen  wurde.     Dass  die« 
nicht  nur  theoretische  Erwägungen  sind,  lehrt  die  Geschichte  ^^ 
Jahres  374,    der  Friedensbruch    des   Timotheos   und   der  dar»^^ 


^  Dies  lehren  ganz  deutlich  die  von  Grätzel,  IHssert,  phil.  il^ 
VII  52  ff.  zasamraengestellten  Fälle. 

^  Der  Gegensatz  zur  Epimachie  ist  daher  das  Biindniss  τον  αύ'^^ 
φίλον  καΐ  έχθρόν  νομίίβιν  ζ.  Β.  Xcn.  Hell.  V  3,  26  (Bueolt,  Zv/ei^^ 
ath.  Bund  S.  713,  862,  Grätzel  a.  a.  0.  44 ff.  47),  bei  dem  der  ci^ 
Thcil  in  ein  Verhältniss  der  Unterordnung  tritt. 

^  Wie  es   die  Phoker  den  Thebanern    gegenüber    im    Jahre  ,*^' 
machten,  Xen.  Hell.  VII  δ,  4:  Φωκ€ϊς  μέντοι  ούκ  ήκολούθουν  λέγοντ^ 
οτι  συνθήκαι   σφίσιν    αύτοίς   εΤεν,    ει  τις  έπΙ  Θήβας  ϊοι,    βοηθεϊν    i-^ 
άλλους  δέ  στρατεύειν  ούκ  εΐναι  έν  ταίς  συνθήκαις. 

*  Auch  in  dieser  Beziehung  ist  der  Vertrag  mit  Korkyra  v^fl 
Zingerle  falsch  verstanden  worden,  der  S.  362  meint,  in  ihm  sei  vef• 
boten,  ohne  Zustimmung  Athens  allein  [der  Bundesgenossen  gedenkt 
L'r  nicht]  Krieg  zu  luhrcu. 


Der  hülleniscbü  Bund  des  Jahres  371  v.  Ch.  345 

^ende  Krieg  des  Bandes  mit  Sparta.  Die  eben  gemachte  Beub- 
ituDg  trägt  nnn  daza  bei,  eine  Frage  za  beantworten,  die  jüngst 
t  Joseph  Zingerle  aufgeworfen^  und,  wie  ich  glaube,  nicht  in 
richtigen  Weise  zu  lösen  versucht  wurde:  was  Athen  ver- 
lest  haben  konnte,  mit  dem  Jahre  377  von  der  bisherigen 
vohnheit,  das  Verhältniss  zu  den  einzelnen  Staaten  durch  Son- 
rertrage  zu  regeln,  abzustehen  und  zu  der  officiellen  Gründung 
\B  neuen  Bundes  zu  schreiten.  Er  sieht  in  der  Neuordnung 
len  Vortheil  für  Athen,  da  die  Bundesmitglieder  durch  das 
edrion  die  Möglichkeit  eines  einheitlichen  Auftretens  gegen 
Vorort  erhielten,  die  neue  Organisation  also  eine  Stärkung 
Bundesstaaten  auf  Kosten  Athens  bedeutete;  und  er  glaubt 
er,  dass  es  mit  der  Umgestaltung  des  Bundes  hauptsächlich 
den  Gewinn  Thebens  abgesehen  war  und  dessen  Eintritt  die 
formung  bedingte^.  Nach  alle  dem  erscheint  es  allerdings 
kwürdig,  wenn  Zingerle  diese  den  Athenern  angeblich  durch 
lere  Umstände  aufgenöthigte  Haltung  als  einen  Meisterzug 
^er,  zielbewuBster  Politik  bezeichnet  (S.  362)  ^  Aber  wir 
ichen  gar  nicht  an  seiner  Anschauung  festzuhalten;  aus  dem 
gen  wird  wohl  hervorgehen,  welche  Yortheile  Athen  durch 
neue  Organisation  in  die  Hand  bekam.  An  die  Stelle  eines 
hältnisses  von  losen  Verträgen  iiu  τοις  ΐσοις  κα\  όμοίοις, 
welchen  Athen  auf  den  guten  Willen  jedes  Verbündeten  mehr 
'  weniger  angewiesen  war,  trat  eine  feste  Vereinigung,  welche 
ih  die  Beschlüsse  der  Mehrheit,  die  für  jeden,  auch  den  dis- 
irenden  Theilnehmer  bindend  waren,  das  Verhalten  des  Ein- 
ten bestimmte ;  durch  das  Synedrion  konnte  Athen  auf  wider- 
istige  Mitglieder  drücken^,  die  in  der  Erfüllung  ihrer  Pflichten 
mig  waren  und  wie  es  mit  der  Behandlung  abgefallener  Sym- 
ihen  stand,  lehrt  das  Psephisma  über  Keos.  Anderseits  hatte 
en  keinen  Vertreter  in  dem  Bundesrath   und    es    kam    daher 

1  Eranos  Vindoh.  359  ff. 

2  Anders  beurtheilt  Holm  die  Neubildung  (Griech.  Gesch.  3,  95). 

3  Auch  was  S.  361  über  den  Passus  in  CIA.  II  17  έπΙ  τοΙς]  αύ- 
i  ^φ'  οίςπ€ρ  Χιοι  καΐ  Θηβαίοι  καΐ  οΐ  Λλλοι  σύμμαχοι  und  über  die 
i  Phasen  in  der  Entwicklnng  des  Bundesrechts  gesagt  wird,  ist  mehr 
leu  Text  der  Inschrift  hineingeheimnisst  als  aus  ihr  gefolgert. 

*  Dass  das  Synedrion  dem  Vorort  nicht  so  gefährlich  war,  wie 
;erle  voraussetzt,  dafür  kann  man  eine  Stelle  des  Thucydides  an- 
en,  die  sich  zwar  auf  den  ersten  Bund  bezieht,  aber  ebenso  für  den 
ten  gilt,  III  10,  5;  αδύνατοι  bi  οντες  καθ*  2v  γ€νόμ€νοι  διά  πο- 
ΐφίαν  άμύνεσθαι  οΐ  Εύμμαχοι  (έδουλώθησαν  πλην  ημών  καΐ  Χίων). 


346  Swoboda 

nie  in  die  Lage,  von  der  Majorität  der  Symmachen  überetimmt 
zu  werden ;  gerade  in  dem  Mangel  einer  Theilnahme  an  dem  Sy- 
nedrion  lag  seine  Stärken 

Nun  enthält  allerdings  der  Eid  der  Athener  in  dem  Bünd- 
niss  mit  Eorkyra  den  Passus  Z.  20  if.  καΐ  π€ρΙ  πολέμου  και  ά^ 
νης  πρά&υ  καθότι  fiv  τώ  πλήθει  των  συμμάχων  bOK^*  και  ταλλα 
ποιήσω  κατά  [τά  ο]ότματα  των  συμμάχων,  eine  Bestimmungi 
die  besonders  Hoeck^  und  Lenz^,  welche  übrigens  den  zweiten 
Satz  noch  nicht  kannten,  urgirt  haben,  um  ihre  Ansicht  von  einer 
grösseren  Machtvollkommenheit    des    Synedrion,   als    gewöhnlich 


1  Die  jüngst   von  Wilamowitz   (Aristoteles    und  Athen  I  202•) 
aufgestellte  Ansicht,  dass  wenigstens  in  der  ersten  Zeit  des  Seebundei 
auch  Athen  in  dem  Synedrion  vertreten  gewesen  sei,  ist  nur  geeigneti 
die  bisher  klare  Anschauung  zu  verwirren.    Sie  geht  schon  dämm  ^ 
weil  sie  sich  auf  den  in  Demosthcnes'  Tiroocratea  eingeleg^n  Richte^ 
cid  stützt,  der  nachweislich,  sei  es  als  Ganzes,  sei  es  in  wichtigen  Thei• 
Ion  gefälscht  ist;   dass   dies    speciell   für  den  von  Wilamowitz  angezo- 
genen Passus  gilt,    ist  schon  daraus  zu  erkennen,   dass   es  bisher  Nie* 
mandem,  auch  nicht  der  missglückten  Vertheidigung  von  W.  Hoftnann 
De  iuraiidi  apud  Athenicnses  formüUe  S.  14  ff.  und  noch  weniger  Wilt- 
mowitz  selbst  gelungen  ist,  aus  diesen  Worten  einen  erträglichen  Sin> 
herauszubringen.    Was    sich  der  Fälscher   dabei  gedacht  hat,  ist  in> 
Grunde  genommen  für  uns  gleichgültig;    aber  auch  wenn  wir  uns  ^^ 
undankbare  Mühe  geben,    dem  was  er  meinte  nachzuspüren,   so   mos* 
ouveöpoi  hier  durchaus  nicht  Mitglieder  des  Bundesraths  bedeuten,  sofl• 
dern  es  können  ganz  gut  damit  die  Gesandten  zu  den  allgemein  hell^ 
nischcn  Congressen  gemeint  sein,  —  dass  συνέδριον  in  dieser  Art  häu^S 
verwendet  wurde,    ist  jedem  Leser  Xenophons  bekannt.     Mit  der  A^' 
nähme  von  AVilamowitz  ist  aber  absolut  nicht  zu  vereinbaren,  was  ^ 
über  den  Verkehr  zwischen  den  Organen  des  attischen  Volkes  und  ^^^ 
Bundesgenossen  wissen  und  zwar  nicht  bloss  für  die  spätere  Zeit,  s^^* 
dem  auch  aus  den  ersten  Jahren  des  Bundes.     In  CIA.  II  17,  Z.  3*  •*' 
57/8.  eO.  ()2  werden  die  beiden  Factoreu.    aus  denen  der  Bund  zus^*** 
mengesetzt  ist,    einander  entgegengestellt;    in  dem  Bündniss  mit  Iv^^' 
kyra  wird  von  den  Beschlüssen    des  Buudesrathes   gesprochen    als  <^^ 
denjenigen  des  πλήθος  τών  συμμάχων    und    die  Athener    getrennt    ^^' 
wähnt  (Z.  13/4,  .32/3).    Schon  hier  findet  sich,  dass  für  Synedrion  e^^' 
fach  gesetzt   ist    ol  σύμμαχοι,    was   im  Δ€λτ{ον  άρχαιολ.  1888,    S.  1"?^^' 
dann  CIA.  II  51  und  SIG.  83  wiederkehrt.     Das  sind  die  sicheren  Thai" 
Sachen  der  üeberlieferung,    von  welchen    auszugehen  ist ;    ob  es  noth' 
wendig  war,    sie   durch  eine    '  blendende'  Hypothese  auf  den  Kopf  i^ 
stellen,  überlasse  ich  dem  ürtheil  der  Unbefangenen. 

2  Jahrb.  f.  kl.  Philol.  117,  477. 
8  a.  a.  0.  25flf. 


Der  hcllenischu  Bund  des  Jahres  371  v.  Ch.  347 

Dgenommen  wird,  zu  stützeD.  Es  ist  nicht  abzustreiten,  dass 
tan  es  da  mit  einem  Grundsatz  des  Bundesrechts  zu  thun  hat; 
enn  er  kehrt  in  etwas  veränderter  Fassung  in  dem  Deoret  über 
ie  Aufnahme  der  Akarnanen  usw.  wieder  (in  dem  neugefundenen 
Fragment,  Z.  19  ff.  πραχθ^ντιυν  bk  τούτ[ιυν  του  λοπτου  κύριον 
Ιναι  δ]  τι  αν  boSr)  τψ  κοινψ).  Aber  man  darf  sich  über  dessen 
Pragweite  auch  keiner  allzugrossen  Täuschung  hingehen.  Wie 
ich  die  Sache  in  der  Praxis  gestaltete,  das  sehen  wir  deutlich 
tn  denjenigen  Fällen,  wo  auf  einen  bestimmten  Anläse  die  ge- 
ichäftlichen  Beziehungen  zwischen  dem  attischen  Demos  und  dem 
iundes-Synedrion  und  die  Ingerenz  des  Letzteren  aus  der  üeber- 
iefemng  zu  erkennen  sind.  Das  ausgesprochene  Princip  begrün- 
iete  kein  Becht  der  Bundesgenossen,  weil  den  Letzteren  jegliches 
Mittel  fehlte,  um  ein  solches  Recht  geltend  zu  machen;  es  be- 
leutet  nichts  mehr  als  eine  Selbstverpflichtung  der  Athener,  die 
•ber  nur  darauf  hinausgelaufen  sein  kann,  die  Wünsche  der  Bun- 
lesgenossen  zu  berücksichtigen.  Sicherlich  werden  sie  in  den 
vicbtigen  Fragen,  die  sich  auf  die  bundesgenössische  Politik  be- 
ogen,  besonders  was  Krieg  und  Frieden  betrifft,  den  Ansichten 
!e8  Synedrion  nicht  entgegengehandelt  haben.  Um  aber  diesen 
rrnndsatz  in  jedem  wie  immer  gestalteten  Falle  in  Wirklichkeit 
imzQsetzen,  dazu  hätte  das  Synedrion  eine  Executive  gebraucht, 
üe  ihm  eben  abging;  die  Executive  des  Bundes  war  im  Besitze 
les  Vororte,  d.  h.  des  attischen  'Demos  und  dieser  konnte  sie, 
^e  jede  andere  politische  Thätigkeit,  nur  durch  die  Beschlüsse 
■einer  Gemeindeversammlung  ausüben.  Dem  Demos  aber  vor- 
zuschreiben, sich  in  gewissen  Sachen  imperativ  der  Entscheidung 
^es  Synedrion  zu  fügen,  war  unmöglich,  da  dies  eine  Verkürzung 
»einer  Souveränetät,  ein  Bruch  des  attischen  Staatsrechts  gewesen 
^äre,  und  zugleich  praktisch  undurchführbar,  da,  wie  gesagt,  die 
Bundesgenossen  kein  äusseres  Mittel  besassen,  der  athenischen 
Ekklesie  ihren  Willen  aufzulegen^.  Gerade  in  diesem  Punkte 
^bnnt  man  am  Deutlichsten  den  gewaltigen  Unterschied  zwischen 
ί«Γ  Stellung  des  Vororts  und  der  Symmachen;  während  einer 
fcr  Letzteren  bei  Ausserachtlassung  seiner  Pflichten  die  ge- 
lammte  Macht  Athens  und  des  Bundes  gegen  sich  hatte,   konnte 


1  Damit  glaube  ich  die  Ursachen,  welche  zu  der  Stellung  des 
jrnedrion  im  Organismus  des  Bundes  führten,  besser  dargelegt  zu 
iben,  als  Busolt,  Zweiter  attischer  Bund  S.  692  und  Hahn,  Jahrb,  f• 
.  Philol.  llo,  453  es  versuchten. 


848  Swoboda 

Athen  selbst  daroh  kein  legales  Mittel  zur  Unterordnang  nnter 
den  Willen  des  Bandes  gezwangen  werden.  Freilich  rnoBite 
dieses  Verhältniss,  wenn  der  Vorort  nicht  mit  der  gröseten  Ge- 
wissenhaftigkeit die  ihm  gezogenen  Schranken  beobachtete,  dem-  | 
jenigen  Ausgang  zutreiben,  zu  dem  es  in  der  That  gef&hrt  b»t, 
dem  Abfall  der  Bundesgenossen,  wie  er  sich  in  dem  sogenannten 
Bundesgenossenkrieg  vollzog.  Die  Verfassung  des  zweiten  atti- 
schen Bundes  war  eben  ein  Compromiss  zwischen  unvereinbaren 
Elementen,  das  auf  die  Dauer  nicht  vorhalten  konnte  und  von 
dem  man  sich  nur  wundem  muss,  dass  es  überhaupt  so  langen 
Bestand  hatte. 

Es  ist  daher  von  dem  Standpunkte  der  staatsrechtliohen 
Formulirung  aus  nicht  richtig,  wenn  man,  wie  es  öfter  gescliiebt, 
sagt,  es  sei  durch  die  Bundesverfassung  (um  bei  diesem  niebt 
ganz  korrekten  Ausdruck  zu  bleiben)  dem  Synedrion  eine  be* 
rathende*  Thätigkeit  eingeräumt  worden^.  Dass  das  Bundesrecbt 
sich  ganz  anders  darüber  äusserte,  erfahren  wir  aus  dem  Bünd- 
niss  mit  Korkyra;  es  ist  aber  schon  oben  dargelegt  worden, 
welche  Umstände  es  bewirkten,  dass  praktisch  die  Stellung  dei 
Synedrion  auf  dasselbe  hinauslief.  Am  ehesten  wird  man  der 
Definition  beistimmen,  welche  Busolt  jetzt  von  dessen  Funktionen 
gibt^:  es  hatte  in  Bundesangelegenheiten  eine  der  Hauptsacbe 
nach  mit  dem  attischen  Rathe  concurrirende  und  mit  ihm  gleich- 
artige Competenz^.  Nur  ist  natürlich  festzuhalten,  dass  diese 
Competenz  nicht  auf  ganz  bestimmte  Fälle  zugeschnitten,  sondern 
absichtlich  nicht  scharf  umgrenzt  war*;    dies  beweist    schon  <1^* 


1  So  früher  Busolt,  Zweitor  att.  Bund  S.  (>89  flf. ;  Gilbert,  Grie^^ 
Staatsalterth.a  1,  -1%. 

3  Griech.  Staatsalterthümer  2  334. 

3  Aehnlich  Holm,  Griech.  Gesch.  3,  9β. 

*  Betont  von  Hartel,  Demosth.  Stud.  2,  47.  5β.     Am  ärgsten  ^ 
in  dieser  Hiusicht  E.  Lenz  gesündigt,  der  die  merkwürdig  verkünst*:-•  * 
Ansicht  aufstellte  (vgl.  das  Ergebniss  S.  68),    dass  zwischen    der  Cc^  ^ 
petcnz  des  Synedrion  in  Bezug   auf  Krieg    und  Frieden    und  in  Bn^^i 
auf  Bündnissverträge  ein  Unterschied  obgewaltet  habe,  dass  es  in  erst^ 
Beziehung  entscheidenden  Einfluss,    was  Bündnisse  anlangt,   nur   ei^^ 
berathende  Thätigkeit  ausgeübt  habe.      Eine  Trennung   dieser   beiden 
politischen    Acte   ist   nach    antiker    Auffassung    ein  Unding    und  wird 
durch  den  nun  gesicherten  Text  des  Eides  in  dem  Bündniss    mit  Kor* 
kyra  widerlegt.     Im  Einzelnen    hat   sich   gegen    die  Aufstellungen  von 
Lenz  A.  Hock  gewendet,  Jahrb.  f.  kl.  Philol.  127,  515ff. 


Der  hellenieclie  Band  des  Jahres  371  v.  Ch.  849 

rmel  κα\  τδλλα  ποιήσω  κατά  τά  δόγματα  των  συμμάχων  nach 
'  unmittelbar  voraufgehenden  Berührung  des  Votams  der  Bun- 
igenossen  bei  Krieg  nnd  Frieden,  welches  der  Katnr  der  Sache 
2h  in  erster  Linie  in  Betracht  kam.  Dass  die  Thätigkeit  des 
aedrion  am  ehesten  bei  der  Mitwirkung  an  StaatsvertrSgen, 
Iche  den  Band  tangirten,  beobachtet  werden  kann^  ist  zum 
ten  Theil  in  der  Art  der  uns  zu  Gebote  stehenden  Ueberliefe- 
]g  begründet.  Unter  Festhaltung  des  von  Busolt  aufgestellten 
eichtspanktes  ergeben  sich  für  den  Verkehr  zwischen  Synedrion 
1  attischem  Demos  nach  den  Regeln  des  attischen  Staatsrechts 
gende  Eventualitäten^,  in  welche  sich  die  erhaltenen  Fälle 
De  Mühe  einordnen  lassen :  der  Rath  und  das  Synedrion  leiten 
de  über  dieselbe  Angelegenheit  ihre  Anträge  an  die  Ekklesie, 
}h  kann  eine  der  beiden  Körperschaften  ganz  oder  zu  Grünsten 
Γ  anderen  auf  den  ihr  zustehenden  Vorschlag  verzichten;  ge- 
liebt dies  nicht,  so  ist  es  wieder  möglich,  dass  die  beidersei- 
en  Anträge  mit  einander  übereinstimmen  oder  einander  wider- 
"echen.  Die  letzte  Entscheidung  hat  wie  immer  die  Ekklesie. 
enso  entspricht  es  einem  der  bekanntesten  Grundsätze  des  atti- 
en  Rechts,  dass  der  Rath  das  Medium  darstellt,  durch  welches 
)  alle  Anträge  überhaupt  auch  diejenigen  passiren,  die  das 
ledrion  an  die  Volksversammlung  richtete*;  ausgenommen 
iin  die  Bule  zu  Gunsten  des  Bundesrathes  auf  die  Ausübung 
es  Vorschlagsrechtes  verzichtete,  denn  dann  geht  das  Gutachten 
Synedrion  direkt  an  die  Ekklesie^.  Die  beste  Illustration 
letzteren  Falles  liefert  die  Inschrift  CIA.  II  51,  eine  Ur- 
ide,  die  viel  behandelt  wurde,  für  deren  Verständniss  jedoch 
vielen  Discussionen  eher  verwirrend  als  aufklärend  gewirkt 
>en.  Grundlegend  sind  und  bleiben  die  Bemerkungen  Köh- 
s^,  welche  den  Anstoss  zu  der  wiederholten  Betrachtung  des 
tenstückes  gaben;  er  hat  nur  in  einem  Punkte  geirrt,  dass  er 


1  Hartel.  Demosth.  Stud.  2,  78. 

2  Im  Allgemeinen  Gilbert,  Griechische  Staatsalterthümer^  1,  496  ff. 
8  Köhler,    Ath.  Mittheil.  1,  198;    Hartel,    Demosth.    Stud.  2,  77. 

ch  wird  das  Synedrion  wohl  immer  zur  Vertheidigung  seiner  Dog- 
n  in  die  Ekklesie  eingeführt  worden  sein,  vgl.  CIA.  II  51  und 
ichines  ircpl  παραπρεσβ.  §  86. 

*  Es  ist  nicht  einzusehen,  warum  Gilbert,  Griech.  Staatsalterth.^ 
197  in  diesem  Geschäftsgang  etwas  von  der  gewöhnlichen  Regel 
(reichendes  findet. 

δ  Ath.  Mittheil.  I  18.  19. 


350  Swoboda 

eine  Trennung  yon  schriftlichen  und  mündlichen  Aufträgen,  welche 
Dionys  seinen  Gesandten  an  das  athenische  Volk  mitgab,  annahm^. 
In  allem  üebrigen  ist  aber  an  seinen  Ansichten  unbedingt  fest- 
zuhalten,   vor  allem  darin,    dass   in    Bezug    auf   die  Yorscblige, 
welche  Dionys  über  den  Frieden  machte,  das  G-utachten  des  Sy- 
nedrion    das    Probuleuma    des   Rathes    vertreten    sollte   (Z.  6ff. 
ί>€ί>[όχθαι  τή]ι  βουλήι '  περί  μέν  τών  τρα[μ]μά[ταιν  ιΐιν  ίπείνψεν 
Διονύσιος  [τή]ς  ο[Ικ]ο5ομ[ίας  του  ν€]ώ  καΐ  τής  €ΐρή[ν]ης  τους 
συ[μ]μά[χους  δότμ]α  έ2€ν€[τ]κ€[ϊν   εΙς]    τόν   δήμον,    [δ  τι  Αν 
αύτο]ΐς  βουλ€υ[ο]μ[έ]νοι[ς  5]οκήι  <ϊρι[στον   €ΐνα]ι)^;   der  iUtli 
beschränkte  sich  darauf,  seinerseits  die  Z.  15  ff.  enthaltenen  Aas- 
zeichnungen  (Lob,  Bekränzung,  Bürgerrecht)    bei    dem  Volke  n 
beantragen^.     In  höchstem  Masse    ist  es  ferner  wahrscheinlioh^ 
dass  noch  in  derselben  Ekklesie,  in  welcher  CIA.  II  51  zu  Stande 
kam,    ein    anderer   uns    nicht   erhaltener  Volksbeschluse   gefaut 
wurde,  welcher  die  Vorschläge  des  Synedrion  zur  Grundlage  batte  I 
(es    ist   dies  zu  folgern    aus    Z.  12  ff.    προςαγαγεΐν  bi   τ[ούς1  ] 
πρέσβ€[ις  εΙς  τόν]  όήμον  €ΐ[ς]  τήν  πρώτ[ην]  έκκλ[ησίαν  προς- 
κ]αλ[έσ]αντ[α]ς   τους    [(Τυμμ]άχ[ο]υς    [τους    προέο]ρους  [κ]ά 
χρ[η]ματ[ί]ε[€ΐ]ν  [π]€ρΙ  ών  [λέγουσιν,  wo  πρώτη  εκκλησία  wie 
immer  von  der  Sitzung  des  Rathes  aus  verstanden  werden  muss). 
Denn  dass  die  beiden  Urkunden  CIA.  II  51    und  52    zusammen* 
gehören,    was  ein  ernstliches  Argument    dagegen    bilden    würde, 
ist  zwar  öfter  behauptet^,  aber  durchaus  nicht  bewiesen  worden.  — 
Das  Gegentheil,  nämlich  dass  das  Synedrion    zwar  nicht  direkte 
zu  Gunsten  des  Rathes,  sondern  überhaupt  darauf  verzichtet  einen 


*  \u  diesem  Punkte  ist  er  von  Hartel,  Demosth.  Stud.  2,  49.  ΓΗ) 
berichtigt  worden.  Ueber  die  Formel  π€ρΙ  ών  λέγβι  ό  δείνα  (λέγουσιν 
οί  δ€ΐν€ς)  8.  Rhein.  Mus.  45,  290.  292.  298. 

3  Gegen  Hartel,  Demosth.  Stud.  2,  77  und  Lenz  S.  33. 

®  Gegen  diese  Scheidung  hat  sich  Hartel,  Demosth.  Stud.  2,  .Vi 
(Note)  ausgesprochen;  allein  später  nahm  er  eine  ähnliche  Gliederung 
an  (Studien  über  att.  Staatsrecht  S.  248),  freilich  in  seiner  Weise. 

*  Anders  Hartel,  Demosth.  Stud.  2,  50  und  Lenz  33ff. ;  auch 
Hock,  Jahrb.  f.  klass.  Philol.  127,  519. 

^  Von  Hartel,  Studien  über  attisches  Staatsrecht  S.  lOGff.  (iu 
vorsichtiger  Weise);  dagegen  hat  sich  Lenz  S.31f.  42 f.  über  dio  bei- 
den Inschriften  einen  ganzen  Roman  zurechtgezimmert.  Hock,  der 
sonst  Lenzens  Ansicht  mit  gesunder  Kritik  beurtheilt  (Jahrb.  f.  kl.  Phil. 
127,  Γ)1(ίΑ'.),  hat  sich  durch  ihn  zu  einer  ähnlichen  Anschauung  ver- 
führen lassen. 


Der  hellenische  Bund  des  Jahres  371  v.  Ch.  351 

materiellen  Antrag  zu  stellen^,  ersehen  wir  aus  einem  Paesue 
in  dem  Dogma  der  Symmachen,  welches  den  Verhandlungen  über 
den  philokrateiechen  Frieden  voraufging  (Aeschines  πβρι  παρα- 
πρ6σβ€ίας  §60:  δ  τι  b'  δν  βουλεύσηται  ό  οήμος,  τουτ'  είναι 
κοινόν  δόγμα  τών  συμμάχων).  Endlich  habe  ich  bereite  die 
Möglichkeit  berührt,  dass  Rath  and  Synedrion  parallele  Vor- 
lebläge  einbrachten;  ein  Zeagniss  dafür  besitzen  wir  an  der  Ur- 
farnde  CIA.  II  57^  =  SyUoge  83  (Z.  12flf.  επειδή  b]k  o\  σύμ- 
μαχοι δόγμα  ειςήνειγκαν  εΙς  [τήν  βουλήν,  δ]έχεσθαι  τήν  συμ- 
μαχίαν  καθά  έπαγγίλ[λονται  ο\  Άρ]κά5ες  καΐ  'Αχαιοί  καιΉλεϊοι 
και  Φλε[ιάσιοι,  και  ή  βο]υλή  προυβούλευσεν  κατά  ταύτα), 
nach  welcher  damals  die  von  beiden  Seiten  stammenden  Anträge 
sieh  deckten^.  Für  die  entgegengesetzte  Eventualität,  dass  die 
^Positionen  der  beiden  Körperschaften  mit  einander  im  Wider- 
sprach waren,  sind  die  Verhandlungen  über  den  philokrateiechen 
Frieden  ungemein  lehrreich.  Ich  darf  die  Ergebnisse  der  letzten 
Forschungen  über  diesen  geschichtlichen  Vorgang  als  bekannt 
Toraussetzen ;  auch  der  Satz,  dass  die  beiden  von  Aeschines  (περί 
ηχραπρεσβείας  §  60  und  Ctesiph.  §.  69.  70)  mitgetheilten  δόγ- 
ματα der  Symmachen  nicht  mit  einander  zu  identificiren  sind, 
durfte  jetzt  wohl  allgemein  anerkannt  sein  ^.  Das  erste,  der  Zeit 
nach  frühere  Dogma  (Aeschines  περ\  παραπρεσβείας  §  60)  be- 
nebt sich  auf  das  bereits  angenommene,  von  Demosthenes  her- 
'fibrende  Psephisma^  (bei  Aesch.  Ctesiph.  §  67)  und  wurde  in  der 
jn  8.  Elaphebolion  des  Jahres  Ol.  108,  2  abgehaltenen  Volks- 
•-ersammlung  verhandelt;  gegen  die  Vorschläge  des  Synedrion 
rundete  sich  Demosthenes  mit  seinem  weiteren,  von  Aeschines 
Γερι  παραπρεσβ.  §  61  mitgetheilten  Antragt  und  letzterer  wurde 
η  der  genannten  Ekklesie  zum  Beschluss  erhoben•  Obwohl  nun 
aa  Synedrion  mit  seiner  Meinung  unterlegen  war,  suchte  es  doch 


1  Hartel,  Demosth.  Stud.  2,  82;  Hock,  Jahrb.  f.  kl.  Philol. 
27,  519. 

2  Dazu  Koehler,  Ath.  Mittheil.  1,  198  und  Hartel,  Demosth• 
tud.  2,  77. 

8  Zuerst  ausgesprochen  von  Böhnecke,  Forschungen  auf  dem  Ge- 
ete  der  att.  Redner  1  391.  392  mit  Hervorhebung  der  meisten  in 
etracht  kommenden  Momente,  dann  ausführlich  bewiesen  von  Hock, 
ermes  XIV  121ff.    Anders  noch  Schaefer,  Demosth.  u.  s.  Z.2  2,  217  ff• 

*  Cf.  Hartel,  Demosth.  Stud.  2,  82.  83. 

δ  üeber  dessen  Inhalt  Hartel  1.  1.  2,  33  ff.  39  ff. 


352        Swoboda   Der  hellenische  Bund  des  Jahree  871  ▼.  Ch. 

seine    auf  Vereitlung   eines  Bündnisses   mit  Philipp   abnelenden 
Absichten    in    anderer    Form    durchzusetzen    (πρώτον  μέν  Τ^Ρ 
έγραψαν   υπέρ  εΙρήνης    ύμας  μόνον  βουλεύσασθαι)  und  diesen 
Zweck  verfolgte  ein  zweites  Dogma  (Aeschines  Ctesiph.  §  69. 70), 
über  welches  am  18.  und  19.  Elaphebolion  berauben  wurde.  Ibm 
stellte  Philokrates   seinen  Entwurf  entgegen^»    welcher   schliesa- 
lich  auch  zur  Annahme  gelangte.     Für  unsere  Auffassung  ist  es 
am  Wichtigsten,    dass   die  beiden,   gegen  die  Dogmen  des  Syne- 
drion  genchteten  Anträge  probuleumatisoh  waren    d.  h.    aus  der 
Mitte  des  Rathes  stammten  und  in  dessen  Namen  an  die  Volke- 
yersammlung   gebracht  wurden;    denn    nicht  bloss  Demosthenest 
sondern  auch  Philokrates  war  im  Jahre  Ol.  108,  2  Mitglied  des 
Eathes^.     Die  Ekklesie  hatte  also  in  ähnlichen  Fällen  die  freie 
Wahl  zwischen  den  Vorschlägen,  die  von  der  einen  und  der  an- 
deren Seite  gemacht  wurden  —  sie  konnte  auch  beide  ablehnen; 
jedesfalls  lag  aber  die  endgültige  Entscheidung  an  ihr,    sie  war 
die  letzte  Instanz,  deren  Besohluss,  wie  immer  er  ausfallen  mochtet 
sich  dann  die  Bundesgenossen  unterordneten.     Dies  sieht  man  am 
besten  daraus,  dass  das  Synedrion,  obwohl  sein  Dogma  verworfen 
worden  war,  den  Eid   auf  den  Frieden    des  Philokrates    leiiteto 
(Aeschines  Gies.  %  74).     Die  von  Hock  ausgesprochene  An8icht^ 
dass  das  Synedrion  den  Vertrag  nachträglich,  in  der  Zwischenzeit 
bis  zu  der  Beschwörung,  genehmigt  habe,  kann  nicht  den  Schatten 
eines  Beweises  für  sich  beanspruchen^  und  ist  im  Widerstreit  zu 
dem  attischen  Staatsrecht,  welchem   derlei  nachträgliche  Bestäti* 
gungen  ganz  unbekannt  sind.     Es  wird  die  Stellung,   welche  das 
Synedrion  in  dieser  Beziehung  einnahm,    auch  vor  dem   Bundes- 
genossenkrieg  rechtlich  keine   andere  gewesen   sein    als    die    aus 
den  Verhandlungen  des  Jahres  34Γ)  bekannte;  freilich  dürfte  Athen 
in  früherer  Zeit  sich  den  Wünschen  der  Bundesgenossen  entgegen- 
kommender  erwiesen  haben  als  damals. 

Prag.  Heinrich  Swoboda. 


*  Reconstruirt  von  Ilartel  88.  89. 

2  Ilai'tel  a.  a.  0.  2,  24.  99.  100,  Schäfer  DemosthenesS  II  2iK>. 
Uober  Demosthenoa  auch  Ilartel  38. 

»  Hormos  14,  128  und  Jahrb.  f.  kl.  Philo].  117.  476.  47S.  An- 
genommen  von  Lenz  S.  (ίΟ. 

*  V^l.  auch  Gilbert,  Griecli.  StaataalterthümerS  1,  496. 


Aethiopien. 


Plinias  gibt  VI  180  die  Städte  Aethiopiene  auf  der  linken 
Nilseite  an.     Den  ganzen  Paragraphen    hat  er  Bion   entnommen; 
tt  entspricht  derselbe  dem  §  178,    wo    er   nach    demselben  Ge- 
währsmann die  Städte    auf  dem  rechten  Nilufer  anführt.     Unter 
den  in  §  180  genannten  Orten  haben  zwei  Anspruch  auf  ein  all- 
gemeineres Interesse,  nämlich  Mulon,  das  nach  Bion  von  den  Grie- 
chen Hypaton  genannt  wurde,  und  Zamnes,  von  wo  an  es  in  seiner 
Zeit  Elefanten  gab. 

Wenn  die  Griechen  jenen  Ort  Hypaton  genannt  haben,  so 
kann  dieser  Name  nur  dasselbe  bezeichnen,  wie  ein  anderer  Ort 
Aethiopiens,  der  von  den  Kömem  Prima  genannt  wurde  nnd  von 
dem  wir  später  sprechen  werden.  £s  ist  demnach  Mulon-Hypa- 
ton  die  oberste  Stadt  am  Nil  gewesen,  wenn  man  flussaufwärts 
kam,  und  die  erste  Stadt  für  die,  welche  von  S.  nach  N.  zogen, 
d.  li.  ans  Aethiopien  nach  Aegypten:  Eaufleuten,  den  Bahn- 
brechem  griechischer  Kultur,  verdankte  also  der  Ort  seinen 
Namen.  Es  wäre  deshalb  von  grösstem  Interesse,  wenn  man 
diesen  Ort  Mulon  geographisch  festlegen  könnte,  damit  man  im 
Stande  wäre,  die  Breite  zu  bestimmen,  bis  zu  der  in  einer  ge- 
wissen, vor  Bion  liegenden  Zeit  die  Griechen  ihren  Handel  am 
Nil  aufwärts  ausgedehnt  haben.  Die  Stadt  Mulon  wird  nur  von 
Flinins  citirt:  im  Zeitalter  des  Augustus,  als  der  Präfekt  Aegyp- 
tens,  P.  Petronius,  (ungefähr  im  J.  25  v.  Chr.)  seinen  Zug  gegen 
Aethiopien  unternahm,  existirte  die  Stadt  nicht  mehr  (vgl.  Plin. 
YI  181)  oder,  um  uns  genauer  auszudrücken,  sie  wird  nicht  unter 
den  Orten  genannt,  die  er  eroberte;  sie  kann  also  damals  noch 
existirt  haben,    muss    aber  in  diesem  Falle  von  untergeordneter 

Mm.  t  PbUoJ.  N.  F.  XLIX.  ^'Λ 


854  Schwarz 

Bedeutung  gewesen  sein.  Unter  den  Städten,  die  Ptolem&iii  als 
auf  dem  linken  Nilufer  gelegen  anführt,  begegnet  ein  Ort  Kon 
(IV  7,  17).  Dieser  Name  ist  dem  der  Stadt  Mulon  so  äholich, 
dass  der  Gedanke  nahe  liegt,  Moru  und  Mulon  seien  verschiedene  Na- 
mensformen für  einen  und  denselben  Ort.  Diese  Yermuthung  wird 
durch  Folgendes  zur  Gewissheit.  Plinins  nennt  VI  180  fiinfand- 
zwanzig  Orte,  die  zwischen  der  Breite  von  Syene  und  der  von 
Meroe  lagen.  Jene  Stadt  befindet  sich  nach  Ptol.  (IV  5,  73) 
unter  23^  50'  n.  B.,  diese  dagegen  unter  16»  25'  (IV  7,  21). 
Beide  Breitenbestimmungen  sind  ziemlich  richtig;  dass  beide  Orte 
etwas  nach  Süden  gerückt  sind,  verschlägt  für  uns  wenig.  Der  \ 
Breitenunterschied  zwischen  beiden  Orten  beträgt  also  7®  25'. 
Da  nun  der  Nil  auf  dieser  Strecke,  abgesehen  von  einer  gröseem 
Schleife,  südnördlich  gerichtet  ist,  können  wir  annähernd  die 
geographische  Breite  von  Mulon  bestimmen,  wenn  wir  die  ge* 
nannten  Ί^  25'  in  25  Theile  (entsprechend  den  25  Städten)  ze^ 
legen  und  Mulon,  die  19.  von  den  25  Städten,  ^Vsö  von  7^2h*ui' 
lieber  als  Syene  setzen.  Danach  liegt  diese  Stadt  unter  18®  iC. 
Gegen  diese  Kechenweise  wird  man  natürlich  Bedenken  habei, 
aber  der  Fehler,  den  wir  begehen,  redazirt  sich  dadurch,  dan 
er  sich  auf  25  Theile  vertheilt.  Mit  unserer  Keohnung  stimmt 
nun  auch  in  auffälliger  Weise  Ptolemäus  überein,  er  setzt  seine 
Stadt  Moru  unter  18^40':  die  geringe  Differenz  von  30'  ist  der 
beste  Beweis  dafür,  dass  Mulon,  wie  die  Stadt  bei  Bion  heieit^ 
und  Moru,  die  Stadt  des  Ptolemäus,  identisch  sind.  Zur  Erbsr 
tung  des  Vorigen  in  mehrfacher  Hinsicht  können  wir  auf  die 
Stadt  Bnma  (nach  Bion  bei  Plin.  YI  180)  hinweisen,  die  mi^ 
Boon  bei  Ptolemäus  (IV  7,  15)  identisch  sein  muss.  Wenden 
wir  die  Rechenweise,  deren  wir  uns  oben  bedienten,  auf  Bnm» 
an,  so  muss  dasselbe,  da  es  die  8.  Stadt  unter  den  25  ist,  % 
von  70  25'  =  2«  25'  südlicher  als  Syene,  d.  h.  unter  21^  25' 
liegen.  Die  Stadt  Boon  befindet  (!>ich  nach  Ptolemäus  unter  21* 
40';  wir  haben  demnach  nur  eine  Differenz  von  15',  die  so  gering 
ist,  dass  Buma  und  Boon  identisch  sein  müssen.  Dazu  ist  ^ 
nicht  auffällig,  dass  aus  Mulon  Moru  und  aus  Buma  Boon  wurde•' 
die  Griechen  haben  danach  gestrebt,  sich  die  fremden  Namen 
leichter  verständlich  zu  machen ;  aus  Buma  wurde  Boon  (Boiuv 
oder  Βοών  nach  Ptolemäus  a.  a.  0.),  indem  man  die  Stadt  mit  βοΟζ 
in  Verbindung  brachte,  und  aus  Mulon  schufen  sich  die  ägyp- 
tischen Griechen  den  Genetiv  Μόρου  wie  aus  Buma  den  Genetiv 
Boon,  weil  sie  gewohnt  waren    ihre  Städte  in  diesem  (^asus  mit 


Aethiopien.  955 

er  ohne  πόλις  zu  nennen.  Man  vergleiche  von  ägyptischen 
adten  z.  B.  'Αγκύρων  πόλις  und  Μύλιυν,  sowie  Νικίου  und 
ιιρέου. 

Mulon  hat  demnach  ungefähr  unter  18^  40'  n.  B.  gelegen: 
I  zu  diesem  Punkte  ist  man  vor  der  Zeit  Bions  vorgedrungen, 
b.  dieser  Ort  ist  lange  Zeit  der  Vorort  des  griechischen  Hän- 
sle in  Aethiopien  gewesen.  Da  Bion  von  Varro  rerum  rust. 
1,  8  citirt  wird,  Varro  aber  dieses  Werk  im  J.  37  abfasste, 
>  mass  Bion  vor  diesem  Jahre  gelebt  haben ;  da  ferner  von 
lin.  VI  183  (nach  dem  Codex  Paris.  6975)  Bion  hinter  Aristo- 
ton  als  Erforscher  Aethiopiens  genannt  wird,  dieser  Grieche 
)er  nach  Schneiders  Conjektur  zu  Ael.  h.  a.  VII  40  ein  Zeit- 
inosse  des  Hermippos  (t  nach  204)  war,  so  muss  Bion  zwischen 
)0  und  50  geschrieben  haben.  Es  sind  demnach  die  Griechen 
sr  Ptolemäerzeit  bis  etwa  19^  n.  B.  nach  Süden  vorgedrungen 
id  haben  in  der  Stadt  Mulon-Hypaton  einen  Stützpunkt  für  ihren 
hiopischen  Handel  am  Nil  gehabt.  Wann  sie  sich  hier  festge- 
tzt  haben,  kann  man  nicht  genau  bestimmen,  jedenfalls  ist  es 
»r  Bion,  höchst  wahrscheinlich  auch  schon  vor  Aristooreon,  also 
ir  200  V.  Chr.  geschehen,  da  dieser  an  Hypaton  eine  wichtige 
ätze  gehabt  haben  wird  bei  seinem  Unternehmen  über  Meroe 
Daus  nach  S.  vorzudringen. 

Für  die  Römerzeit  übernahm  die  Rolle  von  Hypaton  der 
rt  Prima,  welcher,  wie  uns  von  Olympiodorus,  der  noch  im  J. 
Ιδ  schrieb,  versichert  wird  (Müller,  Frhgr.  IV  66a),  ursprüng- 
th  die  südlichste  Stadt  Aegyptens  war  und  deshalb  von  den 
Smem  den  Namen  Prima  hatte.  Derselbe  beruht  auf  einer  fal- 
ben Analogie:  wir  kennen  nämlich  durch  Ptol.  IV  7,  19  zwei 
rte  des  Namens  ΤΤρίμις  oder  ΤΤρήμις;  dieser  Form  entspricht 
d  8trab.  820  ΤΤρήμνις.  Zu  diesen  sich  entsprechenden  4  Namen 
»mmen  noch  2  andere;  Bion  nennt  nebeneinander  als  Städte  auf 
!r  linken  Nilseite  Remni  und  Nups  (Plin.  VI  178)  und  Juba 
179)^ Primi  und  Nups:  Remni,  Premnis,  Premis,  Primi,  Pri- 
is  und  Prima  sind  also  Namen    für  eine  und    dieselbe  Sache  ^. 


^  Nach  diesen  Ausführangen  kann  man  nicht  mehr  daran  zwei- 
in, daes  Mulon  aod  Moni,  sowie  Buma  und  Boon,  wie  schon  oben 
igenommen  wurde,  identisch  sind.  Wir  können  noch  andere  Orte 
igeben,  die  ebenfalls  sich  decken  müssen,  die  aber  bei  Hion  eine  an• 
re  Namensform  haben  als  bei  Juba  (Plin.  VI  178 f.):  Arauiam  — 
nmum,  Sesamos  —  Sesamum,  Meae  —  Emeum,  Megada  —  M^^^d%^ 


356  Schwarz 

Nach  Ptol.  a.  a.  0.  gab  es  ein  Primis  Parva,   das  unter  19^  SO', 
und  ein  Primie  Magna,  das  nnter  17^  n.  B.  lag;  nach  dem  Süldte- 
yerzeicliniee  Bione  muse  seine  Stadt  Remni  nnter    18®  55',  ntch 
demjenigen  Jabas  Primi  unter  19®  50'  gelegen  haben,  wenn  wir 
in  der  oben  angegebenen  Weise  die  geographische  Breite    dieser 
Orte  annähernd  bestimmen.     Remni  und  Primi  sind  wie  wir  ge- 
sehen identisch ;  gemäss  ihrer  Lage  decken  sie  eich  nur  mit  dem 
Primis  Parva  des  Ptolemäus:  die  Differenz  beträgt  für  Bion  35, 
für  Juba  nur  20'.      Mit  keinem  der  zwei  Primie    des  Ptolemaitf 
deckt  sich  das  von  Plin.  VI  181  erwähnte  Primi.     Plinins  nennt 
an    dieser  Stelle    der  Reihe    nach    von    N.  nach  S.  7  Orte  der 
Aethiopen,  die  Petronius  anf  seinem  oben  erwähnten  Eriegsnige 
erobert  hat,  nämlich  Pselcis,  Primi,   Bocchis,   Forum  Gambneii^ 
Attenia,  Stadissis  und  Nepata.    Strabon,  der  S.  820  von  demselben 
Zug  erzählt,  nennt  nur  Pselkis  und  Premnis  und   geht  dann  inr 
Einnahme  von  Napata  über.     Primi  lag  also  im  N.  von  Bocchii, 
welches  sich,  da  es  mit  dem  Orte  Boon  des  Ptolemäus  identisoh 
ist,  unter  21®  40'  (IV  7,  15)  oder  richtiger  unter  21«  50' befand. 
Pselkis  lag  unter  23^30'  n.B.  (=  icT  Ä,  wie  Ptolemäus  IV  5, 74 
ursprünglich  statt  κγ  iß'  =  23*  5'  hat  schreiben  wollen).     Der  ; 
Breitenunterschied    zwischen    Pselkis    und   Bocchis   ist    demnaeli  i 
1°  50';   setzen  wir  nun  Primi,    um  seine  Lage  ungefähr  geogr»• 
phisch  bestimmen  zu  können,  in  die  Mitte  zwischen  diesen  beiden 
Orten,  so  lag  es  unter  22®  35':    unter  22®  40'    liegt  aber  heute 
auf  dem  rechten  Nilufer  der  Ort  I-Brim;    Primis  hat  also  unter 
22®  40'  gelegen. 

Es  könnte  auffällig  erscheinen,  dass  es  in  Aethiopien  3  Orte 
des  Namens  Premi  oder  Primi  gegeben  hat.  Wir  wissen  aber 
von  dem  zuletzt  behandelten  durch  Strabon  a.'a.  0.,  dass  es  eine 

Lea  —  Galen,  Direa  —  Dicelin,  Patigga  —  Patingan  u.  a.  Danach 
ii^  es  auch  sicher,  dass  Buma  —  Boon  identisch  ist  mit  Bocchis,  wie 
die  Stadt  in  dem  Verzeichnisse,  welches  die  Kriegsthaten  des  Petroniuf 
unter  Augustus  enthält,  genannt  wird  (Plin.  VI  181),  und  mit  Boncbis 
das  nach  Steph.  Byz.  S.  191,  10  M.  beim  3.  Katarrakt  lag.  Der  1 
Katarrakt  war  nämlich  der  von  Elephantine,  der  2.  wird  von  Ptol.  Γ 
7,  14  der  grosse  genannt  und  unter  22®  50'  gesetzt,  der  3.  muss  wegei 
der  Stadt  Bonchis-Boon  unter  21^  40'  gelegen  haben.  Dieser  3.  wa 
demnach  mit  unserem  heutigen  zweiten  Nilkatarrakt  identisch,  de 
unter  21»  50'  liegt. 

*  Forum  Cambusis   ist    identisch   rait  dem  von  Ptolemäus  (§  If: 
erwähnten  Orte  Καμβύσου  ταμιεια,  lag  demnach  unter  18®  30'. 


Aethiopien.  867 

Ιρυμνή  πόλις  war,  und  nooh  in  späterer  Zeit  diente  dieser  Ort 
lern  äthiopischen  Stamme  als  feste  Burg  im  Kampfe  mit  den 
Römern.  Mit  dem  Namen  Primi  müssen  demnach  die  Aethiopen 
nne  befestigte  Anhöhe  bezeichnet  haben,  unter  denen  die  unter 
220  40'  gelegene  lange  Zeit  für  die  Römer  von  besonderer  Be- 
deutung gewesen  ist.  Von  Petronius  wurde  sie  ungefähr  25  v. 
Chr.  erobert  und  nach  Beendigung  des  Eriegszuges  zu  einem  Vor- 
werk des  römischen  Reiches  gemacht :  τήν  . .  ΤΤρήμνιν  Τ€ΐχί(Τας 
βΑτιον,  φρουράν  εμβολών  και  τροφήν  δυεΐν  ένιαυτών  τετρα- 
κοσίοις  όνοράσιν,  Petronius  άπηρεν  εΙς  Άλεδάνορειαν  (Strab. 
820).  Diese  Bolle  hat  Primi  noch  lange  gespielt:  es  wurde 
für  die  Bömer  das,  was  Hypaton  für  die  Griechen  gewesen  war. 
Während  diese  aber  einen  in  Bezug  auf  den  Handel  besonders 
fünetigen  Punkt  ausgesucht  und  sich  deshalb  unter  18^  40'  am 
Nil  festgesetzt  hatten,  wählten  die  Bömer  einen  strategisch  wich- 
tigen Punkt:  dies  war  für  sie  entscheidend,  vier  Breitengrade 
logen  sie  sich  vor  den  Aethiopen  nach  Norden  zurück,  da  es 
ihnen  auf  Behauptung  des  erworbenen  Gebiets,  nicht  so  sehr  auf 
Erwerbung  von  Beichthümern  ankam.  Gleichwohl  hat  auch  die 
Feetang  Primi  wie  früher  Hypaton  dem  Handel  hervorragende 
Dienste  geleistet.  Für  den  Römer,  der  aus  dem  Gebiet  der 
Aethiopen  kam,  war  sie  der  erste  Ort,  in  dem  man  sich  wieder 
heimisch  fühlte;  deshalb  haben  römische  Eaufleute  —  denn  nur 
^eee  können  es  gethan  haben  —  den  für  sie  unverständlichen 
Kamen  Primi  in  Prima  umgeändert.  Im  4.  Jahrhundert  ist  die- 
wr  Ort  wieder  in  die  Gewalt  der  dort  ansässigen  Aethiopen,  der 
Blemmyer,  gerathen  (Olympiodor  a.  a.  0.) ;  nur  für  kurze  Zeit  ist 
»  den  Römern  später  noch  einmal  gelungen,  Herren  dieses  Volks- 
tammes zu  werden.  Aber  mit  der  Bedeutung  von  Primi  war 
β  für  immer  vorbei,  wie  auch  Hypaton  schon  längere  Zeit 
er  dem  £nde  der  Ptolemäer  als  Handelsplatz  untergegangen 
sin  wird. 

Während  unsere  bisherigen  Untersuchungen  der  Handels- 
sschichte  und  der  Geographie  dienen,  ist  das  folgende  auch  für 
e  Naturgeschichte  von  Interesse.  Nach  Bion  beginnen  die  Ele- 
nten  bei  Zamnes,  dem  zweiten  Orte  im  S.  von  Hypaton  (Plin. 
I  180),  demnach  etwa  unter  18°;  unter  Nero  fanden  die  Eund- 
hafter,  die  dieser  Kaiser  (ungefähr  im  J.  65)  nach  Aethiopien 
isandt  hatte,  die  ersten  Spuren  von  Elefanten  am  Nil  bei  der 
AdtMeroe,  d.  h.  nach  Ptolemäus  unter  16o  25'  (Plin.  VI  185). 
ie  Elefanten  waren  also  in  100—200  Jahren  soweit  nach  Süden 


358  Schw&TE 

zarückge wichen.  Wir  können  aber  noch  genauer  featetelleD,  y 
die  Elefanten  sich  immer  mehr  vor  den  Menechen  znrüokgezoi 
haben,  um  ihren  Verfolgungen  zu  entgehen. 

Im  Zeitalter  der  Pharaonen  war    die  Ineel  Elephantine 
Markt    der  Aegypter  und  Nubier;    sie   hiee    damals  Abu,   d. 
Elefantenineel,    weil  Elfenbein    der  wichtigste  Artikel  in   ilii 
Handel  war.     Die  Griechen  haben  den  Namen  Abu    mit  £lel 
tine  tibersetzt.     Beim  Beginn  der  Ptolemäerzeit  muss  der  £1 
beinhandel  in  dieser  Stadt  schon  längst  aufgehört  haben  oder  d 
wenigstens  von  keiner  Bedeutung  mehr  gewesen  sein,    da  sc 
die  ersten  Ptolemäer    auf   alle  Weise    zu   den   Jagdgrtinden 
Elefanten  zu  gelangen  suchten.     Man    konnte    dies   auf  dopp 
Weise  erreichen,  entweder  dadurch,  dass  man   am  Nil  vordn 
oder  dadurch,    dass   man  von  der  Meeresküste  aus,    an  der 
unter    geringeren  Gefahren    nach    Süden    kommen    konnte, 
Aufenthalt   der  Elefanten    zu   gelangen  suchte.      Die   Ptoleii 
haben  beides  gethan,    wenn    unsere  Quellen    anch   nur  über 
letztere  Auskunft  geben;    das  erstere  müssen   sie  gethan  ha 
weil  es   das  nächstliegende  war   und    weil    sie    in    diesem  1 
den  Spuren    der   frühern   Beherrscher  Aegyptens   folgten, 
zweiten  Weg  gefunden  zu  haben  ist  dagegen    das  Verdienst 
Ptolemäer. 

Noch  in  der  römischen  Kaiserzeit  kamen    die  Elefantei 
bend  oder  todt  nilabwärts  aus  Aethiopien  nach  Aegypten.     I 
nal  spricht  11,  124  von  den  Elefantenzähnen,  die  über  Syene 
er  das  Thor  Aegyptens  nennt,  importirt  wurden,  und  noch  i 
werden  in  der  späteren  Kaiserzeit  lebende  Elefanten  aus  Aethic 
nach  Aegypten  gebracht  worden  sein,  als  zur  Zeit  Jubas,  der  (bei 
n.  an.  IX  58)  dies  von  der  seinigen  berichtet.    Es  lag  dahe: 
die  Ptolemäer  am  nächsten,  nilaufwärts  vorzudringen,  um  in 
Besitz  des  im  Alterthum  so  viel  begehrten  Elfenbeins  zu  gelai 
Der  einzige  Ort  Inneräthiopiens,  von  dem  wir  wissen,  dass  er 
mal  Stützpunkt  des    griechischen  Handels    gewesen    ist,    ist 
oben  genannte  Mulon-Hypaton.     Da  aber   der  wichtigste  Ai 
im  Handel  mit  Aethiopien  das  Elfenbein  war,    so  müssen  ii 
Zeit,  als  die  Griechen    sich  hier  festsetzten,    die  Elefanten 
in  der  Breite  von  Hypaton  ihre  Weideplätze  gehabt  haben. 
Ptolemäus  II.  (285 — 247)    den  vorhin    erwähnten    zweiten 
einschlug,  um  des  Elfenbeins  habhaft  zu  werden,    so  ist  es 
wahrscheinlich,    dass  man  sich  unter  ihm  auch  in  Hypaton 
gesetzt  hat.     Später  kann  dies    nicht  geschehen    sein,   hoch 


Aethiopien.  859 

m\ge  wenige  Jahrzehnte  vor  seiner  Regierung.  Zar  Zeit  Bione 
(zwiecben  200  und  50)  reichten  die  Elefanten  nur  noch  bis  Zamnee 
nach  Norden  (Plin.  VI  180),  zur  Zeit  Neros  (etwa  65  n.  Chr.)  traf 
man  auf  die  ersten  Sparen  derselben  bei  Meroe  (Plin.  VI  185).  Um 
280  befanden  sich  demnach  die  Elefanten  noch  unter  19^  n.  B.  (bei 
fiypaton),  um  etwa  120  v.  Chr.  unter  18<>  (bei  Zamnes)  und  um 
65  n.  Chr.  begegnen  sie  erst  unter  17^  am  Nil  (bei  Meroe).  Sie 
lind  also  in  rund  150  Jahren  in  der  Nähe  des  Nils  um  einen 
Breitengrad  vor  den  Verfolgungen  der  Menschen  zurtickge- 
wichen. 

Das  Verdienst,  den  zweiten  Weg  betreten  zu  haben,  ge- 
bührt dem  schon  genannten  Ptolemäus  II.  Von  ihm  erhielt  Sa- 
tjrroe  den  bestimmten  Auftrag,  die  Küste  der  Trogodyten  in 
Bezug  auf  die  Elefantenjagd  zu  erforschen.  Er  befuhr  die  Ost- 
küete  Aegyptens  von  N.  nach  S.  und  legte  an  den  dazu  geeigne- 
ten Punkten  Häfen  an,  unter  denen  Philotera,  Arsinoe,  Myos  hor- 
moB  und  Berenike  am  berühmtesten  geworden  sind  (Strab.  769). 
Derjenige  Hafen  aber,  welcher  der  Ausfuhrort  für  Elfenbein  unter 
Ptolemäus  U.  wurde,  ist  nicht  von  ihm,  sondern  von  Eumedes 
gegründet  worden  (Strab.  770).  Vermuthlich  wurde  Satyros  dieses 
Auftrags  enthoben,  weil  man  der  Dienste  des  geschickten  Architekten 
suandem  Unternehmungen  benöthigte(Plin.XXX  VI  67  und  CIG.  Add. 
4836  b).  Eumedes,  der  neue  Kommandant  der  Expedition,  legte  dann 
Ptolemais  in  einem  waldreichen  Gebiet  (Plin.  VI  171)  unter  16^  25' 
(Ptol.  IV  7,  7)  an.  Wegen  des  besondem  Zweckes,  dem  Ptole- 
aaie  diente,  erhielt  es  den  Beinamen  Theron  (θηρών)  und  Epi- 
Aeras  (έπ\  θήρας).    Ptolemäus  U.  Hess  die  Elefantenjagd  von  hier 

I 

'■  wu  sehr  rationell  betreiben  und  setzte  grosse  Prämien   für    die- 
lelbe  aus  (Agatharch.  78  bei  Müller  Ggrm.  I  S.  162).     So  hat  sich 
^ese  Jagd,  mag  sie  auch  ursprünglich  zumeist  einer  Liebhaberei 
Ptolemäus'  II.  ihren  Ursprung  verdanken,  unter  den  Ptolemäem 
Uer  gehalten;  unter  ihrer  Regierung  lag  die  Bevölkerung  haupt- 
•iohlich    dieser   Jagd    ob,     welche    sie    tief  ins    Innere    führte 
(PeripL  maris  Erythr.  3).     Aber  auch  hier  war  es  mit   der  Er- 
beatung  von  Elfenbein,    also  mit  der  Elefantenjagd,    ziemlich  zu 
Ende,    als    der  Periplus  maris  Erythraei   abgefasst  wurde,  d.  h., 
wie  wir  an  anderer  Stelle    (Der  Schoinos,  Berlin  1894    S.  67 f.) 
gezeigt  haben,  in  den  J.  14—19  n.  Chr.  (vgl.  c.  3:    ευρίσκεται 
ίν  Πτολεμαίοι  ποτέ    μέν  έλέφας  ολίγος).     Jedoch  nicht  erst  in 
so  später  Zeit  zeigte  es  sich,  dass  Ptolemais  den  Bedarf  an  Elfen- 
bein und   Elefanten    nicht  zu    decken    vermöge,    sondern    schon 


360  Schwarz 

Ptolemäue'  II.  Nachfolger,  Ptolemäus  III.  (247—221),  tah  eich 
gezwangen,  eine  neue  Expedition  anszusenden,  welche  Simmitf 
befehligte  (Agatharch.  41  bei  Müller  Grgrm.  I  S.  135).  Er  bat 
zu  diesem  Behufe  die  Küste  von  Ptolemais  bie  zum  Vorgebirge 
Tanroi  untersucht  (Agath.  84  bei  Müller  I  S.  174). 

Im  Zeitalter  des  Tiberius  waren  Ptolemais  (Peripl.  3),  Aduli, 
das  nördlich  von   15^  n.  B.  lag,    sowie  die  an  den  Südrand  des 
Busens  von  Aduli  angrenzende  Gegend  (6),  Aualites  (7),  welebei 
im  S.  der  Strasse  von  B&b  el-Mandeb  gelegen  war,    und  Moeyl- 
lon  (10),    das  noch  im  W.   des  Kaps  Guardafui  sioh  befand,  die 
Exporthäfen  Aethiopiens  für  Elfenbein.     Von  diesen  Orten  batte 
aber  nur  Aduli  und   seine  Umgegend   eine    besondere  Bedentosg 
für  den  Elfenbein-  und  Elefantenhandel :  von  Aduli  gelangte  mas 
in  3  Tagen  nach  Koloe^,    dem  Haupthandelsplatz    für  Elfenbein 
(Peripl.  4 :    πρώτον    έμπόριον  του  έλέφαντος).     Von  hier  kam 
man  in  5  Tagen  nach  Auxumis.      In   diese  Stadt   strömte   alles 
Elfenbein  aus  den  Gebieten    rechts    des  Nil  zusammen:    damali 
mussten  die  Elefanten  in  diesen  höher  gelegenen  Gebieten  gejagt 
werden,    nur  noch  selten  kamen    sie  bis   in  die  Nähe  von  Aduli 
(Peripl.  a.  a.  0.). 

Ein  ganz  anderes  Bild  tritt  uns  zum  Sohluse  unter  Jnstinian 
(527 — 565)  entgegen.  Unter  diesem  Kaiser  (vgl.  Müller  Frhgr. 
IV  S.  178a)  legte  Nonnosus  den  Weg  von  Adulis  nach  Auxumis 
zurück.  Er  hat  uns  selbst  einen  Bericht  über  diese  Reise  hinter- 
lassen (bei  Müller  Frhgr.  IV  S.  180  a),  der  zwar  etwas  übertrieben 
ist^,  der  aber  für  uns  die  völlig  glaubwürdige  Nachricht  enthält, 
eine  bedeutendere  Anzahl  Elefanten  habe  bei  Aue,  das  in  der 
Mitte  des  Weges  von  Adulis  nach  Auxumis  lag,  in  einer  grossen 
Ebene  geweidet. 

Im  5.  Jahrhundert  weideten  demnach  die  Elefanten  wieder 
in  grossen  Herden  östlich  von  Axum,  während  sie  beim  Be- 
ginn des  ].  Jahrhunderts  im  fernen  Westen  von  dieser  Stadt 
gejagt  worden  waren.  Dieses  Vordringen  der  Elefanten  kann 
nur    dadurch   gekommen    sein,    dass    in    Folge    des  Niedergangs 

^  Nicht  weit  davon  müssen  die  Α  Sachen  gewohnt  haben,  die  nach 
Plin.  VI  101,  fünf  Tagereisen  vom  Meer  entfernt,  von  der  Klefanten- 
jagd  im  Gebirge  leben. 

2  So  will  Nonnosus  15  Tage  zu  dieser  Keise  gebraucht  haben, 
während  sie  nach  Prokop  (b.  Fers.  I  19  s.  101  Bonn.)  12,  nach  dem 
Peripl.  c.  4  sogar  nur  8  Tagereisen  lang  war,  und  so  will  er  gegen 
5000  Elefanten  an  einem  Punkte  weiden  gesehen  haben. 


Aethiopien.  361 

des  Handele    die  Jagd    auf   die    Thiere    bedeutend    nachgelassen 
batte. 

Führen  wir  uns  die  Entwickelung  dieser  Jagd  noch  einmal 
<ier  Reihe  nach  vor,  so  finden  wir  folgendes.  Ptolemäns  II. 
läset  Ptolemais  als  Elfenbeinmarkt  anlegen.  Seine  Produktion 
genagt  aber  nicht.  Schon  sein  Nachfolger  Ptolemäus  III.  muss 
weiter  südlich  von  der  Meeresküste  aus  zu  den  Weidebezirken 
der  Elefanten  zu  gelangen  suchen.  Später  scheint  das  Eönigthum 
die  Elefantenjagd  nicht  mehr  so  wie  früher  unterstützt  zu  haben, 
Pnvate  drängten  sich  immer  mehr  hervor,  da  der  Elfenbeinhandel 
eehr  ergiebig  war  und  das  Elfenbein  ein  immer  mehr  gesucliter 
Bandeleartihel  wurde.  Noch  in  der  Ptolemäerzeit  muss  man 
daraufhin  Aduli  als  Hauptelfenbeinmarkt  angelegt  haben.  Aber 
weh  hier  wichen  die  Elefanten  immer  mehr  vor  ihren  Verfolgern 
zurück.  Da  wurde  das  drei  Tagereisen  von  Aduli  gelegene  Eoloe 
der  Hauptmarkt;  aber  im  1.  Jahrhundert  n.  Chr.,  in  der  Zeit  des 
Kaisers  Tiberius,  mussten  die  Thiere  bereits  im  W.  von  Axum, 
also  weit  mehr  als  fünf  Tage  im  W.  von  Koloe  gejagt  werden. 
Damals  wird  demnach  diese  Stadt  bereite  im  Niedergang  begriffen 
gewesen  sein  und  es  ist  immerhin  möglich,  dass  sie  ihre  Rolle 
als  erster  Elfenbeinmarkt  schon  bald  nachher  Axum  abge- 
treten hat. 

Der  Handel  auf  dem  rothen  Meere  erlebte  bald  darauf  sei- 
nen Niedergang.  Als  die  Nachfrage  nach  Elfenbein  immer  matter 
wnrde,  Hess  auch  die  Verfolgung  der  Elefanten  nach.  In  Folge 
dewen  schweiften  diese  wieder  mehr  in  die  Eüstenniederung  hinab 
und  finden  wir  sie  im  5.  Jahrhundert,  als  der  griechische  Handel 
m  dieser  Gegend  seinem  Ende  entgegenging,  wieder  in  der  Nähe 
Ton  Koloe;  aber  diese  Stadt  scheint  damals  keine  Bedeutung  mehr 
gehabt  zu  haben,  da  der  Weg  von  Aduli  nach  Axum  nicht  mehr 
über  sie  führte. 

So  sehen  wir  auch  hier  ein  Zurückweichen  der  Elefanten 
Ton  N.  nach  S.,  von  der  Küste  ins  Innere.  Es  entspricht  dies 
dem,  was  wir  am  Nil  gefunden  haben.  Wir  begegnen  hier  aber 
ancb  einem  Wiedervorrücken  dieser  gewaltigen  Dickhäuter,  so- 
bald die  menschliche  Kultur  ihnen  nicht  mehr  nachstellte,  wäh- 
rend wir  ein  solches  am  Nil  nicht  haben  beobachten  können,  da 
für  dieses  Gebiet  die  spätem  Quellen  verstummen. 

Neuwied.  Wilhelm  Schwarz. 


862  Preuner 


Aas  griechischen  Inschriften  zu   attischen  Mfimen. 


I. 

Τιμό(Ττρατος-ΤΤθ(Τής  auf  attischen  Tetrad  rachmen. 

Auf  einem  Λ''erzeίchni88  der  Sieger  in  den  ZapaTiieia  ϊ* 
Tanagra  (I.  Gr.  Sept.  I  540,  14)  wird,  nach  sicherer  Ergänzungi 
als  [κιυμψ5ιών  ποιητής]  aufgeführt  ΤΤοσής  Άρίστωνος  'Αθη- 
ναίος. Wieder  der  ποιητής  κιυμψοίας  heisst  auf  einer  gleiA" 
artigen  Liste  aus  Oropos  (I.  G.  Sept.  I  416,  29.  30) 'ApiOtUJV 
ΤΤοσίους  'Αθηναίος*.    Zu  dieser  Inschrift  hatte  schon  Rangabi, 


*  Dittenberger  hat  Newtons  Aufsätze  über  Oropos  in  den  Tranf- 
actions  of  the  royal  society   of  literature,    sec.  ser.,    V  1856    S.  107  ff•  | 
und  S.  275  ff.  nicht  berücksichtigt.     Danach  entdeckte  1847  Middletoa 
die  Inechrifteteine  von  Oropos  und  schrieb  Newton  sie  zuerst,  1852,  abi 
er  ist  der  *  reisende  Engländer*,  dessen  Abschriften  L.  Preller  beiRan- 
gabe  sah.     Nach  der  Publikation  der  Inschriften  durch  Pittakis  in  der 
*  €φημ.  άρχαιολ.  1853  hat  Newton  dieselben  1854  noch  einmal  ν erglicbeOf 
auch  das  kleine  Fragment  der  Siegerliste  (I.  G.   Sept.  514  a).      Da  er 
dasselbe  aus  Kalamo  mit  sich  nahm,  um  sich  von  seiner  Zugehörigkeit 
zum  Hauptstück  durch  den  Augenschein  zu  überzeugen,  darf  man  viel- 
leicht hoffen,    noch    einmal  von    dessen  weiteren  Schicksalen  zu  hören. 
(Aus  Bursians  Anmerkung,    Ber.    d.    hist.-phil.  Gl.    d.    kön.  Sachs.  6e• 
sellsch.  d.  Wissensch.  XI  1859  S.  110^   lasst   sich    leider   für    dasselbe 
nichts  entnehmen),     lieber  Einzelheiten  an  anderer  Stelle.     Interessant 
ist  auch  die  Notiz  (S.  151),   'that  a  Kephalionote,    named  Balsomachi, 
had  bought  all  that  could  be  found  in  the  village  <^Kalamo)  and  taken 
them  away.    I  was  informed  that  this  person  was  the  agent  of  a  Russian 
prince  in  Negropont,    and  that  he  has  written   an    account  of  MaTro- 
dhilissi' . 


Aus  griechischen  loBchriflen  zu  attiecheD  Münzen. 


attUchen   Mi 


i23fe  prhoa 


-   'I-.,-.-..,    ■        - 


^c: 


7 


• ; 


>  J- 


\ 


^     > 


Antiqnites  Helleniques  II  1855  8.  695  bemerkt,    Arieton 
^er  Sohn    oder  vielmehr  Vater    des  ΤΤοσής  Άρίστιυνος 
Ρ€νϊς  sein,  welcher  ale  Thesmothet   CIG.  I  180,  10    (=  C 
863)  verzeichnet  ist.     Im  Bull,  de  corr.  Hellen.  V  1881  S. 
N.  1  (=  CIA.  II  874)   gab    schlieeslich   B.  Laticheff  ein 
ment  einee  Prytanen-Eataloge  der  Aiantie  heraus,  in  dem 
ΛΪΒ  Phalereer,    gleichnamig   dem   Dichter    zu  Oropoe,   (Z. 
ApiOTUiv  ΤΤθ(Τέ[ους]  genannt  wird. 

Laticheff  hat  a.  a.  0.  bewiesen,  dass  die  altbekani 
echrift,  die  den  Theamotheten  Poeee  bezeugt,  um  den  Begi 
letzten  vorchristlichen  Jahrhunderts  anzusetzen  ist,  währe 
Prytanen-Katalog  etwa  der  Mitte  desselben  angehört.  1 
femer  sichergestellt,  dass  das  nämliche  zeitliche  Verhälti 
den  beiden  Siegerlisten  von  Tanagra  und  Oropos  obwaltel 
Ποσής  Άρίστωνος  Φαληρεύς,  so  hat  sein  Sohn,  nach  att 
Herkommen  nach  dem  Grossvater  benannt,  'AptCTTUJV  TT( 
Φαληρευς,  als  Eomödiendichter  Knhm  und  Preis  geerntet 
Der  Name  ΤΤοίΤής  ist  wenig  gebräuchlich  gewesen  — 
dem  für  grössere  Inschriftenmassen  Namenverzeichnisse  vor 
iit  eine  solche  Behauptung  gestattet.  In  den  Indices  de 
lidet  sich,  ausser  dem  Dichter  Poees,  in  älterer  Zeit  ni 
gleichnamiger  Samier  aus  dem  Jahre  des  Eukleides  CIA.  II 
Kttenberger  Syll.  I.  G.  48.  Dann  tritt  der  Name  erst 
ü  der  Eaiserseit  um  50  n.  Chr.  auf  in  den  Kreisen  der 
kl,  bei  denen  ja  die  Kurznamen  eine  besondere  Kolle  s] 
Vii  etwa  200  n.  Chr.  läset  sich  aus  den  £phebenlisten  der 
im  öfteren  belegen*. 

Der  Name  ΤΤθ(Τής  kehrt  aber    noch   einmal  wieder  i 


^  Ygl.  ausser  Köhler  und  Dittenbcrger  zu  den  angcführ 
idiriftennammern  besonders  Reisch,  Do  musicis  Graecorum  ccr 
boB  eapita  quattuor  1885  S.  113  ff. 

'  Ausserhalb  Attikas  habe  ich  mir  denselben  notirt  aus  i: 
(CIG.  324β;  auf  den  Münzen  der  Stadt  kommt  er  nicht  vor,  vi 
IToOCi,  TTocc,  von  Head  =  ΤΤοαβιδώνιος  gesetzt)  und  aus  Arsinoc 
β850):  beide  Beispiele  sind  schon  von  Pape-Benseler  aufgeführt 
H.L.Ahrens,  Philologus XXIII 1866  bes.  S.  201  =  Kleine  Schrifter 
S.  415.  (ΤΤοσσεις  Ξ^ωνος,  ΤΤοασ€ΐς  Διογένους  und  Διονύσιος  ΤΤι 
in  einer  Inschrift  von  Odessos,  Annuaire  de  Tassoc.  p.  Teneourag« 
«t  gr.  XX  1886  S.238fif.  N.  23,  95.  44.  47  =  Athen.  Mitth.  } 
8.  817  ff.  N.  5  (vgl.  XI  1886  S.  200  fif.),  aus  letzteren  Dumont  ( 
molk),  M61aoge8  d'arohSol.  et  d>6pigr.  1892  S.47I  N.  lld^'^e). 


864  Preuner 

scher  Ueberlieferungr,  wie  die  Ueberschrift  dieser  Bemerknngen 
zeigt.  Auf  einer  Serie  der  attischen  Tetradrachmen  mit  drei 
Magistratenamen  heissen  die  beiden  Jahresbeamten  Timoetratoe 
und  Poses^.  Head  hat  dieselbe  seiner  IV.  Periode,  146—87  y. 
Chr.,  zugetheilt.  Wegen  der  Seltenheit  des  Namens  nnd  der  mutli- 
masslichen,  jedenfalls  nach  Heads  Ansatz  möglichen  Gleichzeitig- 
keit beider  Persönlichkeiten,  Münzbeamten  und  Dichter  Foses  m  |:v 
identificiren,  dürfte  freilich  als  ein  zu  kühnes  Unterfangen  e^ 
scheinen. 

Das  Beizeichen  der  Münzen  dieser  Reihe  beschreiben  u.  a. 
die  Verfasser  des  numismatischen  Kommentars  zum  Pausaniaeeo: 
Junger  Dionysos,  stehend,  in  langem  Chiton ;  in  der  rechten  Hand 
hält  er  eine  Maskey    in    der  linken   den  Thyrsos.     Sie  bemerket! 
ausserdem,  es  sei  wohl  eine  Statue  des  Dionysos  im  Theater  oder 
in  dessen    Umgebung    wiedergegeben.      Eeisch  —  der    mit  Fn^ 
BeuUs  Gedanken    an    die   Statue   des   Dionysos    Melpomenos  in 
dessen  von  Pausanias  1  2,  5  erwähntem  Heiligthum    nicht  recht 
begründet  nennt  —  möchte  den  Typus   ^am    liebsten    geschaffen 
denken  als  Anathem  eines  scenischen  Choregen  '.     Wie  dem  sei, 
es  leuchtet  ein,  dass  sich  für  einen  Komödiendichter  kein  besse- 
res Beizeichen  ausdenken  lässt   als    das  Bild    seines  Gottes    mit 
Maske  und  Thyrsos. 

Doch  der  Beziehung  des  Beizeichene  auf  den  Dichter  Poses 
stellt  sich  die  Beobachtung  entgegen,  dass  der  an  erster  Stelle 
genannte  Beamte  das  Beizeichen  der  Münzen  seines  Jahres  be- 
stimmt; dieselbe  ergibt  sich  mit  unanfechtbarer  Sicherheit  aus 
den  leider  bis  jetzt  wenigen  Fällen,  in  denen  sich  heute  noch  der 
Zusammenhang  zwischen  Beamten  und  Beizeichen  mit  Gewissheit 
erkennen  lässt  ^.  Stünde  Poses  an  erster  Stelle,  könnte  die  An- 
nahme der  Identität    des    Mtinzbearaten    und    des  Dichters  Poses 


1  Beule,  Les  monnaies  d'Athenes  1858  S.  373  f.,  B.  V.  Head,  Hi- 
storia  numorum  1887  S.  323,  ders.,  Catalogue  of  Greek  coins.  Attica- 
Megaris-Aegina.  1888  S.  XLIX  u.  S.74f.,  Imhoof -Bluraer  —  P.  Gardner, 
Numismatic  commentary  on  Paiisauias,  Journal  of  hellenic  studies  VIII 
1887  S.  39  =  S.-A.  S.  143,  Taf.  C.  C.  VII. 

2  Athen.  Mitth.  XIII  1S88  S.  39Γ)3  und  Griech.  Weihgeschenke 
1890  S.  122. 

3  Vgl.  neuerdings  z.  B.  R.  Weil,  Athen.  Mitth.  VI  1881  S.  327« 
und  besonders  U.  Koehler,  Zeitschr.  für  Numism.  XII  1885  S.  109. 
C.  L.  Grotefend,  Chronologische  Anordnung  der  Athenischen  Silber- 
münzen, Hannover  1872,  habe  ich  nicht  benützen  können. 


Ans  grriecbieohen  Inschriften  zu  attischen  Münzen. 


365 


'->i:^. 


-^^  -  V, 


^U  Anspraoli   auf  hohe  Wahrecheinlichkeit    machen:    eo  wird 
hoffentlich  ein  kleiner  Umweg  znm  Ziele  führen. 

Im  Verlauf  seiner  Untersuchungen  (S.  259)  beruft  sich  Lati- 
cbeff  auch  auf  CIA.  II  1047,  eine  allmählich  entstandene  Liste 
Tornehmer  Leute,  die  nach  Eoehler  etwa  mit  dem  Jahre  125  v. 
Chr.  anhebt;  in  dieser  wird  (Z.  42)  Τιμόστρατος  Άρίστιυνος 
^^οιληρεύς  genannt,  und  Latichefif  glaubt  ihn  für  den  Bruder  des 
Dichters  und  Thesmotheten  Poses  halten  zu  dürfen  Κ  Ich  glaube 
nüt  Recht  nicht  anstehen  zu  sollen,  Timostratos  und  Poses  yon 
Phaleron,  die  Söhne  des  Ariston,  auf  den  Münzen  wiederzufinden, 
wie  das  Brüderpaar  Mikion-Eurykleides  (wie  Diokles-Medeios, 
Lysandros-Glaukos).  Gesetzt  die  Annahme  sei  begründet,  so  Hesse 
sieb  unschwer  eine  mehr  oder  weniger  wahrscheinliche  Erklärung 
tHsfindig  machen  dafür,  dass  Timostratos  ein  Beizeichen  wählte, 
du  besser  als  ihm  selbst  seinem  Bruder  und  Kollegen  anstand. 
Oder  war  Timostratos  selbst  Dichter,  wie  ja  auch  Ariston,  des 
Poses  Sohn,  dem  Vater  nachschlug? 

Der  Name  Timostratos  scheint  auch  nicht  gerade  häufig  in 

Athen  gewesen  zu  sein.     Trotzdem    ist   uns  schon  aus  der  litte- 

rarischen  Ueberlieferung  bekannt  ein  Dichter  der  neuen  Komödie 

dieses  Namens;    er    kehrt   wieder    auf   der  didaskalischen  Liste 

CIA.  II  975    II  1    [Τιμ]όσ[τρατος]   Λυτ[ρουμίνιυι]  und    III  7 

Τιμ00τρατος  Φιλοικείωι:    seine  Zeit    bestimmt    sich   danach  auf 

Grand  der  von  Homolle   aus   den    delischen  Funden    ermittelten 

Beenltate  auf  die  erste  Hälfte  des  zweiten  vorchr.  Jahrhunderts. 

Sem  Bild  stand  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  auf  der  Basis,  die 

in    Buchstaben    der    Kaiserzeit    die  Inschrift  Τιμό(Ττρατος   trägt 

(CIA.  III  950).      Es    ist    nur    eine  Vermuthung,    aber    sie  hat, 

denke  ich,  manches  für  sich,    dass  dieser  Timostratos    der  Vater 

des  Ariston,  Grossvater  des  Timostratos  und  Poses,  Urgrossvater 

des  Ariston  war,  dass   nach   ihm  Timostratos,  des  Ariston  Sohn, 

ale  Erstgeborener  seinen  Namen  führte.    In  einem  catalogus  sti- 

pnm  ans  dem  Archontat  des  Hermogenes,    den  Koehler   um  das 

Jahr  180    V.  Chr.    setzt,    wird    ein  Τιμόστρατος  Φαλ[ηρ6ύς] 

genannt  (CIA.  II  983  II  113)  :  ich  wage  in  ihm  den  Dichter  der 

neuen  Komödie  wiederzuerkennen. 

So  hätte  sich  ein  weiteres  Moment  ergeben,  das  Beizeichen 


^  Auffallend  viele  Namen  dieser  Liste  kehren  auf  den  Münzen 
wieder;  freilich,  dass  die  Mitglieder  der  vornehmsten  Familien  auf  die- 
sen erscheinen,  ist  bekannt. 


36β 


Preaner 


des  Münzbeamten  Timoetratoe  für  wohlbegreiflieh  und  bereoliligt 
zu  erklären,    auch  wenn    dieser  nicht  selbet  ein  Diener  des  Dio- 
nysos und  der  Musen  gewesen  wäre  —  allerdings  auf  Gmnd  von 
Kombinationen,    die    ein   neuer  Inschriftenfund    kläglich    lu  Fall 
bringen  könnte.      Ihre  Kette  läset  sich  aber,    scheint  mir,    noch 
enger  schliessen.     P.  Gardner  hat  im  Journal  of  hellenio  studiei 
VII  1886  S.  147  ff.  eine  yon  Th.  Beut  in  Samos  gefundene  Sie* 
gerliste  publicirt,    die  er  ob  mit  Recht  ob  mit  Unrecht  den  He- 
raia  zuweist:  Z.  10  ist  verzeichnet:    τους  ποιητάς   τύυν  καινών 
κωμψοιών  <^ένίκα)  'Αρίστων  Τιμοσ[τρά]του 'Αθηναίος.    Εβ  hatte 
sich  bis  jetzt  uns  folgender  Stammbaum  ergeben^: 


Τιμόστρατος  ποιητ.  κωμψο. 

Meineke  FCG.  I  499,  IV  595;    CIA.  II  975  I!  1,  III  7;    CIA. 

III  960;  CIA.  II  988  II 113?  <(Joum.)>. 


*Αρίστων  ^ποιητ.  κωμψδ.^ 
(Ι.  G.  Sept.  Ι  540,  14);  (CIA.  II  863,  10);   (CIA.  II  1047,  42); 

^Journ.^ 


Τιμόστρατος 

CIA.  II  1047,  42; 

Tetradrachra. 


ΤΤοσής  ποιητ.  κιυμιμδ. 
Ι.  G.  Sept.   Ι  540,  4;    CIA.  II 
863,  10;  (Ι.  G.  Sept.  ϊ  416,  29  f.); 
(CIA.  II  874,  8);    Tetradrachra. 


Άριστων  ποιητ.  κιυμψο. 
Ι.  G.  Sept.  Ι  426,   29  f.  ;    CIA. 
II  874,  8. 

Zu  den  drei  KomüdiendichternTimostratos  (200—150  v.  Chr.), 
Poses  (c.  100  V.  Chr.),  Ariston  (vor  50  v.  Chr.)  kommt  ein  vier- 
ter, ebenfalls  Arieton  mit  Namen,  Sohn  eines  Timostratos.  Die 
Raniieche  Inschrift  scheint  dem  Herausgeber  in  das  2.  Jahrhundert 


*  Mit  ( )  habe    ich   die  Nummern  bezeichnet,    in    denen    die  he• 

trefienden  Persönlichkeiten    nur  als  Väter  genannt  sind,    zugleich  um 

das  Verständniss  der  Zusammenhänge    zu  erleichtern.      <  )    geben  die 
Zusätze  aus  der  samischen  Inschrift. 


Aas  griechiecben  Inschriften  zu  attischen  Münzen.  867 

T.  Chr.  ΖΠ  gehören  nach  dem  Charakter  der  Schrift ;  durch  Iden- 
tifikation einer  der  genannten  Persönlichkeiten  einen  sichern  An- 
halt za  gewinnen,  habe  ich  mich  vergeblich  bemüht  ^    Römische 
Namen  sind  noch  nicht  yertreten,  aber  alles  in  allem  scheint  es  mir 
gerathener,  die  Inschrift  eher  dem  Ende  als  dem  Anfang  des  2.  Jahr- 
handerts  zuzuweisen.     Die  Vereinigung  der  Namen  Ariston  und 
Timostratos  macht  es  wahrscheinlich,  dass  auch  dieser  Komödien- 
dichter  ein  Mitglied  der  Familie  war,   deren  Stammbaum  ich  eben 
aufgestellt  habe.     In  ihm  etwa  den  Vater  des  Dichters  der  neuen 
Komödie  Timostratos  zu  erkennen,    dünkt   mich   der  Habitus  der 
eamischen  Inschrift  zu  widerrathen,  einen  Sohn  des  Münzbeamten 
Timostratos  in  ihm  zu  vermuthen,   hiesse   eine  sonst  unbekannte 
Grösse  einführen:  Glied  schliesst  sich  an  Glied,  wenn  des  Poeten 
der   neuen  Komödie    Timostratos    Sohn    Ariston,    der  Vater    des 
Timostratos  und  Poses,  gleichfalls  als  Komödiendichter  Lorbeeren 
gepflückt  hatte'. 

So  haben  des  Münzbeamten  Timostratos  Grossvater,  Vater, 
Bmder  und  Neffe  im  Dienste  des  Dionysos  gewetteifert :  darf  es 
QD8  da  Wunder  nehmen,  dass  er  das  Bild  des  Gottes,  unter  dessen 
80  sichtlicher  Obhut  sein  Haus  blühte,  als  sein  Beizeichen  er- 
wählte? Vielleicht  ist  auch  er  schon  durch  das  Zeugniss  eines 
Steines  als  Dichter  verbürgt  —  wenn  nicht,  wie  ich  mit  einiger 
Bestimmtheit  zu  behaupten  wage,  kann  uns  ja  jeder  Tag  dank 
dem  unerschöpflichen  Heichthum  des  antiken  Bodens  das  ver- 
viiaete  Zeugniss  bringen. 

Stillschweigend  habe  ich  bis  jetzt  auf  Heads  Ansatz  der 
Serie  Timostratos-Poses  (IV.  Periode,  146 — 87  v.  Chr.)  weiter- 
gebant.  In  der  That  bin  ich  überzeugt  —  abgesehen  von  den 
Folgerungen,  die  aus  der  wechselnden  und  verschieden  wieder- 
gegebenen Zahl  der  Beamten  für  die  Datirung  dieser  Münzreihen 
gezogen  sind  —  der  Autopsie  der  Numismatiker  vom  Fach  in  der 
Benrtheilung  des  Gesammtstils  derselben  unbedingt  folgen  zu 
mftseen,  da  schon  eine  Durchmusterung  der  Tafeln  des  Katalogs 
de«  britischen  Museums  in  augenfälliger  Weise  eine  stetige  Bück- 
entwicklung  der  Typen  erkennen  lässt,  die  durch  den  Vergleich 
etwa    der    Serien  mit  Monogrammen    und    der  Heihen   vor   und 

^  Zum  Sohn  des  Simakon,  Adoptivsohn  des  Antigonos  (Journal  Z.  ϋ) 
Tgl.  die  samische  Inschrift  Bull,  de  corr.  Ηβΐΐέπ.  V  1881  S.  481  ff.  N.  4, 9. 11. 

^  Ελ  ist  wohl  nicht  mehr  als  ein  Zufall,  dass  uns  der  Dichter 
Ariston  gerade  in  Samos  begegnet,  das  uns  den  ältesten  Beleg  für  den 
Hamen  ΤΤοοής  gibt. 


3f58  Preuner 

nach  Athens  Eroberung  durch  Sulla  in  ihren  Endpunkten  ohimk- 
terisirt  wird.  Den  Stil  der  Serie  Timostratos  -  Poees  betdchnet 
Beulo  ausdrücklich  als  grob,  so  dass  er  selbst  den  Zweifel  für 
berechtigt  hält,  ob  die  Gestalt  mit  der  Maske  als  m&nnlicli  oder 
weiblich  aufzufassen  sei,  und  noch  Weil  hat  (Archaeol.  Zeit 
a.  a.  0.)  das  Beizeichen  als  ^weibliche  Gestalt  mit  Maske  und 
Scepter'  beschrieben^.  Einen  sehr  wenig  erfreulichen  Eindnek 
macht  auch  die  im  numismatischen  Kommentar  zum  PauiamM 
gegebene  Abbildung.  Ob  die  Mtinzfnnde  für  die  leitliohe  Fest- 
legung dieser  Serie  irgendwie  von  Bedeutung  gewesen  sind,  weite 
ich  nicht;  den  mir  bekannten  Fundbesohreibungen  vermag  ich 
nichts  für  dieselbe  zu  entnehmen^. 

Th.    Reinach    hatte    (Revue    des    etudes    grecques    I  18Ββ 
S.  397  ff.)    auf  Grund    einer  Inschrift    aus   Eleusis'    den  Beweis 
angetreten,  dass  eine  Anzahl  Münzreihen,  die  ein  Ν  auf  der  Am' 
phora  zeigen,    der  Zeit   der  13  Phylen    zuzuweisen    seien.     Seii' 
wann  es  13  Phylen  in  Athen  gab,    ist  noch    nicht  sicher  ausge^ 
macht,  nach  200  v.  Chr.  ist  bis  auf  Hadrians  Zeit  ihre  Zahl  nicht 

^  Head,  Imhoof-Blumer  —  Gardner  und  Reisch  beschreiben  die  Ge- 
stalt als  Dionysos  mit  Maske  und  Tbyrsos,  ohne  einem  Zweifel  Ans• 
druck  zu  geben.  Für  meine  Erörterungen  bleibt  es  sich  auf  alle  FaUe 
gleich,  ob  die  Gestalt  mit  der  Masice  männlich  oder  weiblich  ist  (vgL 
0.  Bie,  Die  Musen  in  der  antiken  Kunst  1887  S.  32ff.  u.  8.  74  ff.  über 
die  Darstellungen  der  Musen  der  Komödie  und  Tragödie  mit  Masken 
und  Roschers  Litteraturnach weise  in  seinem  Lexikon  II  Sp.  1281  über 
bildliche  Gestaltung  der  Komodia).  Schon  nach  der  Abbildung  im  Nn- 
mismatic  commcntary  erscheint  aber  Dionysos  gesichert.  Etwa  an  eine 
Dichterstatue  zu  denken  (vgl.  S.  3G5),  verbietet  der  Thyrsos. 

2  Vgl.  Weil,  Münzfund  vom  Dipylon  (aus  dem  Jahre  8β),  ArchaeoL 
Zeitung  XXXIII  1875  S.  l(>3ff.,  der  S.  103  unter  N.  13  ein  Exemplar 
von  Timostratos-Poses  verzeichnet  (v.  Sallet,  Zeitschr.  für  Numism.  IV 
1877  S.  227f.  weiss  mit  Bestimmtheit,  dass  der  Fund  noch  mehr  Stacke 
umfasste,  als  ins  athenische  Museum  gelangten;  s.  Weil,  Bursians 
Jahresber.  Bd.  7  187«  S.  445  und  besonders  Athen.  Mitth.  VI  18H1 
S.  324  ff.).  In  dem  von  Koehler,  Zeitschr.  für  Numism.  XII  1885  S.  103 ff. 
benutzten  Funde  von  Karystos  ('  frühestens  im  Laufe  des  Jahres  88/87 
v.  Chr.  vergraben  oder  deponirt')  war  nach  den  vorliegenden  Angaben 
die  Serie  nicht  vertreten. 

^  Vgl.  Philios  Έφημ.  άρχαιολ.  1887  Sp.  177  ff.  (Busolt,  Die  griech. 
Staats-  und  Rechtsalterthümera  1892  S.  191*,  G.  Gilbert,  Handbuch 
der  griech.  Staatsalterthümer  1^  1893  S.  223',  Lolling  AcXriov  άρχαιολ. 
1892  S.  42  ff.).  Die  neue  Inschrift  liat  im  wesentlichen  Helochs  Aus- 
führungen in  Fleck.  Jahrbüchern  12!)  1884  S.  481  ff.  nur  bestätigt. 


Ana  griecbischoQ  insohriften  isu  attisohen  Münzen.  369 

wieder  über  12  gestiegen.  Hätte  Reinach  den  Beweis  geführt, 
so  gehörte  auch  die  Serie  Timostratos-Posee  vor  das  Jahr  200 
Y.  Chr.,  da  Weil  (Berl.  Philol.  Wochenschr.  IX  1889  Sp.  638) 
du  ominöse  Ν  auch  auf  einer  ihrer  Tetradrachmen  aus  Prokeschs 
Semmlong  nachgewiesen  hat  (vgl.  schon  Ββηΐέ  S.  374).  Aber 
die  Unmöglichkeit  jener  Annahme  hat  Head  bald  darauf  (Numis- 
matic  chronicle,  third  series,  IX  1889  S.  229  ff.)  zwingend  dar- 
gethan  (vgl.  auch  Weil  a.  a.  0.).  Mag  in  sämmtlichen  9  Reihen, 
die  Weil  vereint  hat,  und  auf  die  energisch  hingewiesen  zu 
kben  Reinachs  Verdienst  bleibt,  nur  Nachlässigkeit  des  Stempel- 
icbneiders  vorliegen,  wie  wieder  Head  annimmt,  oder  haben  wir 
f&r  die  Bnchstaben  A-N  nach  Aufgabe  der  Deutung  auf  die  Pry- 
tioien  eine  andere  Erklärung  zu  suchen  —  wäre  mit  Ν  der 
Sehaltmonat  bezeichnet  worden,  so  eröffneten  sich  lookende  Aus• 
liebten  für  die  Erkenntniss  der  attischen  Zeitrechnung  — :  der 
ermittelte  Ansatz  der  Münzverwaltung  des  Timostratos  und  Poses, 
sm  einen  festen  Zeitpunkt  zu  geben,  beispielsweise  um  das  Jahr 
110  V.  Chr.,  wird  durch  Reinachs  Ausführungen  nicht  erschüttert. 
Im  Gegentheil  bewiesen  ihre  ünhaltbarkeit,  falls  es  dessen  noch 
bedürfte,  auch  die  vorstehenden  Zeilen. 

Von  den  Namen  zweier  Eomödiendichter,  Vaters  und  Sohnes, 
ging  die  Untersuchung  aus:  sollte  die  Annahme  der  Komödien- 
diehter-Generation  Urgrossvater,  Grossvater,  Vater  und  Sohn  für 
wahrscheinlich  befunden  werden,  so  wäre  ein  neues  Zeugniss  für 
die  bekannte  Thatsache  gewonnen,  dass  im  Alterthum,  wie  im 
Handwerk  und  in  den  mit  diesem  eng  verknüpften  bildenden 
Künsten,  so  auch  in  der  Poesie  Kind  und  Kindeskind  in  des  Ahnen 
Knnst  aufwuchs  und  fortwirkte. 


II. 

Die  Chariten  auf  der  attischen  Münzserie 
6ύρυκλ€ί(1)ης)  —  *Αριαρά(θης). 

Wieder  ein  Beispiel  für  den  bestimmenden  EiniluRs  des 
ersten  Jahresbeamten  auf  den  attischen  Münzen  auf  die  Wahl  des 
Beizeichens  ist  folgender  von  Lolling  (Δελτίον  όρχαιολ.  1891 
8.  126 ff.)  veröffentlichten  Inschrift  zu  verdanken:  Ή  βουλή  ή 
diri  Διονυσίου  αρχοντος  άνίθηκεν  |  ^ΑφροδΙτει  Ήγεμόνει  του 
^ήμου  καΙΧάρισιν*  |  έπ\  Ιερέως  Μικίιυνος  τοΟ  εύρυκλείοου 

Mu.f.  Pbilol.  Ν.  F.  XLIX.  ^^ 


870  Preaner 

Κηφίσιέως,  |  στρατηγοΟντος   ίπ\  τήν  παρασκευήν  Ocoßoulov 
θεοφάνου  ΤΤειραιέως.     Heade   Serie  XL   εύρυκλ6((δης)  — 
*Αριαρά(θης)  (186—147)  hat  als  Beizeichen  die  vielfach  mit  den 
Charitenrelief  des  Sokrates    in  Zusammenhang  gebrachte  Gruppe 
dreier  weiblicher  Gestalten  (vgl.  Furtwängler  in  Roschers  Mytho- 
log.  Lexikon  1  Sp.  881,  das  'kleine  Relief'   Z.  33  =  v.  Sybel, 
Katalog  der  Scalpturen  zn  Athen  1881  S.  123  N.  849),  zn  der 
Imhoof-Blamer  —  Gardner  im  Numismatischen  Kommentar,  Jonm• 
of  hell.  stud.  VIII  1887  S.  47  =  S.-A.  S.  151  bemerken:  'Whether 
the  fignres  represented  are  three  nymphs,  three  Charites«  er  tbe 
three  daughters  of  Cecrops  remains  uncertain  \    Dieser  Euryklei' 
des  ist  längst    in  Beziehung   gesetzt  worden    zu    der    bekannteo 
Eteobutaden  -  Familie    aus  Kephisia :   da  wir  ein  Mitglied  dene^' 
ben  durch  die  angeführte  Inschrift  als  Priester  der  Aphrodite  Ήτ^^ 
μόνη  ToC  δήμου  und  der  Chariten  beglaubigt  finden,  können  wi^ 
nicht  mehr  zweifeln,    einmal,    dass   der  Eurykleides  der  M&nze0 
in  der  That  jener  Familie  angehörte,  und  zweitens,  dass  auf  den 
Münzen  die  Chariten  dargestellt  sind,  wahrscheinlich  nach  ihrem 
Bilde  in  jenein  Heiligthum ;    auch    der  Mtinzbeamte  Eurykleides 
wird  an  ihm  das  Priesteramt  verwaltet  haben  ^. 

Auf  Mitglieder  der  genannten  Familie  glaubt  man  drei 
attische  Münzserien  zurückführen  zu  dürfen:  1)  Head  XXY  Ml- 
kI(ujv)  —  θ€Οφρα(στος)  (196— 187).  Beizeichen:  Nike  auf  einer 
Quadriga;  2)  die  eben  erwähnte  Serie  XL;  3)  XLVIII  Μικίαιν- 
εύρυκλ€ί(5ης)  (186—147).     Beizeichen:  die  Dioskuren  (?). 

Die  Zeugnisse  für  diese  Familie  stellte  neuerdings  zusammen 
J.  E.  Kirchner,  Prosopographiae  Atticae  specimen,  Berlin  1890-. 
Vor  dem  Stammbaum,  den  er  a.  a.  0.  S.  8  gab,  verdient  ent- 
schieden derjenige  den  Vorzug,  welchen  er  in  den  Indieea  zum 
CIA.  II  1893  S.  22,  36  zu  Grunde  legte.  Nach  diesen  hat  er 
demselben  jetzt  folgende  Gestalt  gegeben^: 


^  Die  Aufstellung  eines  Standbildes  in  diesem  Temcnos  bean* 
tragen  die  '  προστάται'  in  der  Anm.  3  zu  Anfang  angeführten  Inschrift, 

3  Vgl.  ausserdem  J.  Töpffer,  Attische  Genealogie  1889  S.  129, 
Homolle  Bull,  de  corr.  Hellen.  XV  1891  S.  352  ff.,  Lolling  AcXxiov 
άρχαιολ.  1891  S.  45  ff.,  126  ff.  (s.  c);  1892  S.  48. 

8  Die  Zahlen  beziehen  sich  auf  CIA.  II.  Bull.  91  =  Δ€λτ.  91  gleich 
Bull,  de  corr.  hellen.  XV  1891  S.  353  Β  36  f.,  42  =  Δελτίον  άρχαιολ.  1891 
8.46  II 4  f.,  10.  üeber  ( )  s.  S.  366*.  <  >  schliessen  die  Zusätze  zum  CIA.  ein. 

Von  Koehlers  Ansätzen  ist  nur  bei  334  =  Dittenberger  Syll.  I, 
Gr.  164  abgewichen  und  im  unmittelbaren  Anschluss  bei  982  (ygl.  SjlL 


''"Ar, 


larl 


■     Z.  ?^  


:  T. 


^,-- 


L.-.r . 


Ans  griechiscben  Inscliriften  zu  attischen  Münzi 

Mikion  I 
(334,  2);  (858,  3.  5) 


Enrykleidee  I 
334,2.34;  858,5;  (966  Β  21); 
(982,4);  <379 ;  Bull.  91  =  Δελτ. 
91 ;  (Δ€λτ.  άρχ.  1891, 126  ff.  ?)> 


Mikion  li 

334,  35;  379,  11. 

<Bull.  91  =  Ζ 


Mikion  III  <Head  XXV> 
(966  Α  39);    966    Β  21    <?>; 
982,4;  983  Ι  8;  <379;  Δελτ. 
άρχ.  1891,  126ff.?> 


Eorykleidefl  II  <Head  XL> 

966  Α  39;  (966  Α  44);  98319; 

(1047,  2);  <(966  Β  21?);  (970, 

31?);  (1047,  3?)> 


Mikion  IV  <Head  XLVIII)       EurykleideßIII<?><B 
966  Α  44;  983  I  10;  1047.  2;  970,  31;  104^ 

(1047,    17);    (1388,   10    <?»; 
(2169,  2<?»;  <966  Β  21  ?> 


m0y^ 


Euiykleides  IV       Hal)rylli8<?> 
1047,  17         1388,9;  2169,  1. 


L  Gr.  8.256  Anm.  8);  die  Herahdatirang  von  334  Verlan; 
loeh,  Fleok.  Jahrbücher  129  1884  S.  482,  vgl.  Lolling  Δε7 
1892  8.48,  [Kirchner  Hermes  a.n.a.O.  S.  140^  143η.  Zi 
L  Gr.  180. 

Bei  Enrykleidee  III  muss  man  zweifeln,    ob  er  für 
von    Mikion   IV   zu   halten    oder   richtiger   von   Mikion 
M;    [für  ersteres   hat   sich  Kirchner  jetzt  entecliiedcn]. 
874'  und  über  Mikion  III  und  IV  noch  S.  872. 

Was  den  Priester  der  Aphrodite  und  der  Charitei 
will  ich  der  von  Lolling  in  Aussicht  gestellten  Vcröifent] 
▼orgreifen.    Er  setzt  die  Inschrift  etwa  ins  letzte  Drittel 

nndertt;  danach  hätte  Mikion  ΪΙΙ  jenes  rriesterlhum  inn 

idirieben  vor  Lolliogs  Hingang  am  22.  Februar  d.  J.] 

[Za  meinem  lebhaften  Bedauern  ist  mir  nicht  gcger 

MB,  dflH  Kirchner  selbst  die  Begründung  des  Stamm})auT 

CXTIII  1898  S.  139  ff.  gegeben  hat.] 


878  Preüner 

Dieser  Stammbaum  läset  sieh  durch  die  Genealogien  gleich- 
zeitiger Oescblechter,  wie  etwa  der  Ecbedemos-Mnesitbeo•  τοο 
Eydatben,  weiter  stützen ;  es  bleiben  natürliob  Zweifel  genug,  w 
es  denn  besonders  gewagt  erscbeint,  Mikion  II  jeglicbe  männliche 
Nacbkommenscbaft  abzusprecben.  Davon  abgesehen  lassen  lieh 
Heads  Ansätze  der  drei  Münzserien,  die  im  wesentlichen  sich  auf 
Zahl  und  Anbringung  der  Beamtennamen  und  den  Stilcbarakter 
gründen,  mit  der  vorstehenden  Stammtafel  aufs  beste  vereinigen. 

Die   Serie  XXV   ΜικΙ(ων)   —    θ€Οφρα(στος)   (199-187) 
setzt  Head  früh  an,    schon  weil   auf   ihr  nur  zwei  Beamte,  und 
zwar  in  abgekürzter  Form,  genannt  werden  \    Das  Beizeiohen  der 
Siegesgöttin  auf  der  Quadriga  erklärt  man  gemeinhin    durch  den 
Hinweis  auf  CIA.  II  966,  zwei  Siegerlisten,    wahrsoheinliob  der 
grossen  Panathenäen,   in    deren  erster  Α  38  f.    als  ήν(οχος  έγΡ^' 
βάίιυν  Ι  εύρυκλείδης  Μικίωνος  ^βρεχθεΐδος   φυλής,  Α  43f.  al§ 
Sieger   δρματι  άκάμπιον  |  [Μ  ι  κ  (ω  ν   εύρ]υκλ6(5ου   'GpcxOcilMS 
φυλής  νεώτε(ρος)  verzeichnet  sind,   während   in    der  zweiten 
Β  20 f.:  δρμα[τι — ]  |  Μικίων  εύρυκλ[ε{&ου  *€ρ€χθ6Ϊδος  φυλής] 
der  Verlust  der  rechten  Seite  des  Steines  leider  zweifelhaft  läset, 
ob  auch  hier  ein   unterscheidendes   νεώτ€(ρος)  stand.      EircbDer 
erkennt  in  der  Liste  Α  Mikion  lY,    in    der  Liste  Β  Mikion  ΐΠ• 
Die  Liste  Α  setzt  Koebler   nicht    lange   nach    191  v.  Chr.;   nie 
diese  Zeit  lebte,  wie  das  νεώτ€(ρος)  zeigt,  Mikion  III  noch,  anc 
CIA.  II  983  geht  weiter  hervor,    dass    er    noch    c.  180    v.  Cht" 
Beiträge  für  sich,  Sohn  und  Enkel  zeichnete:  so  wäre  es  zweifei 
los  möglich,    dass  Mikion  III  Sieger   in  der  Liste  Β  wäre,  un^ 
wir  demnach  der  spärlichen,    uns   überkommenen  Ueberliefemn^ 
ein  Zeugniss  für  einen  Wagensieg  desselben  entnehmen  könnten 
aber    für  wahrscheinlicher    halte    ich    es    doch,    den  Mikion  IV 
νεώτε(ρος)    der  Liste  Α  in    dem  Mikion    der  Liste  Β  wiederzu 
finden,  zumal  dieser  im  Verein  mit  Mnesitheos  und  Arketos  auf 
trat,  den  Söhnen  des  £chedemo8,   der  im  Verein  mit  Mikion  II 
an  der  Spitze  der  eben  angeführten  Liste  CIA.  II  983  und  ebene 
II  982  steht  [vgl.  Kirchner  Hermes  a.  a.  0.  S.  U2ff.]. 

Trotzdem  trage  ich  kein  Bedenken,  die  Münzreihe  wege 
ihres  ausgesprochen  älteren  Charaktere  auf  Mikion  III  zarücl 
zuführen.  Ist  von  diesem  kein  Wagensieg  bezeugt,  so  wii 
daran  der  leidige  Zufall  schuld  sein,   und    die  Siege    des  Sehnt 


*  Im   Dipylonfund   zweimal   vertreten    (vgl.   S.  368*    und    We 
Athen.  Mitth,  VI  1881  S.  3263). 


Αοβ  griechischen  Ineohriften  zu  attisohen  Münzen. 


878 


2•?  'ZSZ\ 


^i:rt:-iE1 


ifelLii: 
3"  rccL 


st* 


und  Enkels  werden  Rosse  seines  Gestütes  ermngen  haben.  In 
der  Zeit,  welcher  die  Münzen  mit  der  Nike  nnd  Quadriga  anzu- 
gehören scheinen,  war  Mikion  IV  noch  zu  jung^,  um  ein  Amt 
SU  bekleiden,  das  allem  Anschein  nach  als  ein  besonderes  Ehren- 
ai^  galt 

In  dem  Eurykleides  der  Reihe  XL  €ύρυκλ€{(6ης)•Άριαρά- 
(θης)  (185 — 147)  scheint  Eurykleides  II  wiederzuerkennen;  aus 
dem  Beiieichen  der  Chariten  ergab  sich  vorher  die  Vermuthung, 
dass  er,  wie  nach  Lollings  Datirung  sein  Vater  Mikion  III,  Prie- 
ster der  Aphrodite  ^Ηγεμόνη  toG  br\μoυ  und  der  Chariten  war. 
Tgl.  unten  S.  374  f. 

Die  Serie  XLVIII  Μικ(ων-εύρυκλ€{(5ης)  (186— 147)  bezog 
mui  früher  (ygl.  z.  B.  (}rotefend,  Philologus  XXVIII  1869  S.  84)' 
nf  die  beiden  bekannten  'προ<Ττάται*  (Polybios  V  106,  7),  die  um 
S13  ihren  Tod  durch  Philipp  fanden  (Eurykl.  I  —  Mikion  II),  indem 
Bin  in  dem  Symbol  der  Dioskuren  ^  eine  Anspielung  auf  die  nahe 
Verwandtschaft  und  innige  Freundschaft  der  beiden  Beamten  und 
äre  Lust  an  den  Pferden*  sah.  Gegen  diese  Identifikation  hat 
Head  entschiedenen  Einspruch  erhoben.  Sie  widerlegt  sich  mei- 
Mr  Ansicht  nach  auch  dadurch,  dass  von  jenen  stets  Euryklei- 
Im,  CIA.  II  858  mit  gutem  Grunde  ausgenommen,  wo  Mikion 
ib  Agonothet  vorangeht,  als  der  führende  an  erster  Stelle  ge- 
Mnnt  wird,  während  auf  den  Münzen  Mikion  dieselbe  einnimmt. 
Ton  agonietischen  Interessen  der  προατάται  ist  uns  auch  weiter 
>iehti  überliefert,  und  die  Dioskuren  als  Symbol  der  Freund- 
lAaft  konnten  sich  mit  demselben  Rechte  zwei  ihrer  Nachkommen 
vlhlen,  noch  dazu  in  Erinnerung  an  ihre  berühmten  Vorfahren. 
Mien  wir  den  Stammbaum  ein,  so  finden  sich  alle  Voraus- 
*BtiimgeD  bei  Mikion  IV  -  Eurykleides  III  in  Überraschender  Weise 
tn«i]iigt    Ja  für  die  Erklärung  der  Dioskuren    als  Beizeichens 


^  Wie  sich  aus  den  angeführten  Thatsachen  ergiebt,  dass  er  als 
νΕΐ(τΓ€(ρος)  ζα  Lebzeiten  seines  Ghrossvaters  siegte  und  dass  dieser  noch 
nm  180  v.  Chr.  für  den  Sohn  Eurykleides  und  den  Enkel  Mikion  Bei- 
trage leistete.  Möglich  wäre  es  natürlich  auch,  dass  Eurykleides  and 
Mikion  der  Siegerlisten  Nachkommen  des  Mikion  II  wären.  Dafür,  dass 
Mikion  II  keinen  Mannesstamm  hinterliess,  dürften  aber  gerade  die 
Listen  dA.  II  982,  983  sprechen,  in  denen  Mikion  III  allein  das  Haus 
vertritt. 

*  So  auch  noch  Weil  am  S.  372^  a.  0.,  der  demgemäss  die  Serie 
ZXY  für  jünger  als  XLVIII  halten  musste. 


374  Preaner 

scheint  sich  ein  weiterer  wichtiger  Gesichtepnnkt  ans  den  Trlc^^ 
mem  der  Ueberlieferung  zu  ergeben:    Mikion  IV    siegte  δρμο^"^^ 
(CIA.  II  966  Α  43,    vielleicht   auch  Β  20),    Eurykleides  lU  i 
παγκράτιον    (CIA.  II  970,  30):    welches   passendere  Beiseichi 
konnten  sie  wählen  als  Κάστορα  θ'  Ιππόδαμον  καΐ  πύΗ  αχ 
θόν  ΤΤολυδεύκεα?   £s  wird  nicht  oft  vorgekommen  sein,  dass 
Angehöriger  der  attischen  Aristokratie  in  dem  gefährlichsten  alli 
Kampfspiele,    dem  Pankration,    Leben   und  Schönheit    aufs  Spi 
setzte  Κ 

So  wird  man  Serie  XXY  ungefähr  um  190,  Serie  XL  u 
170,  Serie  XLVIII  um  150  ansetzen  dürfen;  ich  brauche  nie 
zu  betonen,  dass  damit  nur  im  allgemeinen  die  Ab-  und  Zeitfol 
charakterisirt  werden  soll. 

Indem  ich  mit  Head  die  Serie  XL  Eurykleidee-Ariarath^i 
in  die  erste  Hälfte  des  2.  Jahrhunderts  rücke,  gerathe  ich  in 
Widerspruch  mit  der  Ansicht  derer,  welche  dieselbe  vielmelir 
kurz  vor  Athens  Erstürmung:  durch  Sulla  geprägt  sein  lassen• 
Aus  der  Thatsacbe,  dass  in  dem  Münzfunde  vom  Dipylon  (v|^l• 
oben  S.  368^,  wo  auch  darauf  hingewiesen  ist,  dass  über  deo 
ursprünglichen  Bestand  des  Fundes  keine  Berichte  vorliegen)  vier 
Exemplare  sich  fanden,  die  nach  Weil,  Athen.  Mitth.  VI  1B81 
S.  324  durch  ihre  '  theilweise  fast  stempelfrische  Erhaltung'  sid^ 
als  zu  den  ^am  spätesten  geprägten,  mithin  jüngsten  Stücken 
des  Fundes  gehörig  erwiesen,  schloss  zuerst  von  Sallet,  Zeitscb^- 
für  Numism.  IV  1877  S.  228  unter  Verweisung  auf  J.  Friei*' 
länder  das.  S.  10  ff.,  dass  der  Ariarathes  dieser  Reihe  der  Sob^ 
des  Mithradates  sei  (vgl.  Weil,  Bursians  Jahresber.  7  1878  S.  44^ 
und  in  ausführlicher  Darlegung  Athen.  Mitth.  a.  a.  0.  S.  324ff.)^ 
'Allerdings  sind  dann  diese  Münzen  vor  dem  Bündnissabschlue^ 
geprägt,  aber  Mithradates  hat,  — ,  damals  bereite  in  regem  Ver- 
kehr mit  den  Hellenen  gestanden',  musste  Weil  a.  a.  0.  S.  327 

1  Dass  in  der  That  die  Dioskurcn  dargestellt  sind,  halte  auch 
ich  für  sicher  (die  Pilei  sollen  IX  und  LIX  zeigen).  —  Diese  Combi- 
nationen  macheu  es  doch  wahrscheinlich,  dass  Mikion  IV  und  Eury- 
kleides III  eher  Brüder  als  sonstwie  Verwandte  waren;  vgl.  S.  371  und 
S.  373V  Siegte  Mikion  IV  bald  nach  191  αρματι,  war  er  hochbct«gt 
in  der  Liste  CIA.  II  1047,  2.  Sein  I>rudcr  Eurykleides  müsste  freilich 
beträchtlich  jünger  gewesen  sein,  da  er  bald  nach  102  (Köhler  zu  CIA. 
II  970)  Sieger  im  Pankration  war.  Auf  der  Liste  CIA.  II  983  erscheint 
er  nicht,  auf  der  Liste  CIA.  II  1047  folgt  er  unmittelbar  auf  Mikion; 
beide  stehen  am  Anfang  derselben. 


Ans  grieohiBchen  Inschriften  zu  attischen  Münzen.  375 

eelbet  hinzufügen.  In  dem  Funde  von  Earyetoe  (vgl.  oben 
8.  368^)  scheint  dagegen  die  Serie  nicht  vertreten  gewesen  zu 
sein,  wie  denn  auch  Koehler  bei  der  Bespreohnng  der  jüngsten 
Üeihen  nicht  auf  dieselbe  zu  sprechen  kommt. 

Der  Name  Ariarathes  legt  ohne  Zweifel    den  Gedanken  an 
eise  ausländische  Fürstlichkeit  nahe,  obgleich  man  sich  biUiger- 
w^eiee  wundert,  dieselbe  an  zweiter  Stelle  aufgeführt  zu  finden  ^, 
obne  dass  wenigstens    das  Beizeioben   auf  sie  Bezug  hätte,    das, 
i^ie  dargethan,  auf  Eurykleides  zurückzuführen  ist.     In  der  2ieit, 
in  die  nach  Heads  Ansatz  die  Serie  oben  verwiesen  ward,  weilte 
aber  ein  gleichnamiger  fremder  Prinz  in  Athen,  als  Ariarathes  V 
seit  162  König  von  Eappadokien,    als    attischer  Bürger    in  den 
Demos  Sypalettos  aufgenommen,    wie    die  Inschrift    Dittenberger 
Syll.  I.  G.  220  =  CIA.  II  1406  beweist,  nach  der  er  im  Verein 
mit  Attalos,  der  nachmals  als  Attalos  II  den  Thron  bestieg,  das 
Bild  des  Philosophen  Earneades  weihte,  vor  dem  Antritt  der  £e- 
gierang,  da  er  andernfalls  als  βασιλεύς  bezeichnet  wäre.     Da  er 
Doch  als  Prinz  thatsächlich  in  den  attischen  St€uitsverband  einge* 
treten  war,   liesse  sich  auch  vielleicht    erklären,    dass  er  es  zu- 
frieden war,    als  zweiter  Jahresbeamter  auf  den  Münzen  geführt 
w  werden. 

Bewahrheitete  sich  diese  Identifikation,  so  wäre  damit  das 
Jabr  162  als  sicherer  terminus  ante  quem  für  die  Serie  Eury- 
Ueides-Ariarathes  erwiesen.  Sollte  diese  dagegen  wirklich  in 
die  80  iger  Jahre  des  1 .  Jahrhunderts  v.  Chr.  zu  verweisen  sein, 
*o  bleibt  auf  alle  Fälle  ihr  Beizeichen  als  das  Bild  der  Chariten 
gesichert. 

Um  den  Vergleich  der  Münzbilder,  der  hoffentlich  für  sich 

•elbet  sprechen  wird,    zu  erleichtern,    stelle   ich    schliesslich  die 

Abbildungen  der  unter  I  und  II  besprochenen  Münzserien  aus  den 

Tafeln  des  Katalogs    des   britischen    Museums   und    des    Numis- 

matio  commentary  on  Pausanias  zusammen : 


1  Weil,  Athen.  Mitth.  a.  a.  0.  S.  327^  bemerkt;  *In  einer  ähn- 
lichen Stellung  scheint  der  zweite  Beamte  einer  älteren  Serie  gewesen 
zu  sein  Διότιμος-Μάγας'  (Head  XXXVI  (186—147).  Kein  Beizeichen). 
Üebrigens  spricht  auch  dieser  Umstand  gegen  Mithradates'  Sohn,  König 
von  Kappadokien,  besonders  bei  dem  Servilismus  damaliger  Zeit. 

s  Schon  Th.  Reinach,  Revue  des  Stades  gr.  I  1888  S.  168  dachte 
an  die  Identifikation  mit  dem  König  von  Kappadokien,  dessen  Aufent- 
halt in  Athen  er  gegen  158  v.  Chr.  setzt. 


376  Preuner 

Μικ{((υν)'θ€Οφρα(στος)  c.  190:  Catalogne  X  8.  9. 
εύρυκλεί(οης)-Άριαρά(θης)  c.  170:  Catalogae  XI  5;  Kam. 

comm.  £.  E.  VI. 
Μικίων-εύρυκλεΚ^ης)  c.  150:  Catalogue  XI  7;  Nnm.  comn. 

E.  E.  I. 
Τιμόστρατος-ΤΤοσής  ο.  110:  Num.  comm.  C.  C.  VIL 


III. 

Die  attischen  Strategen  als  Jahreebeamte  auf  den 

Münzen? 

Dass  in  den  beiden  Jabreebeamten  auf  den  attischen  Milni- 
reihen  der  στρατηγός  έπ\  τά  δπλα  und  der  στρατηγός  iru  ττρί 
παρασκευήν  zu  erkennen  sind,  glaubt  Th.  Reinaob  in  der  Bevne 
des  itudes  grecqnes  I  1888  S.  168  ff.  erwiesen  zu  haben.  Da 
seine  allgemeinen  Erwägungen  in  sich  zusammenfallen,  wenn  die 
angezogenen  Beispiele  nicht  beweisen,  was  sie  beweisen  eollei, 
beschränken  sich  die  folgenden  Einwände  auf  letztere. 

Drei  Hauptzeugnisse  bespricht  er  ausführlicher.  1)  MiKiiuv- 
εόρυκλεί(οης)  (Head  Serie  XL VIII)  erklärt  er  wieder  für  iden- 
tisch mit  den  beiden  προστάται  trotz  Heads  energischem  Wider• 
Spruch.  Aber  wo  steht  in  der  Inschrift  CIA.  II  858,  dass 
Mikion  στρατ.  έπι  τά  δπλα,  Enrykleides  στρατ.  έπι  τήν  παρα- 
σκευήν  war?  Reinach  hat  sich  arg  verseben:  [άγιυνοθέτης]  Παν- 
αθ[ηναίιυν?]  war  Mikion,  [στ]ρατηγός  έπι  τ  -  -  -  -  Eurykleides, 
[σ]τρατηγός  έπι  τήν  παρα[σκ6υήν]  [-  -  κλ]ής  Σαλαμινίου  — 
Vgl.  S.  373  f.  2)  Die  Besprechung  der  Serie  *Αριστίιυν-Φίλων 
verspare  ich  auf  den  Schluss.  3)  In  Heads  Serie  LXXXiU  Διο- 
κλής  Μ€λι(τ€ύς)-Μή5€ΐος  (vgl.  Weil,  Athen.  Mitth.  VI  1881 
S.336  und  bee.  Koehler,  Zeitschr.  für  Numism.  XII 1885  S.  106ff.) 
ist  Diokles  erste  Magistratsperson ;  aber  daraus  und  aus  Plutarchs 
Zeugniss  Vitae  X  orat.  843  B,  dass  er  στρατ.  έπι  τους  όπλίτας 
einmal  war,  läset  sich  doch  unmöglich  Rs.  These  erweisen  — 
ebensowenig  brauchte  natürlich  das  (überhaupt  nicht  bezeugte) 
Strategenamt  der  Brüder  Mikion-Eurykleides  mit  dem  Münzamt 
zusammenzufallen. 

S.  175  f.  führt  R.  noch  einzelne  Falle  an,  in  denen  Stra- 
tegennamen auf  den  Münzreihen  wiederkehren,  ohne  sich  in  eine 
genauere  Untersuchung  einzulassen.    Es  ist  eher  zu  vor  wundern, 


Au•  grieohischeii  Inschriften  su  Attischen  Münzen.  377 

dass  eich  dieselben  Namen  nicht  öfter  hier  und  dort  finden.    Ich 
bin   übeneogt,  dass,  wenn  einmal  das  Räthsel  dieser  Namen  ge- 
löst  ist,  sich  eine  ganz  andere  Zahl  von  Identifikationen  ergeben 
-wird.       Den   Strategen    Xenokles    (Wescher-Foucart   Inscriptions 
rec.      k    Delphes    N.   424,    3  f.)    sollen    die    drei    Serien    Heads 
XCVIII— C  (146—87)  nennen :    die  Inschrift   fallt   etwa   in   die 
Jahre   150 — 140   (vgl.  H.  Pomtow,    Fleokeisens  Jahrbücher  139 
1889    S.  517,  562,  575),    während    auch    die  Funde    anzurathen 
ecbeinen,  diese  Reihen  spät  anzusetzen  (vgl.  Weil,  Archaeol.  Zeit. 
XXXIII  1875  S.  164  und  bes.  Eoehler,  Zeitschr.  fiir  Numismat. 
XII   1885  S.  104).    Μνασέας  Μνασέου  Βερενικίοης   ist   nach 
Xoehlers  Datirung  (CIA.  II  481)   στρατ.  έπΙ  τους  όπλίτας    im 
Lauf  der  Jahre  48 — 42  gewesen;    man    wird    für  eine  so  späte 
£ntetehnngszeit  der  Serie  XCVI  (146—87)  nicht  ins  Feld  führen,  * 
dass    dieselbe  in  den  beiden   eben  angeführten  Münzfunden    nicht 
▼ertreten  gewesen    zu    sein   scheint.      Der  Stratege  Polycharmos 
Ciceronianischer  Zeit  (ad  Attic.  V  11,  6,  vgl.  ad  famil.  XIII  1; 
8.    auch  Susemihl,  Griech.-alex.  Litteraturgesch.  II  S.  265  f.)  soll 
der  gleichnamige  Münzbeamte  der  Serie  L  sein,  die  Head  in  die 
Periode  186 — 147  setzt.    Auf  Herakleiios  und  Oionysios  gehe  ich 
nicbt   näher  ein:    Η  Ρ  Α    in    den  Serien  XXVI    (196-187)    und 
(186—147)  braucht  nicht  in  *Ηρά(κλ€ΐτος)  vervollständigt 
mrerden  (üerakleitos  ist  nach  Köhler  zu  ÜIA.  II    593  (Ττρατ. 
^ifi  τους  όπλίτας  wohl  bald  nach  148  gewesen)   und   der  Name 
Dionyeios  ist  in  der  That  nicht  geeignet,  die  Grundlage  für  Iden- 
tifikationen abzugeben    (στρατ.  97/96    nach  CIA.  II  985  D  4 f.; 
Serie    XXXV  (186  —  147!)).      Aus  der  Vergleichung  des  στρατ. 
dirl  τους  όπλίτας    τό  δεύτερον  '6  πικρά  τη  ς  Καλλιμάχου  Λευ- 
κονοβυς  (Bull,  de  corr.  hellon.  IV    1880    S.  542  ff.,    2/1  Jahrb. 
V.    Cbr.)  mit  der  Serie  LXXXIX  Καλλίμαχος-'6πικράτης  (146 — 
8T)  läset  sich  mit  Fug  auf  Familienbeziehungen  schliessen,    aber 
sonst  nichts.   Natürlich  ist  es  Reinach  schliesslich  unbequem, 
von  den  Strategen  Sarapion    101/100,    ApoUodoros  100/99, 
Sestiaios  99/98,  Dionysios  97/96,  Sarapion  96/95,   Pyrros  95/94 
(CIA.   Π  985)    nur  der  Dionysios   sich  allenfalls  —  thatsächlich 
niclit    —  auf  den  Münzen  nachweisen  läset:  das  ist  der  Schluss- 
etein   für  die  Behauptung,  dass  R.  sehr  irrte,  als  er  schloss:  'c*est 
a^eez   dire  que  mon  hypoth^e  peut   dtre    considoree    comme    do- 

montree  • 

Beiseite  Hess  ich  das  von  R.  ausführlicher  behandelte  zweite 

Beweisstiick,    die  Serie  LVI  Άριστίων-Φίλων    (vgl.    in    neuerer 


378     Freu  η  er  Aus  griechisohen  Insohriftcii  sa  attisdhe&  Mönzen. 

Zeit  Weil,  Arohaeol.  Zeit.  XXXIII  1875  S.  165,  Athen.  Mitth. 
VI  1881  S.  329  ff.,  Eoehler,  ZeiUohr.  für  Namism.  XII  1885 
S.  104  f.)  1. 

Bis  auf  Nieees  ErörteruDgen  (vgl.  unten  Anm.  1)  wurde  all- 
gemein angenommen,  dass  Arietion  (Ττρατ.  in\  των  δπλων  .war 
(vgl.  Poeeidonios  bei  Athenaios  V  213  e)  und  gleichzeitig  in  ge- 
nannter Serie  88/87  v.  Chr.  seinen  Namen  an  erster  Stelle  prägen 
liesB.  Aber  aus  diesem  eineny  noch  dazu  in  Frage  gestellten 
Beispiel  aus  einer  Zeit  chaotischen  Wirrwarrs '  beweisende  Kück- 
schlüsse  zu  ziehen  auf  den  ständigen  Charakter  einer  Behörde, 
die  sicher  anderthalb  Jahrhunderte  lang  bestanden  hat,  ohne 
irgendwelche  anderweitige  Zeugnisse  für  ihre  Identität  mit  den 
στρατηγοί  hinterlassen  zu  haben,  kann  ernstlich  keinem  in  den 
Sinn  kommen.  Wählte  doch  Aristion  gleich  in  seiner  ersten  Serie 
als  sein  Beizeiohen  den  Pegasos,  das  Münzbild  des  Mithradates, 
um  dann  in  der  zweiten  (Head  XCV)  die  erste  Stelle  dem  Mi- 
thradates  selbst  und  dem  Achaimenidenwappen  einzuräumen  und 
sich  selbst  als  Diener  seines  Herrn  mit  der  zweiten  zu  bescheiden 
(vgl.  auch  Weil,  Athen.  Mitth.  a.  a.  0.  S.  3298). 

Greifswald.  Erich  Preuner. 


^  Reinachfl  Vermuthung  (S.  174),  dass  Aristion  sich  den  greisen 
Akadomiker  Philon  zum  Kollegen  gewählt  habe,  ist  schon  deshalb  aus- 
geschlossen, weil  in  diesem  Falle  Philon,  der  bald  nach  Beginn  der 
Tyrannis  des  Aristion  aus  Athen  flüchtete,  doch  nicht  auf  den  späteren 
Münzen  des  Jahrganges  weitergeführt  wäre  (vgl.  Weil,  Athen.  Mitth. 
a.  a.  0.  S.  325,  320;  Cic.  Brutus  30G).  —  Hätte  B.  Niese  in  diesem 
Museum  XLII  1887  S.  574  ff.  mit  der  Scheidung  des  Aristion  und  Athe- 
nion recht,  so  wäre  nicht  einmal  des  Aristion  Strategenamt  bezeugt 
Widerspruch  hat  Th.  Reinach  erhoben,  Mithridate  Eupator  roi  de  Pont 
1890  S.  139  f.  1. 

2  So  bemerkt  Th.  Reinach  selbst,  Mithridate  Eupator  S.  140^  mit 
Rücksicht  auf  den  Zeitpunkt  der  Wahl  des  Aristion  zum  Strategen: 
'onsuite  le  rccit  de  Posidonius  montre  qu'on  se  trouvait  alors  k  Ätha- 
nes dans  des  conditions  de  gouvernement  anormale8\ 

[R.  Weil  hat  kürzlich  in  der  Festschrift  zur  Feier  des  fünfzig- 
jährigen Bestehens  der  Numismat.  Gesellsch.  zu  Berlin  1893  S.  6  f.  den 
Stand  der  Forschung  über  die  jüngere  attische  Münzprägung  wieder- 
gegeben. Ueber  den  Beginn  derselben  vgl.  noch  U.  Köhler  in  diesem 
Musoum  XXXIX  1H84  S.  aOO.] 


Rhein.  Mus.  f.  Philol.    N.  F.  XLIX. 


zu  Seite  379. 


i.  S.VvUie  . 
I     SEPVLCRVi^  BTBVLI 
I    SEP:SEMPRON10RVM 
Π  PORTA  SALVTARIS 
rV      P:  qVIRlNALlS 

V  P,    SAN  QVALIS 

VI  T:     FONXINAI-IS 


Vn  DOMVS    KAMENl! 
VHt  D^  WLCACI.rVFINI. 
JX    D^VALEPl  VEQETI 

XI  O^A.  LATRONIANI 
ΧΠ     O^  ABZYQII 
Xnr   ri   SABINI 

XIV  D^Ä.n.PAVLLlNÄ, 

XV  D*POMPONIORVM 

XVI  ÄRA   INCENDII 
°MW+j f- -\ 


^\\ 


379 


Zur  Topographie  des  Uuirinals. 

(Hierzu  eine  Karte.) 


Die  Forschung  über  Topographie  der  Stadt  Rom  im  Alter- 
tbum  bat  mit  einem  eigentbümlichen  Zwiespalt  zwischen  ihrem 
Ziele  und  den  Mitteln  zu  dessen  Erreichung  zu  kämpfen.  Wenn 
ihre  Stellung  als  philologisch-historische  Disziplin  sich  darauf 
bekundet,  dass  '  eine  klare  und  lebendige  Anschauung  des  römi- 
schen Lebens  gar  nicht  möglich  ist  ohne  Vertrautheit  mit  der 
Oertlichkeit  auf  der  sich  dieses  Leben  bewegt^  (W.  A.  Becker 
Handb.  I  p.  VIII),  so  muss  der  Philologe  und  Historiker  in  erster 
Linie  über  diejenigen  Epochen  Aufklärung  verlangen,  welchen 
unsere  litterarische  Ueberlieferung  das  hauptsächlichste  Interesse 
verleiht:  die  Periode  des  Werdens  und  Wachsens  des  römischen 
Staates,  der  Bildung  der  Formen  seines  öffentlichen  Lebens  und 
Caltns,  der  Blüthe  Roms  in  der  republikanischen  und  in  der 
ersten  Kaiserzeit.  Dass  jedoch  die  Probleme,  welche  der  Ver- 
such,  ein  Bild  der  Stadt  in  diesen  Epochen  zu  entwerfen, 
dem  Forscher  stellt,  auf  dem  Wege  überwiegend  philologischer 
Untersuchung  zu  lösen  seien,  wird  heutzutage  niemand  mehr 
so  bestimmt  behaupten,  wie  vor  einem  halben  Jahrhundert 
Becker.  Durch  Zusammenstellung  und  Diskussion  sämmtlicher 
in  der  antiken  Litteratur  von  Plautus  bis  auf  die  Byzantiner 
zerstreuten  Nachrichten  kann  man  nie  zu  einer  Topographie 
der  Stadt  kommen:  ohne  eingehende  Berücksichtigung  der  monu- 
mentalen Reste  wird  heute  niemand  mehr  versuchen  eine  solche 
zu  schreiben.  Gilberts  gelehrtes  und  an  scharfsinnigen  Combi- 
nationen  reiches  Werk,  dessen  Werth  für  die  Geschichte  des  rö- 
mischen Sacralwesens  nicht  zu  bestreiten  ist,  zeigt,  wohin  eine 
überwiegend  auf  Untersuchung  der  Tradition  aufgebaute  Forschung 
über  das  ältere  Rom  führen  muss,  die  die  Möglichkeit  ihrer  Con- 
Btractionen  auf  dem  gegebenen  Terrain  nicht  erwägt.    Aber  frei- 


880  Hülsen 

lieh,  die  Trümmer,  welche  dnroh  die  Yielfacheii  ZerstSraiigeii  der 
ewigen  Stadt  sich  bis  in  nnsere  Tage  herfiber  gerettet  haben, 
setzen  meist  in  der  Epoche  ein,  wo  das  Interesse  dea  Philologen 
nnd  Historikers  aufhört  oder  abnimmt  Wie  gering  ist  selbst  die 
frühe  Eaiserzeit,  die  Epoche  des  Cäsar  nnd  Aagostoei  yertretea 
gegenüber  dem  zweiten  Jahrhundert  und  der  Periode  des  Ver- 
falls!  Es  bleibt  für  die  topographische  Erforschung  und  Erkenai- 
nise  des  alten  Som  nur  der  Weg,  den  Niebuhr  (bei  Urliehs 
Köm.  Top.  in  Leipzig  S.  6)  gewiesen:  aus  dem  heutigen  Bov 
schrittweise  die  früheren  Phasen  der  Entwicklung  zu  reconstrui- 
ren;  über  dem  Kom  des  Mittelalters  zur  Eaiserzeit,  von  diesem 
zur  Bepublik  und  bis  in  die  Uranfänge  der  Stadt  au  dringen. 
Dieser  Weg  war  vor  einem  halben  Jahrhundert  noeh  mit 
Hindernissen  verlegt,  die  seitdem  wenigstens  zum  grossen  Theil 
beseitigt  sind.  Müssen  wir  auch  z.  B.  bedauern,  dass  nnaen 
Eenntniss  vom  mittelalterlichen  Bom  verhältnissm&ssig  so  vii 
unsicherer  und  lückenhafter  ist,  alt  vom  antiken,  so  sind  nnsos 
Kenntnisse  über  die  Schriftquellen  der  klassischen  Zeit  erheb- 
lich gesichert  und  geklärt,  ja  für  eine  der  topographisch  widh 
tigsten,  die  Inschriften,  ist  seit  Erscheinen  des  YI.  Bandei 
des  Corpus  (1876)  überhaupt  erst  ein  zuverlässiges  Fundameil 
gewonnen.  Die  monumentale  Forschung  über  Bom  aber  hat  ii 
allerneuster  Zeit  ein  unvergleichliches  Hilfsmittel  erhalten  duroh 
Lancianie  grossen  Stadtplan  ^  Ein  ungemein  reiches  Material  vob 
Funden  aus  den  wichtigen  Ausgrabungsjahren  nach  1870,  die 
Besultate  einer  vieljährigen  Durchforschung  von  Archiven  und 
Bibliotheken,  welche  bisher  nur  von  wenigen  Spezialforschen 
sporadisch  benutzt  waren,  sind  hier  in  vortrefflicher  Weise  uai 
in  gröestem  Maaesstabe  geboten.  Durch  die  von  L.  gewäUti 
Darstellungsart  ist  es  möglich,  gleichzeitig  mit  dem  modemsta 
Bom  {piano  regolcUore  vom  30.  Juni  1892)  das  päpstliche  EU>m  vor 
1870,  das  Bom  des  beginnenden  Mittelalters,  der  Eaiserzeit^  de 
Bepublik  und  der  Königszeit  neben-  und  übereinander  zu  veiaa 
schaulichen.-    Jede  weitere  Forschung  über  römische  TopograpUs 


1  Forma  Urbis  Eomae,    Consüio  et  auctoritate  Begiae  Academim 
Lynceorum  formam  dimensus  est  et  ad  inodtäum  1 :  1000   delineacU  £> 
LancUmi,    Von   den  4G  grossen  Blättern  (0,90x0,60  cm),    aus  weldMB 
der  Plan  bestehen  soll,  sind  bisher  12  (no.  1—4,  8—11,  15—18),  wekl 
die  Hügel  Pincias,  Qoirinal  incl.  der  Castra  Praetoria,   Yiminal,  so« 
das  Marsfeld  bis  zum  Stadium  (Piazza  Navona)  nnd  Pantheon  umfuN 
heraasgegebon. 


Zar  Topographie  des  Quirmai-. 

-vrird   auf  Lancianis  Arbeit  faesen.  tol  λ\ί  uu)»F^i»«f?    uu     u*.     h 
Beziehung  nehmen  mtiesen. 

Andrerseits  hat  Lanciani  seiner  Am•*•:*  H^-.-.tw  ^-i*•  •-?-?:. 
gesteckt,  welche  gerade  für  historip'.i-: :  .  v.i-r»^•- ^•  ••u-..-  i.• 
Srauchbarkeit  beeinträchtigt.  Kr  "wi'/i  ».^  li'-ir  l.-:•  a\  i•.•  • 
oder  minder  wahrscheinliche  ΜυΛπΐα.&.ΜΤ!.Γ*•ι.  ü  ;  i-  ;•^;.λ  wu- 
falsch  ausgelegte  Texte,  sondern  einzir  ti '.  i•!»--:  ^  "  r.if^.i.- 
sttitzen*;  von  den  ricerche  di  tavolirto  i»r:  νιιυη  f-u  'f^^muu" 
erwartet  er  wenig  oder  gar  keine  För-triir  uij*-•-•• 
sehen     Erkenn tniss    (Man,     dei    Lina\    XI  ::, 

man   denn  anf  seiner    neuen  Karte    di^  >'lii»-i     ϊ  u. 
und     in   vieler    Hinsicht   interessantefit^ri    •  •-;o•..*- 
nchichte    znm   grossen   Theil    tiberhauj^  lm-     '..•'' 
wo     ihre  Ansetzung  sehr  problematisch    i«^       '  i. 
Unternehmen,  nach  Niebuhrs  Methode  etwk>  «•:•..•-    ,..   ..j.^.^ 
in    jene   dunkeln  Zeiten,    aus  denen  k^in•:  Ιλ^μ•••'    >j•      «,■      , 
ni^   Mauertrümmer  zurückgeblieben  wind.    jr.  ο•:ι.•--    ^.«.  •   .^. 
mische  Staat  und  der  römische  Caltus  dii-  ]riUrris«>i»«iii^*.i  ;.-. 
ihrer   Bildung  durchgemacht  haben,    au'-K-    ΐι•;»ίϊ*    i.-.m•^^.^ 
sichtslofl,    wie   ich  im  Folgenden    an  der  i-^-^fn• »..«. ,     ... 
eiehen  römischen  Hügel,  des  Quirinalfs,  daribufn^     b^i•«^.. 


r•".»•- 


I.  II  ^' 


*Mf 


.  ί• 


Den  Ausgrabungen  nach  1870  int  *rf   ν  vi 
einen   grossen  Theil  des  Quirinalhügeii-    uu     «^ 
ftnf  das  antike  Niveau  zu  erforschen :    vwi«-    , 
die    Banthätigkeit  einiger  Päpste,  bebuiiurr.  ^^ 
VIII  *   eporadische  Funde  zu  Tage  i^«#iMr•    ^.^ 
meist    ohne  für  die  Wissenschaft  iiuuui   ^^'.m• 
den  grossen  Neuschöpfungen  dentelu? 
Plänen   des  beginnenden  10.,    de»-  ^«^ 
erecheint  der  Zustand  des  Hüg«i^  hl 


Λ- 


Α .  -• 


1  Sixtus  V  (15«5-1δ1ίΟ 
Rücken  des  Quirinals;   BauUfi    «.  ms.,,  .  .  .^  ' 

bef^onnenen  grosRen  Palast. 

a  Urban  VHI  (1623-10«-:  * 

Beiner  Gärten;  Bau  des  Pa 


382  Hülsen 

schieden  von  dem,  welchen  nns  die  einzige  geometrische 
nähme  des  16.  Jahrhunderts,  von  L.  Bnfalini,  1550 — 156C 
die  wenig  ältere  Vedute  M.  Heemskercks  ^  darstellen.  Vigni 
Gärten^  hedecken  ihn,  aus  denen  vereinzelte  Trümmer  a 
Monnmentalhauten ,  mittelalterlicher  Wartthürme  nnd  alt 
licher  Kirchen  sich  hervorhehen. 

Diese  zum  Theil  uralten  Kirchen  verknüpfen  nun  die  < 
liehe  Epoche  mit  den  letzten  Zeiten  des  ahsterhenden  Β 
thums.  Ihre  Beinamen  hahen  oft  das  Andenken  an  antik 
nnmente,  hesonders  Strassennamen  hewahrt;  ihre  (urs] 
liehe)  bauliche  Anlage  gibt  wichtige  Anhaltspunkte  fti 
antiken  Strassen  laufe.  So  hat  auf  dem  Quirinal  die  Basilii 
heiligen  Vitalis  (ursprünglich  den  HH.  Gervasius  und  Prc 
geweiht)  Name  und  Richtung  einer  der  wichtigsten  Strass 
Osten  Roms,  des  Vicus  longus*  bewahrt.  Unter  Papst 
cenz  I  (401  —  417)  war  sie  von  der  frommen  Matrone  \ 
begründet;  das  Papstbuch  (I  221.  222  ed.  Duchesne)  hat  τ 
langes  Verzeichniss  der  Grundstücke  erhalten,  welche  sie  d 
silika  zugewandt.     Darunter  sind: 

domus  itueta  hasilica  Libiana^ 

balneum  in  eodem  loco,  Uucta  tcmplum  Mamuri 


^  Ucber  die  Datiriing  dieses  wichtigen  Documents,  das  g 
lieh  mit  Unrecht  in  das  Jahr  1551  gesetzt  wird,  s.  Rom.  Mittl 
S.  120. 

3  Herausgegeben  Antike  Denkmäler  Bd.  II  Taf.  12,  vgl 
Mitth.  1893    S.  262. 

β  Ueber  diese  hat  Lanciani  hulL  connm.  18S9  S.  383  ff.  geh 
Für  die  unten  zu  erwähnenden  Inschriftenfunde  ist  wichtig  di• 
Stellung,  dass  die  Vigna  des  Cardinais  Giacomo  Sadoleto  (geh 
t  18.  October  1547),  welche  später  (1558)  ganz  oder  zum  Theil 
sitz  des  päpstlichen  tesoriere  Uberto  Ubaldini  war,  das  ganze  "! 
zwischen  dem  Kriegsministerium,  dem  Pal.  dell'  Esposizione,  de 
Semita  und  dem  Vicus  Longus  eingenommen  hat.    S.  u.  S.  398. 

*  Die  Zeugnisse  für  den  Namen  s.  bei  Jordan,  Topogr.  2,  5i 
vollständiger  bei  Gilbert,  Top.  3,  368.  Aber  die  von  letztere 
Btdl.  munic.  1873,  111  angeführte  Inschrift,  die  pro  saluhritaU 
vici]  gesetzt  sein  soll,  hat  mit  dem  Ortsnamen  nichts  zu  thun,  s 
ist  eine  Dedication  an  den  thrakischen  Deus  Heros  von  einem 
(wahrscheinlich  Soldaten)  Longicius  cum  suis.    S.  CIL.  VI  3G91. 

^  Der  Beiname  ist  unerklärt,  man  möchte  ihn  zunächst  zii 
ziehen.  Ob  er  mit  dem  Namen  des  Mitbegründers  der  Basilil 
Diaconus  Livianus  zu  thun  hat? 


Zur  Topographie  des  Quiriiuile.  383 

domus  in  climtin  Saltäis  balneata 

(folgen  Grundstücke  aneserbalb  der  Stadt) 

doinsu  Emeriti  in  divum  Mamurij  intra  urhe  Roma^   iuxta 

b(isüicam 
domus  in  clivum  PcUrici  arbiiraia 
domus  iuxta  basilicam  in  vicutn  Longum,  quae  cognominatwr 

ad  Lacum 
domus  ad  cathedra  lapidea  Floriana 
pistrinum  in  vico  Longo,  qui  cognominatur  Castoriani 
halneum  in  vicum  Longum  qui  cognominatur  Templus, 

Daes  gleich  d«m  Yicus  longus  auch  die  anderen  Strassen 
der  Nähe  der  Kirche  gelegen  haben,  ist  höchst  wahrscheinlich 
Qcheene  p.  228):  wie  sie  im  Einzelnen  anzusetzen  sind,  werden 
'  unten  (S.  405.  417)  sehen. 

Der  Lauf  des  Vicus  longus  war,  wie  Bufalinis  Stadtplan 
g^  um  die  Mitte  des  1 6.  Jahrhunderts  noch  mit  vollkommener 
utlichkeit  erkennbar:  die  neuerdings  an  verschiedenen  Stellen 
Tage  getretenen  Reste  der  Pflasterung  (eingetragen  bei  Lanciani 
'.  16^)  gestatten  ihn  auch  graphisch  festzulegen.  Schnurgerade^ 
ich  der  ganz  modernen  Via  Nazionale  (aber  mit  der  Hichtung 
jer  letzten  einen  Winkel  von  er.  20  ο  bildend),  begann  er  am  Ost- 
ange  des  Quirinals  (bei  der  neuen  Banca  Nationale),  ging  im 
ile  zwischen  Viminal  und  Quirinal  hin,  und  stieg  (an  der  Süd- 
e  des  Ministero  della  Guerra)  zur  Höhe  des  letzteren  Hügels, 
östlichen  Ende  {summa  pars  vici  longi)  ist  er  allerdings  durch 
Anlage  der  Diocletiansthermen  bedeutend  verändert;  doch 
)Bß  er  ohne  Zweifel  unweit  der  Porta  CoUina  (an  der  Ecke  der 
i  Venti  Settembre  und  Via  Quintino  Sella)  mit  der  zweiten 
ich  zu  erwähnenden  Hauptstrasse  des  Quirinals,  der  Alta  Se• 


^  Durch  einen  Druckfehler  hat  diese  in  unserer  Untersuchung 
fig  zu  erwähnende  Tafel  Lancianis  die  Nummer  6  bekommen:  ich 
re  sie  immer  mit  der,  welche  sie  eigentlich  haben  sollte. 

*  Der  Plan  in  Eichters  Topographie  gibt  diesen  (und  andere) 
issenläufe  sehr  wenig  correct  wieder,  da  der  Zeichner  (ebenso  wie 
Serviusmauer  und  Wasserleitungen)  sich  begnügt  hat  die  Linien  aus 
perte  ÄÜas  Antiquus  Bl.IX  zu  copiren,  ohne  den  ihm  als  Unterlage  die- 
den  modernen  Stadtplan  gehörig  zu  berücksichtigen.  —  Der  diesem 
■eatze  beigefügten  Skizze  liegt  der  im  J.  1891  vom  Istituto  cartogra- 
ItaUano  auf  Veranlassung  des  Municipiume  publicirte  Stadtplan 
Maassstabe  1  :  GOOO  zu  Grunde. 


384  Hüleen 

mita,  im  spitzen  Winkel  (er.  15^)  zusammen.     Die  Gesammtllng: 
des  Vious  longus  betrug  über  1  km. 

Von  den  Privathäusern  am  Vicus  longus  haben  die  neue 
Ausgrabungen  an  vielen  Stellen  Reste  zu  Tage  gefördert,  welch 
auf  Lancianis  Plan  genau  verzeichnet  sind.  Topographisch  biet« 
sie  freilich  meist  nur  ein  negatives  Interesse,  indem  sie  zeige 
welche  Stellen  nicht  durch  monumentale  Bauten  in  Anspruch  s 
nommen  gewesen  sind.  Die  Bestimmung  nach  dem  Namen  Λ 
Besitzer,  für  welche  Lanciani  sich  insbesondere  der  gestempelt 
bleiernen  Wasserleitungsröhren  bedient,  kann  von  höherem  3 
teresse  nur  werden,  wenn  es  sich  um  geschichtlich  bekannte  P< 
sönlichkeiten  handelt:  was  selten  der  Fall  ist.  Ueberhaupt  aV> 
muss  man  sich  hüten,  aus  Funden  dieser  Art  zu  viel  zu  fo 
gern.  Nur  wenn  innerhalb  eines  Hauses  eine  mehrfach  vei 
zweigte,  mit  demselben  Stempel  versehene  Leitung  gefunden  ist 
wird  man  aus  der  Bleiröhreninschrift  allein  mit  Sicherheit  aoi 
den  Besitzer  schliessen  dürfen;  im  übrigen  war  natürlich  *  jede 
solche  Zweigleitung  nicht  nur  intra  parieteSy  sondern  von  dem 
Punkte  an,  wo  sie  von  der  öffentlichen  Leitung  resp.  dem  ca^A' 
lum  aquae  abzweigte,  also  manchmal  auf  ziemlich  weite  Strecken 
mit  dem  Besitzernamen  gekennzeichnet:  wo  man  solche  casi^A 
divisionis  sicher  oder  mit  Wahrscheinlichkeit  ansetzt  (so  ie 
der  Vigna  Rondinini  unweit  porta  S.  Lorenzo  :  Lanciani  φ* 
η.  128—133,  Forma  Urhis  Bl.  18;  auf  dem  Quirinal  bei  S.Sil• 
vestro:  hüll,  cowmw.  1887  p.  9ff.,  vgl.  unten  S.  390 ;  vorder  Front 
von  S.  Ignazio:  Lanciani  syll,  n.  141 — 146,  vgl.  hüll,  comm,  1883 
Taf.  I,  II,  J'Vwa  Urhis  Bl.  15)  sind  denn  auch  stets  die  Funde  an 
gestempelten  Röhren  besonders  dicht  gesät.  Leider  sucht  man  ein« 
graphische  Uebersicht,  oder  auch  nur  eine  detaillirte  Zusammen- 
stellung über  die  Vertheilung  der  verschiedenen  aquae  in  det 
Stadt  in  Lancianis  neuer  Forma  Urhis  ebenso  vergeblich  vi* 
in  seinem  früheren  Buche  ^:    so    dass    uns    eines  der  wichtigstei 


*  lieber  Aqua  Claudia  -  Anio  novus  sagt  L.  acque  p.  151 :  cO 
un  poco  di  pazienza  si  potrcbhe  rintracciare  il  cor  so  deUe  due  acque,  ^ 
fton  in  tutte,  nella  piü  gran  parte  drille  quattordici  regioni.  Tali  min» 
zie  non  entrano  7ieUo  spirito  di  questo  mio  lavoro  .  .  .  Auf  der  fünfzebi 
Jahre  später  publizirten  Forma  Urbis  würde  man  aber  doch  gern  al 
Frucht  solcher  ricerche  minuziöse  das  Vertheilungsnetz  in  grossen  Haupt 
zögen  angedeutet  sehen!  —  Die  Stadt  der  vierzehn  Regionen  besas 
Anfangs  des  2.  Jhdt.  247  castella  dii^üiionis   (so  nach  Frontin  Lanciai 


ν 


2ttr  Topogfaptiie  des  Quirinals.  ä86 


Kriterien  für  die  topographische  Benatzung  der  Röhreninschriften 
bisher  fehlt.     Sicher  werden  wir  darin  vorläufig  fast  nur  gehen, 
^0  sich  Funde  dieser  Art  verknüpfen  mit  anderen  epigraphischen 
oder  litterarischen  Zeugnissen,  oder  wo  innerhalb  eines  und  des- 
selben Hauses  eine  mehrfach  verzweigte  mit  demselben  Besitzer- 
namen  gestempelte  Leitung  gefunden  ist^ 

Als  sicher  bleiben  demnach  von  den  vielen  bei  Lanciani 
(aeque  p.  302)  und  Gilbert  (Topogr.  3,  366.  367)  *  der  sechsten 
Kegion  innerhalb  der  Serviusmauer  zugeschriebenen  Namen  von 
Privatpalästen  nur  wenige  übrig;  eine  Erwähnung  verdienen:  ^ 

Domus  Vulcacii  Βίφηί,  der  Palast  des  Bruders  des  Caesars 
Gtillus  und  Oheim  des  Kaisers  Julian.     Unter  dem  südlichen  Flü- 
gel des  Ministero  della  Ouerra   fand  man   noch    an    ihrer    alten 
Stelle  eine  Ehrenbasis,  deren  Inschrift  schliesst:   Bavennates  nuh 
^^umentum  perennis  memoriae  in  vestümh  domus  staiuäli  venera- 
tkne  dicaverunt^. 

Domits  T.  ÄeHii  Naevii  Antonii  Severi  unter  Palazzo  Hüfi^er 
(neben   JPäl.   delf   Esposmone).     Grosse    Marmortafel:    Τίτ(ον) 


oestie  p.  365):  da  ihr  Flächeninhalt  annähernd  gleich  dem  von  der  Au- 
fdiiuiamauer  eingeschlossenen  Gebiet  gesetzt  werden  kann  =  12  V2  Mil- 
lionen Qm  (Rom.  Mittheil.  1892  S.  283),  so  entfällt  auf  jedes  eastdlum 
durchschnittlich  eine  zu  versorgende  Fläche  von  5  ha.  Doch  muss  die- 
ler Durchschnitt  selbstverständlich  in  weniger  bevölkerten  und  bebauten 
Quartieren  fiberschritten  sein:  und  umgekehrt. 

^  Ein  Beispiel  einer  längeren  Privatleitung  bietet  die  ganz  neuer- 
dings {Not.  d.  acavi  1893  p.  418)  an  der  Ecke  vonViaVenti  Settembre 
tiid  Via  Firenze,  also  er.  400  m  von  der  Stelle,  wo  wir  den  Palast  des 
Sibinos  anzusetzen  haben,  zu  Tage  gekommene  Bleiröhre  mit  dem  Namen 
dfliT.  Flavius  Sabinus  (unten  S.  400).  Auch  dass  Röhren  mit  dem  Namen 
^OßB  L.  Naevius  Clemens  an  zwei  über  1  km  entfernten  Punkten,  in  Villa 
^brandini  (Lanciani  acque  p.  222  u.  67)  und  beim  Monte  della  Giu- 
>t)zia  (a.  a.  0.  p.  225  n.  95)  gefunden  sind,  führt,  wie  Gilbert  S.  366 
Hehtig  bemerkt,  zu  der  Consequenz,  dass  derselbe  entweder  zwei  Häuser 
^  der  sechsten  Region  besessen,  oder  das  Wasser  sehr  weit  hergeleitet 
habe  —  wenn  nicht  am  Ende  eines  der  beiden  Stücke  überhaupt  fern 
Von  seinem  ursprünglichen  Platze  gefanden  ist. 

^  Die  Benutzung  der  Verzeichnisse,  welche  G.  nach  Lancianis  acque 
und  den  später  im  Buü,  comun.  veröffentlichten  Inschriften  mit  vielem 
Reisse  zusammengestellt  hat,  wird  leider  durch  die  zahlreichen  licse- 
^hler  und  die  chaotische  Aufreihung  sehr  erschwert:  eine  Kritik  im 
siozelnen  kann  hier  nicht  gegeben  werden. 

*  Nctisie  1884  p.  190,  Buü.  comun.  1884  p.  45  und  besonder• 
Capannari  BuU.  comun.  1885  p.  17—22  mit  Taf.  I. 

Mw.  f.  PhUol.  H.  r.  ZLIJL.  25 


386  Hülsen 

Αϊλ(ιον)  Ναίβ(ιον)*ΑντώνιονΣ€βήρον  τόν  λαμπρότατον  ύπατικ( 
τόν  €ύ€ρτέτην  Ιούλιοι  Ιουλιανός  φρ(ουμ€ντάριος)  και  Ουαλ( 
τ€Ϊνος  (χιλίαρχος)  λ€τ(€ώνος)  κανδώάτοι  αύτου  τόν  ίν  πα( 
αληθή  (Buü.  comun.  1881  ρ.  15;  Eaibel  I&L  1071).  Zwei  d( 
selben  Mann  nennende  Inschriften  (CIL.  VI  1332  und  9147)  ei 
i.  J.  1663  gefanden  Un  hortis  äbbatia  SantareUV:  der  Ort 
vermuthlich  identisch  mit  dem  des  neuen  Fundes,  doch  kann  i 
Beweise  dafür  nicht  geben. 

Domua  L.  Corndi  Fu^ionis  unter  Pal.  Campanari  (unw 
der  Banca  Nazionale).  Grosse  Bronzeinsohrift  publioirt  von  Bii 
kowsky,  Rom.  Mittheil.  1892  p.  197;  vgl.  Natizie  degli  sc< 
1893  p.  194 1. 

Nur  auf  dem  Fände  von  Wasserleitungsröhren  beruhen 
folgenden  Häusernamen: 

Unter  Pal.  Pascucci  (östl.  Via  dei  Serpenti  in  Via  Nai 
nale):  Comeliae  Tauri  f.  Taxi.  BuU.  comun.  1880  p.  327,  18 
p.  15; 

Im  giardino  Bombrini-MercureUi  (östl.  der  Banca  Nazional 
C.  Ärt{iculei'^)  Qermaniani  c.  v.  Lanoiani  silL•  63  (mehrere  Exp 

Unter  Palazzo  deli  Esposizione:  Aemüiae  PauUinae  ÄsiatU 
Rom.  Mittheilungen  1889,  296.  1890,  121. 

Ueber  die  unter  den  Constantinsthermen  gefundene  alt 
Bauschicht  (Giardino  Rospigliosi- Aldobrandini,  Via  del  Quirinc 
8.  unten  S.  390. 

Der  Hügelrücken  des  Quirinal  selbst  wird  bezeichnet  da 


^  Dagegen  möchte   ich    nicht    aus   dem  Funde  der  modern  ^ 
bauten  Inschrift   des   Ti.  Julius  Frugi,   Promagister    des  Arvalenco 
giums  unter  M.  Aurel  {Buü,  comun,  1878  p.  160,  1886  p.  185)  auf 
Existenz   eines   Palastes    desselben   in   dieser  Gegend   schliessen. 
Funde  zwischen  V.  dei  Serpenti  und  Via  Mazzarino  haben  gezeigt,  d 
hier  mittelalterliche  Steinmetzwerkstätten  existirten,  zu  deren  Gebrai 
Marmorstücke  sogar  von  Orten  ausserhalb  der  Stadt  zusammengeschle] 
waren   (Lanciani  huU.   comun.   1886  p.   189  f.).    —    Ohne    genügeni 
Grund  setzt  Lanciani  F.  U.  Bl.  16  die    domus  Lampadii  v,  c.   (pn 
urhi   366)    unter    Palazzo    Rospigliosi.      Ammian   Maroellins    Angi 
XXVII  3:    eiu8  domus  prope  Constantinianum  lavacrum   läset  sehr  y 
weiteren  Spielraum.     Dass  Lampadius   ein  Signum  des  inschriftlich 
genannten    C.  Ceionius  Rufius  Volusianus    ist,    hat    Seeck    (Hermes 
294;  Symmachus  praef.  p.  CLXXVIII)  nachgewiesen.   Er  war  demni 
ein  Grossnefife    des   Alfenius    Ceionius  Julianus  Camenins,    von    des 
Palast  auf  dem  Quirinal  unten  die  Rede  sein  wird. 


Zur  Topograptiie  des  Quinnals.  $8? 

ien  groseen,    seit    zweitausend  Jahren  im  weeentliclien  unverän- 
dert  gebliebenen    Straeaenlauf  der    Alta    Semita.'  Mehrfache 
¥ande  von  Pflasterungen  (vgl.  darüber  Lanciani  buU.  comun.  1889 
S.  332)  zeigen,   dass  er  fast  genau    der  heutigen  Via  Yenti  Set- 
tembre  entsprach.     Auch    an    der  Alta    Semita    sind    zahlreiche 
Privathäuser  nachweisbar.      Die  grossen  Beste  von  solchen  zwi- 
schen Porta  Collina   und    der  NO.  Ecke   der  Diocletiansthermen 
Bcbreibt  Lanciani    nach  dem  Funde  von  Bleiröhren  den  Palästen 
eines  Haterius  Latronianus  (acque  p.  223  n.  74),  M.  Laelius  Fulvius 
Maximus  Consul  227  n.  Chr.  (ebda.  p.  223  n.  76),  und  eines  Fl. 
VediuB  Antonius  c(larissimu8)  v(ir)  (ebda.  n.  77)  zu. 

Unter  dem  Eriegsministerium,  zwischen  der  1883  zerstörten 
Kirche  8.  Gaio  und  Piazza  S.  Bemardo,  liegen  die  Reste  des 
grossen  Palastes  der  gens  NummtOj  deren  Benennung  dufch 
mehrfache  Inschriftenfunde  gesichert  ist.  Die  datirbaren  Denk- 
mäler^ zeigen,  dass  der  Palast  sieb  lange  im  Besitze  derselben 
Familie  erhalten  hat 

Im  Gebiete  der  ehemaligen  Villa  Barbarin i  lag  der  Palast 
Alfenius  Ceionius  Julianus  Camenius  (343 — 385). 
Zwei  von  seinen  Subalternen  ihm  gesetzte  Basen,  C.  VI  1675 
lind  die  neuerdings  neW  area  deUa  viUa  Barherini  aUe  qiuütro 
^(mtinney  dirimpetto  cH  portone  di  mezeo  du  palazzo  della  Guerra 
gefundene  (BtUL  comun.  1884  p.  43),  welche  schliessen:  staluam 
^  domo  $ίώ  aere  posuerunt  beweisen  dies  Κ 

An  der  Südseite  der  Alta  Semita,  neben  der  Kirche  S.  An- 
drea a  Monte  CavallOy  lag  vielleicht  das  Haus  des  Betitius 
Perpetuns  Arzygius,  Corrector  von  Sicilien  unter  Constantin 
(315—337).  Eine  grosse  ihm  geweihte  Marmorbasis  ist  unweit 
der  Ära  incendii  Neroniani,  nach  Piazza  del  Quirinale  zu,  freilich 
hl  ein  späteres  Pflaster  gelegt,  gefunden  (s.  meine  Bemerkung 
^iHe  degli  scavi  1888  p.  4933". 


^  Tafel  gewidmet  M,  Num[mio]  Ättidi[ano]  Tusco  [v,  c.?]  quae- 
[<tori]  desiglnato]  mufdc[ipe8]  Afric[.  ...  8  , .  ,  Der  Scbrift  nach  aus 
dem  3.  Jahrhundert.  Dedication  an  Maximianue  und  Constantius  (zwi- 
^n  293  und  305)  von  einem  Nummius  Tusciis  v.  c,  praefectus  urbi, 
Qirenbasis  für  M.  Nummius  Albinas  Triturrias,  cos.  ord.  345  n.  Chr., 
gefanden  1629:  CIL.  VI  1748. 

^  Auf  die  im  CIL.  nicht  mitgctheilte  Fundnoiiz  für  n.  1G75  hat 
Λ.  £lter  Bull  deW  IstUuto  1884  p.  59  hingewiesen,  der  auch  die  Chro- 

JK>loi!ne  der  verschiedenen  bisher  nicht  genügend  aaseinandergehaltenen 

Camenii  festgestellt  hat. 


888  Htileen 

Nur  auf  Funden  von  Bleiröhren  beruht  die  Aneetzung  dei 
Häuser  der  Appius  Claudius  Hartialis  (Lanciani  acqμe  p.  22( 
n.  98)  und  des  Appius  Silyius  lunius  Silyinus  (a.  a.  0.  n.  99 
in  der  Yigna  del  Cardinale  di  Ferrara  (weetliche  Hälfte  des  Pa 
lazzo  del  Quirinale).  Andere  Namen  unbekannter  Pereunlichkeite: 
und  Ungewisser  Lesung  übergehe  ich.  ^ 

Zwischen  Alta  Semita  und  Yicus  longus  lassen  sich  sodam 
einige  Strassen  zweiten  Ranges  constatiren,  für  die  wir  auch  di 
antiken  Namen  zu  ermitteln  im  Stande  sein  werden:  eine  in  da 
Richtung  der  Via  delle  Quattro  Fontane  (unten  S.  401);  eis 
zweite  östlich  von  8.  Vitale  (unten  8.417);  eine  dritte  in  d- 
Richtung  der  Via  della  Consulta  (unten  S.  405);  eine  vierfl 
am  Westrande  des  Hügels,  etwa  entsprechend  der  modernen  y 
del  Quirinale  (unten  8.  392.  402). 

II. 

Dieses  Strassennetz  repräsentirt  im  wesentlichen  den  Zustaa 
nicht  nur  des  fünften  und  vierten,  sondern  auch»  wie  man  bei  iL• 
Stabilität  römischer  Strassenverhältnisse  in  alter  und  neuer  Ze 
sicher  annehmen  kann,  mindestens  des  dritten  und  zweiten  Jala 
hunderte  n.  Chr.  Eingetretene  Aenderungen  erklären  sich  grosse? 
theils  aus  dem  Entstehen  von  Monumentalbauten,  zu  deren  S 
trachtung  wir  uns  nunmehr  wenden. 

Aus  dem  vierten  Jahrhundert  stammen  die  zwei  grosse 
quirinalischen  Thermen  bauten,  des  Diocletian  und  des  Co 
stantin.  Die  ersteren  haben  ein  ganzes  Stadtviertel  mit  ihir 
Riesenanlagen  bedeckt  und  den  Yicus  longus  in  seinem  oberst « 
Theile  durchschnitten^.  Von  den  vordiocletianischen  Privatbaut« 
haben  die  neuen  Ausgrabungen  mancherlei  Reste,  doch  kad 
etwas  von  allgemeinerem  Interesse  zu  Tage  gefördert  ^   Die  Th^ 


^  Geschont  ist  dagegen  eine  südlichere  auf  die  Porta  Timins- 
zulaufende  Strasse  {wcus  portae  oder  coUis  Viminalis?  CIL.  VI  22^ 
Lanciani  Bl.  17).  Die  grosse  erst  nach  1870  zerstörte  Piscina  lima^ 
(Botte  di  Termini)  giebt  durch  die  Südlinie  ihres  (trapezoidischen)  Grud« 
risses  einen  festen  Anhalt  für  ihren  Verlauf. 

'  Wer  durch  Lancianis  frühere  Ankündigungen  {Buü.  comun.  ISi* 
p.  187:  io  pubblicherb  fra  poco  la  pianta  del  sito  deüe  terme  di  Diocl^ 
ziano,  quak  appariva  nei  tre  primi  secoli  ddV  imperOf  e  prima  d^ 
Vimmane  fabbrica  ne  cambiassc  Vaspetto:  e  questa  pianta  Vho  dedott^ 
däUa  esplorazione  diretta  del  substratOj  che  si  h  venuto  scavando  in  9W^e<* 
ti^tmt  anni)  seine  Erwartungen    auf   interessante  Aufschlüsse  über  dil 


Znr  Topographie  des  Qnirinals.  889 

men  «elbet,  über  welche  wir  dem  französisohen  Arohitekten  Paolin 
ein  ebenso  prachtvolles  wie  gediegenes  Werk  verdanken  (Paris 
1B90;  vgl.  Rom.  Mittheil.  1892  S.  308—311),  genügt  es  an  die- 
^  Stelle,  wo  ans  nicht  die  Architektur  sondern  die  Topographie 
btereseirt,  zu  erwähnen. 

Viel  weniger  bekannt  and  untersucht  sind  dieThermendes 
Conetantin.  Ihre  im  16.  Jhdt.  noch  zum  grossen  Theil  erhaltenen 
fieete  sind    bekanntlich    im   Anfang   des    17ten    beim  Bau   des' 
Palastes  Bospigliosi  zerstört,  so  dass  die  Pläne  Palladios  (t.  XIV 
ed.  Vicenza  1797)  und  Serlios  {ArchUettura  1.  III  p.  92)  unsere 
Hanptquellen  bilden.    Da  Canina  für  die  Erklärung  dadurch  völlig 
irre  führt,    dass  er  die  Rückseite   (die  südliche)  für  die  Fassade 
genommen    hat^,    und  Lanciani   auf  eine  Erörterung  des  Grund- 
lieees  nach  dem  seinem  Werke  gesteckten  Programme  verzichtet, 
ttugg  über  die  Anlage    so  viel    als  zum  Yerständniss  der   topo- 
graphischen Grundlinien  (ohne  Eingehen  auf  architektonische  De- 
^Ib,  worüber  ich  an  anderer  Stelle  berichten  will)  erforderlich 
^t,  gesagt  werden. 

Die  Baumeister  der  Constantinsthermen  waren  nicht  in  der• 
selben  günstigen  Lage  wie  die  der  Thermen  des  Caracalla  und 
I^cletian,  eine  grosse  regelmässig  begrenzte  Area  zur  Verfügung 
<u  haben  resp.  schaffen  zu  können.  Ihr  Bauterrain,  zwischen  dem 


'^ordiooletianisohe  Bauschicht  hoch  gespannt  hatte,  wird  durch  die  we• 

^gen  Grundrisslinien   auf  Bl.  17  der  F.  Γ7.   einigermassen   enttäuscht 

*^.    Merkwürdigerweiee  fehlt  auf  dem  Plane  eine  *domu8  Corndiae 

^•  f.  Vohui  8aHimini\  Gattin  des  Consuls  d.  J.  3  n.  Chr.,  deren  Namen 

^tf  Bleirohren  vorkommt,  welche  i.  J.  1881  in  der  Nordhälfte  der  Ese- 

^^^Q  di  Termini  ausgegraben   wurden   (Buü.  comun.  1887  p.  182).    Da 

>oii  diesen  Stempeln  nicht  weniger  als  zehn  ExpL  gefunden  sind,  wird 

uie  Benennung  dieses  Hauses   ziemlich  sicher  angenommen   werden 

Tonnen.    Der  Grundriss  der  Thermen  selbst  leidet  bei  Lanc,  trotzdem 

^er  Massstab  auch  Genauigkeit  im  Detail  erlaubt  hatte,  an  mancherlei 

«ehlern,  die  ihn  nicht  nur  hinter  Paulin,   sondern  auch  hinter  Ganina 

^Wickstehen  lassen.   Undinge  wie  die  Umgänge  der  grossen  Peristylien 

'^ts  und  links  vom  Hauptsaal  mit  einer  Weite  von  über  zehn  Meter 

(^tatt  5)  sollten  in  einer  technischen  Zeichnung  nicht  vorkommen.  —  Von 

Monumenten,  die  dem  Thermenbau  weichen  mussten,   werden  erwähnt 

^e  Quadrigtie  Pisonis  (vielleicht  zu  einem  Bogen  über  dem  Vicus  Ion- 

tu  gehörig?)  in  der  bist.  Aug.  trig.  tyr.  c.  21. 

^  Sehr  verständig  und  im  Ganzen  zutreffend  ist  die  Beschreibung 
libbj's  (.BMia  antica,  1838,  Π  798 f.);  dürftig  und  unkorrekt  Middleton 
{JSmaim  of  andm^  Borne  1892  Π  182-183). 


390  Hülsen 

Vious  longne  nach  Süden,  der  Via  della  Conenlta  (Vieua  SeduUl•^ 
ria)  nach  Osten,  der  Alta  Semita  nach  Norden,  hat  durchweg 
spitze  und  stumpfe  Winkel  in  den  Grenzlinien  Κ     Anaeerdem  wa.^ 


^  Sehr  zahlreich  sind  die  Namen  von  Privathänsem,  welche  Lax^ 
oiani  aus  dem  Fände  von  Bleiröhren  in  dieser  Gegend  erschlossen  hs"^ 
es  ist  aber  dabei  nicht  ausser  Acht  zu  lassen,  dass  am  Westrande  a^m 
Hügels,  bei  S.  Silvestro,  ein  grosses  Vertheilungsoastell  der  von  Hadri^s 
über  den  Quirinal  geleiteten  Aqua  Marcia  existirt  hat,  in  dessen  N&!^B 
natürlich  gestempelte  Röhren  besonders  zahlreich  sind.  Von  den  vc^ 
kommenden  Namen  haben  historisches  Interesse:  T.  ÄvicUua  Quie^  - 
(unter  Giardino  Rospigliosi,  mehrere  Expl.:  Lanciani  syll.  64),  wal 
scheinlich  der  Legat  des  Domitian,  dem  die  auf  dem  £<squilin,  zwii 
S.  Antonio  und  S.  Eusebio,  in  den  Ruinen  seines  Palastes  gefund^an 
Patronatstafel  G.  VI  3828  (dazu  buU.  comun.  1877  p.  66 ff.)  gehört;  2(k^r• 
cissua  Aug.  lib,  ab  episttdis  (beim  Teatro  Drammatioo  nazionale,  BmsJL 
comun,  1886  p.  104  1887  p.  10),  der  bekannte  Freigelassene  des  Gl  sin• 
dius  und  Ankläger  der  Messalina  (eine  andere  Röhre  mit  seinem  Na- 
men gefunden  unter  S.  Ignazio,  Lanciani  syll.  n.  144;  cf.  Buü.  com^sn. 
1883  tov.  I.  II);  Jtdius  Pompeius  Rusonianus  (beim  Teatro  Dramma- 
tico  Nazionale;  huU.  comun,  1887  p.  9,  mehrere  £zpl.)i  fnagisttr  3^^ 
XV  viri  sacris  faciundia  i.  J.  204  n.  Ghr.  {Eph,  epigr.  VIH  p.293).  Ün- 
bekannt  sind  T.  Flaoius  Claudius  Claudianus  e.  v.  (Giardino  RobF^' 
gliosi;  Lanciani  ayll,  66,  mehrere  Expl.;  aber  die  von  L.  dazu  cit^^^ 
ten  Inschriften  nennen  ganz  andere  Persönlichkeiten);  Claudia  Vera  o-i' 
(zwischen  Piazza  Magnanapoli  und  Monte  Cavallo:  Lanciani  syü.  ^^'> 
ein  Expl.);  PvMia  Valeria  Ma  .  .  .  «βα  [ob  Publia  Valeria  ComasiaY  •• 
Lanciani  n.  51  u.  174]c. /*.  (Villa  Aldobrandini,  Lanciani  n.  89);  L,  If^^ 
vius  Clemens  (Villa  Aldobrandini ;  Lanciani  n.  67»  s.o.  S.385  Anm.  1)  u.  A«  '^ 
Sicher  nicht  hierher  gehört  dagegen  das  von  Lanciani  (Bull,  comun.  1^^^ 
p.  17)  in  die  Nähe  des  Pal.  Rospigliosi  verlegte  Haus  des  M.  Postum  i^ 
Festus  und  des  Pompeius  Heliodorus.  Seine  Annahme  beruht  darauf,  d^^ 
die  Ehrenbasis  für  den  Festus  orator  utraque  facundia  elarus  (CIL.  ^^ 
1416)  seit  dem  17.  Jahrhundert  im  Palazzo  Sacripante  (zwischen  V^* 
del  Quirinale  und  via  Mazzarino)  gewesen  ist.  Aber  zwei  Steine  ά^^' 
selben  Familie  stammen  vom  Pincio:  die  Basis  des  T.  Flavius  Pos^^' 
mius  Varus  (praef.  urbi  271  n.  Chr.)  'in  1u>rtis  cardinalis  Montisp^' 
ciani  (=  Villa  Medici)  in  Pincio'  (CIL,  VI  1417),  und  die  des  T.  Fla- 
vius Postumius  Titianus  (cos.  ord.  301  n.  Chr.)  *  effossa  α.  1591  in  vif*^ 
Card,  Sermonetae  inter  Pindum  et  altam  Semitam*  (CIL.  VI  1418);  1»^^^ 
schon  im  15.  Jahrhundert  hat  der  Bolognese  Thomas  Gammarus  ei^^ 
Bleiröhre  mit  der  Inschrift:  M.  POSTVMII  FESTI  ET  PAVLAEElV^S 
ET  I  FILIORVM  ET  POMPEI  HELIODORI  (Lanciani  syll.  68)  ab^^ 
schrieben  in  aede  S,  Felids,  Das  ist  die  Kirche,  welche  im  Bereit 
der  jetzigen  Villa  Malta  hinter  Trinitä  dei  Monti  lag  (eine  ande^ 
desselben  Heiligen  auf  dem  Quirinal   oder    überhaupt  in  Rom  gibt  ^ 


Zur  Topographie  dee  Qairinale.  391 

Terrain  eobmal,  die  NS.  Axe  bedeutend  länger  als  die  OW. 
&  Freilegnng  dee  ganzen  Kaumes  bis  zum  Weetrande  des  Hü• 
war  nicht  thunlich,  denn  dort  erhoben  sich  mehrere^  mm 
il  grosse  und  prachtvolle  Cultgebäude  (s.  u.  S.  394  f.),  welche 
ihont  werden  sollten.  Die  Baumeister  haben  sich  mit  diesen 
«Gierigkeiten  offenbar  sehr  gut  abgefunden.  £inen  Hanpt- 
;ang  der  Thermen  ordneten  sie  vom  westl.  £nde  der  Alta 
lita  an:  den  zwischen  diesem  Eingange  und  dem  Hanptbau 
benden  Baum  fassten  sie  mit  einer  halbkreisförmigen  Haner 
\  durch  welche  der  stumpfe  Winkel  der  Strassenriohtungen 
;klich  verdeckt  wird.  Der  Hauptbau  musste  seine  grössere 
dehnung  nicht  wie  in  den  Titus-,  Caracalla-  und  Dioeletiane• 
men^  in  der  Breite  haben,  sondern  umgekehrt.  Die  grossen 
lenhöfe  oder  Palästren,  welche  in  den  anderen  Thermen  den 
elsaal  flankiren,  mussten  in  Wegfall  kommen;  die  für  den 
enthalt  nach  dem  Bade  bestimmten  Reihen  von  je  vier  Han- 
au der  Südseite  wurden  in  charakteristischer  Weise  umge• 
'.    Auch   für   die  Xysten  und  üebungsplätze  für  gymnisohe 


t;  Armellini  chiese  di  Boma^  p.  342).  Man  wird  also  den  Palast 
T.  FlaviuB  Postumius  Yarus  und  seines  Grossvaters  M.  Postumias 
US  vielmehr  am  Ostabhang  des  Pincio,  nach  Piazza  Barberini  xUf 
en  müssen. 

1  Der  Radius  derselben  ist  durch  ein  Versehen  auf  der  beige- 
m  Tafel  etwas  (um  er.  1  mm)  zu  klein  ausgefallen. 

9  Ueber  die  Titusthermen  vgl.  Rom.  Mittti.  1892,  303,  über  die 
letiansthermen  ebda.  310.  311. 

8  Statt  des  in  den  übrigen  Thermen  gewöhnlichen  Schemas  (G 
as  Caldarium): 


i  sich: 


a 


392  Halsen 

Spiele  blieb  weder  seitlich  noch  rückwärts  (südlich)  Tom  Han] 
gebäude  genügender  Platz.  Man  half  sich  in  der  Weise,  da 
man  die  öffentliche  Strasse,  welche  bisher  vom  Weetende  d 
Alta  Semita  dem  Hügelrande  parallel  lief  (sie  entsprach  der  w 
dornen  Via  del  Qoirinale),  unterdrückte,  und  das  an  ihrer  Wei 
Seite  gelegene  grosse  Marmorgebäude  (von  dem  sogleich  die  Re 
sein  wird)  in  die  Anlage  hineinzog.  Hallen  und  Gärten,  zu  der 
Schmuck  u.  A.  die  beiden  kolossalen  Rossebändiger  und  der  S 
rakles  (?)  des  Apollonios  ^  (Torso  von  Belvedere)  aufgestellt  wa 
den,  umgaben  diesen  Bau:  eine  monumentale  Treppe  führte  ν 
da  nach  dem  er.  20  m  tiefer  gelegenen  Marsfeld,  wo  die  Fortic 
Gonstantini  ihren  Platz  hatte,  hinab. 

Die  Anlage  dieser  Treppe  ist  nun  sehr  auffällig:  sie  mt 
det  an  den  Seiten  eines  kolossalen  Marmorbaues,  von  dem 
zum  17.  Jahrhundert  wenigstens  eine  Ecke  (die  südliche)  wc 
erhalten  aufrecht  stand  ^  Dies  Gebäude  kann  nicht  etwa  ein  Ej 
gangsbau  zu  den  Thermen  selbst  gewesen  sein,  denn  es  kehr 
der  Treppe  und  dem  Marsfelde  seine  Bückwand  zu,  die  Front  hati 
es  nach  Osten.  Eine  solche  Anordnung  ist  nur  erklärlich,  wen 
das  Gebäude  älter  war  als  die  Thermenanlage,  und  nur  so  go 
oder  schlecht  es  ging  in  diese  hineingezogen  wurde. 

Welchen  Namen  sollen  wir  diesem  älteren  Bau  geben 
Lanciani(i^.  U.  Bl.  16)  hat  die  Meinung  älterer  Topographen  feel 
gehalten,  dass  sie  dem  Sonnentempel  des  Aurelian  angehöret 
Die  Widerlegung  dieser  Annahme  findet  sich  freilich  schon  mi 
zwingender  Klarheit  bei  Becker,  Topogr.  S.  587  f.  Da  die  K< 
gionsbeschreibung  den  Tempel  der  VII.  Region  (Via  lata)  z^ 
schreibt,  und  die  Stadtchrouik  von  354  (bei  Mommsen  ChrO 
min.  I  148)  vom  Aurelian  sagt  templum  Solis  et  castra  in  com 
Agrippae  dicavit^  so  wird  damit  eine  Ansetzung  auf  der  Hüg 
höhe  unmöglich  und  Lancianis  Interpretationskunststück  (J^f 
com,  1890  p.  135^)  wird  schwerlich  jemand  befriedigen.     Es 


1  S.  unten  S.  423. 

^  Die  Reste  unter  dem  Namon  Torre  di  Mecenate,  Froiitiapt 
di  Nerone  u.  dergl.  in  15. — 17.  Jahrhundert  oft  beschrieben  und  ( 
zeichnet.    S.  Beschr•  Borns  III  2,  388. 

^  II  templum  Solis  e  paragonahile  alla  nostra  scalinata  deüa  1 
nita  dei  Monti :  fu  costruito  in  capo  alla  scala  per  coronare  degname 
Vopera  di  AurdianOj  destinata  α  darc  comunicagione  diretta  flra  la  1 
$  la  VI  regione. 


Zur  Topographie  dee  Qairinals.  398 

LanciftDi  aber  auch  entgangen,  dass  Urlichs  neuerdings  die  wahre 
Lage  des  Sonnentempels  nachgewiesen  hat;  und  da  diese  letzte 
Entdeckung  des  um  die  römische  Topographie  hochverdienten  Ge- 
lehrten nur  in  dem  kurzen  Auezuge  der  Sitzungsberichte  des 
Archäol.  Institute  (Köm.  Mitth.  1888  S.  98)  publizirt  ist,  will 
ich  dieselbe  hier  kurz  resümiren. 

Von  den  Stellen  in  der  vita  Äureliani,  welche  des  Sonnen- 
tempels gedenken  (c.  10.  25.  28.  35.  39.  48),  ist  nur  die  letzte 
topographisch  von  Bedeutung,  da  sie  bezeugt,  dass  in  porticibus 
iemfii  Sdis  fiscalia  vina  ponunfurK  Die  Weinlieferung  als  Na- 
turalsteuer für  die  lukanischen  und  brnttischen  Landbauer  ist  be- 
kannt genug:  auch  ist  schon  länget  (Mommsen,  Sachs.  Ber.  1851 
8.  76)  erkannt,  dass  auf  die  damit  verbundenen  Manipulationen 
eich  die  Inschrift  CIL.  VI  1785  (aus  dem  Ende  des  4.  Jahrhun- 
derte) bezieht.  Aber  erst  Urlichs  hat  gesehen,  dass  die  Fund- 
Qotiz  dieses  Steines  {irovata  in  occasione  di  un  edificio  deUe  mo' 
Meefte  di  S.  Süvestro  in  CapUe)  einen  urkundlichen  Beweis  fiir  die 
Lage  des  Tempels  gibt.  Wenn  es  in  Z.  4  heisst:  falancariis^ 
φα  de  ciconiis  ad  templum  cupas  referre  consueverunt^  so  kann 
das  templum  ohne  weiteren  Beisatz  nur  dasjenige  sein,  bei  welchem 
die  Weinprobe  und  Aufbewahrung  stattfand :  also  eben  das  templum 
Solis.  Die  Kirche  S.  Silvestro  in  capite  liegt  in  der  That  mitten 
in  der  siebenten  Region  und  am  Campus  Ägrippae;  mit  einem 
Aurelianischen  Prachtbau  vereinigen  sich  auch  sehr  wohl  die 
Keste  grosser  Säulenhallen  aus  Oranit  und  Porphyr  ^  die  zu  ver- 


1  So  gering  man  auch  über   die  Verwendbarkeit   dieser  elenden 

Compilation    des    aasgehenden    4.  Jahrhunderts   denken    mag   —   ich 

Slaabe,   dass   eine  zusammenhängende  Betrachtung   der  in  ihnen  vor- 

konunenden,   auf  Topographie   von  Rom   bezüglichen  Notizen  Dessaus 

^diarfidnnige   Untersuchungen    (Hermes   24,   237;    27,    561)    durchaus 

^^^tätigen  würde,    —    über   dieses    Detail,   welches   jedem    römischen 

-Plebejer  der  theodosianischen  Zeit  bekannt   sein   musste,    konnte   der 

^erikeser  nicht   irren.      Ob    die   vina   fiscalia    (die    hier    zum   ersten 

^^le  erwähnt  werden;  s.  die  Stellen  bei  Böcking  zur  Not. Big, 2t  195 f.) 

^<2hon  im  J.  304,   in  welchem   die  Vita  Äureliani    geschrieben  zu  sein 

Vorgibt,   in  den  prachtvollen  Granit-   und  Porphyrhallen    des  Sonnen- 

^pels  lagerten,    oder   ob  diese  praktische  Benutzung  erst  nach  Auf- 

hörsD  des  heidnischen  Cultus,  Mitte  des  4.  Jahrhunderts,  begonnen  hat, 

W  sich  nicht  entscheiden:  probabler  ist  jedenfalls  das  letztere. 

'  Zum  Bau  der  Hagia  Sophia  in  Cpel  schenkte  die  Matrone  Mar- 
ds  οκτώ  κίονας  Ισομηκέας,  Ισοσταθμούς  καΐ  Ισοπλάτους  (aus  rothem 
Porphyr:  Salzenberg,  altchristl.  Baudenkmale  von  Cpl.  S.  23) . . .  ΐσταντο 


394  Hüllen 

schiedeDen  Zeiten  in  dieser  Gegend  constatirt   sind    (β•  DBfitianf^. 
Bl.  8;  Borsari  bull,  comun.  1887  p.  142  f.). 

Kehren  wir  nunmehr  zum  Quirinal  und  dem  gewaltigen  Ge- « 
bände  zurück,  dessen  Gebälkstücke  —  angeblich  die  grössten  i 
Rom  existirenden  Marmorblöcke  —  noch  heute  das  Staunen  jed 
Besuchers  des  Giardino  Colonna  erwecken.  Der  Stil  der  Archf 
tektur  weist,  bei  seiner  zwar  flüchtigen  aber  doch  äusseret  wi^ 
kungsvollen  Technik,  eher  auf  den  Anfang  als  auf  dae  £nde  d^ 
dritten  Jahrhunderts ;  und  aus  dieser  Zeit  kennen  wir  wenigsteirz 
einen  Monumentalbau  in  dieser  Gegend,  den  Serapistemp^ 
des  Caracalla. 

Das  templum  Serapis  wird  erwähnt  in  der  constantinisch^ 
Stadtbesohreibung :  dass  es  auf  Caracalla  zurückgehe,  hatten  bereK 
ältere  Topographen  durch  Combination  einer  grossen  fragment^ 
ten  Monumentalinschrift,  welche  sich  bis  Mitte  des  vorigen  Jakim^ 
hunderte  im  Fussboden  der  Kirche  S.  Agata  in  Subura  befaKi</, 
mit  einer  die  Λ^orliebe  des  Kaisers  für  ägyptische  Kulte  betre/• 
fenden  Stelle  der  Biographie  des  Caracalla  (c•  9)  erschlossen.  Jene 
Inschrift  (CIL.  VI  570)  lautet: 


tmp,  caesar 
pont 


SERAPIDIDEO 
Μ  •  AVBELLIVS     ANTONINV 
IFEX  •  MAX  •  TßlBVNlC  •  POTE 

AEDEM 


8  piu8  fdix  augustut 
parthicus  tnax  ..• 

st,,,  itnp C08.'" 

p.  p.. 


Das  Stück  hatte  (nach  Smetius  Zeugniss)  acht  Fuss  (=  2,40  m) 
Länge,  die  Buchstaben  waren  einen  Fuss  (0,29  m),  das  ganie 
Stück  also  er.  IV2  Meter  hoch.  Bei  diesen  Dimensionen  nod 
der  Verwendung  als  Pavimentplatte  kann  es  freilich  nicht  Haopt" 
Inschrift  auf  dem  Epistyl  eines  grossen  Tempels  (für  die  aach 
Bronzebuchstaben  das  üblichere  wären)  gewesen  sein :  eher 
wird  man  an  eine  grosse,  in  der  Wand,  vielleicht  über  dem 
Eingange,  eingelassene  Tafel  denken.  —  Diese  Inschrift  ist  aber 
nicht  das  einzige  an  der  Westseite  des  Quirinals  zu  Tage  ge* 
kommene  Denkmal  des  Serapiscultus.  Im  Jahre  1879  fand  man 
in  den  Fundamenten  des  Palazzo  Capranica  del  Grillo  (Ecke  der 


bi  εΙς  'Ρώμην  €ΐς  τόν  ναόν*  Ηλίου  τόν  κτισθέντα  παρά  Αύρ€λιανοΟ  βαοι- 
λέιυς  'Ρώμης  (Αηοη.  de  antiq.  Constant.  1.  ΙΥ  ρ.  66  ed.  Banduri.  Den 
Nachweis  der  Stelle  verdanke  ich  J.  Strzygowski). 


Zar  Topographie  des  Quirinals.  395 

Yia  Ikadonale  und  Via  S.  Eufemia:  vgl.  Plan/)  eine  Marmorbasie 
(0,49  m  breit)  mit  der  gleichfalls  der  Zeit  des  Caracalla  angehörigen 
Inechrift  (JBtttt.  comun.  1880  p.  14;  Kaibel  IGI.  1024):  Υπέρ  σωτη- 
ρίας αυτοκράτορας  Μ.  Αυρηλίου  Άντωνίνου|  Μεγάλου  Σ6β(αστου) 
ΔιΓΗλίψ  Μεγάλψ  Σαράπιοι|Γ.  Άβίοιος  Τροφίμιανός  Ιερόοουλος 
ηία^ς  Ιεροόουλίας  εύεάμενος  άνέθηκα.  Und  noch  eine  dritte 
Weihung  an  denselben  Gott  befand  sich  vom  16.  bis  zum  18. 
Jahrhundert  in  einem  Palast,  welcher  fast  genau  in  der  Mitte 
zachen  den  beiden  genannten  Punkten  liegt,  nämlich  CIL.  VI 
^S3  (die  sehr  ungenaue  Publication  zu  ergänzen  aus  Vignoli  und 
CIL.  VI  604  ♦): 

SEBAPI  (Auf  der  Bückseite) 
CONSEBVATOBI  DEO 
//////                                   IN  CVIVS  TVTELA 
DOMVS  EST 

Hill 


Dieser  Stein  ist  abgeschrieben  von  Ligorius  *  in  casa  di  Messer 
βίο.  ddla  Molara\  und  von  Vignoli  {de  columna  Äntanini  Pii^ 
1705  p.  182)  in  aedibus  loannis  de  Molar ia  equitis  Bomani.  Der 
Palast  (verzeichnet  auf  NoUis  grossem  Plan,  n.  262 ;  unser  Plan  g) 
liegt  an  der  Piazzetta  delle  Tre  Cannelle•  Falls  die  Inschrift 
^er  Rückseite  der  der  Vorderseite  gleichzeitig  ist,  und  nicht  etwa 
^on  einer  späteren  Verwendung  der  Basis  stammt,  kann  der  Stein 
Bicht  in  einem  Tempel,  sondern  nur  in  einem  römischen  Privathause 
Ifeatanden  haben :  doch  wäre  es  begreiflich,  dass  der  Hausherr  sei- 
Hn  Besitz  unter  den  Schutz  der  Gottheit  eines  jprossen  benach- 
Urten  Tempels  gestellt  hätte.  Jedenfalls  kann  diese  Häufung 
ier  Denkmäler  bei  der  relativen  Seltenheit  der  Serapisinschrif- 
^n^  nicht  zufallig  sein.  An  sich  würde  man  ihn  ebensowohl 
•Üdlich    wie    nördlich    von    der  Linie    Pal.    del    Grillo   —    Pal. 


^  Der  sechste  Band  des  Corpus  gibt   nur   fünf  Dedicationen   an 

^  Serapis  (n.  570—574;    571  ist  auf  dem  Palatin  gefunden,  572.  573 

i^d  unbekannten  Fundorts);  in  den  Addenden  kommen  dazu  noch  3709 

(ongewieeen   Fundorte,    nicht    einmal   sicher   städtisch);    Notizie  1884 

p.  347  s  hM,  com,  1885  p.  90  aus  den   prati   del  Testacoio ;   Notizie 

[*  iSdS  p.  117  gefunden  beim  Bau  des  Victor  -  Emanuel  -  Denkmals    auf 

toi  Eapitol.  'Von   den   griechischen   Inschriften   (Kaibel  1023— 1031) 

ftonmt  eine  aus  dem  Iseum  Campense  (1031),    eine   aus   dem  Atrium 

feitae  (1027). 


396  Hüllen 

Molara  —  S.  Agata  in    Subura    suchen  können:  die  erste  Ηδ^ 
lichkeit  vorzuziehen   bestimmt  mich    der   Umstand,    dass   er  r 
der  constantinischen  Notitia  mit  dem  Templum  Salutis   (β.  unt^ 
S.  403.  419)    zusammen  steht.     Nördlich  von  jener  Linie  find^ 
wir  aber  nur  einen  grossen  Monumentalbau,    der   mit  den 
stantinsthermen  gleichzeitig  existirt  hat,  und  das  ist  eben  die 
16.  Jahrhundert  Frmttispijsio  di  Nerone  genannte  Ruine,  der  ich  a 
den  Namen  iemplum  Serapis  beizulegen  kein  Bedenken 


III. 

Von  einer  Bauthatigkeit  der  Antonine  oder  des  Hadrian  wknf 
dem  Quirinal  ist  uns  nichts  überliefert^.     Trajan    hat  durch  die 
Anlage  seines  Forums   die  südwestliche  Spitze  des  Quirinals  n- 
dical  umgestaltet;    während    sie    früher  sich    bis   zur  Höhe  ύοβ 
29  m  über  dem  Pflaster  der  Basilica  Ulpia  erhoben  hatte,  wurde 
sie  jetzt  grossentheils  abgetragen  ^  um  Platz  für  diese  gewaltigen 
Prachtbauten  zu  schaffen '*    —    aber  an  Bauten   auf  dem  Hfig«l 
selbst  knüpft  sich  sein  Name  nicht.     Reichlicher  fliessen  unsen 
Nachrichten   über  das  erste  Jahrhundert,     unter   den    QuelleD- 
schriftstellem    nimmt  Martial    einen    hervorragenden  Platz  ein. 
£r  hat  selbst  auf  dem  Quirinal  gewohnt,  und    dort  (mindesteoi 
seit  d.  J.  94:  epigr.  IX  97,  8;  vgl.  Friedländer,  Einl.  p.  11)  ein 
eigenes  Haus  besessen.     Die  Topographen  des  sechzehnten  Jahr- 
hunderts haben  nicht  verfehlt,  die  Reste  von  verschiedenen  'ΌΟ" 
mus  Martialis*  zu  verzeichnen,    über    deren  Besitz    der  Poet 
bei  Lebzeiten    wohl    sehr    befriedigt  gewesen    sein   würde:   wir 
müssen  von   eiijer  genauen  Localisirung,    für  welche   alle  Mittel 
fehlen,  selbstveretändlich  absehen.     Aus  den  späteren  Jährende! 
Dichters  stammen,   und   auf  das  eigene  Haus    beziehen  sich  die 
Stellen : 


^  Wenn  man  dahin  nicht  die  Versorgung  des  Hügels  mit  eio^^ 
Zweigleitung  der  Aqua  Marcia-Tepula-Iulia  rechnen  will,  die  auf  Ha* 
driauB  Veranlassung  unter  Leitung  des  Procurators  Petronius  SuraftD* 
gelegt  wurde.  Mächtige  Bleiröhren  {centenariae)  führten  das  Waee^  ' 
von  dem  Reservoir  an  der  Porta  Viminalis,  wahrscheinlich  der  AlU 
Semita  folgend,  bis  zum  Westrande  des  Hügels  (Lanciani  &uQ.  οοινμκ. 
1880  ρ.  19;  acque  ρ.  220.  221). 

^  ad  declarandum  quantae  altitudinis  manSy  et  locus  tatUis  operi- 
bus  8Ü  egestus  sagt  die  Basisinschrift  der  Columna  Trajani.  Egerm 
steht  zeugmatisch :  locum  egerere  und  montem  e.  ist  zweierlei ;  tantie  opc- 
ribus  Dativ,   nicht  Ablativ  wie  Jordan  Top.  I  2  S.  454  will. 


Zur  Topographie  des  Quirinals.  S97 

Epigr.  X  58,  9.  10  (edirt  98) :    Dura  suburbani  dum  iugera  ptl•- 

scimus  agri 
ftcinosque  tibi,  sancte  Quirine  lares 
XI  1,  9  (edirt  Dez.  96):  Vicini  pete  poriicum  Quirini 
VI  27,  1:   (edirt  90):    Bis  vidne  Nepos  —  nam  tu  quoque  pro" 

asima  Florae  incoUs. 
V  22,  3  (Herbst  89) :  Sed  Tiburtinae  sum  proximus  accola  pilae 
Qua  videt  antiquum  rustica  Flora  lovem. 
Mit  Rücksicht  auf  die  als  benachbart  genannten  Monumente, 
besonders  den  Tempel  des  Quirinus  und  das  Capitolium  anti- 
quum —  beide,  wie  unten  gezeigt  werden  wird,  bekannter  Lage  — 
Werden  wir  das  Haus  des  Dichters  am  Abhänge  nach  Piazza  Bar- 
berini  zu,  westlich  der  Via  quattro  Fontane,  ansetzen.  Dagegen 
ist  die  Miethswohnung,  welche  M.  in  früheren  Jahren  (in  der 
Strasse  ad  pirum^:  epigr.  I  117,  6)  lange  inne  gehabt  hatte, 
mehr  am  Westabhange  des  Quirinals  zu  suchen;  vgl.  epigr.  1 108,  3 
(^d.  J.  85/86):  Ät  mea  Vipsanias  spectant  cenacula  laurus: 

Faäus  in  hac  ego  suim  iam  regione  senea. 
Die  Vipsaniae  laurus  ήηά  die  Baumpiianzungen  im  Campus 
Agrippae,  zwischen  der  Aqua  Yirgo  und  der  Porticus  Yipsania 
(Lanciani  buU,  cmiunl  1892,  276 f.  u.  jetzt  Forma  Orhis^\A^)\ 
wer  beim  Capitolium  yetus  in  der  Gegend  Quattro  Fontane - 
PtL  Barberini  wohnte,  war  durch  das  Terrain  und  hochragende 
Bluten  soweit  getrennt,  dass  'von  einem  Ausblick  auf  dieselben 
lehwerlich  die  Bede  sein  konnte.  Die  beiden  Strassen  ad  Pirum 
^d  ad  pilam  Tiburtinam  genauer  zu  localisiren  ist  freilich  vor- 
liafig  unmöglich. 

Zu  localisiren  sind  dagegen  zwei  Privathäuser  vornehmer 
Zeitgenossen  des  Martial:  mit  Wahrscheinlichkeit  das  des  Q.  Ya- 
l^ine  Yegetus,  Consul  suffectus  i.  J.  91  n.  Chr.  unter  der  west- 
Heben  Hälfte  des  Kriegsministeriums  ^;    mit  Sicherheit    das    des 


1  Daas  Jordan  (Archiol.  Zeitung  1871  S.  71.;  Top.  II  S.  72 
^iim.  57;  bei  Friedländer,  Martial  I  117)  aus  reinem  Yersehen  be- 
Wptet  habe  'ein  Ort  ad  pirum  auf  dem  Quirinal  kommt  in  einer 
Bolle  Innooenz  lU  vor*,  habe  ich  Köm.  Mitth.  1890  S.  121  Anm.  3 
bemerkt  Die  domus  in  regione  piri,  welche  in  jener  Bulle  (abgedr.  bei 
Jordan,  Topogr.  II  S.  668.  669)  aufgezählt  werden,  stehen  zwischen 
laater  beim  Forum  und  Capitol  belegenen  Orundstiicken. 

*  Bleiröhre  mit  Q  •  VALERI  •  VEGETI  gefunden  1641  in  fwida- 
menUs  parthenonis  monasterii  de  incarnatione  in  Quirinali  (Fabretti  7, 
517;    Marini  iaor.  dol.  517,  179).    Ueber  die  Ausgrabungen  unter  dem 


3d8  Hülsen 

Τ.  Pomponiue  Baesae,  curator  (üimmiorum  unter  Thtjin,  waiÜieH 
der  Kirche  S.  Andrea  al  Quirinale^. 

An  den  inecbriftlichen  Fund,    welcher  ans  den  Namen  des 
BasRus  nennt,  haben  die  Topographen  des  16.  Jahrhunderte  eine 


Kriegsministerium  Gapannari  huü.  comun,  1885  p.  11—17  mit  Flu 
Taf.  I,  der  sogar  in  der  Construetion  des  Hauses  Beziehungen  m  Spa- 
nien, der  wahrscheinlichen  Heimath  des  Valerius  Yegetus,  erkennen 
will  {muri  formaceit  den  von  Plinius  35, 48  beschriebenen  entsprechend). 
Lanciani  knüpft  daran  die  sehr  wenig  plausible  Vermuthung,  dassMu^ 
tialis  in  oder  bei  dem  Hause  seines  vornehmen  Landsmannes  ge- 
wohnt habe. 

^  Patronatsdekret  der  Stadt  Ferentinum,  ausgestellt  am  18.  Ok- 
tober 101  n.  Chr.,  gefunden  in  vinea  cardinalis  Sadokto  nunc  Uhcrti 
Ubaldini  (oder  Baldini)  1558,  CIL.  VI  1492.  Lanciani  hat  sich  ML 
comun.  1889  S.  383  ff.  Mühe  gegeben,  die  Ausdehnung  der  Vigna  Obsl- 
dini  zu  bestimmen;  er  bezieht  sich  dabei  auf  Nibby  Boma  nd  1838^ 
parte  modema  I  82,  nach  dem  der  Garten  des  Noviziats  der  Jesniten 
von  S.  Andrea  'prima  de^  Bandini,  e  poscia  dd  Cardinale  Cappai» 
gewesen  sei;  doch  vermiest  er  den  Beweis  der  Identität,  da  er  die  Quelle 
für  Nibbys  Angabe  nicht  hat  finden  können.  Diese  Quelle  ist  der  alteFlort- 
vantes  Martinelli,  der  in  seiner  Boma  ricercata  (erste  Ausgabe  1656;  ichei- 
tire  den  Venetianer  Druck  von  1687)^ίοπκιία  VIII  ρ.  105  sagt:  S.  Änärt*^ 
colNovitiato  deüaCompagnia  diOesu,  nel  quäle  h  belissimo  giardino  accrad' 
uto  con  la  compra  deW  altro  contiguo,  ü  quäle  fü  prima  deüi  Signori  Bt^^' . 
dini,  poi  del  card.  Cappone  (dies  ist  Card.  Luigi  Capponi,  1553—1629; 
vgl.  Ciacconi  Vitae  Pontif.  IV  420  f.).  Martinelli  ist  bekanntlich  fSr 
römische  Localgeschichte  ein  äusserst  zuverlässiger  Gewährsmann.  Doreh 
Berücksichtigung  einer  zweiten  Notiz,  die  auf  derselben  Seite  von  M.'' 
Buch  steht,  hätte  sich  Lanciani  einige  Fragezeichen  in  seinem  Aufsaü  in> 
buU.  com.  und  auf  seinem  neuen  Stadtplane  ersparen  können.  M.sagt^ 
il  monasterio  deüe  Mωιache  Cappucine  (=  Sagramentate)  .  .  . .  fu  Vig^ 
di  Geronimo  Genutio  auditore  deüa  Camera  nel  pontificato  di  Clemt*^ 
Settimo,  fatto  poi  cardinaie  da  Paolo  III  (i.  J.  1535;  gestorben  ist  ^• 
1541 ;  Ciaccon.  III  5(59).  Ueber  Antikenfunde  in  der  Villa  dieses  Gi* 
rolamo  Ghinucci  citirt  Lanciani  S.  389  *  Marliani  p,  98  ed.  1558'  (mo* 
hcissen  1588),  hat  aber  nicht  gesehen,  dass  die  Notiz  Marlianis  (io  der 
Originalausgabe  von  1534  f.  121^;  in  der  zweiten  Bearbeitung  von  15^ 
fehlt  sie)  einfach  herübergenommen  ist  aus  Andreas  Fulvius  antiq.  J2o*' 
f.  23^  ed.  1527,  der  sagt:  Templi  Quirini  fundamenta  ante  hos  aiM<^ 
erui  vidi  in  vinea  nunc  R.  D.  Hieronymi  de  Genutiis  auditoris  Camem^^ 
uhi  multae  marmorea^  tabellae  et  pavimenti  tesseUülae  inde  raptat.  Also 
sind  schon  um  1520  durch  gelegentlichen  Eiaubbau  Reste  von  kostbir 
ausgestatteten  Privatbauten,  vielleicht  zur  Domus  Betitii  Perpetui  oder 
Aemiliae  Paulinae  (s.  o.  S.  38ϋ)  gehörig,  zu  Tage  gekommen. 


Zur  Topogniphie  des  Qairinals.  899 

lombittation  geknüpft,  welobe  böchst  wahreoheinlioh  anob  ricbtig 
(t.  Sie  bezeiobnen  nämlicb  die  Stelle  als  domus  Fomponii  Ättiei: 
nd  dafür,  dase  der  Palast  des  Bassas  an  der  gleioben  Stelle 
tand,  wie  der  des  Atticas,  spriobt,  was  wir  ans  unserer  litte- 
ariscben  Ueberliefemng  über  letzteren  wissen:  namentlicb  die 
^acbbarscbaft  zweier  bedeutender  Tempel,  des  Quirinns  und 
1er  Salus  (s.  u.  S.  403  f.).  So  mag  T.  Pomponius  Bassus  in  der 
That  dureb  Erbsobaft  in  den  Besitz  des  Hauses  seines  berübmten 
Namens•  und  yielleicbt  Gescbleobtsverwandten  gekommen  sein. 
Docb  ebe  wir  zur  Erörterung  der  Lage  jener  altberübmten 
republikaniscben  Tempel  scbreiten,  müssen  wir  der  Bautbätigkeit 
der  flavisoben  Kaiser  gedenken,  welcbe  als  Private  auf  dem  Qui- 
rinal  gewobnt  batten.  T.  Flavius  Vespasianus  besass  ein  Haus 
in  der  ad  nuilum  punicum  genannten  Strasse;  dort  wurde  im  Jabre 
51  Domitian  geboren,  der  später  an  der  Stelle  des  Hauses  das 
prachtvolle  Oeroon  der  Gens  Flavia  erbaute.  Die  Erw&b- 
mmgen  des  letzteren  bei  Sueton  (Domit.  1.  5.  15.  17)  Statins 
(%  IV  3,  18)  und  Martial  (IX  1,  8.  3,  12.  34,  7)  geben 
Allerdings  keinen  genaueren  Anbalt  für  die  Localisimng  des 
Gebäudes  ^.  Die  älteren  Topograpben  pflegen  aus  der  Beiben- 
folge  der  Namen  in  der  Notitia  zu  scbliessen,  dass  sie  den 
Salhstgärten  benaebbart  gewesen  seien ;  und  Lanciani  bat  früber 
(M.  comun,  1873  p.  229)  aus  dem  Funde  eines  Kolossalkopfes 
b  den  Fundamenten  des  Finanzministeriums  gescblossen,  dass  der 
Tempel  dort,  unmittelbar  an  der  Porta  CoUina,  gelegen  babe. 
I^ieee  Annabme,  obwobl  fast  allgemein  wiederbolt,  ist  materiell 
i^öglicb^,  und  daber  von  L.  aucb  neuerdings  zurückgenommen. 


1  Die  von  Becker  versucbte  Beziebung  des  Verses  Mart.  Υ  04,  5: 
'«η  tieina  iübent  no8  vivere  mauaoUci,  cum  doceant  ipsos  passe  perire 
deoe  auf  das  T.  gentis  Flaviae,  welcbe  Lanciani  neuerdings  (Büü.  comun» 
1^9  p.  338)  wieder  aufgenommen  bat,  ist  freilieb  abzuweisen.  Das 
^icht  ist  mebrere  Jabre  vor  der  Weibung  des  tefnplum  g.  F,  gescbrie- 
1^)  spricbt  aucb  gar  nicbt  von  Martials  eigenem  Hause,  sondern  ist  an 
einen  Freund  gericbtet,  welcber  vermutblicb  im  Marsfelde,  unweit  des 
Vausolenm  Angusti  wobnte.  S.  Friedlaender  z.  d.  St.  u.  Hirschfeld, 
SitE.-Ber.  d.  Berl.  Akademie  1886  p.  1167. 

>  An  der  Stelle  wo  L.'s  Plan  huU.  munic.  1873  Taf.  I  die  Gens 
Flavia  setzt,  lag,  wie  die  Fortsetzung  der  Ausgrabungen  gezeigt  bat, 
üe  Porta  Collina  der  Serviusmauer :  zwischen  ihr  und  den  Diocletians- 
hermen  ist  das  Terrain  völlig  von  Privatbauten  eingenommen,  jenseits 
adrdl.)  der  Alta  Semita  beginnen  die  horti  SaUustiani,   in   denen  das 


400  fiulseü 

Für  die  Stelle,  welche  er  jetzt  der  Gens  Flavia  anweitt,  «nter 
der  Kirche  S.  Carlo  alle  quattro  fontaDC,  gibt  es  swar  wie  ge- 
sagt keine  direkten  ZeugnisRe:  aber  andererseits  ist  der  PUti 
nicht  von  Privatbanten  eingenommen  gewesen,  und  auf  dieselbe 
Gegend  führt  uns»  was  wir  über  ein  zweites  Haus  der  Flavier 
aaf  dem  Quirinal  wissen,  nämlich  das  des  Flavias  Sabinva, 
Bruders  des  Vespasian. 

In  der  Yigna  des  Cardinais  Sadoleto  fand  man  im  J.  1521 
einen  grossen  Travertincippus  mit  der  Inschrift  INTER  •  DVOS  | 
PAßlETES  I  AMBITVS  FRIVATVS  |  FLAVI  •  SABINI  (Grat 
200,  8;  CIL.  VI  29788:  die  Fundnotiz  in  des  Pierius  Valerianu 
notae  in  Äen.  I  p.  8  ed.  Kom.  1521;  s.  Rom.  Mitth.  1891  S.120). 
Die  Yigna  Sadoleto  umfasste,  wie  Lanoiani  {htdl.  comun.  1889 
S.  383  f.)  wahrscheinlich  gemacht  hat,  das  gesammte  Terrain 
zwischen  dem  ehemaligen  Monastero  delle  Sagramentate  und  dem 
neuen  Eriegsministerium.  Die  ganze  nordöstliche  Hälfte  dieser 
Yigna  ist  durch  andere  Bauten  (Domus  Nummiorum,  domue  Ynl- 
caci  Rufini,  domus  Yaleri  Yegeti)  eingenommen,  so  dass  jnaD 
Lanciani  zustimmen  wird,  wenn  er  das  Haus  des  Flavius  SabioBi 
in  die  südwestliche  Hälfte,  also  in  die  Nähe  der  Kirche  S.  An- 
drea al  Quirinale  versetzt  ^  Nicht  zufällig  ist  vielleicht,  datf 
in  dem  kleinen  Heiligthum  des  Silvan'  welches  unweit  davon, 
unter  der  Banca  Nazionale,  gelegen  war,  auch  eine  Weihinschrift 
auf  einem  Travertincippus:  d(onum)  d{edit)  T.  Flavius  Sabifi^ 
Silvano  sancto  gefunden  ist.  Sehr  beachtenswerth  aber  ist,  dasi 
in  unmittelbarer  Nähe  des  Hauses  und  Tempels  der  Gens  Fla?ift 
ein  von  Domitian  geweihtes  Monument  sich  findet,  für  welche 
der  Kaiser  einen  Platz  unmittelbar    neben  diesen  Familienheilif 


Geburtshaus  des  Domitian  nicht  gelegen  haben  kann.  S.  Canevarie  Plm 
memorie  deW  Acc.  dei  lAncei  II  2  (1875)  tav.  V  und  jetzt  Lanciani 
Bl.    10. 

^  Eine  neuerdings  beim  Bau  der  Chiesa  metodistica,  Ecke  von 
Via  Venti  Settembre  uud  Via  Firenze  gefundene  Bleiröhre  mit  dem 
Stempel  Τ  -  FLAVI  •  SABINI  {Not  d.  scavi  1893  p.  418)  ist  eines  von 
den  oben  (S.  384  f.)  erwähnten  Beispielen,  dass  die  Leitungen  schon 
nach  ihrer  Abzweigung  von  den  castella  in  weiter  Entfernung  von  den 
Häusern  für  die  sie  bestimmt  waren,  den  Namen  des  Empfangers 
trugen. 

2  Drei  Weihungen  an  Silvan  (zwei  auf  Travertincippeu.  eine  auf 
Marmor  platte):  also  gewiss  nicht  von  anderswoher  (s.  o.  S.38eA.])  her- 
beigebracht.   S.  Gatti  Notieie  1887  p.  109,   BuU,  comun.  1887    p.  102. 


Zur  Topographie  des  Quirinals.  401 

loem  zu  wählen  den  besten  Grund  hatte,  nämlioh  einer  der 
maltäre  fnr  den  neronischen  Brand  {ara  incendii  NerO' 
%ni).  Als  im  17.  Jahrhundert  die  Jesuiten  ihr  Noviziat  hei 
Andrea  bauten,  fand  man  zwei  grosse  Travertincippen,  deren 
chrift  (CIL•  VI  826 ;  vgl.  Jordan  Topogr.  I.  S.  491)  beginnt: 
ΰ  area  intra  hone  definitionem  dpporum  claiusa  veribus^  ei  ara 
X  est  infemis  dedicata  est  ab  Imp,  Caesare  Domüiano  Äug. 
ftianico,  ex  voto  suscepto  guod  diu  erat  neglectum  nee  redditum 
mdiorum  causa,  quando  urbs  per  novem  dies  arsit  Neronianis 
poribus^.     Die  zugehörige  Ara  wurde  i.  J.  1888  unter  einem 

Amministrazione  delle  B.  Casa  gehörigen  Neubau  in  Yia  Yenti 
tembre  aufgefunden  (vgl.  Lauciani  bulLcomun.lSQdy  381—35. 
1—91  mit  Taf.  X;  Rom.  Mittheilungen  1891,  116  ff.).  Dem• 
h  werden  wir  das  Familienhaus  und  das  Heroon  der  Gens 
via  ansetzen  zwischen  Via  Yenti  Settembre  und  Yia  Quattro 
itane :  die  Strasse  ad  malum  Punicum  hat  vermuthlich  annä- 
nd  der  jetzigen  Yia  Quattro  Fontane  entsprochen. 

Das  Haus  des  Flavius  Sabinus  wird  nun    in    einer  interes• 
ten  Stelle  des  Tacitus,  hist,  3,  69  genannt      Am  15.  Dezem- 

69  verbreitet  sich  in  der  Stadt  das  Gerücht,    Yitellius  habe 

Regierung  niedergelegt:  igitur  tamquam  omnis  res  publica  in 
pasiani  sinum  cecidisset,  primäres  senaius  et  plerique  equestris 
mis  omnisque  miles  urbanm  et  vigiles  domum  Flavii  Sabini 
plevere.    Dann  kommt  die  Nachricht,    dass    auf   dem   Forum 

Yolk  den  Abdankungsversuch  des  Yitellius  zurückgewiesen 
>e.  Flavius  Sabinus  kann  nicht  umhin,  thätig  einzugreifen: 
'Λ  lacum  Fundani  descendentibus  qui  Sabinum  comitabantur 
latis  accurrunt  prompiissimi  ViteUianoruin.  Modicum  ibi  proe- 
η  improviso  tumultu,  sed  prosperum  Vitellianis  fuit»  Sabinus 
d  abgedrängt  und  besetzt  mit  seinen  Anhängern  das  Kapitol. 
«  an  sich  wahrscheinlich  ist,  dass  der  Zug  vom  Hause  des 
inus  die  grosse  Strasse  der  Alta  Semita  genommen  habe,  wird 

Gewissheit  durch  das,  was  wir  über  die  Lage  des  lacus 
ndani  ermitteln  können. 

£nde  des  16.  Jahrhunderts  fand  man  bei  der  Kirche  S.  Sil- 
TO  a  Monte  Cavallo  eine  Basis  aus  Travertin^  (0,40  m  hoch. 


^  üeber  diese  arae  incendii  Neroniani  (die  Existenz   von  dreien 
sich    nachweisen)    s.    meine    Bemerkung,     röm.    Mittheil.    1894 

»  f. 
'  Fnlvius  Ursinus,    der  den  Stein  selbst   besessen  hat,    gibt  an : 

Ji«|ii«  Hiia.  t  PliUol.  ü.  F.  XLIX.  2Q 


J 


40S  Hüllen 

0,60  breit)  mit  der  Inschrift:   L-  CORNELIO  •  L-F  |  8VLLAE• 
FELIcI  I  DICTATORI  |  ViCVS  •  LACI  •  FV>D  •  (CIL•  VI  1297; 
jetzt   im   Mnsenm    in  Neapel;    Fiorelli    catal.    n.  82).     Ih  der 
Stein    ohne    Zweifel   an    seiner    ursprünglichen    Stelle   gefunden 
ist,  werden  wir  den  vicus  Loci  Fundani  identificiren  dürfen  mit 
der  etwa  in  Richtung    der  Via   del  Quirinale  vom  W.-Ende  der 
Alta  Semita  zu   den  Kaiserfora   hinabsteigenden  Strasse.     Diese 
mussten  Sabinus  und  seine  Leute  wählen,  wenn  sie  vomQnirinil 
nach  dem  Forum   vordringen  wollten:    mit   völliger  Genauigkeit 
lässt  sich  freilich  ihr  unterster  Theil  aus  dem  Grunde  nicht  fest- 
stellen, weil  hier  die  Terrain  Verhältnisse  durch  Anlage  des  Tra- 
jansforums  völlig  verändert  sind.     Am  Nordwestabhange  des  ftni- 
rinals  lässt  uns  auch  die  zweite  Erwähnung^  des  lacus  ihn  enchen. 
In    den  Glossae   Placidi    p.  29    ed.  Deuerl.^    heiset    es  CkAifäx» 
coUem^  ubi  nunc  l<icus  Fundani  (so  verbessert  Mai  unzweifelhaft 
richtig;    lacus  fundiV   die  Hschr.)    est   dictus   α  Cati   ctMisdaß 
loco^.     Dies  Grundstück  eines  Catus  oder  Catius  wird  nun  auch 
erwähnt  in  einer  vielbesprochenen  Glosse  des  Paulus  epH.  45, 15: 
Cati  fons^  ex  quo  aqua  Fetrania  in  Tiberim  fluit,  dictus  quod  » 
agro  cuiusdam  fuerit  Cati;   womit  zu  vergleichen  Festus  p.  250 
M.:   Fetronia  amnis  est   in  Tiberitn  perfluetis^   quam  magisiratus 
auspicato  transeunt^   cum  in  Campo  quid  agere  volunt,  quod  genns 
auspici  peremne  vocatur\      Lanciani    hat    {acque   p.  15;    J^.  U, 
Bl.  3.  9.  10.  16)  die  Fetronia  amnis  für  identisch  erklärt  mit 
einem  jetzt  nur  noch  unterirdischen  Wasserlauf,  welcher  aus  dem 
Thale  zwischen  Quirinal  und  Pincio  in  der  Richtung  Via  del  Tritone- 
Piazza  Colonna-Pantheon    zum  Tiber  geht  (die  sog.   'Acqna  Sal• 
lustiana  ).     Aber  einen  Bach,    den  die  Magistrate  zu  überscbrei* 


repertus  ω  loco  quo  Bei  Fidii  templum  est.  Dass  das  letztere  bei  S. 
Silvestro  a  Monte  Cavallo  zu  suchen  sei,  wusste  er  aus  dem  unten 
(S.  409)   zu  erwähnenden  Funde  des  Semo-Saneus-Steines. 

1  Eine  dritte,  CIL.  VI  9854:  A.Clodius  Friseus  redemptor  α  lato 
Fundani  lehrt  topographisch  nichts. 

^  Auf  den  Werth  der  in  den  Glossae  Placidi  enthaltenen  topogra- 
phischen Notizen  hat  Buecheler  (Fleckeisens  Jahrb.  105,  1872  S.  5()8f.) 
hingewiesen:  trotzdem  ist  obige  Stelle  in  den  neueren  Handbüchern  in 
Vergessenheit  gerathen. 

^  Ob  der  sonst  nirgends  vorkommende  Name  CatiaUs  coUis  auf 
ältere  Gramniatikertheorie  zurückgeht,  oder  nur  Erfindung  eines  spa- 
ten Glossators  ist,  darf  hier  ununtersucht  bleiben. 

*  Vgl.  Mommsen  St.  R.  F  97. 


Zur  Topographie  des  Quirinals.  40B 

ten  pflegen  cum  in  campo  quid  agere  voluntj  wird  man  eher  auf 
der  Grenze  des  Campus,  als  in  der  Mitte  desselben  snchen.  Nun 
finden  sich  an  der  Stelle  des  Westrandes  des  Quirinals,  wo  wir 
den  vicus  lad  Fundani  angesetzt  haben,  starke  Quellen^:  eine 
davon,  die  Acqua  di  S.  Feiice,  ist  noch  hente  in  einem  Hofe  des 
jetzt  königliches  Gebäudes  der  Panetteria  (beim  Sepulcrum  Sem- 
prmioruin)  sichtbar.  Ihr  Wasser  fliesst  in  der  Richtung  S.  Mar- 
cello-Corso-Piazza  Yenezia-Yia  Nazionale  (früher  de*  Cesarini), 
vm  sich  in  der  Gegend  von  Tor  Argentina  mit  dem  grossen,  sehr 
alten  (vielleicht  mit  den  Anlagen  des  Flaminius,  221  v.  Chr. 
gleichzeitigen)  Ableitungskanal  zu  vereinigen,  der  aus  der  Gegend 
dei  Pantheon  zum  Tiber  geht^.  Ebenso  wie  die  Cloaca  Maxima 
dem  Laufe  eines  ehemals  canalisirten  Campagnabaches  folgt  (s. 
Born.  Mitth.  1891,  87),  wird  ohne  Zweifel  das  Canalisirungs- 
eyetem  des  Marsfeldes  sich  an  natürliche  Wasserläufe  angeschlossen 
kben:  und  auf  denjenigen,  welcher  von  der  NW.-Ecke  des  Qui- 
rinals entsprang,  werden  wir  die  Namen  Petronia  amnis  und  Cati 
fons  beziehen  müssen. 


IV. 

Wir  hatten  bereits  oben  (S.  399)  des  Hauses  des  Pompo- 
oine  Atticns  Erwähnung  gethan,  und  daraufhingewiesen,  dass  die 
Stellen  bei  Cicero',    welche  desselben  gedenken,  ein  besonderes 


1  Cassio  eorso  deUe  acque  1,  342:  mentre  {del  PaJazzo  deUa  Con- 
*Mj  81  gittavono  le  fondamenta^  sgorgö  un  grosso  capo  d^acquat  e 
fwclUtetto  Fuga  faticö  molti  giomi  piantando  palizzate  per  assodar  la 
fotbrica.  —  üeber  die  Acqua  di  S.  Feiice  8.  auch  Lanciani  acque  p.  24. 
^  Ueber  diesen  Kanal  {CMavicone  deW  Olmo)  und  seine  Zuflüsse 
«.Narducd  fognatura  di  Roma  (1889)  p.  35fif. 

■  Cic.  ad  Att.  IV,  1,  wo  von   den  Nonae  Sextiles  die  Rede   ist: 

^atcUs  üicifMC  tuae  Salutis ;    —    de  leg,  I  1 :    certene  non  longe  α  tuis 

<iedibu8  inambtdans  post  excessum  suum  Romtdus  Proculo  Iidio  dixerit 

te  demn  esse  et  Quirinum  vocari   templumque   sibi  dedicari  in   eo  loco 

imserit,  —  Ad  Att.  XII  45:   De  Caesars  vicino  scripseram  ad  te,   quia 

eognoram  ex  tiUs  lüteris ;  eum  σύνναον  Quirino  malim  esse  quam  Saluti, 

Das  Haas  hatte  Atticus  ererbt  von  seinem  Oheim,  Ncpos  v.  Atiic,  13: 

domum  habuit  in  cnlle  Tampüanam,    ab    avunculo   hereditate  reliciam; 

euius  amoenilas  non  aedificio,  sed  süva  constabat.    Ipsum   enim  tectum 

atUiquUua  constitutum,   plus   saUs  quam  sumptus  habebat:    in  quo  nihil 

eammutaüitf  nisi  si  quid  vetustate  coactus  est. 


404  Halsen 

Interesse  bieten  wegen  der  Nennung  zweier  uralter  HeiligtUmer 
auf  dem  Quirinal,  des  Tempels  der  Salus  und  des  Quirinus. 

Die  Aedes  Salutis  wird,  um  yon  älteren,  ganz  haltlown 
Yermuthungen  abzusehen,  von  den  meisten  Neueren^  augeietit 
am  NO.-Ende  des  Quirinals,  in  der  Nähe  der  Kirche  S.  Susaima. 
Wie  schwach  die  Orttnde  dafür  sind,  mag  man  sich  durch  Naeb- 
lesen  in  der  Beschreibung  Borns  überzeugen:  eine  auBfBhrlielie 
Widerlegung  ist  nicht  nothwendig,  seit  uns  eine  Inschrift  am 
der  Wende  der  republikanischen  und  der  Kaiserzeit  einen  sicbereo 
Anhalt  für  die  Bestimmung  gibt.  Unter  dem  Monastero  äiik 
Sagraweniatt  (in  YiaVenti  Settembre,  nicht  ganz  100  m  von  der 
Ecke  der  Via  della  Consulta)  fand  man  eine  Trayertinplatte 'mit 
folgender  Inschrift: 

Μ  •     AG  \  rippa  l.  f 
A£D  iiussu 
IMP    CA£  Uaris.  divi  f. 
iil  VIR-E  i' ρ  'C  U  aedicul 
5       ut  CI  •  SALV^tom?  refic.  cur. 

Also  die  aedicida    des  Vicus  Salutis  oder  Vicus  SalutariSj 


*  Becker  Top.  578.  579;  Beechr.  Roms  III  2  p.370;  Lancisni 
buU,  comun,  1873  p.  227  f.  und  F.  U,  El.  16.  Wenn  Jordan  Topogr.  1 1,213 
BAgt:  *die  Lage  der  Porta  Salutaris  in  der  Nähe  des  Pal.  BarberiBi, 
ist  um  80  wahrscheinlicher,  als  neuerdings  inschriftliche  Fnnde  die 
Lage  des  Tempels  der  ScUus  ebendort  verrouthen  lassen ',  so  kann  sieb 
das  nur  beziehen  auf  Lancianis  {Ann.  deW  Ist,  1871  p.  58)  wenig  glückliebe 
Combination,  dass  die  beiden  von  den  Ephesern  und  Laodicenem  fife- 
setzten  Weihungen  (CIL.  VI  374.  375;  s.  u.  S.  408)  SALVTIS  ERöO 
mit  dem  Tempel  etwas  zu  thun  hätten.  Das  Richtige  hat  allein  Wis* 
sowa  am  Schluss  seines  sogleich  anzuführenden  Aufsatzes,  noch  ohne 
Kenntniss  der  Agrippa-Inschrift,  aus  der  Analyse  der  Argeerprocessioo 
erschlossen. 

>  Vgl.  Rom.  MittheU.  1892  S.  122.    Gardthausen  (in  dieser  Zeit- 
schr.  1890   S.  619  f.)    ergänzt  Z.  4.  5:    i]i  vir{i)  p[agi  SanquaUs  (?)  << 
magistri   u%]e%  8<il[utari8  fae.  curaverunt;  was  abgesehen  von  anderen 
Bedenken  dadurch   widerlegt   wird,    dass  der  letzte  Buchstabe  in  Z.  4 
sicher  R  ist  und  nicht  P.    Die  Schwierigkeit,  welche  darin  liegt,  da» 
Agrrippa  in  seiner  Aedilität  (721)  einen  Bau  ausgeführt  haben  soll,  dea 
Octaviän  vier  Jahre  vorher  in  Auftrag  gegeben  hatte,  verkenne  ich  nicht 
Auf  Lancianis  Plan  fehlt  die  Angabe  des  Fundes  der  Inschrift,  obwoU 
die  gleichzeitig  constatirten  Pilasterreste   (Scavt  del  25  I  1890)   einge- 
tragen sind. 


Zur  Topographie  des  Quirinals.  405 

lit  der  Yioas  selbst  und  auch  der  alte  Tempel  der  Salus  lagen 
it  in  der  Ost-,  sondern  in  der  Westliälfte  des  Qnirinals^.  — 
der  klassischen  Litteratnr  erscheint  der  Name  des  Yicns  Sa- 
iris  hier  zum  ersten  Male :  er  war  bisher  nur  aus  gans  späten 
rähnungen  bekannt  Eine  Stelle  in  den  Briefen  des  Symma- 
β  (y  54,  2  ed.  Seeck),  wo  von  dem  kleinen  aber  elegant  ein• 
ichteten  Hause  des  Ampelius  vir  darissimus  sub  divo  SahUis 

Bede  ist,  lehrt  topographisch  nichts:  desto  wichtiger  ist  die 
Ute  oben  (S.  383)  erwähnte  aus  der  Vita  Innocentii  I.  Die 
indstücke,  welche  die  fromme  Matrone  Yestina  der  Basilica  de« 
Vitalis  schenkt,  liegen  meist  in  Vtco  longo  —  m  Clivo  Mo- 
i  —  in  Clivo  Sälutis:  die  beiden  ersten  Strassen  sicher  in  der 
18  der  Basilika,  also  wahrscheinlich  auch  die  dritte.    DerYi- 

Salutis  war,  wie  man  nach  Auffindung  der  Inschrift  mit 
lerheit  annehmen  kann,  eine  Querstrasse»  welche  vom  Yious 
pis  den  in  alter  Zeit  sehr  steilen'  Abhang  des  Quirinals 
laffuhrte:  ihre  Richtung  entsprach  der  Yia  della  Gonsulta*. 

Dadurch  ist  denn  auch  die  Lage  des  Salus-Tempels  selbst 
ittelt;  da  er  (s.  die  bei  Becker  S.  578.  579  gesammelten 
len)  in  der  Nähe  der  servianischen  Mauer  lag,  kann  man  ihn 

am  nördlichen  Ende    der  Strasse    suchen.     Setzen   wir   ihn, 

auf  unserem  Plane  geschehen,  unter  den  westlichen  Haupt- 
t  des  Palazzo  del  Quirinale,  so  fällt  er,  wie  nach  dem  oben 
103)  gesagten  zu  erwarten,  in  die  Nachbarschaft  des  Palastes 
Pomponii.     Und  zur  Bestätigung  dieser  Ansetzung  dient,  was 

über  die  Lage  des  zweiten  der  domus  Fomponiorum  benach- 
ten Tempels,  der  aedes  Quirinif  wissen. 
Den  Quirinus-Tempel  pflegen  die  meisten  Topographen 

Ostabhang   des    Hügels,    nach    dem   Yicus    longus,   unweit 


^  Wie  sehr  man  übrigens  mit  dem  Platze  des  Salus-Tempelt  ins 
ränge  kommt,  wenn  man  ihn  in  die  (hegend  der  Quattro  Fontane 
etzen  will,  zeigt  ein  Blick  auf  Lanoianis  F.  ü.  BL  16. 

'  üeber  die  sehr  bedeutende  Einebnung,  welche  der  Südrand  des 
nnals  seit  dem  Alterthum  erfahren  hat,  vgl.  Lanciani  buü.  eawwm, 
'  p.  187.  Bei  Anlage  des  neuen  Qiardino  pttbblico  zwischen  Y. 
i  Consulta  und  Y.  Yenti  Settembre  fand  man  antikes  Strassenpflaster 
iiner  Tiefe  von  achtzehn  Metern  unter  jetzigem  Niveau!  (Rom. 
h.  1891,  122). 

>  Ueber  Pflasterreste,  welche  unter  und  neben  Y.  della  Consulta 
nden  sind,  vgl.  Lanciani  huR,  comun,  1889  p.  387;  1890  p.  11. 


406  Hülsen 

der  Kirche  S.  Vitale  anzasetzen  (so  nooli  Ricbier  S.  181).  Dass 
dies  falsch  ist  und  der  Tempel  nördlich  von  der  alta  SemiU,  in 
den  Gärten  des  Palazzo  del  Qairinale  gelegen  war,  hat  Landani 
(&WZL  comun.  1889  S.336f.  379  f.)  bewiesen.  Das  Terrain,  in  welcbw 
die  früheren  Stadtpläne  den  Tempel  verlegen,  ist,  wie  ans  dem  oben 
(S.  386.  387)  angeführten  hervorgeht,  von  Privatbauten    (domni 
Aemiliae  Paulinae,    domus    Betitii    Perpetui,    domue  Pomponio-    |«'• 
nun  u.  8.  w.)  eingenommen.     Und  ein  monumentales  Zeugnies  ftlr 
die  Lage  des  Tempels  geben  die  beiden  archaischen  InschrifteB  CIL. 
VI  475  ^  und  565*,  welche  im  J.  1626  in  hmtis pimiificüs Qwrm' 
libtis  (bei  Anlage  des  grossen  Gartens  unter  ürban  VIII)  zu  Tage 
gekommen  sind.     Den  Bau  des  Augustus  selbst  können  wir,  vie 
Lanciani  S.  388    ausgeführt    hat,    wenigstens    seinem  Grundrisse 
nach   aus    den   beiden  Stellen    des  Dio  54,  19^  und  Vitrav  ΠΙ 
2,  7*  völlig  herstellen:    er  war  demnach  ein  Dipteros  doriechen 
Stils  mit  acht  Säulen  in  der  Front,  siebzehn  an  den  Langeeiteü* 
Leider  ist  die  Grösse  des  Intercolnmniums    nicht    sicher   zu  be' 
stimmen^:  aber  selbst  wenn  man  es  nach  Analogie  mittelgroeaer 
Tempel  derselben  Epoche  annimmt,    erhält  der  Tempel    sehr  re^ 
spectable  Dimensionen :    25  χ  50  m    auf  Lancianis    grossem  Plan 
Bl.  16,   ohne  die  Portiken^.    —    Neben  dem  Quirinustempel  lag 
nach  Quintil.  inst.  or.  17  ein  pulvinar  Solis:  die  unten  (S.  420) 
zu  besprechende  Stelle  der  Argeerurkunde  macht  es  wahrscheinlicb, 
dass  es  an  der  Westseite  des  Tempels  anzusetzen    ist. 


^  P.  Corn[clim]  L.  f.  co8o[l  518  a.  u.  c.?]  probalvit]  Mar[te  sacrom]. 

2  Quirino  \  L•  Aimilius  L.  f.  \  praitor. 

3  (Augustus  738  a.  u.  c.)  τον  τοο  Κυρίνου  ναόν  καθιέρωσεν,  έκ 
καινής  οίκοδομήσος•  €ΐπον  δέ  τοΟτο  οτι  ?Ε  καΐ  έβοομήκοντα  κίοσιν  αυ- 
τόν έκόσμησεν  οσο  περ  τά  πάντα  ίτη  αυτός  διεβιω. 

^  dipteros  aiUem  octastylos  et  pronao  et  postico,  sed  circa  acdcm 
duplices  habet  ordines  colutnnarumf  uti  est  aedes  Quirini  dorica, 

^  Lancianis  Vermuthung,  dass  ein  von  Giovanni  Alberti  di  Borgo 
S.  Sopolcro  nel  giardino  del  Cardinale  di  Ferrara  (Hippolyt  II  von  Esto, 
tl572)  gezeichnetes  schönes  dorisches  Kapitell  an  Ort  und  Stelle  ge- 
funden sei,  läset  sich  zwar  nicht  strict  beweisen,  da  der  Kardiual  auch 
viele  Antiken  von  anderen  Orten  zum  Schmuck  seiner  Villa  zusam- 
mengebracht hat,  ist  aber  doch  sehr  plausibel.  Ich  hätte  TiB.  1890, 
119  nicht  widersprechen  sollen.  Um  so  mehr  ist  zu  bedauern,  dass 
die  interessante  Zeichnung  L.  unzugänglich  geblieben  ist. 

^  Dass  solche  den  Tempel  umgaben  ist  bezeugt  von  Martial 
XI  1,  9. 


Zur  Topogfraphie  des  Quirinals.  407 

Noch  an  einer  anderen  Stelle  gedenkt  Vitmy  des  Quirinns- 
Tempele,  nämlich  YII  9,  4,    wo    er  von  der  Zinnoberfabrikation 
(den  officinae  minii)  spricht:  quae  autem  in  Ephesiorum  me- 
taüis  fueruni  officinae,  nunc  traiectae  sunt  ideo  JRomom,  quod  id 
genus  venae  pasiea  est  invenium  Hispaniae  regionifms,  e  quibus  me^ 
iaUis  gJaebae  porUmtur  et   per  ρίώΙίοαηο8  Romae  curantur.    Eae 
mäem  officinae  sunt  inter   aedem  Florae    et  Quirini.    Diese  Fa- 
briken können  nach  dem  bisher  Gresagten  weder  an  der  Süd-  noch 
&Q  der  Westseite  des  Quirinns-Tempels  gelegen  haben.    Lanciani 
eetst  sie,    mit  Rücksicht   anf  eine  sehr  problematische  Fnndnotiz 
des  16.  Jahrhunderts  ^,  an  die  Nordseite    der    alta  eemita,    unter 
den  grossen  Südflügel    {^fnanico  lungo ')    des  Quirinalpalastes  — 
was  mir  unmöglich  erscheint.    Erstens  bleibt  bei  dieser  Annahme 
unklar,  wo  der  Florat^mpel  gelegen  haben  soll  —  er  fehlt  auch 
in  der  That  auf  L.'s  Plan.     Zweitens:  wie  wird  man  eine  so  übel- 
riechende und  gesundheitsschädliche  Industrie*  angesiedelt  haben 
an  einer  bedeutenden    und  vielbesuchten  Strasse?     Und    warum 
h&tte  man  die  Miniumfabriken,  welche  zum  Schlämmen  des  Boh- 
itoffes  viel  Wasser  gebrauchten,    auf  den  Scheitel    eines  wasser- 
loeen  Hügels  verlegt?     Wir   müssen  sie  vielmehr  nördlich  resp. 
nordöstlich  vom  Quirinustempel,    am  Abhang    des  Hügels  (etwa 
in  der  Gegend  von  Via  dei  Griardini)  suchen,  ausserhalb  der  Ser- 
viusmauer,  dort  wo  der  das  Thal  durchfliessende  Bach  (die  *acqua 
Sallustiana')  das  für  die  technischen  Processe  unentbehrliche  Wasser 
lieferte. 

Damit  ergibt  sich  denn  ein  wichtiger  Anhaltspunkt  für  die 
Lage  des  Floratempels:  derselbe  wird  sonst  nur  noch  erwähnt 
in  der  Notitia;  in  der  oben  oitirten  Martialstelle  (Y  22,  3): 

Sed  Tiburtinae  sum  proaimus  accola  pilae, 
Qua  videt  antiquum  rustica  Flora  lovem  — 

und  bei  Varro  1.  1.  Υ  32  ρ.  158:  Clifms  proxvmus  α  Flora  susus 
versus  Capüolium  vetus,   quod  ibi  saceüum  lovis  lunonis  Miner- 


1  Flamimi  Yaoca  mem,  37:  die  'moUe  fabhriche  povere  ehe  ptu- 
tosto  teneoano  di  stuffe  pkbee*  können  sehr  wohl  früh  mittelalterlich 
gewesen  sein. 

*  lieber  die  Minium-Fabrikation  vgl.  Blümner,  Technologie  IV 
490  ff.  Nach  Rom  übertragen  ist  die  Fabrikation  jedenfalls  erst  im  2. 
Jahrhundert  v.  Chr.,  nach  Erwerbung  der  spanischen  Provinzen.  Pii- 
nias  VI  118.  Schutzmasken  der  Arbeiter  gegen  die  schädlichen  Dämpfe 
erwähnt  bei  Plin.  VI  122 ;  Diosoor.  Υ  109. 


408  Hülsen 

vae,  —  Die  erete  Stelle,  verbunden  mit  dem  was  wir  obenübej 
die  Wohnung  des  Martial  bemerkt   haben,    bestätigt   seine  L^mge 
an  der  NW.-Seite  des  Berges,  die  zweite  seine  Lage  in  der  Tiefe. 
Vermuthlich  lag  er  in  der  Gegend  von  Piazza  Barberini^ :  Reeto 
die  man  auf  ihn  beziehen  könnte  sind  freilich  nicht   gefunden. 

Vom  Floratempel  nun  führte  nach  Yarro  auf  die  Quirinale• 
höhe  eine  scUita  hinauf,  welche  bei  einem  Heiligthum  der  drei 
kapitolinischen    Gottheiten    endigte.      Für    die  Ansetzung  dieses    ί 

I 

Capitolium  vetus  haben  wir  wenigstens  einen  Anhalt  anln• 
Schriftenfunden.      Die    Dedicationen    kleinasiatischer    Gemeindeo 
an    das    römische  Volk    aus    der  Zeit    nach  dem  mithridatischen 
Kriege,    waren  nach  Mommsens  (CIL.  I  p.  170)  zweifellos  risli- 
tiger  Bemerkung    in  doppelten  Exemplaren    in  Bom    aufgeetdllt, 
einmal    auf   dem  Capitolium  beim   Tempel  des  luppiter  Optimal 
Maximus,  zweitens  auf  dem  quirinalischen  Capitolium  vetus  ^.  Von 
der  quirinalischen  Serie  waren  längst  bekannt  die  beiden  im  Jahre 
1637  beim  Bau  des  Palazzo  Barberini  gefundenen  (CIL.  VI  373. 
374).     Dazu  kommt  jetzt  noch  eine  dritte  {Notiaie  1887  p.  321; 
Bidl.  comun.  1887  p.  251),  welche  im  Garten  des  Eapuzinerklo- 
sters  S.  Maria    della  Concezione,    an    der  Nordseite   von  Piazsa 
Barberini,   verbaut   gefunden  ist.      Da  das  Heiligthum  innerhalb 
der  Serviusmauer  gelegen  haben  muss,  und  der  Raum  östlich  von 
Via  delle  quattro  Fontane  durch  Privatbäuser  *  in  Anspruch  ge• 
nommen  ist,  so  bleibt  nur  das  Terrain  zwischen  dem  Clivue  QBd 
dem  Quirinus-Tempel  übrig.      Dass    die    archaische  Weihung  an 
den  Juppiter  Victor  (CIL.  VI  438),  welche  um   1626  zusammen 
mit  den  oben  erwähnten  im  päpstlichen  Quirinalgarten  gefunden 
ist,  auf  dem  Capitolium  vetus  gestanden  habe  (wie  Lanciani  lud. 
comun.  1873  p.  226  annimmt),  ist    möglich,    doch   nicht   sicher^. 


^  Dass  die  catliedra  lapidea  Floriana,  welche  in  der  Vita  Inno- 
caitii  I  (8.  o.  S.  383)  vorkommt,  und  zwar  in  der  Nähe  von  S.  Vitale, 
mit  dem  Floratempel  etwas  zu  thun  hat  (Duchesne  p.  223)  halte  ich 
für  nicht  wahrscheinlich. 

3  Vgl.  über  beide  Serien  Rom.  Mittheilungen  1889  S.  27G. 

^  Domus  Alfenii  Ceionii  luliani  Camenii,  s.o.  S.i387;  Fundeines 
grossen  mit  feinem  Mosaik  gepflasterten  '  cortüe  ο  piaz2a  :  Bartoli  mem. 
31  p.  230  ed.  Fea. 

*  Die  Erklärung  der  Epigramme  Martials  VII  73: 

Esquiliis  domiis  est,  domus  est  tibi  coUe  Dianae 
Et  tua  patricws  ctdmina  victts  habet 


Zar  Topographie  des  Quirinals.  409 

iHe  Stelle  des  Capitolium  aniiquum  identificirt  LanciaDi  mit  vieler 
Wahrscheinlichkeit  mit  der  im  16.  Jahrhundert  Mons  ApoUinis 
α  Chirac  genannten  Erhebung  in  der  NO. -Ecke  des  Quirinal- 
gartens,  welche  unter  TJrban  VllI  (1625—26)  planirt  wurde. 

Ein  anderes  wichtiges,  gleichfalls  noch  der  republikanischen 
Zeit  angehörendes  Heiligthum  ist  das  des  Semo  Sancus.  Die 
Aotorenstellen  ^  zeigen,  dass  das  Heiligthum  an  der  äusseren  (west- 
lichen) Seite  des  Hügels  und  zwar  an  der  Serviusmauer,  also 
oomittelbar  am  Rande  gelegen  war.  Eine  Lokalisirung  wird  er• 
möglicht  durch  mehrere  Inschriftenfunde.  Um  das  Jahr  1580 
wurde  im  Garten  des  Klosters  S.  Silvestro  a  Monte  Cavallo  eine  Mar- 
mortafel (41X67  cm)  mit  der  Inschrift:  Sanco  Sancto  Semoni 
Dto  Fidio  sacrum  \  decuria  sacerdotum  \  bidentalium  reciperatis 
^ftcHgaUbus  gefunden  (jetzt  im  Museum  zu  Neapel;  CIL.  VI  568). 
Denselben   sacerdotes  htdentales^   gehört    die  Inschrift    mehrerer 


Hinc  viduae  CybeUs,  iüine  saeraria  Vestcte 
Inde  noOumf  veterem  proapicis  inde  lovem 

vt  weder  durch  Jordans  Anmerkung   (bei  Friedlaender  a.  a.  0.)  noch 

durch  Gilberte  AuBeinandersetzungen  (Philol.  45,  460)  völlig  ins  Reine 

Sebracht.    Drei  Häuser  werden  beschrieben,  zwei  im  Hexameter,    eins 

Un  Pentameter   des  ersten  Distichons;    fordert    nicht   das   Gesetz   der 

AespoDsion,   dass   die   im   zweiten  Distichon  beschriebenen  Aussichten 

uuüog  zu  vertheilen  sind?    Wenn  irgend  etwas,   so  ist  jetzt  die  Lage 

dei  Yestaheiligthums  sicher:    auf  dieses  kann    aber  unter  den  drei  ge- 

ttanten  Punkten  nur  der  Esquilin   (genauer   die   Höhe   der   Garinen) 

ooeii  Aueblick  geboten  haben.      Da    nun   femer   von   keinem  Punkte 

dei  Aventin  der  novus   und  vetus  luppiier   gleichzeitig   sichtbar   sind, 

wird  die  Gombination  Magna  Mater  —  Aventin    unausbleiblich.     Oie 

schwierige  Frage  nach  der  Lag^  des  palatinischen  Kybele-Tempels  kann 

Äser  nicht  erörtert  werden.    Dass  die  beiden  Aussichten  auf  den  Magna- 

Mater-Tempel  und  das  Yestaheiligthum  in  Y.  3  ohiastisch  zu  den  domvis 

in  Υ.  1  stehen,   konnte  die  Zeitgenossen  Martials    nicht  irren.    Wenn 

I    der  dritte  Palast  des  Maximus  etwa   in   der  Gegend  von  Pal.  Cimarra 

(gegenüber    S.  Lorenzo  in  Panispema:    Nolli  pianta   n.  149)    lag   und 

eine  ebenso  hohe  Loggia  {culmina)  hatte  wie  dieser  (vgl.  Conti  e  Rio- 

cbebach,  posizione  geografka  d^  prineipdli  luoghi  di  Borna  1824  p.  16),  so 

konnten  altes  und  neues  Capitol  sehr  Reicht  Hauptpunkte  der  Aussicht 

Ton  dort  sein. 

1  Gesammelt  von  Becker  S.  133.  576. 

^  Leider  ist  der  Fund  der  grossen  Basis :  Semoni  Sanco  \  Sancto 
Deo  Fidio  |  sacrum  \  decuria  8acerdot{um)  \  bidentalium  (Btdl.  comun. 
1881  p.  4 ;    C.  L.  Yisconti  studi  e   documenti  di  storia  e   diritto  1881 


410  Hülsen 

Bleiröhren,  welche  fast  genau  an  derselben  Stelle,  nur  etwas  wei- 
ter   am  Hügelabhange,    in    den  Fundamenten    des  Teatro  Drain- 
matico  nazionale,  1887  ausgegraben  sind  (Gatti  bull,  comun.  1887 
p.  8;  Notißie  degli  scam  1887  p.  15;  Rom.  Mitth.  1889  p.  274). 
Da  der  Baum  nördlich  von  S.  Silvestro    durch    den  Tempel  des 
Serapis,    östlich  durch    die  Thermen    des  Constantin  —  und  mit 
beiden  hat  der  Tempel  nach  dem  Zeugniss  der  Notitia  gleichzeitig 
bestanden  —  occupirt  ist,   so  bleibt    nur  der  Haum  direkt  nnter 
Kirche  und  Kloster^    oder  wenig  südlich  davon    für    das  Eeilig- 
thum  des  Sancus  übrig  ^. 

I 

V. 

Die  bisher  ermittelten  Punkte  setzen  uns  in  den  Stand,  eine 
von    allen  Topographen    behandelte  Frage  wieder   aufzunehmeoi 
nämlich  die  nach  dem  Namen  der  Thore  der  ^servianischeD 
Mauer  am  Quirinal.     Der  Mauerlauf  selbst,  durchweg  durch  die 
physischen  Verhältnisse  bedingt,  ist  hinlänglich  bekannt  (s.  Un- 
cianis  Bl.  9.  10.  16):  ebenso  herrscht  neuerdings  wohl  allgemeine 
Uebereinstimmung  darüber,    dass    auf  der  Strecke  von    der  Süd' 
spitze  des  Quirinals  (bei  Monte  Magnanapoli)  bis  zum  Anfang  dee 
Walles  (bei  Porta  CoUina)   drei  Wege    zur  Hügelhöbe    führten• 

• 

im  Zuge  der  modernen  Via  Nazionale  —  an  der  NW.-Spitze  bei 
Via  della  Dataria  —  und  in  der  Bichtung  der  Via  delle  Quattro 


p.  106flf.;  Jordan  Ännali  deW  Istituto  1885  p.  105)  nicht  mit  SicherheÜ 
zu  ermitteln.  Lancianis  Annahme,  sie  sei  bei  den  Benovirungsarbeitef 
im  Kloster  S.  Silvestro  a  Monte  Cavallo  gefunden,  ist  nur  Vermö' 
thung;  die  von  Visconti  und  Jordan  wiederholte  Angabe,  sie  sei  »β• 
der  Gegend  des  Monte  Pincio,  zwischen  Porta  del  Popolo  und  Pi»tf• 
ßarberini,  dürfte  auf  Gewährsmänner  zurückgehen,  denen  es  mebr 
darauf  ankam  den  wahren  Fundort  zu  verheimlichen  als  bekannt  «* 
geben. 

^  Reste  unter  dem  Refectorium  des  Klosters:  drei  Gusswerkkerne» 
der  grösste  6x12  m.  Lanciani  huU.  comun,  1881  p.  5.  Die  zwischel* 
Casino  Rospigliosi  und  den  stalle  del  Bernini  1878  aufgedeckten  Reste 
können  nicht,  wie  ich  früher  (Mitth.  1889  S.  274;  danach  Gilbert,  Top* 
3,  371  Anra.  1)  vermutbet,  dem  Sancus-Tempel  angehören;  sie  liegen 
in  den  Substructionen  des  Templum  Serapis.     S.  jetzt  Lanciani  Bl.  16. 

3  Die  Stelle  des  Livius  8,  20,  wo  von  einem  saceUum  Sand  ad- 
versus  aedem  Quirini  die  Rede  ist,  kann,  wenn  sich  L.  nicht  sehr  un- 
genau ausgedrückt  hat,  nicht  auf  den  Tempel  des  S.,  sondern  nur  ad 
eine  ausserdem  oxistirende  kleine  Kapelle  bezogen  werden. 


Zur  Topographie  des  Qairinals.  411 

Fontane.  Obwohl  von  keinem  der  Thore  selbst  bauliche  Reste 
nachzuweisen  sind,  ist  doch  der  mittlere  Aufgang  gesichert  durch 
die  Lage  des  noch  aus  republikanischer  Zeit  stammenden  Grab- 
male der  Sempronii  (Fabretti  241,  648;  Lanoiani  bull,  comun. 
1876  tav.  ΧΠ;  CIL.  VI  26152)  und  die  Reste  des  auf  den  Hügel 
fahrenden  Clivus:  auch  über  die  Lage  der  beiden  anderen  kann 
nicht  wohl  gezweifelt  werden.  Fraglich  ist  nur,  welche  Namen 
ihnen  zu  geben  sind. 

Die  Namen,  welche  man  bisher  auf  die  Thore  dieser  Mauer- 
strecke  zu  vertheilen  pflegt,  sind:  Fontinalis  Sanqualis  und  Sa- 
Intarie.  Neuerdings  aber  hat  Wissowa  (Hermes  XXYII,  1891, 
S.  137—144)  tiberzeugend  dargethan,  dass  ausserdem  noch  ein 
Thor,  die  Porta  QuirinaliSj  auf  dieser  Linie  zu  placiren  sei.  Wenn 
die  Topographen  bis  zu  Lanciani  und  Jordan  (12  S.  221)  sie 
mit  der  Collina  identificiren,  so  ist  das  ein  merkwürdiger  Beweis 
för  die  Fortpflanzungekraft  falscher  Citate.  Denn  die  ganze  Iden- 
tification steht  darauf,  dass  man  in  der  Stelle  des  Festus  p.  254 : 
(iitiri[n€Ui$  porta  eadem  quae  et  Collina  dicebatur]  die  eingeklam- 
merte Ergänzung  des  ürsinus  für  antiken  Text  gehalten  hat! 
Dadurch,  dass  die  Namen  von  benachbarten  Tempeln  hergenommen 
nnd,  ergibt  sich  der  Name  Salutaris  mit  Nothwendigkeit  für  das 
Thor  an  der  Nordwestecke,  bei  Via  Dataria ;  die  Quirinalis  kann 
BOT  mit  dem  Aufgang  bei  den  Quattro  Fontane  identifioirt  werden : 
aleo  bleibt  für  das  südliche  Thor  nur  der  Name  Sanqualis  übrig. 

Freilich  steht  diese  Annahme  im  Widerspruch  mit  der  all- 
gemein recipirten,  welche  an  dieser  Stelle  die  PortaFontina- 
Hs  setzt:  es  muss  also  gezeigt  werden,  dass  diese  Ansicht  falsch 
iit  Das  einzige  Argument,  welches  dafür  beigebracht  zu  werden 
pfiegt,  ist  das  Vorkommen  zahlreicher  und  starker  Quelladern  bei 
Konte  Magnanapoli:  was  freilich  auch  auf  die  Westecke  bei  der 
I)ataria  (oben  S.  402  f.)  passen  würde.  Die  beiden  einzigen 
Stellen  in  der  alten  Litteratur,  welche  des  Thores  gedenken, 
tind  Festus  epit.  p.  85 :  Fontinalia,  fontium  sacra ;  unde  et  Romae 
fomtmalis  poria  —  und  Livius  35,  10:  M,  et  L.  Aemilius  aediles 
(193  V.  Chr.)  .  .  .  porticum  ...  —  α  porta  Fontinali  ad  Martis 
(Brom  qua  in  Campum  Her  esset^  perduxerunt.  Die  erste  Stelle  lehrt 
topographisch  nichts,  da  die  Lage  des  Heiligthums  der  Fontes 
nicht  bekannt  ist:  wichtig  dagegen  ist  die  zweite^  bisher  nocb 
nicht  völlig  gewürdigte.  Die  Ära  Martis  lag  im  südwestlichen 
Theile  des  Marsfeldes,    vielleicht   in  der  Gegend    der  Piazza  di 


412  Hülsen 

Yenezia^  Man  stelle  eich  nun  vor,  daes  von  dort  eine  Portieae 
geführt  sei  nach  der  Stelle,  die  man  gewöhnlich  der  portaFm- 
tinalts  anweist:  die  Entfernung  beträgt  er. 400,  der  Höheniinter- 
Bchied  30  m.  Die  übrigen  Porticus,  selbst  noch  die  grosse  Hehr• 
zahl  der  in  der  Kaiserzeit  errichteten  liegen  in  den  ebenen  Tbeilen 
der  Stadt  ^;  wozu  sollte  nun  in  dieser  frühen  Zeit  eine  Anlage 
von  dieser  Ausdehnung  und  auf  so  schwierigem  Boden  dienen? 
üt  in  Campum  Her  esset.  Woher?  Auf  dem  Quirinal  legen 
keine  grossen  öffentlichen  Gebäude.  —  Ganz  andere  ist  es,  wenn 
wir  die  Porta  Fontinalis  an  die  Nordspitze  des  Capitols  verlegen. 
Dort  fphrte  vom  Forum  und  Comitium  eine  wichtige  Strasse  naeh 
dem  Campus  hinaus,  auf  der  es  den  Magistraten  wttnschenswerth 
gewesen  sein  mag,  auch  geschützt  vor  den  Unbilden  der  Witte- 
rung zur  Ära  Martis  zu  gelangen.  Ich  nenne  also  das  Thor, 
welches  jenseits  des  Bibulus- Grabmals  in  der  servianischen  Maner 
existirt  hat,  Porta  Fontinalis. 

Dieser  Annahme  ist  Becker    (de  Romae  veteris  muris  a^ 
portis  p.  70),  schon  sehr  nahe  gewesen,  hat  sich  aber  vom  Rieh- 
tigen  durch2Bedenken    über    die   Lage  der   porta  Ratumena 
wieder  abbringen  lassen,     lieber  diese  haben  wir    nur   die  eine 
bei  Plinius  n.  h.  VIII 65,  Plutarch.  Poplic.  18,  Festus  p.274K. 
überlieferte,  ohne  Zweifel  aus  Verrius  Flaccus  stammende  Notit 
Sie  soll  demnach  ihren  Namen  von    einem    etruskischen  Wagen- 
lenker  Ratumena  erhalten  haben,  dessen  Pferde  nach  einem  Siege 
im  Circusrennen  zu  Veji  durchgegangen,  in  unaufhaltsamen  Laufe 
nach  Rom  geeilt  und  dort,    nachdem    sie    ihren   Lenker    an  der 
porta  Ratumena  vom  Wagen  geworfen,  schliesslich  mit  dem  Krant 
und  der  Siegespalme   vor    der  thönernen  Quadriga    des  Juppitef 
auf  dem  Capitol   still  gestanden    seien.     Nun    pflegt    man   so  zu 
argumentiren :    der  Weg    von  Veji   nach    dem  Capitol  endigt  an 
dem  Thore  beim  Bibulus-Grab;    also    muss    an    dieser  Stelle  die 
porta  Ratumena  gesucht  werden.     Dabei  übersieht  man  nur,  daee 
die  Strasse  von  Veji  nicht   immer,    sondern    erst    seit  Anlegung 
der  Via  Flaminia  und  des  Pons  Milvius,  also  Mitte  des  6.  Jahr- 
hunderts der  Stadt,  diesen  Verlauf  gehabt  hat:  und  ohne  die  Vor 
aussetzung  einer  Brücke  wird  die  ganze  Anekdote  von  den  durcl 


Ϊ  Lanciani  setzt  freilich  (Bl.  15) 'die  A.  M.  nordöstlich  vom  Paj 
theon.  Sein  Fragezeichen  ist  wohl  berechtigt  —  übrigens  würde  d 
Anlage  der  Porticus  dadurch  noch  unmöglicher  werden. 

2  8.  Lanciani  Annali  delV  Instituto  1882  p.  5.  6. 


Zur  Topographie  des  Quirinals.  418 

fangenen  Pferden  absurd^.     Mag   sie    auch    eine   reoht    ep&te 
)elei,  und  Yalerine  Antias  vielleicht  der  erste  Autor  sein,  auf 
I  sie  zurückgeht,  es  heieet  es  doch  dei^nbeeinnliohkeit  der  An- 
isten  des    7.  Jahrhunderte  eehr  viel  zutrauen,    wenn    sie  den 
men  eines  servianischen  Thores  auf  Verhältnisse,  die  hundert 
ir  vor  ihrer  Zeit  noch  gar  nicht  bestanden,  zurückgeführt  haben 
Iten:  wir  dürften   sie  ihnen  nur  zur  Last  legen,   wenn  es  aus 
leren  Indicien  feststände,  dass  die  p.  Ratumena  an  der  Nord- 
tze  des  Capitols  gelegen  habe.     Dass  der  Weg  von  Eom  nach 
letrnrien  Jahrhunderte  lang  über  den  Pons  Sublicius  und  das 
iicalum  gegangen  ist,  daran  ist  auch  in  unserer  sehr  verfälsch- 
Tradition  eine  Erinnerung  noch  lebendig  geblieben.    Demnach 
te  ich  die  Batumena  nicht  für  ein  Stadtthor,    sondern  für  ir- 
id  einen  Eingang  am  kapitolinischen  Temenos:    welche  Mög- 
bheit  Jordan  IIS.  210  sehr   mit  Recht    als  erwägungswerth 
igestellt  hat.     Und    dafür   läset   sich    noch  ein  Argument  an• 
Iren. 

unter  den  servianischen  Thoren  haben  sich  in  der  Nomen- 
itar  der  Kaiserzeit  vor  allem  diejenigen  erhalten,  von  welchen 
e  grossen  Landstrassen  ausgingen,  und  die  dadurch  eine  prak- 
tohe  Bedeutung  hatten,  auch  nachdem  ihre  fortifikatorische  längst 
^nchwunden  war.    So  die  Porta  Capena  (Via  Appia),  Trigemina 
)fltiensis),    CoUina  (Salariaj,  Esquilina  (Labicana):   verschollene 
Atiquitäten  sind  dagegen  die  meisten  Hügelthore,    wie  die  La- 
Brnalis,  Querquetulana,  Caelemontana  —  auch  die  Sanqnalis,  Sa- 
itaris  und  Quirinalis.     Einen  sicheren  Gradmesser  dafür  geben  die 
uohriften  ^.    Die  Porta  Fontinalis  nun  findet  sich  in  drei  Inschriften 
u  der  Kaiserzeit^:  wenn  man  sie  für  das  Thor  an  der  Nord  ecke 
68  Capitols  hält,  aus  der  die  Via  Flaminia  hinausging,  so  ist  die 
erbältnissmässige  Häufigkeit  des  Namens   viel  erklärlicher,    als 
enn  aus  ihr  ein  wenig    bedeutender  Clivus   vom  Quirinal  nach 
nn  Marsfelde  hinabstieg. 


1  Etwas  anderes  ist  es,  wenn  die  306  Fabier  gegen  Yeji  zur  Porta 
irmentalis  bin  ausziehen. 

^  Die  Belege  bei  Gilbert  und  Jordan. 

'  Zu  den  länget  bekannten  Grabschriften  eines  tablarius  α  porta 
yntinaU  (CIL.  VI  9921)  und  eines  . . .  car%9  ab  p.  F.  (C.  VI  9514)  ist 
uerdings  der  merkwürdige  Grabstein  des  C.  ImUus  Helius  sutor  α 
rta  FonUnali  gekommen  (Büü.  comun,  1887  p.  53). 


414  Hfilaett 


yi. 

Aber  noch  über  eine  vorseryianiecbe  Phase  der  Stadtent- 
wickelung  können  wir  mit  Hülfe  der  gewonnenen  Eesultate  mehr 
Licht  verbreiten,  nämlich  die  Stadt  der  vier  Regionen.  Das  f&r 
unsere  Kenntniss  derselben  grundlegende  Denkmal,  die  Proces- 
sionsordnnng  der  Argeer  bei  Yarro  l,  l,  Υ  41  ff.  ist  gerade  für 
die  regio  CoUina  besonders  reichhaltig.  Nach  Jordans  Restitation 
(Top.  II  S.  604)  zählte  das  Ritual  auf: 

Begione  CoUina: 

[coUis  Vimifuüis  princeps 

collis  Viminälis    secundiceps        ] 

collis  Quirinälis  ierticeps      eis  aedem  Quirini 

collis  ScUutaris    quarticeps  adversum  est  ptdvinar  eis  aedem  SäM^ 

collis  Mucialis    quinticeps   apud  aedem  du  Fidi  in  delubro^  «M 

aeditimius  habere  solet 
collis  Latiaris      sexticeps     in  vico  Instetiano  sHmmOj  apud  (mgvrur 

ciüuim^  aedificmm  solum  td. 

Die  Prozession  kommt  vom  Cispius  (wo  das  5.  und  6.  JO- 
crarium  der  regio  Esquilina  liegen)  und  geht  nach  dem  PalatiB 
zu:  dass  die  beiden  ersten  von  Varro  nicht  erwähnten  sacraf^ 
der  regio  CoUina  auf  dem  Viminal  gelegen  haben,  ist  mithin 
BD  gut  wie  sicher.  Für  den  Gang  der  Prozession  wird  ma» 
α  priori  die  grosse  Hauptstrasse,  die  Alta  Semita,  als  massgebend 
annehmen^:  schon  der  häufige  Gebrauch  der  Präposition  cf5*ehe 
man  an  dies  oder  jenes  Gebäude  kommt  ,  weist  darauf  hin,  datf 
der  Gang  hier  wie  im  übrigen  sich  den  grossen  Hauptwegeo  ' 
anflchloss. 

Von  Nordosten  also,  wo  Viminal  und  Quirinal  zusammeo- 
stossen,  beginnt  die  Aufzählung:  das  erste  sacrarium(terticeps^^ 
Region)  befindet  sich  'eis  aedem  Quirini'  —  bevor  man  an  den  ftüi"' 
nustempel  kommt  —  also  etwa  in  der  Gegend  der  Quattro  Fontane• 


^  Der  Versuch  Studemunds,  die  Argeersacrarion  nach  dem  Princip 
des  Templums  in  die  Regionen  zu  disponiren,  besticht  durch  die  scharr 
sinnig»;  Combinatioa  und  die  scheinbar  mathematische  Beweisführung. 
Trotzdem  ist  er  entschieden  verfehlt;  was  0.  Richter  (die  älteste  Wohn- 
stätte des  römischen  Volkes,  Progr.  Berlin  1891)  an  einer  Betrachtung 
der  regio  PaJatina  nachgewiesen  hat,  wird  durch  unsere  Analyse  der 
den  Quirinal  betreffenden  Partie  vollauf  bestÄtigt. 


Zur  Topographie  des  Quirinale.  415 

folgende  ^  gegenüber  dem  pidvinar  (β.  ο.  S.412),  ehe  man  an  die 
es  Scdutis  kommt'  —  zwischen  der  ara  incendn  Neroniani  und 
Via  della  Consulta ;  —  das  dritte  beim  l^^mpel  des  Semo  Saneus, 
S.Silvestro  a  Monte  Gavallo;  anbestimmt  bleibt  nur  das  letzte 
MO  Insteiano  summo.     Aber    die  Bichtung    des  Weges,    nnd 

Factum,  dass  von  der  Lastration  des  Qnirinals  zu  derjenigen 
regio  Palatina  übergegangen  wird,  verweist  mit  Noth wendigkeit 

die  südwestlichste  Spitze  des  Hügels,  welche;  dem  Capitol 
nächsten  kommend,  zum  grossen  Theil  darch  die  Anlage  des 
im  Traiani  abgetragen  worden  ist.  Der  Vicus  Insteianus  oder 
eins  kommt  nur  noch  einmal  vor,  bei  Livias  24,  10,  8,  wo 
r  den  Prodigien  des  Jahres  214  angeführt  wird:  et  in  vico In- 

fontem  stib  terra  tanta  vi  aquarum  fluxisse,  ut  seriös  doliaque 
5  in  eo  loco  enint^  provoluta  velut  impetus  iorrentis  tulerit. 
9  auf  der  Qairinalhöhe  bei  Monte  Magnanapoli  zahlreiche 
Hadern   den  Boden  durchziehen,    ist  bekannt    (s.  o.    S.  411). 

dem  Vorhandensein  eines  auguracidum  können  wir  folgern, 
1  diese  Kuppe  freien  Blick  nach  Südosten   und  Süden    hatte 
»en,  Templum  171  f.;  Jordan,  Top.  I  2,  104). 
Das  Bitual  der  Argeer  eröffnet  uns  einen  Blick  in  eine  weit 

dem  sonst  kenntlichen  physischen  Znstande  des  Quirinale 
ende  Periode,  insofern  es  ihn  uns  in  vier  Einzelhügel  getheilt 
stellt:  den  CoUis  Quirinalis  von  den  Quattro  Fontane  bis  S. 
Irea;  —  Collis  Salutaris  von  dort  bis  Monte  Cavallo;  — 
'is  Mucialis  bis  zur  Salita  di  Magnanapoli ;  —  Collis  Latiaris 
Südkuppe  über  dem  Trajansforum  ^.  Wenn  der  Quirinal  auf 
lernen  Karten  als  einheitlicher  langgestreckter  Hügelzug  er- 
eint,  so  ist  das  erst  die  Folge  vielhundertjähriger  Yerände- 
gen.  ursprünglich  war  er  ohne  Zweifel  gleich  anderen  vul- 
ischen  Campagnahügeln  durch  Einschnitte  und  Senkungen  ge- 
ilt und   eingeschnürt.     Die    blatt-    oder    handförmige  Gestalt 

nnbebauten  Campagnahügel  zeigt  jede  genügend  grosse  Spe- 
karte.    In  der  Senkung  zwischen  Collis  Latiaris- San qualis  führte 

Clivus  vom  Marsfelde  zur  Porta  Sanqualis,   in  der  zwischen 


^  Nur  über  den  Latiaris  hat  fast  allgemeine  üebereinstimmung 
errscht,  während  in  der  Bestimmung  der  übrigen  besonders  durch 
falsche  Ansetzang  des  Salus-Tempels  die  grössten  Meinungsverschie- 
beiten  entstanden  sind.  Richter  (Top.  S.  170)  hat  auf  eine  Lokali- 
ag  der  vier  cdües  überhaupt  verzichtet.  Das  Richtige  hat  zuerst 
iowa  Hermes  XXYI  S.  144. 


416  Hülsen 

C.  Sanqualis-Salntarie  der  zur  Porta  Salatarie  hinauf:  tmeciM^n 
Collie  Salntarie  und  Qairinalie  läest  eich  eine  phyeiecbe  (rref  β 
auch  vermuthnngeweiea  nicht  mehr  angeben. 

VII. 

Und  nnn,  nachdem  wir  bis  in  die  Anfangezeiten  der  ewij^^ 
Stadt  znrückgedmngen  sind,  machen  wir  einen  Schritt  inn  eii) 
Jahrtausend  abwärts  za  einer  ürkande,  die  ich  bisher  absicbtlicti 
möglichst  ans  dem  Spiel  gelassen  habe:  zu  der  constantinisoben 
Regionsbeschreibung.  Zwei  in  neuester  Zeit  über  dies  ebenso 
wichtige  wie  an  Problemen  reiche  Buch  gemachte  üntersncbun- 
gen  wollen  zu  ihm  den  Schlttssel  gefunden  haben :  Lanciani  {ri' 
cerche  sülU  XIV  regioni  di  ÄugustOj  Bull,  comun.  1890  p.llöflT.) 
hat  die  alte  Bunsensche  Ansicht  wieder  aufgenommen,  dass  Noti' 
tia  und  Curiosum  eine  Grenzbeschreibung  der  vierzehn  Hegionen 
darstellen:  die  darin  vorkommenden  Namen  sollen  aber  grossen' 
theils  nicht  Monumente,  sondern  Strassen  bezeichnen,  so  in  reg.  I  • 
aedes  Honoris  et  Virfutis  für  victis  H,  et  F.;  arcus  Drusi  für  fncus 
Drusiantis  u.  s.  w.  stehen.  Elter  hat  sich  (de  forma  ü.  Ä.,  Boaner 
Progr.  1891)  gegen  diese  Hypothese  ausgesprochen.  Nach  seiner 
Ansicht  soll  die  Regionsbeschreibung  ein  möglichst  vollständiges 
Verzeichniss  der  Monumente  geben:  die  Namen  seien  von  einer 
nach  Süden  orientirten  Karte  abgelesen,  und  zwar  so,  dass  jedes- 
mal von  dem  in  der  Uebersebrift  genannten  Bauwerke,  Straseen- 
oder  Platznamen  der  Anfang  gemacht  werde.  —  Für  jede  derartige 
Untersuchung  war  das  Fundament  bisher  sehr  unsicher,  da  eigent- 
lich nur  für  eine  Region,  die  achte  (Forum  Romanum)  ein  genfi• 
gend  grosser  Theil  der  in  der  Notitia  aufgeführten  Namen  örtlich 
zu  fixiren  war.  Versuchen  wir,  nachdem  für  die  sechste  Be* 
gion  die  Namen  fast  vollständig  (zwei  bisher  fehlende  sollen  8<>' 
gleich  besprochen  werden)  ermittelt  sind,  zu  sehen,  was  sich  darani 
für  das  Yerständniss  des  Stadtbuches  gewinnen  läset. 

Die  beiden  Recensionen  desselben    bieten    über  die  secbste 
Region  folgendes: 

Curiosum  Notitia 

REGIO  VI.    ALTA    SEMITA        REGIO  VI.  ALTA  SEMITA 

continet  continet 

1  femplum  Salusti  et  1  templum  Saltäis  et 

2  Serapis  2  Serapis 


Zur  Topographie  des  Qairinals.  417 

\  8  templum  Florae 

ium  antiquum  4  CapUoUum  antiguwn 

r  Cotisiantinianas  0  statuam  Mamuri 

ι  Mamuri  7  templum  Bei  Qumnl 

η  Bei  Quirini  8  mcUum  punicum 

ScUustianos  9  hortos  ScUustianos 

Flabiam  10  gentem  Flaviam 

s  Diocletianas  11  thermas  Diocletianas 
m  III  vigilum  5  et  Constantinianas 

rnas  12  castra  praetaria 

s  albcis  14  X  tabemas 

15  gcUlinas  aJbas 

16  aream  Ccmdidi 

13  cohortem  III  vigilum 
den  dreizehn  Namen,    welche    zu  dem  Quirinal  gehö- 
m  wir  zwölf  heetimmt:  nicht  erörtert  ist  bisher  einzig 
α  Mamuri,     Erinnern  wir  uns  aber^  dass  in  der  Anf- 
ier  Schenkungen  der  Yestina  mehrere  Ornndstücke   in 
\uri  und    zwar    in  unmittelbarer  Nähe    der  Baeilica  (8. 
nannt  werden,  sowie  dass  für  den  westlich  der  Baeilica 
Clivns    der    Name    Clivus  SaHutis    gefunden    ist,    so 
IT   vermuthen,    dass    der    Clivus  Mamuri  eine   östlich 
tale  Querstrasse  zwischen  Vicus  longus   und    Alta  Se- 
esen   ist.     Die   Statua  Mamuri  ^  ein   an  der  Strassen- 

88  die  decern  tahemae  and  die  gaüinae  albae  auf  dem  Yimi- 
len  S.  Agata  in  Subura  und  S.  Lorenzo  in  Panispema  zu 
i,  habe  ich  Rom.  Mittheil.  18d2  S.  307  naoh(^ewie8en.  Die 
!di  mag  ein  Platz  im  Schnittpunkte  der  über  den  Hügelrücken 
il  hinlaufenden  und  der  vom  Vicus  Patricius  (bei  S.  Puden- 
1  dem  Vicus  longus  (bei  S.  Vitale)  gehenden  Strassen  gewe- 
,af  Bufalinis  Plan  ist  dies  Quadrivium  noch  deutlich  orkenn- 
cohors  III  vigilum  scheint  ihre  Station  in  der  Nähe  der 
inalis  gehabt  zu  haben.  Mehr  noch  als  der  Fund  der  In- 
,.  VI  37()1  (Lanciani  bull,  munic,  1873  p.  250),  einer  Dedica• 
inen  Kaiser  seitens  eines  höheren  Offiziers,  beweist  dafür 
ire  aus  Via  del  Macao  (Lanciani  syll.  572) :  TI .  CLA VDI  • 
il  •  )  -  CHO  111  VIG  A|nion  (denn  so  wird  für  das  überlie- 
'IIRVIGA  zu  lesen  sein).  Dagegen  gehört  CIL.  VI  215, 
ler  Kph.  epigr.  IV  p.  357  wegen  der  Charge  des  vexülarim 
^iles  beziehen  wollte,  vielmehr  (was  schon  Kellermann  be- 
t)  den  Prätorianern  an. 

in  acta  S.  Siisannae  (11.  Aug.  p.  003),  welche  berichten:  Caii 
mus  bcati  Oahini   domui  iuncta  eratj   aique  ex  illo   tempore 

ui.  f.  Phüol.  N.  F.  XLIX.  ^ 


418  Hüleeü 

ecke  aufgestelltes  Bild   des   Mars  oder  Hamnriue,   gab  ihr  ^  ^ 
Namen  ^. 

Werfen  wir  nun  einen  Blick  auf  die  beigefügte  Planskii^^^» 
80  wird  erstens  glaube  ich  niemand  zweifeln,  dass  das  Regioi^'- ^' 
buch  keine  Grenzbeschreibung,    Rondern  ein  Yerzeichniss   der      ^^ 
der  sechsten  Region  liegenden  Monumente  geben  will.  Nachde   ^^^ 
von  mir  (Rom.  Mittheil.  1892  S.  307)  der  Nachweis  geführt  i^^^ 
dass  zur  sechsten  Region  auch  der  ganze  Viminal  gehörte,  ist 
unmöglich,  die  sämmtlichen  Namen,    sei  es  direkt,    sei  es 
den  Ausweg,    den  Lanciani   mit  seiner  Strassennamen-Hypothf 
gewählt  hat,  auf  der  Peripherie  der  Region  unterzubringen. 

Zweitens  ist  klar,  dass  diese  Namen  von  einem  Stadtpl 
abgelesen  sind,  und  zwar  von  einem  der  nicht  nach  Norden  orientii 
war.    Dass  der  Name    der  Alta  Semita  in  demselben    horizont 
oder    diagonal  stand  und  der  Beschreiber  demnach  mit   den 
rechten   (südwestlichen)    Ende    der  Strasse    gelegenen  Monumei 
ten  begonnen  hat,  ist  gleichfalls  einleuchtend.     Wie  die  gemeinen- 
same  Vorlage  des  Curiosum  und  der  Notitia  aussah,  mag  folgenSM  t 
Skizze  verdeutlichen  (die  nur  in  der  Notitia  überlieferten  Namef^i 
stehen  in  Klammern). 

Cliristianorum  statio  deputata  est  in  duabus  aedibus  usque  in  hodki  iiuJ•»• 
Factum  est  hoc  Bomae  in  regione  sexta  apud  vieum  Mamurri  anteSai' 
lustii  forum  hat  Urliclis  (Besch.  Home  3,  2  p.  370)  die  Glaubwür' 
digkeit  überhaupt  abgesprochen :  günstiger  urthcilt  über  sie  De  Ross* 
huU.  arcli.  cr/si.l870  p.  OGf.  Jedenfalls  liegt  die  Stelle  des  Hauseedi* 
Π.  Caius  nach  unserer  Ansetzung  halbwegs  zwischen  dem  Vicus  Mit' 
muri  und  dem  *  forum  Sallustii':  was  mit  dem  apud  und  anie  wolil  vet^ 
einbar  sein  dürfte. 

»  Gilbert  möchte  (Top.  3,  370)  die  Inschrift  VI  334  als  auf  detf» 
Quiriiial  gefunden  wegen  der  letzten  Zeile  ANNA  •  SACRVM  mit  dem 
Iloiligthum    des    Mamurius    in    Verbindung   bringen,    da   mit    Mamu- 
rius    die   Anna   Perenna    ebenso    eng   zusammenhänge,    wie    die  Hon 
mit  Quirinus.    Aber   der  Stein    (s.  über  dens.   jetzt  Btül.  comun,  1881 
p.  :»14  u.  Taf.  XIX)    dedicirt  Ισνι  Cael'io  und  Gcnio  Caelimontis  hatte 
seine  antike  Stelle  doch  ohne  Zweifel    auf  dem  Caelius:    in  der  Vigna 
Sadolcto  waren  wie  in  der  nahen  Vigna  Carpi,   Steine    sehr    verschie- 
denen Fundorts  zusammengebracht;  und  der  an  sich  schon  unbestimmte 
Ausdruck  des  L.  Faunus  (1548)    'in  questo  luogo  dicono  che  negli  anm 
(iddietro   si    ritrovasse  una  lapidc*    verliert  jede  Beweiskraft    dadurch, 
dass  er  in  einer  aus  Marlianis   erster   Ausgabe    (1534  f.  122)    herüber- 
genommenen Stelle  steht.     Bei  Marliani  (der  im  CIL,  nicht  citirt  wird), 
aber  ist  die  Beschreibung  des  Reliefs  einfach  eingeleitet  mit   extant  in 
eadnn  viiica  nno  Inpide  sculpta  Irin  deorum  simulacra^   ohne    dass  von 
dem  Fundort  etwas  gesagt  wird. 


Zur  Topographie  des  Quirinals. 


419 


I 

1 

i 

I 


420  HQlBen 

Mit  obiger  Anordnung  soll  nnn  keineswegB  gesagt 
dass  ich  für  den  der  Notitia  und  dem  Cnrioeam  sn  Ghnnde  lii 
genden  Stadtplan  Oetorientimng  annehme^.  Ich  halte  diese  Οή( 
timngsfrage  für  unlösbar,  so  lange  wir  nicht  statt  über  iw^^i 
Regionen  (die  achte  und  eechste)  mindestens  über  die  Hälfte  d^^^^f 
vierzehn  das  Material  in  einiger  Vollständigkeit  fibersehen  konne^ca. 
Ob  dann  die  von  Elter  angenommene  Orientimng  nach  Sfidev^^, 
oder  vielleicht  doch  schon  eine  solche  nach  Osten  ^  sich  als  d^B^i 
wahrscheinlichere  ergeben  wird,  mnss  einstweilen  dahingestel  ^St 
bleiben.  Soviel  aber  sieht  man  bereits  jetzt:  der  Gompilator  d^^r 
Notitia  begann  mit  der  Hanptstrasse,  welche  der  Region  d^it 
Namen  gab  (Alta  Semita),  fuhr  fort  mit  den  Namen,  die  sich  ar^i 
£nde  der  Hanptstrasse  anschlössen  {templuim  SatuHs  et  Serapi^^^ 

^  loh  bin  in  der  Orientirungsfrage  mit  dem  Fortgange  mein^^r 
Untersuchungen  über  die  kapitolinische  Forma  Oirbis  Bomae  sehr  vi  ^ 
skeptischer  geworden,  und  bezweifle,  ob  der  Zeichner  des  Planes  ubex^ 
haupt  eine  bis  auf  45^  genaue  Orientirung  beabsichtigt  oder  errdebt 
hat.  Aus  den  die  porticus  Liviae  darstellenden  Fragmenten  10. 11  Jord• 
hatte  ich  Rom.  Mitth.  1889  S.  79  geschlosseo,  dass  der  severianisei»e 
Stadtplan  Südosten  oben  hatte.  Seitdem  ist  es  mir  möglich  gewesen, 
auch  den  wichtigen  die  Saepta  darstellenden  Complex  genau  zu  prüfen« 
nachdem  die  Steine  aus  der  Wand  herausgenommen  waren.  Dsou^ 
stand  die  Via  Flaminia  entweder  (was  mir  das  bei  weitem  wahrsckeio* 
liebste  ist)  genau  senkrecht,  oder  genau  wagerecht:  das  erstere  würde 
eine  Orientimng  mit  Süden,  das  zweite  mit  Osten  als  Oberseite  iBvol' 
viren.  Hier  kann  nur  eine  geduldige  und  genaue  Prüfung  der  aus  ihrer 
modernen  Finmauerung  befreiten  Marmortafeln  zur  sicheren  Fntschei' 
duiig  führen:  wie  sehr  Beobachtungen  nn  den  Stücken  in  ihrem  jetzi^i^ 
Zustande  irre  führen  können,  habe  ich  selbst  (s.  die  Buü,  comun,  liJ^ 
S.  130  zu  röm.  Mitth.  1892  S.  318f.  gegebene  Berichtigung)  zu  meinen» 
Schaden  erfahren.  So  lange  wir  aber  über  Darstellungswcise  und  ΟπβΠ" 
tirung  des  severianischen  Planes  in  solcher  Unklarheit  sind,  scheint  e• 
mir  vergebene  Mühe,  ähnliche  Fragen  über  die  forma  des  Augustas  oder 
gar  des  Königs  Servius  zu  erörtern. 

2  Dass  man  für  die  Orientirung  eine  der  Haupthimmelsgregenden« 
und  nicht  etwa  Nordwesten  oder  Südosten  gewählt  habe,  ist  α  priof* 
glaublich.  —  Wenn  der  Scholiast  zu  luvenal  X  95  sagt:  iuxta  aggtrt^ 
primus  castra  posuit  Seianus,  id  est  super  Diocletianas,  quae  dicta  sw•* 
castra  praetoria,  so  hatte  er  sicher  nicht  die  Vorstellung  eines  nacJ^ 
Süden  orientirten  Stadtbildes,  eher  vielleicht  eines  mit  Osten  oben^ 
Auf  eine  dominirende  Höhenlage  der  Castra  gegenüber  den  thermae, 
darf  der  Ausdruck  nicht  bezogen  werden,  der  Niveauunterschied  beträgt 
kaum  mehr  als  5  m  (Thermen  er.  52  ra  ü.  M.,  Castra  56—58.  Lanciini 
F.  U.  BI.  10.  11). 


i 


Zur  Topographie  des  Qairinali.  421 

e^ng  weiter  bis  zu  dem  auf  seiner  Karte  am  weitesten  oben  (eiid- 
öetlioh)  stehenden  Kamen  der  castra  praetoria\     Dann  zählte  er 
'W'iederam  von  Süden  anfangend,    die  Monumente   auf  dem  Yimi- 
n&lis  auf  nnd  endigte  mit  der  cohors  III  vigüum^    deren  Station 
e^wa  da  gewesen  sein  mass,   wo  sich  die  Htigelzangen  des  Qui- 
nsal  nnd  Yiminal    von    ihrer  gemeinsamen  Basis  trennen.     Der 
Sohreiber  des  Cariosnm  dagegen  ging,    nachdem    er    bis   zn  den 
jtTiermae  Diocletianae  gekommen  war,    nnter  Auslassung   des  zu 
seiner  Zeit  aufgehobenen  Praetorianerlagers,    sofort  über  zu  der 
den  Thermen  benachbarten  St(äio  coh.  III  fngilum  und  stellte  die 
beiden  letzten  (die  Area  Candidi  Hess  er  aus),   auf   den  Yiminal 
gehörigen  Namen,  Oecem  täbemae  und  Gtülinae  <Mae^  an  den  Schluss. 
Die  Reihenfolge  der  Namen  in  der  sechsten  Region  können 
w^ir  also  mit  genügender  Sicherheit   aus  der  Karte,   von  der  sie 
abgelesen  sind,  erklären :  andererseits  aber  ist  deutlich,  dass  diese 
Reihenfolge  für  Ermittelung  der  Lage  unbekannter  Oertlichkeiten 
nur  mit  äusserster  Yorsicht  zu  verwenden  ist.     Bei   jeder  Able- 
sung von  einem  Plane  sind  Sprünge  unvermeidlich :  und  an  wel* 
oben  Stellen  solche  gemacht  sind,    lässt    der  Context    der  Liste 
nicht  erkennen.    Selbst  wenn  ein  Name  im  Regionenbuche    zwi- 
schen zwei  anderen  bekannter  Lage  steht,  darf  man  nicht  immer 
darauf  schliessen,  dass  er  zwischen  beiden  gelegen  habe:  es  bleibt 
s.  6.  die  Möglichkeit,    dass    er   zwischen  dem  einen  von  beiden 
ond  der  Regionsgrenze  gelegen  habe. 

Für  die  sechste  augusteische  Region  im  Speciellen  bieten 
innere  Ermittelungen  noch  eine  Correctur  zu  Lancianis  allgemein 
(bisher  auch  von  mir)  acceptirter  Grrenzbestimmung.    Lanciani  hat 

^  Den  ich  nicht  mit  Momroeen  für  ein  Glossem,  sondern  für  einen 
*vi  der  Yorlage  herübergenommenen  und  für  die  Zeitbestimmung  wich- 
tigen Artikel  halte.  Meines  Erachtens  ist  die  gemeinsame  Yorlage  dos 
Oorioeum  und  der  Notitia  zasammengestellt  unter  Diocletiaa:  die  uns 
vorliegende  Fassung  der  Notitia  hat  Zusätze,  die  meist  ungeschickt  vom 
Kttide  in  den  Text  gekommen  sind  und  die  topographische  Ordnung 
Igoren,  aus  der  Zeit  des  Constantin  (gemacht  vielleicht  gelegentlich  der 
^iifnshme  in  das  chronologisch-statistische  Corpus,  welches  die  Welt- 
ekronik  von  334  enthält:  MommsenAbh.  d.  sächs.Ges.d.  Wies.  II  GOl). 
I)aa  Curiosum  fügt  die  in  der  ersten  Hälfte  des  4.  Jahrhunderts  neu 
lunzugekommenen  Monumente  in  ihrer  topographischen  Ordnung  ein: 
ei  steht  zu  dem  diokletianischen  Original  etwa  wie  dieses  zn  seinen 
Vorgängern  aus  dem  dritten  und  zweiten  Jahrhundert.  Yersuche,  auch 
diese  —  bis  in  die  trajanische  und  vespasianische  Zeit  —  zu  recon- 
ftruiren  kann  man  wohl  machen ;  freilich  bleiben  es  vorläufig  lusw  ingmii. 


422  ΗΰΐΒθη 

mebrfach   und    mit   grosser  Bestimmtheit    die  These   anfgeitelB'  % 
dass  für  die  augustischen  Eegionen    der  Lauf  der    eervianiecb^'^ii 
Mauer    mit  bestimmend  gewesen  sei.      Dabei   ist   denn  foi  djS^ 
seebete  Region  äusserst  auffallend,  dass  die  horti  SaUustionif  yc^  ^ 
denen  vier  Fünftel  ausserhalb  der  Serviusmauer  gelegen   habei 
der  Rcchsten  und  niebt  der  siebenten  Kegion  zugewiesen  werde3 
Nachdem  aber    oben  gezeigt  worden  ist,    dass   auch    der  Fk 
tempel  extramuran  war,  wird  man  füglich  nicht  mehr  bezweifelten) 
dass  die  sechste  Kegion   sich    bedeutend  über  die  Serviueman^^f 
hinaus  erstreckte.     Als  Grenze  nach  Westen  wird  man  die  antil^^^e 
Strasse  annehmen  dürfen,  welche,  in  der  Kiohtung  der  modem^P'  ο 
Via  S.  Giuseppe  und  Via  di  Porta  Pinciana,  von  der  servianiech«^^  ^ 
Porta  Salutaris  bis  Porta  Pinciana  ging  (auf  Lancianis  Bl.  9  al^s 
Via  Salaria  vetus  bezeichnet). 

Damit  ist  freilich  in  jenes  von  Lanciani  aufgestellte  PrinoS.  J> 
eine  bedeutende  Lücke  gebrochen.  Aber  ich  gestehe,  dass  m'S^ 
die  Richtigkeit  desselben  stets  sehr  zweifelhaft  gewesen  ist.  DS^  ^ 
servianische  Enceinte,  zu  Augustus  Zeiten  eine  fast  versohollecv  * 
Antiquität,  deren  Lauf  an  vielen  Stellen  nur  mit  Mühe  festgestel  1^ 
werden  konnte  \  war  als  Grenze  für  die  moderne  Stadteintheilom  £ 
nur  brauchbar,  wo  sie  für  die  Anlage  der  Strassen  massgebend 
gewesen  war;  was  z.  B.  auf  der  esquilinischen  Wallstrecke  d^' 
Fall  war,  keineswegs  aber  an  den  Hügelrändern  des  Quirinal^ 
und  Aventins^. 

Aber  die  ümfangsziffer  der  Region  von  15700  Fuss,  wird 
man  fragen?  Es  ist  m.  E.  besser,  diese  Ziffern  vorläufig  aa« 
der  topographischen  Untersuchung  gänzlich  zu  eliminiren,  ua^ 
Richters  vorsichtiges  Bekenntniss,  dass  wir  über  ihre  Bedeutung 
nichts  sicheres  wissen,  scheint  mir  weit  fruchtbringender  als  Lan- 
cianis Versuche,  aus  diesen  Ziffern  die  Prinzipien  der  augustci• 
sehen  Regionseintheilung  herauszulesen^.    Ich  würde  es  demnach 

1  Dionys.  IV  13:  τψ  τ€ίχ€ΐ  δυσευρέτψ  μέν  δντι  διά  τάς  π€ριλαμ- 
βανούσας  αυτό  οΙκήσεις,  Ιχνη  bi  τίνα  παραφυλάττοντι  κατά  πολλοίΚ 
τόπους  τής  αρχαίας  παρασκευής. 

2  Für  die  regio  XII  (Piscina  publica)  gibt  Lanciani  {büU.  cotnun' 
1890  p.  VM)  die  Begrenzung  durch  die  Serviusmauer  ausdrücklich  auf• 

^  Wenn  in  einer  Region,  deren  Grenzen  wir  so  gut  kennen  wie 
die  der  zehnten  (Palatiura),  das  Mass  der  Notitia  das  wirkliche  um  mehf 
als  500/o  übertrifft  (11510  Fuss  =  3418  m  statt  2080  m,  Lanciani  ί)Λ 
cow.  1890  p.  123);  wenn  dieselbe  Region  im  umfange  nur  700  Fuss« 
200  m  zurückgeblieben  sein  soll  hinter  der  im  Inhalt  doppelt  so  grossen 
rcffio  II  (Caeiemontium),  so  sind  das  Ungeheuerlichkeiten,  zu  deren  Be- 


Zur  Topographie  des  Quiriuals.  423 

für  gänzlich  vergebene  Mühe  halten,  darüber  zu  diskutiren,  ob 
die  '  Umfangezahl  von  15700  zu  der  von  mir  angenommenen 
örenze  besser  stimmt  oder  zu  derjenigen  Lancianis  undKichters. 
Die  vorstehenden  Bemerkungen,  welche  zeigen  wollen,  wie 
durch  Fortgehen  auf  dem  bewährten  Wege  unserer  grossen  deut- 
eclien  Forscher  unsere  Kenntniss  der  römischen  Topographie  ge- 
fördert werden  kann,  müssen  sich  bescheiden,  Beiträge  zu  einer 
X*cpographie  Roms  zu  geben:  dadurch  mag  auch  die  gewählte 
alytisch-retrospective  Form  gerechtfertigt  werden.  Eine  zu- 
mmenh äugende  Darstellung,  wie  ich  sie  im  Schlussbande  von 
rordans  Topographie  in  nicht  ferner  Zeit  vorlegen  zu  können 
lofe,  wird  die  mancherlei  Lücken  auszufüllen  und,  statt  das  Ge- 
e^ordene  zu  seciren,  das  lebendige  Wachsen  der  Stadt  zu  veran- 
cliaulichen  haben. 

Rom.  Ch.  Hülsen. 


eitigung  man  zu  dem  viclbelicbten  Rccept  greifen  muss  *au8  fünf  und 
eohs  mach  sieben  und  acht  —  und  neun  ist  eins,  und  zehn  ist  keins*! 
i  t&f  den  ersten  Blick  mag  die  Bestimmtheit,  mit  der  Lanciani  a.  a.  0. 
eine  Theorien  über  die  augustische  Regionseintheilung  vortragt,  impo- 
kiren:  bei  näherem  Zusehen  erweist  sich  sein  angeblich  mit  allen  Mit- 
teln der  Statistik  und  Technik  fundirtes  Gebäude,  soweit  nicht  mit  alt- 
bekanntem Material  operirt  wird,  fast  durchweg  als  ganz  unsicher. 

Zusatz  zu  S.  392. 

Dass  der  Torso  vom  Belvedere  im  Alterthum  zum  Schmuck 
der  Constantinsthermen  gedient  habe,  hat  Bruno  Sauer  (Der  Torso 
▼on  Belvedere,  Giessen  1894  S.  2.  81)  vermuthungs weise  ausge- 
sprochen. Er  würde  diese  Ansicht  gewiss  bestimmter  formulirt 
!  haben,  wenn  er  aus  Eaibels  IGI.  1234  hätte  entnehmen  können, 
dass  die  älteste  Abschrift  der  Eünstlerinschrift  auf  keinen  anderen 
zurückgeht  als  Cyriacus  von  Ancona.  Zu  den  Abschriften  des 
cod.  Mamcell.  Α  79,  1  (s.  CIL.  VI  p.  XLIl)  und  des  cod.  Neap. 
XIV  D  8  (s.  de  Rossi  Inscr.  Christ.  II  1  p.  401)  kommt  noch 
^  Zeugniss  des  wichtigen  Yat.  3616  f.  31  (über  die  Hdschr. 
vergleiche  man  einstweilen  de  Rossi  Inscr.  Christ.  II  1  p.  3()6 
nnd  Mommsen,  Rom.  Mittheil.  1890  S.  85 f.  Dass  dieselbe 
Jö  ihrem  zweiten  Theile  ebenso  wie  der  cod.  Stuttgart,  und 
der  lucundus  Gar  die  durch  Zusätze  erweiterte  Sammlung 
der  stadtrömischen  Inschriften  des  (iyriacus  ist,  lässt  sich  zur 
Evidenz  bringen):  in  domo  dominonim  quorundam  de  Columna 
^pra  Sanctum  Äpostolum  svib  quadam  singularissima  figura,  quae 
^itur  Herculis,  War  aber  der  Torso  schon  1432/34  (De  RoHsi 
^Ä.  0.  S.  386)  in  dem  alten  Palaste  der  Colonna  bei  S.  Apostoli, 
80  ist  er  ohne  Zweifel  nicht  von  weit  hergebracht,  sondern  an  Ort 
iind  Stelle,  d.  h.  im  Bereiche  der  Thermen,  gefunden.  Auch  dass  ^ 
der  fleraklesname,  den  Sauer  zuerst  bei  Aldrovandi  (1550)  nach- 
ireisen  kann,  mehr  als  ein  Jahrhundert  älter  ist,  verdient  be- 
merkt zu  werden. 


424 


Baresch 


Die  griechischen  Trostbeschlfiese• 


im  Kranze: 

6  οήμος  ό 

Έφ€σ(ων 


im  Kranze: 
ό  οήμος  ό 
Μαγνητών 


Ausgemeis- 
selterEranz 


ό  οήμος  ό  Σαρδιανών  εΐκό- 
VI  έπιχρύσω  καΐ  όνοριάντι 
ό  οήμος  ό  Καισαρέαιν 
ό  οήμος  ό  Λαοικέων 

6  ό  οήμος  ό  *  Αφροοεισιέων 
Νυσαέων  ψήφισμα  παραμυ- 

θητικόν 
6  δήμος  6  *Αντιοχέιυν 
Νυσαίιυν  τής  γερουσί- 

10  ας  ψήφισμα  παραμυθητικόν 
ό  οήμος  ό  Διοσιερειτών 
ό  δήμος  ό  Ίεραπολειτών 
ό  δήμος  ό  Άνινησίων 
ό  δήμος  ό  Άλαβανδίιυνί?) 

15  ό  δήμος  6  Όρθιυσιίιυν  (?) 
ό  δήμος  ό  *Αρπασηνών(?) 
ό  δήμος  ό  Βαργασηνών 
ό  δήμος  ό  Νεαπολειτών 
ό  δήμος  6  Μυσομακεδόνιυν 

ao  ό  δήμος  ό  Κιλβιανών  των  dvu) 


6  δήμος  ό  Κιλ- 

βιανών τών 

κάτω 

AuBgem 

6  δήμος  ό 

selterKi 

ΤριπολειτΟ&ν 

ό  δήμος 

ό  Νεοκαισα- 

ι 

ρέων 

1 

6  δήμος  ό 

ι 

Ύπαιπη- 

Aueged 

νών 

eelterBi 

Aaegeai 
selterKi 


Die  vorstehende  Inschrift,  welche  ich  i.  J.  1888  im  Gebiete  der 
karischen  Stadt  Antiocheia  a.  M.  auffand  and  neulich  in  den  Mitth. 
d.  k.  Deutschen  arch.  Instituts  zu  Athen  XIX  S.  101  ff.  herausgegeben 
^  und  mit  ausführlichem  epigraphischen,  sowie  geographisoh-hieto- 
rischen  Kommentar  versehen  habe,  ist  das  Bmohsttick  einer  Ur- 
kunde, welche  ich  mit  dem  Namen  '  Sammel-Urkunde    beseichDen 


Die  grieobischen  Troetbeschlusse.  425 

^tuöchte.     Sie  stammt,  wie  ich  a.  0.  naobgewiesen  babe,  aus  der 
^Bten  Hälfte  des  1.  Jbs.  n.  Gb. 

£8  bandelt  sieb  in  derselben  offenbar    um   eine  bedeutende 
Person,  welcber   nacb    ibrem  Tode    eine    lange  Reibe   lydiscber, 
^ariscber  und  pbrygiscber  Städte  durcb  Yolksbescblüsse  allerlei 
Bhren   zuerkannte.     Wir   wollen    zunächst   durcb   Yergleicbung 
einer  glücklicber  Weise   etwas  weniger  verstümmelten  Inschrift 
<ler  grossen  Nachbarstadt  Antiocheia^s  Alabanda   unser  Bruch- 
stück in  seinen  allgemeinen  Umrissen   ergänzen    und    es  an  den 
Platz  setzen,  auf  welchen  es  im  grossen  Stein-Archiv  des  Alter- 
tboms  gehört. 

Die  erwähnte  Inschrift  von  Alabanda  ist  im  BCH.  X  S.311 
mitgetheilt  und  sieht  folgendermassen  aus: 

ϋαγαγόντα  πάντα  καλώς  καΐ  δικαίως 

ό  δήμος  δ)ωκεν  ένταφήν  άρ€της  ίνεκεν 

και  εύνοιας  τής  εΙς  εαυτόν. 

δήμος  ό  Μιλησίων  έπαίνψ  κα\  πολιτείςι 

δήμος  ό  Ίασέων  έπαίνψ  και  πολιτείςι  καΐ  β 

έστεφάνωσεν  χρυσφ  στεφάνψ 

δήμος  ό  Παριανών  προΠενίςι  καΐ  πολιτείςι  usw. 

δήμος  ό  Βαργυλιητών  έπαίνψ  usw.  ιο 

δήμος  ό  Ήρακλεωτών  έπαίνψ  καΐ  εΐκόνι  χαλκη  usw. 

δήμος  ό  Κωίων  προξενίςι  usw. 

δήμος  ό  Ύλλαριμέων  έπαίνψ  usw. 

δήμος  ό  Μ.  θησων(Μαραθησίων?)  έπαίνψ  usw.  η 

Innerhalb  der  Zeilen  18 — 21,  von  denen  zwei  ganz  zerstört 
I  za  sein  scheinen,  waren  2 — 3  Städte  aufgeführt.  Eine  Grruppe 
for  sich  bilden  dann  die  Zz.  22 — 29,  in  welchen  als  Ehren  regel- 
mässig Bronze-  oder  vergoldete  Büste  nebst  goldenem  Kranze 
t  erscheinen  und  die  Person  in  ihrer  Eigenschaft  als  έπιμνήμων 
geehrt  wird;  wie  die  Herausgeber  bemerkt  haben,  scheinen  hier 
4  Namen  gewisser  Körperschaften  (συγγένειαι)^  von  Alabanda 
zerstört  zu  sein.  Z.  30  ist  wieder  ein  Name  zerstört,  der  in 
Verbindung  mit  gewöhnlicher  Ehrerweisung  steht;  zum  Schluss 
(Z.  32—39)  tritt  viermal  nach  einander  der  Rath  (βουλή),  natür- 


^  üeber  diese  συγγένειαι  s.  den  Commentar  zu  einer  andern,  der 
oben  behandelten  ganz  äbnlicben  Sammel-Urkunde  von  Alabanda»  BCH. 
S.  306  f.  n.  4,  wo  die  Auszeichnungen  einer  um  den  grossen  karischen 
(Jemeiiideii-Bimd  der  Χρυσαορ€ΐς  verdienten  Person  aufgeführt  werden. 


426  Buresoh 

lieh  von  Alabanda  auf,  welcher  den  Yerstorbenen  for  Fülirong 
verscbiedener  Aemter  durch  Belobigung,  Büsten  und  goldenen 
Kranz  ebrt. 

Diese,  auch  durch  mehrere  interessante  Einzelheiten^  aue- 
gezeichnete Inschrift  wird  schon  durch  die  Erscheinung  des  in 
den  so  reichlich  auftretenden  Dativen  auf  -uit,  -ai,  *ηΐ  stetig  ge- 
setzten iota  adscriptnm  noch  dem  2.  Jahrhundert  v.  Ch.  zuge- 
wiesen und  wird  an  200  Jahre  älter  sein  als  unser  Bruchstück 
von  Antiocheia^;    dass    sie  ein  genaues  Seitensttick  zu  ihmMst, 


*  Das  Wort  ένταφή  Ζ.  2,  recht  eigentlich  *  Begräbniss,  Beisetzung' 
bedeutend»  scheint  bisher  nur  im  westlichen  Klein-Asien  nachweisbar 
zu  sein:  zunächst  im  dorischen  Knidos  Le  Bas-W.  1572b  =  AncGreek 
inscr.  Brit.  Mus.  IV  1  n.  DCCLXXXVH  καΐ  έπεί  κα  μεταλλάΕη  τόν  βίον, 
ταφςΐ  (d.  i.  κηδε{(3ί)  δαμοσίφ  καΐ  ένταφ^  κατά  πόλιν  (d.  i.  Beisetzung), 
dann  im  äolischen  Kyme  CIG.  3524  Z.  10  μ€τά  τ€  τάν  ίΐ  άνθρώιπυν 
μετάστασιν  καΐ  τάν  ένταφάν  καΐ  θέσιν  τοΟ  σώματος  έν  τφ  γυμνα(ίίψ> 
im  äolischen  Assos  in  einer  dem  2.  oder  3.  Jh.  n.  Gh.  entstammenden 
Grabschrift  eines  Römers  Papers  Amer.  school  I  S.  80  μετά  τήν  ίμΨ 
ένταφήν,  endlich  in  einer  wohl  dem  Anfang  des  3.  Jh.  n.  Gh.  angeho• 
rigen  Grabschrift  von  Tralles  Papers  I  S.  117  n.  XVII  (=  Ath.  Mitit• 
VIII  S.33f)  n.  17)  gEouoiv  bk  Ινταφήν  (näml.  έν  τφ  μνημείψ)  -  neben 
den  vulgären  Namen  Τρυφέριν  und  ΕΙκόνιν  (so  zu  betonen !).  —  Z.  22  st^bt 
εΙκ[όνι  έ]πιχρύσηι:  επίχρυσος  ist,  soweit  ich  sehe,  sonst  nur  als  Adjek- 
tiv zweier  Endungen  bekannt.  —  Endlich  ist  das  Z.  23ff.  4  mal  er 
wähnte  Amt  eines  έπιμνήμιυν  (vgl.  μνήμων,  Ιερομνήμων  und  die  Anm- 
der  Hrsg.)  unbekannt. 

2  Die  Hrsg.  bemerken  nichts  über  das  Alter  der  Urkunde,  welche 
nach  S.  311  sehr  sohlecht  eingehauen  sein  soll.  Ueber  das  ludiciuin 
des  Iota  adscr.  vgl.  Blass,  Aussprache'*  S.  48,  besonders  aber  unten 
S.  43bf..  Unser  Bruchstück  von  Autiocheia  hat  sogleich  Z.  2  cIkoJvi 
έπιχρύσω. 

ö  Nur  in  einem  Punkt  unterscheidet   sich    das  Verzeichniss  voß 
Alabanda  wesentlich  vou  dem  antiochenischen :    während  in  jenem  ^ 
jeder  Stadt  die  von  ihr  dekretirten  Ehren    genau    aufgeführt    werden? 
sind   in    dieser    die    meisten  Städte    ohne  weitere  Angabe  eingetragfi^• 
Was  also  haben  diese  dekretirt?    Ich  glaube,  durch  die  Kränze,  welcbe 
die  Inschrift  rechts  und  links  einrahmen,  soll  angedeutet  werden,  da» 
die  einfach  nur  aufgeführten  Städte    nur    mit    der   gewöhnlichen  Aus- 
zeichnung durch  den  goldenen  Kranz  vertreten  sind.    Das  Streben  nacn 
Raumersparniss  äussert  sich  in  diesem  Verzeichniss  ja  offen  darin,  das« 
in  den  Zz.  10. 19.  20  von  Col.  1  gegen  Ende  die  Buchstaben  bedeutend  vor 
kleinert  und  zusammengedrängt  sind,    um    nicht    eine    neue  Reihe  an- 
brechen zu  brauchen.    —    Schwieriger  ist  die  sachliche  Erklärung  von 
Col.  1  Z.5— 10.    Warum  steht  Z.  6  wider  die  Regel  Νυσαέιιιν,  und  nicli 


Die  grieobisohon  Trostbeechlüsse.  427 

bt  nar  bemerkt  zu  werden.  Was  am  letzteren  auf  jeden 
feblt,  dürfen  wir  aus  den  ersten  Zeilen  dee  verglicbenen 
letücks,  welcbe  offenbar  zu  der  Weibeinsobrift  eines  dem 
π  von  seiner  Vaterstadt  gestifteten  Monumentes  geboren, 
Weiteres  scbliessen :  die  mebr  oder  weniger  ausgesponnene 
einscbrift  des  Monunlents,  von  welcbem  die  unsere  Inscbrift 
ode  Marmorplatte  stammt.  Es  ist  sebr  wobl  möglieb,  dase 
esem  Monument  aucb  noob  die  Dekrete  der  sämmtlicben  in 
em  Verzeiobniss  aufgefiibrten  Städte  angebracbt  waren:  in 
veit  das  wabrscbeinlicb  ist,  wird  man  aus  den  folgenden 
ibrungen  abnebmen  können,  welcbe  sieb  mit  der  in  Z.  6 
10  unserer  Inscbrift  zum  ersteumale  genannten  Art  von  De- 
3,  dem  ψήφισμα  παραμυθητικόν  bescbäftigen. 
Dieser  neue  Name  'Trostdekret*  beziebt  sieb  auf  eine  zwar 
neue,  aber  bisber  unbeachtet  gebliebene,  aucb  vom  Epi- 
liker  nur  im  Yorübergeben  notirte  Sacbe,    welcbe  indessen, 


I  δήμος  ό  Ν.?  Denn  ό  δ.  ό  Ν.  ψ.  π.  fand  ja  in  den  sowieso  ein- 
mten  zwei  Zeilen  Platz.  Warum  Z.  9  f.  Νυσαέαιν  τής  γερουσίας 
und  nicbt  etwa  ή  Ν.  γερουσία  ψ.  π.?  Und  warum  endlicb  ist 
80  sonderbar  Antiocbia  zwiecben  Demos  und  Gerueia  von  Nysa 
cboben?  Das  sind  Fragen,  deren  Beantwortung  eine  Bedingung 
IS  volle  Yerständniss  der  Urkunde  ist.  In  Apbrodisias  war,  wie 
iben  werden,  das  ψήφισμα  παραμυθητικόν  ausserordentlicb  beliebt : 
chten  wir  docb  gewiss  gerade  diese  Stadt  bier  mit  einem  solchen 
ten  seben  und  vermutben,  sie  sei  mit  Nysa  zusammengefasst  und 
b  Z.  β  das  ό  δήμος  gespart  worden.  Wir  wundern  uns  sodann 
Z.  8 :  wir  sind  ja  in  Antiocbia  —  und  finden  dasselbe  bier  mitten 
den  fremden  Städten  anfgefübrt,  und  nocb  dazu  ebne  die  geringste 
ichnung?  Wenn  der  geebrte  Todte  Antiocbier  war,  so  waren 
1  von  seiner  Vaterstadt  docb  zweifellos  bedeutende  Ebren  dekre- 
Qd  diese,  wie  oben  nacbgewiesen,  in  dem  verlorenen  Tbeile  der 
ide  aufgezäblt:  warum  also  die  Stadt  bier  nocb  einmal  auffübren 
α  so  sonderbarer  Stelle?  An  ein  anderes,  z.  B.  das  pbrygisobe 
chia,  wird  man  docb  sieber  nicbt  denken  dürfen,  scbon  weil  die 
Qg  des  Namens  zwiscben  Apbrodisias  und  Nysa  offenbar  auf  A. 
eander  deutet  (s.  über  die  Anordnung  der  Städte  in  unserem  Ver- 
iss  meine  Bemerkungen  Atb.  Mitth.  a.  0.  S.  106  f.).  leb  gestebe, 
nir  der  Zweck  der  vom  sonstigen  Stil  der  Urkunde  abweicbenden 
Qg  der  Z.  5— 10  rätbselbaft  ist.  Immerhin  balte  icb  die  Annahme, 
apbrodisias  und  Nysa,  Antiocbia  und  die  Gerusia  von  Nysa  (über 
1.  Atb.  Mittb.  a.  0.  S.  129)  wegen  der  Gemeinsamkeit  des  ψηφι- 
αραμυθητικόν  gepaart  seien,  nicbt  für  ganz  ausgeschlossen. 


428  Buresoh 

näher  geprüft  und  ins  richtige  Licht  gerückt,  unser  vollee  Inte 
esse  in  Anspruch  zu  nehmen  geeignet  ist.  Das  Wort  παραμ 
θητικός  (λόγος),  lateinisch  cansolatio,  bezeichnet  eine  bedeutsai 
Gattung  der  antiken  Litteratnr,  deren  Greschichte  zu  schreib 
ich  mich  einst  bemüht  habe:  ein  lustiger  Zufall  hat  es  gewol 
dass  die  erste  neue  griechische  Inschrift,  welche  ich  als  ang 
hender  Epigraphiker  mit  Andacht  von  einem  antiken  Stein  abli 
mir  von  einer  neuen  Art  griechischer  Dekrete,  dem  ψήφΚί| 
παραμυθητικόν  berichtete.  Ein  wahrhaft  erstaunlicher  Zufi 
aber  war  es,  dass  die  eine  Inschrift,  welche  ich  am  Tage  vorh 
in  Aphrodisias,  bekanntlich  einem  der  inschriftreiohsten  Or 
der  alten  Welt,  in  furchtbarer  Mittagsglut  an  der  NW.-Mauer  d 
gut  erhaltenen  Stadion  ganz  von  ungefähr  abgesciuieben,  e 
regelrechtes  ψήφισμα  παραμυθητικόν  darstellte.  Innerhalb  1 
Stunden  zwei  so  merkwürdige,  zu  einander  gehörige  Funde,  d 
ist  mir  ein  glückliches  Vorzeichen  für  meine  epigraphischen  Β 
strebungen  gewesen;  damals  nahm  ich  mir  vor,  die  Geschieh 
auch  des  ψήφισμα  παραμυθητικόν  zu  schreiben  —  wenn  es  eii 
hätte,  —  und  heute  lege  ich  dieselbe  als  eine  bescheidene  ef 
graphische  Studie  vor. 

Ich  beginne  mit  jener  von  mir  in  Aphrodisias  abgeschr 
benen  Inschrift,  welche  Boeckh  CIG.  2776  nach  einer  ganz  α 
brauchbaren  Abschrift  vergeblich  herzustellen  suchte,  Waddingt' 
aber  nach  eigener  Kopie  ohne  genauere  Anmerkungen  heraueg 
geben  hat:  Le  Bas.-W.  1633.  Meine  Abschrift  ist  etwas  genaue 
und  meine  Ergänzungen  weichen  Öfters  von  denen  W.'s  ab. 

Das  Dekret  steht  auf  einem  1,34  breiten,  0,56  hohen, 
zwei  Kolumnen  getheilten  Stein  blocke;  die  linke  Kolumne  entbü 
die  im  wohlbekannten  exakten  Stile  abgefasste  Inschrift  des  F 
miliengrabs  eines  Aristoklee  (im  CIG.  weit  versprengt  als  283 
bei  Le  Bas-W.  1633a),  aus  welcher  wir  u.  a.  erfahren,  dase 
demseben  bisher  nur  der  gleichnamige  Sohn  des  Eigenthüm( 
beigeRBtzt  war;  die  rechte  enthält  das  rechts  leider  stark  ν 
stümmelte  Dekret,  durch  welches  die  Stadt  ihren  oben  genannt 
angesehenen  Bürger  über  den  vorzeitigen  Tod  seines  Sohnes 
trösten  unternommen  hat,  etwa  folgendermassen : 


^  Von  einer  epigraphisch    genauen  Mittheilung  meiner  Absei 
sehe  ich  hier  ab. 


Die  griechisohen  TrostbeschlÜBee.  429 

\j^€\  'Αριστοκλής  'Αριστοκλέους  του  Ζήνιυνος  του  θ€αιτήτου  υ\ός 
ane  einer  um  die  Stadt  vielfach  verdienten  Familie  stammt 

Kol  αυτός] 
ήθ€ΐ  καΐ  σ€μνότητι  βίου  on€[p€V€VKdjv  πάντων  πρόωρος 
Τ6τ€λ€ύτηκ€ν,  προσήκει  b[k  τους  συνγενεϊς  τών  τετε- 
λευτηκότων  παραμυθεϊσθαι  [λελυπημένους  έκ  τής  τών 
φίλτάτων  αποβολής'  bia  ταυτ[α  5ε5όχθαι  τετειμήσ- 
m  θαι  μέν  καΐ  μετηλλακχότα  τα[ΐς  καλλίσταις  τειμαΐς  *Apioto- 
κλ6χ*Αριστοκλέους  τοΟ  Ζήνιυ[νος  του  Θεαίτητου  υ\όν,  παραμυ- 
θήσασθαι  b^  τόν  πατέρα  αύτ[ου  'Αριστοκλέα  iiA  ταΐς 

τής  τύχης  συμφοραις  ταΐς  τε 

Γονεύς  Μητρ(Λώρου  του  Γο[νίως  ό  έπΙ  τής  χώρας  στρατηγός  ^ 
Μ  Ίοόλιος  Πυρρού  τραμμ[ατεύς  οήμου. 

Zar  BeetimmuDg  des  Altere  der  beiden  gleichzeitig  neben 
eixiander  eingehanenen  Inschriften  haben  wir  keinen  andern  An- 
limlt  als  den  palaeographisohen  Charakter  der  Schrift;  immerhin 
dürfen  wir  aus  den  dreimal  vorkommenden  Ligataren  —  Ν  mit 
L  My  Ν  mit  H|  Μ  mit  Ν  —  and  der,  übrigens  ziemlich  indifferen- 
l  teil  Form  der  Baohstaben  schliessen,  dass  sie  wohl  nicht  nach 
I  der  Mitte  des  2.  Jhds.  n.  Gh.,  sicher  aber  nicht  nach  dem  £nde 
■   deaselben  eingehaaen  sind'. 

I  Wichtig  sind  die  oben  angegebenen  äasseren  Umstände  an- 

I    fterer  Inschrift:    es  liegt  hier  der  direkte  Beweis  vor,    dass  man 

I    *ieb  nicht    daraaf    beschränkte,    derlei  Ehrendekrete    auf  Stelen 

I   eingehaaen  an  bedeatenden  Orten  aafzastellen  (dies  wird  des  uf- 

I   tern  in    den  Dekreten  verordnet),    sondern    dass    man    sie    dem 

I   Todten  aach  aafs  Grab  setzte.     Wir    haben    demnach    für  nnser 

I   Intchrift- Brach  stück    aas  dem   mit  Aphrodisias    durch  zahlreiche 

^   Betiebangen  verknüpften  benachbarten  Antiochia  die  gleiche  Her- 

hnft  vom  Grabmal  des  geehrten  Todten  vorauszusetzen. 

Das  oben  mitgetheilte  ψήφισμα  παραμυθητικόν  ist  auf- 
Ulend  kurz  and  bündig  gefasst:  der  Geehrte  war  früh  verstorben 
und  hatte  sich  noch  keine  persönliche  eigentliche  Yerdienste  er- 
worben, durch  deren  Aufzählung  diese  Dekrete  so  gewaltig  an- 
aschwellen pflegen.     £in    völlig    ausgebildetes   Musterstück   der 


*  Diese  Ergänzung  scheint    mir    das   Präskript   von  Le   Das.-W. 
4  (s.  u.)  zu  empfehlen;  Wa  d.  ergänzt  zweifelnd  στεφανηφόρος. 
2  Bekanntlich  ist  das  Vorkommen    von  Namen  wie  Ti.  Κλαύδιος 
Μ.  Ιούλιος  (sie  finden  sich  auf  unserem  Steine)  in  Inschriften  kei- 
egs  ein  sicheres  Indicium  der  frühen  Kaiserzeit. 


430  Buresch 

Art,  ebenfalle  aus  Aphrodieias,  ist  ans  in  der  Ineohrift  LeBai-W. 
1604  trefflich  erhalten.     Es  eieht  aus  wie  folgt: 

I)  Praeskript  Z.  1— 3 :  "EboHcv  τη  βουλή  καΐ  τώ  bήμu), 
γνώμη  αρχόντων  κοί  ...  Ύψικλίους  . .  .  γραμματέως  δήμου 
καΐ  ΜενίτπΓου  . . .  τοΟ  ίτΛ  τής  χώρας  στρατηγού 

II)  Dekret  Ζ.  3— 15.  1)  Begründender  Vordersatz  Ζ.  3-11 : 
έπεί  (a]  sachlicher  Theil)  Τίτος  'Αντώνιος  .  .  .  von*  voraeliineT 
Herkunft,  liebenswürdigem  Charakter,  bedentenden  YerdieneteQ 
um  die  Stadt  ....  τα  νυν  μετήλλακχεν,  (b]  sentimentaler  An- 
hangssatz)  ό  bk  δήμος  ημών  έπΙ  τώ  γεγονότι  άχθ€<Τθ€ΐς  ίπη• 
νέχθη  τειμήσαι  τόν  δνορα  καΐ  μετηλλακχότα  ταϊς  άΕίαις  Τ6ΐμα% 
καΐ  στεφανώσαι  αυτόν  τώ  τής  αρετής  στεςπϊνω,  παραμυβή- 
σασθαι  bk  καΐ  Tochter  und  Mutter:  2)  Nachsatz,  das  eigentlielie 
Dekret  enthaltend  Z.  12—15:  οεδόχθαι  ...  τετειμήσθοι  ... 
έστεφανώσθαι  bi  καΐ  . .  .  .,  παρηγορήσθαι  bk  καΐ  Tochter 
und  Mutter  ευθαρσώς  τό  συνβεβηκός  ύπό  τοΟ  δαίμο- 
νος ένενκεΐν. 

Betrachtet  man  das  nach  althergebrachten  Mustern  gefügt« 
Gebäude  der  Urkunde,  so  erkennt  man  sofort  den  Geist  einer 
*  neuen  Zeit',  welcher  den  alten  Formen  so  unhellenische  wie  den 
zwischen  offiziellen  Vordereatz  und  Nachsatz  des  Dekrets  einge- 
schobenen Zusatz  und  die  Schlussworte  mit  der  höchst  trivialen 
Ermahnung  hinzugefügt  hat.  Aber  das  eben  sind  Bestandtheilei 
die  wir  als  Haupteigenthümlichkeiten  der  Trostdekrete  kennen 
lernen  werden. 

Was  das  Alter  der  von  mir  im  Original  leider  nicht  ge- 
sehenen Urkunde  angeht,  so  könnte  man  sie  nach  den  vorliegen- 
den Publikationen  etwa  für  gleichalterig  mit  1633  ansprechen:  j 
der  Charakter  der  Buchstaben  scheint  in  beiden  Inschriften  der  j 
gleiche  zu  sein,  in  beiden  wird  das  beizuschreibende  Jota  stetif  ! 
vernachlässigt,  auch  die  Schreibung  μετηλλακχότα  ist  beiden  ge*  | 
meinsam.  Wenn  ausserdem  schon  die  Waddington'sche  Abschrift 
von  1683  nicht  ganz  genau  ist  —  die  oben  angeführten  Lig*' 
turen  sind  in  ihr  ganz  unberücksichtigt  geblieben,  —  so  ist  der 
aus  verschiedenen  Abschriften  zusammengesetzten  n.  1604  in  Bezn? 
auf  epigraphische  Genauigkeit  noch  weniger  zu  trauen  und  ohne 
Weiteres  zuzugeben,  dass  auf  dem  Steine  Ligaturen  vorhanJei^ 
sein  können,  obgleich  die  Abschriften  sie  nicht  verzeichnen.  Je" 
doch  werden  wir  kaum  irren,  wenn  wir  1604  nach  ihrem  ganzen 
Charakter  noch  dem  1.  Jhd.  n.  Ch.  zuschreiben,  dem  möglicher 
weise  auch  1633  angehört. 


Die  griechisctien  Trostbescblüeee.  431 

1  Aphrodisias,  einer  der  blühendeten  Städte  des  vorderen 
Lsien,  ist  in  diesen  Zeiten  die  patriotische  Beth&tignng  ehr- 
r  reicher  Bürger  ungemein  im  Schwanken  gewesen,  und 
los  hat  die  Stadt  das  Ableben  jedes  solchen  Mannes  durch 
[ρισμα  παραμυθητικόν  oder  ein  diesem  ähnliches  Ehren- 
ausgezeichnet. So  sind  denn  auch  unter  den  von  Kubit- 
md  Eeichel  ganz  neuerdings  während  IBtägigen  Aufent- 
1  den  Ruinen  von  Aphrodisias  abgeschriebenen  120  neuen 
ften  zwei  Stücke,  die  in  unsere  Kategorie  von  Dekreten 
Das  eine  ist  eine  Basen- Aufschrift,  a.  0.  S.  10  n.  7: 
/usw.,  γνώμη  usw.'  έπεί  Πραξιτέλης  . . .  ν€αν{ας  αγαθός 
βίον  αίοήμονα  ...  τα  νυν  ύπό  τοΟ  δαίμονος  ύπεί- 
11,  καθήκ€ΐ  bk  τοις  οοτιυς  ίήσασιν  καΐ  μετηλλαχόσιν  τάς 

κοσμύυ  αναστροφή  μαρτυρίας  καΐ  τειμάς  dnobibovat, 
οι  .  . .  τ€τ€ΐμήσθαι  . . .  ΤΤραΗιτέλην  . . . .,  έε είναι  hl 
ϊς  προσήκουσιν  αύτου  άναθεΐναι  Ικόνα  έν  δπλιυ,  έφ' 

έπιγραφήναι  τάς  οΙκείας  τειμάς. 

[ier  ist  zwar  vom  Trösten  nicht  ausdrücklich  die  Eede, 
ndet  man  in  der  Sprache  des  Dekrets  unverkennbar  das, 
1  als  das  sentimentale  Element  bezeichne  und  in  der  Folge 

nachweisen  werde;  auch  wird  auf  die  Hinterbliebenen  in 
eristischer  Weise  Rücksicht  genommen, 
^as  Alter    einer   nur    in  Minuskelschrift    vorliegenden  In- 
zu  bestimmen,    ist  bei  Mangel  bedeutender  innerer  Anzei- 
lisslich;    indessen  erlauben  die  ausschliesslich  griechischen 

sowie  die  Stufe  der  Entwicklung  des  Ehrendekrets  zum 
ikret  —  trotz  der  mangelhaften  Rechtschreibung,  welche 
icht  aus  dem  privaten  Charakter  der  Inschrift  er- 
—  uns  doch  wohl  dieselbe  noch  dem  späten  1.  Jhd.  v.  Ch. 
isen. 
>ie  zweite  neue  Inschrift  (a.  0.  S.  11  n.  8)  steht  auf  einer 

breiten,  1,20  m  hohen,  von  einem  üppigen  Fruchtrahmen 

Seiten  abgeschlossenen,  zwei  einander  zugewendete  Relief- 

die  eines  reifen  bärtigen  Mannes  und  einer  verschleierten 
e,  tragenden  Platte  und  ist  ausserhalb  der  erwähnten  Re- 


S.  den  Reisebericht  der  Genannten  im  Anzeiger  d.  philos.-hist. 
.  k.  Ak.  d.  Wiss.  in  Wien  vom  IfJ.  Nov.  189S,  S.Off.  des  Sep.- 
ks.  Die  Inschriften  sind  nur  in  Minuskeln  und  ohne  andi?re  als 
af  das  Aeusscro  der  sie  tragenden  Steine  bezügliche  Anmer• 
mitgethcilt. 


432  Bnresch 

liefe  und  zwischen  ihnen  vertheilt.  Sie  besang:  Ή  βουλή  καΐ  t 
5ήμος  έτείμησαν  και  μετηλλακχότα  ....  ΚοΑλιμήοην,  de 
sich  80  und  so  verdient  gemacht  hat,  Ιφ*  οΤς  ή  βουλή  καΐ  « 
οήμος  έπεβόησαν  τειμηθήναι  αυτόν  καΐ  μετηλλακχότα  (zw: 
sehen  den  Eeliefs :)  Μάρκον  Αυρήλιον  Διόδωρον  Καλλιμή&ην . « 
den  ausgezeichneten  Mann  und  Bürger  .  .  .,  τόν  δντιυς  φιλ< 
(Το φαν.  —  Der  Text  zu  der  Frauenbüste  sagt  einfach,  dast  Rat 
und  Volk  die  Frau  des  Vorgenannten  wegen  ihres  brayen  Lebea; 
wandeis  geehrt  haben. 

Den  vorliegenden  Fall,  welcher  sich  nach  dem  Namen  de 
Geehrten  frühestens  am  Ende  des  2.  Jhd.  n.  Ch.  ereignet  baf; 
haben  wir  uns  folgend ermassen  zurecht  zu  legen.  Der  um  seine 
Vaterstadt  hoch  verdiente,  vornehme  und  reiche  Aphrodieier 
Kallimedes  starb  und  ward  durch  ein  officielles  Dekret  geehrt, 
welches  höchst  wahrscheinlich  auf  Worte  wie  παραμυθή<Τα0θ(η 
bk  καΐ  Τατίαν  Διογένους  θυγατέρα  τήν  γυναίκα  αύτου  και  τους 
oder  τόν  δεϊνα  τα  τέκνα  oder  τό  τέκνον  αύτοΟ  γενναίως  φίρ€ΐν 
τό  συνβεβηκός  ausging,  also  ein  Trostdekret.  Um  aber  die  Gattin 
des  Verstorbenen  —  sicher  die  Hauptperson  unter  den  Hinter 
bliebenen  —  im  frischen  Schmerze  nachdrücklicher  zu  trotten, 
zeichnete  die  Stadt  sie  durch  ein  Ehrendekret  ans  —  freilieli 
recht  naiv,  eigentlich  nur  als  'Frau  ihres  Mannes*.  Die  Wittw« 
errichtete  dem  verstorbenen  Gatten  ein  stattliches  G-rabmal,  von 
welchem  die  oben  beschriebene  gewaltige  Platte  stammt  Znr 
Veranschaulichung  der  von  ihr  gerühmten  φιλανορία  setzte  sie 
dem  Bilde  des  Todten  das  ihre  gegenüber,  und  kommentirte  beide 
Bilder  mit  einem  Auszuge  aus  den  oben  kurz  vorgeführten  Ehren- 
dekreten.  Ihr  Geschmack  wich  hier  von  dem  gewöhnlichen  ύ^'• 
wenn  andere  dem  Todten  das  ihn  ehrende  Dekret  im  WortUot 
aufs  Grab  setzten,  so  hob  sie  aus  demselben  nur  das  Wesent- 
liche, d.  h.  die  Thatsache  der  Auszeichnung,  die  Charakteristik 
der  Person  des  Todten  und  seiner  einzelnen  Verdienste  heran« 
und  machte  daraus  eine  pompöse,  wenn  auch  nichts  weniger  ft^ 
stilgerechte  Grabschrift;  interpolirt  zu  haben  scheint  sie  das  gnn< 
am  Ende  sonderbar  angehängte  τόν  δντιυς  φιλόοοφον,  welcbe» 
an  der  entsprechenden  Stelle  des  Vordersatzes  fehlt.  Die  in  deffl* 
selben  Dekret  für  sie  selbst  angeordnete  offizielle  Tröstung  lieö 
sie  weg  und  setzte  an  deren  Stelle  die  ihr  durch  ein  eigenes  De 
kret  zu  Theil  gewordene  schmeichelhafte  Anerkennung,  welci 
dem  weiblichen  Herzen  gewiss  viel  wohler  gethan  hat  als  & 
banalen  tröstenden  Ermahnungen  der  Väter  der  Stadt• 


Die  griechiaohen  Trostbesohlüeee.  433 

Man  hat  das  Trosidekret  gelegentlich  als  eine  Speoialität 
λ  Aphrodieiae  bezeichnet;  wir  werden  dieses  TJrtheil  zunächst 
bin  erweitern,  dass  wir  jene  Art  von  Dekreten  sehr  beliebt  in 
ffien  nennen.  Zwei  weitere  Beispiele  derselben  hat  vor  drei  Jah- 
ü  eine,  leider  sowohl  ihrer  genauen  Lage  als  ihrem  Namen  nach 
bekannte  Nachbarstadt  von  Aphrodisias^  geliefert:  sie  sind 
ßh  der  Schablone  dieser  letzteren  Stadt  gefertigt  Die  beiden 
ichriften  sind  recht  trümmerhait  und  die  Kopien,  nach  welchen 
BCH.  XIY  (1890)  S.  6Ö4  ff.  mitgetheilt  sind,  schwerlich  ganz 
ilerlos;  doch  sind  beide  Stücke  in  ihrer  Art  merkwürdig.    Das 

te  lautet:  Έδοίεν  . . .,  γνώμη *  έπ€\  Διονύσιος  • .  •  2Ιήσας 

ηρ]έτιυς  κα\  κοσμ(ως  μετήλλαχ[€ν  τόν  βίον,  τ]ής  bi  βουλής 
...  τεθλι?]μμένου  καΐ  του  δήμου  έπεβόησαν  usw.,  ποφα- 
θήσασθαι  seine  Söhne  und  seinen  Vater :  δεδόχθαι  τ.  β.  κ.  τ.  b. 
Γειμήσθαι  usw.  καΐ  έστεφανιΰσθαι  χρυσώ  στεφάνιυ,  ποφαμε- 
ιθήσθαι  &έ  die  beiden  Söhne  und  den  Vater  φέρειν  γενναίως 
ν  περί  τόν  βΙον  είμαρμένην. 

Im  zweiten  Dekret,  in  dessen  verstümmeltem  Praeskript 
Beer  dem  Stadtschreiber  auch  die  aus  Aphrodisias  (wie  aus  Ala- 
nda)  bekannten  στρατηγοί  έπΙ  τής  χώρας  aufgeführt  werden, 
ieet  es,  nachdem  des  Todten  vornehme  Abkunft  und  persön- 
ihe  Verdienste  erwähnt  worden,  . .  κεχολ(υ?-]μένου  του  δαίμο- 
ς  μεθέσταται  τώ[ν  ?]  έπι[γεία)ν,  προσ?]ήκει  b[i  bia  τής?]  δη- 
κιίας  παρηγοριάς  ά[νακ]ου[φίσα(Τθαι?]  τους  πενιαθέντας  (?? 
;θ€σθέντας  ?)  γονείς  [αύτου]  . . .  συμφίλιυν  (?),  εΙς  τό  έπικου- 
Ζεσθαι  αυτούς  bid  τής  δημοσίας  παρηγορ(ας  τής  λύπης  -  be- 
»χθαι  τή  βουλή  καΐ  τύ)  δήμω  (das  üebrige  fehlt). 

Heide  Inschriften  sind  nach  äusseren  wie  inneren  Anzeichen 

'  Iota  adscriptum  ist  überall  vernachlässigt,  Ligaturen  scheinen 

irzukommen,  der  Stil  ist  floskelhaft  —  wohl  erst  dem  2.  Jhd. 

Ch.  zuzuschreiben,    doch   ist  bei   dem  Mangel  genauerer  An- 


1  Man  könnte  an  PJorcwa  denken,  welche  Stadt  in  früheren  Zeiten 
t  Aphrodieias  zu  einer  πόλις,  bez.  einem  οήμος  vereinigt  war  (vgl. 
düi  zu  CIG.  2737,  Waddington  zu  Le  Bas  594).  Der  Ort  scheint 
mählich  von  dem  wahrscheinlich  günstiger  gelegenen  Aphrodisias  in 
:  bekannten  Weise  aufgesogen  worden  zu  sein,  dass  er  zu  einer  κώμη 
!ser  Stadt  hinabsank;  in  der  That  ist  in  einer  der  Inschriften  dieser 
!Ie  inconnue*,  a.  0.  S.  608  B,  Z.  2,  von  einer  κώμη  die  Rede,  freilich 
anbekanntem  Zusammenhange.  —  Aus  den  leider  sehr  abgerissenen 
M)graphiBohen  Notizen  der  Finder  ist  nur  soviel  abzunehmen,  dass 
'  Ort  in  dem  Bergland  W.  oder  SW.  von  Aphrodisias  liegt. 

KhBUL  Mut.  t  PliUol.  N.  F.  XUX.  28 


434  Bareioh 

gaben  ttber  den  Charakter   der  Schrift  nichte   baetiinmi  i« 
hanpten. 

Aber  wir  brauchen  Karien  nicht  zn  yerlaesen,  ohne  einis^« 
weitere  und  nicht  unwichtige  Aofschllieee  über  Weeen  nnd  Alta^r 
der  Species  des  Trostbeschlneeee   mit  anf  den  ferneren  W^  ^m 
bekommen.    Das  dorieche  Eni  dos    liefert   uns    iwei  swar  telir 
beschädigte,   aber  trotzdem  noch  lehrreiche  ExemplarCi  vor  knr«- 
zem  dnrch  die  Publikation  in  den  ÄficietU  Greek  4η9βΤψΗοιΐ8   w 
the  British  Museum  (IV  1  [1893]   Knidoe,    HaUkamaeeos  uni 
Branohidai,  von  G.  Hireohfeld  musterhaft  bearbeitet|  n.  DCCXCT 
und  DCCXCIl)  einigermassen  zugänglich  geworden.     Das  enle 
Bruchstück  führt  uns  folgenden,  schon  von  Hirschfbld  erkanntes 
Fall  vor.   Eine  Knidierin  aus  angesehener  Familie  starb  in  iigo' 
einer  fremden  Stadt   und   wurde   von   dieser  feierlich   bestattet 
Doch  damit  begnügte  man  sich  nicht;    man   schickte    noch  ose 
Gesandtschaft  nach  Enidos,   um    dort  das   die  Auszeichnung  te 
Todten  betrefPende  Dekret  abzugeben,  femer  aber  den  Gatten  vi 
die  Kinder  (oder  auch  die  Eltern)   der  Verstorbenen    zu  trSitei 
und  zum  würdigen  Tragen  des  menschlichen  Leids  zu  ermahioi 

Die  elende  Verstümmelung  des  Dekrets,  aus  welchem  nv 
einige  charakteristische  Stichworte  wie  [ό  bk  6ήμος]  ημών  £icct- 
χθ[εσθε\ς  χαλεπώς  ήνενκε  τήν  συν]φοράν  καΐ  έπιβεβόη[καν 
πάντες  η.  dgl.  zu  retten  sindS   ist  sehr  zu  bedauern:    wäre  α 


1  Immerhin  läset  sich,  besondere  unter  Vergleichung  der  ontci 
zu  behandelnden  neuen  Urkunde  von  Rpidanros,  ein  etwas  vollständi" 
gercs  Bild  von  dem  Verlorenen  entwerfen  als  Hirschfeld  hat  gebe• 
MoUon :  [*ΈδοΗ€ν  usw.  ineX  ή  δείνα,  θυγάτηρ]  Ζ.  1  Άθαν[αγόρα  .  . . .) 
2  καΐ  γέν€ΐ  κ[αΙ . . .  παρ'  ήμΐν  τΕτελεύτηκεν,  ό  bi  οήμος]  3  ήματν  έιο• 
χ[θ€σθ€ΐς  τα»  γεγονότι  χαλεπώς  ήν€νκεν  τήν  συν-]  4  φοράν  καΐ  έπιβι- 
βόηίκαν  πάντες  έπαινεθήναι  ...  καΐ  κη-]  δ  οευθήναι  αυτήν  ο[ημοσ{<;ι  Tfjv 
δείνα,  θυγατέρα]  6  Άθαναγόρα  Κνίδίαν  [γυναίκα  άγαθήν,  αίρ€θήναι  Η 
καΐ  πρέσ-]  7  βεις,  οϊτινες  άφΐκ[όμενοι  εΙς  Κνίδον  παραδώσου-]  8  σιν  τόδ€ 

τό  ψήφ[ισμα καΐ  μαρτυρ•]   9  ήσουσιν  τή  Κνιδ[(υιν  πόλει  . . .,  βπ  δ 

δή-]    10  μας  ημών  συ[νκέχυται  καΐ  σφοδράν  αΙσθάνεται  τήν]    11  λύνην 

έπΙ  τή  τ[ελευτή  τής  δείνα ]    12  κος   συν[ ,   παραμυθήσονται  δέ 

καΐ  τόν]  13  τε  ονδ[ρο  αυτής  τόν  δείνα  κοί  ...  φέρειν]  14  άνθριυ[ι(- 
νως  τό  συμβεβηκός  δυστύχημα.]  15  πρέσ[βεις  ήρθησαν  οί  δείνες  ... 
Ilirschfeld  bemerkt,  dass  seine  Ergänzungen  (welche  hier  verwendet 
Bind)  einer  von  ihm  in  Aphrodisias  abgeschriebenen,  noch  nnedirtf• 
Insciirift  unserer  Art  entnommen  sind.  Ich  möchte  besuglioh  der  Er! 
gänzungen  von  Z.  14  auf  den  in  Trostschriften  gern  dtirten  menandri• 


Die  grieoliiaohen  Trostbeechloeee.  435 

giuiz,  80  wtMen  wir  ausser  andern  nns  interessirenden  Einzel- 
lieiten  jedenfalls  aach  den  Namen  der  Stadt  erfahren,  welcher  es 
«atstammt.  Hirschfeld  räth  ans  naheliegenden  Gründen  anf  Aphro- 
Jinas,  doch  kann  man  ehen  so  wohl  an  Nysa  (welches  nnser 
Brnchstfiok  τοη  Antiooheia  mit  zwei  Trostdekreten  anfiPührt),  an 
die  oben  erwähnte  unbekannte  Nachbarstadt  von  Aphrodisias  oder 
eioe  andere  Stadt  Kariens  denken:  denn  dass  im  1.  Jhd.  n.  Ch. 
Dekrete  wie  das  obige  von  Knidos  zum  mindesten  in  Earien  eine 
lindlänfige,  mit  dem  bestimmten  Namen  ψήφισμα  παραμυθητικόν 
belej^  Sache  war,  lernen  wir  aus  unserer  Inschrift  von  Antio- 
ehia^.  üebrigens  werden  wir  weiter  unten  eine  der  eben  be- 
ipiochenen  in  Bezug  auf  die  äusseren  Umstände  sehr  ähnliche, 
auch  zeitlich   nahe    stehende  Urkunde    in    einer    andern  Gegend 


Noch  wichtiger  und  glücklicher  Weise  auch  besser  erhalten 
ist  die  zweite,  wirklich  knidische  Urkunde,  von  welcher  ich  die 
ientellbaren    Reihen    nach   Newton    und    Hirschfeld    ausschrei- 
ben will: 
CEboiev  usw.*   έπεί  ή  beivo,  γυνή  oder  θυγάτηρ  oder  αδελφή) 

του  κατακτησαμένου  [ήμΐν  έλευ- 

θερίαν  κα\  άνισφορίαν  θεο[πόμπου 

τοΟ  'Αρτεμιδώρου  τέθνακε[ν,  ό  δέ 

δδμος  έν  ού  μετρία  συνχύ[σει  γε- 
6  νόμενος  b\a  τάν  ύπάρχουσ[αν  περ\ 

αύτάν  άρετάν  τε  κα\  bo£a[v  μετά 

πάσας  προθυμίας  συνελ[θών  ε- 

Ις  τό  θέατρον,  άνίκα  έ£εκ[ομίσθη, 

τό  τε  σώμα  κατέχων  αύ[τδς, 
10 . .  έπεκελεύσατο  θάπ[τειν  αύτάν  παν- 

οαμε]1  καΐ  έπεβόασε  τ[άν  άρε 

τάν?  α]ύτας,  δπιυς  τ[ών  aiiwv  τιμών 

τυχοι]  καΐ  μετά  τ[άν  τελευτάν 


Έβ  handelt  sich  hier  um  eine  nahe  Anverwandte  des  einst 
locbbertihmten    Enidiers   Theopompos,    des   mächtigen    Freundes 


clien  Sprucbvers  'Ανθρωπίνως  χρή  τάς  τύχας  φέρ€ΐν,  Εένε  sowie  die 
IITorte  φέρειν  τό  συμβ€βηκός  ανθρωπίνως  des  unten  zu  behandelnden 
skedaimonischen  Trostdekrets  verweisen. 

^  Das  ist  sicher,   mag  '  man   über   die  sachliche   Erklärung   der 
5,  5 — 10  in  Col.  1  denken  wie  man  will:  s.  oben  S.  42G  Anm.  3. 


4Μ  Bliretoh 


GaeMur*•,  des  bei  eeinen  Lebieiten  fiuit  yeigdttertm  Wo 
•einer  Yatentadt,  über  deesen  Familie  G.  Hinehfeld  I] 
8.  286  ff.  und  a.  0.  an  n.  DCX^LXXXYII  und  DCCCI  | 
bat.  Die  Ineebiift,  in  welcber  wir  trota  ibrer  Uayolkü 
den  Tjpne  de•  φήςησμα  παραμυθητικόν  erkennen,  gel 
etwa  dem  frttben  1.  Jbd.  n.  Gb.  an  und  iet  wabn 
nnaerem  Bmobatttek  von  Antioobia  etwa  gleiohalierig• 
gut  von  dem  ersten  Dekret,  deesen  Sebriftobarakter  na 
ton*•^  Tafel  so  genau  zu  dem  des  zweiten  etimmt,  daaa  1 
inbaltliob  so  aucb  seitlicb  als  sueammengebörig  betrad 
den  dürfen*.  Daas  endlicb  die  Harmorplatten,  auf  welol 
eingebauen  aind,  auob  gani  gleiober  Herkunft  tind,  erwi 
ton'•  (a.  0.  8.  517)  genauer  Fundberiobt,  naeb  weloben 
Wandyerkleidung  von  Grabdenkm&lem  gedient  beben, 
ja  freilieb  die  Pereon  dea  ersten,  fremden  Dekret•  in  de 
bestattet  worden,  doeb  bindert  nicbte  die  Aneebauung,  < 
jenem  Dekret  im  Familiengrab  in  der  Heimatb  eine  S 
gerftamt  babe. 

Wir  beben  die  Speoies  der  ψή<ρισμα  παραμυθητικό 
in  verbUtnisem&srig  frttber  Zeit  festgestellt;  ee  bleibt  d 
in  welcbe  Zeit  ibr  erstes  Auftreten  falle,  mit  andern 
wann  wurde  ans  dem  eine  verstorbene  Person  betreffend« 
dekret  das  entsebieden  sentimentale  Trostdekret?  £inen 
denen  Ansatz  zur  Ausbildung  des  letzteren  finde  leb 
Dekret  von  Synnada  in  Phrygien,  das  zwar  am  An 
am  Ende  verstümmelt,  aber  docb  im  Weeentlicben  ziei 
halten  ist:  BGH.  XI  8.219 f.  Der  Gegenstand  desselbc 
Ehrung  eines  jüngst  verstorbenen,  sowohl  durch  berül 
verdiente  Ahnen  als  durch  eigene  Tüchtigkeit  ausgez 
Bürgere.  Die  beiden  ersten  Reihen  der  Inschrift  enthi 
Schluss  einer  Aufzählung  theilweise  sehr  hoher  Ehren, 
Ziehung  unsicher  bleiben  muss';    darauf  geht  es  Z.  3f 


^  Diseoveries  at  HdUeamassus  usw.  PI.  XCIII  n.  4β, 
η.  47;  β.  auch  Text  S.  517. 

*  Im  ersten  Bruchstück  sind  zwei  Dative  Sing,  erhall 
ohne  Jota:  Z.  9.  11  τή.  Im  zweiten  steht  Z.  5  μετρία  ohne 
dem  Z.  2  dvtoq)op{av  und  θεοπόμπου  st.  θευπόμπου,  was  π 
auffallender  finden  muss,  als  die  fremde  nichtdorische  Stadt 
Dekret  die  dorische  Form  Άθαναγόρα  wahrt  I  —  Diese  or 
sehen  Erscheinungen  passen  durchans  zu  der  oben  angenomn 

*  Die  Worte  lauten:  οημο]σ{αις  [καΐ  ταΐς  λ]οιιτα1ς  τιμαΐς 


Die  griechiedhen  Trostbeeohltisee.  437 

....  είσανγειλάνπυν  τών  στρατηγΐϋ[ν  &ο]εεν  [τφ  δήμψ  * 
i^^x]  Φιλυιγίδης  naw.,  der  sieb  in  jeder  Beziehung  des  Rnbmes 
leiner  Ahnen  würdig  gezeigt  hat,  (Z.  10)  έμεσολαβήθη  έναν- 
τιωΟ€[ίσηι]  τή[ι]  τυχ[ηι  (έ£  ού  σ]υνέβη  τους  γονείς  αύτοΟ  κα\ 
τους  πολίτα[ς]  |  ΛΙΑΣΤ  —  fehlen  etwa  8  Buchstaben  —  ΜΑΣ 
καθ'  ύπερβολήν  λυττηθήναι)  κα\  καθηκει  τόν  δήμον  κατ*  δ£ια 
τιμδν  τους  προς  άρετήν  τρεπομένους,  besondere  aber  in  diesem 
Falle,  wo  die  Stadt  sowohl  der  Verdienste  der  Vorfahren  des 
Verstorbenen  als  dessen  persönlicher  Tüchtigkeit  und  Liebens- 
würdigkeit eingedenk  sein  mass  (. . .  φιλανθρωπίαν  *)  άπονέμειν 
(ώτώι  τάς  έπιβαλλουσας  τιμάς,  nämlich  goldenen  Eranz^  gemal- 
tes Bildniss  und  Büste,  die  im  Gymnasium  anzubringen,  bez.  auf- 
snstellen  sind,  endlich  Marmor-Statue. 

Hier  bricht  die  Inschrift  leider  ab;  doch  hat  sie  nach  der 
Bestimmung  über  den  Ort  der  Statue  schwerlich  noch  etwas 
ttderes  als  die  bekannte  Verordnung  betreffe  Ausstellung  des 
vorliegenden  Dekrets  auf  marmorner  Stele  enthalten. 


Mon  μ[αρμορ(]νωι  κ[αΙ  είναι  α]οτόν  καΐ  σύνναον  καΐ  ούνβωμον  τιίιι  δή- 
μ[ιοι  τών  Συνναοέων.]  ΕΙσανγειλάνηυν  usw.  Die  letzte,  etwas  gewagte 
Ergänzung  ist  von  Ramsay,  welcher  die  Inschrift  schon  1887  BCH.  VII 
S<300f.  nach  eigener,  aber  unvollständigerer  und  wohl  auch  nicht  ganz 
genauer  Abschrift  veröffentlicht  hatte,  die  vom  zweiten  Hrsg.,  Condo- 
h>n,  nicht  berücksichtigt  worden  ist.  Des  Letzteren  nach  Abdruck 
veridirte  Abschrift  scheint  zuverlässiger  zu  sein:  nach  ihr  ist  an  der 
genannten  Stelle  höchstens  für  10  Buchstaben  Platz  und  dann  müsste 
Βοανγ€ΐλάντ(ΐιν  ohne  irgend  einen  Zwischenraum  folgen.  Ramsay  hat 
die  oben  ausgeschriebenen  Worte  für  den  Rest  eines  auf  eine  andere 
Perion  bezüglichen,  also  vom  Philonides-Dekret  unabhängigen  Ehren- 
dekrets erklärt  Zuzugeben  ist,  dass  mit  είσανγειλάνταιν  allerdings  ein 
Skript  beginnt.  Aber  doch  ein  erstaunlich  verkrüppeltes;  und  ist 
^  nicht  recht  unwahrscheinlich,  dass  zwei  ganz  verschiedene  Personen 
^betreffende  Dekrete  ohne  jeden  äusseren  Absatz  auf  einem  Stein 
vereinigt  sein  sollen?  Die  in  jenen  ersten  Zeilen  des  Steins  aufge- 
^^ariea  Ehren  sind  in  der  That  solche,  welche  nur  Wohlthätem  ersten 
langes  zukommen;  aber  sind  nicht  auch  die  dem  Philonides  zuerkann- 
ten Ehren  ganz  übermässig,  insofern  sie  (wie  auch  R.  bemerkt)  auch 
Dicht  annähernd  im  Verhältniss  zu  dessen  greifbaren  Verdiensten  stehen  ? 
Aach  wird  in  beiden  Dekreten  am  Ende  eine  marmorne  Statue  ver- 
liehen; und  das  ist  vielleicht  kein  Zufall.  Kurz,  ich  gebe  zwar  zu,  dass 
nns  zwei  Dekrete  vorliegen;  aber  ich  glaube,  dass  dieselben  inhaltlich 
10  eng  zusammengehören  wie  sie  räumlich  verbunden  sind,  d.  h.  dass 
tie  iioh  beide  auf  Philonides  beziehen;  daraus  erkläre  ich  auch  das 
rerkfimmerte  Präskript  des  zweiten. 


438  Boreeoh 

Wenn  wir  es  somit  hier  mit  einem  eigentlieliai  Trostdekr 
nicht  SU  than  haben,  so  gibt  nne  doch  die  ganie  individuell 
bis  zur  TJnerträglichkeit  geschwätzige  Redeweise^  im  Besondei 
aber  die  sentimentale  Phraseologie  von  Z.  10  ff.  ein  dentlioIi( 
Zeichen,  dass  die  Zeit  dieses  Dekrets  die  Geburt  des  Troetdekre 
gebracht  oder  sicher  doch  unmittelbar  vorbereitet  hat. 

Aus  welcher  Zeit  stammt  aber  das  Dekret?  Bamsay  nenj 
es  a.  0.  S.  801  wahrscheinlich  dem  2.  Jhd.  y.  Ch.  angehörij 
Diesem  Ansatz  glaube  ich  nach  genauerer  Prüfung  der  Ortho 
graphie  der  Inschrift  widersprechen  zu  müssen.  Von  wenige: 
bezeichnenden  Erscheinungen  mögen  immerhin  (Τύνβιιΐμον,  eiiTOtv 
γειλάνπυν  έτήγχανεν  und  άνχίνοια  Ζ.  2.  3  f.  5.  9  angemerkt 
werden.  Wichtiger  ist  das  Schwanken  in  der  Behandlung  dei 
Iota  adscriptum;  sicher  ist  Z.  2.  24  μαρμαρίνιυι  5  ήλικίαι  βτιϋι 
ß(uit  9.  20  ainuji  22  χρικτώι  und  gar  γραπτήι  23  τιΐιι  —  gegei 
Ζ.  7  (TuvuiK€iou  8.  9  όρ€τή  κα\  σακρροσύνη  und  €ύ(Τχημοσΰντ| 
(Dative). 

Diese  schwankende  Schreibweise  stimmt  zu  der  gewiesei 
späthellenistischer  Urkunden  von  Mylasa,  wie  Le  Bae*W.  394 
wo  wir  neben  βουλήι  Ζ.  2  Ζ.  6  τή  βουλή  und  gleich  darauf  τώ 
δήμιυι  finden,  neben  diesem  letzteren,  das  ausserdem  noch  2ina 
(Z.  12.  15)  auftritt,  auch  (Z.  11)  έκάστιυ,  welchem  wieder  eii 
ibiai  unmittelbar  zur  Seite  steht,  ferner  Z.  17  κατωκονομή(Τατ( 
gegenüber  einem  προενόιησεν  Ζ.  22  (womit  έβοΐήθησεν  398  Ζ.  1ί 
und  anderes  derartige  bei  Blase,  Aneepr.  ^  S.  52  zu  vergieichei 
ist),  endlich  auch  συνκατασκευάΖειν  Ζ.  12  gegen  €ΐσ€ν€γκάμ€ν(Η 
Ζ.  22;  ähnlich  schreibt  auch  398  τώι  οήμιυι,  γυμνικώι  u.  δ. 
Jöiai  (Ζ.  13),  doch  schon  αγαθή  τύχη  Ζ.  22. 

Freilich  ist  nun  die  Zeit  dieser  u.  a.  Urkunden  von  Mylfte< 
nicht  genau  zu  ermitteln  —  wie  auch  Swoboda,  Griech.  Volks• 
beschl.  S.  184  nach  seinen  Bemühungen  zugibt  —  indessen,  wem 
dieser  Gelehrte  dieselben  dem  1.  Jhd.,  und  nicht  dem  2.  Μ 
V.  Chr.  zuweisen  möchte,  so  berechtigt  uns  wohl  die  folgeodt 
Beobachtung  dazu,  ihm  beizupflichten.  Wenn  wir  nämlich  eifl' 
ebenfalls  in  Asia,  ja  sogar  ebenfalls  in  Karien  geschriebene  U^ 
künde,  welche  sicher  der  ersten  Hälfte  des  2.  Jhd.  v.  Ch.  ange 
hört,  genau  auf  ihre  Schreibweise  hin  prüfen,  so  finden  mv  i^ 
Bezug  auf  Korrektheit  und  Stetigkeit  einen  so  bedeutenden  üntei 
schied,  dass  wir  ceteris  paribus  einen  bedeutenden  zeitliche 
Abstand  derselben  von  den  oben  gemusterten  Urkunden  ant 
nehmen  gezwungen  sind.     Ich  meine  das  weiter  unten  in  andere 


Die  griechisohen  Troeibeeobliieee.  439 

ittsammenbange  zn  betrachtende  grosse  Dekret  von  Alabanda 
)CH.  X  S.  299  ff.,  welches  der  Hrsg.  nach  historischen  Andeu- 
tungen zwischen  192  und  189  verfasst  sein  lässt  (S.  305).  Das 
nfallig  reichlich  vorkommende  Iota  adscr.  erscheint  hier  nicht 
nur  in  den  Endungen  -ιυι  und  -at,  sondern  auch  in  -ηι  mit  völ- 
liger Korrektheit  und  Stetigkeit  gesetzt  und  auch  im  Inlaut  ist 
es  in  όπέ(Τΐυΐ(Τ€ν  (Ζ.  11)  vertreten;  dazu  kommen  noch  επαγγε- 
λίας άναγκαίαν  συγκλήτιυι,  συμφερόντιυς  und  έμπαντί  (Ζ.  6. 18. 
28.  22.  31.  36);  die  Aspiration  in  καθ*  Ιοίαν  und  ύφιδόμενος 
Ζ.  9.  20  sowie  ούθένα  Ζ.  20  sind  gut  hellenistisch  und  indiffe- 
rent (vgL  Blase  a.  0.  S.  91) ;  μετηλλακχότας  Ζ.  89  (eine  bekannt- 
lich auch  später  vorkommende  Schreibung,  vgl.  Blase  a.  0.  S.  101) 
aber  hat  in  dem  (Τυνοιαπεφύλακχεν  einer  Urkunde  von  Mylasa 
BCH.  V  S.  102  Z.  10,  wie  ich  meine,  einen  Zeitgenossen. 

Diese  Erwägungen  lassen  mich  das  Dekret  von  Synnada, 
welches  Bamsay  mit  Becht  wegen  seiner  Vereinzelung  einen  wich- 
tigen, wenn  auch  zugleich  sehr  wenig  vortheilhaften  Best  des 
Hellenismus  in  Phrygien  genannt  hat,  etwa  für  ein  Jahrhundert 
jftnger  als  die  Urkunde  von  Alabanda,  d.  h.  für  ein  Erzeugniss 
frühen  1.  Jhds.  v.  Ch.  ansprechen^.    Man  wird  aus  den  fer- 


^  Ich  habe  oben  Z.  10  έμεσολαβήθη  ένανηωθείση  τή  τύχη  nach 
«geaer  Ergänzung  geschrieben,  .während  R.  i.  εναντιωθείς  τή  τύχη, 
Cond.  aber  sicher  falsch  L  έναντ{ψ  θεφ  Tfl  τύχη  ergänzt.  Gegfen  R.*e 
Ergänzung  habe  ich  aasser  der  Beobachtung,  dass  hinter  ΕΝΑΝΤΙΟΘΕ 
Um  Zeilenende)  hach  Ck)nd.'8  Abschrift  eher  4  Buchstaben  als  nur  2 
verstört  zu  sein  scheinen,  eine  philologische  Einwendung.  έναντιοΟσθαι 
^t '  Widerstand  leisten,  sich  (feindlich)  entgegenstellen,  widersprechen', 
Ton  derlei  Verhalten  des  verstorbenen  Biedermanns  dem  Schicksal  ge- 
genüber aber  kann  hier  nicht  wohl  die  Rede  sein,  da  derselbe  vielmehr 
Ton  einem  feindlichen  Geschick  *ans  seinem  Wirkungskreise 
gerissen*  worden  ist.  Das  echt  hellenistische  Yerbum  μεσολαβ€ΐν,  ei- 
Sientlioh  genau  dem  lat.  intercipere  entsprechend  und  von^Polybios  in 
^  speciellen  Bedeutung  des  im  Reden  Unterbrechens  gebraucht,  ist 
^  Lieblingswort  des  Diodor,  welcher  es  öfters  in  derjin  unserer  In- 
Bcbrifl  vorliegenden  Bedeutung  gebraucht:  XI 2,  2  Δαρείος  μέλλων  ήδη 
^loßaiveiv  usw.  έμεσολαβήθη*τ€λευτήσας»  XVI  1  μεσολαβηθείς  ύπό  τής 
ιτ€ΐτρ(υμένης  u.  δ.;  auch  das  Citat  bei  Said.  u.  d.  W.  μεσολαβηθείς: 
τόν  bi  υΐόν  Ιπεισεν,  εΐ  τύχοι  μεσολαβηθείς  αυτός  ύπό  τής  πεπρωμένης* 
ttw.  (τουτέστιν  έν  τφ  μεταΗύ  συσχεθείς)  ist  vielleicht  aus  ihm'entnom- 
oen.  So  weist  also  vielleicht  auch  der  Gebrauch  des  Worts  μεσολα- 
Ui  unsere  Inschrift  eher  in  das  erste  als  das,  zweite  Jhd.  v.  Gh.  —  Das 
r&skript  sagt  femer  είσανγειλάντων  τ.  σ.,   d.  h.    είσηγησαμένων: 


440  Bnreeoh 

neren  Darlegungeo  über  die  Eniwickluogegeeohiolite  dee  Troet- 
dekrets  abnelunen,  dase  ancli  aus  innern  Gründen  ein  früherer 
Ansatz  nicht  statthaft  ist. 


Wir  verlassen  hiermit  Elein-Asien,   um   nach  knrser  Bei^ 
schon  im  klassischen  Lande  der  Trostbeschlüsse  zu  landen:   d&i 
ist  die  Insel  Arno rgos.    Schon  seit  langer  Zeit,  besonders  aber 
seit    1891    liegt   ans  eine  Beihe   trefflich    erhaltener  and  aadr 
zeitlich  eng  zusammengehöriger   amorginischer  Dekrete    des  be- 
zeichneten Inhalts  vor,  welche  ein  klares  und  sittengeschichthOh 
nicht  nninteressantes  Bild  vom  Eleinleben    der  Insel  im  2.  und 
3.  Jahrh.  n.  Ch.  geben  ^.     Die  Form    dieser  Beschlüsse  erscheint 
in  jeder  Beziehung  so  stereotyp  ausgeprägt,  dass  man  schlieseen 
darf,  es  handle  sich  hier  nm  einen  höchst  volksthümlichen  Brauch, 
der  ja  auch  vortrefflich  zu  der  bekannten,  so  unhelleniscben  Sen- 
timentalität des  sinkenden  Alterthums  stimmt.     Die  Hehrzahl  der 
Urkunden  stammt  aus  Aigiale,  deren  überall  fast  wörtlich  wie- 
derkehrendes  Praeskript  Μ€ΐλησ(ιυν  τών  Άμοργόν  ΑΙγιάλην  κα- 
τοικούνταν iöoSev  δρχουσι  usw.  oder  ähnlich  anhebt•;  dochlie- 


ich  entnehme  Swoboda  a.  0.  S.  188  die  Beobachtung,  dass  dieser  durch- 
aus ungewöhnliche  Gebrauch  sich  wiederfindet  in  einem  Dekret  von 
Nysa  des  2.  Jhd.  n.  Ch.,  BCH.  IX  124.  —  Endlich  scheint  mir  dtf 
gänzliche  Fehlen  der  Uebergangsformel  δεδόχθαι  (τφ  δήμψ)  oder  ve* 
nigstens  αγαθή  τύχη  ο.  dgl.  vom  begründenden  Vordersatze  des  DekreU 
zum  Nachsatze  Z.  10  (. . .  .  φιλανθρωπίαν  *  άπονέμ€ΐν  αύτφ  usw.)  eine 
durchaus  vereinzelt  dastehende  Erscheinung  zu  sein. 

1  CIG.2264.  Hess,  Inscr.  gr.  ined.  II  S.27ff.  n.  120.  121.(=CIG• 
add.  2264b).  Annali  delP  Institute  1864  S.  96.  Athen.  Mitth.  I  S.  347ff• 
n.  14-16.  X  S.  117  fif.  n.  19—21.  'Αθήναιον  II  (1873)  S.  408.  BCE 
XV  (1891)  S.572fif.  n.  1—5.  n.  9.  10.  17.  Dass  die  sämmtlichen  Stücke 
dem  2.  u.  3.  Jhd.  n.  Ch.  angehören,  erweisen  ausser  palaeographisobeo 
und  stilistischen  Judicien  mehrere  genaue  Datirungen:  so  ist  BCH.  d.  i> 
woran  sich  zeitlich  n.  2  anschliesst,  auf  153  n.  Ch.,  n.  9  auf  242  n.Clh 
Mitth.  I  S.  849  n.  16,  das  spateste  Stück,  auf  250  n.  Ch.  datirt.  (Un- 
teres und  nicht  das  vorher  genannte  —  wie  Swoboda  a.  0.  S.  221  ge* 
legentlich  sagt  —  ist  zugleich  der  jüngste  datirbare  griechische  Volb* 
beschlusB,  welchen  wir  besitzen.) 

^  Ganz  aus  der  Art  schlägt   das  Praeskript   des  Beschlusses  voo 
Aigiale  bei  Boss  n.  122  Συνελθόντος  xoö  δήμου  καΐ  τής  βουλής  καΐ  Ψ* 
φανίίοντος  Μνησιθέου  τοΟ  Μαντίου  άρχοντος,  wozu  übrigens  die  Pr»e• 
skriptc  der  unten  zu  behandelnden  Dekrete  von  Olbia,  Inscr.  ant.  Poni 
Eux.  n.  22  und  n.  24  zu  vergleichen  sind. 


Die  grieohieohen  Trostbeeohlfine.  441 

srt  ans  auch  Hinoa  ein  vollständig  erhaltenes  Exemplar,  anhe- 
end  Σαμίων  τών  Άμοργόν  Μεινώαν  κατοικουντων  (Annali  a. 
>.),  und  von  dem  dritten  Mitglied  der  amorginischen  Tripolis^, 
leni*von  Naxiem  gegründeten  Arkesine  stammen  die  beiden 
^Bsen  Bmcbstuoke  BCH.  a.  0.  n.  9  und  10,  bei  deren  letzterem 
aacli  Beste  des  Praeskripts  erbalten  sind^. 

Gemeinsam  ist  allen  ans  bekannt  gewordenen  Trostbe- 
BeUnssen  eine  gewisse  kleinbürgerliobe  Gescbw&tzigkeit,  welche 
von  den  knappen  and  massiven  Formen  althellenischer  Kanzlei- 
sprache wanderlich  absticht,  and  ein  in  grobe  Stillosigkeit  aas- 
artender,  oft  völlig  barbarischer  Schwalst,  welcher  ans  lebhaft 
an  die  ödesten  Leistangen  der  sogenannten  zweiten  Sophistik  er- 
innert• Yortrefflich  erhaltene  Masterstucke  liefert  ans  aasser 
Amorgos  besonders  01b ia  (über  welche  nnten);  aber  die  amor- 
ginischen Dekrete  müssen  wegen  ihres  einzig  dastehenden  senti- 
mental-rührseligen Tones,  welcher  mit  geradezu  erstaunlichem 
BtOistiechen  Unvermögen  gepaart  ist,  vor  allen  anderen  unser  In- 
teresse erregen.  Wir  haben  das  Gefühl,  dass  derlei  an  moderne 
Leichenreden  gemahnende  Floskeln  nicht  auf  griechischen  Mar- 
mor, sondern  nur  auf  Papier  gehören;  und  den  ungriechischen 
Charakter  erhöhen  ausser  den  Formen  des  Praeskripts  und  der 
Snhskription  '  die  öfters  vorkommende  Anwendung  des  römischen 


^  Dass  in  BGH.  n.  2  Z.  11  diese,  und  nicht  etwa  die  syrische  Stadt 
dieses  Namens,  gemeint  ist,  hat  Homolle  a.  0.  S.  578  A.  1  gegen  den 
Hng.  zweifellos  richtig  bemerkt. 

s  Z.  2  XHCINANTANAMOPTONKATOIKO  kann  man,  sofern  es 
einigermassen  richtig  gelesen  ist,  doch  kaum  anders  als  ΝαΕ(ων  τών 
Α|η({]σιναν  τάν  *  Αμοργόν  κατοικο[ύντων  lesen.  Freilich  ist  das  dorische 
^  Qoglaublioh  (also  vielleicht  Άρκέσιναν  τήν  έν'Αμοργώ?),  bedenklich 
^<mh  die  Abweichung  von  der  gebräuchlichen  und  naturlichen  Stellung  der 
<^amen.  Schwer  verständlich  ist  der  Einfall  des  Hrgs.,  ΧΗΣΙΝΑΝ  als 
l'fAElQN  zu  lesen,  ebenso  seine  Bemerkung,  *Αρκ€σ(νην  ginge  nicht  an, 
Weü  dann  ein  Άμοργ{αν  erforderlich  sei.  £s  heisst  doch  fast  regel- 
"Mbeig(s.  o.) Άμοργόν  ΑΙγιάλην,  Άμοργόν  Meiviüav,  ja  in  denMitth. 
Π  8. 112  veröfifentlichten  (auch  wohl  erst  dem  3.  Jhd.  n.  Ch.  angehö- 
renden) Bruchstücke  auch  NaH(unf  τών  Άμοργόν  Άρκίσιναν  οίκούν- 
TWv.  —  In  den  Dekreten  von  Arkesine  im  BCH.  a.  0.  n.  8  (Z.  6.  10. 
IS.  20),  n.  9  (Z.  34)  n.  10  (Z.  26)  heisst  es  des  öftern  ό  όήμος  Άρκ€- 
ffiviuiv  und  ή  πόλις  ή  Άρκβσινέων;  im  Praeskript  des  leider  ganz  ver- 
rtfimmelten  Trostdekrets  a.  0.  n.  17  steht  Ibolev  τή  βουλή  καΐ  τώ  δήμω. 

•  Vgl.  Swoboda,  Griech.  Volksbeschl.  S.  185 flf. 


442  Buresch 

Kalenders  und  der  Datirung  nach  den  Namen  der  Gonenln^  £nd 
lieh  stört  mehrere  Male  den  offiziellen  Charakter  des  Dekret 
das  üher  ihm  dargestellte  sogenannte  Todtenmahl',  welches  d^ 
privaten  Grahstele  zukommt:  die  Herkunft  der  Dekrete  von^de 
Gräbern  der  Geehrten  ist  also  auch  hier  deutlich. 

Der  Inhalt  dieser  Dekrete  ist  —  vom  Praeekript  und  Sah- 
skription  hier  abgesehen  —  im  Allgemeinen  folgender.  In  einem 
langen,  öfters  von  Übeln  Anakoluthen  ganz  aus  den  Fugen  ge- 
brachten Vordersätze  werden  die  Vorzüge  und  Verdienste  des 
oder  der  Verstorbenen,  als  nahe  Verwandtschaft  mit  angeseheoeo, 
um  das  Gemeinwesen  verdienten  Leuten,  biederer,  bez.  keneoher 
Lebenswandel,  allgemeine  Beliebtheit  in  Folge  volksthümlichoDi 
gewinnenden  Wesens,  wohl  erzogene  Kinder'  gepriesen.  Der 
Nachsatz  enthält  die  dem  Heros,  bez.  der  Heroine  zuerkannten 
Ehren:  zunächst  offizielle  Tröstung  der  (stets  namentlich  aufge- 
führten) Hinterbliebenen,  ja  auch  der  Freunde^,  Leichenbegang- 
niss  unter  Betheilignng  der  gesammten  Bürgerschaft,  Verkündigang 
der  Bekränzung  des  Heros  oder  der  Heroine  (mit  goldenem  Krame) 
bei  den  alljährlichen  Festspielen. 


1  Vgl.  Athen.  Mitth.  I  S.349  n.  16  X  S.121.  BCH.  a.  0.  S.57i 
587  (=  Mitth.  I  S.  348  n.  15). 

2  Ausdrücklich  erwähnt  bei  Boss  n.  121.  Mitth.  X  n.  19-21;  dass 
sich  ein  Relief  auch  über  mehreren  der  andern  Dekrete  befunden  bati 
ist  kaum  zu  bezweifeln. 

Β  Interessant  ist  diese  geflissentliche  Hervorhebung,  dass  dieve^ 
storbene  Person  der  wichtigen  Pflicht  der  Kindererziehung  genügt  habe: 
Boss  n.  122  άνήρ  ΛΗιόλογος  καΐ  τ€κνοτρόφος.  BCH.  η.  2  Ζ.  22  f.  άπολ^ 
λοιπ€  δέ  τή  πατρίδι  €ύγ€νή  τέκνα  .  .  εαυτή  ομοίους,  vgl.  η.  9  Ζ.  5'• 
Mitth.  Ι  η.  1Γ)  Ζ.  11  καλλιτ€κν{α;  einfache  Erwähnung  des  Vorhanden- 
seins von  Kindern  ist  so  regelmässig,  dass  man  aus  dem  Schweigen  ii^ 
dem  musterhaften  Dekret  Annali  18G4  und  wohl  auch  Mitth.  X  η•21 
schliessen  muss,  dass  die  Verstorbene  kinderlos  war.  Die  Αθήναιον" 
S.  408  Geehrte  starb  wohl  als  Jungfrau.  —  In  einem  unsem  Amorg>' 
nischen  Dekreten  sehr  ähnlichen  Ehrendekret  von  Syros  für  eine  v^ 
storbene  vornehme  Bürgerin,  das  ebenfalls  wohl  dem  3.  Jhd.  angeboH 
(beachte  auch  die  vulgäre  Form  €ύσχήμοναν  Ζ.  3  und  άφίδώς  Ζ.  ^\ 
CIG.  II  add.  23471,  wird  die  Aufzählung  der  politischen  Verdienst« 
der  Verstorbenen  Z.  8  sehr  charakteristisch  mit  den  Worten  ή  καΐ  tt 
κνοτροφήσασα  abgeschlossen. 

*  Hiermit   schliesst   das  Dekret   BCH.  n.  1    merkwürdiger  Vf&> 
schon  ab ;  es  ist  auf  153  n.  Ch.  datirt  und  mag  zu  den  ältesten  Stücke 
•  gehören. 


Die  griechischen  Trostbeschlösse.  448 

DieYerfaeeer  der  Dekrete,  wahrecheinlioh  gewöhnlich  Freunde 
^^a  Yeretorhenen,  haben  offenbar  in  der  Aneechmilckung  der  Bede 
niU  empfindsamen  Floskeln  und  imposanten  Bildern  gewetteifert, 
und  68  ist  immerhin  bemerkenswerth,  dass  eine  Analyse  der  4 
tm  vollständigsten  ausgebildeten  und  erhaltenen,  zwischen  150 
Qod  250  n.  Ch.  verfassten  Exemplare^  ein  Wachsen  der  senti- 
mentalen Phraseologie  ergibt. 

Wir  heben  nun  einige  Proben  aus.  Besonders  gern  wird 
ber?orgehoben,  dass  der  oder  die  Todte  *  in  der  Blüthe  des  Alters  \ 
welehe  zu  'vielen  schönen  Hoffnungen'  berechtigte,  *  plötzlich 
dahbgegangen'  oder  %om  unerbittlichen  Schicksal  plötzlich  hin- 
weggerafft worden  ist',  den  Hinterbliebenen  —  die  Erwähnung 
unmündiger  Kinder  oder  gar  eines  Säuglings  erhöht  die  Büh- 
nmg  —  *  schwer  verwindbares*  oder  auch  *  untragbares  Leid 
Boriloklassend'.  Auch  das  Vaterland  trauert  regelmässig;  doch 
einmal  *ist  die  gesammte  Stadt,  die  unmündigen  Kindchen  nicht 
ausgenommen,  verstört  wegen  des  Verlustes  ihrer  schönsten 
Zier** 

Jedoch  alles  übertrifft  an  Ijrrischem  Schwünge,  freilich  auch 
An  Unsinn  ein  theilweise  unübersetzbarer  Vergleich  aus  dem  spä- 
ten Dekret  von  242  n.  Ch.  (Z.  8 ff.):  ώοίτερ  b^vbpov  εΐμερον, 
«ύθαλίς,  ύπό  πνεύματος  έκρειΖωθέν  έπΙ  τής  γής  ίπεσεν,  ουτιυς 
και  ό  Κρόνιος  (der  Verstorbene)  μοιριδίως  £πεσε  έπΙ  τήν 
^(πρωμένην  αύτώ  είμαρμένην.  Diese  wie  die  sogleich 
(Ζ.  13)  folgende  Floskel  ίήσας  έπΙ  πάντα  τόν  τής  ίιυής  αύτου 
Χράνον  κοσμίως  τε  καΐ  μεγαλοφρόνως,  ώς  &ν  εΐποί  τις,  παν- 
•ΛΧλκΓΓος  ατέφανος  του  Ιοίου  γένους,  γενάμενος  Ιερός  τε  καΐ 
(ίπτρεπής  άνήρ   sind  des  Geistes  Kinder,  welcher  die  επιτάφιοι, 


^  Annali  1864  S.  96ff.  (Jlinoa:  nach  der  Schrift  sicher  aus  dem 
3.  Jhd.),  BCH.  1891  n.  1.  2  (Aigiale:  n.  1  153  n.  Gh.,  n.  2  eine  Gene- 
ration später).   9  (Arkesine:  242  n.  Gh.). 

^  Annali  Z.  19  ff.  alqpviöiov  έΕελήλυθε  τοΟ  β(ου  έν  τιΰ  άκμαιοτάτω 
«<ίλλους  καΐ  ήλικ(ας  —  vgl.  BGH.  η.  1  Ζ.  21  f.  η.  2  Ζ.  9  f.  η.  10  Ζ.  14  f. 
Ättli.  Ι  η.  16  Ζ.  4.  Χ  η.  21  Ζ.  5f.  Rose  η.  120.  —  koUuiv  οϋν  ελπίδων 
^aBusv  καΐ  τής  πατρίοος  ημών  αυτής  άφειρημένης  Ann.  Ζ.  27  f.  —  π^ν- 
βος  ουσπαρηγόρητον  . .  καταλιποΟσα  ib.  Ζ.  22,  πένθος  άτλητον  καταλι- 
ιών  U8W.  BCH.  η.  9  Ζ.  12.  —  καταλιπών  τέκνα  BGH.  η.  1  Ζ.  24.  καΐ 
Ιτ€ρον  ύπομάσηον  und  νήπια  καταλιπών  τά  τέκνα  η.  9  Ζ.  6  f.  —  η.  2 
S1  15  f.  συνκέχυταί  τε  ή  πΑσα  ημών  πόλις  σύν  καΐ  τοις  νηπίοις,  τό  κάλ< 
unov  εαυτής  άποβεβληκυία  πρόσχημα. 


444  Bnreeoh 

επικήδειοι,  θρήνοι  und  μονψ&ιάι  der  Sophiiten  dee  2.  und  3.  Jf 
bunderis  geeobaffen  bat^ 

Aber  biermit  endet  der  rbetorisobe  Tbeil  der  Dekrete  i 
nicbt;  denn  bei  dem  eigentlioben  Kempankt^  d.  b.  bei  den 
Verstorbenen  zuerkannten  Ebren  glüoklicb  angekommen,  begnti 
sie  eicb  gemeiniglicb  nicbt,  die  offioi eile  Tröstung  der  ] 
terbliebenen  einfaob  zu  verzeicbnen,  sondern  snr  grösseren  ! 
werden  aucb  die  angewandten  Trostgrtinde  angefübrt. 
gebort  zu  den  am  reiobsten  und  liebenswürdigsten  ansgebild« 
Vorwürfen  der  antiken  Populftr-Pbilosopbie  die  Tröstung  des  1 
soben  über  den  Tod  geliebter  Personen  und  eine  ganze  Litter 
von  Trostscbriften  lieferte  Trauernden  und  zum  Trösten  Berufe 
ein  Heer  von  Trostgründen,  von  den  naivsten  und  trivial 
Gemeinplätzen  bis  zu  den  erbabensten  pbilosopbischen  Betn 
tungen.  In  zablreicben  giecbiscben  "Grabscbriften  finden  wir  d 
liebe  Anklänge  an  jene  volkstbümlicbe  Litteratur,  welcbe 
sammeln  sieb  reich  verlobnt.  Von  den  amorginischen  Klein! 
gern  werden  wir  nacb  unseren  bisberigen  Erfabrungen  nicbt  η 
als  das  Gewöbnlicbste  erwarten,  und  so  finden  wir  denn  f 
ibren  pbilosopbiscben  Horizont  wieder  mit  dem  der  sopbistisc 
Leicbenreden  ibrer  Zeit  abgescblossen.  'Mit  Würde'  oder  'n 
voll '  sollen  die  Hinterbliebenen  '  den  Sobicksalsscblag  tragen 
80  heisst  es  übrigens  etebend  aucb  in  den  sonstigen  Trostde 
ten  —  *  im  Bewusetsein,  dass  das  allen  Menseben  verbängte  Scb 
sal  unerbittlich  ist'  oder  (wie  im  Dekret  von  242  n.  Ch.  bere 
ausgeführt  wird)  *  dass  weder  mit  Geld  noch  mit  Schmeichel• 
ten  noch  mit  flehentlichen  Bitten  noch  mit  Thränen  der  Mei 
die  vom  Schicksal  gezogenen  Schranken  zu  überschreiten  je 
mögen  wird  \  Endlich  wird  auch  einmal  die  Variation  eingel 
die  Kinder  der  Verstorbenen  seien  zu  ermahnen,  sich  ihre  Mc 
zum  Muster  zu  nehmen^. 


^  Ich  häbo    diese  Deklamationen  Loipz.  Stud.  IX   {(Jonsolatic 
. .  .  historia  critica)  S.  91  ff.  zusammengestellt. 

2  BCH.  n.  1  Z,  31  φέριν  συνμέτρως  (wohl  st.  μετρίως)  το 
λύπης  (wohl  st.  τύχης),  είδότας  δτι  απαραίτητος  εστίν  ή  έπΙ  πά 
ανθρώπων  ώρισμένη  μοϊρα.  Vgl.  η.  3  Ζ.  30  f.  η.  10  Ζ.  22 f.  Mitt 
η.  21  Ζ.  13  f.  Annali  Ζ.  43  μετρίως  φέριν  τό  συνβεβηκός,  ήδ[ότ1α[ς 
—  so  zu  ergänzen  —  πασιν  ή  αυτή  τοΟ  βίου  κεκύρωτοι  τελευτή. 
η.  9  Ζ.  29  f.  γενναίως  φέριν  τό  συνβάν,  είδότας  οτι  ούτε  χρήμασιν 
κολακεία  ούτε  Ικετεία  ούτε  δάκρυ σιν  α[νθρωπος]  —  βο  zu  ergänze 


Die  griechiadien  Trostbeeohlaese.  445 

Hinter  allen  diesen  sohönen  oder  wenigstens  grossen  Beden 
steokti  wie  wir  ans  manchen  Anzeichen  schliessen  müssen,  recht 
wenig  wirkDcher  £rnet.    Schon  das  Aenssere  dieser  kleinen  Denk- 
mäler, die  lüderliche  Schrift,    die    verwahrloste  Rechtschrei bnng 
und  Yolgärformen  wie  ήροαν,  θυγατέραν,  γ€νάμ6νος  ^  lassen  be- 
deutungslose AUtagswaare  erkennen;   dringt    man    in  den  Inhalt 
ein,  SU  wird  man    in    dieser  Beobachtung  bestärkt.     Lässt    man 
auch  wie  billig    alle  höheren  Anforderungen  bei  Seite,   so  muss 
man  doch  urtheilen,  dass  die  tiberall  zu  bemerkende  Abwesenheit 
grammatischer  Durchbildung,    welche  auf  barbarischem  Gebiete 
nichte  Befremdliches  hätte,  inmitten  der  griechischen  Welt  eini- 
germassen  erstaunlich  ist     Höchst  elend  stilisirt  und  stellenweise 
Bogar  ganz    unverständlich  müssen    wir   fast  sämmtliche    uns    in 
guter  Erhaltung  vorliegende  Dekrete  nennen^,  und  es  bleibt  nur 
ZQ  erwägen,    ob   nicht   hier   und  da  ausser  den  Verfassern  auch 
die  Steinmetzen  und  die  modernen  Abschreiber  verantwortlich  zu 
machen  seien.     Bndlich  aber  haben  die  ärmlichen  Inselstädte  für 
die  Geehrten  ausser  den  Phrasen  offenbar    nichts    übrig  gehabt: 
weder  für  die  Herstellung  der  Stele  noch  für  den  goldenen  Kranz 
werden  je  Gelder  ausgeworfen,    woraus   wohl    zu  schliessen  ist, 
dass  beides  von  den  Hinterbliebenen  bezahlt  wurde';    ganz  ver- 
einzelt erscheint  Mitth.  X  n.  21  die  Zuerkennung  von  etwas  mit 
Händen  Greifbaren,    nämlich    einer  Stelle  für  das  Grab,    welche 
ftQch  in  zwei  Trostbeschlüssen    von    Neapel    ausgeworfen    wird^. 


Eine  ähnliche  Beliebtheit  und  Ausbildung  wie  in  den  klei- 
nen amorginischen  Gemeinwesen  hat  die  in  Rede  stehende  Art 
▼on  Volksbeschlüssen  in  einem  der  entlegensten  und  gefährdet- 
*ten  Vororte  des  Griechenthmns  gewonnen,  in  der  milesisohen 
Kolonie  Olbia.  Es  ist  kein  Zufall,  dass  die  beträchtliche  Reihe 
der  ganz  oder  im  Wesentlichen  erhaltenen  Exemplare  ans  dieser 

"^ζ  €ΐμαρμένης  öpov  ύπερβήναι  δυνηθήσεταί  ποτ^.  —  Ermahnung 
«Μη  Nacheifern :  η.  2  Ζ.  29  f. 

1  Rose  η.  122.  121.  ßCH.  π.  9  Ζ.  16. 

«8.  Rose  η.  121.  122.  'Αθήναιον  Π  S.408.  BCH.  η.  1  Ζ.  15-27. 
η.2Ζ.  18f.  (mit  Vergleichung  von  Αθήναιον  Ζ.  8 f.  und  Mitth.  X  η.  21 
Ζ.  7  f.,  auch  I  η.  16  Ζ.  5  f.  etwa  .  .  .  [τ]€  παρ'  αυτής  διην€κως  φιλάγαθον 
•ωΙ  €ύ€ργετικόν,  άλλ[ά]  καΐ  τό  άπό  παρθενίας  άλοιδόρητον  καΐ  άγνόν 
μ€τά  πάσης  οΙδοΟς  [ήθος]  zu  lesen),  π.  9  Ζ.  5  ff. 

'  Dies  hat  schon  Weil,  Mitth.  I  S.  348  angemerkt. 

*  CIGSI.  n.758.  760:  s.  u. 


446  Boreeoh 

Stadt  1  unzweifelhaft  wieder  dem  2.  und  3.  Jahrb.  n.  Ch.  ange- 
hört; ähneln  sie  doch  denen  von  Amorgoe  in  der  Greaammtfuflimg 
wie  in  Einzelheiten  eo  augenfällig,  dass  wir  auch  ohne  dieM- 
mng  epigraphiecher  Anzeichen  die  Kinder  eines  Geistes  aneh 
einem  Zeitalter  zuweisen  dürften. 

Die  olbianischen  Dekrete  sind  nicht  so  kleinlich,  lyrittli 
und  verquer  wie  die  der  amorginischen  Spiessbttrger  —  sie  stim- 
men ja  aus  einem  bedeutenden,  fortwährend  im  ernsten  Kampf 
um  seine  Existenz  auf  sich  allein  angewiesenen  Gemeinwesen;  — 
80  wird  auch  die  Tröstung  und  Ermahnung  der  Hinterbliebenen 
der  geehrten  Todten  nicht  ausdrücklich  aufgeführt;  so  sind  aneh 
die  Geehrten  wirklich  einigermassen  hervorragende  politische  Per 
sönlichkeiten  und  niemals  Frauen  (die  in  Amorgos  so  reiclilieb 
vertreten  sind) :  dennoch  werden  wir  überall  an  Amorgos  erinnert 
Wir  begegnen  denselben  Entartungen  des  Praeskripts^  denselben 
hässlichen  Anakoluthen,  derselben  ganz  und  gar  unlapidaren, 
schwülstigen  Bhetorik,  Floskeln  wie  'er  ward  den  EUtem  wie  dem 
Yaterlande  von  dem  alles  überwindenden  Schicksale  erbarmungdo' 
entrissen'',  'hoffnungsvoller  Jüngling'*  und  *  deshalb  hat  aneh 
das  über  den  Todesfall  und  sein  Ableben  in  tiefe  Trauer  ver- 
senkte Vaterland  beschlossen,  durch  Lobsprüche  und  die  getie* 
menden  Anerkennungen  die  Härte  des  Schicksalsschlags   zu  mü' 


*  Jetzt  in  Latyschev^s  Inecr.  ant.  or.  sept.  Pont.  Eux.  I  n.  21-39 
zusammengestellt;  die  wichtigsten,  weil  am  besten  erhaltenen  Stocke 
sind  n.21.  22.  24—27.     Ueber   ihre  Zeit  vgl.  Latyschev  zu  21.  22.2*• 

2  Vgl.  oben  S.  440  Anm.  2,  Latyschev  zu  n.  21.  22,  auch  Sffo- 
boda,  Gr.  Volksbeschl.  S.  133. 

8  n.  2G  Z.  7f.  ύπό  πάντα  ν€ΐκωμένης  (bemerke  das  monströse  Me- 
dium 1)  εΙμαρμένης  έτπστάσης  άφηρπάγη  καΐ  τών  γονέων  καΐ  τής  ναφ 
δος  άνηλ€ώς  —  vgl.  η.  27  Ζ.5ί.  η.  22  Ζ.  31.  η.  25  Ζ.  10  ύπό  τοΟ  ßoincd• 
νου  δαίμονος  άφηρέθη,  ύπό  τοΟ  απαραιτήτου  δαίμονος  άφηρπάγη,  ^ 
τοΟ  βασκάνου  [καΐ  άπαραιτήτ]ου  καΐ  πάντα  ν€ΐκΦντος  ΤΤλουτέ[ιυς  ά.].  -^ 
In  einer  der  durch  ihren  vulgären  Charakter  interessanten  christlichen 
Grabinschriften  Isauriens  BGH.  VII  S.  239  n.  25  heisst  es  poetisirend 
βάσκανος  bi  τις  άφήρπασεν  έγ  βροτΟον  (Lücke).  Der  Hrsg.  bemerk 
der  Todte  sei  'als  Opfer  irgend  einer  Intrigue  oder  Gewaltthat*  nwi 
Leben  gekommen.  £s  fehlt  nichts  als  δαίμων,  das  nach  den  beiden 
erhaltenen  Buchstaben  Δ€  zu  urtheilen,  δφων  wird  geschrieben  ge• 
wesen  sein. 

*  n.  26  Z.  17  παΐδα  ελπίδων  καλών  —  vgl.  Ζ.  6.  η.  25  Ζ.  tt 
η.  27   Ζ.  4. 


Die  grieohisohen  Trostbeeohlüese.  447 

dem'^y  den  gleichen  geschwätzigen  Aufzählungen  der  guten  Eigen- 
Bchaften  und  Verdienste  des  Yerstorbenen  sowie  der  ihm  zuer- 
kannten Ehren,  als  Bekrfinzung  mit  goldenem  Kranze,  Verktindi- 
gong  derselben  heim  öffentlichen  Leichenbegängniss,  Aufstellung 
des  Beschlusses  an  bedeutender  Stelle,  *  damit  die  ihn  lesen  zur 
l^achahmung  eines  so  geehrten  Lebens  angefeuert  werden*'  — 
endlich  auch  ähnlicher  Lüderlichkeit  der  Steinmstzen. 

Sind  diese  interessanten  Inschriften  Originale,  d.  h.  sind 
die  sie  tragende  Steine  etwa  die  Stelen  selbst,  welche  in  n.  17 
(Z.3lf.),  21  (Z.  36  f.),  22  (Z.  41  f),  24  (Z.  27)»,  25,  26  aus- 
drücklich verordnet  werden?  Nein,  s&mmtliche  Steine  werden 
als  Marmorplatten  bezeichnet,  deren  Inschriften  von  mehr  oder 
weniger  deutlich  und  elegant  architektonische  Motive  darstellenden 
Kahmen  eingeschlossen  werden.  Bei  n.  22  und  24  ist  es  klar, 
dass  eine  Tempelfront  o.  dgl.  angedeutet  werden  sollte,  n.  24 
iet  am  elegantesten  bearbeitet:  rechts  und  links  als  Bahmen  je 
eine  korinthische  Säule  in  Helief,  auf  welchen  das  Giebelfeld  ruht. 
Dieses  scheint  leer  gelassen  worden  zu  sein,  doch  befindet  sich 
unter  ihm  ein  Relief,  Beiter  zu  Pferd  und  nackten  Knaben  als 
Pferdehalter  darstellend.  Dagegen  ist  bei  n.  22  das  Feld  des  mit 
Akroterien  verzierten  Giebels  durch  eine  Schale  und  andere  Or- 
namente in  Relief  ausgefüllt;  ein  dem  Fries  entsprechender  Streif 
darunter  trägt  in  4  Reihen  ein  Yerzeichniss  von  Städten*. 

Wenn  wir  nach  solchen  äusseren  Umstanden  schon  geneigt 


*  n.  21  Z.29f.  διό  bi\  έπΙ  τούτοις  ή  τ€  πατρίς  χαλβπώς  ένένκασα 
τήν  έπ*  αύτφ  συμς^ράν  καΐ  τήν  μεταλλαγή  ν  τοΟ  β(ου  βαρυνομένη  έψη- 
φίσατο  έπα(νοις  καΐ  ταΐς  πρ€πούσαις  μαρτυρ(αις  παρηγορήσαι  τό  έπ*  αύτφ 
βύμίΓτωμα  —  vgl.  η.  22  Ζ.  32  f. 

^  So  in  η.  21  und  ganz  ähnlich  in  η.  22,  welche  beiden  (ganz  er- 
Ittltenen)  Musteretücke  am  die  Wende  des  2.  und  3.  Jhd.  entstanden 
>ind.  ~  Es  mag  erwähnt  werden,  dass  in  n.  22  Z.  40  ausdrücklich  er- 
wähnt wird,  dass  der  Geehrte  das  Geld  für  seine  Statue  selbst  ausge- 
worfen hatte. 

■  Latyscbev  ergänzt  hier  zweifelnd:  άνατεθήΓναι  δέ  αύτοΟ  καΐ 
dicova  δνοπλον?  Ιν  τώ]  |  έτπσημοτά]τω  τής  πόλ[€ως  τόπω  usw.  Es  ist, 
besonders  nach  η.  2δ  und  26  wohl  sicher  άνατ€θήνα(  τ€  τό  ψήφισμα  iv 
στήλη  λ€υκολ(θω  iv  τώ  usw. 

*  Die  η.  22  und  24  ähneln  in  Bezug  auf  ihre  architektonische 
Verzierung  auffallend  der  fast  genau  gleichzeitigen  Urkunde  (vom  J.215 
n.  Ch.)  des  lydischen  Philadelpheia,  welche  ich  Wochenschr.  f.  kl.  Phil. 
1891  n.  45  Sp.  1242  beschrieben  habe. 


448  Buresch 

sein  werden,  diese  künstleriech  bearbeiteten  Platten  zu  Gralmo- 
numenten  in  Beziehung  zu  bringen,  so  scheint  diese  Annahme  durcb 
die  Subskription  von  n.  21  Ζώρσανος  Νεικηράτου  τό  ψήφίαμα 
άνέστησε  ΚαρΣοάΖω  'Αττάλου  μνήμης  χάριν,  ausdrücklich 
bestätigt  zu  werden.  So  reihen  sich  die  Dekrete  von  Olbia  also 
auch  in  dieser  Beziehung  denen  von  Amorgos  (und  den  karischen) 
als  Seitenstticke  an.  £s  verdient  schliesslich  noch  erwähnt  ra 
werden,  dass  die  Eleganz  und  der  verhältnissmässig  grosse  Loxob 
dieser  Monumente  (auch  die  Schrift  ist,  wenn  auch  öfters  mit 
groben  Fehlern,  so  doch  meistens  sorgfältig  und  tief  eingegraben) 
in  auffallendem  Widerspruche  zu  dem  traurigen  Verfall  der  Stadt 
steht,  welchen  die  werthvolle,  freilich  mehr  als  100  Jahre  ältere 
Borysthenische  Rede  des  Dio  Chrysostomos  ausmalt« 

Das  interessanteste  Stück  in  der  Reihe  der  Dekrete  von 
Olbia  ist  für  uns  n.  22 :  hier  sind  nämlich  über  dem  eigentlichen 
Dekret  in  einem  besonders  abgegrenzten  Baume  (β.  ο.)  unter  der 
Uebersohrift  "Οσαι  πόλεις  έστεφάνιυσαν  θεοκλέα  Σατύρου  χρυ- 
σέοις  στεφάνοις  in  6  je  3  Zeilen  tiefen  Columnen  19  Städte  aof- 
geführt.  Dieselben  sind  an  den  Küsten  der  Propontis  und  des 
Bosporos,  an  der  S.-  und  W.-Küste  des  Pontos  £uxeinos  und  auf 
dem  taurischen  Chersonnes  gelegen ;  den  Beigen  eröffnet  wie  billig 
Olbia  selbst.  Der  Verstorbene  war  Bürgermeister  und  so  allgo" 
mein  beliebt  gewesen,  ώστε  έττι  τούτοις  τους  πολείτας  και  τους 
Ηένους  .  . .  λελυπήσθαι  άΣιώσαί  τε  την  τε  βουλήν  και  τον  δήμον 
κα\  τάς  πόλεις,  ων  έττεοήμουν  ο\  Εένοι,  στεφανωθήναι 
usw.^    Die  Reihenfolge  der  Städte  ist  eine  geographisch  so  wenig 


^  Bei  dieser  Gelegenheit  mag  einer  verwandten  Inschrift  wohl 
noch  des  2.  Jahrhds.  n.  Ch.  aus  der  Troas,  welche  leider  nur  nach  einer 
unzulänglichen  Abschrift  von  Franz  in  den  Ann.  dell'  Inst.  1842  S.144 
veröffentlicht  und  bei  Le  Bas-Wadd.  n.  1745  (auch  Kaibel  Epigr.  n.335) 
wiederholt  worden  ist,  Erwähnung  gethan  werden,  üeber  einem  spat«' 
weggemeisselten  Relief,  unter  welchem  eine  umfängliche  metrische  Grab- 
Rchrift,  sind  in  2  Reihen  11  Kränze  mit  den  nur  theilweise  erhalten» 
Namen  von  Dörfern  der  Troas,  ό  χώρος  ό  Μοττιανών  ό  χώρος  ό  ^ 
στβανών  usw.,  eingemeisselt.  Das  Epigramm  erzählt,  dass  ein  von  fem 
hergezogener  Jüngling  bei  festlichem  Wettrennen  durch  Sturz  vo» 
Pferd  ums  Leben  kam  und  νου  der  versammelten  Volksmenge  bestattet 
ward.  —  Ort  der  πανήγυρις  und  des  Unglücks  wird  der  an  erster  Stelle 
genannte  χώρος  ό  Μοττιανών  gciwesen  sein ;  die  Festgenoasen  gehortea 
den  11  Ortschaften  an,  welche  so  menschenfreundlich  und  echt  grifr 
chisoh  den  verunglückten  Fremdling    würdig   zu  bestatten  beschlossen- 


Die  griechischen  TroBibeschlüsse.  449 

geordnete  —  ich  verweise  hesonders  auf  Col.  3,  5  und  6  —  daes  die 
(schon  von  den  älteren  Herausgebern  geäuseerte  und  von  Latyschev 
mit  unrecht  beschränkte)  Annahme,  sie  entspreche  der  Zeit  des 
ELngehens  der  einzelnen  Beschlüsse  in  Olbia,  sehr  wahrscheinlich  ist. 

Die  Aehnlichkeit  dieser  Urkunde  mit  unserem  Bruchstücke 
Ton  Antiocheia  a.  M.  springt  in  die  Augen:  beide  sind  Sammel- 
Urkonden  (s.  o.  S.  424  f.),  beide  gehören  der  Species  des  ψήφισμα 
τταραμυθητικόν  an.  Auch  in  Bezug  auf  die  Anordnung  der  am 
Beschluss  betheiligten  Städte  vergleicht  man  beide  Inschriften 
nüt  Nutzen  \ 

Noch  zu  einer  Beobachtung  gibt  uns  die  stattliche  Reihe 
der  olbianischen  Trostdekrete  Anlass,  betreffs  der  Entwicklung 
des  Trostdekrets  aus  dem  gewöhnlichen  £hrendekret.  In  der 
aQch  historisch  wichtigen  Inschrift  n.  17  a.  0.,  welche  nach  allen 
Anzeichen  (s.  Latyschev^s  Comm.)  noch  dem  1.  Jahrh.  v.  Ch., 
vielleicht  noch  der  ersten  Hälfte  desselben  angehört,  handelt  es 
lieh  um  einen  ausgezeichneten  Bürger  der  Stadt,  welcher  in  der 
Vertheidigung  des  Vaterlands  gegen  die  Barbaren  gefallen  war. 
Ihm  werden  hohe  Ehren  zuerkannt,  als  feierliche  Einholung 
ieines  Leichnams  in  die  Stadt,  Schliessung  der  Kaufläden,  öffent- 
Hehes  Begräbniss,  bei  dem  alle  Bürger  in  Trauerkleidung  folgen, 
Bekränzung  des  Todten  mit  goldenem  Kranze  beim  Leichenbe- 
gingniss,  Beiterstatue  mit  Inschrift,  jährliche  Erneuerung  der  Be* 
binzung  in  öffentlicher  Yersammlung  und  bei  Festspielen  unter 
Verlesung  der  Aufschrift  des  Standbilds  durch  den  Herold. 

Für  unseren  Zweck  ist  diese*  Urkunde  von  grosser  Wich- 
tigkeit: sie  zeigt  uns,  wie  das  oben  S.  436  ff.  besprochene  und  ins 
fr&be  1.  Jahrh.  v.  Ch.  datirte  Dekret  von  Synnada  den  ersten 
Anutz  zur  Entwickelung  des  Trostdekrets  aus  dem  einfachen 
Birendekret  für  einen  Verstorbenen.  Wir  finden  hier  bereits  die 
Regung  zu  ausführlicher  und  wirkungsvoller  Darstellung  (wei- 
ter allerdings  der  spätere  barbarische  Schwulst  noch  fremd  ist) ; 
^  finden  schon  die  uns  theilweise  so  modern  gemuthenden  Be- 
etimmungen  über  die  der  Leiche  zu  erweisenden  Ehren'. 


Am  beeagte  auch  eine  nur  in  geringen  Resten  erhaltene  einzeilige  No- 
tix  über  dem  Epigramm  als  eine  Art  Praeskript. 

^  üeber  die  Lage  der  im  Bruchstück  von  Antiocheia  aufgeführten 
Städte  sowie  ihre  Anordnung  im  Yerzeichniss  s.  meine  Ausführungen 
itben.  Mitth.  1894  S.  106 f.,  125 f. 

*  Beschliessung  allgemeiner   Nachfolge   beim   Leiohenbegängniss 

AlielB.  Mus.  f.  PhUol.  N.  F.  XLIX.  ^ 


450  Buresch 

Besondere  aber  erinnern  uns  zwei  Einzelheiten  an  die  oben 
betrachteten  Troetdekrete :  1)  die  Phraseologie  der  vom  begrün- 
denden Theile  des  Dekrets  znm  eigentlichen  Dekret  überfahrenden 
Formel  Z.  20f.  [ώστ€  έττΐ  τούτοις  6  1)ήμο]ς,  αίφνίοιον  συμ• 
φοράν  θεασάμ€νος,  τής  πόλεως  άπα  βεβλημένης 
αγαθόν  [πολείτην,  χαλεπώς  μέ]ν  ήνεγκεν  τό  πένθος 
αύτου  bia  τήν  χρηστότητα,  επαχθώς  bfe  bia  τή[ν  του  θανάτου 
ωμότητα  od.  dgL'  οέδοχ^θαι  usw.;  2)  die  Hereinziehang  der  Hin- 
terbliebenen in  die  Angelegenheit.  Es  wird  nämlich  bestimmt, 
dass  sie  den  Ort  sowohl  für  die  Statue  als  für  die  Ehren-Stele 
des  Verstorbenen  zu  wählen  haben  (έν  φ  &v  τόπψ  ol  προσήκον- 
τες αύτου  βουλιυνται  Ζ.  26  und  32). 

Ein  ganz  ähnlicher  Fall  liegt  uns  in  einem  etwa  100  Jabre 
älteren^  Ehrendekret  des  karischen  Alabanda  (BCH.  X  S.  299£) 
vor,  dessen  Vergleiohung  so  nützlich  ist,  dass  wir  gegen  das  in 
dieser  Abhandlung  sonst  befolgte  Frincip  hier  einmal  eine  öitr 
liehe  Abschweifung  machen  dürfen.  Ein  Bürger,  dessen  Namen 
nicht  erhalten  ist,  hat  seiner  Vaterstadt  in  stürmischen  und  po- 
litisch sehr  schwierigen  Zeitläuften  bedeutende  Dienste  geleistet 
und  ist  während  einer  wichtigen  Gesandtschaft  gestorben:  das 
alles  erfahren  wir  aus  einem  ausserordentlich  weit,  fast  bis  la 
einer  Lebensbeschreibung  der  zu  ehrenden  Person  ausgesponnenea 
Vordersatze  ( —  Z.  31).  Die  Stadt  hält  es  —  schon  um  zur  Nach• 
eiferuDg  anzuspornen  —  für  ihre  Pflicht,  dem  Verstorbenen  ihre 
Dankbarkeit  zu  erzeigen,  weshalb  sie  Bekränzung  seines  (ihm  noch 
bei  Lebzeiten  gesetzten)  Standbilds  und  jährlich  zu  wiederholende 
Verkündigung  dieser  Auszeichnung  beschliesst. 

In  Bezug  auf  ihre  Ausbildung  steht  diese  Urkunde  durch- 
aus in  richtigem  Verhältniss  zu  der  olbianischen,  womit  wir  sie 
vergleichen :  Ton  und  Stil  sind  im  Allgemeinen  dieselben,  der  ia 
jenem  festgestellte  Ansatz  zur  Herausbildung    der    den    späterea 


findet  sich  auch  im  Bruchstücke  eines  leider  zeitlich  unbestimmbaren 
messenischen  Ehrendekrets  anlässlich  des  Todes  eines  jungen  Mannee 
aus  guter  Familie,  BCH.  V  S.  1Γ)4,  wo  es  Z.  7  f.  heisst:  (διά  δή  πάντα 
ταΟτα  .  .  ίδοΣεν  .  . .)  πάντας  τους  τάν  πόλιν  κατοικοΟντας  ....  [συν€λ• 
θεΐν  καθ*  ομ]ιλον  καΐ  άπαντασαι  έττΐ  τάν  έκκομιδάν  αύτοΟ  usw.  Die  a»• 
gedeutete  Ergänzung,  welche  ich  vorgenommen  habe,  wird  der  Wahr 
heit  wenigstens  nahe  kommen. 

^  Die  Herausg.  machen  es  a.  0.   S.  305  wahrscheinlich,  dass  die 
Urkunde  zur  Zeit  des  syrischen  Krieges  (192  —  189)  verfasst  wurde. 


Die  gn^ectiischen  Trosibescbliisse.  451 

Troetdekreten  eigenthümlichen  bürgerlichen  Sentimentalität  aber 
feUt  noch  ganz. 

Aber  ee  ist  uns  in  Olbia  vergönnt,  zeitlich  noch  höber  auf- 
wärts steigen  zn  können.  Ein  glücklicher  Znfall  hat  anf  der 
Binst  za  Olbia  gehörigen  Insel  Lenke  im  Pontos  Enxeinos  (jetzt 
Φώονή(Τΐ,  türk.  Ilan  Adassi  genannt)  das  Bruchstück  eines  De- 
bets jener  Stadt  erhalten,  welches  nach  Schrift  wie  Stil  späte- 
itene  im  frühen  3.  Jahrhunderts  y.  Ch.  yerfasst,  zu  den  ältesten 
Beispielen  des  £hrendekrets  für  eine  verstorbene  Person  gehört, 
[«atyschev  n.  171  ^.  Ein  um  die  Stadt  hoch  verdienter  Mann  ist 
ron  dieser  noch  lebend  durch  ein  Geschenk,  nach  seinem  Tode 
tber  zunächst  durch  Begräbniss  auf  Staatskosten  (ίθαψεν 
^ημθ(Τίςι)  geehrt  worden.  Dies  wird  im  begründenden  Vorder- 
lats  der  Urkunde  kurz  und  bündig  berichtet;  der  Nachsatz  ent- 
iält  den  neuerlichen  Beschluss,  dem  Verstorbenen  auch  eine  Sta- 
tue zu  setzen,  welche  seine  Thaten  der  Nachwelt  überliefern  und 
mgleich  den  Hellenen  kund  thun  soll,  dass  Olbia  seine  heilige 
hiel  hochhält  und  seinen  verdienten  Bürgern  sowohl  zu  ihren 
Lebzeiten  als  nach  ihrem  Ableben  sich  dankbar  erweist. 

Wahrhaft  lehrreich  ist  der  weite  Abstand  dieser  Urkunde 
TOS  den  oben  besprochenen  nächst  ältesten  Stücken.  Hier  spüren 
vir  noch  althellenischen  Hauch :  Worte  knapp,  aber  kräftig,  Ehren 
tpursam,  aber  bedeutsam  —  dort,  etwa  150 — 200  Jahre  später, 
lekn  der  neue  Geist,  redselig,  zu  efiPektvolIer,  augenföliiger  Be- 
ÜüUigung  seiner  Triebe  neigend. 

Wir  wenden  uns  endlich  dem  Boden  der  eigentlichen  Hellas 
IQ.  Bei  einer  Durchmusterung  der  steinernen  Archive  des  freien 
Athen  in  der  schier  endlosen  Reihe  von  Ehrendekreten  unsere 
Species  nicht  zu  finden  wird  uns  nicht  überraschen:  der  Staat 
W  wichtigere  Aufgaben  als  den  Tröster  bei  Todesfällen  alltäg- 
Bcher  Art  zu  spielen,  und  bei  schweren  staaterschütternden  Schick - 
losschlagen  trat  das  Institut  des  επιτάφιος  von  Staatswegen  in 
Kraft'.     Ich  finde  in  Athen  selbst  überhaupt  nur  eine  Urkunde, 


^  £gger'8  fast  gleichzeitige,  gänzlich  verunglückte  Behandlung 
dieier  Inschrift  im  BCU.  IX  S.  375fif.  erwähne  ich  nur,  um  vor  ihr  zu 
varnen.  Latyschev  selbst  hat  dieselbe  verwundert  abgelehnt, <^ber  an 
etaem  leider  sehr  Wenigen  zugänglichen  Orte,  in  seinem  russisch  ge- 
lehriebenen  Buche  über  Geschichte  und  Verfassung  der  Stadt  Olbia 
[Petersburg  1887)  S.  &2  f. 

*  Der  vierte  und  letzte  Theil  des  λόγος  επιτάφιος  war  nach  den 


452  Buretoh 

welche  der  in  Sede  stehenden  Speciee  zwar  nicht  angehört,  aber 
doch  nahe  verwandt  ist,  das  um  die  Mitte  des  2.  Jahifa.  n.  Ch. 
yerfaeete  Ehrendekret  CIA.  III  2^.  Hier  wird  heechlossen,  die 
ErlauhnisB  zu  ertheilen,  dass  einem  biederen  Jüngling  ans  alt- 
angesehener  Familie,  der  verstorben  (προμοίρως  τέθνηκ€ν  Ζ.  10), 
eine  Ehrenstatne  anf  der  Bnrg  gesetzt  werde,  ^  damit  die  Huma- 
nität —  so  wage  ich  das  unübersetzbare  φιλανθρωπία  hier  wie- 
derzugeben —  der  Stadt  allm&nniglich  bekannt  werde'. 

Damit  sind  wir  wieder  in  das  Zeitalter  versetzt,  welchei 
uns  bisher  meistens  beschäftigt  hat.  Dass  aber  das  ψήφΚΤμα  πα- 
ραμυθητικόν  schon  wenigstens  ein  volles  Jahrhundert  früher  in 
Athen  sowie  imPeloponnes  vollständig  ausgebildet  im  Gebraneke 
war,  lehrt  uns  ganz  neuerdings  eine  Beihe  von  Urkunden  au 
dem  epidaurischen  Asklepios-Heiligthnme,  welche  zwischen  66  and 
68  n.  Ch.  verfasst  worden  sind*. 

Der  Fall  ist  folgender.  Titus  Statilius  Lamprias,  derSpro« 
einer  sehr  vornehmen,  aus  Athen  stammenden,  aber  in  Epidtnna 
ansässigen,  auch  in  Lakedämon  und  Argos  mehrere  Hitglieder 
zählenden  Familie  '  starb  zu  Epidauros  in  sehr  jugendlichem  Alter. 
Die  Kunde  kommt  nach  Athen,  und  hier  fasst  nach  einer  Vorbe- 
rathung  des  Areopags  eine  ordentliche  Volksversammlung  den 
glücklicher  Weise  völlig  erhaltenen  Beschluss  (n.  207),  dem  Ver- 
storbenen auf  der  Burg,  im  Heiligthume  von  Eleusis  (neben  dea 
Bildsäulen  seiner  Ahnen)  und  im  Asklepieion  von  Epidauros  Sta* 
tuen  zu  weihen,  ferner  aber  eine  Commission  mit  der  Ueberbrin* 
gung  des  Dekrete  nach  Epidauros  sowie  mit  der  ofßziellen  Trö- 
stung der  dortigen  —  namentlich  aufgeführten  —  Hinterbliebenet 
zu  betrauen,  ^  damit  so  allmänniglich  Athens  Gesinnung  vor  Ari(p^ 


Vorschriften  der  Rhetorik  (wie  schon  Plato  ausführt)  der  Tröstung  dff 
Hinterbliebenen  zu  widmen,  und  thatsachlich  entspricht  die  Leichenrede 
des  Hyperides  dieser  Vorschrift:  s.  meine  Consolationum  .  . .  IMfi^ 
eritica  p.  7.  91. 

^  Dieser  Zeit  weist  Dittenberger  a.  0.  das  Dekret  nach  sicheret 
Anzeichen  zu. 

«  P.  Cavvadias,  Fouilles  dΈpidauΓe  I  (Athέnes  1893),  S.  67  if. 
n.  205 — 211.  Die  Datirung  der  Inschriften,  welche  als  ganz  gesichert 
zu  betrachten  ist,  wird  a.  0.  S.  69  begründet.  Ich  bemerke,  dass  Gi^ 
vadias'  exakter  Schluss  sich  nur  auf  n.  205—7  bezieht,  dass  aber  die 
^anze  Reihe  n.  205—211  nach  ihrem  Aeussern  wie  nach  ihrem  Inbak 
auf  das  Engste  zusammengehören.     Die  Inschriften    stehen    auf  Btiea 

8  Siehe  n.  207  Z.8— 13;  vgl.  n.  206  Z.3f. 


Die  grieobitchen  TroetbeachlÖBse.  463 

trete,  welche»  wie  sie  überhaupt  bei  keiner  Gelegenheit  gegen• 
ftber  biederen  ond  ausgezeichneten  Männern  in  Hellas  sich  ver- 
lingnet»  besonders  bei  derlei  Schicksalsschlägen  nicht  unth&tig 
bleibt,  sondern  alle  mögliche  Ehre  den  Verstorbenen  und  Trost 
den  unglücklichen  Hinterbliebenen  zu  Theil  werden  lässt'^• 

In  der  Begründung  des  Beschlusses  fällt  uns  auf,  dass, 
vihrend  der  persönlichen  Vorzüge  des  früh  Verstorbenen  (Z.  6 
συμβέβηκεν  . .  .  πρό  ώρας  Τ€λ€υτήσαι)  nur  in  einer  Zeile  (Z.  7) 
in  allgemeinen  Ausdrücken  gedacht  wird,  die  ausserordentliche 
Tornehmheit  und  Verbreitung  seiner  Familie  in  fünf  Zeilen  sehr 
aoiföhrlich  dargelegt  und  schliesslich  gar  noch  hinzugefügt  wird, 
dii8  der  Todte  auch  der  höchsten  Ehre  unter  der  Sonne,  des 
iSmischen  Bürgerrechts  gewürdigt  gewesen  sei  (Z.  8 — 14).  Ueber 
den  Gesammtcharakter  der  Urkunde  werden  wir  urtheilen»  dass 
lie  in  ihrer  nicht  recht  lapidaren  Bedseligkeit  den  Stempel  des 
greiien  Griechenthums  trägt,  dass  sie  sich  aber  durch  ihre  duroh- 
•ns  korrekte  Fassung'  und  Sprache  weit  über  die  bisher  behan- 
delten Dekrete  gleicher  Art  erhebt:  sie  ist  eben  in  Athen,  und 
noch  im  1.  Jahrh.  n.  Ch.  yerfasst. 

Aber  nicht  nur  den  formlichen  Volksbeschluss  der  Athener 
tteilt  uns  die  epidaurische  Basis  mit,  sondern  auch  den  Vorbe• 

^  Z.  21  f.  Iva  TOUTUiv   πραττομένων  φα(νηται  φανερά   π&σιν  ή 

Αθηναίων  γνώμη  καΐ  έν  μηδ€νΙ  καιρφ  ένλείπουσα  προς  τους  αγαθούς 

Μΐ  ένδ^ους  τών  έν  τή  *  Ελλάδι  ανδρών  μηδ'  έν  ταΐς  τοιαύταις  συμφο- 

ροίς  άμ€λοΟσα,  άλλα  τήν  τ€  δυνατήν  τιμήν  τοΐς  τ€Τ€λευτηκόσι  καΐ  παρα- 

ΐηιθίαν  τοΙς  2^ώσι  καΐ  ήτυχηκόσι  παρεχομένη.     Dazu  vgl.   anseer   den 

Sogangsworten  des  oben  behandelten  Dekrete  CIA.  III 2  (Z.  7  f.)  έπ€ΐδή 

ΐέτριόν  έση  τή  βουλή  τους  άπό  τής  *  Ελλάδος  άνδρας  καΐ  cO  γεγονότος 

Ι-  ΥομΑν  καΐ  2:ιΧτντας  κάν  τοΟ  β(ου  μεταστώσιν  auch  deesen  Sohlnesworte 

.  Ληΐίς  αν  τούτων  πραττομένων  ή  τής  πόλεως   φιλανθρωπία  τοΐς  καλοΐς 

■Ατβθοΐς  τών  ανδρών  ύπάρχουοι  φανερά   πάσι  γείνηται.     £e   verdient 

Irwihnnng,  daee  in  diesen  Worten  das  Glied  τοΙς  καλοΐς  —  ύπάρχουοι 

>H  φιλανθρωπία,  nicht   etwa   mit  πάσιν   zu  verbinden  ist  (oder  zu  1. 

Μ(»χουσα?);    das   lehrt    die  Vergleichung  der  enteprecheiiden  Worte 

fo  epidanriscben  Inschrift. 

'  Das  Praeekript  iet  für  eine  nach  andern  von  Swoboda  a.  0. 
8. 190  ff.  behandelte  Frage  der  Geschichte  des  athenischen  Staatsrechts 
meht  unwichtig.  Dasselbe  stellt  sich  insofern  zu  dem  unter  Augustos 
Vttfsssten  Dekret  CIA.  III  1,  als  es  den  στρατηγός  έπΙ  τά  βπλα,  wel- 
jber  in  dem  oben  aufgeführten  Dekret  hadrianischer  Zeit  CIA.  III  2 
t  δ.  als  Antragsteller  erscheint,  nicht  (oder:   noch  nicht?)    kennt; 

l  den  Antrag  stellt  dieselbe  Person»  welche  ihn  vorher  im  Areopag  ein- 

[  gebracht  hatte  (n.  206). 


4&4  Buresch 

echluss  des  Areopags  —  mit  teohniecheniy  in  dembeepre- 
chenden  Urkunde  selbst  Z.  12  gebranehten  Ausdraok  ύπομνημα- 
τκτμός  genannt,  —  und  damit  ein,  soweit  ich  sehe,  bisher  bei- 
spielloses Dokument^  (n.  206).  Uns  interessirt  dasselbe  biei 
insofern,  als  es  den  später  zum  Yolksbesohluss  erhobenen  Antrag 
betreffs  des  verstorbenen  Lamprias  offenbar  im  ersten  ganz  fluch- 
tigen, schlecht  und  völlig  unlapidar  stiJisirten  Entwürfe  enthält 
Man  sieht,  der  Antragsteller  redet  im  Kreise  unter  einander  be- 
kannter Leute,  der  Areopagiten,  über  eine  als  bekannt  vorans- 
gesetzte  Sache  ganz  famil&r;  yergisst  er  doch  in  den  Eingangs- 
worten έττηλλαχότος  έν  Έπιοαύρψ  νεανίου  διασημότατου  nsw 
das  Wichtigste,  den  Namen  der  in  Bede  stehenden  Person  η 
nennen !  Höchst  nachlässig  und  hässlich  sind  zwei  logisch  und 
grammatisch  auf  verschiedenen  Stufen  stehende  eedankengliedei 
einander  beigeordnet  (έπηλλαχότος  έν  Έπιοαύρψ  vcaviou  - 
και  ήρπασμένου) ^.  Einigermassen  lustig  ist  es  nun  zu  beob 
achten,  dass  der  Bedner,  während  er  offenbar  bestrebt  ist,  seinen 
Antrag  eine  möglichst  gedrängte  Form  zu  geben  —  das  beweiaei 
die  vielen  participialen  Einschachtelungen,  als  έπηλλαχότος " 
ήρπασμένου  —  αΐρεσιν  τήν  πορευθησομίνην  καΐ  παραμυθηίο 
μίνην  ■  —  ανδριάντας  . . .  τήν  έπιγραφήν  ίχοντας  —  όττομνη 


^  Die  Formel  καθ'  ύπομνηματισμόν  τής  έΕ  *Αρ€(ου  πάγου  βουλή 
ο.  ä.  findet  eich  in  attischen  Weiheinschriften  häufig,  z.B.  CIA.  ΙΙΙί'ί^ 
(wenig  jünger  als  unsere  Inschrift),  wo  s.  Dittenberger. 

2  .  .  Τ€ΐμοσθένης  .  .  fXcEcv  έπηλλαχότος  έν  Έπιδαύρψ  veoviö' 
διασημότατου,  €ύγ€ν€ίςι  κ€χρημένου  έπΙ  άπάσης  τής 'Ελλάδος  άττό  τ€  τύ»' 
παρ'  ήμίν  έπιφανβστάτων  ανδρών  καΐ  άπό  τΦν  ένδοΕοτάτων  ^ν  τή  Ε^ 
λάδι  πόλεων  καΐ  ήρπασμένου  ύπό  τοΟ  δαίμονος  άπό  μεγίστων  ίΚηϋ^ 
uew.  —  Die  Bedeutung  von  έπηλλαχότος  (das  nicht  etwa  aus  μετηλλο 
χότος  verlesen  ist)  weiss  ich  nicht  zu  bestimmen.  Dass  das  ΛΥοΗ  έιτβλ 
λάσσειν  hier  singulär  in  der  Bedeutung  von  μεταλλάσσειν  gebrsacb 
sei,  halte  ich  für  ausgeschlossen:  denn  vom  Ableben  der  Person  ister^ 
im  Folgenden  die  Rede  (καΐ  ήρπασμένου  usw.)  und  dann  kehrt  ^ 
Wort  im  lakedaimonischen  Dekret,  zwar  in  unbekanntem  ZusamiQ^ 
hange,  aber  doch  in  einer  die  Bedeutung  des  Sterben•  ausschliessendei 
Verbindung  wieder:  Z.  16  έπαλλαχότος  ούχ  ώς  Ιδίους  άλλ'  ο  («oh 
ώ[ς).  —  Ζ.  β  heisst  es  έλέσθαι  αϊρεσιν  Ζ.  13  κατεστάθη  αΐρεο^ 
auch  dies  αϊρεσις  =  πρεσβεία  ist,  glaub  ich,  der  Sprache  der  Inschrifte 
fremd,  wie  es  denn  an  den  ontsprech enden  Stellen  des  Volksbeschlus« 
auch  Z.  19  ^λέσθαι  πρεσβείαν  und  Ζ.  25  πρέσβεις  είρέθησαν  (d. 
ήρίθησαν  st.  ήρέθησαν)  heisst. 

3  Den  hellenistischen  Gebrauch   des  Participium   i\ituri   ansti 


Die  griechischen  Trostbeechliisse.  455 

ματισμόν  σημηναμένον  —  doch  für  eine  pathetische  Floskel 
Baam  hat:  in  den  Worten  ήρττασμενου  ύπό  του  δαίμονος  άπό 
μ€τί(Ττων  έλπίΐπϋν  έν  τή  πρώτη  του  βίου  ήλικίςι  finden  wir 
alte  Bekannte  aus  den  früher  durchmusterten  Tröstungsdekreten 
wieder. 

Es  ehrt  den  Geschmack  der  Athener,  dass  sie  den  Yolke- 
begchluss  solcher  landläufigen  Verzierung  haben  ledig  sein  lassen ; 
dass  sie  aber  ausser  dem  Volksbeschluss  auch  den  so  brouillon- 
artigen  Yorbesohluss  des  Areopags,  und  zwar  diesen  an  der  be- 
deutendsten Stelle  —  unter  der  Weiheinschrift  —  auf  ein  öffent- 
liches Monument  setzten:  das  bezeichnet  das  gesteigerte  Ansehen 
der  Behörde  in  jener  Zeit^. 

Dem  verstorbenen  Lamprias  sind  aber  auch  seitens  der 
andern  Städte,  in  welchen  seine  vornehme  und  sicher  sehr  einfluss- 
reiche  Familie  vertreten  war,  Ehren  erwiesen  worden:  auf  uns 
gekommen  sind  ausser  der  athenischen  die  drei  Basen  der  ihm 
▼on  Lakedaimon,  von  Epidauros  und  von  der  (sicher  epidaurischen) 
Vereinigung  der  Asklepiasten  geweihten  Statuen.  Die  Lakedai- 
monier  haben,  wie  die  Athener  ihrer  Weihinschrift  (in  welcher 
bezeichnender  Weise  das  Yerwandtschaftsverhältniss  des  Geehrten 
2U  den  in  Sparta  ansässigen  Gliedern  der  Familie  bemerkt 
wird)  ihren  umfänglichen  Volksbeschluss  hinzugefügt,  welcher 
trotz  der  vereinten  Bemühungen  Cavvadias'  und  LoUing's  nur  in 
seiner  zweiten  Hälfte  zu  entziffern  gewesen  ist.  Wir  haben  aber- 
mals ein  echtes,  völlig  ausgebildetes  ψήφισμα  παραμυθητικόν  vor 
πηβ.  In  seinem  begründenden  Theile  wurde  noch  ausführlicher 
Als  im  athenischen  Dekret  der  weiten  Verbreitung,  des  Alters 
*nd  der  Vornehmheit  der  Familie^   des  Verstorbenen  (Z.  1 — 9) 

eines  Absichtflsatzes  hat  neulich  Radermacher  in  diesem  Museum  S.  163  ff. 
^  ganz  besonders  bei  Diodor  beliebt  nachgewiesen. 

^  So  ist  diese  Urkunde  auch  für  die  Frage  der  Machterweiterung 
de«  Areopags  (s.  Swoboda  a.  0.  S.  192  f.),  die  wir  hier  nur  streifen 
können,  bemerkenswerth.  Die  Weiheinschrift  (n.  205)  *H  il  'Αρείου 
νάγου  βουλή  usw.  stellt  sich  zu  den  zahlreichen  attischen  Basen-Auf- 
echriften,  in  denen  der  Areopag  mit  Rath  und  Volk  zusammen  auftritt 
(2.B.  CIA.  III 617-24.  642-4.  649.  763.  768.  769.  780).  Es  mag  noch 
erwähnt  werden,  dass  die  thatsächlich  auf  der  Base  befindliche  Weihe- 
inechrift  wörtlich  der  im  Areopag-Beschluss  vorgeschlagenen  Fassung 
(Z.  10)  entspricht  und  ziemlich  stark  von  dem  im  Volksbeschluss  (Z.  17) 
bestimmten  Wortlaut  abweicht. 

*  Bruchstücke  wie  "Αργός  τό  ΓΓερσέως,  *  Ηρακλής  καΐ  Λύσανδρος 
(Ζ.  7  f.)  lassen  auf  Streifzüge  in  die  heroische  Vergangenheit  schliessen. 


456  Bnresch 

und  viel  beredter  und  wärmer  ale  ebendort  seiner  körperUcben 
und  geUtigen  Vorzüge  gedacht  (Z.  10  ff.).  Beeohloeeeii  wird  1) 
die  am  Ort  befindlichen  —  namentlich  aufgeführten  —  Verwandten 
des  Verstorbenen,  Sohweeter,  Schwager  und  Onkel,  persöDÜcb 
(κατά  πρόσωπον),  2)  durch  den  (von  einer  Commiaeion  zu  über- 
bringenden) Volkebeschluse  Grossvater  und  Eltern  des  Todten  za 
tröeten,  3)  diesen  endlich  durch  goldenen  Kranz,  ehernes  Stand- 
bild im  Gymnasium ',  vergoldetes  Brustbild  auf  dem  Harkte,  im 
Asklepiosheiligthum  von  £pidauros  durch  ehernes  Standbild 
und  femer  auf  dem  dortigen  Markte  durch  vergoldetes  Brustbild 
zu  ehren. 

Die  behagliche  Redseligkeit  dieses  Dekrete  steht  in  gutem 
Verhältniss  zu  der  erstaunlichen  Fülle  der  besoUossenen  Ehren« 
aber  in  sonderbarem  Widerspruch  zum  sprichwörtlichen  Bufe  der 
lakonischen  Einsilbigkeit;  als  besonders  auffallend  mag  her?o^ 
gehoben  werden,  dass  die  an  ihrer  Stelle  (Z.  10)  erträgücbe 
Phrase  ταΐς  τας  ψυχας  άρ€ταΐς  υπερβάλλων  τό  τας  άλικίας 
μέτρον  bei  der  Erwähnung  des  Kranzes  Ζ.  22  höchst  unpassend 
im  Wesentlichen  wiederholt  wird:  υπερβάλλοντα  τό  τας  άλικίας 
μέτρον  τςί  του  βίου  καλοκάγαθίςι.  Auch  für  Anführung  des  den 
Hinterbliebenen  zu  empfehlenden  Trostgrundes  hat  das  Dekret -^ 
wie  mehrere  oben  S.  440  ff.  behandelte  amorginische  Beschlüeee" 
Platz;  es  ist  das  menschlichste  aller  argumenta  consokUoria,  dte 
auch  von  den  Philosophen  nicht  verschmähte  und  seit  Menander'e 
τά  κοινά  κοινώς  b€i  φέρειν  συμπτώματα  in  keiner  Trosteehrift 
fehlende  Wort  τάς  κοινάς  απάντων  τύχας  κοιναϊς  μετρειν  λυ- 
παις  (Ζ.  21). 

Es  ist  nicht  ζα  bezweifeln,  dass  auch  Argos,  Epidauros  und 
die  epidaurischen  Asklepiasten  ähnliche  Beschlüsse  gefaset  haben; 
indessen  ist  von  der  Bethätigung  der  ersten  Stadt  zufällig  über- 
haupt nichts  auf  uns  gekommen  und  die  beiden  letzteren  haben 
eich  mit  der  Aufzeichnung  einfacher  Widmungen  auf  den  BaßCt» 
der  dem  Verstorbenen  von  ihnen  gesetzten  Statuen  begnügt. 

Der  Vollständigkeit  halber  führe  ich,  bevor  wir  den  Bod^* 
Griechenlands  verlassen,    noch    zwei  Zeugnisse    für   die  in  Re^® 
stehende  Art    von  Ehren-Dekreten  an.     Eines    ist    in    einer  3^^ 
metrischen  Inschriften    eines    thebanischen  Sarkophags    enthalt^^ 


^  Z.  23  εικόνα  χαλκ^αν  πείικάν,   doch   wohl    im  G^rensatz  ^ 
άνδριάς  έφιππος  gemeint.    Der  Ausdruck  scheint  mir  Singular  zu  sei^ 


Die  griechiechen  Troetbeschlüsee.  457 

gehört,   wie    der  jetzt  im  CIGGS.  2544   exakt  wiedergege- 
Schriftcharakter  lehrt  und  schon  von  Eaibel    ähnlich    ver- 

t  worden  ist  (Epigr.  502),  frühestens  dem  späten  3.  Jahrb. 

b.  an.     £s  heisst  dort  von  den  todten  Nedymos  v.  3  f. 
δν  δήμος  χρυσώ  στεφάνω  [κόσμησ^  έπ)  τει]μήν' 
βουλή  ταύτόν  ίπροΣε  παρητ[ορίην  θανάτ]οι[ο] *. 
Das  andere  Zengniss  enthält  die  Weiheinsohrift  einer  noch 
2.  Jahrh.    angehörenden    Herme    des    aus    vornehmem   Ge- 

chte    stammenden   Epheben    nnd   römischen   Bittere   Zenon, 

be  anfgestellt  wurde,  am 

πατρός  και  μητρός  Στρατόλας  παραμύθιον  είναι ^ 
Es  ergeben  sich  uns  sicher  zwei  ψηφίσματα  παραμυθητικά, 
des  Käthes  nnd  des  Volkes  von  Theben,  verbunden  mit  der 

sbtesten  Ehre  der  Bekränzung,    und    ein  athenisches  für  die 

Ό  eines  vornehmen,   früh    verstorbenen  Jünglings,    welches 

oben  behandelten,  anlässlich  des  Todes  des  vornehmen  Lam- 
gefassten  Volksbeschlusses  sehr  ähnlich  gewesen  sein  wird. 


Wir  haben  zum  Schlnss  noch  einen  Blick  in  die  römische 
t  zu  werfen,  um  hier  eine  ebenso  unvermuthete  als  will- 
nene  Ergänzung  des  bis  jetzt  gewonnenen  Bildes  unserer 
mg  von  Dekreten  zu  erhalten.  Das  kampanische  Neapolis, 
argriechische  Stadt,  welche  sich  mitten  in  der  römischen 
stets  als  griechische  Enklave  gehalten  hat,  bietet  uns  in 
Munden  CIG.  5836,  5838  und  5843  oder  CIGSl.  758, 
md  757  drei  recht  eigentlich  so  zu  nennende  Tröstungs- 
)te;  sie  erscheinen,  was  sehr  bezeichnend  und  natürlich 
η  Gewände  griechischer  Sprache;  freilich  sind  sie  ganz  und 


^  Meine  Ergänzungen  weichen  von  denen  KaibePs  und  Ditten- 
''s  etwas  ab:  die  übliche  Ergänzung  παρηγ[ορ{ην  ui]oto  füllt  die 
^us  angegebene  Lücke  bei  weitem  nicht  aus. 
«  Kaibel,  Epigr.  951  =  CIA.  III  7ö8a.  Wer  die  Henne  aufgestellt 
ird  nicht  gesagt,  was  nicht  beispiellos  ist.  Man  kann  an  sich 
l  an  einen  befreundeten  Epheben  wie  an  das  Corps  der  Epheben 
iistimmung  des  Areopags:  (έπι)ψηφισαμένης  τής  έ.  *A.  βουλής) 
üuch  an  den  Demos  denken.  An  den  letzteren  denke  ich  aus  dem 
nie  angedeuteten  Grunde,  trotz  des  Fehlens  einer  Ueberschrift 
πόλις  oder  ό  δήμος  oder  einer  Notiz  in  der  bekannten  Form  ή 
βουλή  καΐ  usw. 


458  Buresch 

gar  römisoh   gefaest,  d.  h.  Praeekripte   wie  Subskriptionen  sind 
die  bekannten  römiechen  und  der  offizielle  Stil  ist  rein  lateiniecb. 
Glücklicher  Weise  sind  die  Inschriften  sämmtlich  mit  Sicberbeit 
zu  datiren:    sie    gehören    der  zweiten  Hälfte    des  1.  Jahrb.». 
Wir  beginnen  mit  n.  760,  deren  drei  eng  zusammengehörige  De- 
krete genau  in  den  Sommer  des  J.  71  n.  Ch.  datirt,    also  höch- 
stens 5  Jahre  jünger  als  das  oben  (S.  452  ff.)  behandelte  atheniecbe 
Dekret  zu  Ehren  des  Lamprias  sind.     Sie  betreffen  die  frühzeitig 
verstorbene  (πρόμοιρος)   vornehme  Priesterin  Tettia    Casta.   Im 
ersten  werden  ihr  eine  Statue,  ein  vergoldeter  Schild,  auf  Stute- 
kosten von  ihren  Verwandten   zu  besorgendes  LeichenbegängDies 
und  ein  Platz  für  das  Grabmal  beschlossen;    im  zweiten  werden 
Belobigung  und  goldener  Kranz,  im  dritten  nähere  Bestimmung»!^ 
über  die  Begräbniss-Stelle  hinzugefügt  Die  Brüder  und  der  Gftt^^ 
der  Verstorbenen  vereinigten  die  drei  Dekrete  feierlich  auf  eine^ 
Marmorplatte,    welche    dem  von  ihnen    errichteten  Grabmal  tf^" 
gehörte  '. 

Inhaltlich  entsprechen  diese  wie  die  übrigen  oben  genannte^ 
Dekrete  von  Neapel  denen  der  griechischen  Welt    so    gut  als  i** 
der  Phraseologie    der  Begründung:   sowohl  die  £hren  als  Weo- 
düngen  wie  την  γνώμην   απάντων   όμολογουντας   κοινήν  eivc*» 
λύπην  την  πρόμοιρον  Τεττίας  Κάστας  τελευτήν  —  (AufzäUc»^ 
ihrer  Verdienste)  —  τιμαν  άνδριάντι  usw.  (760  Ι  Ζ.  7  f.).    Eio^ 
stilistisch  sonderbare  Variation  ist  der  Zusatz,  welcher  gelegen*' 
lieh  der  Erwähnung  der  Hinterbliebenen  (die  das  Leichenbegang' 
nies  besorgen  eollen)  gemacht  wird:    ους  δυ(Τχ€ρ€ς  έ(Ττιν  πορο- 
μυθήσασθαι  (Ζ.  10). 

Im  Aeussern  weit  weniger  feierlich,    aber  beredter   in  ^^^ 


1  Schon  die  älteren  Herausgeber,  auch  Franz,   merkten  an,  dft^* 
der  Zeuge  Poppaeus  Severus  in  n.  758  und  7(30  II,  Lucius  Pudens,  ^^^ 
nelius  Celeua  und  Fulvius  Probus  in  n.  757  und  760  II  erscheinen,  ^^' 
durch  die  Dekrete  sich  als  innerhalb  eines  Menschenalters  verfasst  ^' 
weisen. 

2  *  Tabida  marmorea*    notirt  Eaibel.     Nach  dieser  Angabe  s^^ 
ich  sowohl  n.  7G0  als  n.  757.  758,  deren  Aeusseres  in    den  mir  zug^^ 
lichee  Publikationen  nicht  charakterisirt  wird,    in  Beziehung  zu  Gr^* 
monumenten.    Ich  bemerke  dies,  weil  das  so  nahe  verwandte  lateini^^ 
Dekret  von  Puteoli  CIL.  X  1784  auf  einer  (einst  auf  oder  am  Grab*^. 
befindlichen)  Basis  steht.     Wir  haben  also  in  allen  diesen  Fällen  —   "^ 
in  Antiochia,  Aphroditfias,  Knidos,  Amorgos  und  Olbia  —  mit  monuiii  *^ 
talen  Grabinschriften  zu  thun. 


I 


Die  griechischen  Trostbeechlüsse.  459 

I  besonders  angehenden  Bestandtheilen  ist  n.  758,  welche  den 
äeslich  des  Todes  eines  jungen  Mannes  ans  angesehener  Bür- 
familie  Neapels  gefassten  Senatsbeschluss  mittheilt:  παντί  μϊν 
UiTij  συνόχθεσθαι  beiv  έπι  τέκνου  τελευτή,  μάλιστα  hk 
Γταουίψ  Καπραρίψ  ovbpi  όειολόγψ,  βιουντι  έτηεικώς  καΐ  όγο- 
ι^ομήσανη  σεμναις,  άποβαλόντι  υ\όν  Καπράριον  νεώτερον, 
ιαρτυρημένον  ύφ'  ημών  bm  τε  την  τών  τρόπων  κοσμιότητα 
ι  bia  την  όμοίαν  τώ  πατρί  έπιτελεσθεϊσαν  αύτψ  όγορανομίαν* 
ιραμυθεΐσθαι  ουν  αυτόν  οημοσίςι  καΐ  Μοοσθαι  τόπον  εΙς 
bείαv,  δν  δν  6  πατήρ  αύτοΟ  έληται. 

Das  ist  ein  gut  griechisches  ψήφισμα  παραμυθητικόν ;  viel 
nischer  ist  der  Charakter  des  wortkargen  Dekrets  n.  757,  in 
Ichem  dem  verstorbenen  Sohne  eines  angesehenen  Bürgers  eine 
>D  den  Hinterbliebenen  aaszuwählende)  Grabstelle  und  20  Pfund 
sihrauch  fiir  die  Leichenfeier  ausgeworfen  werden,  nur  mit  dem 
rzen,  noch  dazu  echt  römisch  abgekürzten  Zusatz  am  Ende: 
παραμυθ(ίαν)  γονέων.  (Folgt  die  lateinische  Dedikation  der 
-em.) 

Abgesehen  vom  Formellen  erinnert  uns  besonders  der 
ren -Weihrauch  daran,  dass  wir  uns  in  der  römischen  Welt 
finden.  £ben  diese,  allen  griechischen  Dekreten  dieser  Art 
>inde  Ehrenbezeugung  aber  begegnet  uns  wieder  in  einer 
len  neapolitanischen  Inschriften  nahe  verwandten  lateinischen 
ubinschrift  von  Puteoli^  Dieselbe  zerfällt  wie  die  Seiten- 
icke von  Neapel  in  zwei,  freilich  äusserlich  schärfer  getrennte 
teile,  in  die  (hier  nach  römischer  Weise  sehr  ausführliche)  D  e- 
ίkation  und  das  zu  Ehren  der  Verstorbenen,  einer  vornehmen 
ateolanerin  zu  Stande  gekommene  Dekret.  In  letzterem  heisst 
>  nach  dem  den  gestellten  Antrag  enthaltenden  Vordersatz  Z.  8f.: 
^tasse  quidem  singülos  universosque  nostrum  in  honorem  Curti 
^ispini  (des  Gatten)  . .  .  item  Gavi  (des  Vaters)  .  .  Gaviae  Mar- 
ewoe  (der  Verstorbenen)  r.  w.  /.  vivae  poHus  honoris  conferre 
<Oflt  ad  huius  modi  decretum  prosUire  ut  de  solacio  viventium 
^^eremtis:    [s]e[t\^   ideo   quod  pertineat   etiam   ad  memoriam 


1  CIL.  X  1784.  Ich  verdanke  ihre  Kenntnise  Kaibel,  der  a.  0. 
^  n.  757  wegen  des  Weihrauches  auf  sie  verweist.  —  Im  Commentar 
^  ihr  verweist  wiederum  Mommsen  für  dieselbe  Sache  auf  eine  ver- 
andte  Grabinschrift  N.-Italiens:  CIL.  V  337. 

^  So  schreibe  ich  für  das  El  des  Steines,  an  Stelle  dessen  M.  et 
tzeo  oder  aber  das  ei  in  Z.  13  streichen  möchte. 


460  Baresch  Die  griechischen  Troetbetdilaiw. 

pueUae  ipsiiM  cohanestandam,  placere  huic  ordmi  funus  puhli' 
cum  ei  decerni,  ferner  10  Pfund  Weihrauch  und  Schenkung 
der  von  den  Hinterbliebenen  auszueuchenden  Plätze  ftlr  drei  eben- 
falls vom  Antrag  geforderte  Statuen  der  Verstorbenen. 

Also  wiederum  ein  richtiges  decretum  consolatorüimy  freilich 
von  den  griechischen  Dekreten  durch  den  strengeren  Ton  römi- 
schen Lapidarstils  merklich  abweichend.  Der  begründende  Theil, 
welcher,  dem  Preise  der  zu  ehrenden  Person  geweiht,  in  den  von 
uns  betrachteten  griechischen  Dekreten  einen  so  breiten  Baum 
einnimmt,  fehlt  hier:  indessen  hat  der  Vater  privatim  in  seiner 
Dedikation  die  wortkarge  officielle  Urkunde  redselig  ergänzt• 
Nachdem  er  der  verstorbenen  Tochter  gesellsohaftlichen  Bang 
ausführlich  auseinander  gesetzt  hat,  fährt  er  Z.  10  fort:  huiecvm 
ob  eximium  pudorew  et  admirabilem  castitatem  inmatura  et 
acerba  morte  interceptae  res  p,  funus  usw.  .  .  .  decremsetf 
M,  Gavius  JPuteolanus  pater  hon{ore)  decreti  contentus  suapegm^ 
posuiL 

Wir  sind  mit  unserer  Umschau  und  zugleich  mit  unierer 
Aufgabe  fertig.  Sollte  uns  trotz  der  aufgewendeten  Aufmerksam' 
keit  ein  oder  das  andere  Beispiel  der  behandelten  Species  grie* 
chischer  Dekrete  entgangen  sein,  so  wird  man  das  mit  der  weitest 
heute  kaum  noch  ganz  zu  übersehenden  Zerstreuung  und  der  fast 
täglichen  Vermehrung  der  griechiechen  Inschriften  entschuldigen ; 
einen  neuen  wesentlichen  Zug  kann  ein  neues  Exemplar  ange* 
sichts  der  reichen,  öfters  bis  zur  Monstrosität  überreichen  Aus- 
bildung der  von  uns  gesammelten  und  betrachteten  £xemplaf^ 
schwerlich  bieten.  Das  ψήφισμα  παραμυθητικόν,  eine  Abart  des 
Ehrendekrete,  kann  nicht  älter  als  das  hellenistische  Zeitalter  eein 
—  dem  althellenischen  Geiste  ist  es  zuwider,  private  Angele• 
genheiten  in  das  Licht  des  öffentlichen  Lebens  zu  ziehen;  — j^i 
es  ist  in  seiner  eigentlichen  Ausbildung  gewiss  erst  ein  Erzeug' 
nies  des  im  römischen  Weltreiche  wirklicher  politischer  BetbS^' 
gung  entzogenen,  in  kleinbürgerlichen  Interessen  aufgehenden  gti^' 
chischen  Geistes.  Diese  an  sich  nahe  liegende  und  durch  ^^ 
bisher  vorliegende  Material  bestätigte  Anschauung  wird  du^^ 
etwa  neu  hinzukommendes  kaum  widerlegt  werden. 

Athen.  K.  Buresch. 


461 


Pasparios. 


ΤΤα(Τπάρι  ο  ς  war  nach  Hesychioe  eine  BezeiolmaDg  des  Apol- 
Q  auf  Faros  und  in  Fergamon.  Lobeck  ^  scheint  darin  eine  redupli- 
srte  Form  von  Πάριος  gesehn  zu  haben.  Es  kann  das  Wort  nur 
getheilt  werden:  πα-(Ττταριος ;  das  zweifellos  yorauszusetzende 
IV-  hat  den  za  9  angeglichenen  letzten  Laut  vor  der  Doppel- 
nsonanz  απ  eingebüsst.  Dem  zweiten  Bpstandtheile  liegt  eine 
drbalwarzel  zn  Grunde,  welche  durch  mehrfachen  Lautwechsel 
th  mit  anderen  Wurzeln  berührt  und  darum  Schwierigkeiten 
Eicht  ^.  Diese  Wurzel  tritt  zunächst  mit  wechselnder  muta  auf, 
Id  (Τπαρ-  bald  (Τκαρ-,  ausserdem  scheint  auch  die  liquida  ge- 
gentlich  in  l  übergegangen  zu  sein.  Die  Bedeutung  war  unzwei- 
Lbaft  zappeln,  zucken,  sich  unruhig  und  unstet  bewegen. 

(Τπαρ-  liegt  vor  in  σπαίρ€ΐν  pcUpitare,  und  durch  den  häufig 
3T  schwerer  Doppelconsonanz  auftretenden  vocalischen  Vorschlag 
fweitert  όσπαίρειν. 

(Τκαρ-  in  (Τκαίρειν  hüpfen  von  Thieren,  doch  auch  von  Men- 
chen  (Hom.  Σ  572  μολττή  τ'  Ιυγμψ  T€  ποσΐ  σκαίροντες  ίποντο). 
E^avon  το  σκάρος  Sprung  (Et.  Μ.  723,  3)  und  wohl  auch  der 
äeefiech  6  σκάρος ' ;  σκαρία  *  παώιά  (Hesych.)  und  σκάρτας  • 
^οχύς  (Hesych.);  femer  σκαρθμός  das  hüpfen,  springen,  ϊπποι 
-^αρθμοι  (Ν  31).     Eine  Ableitung  des  alten  Zeitworts  enthält 


^  Lobeck,  Pathologiae  gr,  serm.  elementa  1,  167. 

3  lieber  die  Wurzel  hat  G.  Curtius,  Gr.  Etym.  n.  389  nicht  eben 
^UQgend  gehandelt;  bei  Pott,  Wurzelwörterb.  II  1  p.  420 ff.  ein  tolles 
5**rclieinander.  Die  Schrift  von  J.  Suman,  Die  Wurzel  spar-  im  Sla- 
iscbeo  und  in  den  verwandten  Sprachen  (im  Jahresbericht  des  k.  k. 
■^aderaiechen  Gymnasiums  zu  Wien  vom  J.  1875),  welche  ich  der  Güte 
^  Herrn  Direktors  Slameczka  verdanke,  geht  auf  die  oben  betrach- 
^^  Wortgruppe  nicht  ein. 

8  Oppian,  Kyneg.  1,  61  erwähnt  einen  Seefisch  όρχηστήρα. 


462  üseneir 

auek  σκαροαμύττειν  bÜDzeln,  zneammengeeetzt  mit  dem  kirn- 
bium  (Τκαρ-ba^  das  gebildet  ist  wie  κρύβ-ba  μίγοα  new.  Secnn- 
däre  Fortbildung  zeigt  (Χκιρταν  hüpfen,  tanzen,  mathwillig  spie- 
len: das  vorauszueetzende  Nomen  ist  erhalten  in  (Γκίρτος:  Cor 
nutuB  30  p.  59,  8  L.  o\  Σκίρτοι  άττό  του  σκαίρειν  (Satjni), 
auch  Σκίρτος  Name  eines  Satyrs  bei  Dioskoridee  Anth.  Pal.  ΥΠ 
707,  3  und  Nonnos  Dion.  14,  111.  Yocalvorsohlag  kommt  aacb 
hier  vor,  in  dcTKapiZuü :  Kratinos  (Mein.  Com.  II  p.  83)  δ  h' 
ήσκάριΣε  κόπέτταροεν ;  Aristophanes  gebrauchte  όπα(Τκαρί2[€ΐν 
(Meineke  II  p.  1154),  Menander  όττασκαριαι  γέλωτι  (Mein.  IV 
ρ.  288)  ^  sich  vor  lachen  schütteln  \  Die  Volgärsprache  liesfl 
den  Vorschlag  fallen :  σκαρ(2Ι(υ  (Moeris  p.  35  Pierson),  und  nun 
belehren  uns  andere  Atticisten^,  dass  man  (ΤπαρίΣειν,  nicht  (ίκα* 
pU[€iv  sagen  müsse :  da  haben  wir  ein  unmittelbares  Zeugnise 
für  die  £inerleiheit  von  σπαρ-  und  σκαρ-. 

Der  Wechsel  der  liquida  tritt  im  Griechischen  am  deatlich• 
sten  hervor  in  όσπαλιεύειν  fischen  und  όσπαλιευτής  Fischer; 
δ(Τπαλος  Fisch  kennen  wir  nur  als  Glosse  der  Athamanen  (Hee.). 
In  Smyma  Eigenname   Α(Τπάλιος. 

Frühzeitig  hat  die  Wurzel  Anwendung  auf  das  Licht  er- 
halten, um  unruhige  Bewegung  desselben,  Flimmern  auszudrücken. 
Die  entsprechenden  Stämme  des  Sanskrit  zeigen  dieselbe  Doppel- 
seitigkeit :  sphur  ist  auch  coruscare^  ja  fulgere  (vom  Sonnengott 
Vivasvat),  und  sphar  sphal  kommt  intransitiv  vor  gleich  (pci* 
νε(Τθαι.  Im  Deutschen  hat  sich  die  Anwendung  auf  Licht  lange 
erhalten  in  dem,  wie  E.  von  der  Hellen  *  bemerkt  hat,  auf  die 
gleiche  Wurzel  zurückgehenden  ahd.  spilon  mha.  spiln  nhd.5/w^ 
len.  Im  ahd.  wird  spilon  zur  Uebersetzung  von  eamltare  ver 
wandt,  und  ist  bereits  in  die  freiere  Bedeutung  lascivire  luä(f^ 
übergegangen,  wie  mhd.  das  Nomen  spil  durchweg,  ein  Beden- 
tungswechsel,  der  zweifellos  durch  die  ursprüngliche  Anwendung 
auf  Tanz  vermittelt  ist.  Aber  noch  im  mhd.  hat  sich  die  ß^' 
deutung  ^zuckend  leuchten,  blinken'  in  zahlreichen  Anwendungen 
erhalten,  z.  B.  bei  Walther  v.  d.  Vogelweide  Str.  213,  2  (Wackern.) 
same  sie  (die  Blumen)  lachen  gegen  der  spilnden  sunnen 
265,  3  du  Irrest  liebe  uz  spilnden  ougen  lachen  Κοβ^ο* 
garten  v.  180  Gr.  do  sehent  ir  mit  spilenden  ougen   m*' 


^  Photioe  lex.  p.  20,  15  Eustath.  zur  Ilias  p.  947,  13. 
2  Goethes   Antheil    an   Lavaters    physiogn.  Fragmenten   (Bonner 
Dissert.  1888)  S.  34  These  V. 


Pasparioe.  463 

schoene^  megetin;  auob  die  ursprünglichste  Bedeutung 
3gnet  noch  in  jener  Zeit,  Der  Minne  Spiegel  N.  639  (Erlösung 
V.Bartsch  p.  263)  von  fröuden   spilt  da^  herze  min. 

Die  Lateiner  gebrauchen  für  das  schimmern  und  flimmern 
Lichtes  coruscus,  coruscare  usw.,  besonders  gern  vom 
tterleuchten,  dem  fulgur.  Dass  es  denselben  Ursprung  hat, 
den  wir  kaum  geahnt  haben,  wenn  nicht  die  App.  Probi  GL. 
p.  198,  82    lehrte  coruscus,    non    scoriscus.     So  findet 

bei  H.  Stephanus  p.  237  (Corpus  gloss.  lat.  III  p.  347,  16) 

Glosse  scorusoatio:  ό(Ττραπή,  und  in  der  Cambridger 
ersetzung  des  Lucasev.  1 7,  24  '  sicut  scoruscus,  qui  scomscat 
ib  caelu  (Loewe  Prodromus  p.  356);  in  den  Actus  Petri  cum 
one  (p.  68,  31  Lips.)  'refulsit  triclinium,  in  quo  erant,  tam- 
u  cum  scoruscat,    sed    talis  (fulgorN   qualis  solet  in  nubibus 

.  Die  Volkssprache  hatte  also  den  alten  Lautbestand  soor- 
ahrt. 

Der  Gedankengang,  der  hier  zu  Tage  tritt,  wird  anschaulich 
ih  eine  sprichwörtliche  Redensart,  welche  die  Grammatiker 
aufbewahrt  haben  (s.  die  Göttinger  Paroemiogr.  1,  114): 

λύκος  π€ρι  φρέαρ  (lies  φρήρ)  χορεύει. 

16  Form,  obwohl  es  ein  sehr  frei  behandelter  alterthüm- 
3r  Paroemiacus  ist,  verweist  den  Vers  etwa  in  die  Zeit  der 
3  attischen  Komödie,  viel  früher  ist  er  schwerlich  entstanden. 
irlich  nicht  der  Wolf,  sondern  das  Licht  tanzt  um  den  Brun- 
:  der  Lichtstrahl  blitzt  bald  hier,  bald  da  von  der  Oberfläche 
Wassers  auf,  er  scheint  zu  spielen. 
Hier  hat  die  Sprache  unwillkürlich  Dichtung  gesohafi'en,  die 
frühe  zu  Sage  und  Cultusbrauch  verdichtet  hat.  Es  war 
emeiner  Glaube  in  Deutschland,  England  und  Frankreich,  und 
1  heute  ist  er  nicht  ganz  ausgestorben  \  dass  am  Weihnaohts- 
gen,  also  zur  Wintersonnenwende,  oder  am  Ostermorgen,  dem 
srstehungstage  des  Heilands,  die  Sonne  drei  Freudensprünge 
he  oder  dass  sie  tanze:  man  steigt  vor  Sonnenaufgang  auf 
Berge,  um  das  Schauspiel  zu  betrachten.  Nach  französischem 
iben  Vastre  doit  danser.  Anderwärts,  so  z.  B.  bei  den  Letten, 
es   dagegen    der    sommerliche    Sonnwendtag,    der    Johannis- 


^  A.  Kuhn,  Sagen  usw.  aus  Westfalen  2,  142  n.  412.  Geschichte• 
er  für  Stadt  und  Land  Magdeburg  1880  S.  263  n.  33.  Für  die 
en  bezeugt  dasselbe  Einhorn  in  den  Scriptores  rerum  Livou.  2,  651. 


464  üeenei^ 

tag,  wo  man  am  Morgen  die  Sonne  kann  hüpfen  and  tansen  seiend 
Für  die  Griechen  kann  es  genügen  daran  zu  erinnern,  dase  nacli 
der  Odyssee  (μ  4)  auf  der  Insel  Αίαίη,  dem  Wohnsits  der  Sonnen- 
tochter Eirke,  χοροί  €ΐσι  καΐ  άντολαΐ  ήελίοιο. 

Unweigerlich  musste  sich  diese  Yorstellnng   in   die  Forde- 
rung umsetzen,  das   aufgehende  Gestirn,    wenn    nicht   alltäglich, 
doch  an  dem  Tage,  wo  es  einen  neuen  Lauf  anzutreten,  alsonea 
geboren  schien,    mit  feierlichem  Tanze  zu  empfangen.      Das  ist 
der  Ursprung  und  Sinn  des  uralten  Sohwerttanzes,    den    wir  bei 
Griechen,  Italikem  und  Germanen,    auch  bei  Slaven  finden,  der 
griechischen  pyrrkhe.     Die    Spuren    des    germaniichen   Brauch•,' 
welche  E.  Müllenhoff'  sorgfältig  gesammelt    und  bearbeitet  bat, 
weisen  darauf  hin,  dass  der  Tanz  eine  Cultushandlung  war,  welche 
ursprünglich  an  die  Zeit  der  Wintersonnenwende    gebunden  war. 
Wenn  zu  Sparta  die  Gymnopaedien,  das  bekannteste  Fest,  an  dem 
die  Pyrriche  ihre  feste  Stätte  hatte,  in  den  Hochsommer,  nnmit' 
telbar  nach  Sommersonnenwende  fielen,    so    darf   man   daran  er- 
innern, dass  dies  Fest  erst  im  J.  666  eingeführt  wurde,  um  der 
Eunstart  des  Ereters  Thaletas  fiaum  zur  Entfaltung  zu  sokaffen. 
Doch  werden  wir  selbst  hier  vorsichtig  urtheilen:  für  dieBithy- 
nier  war  Ares  ein  Tänzer,    er  hatte   die  Eunst  vom  Priapos  er- 
lernt,   der  Monat  Areios  begann  aber  im  dortigen  Ealender  mit 
Sommersonnenwende;  auch  der  Glaube  der  Letten  gilt  dieser  Zeit 

Mit  überzeugenderer  Deutlichkeit,  als  die  einleuchtendste 
Erörterung  sie  erzwingen  könnte,  reden  Denkmäler  der  Kunst. 
Auf  einem  Vasenbild  der  Pariser  Sammlung^  seben  wir  folgende 
Darstellung:  aus  dem  fischähnlich  gestalteten  Eahn  erhebt  sieb 
der  Sonnenwagen,  vom  Viergespann  gezogen,  den  Helios  and  die 
Schwester  Selene  tragend:  das  Viergespann  geleitet  Pan  aus  ^fi^ 


1  8.  Ε.  Wolter  in  Jagiö  Archiv  7,  631  ff.  und  Mannhardt  in  der 
Zeitschr.  f.  Ethnologie  1875  S.99f.  (vgl.  den  lett.  Vers  ebd.  78n.22 
'Sonne  die  tanzt  auf  silbernem  Berge,  hat  an  den  Füssen  silberne 
Schuhe*). 

a  In  den  Festgaben  für  G.  Homeyer  (Berl.  1871)  S.  109  ff.  Pi« 
ursprüngliche  Jahreszeit  ergibt  sich  aus  der  Uebereinstimmung  des 
englischen  und  schottländischcn  Brauchs  (S.  140  f.)  mit  dem  deut- 
schen am  Harz  (S.  143).  Polnische  Bauern  (also  sicherlich  nicht  in 
Nachahmung  deutscher  Sitte)  führen  noch  um  1500  zu  Krakau  Schwert* 
tanze  auf,  s.  Brückuer  in  Jagiö  Archiv  f.  slav.  Philologie  15,  319. 

8  Annali  delP  inst.  1852  B.  24,  97  f.  (tav.  d'agg.  F,  3)    Welcker, 
Alte  Denkm.  3,  67  ff.  Taf.  X,  1. 


Pasparioi.  405 

urke,  bie  auf  die  Hörner  meneoUioh  gebildet,  in  der  rechten 
and  b&lt  er  zwei  gekreuzte  Doppelfackeln;  vor  dem  aufgeben• 
^n  Liebte  aber  tanzt  ein  Eorybante  oder  Enrete  einber,  mit 
irzem  Cbiton  bekleidet,  in  der  linken  bftlt  er  den  ronden  Scbild, 
it  der  erbobenen  Recbten  ecbwingt  er  das  Scbwert,  der  Kopf 
t  unbedeckt.  Es  ist  klar,  dase  die  eine  Gestalt  in  abgekürzter 
arstellung  den  Schwerttanz   der  Kureten  veranschaulichen   soll. 

Der  Waffentanz  der  Kureten  um  das  Zeusknäblein  sollte, 
ie  der  Mythus  überliefert,  das  Wimmern  des  Kindes  übertönen 
ad  es  vor  dem  Rachen  des  Kronos  bewahren.  Die  Zähigkeit, 
it  welcher  der  Waffentanz  der  Pyrriche  als  Nachahmung  des 
lythischen  sich  im  Cultus  von  Kreta  hielt,  ist  ein  Wink,  dass 
bT  Brauch  besser  und  tiefer  begründet  war  als  das  hybride 
.etiologem  uns  ahnen  Iftsst.  Der  Freudentanz,  womit  man  dem 
»Qgeborenen  Liohtgotte  begegnete,  ist  so  sehr  das  Wesen  des 
(rauche,  dass  der  apotropäische  Zweck,  der  durch  ähnliche  Ge- 
räuche  bei  Lichtverfinsterung  wohl  begründet  ist,  als  nebensäch- 
ich  zurücktreten  muss. 

Könnte  es  noch  einen  Zweifel  geben,  so  würde  er  durch 
ie  Beobachtang  gehoben,  dass  die  Kureten  und  ihr  Schwerttanz 
keineswegs  allein  der  Sage  von  Zeus*  Geburt  eigen  sind.  Auch 
ler  junge  Sohn  der  Leto  hat  seinen  Kuretentanz.  In  Kphesos 
leigte  man  den  Hain  Ortygia,  in  welchem  Leto  von  dem  Zwil- 
^gspaar  entbunden  wurde:  da  hatte  Ortygia  als  Amme  die  Kin- 
Ιθτ  in  ihre  Arme  genommen,  dort  Leto  am  heiligen  Oelbaum 
^geruht;  *und  über  den  Hain  ragt  der  Berg  Solmissos,  da 
litten,  so  geht  die  Sage,  'die  Kureten  gestanden  und  durch  ihr 
Vaffengeklirr  die  Hera  erschreckt  und  von  eifersüchtiger  Nach- 
>tellang  abgehalten,  die  treuen  Beistände  der  Leto  in  ihren  Nö- 
tigen Κ  Auch  im  Cultus  zeigt  sich  diese  üeberlieferung  wirksam. 
^Heeter,  welchen  die  Fürsorge  des  Artemis-Heiligthums  unter- 
*^Ut  war,  hiessen  dort  Κουρήτες.  Strabon  erwähnt  ihr  CoUe• 
ginm,   das    am  Oeburtsfest   der  Göttin   geheime  Opfer  vollziehe 


^  Strabon  XTV  p.  639  f.  Auf  Münzen  von  Ephosot  werden  darum 
Apollon  und  Artemis  als  Kinder,  theils  in  den  Armen  der  Leto,  theils 
am  Boden  sitzend,  dargestellt,  s.  Imhoof-Blumer,  Monnaies  grecques 
p.286f.  n.  40-42. 

SteüL  Mut.  f.  Plülol.  M.  V.  XLIZ.  30 


466  ütener 

und  GtastgeUge  herrichte^•  Insohriftan  hahm  die  AigtlM  te- 
■tStigt*;  dM  PrieeterooUeg  dauerte  bis  in  die  Kaieeneit  fiiii 

Den  gleiohen  Dienst  leisten  naoh  orpliiseher  Diehtug  4i• 
Knieten  dem  jungen  DionTSOs-Zagrens';  mit  ihrem  Waffntui 
suchen  sie  die  feindseligen  Titanen  von  ihm  ferne  tu  hsltea 
Bei  Nonnos  sind  es  die  Korybanten,  die 

παιδοκόμψ  Διόνυσον  έμιτρώσοντο  xopefg 
καΐ  Ε(φ€α  ktuic^cokoVi  Αμοι0α(οσι  bk  ^ηβΟς 
άαηΰΜς  έκρούσαντο  κυβιστητήρι  σι&ήρφ 

(9,  168  f.  YgL  IS,  186 ff.).  Auf  die  orphisohe  Joystik  war  dieM 
Yorstellnng  nicht  beschrftnkt  In  den  BeUefbildeni»  mit  weloh«• 
das  Proskenion  des  attischen  Dionysostheaters  gesohmlofct  inrS 
sehen  wir  Zeus  in  der  Mitte  thronen:  Hermes  vor  ihm  steknli 
hat  den  neugeborenen  Dionysos  schon  auf  dem  linken  Arm,  la 
ihn  den  nysftischen  Ammen  am  bringen:  rechts  und  links  tos 
dieser  Gruppe  tanst  ein  nackter  Kurete,  den  Schild  in  der  liabt; 
der  schwerttragende  Arm  ist  in  beiden  Fftllen  abgebrochen.  Ko«k 
auf  anderen  Belief  bildwerken  spSterer  Zeit  ^wiederholt  sidi  te 
Wafftatans  um  das  Dionysoskniblcin. 


^  Strabon  p.  640  ιτανήγυρκ^'  ένταΟθα  συντ€λ£ΐται  κατ*  €τος  β)β 
δέ  τινι  οΐ  νέοι  φίλοκαλοΟσι  μάλιστα  irepl  τάς  ένταΟθα  εύυιχίας  λαμιιρν- 
νόμενοΓ  τότε  bi  καΐ  τών  (lies  τό  τιΰν)  Κουρήτυιιν  άρχ€ΐον  συνάγ€ΐ(ηιμ- 
πόσια  κα(  τινας  μυστικάς  θυσίας  έπιτβλεΐ. 

'  Andent  Greek  inseriptione  in  the  British  Museum  III  n.449  «cpl 
ών  oi  veumotai  καΐ  oi  κούρητες  κατασταθέντες  διελέχθησαν  tQ  βουλ( 
κτλ.  £bendort  η.  596  b  8  wird  Q.  Lollios  Diosoorus  charakterisiert  «yw 
τοκούρητος  καΐ  γραμματέως  τής  βουλής,  vgl.  dazu  Hicks  ρ.  94. 

*  Clemens  Alex,  protr.  p.5,  39  Sylb. 

«  Yeröfifentlicht  in  den  Monomenti  dell*  inst  IX  Tsf.  XVI  fgi* 
Mais  in  den  Annali  1870  B.  42,  100.  Sollte  nicht  der  auf^den  Zam  \ 
stehende,  die  rechte  Hand  vor  die  Augen  haltende,  wie  gegen  die  Sonne 
ausschauende  Pan  auf  Münzen  von  Thessalonike,  Ainos  usw.  (Imhoof- 
Blnmer,  Monnaies  greoques  p.  94)  in  diesem  Zosammenhange  seine  &* 
klärong  finden  als  Wächter,  Begrüsser  und  Empfänger  des  neaen  Tage*" 
Uchtes?  vgL  S.  464f. 

^  Von  Matz  a.  0.  ist  hingewiesen  auf  ein  römisches  (?)  Relief  '^ 
Gerhards  Ant  Bildwerken  Taf .  GlY  1 :  zwei  mit  kurzem  Chiton  b^ 
dete,  mit  Helm  nnd  Schild  versehene  Korybanten  tanzen  um  dai  ti* 
Boden  sitzende  Dionysosknäblein,  mit  den  Schwertern  an  die  ScUi^ 
schlagend;  und  ein  ehemals  in  Mailand  befindliches  £lfenbeingeiii>i 
von  Gerhard  Arohaeol.  Zeit.  1846  Taf.  38  veröfifentlicht:  hier  amtsntcs 
zwei  römisch  gewappnete  Korybanten  mit  erhobenem  Schild  den  Götter* 
knaben,  die  mit  Stäben  (nicht  Schwertern)  an  die  SchUde  schlagen. 


Pasparios.  467 

Man  eprioht  von  üebertragnng  der  Zenseage.  Oegentiber 
ephesisohen  Ueberliefemng  von  den  Kindern  der  Leto  iet 
se  Aneicht  nicht  etichhaltig.  Die  Eureten  erscheinen  in  allen 
sen  Sagen  zwar  ale  Dämonen,  aber  ihr  Name  and  Begriff  ist  nicht, 
i  das  sonst  wohl  geschieht,  ans  dem  Mythns  in  den  Caltns, 
idern  umgekehrt  ans  dem  Caltns  in  den  Mythns  übertragen. 
ir  liegt  ihr  wesentlichster  Unterschied  von  den  Eory bauten  im 
Itus  der  Göttermntter.  Jeder  Knabe  kann  ans  seinem  Homer 
isen,  was  κούρητες  sind.  Und  nichts  anderes  können  die  Κού- 
Γ€ς  des  Götterdienstes  gewesen  sein  ^ :  die  jungen  Barschen, 
ren  Schaar  auserlesen  war,  den  neugeborenen  Lichtgott  durch 
en  Waffentanz  in  Vertretung  der  ganzen  Gemeinde  zu  feiern. 
ist  das  eine  der  ältesten  Gestaltungen  der  sacralen  Ordnung, 
!  ich  unlängst  von  deutschem  Gebiete  aus  zu  beleuchten  ver- 
!ht  habe'.  Auf  der  Insel,  welche  vor  anderen  Orten  sich  rtth- 
n  konnte,  Geburtsstätte  des  Zeus  zu  sein  und  den  Waffentanz 
r  Pjrriohe  am  eigenthümlichsten  entwickelt  hatte,  sind  auch 
ί  κούρητες  oder  κούροι  des  Cultus  zu  den  Κούρητες  der  Zeus- 
^e  geworden  und  von  dort  den  übrigen  Griechen  zugeführt 
rden.  Aber  schon  im  hesiodeischen  Katalog^  waren  sie  'Göt- 
t  spielliebende  Tänzer\  Das  Alter  des  sacralen  Brauchs  zeigt 
h  Doch  deutlicher  darin,  dass  das  stolze  Gefühl,  Träger  dieses 
Itas  zu  sein,  mehrere  griechische  Yolksstämme  bewogen  hat, 
h  Kureten  zu  nennen :  wir  kennen  Kureten  auf  Euboia  und  in 
tolien. 

Hier  eröffnet  sich  ein  weiterer  Ausblick.  Auch  Dionysos 
ein  Lichtgott;  in  der  heiligen  Zeit,  wo  man  ihn  geboren  glaubt, 
188  auch  er  mit  jubelndem  Tanz  empfangen  werden.  Wir  haben 
lehen  (S.  466),  dass  ihm  der  Waffentanz  der  Kureten  oder  Ko- 
bauten  zugedacht  worden  ist.  Zunächst  sollte  man  freilich  in 
iser  Thätigkeit  seinen    eignen  Schwärm    der  Satyrn    oder    der 


1  Schon  Dionysios  Hai.  A.  R.  II  70,  4  hat  das  Richtige  auege- 
ochen:  καΐ  βίσΐν  ol  Σάλιοι  κατά  γοΟν  τήν  έμήν  γνώμην  '€λληνικφ 
>€ρμην€υθέντ€ς  ονόματι  Κουρήτ€ς,  ύφ'  ημών  μέν  έπΙ  τής  ηλικίας 
•ως  ώνομασμένοι  παρά  τους  κούρους,  ύπό  δέ  'Ρωμαίων  έπΙ  τής 
τόνου  κινήσβως. 

^  Verhandlungen  der  XLII.  Philologenversammlung  in  Wien  1893 
36  ff. 

*  Heeiod.  fr.  28  Marksch.  42  K.  Κουρήτες  τε  θεοί  φιλοπαίγμονες 
ηστήρες. 


468  üsener 

τράγοι  erwarten.  Auf  eiDem  von  Grerhard  veröiFeiiilioliteii  Denk- 
mal^ eehen  wir  beides  vereinigt:  in  der  Mitte  einen  tarnenden 
Satyr :  er  steht  auf  den  Zehen  des  rechten  Fneeea,  wfthrend  ou 
linke  Bein  hoch  nach  vorne  gehoben  ist;  in  der  Linken  hilt  er 
den  Thyrsosstaby  mit  der  Rechten  schwingt  er  einen  mit  Wein- 
lanb  bekrftnzten  Reif;  auf  ihn  zu  treten  in  gemesaenem  Taiil• 
schritt  zwei  nackte  Jünglinge»  anf  dem  Kopf  den  Helm,  in  der 
beiderseits  zur  Mittelfignr  gerichteten  Linken  den  Schild  vorhal- 
tend, in  der  nach  aussen  gewandten  Rechten  ein  Sohwert  mit  der 
Spitze  nach  oben  haltend.  Diese  Darstellung  l&sst  wohl  keinen 
Zweifel  daran,  dass  die  Einmischung  der  Knreten  nicht  bleu 
eine  orphische  Anleihe  aus  der  Zeussage  ist,  wenn  auch  im  ioni- 
schen Cultus  des  Dionysos,  über  den  wir  am  genauesten  unter- 
richtet sind,  von  Waffentänzen  keine  Spur  sich  nachweisen  laeien 
sollte.  Da  sind  es  in  der  That  die  Satyrn,  die  in  der  Sage,  nnd 
die  ihnen  durch  das  Bocksfell  angeglichenen  Jttnglinge,  die  10 
Cultus  dem  wiederkehrenden  Gotte  entgegentanzen.  Die  Sstym 
hiessen  geradezu  Σκίρτοι' Tanzer' (S. 462),  wie  man  auch  von  (Παρ* 
τήματα  σατυρικά  oder  βακχικά  redet '.  Die  Angabe  des  Comt- 
tus  über  die  Bezeichnung  Σκίρτοι  scheint  jetzt  allein  zu  stehen, 
aber  ihre  Zuverlässigkeit  ermessen  wir  daran,  dass  auch  dieiei 
Wort  zur  Volks-  und  Ortsbezeichnung  verwendet  worden  iet*: 
ein  Stamm  der  Paioner  nennt  sich  Σκίρτιοι,  bei  Ptolemaios  Σκίρ* 
τονες,  Σκιρτώνιον  heisst  eine  Stadt  Arkadiens. 

Die  Sage  von  den  Σπαρτοί  Thebens  hat  schon  bei  den  atti* 
sehen  Tragikern  und  bei  Pherekydes  die  bekannte  Gestalt  ange- 
nommen, nach  welcher  sie  die  aus  der  Saat  der  Drachensaboe 
hervorgesprossenen  Recken  sind.  Aber  das  ist  nur  eine  anter 
mehreren  sehr  verschiedenen  Auffassungen.  Man  wollte  wieeeo, 
es  sei  die  Bezeichnung  eines  boeotischen  Yolksstammes  gewesen ^ 


1  E.  Gerhard,  Antike  Bildwerke  Taf.  CVI  4. 

^  Lukian  Dionysos  5  σκιρτήμασι  σατυρικοΐς  Plutarch  Erot.  1^ 
p.  759*  τά  βακχικά  καΐ  κορυβαντικά  σκιρτήματα.  Vgl.  Mosches  6t  1 
σκιρτητα  Σατύρω. 

•  Steph.  Byz.  ρ.  577,  6  Σκορδίσκοι  καΐ  Σκίρτιοι  ίθνη  ΤΤαιονίσί 
nach  Phlegon,  Ptolem.  geogr.  II 16,  8.  Σκιρτώνιον  Paüsan.  VIII  27, 4 
Steph.  576,  7. 

^  £θνος  τι  nach  Hippias  dem  Eleer  und  Atrometos  schol.  Apollo^• 
p.  477,  25  K.,  Βοιωτίας  nach  Dionysios  im  Schol.  Eur.  Phoen.  ^^ 
p.  319, 4  Scbw. ;  50  Söhne  des  Kadmos  nach  fvioi  im  Sohol.  Ear.  Pboeft• 
670,  der  gelehrtesten  Fundgrube  über  diesen  Punkt. 


PMparioe  469 

andere  hielten  sie  für  die  in  früheren  Ehen  von  Kadmoe  geseng- 
ten 8ohne,  50  an  der  Zahl.     Die  gewöhnliche  Sage,  so  wie  einige 
der  im  Seholion  zu  Eor.  Phoen.  670  angeführten  Abweichungen, 
ist  nnter  dem  Einfluss  der  Volksetymologie  entstanden,  welcher 
daa  Yerständnisa  des  Wortes    dnrch  σιτ€(ρ€ΐν   ^säen'   yermittelt 
wurde.     Ursprünglich  waren  sie* Tänzer'  Σπαρτοί.    Der  späteren 
Sage  ist  der  Waffentanz  zum  ernsten  Kampf  geworden.      In  der 
Ueherliefemngy  dass  nur  ihrer  fünf  diesen  Kampf  überlebten,  hat 
wohl  der  Umstand  einen  Ausdruck  gefunden,  dass  die  Ehre,  die 
TSnzer  zur  feierlichen  Pyrriohe  zu  stelleui  nur  jenen  fünf  Adelt- 
gesehleehtem  Thebens    zukam,    die   sich   von   den  Σπαρτοί  ab- 
leiteten. 

Diese  Sparten  werden  nicht  selten  geradezu  Σπαριαται  ge- 
nannt^. Aber  diese  Namensform  hat  eine  weitergehende  mytho- 
logische Bedeutung.  Wir  hören  von  einem  Berge  EretaS|  der 
den  Namen  Σκυλλιον  führte;  dort  wurde  Ζ€ύς  Σκύλλιος  ver- 
ehrt und  man  sagte,  es  hätten  daselbst  '  die  Kureten  zusammen 
Büt  den  Spartiaten'  (den  idäischen  Daktylen?)  das  Zeusknäblein 
niedergesetzt ^  Es  kann  wohl  kein  Zweifel  sein,  dass  der  Name 
der  Spartiaten  und  ihrer  Stadt  Σπάρτη  nicht  anders  zu  beürthei- 
len  ist  als  die  Benennung  der  Κουρήτες,  Σκίρτιοι,  Σπαρτοί  und 
der  Stadt  Σκιρτώνιον.  Alle  diese  Glieder  des  Orieohenvolks 
*bd  noeh  zu  der  Zeit,  als  ihre  Benennungen  durchdrangen,  Tän- 
zer vor  dem  Herrn  des  Lichte  gewesen. 

So  weit  läset  sich,  wenn  wir  uns  an  das  sicher  fassbare 
Igelten  wollen,  bei  den  Griechen  der  Brauch  des  Waffentanze« 
ttm  Empfang  des  Lichtgottes  verfolgen.  Den  Italikem  ist  Mars 
der  Jahresgott'.    Sein  Jahr  beginnt  mit  dem  ihm  heiligen  Monat 


^  Naohweisungen  bei  Lobeck,  Aglaopb.  p.  1146  f. 

'  Steph.  Byz.  p.  579,  9  Σκυλλιον  (so  Salmasius:  Σκυλλήτιον  Hm.) 
^  Κρήτης  .  .  .  Σκύλλιος  γάρ  ό  Ζείτς  ούτοΟ  τιμΑται,  €νθα  φασίν  άποθέ- 
^t  τους  Κούρητας  μ€τά  τών  Σπαρτιατύιν  τόν  Δία.  Et  liegt  nahe, 
diesen  2^us  Σκύλλιος  sammt  dem  Bergnamen  und  ebenso  den  Pan 
Σκολ€(τος  in  Arkadien  (Pausan.  Vm  30,  6  f.,  Pan  iet  χορ€υτής  τελεώ• 
"ϊοτος  OcOEiv  nach  Pioda^  fr.  99  Bergk,  όρχηστής  im  Skolion  5  p.  644 
fiergk,  σκιρτητής  in  orphischen  Hymnen  vgl.  Sophokles  Aias  694 ff.) 
^ebst  den  Bergen  Σκολ€(τας  bei  Megalopolis  und  Σκόλλις  oder  Σκόλλιον 
^  Alpheios  (bei  Strabon),  femer  die  Stadt  Σκόλις  in  Achaia  (Steph. 
K.)  luu  auf  dieselbe  Wurzel  und  Sache  zurückzufuhren. 

■  Vgl.  Rhein.  Mus.  30,  209  ff.,  bes.  213  f.  üeber  die  Verbreitung 
des  Cultus  austerhalb  Roms  s.  Marquardt,  Rom.  Staatsverwaltung  3, 410. 


470  Usener 

im  'Frühling.  Aach  er  eelbet  ist  daher  ein  Tinier  oder*  Springer' 
{8idi8yb8ulf$8)^  und  wird  mit  Waffentanz  empfkagen  Ten  βηα 
•erleeeneo  Sehaar  junger  Mttnner  von  patrioiaoher  Heilnuiftv  deam 
Vater  und  Matter  noeh  leben,  den  Salii  'Springern*.  Dvok 
fiurt  den  gansen  Monat  Mftn  erstrecken  sich  ihre  Anfirtlge  ud 
Ttaze.  Schon  Dionysios  von  Halikamass  (8.  4β7,  Anm.  l)  kt 
diese  Salier  treffend  mit  den  Knreten  identifloiert 

Der  Cnltnebranoh,   dessen  Sporen  wir  yerfolgten,  hat  w 
weiter  abgeführt,  aber  an  nm  so  grösserer  Dentliohkeit  hit  ar 
das  Alter  nnd  die  Lebhaftigkeit  der  Vorstellang  von  dem  tum• 
den  Lichte  und  Liohtgott  heryortreten  lassen,  die  in  dem  CdtM- 
branch  nnr  ihr  irdisches  Oegenbild  geschaffen  hat.    Wir  yente- 
hen  nun  den  ΤΤαΐτηάριος   nicht  nnr  nüchtern  als   den  eott,  der 
alles  flimmernd  belenchfist,  sondern   anch   bildlieh   als  den,  to 
alles  mit  seinem  Lichte  dorchtanst.    Und  gleichseitig  wird  v0* 
Asklepios  darohsichtig.    Er  hat  in  Chiechenland  seit  dem  V• 
Jahrhundert  eine  rasch  ausgedehnte  Yerehmng  als  Heilgott  ge* 
fanden.    Darüber  ist  vergessen  worden,   dass  auch  er  wie  icis^ 
Vater  Apollon  Lichtgott  war.    Die   epidaurische  Sage'  bewahrt 
die  Erinnerung  daran,  indem  sie  seine  Mutter  Α  i gl  a,  dicToch' 
ter  des  Phlegyas  nennt,  die  später  auch  unter  den  Töchten  de^ 
Oottes  erscheint;    Asklepios  selbst  führte  irgendwo'  den  Kämest 
ΑΙγλάηρ.     Den  Yocal  der  Stammsilbe   (Τκαλ  hat  die  griecbiidie 
Sprache  durch  Synkope  ausgestossen,    das   lat.  AesculapiuSf  da« 
übrigens  anch  in  dem  unorganisch  vor  der  Doppelconsonanz  (Π^ 
eingedrungenen  Stimmton   griechische  Vorgänger   hat^,   bewahrt 
ihn,  und  wenigstens  in  abgeleiteten  Eigennamen  thessaliscber  In* 
Schriften^  tritt  noch  einigemale  das  alte  όσκαλαπιο-  hervor.  Selbst 

1  Catullus  17,  6  in  quo  vd  SalisubsuU  aacra  suacipiantur  vgl 
Corssen,  Origg.  poesis  Romanae  p.  26. 

«  Fomllee  d'  ilpidaure  n.  7,  44  p.  35  (v.  Wüamowits,  IsyUos  S.  13 
Z.  10)  έκ  6έ  Φλεγύα  γένΕτο,  Αίγλα  6'  όνομάσθη,  τόδ'  έπώνυμον,  '^ 
κάλλος  bi  ΚορωνΙς  έπΕκλήθη.  κατιοών  δέ  ό  χρυσότοεος  Φοίβος  έμ  t^^^ 
δόμοις  παρθΕνίαν  (ΰραν  έλυσε  κτλ.    Vgl.  ν.  Wilamowits  a.  Ο.  S.  90. 

^  Hesych.  ΑΙγλάηρ:  ό  'Ασκληπιός.    £ine  Spur  davon  hat  sich  ^^ 

Bekkers   Aneod.   Gr.  354,  20   erhalten    Αίγλη: καΐ  ό  *Ασκλψ^ 

vielleiobt  zu  ergänzen  durch  άπό  τής  μητρός  ΑΙγλάηρ.    ν.  Wilamo^iti 
hat  beide  Zeugniase  herangesogen,  Isyllos  S.  92. 

*  Auf  alten  Inschr.  von  £pidauros  τώι  ΑΙσκλαπιώι  Fouilles^ 
£pid.  η.  8  ρ.  37,  τ'  ΑΙσκλαπιεΐ  η.  10;  Bronzestatuette  von  Bologna  Ι^Α• 
549  (CTG.  6737)  ΑΙσχλαβιΦι. 

s  Ο.  Hoffmann,  Die  griecb.  Dialekte  2,  277. 


Pasparios.  471 

mf  die  Mondgöttin  ist  die  Voretellnng  des  flimmernden  Lichtes 
ingewandt  worden ;  die  Erinnerung  an  einen  Caltue  der  Hekate 
inter  dem  Namen  Ά(Τπαλίς  ist  in  der  thesealiechen  Sage^  er- 
halten, welche  die  göttliche  Verehrung  der  *ΑσπαλΙς  όμειλήτη 
Εκαέργη,  einer  Artemis  άπαγχομένη  erklären  sollte:  der  Sage 
ond  dem  Cultus  liegt  die  alte  Vorstellung  zu  Grunde,  welche  das 
Erblassen  und  scheinbare  Absterben  des  Mondlichtes  daraus  er- 
klärt, dass  die  Göttin  gewürgt  werde,  sei  es  durch  Hermes  (Καν. 
οαύλης),  sei  es,  indem  sie  selbst  sich  erhängt  ("Αρτεμις  oder 
'Εκάτη  Άπαγχομένη). 

Bonn.  Η.  Usener. 


1  Antoninus  Lib.  13  nach  Nikanders  Heteroiumena.  Ueber  'Ερ- 
μής Κανδαύλης  und  Άρτεμις  Άπαγχομένη  s.  Rhein.  Mus.  23,  336  Anm. 
55. 56.  Einen  weiteren  Ableger  der  Sage  liefert  die  wohl  der  Local- 
eage  von  Trozen  angehörige  Geschichte  der  ΕύΟΙΗτις  (vgl.  zum  Namen 
Pindar  Ol.  10,  74  εύιύιηδος  αελάνας  έρατόν  (ράος)  bei  Parthenios  η.  31. 


4T2  Mieoellen. 


MiecelleB. 


Zi  Aeiehylme  Α^αμ«μμ# ■. 
Den  Worten  dee  Chorliedee  Y.  201  ff.  Κ 

παυσανέμου  γάρ  θυσίας 

παρθενίου  θ'  αίματος  όργςΐ 
περιοργώς  έπιθυμεΐν  θέμις.  εΟ  γάρ  εΤη 
wird  geholfen  sein,  wenn  wir  mit  Benutzung  dee  Scholions:  TP* 
aöbqi*  ό  μάντις  οηλονότι  diese  Variante  mit  Hermann  an  Stdle 
von  όρτ^  setzen,    übrigens   aber  folgendermaeeen  interpnn^res*. 
παυίΤανέμου  γάρ  θυσίας  παρθενίου  θ*  αίματος  (aöb^  περιο^ττϋις) 
έπιθυμεΐν  θέμις;    εΟ  γάρ  εΤη.     Agamemnon  hat  den  Gedinkea, 
Flotte  and  Bund  zu  verlassen,  aufgegeben.     Nun  gedenkt  er  der 
Worte  des  Kalchas:  mit  grossem  Nachdruck  *  befiehlt'  der  Seher. 
Ist  es  recht,  fragt  er  noch  zweifelnd,  im  Sinne  des  Prieeten  iiaeh 
dem  Blut  des  Mädchens  zu  begehren?    Mit   dem  Wunsch,  dise 
es  zum  Heil  ausschlagen  möge,  fügt  er  sich  darein.    £in  FrtgO' 
zeichen  nach  θέμις  setzte  schon  Lachmann    in  seiner  Yorlerangy 
wie  ich  am  Rande    meines  Exemplars    damals    angemerkt  habe. 
Uebrigens  bleibt  die  Parenthese  ungestört   auch  wenn  opt^  (oa* 
türlich  Verbum),  nicht  aib^  das  ursprüngliche  sein  sollte. 

Z«  Aristf  phanes. 

In  Aristophanes'    Fröschen  v.  837  ff.    höhnt  Euripidee  den 
Aeschylus  als 

δνθρωπον  άγριοποιόν,  αύθαοόστομον, 
ίχοντ'  άχάλινον  άκρατες  άθύρωτον  στόμα, 
όπεριλάλητον,  κομποφακελορρήμονα. 
Was  soll  όπεριλάλητον  heissen  ?  ήτοι  ουκ  εί^ότα  XoXeiv  ή 
οίον  ουκ  &ν  τις  περιλαλήσαι  antwortet   der  Scholiast,    d.  h.  er 
weiss  es  nicht  ^.     Durch  die  Citate  bei  Pollux  II  125  und  Gellio• 
I  15  wird  man  nicht  klüger.     Die  Neueren  schweigen  sich,  so- 
viel ich  sehe,   aus,  nur  dass  Blaydes  άπαραλάλητον  vorsoblig^ 
Dass  Aeschylus  im  Reden  nicht  zu  übertreffen,  dass  er  nicht  todt- 
zureden  sei,  wird  sein  zungenfertiger  Gegner  gewiss  nicht  sog^ 
stehen.     Charakteristisch    für    den  Stil    des   grossen   Vorgäng^rB 
und  gerade  in   der  Komödie  auch    sonst    hervorgehoben   ist  die 
Dunkelheit,    das  Käthselhafte   seines  Ausdrucks.     Also  απορο* 
λαλητόν,   d.  h.   απορα  λαλοΟντα  wird    ihn  Euripides  genannt 
haben. 

L.  0.  R. 


^  EbenBo    unbrauchbar     ist    die    Heeyehiusglosse   άνεριάλληγν* 
(Küster:  άπεριλάλητον)•  άνεΕαπάτητον,  άφ€λή. 


Misoellen.  478 

Kleiie  Beitri|;e  nr  Gesehiekt•  4er  ^riechiieheM  Tnig9(4ie. 

1.     Die  Chronologie  des  älteren  Aetydamas. 
Astydamae  der  Aeltere  war    nach   Suidas   ein  Schüler    dee 
Isokratee.     Nach  Diod.  XIY  31,  5  begann  er  dagegen  seine  thea- 
tralische Lanfbahn  schon  398  and  ward  60  Jahre  alt•  Nach  Marm. 
Par.  Ep.  71  erfocht  er  371  einen  Sieg,  wahrscheinlich  den  ersten 
der  15  von  Snid.  bezengten.     Schon  Clinton,  Bernhardy,  Friebel 
und  £.  Koepke,  Zeitschr.  f.  Alterthnmsw.  1840  Sp.  477  ff.  wnss- 
ten  diese  Angaben  nicht  zu  vereinen.     Und  in  der  That  bezwei- 
felt jetzt  wohl  Niemand  mehr,    dass  Isokrates  398    seine  Schale 
in  Athen  noch  gar  nicht  eröffnet  hatte,    und  wenn    es   schon  an 
■ich  höchst  unwahrscheinlich  ist,    dass   Astydamas  während  der 
.  ersten  27  Jahre  seines  Auftretens  nicht  ein  einziges  Mal  gesiegt 
haben  sollte,   so  wird  es  vollends  sogar  bei  der  Annahme,    dass 
er  beim  Beginn  dieser  Thätigkeit  erst  20  Jahre    gezählt    hätte, 
■o  gut  wie  unmöglich,  dass  er  in  den  übrigen  13  Jahren  dersel- 
I     ben  15  Siege  erlangt   haben  könnte,    selbst  zugegeben,    dass  er 
I     gelegentlich  zwei  in  einem  Jahre  errungen  hätte,  einen  an  den 
[    grossen  Dionysien  und  einen  an  den  Lenäen.     Die  richtige  Lö- 
ί    'Oiig  dieses  Bäthsels  hat  freilich  keiner  jener  vier  Gelehrten  ge- 
'    Amden•     Nunmehr  wissen  wir  aber  aus  CIA.  II  973,  dass  dieser 
Tragiker  341  und  340  den  Preis  erhielt,  das  zweite  Mal  mit  dem 
!    ParUienopaeos   und   dem   Lykaon.     Wäre   also    die  Angabe    bei 
IHod.  über  die  Zeit  seines  ersten  Auftretens  richtig,    so    müsste 
^  femer  über  80  Jahre  erreicht  haben.     Nun  könnte  man  frei- 
licli  dort  die  Zahl  60  ja  in  90  ändern  und  mit  Bernhardy  anneh- 
BE^en,   dass    der  Schüler    des  Isokrates  vielmehr    sein  Sohn,    der 
I    Jüngere  Aetydamas,  gewesen  sei.    Allein  dabei  bliebe  immer  noch 
<Iie  UnWahrscheinlichkeit  eines  so  späten  ersten  Sieges,  und  femer 
^%rf  man  doch  nicht  zwei  Fehler  in  der  Ueberlieferung  ansetzen, 
^o  sieh  mit  dem  Ansatz  von  einem  auskommen  lässt,  und  die 
S^uze  Schwierigkeit  liegt    doch    in    der  Jahreszahl  seines  ersten 
Auftretens,  hier  also  steckt  offenbar  der  Fehler  and  die  Verwech- 
•elung:    ich    denke,    Astydamas   ist    vielmehr  398  erst  geboren, 
l^n  das  kann  doch  kein  Bedenken  erregen,  dass  sein  Vater  Mor- 
ibios  von  Aristophanes   schon    in    den   Bittem  (401)    verspottet 
^ird,  folglich  dann  erst  frühestens   als   hoher  Fünfziger    diesen 
Hohn  gezeugt  hat :  so  etwas  kommt  ja  alle  Tage  vor.     Als  Sohn 
dei  Morsimos  aber  wird  der  Dichter  des  Parthenopaeos  bekannt- 
^  ausdrücklich  bezeichnet,  und  dies  spricht  entschieden  gegen 
^  nach  theilweisem  Vorgänge  Friebels  von  Koepke  eingeschla- 
genen Ausweg,   die  Nachricht  in  Marm.  Par.    auf  den   jüngeren 
Aitydamas  zu  beziehen  und  eventuell  diesen  für  den  Urheber  des 
Ptrthenopaeos  zu  erklären,    wodurch  allerdings,    falls   man    ihn 
^tck  zu  dem  Schüler  des  Isokrates  machte,    auch  eine  im  üeb- 
^gen  mögliche  Lösung  erzielt  wäre,    die    aber    eben  wieder  auf 
^ei  Fehler   in    der  Ueberliefemng    hinauslaufen   würde.     Dazu 
kommt  femer  noch,  dass  der  Parthenopaeos,  was  Koepke  selbst 
ierrorhebt,  wenigstens  unter  den  7  (erhaltenen)    bei   Said,    dem 
jüngeren  Astydamas  beigelegten  Tragödien  sich  nicht  findet.  '^«.^V 


474  Mkoelkii. 

eeinem  gröiiten  Triumph,  welchen  der  Vater  AttydaMU  «it  kt 
AufFUhnmg  diese«  Stttckes  erreichtei  lebte  er  eoiUMih  nooh  etwt 
2  Jahre  und  etarb  wabreoheinlich  888,  und  mit  Unreoht  hat  Cknd- 
1er  die  yeratttmmelte  Stelle  Marm.  Par•  Ep.67  am  Diod.  a.i.0. 
ergänzt;  waa  aber  in  derselben  gestanden  haben  kann»  mim 
ich  nicht. 

Die  unmögliche  Zahl  von  240  Tragödien  dieaea  Diebten 
bei  8uid.  wollte  Welcher,  Ghriech.  Trag.  III  8. 12M  in  140  ii- 
dem,  aber  selbst  wenn  man  den  Ausdruck  Tragödien  f&r  ungou 
hält  und  die  Satyrdramen  mit  einreohnet|  ist  auch  dies  noch  Ar 
eine  35  bis  40  jährige  Thätigkeit  viel  au  yiel»  sumal  da  wiraai 
jener  Inscdirift  jetit  wissen,  dass  achon  341  die  Tragiker  a&  den 
grossen  Dionysien  nur  noch  mit  8  Tragödien  ohne  Satyrspid  vai 
vollends  840  nur  noch  mit  2  ohne  ein  aolchea  auftraten  uni  du 
einsige  noch  übrig  gelassene  Satyrdrama  von  einem  andern  Diop- 
ter war.  Dennoch  ist  die  Coigeetur  Welokers  wahrsehwliA 
richtig :  man  fand,  wenn  ich  recht  vermuthe,  140  Stfibke  utor 
dem  Namen  Astydamas  in  den  Didaskalien,  nämlich  von  Tiitf 
und  Sohn. 

2.    Aphareus  und  Timokles• 

In  derselben  Inschrift  CIA.  II  973  ist  Z.  1 1  der  Name  ds^eii' 
gen  Bewerbers,  welcher  an  den  grossen  Dionysien  bei  dem  tragiMbe 
Wettkampf  des  Jahres  Ol.  109,  8  =  841  die  dritte  Stelle  erkiAtt) 
ausgefallen,  läset  sich  aber  noch  mit  Sicherheit  ergänsen;  ich  iratf 
nicht,  ob  dies  inzwischen  schon  ein  anderer  gesehen  hat  Toe 
Aphareus  nämlich  berichtet  Peeudo-Plut.  X  or.8d9  D:  άρΐάμε^ 
b'  άπό  Λυσιστράτου  (=  Ol.  102,  4  =^368)  δώάσκειν  fixP» 
Σωσιγένους  (=  Ol.  109,  3)  έν  heaiy  κη  &ιοασκαλίας  άσηκίς 
καθήκ€ν  ζ  καΐ  Μς  ένίκησε  bto  Διονυσίου  καθ€{ς.  Das  kaai 
aber  doch  nur  heissen,  dass  er  an  diesem  Feste  zuletzt  Ol.  109, 3 
auftrat.  Es  ist  also  zu  sohreiben :  f  Αφαρ€ύς  τ]ρί(τος)  [TTldw' 
σιν,  [ύιτ€(κρίν€το)  Ν€θΤΓΓ]όλ€μος  *  ΌρίστηΓι,  ύπ€(κρίνετο)  'Αβιιΐ• 
ν[6ΐΗυρος]*  Αύ[τή],  ύπ€(κρίν€το)  θ€ττ[αλο]ς,  und  wir  lemeiie 
zugleich  drei  Titel  von  Tragödien  dieses  Dichters  kennen.  Sein 
beiden  dionysischen  Siege  waren  femer,  da  das  Verdienst  seiBü 
Protagonisten  Dionysios  um  dieselben  von  Pseudo-Plut.  hen^t  . 
gehoben  wird  (vgl.  Boeckh  CIG-.  I  Θ.  351)  vor  der  neuen,  id> 
durch  jene  Inschrift  bekannt  gewordenen  Anordnung  emmgeif 
nach  welcher  jeder  der  Protagonisten  in  je  einer  Tragödie  ase* 
jeden  Bewerbers  auftrat;  diese  Neuerung  ist  folglich  eher  ntek 
als  vor  360  eingeführt  worden,  jedenfalls  nach  367. 

Nicht  mit  gleicher  Sicherheit  läset  sich  in  der  nämlielMi 
Inschrift  Z.  23  der  Name  des  zweiten  Bewerbers  οκλής  fttr  di* 
folgende  Jahr  340  vervollständigen,  welcher  mit  Phrixos  vai 
Oedipns  auftrat.  Denn  es  braucht  dies  ja  gerade  nicht  notkr 
wendig  ein  uns  auch  sonst  bekannter  Mann  gewesen  zu  Mia 
Yen  den  uns  bekannten  Tragikern  des  vierten  Jahrhunderts  könnea 
indessen  wohl  nur  [Σθφ]οκλής  und  [Τιμ]οκλής  in  Frage  kos'  | 
men,  und  dann  kann  wiederum  die  Entscheidung  für  den  letitiM  ' 


MitoeUen.  475 

am  zweifelhaft  sein.  Denn  der  jüngere  Sophoklee  setzte  nicht 
368  401  bereits  den  zweiten  OedipDs  seines  Grosevaters  in 
ene  (Argom.  Oed.  Col.  II),  sondern  besass  400  sogar  schon 
Β  erforderliche  Alter,  um  in  das  SchatzmeisterooUegium  der 
hena  und  der  anderen  Götter  gewählt  zu  werden  (CIA.  II  643), 
kr  also  spätestens  430  geboren,  müsste  folglich  340  mindestens  90 
bre  gezählt  haben.  Dass  er  also  damals  noch  gelebt  und  für 
3  Bühne  gewirkt  hätte,  ist,  wie  das  Beispiel  seines  Grosevaters 
irt,  nicht  ganz  unmöglich,  aber  das  Gegentheil  ist  doch  so  un- 
eich  wahrscheinlicher,  dass  es  nahezu  an  Gewissheit  grenzt. 

3.     Spintharos  von  Herakleia. 

Gewiss  mit  Hecht  nimmt  Welcker,  Griech.  Trag.  III  S.  1034 
i,  dass  der  von  Aristophanes  in  den  Vögeln  762  f.  Phryger  ge- 
ihimpfte  Spintharos  der  Tragiker  aus  Herakleia  sei,  der  eben 
egen  dieser  seiner  kleinasiatischen  Herkunft  so  gescholten  werde, 
'ann  aber  muss  er  damals  schon  ein  bekannter  Dichter,  minde- 
tens  also  gegen  30  Jahre  alt  gewesen,  mithin  spätestens  etwa 
45  geboren  sein.  Sein  Landsmann  Herakleides  war  Piatons 
itelivertreter  während  dessen  dritter  sikelischer  Reise  361  (Suid. 
Ηρακλείοης)  sicher  als  ein  Mann  schon  von  gesetzten,  wiederum 
nindestens  ungefähr  30  Jahren,  spätestens  folglich  etwa  390  ge- 
)0Γ6η.  Aber  andererseits  auch  schwerlich  früher,  da  er  nicht 
)1o88  nach  Plut  Alex.  26  noch  von  der  Gründung  von  Alexan- 
Inia  (330)  erzählte,  sondern  auch  einen  dritten  Landsmann,  Dio- 
lyeios  den  üeberläufer,  noch  zum  Schüler  hatte,  welcher  unge- 
Uur  von  330  bis  250  oder  frühestens  von  335  bis  255  lebte  (s. 
Aeine  AI.  L.-G.  I  S.  72  Anm.  83),  so  dass  ohnehin  Herakleid  es 
mt  in  seinen  siebenziger  Jahren  dessen  Lehrer  gewesen  sein 
ttnn.  Demnach  war  Spintharos  mindestens  gegen  55  Jahre  älter 
üi  er.  Nun  wird  bei  Laert.  Diog.  Υ  92  f.  und  Suid.  ΓΤαραστι- 
(ίς  erzählt,  wie  Dionysios  durch  eine  dem  Sophokles  unterge- 
lekobene  Tragödie  Parthenopaeos  ihn  täuschte,  dergestalt,  dass  er 
logar  in  einer  Schrift  sich  auf  dieselbe  als  ein  echtes  Werk  des 
iophoklee  bezog.  Nur  Diogenes  setzt  hinzu,  dass  nach  Anderen 
Jpintharoe  der  wahre  Verfasser,  welcher  ihm  diesen  Possen  spielte, 
{ewesen  seL  Dann  müsste  der  Vorfall  vielmehr  in  die  Jugend- 
zeit des  Herakleides  verlegt  werden,  etwa  um  460,  als  sonach 
ipmtharos  wenigstens  schon  gegen  85  Jahre  erreicht  hätte,  und  das 
it  doch  nicht  eben  wahrscheinlich.  Alles,  was  Suid.  und  vollstän- 
Üger  Diog.  (93)  erzählen :  αισθόμενος  b'  ό  Διονύσιος  έμήνυσεν 
ϊΟτώ  τό  γεγονός,  του  b'  αρνουμένου  και  άπιστουντος,  έπέστει- 
Uv  tbciv  τήν  παραστιχίδα•  και  είχε  Παγκάλως,  ούτος  b'  ή  ν 
ίρώμενος  Διονυσίου  •  ώς  b'  ίτι  άπιστων  f λέγε  κατά  την  τυχην 
ίν^χεσθαι  ούτως  ίχειν,  πάλιν  άντεπέστειλεν  ό  Διονύσιος,  δτι 
«ι  ταΟτα  εύρήσεις ' 

γίρνυν  πίθηκος  ούχ  άλίσκεται  πάγη• 
άλίσκεται  μέν,  μετά  χρόνον  b'  άλίσκεται. 
ύ  προς  τούτοις•  *Ήpακλείbης  γράμματα  ουκ  έπίσταται,  ο\Α' 
οχ^νθη  müsste  dann  eine  spätere  Variation  sein,  und.  w«r  %v&  ^τΙ^\Α> 


476  Mieoellen. 

mfieste  willkürlich  die  Geecbichte  auf  den  Dionyeioe  fibertntgen  nnd 
demgemäee  in  dae  Alter  dee  Herakleides  (γέρων  πίθηκος)  verseho• 
ben  haben,  um  sie  dadurch  noch  gesalzener  zn  maohen»  und  du 
alles  ist  doch  wiederum  wohl  eben  nicht  wahrscheinlich,  leb 
denke,  Dionysios  wird  sie  wohl  selbst  in  einer  seiner  Schriften 
erzählt  haben,  ob  wahrheitsgetreu,  ist  eine  andere  Frage«  Frei- 
lich wie  jene  *  Anderen*  (ίνιοι)  dazu  kamen,  den  Spintharos  u 
seine  Stelle  zu  setzen,  lilsst  sich  auch  nicht  mit  Sicherheit  e^ 
klären.  Vielleicht  hilft  hier  aber  die  Yermuthung,  dass  Spintha- 
ros  wirklich  einen  Parthenopaeos  gedichtet  haben  mag,  nur  aber 
unter  seinem  eignen  Namen  und  nicht  unter  dem  des  Sophokles. 

4.     Zu  Vit.  Soph.  p.  128,  42ff.  W. 

Dass  Sophokles  Priester  des  Alken  gewesen  sei,  wird  in 
einer  zweifellos  lückenhaften  Stelle  seines  γένος  so  erzählt:  Ι(Γχ( 
bt  και  τήν  του  "Αλκωνος  Ιερακτύνην,  öc  έστιν  ήρως  μετ'  ΆΦίλη^ 
πιου  παρά  Χείρωνι  *  •  ΙορυνθεΙς  υπ'  Ιο<ρώντος  του  υ\οΟμ€τα 
τήν  τελευτήν.  Von  den  Heilyersuchen  will  ich  hier  nur  den  den 
Sinne  nach  richtigen,  aber  die  Lücke  nicht  genügend  ausfüUenden 
von  Meineke  FCG.  II  2  S.  683  τραφείς  erwähnen.  Die  Ver- 
muthung  von  Bergk  Ausg.  des  Soph.  S.  XX  Anm.  86,  dass  wei- 
terhin von  einer  Statue  des  Sophokles  als  Heros  Dexion  die  fiede 
gewesen  sei,  kann  richtig  sein,  aber  sie  behauptet  mehr,  als  wir 
wissen  können,  und  klärt  die  Hauptsache  immer  noteh  nicht  ant 
Offenbar  handelt  es  sich  hier  um  ein  monumentales  ZeugniesfÜr 
jenes  Priesteramt,  also  um  eine  Inschrift,  aber  ob  dieselbe 
auf  einer  Gedenktafel  oder  auf  dem  Sockel  eines  Bildwerks  stand, 
nicht  einmal  so  viel  läset  sich  entscheiden.  An  die  Orabschrift 
kann  nicht  füglich  gedacht  werden,  da  der  Biograph  p.  13O,80ff• 
eine  ganz  andere  angiebt:  denn  dass  die  Annahme,  er  wolle  bier 
nur  den  Anfang  derselben  wiedergeben,  falsch  ist,  braucht  hoffeot- 
lich  heutzutage  nicht  mehr  erst  gezeigt  zu  werden ;  ebenso  wenig) 
worauf  für  den  vorliegenden  Zweck  nichts  ankommt,  dass  freilieb 
diese  Grabschrift  nicht  die  echte  ist  Eine  wörtliche  Elrgänznog 
ist  nun  sonach  unmöglich,  aber  den  Sinn  trifft  sicher  etwa  fol- 
gende: παιί)€υθ€ίς.  δηλοϊ  bk  πίναΗ  oder  άνοριάς  oder  εΐκών. 
Meinekes  Conjektur  τραφείς  habe  ich  durch  παώευθείς  ereetit, 
um  den  Ausfall  leichter  zu  erklären :  das  Auge  des  Schreibers 
irrte  von  παώευθείς  auf  ϊδρυνθείς  ab. 

Greifswald.  Fr.  Susemihl. 


Zur  Meleager-Sage. 
Nachtrag  zu  S.  310. 
Aus  den  interessanten  Bemerkungen  von  E.  Riess  S.  177 ί• 
entnehme  ich  einige  für  die  Meleagersage  bedeutsame  Zäg^ 
Wenn  Artemidor.  oneir.  II 10  (98,  3  H.)  berichtet:  .  . .  bivbpuiV 
bk  τά  μέν  πρό  τής  οΙκίας  πεφυκότα  δεσποτών,  τά  bk  ivbov  έν 
τη  οΐκίςι  τά  μέν  μεγάλα  καόμενα  όμο(ιυς  δεσποτών  (σημα^ 
νει)  .  .  .)  80  findet  der  von  den  Flammen  verzehrte  Lebensbaum 


MieceUen.  477 

»gende  Parallele  in  dem  Olivenzweig,  den  Althaia  ins 
ft.  Noch  wichtiger  ist  I  74  (67,  15)  τρίπους  bk  καΐ 
>v  ßiov  και  τήν  δλην  κατάστοσιν  καΐ  τήν  γυναίκα 
ος  (σημαίνουσιν),  eine  Angabe,  die  erst  duroh  II  10 
icbt  erhält:  όνακαίειν  bi  boKCiv  πυρ  ταχέως  άνα- 
»V  καΐ  Ιφ'  εστίας  καΐ  έν  κλιβάνψ  αγαθόν  καΐ  πα(- 
αίν€ΐ  γονήν  ίοικε  γάρ  καΐ  ή  εστία  καΐ  ό  κλί- 
ναικί  bia  το  οίχεσθαι  τά  προς  τόν  βίον  εδχρηστα• 
αύτοΐς  πυρ  ίγκυον  ίσεσθαι  τήν  γυναίκα  μαν- 
τότ€  γάρ  και  ή  γυνή  θερμότερα  γίv€ταu  Lassen  wir 
len  Deutungen  Artemidors  auf  sich  beruhen,  so  bleibt 
volksthümliche  symbolische  Vergleich  des  Herdes  mit 
irscboss  ^.  £ben  dieselbe  Anschauung  kehrt  in  zwei  aus- 
en  Berichten  über  Meleagers  Geburt  wieder: 

yg.  fab.  171:  Apollod.  bibl.  I  8,  2 

Uhaea  Thesiii  filia  una  έγέννησε  bk  'Αλθαία  παΐοα 
cuhuertAfU  Oeneus  et  ti  ΟΙνέως  Μελέαγρον,  δν  Ü 
quibus  cum  esset  natus     "Άρεος  γεγεννήσθαί  φασι.  τού- 

subito  in  regia  appa-     του  bk  βντος  ήμερων  επτά  πα- 
\ircae,  Clotho^  Lache-     ραγενομένας    τάς  Μοίρας  φα- 
0S,  Gut  fata  Ua  ceci-     σίν    είπεϊν   τότε    τελευτήσειν 
^lotho  dixit  eum  gene-     Μελέαγρον,δτανόκαιόμενος 
turum^    Lachesis  for-     έπΙ  τής  έσχάρας  δαλός  κα- 
)os  titionem  arden-     τακαή.    τοΟτο   όκούσασα  τόν 
eait  in  foco  et  aif:     baXov    άνείλετο   *Αλθαία    καΐ 
ic  vivet,   quamdiu  hie     κατέθετο  εΙς  λάρνακα. 
tumptt^s    non    fuerit\ 
3a  mater  cum  audissetj 
!    lecto   aique  tUionem 
\  eum   in  media  regia 
fatalem^  ne  ab  igni  4- 

[combureretur  M. 

1 

schlichte  Märchenton  der  hyginischen  Erzählung  läset 
Instanz  auf  eine  verhältnissmässig  alte  Vorlage  schlies• 
omehr  wird  man  in  dieser  den  symbolischen  Vergleich 
brandes  mit  dem  neugeborenen  Knaben  nicht  verkennen. 


nige  Belege,  wie  sie  mir  gelegentliche  Lektüre  an  die  Hand 
m  hier  stehen.  Dem  sauberen  Ariphrades  wird  Arist.  Ritt. 
S'^orwurf  gemacht  καΐ  μολύνων  τήν  όπήνην  καΐ  κυκιΰν  τάς 
(vgl.  Bchol.  Phot.  Σαχάρας,  Eustath.  Od.  ε  59  ρ.  1523,  30; 
ρ.  1539,  33).  Maximian,  eleg.  V  59  (PLM.  V  348  Baehr.)  in 
ischer  Situation:  nil  mihi  torpenti  vd  taetus  profuit  HUc:  Per- 
edio  frigus  ut  ante  foco.  Schumann,  Nacht büchlein  I  19 
Bolte):  Der  pfaff  tooüe  ymmer  auff  den  ofen  ateygen,  wozu 
Index  weitere  sprichwörtliche  Belege  gibt. 
iB  dieser  Erzählung  ist  der  Anfang  des  Kapitels  174  inter- 
θ  die  seltsame  Wendung  ibi  in  regia  dieitur  titio  ardens  ap' 
eweist. 


478  Misoellen. 

Den  Wandlungen  dieses  Motivs  in  der  Litteratnr  nachzngelieii, 
ist  nicht  ohne  Interesse  (hier  sei  nur  an  die  schönen  Aeschylos- 
verse  Choeph.  591  K.  καταίθουσα  παιόός  οαφοινόν  2>αλόν  ήλικ', 
έπεί  μολών  Ματρόθεν  κελάόησε  ^ύμμετρόν  τε  bial  βίου  Μοι- 
ρόκραντον  ές  ήμαρ  erinnert,  die  doch  wohl  auf  Phryniohoe  Be- 
zug nehmen),  kann  aber  nur  in  grösserem  Zusammenhang  du^ 
gelegt  werden.  Diese  uralte  Vorstellung  muss  sich  frühzeitig 
mit  der  eben  so  alten  vom  Lebensbaume  gekreuzt  haben,  die  ich 
trotz  brieflicher  Einwendungen  Kuhnerts  noch  immer  für  diear- 
sprüngliche  zu  halten  geneigt  bin. 

Stettin.  Georg  Enaack. 


Pseadonaeyianum. 

Chalcidius  Plat.  Tim.  76  p.  143,  17  Wrobel:    Ät  vero 
luna  usque  ad  nos  omiie  genus  mofimm,    omne  etiam  mtäatiommi 
prorsus  ut  est  in  veter e  versu  Naevii: 

Exuviaej  rabieSf  furiarum  examina  miüt. 

Der  Vers  hat  natürlich  nichts  mit  Naevius  zu  thun,  wie  m&s 
längst  gesehen ;  und  längst  gesehen  ist  auch,  dass  er  in  der  freien 
Weise,  die  Chalcidius  in  der  Uebertragung  von  Versen  liebt, 
dem  griechischen  Originale  des  Adrastos  nachgebildet  sein  muei) 
das  auch  ITieo  excerpirt  hat  S.  149,  4  τών  b'  ύπό  σελήνηνκοί 
περί  ήμας  και  μέχρις  ημών  πάσα  μεταβολή  κα\  κίνησις  και, 
καθάπερ  φησίν, 

Ένθα  Κότας  τε  Φόνος  τε  καΐ  άλλων  ίθνεα  Κηρών. 
Dieser  hier  anonyme  Vers  ergibt  eich  durch  Hierokles  p.  254  al> 
Empedokleisch  und  zwar  in  folgender  Ordnung : 

Ένθα  Φόνος  τε  Κότος  τε  και  δλλων  ίθνεα  Κηρών. 

Legt  man  diese  auch  anderweitig  bestätigte  Form  zu  Grunde 
und  sieht,  was  die  alte  Ueberlieferung  des  Chalcidius  (die  Kra- 
kauer Hds.  529  und  Wiener  n.  443)  zu  Anfang  des  Verses  bietet: 

eamuiis  rahieSj 
so  kann  doch  wohl  an  der  Herstellung 

nex  ubivis,  rabiss^  furiarum  eaamina  tnille 
ebensowenig  Zweifel  sein  als  daran,  dass  die  Ueberlieferung 

iU  est  in  vetere  versu  nenii.  Versus  & 
(so  die  Wiener  Hds.,  in  der  Krakauer  ist  neuii  ausradirt)  in  dem 
Worte  nevii  eine  corrupte  Variante  von  nex  vbi  zugleich  nijt 
dem  Lemma  Versus  vom  Rande  in  den  Text  geholt  hat.  pö 
wird  das  übrig  bleibende  &  aus  der  Majuskel  Ν  verlesen  sein, 
die  den  Vers  begann. 

Das  Citat  lautete  also  einfach  ut  est  in  vetere  versu,  nnd 
bei  Adrast  etwa  καθάττερ  παλαιός  τις  ίφη,  was  Theon  in  tin 
einfaches  καθάπερ  φησίν  verkürzt  hat. 

Berlin.  H.  Diele. 


MifloeUen.  479 


Zi  Taeitns. 


Manche  Conjecturen  schleppen  sich  wie  eine  ewige  Krank- 
iit  fort,  seihst  wenn  die  üeherlieferung  hesseres  oder  gar  das 
ichtige  hietet.  Ein  solcher  Fall  liegt  vor  in  Tac.  ann.  I  34. 
ie  nnglüokliche  Yermnthang  des  Beroaldns  am  Rand  des  Me- 
cens  Sequanos  ist  noch  immer  nicht  ans  den  Ansgahen  ver- 
hwanden.  Eine  Neavergleichung  der  Medicei  hat  Georg  An- 
lesen hesorgt,  und  dass  eine  solche  nöthig  war,  gezeigt  in  der 
bhandlnng  *De  codioibus  Mediceis  Annalinm  Taciti'  (Progr.  d. 
ekan.  Gymn.  Berlin  1892).  Er  konnte  diese  Neuvergleichnng 
ireits  in  der  neuesten  (9.)  Auflage  von  Nipperdeys  kommentirter 
usgabe  (Berlin  1892)  verwerthen,  aber  I  34  steht  immer  noch 
e  alte  Nipperdey'sche  Lesung  Sequanos,  proxitnas  et  Bdgarum 
vitates.  Ich  oollationirte  vor  einigen  Jahren  einen  Theil  der 
nnalen  Mn  nsum  academicum'  und  notirte  mir  aus  der  Hds. 
qtiPproxmos,  Dieses  hakenförmige  Zeichen  haben  natürlich 
ich  Frühere  bemerkt^  aber  die  meisten  wussten  nichts  damit 
anfangen,  obgleich  es  eines  der  allergewöhnliohsten  Compen- 
ien  ist  (vom  11.  Jhdt.  ab  häufig).  Man  findet  einige  tiefsinnige 
Deutungen  bei  Pfitzner,  die  Annalen  des  Tacitus  kritisch  beleuch- 
it  p.  62  f.  Das  richtige  seque  et  steht  in  den  Texten  von  Haase 
nd  Halm.  Nach  Ritter  soll  das  Zeichen  von  neuerer  Hand  her- 
fikren  d.  h.  von  der  des  Beroaldus.  Das  ist  falsch;  es  stammt 
'on  einer  Hand,  die  nur  wenig  jünger  sein  mag,  als  die  des 
mten  Schreibers.  Das  schreibt  mir  auch  Dr.  Rostagno,  der  die 
^eundlichkeit  hatte,  die  Stelle  nochmals  einer  genauen  Prüfung 
ni  unterziehen.  Gegen  seque  et  —  et  kann  nichts  von  Belang 
vorgebracht  werden.  Ueber  den  Gebrauch  der  korrelativen  Par- 
ikeln  que  —  et  (oc)  bei  Tac.  vgl.  Dr&ger,  Syntax  und  Stil  des 
fae.  §  123,  wo  richtig  bemerkt  ist,  dass  Tac.  gerade  die  An- 
knüpfung des  que  an  das  Pronomen  se  liebt,  z.  B.  ann.  I  4  seque 
i  domum  et  pacem  sustentavU^  IV  3  seque  ac  maiores  et  posteros^ 
^11 51  seque  et  coniugem,  XIII 40  seque  et  equestres  copic^^  XYI 
10  seque  et  Itbertum,  bist.  I  51  seque  et  QMias,  IV  2  seque  et 
^(ikorteSj  lY  34  seque  et  proximos  hortari  (hier  dieselben  Worte 
verbunden),  IV  42  seque  et  delatores.  Was  Ritter  gegen  se  adi- 
ψί  einwendet,  ist  belanglos,  es  genügt  der  Hinweis  auf  zwei 
andere  Stellen,  bist.  IV  61  neque  se  neque  quemquam  Batavum  in 
^ha  Qättiarum  adegity  IV  70  legiones  se  ipsae  in  verba  Vespa- 
^M  adigunt  (s.  Pfitzner  a.  0.  p.  63). 

Das  gleiche  Compendium  für  et  steht  noch  einmal  im  ersten 
^ka  der  Annalen  III  44  (s.  Pfitzner  p.  19).  Die  Stelle  lautet 
^Qach  Mittheilung  von  Dr.  Bostagno) 

operam  .  an  .  1  sacrouirum, 

Ueber  dem  Ί  steht  et,  von  derselben  Hand  geschrieben  wie 
Üe  Randnotiz  an  Itdium  Sacrovirum,  Jedoch  nur  die  senkrechte 
laeta  rührt  von  dem  ersten  Schreiber  her,  den  horizontalen  Strich 
lat  erst  der  Corrector   zur  Vervollständigung    des  Com^^udvoiTSA 


480  Miecelien. 

hinzageftigt.     Die  Hand  dieses  Correctors    scheint    somit  für  S 
Ueberlieferung  von  nicht  unerheblichem  Werth  zu  sein. 
Halle.  Max  Ihm. 


Nene  oskiselie  Insehrift. 

Der  bekannte  Besitzer  mehrerer  campanischer  Inschrito 
Sign.  Bourguignon  von  Neapel,  hat  mir  höflich  die  Erlaabni 
gegeben,  eine  neagefundene  lovila-Inschrift  za  veröffentlichen,  h 
der  Echtheit  derselben  kann  absolut  kein  Zweifel  bestehen,  ν 
ans  dem  ersten  Blick  auf  die  Stele  erhellt.  Sie  stammt  aus  d< 
reichen  Quelle  von  Curti  (Capua)  und  gehört  zur  Ciasee  d• 
Terraootta-Iovilae.  Sie  misst  jetzt  210  mm  L.  und  175  Br.,  1 
Buchstaben  sind  ungefähr  12  mm  hoch.  Oben  an  der  Fron 
Seite  (a)  steht  ein  neues  Symbol,  scheinbar  aus  fünf  Aepfeln  od< 
irgend  andern  Früchten  zusammengesetzt ;  an  der  Hinterseite  ( 1 
ist  der  wohlbekannte  Typus  eines  Wildschweines,  alle  beid 
Typen  sind,  was  nicht  immer  der  Fall  ist,  in  hohem  Relief.  Di 
Stele  ist  am  linken  Ende  abgebrochen,  so  dass  wir  nur  den  Ai 
fang  der  Zeilen  besitzen. 

Die  Inschriften  lauten: 

a)  iuvilu  .  . . 

sakrak  . . . 

Der  Buchstabe  nach  e  ist  unsicher,  weil  der  Stein  gebreche 
ist;  mir  scheint  am  wahrscheinlichsten  r  zu  lesen,  doch  ist  auc 
α,  auch  l  und  η  möglich,  weniger  wahrscheinlich  s.  Sonst  ii 
die  Lesung  absolut  klar. 

b)  iuvüu  •  .  .  .  . 

saikrid  -  I.  .  .  . 

Diese  Seite  ist  ganz  klar ;  Zeile  2  nach  dem  Punkt  ist  ncx 
eine  Hasta  nachweisbar. 

Was  soll  sakrak  heissen  ?  Der  Nominativus  iuvilu  ist  no4 
nicht  bekannt,  sakrid  geht  auf  Ritasleistungen  in  Zukunft,  ^ 
sie  aus  den  längeren  lovila-Inschriften  schon  bekannt  sind,  siel 
meinen  Artikel  in  den  Proceedings  of  the  Cambridge  Philologie 
Society  1890. 

Cardiff.  R.  Seymour  Coiiway. 


Verantwortlicher  Redacteur:  Hermann  Rau  in  Bonn. 

(21.  Juli  1894) 


UnlYertltäta-Buolidraokerel  τοη  Oarl  Qeorgl  la  Boba. 


481 


Zwei  neue  Reden  des  Gborieius. 


Die  beiden  hier  zum  ersten  Male  veröffentlichten  Reden  des 
Ckoriciae  beanepmehen    ein  besonderes  Interesse.      Erstens    sind 
Μ  Jugendarbeiten  des  Redners.     Von    der  ersteren    sagt  er 
^ei  selbst  am  Sohlnss  (§  5)  der  Theoria,   sowie   in  der  Theoria 
XV  zweiten  §  3.     Die  zweite  aber  kann  nach  der  letzteren  Theoria 
§4  anmöglioh  lange  nach  der  ersten  gehalten  worden  sein.  Der  Rhe- 
ter  legt  nach  seiner  eignen  Versicherung  (S.  501, 18  sq.)  das  Haupt- 
gewicht aaf  die  Charakterisirung,  und  so  sind  beide  Reden  Pracht- 
itiicke  der  ηθοποιία.     Dabei  beweist  er  grosse  Selbständigkeit. 
Beide  Reden  sind  arm  an  poetischen  und  andern  Reminisoenzen, 
Menfalls  viel  ärmer  als  die  andern  Reden.    Nur  das  Studium  der 
Komödie  und  zwar  neben  einem  Anklang  an  den  Anfang  der  aristo- 
Phanischen  Wolken  (S.  507, 13  sq.)  besonders  das  Studium  der  jttngem 
^ttiechen  Komödie  tritt  hervor.     Auch  die  in  den  andern  Reden 
^  häufigen  Beispiele   fehlen  hier.     Dafür   zeigt  sich   schon  der 
vem  Choricius   eigne  Reichthum    an  Sentenzen    in  hohem  Masse, 
^tnit  eröffnen  die  beiden  άντιλογίαι    einen  Blick   in   die  eigen- 
tümliche Entwicklung  desjenigen  Rhetors,  welcher  einerseits  uns 
^^weilen  ganz  modern  anmuthet,  anderseits  zwar  auf  der  Grenze 
^^e  Oriechenthums  und  des  Byzantinismus,  ersterem  jedoch  nach 
^^halt  und  Sprache  näher  als  letzterem  steht. 

Die  Reden  sind    aber  auch  dadurch   interessant,    dass    die 

^^^έεεις  zu  ihnen  erhalten  sind  und  wir  durch  diese  nicht  blos 

^^ahren,  dass  die  Reden  in  zwei  Absätzen  gehalten  worden  sind, 

^^Hdem  auch  über  den  bis  in  die  Gegenwart  hinein  umstrittenen 

^^griff  der  οιάλεΗις  aufgeklärt  werden.     Die  erste  setzt  sich  mit 

^^n  Schlussworten  (§3)   τοσαΟταό  πρόλογος,   βραχύτερα 

t^^v  καΐ  δλλως  ή  μακρύτερα  φθέγγεσθαι  πεφυκώς,  νΟν  bi  μαλ- 

W  εΐκότως  τοΟτο  έπιτηοεύσας,  ähnlich  wie  ρ.  200,  6  ed.  Boiss., 

dem  Prolog  gleich. 

ftbtlB.  Mm.  f.  PhUol.  M.  F.  XLIX.  Bl 


482  Foereter 

Der  Beiohtliam  an  Sentenzen  machte  die  Keden  für  Gi 
mologoi  besonders  anziehend,  und  so  waren  bisher  mehrere  Stel 
bekannt,  welche  Makarios  Chrysokephalos  aus  ihnen  für  se 
ßobu)Via  ausgezogen  hatte.  Zum  Theil  dieselben,  zum  Theii  and 
γνώμαι  hat  G-eorgides  in  sein  (alphabetisches)  Florilegium  aufgenc 
men.  Erstere  sind  aus  einem  Codex  der  Maroiana  (452)  von  Yilloii 
in  den  Anecdota  II  50  sq.  herausgegeben  und  yon  Eonstantii 
Sathas  von  neuem  fiir  mich  verglichen,  letztere  sind  aus  ein 
Codex  derselben  Bibliothek  (23)  von  Heinrich  Schenkl  abgeschi 
ben  und  mir  mitgetheilt,  einige  wenige  von  Sathas  nachgetra^ 
worden.  Ganz  erhalten  sind  die  beiden  Reden  nur  in  einer  Ha 
Schrift,  der  Madrider  N-101,  über  welche  ich  im  Index  lection 
Yratislav.  1891  ausführlich  gehandelt  habe.  Aus  dieser  (= 
theile  ich  sie  hier  nach  denselben  Grundsätzen  mit,  welche 
am  angeführten  Orte  entwickelt  und  in  den  weiteren  Publikal 
nen  befolgt  habe^ 

Die  Reihenfolge,  in  welcher  die  Handschrift  die  Reden  d 
bietet,  ist  in  Folge  der  weitgehenden  Blattverwirrung,  welche 
ihr  Platz  gegriffen  hat,    verkehrt     Die  richtige    ergibt  sich  ι 
den  Reden  selbst.     Erst  spricht  der  Sohn,    welcher  die  Gehe 
als  Lohn  für  seine  Heldenthat  fordert    Gegen  ihn  tritt  der  Vi 
auf.     Anfangs  wollte  sich  der  Rhetor    auf  die  Rede    des  Soh 
beschränken  (Theor.  I  §  5) ;  erst  nachher  entschloss  er  sich  ai 
den  Vater  zum   Worte   kommen    zu   lassen    (dial.  II    §  4).    ί 
nimmt  die  Rede  des  Sohnes  auf  die  des  Vaters  als    auf  eine  1 
gende  mit  dem  Futuris  χρήσεται  und  έρεΐ  §  16  Bezug    und 
des  Vaters  auf  die  des  Sohnes  als  auf   eine   vorangegangene 
dem  Aorist  ώμολόγησας  §  26    (vgl.  or.  I  §  9).     Auch    der 
dem  ersten  Blatt  der  Handschrift  befindliche  πίναΕ  gibt  die  ri 
tige  Reihenfolge: 

άριστεύς  νέος  :  le 
φιλάργυρος       :  ις•. 

Die  üeb erlief erung  ist  im  ganzen  eine  gute.  Zwar  fin( 
sich  nicht  wenig  Fehler,  aber  ihre  Verbesserung  gelingt  ni( 
mit  leichten  Mitteln,  weshalb  ich  den  Grundsatz  aufstelle:  j 
Aenderung,    welche   zu  starken  Mitteln  greift,    erweist    sicli 


^  Nur  in  Bezug  auf  das  ι  subscr.  bemerke  ich,  dass  es,  wahr 
es  sonst  in  der  Handsclirift  regelmässig   nicht  geschrieben  ist,    in 
zweiten  Theoria   meist  als  ι  adscr.    erscheint  und    von  mir  angemi 
worden  ist. 


Zwei  neue  Reden  des  Choriciofl.  483 

durch  als  verkelut.  Aber  einige  Besserangen,  besondere  Ergän- 
smxigen  yon  Lücken,  sind  mir  doch  selbst  zweifelhaft,  und  die 
£r£ahrang  zeigt»  dass  Einer  mit.  Einer  Handschrift  nicht  alles  her- 
etellen  kann.  Ich  würde  mich  daher  sehr  freuen»  wenn  die  beiden 
fieden  recht  viele  aufmerksame  Leser  und  durch  diese  neue  Ver- 
besserungen fänden. 


L 

Ή  διάλεΗις  έν  μίσψ  τεταγμένη  τοΟ  λόγου  b€υτέ-fol.  96'' 
ρας  οεηθίντος    συνόδου   πρόσφορον   εαυτή   οείκνυσι 
ταύτην  ουσαν  τήν  τάδιν. 

1.    Τόν  Ίθακήσιον  *Όμηρος   εϊτε   τόν  δνθρωπον  έλεήσας 
τής  κατά  θάλατταν  πλάνης  εϊτε    τήν   ποίησιν    έθίλιυν   5ιαποι-  β 
κϊλαι,  ίνα  ?τι  μδλλον  θίλγοι  τους  έντυγχάνοντας  il  έτίρας  εΙς 
ίτίραν  δγουσα  τέρψιν,  τόν  Όουσσέα  τοίνυν  6  ποιητής  εΙς  Ίθά- 
κην  μέν  οδπω,   Ις  Φαιακίαν   5έ  δγει,   νήσον  μεγάλην  τε   καΐ 
€<Αα(μονα,   καΐ  τοις  Άλκίνου  βασιλείοις  αυτόν  υποδέχεται  καΐ 
Htvliei  καί  τίνα   παρά   τόν  πότον  προσάγει   κιθαρψδόν,    τόν  ίο 
^ίριΜοΟσ'  έφίλησεν,  6  hk  μεσουντος  τοΟ  δείπνου  τήν  λυραν 
δναλαβών  ήδίω  τήν  εοιυχίαν  έποίει  τοις  δαιτυμόσι  μέλους   τε 
4ρμονί(!ΐ  καΐ  διαστάσει  τών  βψιυν.    2.  άλλα  καΐ  [ή  πόλις  ή  τής 
πΧιδος   ο\  ΤΤισαϊοι]   δτε   τοις  ΤΤισαίοις   πανήγυρις   ήγετο  τά 
Ολύμπια,  ού  μόνον  αότοΐς  άθλ^ταΐ  τά  τελούμενα  ήν,  ανάπαυλα  ιβ 
^  τις  έγίνετο  ||  μεταΕύ  κα\  βςιστώνη  του  τε  αγώνος  τους  άθλη-  fol.  81' 
■"^Λς  άναπαύουσα  καΐ  τής  συντόνου  προθυμίας  τό  θέατρον.  3.  το- 
^«ιΟτα  6  πρόλογος,  βραχύτερα  μέν  καΐ  άλλως  ή  μακρότερα  φθέγ- 
Τεσθαι  πεφυκώς,    νυν  δέ  μάλλον  εΐκότως  τούτο  έπιτηδεύσας, 
'^Q  δή  μοι  6  λόγος  μή  τρίτης  υμών  δεηθεΐη  συνόδου.  2ο 

5  Cf.  Isocr.  Euag.  §  9  οΐόν  τ*  αύτοΤς  (τοΙς  ποιηταΐς)  —  ποσι  τοΤς 
^*^σι  διαποικΐλαι  τήν  ποίησιν. 
10  Od.  θ,  63 

1  *Η  5ιάλεζις  —  1.  3  τάΕιν  =  Boiss.  fr.  ριγ'        1  έν  μέσω  τ  lit- 

^Ciie  in  Μ  manu  Iriartii  ita  loco  veteris  scripturae  positae  sunt»  ut  haec 

'^^epici  iam   non   queat        4  Τόν  Ίθακήσιον  —  1.  5  πλάνης  =  Boiss. 

^•  ριδ'  5  διαποικΐλαι]  &ιαποικ{λλαι  Μ  7   αγουσα]   αγουσαν  Μ 

•    εΙς  Ίθάκην]   είσ   Ιθάκην  ex  είσιν  θάκην  corr.  Μ  13  ή  πόλις  — 

^ί  ΤΤισαϊοι   ut   scholium    delendum  duxi  14    Ήλώος]   ήλιοος  Μ 

U  Bopra  τοΙς  in  Μ  ά  scriptum  idemqae  deletum.  16  voce  έγίνετο 

deainit  folinm  96,  μεταζύ  incipit  81.  20  τρ(της]  τής  Μ 


484  Foereter 

TT  alba  φιλάργυρος  τις  εύπορος  ίχων^κόρηνέβ 
λετο  συνάψαι  προς  γάμον  αύτφ  πλουσίαν  μίν,  αίσχ^ 
bk  τήν  βψιν.  άποστρεφόμενος   τήν   μνηστείαν  ό  yi 

βμεταΕύ  τίνος  εορτής  γινομένης  έτίρας  ήράσθη  π 
θένου  καλής,  ένοεοΟς  bk  χρημάτων  έν  τή  πανηγυ 
ταύτην  Ιδών*  περί  ής  τόν  πατέρα  προς  γάμον  αΐτήο 
οιήμαρτε.  πολέμου  καταλαβόντος  ήρίστευσε  και  Ι 
ρεάν  ήν  έθέλει  παρά  τών  νόμων  ίχω\  αΐτεΐν  όΕιοΐι 

10  έρωμένην  λαβείν  άντιλέγοντος  του  πατρός,  μελε* 
μεν  τόν  νέον. 

θεωρία. 
1.    Δέχονται   καΐ   παΐδας   άμφισβητουντας    γονεΟσιν 
νόμοι  τής  τέχνης  *  δσας  γαρ  ή  πείρα  συνίστησι  οίκας,  τοσαύ 

16  μιμείται  τα  πλάσματα,  πολλαΐς  μέν  οΟν  άς>ορμαΐς  έπισπέ 
προς  εαυτόν  ό  νεανίσκος  τόν  όήμον  έτρέψατο  ουσμενεϊς  < 
όντας,  έδήρπασε  κινδύνου  πατρίδα,  συνήγορον  ήκει  νόμόν  κ( 
εων,  μέτριον  γέρας  αΐτεΐ,  παρθένον  ένοεώς  τεθραμμέ^ 
2.  άλλα  τοσαύτην  Ιχων  άφθονίαν  δικαιωμάτων  οδπω  φροντί! 

20  απηλλάγη  οόδέ  τεθάρρηκεν  ούτως  άκονιτι  τόν  αγώνα  κρατ( 
συνέστηκε  γαρ  παιδίον  προς  πατέρα  κα\  πενία  προς  πλου* 
πάσι  μέν  άνθρώποις  ήδύν,  φιλαργύρω  5έ  μάλιστα  τίμιον.  3.  δ( 
εΐκότως  τα  μέν  που  νεανιεύσεται,  τα  bi  κολακεύσει,  φρόντ] 
μέν  έκ  του  πολέμου    λαβών,    τω    bk  πατρί  ταπεινός  και  μ( 

26  νίκην  υπάρχων,  μη  ποτέ  των  άκροωμένων  τινές  έκ  τής  παρ« 
σης  άντιλογίας  τόν  δλον  αύτου  τεκμαιρόμενοι  βίον  ούσεριν 
και  θρασύν  περί  τους  γονείς  ύποπτεύσαντες  ήττον  εύμεν 
αύται  δοΐεν  τάς  άκοάς.  4.  τό  μέν  οΰν  κράτιστον  ήν  ίρωι 
εΤναι  κρείττω  τόν  παΐ5α•  έπε\  5έ  τούτου  οιήμαρτε,  κατά  b 
1.81^30  τερον,  φασί,  πλουν  τό  μή  ||  δοκεϊν  ασελγής  άγωνίίεται  τω  τ€  > 
πρώτον  έραν  τψ  τε  μή  βίςι  τήν  κόρην  λαβείν  καΐ  τω  μη? 
απλώς  εις  όνειδος  φέρον,  οία  τοις  ποθουσιν  ίθος  τολμαν,  b 
πράΕασθαι*  άμα  γάρ  εαυτόν  άκοσμίας  ελεύθεροι  και  τήν  ίρ 
μένην  πλέον  κοσμεί  δεικνύων  αυτής  τήν  εύπρέπειαν  σάκρρον 

2  ΤΤαϊδα   —    1.  3  αύτφ  =  Boiss.   fr.  ^η'  5  γινομένης]  Τ^ 

μένης  Μ  6    καλής]    καλής  μέν?  9   aEiot  —  λαβ€ΐν  =  Βο 

fr.  ^θ'  10  άντιλέγοντος  —  νέον  =  Boiss.  fr.  ργ'  13  Δ^Χ 

ται  —  γονεΟσιν  =  Boiss.  fr.  ρδ'  14  δσας  —  1. 15  πλάσματα  οιηί 

γάρ  particula  laudavit  Georgides  in  florilegio  codicis  Marciani  fol.  11 
cuius  lectiones  Henrici  Schenkelii  debeo  benignitati  17  κομίΐυ)^ 

κομίίειν  corr.  M^         2δ  μή  ποτέ]  μήποτ€  Μ         32   ς>έρον]  φέρων 
34  σώφρονος]  σωφρόνως  Μ 


Zwei  neue  Reden  dee  Choricius.  485 

νίου  κρατοΟσαν.  5.  ταΟτα  ποιήσει  και  πειράσεται  μ^ν,  δσον 
ivcCTi,  πιθανώς  της  εύπορούσης  αίρετιυτέραν  αυτήν  παραστή- 
(Ται,  εΐ  bi  που  boHei  και  π^ρα  του  δέοντος  ταύτην  κοσμεϊν, 
boxiov  έpuJvτu  6.  τόν  μέν  ούν  πατφα  πρεσβύταις  δμα  καΐ 
φίλοργυροις  ύπόθεσιν,  ώς  όμοτρόποις  αυτψ,  παραπέμπομαι,  έγώ  β 
bfe  μελέτην  εΐκότως  τόν  νέον  έποιησάμην  ήλικά  γαρ  δή  και  6 
παλαιός  λόγος  τέρπειν  τόν  ήλικα. 

<Μελέτη>. 
1.    ΈΟ€ΐ  μέν  πρό  του  πολέμου  τόν  φύσαντα  τήν  έρωμέ- 
νην  έμοι  συνάψαι  προς  γάμον,    ϊνα   μή  boHiu   μισθόν  άπαιτεϊν  ίο 
τής  άριστείας  τήν  πόλιν  και   μάλλον  ύμΐν  έπαφρόοιτον  φανή 
Μου  τό  τρόπαιον  προίκα  τή  πατρίόι  δοθέν  6  γάρ  άμοιβήν  φι- 
λοτιμίας όπαιτών  ήν  ^οωκε   χάριν  αναλαμβάνει,    άλλα  μοι  bo- 
Κ€ϊ  τύχη  τις  άναβαλέσθαι  τόν  γάμον,   δπως  έκ  τής  νίκης  έρά- 
<'μιος  τή  κόρη  γενοΐμην  ού  γαρ  ίπρεπεν,  οϊμαι,  χωρίς  αγώνος  ιβ 
τυχεϊν  δθλου  τοσούτου.    2.   εΐ  μέν  οδν  εΰσχημον  ήν  έν  έκκλη- 
<yiqt  παρθένον  έστάναι  κάν  τοσούτων  ανδρών  όφθήναι  συλλόγψ 
και  τή  παιδί  σύνηθες  ήν  όλλοτρίας  βψεις  άποτολμαν,  ουδέν  δν 
ί*ει  φίλονεικίας  ήμΐν,  άλλ*  ψχόμην  δν  διπλήν  εύθυμίαν  κερδά- 
νας,  τόν  υπέρ  τής  ερωμένης  αγώνα  νικήσας  διά  τής  ερωμένης,  ao 
II  οβτως  αύτ^  πρόσεστιν  δμαχος  ώρα  μή  δεομένη  προικός  εΙς  fol.  82' 
παραμυθίαν  τής  άπρεπείας.    3.  έπε\  δέ  τό  πράγμα  μέν  αναιδές, 
ή  δέ  πολλαχόθεν  οίδεν  έρυθριαν,  il  ηλικίας,  έκ  φύσεως,  έκ  τρο- 
φής καΐ  νόμψ  κέκλειται  γυναιΣΙν  εκκλησία,    μεγάλη  προς  τόν 
Αγώνα  βοπή  καΐ  πλεονεξία  γίνεται  τώ  πατρ\  τό  μηδετέραν  έν-  as 
τβΟθα  παρεΐναι  •  αμφοτέρων  γαρ  όμου  φαινομένων  μεΐΖον  <δν> 
^Ιναι  τό  μέσον  έκατέρας  έδόκει  τής   μέν   έτι  φαυλοτέρας  τό 
πρόσωπον  παρά  τήν  έμήν  δρώμενης,  τής  δέ  πολύ  μάλλον  προς 
ί'^ίίνην  ευπρεπεστέρας.    4.   άλλα  κδν  εΐ  νόμος  έδίδου  φανήναι 


3  h6l€i  καΐ]   καΐ   6όΕει  Μ  6   ήλικα  -~  1.  7  ήλικα  s  Boise. 

.      pg'  7   post  ήλικα  epatiam  septem  linearum  in  Μ  relictum  est, 

^  quo  Iriartius  verba  poeuit:  Filii  Strenui  Amicam  postujantis  Avaro 
•^We  eontradicente  Declamaiio.  9  "Ebci  —  1.  10  γάμον  =  Boise. 

*^•  pT  9  "Εδει  Boise.  ή(rubΓ.)δ€l  Μ  12  μου]  μοι  Μ  •  12  ό  — 
^*  13  αναλαμβάνει  omissa  γάρ  particula  laudavit  Georgidee  1. 1.  ad 
^Μοιβήν  in  margine  codicis  Marciani  Georgidis  m*  scripsit  άνταπόδοσιν 
ήγουν  13  άπαιτών]  οΙτών  Georg.  14  τις]  τις  Μ  17  έστά- 

>^ι  κάν]  έστάναΓ  καΐ    Μ  18  άποτολμαν]  άντλ^ν?  24  νόμψ] 

%)ς  Μ  24  κέκλειται]  κέκλυται  Μ  25  ί>οπή]  ^ή  Μ  25  μη- 
δετέραν] μη5'  έτέραν  Μ  26  <Αν>  inserui  28  προς]  παρ'? 
29  ευπρεπεστέρας]  εύτρεπεστέρας  Μ 


486  Foerster 

ταΐς  κόραις,  ώς  μαλλον  έντεΟθεν  ίμϊ  τόν  άγιΰνα  πλέον« 
κτεΐν,  εΐλόμην  δν  προς  δχλον  μνηστήρων  τήν  αυτήν  μοι  πο 
θούντιυν  ίχειν  έν  δπλοις  δμιλλαν  ή  5οκεϊν  προς  τόν  πατέρ 
θρασύνεσθαι.  ji^ov  γαρ  τους  έν  πολέμψ  κινδύνους  γεγυμνασμο 

6  φέρειν  τής  προς  τόν  φύσαντα  παρρησίας,  καΐ  γνώσεσθέ  μο 
τήν  προς  αότόν  έπιείκειαν,  εΤ  μου  5ιά  βραχέων  άνέΕείΤθε  τό 
έμόν  τρόπον  είσηγουμένου  *  τό  γαρ  παρθένου  μέν  έρδν  εύπρί 
πους,  ομοίως  bfe  τόν  πατέρα  τιμάν  τόν  εκείνης  άνανεύοντα  γό 
μον  τεκμήριόν  έστι  παι5ός  θεραπεύειν  επισταμένου  γονείς,  θεό 

ιοσασθε  τοίνυν,  εΐ  τοιούτον  ύμΐν  ήθος  άσκήσαι  boKiu. 

5.  ΈμοΙ  βίος  ήν,  οίον  δν  τις  έπιτηοεύσειεν  ύπό  πατρί  φειίκυλι 
τρεφόμενος  παις  και  δλλως  όκολασίαν  μισών,  οΰκουνέφάνην  περ 
τε  τά  αφροδίσια  κα\  περί  κώμους  τε  καΐ  ευωχίας  καΐ  τάς  δλλαι 
ήδυπαθείας  έπτοημένος,  ώστε  μοι  καΐ  ώνείδιίον  ήλικιώταί  τιν6< 

16 κατηφή  καΐ  σκαιόν  όνομάΣοντες   καΐ   μέχρι  τίνος  ?ση  παι 

οίον,  πατρ\  οεοουλωμένος   καΐ   δλως    αυτό  τοΟ  βίοι 

τά  καλά  μή  γινώσκων;  6.  άλλα  τών  μέν  τοιούτων  σκωμμάτω" 

ήν  έμοί  λόγος  ουδείς,   σπουδή   δέ  προς   εόκοσμίαν  καΐ  τό  Zf^ 

)1.  82^  ελευθέρως,  καΐ  ή  γε  τής  σωφροσύνης  ||  υπερβολή  μί)θον  ίπειο 

30  με  δοΕάίειν  τους  περί  Έρωτος  λόγους,  ώς  δρα  τινές  άκρατε" 
παραπέτασμα  τής  άσελγείας  θεόν  έαυτοΐς  έπλασαν  tpwTC 
7.  πρώην  μέν  ούτως  έΗηπατώμην,  εορτής  δέ  τίνος  αγομένης 
έν  ή  φαίνεσθαι  παρθένους  άνδράσιν  ου  ψόγος,  έδοΗε  τω  πατ|: 
κομψότερον  ή  κατά  τήν  οίκείαν  φύσιν  χρήσασθαι  τώ  καιρώ,  κσ 

25  έποίησεν  ούτως,  οΐα  δέ  έν  πανηγύρει  και  πότω  γάμου  προ 
έμέ  μνημονεύει  καΐ  λόγον  άφήκε  περί  τοιαύτης  παιδός,  uef 
ής  δν  άπώκνησα  δικαίως  είπεϊν,  ϊνα  μή  συνεισέλθη  μοι  τ 
μνήμη  τό  πρόσωπον,  εΐ  μή  τή  φαντασίςι  τής  ερωμένης  άπεκροΐ- 
όμην  του  λογισμού   τήν   εκείνης  μορφήν.   περί  τοιαύτης   ήμ» 

3οδιελέχθη  πολλάκις  μέν  ήδη  μάτην  παρενοχλήσας,  ύπονοήίΤοβ 
δέ  τότε  πιθανώτερος  εΤναι,  συνήγορον  έχων  τήν  έορτήν.  S.i^ 
θύς  ουν  τω  λόγψ  τά  ώτα  πληγείς  άναστάς  ήρεμα  τής  θοίντ' 
περιήειν  τά  τελούμενα  θεωρών  τί  δ'  δν  τις  έν  εορτή  δΐ6ϊτρ<:ί 
Εατο  νέος  δλλως  τε  καΐ  διάγειν  οϊκοι  πεπαιδευμένος;  δσατ3 

3βού  λίαν  βλέπειν  εΐώθαμεν  ηδέα,  ταύτα  μαλλον  επιθυμούμε 
Ιδεΐν.    9.    ενταύθα  κόρην  όρώ  κεκοσμημένην  έν  Ιματίοις  λιτο^ 


1  τόν]  <πρός>  τόν?     6  διά  βραχέων]  διαβραχέιυν  Μ      7  €ΐ(Π]Τ0*^ 
μένου]  έΗηγουμένου?  17  σκιυμμάτιυν]  σκιυμάτιυν  Μ        20  μφο\^ 

20  ώς]  ώς  Μ  22  πρώην]  πρώην  Μ  30  δΐ€λίχθη]    bieiKitßn  Μ 

32  ήρφα]  ήρίμα  Μ 


Zwei  neue  Reden  des  Choricius.  487 

αυτήν  τής  ηλικίας  άγουσαν   την   άκμήν,   άπλάστψ   λάμιτουσαν 
ήΘ€ΐ  και  τό  τής  ψυχής  δκακον  ύποφαίνουσαν  όοόλψ  τ€  κάλλει 
και  σχήματος  άς>€λ€ί<)ί,  και  δτε  του  χορού  τών  παρθένων  ήσυχη 
^ιαστασα  μόνη  κοσμίως  είστήκει,    ίπαθον  τήν  ψυχήν  τοιαύτην 
ibuiv,  πολλαΐς  περιπεσών  Ιριυτος  όφορμαΐς*    πανήγυρις  ήν  και  β 
πότος  κα\  παρθένος  ωραία  και  νεότης  πολλή  καΐ  πατήρ  ελπίδα 
γάμου  5ιοούς.  αίσθομένη  τοίνυν  έμου  περιεργότερον  εΙς  αυτήν 
άςρορώντος  έθρυθριάσασα  καλλίιυν  έφαίνετο  του  προσώπου  συγ- 
κεκραμένου  χρώμασιν  αίοους  τε  και  φύσεως.    10.  ώς  ουν  τά- 
χιστα συνεσκότασεν,   ή   γαρ   περί  τήν  θ^αν  τής  παιοός  άπλη-  ίο 
στ(α  πασών  έλαχίστην   έδείκνυ   τήν   ήμέραν   έκείνην,  ώς   ούν 
διέλυσε  τήν  πανήγυριν  ||  ή  νύΕ  επελθούσα   και  τής  οϊκαδε  πο-  fol.  S^^ 
ρείας  άνέμνησεν  ό  πατήρ,  έπανήειν  πρώτον  ένατενίσας  τή  κόρη 
και  τη  biavoiqt  τό  πρόσωπον  ύπογράψας,  ϊνα  γενόμενος  οϊκοι 
προς  έμαυτόν  εΙκονίσω.    11.   λόγος   ή  ν  παρά  πάσαν  τήν  6bovi5 
κερί  τής  εορτής  άμφοτέροις,  πλην  δσον  6  μέν  έμοι  τήν  οαπά- 
νην  ήρίθμει   καΐ  πρόφασιν  ασωτίας  έκάλει  τάς  έορτάς,  έγώ  bk 
τήν  των  παρθένων  εύκοσμίαν  έπηνουν  *  τον  πλησίον  γάρ  έκαστος 
τήν  οίκείαν  φροντίδα  διδάσκει  φίλεΐν.    12.  ποίαν  εΙκός  έπι  τού- 
τοις έμοι  γενέσθαι  τήν  νύκτα;    δνειροι   γάρ,  αΐ  τών  καθευδόν-ι» 
TUIV  ελπίδες,  εύπειθή  μοι  τόν  πατέρα  παρεϊχον  άχρι  τής  ϊω  και 
ίίενιχράς  άνεχόμενον  νύμφης,    μέσος   ουν   γεγονώς   αΙσχύνης 
^\  πόθου,  τής  μέν  άγχούσης  τήν  γλώτταν,   του  δέ  μισουντος 
τήν  σιωπήν  καΐ  τής  μέν  άπειθή   μοι   δηλούσης  τόν   φύσαντα, 
τοΟ  δέ  πειθούς  χορηγοίϊντος  ελπίδα,  τέως  μέν,  καθάπερ  έν  τρυ-  26 
τάνη,  προς  ούδέτερον  ίρεπον,  καθελκούσης  δέ  με  τής  κόρης  προς 
^βυτήν  πεΐραν  ήδη  του  φύσαντος  έποιούμην  φανερώς  μέν  ουπω 
Ti  πάθος  ομολόγων,  τεκμηρίοις  δέ  τισιν  ύποσημαίνων  τήν  γνώ- 
Μην  καΐ  πρόσωπον  άθυμουντος  έμφαίνων,  ϊνα  μου  πύθηται  τής 
'^^ίτηφείας  τήν  πρόφα<ί>ν.     13.    ουδεμίας  οδν  υποψίας  εΙς  έμέβο 
Φερομένης,    ου   γάρ    εϊα   τοιαύτην    ύπόνοιαν  προελθεϊν  ή  τής 
^Μής  σωφροσύνης  συνήθεια,   έδόκει  λοιπόν  τών  τοιούτων  παυ- 
^ομένψ  προκαλυμμάτων  άποδύσασθαι  τήν  αΙδώ.  μελετήσας  τοί- 
^ν  πολλάκις  πιθανήν  όμιλίαν,  ώς  έπλησίαίον  τψ  πατρι  καΐ  τήν 
^Vvoiav  εις  μέσον  ένεγκεΐν  ήπειγόμην,  έτέραν  ευθύς  χρόαν  άλ-  35 
^ώίας  εΙς  άφωνίαν  έΕέπιπτον.    14.  πέρας  δ'  ούν  έμαυτώ  κελεύ- 

3  δτε]  δτι  Μ        18  in  margine  huiue  eententiae  γν  Μ         20  ονει- 
\       Ροι  —  έλπ(&ες   omissa  γάρ  particula  laudavit  Georgidee  1.  1.        20  αΐ] 
ίΐσΐν  ai  Georg.         27  φύσοντος]   φήσαντος  Μ  29  πύθηται]  πείθη- 

(       ται  Μ        30  ουδεμιάς]  ουδέ  μιας  Μ 


488  Foerster 

σας  παρρησιάσασθαι,  τηρήσας  πολλήν  άγοντα  σχολήν  τόν  πα- 
τέρα καί  τι  καΐ  χαίροντα,  φΐλόστοργον  προσειπύιν  καΐ  παν,  βτου 
0€θ(μην,  άομένως  πειθόμενον,  τούτοις  αυτόν  ύττοθυητεύσας  δμιυ- 
μοκώς  Τ€  κατ*  έμαυτόν  έκλαλήσαι   τό   πραγμα   τοΟ  μηκέτι  μοι 
fol.  83^  6  χώραν  σιωπή  ||  ύπολείπεσθαι  ήρΕάμην  λόγου  TOioObe,  ώςβρα    ^ 
bei  τόν  ίτχ   μέν  νέον,   Ικανή  ν  bk  κεκτημένον  οοσ{αν  εύει^ή  ^ 
μδλλον  ή  πλουτοΟσαν  άγαγέσθαι  γυναίκα,    ούκ  ήνεγκεν  6  πα- — ^, 
τήρ  σαφέστερον  λόγον,   οεινόν   bi  κα\  χαλεπόν  έμβλέψας  έμοί^',^ 
πασαν  έκένιυσε  τφ  βλέμματι  τήν  όργήν.    15.  τί  oöv;  έντευοεν 

10  ώ  πάτερ,  ήγροικισάμην  τι  περ\  σέ ;  οιέβαλόν  σου  προς  δλλου^ 
τήν  περί  τόν  υΐόν  δυσκολία  ν;  εΤπόν  τι  προπετές;  /^|ΐθυμοτέρα^. 
σοι  τής  εΐιυθυίας  θεραπείαν  προσήγαγον;   εϊ  μο{  τι  πέπροκτι 
τών  είρημένων,  γενοΐμην  τής  απρόσωπου  κόρης  άνήρ. 

16.  OTba  τοίνυν,  δτι  τούτψ  πολλφ  χρήσεται  τφ  λόγψ'  π  ρ   ^• 

15  σβύτη  διαμάχεται  νέος,  παις  αντιλέγει  πατρ(.  τά  τοιαΟ«"« 
πολλάκις  έρεΐ  πάντα  οιακονεΐν  άΗιών  γονεΟσι  τους  παΏκχς.  ύμeT<ς 
5έ  βραχύν  μοι  καιρόν,  δσου  οεΐται  μόνον  δ  λόγος,  τήν  biavoiocv 
μεταστήσαντες  τής  αμφοτέρων  οιαφορδς  άπό  τών  πραγμάτιυν 
λάβετε    τήν    έΗέτασιν,    τούτο   5ή  πρώτον   κατανοοΟντες,  ιίκ 

»δπαντα  τά  τοιαΟτα*  πρεσβύτης  έγώ  καΐ  πατήρ,  νέα  < 
ούτος  καΐ  παις  λόγων  απορία  δικαίων  έστΙν.  17.  άε\  μ^^ 
γάρ  άΕιώ  τους  ήοη  γεγηρακότας  τιμαν,  ώσπερ  oboO  τίνος  frr^" 

.  μόνας,  ήν  κα\  αυτόν  ϊσως  δεήσει  πορεύεσθαι,  κα\  προς  γε  ίο^ 
φύσαντα  τοιούτον  έμαυτόν  έπιτηδεύω  παρέχειν,  οίος   έμοι  Τ^' 

25  νοιτο  παις  έκ  τής  ερωμένης,  και  μάρτυρα  τής  περί  τόνόε  τιμΛ< 
ίχω  τόν  πόλεμον  τίς  γάρ  ούκ  oibev,  ώς  άνευ  μέν  θεών  εύ>*.^• 
νείας  άμήχανόν  τι  χρηστόν  κατορθώσαι,  ταύτης  hk  τής  (^9^\ 
μαχίας  ούκ  fvi  τυχεϊν  τόν  περί  τους  γονέας  κακόν;  οΰκοί)ν"^ 
μέν  νίκη  θεοφιλής  αναφαίνομαι,  τή  bk  τών  κρειττόνων  εύνο^"•^ 

80  καλός  τφ  πατρί  γηροτρόφος.     18.    ίχω   μέν  ούτως,   ώς  έφτρ  '^» 

oTba  bk  τήν  φύσιν  ού  τοις  αύτοΐς  περικλείουσαν  δροις  δεστ^^ 

τας  τε  κα\  γονείς*   τοις  μέν  γάρ  δέδοται  βιάΖεσθαι  τους  οΐι^  ^' 

τας,  γονεΟσι  bi  περί  τέκνα  πειθώ  πρέπει  μάλλον  ή  βία  δρ^^^ 

fol.  84'  ώ  πάτερ,  εκκλησία  συνέστηκεν  άμφοτέροις  ||  καΐ  μετά  τής  αυτ^ί 

85  δ  δήμος  άκροδται  σπουδής  τών  έκατέρου  δικαίων,  ποιος  ia\r^^^ 

3  ύποθωπβύσας]  προθιυπεύσας  Μ  3  όμιυμοκώς]  όμωμοκώς    ^ 

4  κατ'  έμαυτόν]  κατ€μαυτόν  Μ  5  σιωπή]  σιωπής  Μ  9  oöv;]  οΰν  3« 
10  τι]  τ(  Μ  10  σέ;  διέβαλόν]  σέ  διέβαλόν  Μ  11  εΐπόν  τι]  clirü»' 
τ(  Μ         12  μοί  τι]  μοι  τ(  Μ         21  δικα(ων]  δίκαιων  Μ  31  «ρ»• 

κλείουσαν]  περικλύουσαν  Μ        35  άκροάται]   άκροαταΐ  Μ        35  0κο^ 
δής  bis  Μ 


Zwei  neue  Reden  dee  Choricias.  489 

^pamuv  ευτυχεί  προς  δεσπότη  ν;  19.  τί  οεϊ  μήκους;  ήμϊν  ίναγ- 
χος  πόλεμος  ήν.   έκάλει  προς  αυτόν  δ  καιρός  τό  τής  πόλεως 
&νθος.   εΐ  τών   γονέων  οΟν  ϊκαστος  πατρικόν  τι  παθών  οϊκοι 
καθήστο  τόν  παϊδα  φυλάττων,  καλώς  γε  δν  ή  πόλις  άπήλλαίεν 
οίκουρουσης  αυτή  τής  ηλικίας,  ϊνα  μή  παις  άντιτείνη   πατρί.  β 
καΐ  μήν,    εΐ  γονεΟσιν   έχρήν  δπαντα  πείθεσθαι,    ούκ  δν  τους 
άριστέας  ό  νομοθέτης  έκάλει  προς  έ^ουσίαν  ί\ς  έθέλουσι  5ωρεας, 
πάντως  b'  δν,  οΐμαι,  προσέγραψεν   δτψ  bk  τών  δριστέων 
ίπιτυγχάνει  περιών  6  πατήρ,   τούτον  τό  5οκοθν  τψ 
φύσαντι  Τ^ρας  αΐτεΐν.    20.  δλλά  γάρ  ή  μνήμη  του  νόμου  ίο 
τοιαύτην    fwoiav  συνεισφέρει  τώ  λόγψ,   εΐ  bk  τής  μάχης  ήοη 
(Λινισταμένης  ορών  6  πατήρ  ένούντα  με  πανοπλίαν  καΐ  φέροντα 
δόρυ  κα\  πολέμψ  τήν  έμήν  επιτρέποντα   σωτηρίαν  δοηλον  δν, 
ά  του  λοιπού  με  θεάσοιτο,  είτα  το  μέν  ελεών,  τά  bi  κα\  προ- 
τροπών ίφη  νικώντί  μοι  bibovai  τά  παιδικά,  εΤτά  μου  τρόπαιον  ιβ 
οίήσαντος  καΐ  τήν  ύπόσχεσιν  δγοντος   εΙς  μνήμην   αύτψ  τών 
Ι^εδογμένων  εκών  έπελάθετο,  άρ'  δν  κατηγορίας  άλλότριον  οιε- 
ιτράττετο  πρδγμα;  21.  εΐ  τοίνυν  ενός  ανδρός  επαγγελία  ν  ψιλώς 
οδτως  (^ηθεΐσαν  δτοπον  ίργψ  μή  προσελθεϊν,  ή  που  δεινότερον 
ίτόλεως  δλης  υποσχέσεις  έγγραφους  άκυρους  γενέσθαι '  ο\  γάρ  ao 
W€pl  τών  δωρεών  κείμενοι   νόμοι  έπαγγελίαι  τής  πόλεως  είσι 
Τ€Τραμμέναι.  ήν  δ'  δν  f λαττον,  οΤμαι,  κακόν  μή  κεΐσθαι  νόμους 
ευγνώμονας  ή  παραβαίνεσθαι  γεγραμμένους,  ϊνα  τής  πολιτείας 
ίώτής,   άλλα  μή   τής   υμών  προαιρέσεως  τό  ίγκλημα  γένηται. 

22.  "Ετεροι  μέν  ουν  ϊσως  έν  έτέροις  πολέμοις  εύδοκιμήσαντες  ae 
Τίναια  πολιτών  ή  μνηστευθείσας   ήδη  παρθένους  ίΐ  άριστε{ας 
ίκτήσαντο,  ταΐς  έτερων  ίημίαις  έαυτοϊς  χαριΣόμενοι  καΐ  δημο- 
^Ιοις  εύεργετήμασιν  ||  ένίων  άναμίΕαντες  συμφοράς,  πάντων  δέ  fol.  84^ 
Χθλ€πώτατον  έν  κοιναΐς  εύφροσύναις  εμπίπτουσα  λύπη  καΐ  μάλ- 
λον ύφ'  οΰ  τις  ήδίκηται,  τοΟτον  ορών  παρά  τών  άλλων  τιμώ-  so 

1  μήκους;  ήμίν]  μήκους  ήμΙνΜ    2  αυτόν]  εαυτόν  Μ  cf.  ρ.  506, 24. 

Ρ.  16, 10.  80, 15  Bois.  10  γίρας]  γίροις  Μ         10  άλλα]   άλλ'  ού  Μ 

^δ  €ΐτά  μου]  εΐτα  μού  Μ  17  δβδογμένατν)  δεδομένατν?  cf.  ρ.  500,6 

^7  dp'  dv]  dpo  Μ  19  ή  πόυ]  ήπου  Μ  22  ήν]  Ι^ν  spir.  aep.  in 

^Qnem  corr.  Μ  28  ένίων]  ενιοις   spiritu   et  accentu  schedula  allita 

^btecti•  Μ       28  συμφοράς]  συμφοράς  Μ       28  πάντων  —  1.  30  τιμώ- 

Ucvov  omissa  hi  particula  et  praefixo  titulo  μ€λέτη  ε'.  [φ]ιλαργύρου  υπέρ 

^ρης  αίσχράς   τήν  δψιν    καΐ  πλουσίας   τόν   υΐόν   βιαΖομένου   αντιλέγει 

^  νοίίς  laudavit  Macarius  Gbrysocephalus  in  Roseto   cdito  a  Villoisono 

Anecd.  II  p.  50  et  a  Constantino  Satha  denuo  meum  in  neum  collato  == 

BoitB.  fr.  μθ'        30  όριΧιν]  όρΟινη? 


490  Foeriter 

μενον.  έγώ  bi  κόρην  αΙτώ  μήπω  παστάοος,  μήπω  μνΐ)στ€ίας 
τυχοΟσαν.  23.  δτε  τοίνυν  όοικούσαις  ένίους  τών  οίκητόραηι 
τιμαΐς  buipoOvrai  τους  όριστέας  οΐ  νόμοι,  πώς  ου  πασιν  &ν  ειι 
κεχαρισμένος  όνήρ  έκ  μέν  του  πολέμου   τό  κοινόν  ιίκρελήσας 

β  έκ  hi  τής  δωρεάς  όοικήσων  ούοένα ;  buo  γαρ  οή  προτρέπε 
τους  αΐτουμένους  εΙς  πέρας  δγειν  τήν  αϊτησιν,  δτι  βραχύ  μέ' 
αύτοΐς  τό  διοόμενον,  μέγα  bk  τψ  ληψομένψ  5οκεΐ.  τούτο  γα 
δμα  καΐ  τους  χορηγήσαντας  ου  λυπεί  καΐ  τόν  είληφότα  ποιι 
μεγάλην  ^χειν  τοις  οεοωκόσι  χάριν.    24.  ήοέως  6'  5ν  σου  πυ 

10  θοίμην,  πρεσβύτερον  γαρ  δντα  πλείονας  εΙκός  έωρακέναι  π£ 
λέμους,  άρα  τούτον  υπέστη  πρώτον  ή  πόλις  ή  μνήμην  δγει 
τινός  έτερου  συμβάντος;  εΐ  μέν  γαρ  ου  πρότερον  γέγονε,  he 
νόν  δν  εΐη  τόν  έν  πρώτψ  πολέμψ  νενικηκότα  μισθόν  δν  ί)τηο 
μή  λαβείν,  πάσης  γάρ,  οΐμαι,  πρδΕειυς  αγαθής  6  τήν  αρχήν  bi 

15  5ωκώς  άίχος  μάλλον  τιμασθαι  ούτε  μιμησάμενος  έτερον  και  το\ 
μετά  ταύτα  καλήν  αυτός  καταλιπών  μίμησιν.  25.  εΐ  6έ  τις  ήο 
καΐ  πρό  έμοΟ  γενναίως  άπεώσατο  πόλεμον,  εΐ  μέν  δν  ij(XT\(3 
τρόπον  τετίμηται,  τήν  ϊσην  έμοί  φυλάγατε  γνώμη  ν  εΐ  6έ  τι 
άγνωμοσυνη  προς  εκείνον  άπήντησεν,  Ιάσασθε  καλψ,  φασι,  ι 

ao  κακόν,  τή  περί  ήμας  αμοιβή  τήν  προς  εκείνον  άχαριστίαν. 

26.  Ίσως  τοίνυν  ταύτα  μέν  δίδως  εο  ίχειν,  έρεΐς  bi  γί 
μον  έμοι  λυσιτελέστερον  έγγυαν  παραφέρων  μέν  τήν  πpoϊιc 
τής  εύπορούσης,  παραφέρων  bk  τήν  τής  άλλης  άχρηματίοι 
και  δλως  έγκώμιον  πλούτου  και  ψόγον  πενίας  ήμϊν  καταλέγυ^ 

25  οϊει  γάρ,  ω  πάτερ,   δρον  ύπάρχειν  ίηλωτου  γάμου  τά  χρήμαι 

Όίδο"^  κα\  νύμφης  άρετήν  ||  είναι  τήν  προίκα.    27.  άλλα  σώματος  ώρα 

προς  άπρέπειαν  σκόπει  και  γυναικείων  παίδευσιν   έργων   πρ2 

άσωτίαν  άντίθες.   πενία  μέν  γάρ  εΙς    έργα  κινεί,    ρςιθυμίαν  Ι 

πλούτος  ως  τά  πολλά  προσίεται  και  τρυφήν.  εΐ  bi  κάκείνην  r 

30  εϊποι  φιλεργίςι  τε  χαίρειν  και  μετρίαν  είναι  τους  τρόπους,  « 
σφόδρα  μέν  πιθανά  πλουτούση  γυναικι  μαρτυρούσι,  δεδομένυ 
δέ  τούτων  άντισηκουται  χρήμασι  κάλλος,  και  τούτο  ρ(|ΐδίως  έκ€Ϊ^ 

5  δύο  —  1.  9  χάριν  omissis  γάρ  6ή  particulie  laudavit  Geor^ 
des  1.  1.  6  δτι]  οτ€  Georg.  Μ         8   ού   in  Georgidis    codice  Ms 

ciano  m^  add.  9  χάριν]  τήν  χάριν  Georg.  11  άρα]  δρα  Μ  11  άτ^* 
ίχβις?  12  οΟ]  νΟν  Μ  12  πρότερον]  πρότερος?  14  αγαθής]  άί>' 
τής  in  textu,  lectio  altera  cuius  initium  cultello  bibliopegi  periit,  fi»* 
ήσ  exstat  in  marg.  Μ         18  φυλάΗατε]    φυλάΗεται  Μ  19  1άσαοθ€, 

ίάσασθαι  Μ  22  έγγυαν]  έγγυασθαι?  28  πενία  —  1.  29  προοίίται 
omissa  γάρ  particula  laudavit  Macarius  1. 1.  =  Boiss.  fr.  ν'  29  τις] 
τ(ς  Μ         ί)2  άντισηκουται]  άντισοΟται? 


Zwei  neue  Reden  dea  Choridus.  491 

βλέψας  μάθηση.  28.  τεθέασαι  γυμνικούς  άχώνας,  πολλάκις 
€Λ6ς  άθλα  προκείμενα  τοις  νικώσι  τρίποδας,  λέβητας,  άλλα  προς 
άργύριον  φέροντα,  συναριθμεΐται  δή  ταΐς  έπινικίοις  τιμαΐς  ωραία 
Tuvn,  κα\  τόν  όθλοθέτην  ουδείς  έλοιδόρησε  πώποτε  ςκχυλίσας 
τό  δώρον,  φΐλόκαλος  δέ  τις  κα\  λαμπρότερον  εΐναι  τών  άλλων  • 
φήθη.  29.  ου  τοίνυν  μόνον  ο\  προς  τέρψιν  αγώνες  τούτο  δη- 
λοΟσιν,  άλλα  κάν  τοις  πολέμοις  Τσον  ένίκησεν  Ιθος.  άλούσης 
γαρ  πόλειυς  καΐ  λαφύρων  έν  κοινφ  προκειμένων,  οΐοις  αμείβον- 
ται τους  νικώντας  ο\  πόλεμοι,  ο\  μέν  άλλοι  τήν  άλλην  μερίζον- 
ται λείαν,  δση  τείνει  προς  κέρδος,  ό  δέ  τα  πλείστα  κατωρθω-  ίο 
κώς  άπεισιν  ενίοτε  τήν  καλλίστην  έκλεΕάμενος  τών  αΙχμαλώτων. 

30.  ήδη  δέ  τις  δλην  τρεψάμενος  φάλαγγα  κα\  παρά  τών  νόμων 
άκουσας,  ώς  ουδέν  δτι  ου  λήψη,  γής  μέν  πλέθρα  κα\  σίτησιν 
καΐ  παν  εΙς  χρήματα  φέρον  περί  έλάττονος  ίθετο,   ό  δέ,  γρά- 
ψατε με,  φησί,   καΐ  τήν  μάχην  κα\  πίπτοντας  υπό  τής  ιβ 
ίμής  δείιας  πολεμίους,  καΐ  τό  γέρας  πεπλήρωται. 

31.  οΰτος  εκείνον  εοφρανεν  ό  μισθός,  τούτον  ήγήσατο  κέρδος, 
οδηυς  ού  χρήμασιν  άφώρισται  τό  συμφέρον,   άλλα   παντοίοις 
διήρηται  πόροις  δίκην  γονίμου  πηγής  πολλοίς  (ioaEi  σχι2[ομένης. 
^Χ«  γαρ  οδτως   ϊκαστος  ώς  είπεϊν,    <ώς>   ών  <ένδεής)  έστι  2ο 
Μαλλον   II   όρέγεσθαι,  πλούτου  μέν  πένης  άνήρ,  ό  δέ  τό  σώμα  fol.  81 
νοσών  υγείας,  καΐ  τόν  άνδρεΐον  6  μή  τοιούτος  Σηλοΐ,  καΐ  τιμή 
'^€ριπόθητον  τψ  αυτής  άμοίρψ,  καΐ  πας  δ  μήπω  δοκεϊ  κεκτήσθαι 
Χρηστόν,  τούτου  μειίόνως  αντέχεται.   32.  κα\  πάντων  οδν,  δπερ 
^Φην,  ίίν  οϊονται  πλέον  άπορεΐν  αγαθών,  ταύτα  μάλλον  άσπα-  as 
δομένων  ού  σμικράν  κεκτημένος  ούσίαν   κάν   ταύτης   εκπέσω, 
Μ^τρίοις  άρκεΐσθαι  παρά  του  πατρός  παιδευθείς  τιμιώτερον  άγω 
^Υώ  κάλλος  χρημάτων. 

33.  ΐγω  μέν  οδν  έκατέραν  ύποθέμενος  κόρην  φίλεργόν 
^Ι4α  και  <μή)  φρονοΟσάν  τι  σοβαρόν  δμως  δοκώ  μοι  χρήσα-  8ο 
^'^ι  λογισμοΐς,  iE  ών  άποδέδειγμαι  προκρίνων  εΐκότως  τα  παι- 
^  ^κά.  τό  δέ  εΙκός  τήν  μέν  δίδωσι  τοιαύτην  τεκμαίρεσθαι,  τή  δέ 
^*|ν  έναντίαν  ύποψίαν  προσάπτει,  ή  μέν  γαρ  εαυτή  συνει- 
^ν»ία  λαμπρότερου   τυχούση    νυμφίου    πειράσεται    πάντως   οΙ• 

19  Cf.  [Longin.]  de  sublim.  8,  1  ρ.  10,  23  V  πηγαΐ  γονιμώτατοι 

ον 
2  προκείμενα]  περικείμενα  Μ       3  άργύριον]  αργύρια  Μ       3  6ή] 

^  καΐ?         16  πολεμίους]   πολέμους  Μ  16  πεπλήριυται]    πεπλήρω- 

μοι  Μ         20  <ώς>  ineerui  21  (ενδεής)    έστι]    ίςί  Μ         22   τιμή] 

τί  μή  Μ        24  τούτου]  τούτου  Μ      30  (μή)  inserui        30  φρονοΟσάν 

τι]  φρονοΟσαν  τί  Μ        31  έΕ  ών]  έΕών  Μ        34  τυχούση]  τυχούσης  Μ 


492  Foerster 

κονόμος  elva(  μοι  δεινότατη  καΐ  φειδωλός  άγαΜ|  τή  τε  πρό^ 
την  ταλασίαν  σπουδή  κα\  τή  περ\  τόν  οίκον  έτημελειφ  καΐ  5ιαι 
της  μέτρψ  συλλέγουσά  μοι  τήν  προίκα,  ή  δέ  τή  περιουσίφ  κοιι 
φίΣομένη    θεραπαίνας   κεκτημένη    συχνάς    καΐ    κόσμον   πολιι 

δ  τελή  καΐ  έΗόδους  λαμπράς  έ^ιοΟσα  λήσει  προς  ίνδειαν  κοη 
ολίγον  έκφερομένη.  34.  εΐ  bk  κα\  θήλυ  γένοιτο  παιδίο 
ήμΐν  παραπλήσιον  τή  μητρί  τήν  Ιδέαν,  πολλής  μοι  προικός  et 
Ικδοσιν  του  θυγατρίου  δεήσει  θεραπευουσης  αύτ^  τήν  μητρψα 
μορφήν,   ώστε   τών   υπαρχόντων  βραχύν  άπολαυσομεν  χρόνο 

10  μερι2[ομένης  ήμΐν  τής  ουσίας  πολυτελείς  τε  γυναικός  καΐ  θυγο 
τρός  άπρεπείςι. 

35.  'Αλλά  προς  έκείνην  άναποδίίω  του  λόγου  τήν  ?ννοια\ 

ώς  ή  μέν  ύφ'  ών  επάγεται  χρημάτων  έπαιρομίνη  τά  πολλά  κρο 

fol.  86'  τεϊν  άΕιώσει  του  συνοικουντος,  ή  δέ  χρηστήν  έμοί  θεραποίνης 

15  τά£ιν  πληρώσει  τό  διάφορον  ένθυμουμένη  τής  τύχης,  ήλίκο 
OÖV  έστι  δεινόν  αίσχρδς  άνίχεσθαι  γυναικός,  ής  ουδέ  τό  Kpc 
τεϊν  ήδονήν  τφ  γήμαντι  φέρει,  ευφροσύνη  δέ  δση  καλή  συνοίκι 
προστάττειν,  ή  κα\  τό  δεδουλώσθαι  τερπνόν.  36.  άλλα  μήν  ού 
ταύτα  πάντες  όμολογοΟσιν,  ώς  ουδέν  μέν  ήδιον  γάμου  συίυγίο 

20  όμογνώμονα  κεκτημένου,  ουδέν  δέ  πικρότερον  στάσεις  και  δΐ€ 
φοράς  καΐ  τοιαύτην  ίχοντος  δυσκολίαν  κο\  ταραχήν.  ούκοί 
ομονοίας  μέν  ανδρός  τε  και  γυναικός  προοίμιον  ίρως,  ίηλοη 
πια  δέ  διχόνοιας  αρχή.  37.  έΗόν  oöv  εύτυχεϊν  άστασίαστο 
κοινωνίαν  τί  μοι  προς  άπρεπη  γυναίκα  ίυγομαχεΐν;    αισθομεν 

25  γάρ  μου  τής  προς  έκείνην  εύνοιας  και  τήν  μέν  έκ  τής  Μο 
σιωπώσα  παράθεσιν,  δτω  δέ  κρείττων  εστί,  τούτο  λογιίομίν 
και  τήν  προϊκά  μοι  πυκνώς  όνομάίουσα  πανταχόθεν  αφόρητο 
έσται  θυμουμένη  τε  και  ίηλοτυπουσα  καΐ  φαινόμενη,  ή  δέ  πόλι 
τήν  ήμετέραν  ^σει  διαφοράν    ού  ^ςίδιον    γάρ  γυναίκα  ίηλοτν 

30  πουσαν  άνδρι  μαχομένην  τους  Κω  λαθεϊν.  38.  μόλις  τοίνυ 
του  λοιπού  με  συγκαταλέξει  τοις  τά  κοινά  διοικοΟσιν  ό  νόμο^ 
ό  γάρ  οϊκοι  φιλόνεικός  τε  καΐ  δύσερις  εϊναι  δοκών  και  δημοσί« 
στασιάίειν  υπονοείται»  ώστε  μή  μόνον  Ιδίςι  μοι  βλαβερόν,  άλλί 

1  Cf.  Lys.  de  caed.  Eratosth.  §  7  ρ.  92,  22  οΙκονόμος  δεινή  κσΐ  φ«'• 
5ιυλός  αγαθή.     Chor.  ρ.  39,  6  Boiss. 

συχνάς 
4  συχνάς]  πολλάς.  Μ  8  δ€ήσ€ΐ]    δβήση  Μ  14  xpnöWj 

χρηστής?  17   φ^ρ€ΐ]   φ^ρ€ΐν  Μ  17  ευφροσύνη]   ευφροσύνη* 

ultimae  ν  lineis  in  unam  confusie  Μ        17  καλή]  καλή  Μ       31  νόμοζ] 

νόμος  Μ         32  in  margine  huius  sententiae  γν  Μ 


Zwei  neue  Beden  des  Chorioins.  498 

καΐ  Koxvfji  παραπλήσιον  δν  επαινείς  γάμον  ύπάρχειν.  39.  δνευ 
ik  τούτων  έγώ  τάς  έν  κάλλει  οιαφβρούσας  ηγούμαι  μάλλον 
άκ^ραιον  τήν  εύνήν  τοις  άνοράσι  φυλάττειν  ή  τάς  είδος  έχου- 
σας κακώς,  θορυβείτε  μοι  τόν  λόγον  ώς  ού  πιθανώς  είρημένον. 
παράδοΕον  τό  λεχθέν,  ού  μήν  αληθείας  άλλότριον.  α\  μέν  γάρβ 
παρά  τών  ανδρών,  ώς  εΙκός,  άγαπώμεναι  τό  ίσον  όποδιδόασιν 
€υνοοΟσαί  τε  σωφρονοΟσιν,  α\  bi  καταφρονουμεναι  μέν,  άδυ- 
νατοΟσαι  δέ  σαίφρονεΐν,  όλισθηρόν  γάρ  τό  θήλυ  μή  παρούσης 
€υνοίας  ανδρός,  ή  και  άμύνασθαι  τους  συνοικουντας  οΐόμεναι 
προς  τάς  ίΒχ)  βλέπουσιν  ήδονάς.  ίο 

40.  ΕΙεν,  τψ  παιδ\  μέν  οΰτιυς  όνόνητα  παραινείς  κα\ 
φέροντα  βλάβην,  τή  θρεψαμένΐ)  δέ  πώς ;  ||  α\  πόλεις  δσαι  μέν  fol.  86^ 
teooi  τιμαν  άρετήν,  ανδρείους  τψ  πολέμψ  συντελοΟσιν  άγω- 
νιστάς,  έκεΐναι  δέ  κάμνουσι  κα\  Ζώσι  περιδεώς,  έν  αίς  ο\  σπου- 
Woi  τών  πολιτών  έν  ϊσψ  κείνται  τοις  ψαυλοις,  τών  μέν  ήσκη- 16 
μίνων  τήν  μάχην  άθυμίςι  τήν  έμπειρίαν  άποβο^λλόντων,  τών 
1^  μήπω  πεπαιδευμένων  ού  λίαν  ασκούντων  δμισθον  τέχνην. 
41.  συνιδών  οδν  τις  ταΟτα  σοφός  όνήρ  κα\  φΐλόπολις,  ώς  δνευ 


12  Cf.  Lyc.  c.  Leoor.  §  85  ούδ'  ^KboTov  τήν  θρεψαμένην  καΐ  τά 
^  ToU  πολ€μ(οις  τταρέ^οσαν.    Chor.  ρ.  207,  5  Β. 
14  Cf.  Eur.  Hec.  306 

έν  τφδ€  γάρ  κάμνουσιν  ai  ττολλαΐ  πόλεις, 

δταν  ης  έσθλός  καΐ  πρόθυμος  ών  άνήρ 

μηδέν  φέρηται  τιΧιν  κακιόνων  πλέον, 
^nttid.  adv.  Leptin.  t.  II  ρ.  704  Dind.  οΟδεΙς  γάρ,  οΤμαι,  τιΰν  πάντων 
^  ύνέρ  ύμιΰν  διαγωνιείται  obbk  παρακινδυνεΟσαι  βουλήσεται  όριΐιν  τήν 
^τήν  παρ'  ύμίν  άμισθον  οΟσαν.   έν  τφδε   γάρ   κάμνουσιν  ai  πολλαΐ 
'Αος  κατά  τήν  τραγψΜαν,  δταν  τις  κτλ. 

1  δν]  "δ  Μ  2  έγώ  ^  1.  10  ήδονάς  laadaverunt  Maximas  Con- 
*>ior  (cf.  Boissevain,  Mnem.  N.  S.  XIV  p.  316)  in  florilegio  e  cod.  Vat. 
8T.  739  fol.  16>^  a  Maio  Spioil.  Rom.  V  p.  XXYII  edito  et  denuo  in  meam 
^m  a  Mauio  oollato  et  Macarius  1. 1.  =  Boise,  fr.  να'  2  τάς]  μέν 
^  Mains  et  Boiss.  4  κακιΧις]  κακόν  Maxim.(Maiu8  et  Boiss.)  4  θορυ- 
^i  —  1. 5  άλλότριον  om .  Maxim.  7  εύνοοΟσαί  τ€  σωφρονοΟσιν  om.  Mains 
^  cövooOoai]  ευνοούσα!  Μ  7  καταψρονούμεναι]  παραφρονούμεναι  Mains 
^  6λισθηρόν  —  1.  10  ήδονάς  omissa  γάρ  particula  laudavit  Georgides 
Μ.         9   εύνοίας]   τής   εύνοίας   Georg.  10  έΗω]   έΗωθεν  Maxim. 

12  αΙ  πόλεις  —  1.  17  τέχνην  laudavit  Macarius  1. 1.  =  Boiss.  fr.  vß' 
in  margine  huius  lententiae  χρήσιμον  Μ    13  ανδρείους]  ανδρείως  Macar. 
15  έν  inser.  Yillois.        IG  έμπειρίαν]  εμπειρία  Macar.      16  άποβαλλόν- 
Tuiv]  άποβαλόντων  Μ 


494  Foereter 

μέν  πολεμικής  ευεξίας  ό  βίος  επισφαλής,  άνευ  hl  φιλοτιμίας 
ούκ  Ιοτχ  βώμην  όσκεΐν,  φΐλότιμον  bk  χωρίς  αμοιβών  ου  (Mjibiov 
εΤναι,  τίθησινόμον  άν  τήν  πατρίδα,  φησί,  ^ύση  πολέμου- 
μένην,  α!τει  θαρρών  οωρεάν,  οΐαν  έθέλεις.  άνέψΕά 
5  σοι  την  πόλιν  εΙς  όμοιβήν  όριστείας.  ήνπερ  fiv  λάβης, 
ου  οόεεις  μείΖονα  χάριν  είληφέναι  των  πόνων,  έπι 
τούτψ  σοι  καθίΖομεν  έκκλησίαν  καΐ  τόν  οήμονσυλ- 
λέγομεν  ενταύθα.  σαυτοΟ  κύριος  εΤ,  κ&ν  ίτι  σοι  τυχ; 
περιών  ό  πατήρ. 

10  42.  Ζήτει  σοι,  τοίνυν  φησίν,  έτέραν  οΐκίαν,  και  το 

κάλλος  σε  τρεφέτω  τής  γυναικός,  ου  γαρ  των  έμών 
απολαύσεις  έτι  χρημάτων  ούτω  μοι  οιαπτύιυν  Φ 
συμβουλή  ν.  ταύτα  θυμός  έστι  μικρόν  ύστερον  λήγων.  οΛβ 
τήν  φίλοστοργίαν  την  σήν  οΰ  φέρεις  του  παΛός  χωριζόμενος. 

15  έγώ  τήν  έκ  τής  οΙκίας  έβουλευσάμην  οιάστασιν  ύποκρίναΟθαι, 
δπως  άλγήσαςτω  πράγματι  συγχώρησης  ήν  προέκρινα  γήμαι 
43.  τά  bi  χρήματα,  πάτερ,  ίνα  τι  πλέον  παρρησιάΖωμαι  τοΟ 
συνήθους,  οσον  άγαπήΐς  τε  και  περιέπεις,  τοσούτον  ού  hex  τίν 
σεσωκότα  λυπήσαι.  6  γάρ  τους  έπιόντας  εχθρούς  άπωσάμενος 

20  κα\  τόν  υπάρχοντα  σοι  οιεφύλα^ε  πλουτον  κα\  οέοωκεν  fibeiov 
?τερον  τούτω  προσθεϊναι. 

44.  Τί  οΰν,  έτι  πιθανός  υπολείπεται  λόγος  τοις  έθέλο«• 
σιν  έγκαλεΐν;  ύψορώμαι,  ψησί,  μη  πολλήν  άοοΗίαν  όφλή* 
σης  εΙς  τοσούτο  κατενεχθεις  άκρατείας,   ως  έλάτται 

2δτής  άΗίας  άγαγέσθαι  γυναίκα,    δτι   μέν    υπέρ   τής  έμήζ 

b6lr\ς  άγωνιςις,  ού  μετρίως  ευφραίνομαι*  πατρικήν  γάρ  εντεύθεν 

Ό1.  87^  όρώ  σου  κηδεμονίαν.  ή  ν  τοσούτον  ||  έμοι  πλέον  εμφαίνεις,  δ(ίον 

ούκ  έχει  σοι  λόγον  ό  φόβος  *  ή  γάρ  έμφυτος  εύνοια  και  τταρ^ 

καιρόν  οίδε  φροντίδας  έμβαλεϊν  φίλοστόργιυ  πατρί.     45.  τί  ^ 

30  τοιούτον  έάλωκα  πρά£ας,  οίον  δν  άκρατης  έτόλμησε  νεανίαζί 
ενέδρα  χρησάμενος,  δθεν  άει  προϊοΟσαν  έώρων,  φυλά£ας  ίρΠ' 
μίαν  και  σκότος  φχόμην  άρπάσας;  ήλικιώτας  συναγαγών  ^^^ 
παραλαβών  αύλητριδας  παρά  τάς  εκείνης  έκώμασα  θύρας;  π 
ταύτα  μέν  άνεδυόμην  ποιεΐν,  μεστά  γάρ  άναισχυντίας,  έλάττονι 

5  σοι]  σου  Μ      5  λάβης]  λάβοις  Μ      6  δόΕεις]  δόζης  Μ     Π  ^j 
τί  Μ  28   λόγον   e   λόγος   corr.  Μ  28  ή  γάρ    —   1.   29  πατρ» 

oraissa  γάρ  particula  laudavit  Georgides  1.  1.  20  έμβαλεϊν]  iipcaX^ 
Georg.  29  φιλοστόργψ]  καΐ  φιλόστοργα)  Μ  29  πατρί]  άνορί  Georg 
30  έάλωκα  πράΗας]  έάλιυκαπράΕας  ex  έάλω  καΐ  πράΕας  corr.  Μ  ^  ivii• 
μασά]  έκώμασε  Μ 


Zwei  neae  Eeden  des  Choricios.  495 

τόν  πόθον  άνεκούφΐ^ον  όναιοείςι,  και  οιηκόνει  τις  έμοί  προς 
i^  Xp€!av  οΐκέτης  άπάγων  τε  καΐ  ς)ίρων  τάς  αποκρίσεις,  οία 
ίς  ίρώσιν  εΙς  παραμυθίαν  έΗεύρηται ;  46.  άλλ'  οοτε  ταύτα 
ά£ος  έφάνην  ούτε  τους  οΐκέτας  ύφορώμενος  bia  σέ  αυτός 
•ivT)  που  <ώμίλησα),  S  ποιεϊν  ίθος  τοις  αλλοις,  ο*ί  τόν  βίονβ 
iurrov  οϊονται  μή  πυκνώς  έντυγχάνοντες  αίς  άγαττώσι•  μα- 
iv  άμέλει  συνουσίαν  έκτείνοντες  όψέ  μέν  όναχωροΟσι  πέρας 
λαβούσης  της  ομιλίας,  ευθύς  6έ  μεταστρέφονται  πάλιν  προσ- 
ΐοντές  τι  παραλεις)θέν  τοις  είρημένοις,  καΐ  μεστός  ούοείς 
Γονεν  ερωμένη  λαλών  μόλις  γοΟν  άναστρέφουσιν  οϊκαοε  ίο 
λλάκις  εαυτούς  έπιπλήττοντες,  ώς  ούκ  όλίγιυν  όμου  κα\  σπου- 
ίων  προς  έκείνας  βημάτων  έπιλαθόμενοι.  ταύτα  συνήθη  τοις 
χσταϊς.  47.  τούτων  ουδέν  έγώ  ποιήσαι  προήχθην  καίτοι  οεό- 
νος  τοιαύτης  ψυχαγωγίας,  και  γάρ  άήθης  ύττήρχον  του  πράγ- 
τος,  βαρύτεροι  bk  τοις  σωφρονοΟσιν  ο\  έρωτες,  καθάπερ  τοις  ιβ 
ιαίνειν  εΐωθόσιν  α\  νόσοι,  τί  οΰν  άκράτειάν  μοι  προφέρεις 
ι  τήν  έκ  ταύτης  αίσχύνην;  έγώ  γάρ  ήγοΟμαι  τόν  σωφρο• 
Οντα  μέν  εύοοΗεΐν,  τόν  bk  ßiqi  τήν  ήοονήν  μετιόντα  καταγέ- 
στον  είναι,  τόν  bl  τώ  πράγματι  κεχρημένον  εύσχήμως,  ώστε 
Ο  φύσαντος  λάθρα  ποιήσαι  μηοέν,  τούτον  ούοεμι^  bibovai  ao 
φαν  αΐτίςι. 

48.  ΐγώ  bi  κα\  λήθην  τής  κόρης  ||  λαβείν  πολλάκις  έφίλο-  fol.  87^ 
ίκησα  ούχ  ώς  άναίίας  μου  τυγχανούσης  ή   ^ςιοίας  έπιλαθέ- 
01,  έκ  παντός  bk  πειρώμενος   θεραπεύειν  σε  τρόπου,    ήλθον 
ν  έμαυτψ  πολλάκις  εΙς  λόγους*    σύ   οέ  πειθαρχεϊν  εΙω-35 
ϋς  τώ  πατρί  κα\  πάντα  χαρί^εσθαι  τούτων  ούκ  olb' 
Γως  εκπίπτεις,    ταύτα  κα\  παραπλήσια  τούτοις  εΙπών  άπί- 
νος  έμαυτώ  σύμβουλος  έγενόμην.    49.  κα\  προς  θάτερόν  μοι 
πράγμα  περιεστρέφετο.   ώσπερ  γάρ   νοσών  τις    οειλίαν  έν 
ημίςι  κα\  σκότψ   βαοίίων  περιοεής  έντεΟθεν,    οία   συμβαίνει,  ao 
Λυμένος,    δσον  άποτρίψασθαι  πειράται  τόν  φόβον,   τοσούτον 
ί€ΐ  τό  δέος,  οδτω  οι'  ών  έπεχείρουν  άποσβέσαι  τό  φίλτρον, 
άνθανον  μάλλον  έίάπτων. 

1  τις]   τ(ς   Μ  5  (ώμίλησα)   inserui   coli.   1.  8  5  ο%] 

ι  Μ       6  μακράν]  καΐ  μακράν?       12  συνήθη]  συνήσθη  Μ      15  βαρύ- 

)οι  —  Ι.  16  νόσοι  omissa  bi  particula  laudavit  Macarius  1. 1.  =  Boise. 

«% 
ω 

νγ*      in  margine  huius  scntentiae  γν  manu  reeentiore  Μ  15  βαρύ- 

κ)ΐ]  αρύτ€ροι  Macar.        18  €ύδοξ€Ϊν  in  margine,   eOcEciv  in  textu  Μ 

οοδ€μιΑΙ]  οϋ5έ  μια  Μ         21    αΐτίςί]  α1τ(α  Μ        29  τις  5€ΐλ(αν]  τίς 
λίαν  Μ        33  έξάπττυν]  έΕάπτον  Μ 


496  Foeretef 

50.  Ου  μήν  ίΐω  συγγνώμης  τι  πεπονθέναι.  el  μέν  τ^Φ 
€ΐς  γήρας  έλθών  καΐ  τήν  ήλικίαν  δγιυν  τήν  σήν,  ήνίκα  τών  fibo- 
VUIV  ελευθερία  τις  καΐ  γαλήνη  γίνεσθαι  πέφυκεν,  Ιπ\  τούτο  προ- 
ήχθην,  εΙς  έγκλημα  μοι  οικαίως  τό  τής  επιθυμίας  ISiupov<&v)ue- 
5  ριίστατο.  άλλα  καΐ  νέος  ίτι  τυγχάνιυν  εΐ  γυναικός  ?vbov  μοι 
καθήμενης  εΙς  άλλην  ίτρεψα  τήν  διάνοιαν,  <ήν  δν>  τών  μίν 
συμβαινόντων  τό  πάθος,  πλημμέλημα  bk  παρ'  έμοί,  κα\  καταψη- 
φίζομαι τών  οΰτω  μή  σωφρονούντων,  πλην  εΐ  μή  τύχοι  τις 
έχων  γυναίκα    τοιαύτην,    οϊαν  ό  πατήρ  έγγυήσαί  μοι  ßouXerou 

10  51.  έπει  bi  νεότητι  μέν  έπανθών,  γυναικι  bi  μή  συνοικών  ίπα- 
θόν  τι  προς  κόρην  τοιαύτην  ανδρός  όμοΟ  και  μνηστήρος  &μοι• 
ρον  f τι  και  ταύτην  γέρας  κατά  τόν  νόμον  αΙτώ,  ποιον,  ώ  παρ- 
όντες, άοίκημα  τούτο;  δτι  γυναίκα,  φησίν,  ή  ν  στέργ€ΐς 
λαβών  ούκ  έήΐς  τους  έρώντας  τών  νέων  πειρασθαι  τό 

ιβ  πάθος  έκκόπτειν  έλπίοα  παρέχων  αύτοις  τής  επιθυ- 
μίας τυχεϊν,  αίτιος [τε]  γενήση  του  παρά  τών  παίδων 
άτιμάΖεσθαι  τους  γονείς.  52.  ό  οεηθείς  εκκλησίας  και 
οήμου  καΐ  νόμου  προς  τό  πεΐσαι  τόν  φύσαντα  παρασκευάζει 
τους  παϊοας  ήττον  έρυθριασαι  (τούς>  γονείς,  ό  παρά  τόν  Ipuffo 
1.88' ao  νήφων,  ώς  μηδέν  άτοπον  πράίαι,  τήν  ήβην  ||  εγείρει  προς  αίσχρας 
ήοονάς.  έγώ  μέν  ου  προς  ταύτα,  προς  άριστείαν  bk  μάλλον 
ηγούμαι  τους  έν  ήλικί()ΐ  προτρέπειν  ένθυμουμένους,  ώς  ου  μά' 
την  ό  νόμος  ßoql  μηδεμιας  άποτυχεΐν  αμοιβής  τους  έν  μάχαις 
εύδοκιμουντας.     53.  γυναίκα  μέν  oöv  ήν  στέργω  λαβών  παρά• 

26  κλησις  γίνομαι  τη  νεότητι  προς  πολεμικήν  άρετήν,  [και]  ί)ΐα- 
μαρτόντος  δέ  μου  του  γέρως  εΐτα  μιας  δωρεάς  αφαιρέσει  τια- 
σών  απίστων  γενησομένων  και  τής  περί  πολέμους  άσκή(Τ€ΐ»^ 
συναπολλυμένης  τή  πίστει  τών  αμοιβών  πρόχειρον  έσται  θήραμβ 
τοις  έναντίοις  ή  πόλις.     54.  θαυμάζω  δέ,    εί   τής  τών  S^^ 

30  σωφροσύνης  κηδόμενος  ό  πατήρ  τής  του  παιδός  αμελεί,  εδοιΐ' 
λον  γάρ,  ώς  αίσχρςί  μέν  έκαστος  γυναικι  συνοικών,  κδν  έγκρβ" 
τής  ύπάρχη  και  σώφρων,  άπρεπεί()ΐ  πολλάκις  τής  γυναικός  άνα- 
πείθεται  θηρεύειν  ήδονήν  άλλοτρίαν  και  μάλιστα  νέος  άνήρ  i^^J 
προς  άλλην  εύπρόσωπον  έχων  τόν  νουν,   6  δέ   καλήν  άμα  ^^^ 

1  τι]  τ{  Μ  3  τις)  τίς  Μ  4  <δν)  inserui  5  €ΐ]  βίς  Μ  6  (flvÄv) 
inserui  16  [τε]  delovi  19  έρυθριασαι]  έρυθριασαι  Μ  19  <τούς)  inserui 
19  παρά]  ucplV  20  πράΕαι]  πράΗαι  Μ  23  μηδεμιας]  μή  δέ  μιας  5^ 
24  ήν  στέργιυ]    ήν   στέργιυν   ultimo    ν   deloto   Μ  25  [και]  delevi 

2G  γέριυς]  γένους  Μ      31  αίσχρ^  —  ρ.  497  1.  2  τή  συνοικούση  laucUvit 
Macarius  Ι.  1.  =  Boiss.  fr.  νδ'        31  αίσχρ^]  αΙσχρά  Μ 


Zwei  neue  Reden  dee  GhoriciuB.  49? 

)θθϋμίνην  τήμας  παρθίνον,  κδν  ακόλαστος  ή,    σακρρονεΐ  bc- 
)υλωμένος  τή  συνοικούση.    55.   ττδν   τοίνυν   ήσθην  άκουσας 
ου  λέγοντος  τοΟ  πατρός,  ώς  δρα  σωφροσύνης  μάλλον  ή  πο- 
Εμικής  αγωνίας  έπιμελητέον  τα  νυν,  δτι  νενικημένοι,  φησίν, 
ρ5ην  οΐ  δυσμενείς  ττρός  οευτέραν  άπογνώσονται  πει-  β 
αν.  τούτο  ήσθην  άκουσας  •  ίστι  γάρ  έγκώμιόν  μοι  μίγιστον  τό 
Εχθέν,  εϊπερ  έκ  μιας  νίκης  άπειπεΐν  τους  πολεμίους  έπαίοευσα. 
6.  bto  και  μαλλόν  σοι  πρέπει  θεραπεΟσαι  τον  παΐοα.  πρ\ν  μέν 
ip  έπελθεΐν  τή  πόλει  τους  δυσμενείς,   ϊσως  περί  τοις  ύπάρ- 
ουσιν  έοεοοίκεις  τοβ  προς  τα  χρήματα  πόθου  ψαντάίεσθαί  σε  ίο 
ολ€μίους  ποιουντος.   νυν  bi  τής  ήττης   κατά  τήν  σήν  μαρτυ- 
ίαν  ήσυχάΖειν  εκείνους  πειθούσης    ίστι    μέν   ίχειν   άδεώς  τά 
Γηθέντα,   ίστι   bi  φόβου  χωρίς  δλλα  συλλέγειν.    δλως  οέ,   εΐ 
έν  ίτερον  ύφορώμεθα  πόλεμον,  ανδρών  ή  πόλις  δεήσεται  σώ- 
Είν  είδότων,  γενήσονται  δέ,  τους  πρότερον  εο  ποιήσαντας  άν  u 
κυσι  τιμωμένους.    57.   εΐ  δέ   τρόπαιον   ?ν  ήρκεσεν  άθάνατον 
eiXiav  έμβαλεϊν  τοις  έχθροϊς,  ||  άνεϊλον  τήν  πρόφασιν,  άφ'  ής  fol.  88^ 
οκώ  σοι  παρέχειν  ελπίδα  τοις  νέοις   τής  επιθυμίας  τυχεϊν.  εΐ 
άρ  χωρίς  άριστείας   ου  δίδωσιν  6  νόμος   δ,  τι   βούλεταί  τις 
έρας  αΐτεΐν,  πολέμου  δέ  μή  συμβαίνοντος  άριστευειν  ούκ  ίνε-  ao 
tiv,  ου  συμβήσεται  δέ  των  έχθρων  είσάπαδ  άπειρηκότων,  άνή- 
ηται  τοις  νέοις  ή  του  δουλευειν   ταΐς  ήδοναΐς  αφορμή,   ώστε 

4  νίκη  διπλήν  εύεργεσίαν  ύμΐν  προεΕένησα,   έλευθερίαν    δμα 
cii  σωφροσυνην.    58.   άλλα  κινδυνεύει   λίαν  έπίφθονον  ύπάρ- 
«V  άνδραγαθία  *  έπειρδτο  γοΟν  τις  άρτίως  τήν  έμήν  φιλοτιμίαν  35 
ιμΟναι  και  προς   τόν  πλησίον    ίοικε,    φησίν,  ούτος  6  νεα- 
ίας,  ύποδείΗας  έμέ,   πόθψ  τφ  προς  τήν   κόρη  ν,    ού  τή 
Μ  τήν  πόλιν  εύνοίςι  τήν  έν   τψ  πολέμψ  προθυμίαν 
νοείΕασθαι.  6  δέ  τουτό  με  λοιδορήσας  ετύγχανε  που  μάλλον 
^οοημών,  ήνίκα  τήν  πόλιν  ή  μάχη  περιειστήκεΓ  ού  γάρ  ένήνι» 
dpa  τόν  τότε  καιρόν  καΐ  τήν  ήμέραν  ίκείνην  ίρωτικόν  τι  φρο- 
^Ισαι.    59.  άναμνήσθητε  γάρ*  ησυχία  μέν  ή  ν,  καΐ  βςιθυμίςι  πο- 
έμου  παρασκευής  [και]  πάσα  δικαίως  ή  πόλις  ένεπεπτώκει*  δ 
4ρ  μηδέν  δδικον  έαυτψ  συνειδώς  ού  φυλάττεται.  ήκε   δέ   τις 
Ττέλλων  τους  πολεμίους,  ώς  ήδη  προσέρχονται,  ώστε  δτι  μή-  86 
UJ  πάρεισιν,  θαυμάζειν  έδόκει.  ταραχής  οδν  ευθύς  περιθεούσης 
hy  πόλιν,  οΐαν  απροσδόκητου  πολέμου   φ%ιη  ποιεϊ,   μίαν,   ώς 

4  τά  νΟν]  τανΟν  Μ    5  προς  cf.  ρ.  107, 5.  118,  27  Β.    19  δ,  τι]  οτι  Μ 

5  έπ€ΐρατο  γοΟν]  επειρατο  γ'  οΟν  Μ  26  άμΟναι]  άμβλΟναι  νβΐ  άμαυ- 
οΟν?  cf.  ρ.  512,  19  32  Ας^θυμίςι]  ^αθυμία  Μ  33  [καΐ]  delevi  ένεττε- 
τώκει]  άνεπεπτώκει  Μ        35  άγγέλλων]  αγγέλων  Μ 

Bhefn.  Μηι.  f.  Phllol.  Ν.  F.  XLIX.  ^^ 


49β  Foertter 

έν  θορΰβψ,  τΓάντ€ς  α(Τφάλ€ΐαν  ήιτη<'άμ€θα  τήν  καταφρ 
τής  ασφαλείας,  ο\  γάρ  τοιοΟτοι  καιροί  τάχος  μβλλον  ή  λσ 
diraiToOmv.  60.  Μ  τοσούτου  6ή  φόβου  τών  πραγμΑπυ 
ρουμέναιν  έΕήλασέ  μου  τής  διανοίας  τήν  κόρην  ή  πατρ' 

β  Ιηινεύουσα.  dtotrcp  γάρ  θεράπαινά  τις  φΐλόχελως  ού  πα( 
μέν  οΤκοι  τής  κεκτημένης  κομψεύεται,  βφνω  hk  φσν€(σης 
ηρεμεί  σακρρονοΟσα  τφ  &έει,  οδτυις  ή  πόλις  καθαπερε\  b^< 
τις  έπιστασά  μου  τφ  λογισμψ  τήν  έπιθυμίαν  συνίστειλεν. 
&έ  κατά  νοΟν  ήμΐν  6  πόλεμος  ίληΕε  κα\  τοΟ  τροπαίου  τ( 
fol. 78*10  στον  fpTOV  ||  έμόν  ένομίσθη,  τότε  τρυφήσας  τή  τύχη  και 
εος>ροσύνη  μεθύιυν  άπέοιυκά  μου  τόν  λογισμάν  tQ  πα 
τίνα  δή  τρόπον;  άνεχώρουν  μέντής  μάχης,  ώς  έβουλόμην,  < 
bk  κα\  γυναίκες  H  αυτών  με  πυλών  έπΐ  τάς  εμάς  παριίι 
θύρας  τόν  άριστέα,  τόν  φΐλόπολιν  όνομά^οντες.    ένταΟ( 

16  νυν  έαστατο  μέν  6  πρό  τής  μάχης  ένοχλήσας  μοι  (ρόβο 
ήει  bi  με  πάλιν  ή  κόρη,  έΜκουν  γάρ  ύπό  ταύτης  6ρ 
καΐ  σοβαριύτερον,  ώς  θειυρούσης,  έβάοιΣον  νικηκρόρον  αϊ 
νύων  τόν  έραστήν  £χαιρόν  τε  boκώv  Ικ  τής  νίκης  καλλί 
νέσθαι  κα\  προς  Εκαστον  ^βλεπον  τοΟτο  παρά  πάντων  £ 

9D  άκούειν.    ταΟτά  μοι  τήν  εκείνης  εΙσήγαγε  μνήμην.     62.  < 
έγύι  οιά  ταύτην  εΐλόμην  προκινδυνεΟσαι  τής  πόλεως,   ά) 
ηδονής  τοΟ  σώσαι  τήν  πόλιν  άνενεωσάμην  τόν  πόθον. 
τοσοΟτον  διατείνεσθαι  χρή ;  εΐ  γάρ  ώς  αληθώς  αΙτία  τής 
ή  κόρη,  τήν  άΗίαν  άπόδοτε  χάριν  αυτή,  νυμφίον  έρώντα 

36  63.  Μία  τοίνυν  έτι  παρά  του  φύσαντος  έμοί  λείπεται  προ 
τίς  οδν  έστιν  αυτή;  εΐ  τής  εύπορούσης  τόν  τάμο> 
σίν,  αποφεύγεις  ώς  ανέραστου  τήν  θίαν,  άνάσχοι 
χείας  αναβολής,  τάχα  σοι  καλήν  όμοΟ  κα\  πλούτο 
εύρήσω   γυναίκα,   οοπω  ποτέ   μάλλον,    ώ   πάτερ,    ήί 

m  άναβολήν  είσηγούμενος  νίιυ  γάμον  ήδη  φανταΖομένιμ  τύ 
οικών.  ου  γάρ  ανέχεται  βράοους  6  τής  'Αφροδίτης,  δλ) 
KÖV  έκ  νόμου  τις  έν  έλπίοι  γένηται  του  τυχεϊν.  δ  γάρ  2ι 

7  ηρεμεί]  ηρεμεί  Μ      8  έπιστασά  μου]  έπιστάσαμου  Μ 

voihr]  κατανοΟν  Μ     10  £ργον  voce  desinit  folium  88,  έμόν  incipil 

manu  exaratum  foliam  73.    cf.  quae  dixi  in  dissertatione  inscripta 

Ghoricii  orationes  nupliales  p.  9         12  τρόπον;  άνεχώρουν  μέν] 

εσ 
άνεχωροΟμεν  Μ      12δν&ρες]  Ανδρα  Μ      13  γυν€^!κες  e  γυναίκα 

13  αυτών]  αύ|αύτών  Μ     18  τόν]  τήν  Μ     26  έστιν]  έστιν  Μ      2 

σθης]  ήρΛσθης  <άνιαν>?      32  τις]  τίς  Μ      32  8  —  ρ.  499  1.  1  κ 

omiasa  γάρ  particala  laudarit  Georgides  1.  1. 


Zwei  neue  Reden  dee  Ghoricioe.         ^  4d9 

οϊ^ται  θαττον  λαβείν,   τούτου  την  μέλλησιν  εΐκότως  ου  καρτε- 
Ρ^ν.    64.  πλην  όφίημι  ταύτα  λέγειν  έτέρω  μή  φέρειν  έπιθυμίαν 
^^bOTi,  αυτός  ί>έ  τί  φημι  και  πώς  ου  δέχομαι   τήν  παραίνεσιν; 
πρώτον  μέν  σπάνιον    έτέραν  εύρεΐν   Ισόρροπου   μεταλαχοΟσαν 
μορφής,   έν  άπάσαις  μέν  γάρ,   δσαι  παρ'   ήμΐν   Δραν   δγουσι  9 
τταστάοος,  Τσιυς  <ούκ>  δν  τις  εύρεθείη  τοιαύτη  •  ||  έπεί  bi  συστέλ-  fol.  7 
λ'€ΐς  τόν  αριθμόν  έν  μόναις   ταϊς    εύπορούσαις   όμοίαν   Ζητών, 
<ρύ<τει  ούσκολον  πράγμα  χαλεπώτερον  οδτω  ποιείς.    65.  έπειτα 
<Stv  έφάμιλλον  τύχη  τις  ίχουσα  κάλλος,  οόίει  τά  οεύτερα  φέ- 
ί^ιν  παρά  ποθουντι  κριτή,    τις  εο  φρονών  όνίσψ  δικαστή  οείΗει  ίο 
^υγάτριον,  ήλικίαν  έχουσαν  γάμου ;  εύλαβηθήσεται  γάρ,  μή  ποτε 
ίκχύλη  μοι  νομισθεΐσα  και  boiav  εντεύθεν  αίσχους  ένεγκαμένη 
τοΟ  συνοικήσοντος  άπορήση.    66.  οεδόσθω  b'  οδν  καΐ  τούς  τών 
ίττιγάμων  γονείς  τάς  εαυτών  έπώεϊΕαί  μοι  παΐδας   καΐ  μή  χεί- 
ρονά  μοι  φανήσεσθαι  τήν  εκείνη  παραπλησίαν,  τοΟ  hk  τοιαύ-  u 
την  ύπάρχειν  έν  άοήλψ  κειμένου  τις  έγγυήσεταί   μοι   τόν  τής 
ίητήσεως  χρόνον,    ώς    ου   φθάσει   τις  έτερος  γυναίκα  ταύτην 
λαβών;    ου  λείπουσι   γάρ   τοιαύτη  κόρη  μνηστήρες,    ή  δεησό- 
Κ€θα  τών  αυτή  προσηκόντων  τοσούτον  άναμεΐναι  καιρόν,  οσον 
έτέραν  Ζητουμεν,   και   τούς   μεταΗύ  μνηστεύοντας  άποβάλλειν;  9ο 
^οϊ  τίς  οοτως  ελεεινός  ή  γέμων  άνοιας,    δς  άνέίεται  τής  ημε- 
τέρας αναβολής;   67.  έδει  μέν  oöv  ή  τήν  είίπορον   κόρην  τής 
«Λής  εύτυχήσαι   τήν   φύσιν  ή  ταύτην   εκείνης  τόν  πλοΟτον. 
ίν  μι^  γάρ  έκάτερον  συνελθόν  τήν  προς  αλλήλους   ήμϊν  <άν> 
Α.υ<τεν  ίριν.  έπει  bi  οιενείμαντο  ταύτα,  γίνεται  μέν  τις  εντεύθεν  u 
δίΚΓχήμων  απολογία,  τοσούτον  <οέ)  τής  έν  πλούτψ  οιαφερούσης 
ώρ€τΐϋτέραν  τήν  εΰεΛή  νομιστέον,    δσον  ή  μέν  ϊσως  άν  εύροι 
χρήματα,  ήδη  γάρ  έρμαίψ  τινές  περιέτυχον,  θησαυρός  οέ  κάλ- 
^\3ς  ούκ  ένι,   καΐ  χρήματα   μέν  τέχναι  πολλαΐ  χορηγοΟσι  καΐ 
^voi,   τό  οέ  <κάλλος>  φύσεως   μάλλον  ή  τέχνης  έργον  εστίν,  ao 
*"ί^ε  ταύτην  μέν  ίνεστι  τής  εύπορούσης  έχειν  τό  πλεονέκτημα, 
^^   δέ  ταύτης  έκείνην  αδύνατον  κτήσασθαι.   68.  εΙκότως,  πάτερ, 
«κότως  ήδη  γηράσας  μικρόν  οϊει  οώρον  άνορι  σύνοικον  ευπρεπή, 
^ί•  Ύάρ  τάς  επιθυμίας  άπομαραίνοντι  ||χρόνψ  κάλλους  ούκέτι  φρον-  fol.  7^ 

1   ad   μέλλησιν   in   margine  codicis  Marciani  Georgidis  scriptam 

^  τήν  ύπέρθεσιν,  μέλημα  bi  τό  φρόντισμα  λέγεται  3  παραίνεσιν;] 

'^Ροίνεσιν  Μ      6  <ούκ>  inserui       9  τις]  τίς  Μ       10  παρά  ποθοΟντι] 

'^ΗκίποθοΟντι  Μ     13  άπορήσΐ}]  απορήσει  Μ     16  τόν]  παρά  τόν?     17  τις] 

Tk  Μ       23  καλής]  ά\Χγ\ς  Μ       24   έν   μι^)    β(α  Μ       24  <öv>    inserui 

^  (δέ>  ineerui       27  εοροι]  εοροι  τοΟ  (τ  del.)  τών  (ων  del.)  Μ      29  in 

li^rgine  haius  sententiae  χρήσιμον  Μ        30  ^κάλλος)  inserui. 


hob  Foeriter 

τ{ς  *  έγώ  bi  ένταΟθά  εΙμι  τής  ηλικίας,  Sre  ιΐ€ριμΑχηΐΓ6ν  έση  τ^ 
κτήμα    69.  καΐ  σύ  μ€  φίλονεικότερον  έποίησος  ^paotjiv  biNfi 
λωτόν  μοι  καταστήσας  τήν  άχραν.  οδτως  ονβηραταΐ  τ& 
λώτερα  τών  θηρίων  μέγα  ποιοΟνται  λαβαν,  βραχΰν  hl  Tukv 

t  χ€ΐρα  τίθενται  λόγον,  ιίκττε  καΐ  κατά  τόνοε  τΑν  τράπον 
ταιρρόνητον  είναί  μοι  τήν  παρά  σοΟ  &ε1>ομένην.  εΐ  μέν  χάρ  έλΙτ 
θανεν  οδσα  φαύλη  τό  εΙΙ>ος,  KoOqpov  Αν  ήν  τά  κακόν'  έπκ^^ 
μου  bi  γενομένης  τής  άττρεπείας  έν  έκκληαίφ  καΐ  οήμφ  cdox>3- 
νομαι  τους  άποσκώπτειν  έπιτηδεύοντας.     70.   βπου   τάρ 

ία  αΐσθυιμαι  τούτους  ήρεμα  (ρθεχγομένους  άλλήλοις,  περί  έμοΟ 
καΐ  τής  γυναικός  υποπτευθώ  λαλεΐν.  τί  οδν  γένωμαι  λεγόντυαν 
άκουων  ή  καΐ  άκούειν  boKi&v*  ο!ανό  τής  πόλεως  Αριστε  Ος 
£χει  γυναίκα;  ή  ποίαν  ίΕω  καταφυγήν,  όταν  έλαΰνη  με  XjOr 
λεπώς  οίκοθεν  μέν  ή  θέα  τής  γυναικός,  il  ΑγορΑς  Μ  τής  θέος 

if  ή  φήμη.  71.  ο\  πρψην  ήμΐν  έπελθόντες  τοιαύταις  γυναιΕΙ  σον- 
οικοΐεν,  Αμ(ροτέροις  bk  πρέπει  σοΙ  μέν  εΤναι  καλής  κη^εση^ν« 
έμοί  hi  νυμφίον.  έπΙ  ταύη)  με  στεςκίνωσον,  πάτερ.  Απτέ  fMfi^ 
b^a  γαμήλιον.  ύμέναιος  ^ται  οημοτελής  κα\  χορός  έν  τοις 
γάμοις  ή  πόλις  συνηοομένη  τφ  πρφην  αυτήν  σεσωκότι  τυχόν^ 

9D  τής  ερωμένης,  ^ονται  μέν  Ανορες  εδφημα  μέλη ,  ήΐσονται  ^ 
γυναίκες  τοιαΟτα,  ο\  μέν  τήν  έμήν  ύμνοΟντες  Αν&ρείαν,  α\  ^ 
τής  νύμφης  τό  κάλλος.  ο\  bk  πρεσβΟται  σύλλογον  περί  αί  ιτοι- 
ησάμενοι  Σηλώσουσι  μέν  τής  εύπαώίας,  άποοέίονται  bk  χρημ^' 
των  προκρίναντα  τήν  του  παώός  θεραπείαν.    72.   ίλπιΖε   l>^ 

9S  παρ'  έμου  προσθήκην  τιμής,  εϊπερ  ίνεστιν  Αρα  προσθεϊνβ*ί 
έλπιίε  καΐ  τήν  κόρην  θυγατρός  αΐίνώ  σοι  φυλάττειν.  μή  γάρ» 
ότι  παρά  φαυλον  αυτήν  έποιήσω,  προσοέχου  τινά  παρ'  axrvH^ 
άτιμίαν.  ούχ  ούτος  ό  τρόπος  εκείνης,  ώς  εΐκάίειν  έκ  τής  Ib^ciC 
παρέχει,  έγώ  bl  καΐ  οιαλιπών  ημέρας  ολίγας,  !να  μή  νύμφΠ^ 
ίο1.74^8οοΟσαν  ευθύς  ενοχλήσω,  ||  πολλοίς  αυτήν  προτρέψομαι  λόγοις 
έπιτηοείοις  avbpl  προς  γυναικός  νουθεσίαν  άγαπωντι  πατέρα' 
θεράπευε,  γύναι,  τόν  κηοεστήν.  ούτως  εύφραίνομ^* 
μάλλον  ή  τιμώμενος  υπό  σου.  έοοξε  οή  σου  προκρ^' 
νειν  έτέραν.   οειΗον  ούκ   ορθώς  προτιμήσαντα  τφ  ^^ 

85  0αμώς  εΐδέναι  μνησικακεΐν.    73.  κα\   περί  σου   μέν  το^' 


4  τών]  τόν  Μ  6  σοΟ]   σοΙ  Μ  1  €Ϊδος  ex  ήθος  oorr.  ^ 

9  δπου]  δττοι  Μ        13  lEui]  £Sui  Μ      13  έλαύνη]  έλαύν€ΐ  Μ      15  itof 

ot 
οικοΐεν]  συνοικεΐεν  Μ       17    με]  μέν,  Μ      22  πρεσβΟται]  «ρεσβύταη  1 

29  έγώ  hi]  έγώ  τέ  Μ        33  hi\]  bi  Μ 


Zwei  neue  Reden  des  Chorioias.  601 

ro,  τα  hk  Ιμά  προς  έκείνην  άνωθεν  καταλέΗω  αισθομίνην 
/  ϊσως,  άλλα  τοις  ττοθοΟσιν  ήδύ  λόγιυν  εύρεΐν  άφορμάς  βου- 
αένοις  οιηγεϊσθαι  ταϊς  έρωμίναις  κα\  δσα  γε  ϊσασιν  ακριβώς 
Λϋκυίας.  οιηγήσομαι  τοίνυν,  ώς  έορτάίουσαν  eTbov,  ώς  ίδών 
ς  θίας  ήττήθην,  τόν  ττόλεμον,  τήν  άριστείαν,  τόν  οιδόντα  β 
ι  νόμον  δ,  τι  βούλομαι  γέρας,  την  έκκλησίαν,  τήν  αϊτησιν, 
απάντων  αυτήν  προτέραν  έθίμην.  οΰτως  εύνοοΟσαν  αυτήν 
)ί  τ€  κα\  σοΙ  καταστήσω.  74.  ίστιν  άρα  καΐ  πενομένη  παρ- 
fψ  λαμπράν  έπάγεσθαι  προίκα,  σώματος  άγλαΐαν,  ήθος  χρη- 
)v,  καλήν  οίκουρίαν.  άπόδοτε  τοίνυν,  ώ  παρόντες,  τήν  άμοι-  ίο 
f.  ου  φιλονεικήσει  τήν  δωρεάν  ό  πατήρ,  ήδη  πρςίον  έμοί 
^σβλίπει  κα\  πατρικόν,  ήδη  μοι  πειθομένου  πρόσωπον  ^ειίεν 
)k  οίκοθεν  ήκε  λυπεΐν  με  βεβουλευμένος,  άλλα  μάλλον  ύμΐν 
οείΕων,  ά)ς  ούοέ  φιλονεικίας  παρούσης  έΕάγομαί  τι  φθέγΕα- 
31  προπετές.  ούτω  μου  πεΤραν  λαμβάνει  πολλάκις  άντιλογίας  is 
κτχήματι. 


II. 

Ότι  χρή  τους  παριόντας  έπιχειρεϊν  τά  των  με- 
Γωμενων  ήθη  μιμεΐσθαι. 

1.    "Hhx]  που  και  χορών   έν  Διονύσου   γεγόνατε   θεαταί,  ao 
οίς,    οΐμαι,   τινά  κα\  όρχηστήν  έωράκατε  νυν  μέν  άνδρείοις 
ίμασι  θέλγοντα  τήν  σκηνήν,   ήνίκα  τόν  θεσσαλόν  ή  τό  τής 
ιαίόνος  μειράκιον  ή  τίνα  ϊτερον  άνδρα  όρχεΐται,  νυν  δέ  πο- 
»μένην  τε  τήν  Βρισέως  κα\  Φαίδραν  έρώσαν  εδ  μάλα  μιμού- 
ον  και  πειρωμενον  πεϊσαι  τό  θέατρον,  ούχ  δτι  άρα  μιμείται,  26 
.'  δτι  πέφυκε  τούτο  δ  δή  ||  μιμείται.    2.  ούτω  καΐ  Όμηρος  fol.  75"^ 
εΐται  τοις  ίπεσιν,  ή  ούχ  οράτε  τόν  ποιητήν  δ,  τι  δν  έθέλη, 
το  είναι  δοκοΟντα;    έμοΙ  μέν,  ευ  ϊστε,  παρασύρει  τήν  φαν- 
"ίαν,   κα\  εϊ  που  νεανίσκον  Ü  ΑΙτωλίας  ή  γέροντα  Πύλιον 
»κρίνοιτο  ή  τίνα    δλως   τών  'Αχαιών   κα\  οΓς  έπολέμουν  olso 

1  καταλ^Εο)  αίσθομένην]  καταλέγω*  αίσθομένη  Μ     6  δ,  nj  δτι  Μ 

:€νομένΐ3]  π€νομένην  Μ      9  έπάγεσθαι]  έπσγέσθαι  Μ     14  έπι6ε(Εα»ν] 

ieiHov  Μ         18  "Οτι  —  1.  19  μιμεΐσθαι  =  Boise,  fr.  ς^        18  παρ- 

Γας  Boise,   περιόντας   Μ  20   Ήδη   —   θ€ατα{  =  Boise,   fr.   9ε' 

χορών]  χορών  C  postea  del.)  Μ        2G  οοτιυ]  τοότο  Μ        27  δ,  τι] 

ουν 
Μ         27  έθέλη]  έθ^οι  Μ         30  Ιπολέμουν]  έπολέμεισ  (εισ  poetea 

)  Μ 


5Θ2  Foeriter 

Έλλην€ς,  αοτΑν  όρθν  μοι  boioBy  δν  Αν  εκείνος  ύηοιφινόμα 
τύχη.  €ΐτ€  οδν  α\  Moikrot  αύτφ  τοΟτο  ενέπνευσαν  eItc  καΐ  μ06 
α\  Moikraii  «ρύσεως  bk  τό  πλεονέκτημα  ήν,  αγαμαΙ  τε  αυτό  ι 
τι  παρόμοιον  εύ£ο(μην  βν  μοι  προσαναι.    8.  άλλ'  'Ομ^^ιφι^ 

β  ευτράπελος  τε  καΐ  εΰχαρις  καΐ  προς  δπαν  ήθος  εβκολός  έσ 
ή  γλώττα,  έμοί  &έ,  ώς  ίοικεν,  Άθηνδ  τε  έπιΣητητέα  καΐ  ή  ι 
θεοΟ  ^άβοος,  $  τήν  Όουσσέως  Ibiay  τρέπει  πολλάκις  έκείι 
Τνα  με  πρεσβύτην  όποδείεειε  νΟν,  δτε  τοιαύτην  ήκω  Σηλώαι 
ύμΐν  ήλικ(αν•    4.  ή  που  εκείνον  μέμνηαθε  τόν  γέροντα  τύν  φ 

10  άργυρον,  οδ  πενιχρας  ήράσθη  κόρης  δ  παις,  ήν  γάρ  εύπρ^ 
αιπος  αβτη,  δ  δέ  αρα  ο\  παρθένον  ούκ  εύειδή  συνάπτειν  ήεί< 
ήν  γάρ  εΟπορος  αδτη.  εΐπερ  οδν  εκείνον  ίχετε  κατά  νουν,  < 
τός  έστιν  ή  παροΟσα  μελέτη,  «ϊκίτε  μοι  καΐ  γήρως  θ>ει  τα  % 
καΐ  άμα  φίλοχρήματον  εΤναι  τδ  ήθος'  εναργεστέρα  γάρ  ή  ι 

U  λόγου  φαίνεται  μίμησις,  ήν{κα  δ  λέγυιν  ήλικιώτης  Ιαϋ  και  δ» 
τρόπος  βτου  &ν  αύτφ   πλάσας  τυγχάνη.    5.   άτάρ  ούδετέρ 
οΤμαι  δεΐσθαι  προσθήκης,  εΐ  τοσαύτην  εδνοιαν  άπονέμοιτε 
πρεσβύτη,  δσην  αύτοΟ  πρφην  έδώκατε  τφ  παιδί'  ώς  ^μοιγε, 
φΐλότης,  άτοπον  ίδοΕεν  εΤναι  όπερ  νέου  τε  καΐ  κόρης  ώρα! 

Μ  άγυ)νισάμενον  άνδρα  γεγηρακότα  περιιδεΐν  κα\  παρθένον  άμ 

ρον  κάλλους,  καίτοι  τοΟ  λόγου  <ή>μει2:α>ν  έστΙν  αρετή   τά 

καλά  ποιήσαι  <μή^  τοιαύτα  όφθήναι.  Ζιυγράφος  μέν  γάρ,  δπ 

fol.  76^  άν   ίχη  τά.  εϊδη  φιλοτεχνείτω,  ||  τοΟτο  γάρ  εκείνου  τό  ίργ 

^ήτορι  δέ  τά  αΙσχρά,  εϊτε  σώματα  εϊτε  πράγματα  φαίνοι,  btt 

35  σιν  έπισκιάεειν  ή  τέχνη. 


*Η  διάλεΗις  εΙς  τό  δευτέρας  τόν  λόγον  δεηθήν 
συνόδου. 

1.    'Αλλά  κα\  άνήρ  οδοιπόρος  δδοΟ  μήκος  βαδίΖων  τ^ 


7  Gf.  Od.  ν,  429  eq.  π»  172  eq.  207  sq. 

2  τύχη]  τύχοι  Μ         4  παρόμοιον]   παρ'  δμοιον  Μ         9  ή  π« 
ήπου  Μ  11   ούκ  €θ€ΐ6ή]  ούκ€υ€ώή  Μ  12  €Οπορος]  cinrpöc 

πος  Μ  13  τά  νΟν]  τανΟν  Μ  14  φίλοχρήματον]  φιλοχρήματων 
16  αύτφ]  έαυτώ  Μ  16  τυγχάνη  1  τυγχάνοι  Μ  21  <ή>  inserui  22  τά  \ 
ταμή  Μ  22  <μή>  inserui  23  £χη]  £χοι  Μ  24  φα(νοι]  φα(ης  Μ  26 
διάλ^ις  —  1.  27  συνόδου  postea  scripsit  maniu  quae  titulos  exara 
in  Μ         26  δευτέρας]   δ€υτ€ρας  Μ  26    τόν  λόγον  e  tiS^  λόχ 

corr.  Μ      27  συνόδου  coniedt  Boiss.  fr.  ^ς^  συνόδους  Μ     28  *Αλλά 
ρ.  503  1.  1  βλέμματα  =>  Boise,  ir.  ^ζ' 


Zwei  neae  Reden  des  Ghoricius.  503 

■ 

κάκεΐσε  περιφέρει  τα  βλέμματα,  ει  τινά  που  έν  με'σψ  γινόμενος 
tboi  κοταγωγήν,  εΤτα  Ιοών,  δπ€ρ  έπόθει,  ένταΰθα  δσμενος  ύπο- 
^ς  μείνας  τε,  δσον  άναπαΟσαι  τώ  πόδε,  τότε  br\  εύπετώς  άπο- 
bibuxri  της  πορείας  το  λεΐπον.  ούτω  ποτέ  και  Φιλιππίδης  αμε- 
λεί, ήνίκα  ήκεν  'Αθηναίε,    μικράς   μεταΗύ  βςιστώνης  άπέλαυεν,  β 
οπνος  hk  fjv  f|  ανάπαυλα  και  δναρ  λυσιτελές  *  έδοΗε  γάρ  ο\  τον 
Πάνα  είπεϊν,  ώς  επιμελείται  του  δήμου  του 'Αθηναίων  κάν  τψ 
ττρος  Μήδους  πολέμψ,  τότε  γαρ  ένειστήκεισαν,  φησίν,  άρήγει. 
2.   άλλα  καΐ  Κύρος,   ό  Δαρείου  και  Παρυσάτιδος,   δτε  δύναμιν 
άγείρας  εΙς  Πέρσας  άνήει  τής  βασιλείας  τον  άδελφόν  άπαιτή-  ίο 
ίϊΌιν  τό  μέρος,  νι)ν  μέν  παρά  την  Μίδου  κρήνην    κατέλυε   τήν 
τΓορείον,   ήν  λέγεται   οϊνψ  κεράσας  ό  Μίδας  θηρασαι  τόν  Σά- 
ι^ρον  μέθη,    νυν   δέ  δπου  πεδίον  έώρα  μέγα  τε  καΐ  έπίρρυτον 
<€ζ\  φέρον  άπαντα  δσα  φυουσιν  ώραι.     3.    ούτως  άρα  έκάστψ 
δ^ϊ  τίνος  άναπαύλης,  άλλως  τε  δταν  τύχη  τις  ήδη  γεγηρακώς,  ιβ 
οϊον  6  του  λόγου  φιλάργυρος  ήλικίαν   άγων   τυγχάνει,  δεινόν 
oöv  ύμιν  εΐκότως  έφάνη  τψ  μέν  εκείνου  παίδι  νέψ  τε  δντι  καΐ 
(Γ€ρόδρα  έρρωμένΐϋ  τό  σώμα,   πολεμικός  γάρ  υπάρχει   και  άρι- 
ο"Γ€ύς,  τούτψ  μέν  ημέρας  φιλοτιμήσασθαι  δύο  προς  τόν  έκεί- 
vo\j  αγώνα,  τόν  πρεσβύτην  δέ  άπαιτεϊν  δλον  έν  ήμέρφ  μιςΐ  τό  ao 
ί^χοδιον  διανύσαι. 


II. 

<Ύπόθεσις>. 
Παΐδα  φιλάργυρος  τις  εύπορος  ίχων  κόρηνέβού- 
0   συνάψαι   προς   γάμον   αύτψ   πλουσίαν   μέν,    ai-ae 


4  Cf.  Her.  VI  lOösq. 

11  Xen.  Anab.  1 2, 13  ένταΟθο  ή  ν  παρά  τήν  ό6όν  κρήνη  ή  Μιδου 
-χυμένη  τοΟ  Φρυγών  βασιλέως,  έφ'  ή  λέγεται  Μίδας  τόν  Σάτυρον 
®*•*^€θσαι  otvui  κ€ράσας  αυτήν. 

13  ibid.  §  22  έντεΟθεν  κατέβαινεν  εΙς  πεδίον  μέγα  καΐ  καλόν  καΐ 
^^^ί:»ρυτον  καΐ  δένδρων  παντοδαπών  έμπλεων  καΐ  αμπέλων. 

7  επιμελείται]   έπιμελεϊτο   Μ  7  κάν]  καΐ  Μ  8  Μήδους] 

^^•^ίουσ  Μ    8  ένειστήκεισαν]  ένειστήκει?    8  άρήγει]  άροιγοί  Μ    9  ΤΤαρυ- 

^■^δος]  παρυσάτυδος  Μ  10  άγείρας]  έγε(ρας  Μ  10   τόν  e  τώ 

^^^.  Μ      11  κατέλυε]  κατέλυεν  Μ      12  θηρασαι]  θηράσσι  Μ      1δ  τις] 

•^  Μ     20  τόν  πρεσβύτην  —  1.  21  διανύσαι  =  Boise,  fr.  9ΐ'     23  Haec 

^lpotheeie  in  Μ  fol.  76^  repetita  est     24  ΤΤαιδα  —  1. 25  αύτφ  =  Boise. 

fr.  9rf 


504  Foerster 

σχράν  hi  τήν  βψιν.  άποστρ€φόμ€νος  τήν  μνηστεΐανδ 
νέος  μεταΗύ  τίνος  εορτής  γινομένης  ετέρας  ήράοθη 
παρθένου  καλής,  ένοεους  hk  χρημάτων  έν  τή  πανητύ- 
p€i  ταύτην  Ιοών  trepl  ής  τόν  πατέρα  προς  γάμον  αΙ• 
βτήσας  διήμαρτε.  πολέμου  καταλαβόντος  ήρίστ€υ(ί€ 
ο1.  76'  καΐ  bujpeav  ήν  έθέλει  παρά  τΦν  νόμων  ίχων  αΐτείν  11 
aiioi  τήν  έρωμένην  λαβείν  άντιλέγοντος  τοΟ  πατρός, 
μελετώμεν  τόν  φιλάργυρον. 

θεωρία. 

10  1.    ΚαΙ  τόν  έν    τή   μελέτη  πρεσβύτην   ίρως   κατείληφεν 

ού  παρθένου  καλής,  φιλεΐ  γάρ  σωφρονεΐν  τα  τοιαύτα  τό  τΑ' 
ρας,  άλλα  πλούσιας  προικός,  κδν  οόΕη  τόν  παΐοα  προτρίπειν 
εΙς  εύκοσμίαν  κάν  όνειδίση  τής  κόρης  τόν  πόθον  αύτψ,  πρόζ 
ένα  σκοπόν  άπαντα  φθέγγεται,   προς  δν  Ü  αρχής  ίκρινεν  Ιθο- 

15  ναι  τόν  βίον.  2.  όθεν  αίρετωτέραν  ηγείται  τήν  εύπορουΟ*"^ 
ϊσως  ουδέ  λίαν  αυτήν  όρων  άπρεπη  τυφλωττούσης  αύτώ  τί|ί 
οιανοίας  έρωτι  τής  προικός,  ώστε  κα\  τής  άπορου  τό  κάλλοί 
ή  πενία  συστέλλει  παρά  φιλαργύρω  κριτή,  σκάίει  γάρ  άμφο* 
τέροις  ή  κρίσις,  τψ  μέν  εύνοίςι  παρθένου,  τφ  bk  πόθω  χρημ^' 

20  των.    3.  πολλά  μέν  ου  ν  τούτω  πιέίει  πάθη  τόν  λογισμόν,  itci- 
θυμία  και  φόβος  και  λύπη.   έρα    μέν  χρημάτων,   ύφοράται  ^^ 
πενιχρας  κόρης  κηδείαν,   άλγεϊ  δέ  γλυκείας  ελπίδος  άποτυχ^"^ 
χρυσίον  ύποφαινούσης  έκ  τής  άριστείας  *  δ  γάρ  έβούλετο,  τοο*^^^ 
και  ήλπιζε  γέρας  αίτήσαι  τόν  παΐδα.  άλλα  τοσαύταις  ύποκνίί^^' 

36  μένος  άφορμαΐς  ουπω  πάνυ  όργίλος  έσται  τψ  νέω,  ϊνα  μη  τρ^' 
χύνη  τόν  δήμον  πικρότερον  προσιών  τψ  σεσωκότι  τήν  πό^*^; 
άλλα  νυν  μέν  άφίησιν  αυτόν  εις  όργήν,  ώς  πατήρ  όμου  ^^ 
πρεσβύτης,  όΗύθυμον  γάρ  κατά  φύσιν  ή  πολιά,  νυν  hk  χαλι^^ 
γωγεϊ  τόν  θυμόν  τη  του  παιδός  άριστεί()ΐ  τήν  πρςιότητα  νέμ«-^^ 

30  4.  του  δέ  νεανίσκου  πάλαιαν  έαυτιυ  μαρτυρήσαντος  σωφρο^^^ 

1  δέ  in  ras.  Μ  3  καλής  θ  κάλλης  corr.  Μ  num  καλής  μ^^ 
6  ήν  et  eequene  έ  in  ras.  Μ  7  άΗιοΐ  —  λαβείν  Boiss.  fr.  ^θ'  7  ^^ 
τιλέγοντος  —  1.  10  κατείληφεν  =  Boiss.  fr.  ρ'  9  Θεωρία  in  marg"  - 
13  όνειδίση]  όνειδίσηι  Μ  14  έΗ  αρχής]  έΕαρχής  Μ  14  έκρινεν  ΙΘΟν^^' 
«κρινας  Ιθύναι  Μ  19  τώ]  τώι  Μ  19  πόθψ]  πόθωι  Μ  25  τψ  ν^ψ]  'ί^ 
νέωι  Μ      25  ϊνα  μή]  μήκαΙΜ       26  τψ]  τώι  Μ      27  αυτόν]    αύτό^    ^ 

27  όμοΟ]  ομού  Μ     28  όΗύθυμον  —  πολιά  omissa  γάρ  particula  laud»"*'^ 
Georgides  1.  1.  28  όΕύθυμον]   όΕύθυμον    Μ  28    κατά]    κατά    ^ 

28  νΟν]  ν  (=  νήν)  Μ        29  τή]  τήι  Μ         29  άριστε(<ιι]  άριστεϊαι  ^ 
30  έαυτψ]  έαυτώ  Μ 


Zwei  neue  Reden  des  Choricins.  505 

νην  καΐ  τό  τιμαν  εΐοέναι  γονείς  πείθεται  τούτοις,  ώς  εΙκός,  6 
ΐΓΟττήρ,  ϊνα  προς  2ήλον  αυτόν  έαυτοΟ  παρακάλεση  τόν  παϊοα 
καΐ  1>είΗη  πλείονος  ύπεύθυνον  δντα  κατηγορίας,  ή  γαρ  έκ  βίου 
XpricTToö  προς  τό  εναντίον  μεταβολή  οιπλασίαν  άπεργάΖεται 
τήν  οίσχυνην.  5.  ούτω  τόν  πατέρα  μιμήσομαι  τόν  φιλάργυρον  β 
oöre  χρημάτων,  οΐμαι,  σφόδρα  πεφυκώς  εραστής  ούτε  παίδων 
υπάρχων  πατήρ,  άλλα  τήν  μίμησιν  έκατίρας  ποιότητος  έκ  τής 
τέχνης  παραλαβών. 

(Μελέτη). 

1.    "ΗλπιΣον  μέν  άριστεύσαντος  τοΟ  νεανίσκου  καΐ  προς  ίο 
μείΕονο  νυν  άναβάντος  άΕίαν  και  πλείονα  προίκα  τήν  εύποροΟ- 
(Ταν    άπαιτήσαι  παρθένον.  6  γαρ  άνόνητον  έαυτψ  τήν  άριστείαν 
ποιιΐΐ'ν  εύήθης  έκ  τούτου  φανείς  Ü  ευτυχίας  άλογου  νικδν  υπο- 
πτεύεται, άλλα  πδσιν,  ώς  έοικε,  λυσιτελώς  ήγωνισμένος  6  παις 
τψ  ^ϊύσαντι  μόνον  έπιΖήμιον  ϊστησι  τρόπαιον*   παραδούς   γάρ  μ 
αύτον  τύχη  πολέμου  καΐ  τους  έπιόντας   εχθρούς   άπωσάμενος 
καΐ  ουναγαγα^ν  έκκλησίαν  καΐ  δήμον  άγείρας  [κα\]  πατρός  νου- 
θεσίαν  ύπεριδών  γύναιον  ήτησεν  δπροικον.    2.  άπασι  μέν  oöv 
ώς  €ΐπεΐν  ίμφυτος  ένεστι  προς  άργύριον  ίρως,  κα\  τούτο  πάν- 
"wrv  ήμϊν  ήδιστον  δμα  και  τιμιώτατον.   δσοι  δέ   πόνοις  Ιδίοις  ao 
<ϊνϊλλίγουσι  χρήματα,  τούτους  μάλλον  εΙκός  ώς  οίκειότερον  τόν 
πλοΟτον  φιλεΐν.  ο\  μέν  γάρ  πόνοι  μεϊίον  ποιοΟσι  τό  κτήμα  δο- 
*öv,  ή  δέ  του  μείΖονος  δόΗα  συναύΕει  τόν  πόθον.    3.  έγώ  τοί- 
^^  μέτρια  μοι  του  πατρός   καταλείψαντος    έκ  τούτων   σπου- 
^ϊος  έγενόμην  χρηματιστής,   έγενόμην  δέ  ώδε  *    δρτι   μέν   έκ  ae 
Taibuiv   εΙς   έφηβους   έΗήειν,    έδόκουν   δέ   μοι   δύο   τοιαύτας 
"^ούς  βίου  προκεΐσθαι,  τήν  μέν  εδκολον  καΐ  βφδίαν,  τήν  δέ  τρα- 
Χ^ϊαν  καΐ  χαλεπήν,  λυσιτελές  έχουσαν  πέρας,    διασκεψάμενος 


26  Gf.  Hes.  ορρ.  288  sq. 

1  τιμαν]  τιμαι  Μ  2  έουτοΟ]  έαυτοΟ  Μ         3  ή  —  1.  5  αίσχύ- 

νίν  omissa   γάρ   particula    laudaverunt  Georgides  et  Macarius  1.  1.  = 

^^Χββ.  fr.  V€'         4  τό]  τόν  Georg.        4  άπ€ργά2€ται]  έργά2[εται  Maoar. 

ύλΚά  —  1.  8  παρσλαβυϋν  =  Boise,  fr.  ρα'         7  έκατέρας]  έκατέρα  Μ 

lM>st  παραλαβών  iterum  hypothesin  rtaiba  (ine.  fol.  76^)  —  φιλάργυρον 

T^^ebet  Μ        9  (Μελέτη)  inserui        10  Ήλπιίον  —  1.  12  παρθένον  = 

^^iee.   fr.  pß'  12  άνόνητον]    άνόητον   Μ  16   αότόν]   αυτόν  Μ 

^'^  [καΐ]  delendum  duco      17  πατρός]  προς  Μ    25  ώδε]  ώ6€  Μ    26  δέ 

Uoi  bis,   eed  prios  in  fine  lineae   del.  Μ        27  ^qtbCav]   ^άόιον  Μ 


006  Foerster 

οδν,   ή  ν  δμεινον  €Ϊη  ßabiieiv,   τήν  in\   τό  κέρ6ος  έπορ€ϋό;ΐΓ|ν 
κατά  βραχύ  βραχ€α  συλλέγων   καΐ   τάς  αίσχράς  επιθυμίας,   &^ 
οΐ  IV  ηοονάς  όνομάίουσιν,  άμοιρους  ήγούμην  ||  τέρψεαις  €Ϊνοι.  τι  τάρ 
άν  γένοιτο  μετά  ίημίας  ήδύ;    4.  οΓα  οή  ταύτην   έλόμενος  τήν 

6  obov  δεινός  γίνομαι  φύλαΕ  τών  όντων,  ουκουν  ήρεμεϊν  την 
πολλήν  δύναμαι  νύκτα  κλοπήν  ύφορώμενος  καΐ  πάντα  θό- 
ρυβον  ληστάς  ύποπτεύιυν,  ώστε  τής  υποψίας  κοί  προς  τους 
οΐκέτας  έκτεινομένης  έδόκει  μοι  γημαι  κοινωνόν  ίχειν  έθίλονη 
τής  τών  υπαρχόντων  φρουράς,  και  boHav  ούτως  ήγον  εΙς  πίρος 

10  τήν  γνώμη  ν.  5.  και  χάριν  ίχωτψγάμω'  ευρον  όμότροπονκό- 
ρην  τάλαντα  πολλά  κεκτημίνην,  γυναικείων  ΐργων  τεχνϊτιν, 
οίκουρόν  ακριβή  *  μικρού  και  άσωτος  τή  προς  έκείνην  παράγει 
οοκώ.  τοιγαροΟν  στέργω  και  αποδέχομαι  και  Ζηλώ.  και  της 
συνήθους  διαίτης  τοσούτον  άφεΐλον,  δσον  άναπληρώσαι  τήν  του 

16  γάμου  δαπάνην  καΐ  τήν  υπέρ  του  παιδός  κεχυμένην,  δσην  ανά- 
λωσα τρέφων  τε  και  παιδεύων  καΐ  ποιών  άριστέα.  6.  ταυτά 
μοι  προς  αυτόν  παραινέσεων  άφορμάς  έχορήγει  και  νουθ€τών 
διετέλουν  ώ  παϊ,  τάμα  χρήματα  σε  πεποίηκεν  fivbpct, 
τοις  έμοΐς  χρήμασιν  εΙς  παλαίστρας  έφοίτας,  έκτων 

20  ημετέρων  έγένου  πολεμικός.  Ζήτει  τοίνυν  καιρόν  αμοι- 
βών, ϊνα  μοι  πλήρωσης  ήν  έκένωσας  οΐκίαν.  7.τίοδν 
έδρασαν  ώ,  πολλαι  νουθεσίαι;  πανήγυριν  ή  πόλις  άγει  Ιψ>' 
τελή  κατά  τίνα  χρόνου  περίοδον  ώρισμένην.  έπι  ταύτην  ήμ«^ 
έναγχος  ό  καιρός  έκάλει  κα\  ύπηκούσατε.  έγώ  δέ  φεύγειν  τάζ 

25  έορτάς  ειωθώς,  δτι  καθάπερ  έταϊραι  τους  έραστάς  έρεθίίοιΧ^* 
και  προτρέπονται  δαπαναν,  επειδή  κατηφή  και  σύννουν  6ibi>v 
τόν  παϊδα  και  τής  άθυμίας  τήν  αιτίαν  ήσθόμην,  ώς  νέος  έ(ίτνν 
και  τους  ήλικιώτας  έορτάίειν  ακούει  και  πρόφασιν  έχει  τ^Ι^ 
λύπης,  έβιασάμην  τήν  φύσιν  τήν  έμαυτοΟ  χαρίσασθαι  τψ  παιδ*• 

80  καί  πως  άβροδίαιτος  ώφθην   ουπω   πρότερον  τούτο  το\μχ\<5^^' 

Ό1.  IV  ώστε  και  έδοΕα  θέαμα  καινόν  έν  πανηγύρει  φανείς,  και  πολλο^^Η 

τάς  χορείας  αφέντες  όψόμενοί  με  συνέθεον  άλλων  άλλους  μ^'^^ 

γέλωτος  έλκόντων  έπι  τήν  θέαν,  ώς  παράδοΕον  δμα  και  παΡ^' 

χουσαν  ήδονήν,    8.  ενταύθα  ήμϊν  ό  νεανίας  ήράσθη  ού  χρυί^ ^" 


2  κατά    βραχύ]    καταβραχύ  Μ        5   γίνομαι]  γένομαι  Μ      5  σ«-"'' 
ουν]  ούκοΟν  Μ    «  πάντα]  =  <πρός>  πάντα?  cf.  Thuc.  VIII 39, 2  προς  '^^^ 
τοΟ  ΤΤεδαρίτου  ^πιστολάς  ύπώπτευον  αυτόν       12  μικρού  β  μικρόν  corr.  ^ 
15  κ€χυμένην]  έκκεχυμένην?     18  χρήματα  oe]  χρήματα  σέΜ     23  i\\i^^ 
ύμας?        26  σύννουν]    σύνουν  Μ        26  εΐδον]  (5ον  Μ        32  in  άλλ«^ 
valde  detrita  sunt  λλ  iu  Μ 


Zwei  neue  Reden  des  Choricius.  507 

>ς  σκεύους  oύb^  έκπώματος   αργυρού  πολλών  προκειμένων 
τή  πανηγύρει  τοιούτων,    άλλ'   ημέτερος  παις   κόρης  έάλω, 
>ης,  ώ  παρόντες,  ου  χρυσία  περικειμένης,  ου  ποικίλον  ένοε- 
ιίνης  καΐ  πολυτελή  χιτωνίσκον,   άλλα  τελούσης  τήν  έορτήν 
Ιματίοις  λιτοΐς.  τοιαύτην  Ιοών  ίρωτι  συνεχύθη  τόν  λογισμόν  β 
Κλάς  ίχιυν  προφάσεις  του  μή  πενομένης  έπιθυμήσαι  παώός ' 
τήρ  ήν  φειδωλός  κα\  δαπάνη  κα\  λύπη  προς  τήν  Ζημίαν  κα\ 
ίμη  πλούσιας  παρθένου.    9.  ίληγεν  ήμερα  λοιπόν,  συνέληγεν 
τανήγυρις.  έβαδίΖομεν  οϊκαδε  τάς  εαυτών  διηγούμενοι  φρον- 
ας  άλλήλοις.  ούτος  μέν  οδν  όνείρασιν  ίφη  τήν  ψυχήν  έκρι-  ίο 
^ήναι  δωρουμένοις  αύτώ  της  ερωμένης  τόν  γάμον,  έγώ  οέ, 
;  γάρ  άν  ϊ5οι  τις   μή  καθεύοων  ένύπνιον,   ούοέ  όναρ  άπέ- 
ίον  τήν    Ζημίαν,   υπό    δέ   τής   άγρυπνου  φροντίδος  έπεπεί- 
IV  ουποτε  μακράν  ούτω  νύκτα  γενέσθαι   και  πολλάκις  άμέ- 
συγκαλυψάμενος  τών  άνηλωμένων  αριθμόν  έποιούμην,  είτα  ιβ 
πρόσωπον  άπεκάλυπτον  Ιδεϊν  έλπίΖων  τήν  2ω.     10.  ώς  οΰν 
ας  ύπέφαινε,  συγκαλέσας  τό  γύναιον  και  τόν  παΐδα  καΐ  τής 
τής  τήν  δαπάνην  κα\  τήν  έπΙ  ταύτη  νυκτερινήν  άθυμίαν  οιε£- 
ών   κα\   νεύσας   τή    γυναικί    πάλαι   μου   προμαθούση    τήν 
!ιμην  κοινωνήσαί  μοι  τής  προς    τόν   υ\όν  συμβουλής   διελέ-  ao 
|v  περί  κόρης  τινός  ωραίας  τε  γάμου  κα\  πλούτψ  κομώσης 
Ζηλούσης  τόν  παΐδα.   ό  hi   μάλα  σκυθρωπάσας  καΐ  κύψας 
γήν  και  hoiav  ήμΐν  οεοωκώς  έπιεικέα   ς>εύγειν  τόν  γάμον 
ΓΓος  έμνημόνευσε  κόρης  ουδέ  δσον  ||  άποΖήν  κεκτημένης,  τΐίοΐ.  78' 
Γεις;  ευθέως  έγώ,  ταύτα  φέρων  ήμΐν  έκτης  πανηγύ-αβ 
ως  ήκεις;  ούτως  έτράφης;  ούτως  έπαιοεύθης;  τοι- 
Γον  ορςίς  τόν  πατέρα;   11.  ούτω   τοίνυν  έμου   χαλεπαί- 
τος  συνωργίΖετο  μέν  ή  γυνή,    οία   bl  γυνή  τε   καΐ  μήτηρ, 
ϊτό  μου  παύσασθαι  τής  οργής  έγ^ωμένη  τόν  παϊδα  κατά  τήν 
IV  φέρεσθαι  γνώμην.  6  bi  σεμνός  άριστεύς,  οϊος  έκ  τής  έορ-  ao 
,  τοιούτος  έκ  τής  μάχης  έπανήλθεν  ερωτικός  και  ταυτά  μοι 
ιιΣων  ήκει  τά  λάφυρα,    εΐτα   τόν  περί  τής  άριστείας  άναγι- 
Τκει  μοι  νόμον  κα\  πάσης  έαυτώ  δωρεάς  άδειαν  άποδίδωσιν 


13  Arist.  Nub.  Isq. 


1  έκπώματος]  έκπόματοςΜ    7  προς]  περί?    10  έκριπισθήναι] ί>υπιΐ)θή- 

ε 

Mcf.p.l23,9B    12τ!ς]τ{ςΜ  20δΐ€λέχθην]5ΐ€ΐλέχθηνΜ    22Σηλούσης] 

ούσης  Μ    24  κόρης]  κόρην  Μ    2f)  έτράφης;]  έγράφης.  Μ    27  bp^] 

ςΜ 


50β  Foeriter 

Ικ  τών  συλλαβών,  άπαπΑμενος.  12.  μή  γ&ρ,  βη  τφ  Müm^i 
πασαν  ό  νόμος  έπαγγέλλετοι  bwpeav»  αοτοκράηυρ  ήγοΟ  icct 
δεσπότης  τών  έν  tQ  πόλει  γ^γονέναι  τιμιϋτν.  μή  τοσ€Εύιην  Ι&β^ 
τις  έεουσίαν  δημοκρατίας  άνθούσης.  d  γάρ  ούδένα  ταΐς  ίμοι- 

5  βαΐς  ίστησεν  δρον  ό  νόμος  κα\  πασαν  έπο(ησ€  buipcav  τοις 
άριστεΟσι  βάσιμον  κα\  τόν  δήμον  Ιιή  βητοΐς  €ΐς  έκχλησίαν  ήγει- 
ρας  κυρώσοντα  πάντως  τήν  αΐτησιν,  ήν  Αν  πολλάκις  6  πόλεμος 
φίλανθρωπότερος  άριστείας  τοΟ  μέν  ενίοτε  τυραννίδα  γέρας 
αΙτο{}ντος  καί,  τό  γε  τής  δυναστείας  ευτύχημα,  καρπουμένου  τός 

10  άπάνηυν  ουσίας,  τοΟ  δέ  τό  σύν  ολίγοις  βρχειν  τΔν  πολπύν, 
έταίροις  αύτοΟ  κα\  συμπόταις,  πράγμα  τυραννίδος  πικρότερον 
ίαη  γάρ  ή  τιυν  όλίγυιν  αρχή   πολλοί  μιας  πόλεως  τύρονν«.    < 
13«  προς  τί  τοίνυν  6  νομοθέτης  όρων  άνείέταστον  εΤασε  πράτμα    j 
τοσοΟτον  καΐ  τή  γνώμη  τών  άριστέων  επιτρέπει   τήν  atpcoiv;    < 

U  εκείνον,  οΤμαι,   λογισμός  εΙσήλθε  τοιοΟτος,  ύ^ς  ούκ  εΙχός  τΑν    j 

αότόν  άνδρα  κοινή  μέν  δλην  διασώσαι  τήν  πόλιν,  Ιδίφ  δέ  ηνα    \ 

ÖL  78^  τών  αστών  άδικήσαι  τή  δωρε^  εΐ  δέ  μηδένα τών  άλλων,  notö||   Ι 

μάλλον  τόν  φΰσαντα.  14.  ό  γάρ  δλην  μέν  άπαλλά&χς  κινδύνου   ] 

τήν  πόλιν,  Ιδίςι  δέ  τίνα  τών  αστών  άδικεΐν  άΕιών  τφ  τράιαρ 

90  τής  αμοιβής  ούδ^ν  διενήνοχεν  ΙατροΟ  νόσου  μέν  δλον  ^μένου 
τό  σώμα,  μισθόν  δέ  τής  Ιατρείας  αΙτοΟντος  τόν  κάμνοντο  μέ- 
ρος ουπερ  Ιάσατο  σώματος  βλάψαι.  8ν  γάρ  άν  τρόπον  έκ€Ϊνος 
ήδίκει  τόν  Ιαθίντα  τή  βλάβη  τοΟ  μέρους,  ο6τω  καΐ  σύ  τήν  πόΧιν 
ήν  έρρύσω  λυμαίνη  τό  πάντων   σοι   κυριώτατον   μέρος  αύττ|ς 

26  άδικων,  τόν  οίκεϊον  πατίρα.  15.  ήδη  τοίνυν  τινές  άγωνκτάμε- 
νοι  πόλεμον  άμέτρψ  κεχρημένοι  φΐλοτιμ(()ΐ  καΐ  βουλόμενοι  &^ 
μείΖονα  πλούτου  φρονεΐν  κα\  προς  εδκλειαν  άμισθον  βλ^ικιν 
τοιοΟτοί  τίνες  είκόνος  τυχεΐν  έδεήθησαν  ή  κότινον  Ααβον  τέ• 
ρας,  φύλλα    και  χρώματα  περ\  πλείονος  πεποιημένοι  χρυ(Τίο^^ 

90  και  τοσούτον  αμάρτημα  πλημμελουντες  ήττον  άμαρτάνουσι  το« 


12  Thuo.  ΙΠ  62,  2  δπ€ρ  bi  έστι  νόμοις  μέν  καΐ  τφ  ouxppovcor^''^ 
ένονηώτοτον,  έγγυτάτω  δέ  τυράννου,  δυναστεία  όλίγΐϋν  άνδρΟίιν  €Ϊχ^  ^ 
πράγματα.  Plat.  Leg.  IV  ρ.  710  Ε  πλείστοι  έν  αυτή  (ολιταρχ(<|ΐ)  bo^' 
σται  γίχνονται. 

2  επαγγέλλεται]  επαγγέλεται  Μ    3  λάβη  τις]  λάβοι  τ(ς  Μ    6  ήγειρα 

άγείρει  Μ    11  έταίροις]  έτέροις  Μ    13  προς  τί]  προς  τι  Μ    23  ήδίκ^*/ 

άμισθον 
αδικεί  Μ        24  κυριώτατον]  καιριυϋτατον  Μ       27  άμισθον]  μεΙΖονα^' 


Zwei  neue  Beden  des  Ghoriciiu.  509 

ανίσκου'    ol   μέν   γάρ  ού  ίημιοΟσι  τόν  οίκον,   δτι  bk  μφΐν  , 

φ^λοΟσι  της  άριστείος  χορηγούσης  το  κέρδος,  τούτο  δικαίως 
ίν  ψεγοιντο,  ό  bi  του  πολέμου  την  νίκην  ού  μόνον  άνόνητον, 
ίλλά  καΐ  2[ημίας  καταστήσει  μοι  πρόφασιν  πενομένης  με  γυνοι- 
ώς  ποιών  κηόεστήν  τοις  ήμετίροις  εΙς  άποτροφήν  κεχρημένης.  β 
«  νίκης  υπέρ  δπασαν  ήτταν  έμοι  λυπηρας,  ώ  τροπαίου  κατά 
ών  έμών  έστηκότος  χρημάτων. 

16.  'Αλλ'  έγώ  σοι,  φησίν,  έκ  των  πολεμίων  ίσωσα 
ά  υπάρχοντα,  υπέρ  ου  τήνκόρηνήνβούλομοι  χάριν 
:1τώ  σε  και  μισθό  ν.  ούκουν  του  σώσαι  τα  χρήματα  μισθόν  ιο 
παιτεϊς  τό  οαπανήσαι  τα  χρήματα  καΐ  γίνη  των  πολεμίων  πι- 
ρότερος  τιϋ  πατρί.   ^qiov  γάρ  φέρομεν  ύφιστάμενοΙ   τι   οεινόν 
αρά  των  τούτο  προσδοκώμενων  ποιεΐν  ή  παρ'  ών  ουδέν  ύπο- 
τεύομεν  δυσχερές,  ή  γάρ  ανέλπιστος  άθυμία  κδν  μικρόν  έλοτ- 
&τοι  της  κατ'  ελπίδα  σύμβασης,  δύναται  πλέον  τόν  πεπονθότα  ιβ 
Jπησαι.     17.  είχον  δ'  άν  κοί  άλλην,  οΤμαι,  ποροψυχήν  ύπό  του 
ολέμου  πένης  γεγενημένος,    δτι  πολλάς  ήδη  πολλάκις  ουσίας 
κατά  πόλεμον  άνέτρεψεν  ήττα,  ώστε  ||  τοις  παραδείγμασι  τής  fol.  79' 
υμφορας  έκουφιίόμην  της  λύπης,  αριστεία  δέ  πενίας  που  γέ- 
3νε  πρό<ρασις;    δσψ  τό  νυν  έΕαίρετον  τό  δυστύχημα  τών  έν  ao 
υνηθείςι  κακών,   τοσούτψ    μάλλον   έμοΙ   χαλεπώτερον  γίνεται. 
3.  άλλα  γάρ  ό  τής  κόρης  ίρως  ούκ  εΐωθότα  προς  τόν  πατέρα 
ρασύνεσθαι   προς  τοσαύτην   έΕήνεγκε   παρρησίαν  καΐ  λαβείν 
1κ  έςΐ  κατά  νουν,   δτι  τοις  έμοϊς  έκτήθη  τά  χρήματα  πόνοις. 
ί^όδος  οΰν  αυτός  μοι  μισθόν  φυλάττων  ταΟτα  τή  νίκη  καΐ  μή  » 
^ν  χάριν  ήν  οφείλεις  έμοί,  ταύτην  εύεργεσίαν  μοι  λογισάμενος 
μοιβήν  άΕιώσης  κομίίεσθαι.  παραπλήσιον  γάρ  ώσπερ  δν  εϊ  τις 
Ανειον  άποδούς  άπήτει  και  μισθόν  τόν  δανείσαντα. 

19.    01  μέν  ουν  άλλοι  πάντες  τέχνας  τε  παντοίας  έΗευ- 
ον  και  μηχανάς   μικροΟ   πολλάκις   ?νεκα  κέρδους,    ώστε   καΐ  so 
οιλάττη  πολλούς,  άπίστω  πράγματι,  παραδιδόναι  τήν  σωτηρίαν  * 
^01  δέ  μόνψ  τών  πάντων  υπέρ  ένδείας,  ώς  έοικεν,  ό  του  πολέ- 
μου τετόλμηται  κίνδυνος.     20.  τί  ουν,  ώ  παρόντες,  τό  ποικίλον 

6  Οι]  ώ  Μ       6  ώ]  Οι  Μ        10  μισθόν]  δός  μοι  Μ        12  ^^ον  — 

*  Ιο  λυπήσαι  omissa  γάρ  particula  laudaverunt  Georgidee  et  Macarius 

•  1.  =  Boiss.  fr.  v5*  14  ανέλπιστος]  άέλπιστος  Georg.  14  έλατ- 
^^αι  Boiss.  έλοττοΟται  Georg.  Macar.  Μ  15  κατ*  ελπίδα]  κατελ- 
^ha  Georg.  17  γεγενημένος  β  γ€νόμ6νος  corr.  Μ  20  τό  in  τά 
^ΓΓ.  Μ      20  έΕαίρετον  τό]  έΕαιρετώτερον  ?       22  €ΐιυθότα]  εΐωθότας  Μ 

IV 

%  χάριν]   χά  (ex  w  corr.)  ραν  Μ        27  άμοιβήν]  αμοιβή  Μ 


610  Foeriter 

εγχείρημα  τοΟπαΑός;  καλής  bei  μοι  γυναικός, 
σ(ας  Ικανυις  £χοντι  βίου'  bei  γαρ  ävbpa  μέν 
γυναίκα  Ζητεΐν  εΰποροΟσαν,  κ&ν  ζ  bυσειbής 
πλούσιον  ευπρεπή,  κδν  ή  πενιχρά.    21.   ούτος 

5  oύbαμou  τής  όείας  φυλάττει  τους  δρους,  και  κρατούν 
bιχόθεv  εκπίπτει  συμμετρίας  ό  γάμος  οδτε  τών  bεoμ( 
τών  ευπόρων  αγομένων  γυναίκας  μετρουμένας  τή  τυχι 
b^  κάκεΐνο,  δτι  γυναιον  ένοεώς  τεθραμμένον,  εΐ  λάβ€ 
τούσης  οΙκίας,   εΙς  άπληστίαν  τε  καΐ  τρυφήν  άπειροι 

10  φέρεται  κατά  τους  έκ  νόσου  ^αΐίοντας  άκρατώς   το' 

χριυμένους.    22.   άνευ  bk  τούτων  ή  μέν  άπαζ  άγαπυ 

κάλλους  αύτΙ)  προς  τό  παρά  σου  φίλτρον    άρκέσαι   \ 

Μ.  Τθ''  βραχεΐαν  τής  ταλασίας  ||  ποιήσεται  πρόνοιαν,   ώς  οί 

τής  έκ  τών  έργων  εύνοίας,    ή  bi,  τήν  δψιν   αίσθομέν 

15  λίαν  άρέσκειν  6ιά  τής  αρετής  εύφραίνειν  πειράσεται ' 
τόν  οίκον  σπoυbή  καΐ  χρηστότητι  τρόπων  έαυτήν  καλλι 
ώστε  κατ'  ολίγον  άνακτήσεται  [προς]  φίλίαν  ήθους  τ€ 
καΐ  μεγέθει  προικός  καΐ  γυναικείων  έργων  έτημελείςι 
τό  μέν  τής  εόνοίας  προοίμιον  εντεύθεν  έσται  σοι  πρέ 

90  τής  εόνοίας  b^  πόθον  τικτουσης   ovbk  τήν   θέαν   α! 
(ρανήσεται  τής  ένοον   ευπρεπείας   ώραιΖούσης    αυτή 
μορφήν,  καν  τι  προσή  6υσ€ΐ6ές,    ουδέ  τούτο   χάριτο< 
εΤναί  σοι  boSei*   τά  γάρ  τών  παώικών  ελαττώματα   < 
έρώσιν  έπαφρόοιτα  φαίνεσθαι.     24.  ή  μίν  €ύπορουσ€ 

25  ή  bfe  τών  έργων,  ώσπερ  έφην,  ολιγωρούσα  κατά  βρα) 
προς  αυτήν  άφίστησι  πόθου,  σώμα  γάρ  εύεώές  άνευ 
αρετής   ολίγον   άγαπαται    καιρόν   και   μάλιστα    μετα( 
εΙς  σύνοικον   τής  ερωμένης.    κατορθωθ€ϊσα   γάρ    βεβι 
θυμία  ταχέως  άπομαραίνεται.   άλλα  νυν   μέν    ώς  έρα 

80  τής  θέας  έΕετάίεις  τήν  κόρην,  άνήρ  hi  γενόμενος  πρ( 


1  εγχείρημα]  επιχείρημα?        8  γύναιον  —  1.  11  χριυμ 

daverunt  Georgides   et  Macarius    Ι.  1.  =  Boiss.   fr.    vZ' 

i  ^ 

οΙκείας  Μ     14  εύνοίας]  πρόνοιασ  (πρ  del.  et  σ  β  ν  corr.)  Μ 

άείας  praeferendum?    16  έαυτήν]  εαυτή  Μ      17  προς  delevi 

αυτή  οχ  αυτήν  corr.  Μ  23  δόΕει]  δόΕη  Μ  25  ώσπερ]  ώ 
in  margine  lineae  ώραΐον  δλον  Μ  2Γ)  σώμα  —  1.  27  καιρόν  < 
particula  laudavft  Macarius  1. 1.  =  Boiss.  fr.  νη'  28  κατορ 
1.29  άπομαρα{ν€ται  omissa  γάρ  particula  laudavit  Georgides  Ι. 
ορθιυθεΐσα]  κατωρΟωθεΐσα  Georg. 


Zwei  neue  Reden  des  Cboricine.  511 

σεις  κα\  σεμνότητα  τρόττιυν.    25.  έγώ  μέν  ουδέ  τοσούτον  οΤμαι 
την  €ύποροΟσαν  ήττασθαι  προς  δμιλλαν  €Ϊδους,  δσον  έν  ττλούτψ 
προέχει,  και  σύ  μοι  δοκεϊς  ούχ  ουτίϋ  της  άττορούσης  θαυμάσαι 
το  κάλλος,  δσον  αύτης  έλεήσαι  τήν  ivbeiav.    Ibibv  γαρ,    οΐμοι, 
ταττεινώς  έορτάίουσαν  ίπαθίς  τι  το  πρώτον  έλεεινόν,  είτα  κατά  β 
μικρόν  6  προς  έκείνην  οίκτος  εΙς  f ριυτά  σοι  μεθίστατο.  μή  τοί- 
νυν  της  πενίας  τήν  συμφοράν,  υπέρ  ή  ς  έκείνην  οίκτείρεις,  τού- 
την  σαυτφ  φιλονείκει   προσάπτειν.     26.    άλλα   γαρ    ευ   ποιών 
ώμολόγησας,   δτι   πολλαί  σοι   τόν  έρωτα  συνήγαγον  άφορμαί, 
ιτανήγυρίς  τε  και  πότος  καΐ  πλησμονή  καΐ  πατήρ  ελπίδα  γάμου  ίο 
οιοούς.  ούκουν  ταύτα  μέν  αϊτιά  σοι  του  φίλτρου,   τό  6έ  ||  φίλ-  fol.  80 
τρον  αδ  του  καλήν  σοι  boEai  τήν  κόρην.  θώμεν  τοίνυν  έκατέραν 
αυτών  ουτιυς  Ιδέας  έχειν,    ώς    σοΙ  φαίνεται,   εκείνο   ουκ    otb' 
δκως  πείθειν  ήμας  άΕιοϊς  κοσμιωτέραν  είναι  της  εύπορούσης  τήν 
ίν  πενί<]ΐ  τραφεϊσαν '    του  :ο   γάρ    άρτίως   έβιάσω   δεικνύναι.  ιβ 
27.  και  τίς  δν  άγνοήσειε,  προς  θεών,  ώς  ή  μέν  περιουσίαν  τε 
κεκτημένη  και  νικωμένη  σώματος  ujpq,  σιυφροσύνην  έκ  τών  εΐ- 
KÖTujv  ασκήσει,  ή  6έ  δαπανώσα  μέν  έμοι  τήν  ούσίαν  άπληστί<!ΐ 
Τ€  καΐ  ^ςιθυμίςι  τών  έργιυν,  τής  δέ  συνήθους  άπολαύειν  βουλο- 
μίνη  τρυφής  προσόδψ  χρήσεται  βίου  τφ  κάλλει   τους   άκολά-  το 
ο^ους  θηρωμένη  τών  νέων;   28.    σύ  δέ  δι'  έκείνην  μέν  δέδοι- 
κας,  ήν  ουκ  ασμένως  όρςίς,  ό  δέ  της  ερωμένης  άδεής  εστί  σοι 
Τάμος,  άτοπα  γε  και  λίαν  εναντία  τή  πείρ<]ΐ.   δσοι  γάρ,    οΤμαι, 
οΐινοικοΟσι  ταΐς  ποθουμέναις,  δσον  αυτών  έρώσι  καιρόν,  περί- 

Ιφοβοί  τε  είσι  και  μετά  κακής  ίώσιν  ελπίδος  έτερους  έραν  tl  κ 
ίουτών  ύποπτεύοντες,  ώστε  μόλις  αύταϊς  οίκοθεν  ένδιδόασιν 
&έναι,  κδν  δρα  ποτέ  τούτο  ποιεΐν  έπιτρέψωσι,  μικρόν  άττωθεν 
ϊΐϊονται  προς  άσφάλειαν,  κδν  προσβλέψη  τις  παριών,  κδν  τύχη 
"^ζ  ίτέρςι  προφάσει  μειδιάσας  προς  έτερον,  υπόνοια  καΐ  λύττη 
καΐ  θυμός  καΐ  λοιδορία.  καΐ  κατατέμνονται  λογισμοΐς  άμφιβό-  ao 
^ο»ς  ούδέτερον  εαυτούς  δυνάμενοι  πεΐσαι  βεβαίως  ούτε  μή  σω- 
ΦΡονεΐν  αοτοϊς  τάς  γυναίκας  οοτε  πορνείας  παντελώς  άπηλ- 
^(θαι•  τό  μέν  γάρ  δεδιέναι  τήν  ύποψίαν  ποιεί,  τό  δέ  μή 
^Τειν  τήν  άπιστίαν.  έν  τοιαυταις  έση  φροντίσιν,  ώ  παϊ,  λα- 
Wiv  ήν  στέργεις  γυναίκα.  se 

5  έπαθες]  έπαθε  Μ  12  αο]  αύτώ  Μ  13  ίχειν,  ώς]  ώς  Ιχ€\ν 
(ν  e  ς  οοΓΓ.)  Μ  13  OÖK  οΐδ'  δπως  π€(θ€ΐν]  ουδέ  έπιπ€(θειν  Μ  20  in  κάλλει 
"ecundum  λ  inser.  M^  22  όρ^ς]  οράς  (spir.  asp.  add.  m^)  Μ  22  άδεής 
^βτί]  άδεής  ίστι  Μ  27  έπιτρέψωσι]  έπιτρέψωσιν  Μ  28  προσβλέψω  τις] 
νροσβλέψη*  τίς  Μ  28  τύχη  τις]  τύχη.  τ(ς  Μ  31  πεΐσαι]  πεΙσαι  Μ 
32  παντελώς]  παντελή  Μ         32  in   άπηλλάχθαι  prius  λ  inser.  M^ 


51^  Foereter 

29.  Πολλά  he  που  τών  σοφισμάτων  μόλις  κατανοή(Τας 
εκείνο  ί^δίως  έφώρασα  τό  κακούργημα,  δτ€  τών  παρθένων  την 
μέν  έκ  τής  Ιδέας  άποσεμνύνιυν,  τη  hk.  κακίαν  όνεώιΣων  μορ- 
oL  80^  φής  την  εύεΛή  μέν  έκάθισας  έργαίομένην  οϊκοι  ||  τψ  λόγψ,  την 
6  δέ  μη  τοιαύτην  προήγαγες  άπιθάνιυς  εΙς  άγοράν  *  εοόηλον  τ^Ρ» 
ώς  εκείνη  μάλλον  άβρυνομένη  τη  φύσει  και  μαρτυρίας  ϊχειν 
βουλομένη  του  κάλλους,  ευπρεπείας  γάρ  οϊησιν  ό  σος  έκ€ΐντ) 
οέδιυκεν  ίρως,  έΕόδοις  χρήσεται  πυκνοτίραις,  τό  μή  συναντή(Τοι 
πολλοίς  ηγουμένη  ίημίαν,   ϊνα  σοι  τής  άγορας  άνιοΟσα  οιητπ- 

10  σηται,  πόσους  είλε  τών  θειυμένων,  έπαιρομένη  μέν  τοις  οιηγή- 
μασιν,  έρυθριαν  6έ  προσποιούμενη.  30.  τοιαύτας  είσάγει  μοι 
περί  αυτής  υποψίας  ή  κόρη  θεασαμένη  τήν  ίναγχος  έορτήν. 
ποϊ  φέρη,  παρθένε ;  τί  μέν  άνδράσι  και  κόραις  κοινόν;  τι  bfe 
πενίςι  και  πανηγύρει;    σύ    bi  πώς  αυτουργός   οΰσα   καΐ  μίαν 

15  άφορμήν  ίχουσα  βίου  τάς  χείρας  εορτή  παραβάλλεις;  ίοικας 
ου  θεωρεΐν  τήν  πανήγυριν,  άλλα  θειυρεϊσθαι  μάλλον  έθΑ6ΐν. 
γυνή  bk  καλήν  έαυτήν  οίομένη  και  μέγα  τούτω  φρονούσα  ττερι- 
έργοις  τε  σχήμασι  καΐ  θρυπτομένψ  βαοίσματι  κεχρημένη  tax 
πυκνώς  έαυτήν  περιβλέπουσα  τούτοις  άμαυροΐ  τό  κάλλος*  δτταν 

ί»  γάρ  πλεονέκτημα  προσλαβόν  οΤησιν  άμαυροΟται.    31.  μή  τοίνιιν 
τήν  εκείνης  αΙδώ,  φής  γάρ  αίσθομένην  σου  ποθουντος  έρυθριδ^ 
σαι,  νόμιίε  πάντως  εύκοσμίας  είναι  τεκμήριον.  μάλλον  γάρ  έρ<* ' 
στου  λαβομένη  και  τούτου  τήν  αυτής  ύπεραίροντος  τύχην  ύ<Ρ 
ηδονής  ήρυθρίασεν.     32.   οΐα  τοίνυν  fivbpa  τον  έραστήν  eun^'' 

26  χουσα  περιφανή  τε  χιτώνα  και  λαμπρά  σοι  χρυσία  περιποΐδ»'^ 
έπιτάζει  και  πείσει  πάντα  β()ΐοίως  *  έρώντι  γάρ  ού6έν  φαίνβτοί 
δύσκολον  ερωμένης  έπίταγμα'  δυσχεραίνει  μέν  ουν,  εΐ  μηδ^"*' 
έπιτάττοιτο.    33.  ει  6έ  τής  προλαβούσης  ένδείας  λογισμός  αυτήν 


2  δτε]  δτι  ?  4  οϊκοι]    οΤκοι  Μ  7  in  κάλλους   prius  λ  s«' 

prasc.  Μ2  9  διηγήσηται,  πόσους  €Ϊλ€  τών   in  ras.  M^  9  διηΤΜ' 

σηται]  6ιηγήσ€ται  Μ^  12  αυτής]  αυτής  Μ  14  πενίςι]  el  ircvia  ^ 
15  παραβάλλεις]  παραβάλεις  Μ  17  καλήν  e  καλλήν  corr.  Μ  17  τοι>- 
τψ]  τοΟτο  Μ  17  περιέργοις]    περί  ίργοις  Μ  19  άμαυροΐ]  άμ^' 

νειΜ       19  in  κάλλος  alterura  λ  suprascr.  M^      19  ίίπαν  —  1.20άμ«^' 
ροΟται  omissa  γάρ  particula   et  jiraefixis    vocabulis  Χορικίου   γνύιρι<^Μ** 
laudavit  Georgides  1.1.     21  τήν]τήςΜ     21  αΙδώ,  φής  γάρ]  αΐδώφήςγάρ'^ 
22  τεκμήριον]    μυστήριον  Μ     24  ήρυθρίασεν]  έρυθριασεν  Μ     2Γ>  ιτ^Ρ'* 

ποιείν]  ποιείν  Μ         2G  in  margine  aententiae  γν  Μ  27   δυσχίΡ* 

νει]  6υσχαιρα(νει  Μ        28  έπιτάττοιτο]  έπιττάτοιτο  Μ 


Zwei  neue  tleden  des  Ctiorioins.  5l3 

μέτρια  παρασκευάσει  φρονεΐν,  α\  ||  τών  γυναικών  όμιλίαι  fol.  65' 
;  αυτήν  έΗογκώσουσιν,  δτε  παρούσης  ύποφθέγΗονται  προς 
ις  τοσούτον  έίαίρουσαι  την  ςκυνήν,   δσον  έκείνην  άκοΟ- 
ιάτην  ίοοΗεν  αυτή  σύνοικον  ίχειν  έρώντα*  ποία 
ινορός   εύνοια   μή    χορηγοΟντος    έσθήματα  καΐβ 
6 ν;    34.  έκ  τοιούτων  επανερχόμενη  σοι   λόγων  κατης)ές 
άσεται  πρόσωπον  και  τραπέζης  παρούσης    δσιτος  καθε- 
νεύουσα  κάτω  και  προς  εύνήν  καλούντος  δυσμενώς  ύπα- 
rai.  τις  ούτως  ίχουσαν  έρωμένην   Ιδών   ου  πάντα  προτ- 
ιμολογήσει;   ποιος   bi   πλούτος   αρκέσει    προς  τοιαύτην  ω 
εσιν; 

\5.  Προς  ταύτα  τοίνυν  Ισχυρόν  ίχων  ούόέν  εΙς  γέλωτα 
:κλησίαν  έκίνεις  ύφορασθαι  σχηματιζόμενος,  μή  ποτέ  σοι 
ίπορον  γήμαντι  θήλυ  τεχθείη  παιοίον  έοικός  τή  μητρι  καΐ 
ς  έκ  τούτου  όεηθείη  προικός  καΐ  λάθοις  εντεύθεν  εΙς  πε-  ιβ 
Ιπενεχθείς.  πράγμα  τοίνυν  άδηλον  όεοοικώς  ευτύχημα 
όν  άποστρέφη.  36.  ουκ  οϊσθα,  δτι  τό  παρόν  άει  όιώκο- 
Γαθόν  ovbiv  έκ  τούτου  λογι2Ιόμενοι  φαΟλον ;  ούτω  παώο- 

όρεγόμεθα  τέκνων   ου   προσοοκώντες   άποβολήν.    ούτω 
αυς  κατατολμώμεν  επισφαλούς  τε   και  γειτνιώντος  θανά-  μ 
.εΐον  νέμοντες  μέρος  τή  προσοοκίςι  του  κέρδους  ήπερ  τφ 
f\i  τελευτής.  εΐ  τοίνυν  οιπλής  υποκείμενης  ελπίδος  ή  κρείτ- 
εΐ  της  χείρονος  περιγίνεται,  πώς  ού  λίαν  εΰηθες  άποβάλ- 
ι6η  προτεινόμενον  κέρδος  φόβω  Ζημίας  άδηλου  ;    37.  θαυ- 
δέ,   εΐ  χρημάτων   άποβολήν  ύφορώμενος   ένδειαν  σαυτφ  κ 
νεϊς  και  μέλλουσαν  μέν  δυσχεραίνεις  πενίαν,    παροΟσαν  fol.  66'' 
έργείζ.   και   τις  δ  φυλάττεται  μή  παθεϊν,   τοΟτο   πάσχειν 
ται;    38.  είτα  προλέγων,  δτι  τό  γύναιον  γόνιμον  ίχει  γα- 

καΐ  τίκτει  και  θήλυ  τό  τικτόμενον   έσται   και  τή  μητρΙ 

L  voce  αί  desinit  fol.  80  in  Μ  2  έΕογκιύσουσιν]  έΕογκοΟσιν  Μ 

>ουσαι]  έπα(ρουσαι  ?  cf.  Dem.  or.  de  fals.  leg.  §  336  4  ποία] 

!         6  επανερχόμενη]  έπ'άνερχομένη  Μ         8  δυσμενώς]  δυσχε- 

15  λάθοις]  λάθης  Μ         17  άποστρέφη]  άποστρέφου  (ου  corr. 

ι2)  Μ         17  τό   παρόν   -  1.  22  τής  τελευτής   laudavit  Macarins 

:  Boiss.  fr.  νθ'     17  παρόν]  μή  παρόν  Boiss.      18  αγαθόν]  αγαθόν 

τοι  Macar.       18  λογιζόμενοι]   λογιίόμενον  Μ      18  οΰτιυ]  καΐ  γάρ 

19  οίίτιυ]  καΐ  Macar.     20  τε  om.  Macar.    21  πλείον]  πλείστον  Ma- 

„fort,  πλέον**  Boiss.    21  ήπερ  Vill.  εΐπερ  Macar.  Μ    26  δυσχεραί- 

δυσχαιραίνεις  corr.  Μ       27  τ(ς]  τΙς  (accent.  del.  m^)  Μ      27  in 

ϋβ  detrita  parumque  conspicua  in  Μ  27  τοΟτο]    τούτοις  Μ 

Γχειν]    πάσχειν  τοΟ   πάσχειν  Μ  28  προλέγων]   προλέγειν    Μ 

Ιη.  Μηβ.  f.  Phllol.  Ν.  F.  XLIX.  33 


514  Foereter 

παραπλήσιον  καΐ  προς  ήλικίαν  όφίΕεται  γάμου,  τοσαΟτα  bf| 
μαντευόμενος  προδήλου  καταφρονείς  εύπραγίας,  πόθεν,  eltrd 
μοι,  τήν  ομοιότητα  τής  μορφής  εύλαβούμενος ;  πόσαι  μίν  airp€- 
ιτών  θυγατέρες  ώρςι  λάμπουσιν  βψεως,  πόσαι  bk  τοΟ  μητρφο^ι 

5  κάλλους  έκπίπτουσιν.  οΰ  γάρ  είδους  γονέων  κληρονομουσ  ι  πάν- 
τως ό\  παίδες,  αλλά  γυνή  μέν  αΙσχρά  καλόν  &ν  Ισϋις  τέκοι 
παώίον,  έκ  πενιχρας  hk  μητρός  εβπορος  ού  τίκτεται  παϊζ- 
39.  θώμεν  τοινυν  είδους  ύπάρχειν,  ώσπερ  κλήρου,  biaboxdt^ 
κα\  παΐδας  γονέων   παραλαμβάνειν  μορφήν  καΐ   γ{νεσθα{  cot 

10  θυγάτριον  έκ  τής  ερωμένης  έοικός  τή  μητρί '  δήλον  οδν,  ίη 
ζητήσεις  Svbpa  τή  θυγατρ\  σώματος  άγλαΐαν  άντΙ  χρημάταιν 
α\ρούμενον  αφθονίας,  ή  πόθεν  αυτή  πλουτοΟντα  νυμφίον  εόρή- 
σεις;  ti  ών  ή  μήτηρ  εΙσάγει,  νή  Δία.  άλλ'  ή  προΙΕ  αυτή  λιτόν 
έστιν  Ιμάτιον.  λείπεται  ί)ή  σοι  των  πατρψων  έκβεβλημένψ  π^" 

16  νητι  τό  θυγάτριον  έγγυήσαι,  καΐ  μάλα  πρέπων  ό  γάμος  4ρ*• 
στέως  παιδί.  40.  έΕέτασον  τοίνυν  παρ'  άλληλα,  τί  μέν  εκείνης» 
τί  bk  ταύτης  6  γάμος  σοι  προΕενεϊ.  ούκουν  ό  μέν  ήδονήν,  δ  bt 
κέρδος  εΙσάγει,  καΐ  τοΟ  μέν  ή  τέρψις  όλίγη  συμπσυομένη  τφ 
πόθψ,  του  bk  τό  τής  ωφελείας  bιηvεκές  τοις  φεώομένοις»  καΐ 

ί»  τή  μέν  τελευτώση  συνοίχεται  bήπoυ  τό  κάλλος,  ή  bk  άπιοο(Γβί 

τοις  τέκνοις  καταλείπει  τήν  προίκα,   τίς   οδν   εΰ  φρονων  άντΙ 

fol.  66^  του  συμφέ||ροντος  τό  τερπνόν,  άντι  τοΟ  βεβαίου  τό  σφαλ€ρ6ν, 

άντΙ  τής  έαυτου  και  των  παίδων  ευδαιμονίας  τήν  έαυτου  μόνον 

βραχεΐαν  εύφροσύνην  αίρεϊται;    41.  νόμιίε  δή  τους  έκ  τής  ττ^' 

26  νομένης  σοι  παϊδας  όραν  απορία  σιτίων  δακρύοντας,  νυν  μ^^^ 
εΙς  σέ  βλέποντας,  νυν  δέ  προς  τήν  μητέρα,  τότε  δή,  τότε  λήνί 
με  κατά  νουν  και  τάς  εμάς  παραινέσεις,  τότε  δή  γυναίκα  ir\Tfi^ 
σεις,  οϊαν  έγγυήσαί  σοι  βούλομαι*  οοτε  γάρ  έκείνην  ό  σός  fc*^ 
θρέψειεν  έρως  οοτε  σέ   τό  τής  γυναικός  ευπρεπές   οοτε  τον< 

80  παϊδας  τοιούτοι  γονείς. 

42.  'Αλλά  κδν  εκπέσω,  φησί,  των  πατρψων,  ofb  ^ 
μετρίοις  άρκεϊσθαι  τούτο  παρά  σου  παιδευθείς.  ^^ 
πλούτω  μετρίοις  έδιδάχθης  άρκεϊσθαι,  πενόμενος  δέ  τάχα  1>^' 

3  in  ομοιότητα  spir.  aep.  e  leni  corr.  M^         5  κάλλους]  κάλουζ  ^** 

οι         οι  η 

G   τέκοι]    τ^κη  e  τέκ  ή  corr.  Μ  8  €Ϊδους]  εΙδοΟς  Μ         10  έοΐκ6<;^ 

έοικός  Μ        13  νή  Δία.]  ή  διά*  Μ        14  in  έκβεβλημένω  litterae 'κΡ^' 

βλη  in  Μ  m^  in  ras.,  ante  μ  dispicitur  manu  prima  scriptum  γ     15  ^' 

γυήσαι]  έγκυήσαι  Μ        15  μάλα]  μαλλα  Μ       15  in  πρέπων  accent.  β» 

UJV  m3  in  ras.  Μ         16  παρ'    άλληλα]   παράλληλα  Μ  16  τί]  ^  • 

24  πενομένης]  πενομένη  Μ 


Zwei  neue  Beden  des  Choricios.  515 

väv  έθελήσ€ΐς,  δτ€  σοι  τοΰτο  μή  πρόσεστιν.  οίς  γαρ  ου  bibuKTi 
3φής  έεουσίαν  ή  τύχη,  τούτοις  είωθε  περιπόθητον  γίνεσθαι 
τρυφαν.  πολλοί  γουν  έΗόν  μέν  αύτοΐς  πολυτελώς  όιαιτασθαι 
^ά2:ουσι  τήν  γαστέρα,  έστερημένοι  hi,  τών  υπαρχόντων  άβρο- 
»ας  έπιθυμουσι  οιαίτης.  43.  £τι  τοίνυν  εΐ  μέν  παις  υπήρχες  » 
όρου  πατρός,  ϊσως  δν  έκαρτέρεις  τήν  ένοειάν,  τήν  συνήθειαν 
υν  δώάσκαλον,  έλπιΖομένου  όέ  κλήρου  οιαμαρτών  οό  ^&(ως 
Γεις  τήν  άπορίαν.  δπαν  γάρ,  οΐμαι,  χρηστόν  λυπεί  μέν  Ü 
χής  μή  παρόν,  λυπεί  hi  πλέον  όφαιρεθέν  εΐ  γάρ  έτερους 
ουτοΰντας  ό  πένης  ορών  ου  φέρει  τήν  θέαν  όλύπως,  πολύ  ίο 
λλον  άλγήσει  παλαιάς  αύτου  μεμνημένος  ευδαιμονίας. 

44.  Φέρε,  πώς  έχειν  εΙκός  τους  έκ  του  πολέμου  περισαι- 
ντας  τών  δυσμενών;  ή  δήλον,  δτι  πικρώς  όλοφύρονται  καΐ 
ιηνοΟσιν  δλλος  δλλην  έχων  πρόφασιν  πένθους,  εΐ  τις  οδν 
είνοις  άγγελεί  τον  αίτιον  αύτοΐς  τών  κακών  τής  πατρψας  u 
βεβλημένον  οΙκίας  μετά  της  έαυτου  πένεσθαι  γυναικός  καΐ  Ζήν 
ίτως  έλεεινώς,   πηλίκον,  οΐει,   περιχαρείς  γεγονότες  όναβοή- 

>νται  και  φήσουσιν  ού  ||  βραδέως  μετελθεΐν  σε  τήν  δίκην.      fol.  66^ 

45.  Ουτω  τής  πενομένης  6  γάμος  σοΙ  μέν  άπορίαν  πολ- 
IV,  τοις  δέ  πολεμίοις  παραψυχήν,  έμο\  δέ  λύπην  εΙσάγει.  το-  ao 
>δτος  γάρ  έχει  με  πόθος  χρημάτων,  Jfiστε  πάσχω  τι  προς 
•Οτα  παρόμοιον»  οΤον  προς  ίππους  ή  κύνας  οΐ  φίλιπποί  τε  κα\ 
^οσκείμενοι  τοις  κυσί.  και  γάρ  εκείνοι  τιθασσεύουσί  τε  κα\ 
κλέγονται  τούτοις  ού  λίαν  αίσθανομένόις  ανθρωπείας  φωνής. 

•  έγώ  δέ  πολλάκις  εξάγομαι  τοις  έμοΐς  χρήμασιν  όμιλεΐν  καΐ  κ 
θάπερ  άλλοι  τοις  παιδικοΐς  παρακάθημαι,  πλην  εί  μή  δεήσειε 
^ος  είσπράίασθαι,  κδν  τύχω  τι  κομισάμενος,  ηδονή  με  λάμ- 
νει καΐ  φόβος  έκ  τής  ευθυμίας,  μή  λάθη  μου  τής  χειρός  έκ- 
σόν,  κα\  του  συνήθους  όίύτερον  έπ'  οίκου  βαδίΖω  τους  εύρί- 
οντάς  τι  μιμούμενος  *  τό  γάρ  όφειλόμενον  ύπό  τής  εύφροσύ-  8ο 

1  πρόσ€στιν]    πάρβστιν?  1   οΐς  —  1.  3  τό  τρυφάν  omisBa 

ϊ  particula  laudavit  Georgidee  1.  1.  2  γίνεσθαι]  γίγνεσθαι  Georg, 

τολλοί  —  1.  5  διαίτης  omissa  γοΟν  particula  laudavit  Georgidee 
roOv]  γόΟν  Μ  3  έΗόν]  il  ών  Georg.  3  διαιτοσθαι]  διατασθαι 
Drg.  4  in  άβροτέρας  spir.  asp.  e  leni  corr.  M^  5  παίς  e  ποΟς 
τ.  M^  8  απαν  —  1.  11  ευδαιμονίας  omissa  γάρ  particula  lauda- 
Macarius  L  1.  =  Boiss.  fr.  H'  11  αύτοΟ]  αύτοΟ  Μ  13  ή]  ή  Μ 
άγγελε!]  άγγείλει  Μ  17  περιχαρείς]  περί  χαρείς  Μ  17  άναβοή- 
rrai]  άναβήσονται  Μ        25  δέ]  τέ  Μ  26  άλλοι  τοΙς]  Λλλοις  τισΐ 

τισίν  corr.)  Μ        26  δεήσειε]  δεήσει  Μ         27  τι]  τΐ  Μ        28  έκ- 
τον] έκπεσών.  Μ        29  ευρίσκοντας  τι]  εύρίσκο\;^ας  τΐ  Μ 


6l6  Poereter 

νης  ώς  ίρμαιον  δέχομαι.  47.  εΤτα  ποθ€ΐνόν  ουτιυ  καΐ  χρή(ίιμ" 
κτήμα  περιόψομαι  οαπανώμενον  ό  μηδέ  τόκων  μέρος  dvboihü^c 
Tivt  καρτ€ρήσας;  &μα  hi  τους  οφειλόμενους  απολαμβάνω  κα\  toCp 
έσομένους  αναλογίζομαι   κα\  τοΟ  γε  καιρού  πλησιάζοντος  f|^i 

5  τήν  ώρισμένην  ήμέραν  εΐοώς  ούόέν  ήττον  περί  ταύτης  άνερυι»τύ 
γλυκειαν  κεροαναι  βουλόμενος  άκοήν,    ώσπερ  καΐ  οΐ  ταις  έθ|3- 
ταϊς  μάλιστα  χαίροντες  πόρρωθεν  έννοοΟνται  τής  πάνηχυρεα^^ 
τόν  καιρόν  καΐ  προσιούσης  ήδη  πυνθάνονται  τήν  ήμέραν  aatpuB^ 
αυτήν  επισταμένοι,  δπως  εύφραίνοιντο  μάλλον  άκούοντες,  δπερ 

10  ϊσασί  τε  και  βουλεύονται,  οίον  οδν  πάσχουσι  προς    τος  πανπ- 

γύρεις  εκείνοι,  τοιούτον  ίγώ  προς  τους  τόκους,  τάς  εμάς  έορ- 

τάς.  άπαν  hk.  κέρδος  έμοί  μέγα   φαίνεται   καΐ  βραχύ*   ή  γίρ 

fol.  6V  επιθυμία  κα\  τό  προστυχόν  άγαπ^  καΐ  τό  πλέον  έτπίητεϊ.  ||  ο£5- 

τως  ίχοντά    με  γνώμης   είδώς  φιλονεικεϊς   ενδεές   άγογέΛ»«- 

16  γύναιον.  48.  ίστιν,  ώ  παΐ,  καΐ  στέςκχνος  ευπρεπής  ti  Των  καε^ 
^όδων  πλεκόμενος  καΐ  τάχα  παιδίψ  μήπω  χρημάτων  αϊσθηίΠ^ 
ίχοντι  δόΕειεν  6ν  αίρετώτερος  εΤναι  στεφάνου  χρυσού,  άνήρ  ^ 
προς  δνησιν  πράγματα  κρίνων  ού  προτιμήσει  τή  θέςι  δελεα(Τθ€ΐ^ 
τόν  άλλότριον  κέρδους  καΐ  μικρόν  ΰστερον  άπανθίσοντα.  οΐ  μ^^ 

IX)  OÖV  εΰ  φρονοΟντες  έν  χρήσει  τήν  ώφέλειαν  όρίΖονται,  οί  ^ 
φιλοτιμίαν  ασκούντες  έν  δόΕη,  σύ  δέ  τούτων  ούδετέρας  μ€θ€- 
Εεις  άπορόν  τε  γυναίκα  και  ταύτην  il  ακράτειας  λαβών. 

49.    Και  ποίας  έγώ,  φησίν,  άδοΕίας  υπεύθυνος;  ο^ 
προήχθην  άρπάσαι  τήν  κόρην,  ού  προς  αύλόν  $bu)  ν 

ίδέφάνην  παρά  τάς  θύρας  εκείνης,  ουδέν  οΓον  bp4 ' 
σειεν  άν  τις  μή  φέρων  τό  πάθος,  διεπραΕάμην.  oitrc»* 
μάλλον  ό  νεανίσκος  έν  χορω  τετάχθαι  σωφρόνων,  δτι,  φηίΠ'*'» 
ού  περιήλθον  αύλούμενός  τε  κα\  ^δων.  50.  άνευ  Τ*Ρ 
αύλοΟ  καΐ  ασμάτων  μικρόν  δνειδός  σοι  δοκεϊ  κόρης  άλώναι  ^^^ 

80  σουτον,  δσον  ένδειαν  πλούτου  προκρϊναι.  άλλ'  ούκ,  ει  τίνες  ά"^' 
αιδέστερον  παροινοΟσι,  σύ  δέ  τούτων  έλαττον  ήμαρτες,  διά  τοί^^ 

2  μηδέ]  μή  δέ  Μ        3  δέ]  τέ  Μ       3  τους]  καΐ  Μ      4  γε]  τ^  ^ 
10  βουλεύονται]  βούλονται  Μ  12  άπαν  —  1.  13  έπιίητεί  omiesi^ 

et  έμοΙ  vocibus  sub  Πολυχρονίου  nomine  laudavit  Georgides  1. 1.     14  ά^^ 

ις    ^ 

γέσθαι]  άγέσθαι  Μ        17  δέ  προς]  ούτος  Μ  18  δνησιν]  δνησιν     ^ 

19  άπανθίσοντα]  άπανθίσανταΜ         19  οί  —  1.  21  δόζη  oinissis  parti^^' 
Hb  μέν  οΟν  laudavit  Georgides  1. 1.        20  €Ö  φρονοΟντες]  είκρρονοΟν^'^^ 
Georg.  20  ώφέλειαν]  ό(ίη  ώ  corr.  πι2)φελείαν  Georg.  21  ού^' 

τέρας]  ούδ*  ετέρας  Μ        22  τε  videtur  delendum       25  otov]  otov,  övii 
30  προκρϊναι.]  προκρίναι  Μ 


Zwei  neue  Reden  des  Chorioiue.  517 

|v  προσήκουσαν  μέμψιν  έκκλίνεις.  ei  γάρ  τό  μ^ιΐον  ελάττωμα 
χτις  άει  του  έλάττονος  ήν,  %ν  δν  ύπεύθυον  ίγκλημο  τό  μ^γι- 
τον  κοτ€λ€ίπ€το.  κδν  έγώ  τίνα  λοώορήσω,  τψ  μή  πατά£αι 
λημμελεΐν  ού  5οκώ ;  κδν  όοίκων  fipSui  χειρών,  τψ  μή  ποιήσαι 
ραυματίαν  αθώος  απέρχομαι ;  και  τραύμα  τολμήσας,  δτι  μήτπυ  β 
αι  φόνον,  ανεύθυνος  εΙμι;  51.  ούκουν  δπαντας  έφεΗής  οια- 
ρατττέον  τους  νόμους,  πλην  δσοι  περί  φόνου  είσΐ  γεγραμμένοι, 
ιολλον  ί)έ  καΐ  τούτων  τους  περί  τών  ακουσίων  τεθέντας,  τούτο 
Γάρ,  οΐμαι,  κεφάλαιόν  έστι  τών  κακών,  όρςίς,  εΙς  δσην  ό  λόγος 
Ιτοπίαν  προβαίνει  τοις  παρά  σου  ι^ηθεΐσιν  ακολουθών.  52.  συ  ίο 
>έ  πόθεν  ({Ισμάτων,  πόθεν  αύλημάτων  ihiov]  ού  γάρ  δσον  εΙς 
»ναίίαν  ήοονήν  ίμελέ  σοι  τής  κόρης'  γάμον  έμελέτας  καΐ  5ιη- 
'€χή  συίυγίαν,  ϊνα  βεβαίως  έκείνην  ύποτά£ης  τω  γάμψ*  ώστε 
^ου  την  έγκράτειαν  λίγων  είναι  μείΖονα  πόθου,  μή  ποτε  5ή  τι  καΐ 
οιουτον  6ιενο||ήθης•  κοσμία  μοι  και  σεμνή  και  σώφρων i6fol.67^ 
1  κόρη,  τής  εύνοιας  σοι  τούτον  ύπαγορευούσης  τόν  ίπαινον, 
\  οδν  κωμάσω  τοιαύτα,  λυπήσω  bi'  ών  εύφραίνειν 
ΐΌυμαι  παρθένον  έπισταμίνην  έρυθριαν;  μή  τοίνυν 
CJQ  τής  ερωμένης  εΙς  θεραπείαν  έποίεις,  ταύτα  προς  άπόοειΗιν 
:3κρτερίας  μετας>έρειν  βιά2Ιου.  53.  καΐ  μήν  δσοι  τοιουτοις  άπο-  ao 
^^Ρηνται  κώμοις,  προς  θήραν  άεΐ  χρώνται  τών  ποώικών,  σύ  hk 
αϊς  υπάρχων  ευπόρου  πατρός  τό  μέγιστον  οέλεαρ  είχες•  τούτο 
ip  έλεΐν  Ικανόν  καΐ  μνηστευσαι  παρθένον  και  μάλιστα  πενίςι 
ΐ€Ζομένην.  54.  προς  δπασι  οέ  τοις  είρημένοις  oTba  έγώ  τών 
>ιυντων  πολλούς  δς  άγαπώσι  γυναίκας  όκνοΟντας  άρπάΖειν  ού  95 

έγκράτειαν,  άλλ'  έΕ  άκρας  εύνοίας,  ύ(ρορωμένους,  μή  πως 
J  τύχοιεν  χαίρουσαι  τή  ßicjt  τής  αρπαγής.  παΟσοι  6ή  σαθροϊς 
^κμηρίοις  τήν  καρτερίαν  έμφαίνων.  βούλει  1κ)κεϊν  απλώς  έγ- 
>ατής,  άπόθου  τής  διανοίας  τήν  κόρην.  55.  πολλοί  σε  προ- 
σήκοντες σύμβουλοι  προς  έγκράτειαν,  ό  πατήρ,  ή  τεκοΟσα  και  βο 
ΐτά  τούτων  ή  πρότερα  σου  σωφροσύνη.  ο\  μέν  γάρ  άκόλαστον 


4  Cf.  Dem.  c.  Arietocr.  §  50  dv  τις   τύπτη   τινά,   φησίν,  dpxurv 
^Ρών  αδίκων.    Chor.  ρ.  72,  17  Boise. 


6  φόνον]  φόνου  Μ     β  άν€ύθυνός  €ΐμι)  ανεύθυνος  Ιτ\  Μ       7  φό- 

^vij  φόνον  Μ      12  άνα^ίον]  άΕ(αν  Μ        12  ίμ^Χέ]  ήμελλε  Μ       13  ße- 

α 
«ί^υς]  β€βα(  Μ  14  μείίονα]  μείίονος  Μ         14  μή]  μάι  Μ       14  δή 

'Ο  Ιίτχ  Μ  15  in  διενοήθης  litterae  νο  add.  Μ«  20  μήν]  μή  Μ 

^  έλ6ΐν  ex  έλ€ϊν  οοΓΓ.  Μ2        26  πως  ού]  πω  σσου  Μ 


518  Foerster 

α  <ίρχήζ  ένστησάμενοι  β(ον,   d  που  τι  qMxveiev  ποιουντ€ς  σΙ- 

σχρόν,  ου  λίαν  επίσημοι  γίνονται  τή  συνηθείςι  τής  άσελτείας ' 

οσοι  hk  λελοιπότες  τήν  σώφρονα  τάίιν  προς  τήν  έτερον  ϋαΐφ- 

£ο1.  68*^  νης  ούτομολοΟσιν,  αίσχρας  οΰτοι  πληροΟσι  qρήμτις  τήν  ||  πόλιν. 

s  ήοεΐαι  γαρ  οδσαι  και  £λλως  αϊ  λοιοορίαι  ταΐς  άθρόαις  iiA  κα- 
κίαν  μεταβολαΐς  περιπόθητοι  μάλλον  και  τερπνότεροι  γίνονταιι• 
56.  μή  τοίνυν  δνεώος  σαυτψ  περιάψης  λαμπρόν,  άλλ'  5ταν  ^ 
τής  'Αφροδίτης  είσάγη  σου  τή  ψυχή  τήν  παρθένον,  άντίθβ< 
αύτώ  τήν  πενίαν,   τάς  εμάς  ύποθήκας,  τήν  προίκα   τής  eurro 

10  ρούσης,  τό  πάλαι  σου  κόσμιον '  δψει  παραχωρουντα,  κ&ν  φΐλ<3• 
νεικος  ύπάρχη  καΐ  ούσερις.  στήσον  οδν  ?τε^)ν  τό  τρόπαιο"ν 
κατά  φαύλης  έτηθυμίας,  οΤον  άρτι  κατά  ουσμενών  αδικίας,  δτο* 
πον  γάρ  ^T^puiv  κρατούντα  μόνου  μή  κρατεΐν  έαυτοΟ.  προς  τα«3• 
την  ού  δει  σοι  τήν  νίκην  δπλων  ούοέ  κινούνου.  τούτο  το  τρ^ί- 

ιβ  παιον  σοΙ  λογιΖόμεθα  μόνψ  •  τής  γάρ  δι'  όπλων  σοι  νίκης  το 
σοΟτοι  κοινωνοΟσιν,  όσοι  τής  μάχης. 

57.  'Αλλά  ψιλοΟμεν,  φησίν,  ανδρών  μαχίμων  τί|  "^ 
πόλιν  φύσει  γάρ  οΟσα  φιλότιμος  ή  νεότης  έλπΙ^>  * 
τινός  αμοιβής  γυμνάζεται  τά  πολέμια,  έκάστψ  bi|i*• 

2οσθός  έστι  τό  ποθούμενον.  τίς  οΰν  ού  δεινώς  άθυμΛ' 
σει  διαμαρτάνοντός  μου  τής  κόρης,  ώς  άν  ούιτ»* 
στεύιυν  κεχαρισμένην  αύτώ  δωρεάν  άπολήψεσθαΐ; 
τίς  δέ  μή  τοΟτο  πιστεύσας  τέχνην  ασκήσει  πολ€μ»- 
κήν;  58.  πολύ  μέν  τών  βημάτων  τό  μήκος,  εύάλωτον  δέ8μυ^< 

25  και  ^ςίδιον  λυσαι.  τών  γάρ  έν  ήλικίςι  τους  μέν  βιώναι  κοσμίιιί^ 
συμβαίνει,  τους  δέ  προς  ήδονάς  έπτοήσθαι  καΐ  τών  εΙς  ττιν 
δευτέραν  μερίδα  τελούντων  τους  μέν  εύπορωτέρων  έραν  γυναι- 
κών, τούς  δέ  παραπλήσιων  τήν  τύχην,  τους  δέ  λειπομένων  έν 
πλούτψ.    59.  ο\  μέν  οδν  σωφρονουντες  τών   νέων  ή  χρήμ^^ 

80  προέχουσας  άγαπώντες  παρθένους  ή  τήν  ϊσην  αύτοϊς  κβκπτ 
μένας  ούσίαν  ούτοι  μέν  άπαντες  ουδαμώς  άθυμήσουσι  διομ^Ρ' 
τάνοντός  σου  τής  κόρης,    τό   δέ   λοιπόν   τής  νεότητος  μίρο<' 


1  πού  τι]  που  τΐ  Μ  5   άλλως]  άλλας  Μ  6   περιπόθητ^*] 

π€ριβόητοι  Μ  7   άλλ'  δταν]  άλλ'όταν  Μ  8  είσάγη]  είσάτ^^  ^ 

12  άτοπον  —  1.  13  έαυτοΟ  omissa  γάρ  particula  laudavit  Macariue  1• '• 

=  Boiss.  fr.  Εα'        13  μή  om.  Μ        14  τρόπαιον  σοΙ]  τρόπαιόν  αοι  ^ 

17  ψιλοΟμεν]  ψιλοΟ  μέν  Μ       22  αύτώ]  αύτώ  Μ       25  λΟσαι]  λύΰαι  ϊ 

28  παραπλησίων]  πάρα  πλησίον  Μ  30  προέχουσας]  προσεχούσαζ  ^ 

:  :γρ 

30  παρθένους]  γυναίκας  in  textu,  παρθένους  in  marg.  Μ 


Zwei  neue  Reden  des  Choridas.  519 

[>αυλότ€ρα  της  άΗίας  γύναια  στεργοντες,  άνιάσονται  μέν, 
εικός,  όρώντες  bi  σου  τήν  αϊτησιν  ού  προβαίνουσαν,  καΐ 
φανηναι  τψ  οήμψ  κατεγνωσμενην  κο\  τώ  πολλοίς  έπίψογον 
QI  φαύλην  ηγούμενοι  τήν  όμοίαν  ύφορώμενοι  μέμψιν  πειρά- 
ται σιυφρονεϊν.  60.  αποτυχών  μέν  oöv  τής  ερωμένης  ούόέν  β 
y  εΙς  όνανορίαν  λυμαίνη,  ||  άν  οέ  το   πάθος  έκτείνης  ίχρι  fol.  68^ 

τής  επιθυμίας  τυχεϊν,  δβατον  ποιείς  τη  σωφροσύνη  τήν 
IV  άνθρωπος  boEav  είληφώς  εύκοσμίας.  φθείρουσι  γαρ  ήθη 
να  μειρακίων  ούχ  ούτως  ο\  παροινεϊν  εΐωθότες,  δσον  τις 
άκοσμίαν  έκ  παλαιάς  σωφροσύνης  μεταβαλών '    εύσχήμονα  ίο 

άπολογίαν  ηγούνται  τψ  τοιούτψ  συναμαρτάνειν,  άλλως  τε 

όρώσι  τον  όήμον,  μή  λίαν  πικρόν  είπεϊν  ή,  προαγωγού  τι- 

ίχοντα  τά^ιν.  61.  έντεΟθε  και  παίδες  άμελήσουσιν,  οΐμαι, 
έων  όρώντες  γάρ  ύπεριοόντα  σε  του  πατρός,  φ  πάσαν 
)εις  αΐόώ  τε  και  θεραπείαν  προσάγειν,  εΐκόνι  σοι  χρήσονται « 

περί  τους  οΙκείους  γονείς  ατιμίας,  τοιούτων  οδν  ίργων 
;  ήλικιώταις  ίση  παράδειγμα  και  πρώην  όνόμασιν  εύφήμοις 
3ύμενος  σώφρων,  ό  τόν  πατέρα  τιμών  άντιπάλοις  έπω- 
ίαις  κληθήση.  μή  γάρ  ή  κατά  πόλεμον  αριστεία  τήν  έκ  του 
σωφρονεΐν  αίσχύνην  έπικουφί^ει;  περιφανή  μάλλον  αυτήν  ao 
ργάίεται*  του  τροπαίου  γάρ  ή  λαμπρότης  τήν  Ü  έρωτος 
Είαν  κηρύττει,  και  λανθάνειν  ουκ  ίνεστιν  άνδρα  τοιούτον 
4J  τοιαύτη  δεδουλωμένον. 
62.    Άλλα  γάρ  ουκ  ίχων  σαυτφ  χρήσιμον  δεΐίαι  τον  γά- 

ής  όρέγη  παρθένου  προς  τό  δοκεΐν  κήδεσθαι   του   κοινού  ae 
Χφεύγεις  καΐ  τή  προσηγορί<|ΐ  τής  πόλεως    υφαρπάίειν  οϊει 

έκκλησίαν.    πλην  επειδή   τήν   πόλιν  άγεις    εΙς   μέσον  και 
ίμους  άνδρας   ίχειν   αυτήν  άΗιοΐς  δίκαια  λέγων,    έγώ  τους 
6ρους  ηγούμαι  προθυμότερον  πολεμεΐν  τών  άπόρως  διακει- 
υν.    63.   ο\   μέν   γάρ   τής  δεομένης  μερίδος   ουκ  ίχοντες,  μ 
ρ  ών  εύλαβήσονται,    κοΰφον   ατύχημα  κα\  μικρόν  ηγούνται 


3  φανήναι]  βήναι  Μ  3  τφ  (π.)]  τό  Μ  5  αποτυχών  μέν]  άποτύ- 
EV  Μ  6  λυμοίνη]  λυμαίνει  Μ  8  φθείρουσι  —  1.  11  συναμαρτάνειν 
»8a  γάρ  particula  laudavit  Macarius  1.  1.  =  Boiss.  fr.  Sß'        in  iiiarg. 

«ntiae  γν  Μ  9  δσον]  ώς?  9  τις]  τ(ς  Μ  11   τφ]   τό<> 

^ήμον,    —    ή,]  δήμον   μή    λίαν    πικρόν  εΙπεΙν  ή  Μ  cf.  locura  Dem. 
:ith.  Ι  2ϋ  quem  rhetores  saepe  laudaverunt,  μή  λίαν  πικρόν  εΙπεΐν  ή. 

η 

δπικουφίίει;]  έπικουφίίεΓ  Μ         25  όρέγη]    όρέγει  Μ         30  δεομέ- 
]  δεδομένης  Μ  cf.  ρ.  510,  6 


530  Foerster 

τήν  ήτταν  οίς  οέ  προς  fvbeiov  f\  μεταβολή  σαλεύει  τοΟ  ßi€jv, 
τούτους  προτρέπει  γυμνάίεσθαι  τά  πολέμια  τό  τής  ήττης  aqp^ 
ρητον.  ί)ΐά  τούτο  και  δούλου  σπουοαιότερον  ελεύθερος  icfwviZ^' 
ταΓ   ό   μέν  γαρ  ελευθερίας  οίδοικε  στέρησιν,    ό  bk  παρά  τιί>ν 

6  πολεμίιυν  άλούς  ούόέν  οϊεται  καινότερον   πάσχειν,    μάλλον  i>i 
πρ^οτίραν  την   ύπ'    έκείνοις  ηγείται   δουλείαν*    οΐκέττι  γαρ    ί 
fol.  69*^  παρών  δεσπότης  άεΐ  του  προσδοκώμενου  ||  βαρύτερος. 

64.    ΑΙσθάνεσθαί  μοι  δοκώ  τό   προϊστάμενον  τώ  vcavi- 
σκψ.   ϊσιυς   εννοείται    προς    εαυτόν    ίτυχον    δπα£   δημο 

ιοσιεύσας  τό  πάθος,  δπου  τις  έμου  μνημονεύσει,  προ  C 
τίθησί  μοι  τήν  κόρην.  τί  ουν  ίημιουμαι  τήν  έρωμ^• 
νην  μή  διαφεύγων  έκ  τούτου  τήν  όδοΕίαν;  ταυτο  μέ'ν 
ουδέν  άπεικός  διανοεϊσθαι  τόν  παϊδα,  ού  μήν  έγώ  τόν  τοιοοτο"ν 
αποδέχομαι  λόγον.    65.   όρίίομαι  γαρ  δνδρα  μέν  δριστον  τώ"ν 

16  ου  φρονουντά  τι  φαυλον  ίπειτα  δεύτερον  τόν  ίτοπα  μίν  έν- 
νοούμενον,  έρυθριώντα  δέ  λέγειν  καΐ  πράττειν '  ό  δέ  γνώμη  μέ*^ 
άμαρτάνιυν  καΐ  γλώττη,  καθαρός  δέ  τοις  ίργοις  τρίτος  μοι  τ^' 
τοκται*  τόν  δέ  γε  διανοίςι  τε  καΐ  λόγοις  καΐ  πράίεσι  πλημμ^' 
λουντα  τούτον  ούδαμου  θήσομαι.  έβουλόμην   μέν   οδν  άριστο"^ 

3οή  δεύτερον  σε  τετάχθαι,  έπεί  δέ  τάς  άμείνους  άπολέλοιπ(ί< 
τάΕεις  όμου  τε  τό  φίλτρον  ενθυμηθείς  και  τήν  fwoiav  έΕ€ϊπιίτν, 
τήν  γουν  ύπόλοιπον  φύλαττε  τάΕιν  μή  προς  έργον  δγων  f^ 
πάθος.  65.  ταύτας  έπςίδε  σαυτώ  τάς  νουθεσίας,  ώ  παϊ,  χρΠ ' 
σιμιυτέρας  ών  έφθέγΕιυ  βημάτων  έφ'  οίς  έγώ  λεγομένοις  kotc«-' 

26  δυόμενος  προς  εκείνον  άπεπνιγόμην  τόν  λόγον,  δτε  τόν  πόλ^' 
μον  έφης,  έως  μέν  συνειστήκει,  τήν  κόρην  έκβαλεϊν  σου  xr%^ 
διανοίας,  κατά  νουν  δέ  σοι  λυθέντα  πάλιν  αυτής  άναμνη0**• 
66.  πώς  τοϋτο  λέγεις,  ω  παϊ;  νυν  γάρ  μάλλον  έχρήν  ταπ^νο^"^ 
σοι  φανήναι  της  άπορούσης  τόν  γάμον  τόν  γάρ  άνάΕιονδν«'^ 

30  σου  πρό  της  άριστείας  έτι  καταδεέστερον  έδειΗεν  ή  της  μάχτΊ  ζ 
άνδραγαθία,  και  μικρόν  ουδέν  έδει  φρονήσαι  πλούτω  πατρόν  ■^ 
τροπαίου  συνελθόντος  ιδίου.     67.  δλως  δέ  μοι  δίδως  θαυμάί€ΐ-^ 

3  διά  τοΟτο]  διατοΟτο.  Μ  5  in  άλούς  detritum  λ  et  inc^^' 

tum  in  Μ        10  δπου  τις]  δποι  τίς  Μ        10  μνημονεύσει]  μνημονίύ^* 

γον 
14  λόγον]  λογισμόν  Μ         14  όριίομαι  —  1.  19  θήσομαι  omissa  γάρ  Ρ*^" 

ticula  laudaverunt  Georgides  et  Macarius  1. 1.  =  Boiss.  fr.  Εγ'     ΙδφΡ^' 

νοΟντά  τι]  φρονοΟντα  τ(  Μ     15  έννοούμενον]  νοούμενον  Georg.    Iß  ^ 

(prius)]  δέ  αμα  Georg.     18  διανοίςι  τε  καΐ]  βουλόμενον  Georg.    18  ιτληΜ' 

μελοΟντα]  πλημμελειν  Georg.         19  θήσομαι]  θήσομεν  Μ  θήσιυ  Georg» 

23  ταύτας  έπςίδε  σαυτψ]  ταΟτά  σε  παίδες  αύτώ  Μ 


Zwei  neue  Reden  des  Chorioias.  521 

ις  έσχόλαΐέ  σοι  μεμνήσθοι  τής  κόρης  6  λογισμός,  τόν  γαρ 
ιτολίμου  καΐ  νίκης  έλθόντα  και  πανδήμων  απολαύοντα  κρό- 
•  και  όιπλή  τήν  ψυχήν  άσχολούμενον  ευφροσύνη,  τροπαίου 
πολεμίων  καΐ  τής  έκ  των  οικείων  τιμής  τούτον  ίοει  τήν  κό- 

άποθέσθαι  τής  μνήμης.    ο\   μέν   γαρ  έΗεπίτηδες  ά(ρορμάς  β 
τοις  μηχανώμενοι  προς  λήθην  των  παιδικών  φιλονεικότερον 
3υσι  II  τόν  ίρωτα*   δσοις   W  προφάσεις  αυτόματοι  παραπί- fol.  69^ 
•υσιν  εΙς  έτερα  τόν  νουν  έφελκόμεναι,  τούτους  ών  ποθοΟσιν 
^λήσθαι  προσήκει.    68.  άλλα  μην  οΤόά  που  τούτο  παρά  των 
ιντων  λεγόμενον,   παρ'  ών  καΐ  τάλλα  τυγχάνω  μαθών,   δσα  ίο 
ϊυτα  διήλθον,    ώς   δρα  τοις  βουλομίνοις  κρατήσαι  του  πά- 
ς τά  πρώτα  μέν  οδύνη  τις  γίνεται,    βραχύν   δέ  τής  έγκρα- 
χς  λαβούσης  καιρόν  ου  λίαν  έπιπόνως   αύτοϊς  ή  λήθη  προ- 
V61.   πώς  οΰν  του  πολέμου  σοι  τό  φίλτρον  άπωσαμίνου  πά- 

άνενεώσω  τό  νόσημα;  ή  γάρ  τοιαύτη  φιλία  λύσεως  αρχήν  ιβ 
αμίνη  μόλις  προς  έαυτήν  αναστρέφει. 

69.  ΕΙ  bi  σοι  πάντως  έκέκριτο  γήμαι  τήν  έρωμένην,  Αει 
ορθώσαντά  σε  τόν  πόλεμον  προσελθόντα  μοι,  πρΙν  τήν  παρ- 
Γον  έκκλησίαν  συστήναι,  κολακικώς  ούτω  καΐ  πρ<ί1ως,  πά• 
),  είπεϊν,  οοπω  τήν  κόρην  έκείνην  τήν  έν  τή  πανη-ao 
ρει,  περί  ής  ήδη  σοι  διελίχθην,  τής  ψυχής  άπεθέ- 
ι^  καΐ  ταύτα  πολλήν  ποιησάμενος  περί  τούτο  σπου- 
/  αΐδοΐ  τε  κα\  θεραπεί?  τη  σή.  <εΙ>  ταύτην  έμοί 
/αϊκα  λαβείν  έπινεύσεις,  αΙτήσω  τόν  δήμον  άμοι- 
1^  τής  άριστείας  χρυσίον  τοσούτον,  δσην  έπαγγέλ;35 
Γαι  προίκα  μοιφίρειν  ή  πλουτοΟσα  παρθένος.  70. ήν 

δν  ούδ*  ούτω  μοι  φορητόν  αμφότερα  βουλομένω,  καΐ  προίκα 
ιπράν  και  δεύτερον  κέρδος  έκ  τής  άριστείας,  ϊσως  δ'  δν 
ιθόμην  ένδουναι,  μή  ποτέ  κέρδους  έκατέρου  γλιχόμενος  άμ- 
Γέρων  όμου  διαμάρτω  δωρεάν  σου  τήν  κόρην  αΙτοΟντος,  εϊια 
δη  τούτο  δωρεάν  <έστιν>  όνομάίειν.  71.  τό  μέν  γάρ  τής 
ης  αντίρροπο  ν  γέρας  σαφής  έστι  δωρεά  καΐ  δικαίως  δν  τούτο 
|θ6ίη,   τό   δέ  του  λαβόντος   άνάΕιον  ού  μετρίως  αύτψ  προς 

1  τόν]  των  Μ        9  οΐδά  που]  οΤδα  ποΟ  Μ       10  ταλλο]  τδλλα  Μ 
τις]  τίς  Μ         12  βραχύν]    βραχύ  Μ  1δ  ή  —  1.  16  αναστρέφει 

8ea  γάρ  particula  laudavit  Georgidee  1.  1.  15  τοιαύτη]  τοΟ  φαύ- 
Georg.  15  λύσεως  αρχήν]  θάττον  λύσιν  Georg.  16  δεΕαμένη 
ις]  λαβοΟσα  Georg.  16  έαυτήν]  εαυτόν  Georg.  21  διελέχθην] 
ιίχθην  e  διειλέχθην  corr.  Μ  23  (ύ)  inserui  24  αΐτήσιυ]  αΙτώ 
Μ        25  επαγγέλλεται]  έπαγγέλεται  Μ  27  ς)ορητόν]  εύφόρητον 

περιπόθητον  (cf.  ρ.  491,  23.  515,  2)?        31  <ίστιν>  inserui 


522  Foerster 

boSav  έπιβουλεύει.  ακτπερ  γαρ  οΐ  τών  αμαρτημάτων  έλάπο«^ 
σωφρονισμοί  μετριώτερα  bolai  (ποιοΟσι)  τα  πλημμελήματα 
ούτω  τήν  έκ  τών  κατωρθωμένων  συστέλλουσιν  εδκλειαν  αι  τγ^ 
άείας  οπίσω  χωροΟσαι  τιμαί*   άπό  γαρ  τών  μισθών  ο\  πολλ^ 

5  τών  ίργων  ποιούνται  τήν  βάσανον. 

72.    Έόει  μέν  oöv  ή  τήν  ώραίαν  παρθένον  τοις  έκείντι 

fol.  70'χρήμασιν  έπανθεϊν  ή  τήν  εύπορουσαν  τοσοΟτον  ||  έν  ihlq,  Ikgb 

νώς  <ίχειν>,   δσον  έν  πλούτψ.   έπεί  bk  μή  τοΟτο  συμβίβηκε*^ 

έγω  σε  ΟΛάΗω,  πλούτου  προς  κάλλος  δσον  υπάρχει  τό  μίσον 

10  73.  προσώπου  μέν  δνθος  χρόνου  όεοουλωται  μήκει  και  vöotfi 
πλούτψ  bi  πρόσεστιν  ελευθερία  τις  έμφυτος  έκατέρου  κακοΟ. 
κα\  χρήματα  μέν  υπόκειται  μάλλον  φρουραΐς  άνθρωπίναις,  ού 
μήν  βέβαιος  φύλαΗ  ίση  του  κάλλους'  οεϊ  γαρ  έπιοΟσάν  τε  νόσον 
καΐ  γήρας  άποσοβεΐν,  ών  ούόέτερον  άνθρωπου  οέόοται  φύσει. 

16  74.  χωρίς  bk  τούτων  γυναικών  μέν  εΛος  άλλος  άλλο  προφί- 
νει  πολλής  ενταύθα  κρατούσης  ανωμαλίας,  οοτε  γάρ  άπασι  μίαν 
δψει  κεχαρισμένην  οδτε  τήν  αυτήν  τοις  αύτοϊς  διά  τέλους  άρε- 
σκουσαν.  χρήματα  bi  πάντες  άεΐ  στέργουσιν  άνθρωποι  ποιον 
5έ  κάλλος,  εΙπέ  μοι,  προς  εύπρέπειαν  άμιλλάται  χρυσού;  bta 

ao  τούτο  χρυσήν,  οΐμαι,  καλοΟσιν  τήν  *Αφροοίτην  ο\  ποιηταΐ  κολ- 
λωπίίοντες  τήν  θεόν.  75.  εΐκότως,  ώ  τέκνον,  εΐκότως  μικράν 
οϊει  κτήμα  τόν  πλουτον  έκ  τών  πατρψων  τρεφόμενος  έτι,  τι? 
γάρ  οΰπω  λαβόντι  πεΐραν  ένδειας  έλάττω  παρέχει  της  ώφ€λ€ία< 
τήν  αϊσθησιν    αν   bk    τών   ημετέρων   έκπέσης,   γνώση,  πό(ΐτΐ^ 

2δ  επιμελείας  άΕία  τών  χρημάτων  ή  κτήσις.  ούχ  δρας,  δτι  οίο"» 
θυγατέρες  είσιν  ήλικίαν  έχουσαι  γάμου ;  εΐ  μέγαν  αύταΐς  ή  τυ)ΐ'« 
^εύσειε  πλουτον,  δρόμος  ενταύθα  μνηστήρων,  και  πρώτον  έρ(0 
τημα,  πόση  τής  κόρης  ή  προίΕ;  και  λαμπράν  μέν  άκούων  τ»- 
έρωτ^ι  δή  και  τά  δεύτερα,    ει   γένους    έχει  καλώς  και  τρόττα^ 

80  και  θέας•  βραχεΐαν  δέ  προίκα  και  φαύλην  άκηκοώς  άπεισι  τγ€# 
τών  υπολοίπων  ουδέν  άΕιώσας  πυθέσθαι.  οΰτω  πάσι  τοις  ΤΡΜ^ 
βουλομένοις  έσπούδασται  λίαν  ή  προίΕ,  ένίοις  μέν  πρώτη,  το^ 
δέ  πλείοσι  μόνη. 

76.    'Αλλ'  ώ  πλείστον  άποβουκολίσασαι  τόν  βίον  ελπίδα  - 


2  δόΗαι  (ποιοΟσι)]  δόΕαν  έπιβουλεύει  sed  secunda  νοχ  del.  ^ 
3  κατωρθωμένων]  κατορθωμένων  Μ  7  έπανθεϊν]  εΰ  παθειν  vel  ^^^^ 
VCIV?  7  έν  16έςι]  ένιδεϊν  Μ         8  <έχειν>  inserui  11  τις]  τίς  ^ 

12  ού]  καΐ  Μ         26  αύταΐς]  αύτοις  Μ  28  τις]  τίς  Μ       32  supf* 

προΐζ  accent.  circumflex.  pos.  M^      34  άποβουκολίσασαι]  άποβουκολ1ο<** 
Μ  num  άποβουκολήσασαι  ?  cf.  ρ.  92,  15  Boiss. 


Zwei  neue  Reden  dee  Choricius.  523 

ιπυς  ίμί  πρφην  άνβπτβρώσοτβ  7Τ€(θουσαι   μ€τάλα  ττροσοίχε- 
Όαι  κέροη  τψ  τροτταίψ  τοΟ  νέου.  κα(  μοι  προς  θ€ών,  ώ  παρ- 
►ντες,    bOT€  bia  βραχέων  είττεϊν,   οϊαις   με  φοντασίαις    α\5τοι 
»ιέπαι2Ιον'  εδρηται  γάρ  τις  παραμυθία  τών  λυπηρών  ή  τούτων 
>ιήτησις.    77.  έγώ  τοίνυν   έΕ  ών   6  παις  ευοοκίμησε,   χρυσίον  β 
1)νειροπόλουν  κα\  περιήειν  φαώρός  τε  κα\  μειοιών,  ίκαστον 
divSn  μοι  II  συγχαίρειν,  έκάστψ  διεΗιών,  δτι  παις  έστιν  έμός  6  fol.  70 
τόν  αγώνα  νικήσας.   τοιαύταις   οδν   ψυχαγιυγίαις  ήπατημένος 
ένδκυκα  τφ  παιΜ  συγκαλέσαι  τους  ;  φίλους  εΙς  έπινίκιον  εύω- 
χίαν,  καΐ  συνήλθε  πολυτελές  συμπόσιον  παρ'  έμοί,  πάντες  νέοι  ίο 
κοί  πέρα  καιρού  τρυφώντες,  πώς  γαρ  ένήν  οιαιτασθαι  μετρίως 
ανθρώπους  τε  νέους  κα\  χαίροντας  τή  viicij  τής  πόλεως  λαβομέ- 
νους  άλλοτρίας  τραπέΖης;   Τσως  bi  με  κα\  ύποκνίσαι  βουλόμε- 
νοι  προσέθηκαν  τή  τρυφή.    78.  έχω  bk  καρτερεϊν  έμαυτόν  ένου- 
θέτουν  τή  προσοοκίφ  τής  αμοιβής  τήν   έπΙ   τή  δαπάνη  πάρα-  ιβ 
μυθούμενος  λύπην.  τής  θοίνης  oöv  λελυμένης  πολύς  ένεκείμην 
τφ  νέψ  καΐ  παρήνουν,  δσον  τάχος,  άγεΐραι  τήν  έκκλησίαν,  2ως 
ήμιν  ό  πόλεμος  έντετύπωται  τή  biavoicji.   αί  γάρ  άναβολα\  τάς 
χάριτας  έπ\  τό  ίλαττον  καταφέρουσιν  έλαττουσαι  τήν  μνήμην. 
79.  6  bi  θαττον  ή  βούλομαι  τόν    δήμον  έφη   (Τυνάγειν  έτέρφ  ao 
<ΛΤ6ύδων  προφάσει,  νυν  γάρ  τούτο  μανθάνω.  6  μέν  γάρ  δήμος 
'^Μ€ϊς  ήτε  συνειλεγμένοι,  6  bi  παρήει  προς  τό  βήμα  φυσών  καΐ 
τοΰ  πολέμου  βραχέα  μνησθείς,   ήπείγετο  γάρ  προς  τήν  κόρην, 
ίτησε  δωρεάν   τάμα  δαπανήσαι.   τοιαύτα  τής  άριστείας   άπέ- 
λοιυσα  του  παιδός.   οΰτω   καλόν  έβοσκον  έμαυτώ  γηροτρός>ον.  25 
^.  άλλα  μή  τοσούτον  έχε  προς  τόν  φύσαντα  φίλονείκως.  έστιν 
^ου  καΐ  νίκη  τώ  νικήσαντι  βλαβερόν,  ώ  μοι  εύδοκιμήσας  <καΙ> 
^λ€μίων  κρατήσας  κα\  πατρός  ηττηθείς  τό  δέον  είσηγουμένου. 
'όσον  ίτι  χρόνον  έγώ  τά  υπάρχοντα   κεκτήσομαι;   πρεσβύτης 
^Μί,  βραχύ  διέστηκε  γήρας  θανάτου  •   διόπερ  έζεπίτηδες  εύχό-  ao 
^βα  παΐδας,  δπως,  έπειδάν  ήμεΐς  οί  πρεσβύται  μηκέτι  χρημα- 

^  7  in  margine  superiore  folii  70ν  in  Μ  manne  recentior  scripsit: 
-  προηγοΟ  τών  έμών  πονημάτων  10  παρ'  έμο(]  έν  έμο(•  in  teztu, 
^|)€μοΙ  in  marg.  Μ  13  άλλοτρίας]  άλοτρίας  Μ  17  άγεΐραι]  έγεΐραι  Μ 
^  τή  διανοίςι]  τή  διανοία  e  τής  διανοίας  corr.  M^  18  αϊ  —  1.  19 
^μην  omissa  γάρ  particnla  landavit  Georgides  Ι.  1.  19  τό  om.  Μ 
^  ή]  ή  Μ  24  άριστβίας]  άριστίας  Μ  27  ώ]  ώ  Μ  27  <καΙ> 
^enii  28    καΐ  πατρός]  πατρός  δέ?  28  ήττηθ€ΐς]   ήττηθ€ΐς  Μ 

^  είσηγουμένου]  €ΐς|€ΐσηγουμίνου  Μ  29  κεκτήσομαι]  κτήσομαι  Μ 
^  διόπερ]  δι'  όπερ  Μ  30  εύχόμεθα]  χρώμεθα  in  textu,  in  margine 

^erbnm,  cnius  initium  cultello  bibliopegi  periit,  finis  est  τώμεθα  Μ 
Bl  ol]  ol  (in  fine  lineao  del.)  ol  Μ         31  πρεσβΟται]  πρεσβύται  Μ 


694 


Foeritar 


fbL  71'  τΙΣεσθαι  bia  τό  γήρας  otoi  τ€  ι1ιμ€ν,  ||  ύμας  νέοι  μ«{&»  miipK^ 
τήν  ούσίαν.  προς  τοΟτο  τοίνυν  6ρι&ντ€ς  ποΗΐκιποιοΟμβν  Tvqoio«^ 
βουλόμενοι  κληρονόμους  καταλιιτ€ΐν.  μή  καρτ€ροΟντ€ς  dvm  Jl0^ 
μάτ«υν  έκτος,  έπεΑή  tQ  Τ€λ€υτή  χωριΖόμεθα  Toutuw,  viasnJ^ 

5  μ€θά  πως  καΐ  μ€τά  θάνατον  τήν  άπόλουσιν  τοΐ<  &  ί|μΔν  ττ^^ 
φυκόσι  παράγοντες  τόν  κλήρον.  81.  μή  xoivuv  τούτου  σουιΟ^^ 
αποστερεί  πένητι  γάμψι  μή  ποτέ  &ά£ης  χρημάηυν  ΑνάΕιος 
τούτων  έκπίπτειν,  αλλά  οός  Απασιν  εβχεσθ»  τούς  ύεΐς 
τους  Ιοεΐν,  Μς  μοι  σεμνύνεσθαι  προς  τούς  τΔν  fflüuuv 

10  καΐ  λέγειν,  ύις  οίΛί  ποβήαας  6  παις  ήπείθησε  τφ  mnpf, 
γησον  τοις  συλλόγοις  περί  σοΟ  διηγήματα  καθα|Μ&ν  itfauφk^ 
καΐ  μή  τοις  υπέρ  ανδρείας  έπάΐνοις  άνομΙΕ^ς  Ακροτε(ος  biaPi^3- 
λήν.  82.  Ιός  τή  τεκούση  μεγαλαυχεΐν  προς  τάς'τών  dUiuLary 
μητέρας,  ή  που  στοχαΣομένη  λοιπόν  ημάς  έπανήκειν  τής  attcicMi 

15  θύρας  προκύπτει  τήν  ήμετέραν  ΑφίΕιν  άναμένουσο  κΑν  aMqwsf 
μου  πράΕαντός  τι  κατά  νοΟν,  προσδραμοΟσά  σε  περιπτύΕεταη  καΙ 
&μα  σοι  περιβάλλουσα  τάς  χείρας  εΙς  έμέ  βλέπουσα  λέΕεΓ  ταΟτ' 
σοι  τόν  παΐδα  ποιεΐν  όπεσχόμην*  ταΟτα  «επο(ηχει^ 
μή  το(νυν  ψευδή  τήν  όπόσχεσιν  τής  μητρός  Αποφή- 

90  ν  ης.  εόμενέστερον  ώς  εΙπέΐν  έκ  τής  εκκλησίας  σε  οβετοι  tf 
πατρί  πεπεισμένον  ήπερ  έκ  τής  μάχης  νενικηκότο*  iroXUc 
άπαριθμήσεταί  σοι  γυναίκας  ταύτης  έλάττους  τήν  θέαν  νϋς 
άνδράσιν  ήγαπημένας,  παλλάς  καταλέΕει  νικιίκτας  εύπρεπε{<^  φ 
πενομένην,   &ς  οί  γήμαντες  οό  κατά  νουν  συνοικοΟσιν,  διητή- 

25  σεται,  πάσας  εύπορούσας  οΙκίας  ανάλωσε  κάλλος  άνευ  προικός 

είσελθόν.    83.  σοΙ  μέν  ή  μήτηρ   τοιαΟτο,   τήν  πλουτοΟσαν  ii 

κόρην  τάχα  που  προς  σέ  λυπουμένην<ώς)έν  δευτέρψ  πεποιημένιρ 

fol.  71^  αυτήν  ||  τής  άπορούσης   τοιουτοις  παραμυθήσεται  λόγοις,  ύις 

νεότητι  μέν  έπΙ  τούτο  προήχθης,  ήδη  δέ  σοι  μεταμέλει  καΐ  τοις 

80  ΐχνεσιν  άκολουθ€ΐς  του  πατρός  πάντα  χρημάτων  δεύτερα  κρίνων. 
84.    Βούλομαι  τοίνυν  τόν  πλοΟτον,  δσον  όφελος  έση  τφ 


1  οΤο(  τε]  οΤοι  τέ  Μ 


1  ποιήσητε]  ποιήαεται  Μ         2  έοβΛ»' 

η  ^ 

4  επειδή]  έπεί  δέ  Μ         4  μηχανώμεθά 
6  τούτου   σαυτόν]  τούτους   ούτύν  Μ 
8  ύεΐς  in  υΐείς  corr.  Β1>  14  αύλείου 

16  προσδραμοΟσά  σε]  προσδραμοΟσα  ai  Μ         21  ήπερ 
22  ταύτης]  ταύτας  ο  ταΟτας  corr.  Μ*         23  εύπρενεί^ 


ποιοΟμεν]  παιδοπιοΟμεν  Μ 
πως]    μηχανώμεθα   πώς  Μ 
7  αποστερεί]  άποστίρη  Μ 
αύλίου  Μ 
ήπερ  Μ 


εύπρεπειαν  Μ       25  ανάλωσε]  άνάλλωσε  Μ       26  σοΙ]  ούΜ       27  που 
ποΟ  Μ        27  <ώς)  inserui       30  χρημάτων]  χρήματα  Μ 


Zwei  neue  Reden  des  Chorioius»  535 

Ψ,  bia  βραχέων  σοι  beiiaq  καταλΟσαι  τόν  λόγον.  ούτος,  ώ 
αϊ,  κοινός  απάντων  έστ\  τροφεύς,  ούτος[,  ώ  παϊ,]  πόλεων  οΐ- 
ιστής  δμα  και  φύλαζ,  καινάς  μέν  οημιουργών,  έπανορθών  bl 
επονηκυίας.  ?ως  κέκτησαι  πλουτον,  κέκτησαι  φίλους,  συγγε- 
€ΐς,  έπαινέτας'  &ν  bk  άναλώσας  λάθης,  συνανάλωσας  δπαντα.  β 
ό  bk  μέγιστον,  αρετή  γάρ  τοις  μέν  εύποροΟσιν  &ν  άπή,  παρ- 
ϊϊναι  οοκεΐ,  τοις  bi  πενομ^νοις  και  παρούσα  λανθάνει.  85.  όρ^ς 
^ατανεύοντα  τοις  λεγομένοις  τόν  δήμον  ποίει  τοίνυν  παλινψ- 
>ίαν  τοις  χρήμασι  και  λΟσον  έπαίνψ  δικαίψ  τόν  φθάσαντα 
Μόγον  κα\  Μκασον  έκατέρφ  παρθένψ  μή  προς  ήδονήν,  άλλα  ίο 
ϊρός  ώφέλειαν  άγων  τήν  ψήφον. 

Breslau.  Κ.  Foerster. 

1  καταλΟσαι]  καταλύσαι  Μ  2  έστΙ]  έστι  Μ  2  [ώ  παΐ]  delen 
•  iroXcuiv]  πολεμίων  Μ  4  ^ως  —  1. 5  απάντα  laudavit  Macarius  1. 1.  =s 
^ite.  fr.Eb'  4  συγγενείς]  συγγενής  Macar.  cod.  Marc.  5  δέ]  δ*  Macar. 
»  συνανάλωσας]  συνανάλωσαι  Μ  6  αρετή  —  1.  7  λανθάνει  omisea 

ΤΑρ  particula  laudaverunt  Georgidee  et  Macarius  1.  1.  ss  Boise,    fr.  ξε' 
^  εύποροΟσιν]  πλουτοΟσιν  Georg.  7  πενομένοις]   πενομένης  Georg, 

cod.  Marc.        9  λΟσον]  λύσον  Μ 


526  KnAack 


Harpalyke. 


Ueber  die  thrakisohe  Heroine  Harpalyke  hat  zuletzt  0.  CiU' 
eins  in  Röschere  mythologischem  Lexioon  I  Sp.  1835—1841  g^' 
handelt,  die  Zeugnisse  mit  gewohnter  Gründlichkeit  zusammen- 
gestellt und  besprochen.  Sehr  richtig  bemerkt  er,  daee  die 
virgilische  Camilla  nichts  als  eine  römische  Copie  der  Harpalyke 
ist;  es  wird  also  erlaubt  sein,  die  tiberlieferten  Züge  ane  dee 
Leben  der  Camilla  zur  Rekonstruktion  der  Harpalykesage  in  ^^' 
wenden,  wodurch  sich  eine  erfreuliche  Bestätigung  der  von  Cm• 
sius  gewonnenen  Resultate  ergibt. 

Die  Jugendgeschichte  Camillas  erfahren  wir  aus  dem  Mnnde 
ihrer  Beschützerin  Artemis  bei  Virgil  Aen.  XI  539 — 583: 

pulsiis  ob  inmdiam  regno  viresque  superhas 
640  Priverno  antiqua  Metabus  cum  excedet^et  urhe^ 

infantem  fugiens  media  inter  proelia  belli 

sustulit  exilio  comitem  matrisque  vocavit 

nmnine  Casmillae^  mutata  partCf  Camillam. 

ipse  sinu  prae  sc  portans  iuga  longa  peiebat 
645  solorum  nemorum ;  tela  undique  saeva  premebant 

et  circumftiso  volitäbant  milite   Volsci, 

ecce  fugae  medio  summis  Amasenus  äbundans 

spumabat  ripis,  tantus  sc  nubibus  imbcr 

ruperat.     ille  innare  parans  infantis  amore 
660  tardatur  caroque  oneri  timet.     omnia  secum 

versanfi  subito  vix  haec  sententia  sedit: 

telum  immane  manu  valida  quod  forte  gerebat 

bellator,  sölidum  nodis  et  robore  cocto, 

huic  natam  libro  et  silvestri  subere  clausam 
κδ  implicat  atque  habilem  mediae  circunUigat  hastae ; 


Harpalyke.  527 

uam  dextra  ingenii  librans  Ha  ad  aethera  fatur: 
%lma,  tibi  hanc,  nemorum  cültriXj  Laionia  virgOj 
9se  paier  famulam  voveOj  tua  prima  per  auras 
*la  tenens  supplex  hosiem  fugit;  accipe,  tesior, 
xva  iuamj  quae  nunc  dtänis  committitur  auris  . 
licU  et  adducto  contortum  hastile  lacerto 
nmUtit:  sonuere  ηηάαβ^  rapidutn  super  amnem 
nfelix  fugit  in  iaculo  stridente  Camüla. 
ü  Metabus  magna  prapitis  iam  urgente  caterva 
lat  sese  fluvio  atque  hastam  cum  virgine  Victor 
}r(xmineo  donum  Triviae  de  caespite  veUit. 
ton  ülum  iectis  ullae,  non  moenibus  urbis 
iccepere  neque  ipse  manus  feritate  dedisset: 
oastorum  et  solis  exegit  montibus  aevum. 
iic  natam  in  dumis  interque  horrentia  lustra 
imnentalis  equae  mammis  et  lacte  ferino 
nutribat  ieneris  inmulgens  ubera  labris. 

Ad  dieser  Stelle  setzen  die  beiden  aus  gemeinsamer  Quelle 
isius  Sp.  1836)  stammenden  Parallelberiobte  ein: 
)1.  b.  Serv.  Virg.  Aen.  I  317:  Hyg.  fab.  193: 

larpalgce]    quidam  α   patre        Harpalycus  rex  Amymnaeorwm 
palycOj    qui  rex  Amymno-     (^Amymneorum  Frising.^   Thrax 

(^Amymoniorum  die  Heber-     cum  haberet  filiam  Harpalycen, 
»rang)  Thraciae  gentis  fuit,     amissa  matreeius  vaccarumequa- 
^utritam  dicunt,  ut  ipse  Ca-     rumqiie  eam  liberSnis  nutrivU  et 
Iam  α  Metabo  facit.  htiec     crescentem  armis  exereuiiy  habi- 
e  propter  ferociam  α  civibus     tttrus  successorem  regni  sui, 
0  ac  postea  occiso  fugit  in 
19  et  venatibus  latrociniisque 
ndo  ita  e/ferata  est  et  huius 
^Uatis  et  exercUii  facta  estj 
ubito  ad  vicina  stabula  coacta 
na  decurreret  et  rapto  peco- 

fetu  insequentes  etiam  equi- 

in  celeritate  vitaret.  sed 
iam  tempore  positis  ad  insi- 
)  cervarum  plagis  capta  et 
sa  est,  cuius  mortem  nobüi' 
t  eorum  exitus^  qui  eam  occi- 
int;  statim  enim  in  vicinia 
!  contentio  est,  cuius  fuisset 


528 


Rnaack 


haedttSj  quem  Uarpalyce  raptie- 
ratj  ita  ut  grai^i  cerfamine  non 
sifie  plurihus  morttbus  dimicare' 
tur.  posiea  consuetudo  servafa 
estj  \U  ad  fumtdum  virginis  po- 
püli  convenirent  et  propier  ex- 
piationem  per  imaginem  pugnae 
concurrerent,  quid  am  hanc  pa- 
tremaGetis^  utalii  voluni,  α 
Myrmidonibus  captum  colleda 
multitudine  adservnt  liberaoisse 
celeriuSj  quam  de  femina  credi 
poiesf. 


posfmodum  nee  spes  paiemas 
puella   decepU;    ncm  in  iaäve» 
beüafrix  evcmt,  ut  äiam  sMi 
fuerit  parenii.    nam  revertm  β 
Troia   Neoptolemus  cum  ατρκ' 
gnaret  Harpalycumgravigue  enM 
vulnere  affecissefy  üla  perüMrm 
patrem  impetu  facto  consertiaffii 
fugavifque   hostem.     sed  pos/^ 
Harpalycus  per  seditionem  civim^ 
interfecfus  est.    Harpalyce  grcr 
viter  tum  ferens  patris  marte» 
contulit   se   in  süvas  ibique  «β* 
Stande  iumentorum  stahtda  iafH' 
dem  pastorum  concursu  interüt' 
In  der  Benrtheilung  des  hyginischen  Berichtes    stimme  ich 
mit  CrusiuB  überein  (nur  durfte  er  nicht  an  einen  älteren  Virgil' 
kommentar  als  gemeinsame  Quelle  denken),    der   mir  hoffentlicli 
zugeben  wird,  dass  die  wenig  zusammenhängende  Erzählung  de^ 
von  ihm  verhörten  Zeugen  erst  durch  Virgil    zu    einer    höhere**^ 
Einheit  abgerundet  wird.     Die  Lebensrettung    des  Vaters    dur&^* 
die  Tochter    als  Zoll  der  Dankbarkeit  für  die  Lebensrettung  de*" 
Tochter  durch  den  Vater  —  das  fügt    sich  von  selbst   zu  ung"«- 
zwungen  zusammen,    als  dass  man  nicht  die  Hand  eines  hellei»^' 
stischen  Erzählers   (Crusius  Sp.   1837)    verspüren    möchte.    D^^ 
Namen  des  thrakischen  Volkes  habe  ich  (gegen  Crusius)  bei  Hyg"** 
und  dem  Virgilscholiasten  (hier  mit  Thilo)  geändert  nach  Steph.By^• 
*ΆμυμνοΓ  ίθνος  Ήπειριυτικόν  Ριανός  ...  λέγεται  καΓΑμυΜ' 
ναϊος  και  Άμυμναία.  Ein  ethnologisch  wichtiges  Zeugniss,  wiisei^ 
man  nur,  in  welchem  Theile  von  Epeiros  dieser  Volksstamm  zu  suchen 
ist.    So  muss  die  Conjectur  weiter  helfen.   Proxenos  (FHG.II  46^' 
bei  Steph.  Byz.  s.  Χαονία  zählt  verschiedene  epeirotische  Stamifle 
auf:    Χάονες    Θεσπρωτοί  Τυμφαϊοι  ΤΤαραυαϊοι    Άμυμ<ν)ον£ζ 
Άβαντες  Κασσιυττοί.     Mit  dem  Einschub  eines  ν  ist  ein  Na»• 


Harpalyke.  529 

l^tellt,  der  von  den  sicher  bezeugten  'Άμυμνοί   niolit  leicht 
rennt  werden  wird  \ 

Die  mit  den  Άμύμνονβς  erwähnten  Abanten  eröffnen  eine 
tere  Perspektive.  Abanten  wohnten  nach  Aristoteles  (Frg. 
LR.)  auch  in  Phokis'.  Dort  im  Lande  der  ' daulischen  Thra- 
r'  lag  die  Stadt  Phanoteus,  die  Heimath  des  Fechtmeisters  des 
raklesy  Harpalykos  (Theokr.  XXIV  114),  den  man  ungern  von 
n  Vater  der  Harpalyke  scheiden  möchte  (Crusius  Sp.  1841), 
unal  dieser  von  der  Sage  vor  allem  als  Reit-  und  Fechtlehrer 
ner  Tochter  geschildert  wird\  Ist  es  nun  nicht  auffallend, 
iB  ein  Ort  Φανοτ€Ϊς  auch  in  Epeiros  genannt  wird  (Polyb. 
[ΥΠ  16,  4,  wo  alle  anderen  Erklärungen  abzuweisen  sind), 
r  auf  der  Kiepertschen  Karte  hart  an  der  grossen  Strasse,  die 
Q  Orikon  über  Amantia  nach  Buthroton  führt,  im  Chaonerlande 
erdings  mit  einem  Fragezeichen  eingetragen  ist?  Wie  dem 
ih  sei,  die  Nachbarschaft  der  Amymnoner  und  Abanten  erlaubt 
e  mit  zu  der  epeirotischen  Urbevölkerung  zu  rechnen,  die  mit 
1  späteren  hellenischen  Einwanderern  naturgemäss  in  Conflict 
Lommen  ist  Ein  mythischer  Reflex  dieser  feindlichen  Beruh- 
ig ist  der  Kampf  Harpalykes  mit  Neoptolemos,  dessen  Haus 
ter  göttliche  Verehrung  bei  den  Epeiroten  genoss  (Aristot. 
f.  563  R.  Flut.  Pyrrh.  1). 

^  Was  die  Deutung  der  Sage  und  des  Namens  Harpalyke  betrifft, 
hat  Crusius  mit  Recht  in  ihr  einen  Vegetationsdämon  erkannt, 
'  am  meisten  die  Züge  des  von  Mannhardt  erschlossenen  *  Korn- 
Ifes '  (M yth.  Forsch.  262  ff.)  aufweist.  Durch  die  virgilische 
nilla  wird  diese  Auffassung  in  überraschender  Weise  bestätigt 
)  alten  Virgilerklärer  haben  sich  darüber  aufgehalten,  dass  der 
ter  seine  Tochter  in  Baumrinde  gehüllt  an  seinen  Speer 
estigt^  —  das  ist  eine  bereits  in  der  Vorlage  des  Dichters 
ht  mehr  verstandene  volksthümliche  Vorstellung  aus  dem  Kreise 
*  'Wilden  Leute \     So  tragen  die  Tiroler  'Fanggen*  Joppen 


^  Mit  Unrecht  wollte  Saumaise  bei  Rhianos  (im  vierten  Buche 
' 'Theesalica':  Meineke  Anal.  Alex.  187  aus  Steph.  Byz.  ΤΤαραυαΐοι) 
'  δέ  ΤΤαραυα{ους  καΐ  άμύμονας  *Ομφαλιήας  eben  diese  Form 
'Stellen. 

«  Vgl.  den  Artikel  'Abanten*  von  Toepffer  (Pauly-Wissowa  Real- 
ßycl.  8p.  14). 

*  Schol.  z.  &54:  Proibua  de  hoc  loco:  άπίθανον  πλάσμα,  ähnlich 
563:  mira  effingit, 

aneln.  Μ lu.  r.  Phllol.  N.  F.  XLIX.  34 


5aO  Kn^ftok 

von  Baamrinden  vnd  Bohttnen  γύη  VUdkitawpdiMi 

hardt,  Wald-  u.  Feldkalte  I  89»  vgl.  Π  148).    Oka  dae  Ihilirt  mä} 

Bekleidung  der  Camilla  gegeben  wird  (Taig•  Aen.  XI  678: 

Umgae  tegmine  paUae  Ugridia  exwriaeperdorgitma 

80  dürfte  anok  dies  ein  nnyeretandener  Beet  der  thorbmotphea  Ni 

der  Harpalyke  eein,    die  ja  bereite   der  Name  apredhead 

yerräth.     Ihre  fiieeenetXrke,   ihr  Laofba  ftber  die  Ai 

(Aen.  YU  808ff.  ygL  XI  718fiP.)^  findet  die  anfiallendite  Ueb»^ 

einatimmnng   mit  anderen  nordeoropSieehen  Wald-  «ad  FelMg 

monen  (Hannhardt  a.  a.  0.  I  90.  119.  II  818  £,   MyfL  geneh 

2β2£Γ.)|  βο  dasa  wir  über  die  Dentnng  nieht  Torlegen  Min  dtifie• 

Zugleich  ergeben  die  an•  Virgil  neugewonnenen  Zflge  den  Bevate 

dafür,  das•  die  Epiaode  über  Camilla  in  die  Harpaljkeeage  zkkUg 

eingereiht  worden  ist. 

Die  erhaltenen  Zeugniaae  führen  ηηβ|  wie  G^naiu  8p.l8V 
richtig  bemerkt»  bis  in  die  Helleniatenieit  lurttok;  ebenao  aei  ii* 
Befreiung  de•  Vatera  durch   aeine  Tochter,   aohwerlioh  waBuig$ 
ein  treuea  Spiegelbild  von  Heldenthaten  königlicher  Finaea  a00 
der  Helleniatenseit,  inabeaondere  der  BerenikOi  welche  ihm 
bedrängten  Vater  gana   ihnlich   gerettet  haben  aolL    Stakt 
dieae  Fragen  einzugehen,  will  ich  —  mit  allem  Vorbdieli  — 
eine  merkwürdige  Parallele  aua  der  Jugendgeaohiehte  doa 
PyrrhoB  hinweisen,  die  Plutaroh  im  zweiten  Kapitel  der  BiogiapUi 
erzählt    Nach  der  Yertreibung  seines  Vaters  Aiakidea  wird  dtf 
(zweijährige:  Justin•  XVII  8)  Pyrrhos  von  einigen  Getreuen  te 
Wuth  der  Feinde  entzogen   und   nach    der  makedoniaohen  Stet 
If egara  geflüchtet.    Einige  wehren  den  nachsetzenden  Verfölgeni 
während  andere  das  Kind  in  Sicherheit  zu  bringen  anchten.  b 
dunkelt  bereits,    und    sie  verlieren    die  Hoflfiiung   £ντυχόντ€( 
τψ  παρά  τήν  πόλιν  τταραρρέοντι  ποταμφ,  χαλεπφμ^ 
όφθήναι  καΐ  άγρίψ,  πβιρωμένοις  bk  biaßaiveiv  παντέ* 
πασιν  άπορωτάτψ.  πολύ  τ€   γάρ  έεέπιπτ€  ^€θμα  κΑ 
θολερόν  δμβρων  επιγενομένων  ...  καθ'  αότούς  μέν  ο3ν 
άπέγνιυσαν   έπιχειρεϊν   παΛίον  φερόμενοι  καΐ  γύναια  τά  τρί- 
φόντα  τό  παώίον,    αίσθόμενοι  bk  tu)v  έπιχωρίιυν  τινάς  έν  τφ 
πέραν  έστώτας  έοέοντο  συλλαβέσθαι  προς  τήν  οιάβασιν,  tA 
τόν  ΤΤύρρον   άπεδείκνυσαν  βοώντες  καΐ  Ικετεύοντες.   οΐ  bi  ο6 
κατήκουον  bio  τραχύτητα  καΐ  πάταγον  τοΟ  βεύματος,  άλλ'  ίν 


^       1  Dies  theilt  sie   mit  den  Rossen  des  Erichthooios  (Y  236)  nad 
dem  Aioliden  Iphiklos  (Hesiod.  fr.  143  Rz.)• 


Harpdyke.  681 

^ΟΕΊτριβή  τών  μίν  βοώντων,  τών  bk  μή  auviivruiv,  δχρι  τις  έννοή- 
α»^  καΐ  περιελών  δρυός  φλοιόν  ενέγραψε  πόρπη  γράμματα 
ΦράΖοντα  τήν  τε  χρείαν  καΐ  τήν  τύχη  ν  του  παιοός,  εΤτο  λίθψ  τόν 
φλοιόν  περιελ(£ας   καΐ   χρησάμενος   οίον    ίρματι  τής   βολής 
άιρήκεν  εΙς  τό  πέραν  ίνιοι  bi  φϋοι  σαυνίψ  περιπήζαν- 
τας  άκοντίσαι  τόν  φλοιόν.    Die  Leate  auf  dem  andern  Ufer 
lesen  das  Geeebriebene,    setzen  auf  schnell  gezimmerten  Flössen 
Imüber  und  retten  das  Kind  mit  den  Begleitern.     Plntarchs  Be- 
lioht  ist  ganz  singnlär;  Justin  hat  hier  stark  gekürzt,  da  er  aber 
im  Folgenden  wieder  mit  Plutarch  (C.  3)  zusammengeht,  so  hat 
msn  wohl  mit  Beoht  eine    gemeinsame  Quelle   für   beide   ange- 
nommen.    Verschiedene  Erwägungen    führen    auf  Phylarch,    der 
jft  solche  Bührscenen  mit  breitem  Pinsel  auszumalen  liebte.   Wich- 
tiger als  die  Frage  nach  dem  Gewährsmann  scheint  mir  die  Frage, 
■tob  welchen  Ifotiven  er  gearbeitet  hat.     Die  Flucht  des  Kindes 
▼or  den  Verfolgern,    die    nachdrängenden  Verfolger,    der  durch 
Regengüsse   angeschwellte  Fluss   —    alles    sind  Züge,    die   uns 
Weits  in  der  Camilla-Harpalykesage  begegnet  sind^;  ist  es  nun 
vadenkbar,    dass   das  όπίθανον    πλά(Τμα    (mit  Probus  zu  reden) 
ntionalistisch    umgewandelt   wurde?      Mich    dünkt,    das   Stück 
Btsmbast,   welches    an    der  Lanze  befestigt  über  den  Fluss  ge- 
leUeadert  wird,   verräth  noch  seinen  sagenhaften  Ursprung.     So 
KUt  vielleicht  aus   der   romanhaft   ausgeschmückten  Jugendge- 
iddchte    des   grössten    epeirotischen  Königs    noch  ein  schwacher 
Stnhl  auf  die  uralte  Sage  von  der  *thrakischen*  Baub Wölfin. 

Stettin•  Georg  Knaack• 


^  Wie  ich  nachträglich  sehe,  ist  die  Aehnlichkeit  bereite  von  den 
älteren  Erklärern  Virgils  bemerkt  worden,  die  Heyne  im  2.  Ezcurs  zum 
XL  Buche  kurz  abfertigt:   g[Uod  de  Pyrrho  I^ri  rege  puero  narratum 

simUe,  pkme  ditiereum  est,  st  Pluiarchum  inspicias. 


632  Fach• 


Der   ood.   Paris,    supplem.    Graec.  636. 

Anecdota  medica  Oraeea. 


I.     iDhaltsangabe. 

In  der  Reyne  des  ^tndes  grecqaes,  vol.  III  (1890)  p.  1 
macht  der  um  die  Erforschung  der  altmedicinisohen  Sohitze  d  ^ 
Pariser  Nationalbibliothek  und  um  die  Medioin  der  Alten  üb^^ 
haupt  hochverdiente  Dr.  G.-A.  Costomiris  über  den  cod.  Pi^ 
suppl.  Graec.  636  folgende  Angabe: 

'Suppl.  grec  636    fol.  21  ä  82   suit   le   trai 

^  anonyme  de  medecine,  eh.  13  ä  59  inclusivement.  Π  e 
*intitul6:  Διάγνωσις  περιτών  iEeujvCsic)  και  χρι 
*ν{ιυν  νοσημάτων.  Inc.  ΦρενΙτΛος  αΙτία.  Κεφ.  ι 
* 'Ερασίστρατος  μέν  έΗακολούθιυν  των  έαυτου  οογμάτυ — 
'  φησι  γίνεσθαι  τήν  φρενϊτιν  κατά  τι  πάθος  ταιν  κατά  τ^ 
'  μήνιγκα  ενεργειών'. 

Diese  Angabe,  welche  den  Leser  zu  dem  zuversichtlich^^ 
Glauben  bringen  konnte,  dass  in  der  genannten  Handschrift  m»r  — 
ches  bisher  Unedirte  zu  finden  sein  möchte,  veranlasste  mic — = 
die  Uebersendung  dieses  codex  zum  Zweck  eingehenderer  Studio* 
zu  erbitten.  Nach  Beseitigung  einiger  Schwierigkeiten,  die  ^e 
schildern  hier  nicht  der  Ort  ist,  gelang  es  mir  Dank  der  ause^J 
ordentlichen  Liebenswürdigkeit  des  Herrn  Delisle,  in  einer  durc?^ 
jene  missgünstigen  Umstände  leider  erheblich  verkürzten  fn^^ 
einen  Einblick  in  den  Inhalt  des  codex  zu  thun.  Dabei  zeigte  eirh 
denn,  dass  die  von  Henri  Omont  in  seinem  Inventaire  sommaire 
des  manuscrits  du  suppl6ment  grec*,  Paris  MDCCCLXXXIII  pag.T^ 
mitgetheilte  Inhaltsangabe,  die  für  bibliothekarische  Zwecke  allen- 


Anecdota  medica  Graeca.  iSS 

gen  dürfte,  für  den  Gelehrten  absolut  nnzureichend  ist. 
rwähnte  Handschrift  ist  nämlich  nicht  ein  corpus  dreier 
indlungen  (Galeni  de  paratu  facilibns  medicamentiB 
Ixcerpta  medica  (119);  —  Esdrae  prophetae  de  diebus 
34)),  sondern  ein  Sammelband  medicinisoher,  natur- 
iftlicher  und  theologischer  Stücke,  deren  von  einander 
ge  Quellen  festzustellen,  wenn  andere  das  bei  unserer 
menen  Eenntniss  der  sonstigen  gleichartigen  Pariser 
ätze  überhaupt  jetzt  möglich  ist,  Aufgabe  des  Elinzel- 
sein  muss.  Je  mehr  von  diesen  collectanea  medica 
svird  —  ich  habe  dabei  besonders  Herrn  Dr.  Costo- 
den  durch  seine  Bibliothekskenntnisse  am  meisten  dazu 
Herrn  Ch.-Emile  Ruelle  im  Auge  —  desto  klarer  wird  * 
menhang  dem  sich  hiermit  Beschäftigenden  werden.  Für 
^e  es  zu  wissen,  dass  der  Par.  suppl.  Graec.  636  von  einem 
sehen,  des  Inhalts  unkundigen  Schreiber  des  17.  Jahr- 
aus einem  ähnlichen  Sammelbande  theils  ausgeschrieben, 
noues  Material,  insbesondere  mittelalterliche  Gelehr- 
^ermehrt  und  später  durch  verschiedene  berufene  und 
s  Hände  bereichert  oder  verunziert  worden  ist.  Der  In- 
>lgender : 

il:  Ιατρικά  εύπόριστα  γαληνού  mit  Prolog. 

82:  Διάγνωσις  π€ρ\  τών  Keuiv  κοί  χρονίων  νοση- 

μάτων. 

-83:  üeber  verschiedene  Krankheiten,    aber   ohne 

die  vorher  angewandte  Dreitheilung  in  α1τ(α, 
σημεία  und  θεραπεία. 

84 ν:         Verschiedene  Recepte. 

— 86  V :       Krankheitsbeschreibungon. 

— 87:         Verschiedene  Recepte. 

-88  V :         Erankheitsbeschreibungen. 

περί  κεραυνών.  ^ 

— 89  :  Verschiedene  Recepte. 

■91  v:         περί  θηριακής  και  λοιπών  δλλων. 

—  92:         άρτίσκος  θηριακος  καΐ  σκιλλητικός. 

-94  ν :  Verschiedene  Recepte. 

Krankheitsbeschreibungen  Κ 

-95  ν:         Verschiedene  Recepte. 

gl.  hierzu  Rev.  d.  6t.  grecq.  vol.  III  (1890)  p.  147. 


684  Fuchs 

pag.  95 ν:  π€ρΙ  τών  φίκΠκών  ουνάμβων. 

pag.  96 — 97:  Vereobiedene  Reoepte. 

pag.  97— 97 ν:         περί  κλυστήρος. 

pag.  97 ν:  τα  λεπτύνοντο  τάς  τροφάς. 

pag.  98 — 99 ν:         TTeber  Mineralien  (πβρί  χαλκάνθου,    χ( 

οος,  βώλου,  ασφάλτου,  γύψου). 

pag.  99υ— Ί02ν:    Vereohiedene  Reoepte. 

pag.  102 ν— 105 υ:  Maximne  Planudes^  (Κανών  μαχίμου  τοί 

voub  πβρι  bιαγvώσ€ως  ούρου  του  dpi 

καΐ  παντός  νοσήματος'    καΐ   πρώτο) 

ος 
προσόμοια*  ήχ    δ*  τών  ουρανίων). 

pag.  105 ν:  £ίη   titelloses    £xoerpt,    handelnd    π€| 

μάτων. 
pag•  106:  Vereohiedene  Reoepte. 

pag.  106y— 116:     Yerscbiedene  nengriechieobe  Reoepte. 
pag.  116ν — 117y:  Anatomieobe  Tafeln    des  Mensoben   mil 

obischer  Bezeiobnnng  der  Glieder. 
foL  118:  leer. 

pag•  119 — 124y:     Neugrieobieobe  Erankbeitebeeobreibnngt 
pag.  125 — 126:       Tbeologieohe  Traotate. 
pag.  126  y — 127  y:  Neugrieobieobe  medicinisobe  Bemerkung 

denen  Hippokrates  erwähnt  wird), 
pag.  127  V— 128  y:  leer, 
pag.  129 — 132:        Verschiedene  Reoepte. 
pag.  132  y:  fragmentum  saorum. 

pag.  133:  Vereohiedene  Reoepte. 

pag.  I33v:  leer, 

pag.  134:  περί  του  πότε  bla^  φλεβοτομεϊν  εις  τα 

ρας  τής  σελήνης, 
pag.  134— 134y:     οιίγνιυσις  περί  άρώστιυν  Ις  ταΐς  ήμε'ρα 

μηνός:  — 
pag.  135* — 140:      eaora,    worunter  Esdrae  prophetae  opu6 

de  diebuB  oriticiB. 
pag.  140  y — 141:     Medioinisobes. 


^  Dieser  eigenthümliche  Bestandtheil  des  codex  ist  von  de 
fasser  des  Bibliothekkatalogs  merkwürdiger  Weise  g^nz  ub< 
worden. 

8  D.  i.  δ€ϊ. 

^  Nicht  134,  wie  im  index  des  Par.  zu  Anfang  angegeben 


Aoeodota  medioa  Oraeoa.  &85 

W-    141  v:  leer. 

m^   142—143:        Krikelkrakel  (BuchetabeD,  Schnörkel,  Arabes- 
ken usw.). 


^    Collation  von  fol.  102v — 105v  zu  dem  Kanon  des 

Haximus  Planudes. 

(Physici  et  medici  Graeoi  minores,  ed.  Inline  Lndovicns  I de  1er, 

BeroL  1842,  vol.  II,  pag.  318—322.) 

Was  ohne  Weiteres  anzunehmen  ist,  nämlich  dass  die  im 
J&hre  1842  erschienene  Edition  des  Kanons  des  Maximns  Planu- 
des für  heutige  Ansprüche  nicht  mehr  ausreicht,  das  bestätigt 
eich  durch  Yergleichung  der  hierauf  bezüglichen  Seiten  unseres 
codex.  Deshalb  wird  es  sich  lohnen,  bei  dieser  Gelegenheit  die 
Abweichungen  des  einzigen  Supplementcodex  der  Pariser  National- 
hibliothek,  welcher  nach  Ausweis  des  Omontschen  Katalogs  die 
Schrift  *de  urinis'  enthält  S  dem  gedruckten  Texte  gegenüberzu- 
^Uen.     titulus  in  Par.  exstat  hie: 

Ρζ'  Κανών  μαείμου  του  πλανούο  π€ρι  οιαγνώσεως  οδρου  τοΟ 

άρώστου 

ος 
κο\  παντός  νοσήματος•  καΐ  πρώτον  f χει  προσόμοια •  ήχ  α* 

τύαν  ουρανίων: 
^•    όσθενέιυν]  ασθενών  Ρ  fol.  102  ν  ||  τρ\ς  καΐ  5ίκα]  τρισκαΐ- 
δεκα  II  τούτο]  τούτω  ||  β'  om.  Ρ  ||  πυρώδες]  πυρόνδε  ||  έκ- 
τον corr.  ίκτον. 
^•     τούτον]   τούτο  ||  τό  δέ]   καΐ  τό  ||  τεθολουμένον]  τεθολω- 

μένον  Ρ  fol.  103  ||  έστι]  ϊστιν  ||  γάρ]  γάρος. 
^•     πέφυκε]   πέφυκεν  ||  bi  έστι]  γάρ  ήν  ||  τρΙς  καΐ   δέκατον] 
τρισκαιοέκατον  ||  πονήσας]  ποιήσας  ||  τουτων\]   τούτων 

ος     b    ^ 
οδν  II  post  διάγνωσιν  addita   sunt   in  Par.  ήχ  β''  ω'  α*  έν 

ε 
βυθφ  κατέστρωσ. 

^•    Ιατρεβέσθω]  Ιατρευίσθω  ||  bt]   b'    6  ||  κλυστήρια    inter   et 

οραστικά    quae    poeita    est  virgula  deleatur  ||  θρυμβόΗυλα] 

θρυμπόΗυλα  ||  τούτων]  τούτον  ||  χαμεμηλέλαιον  leg.  χαμαι- 

μηλέλαιον. 

ip.  123Β. 


888  Fuoht 

5.  τοΟτο]  δ  II  σύνηυμον]  σΰντομον. 

6.  Σουλόιηον]  Ζουλάιηον  ||  κ€κτημ^νον  leg.  κβκλημένον  ||  ύ 
boXov]  aavboXa  ||  bk]  τ€  ||  καλόν]  βαλύιν. 

7.  Μ€τά  ταΟτο  b*J  Mct^  αότά  bk  \\  πάτον]  πάτον  τό  ο8ρο 
φ(λτατ€,   ύ€λ(ου  κ€(μ€νον  om.  Ρ  ||  ταχύτατη]   τοχυτηι 

€ 

poet  έιηλάμιμασαν  Ρ  add.:  ώδή*  τ'*  £ν  πέτραμ  τήςπίσπ 
στ€ρ€ΐΟσας. 

8.  εανθής]  ΕανθΑν  ||  ιΐΑή  neqne  ad  π{στ€ΐυς  onu  Ρ  ||  icarcC 
μάνθη]  κατ€θ€ρμάνθη  ||  bk]  bi  τοΟτο  ||  Αλήθειφ]  άληθεί 

9.  ύ€λ(ου]  ύ€λ(ου  καΐ. 

10.  κρατηθήσεις]  κρατηθείσης  Ρ  fol.  103  τ. 

11.  δσηρον]  δσπρου  ||  τφ  ΰπαρ  λειώσας,]  τό  ί|πορ*  Xeuüac 
dTKOupiuiv]  άγγουρ^υν  ||  τοΟτον]  toCto. 

12.  ευμήλων]   μ€τ'  όΕυμήλιχιν  ||  ψαχρ^Ι]  Μΐυχρά  ||  κλυστήρι 

κλυστήρια  II  καΐ]  τ€  καΙ   ||  Ιψόσατον]  οροσάτον  ||  τοΟτ 

b 
τοΟτο  II  poat  κάλλιον  Ρ.  add.  w''  5'  έλήλυθας  έκ  παρθέν 

13.  €ΐ]  τό  II  ένέσχησκεν]  el  ίσχηκεν  ||  ήσθένιισεν]  ήσθένησ< 

14.  γλυκύτερος]  γλυκύτερα  ||  μή  δλως]  μη  Μλως  ||  £χοι 
έχοντα. 

Ιδ.  έντεΟθεν]  ένταΟθα  6  πάσχων  ||  χρη<ΓΓ6τητος]  χρη(ΓΓΟι 
οδτος]  δλος  fort,  δλως  ||  έντεΟθεν]  εκείθεν. 

16.  Κατάπειρον]  Κατάπυρον  leg.  Κατάιτυ^ι^ον  ||  όναμιχθέντ 
άναμιχθέντων  ||  bk]  τε. 

17.  Σκοτΰ^ουσιν]  Σκοτί2Ιουσι  Ρ  fol.  104  ||  παράφορα]  πα 
φρενα  leg.  παράφρονα  ||  άγρίως]  δγριον  ||  ^ΐνας]  φρέ\ 

18.  παρεφθαρμένον]  παρεφθαρμένος  ||  τελέων]  τέλεον  ||  βλ( 

(Τυρούς]  βλοσυράς  leg.  aut  βλοσυρούς  aut  βλοσυρός  ne 

enim  atmm  rectius  sit  hoc  loco  diiudicari  potest  ||  poet  1 

b 
κνυσιν  Ρ  add.  u)'  ε*  Ό  φωτισμός  τ«υν  έν  σκότει. 

19.  ποτήριον]  ποτηρΙου  ||  τόν  τετραγκουρόΣωμον]  των  τετρ 
γούρων  Σωμόν  ||  Σωμώ]  Σωμό  ν  ||  κολοκύντης]  κολοκύνθη 
[^οδοστάμασιν]  [^οοοστάμματος  leg.  [^οοοστάγματος. 

20.  μαντήλια]  μανουλια  ||  ταΟτα  άλασσον  καΐ  συΟφίγκων  i 
γον]  καΐ  συσφίγγω  ν  ολίγον  ταύτα  άλλασσε  ||  οδτω]  κα 

21.  έκάστην  ήμέραν]  έκαστης  ημέρας  ||  όζυφοινίκων]  όΕυφοί 
κον  II  πόσιν]  πόσει  ||  κνίκον]  κνήκον  i.  β.  κνήκον. 

22.  βοδόσταγμαν]  [^οδοστάματι  leg.  ^οδοστάγματι  ||  Ιντίβκ 

b 
ήντίβια  II  poBt  Ιαθήσεται  Ρ  add.  ω'*  ς*  έν  αβύσσψ  πτα 

μάτων: 


Anecdota  medioa  Graecs.  537 

23•    προγέγιυνβν]  προγίγονβν. 

24.  άνεγίνετο]  δν  έγίνετο  ||  τρίτοσον]  τρίτιικτον  Ρ  fol.  104ν  || 
ύβλίφ]  ύ€λ{α  II  Ιοαίαν]  ib^av. 

25.  κρινόμενον]  κρινόμενα. 

2β•    χαμέμηλα]   χαμαίμηλα    ||    κριθαλβίρψ]    leg.    κριθαλεύρψ  || 

τψ]  έν. 
27«    Ιατρείας]  Ιατρίαν  i.  e.  Ιατρείαν  ||  οφης]  οώοις  ||  poet  Τασιν 

b 

add.  Ρ  ω'•  Ζ.  άντίθεον  πρόσταγμα* 

23•    κάτω  μάνθανε]  καταμάνθανε  at  5,  simplex  verbum  occurrit 

3;  43  II  τψ  ύελίψ  αύτψ]  τό  ύελίον  αύτου  ||  τούτον]  τούτο  || 

θεού]  icü'  i.  β.  κυρίου. 
23.    ήνεσχήντισεν]  ήνεσχύντησε  ||  χολή  γάρ]   χολήν  hi  \\  άνέ- 

μιΣεν]  ανέμιζε. 
30.    δΧΚο]    δλλον   II    λιπηναροκήχωρος]   λουμ    πιναροκίχωρα  || 

bi'  αυτών  bk]  κα\  abiavTiuv. 
31  •    έκ  πρώτου  γε]  έκπρότεγε  ||  άγριαγκουρέας]  ά  γριαγγουρίας  || 

αύτψ]  αυτό  |  κατάπλασσε]  κατάπλαττε,    of.  37  ||  seountur 

b 
in  Par.  haeo:  u)  ή.  τόν  έν  καμίνψ  του  πυρός. 

32.    το]  τό  Ρ  fol.  105    ||   b']  hl   \\   ?ννατόν   έστιν]  ίννατον  || 

επάνω]  επάνω  ϊbης  leg.  ϊbης. 
3^.    αύτψΐ   αύτου   ||  ήτώνησε]   ήτόνησε   ||   ύbpoπηκίαv]   ubpo- 

πικίαν. 

34.  ένθεις]  τιθείς  ||  τό]  και  ||  τόν]  κα\  ||  έλαίψ]  έλαίοις  ||  πη- 
γάνων]  πηγάνψ. 

35.  Χυλο^υγκίβερ]  ΞυλοΣιττίβερ  ||  γάλαγκαν]  γαλαγκά,  cf.  40; 
42  II  καρυό(ραλον]  καρεόφυλον  leg.  καρυόφυλλον  ||  κυμηνο- 
Kapvaßabiv]  κυμίνω  Kapvaßabiv  ||  κα\  om.  Ρ  ||  γλικανίσω] 
γλυκανήσψ  ||  πυρίθψ]  πυρέθρψ  ||  σπέρματα]  σπέρματι  || 
μoσχoκαpύbωv]  μoσχoκαpίboυ. 

3 6.  Ψυβιστικόν  bi]  λυβιστικόν  τε  ||  κύπερον]  κύπειρον,  cf.  40  || 
κοικηνήσας]  κοσκινίσας  ||  τρ\ς  Χύτρας]  τρεις  λίτρας  ||  έπί- 
βαλον]  επίβαλε  ||  κύλικας  bi]  κίλυκάς  τε  ||  σύν  &μα]συν 
άμα  accenta  gravi  eupra  συν  deleto,  leg.  σύναμα. 

^7.    Κύτρα]  Χύτρα  leg.  Χύτρφ   ||   ?ψει]  έφέψει   ||  κατάπλασσε] 

κατάπλαττε,  cf.  31  ||  πρωίας]  πρωϊ  leg.  πρωΐ  ||  και]  τε  και. 

^8.   μ€χα  υbατoς]  μη  öbaTi  ||  κα\  τή  πόσει  πινέτω]  άγνόν  bibou 

εΙς  πόσιν  καΐ  την  τροφήν  bk  λεπτην*  κα\  ουτω  ποιείτω  || 

απαλλαγή]  άπαλλαγείη  ||  post  νόσου  Ρ  exhibet  haec :  ω  θ  * 
Άναρχου  γεννήτορος:  — 


5^8  Fachs 

39.  λευκελευκόν]  λευκόν  Ρ  fol.  106  ν  ||  aetbapou]  O€tbapufv  || 
b'  έκ]  bi  II  γάρ]  bk  \\  πεπλοισμένα]  πεπλησμένα  ||  έΕέλκυ- 
σον]  έεέκλυσον  leg.  ΐκκλυσον. 

40.  συνέψησον  τήν  κάραν  σύμαλον]  τήν  κάραν  τ€  καλ&ς  οΰ- 
μαλον   ΐψησον  ||  κληστηάρισον]    κλυστηρίασον  ||  πινέτιυ] 
ά(Τπίη,  cf.  42;  quid  άο  sit  ignoro,  πίη  fortasee  pro  iriqecrip-  — ^ 
tum  est;  librarme  yidetur  qtiae  ibi  fnemiit  non  potuiase  re-«• 
cognoBcere,  qua  re  falsa  sonpeit  ||  γαλαγκάν]  γαλαγκά,  c£.35^ 
42  II  του  κυπέρου]  τής  κυπε(ρου  cf.  36. 

41.  "Ολον]  θιυλόν,   leg.  θολόν  ||  ίχιυν]  ?χον  ||  φύσκης]  φού- 
σκης  II  ένούσης]  ένουσας  ||  επάγει]  υπάγει  ||  γάρ]  re 

42.  Α(Τπίη]  Ά(Τπίη,  cf.  40 ;    permira  profecto  haec  vox,    qua^ 
πινέτψ  verbo  in  Par.  omieso  yerbum    finitiim  pntanda 
sed  quid  rureus  Άσ  illud  eibi  volt  ?  ||  κισσήρίον]  κΐσούρίο^^'// 

όρύγανον]  όρίγανον  ||  ίΚαχός  τε]  έλαιόστεα  ||  βρώσίν  τ^ξ.  ] 
βρώσιν  bi,  II  όκτάπους]  δ  όκτάπους  ||  γαλαγκαν]  γαλαγκς2Κ, 
cf.  35 ;  40  II  ^ύχης]  ^ίχης  ||  poet  abiavrov  in  Par.  legQntiK^ 

ςλν 

haec:  έδαπο.  ό  όΐέ;όνΊ•ϊς  — 

43.  μάθε  σημαίνει]  προΟιττον  σημαίνον  ||  6ΐου]  δίον. 


III.     Inedita  medica. 

Die  Seiten  21 — 82  des  cod.  Par.  suppl.  Graeo.  636  enthalte 
worauf  echon  Dr«  Coetomiris  ^  aufmerksam  gemacht  hat,  einen  bish^^ 
unbekannten  medicinischen  Tractat,  dessen  Form  die  doxographiecl»-* 
ist.     Der  Titel  pag.  21  lautet:  Διάγνιυσις  περί  τών  ίδειυν  καΐ  χρο* 
νίιυν  νοσημάτων,  das  erste  Kapitel,  bezeichnet  mit  ιγ  d.  L 13,  wöi^ 
die  nicht  zusammenhängenden  Stücke  durchnumerirt  werden,  behan- 
delt sofort    die  Phrenitis.     Eine  Einleitung   fehlt    also    gänilieli, 
gleichwie  auch  einige  wichtige  Krankheiten  unberücksichtigt  ge- 
blieben sind.     Das  darf  uns  darum  nicht  wundern,  weil  der  oo* 
dex  eine  Art  medicinisches  Notizensammelbuch  war,  augenBcheui- 
lich  dasjenige    eines   unerfahrenen  mittelalterlichen   Asklepiftden. 
Das    ergibt    ein    flüchtiger  TJeberblick  über  das   in  Theil  I  ^ 
gebene  Register;  finden  wir  doch  in  ihm  in  bunter  Beihe  Meüi* 
cinisches  und  Naturhistorisches,    zuerst  ein  Stück   aus  einer  wie 


l<* 


V 


1  Rev.  d.  et.  grecq.  III  146. 


Aneodotii  medica  Graeca.  589 

erlialtonen  Gralenischen  Schrift,  dann  unsern  Tractat,  dann  Krank- 
lieitebilder   unterbrochen  von  Becepten,   ein  physikalisches  Stück 
Ql>er    den  Blitz,    wieder  Reoepte    und   Krankheitsbesohreibnngen, 
einen  Aufsatz  über  die  animalischen  Functionen,   natnrgeschicht- 
lichte  Notizen  über  Mineralien,    Becepte,    die    in  Theil  II  mitge- 
tlieilte  Abhandlung  des  Maximns  Planades,  ja   auch  Tafeln    des 
menschlichen  Körpers    nach  Art    unserer   anatomischen  Atlanten 
(P^•  116  y — 11 7  y).      An    das    altgriechische  Material,   welches 
dem  ganzen  Inhalte  nach  für  höchst  gelehrt  gelten  muss,  schliesst 
sicli  ein  sehr  geringwerthiger  Abschnitt  des  neugriechischen  No- 
tizensammlers.     Die  theologischen  Excerpte  kümmern  den  histo- 
risohen  Mediciner  nicht,   zumal  das  letzte  yon  anderer  Hand  ge- 
echrieben    zu  sein  scheint.      Unser  medicinischer  Tractat    selbst 
iet  in  Kapitel  eingetheilt,  die  yon  tf  bis  νθ,  d.  i.  yon  13  bis  59 
laufen.    Jedes  Kapitel  zerfällt  in  3  Theile,  deren  erster  die  Aetio- 
logie,  deren  zweiter  die  Semiotik  und  deren  dritter  die  Therapie 
des  betreffenden  Leidens  bringt,  also  z.  B.  Φρβνίτιόος  αΙτία,  Φρε- 
νίτιοος  σημεία,  Φρενίτιοος   θεραπεία.     Was    über  Zeichen   und 
Beilmittel  gesagt  wird,  hat  für  uns  direkt   keinen  Werth,    auch 
Von  der  Aetiologie  ist  nur  immer  das  angezogen,    was  auf  be- 
stimmte historisch  bekannte  Autoren  zurückgeht,  nicht  aber  was 
^λλοι  oder  νέοι  oder  gar  der  moderne  Verfasser  gemeint  haben; 
ex^teres  kann  nur  dann  berücksichtigt  werden,  wenn  die  histori- 
schen Bilder  der  benannten  Aerzte    einigermassen   abgeschlossen 
dem  Forscher  entgegentreten,  letzteres  yerweisen  wir  in  Compen- 
dien  der  Wundercuren    und  Hausmedicin.     Nachstehend  sind  die 
^  Betracht  kommenden  Excerpte  abgedruckt     Die   Druckzeilen 
^tsprechen  genau  denen  des  codex,  also  auch  die  Worttrennung. 
*Hq  Eigennamen,  welche  in  der  Handschrift  nicht  heryorstechen, 
*md  gesperrt  gedruckt,  um  sofort  in  die  Augen  zu  fallen.   Unter 
^^m  Texte  ist  die  Schreibung   der  Handschrift  angemerkt,   aber 
^Hr  dann,    wenn    sie    durch    mehr   als  durch  Itacismus,    falsche 
Acoentuation    und   Aspiration    auffällig    ist.      Manche    kritische 
^<>&  soll  lediglich  die  ünerfahrenheit    des  Schreibers   beweisen. 
^^  einer    grösseren  Zahl   yon  Excerpten    kommt  uns    der  Par. 
S^^aec.  2324    in   yorzüglicher  Weise    zu    Hülfe.     Dieser   bisher 
^^enfalls  unbenutzte  codex,    dessen  Inhaltsyerzeichniss  ein  ander 
^^  gegeben  werden  soll,  ist  yiel  schöner  und  sauberer,  infolge 
Seesen  auch  yiel  deutlicher  geschrieben  als  die  behandelte  Hand- 
^hrift.     Seine  Fassung  des  Excerptentextes  geht  auf  eine  andere 


540  Fuchs 

Qnelle  zurück,  wie  eich  ans  der  Art  der  Varianten  sofort  ergibt^ 
Der  Schreiber  des  Par.  2324  hatte  anch  keine  Ahnung  davon 
daee  er  nach  den  varia  medicamenta  von  Seite  143 — 146r  mit 
einem  neuen  Tractate  auf  Seite  146  y  begann.  Doch  nun  zun 
Texte  selbst! 

1. 

fol.  21  recto: 

(      lineola  cum  ornamentis      )  λ  ^^    ^        ^  *  -.«     «r 
"  (finem  anteoedentinm  indioane)  Διογνιοσις  π€ρι  nuv  €£€u,v 

καΐ  xpoviuiv  νοσημάτων:  -  ΦρενΙτώος  αΙτία:  —  Κ€•  ϊγ 
Ερασίστρατος  μέν  Ü  ακολούθων  των   έαυτοΟ   δογμάπυ^ 
30  φησι  γίν€σθαι  τήν  φρενΐτιν   κατά   τι  πάθος   των  κατά  τη-^ 

μήνιτί« 
ενεργειών  ου  γάρ  τόπου  ή  νόησις  φρόνησις,  έπΙ 
τούτου  ή  παρανόησις  παραφρόνησις  δν  εϊη:  —  Πραξαγ^ 

ρας  bk 
φλεγμονήν  τής  καροίας  εΤνα(  φησι  τήν  φρενΐτιν,  ής  καΐ 

fol.  21  yerso : 

τό  κατά  φύσιν  ίργον  φρόνησιν  οϊεται  εΙναΓ  ύπό  bk  της 
φλεγμονής  ταρασσομενην  τήν  καροίαν  τουοε  του  πάθους 
συστατικήν  γι'νεσθαι:  •  Ό  οέΔιοκλής  φλεγμονήν  του  b\cz 
φράγματος  φησιν  εΤναι  τήν  φρενΐτιν  άπό  τόπου  και  ουκ  άτβ 
6  ενεργείας  τό  πάθος  καλών  συνοιατιθεμίνης  και  της  καρδία^ 

ίοικε 
γάρ   καΐ   ούτος   τήν  φρόνησιν  περί  ταύτην  άπολείπειν  b^ 

αύτου 
γάρ  και  τάς  παρακοπάς  ϊπεσθαι  τούτοις'  Ό  bk  Ιπποκράτη  j 
τον  μέν  νουν  φησιν  έν  τφ  έγκεφάλω  τετάχθαι  καθάπερ  τι ' 
ερόν  άγαλμα  έν  άκροπόλει  του  σώματος*  χρήσθαι  bk  τρο(ρ; 


20  τήν  μήνιγγα]  τόν  μήνιγκο,  genus  orthograpbicum  in  vai 
lectionibus  adnotandis  neglegetur;  cf.  21  ν  10;  23 ν  16  21  ν  1  ύτ^ 
άπό  6  bi'  non  bia  ut  scribitur  in  Anonymi  Londinensis  ex  Aris^ 
telie  latricis  Meiioniis  et  aliis  eclogis  ed.  Herrn.  Diele,  Berol.  18^^- 
pag.  6  not.  ad  IV  14.  9  τροφή]  τροφήν,  in  Simeonis  Sethi  synt^*, 
mate  χρήσθαι  verbum  semper  quartum  casum  regit  in  Par.  gr.  2^^ 
(cf.  quae  in  Philol.  XXIX  (1894)  exponimus) 


1  Vgl.    z.  B.    pag.  23  V  15.  16.  17.  19.  20.  21;    pag.  25,  2;  pag• 
26  V  15;  pag.  33  ν  1  ;  60  ν  17  usw. 


Aneodota  medica  Graoca.  541 

lo  ττφ  TTcpl  τήν  χορο€ΐ5ή  μήνιγτ«  αϊματΓ  δταν  bk  τοΟτο  ύ- 
ττό  τής  χολής  <ρθαρή,   ύπαλλάττβι   καΐ   τό  τρ6φόμ€νον   τής 

Ιδίας  bu- 
^fάμ€ως'  οδ  γάρ  ή  ίντακτος  και  κατά  φύσιν  κίνησις  φρόνησις 
ί^ν,  τούτου  ή  άτακτος  καΐ  παρά  φύσιν  παραφρόνησις  δν  €Ϊη• 

2. 
fol.  23 ν: 

(lin.  ο.  0Π1.)  λήθαργου  αΙτία:    κ€.    ίδ* 

1S  Ερασίστρατος  μέν  κατά  τό  άκόλουθον  αυτών  φησι  γί- 

νεσθαι  τόν  λήθαργον  κατά  τι  πάθος,    τών  π€ρΙ  τήν  μήνιγγα 

ψυχικών  δυνάμεων,  άφ'  ών  δή  γίνεσθαι  τόν  λήθαργον. 

Διοκλής   δέ   του  περί  τήν  καρδίαν  καΐ  τόν  εγκέφαλο  ν  ψυ- 
χικού 

πνεύματος  κατάψυ^ιν  ηγείται  είναι  καΐ  του  ταύτη  συνοίκου 
ao  αίματος  πήδιν.  Ό  δέ  Ιπποκράτης  φησίν  ύπό  του  ψυχροΟ 

κα\  ύγρου  γίνεσθαι  χυμού  τόν  λήθαργον*    έστΙ   δέ  ούτος  τό 

φλέγμα, 

ύφ'  οΰ  δή  βαρούμενον  τόν  έγκέφαλον  μηκέτι  δύνασθαι 

fol.  24  r: 

1  τήν  ψυχικήν  δύναμιν  εΙς  ίκαστον  μέρος   τοΟ  σώματος   έπι- 

πέμπειν 
κα\  οΰτιυ  τάς  καταφοράς  γίνεσθαι' 

3. 
Par.  graec.  2324  fol.  151  r: 
^  επιληψίας  αΙτία:  — 

ΤΤραΣαγόρας  περί  τήν  παχεΐαν  άρτηρίαν 
ΦησΙ  γίνεσθαι  φλεγματικών  χυμών  συστάν- 
10  τυιν^έν  αυτή'  οΟς  δή  πομφολυγουμένους 
άποκλείειν  τήν  δίοδον  τοΟ  άπό  καρδίας  ψυ- 

10  τήν]  τόν  cf.  21  r  20        13  παρά  φύσιν]  παροφύσιν  ut  saepius 

^v    15  αυτών  Ρ  2324   αύτοΟ  Ρ  636  16  τήν  Ρ  2324  τόν  Ρ  636, 

^•  21  r  20         17  ψυχικών  δυνάμεων  Ρ  636  ψυχικής  δυνάμεως  Ρ  2324 

V  Ρ  636  Ιφ*  Ρ  2324    δή  Ρ  636  κοί  Ρ  2324        19  κατάψυΗιν  Ρ  2324 

*«τά  ψύΗιν  Ρ  636    ήγ^ται  €Ϊναι  Ρ  2324    φησΙ  γίνβσθαι  Ρ  636  propter 

^•  15         20  πήΗιν  Ρ  2324  ψυδιν  Ρ  636  propter  ν.  19    Ό  δέ  Ι  Ρ  636 

^  ^έ  Ρ  2324    φησΙν  post  λήθαργον  voculam  posuit  Ρ  2324        24  r  2  ούτως 

Ρ  636         151  r  haec  om.  Ρ  636.  TT  littera  rubro  colore  est        9  φασί 

ut  lolebat  scribi 


χΐκοΟ  τηκύματος  και  ούτω  τοϋτο  Kpabaiveiv  καΐ  σπα— 
τό  βίΕιμα*  πΛλιν  δε  κατασταθεισών  τών  ττο- 
μφολύγων  παύεσθαι  τό  πάθος,  Διοκλής 

fol.  151  ν; 
t  Μ  καΙ  αυτός  {μφραΕιν  περί  τον  αυτόν 
τ6πον  οίεταΐ'  συμ^νει  τωΧ  ιΑ  Αλλα  κατΑ 
τά  αύτ&'  ΐΤραεατόρας  bd  ψησι  τϊνίσθοί" 
τό  μίν  ΐΐδος  τής  αιτίας  τταραλέλοιΠΕν,  έπο- 
ι νοφήκΦθαι  bi  φηιιτιν  έν  τή  κατολ^Εει  τοϋ  πάθους  . 
•!-  Αιτορώτΐρον  ήν  κωλύματα  τψ  πνεΟματί"  Ιππο- 
κράτης bi  ύτροϋ  φλίτματος•  έμπιπλασ- 
θαι  bi  φησι  τόν  έγκ^φαλον  υγρών  πάντα,  άπο• 
κλείευΟαι  ΐιέ  τό  ψυχικόν  πνβΰμα  καΐ  οΰ  πάντη 

ιβ  πληρουμένων  τών  νεύρων  ύπ"  αύτοϋ  bi'  ώνπερ 
τά  μέλη  KiveiToi•  τή  &έ  bia  τούτων  έκ6ρο- 
μή  τοΟ  πνεύματος  τήν  πρόκοψιν  γίνεσθα»  ίφη 
καΐ  τήν  συνολκήν  καΐ  τόν  σπασμόν '  τό  bi 
πάθος  όζϋ  ιίνεΰθαι  ήτοι  παρά  τό  πολλήν 

U  clvai  τήν  ivo]0U>O(Rtv  Ολην  ΰις  ίγκατα- 
πνίτην  τό  θς;>μόν  ή  παρΑ  τί|ν  τοΟ  ηΟματος 

£οΙ  15ir: 
1  άτονίαν  ώς  μή  &ύνασθαι  τοΐς  (ΓπαιΤμοΐς 
&ντιτά£α0θαι,  άλλα  φθάσαι  άπαυ^ήσας:  — 


Par.  ηρρί.  graec.  636,  fol.  26r: 
IS  (liD.  c.  orn.)  Άποπληείας  αΙτία:  •     Ü' 

ΤΤραξατόρας  καΐ  Διοκλής  περί  τήν  παχεΐαν  άρτηρίαν  φβ 
ao  (Τθαί  q>acFt  τό  πάθος  ύπό  φλέγματος  ψυχροΟ  καΐ  παχέος 
ιΐις  μηb'  έν  αότή  οόχ  όηοΟν  πνεΟμβ  παραπνεϊσθβη 
ούνασθαι  κο\  οοτιο  κινδυνεύειν  τό  πδν  έγκατοιτνιτομίνην 
12  Kpobalvujv  quod   fern   hod   potrat,    *o  ne  xpoboNov  qnu 
aptnm  eiae  Dunifeitam  ert        151  ν  2  (Πΐμβαΐν«  luqae  id  Tivcirikn 
taue  ric  refiugeDda  iimt  ουμβαίνΕίν  καΐ  τΑ  αλλά  κατά  τά  αυτά  ΤΤ| 
χ6ρφ  (ρηβΐ  τ1ν€σθαι,  eed  ambigiroiu        6  άποριίττερον  ήν  oomipU 
8  φηβιν     ύτρύν  πΑν  9  uevri  10  πληρούμϊνον  11  » 

l&2r  1  dTov(av]  τονίσν      2  ι1ιταν&ήσας]  Αηαυ&ής        2ör  20  bvi 
άιΛ  Ρ  3334    poit  φλέτματος  add.  Η  Ρ  2324        21  μηΐι'  tt  ΐ  ( 
bty  Ρ  2324    όηοΟν  Ρ  686  ftn  Ρ  3334        22  ωναβθαι  Ρ  636 
**  '"»94  ΐγκαταπνιτομΐνην  οογγ.  ίτκαταπνιτομίνης  Ρ  636  2S24 


Aneodota  medica  Graeoa.  543 

fol.  25  v: 

Ιπποκράτης  hi  καΐ  Ερασίστρατος  φασι    πβρί  τόν  έγ- 

κέφαλον  φλέγ- 

ιατος  ψυχρού  καΐ  παγετώδους  γίνεσθαι  σύστασιν,   όφ'   οΰ 

καΐ  τά  άπό  τούτου 

Γ€φυκότα  vcOpa  πληρούμβνα  μή  παραόέχεσθαι  τό  ψυχικόν 

Γνευμα,  άλλ'  έγκαταπνιγόμενον  τούτο  κινουνεύειν  άποσβε- 

Γθήναι:  • 

•  5• 
fol.  26 ν: 
Ηη.  C.  orn.)  περικεφαλαίας  αΙτία    Τ^ 

^ιοκλής  την  κεφαλαίαν  φησί  γίνεσθαι  περί  τάς  κοίλας  καΐ 

βυθίους 
;>λέβας  της  κεφαλής  έμφράΗειυς  γενομένης*  γίνεσθαι  hk  αυ- 
τήν έ- 
ηκίνόυνον,  έάν  τόν  ηγεμόνα  τοΟ  σώματος  συνοιαθή  τή 
apbiq,,  άφ'  ής  τό  ψυχικόν  πνεύμα  του  σώματος  ώρμηται  κα- 
'  αυτόν.  Ό  bk  Ιπποκράτης  όνομαστί  μέν  τοΟ  πάθους  ου 
ιέμνηται,  έν  bk  τοις  περί  νούσιυν  τήν  συνορομήν  κατα 
έγιυν  γίνεσθαί  ψηφ  περί  τάς  έν   βάθει  τής  κεφαλής  φλέ- 
βας, οριμυ 
Γοιηθέντος    του    ενταύθα   χυμού   ή   υπό   χολής   ή  αλμυρού 

φλέγματος:  — 

6. 
fol.  28 ν: 
lin.  C.  orn.)  <Τυνάγχης  αΙτία:  —    iL 

ΕΙυμφώνυυς  ο\  παλαιοί  ίψησαν  φλεγμονήν   είναι  τής  έπι- 

γλωττίδος 

25  ν  1  φασιν  Ρ  2324    φλ^ματος]   corr.  secandum   istoram  doc- 
^am   comparato  velut  49  ν  16,  πνεύματος  codd.  2   καΐ   τά   απο 

τηυν  Ρ  2324  τά  Ρ  636  4  άλλ'  έγκατοπνϊγόμενον  Ρ  2324  άλλα  κατα- 
γόμενον  Ρ  636  26  ν  10  π€ρΙ  praepositionem  qualis  est  in  Ρ  636  cm. 
^324,  sed  cum  et  κ€φαλα(α  et  περικ€φαλα(α  apud  veteres  xnedicoa 
(tet,  hoc  praetulimus  11  τήν  κ€φαλα{αν]  bi  Ρ  636  βαθε(ας  Ρ  2324 
γινομένης  Ρ  2324  bi  om.  Ρ  636  13  συνδιαθή  usque  ad  σώματος 

2324  in  margine  τή]  τήν  Ρ  2324    14  κορδίςι]  καρδίαν  Ρ  2324    14  άφ' 
1  άφ'  ή  Ρ  636  έφ'  οΐς   Ρ  2324  ορμά  Ρ  636  14  eq.    κατά   τούταητ 

2324        15  "Ιπποκράτης  δέ  Ρ  2324  μέν  τοΟ]  τή  Ρ  2324  ού  οιη.Ρ2324 
)  ταΐς  Ρ  636        17  sq.  δριμοποιηθέντος  codd. 

28  ν  et  hoc  et  qaae  consecantar  capita  om.  Ρ  2324 


544  Faohs 

καΐ  βρόγχου καΐ παρισθμίιυν τήν συνάγχην:  όδέ'Ιπποκράτης 
ούο  καλ€ϊ  τάς  (Τυνάγχας,  καΐ  τήν  μέν  συνάγχην,  τήν  bk  κυ- 

νάγχην 
β  καλεί  κα\  έπ\  μέν  συνάγχης    παχύ  φλέγμα  καΐ  χυμούς  αι• 

τιαται,  έ- 
πΐ  bk  κυνάγχης  φλέγμα  μέν  ομοίως,  άλλ'  άλμυρόν  καΐ  &ριμύ 

τούτο 
καΐ  τήν   μέν  χειμώνος ,    τήν   bi    θέρους    ώς   έπίπαν   συν- 

ίστασθαι:  • 

7. 
fül.  31  r: 
10              (Τπασμου  αΙτία  ήτοι  όπισθοτόνου:  —    ιη' 
Κοιναις  ibolav  ο\  παλαιοί  πληροΟσθαι  τά  άπό  τοΟ  έγκες>άλου 
πεφυκότα  νεύρα    υπό  τίνων  γλίσχρων   κα\   κολλωδών   χυ- 
μών, οΐς 
προκότΓΓον  τό  ψυχικόν  πνεύμα  κατά  τήν  πάροόον  τους 
σπασμούς  επιφέρει*  [καΐ  εΐ  μέν  περί  τά  οπίσω  συντεί- 
16  νεται  τά  νεύρα,  όπισθότονος  καλείται,  εΐ  bk  περί  τά  ίμπρο— 
σθεν  έμπροσθότονος,  εΐ  bi  περί  δμφω  τέτανος.] 

8. 
fol.  33  γ: 
ιβ  πλευρίτώος  αιτία:  —    ιθ' 

Τήν  πλευρΐτιν  Ερασίστρατος  μέν  φησι  του  υπεΣωκότος  - 
τάς  πλευράς  υμένας  είναι  φλεγμονή  ν,  ό  οέ  Διοκλής 
και  τών  περί  τάς  πλευράς  φλεβών  ίμφραΕιν,  αϊπερ 
20  κατά  τά  έΗημμένα  τών  οστών  τέτανται*  πιστοΟνται  bi 

αμφότεροι  πλευράς  τό  πάθος  τό  έπίπονον  είναι  τό  νόσημβ^ 
και  τό  τά  άλγήματα  οιήκον  μέχρι  κλειοός  και  τρίτον  ει  μήτ^ 
άναπτυσθείη   έν  ταϊς  κυρίαις  ήμέραις,   απόστημα   περί  tc 

πλευράς 

5  χυμούς  corr.  χυμών  per  compendium  designaTÜ  Ρ  636  οίτιαι 
corr.  οϊτια  τε  Ρ  636 

31 Γ  10  ιη'  atramento  rubro  recenter  ut  videtur  additam 
33 Γ  16  ιθ'  rubro   postea   colore    appictum,    in    margine    sign«-«» 
rubrum  adscriptum  '       18  διοκλής  bi  Ρ  2324      19  φλ€βαιν  cm.  Ρ  2^=?/ 
αϊπερ]    äitep   Ρ  2324  20  τά  έΗημμένα]   έΕοσμένα    Ρ  2324   τέτανΛτ// 

ιτέπουται    δέ  om.  Ρ  636      21  τό  ultimum  videtur  ββββ  delenduin  uteit 

■ 

iungendum  τό  π.  τό  έ.  είναι  πλευράς  νόσημα  έπίπονον  compendio  «• 
gnificatur  in  Ρ  636  22  τό]  τώ  Ρ  2324  utrumque  removendum,  pro 
διήκον  autem  Ρ  636  et  δοκείν  Ρ  2324  1.  διήκειν    23  τοϊς  ιΑευραΐς  Ρ  636 


Aneodota  medioa  Graeca.  515 

fol.  33  v: 
nrtveoOoi.  [κα\  (έάν)  άνακαθαρθιΧισι 
τβσσαράκοντα  ήμέραις  άφ'  ής  &ν  ^ήΕις  τ^νη• 
Tat  παύονται,  €{  bk  μή  €ΐς  φθίσιν  μεθίσταν- 
-rau]  Ό  bi  ΤΤραΣαγόρας  τών  δκριυν  τοΟπλευμονός  φησιν 
elvat  φλεγμονήν,  καθ'  όπότερον  &ν  γένηται  μέρος '  πίΟτοΟται 

bk  δτι 
βήχ^ζ  παρακολουθοΟσι  καΐ  όναπτύσεις  γίνονται  ποικίλαι* 
£τΑ  μέν  γάρ  πνεύμονος  εΤναι  (ρησιν  εΙς  τήν  όναγιυγήν  obdv, 
£πΙ  bi  πλευρδς  έν  ταΐς  άνατομαΐς  μή  εύρίσκεσθαι.  Ό  bi 
'Ιπποκράτης  ότέ  μέν  πλευρας,  ίηί  οέ  πνεύμονός  φησιν  είναι 
ΊΓτύαιν  κα\  γίνεσθαι  έπ\  μέν  πλευρας  bia  φλεγμονήν,  ΙτΛ  bk 
ττνεύμονος,  ώς  έν  τφ  περί  τόπων  τιΰν  κατ'  δνθρωπόν  φη(Τΐ, 
^υμα  φέρεσθαι  και  άπό  κεφαλής  ές  τόν  θώρακα,  καΐ 
εΐ  μέν  δλον  έμπλήσειε  τόν  πνεύμονα,  περιπνευμονίαν  γίνεσθαι, 
ei  bi  καθ'  έκάτερον  μέρος  τοΟτο  ένεχθείη,  τήν  πλευρΐτιν^ 

9. 
fol.  35  r: 
περιπνευμονίας  αΙτία*    κε.    κ. 
Τήν  τής  περιπνευμονίας  αΐτίαν  κοινότερον  ο1  παλαιοί  άπέ- 
οοσαν  πνεύμονος  εΤναι  φλεγμονήν*   Ιοικιύτερον  bk  TT  ρ  αϊ  α- 
γοράς 
φήσας,  έάν  τά  παχέα  κα\  τά  προς  τήν   βάχιν  τοΟ  πνεύμο- 
νος παθή, 
'ΐΓ€ριπνευμονίαν  είναι,  έάν  bk  τά  προς  τοις  πλευροΐς, 
ττεριπνευμονίαν,  έάν  bt  τά  προς  τους  λοβούς,  πλευρϊτιν:  — 


33  ▼  qaae  ciroumeaepta  sunt  βοΐαβ  praebet  Ρ  2324  fol.  161  ν   έάν 

i  nt  senientia  efficiator    4  πραζαγόρας  bi  Ρ  2324    5  φλεγμονήν]  τήν 

^^d.  Ρ  2324  καθ']  καΐ  Ρ  2324  άπότερον]  πότερου   Ρ  2324        6   βήχβς] 

^^ας  φησί  Ρ  2324   παρακολουθεί  Ρ  2324      7  γάρ  om.  Ρ  636  εΙς  -  ό5όν] 

^^ύσης  τής  αναγωγής  Ρ  2324    8  Ό  bi  ora.  Ρ  2324    9  ρο•ί  *1ππ.  add.  6έ 

^  2324  οτ€  Ρ636        10  γίνεται  Ρ  636        11  τάπιιιν  τιον]  τάπω  Ρ  2324 

^^  θυμάτων  Ρ  636    εΙς  Ρ  636  13  πλήσερε  Ρ  2324    περιπνευμονίας 

^  ^    κατωτέρω  μέρει  Ρ  2324 

35r  6  περιπνευμον(ας]  π  add.  Pg  2324  7  Τήν]  Τ  add.  Ρ,  2324 
^  Ιδ.  οέ  Πρ.]  ό  οέ  πραζαγορας  Ρ  636  9  έψη  Ρ  2324  11  poit  περί- 
'ΐννζυμονίαν  add.  είναι  Ρ  2324    περί  Ρ  2324 


^  of.  Hippocr.  de  loo.  in  hom.  oap.  14  (ed.  Littro,  pag.  303  v.  5). 

Bbtin.  Xm.  f.  PhUol.  N.  T.  XUX.  ^ 


tM6  Fnoht 

10. 
föL  9ßv: 
19  Συγκοιτι&ν  οΜα  καρίνας:    ꀕ    κα* 

ao  ΌνομαΐΓτ)  μ^ν  τοΟ  κτάθους  ot  παλαιοί  ο&κ  <μνήβΟΐ|σαν       ^^ 
ώς  καθ'  ούτό  γινομένου,  έπιγινομένου  b%  κυιρίοις  τύηοις 
φλ€τμα(νσΐΝη,  μάλκΓτα  ik  στομάχψ»  Sncp  laArtim 

fei.  87r: 

1  κορΜα,  bi*  Smp,  τινές  καροΐας  ύπέλαβον  dvai  τ&  κάβος*  "  V 
Tfveoeoi  \λ  αυτό  ύπό  φλ€τμονής  έκτονιΕομένου  τοΟ  «νεύ — ml^- 
ματος  καΐ  λυομένου  καθάικρ  λιβανυιτοΟ  τφ  mipl  όμιλήσαγπν:») 
dcrrt  Totvuv  αδτη  f|  τοΟ  σιύματος  βις,  ουμβι^νει  Μ  μάλιβι^^Νη 

5  Μ  στομάχφ  π€ΐιονβότι,  liicl  κοθάιΐ€ρ  νβ^ς  τοΟ  σι&μα- 
τος  οηόΖαιμα  ύηάρχ»,  Φς  φησιν  *Αρ(στιυν  6  AnATT^Tp^cvu 

νος:  — 

11. 

foL  89r: 

90  βουλίμου  αΙΉοι    χ€.    ΐφ': 

'Ονομασή  μέν  τοΟ  παθήματος  οΐ  dpxatoi   ούκ  έμνήο^^^^Μ^• 

σαν,  κατά 
hk  τήν  τούτων  άκολουθιαν  (ραμέν  αυτόν  τ(ν€σθαι  κατά 
ψύειν  μέν  τοΟ  έμφυτου  πνεύματος  (κα\)  πήίιν  δέ  τοΟ  έν 

fol.  39 ν: 

1  μεσεντέρψ  φλεβών  αίματος,  ταΟτα  γάρ  αϊτια  καΐ  τής  όρ^«ΐ{: 
Ό  hl  Ιπποκράτης  έν  τή  οιαιτητικ^],  ό  hk  Πραίαγόρ^^ 

έν  τή  περί 


36ν  21  άύτού  Ρ  2324  γινόμενον  Ρ  636  έιηχινομένιιιν  Ρ  iM  |  ^* 
καιρ(οις  Ρ  2324 

37  r  καρΜας  ονέλαβον  tranipos.  Ρ  686  2  έκτον(Σ€ΐν  fvta  Ι  ^ 
Ignorant  lexioographi  3  λι^ανου  τφ  Ρ  686  4  oorrexi»  lern  ή  το(•  Ι  <j« 
νυν  αύτη  τοΟ  σώματος  Ρ636  Ö  ήν  αυτό  καΐ  τφ  σώμαχχ  Ρ2824  5νΙος  1  τ 
Ρ2324  ν€Ος  Ρ636,  oorrexi  6  ύιτόΖωμος  P2S24  ύνάρχαιν  Ρ2Μ  |:ι  χ 
άπό  Πέτριυνος]  άικτριΧ^νος  Ρ  2324 

39  r   23  καΐ  eieoi 

39  ν  1  μ€σέντ€ρον  aterque  codex  ubivis  exbibet  (οί.41τ6.  ΤΟτΊ)» 
non  matavi  id  quod  in  lexicis  non  inest,  qnamquam  ne  eomenwi  qii'    |  vi 
dem  hoo  verum  eese  mihi  satit  probat 


■ίτ 


Aneodota  medica  Oraeoa.  547 

νούσαιν,   6  bk  Διοκλής  έν  τη  ιτ€ρ\  πέψεως*   eirrep  οΟν  ή 

άνει- 
μένχ]  δρεΕις  μικρός  έστι  λιμός,  ή  έπιτεταμένη  βού- 
λιμος  ÄV  €Ϊη•  δτι  bk  ψύΕις  έστΙ  τοΟ  αΤματος,  πιστοΟται 
^ιά  τό  έπιπολάΖειν  έπΙ  γέροντας  τό  πάθος  μάλιστα,  πο- 
λλάκις κα\  έν  χειμώνι,  κα\  ή  θεραπεία  b^  οηλοΐ*  πυρία 
ητάρ  κα\  οΙνοποσία  κα\  οριμέων  προ<τςρορά  Ιώνται  τό 
"νόσημα:  — 

12. 
fol.  40  r: 
(]\ώ.  c.  orn.)  «       ύοροφόβου  αΙτία.    κε.     κγ. 

G\  αρχαίοι  ουκ  έμνήσθησαν  τούτου,  ίοικε  Μ  γίνεσθοι 

(secnntOr  verba  eins,  qni  oonqnisivit  collectaeea  medica) 

13. 
fol.  41  v: 
♦    χολέρας  oWa*    κε.    κδ• 
Κατ'  oObtv  ουτιυς  συνεφώνησαν  εΙς  εαυτούς  ο\  αρχαίοι  τ  ή 
κατά  χολέραν  oWqi•  γίνεσθαι  bi.  αυτήν  οιχώς  εΤπον,  ή  γάρ 
ττεπληριυμένΐϋν  τών  έν  μεσεντέρψ  φλεβών,  πάλιν  δέ  ταύτόν 
φαίνεσθαι  τήν  τροφήν,  ή  b\a  κακοχυμίαν  τροφής  άνα- 
ατομούσης    καΐ   οΤον    έλκούσης    τά    στόματα   των  φλεβών 

καθάπερ  ύ- 
πήλατον  τό  (ράρμακον  ή  κατ'  δμφίυ'  ήτις  καΐ  έπικιν&υνιυοέ- 

στατόν 
►  ίστι  των  προειρημένων :  — 

14. 
fol.  42 ν: 
ο  »    κε'         ΕΙλεοΟ  α1τ(α  * 

'Ομοίως   καΐ  τόν   είλεόν   συμςκίινως   εΓπον  ο\  αρχαίοι  γί- 

νεσθαΓ 
έμφραΕιν  γάρ  εΓναι  των  εντέρων  ήτοι  ύπό  σκληρών 
σκυβάλων  ή  φλεγματικών  καΐ  πεπηγότων  υγρών  ή  ύ- 
πό Ιλίγγων  συστραφεισών  ή  bxä  φλεγμονήν.  ό  δέ  Δ  ι  ο- 
ίκλής  ίοίως  κα\  κατά  απόστημα  γίνεσθαι,  ΤΤραΕαγόρας  όέ 

κατά  πλή- 

41  ν   9  έπικινδυνετατον  Ρ  636   adhibito    compcndio    quod  aut  in 
τικινδυνότατον  aut  έπικινουνωδέστατον  est  commutandam 

42  V  15  Ιδιους  por  compendium  in  Ρ  6d6  legitur,   quod   in  16((υς 


548  Fuch• 

puKTiv  ToG  τυφλού  έντερου  και  κατά  σιτάαιν  τών  έντί|χυν, 
Ιφ'  ών  ό  €ΐλ€Ος  '.• 

15. 

fol.  44ν: 
»  •  Κωλικών  αΙτΙα:  —    κ€.    κς      ♦ 

ιοΤής  κωλικής  οιαθέσ€ΐϋς  ot  μέν  άρχαϊοι  ούκ  έμνήσοη(ί«ν,      Ι 
[ίνεστι   bk   αύτοϊς   ή   αΙτία*   ήτοι   φλβγμονή    του  κώλου  ή     | 

έντερου 
τών  παχέων  πνευμάτων  μόνη,  ύφ'  ών  π€ρΛιατ€ΐν6μ€νον  Α- 
γήματα παρέχει  •   κατ'   αμφότερα   bi.   τα  μέρη  τοΟ  σώμα'ίοζ 

γίνεται, 
δτι  καΐ  τό  κώλον  εΤς  τε  τά  beixä  καΐ  τά  αριστερά  παρήκεν.  ί 

16. 
fol.  46ν: 
1  ♦         Σκοτοματικών  αΙτία*    κε.    κή         » 

Τών  σκοτοματικών   τήν   α1τ(αν  ο  Ι   αρχαίοι  δνηκρυς      ^^ 

άπέ- 

bujKav 

(eeountur  oollectanoA  ooneoribentie  verba) 

17. 

fol.  47  Γ : 

10         ♦  μανίας  αΙτία*    κε.    icS*         ♦ 

ΤΤραΗαγόρας  τήν  μανίαν  γίνεσθαΐ φησι  κατ' οΐδησιν της 
οίας,  ούπερ  καΐ  τό  φρονεΐν  είναι  οεοόδακε•  μή  έπιγίνεσθ 
bk  αυτή  ττυρετούς  bia  τό  μηδέν  έπΙ  τά  έκτος  οίοήματα 
ποιεΐν  πυρώσεις.    Ό  bk  Διοκλής  ίέσιν  του  έν  τή  καρ 

16  αϊματός  φησιν  εΤναι  χιυρις  έμφράΗεως  γινομένην,  bxa 
τούτο  γάρ  μηδέ  πυρετούς  έπεσθαΓ  δτι  όέ  ή  ίέσις  γίνετα'^ 

mutavi,  quia  ου  et  ω  propter  sonorum  similitudinem  a  Graece  loqi^^ 
tibos  saepe  confunduntur 

44  V  11  αυτής  Ρ  2324  έντερου]  έν  τούτων  Ρ  2324  12  rr• 
om.  Ρ  2324  ιτερι6ιατ€ΐνομέναιν  Ρ  636  διατεινομένων  Ρ  2324,  iWud^  q\m^^ 
quam  in  lexicis  frustra  qaaesivi,  scHbere  xnalui,  exstat  enim  xeih^^^ 
bis  oompoeitum  oon  dissimile  περιοιαψεΐν  14  τε  om.  Ρ  2324  qt»^ 

circumsaepsi  ab  anonymo  videntur  profecta 

47  Γ   12  καΐ  om.  Ρ  636   δεδόΗακε]  διδάΕαιμεν  Ρ  2324   έπιτείνεσθ*» 
Ρ  2324        13  μηδέ  έπΙ  Ρ  636  μηδέν  Ρ  2324        14  διόκλής  δέ        15  V' 
νομένης  Ρ  2324      16  μήτε  Ρ  2324  έπΙ  Ιέαχν  Ρ  636  φήσει  ή  ίέσει  Ρ  2324 
corrigendo  effectum  ex  φήσι  ή  Ιέαχ,   correxi  oomparatis  aliie  locis  uhi 


Aneodota  medica  Graeoa.  549 

oO  αίματος,   όηλοΐ  ή  συνήθεια,   τους  γάρ  μανιώδεις  τεθερ- 

μάνθαι 
κχμέν  Ιπποκράτης  hk,  κατά  τήν  έγχόλιικτιν  καΐ  πύρακτιν 
ου  έν  τφ  έγκεφάλψ  νοεροΟ  πνεύματος  συνίστασθαι  τήν 
ανίαν  φησίν  είναι  όέ  ταύτην  τοπικήν  bia  τό  πυρετούς 
ή  έπίφέρειν  •  :  — 

18. 

fol.  48  r: 

in.  ο.  orn.)  μελαγχολίας  α1τ(α '    κε.    Χ  * 

Γραξαγόρας  καΙΔιοκλής  μελαίνης  χολής  περί  τήν  καρο(αν 
υστάσης  καΐ  τήν  ψυχικήν  ούναμιν  τρεπούσης  <ρασΙ  γίνεσθαι 
b  πάθος*  Ιπποκράτης  hk  όρμήν  ταύτης  ε- 
ι τήν  κεφαλήν  (καΐ)  φθειρούσης  τόν  έν  τφ  έγκεςκίλψ  Ιερόν 

νοΟν 
»ησι  τό  πάθος  άποτελεΐσθαι : 

19. 

foL  49  r: 

in.  c.  orn.)  ένθεατικών  αΙτία:  —  λα  * 

ραίαγόρας  του  ένθεατικου  πάθους  μόνος  των  αρχαίων 
ινήσθη  φάσκων  περί  τήν  καροίαν  αυτήν  είναι  καΐ  τήν  πα- 
Είαν  άρτηρίαν.  γίνεσθαι  οέ  κα\  των  πομψολύγων  έπανά- 
Γασιν  ποσ\'  bia  τούτων  γάρ  φησιν  έπανακαινοΟται 
^λοτε  άλλη*  ότέ  μέν  τάς  χείρας,   6τέ  οέ  τήν  κεφαλήν  ^ι- 

πτουνται• 
)  bk  Ιπποκράτης  φησ\  κατά  τό  άκόλουθον  μελαγχολίας 

είδος 
'ναι  τό  πάθος  τούτο  έπ\  τό  όεισώαιμονέστερον 
Ετραμμένων  των  πασχόντων,  αυλοί  bk  καΐ  λιβανωτοί  τό  πάθος 
αρορμώσιν* 


.  έπΙ  confunduntar  (qaonmi  αηαιη  Carolas  Kalbfleisch  in  diss. 
>I.  1892  aut  1893  attulit  quem  libmm  non  inutiliter  tractabit  qai 
i  curat)  17  οαιμονιΟιδεις  Ρ  2324  θερμάνθαι  Ρ  636  19  tQ  κε• 
f\  Ρ636 

48  Γ   15  οΐ€στιϋσης  Ρ  2324      17  καΐ  inclosi  renuentibns  oodioibas 

49  Γ   10  πόσβι  Ρ  636  om.  caput  Ρ  2824 


&50  Fachs 

20. 
fol.  49 ν: 
10  *  παρολύσ€ΐυς  airia:  (Un.  ο.  orn-— -^) 

Ερασίστρατος  μέν  φησι  κατά  τό  άκόλουθον  των  έν  -^^^^ζ 

φλε- 
ψ\ν  ύγραιν  €ΐς  τα  των  νεύρων  κοιλώματα,  bi*  ών  αΐ  κατ( 
προαίρεσιν  κινήσεις  γίνονται,  παρεμπιπτόντων  καΐ  τήν  κ( 
ταφερομένην  δύναμιν   άπό   τής  αρχής   εΙς  τό  σιΐιμα  ku^  -εν- 
όντων 
16  ή  οέ  παράλυσις  ήτοι  καθ'  δλον  τό  σώμα  ή  κατά  μέρος  γίνετ^^' 
ΠραΕαγόρας  bi  και  Διοκλής  ύπό  παχέος   κοί  ψυχρ^ου 

φλέγματος 
περ\  τάς  αποφύσεις  τάς  άπό  καρδίας  καΐ  τής  παχείας  «αρ- 
τηρίας γινόμενον,  bi'  ώνπερ  ή  κατά  προαίρεσιν  κίνησις  έπιπ^^^• 
πεται  τψ   σώματι.    Ό   bk  Ιπποκράτης  ύπό    ψυχρού   w^^^ 

παγετώ• 
ao  δους  φησΙ  γίνεσθαι  τήν   παράλυσιν  χυμοΟ,    ύφ'   οδπερ  m^^^ 

τήν  άπο- 
πληΕίαν*  γίνεσθαι  bi,  ότέ  μέν  περί  τάς  άΐτοφύσεις  του  έγ^^^* 

φάλου, 
δπερ  έστΙ  νεύρα,  ότέ  hl  περί  τά  κινητικά  των  μερών  νεΟ^^^ 

fol.  50  r: 
1  b{  ών  ή  προαιρετική  διακονείται  ούναμις'  bia  τούτο  γάρ 
πάρετα  με'ρη  άποπληΗίας  εϊωθε  λέγειν,  ούοενι  άλλψ  οιόμεν 
οιαφέρειν  τώ  πάθη  ή  τώ  τό  μέν  δλου  εΤναι,  τό  bk  μέρους : 

21. 
fol.  52  r:  __ 

8  (lin.  com.)  Κυνικού  σπασμού  αιτία:     κε.    \b' 

Κατά  τό  άκόλουθον  τών  αρχαίων  τοΟδε  του  πάθους  εϊη 
10  αν  ή  αιτία  τών  εΙς  τους  σιαγόνας  τών  μυών  φερο- 


49  ν    11  κατά  τ.  άκ.  om.  Ρ2324      12  υπέρ  pro  €ΐς  Ρ  2324     12 
ante  öl'  üt  παρεμπιπτόντων  ancos  inseruit  Ρ  636     13  καΐ]  bi  καΐ  Ρ 
14  άπό]  έκ  Ρ  636   post  κωλυόντων  videtur  abesse  tale  qaale  τό  πάθ'' 
γίνεσθαι        1Γ)  είτε  Ρ  2324         17  άποφυήσης  Ρ  2324         18  γ€νόμ6ν^=^ 
Ρ  2324   περ  ή  om.  Ρ  2324        19  Ιπποκράτης  bi  Ρ  2324    καΐ  om.  Ρ  65^' 
22  post  τών  add.  οργάνων  Ρ  2324 

.50  Γ   1  διακινείται  Ρ  636    τούτων  Ρ  636  2  σπαρέντα  Ρ  23?^ 

άλλ'  Ρ  2324        3  τά  Ρ  636    είναι  om.  Ρ  636        μέρος  Ρ  2324 

52  Γ  10  τας  Ρ  2324  τών  μυών  φερομένιιιν]  άοφερόνταιν  Ρ  2324 


Aneodota  medi«a  Graeoa.  661 

μένων  veupuiv  ύττό  τίνων  τλ(σχριιιν  καΐ  κολλωοαιν  χυμών  πλη- 
ρουμάνων  οίς  προσκότττοντος  του  ιμυχικοΟ  πνεύματος  κατά 
τήν  πάροόον  τήν  συνολκήν  καΐ  Tdv  σπασμόν  τ(ν€(ΐβαι>  έν{οτ€ 
b^  κα\  πάρεσιν  εΙς  τέλος  άποφραχθέντων  τούτων* 

22. 

fol.  52 ν: 
Λ  (ÜD.  C.  orn.)    Παραλύσεως  καταπόσεως  αΙτία.    Χε. 

Κατά  τήν  των  αρχαίων  άκολουΜαν  εΤη  &νή  α1τ(α  τών  εΙς 
τόν  στόμαχον  <ρ€ρομένων  νεύρων,  bi'  ών  ή  κατύποσις  γίνεται 
ύπό  τίνων  φλετματω6ων  υγρών  πληρουμένων  κα\  τήν  ούναμιν 
ούκ  έώντων  Ιέναι  εΙς  τους  προειρημένους  τόπους  κα\  τεΐναι 
»  περί  τους  ύπεστηριγμένους  τόπους  τών  μυιΰν  τψ  τε  βρόγ- 

ΧΨ  καΐ 
τφ  στομόχψ  κατά  τήν  προειρημένην  αΐτίαν   τό  πάθος   ίφα- 

σαν  γίνεσθαι  •.• 

23. 

fol.  53  r: 

90      «  μυοριάσεως  καΐ  φθίσεως  αΙτία*    \ς 

Τήν  μέν  αΐτιαν  ο\  αρχαίοι  τών  παθών  ούκ  όπέοωκαν 

(sequitur  eiuR  qai  haeo  consoripsit  enarratio) 

24. 

fol.  53  v: 

^      *  αίμοπτυϊκών  αΙτία*  λΖ' 

Τά  μέν  ούν  προκαταρκτικά  τών  α\μοπτυϊκών  πλείονα  αίτια* 
fi  γάρ  βάρος  σαρκός  ή  ίπίδησιςΐ  ή  οιάτασις  φωνής  ή  πλη- 
θώρα, 

12  προκύπτοντος  Ρ 636        14  παρέ  σιν  Ρ 2324  laoana  III  vellV 
ütteraram  mteriaoenie 

52  γ   15  καταπόσευιν  Ρ  636        17  φ€ρόντυιν  Ρ  2324         18  φλεγ- 
»»OTuuEhf  Ρ  636        19  τ€ΐναι]  τινές  μέν  Ρ  2324         20  wepl]  €ΐς  Ρ  2324 
^εστρωμένους  Ρ  2324    τόπους  τιϊ^ν  μυών]  μύας  Ρ  2324    τ€]τά  Ρ  2324 
^^  poet  τό  add.  προ€ΐρημένον  Ρ  2324 

53r  21  οΐ  αρχαίοι  τών  παθΦν  transpos.  Ρ  636 

53  γ  hoc  de  causis  sanguinis  sputas  capat  om.  Ρ  2324,  de  signis 
et  caratione  non  omisit  23  βάρους  propter  hoo  quod  xnonoi  42  ν  15 
23  sie  π(5ησις  minato  annlo  in  ineunte  lineola  transYersa  π  litterae 
tddito,  qaid  significet  me  ignorare  pudet 


liiL  64r: 
ιτά  b^  συνακηχά  ήτοι  άναστόμυισις  ή  ΐΝάρρη&ς  ii  Μ^Μίο^Εκοις 
&ιοφ^  hi  KflA  κατά  τάκους*  ή  τ^  άηό  κ^φΛ1\ις 

ή  0ΤΟ|ΙβΤΟ( 

ή  στομάχου  ή  τροχ€(ας  αρτηρίας  ή  πνΕύμονος  ή 


S5. 
foL56T: 
u  (Üb.  ο.  onu)  φθίαβυις  «Μα    λιΙ^  (lii.  •.  οη^Γ«— ^) 

Ή  φθίσις  1>έ  έπιτίν€ται  μέν  Kupimv  αηλάιχνιιιν  tBifOu*  οα^^)Οη 
»γάρ  KflA  6  Ιπποκράτης  Aerc  ΦροΑην  φβΙοΐν.  6ίΐΙ     -Α  ^ 

»ριμύτης  . 

καΐ  έκπάριυσις  τοΟ  εμιράτου  β€ρμοΟ* 

(•eqvitiir  libnrii  enamtio) 

26. 
foL  57τ: 
IS    »  έμπύΐλΐν  cdria:    κ&    μ. 

(opinio  leribeBtie  «xponitor) 
s oOtui  γάρ  CXcre  ical  6  Ιππο- 
κράτης* ήν  ßöpeiov  i}  κατάστημα,  Ρ<1χας  βσ^σθαι  προσ&οα^*^* 

27. 
foL  59r: 
1    ♦  ατροφίας  αΙτία:  —    kc.    μα*    ♦ 

'Ερασίστρατος  μέν  κατά  κένακτίν  ςηισι  τίν€σθαι  τών  φ=»--^^' 

piav  τήν  ά- 
τροφίαν  dKmep  κατά  πλήριχχΐιν  τούτυιν  τήν  θρέφιν.  ax\V 

αΙτία  TOUTUIV 
ότέ  μέν  όσθέν€ΐα  ταιν  φλεβών,  6τέ  bi  τών  χυμών  παχώττ^^^ 

W  άμφότ€ρα 
5  γάρ  ταΟτα  δύνανται  κενοΟσθαι  α\  φλέβες.  6  &ΙΠραΕατόρ 
στάσιν  κα\  πήξιν  ήτιάσατο  άν  τών  χυμών  καΙ  bid  τοΟτο 

δύνασθαι  τών 

54  ▼  1  συναρκηκά  fort,  legendam 

55ν  14  Τοις  bk  €ύφθ(σις  Ρ2824  κυρ(«ς  Ρ2824  ιτήο«  Ρ 
πησσ€ΐ  Ρ  636,  oorrexi  15  γάρ]  δέ  Ρ  696  ό  om.  Ρ  2324  16 
ρυκης  Ρ  2324 

57  γ  22  ή  oodd.  ιφοσ5όκου  Ρ  636 

59γ  4  άοβένειαν  Ρ2324    ότέ  Η]  uknt  δέ  Ρ2824         6 
Τόρας  Η  Ρ  2324         6  στάσιν]  στΑσιν  Ρ636  ΜράΕχψ  Ρ28Μ        β   ^ 
om.  Ρ  636  "» ' 


^ 


Aneodota  medioa  Gneoa.  553 

όροηιυμάηυν  οιιόντας   εΙς  τουκτός  περιπήγνυσθαι  ταΐς  φ뀕 

ψίν  ουτίϋ 
γαρ  τήν  σάρκακτιν  ίλεγε  γίνεσθαΓ  Ιπποκράτης  bi  Ηηρότητα 

καΐ  πυρακτιν 
του  έμφυτου  πν€ύματος  ήτιάσατο'  ώς  άναβρωτικόν  μέν  τής 

σαρκός 
m  γίνεσθαι,  έκκοττηκόν  6έ  τών  υγρών  τή  γάρ  τούτου  ίητρότητί 

τε  καΐ  €ύκρα- 
(rfqt  τήν  θρέψιν  ίλεγε  γίνεσθαι :  - 

28. 
foL  59υ: 

ι 4-  "Άσθματος  αΙτΙα*  μβ• 

Τό  &σθμα  γίνεται,  ύις  μέν  τίνες  οϊονται  γλίσχριυν  χυμών 

τάς  του  πνεύμονος  σύριγγας  έμπεφραγότων* 

(eequitur  eioB  qui  haec  contulit  aeüologia) 

29. 
fol.  60  v: 
i      ♦  ήπατος  φλεγμονής  αΙτία'    μγ'•  * 

Κατά  μέν  Έρασίστρατον  παρεμπτώσεως  αίματος  έκ φλε- 
βών εΙς 
αρτηρίας  κατά  τάς  αναστομώσεις   γινομένης  έν   ήπατι   καΐ 

οιατείνοντος 
"ταύτας  τήν  φλεγμονήν  γίνεσθαι*  κατά  bk  Πρα^αγόραν  συμ- 
^λοκήν  έν  τψ  μέρει  τούτψ  ή  χυμών  προσφάτων  έώλην 
κα\  bia  τούτο  στάσιν  καΐ  σήψιν  κα\  τήν  τούτιυν  φλεγμονήν* 

κατά  bk  Διοκλέα  ίμφραίιν 
τών  έν  τούτψ  φλεβών  κα\  έγκατάκλισιν  τοΟ  θερ- 
juoO  έφ'  ών  τήν  φλεγμονήν* 

mcaO'  Ίπποκράτην  bk  χολικών  χυμών   ενταύθα   συστάντιυν 

κα\  έκ- 

7  αρωμάτων  Ρ  2324  τό  έκτος  Ρ  2324  ταΧς  om.  Ρ  2324  8  γ€- 
^νβαι  Ρ  2324  Ιπποκράτης  usque  ad  γ(νεσθαι  (10)  in  marg.  adscr.  P^ 
^S4  crucibus  adpiotis        9  ώς  om.  Ρ  2324 

59  V  totum  Caput  om.  Ρ  2324  13  σύραγγας  Ρ  636 
60v  14  po8t  άνα  add.  γινομένας  Ρ  2324  διατείνοντες  Ρ  2324 
*^  ό  δέ  προΕαγόρας  Ρ  636  16  pro  μέρει  τούτψ  lacunam  VII  νβΐ  VIII 
"^tierarumexhib.  Ρ2324  i^om.  Ρ636  finis  versus  yaldecorruptus:  έώλην 
^  β36  έώλοις  Ρ  2324  num  κώλυσιν?  18—20  om.  Ρ  636  18  δέ  Διοκλέα] 
^^  όκλέα  Ρ  2324  19  τούτων  Ρ  2324  19  έγκατάκλησιν  Ρ  2324  21  Ό 
^  Ιπποκράτης  Ρ  636        21  eq.  καΐ  έκπυρούντων]  έκπληρούντων  Ρ  2324 


6M  Ε«•1ι• 

πυρούντυιν  τό  {μφυτον  dcpMdv  τήν  φΑβγμονήν  'Φ^Λολ     ^^  U- 

TOMCv:• 

80. 
foL  62  ▼: 
9    «  Ίκτερου  οΜα'    κ€.    μ&'    • 

Ερασίστρατος  £μφραΕιν  fktftro  tfvcoOoi  άκ&  τοΟ  Tcft^Mv- 
τος  άαό  τής  χοληοάχου  κύστεως  έπΙ  τά  £ντ€ρα  πόρου*  μ€θ""'^1ν 
5  άναχεΐσθαι  τήν  χολήν  διά  τής  κο(λΐ)ς  ας  βλον  tA  0ΐίΙ«ια*  Α-^  ^ο- 
κλής  Μ  καΐ  bia  φλεγμονήν  τιΰν  άπό  τοΟ  ΙΙπατος  εΙς  — ""Φ 

χολη- 
οόχον  κύσην  τεινόνηυν  itdpuiv,  bi'  ών  dmMpparrcoOai 
τό  χολιΜ)€ς  £φη'   kcA  bpιμäς  πυρετούς  τ(ν60θο(  φησίν      "^ 

τοΟτον 
είναι  τόν  δΕύν  έτερον.    ΠραΕαγόρας  bi  κατΑφυΕιν 
10  έμφυτου  θερμοΟ  καί  tSn  £ν  τφ  «ηίιμαη  χυμΔν  γίνεαθ« 

σιν,  δ  καΐ 
Ααπερ  6bav  είναι  ας  (Κ)ερον*  αύΕηθεΙς  χ&ρ  εΙς  (Ibpuma 
μεταβαίνει.  πιστοΟται  bt  τοΟτο,  βτι  χειμΑνος  γίνεται     "^ 

βη  πρεσ- 
βύταις  μάλλον  καΐ  βτι 
νοσούσης  τής  χολής  δΕον  πιούσης 

15  (κα\  δτι)  δριμέσι  προσαρτύμαοι  χρΦνται  καΐ  οδκ  εΐ- 

σι  καυσώοεις  ουδέ  οιψώοεις*  Ιπποκράτης  bi  biaoov  οϊε*^^"* 
εϊναι  τόν  Τκτερον,  βτι  καΐ  δισσήν  τήν  χολήν,  κα\  τόν  μ-^^ 

έπΐή. 
πάτος  φλεγμονή  γ(νεσθαι,  δν  χρυσοειοή  όνομάΣει,  τόν  bt  <^d^^][i 
νός,  δνπερ  ώχρομέλανα  κα\  ΙοεΛή  κίκληκεν'  βμςκυ  bi  κα:^^ 
30  άνάχυσιν  τών  χολών   σον   τφ   αΐμστί  ψησί  γίνεσθαΓ : 

Ίκτερου  σημεία 
Ό   hl  Τκτερος  όΗύ  μέντοι   πάθος,   δτέ  μέν  μετά  πυρετ^'""^*^ 

γίνεται, 

22  λέγομεν  om.  Ρ  636 

62ν  4  χολοδοΟ  Ρ636    έιτί  om.  Ρ  636    6  διά  om.  Ρ  636    7 
Φράττ£ται  Ρ  2324        8  £φη  om.  Ρ  2324        8  δριμύς  «υρετός  Ρ  686 
τοΟτον  usqne  ad  φησιν  (10)  om.  Ρ  2394         10  6ν  Ρ  3824        12  μι — 
βάλ€ΐ  Ρ  2324,  utrumque  aptum     τούτων  Ρ  2824    νβ«.  14  obl  Ρ  65--^ 
νοσούσης  correxi  νοθ€(σης  Ρ  2324    pro  πιούσης   fort  πιοΟσι       1δ  wc^ 
βτι    add.   penpicua   nempe    oansa  deperditnm       προσαρτήμασι  οοβ^ 

16  poet  δισσόν  add.  elvoi  Ρ  2824  18  δν]"ον  καΐ  Ρ  2384    τύν  ο^- 

Ρ  2324        19  ώχρόμελαν  oodd.    Ιθ€ΐδή]  σιδιοδή  {»  2824 


Aneodotm  medioa  Gneoa.  556 


ώς  ό  παλαιός  Ιπποκράτης  λέγει' 

(ceterie  ecriba  euam  opinionem  exponit) 

31. 
fol.  69  r : 
χ   (Im.  0.  orn.)  Λ€ΐ€ντ€ρίας  airia*    κε.    μθ'*  (lin.  ο.  orn.) 

ΚαΙ  περί  τής  λειεντερίας  συμφώνιυς  εΤπον  ο\  παλαιοί'  6τέ 

μέν  άπό 
ουσεντερίας  ούλήν  άνοοείαμένων  τών  έντέραιν  ώς  μηκέτι 
άναλαμβάνειν  τήν  τροφήν  των  εΙς  τούτο  καθηκουσών  φλεβών 
S  hxa  τήν  άποτύφλακτιν  είλήψαμεν  γίνεσθαι  ή  bid  φλέγμα  πολύ 
ύποτετραμμένιιιν  τών  εντέρων  ή  bi'  ατονίας  τούτων,  δπερ 
έπΙ  ς>θισικών  όρώμεν  γινόμενον:  — 

32. 
fol.  70 ν: 
β  *  Ρευματισμού  ουσεντερίας  αΙτία.    ν  ♦ 

Τών  bk  ουσεντερικών  Ρευματισμών  αΐτίαν  φλέγμα  εί- 
ναι είπον  τών  διά  μεσεντέρου  καθηκοΰσων  φλεβών,  cfi  ά- 
ναλαμβάνουσι  τήν  τροφήν  μετά  τό  έίαιματουν  καΐ  έκχολουν 
και  δια  τό  δριμύ  μή  κρατουμένων  *  *  *  φέρεσθαι  καΐ  εΙς  £ν- 
ο  τερα  καΐ  αυτά  ^ευματίΖειν:  — 

33. 
foL  71  γ: 

^   • Δυσεντερίας  αΙτία:  να^^  :       * 

Και  περί τήςουσε ντε ρίας  συνεφώνησαν  οΐ  παλαιοί  ομοίως  κα- 
Ύά  τε  τά  έκκρινόμενα,  τήν  bk  αΐτίαν  ?καστος  κατά  τήν   τής 
<ρλεγμονής  γένεσιν  ύπέθετο,  δς  μέν  γάρ  παρέμπτωσιν,  δς 
*  1>έ  σήψιν,  δς  bk  £μφρα£ιν,  δς  bk  έκχόλωσιν  ίφη' 

34. 
fol.  73  r: 

* ♦      δορωπος  αΙτία :    κε.    νγ :  •        ♦ 

^  ^Ερασίστρατος  σκίρρωσιν  τοΟ  ήπατος  αΐτίαν  ι&ποτίθεται 

69  Γ  12  τής  om.  Ρ  636    αυμφ.  €Ϊπ.]  συνεφρώνηααν  Ρ  2324    poet 
^ολαιοί  spatium  VIII  vennum  in  Ρ  2324        16  ύποτ€θραμμένυιν  Ρ  636 

70  ν   6  αίτια  Ρ  636  omittente  seqiientia  capita  Ρ  2324        9  aste- 
^iaois  notavi   quae   senea    oarent  liiteras,    ita   enim   legitur   in   Ρ  636 

€ 

ιίαληοματ;  librariam  ipeom  id  quod  fuit  in  archetypo  recognoscere  non 
potuisse  coniido,  qna  re  fattilia  descripsit 


566  Fuchs 

ύορώπων  και  τών  έν  τούτψ  φλ€β(Ιιν  καΐ  τό  αυτών  κοίλωμα 
στενώτατον   ώς  μή  δυνασθαι   τό  παχύ  καΐ   γεώοες  πσρα- 

δέχεσθαι 
της  τροφής,  άλλα  τό  λβπτόν  και  ύδατώδες,  δπερ  παρελύαατο 
bxä  τής  κοιλίας  φερόμενον  κα\  τών  εντέρων,  bxä  τήν  κόηΐ) 
10  κοιλίαν  χιτώνων  τών   φλεβών  έτηοεομένιυν   έττΐ  τό  μεταξύ 

τοΟ  περιτο- 
ναίου καΐ  τών  εντέρων  έκχεΐται*  δ  οέΔιοκλής  άηο  σπληνός 
φησι  γίνεσθαι  τους  δδρωπας  πλην  τών  άπαυτιΖόντων*  οδτοι  U 
είσιν  ο\  περ\  κύριον  σπλάγχνον  γινόμενοι'  τό  γάρ  έν  τούτψ 

θερμόν 
ύπό  ψυχρών  χυμών  καταψυχόμενον  μεταοίδωσι  καΐ  ταΐς  βλλαις 
15  φλεψίν  ύπάρχουσι  και  ούτω  κατά  πολλούς  τρόπους  μή  δυνα- 
μένης 
κρατεΐσθαι  τής  τροφής  ή  έΣυοάτωσις  συμβαίνει. 
Πραίαγόρας   b^  περί  τάς  κοίλας  φησΙ  φλέβας   τίνε(^^ 

τήν  κατάψυΣιν, 
ταύτας  bk  διαμείβειν  τό  δλον  τή  νόσψ  καΐ  οδτως  άτονον^ 

τό  ίμ- 
φυτον  θερμόν  έΗυδατουν  τά  έν  ταϊς  φλεψίν.  Ίπποκρά•Γ^^ 
20  bi  έπι  παντί  σπλάγχνψ  κυρίψ  φησΙ  γίνεσθαι  τόν  \)bpvm€ß• 
bi'  δλου  μαραίνοντα  τό  θερμόν,  οδ  τή  άτονίςι  οΐ  υδρωπε-  ^ 
γίνονται  * :  — 

35. 
fol.  76  r: 

17  *  Τεινεσμου  αιτία  *    κε.    νδ '  (lin.  ο.  orn. 

asierisco   supra   pos^ 
Τόν  τεινεσμόν  ο\  αρχαίοι  δπαντες  συμφώνως  κατά  τετ 

τρόπον 
και  τήν  αΐτίαν(,)   κατάψυΗιν    δέ   του  απευθυσμένου  έ<ραι 

εΙναΓ 

36. 

fol.  78 γ: 

3  *  ^Αρθρίτιδος  αΙτία*    κε.    νς'  •  ' 

73γ   9  pro  τής  κοιλίας    antea   scriptum   ftiit  τών  έντέριυν  cui^ 
loco  litteris    sat    male    erasis  illud  substitatum  est  12  artaKniZc 

redire,  nec  simplcx  verbum  nec  compositum  inest  in    libris    lexicog^^^ 
phorum,  αυτις  lonice  pro  αΰθις,    fort,  άπαυθιίόντατν  scribendum,  qi^^^ 
alioquin  sermonis  lonici  nuUum  exstat  exemplum      18  &ιαμ€(β€ΐν]  H^' 
μ€{β€ΐ        19  ii\)b.]  έΗυοάτωνσιν 


Aneodota  medioa  Gfaeoa.  567 

η  Ahiav  τής  άρθρ(τι<)ος  όπέοοσαν  φλβγμονήν  περί  τάδρθρα 
(AivbeTiKuiv  νεύριυν  ίμφα . .  ν  γίνεσθαι ' 

37. 
fol.  78  ν: 
12  ♦  Ίσχιάδος  αΙτία*    κ€.    νΖ'  * 

Και  περί  τής  Ισχιάδος  (Τυμφώνιυς  οΐ  παλαιοί  ήτιολογήσαντο ' 
γίνεσθαι  hi  αυτήν  ((ρασαν  ύπό  φλεγματικιυτέρου  χυμού* 
15  ιΗσης  bk  τούτου  το  βάρος  καΐ  νάρκην  καΐ  ουσκινη- 
crfav  τοϊς  πεπονθόσι  παρέπεσθαι:  — 

38. 
fol.  79  ν: 
11  *  Ποδάγρας  αΙτΙα'    κε.    νη'.  ♦ 

ΌμοΓως  καΐ  τήν  τής  ποδάγρας  αΐτίαν  άπέδοσαν  ο  Ι  αρχαίο  Γ 
τιΰν   γάρ  περί  τους  πόδας  δρθρων  συνδεδηκότιυν  καΐ  τών 

νευρίλΐν 
φλεγμονήν  εΤναι  τήν  ποδάγραν  £φασαν  κα\  6τέ  μέν   ίιά  χο- 
»  λιχιυτέραιν  χυμών,  δτέ  δέ  έπΙ  φλεγματικών  γίνεσθαι  *  διό  καΐ 

γίνεσθαι 
βύτήν  δτέ  μέν  ψυχόντων,  ότέ  δέ  θερμαινόνηχιν:  — 

39. 
fol.  81  γ: 
» καΐ  μετά  ταΟτα  ώμή  λύσει  σκεπαστέον  • 


40. 
fol.  81  ν: 

*  - *    έλεφαντιάσειυς  αΙτία'    κε    νθ  » 

•  Τής  δέ  έλεφαντιάσειυς  τών  μέν  παλαιών  ουδείς  έμνήσθη 
Ιοτρών,  φιλοσόφων  δέ  Δημόκριτος  έν  τψ  περί  έλεφαν- 

τιάσειυς 
<χύτοΟ  βιβλίψ,  δπου  ύπό  πολλοΟ  φλέγματος  γλισχρώδους 
ΚαΙ  μυΗώδους  £φησεν  γίνεσθαι  ταύτην  δπου  έπΙ  τήν  έπι- 
φάνειαν  δια  φλεβών  έλθόν  έπλήσθη  δχθους  έπανάστασις, 

78  r  4  Ιίμφα . .  ν]  tarn  neglegenter  scriptum  itaque  atramento 
^^^Uinatam  ut  recognosci  non  iam  possit,  sed  ^μφραΕιν  ibi  legendum 
i^^taverim 

"iSy   15  πίστις]  πτίσις        16  παρέπεσθαι]  πορέπεται 
81  r  versns  20  arthritin  attinet  proinptue  ex  ea  parte  qua  curatio 
IP^ionis  illustratur 

81 V    9  έπλήσθη  αχθους   έπανάατασις  sie  cod.,   Hermannus  Diele 
^  epistola  ad  Zellerum  data  quam  hio  benigne   mecum  communicavit 


558  Fnohs  Aneodota  medioa  Chmeea. 

10  τό  bk  έν  αύτψ  θρομβωθέν  αίμα '  οΐτινες  νεκρόύμενοι  dirotri- 
πτουσιν  Ιπποκράτης  W  φησι  πληθυνούσης  τής  μελαΐντι^ 

χολής  (,) 
ήτις  χιυρήσασα  έπ\  τάς  τής  επιφανείας  φλέβας  αίμα 
μέν  έγχώννυσι  τή  γεώοει  αυτής  ούσίςι  καΐ  δχθους  έπονΙσττΐ(Πνι 
δσα  bk  τή  όίυτητι  ΖημιοΟν  τήν  έπίφάνειαν  ι&σπερ  γήν  61ο^  - 

(πλησβν  όχθώδους  έπαναστά(ΐ€ΐχις  ηοη  sine  quadam  veri  tpecie  oompa.- 
raiis  quae  hio  quoque  oomparavit  Qaleni  (ed.  Ku^n»  Lipa.  1821-3S^ 
XIV  757  f.  313  10   post   αΐμα  idem  lacunam  statuit  ene  ad  quam 

oomplendam  non  inepta  ei  visa  sunt  quae  Gktlenas  (1.  1.  V  117)  inde  • 
bieScXOdv  ttsque  ad  ίρ-χάΖεταχ  dizit;  ao  ne  haec  quidem  dieplioent 
quamquam  licet  ambigere  11  χολής  addidi  14  finem  non  refin* 
gere  quam  cum  dubitatione  refingere  malui. 

Nach  mir  zu  Theil  gewordener  sohrifÜicher  Hittheilnng  Bind 
andere  Männer,  in  deren  Gebiet  diese  interessanten  alten  medi- 
cinischen  Fragmente  fallen,  mit  Untersuchungen  über  die  Her- 
kunft dieser  doxographisohen  Berichte  befasst.  An  Soranos  mil 
Diele  (Anonymi  Londinensis  ex  Aristotelis  latricis  Menoniii  e^ 
aliis  medicis  eclogae,  Berol.  1893,  pag.  6  not)  zu  denken,  httin 
letzter  Hinsicht  nahe  genug  gelegen,  freilich  müssen  aber  rido 
andere  Zwischenglieder  zwischen  dem  Autor  und  der  Handschrift 
angenommen  werden.  Eine  ausfuhrliche  Besprechung  des  In* 
halte  zum  Beweise  des  hohen  Alters  und  des  grossen  Wertbes 
dieser  Fragmente  soll  folp^en,  sobald  nothwendigere  Dinge  erle- 
digt sein  werden. 

Dresden.  Robert  Fuchs. 


I 


569 


Autor-  und  Yerlagsrecht  im  Alterthum. 


Die  Anerkennung  and  der  Schutz  dee  sogen,  geietigen  Eigen- 
tumes sowie  die  Möglichkeit  seiner  Verwerthang  anch  ttber  die 
'tit  hinaus,  in  der  ein  Erzeagniss  des  Oeistes  —  ich  denke  za- 
chst an  litterarische  —  zum  ersten  Haie  bekannt  gemacht  wird, 
olten  mit  Recht  als  eine  Errnngenschaft  unseres  Jahrhunderts. 
κ  ftist  allen  Staaten  haben  sie  in  der  Form  von  Gesetzen  be- 
immten  und  mehr  oder  weniger  ausgedehnten  Ausdruck  gefun- 
)ii.  Einem  Autor  ist  dadurch  im  eignen  Lande,  unter  gewissen 
ddingungen  auch  in  den  meisten  andern  Kulturländern,  so  lange 
lebt  und  noch  durch  einige  Zeit  nach  seinem  Tode  das  allei- 
S«  Recht  auf  die  Vervielfältigung  einer  Schrift  von  ihm  gewähr- 
^8tet.  Von  diesem  Recht  macht  er  in  der  Regel  durch  Ueber- 
^^ng  an  einen  Verleger,  seltener  auch  als  Selbst  Verleger 
dlrauch,  und  die  darauf  beruhenden  rechtlichen  Verhältnisse 
statten  uns,  von  einem  Verlagsrecht  zu  sprechen,  welches  in 
alleren  Zeiten  durch  Privilegien  und  Nachdrucksverbote  geschützt 
^rden  musste,  gegenwärtig  aber  seine  ausreichende  Basis  im 
tttor-  oder  Urheberrecht  hat. 

Die  Frage,  ob  es  ein  Verlagsrecht,  gleichviel  auf  welcher 
Endlage,  bereits  im  Alterthum,  d•  h.  bei  den  Griechen  und 
^xnem,  gegeben  hat,  wird  sehr  verschieden  beantwortet.  Die 
^iJologen  behaupten  zum  Theil  entschieden  seine  Existenz.  So 
iicht  Th.  Birt,  Ant.  Buchw.  (1882)  S.  358  Anm.  2  ausdrück- 
'li  von  einem  Verlagsrecht  (vergl.  S.  360),  obschon  er  S.  359 
^ch  einzelnes  anführt,  was  damit  im  Widerspruch  steht.  Ihm 
'^  Fr.  Blase  im  Handb.  d.  kl.  Alt.-Wiss.  I  S.  31 9  f.  in  allem  we- 
^Dtlichen  gefolgt,  ohne  freilich  ebenso  bestimmt  sich  zu  äussern. 


560  Dziatzko 

L.  Haenny  dagegen,    Schriftet.   α.  Bnchh.    L  alt.  JEtom  (2.  kA* 
1885)  S.  107 ff.  sucht  aaeznfiihren,  dass  'man  im  römischen  ΑΚβ<^ 
thnm  vom  Verlagsrecht  überhaupt  nicht  sprechen  kann*;  einbe" 
sonderes    Autorrecht    scheint    er   indess   anzunehmen,    wenn  eT* 
schreibt  (S.  107):  *Das  Recht  der  Autorschaft  wurde  anerkannt« 
um  es  zu  erwerben,    war   ein  Contrakt  nöthig^      Dieses  Seck'fc 
musste  mit  Geld  erkauft  werden*.     Diese  von  ihm   durch  niehte 
bewiesene  Behauptung,  die  ihrem  Inhalt  nach  auch  Nicht-Juristen 
höchst  bedenklich  erscheinen  muss,   hebt    er  alsbald  so  ziemlich 
durch  den  Zusatz  auf:  ^  Rechtliche  Bestimmungen  über  diesen  Ge- 
genstand sind  uns  dagegen  keine  bekannt'.     L.  Friedl&nder,  SitL 
R.  IIIi^  (1881)  S.  881  leugnet  jeden  Rechtsschutz  für  den  Autor 
wie  für  den  Buchhändler,  während  Marquardt,  H.  d.  R.  A.  ΥΠ  i* 
(1886)  die  Rechtsfrage  bei  Seite  lässt  und  sich  S.  829  nur  gegen 
die  Annahme  einer  Zahlung  von  Schriftstellerhonorar  seitens  der 
Buchhändler  ausspricht,  die  —  nebenbei  bemerkt  —  von  Andern 
ebenso  entschieden  behauptet  wird«  — -  Die  Juristen  leugnen  Μ 
durchweg  das  Bestehen  eines  besonderen  Yerlagsreohts   bei  des 
Römern    —    denn  von   diesen    allein  fliessen  die  Quellen  rüeh- 
licher'  — ;  z.  6.  Aug.  Gh.  Renouard,  Tr.  d.  droits  d*aat  I  (1838) 
S.  8,  14 f.;  Ose.  Wächter,  Verlagsr.  (1857)  S.6,98f.  und  Autoff• 
nach  d.  gem.  dt.  R.  (1875)  S.  21  f.;    Eng.  Pouillet,    Propr.  litt. 
(1879)  S.  2 ff.;    Ch.  Lyon-Caen  et  P.  Delalain,    Lois  s.  1.  propr. 
litt.  I  (1889)  S.  XXIV f.;  Alb.  Osterrieth,  Altes  u.  Neues  z. Lehre 
V.  Urheb.  (1892)  S.  5;   Lewis  in  Holtzendorff's  R.  L.*  u.  Urhe- 
berrecht.    J,  Eohler    in  der  IL  umfang-    und  inhaltreichen  Bei- 
lage  seines  Aufsatzes    über    das  Autorrecht    (Ihering's  Jahrb.  f• 
Dogm.  XVIII  [1880]  S.  129—478),    worin    er   den    Spuren  d» 
Autorrechtsgedankens  bei  den  Römern  nachgeht  (S.  448  ff.),  nimnit 
insofern  einen  besondern  Standpunkt  ein,    als  er  meint  (S.  454)y 
dass  der  Autor  in  der  Regel    sein  Manuskript  an    den  Verlege 
verkauft  habe  und  das  Recht  am  Autorgut  dann  mit  dem  EigeO' 
thnm   am  Manuskript    in    der  Verkehrsanschauung    zusammeng^' 
schmolzen  sei.     Ueberdies  hätten  statutarische  Bestimmungen  ^^ 
Kreise  der  Buchhändlerkollegien  (8.  459  f.)  sowie  kaiserliche  ?^' 


^  Von  einem  contractlichen  Verhältniss  zwischen  Schriftstell^ 
und  Buchhändler  bei  den  Römern  zu  Μ artials  Zeiten  spricht  auchWili•• 
Schmitz,  Schrifist.  u.  Buchh.  in  Ath.  (Progr.  v.  Saarbrücken  1876)  S.  3• 

2  Vereinzelte  Ausnahmen  führt  J.  Kohler  [β.  oben  splter] 
S.  457  an. 


Antor-  und  Verlagsrecht  im  Alterthum.  56^ 

egiep  (Monopole)  zu  Gansten  der  Verleger  (S.  460  ff.),  von 
nen  wir  nur  nichts  wissen,  einen  Ersatz  bieten  können  für  den 
ingel  an  schützenden  Rechtssätzen.  Kühleres  Darstellung  ist 
ι  Gfanzen  und  Einzelnen  natürlich  nicht  ohne  Einwirkung  auf 
fitere  geblieben.  Die  Juristen  kamen  zu  dieser  im  ganzen  ein- 
äthigen  Auffassung  der  Frage  aus  ihrer  Eenntniss  des  röm. 
ftdits,  d.  h.  im  Grunde  aus  dem  Schweigen  der  zahlreichen  röm. 
dektsquellen  über  diesen  Punkt,  der  trotz  des  ausgebreiteten 
terariechen  Treibens  der  Eaiserzeit  anscheinend  zu  keinem  schrift- 
tb  fixirten  Sechtsspruch  Anlass  gegeben  hat  Da  diese  Beweis- 
hrang,  so  sehr  wir  ihr  Gewicht  im  Grunde  anerkennen  müssen, 
r  negativer  Natur  ist  und  namentlich  die  scheinbar  widerstrei- 
iden  Stellen  der  röm.  Klassiker  dabei  keine  Erklärung  gefun- 
s  haben,  andererseits  die  Philologen,  wie  wir  sahen,  getheilter 
uicht  sind,  so  sei  es  gestattet,  die  Sache  im  Zueamntenhang 
t  den  einschlagenden  Verhältnissen  des  antiken  Boebweaens 
nulegen. 

Als  Ergebnies  meiner  Untersuchung  schicke  ich  vorane, 
SS  es  im  Alterthum  wirklich  weder  ein  besonderes  Autor-  noch 
I  Verlagsrecht  gegeben  hat,  d.  h.  weder  ein  klagbares  Becbt 
I  Schriftstellers  oder  seiner  Eechtstiachfolger,  über  die  Ver- 
ditung  seiner  litterarischen  Erzeugnisse,  nachdem  er  sie  erstmals 
I  der  Hand  gegeben,  allein  zu  verfügen,  noch  auch  ein  ent- 
rechendes Recht  der  Buchhändler,  die  Schrift  eine•  Anton 
igere  oder  kürzere  Zeit  hindurch  allein  in  Abschriften  zu 
rbreiten.  Nur  so  lange  die  Schrift  eines  antiken  Autors  in 
Den  Händen  blieb,  war  sie  natürlich  als  sein  Privateigenthum 
ichützt  und  konnte  von  ihm  verschenkt  oder  verkauft,  Privat- 
ten  oder  Buchhändlern  zum  Abschreiben  überlassen  oder  auch 
selbstbesorgten  Abschriften  verbreitet  werden.     Nur  die  noeh 

Privatbesitz  des  Autors  befindliche  Schrift  war  rechtlich  vor 
er  Benutzung  durch  Andere  geschützt.     Wir  ersehen  aus  Dig. 

tit.  1,  IX  §  1^,  auf  welche  Stelle  Herr  Kollege  Job.  Merkel 


1  LiUerae  quoquet  licet  aureae  sint,  perinde  ehariis  membranisque 
Mnt,  ac  solo  cedere  scIUnt  ea,  quae  aedificcmtur  aut  senaUur.  Ideoque 
t'n  chartis  membranisve  tuis  Carmen  cd  hUtariam  vd  orationem  serip- 
^,  hmu8  corporis  non  ego,  sed  tu  dominus  esse  intdligeris,  Sed  si  α 
■  pekts  tuos  libros  tuasve  membranas,  nee  impensas  seripturae  solvere 
u,  potero  me  defendere  per  exceptionem  doli  nuüi^  uUque  si  bona  fide 
rum  possessionem  nactus  sim. 

BJMla.  Hu.  t  PhOoL  M.  F.  XUX.  36 


562  bsiatEko 

mioli  freundlichet  aufmerksam  machte,  wie  geringen  Werih  miA 
der  scriptura  im  Yerhältniee  zur  charia  oder  mem&rana  beimasii 
abweichend  von  der  pictura  im  Yerhältniee  zur  iabukij  und  das« 
die  Frage  nach  dem  Verfasser  des  Schriftstflckes  und  dem  Recht 
es  abzuschreiben  gar  nicht  erhoben  wurde.  Andererseite  ist  ans 
Ulpians  lib.  II  ad  ed.  (in  Dig.  32  tit.  76  e^artis  JegaÜs  nmo 
dicet  scripturas  et  libros  iam  factos  legato  eedere.  hoc  idem  ä  m 
tabtdis  est;  vergl.  Inst.  II  1,  33)  wohl  die  Anerkennung  des 
litterarischen  Werkes  als  eines  besonderen  Eigenthumsgegenetan- 
des  zu  schliessen,  aber  nur  in  Bezug  auf  unyeröffentlichte,  noch 
nicht  yerwerthete  Schriften.  Wenn  Horaz  a.  p.  131  (JMlka 
matefies  privati  iuris  erit,  si  Non  drca  vUem  pattdumqiie  more- 
heris  orbem)  von  dem  Privatrechte  eines  Autors  spricht,  so  gflt 
das  natürlich  nur  in  bildlichem  Sinne:  die  eigenartige  Bebaod- 
Inng  einer  griechischen  Vorlage  (Y.  133  f.)  stemple  ihn  zumselb- 
stSndigen  Yerfaseer. 

Eine  Yerwerthung  litterarischer  Erzeugnisse  war  dem  Aher- 
thnme  keineswegs  fremd.  In  Athen  und  anderwärts  in  Griechen- 
land lebten  Redner  von  der  Abfassung  der  Gerichtsreden  ftr 
Andere,  Dichter  wie  Simonides,  Pindar  und  überhaupt  die  Meüker 
von  dem  Ehrensold  der  Städte  und  einzelner  Männer,  fär  diene 
auf  Bestellung  Chorgesänge  verfassten.  In  Bom  verkauften  die 
ecenischen  Dichter  ihre  neuen  Stücke  —  aber  nur  diese  —  an 
die  Theaterdirektoren*;    vergl.   Ter.  Hec.  56 f.  mihique    (dem  I*- 


*  Dass  die  Festgeber,  die  am  Erfolg  der  Aufführung  ein  lebhaf- 
tes Interesse  hatten,  sich  sehr  häufig,  wenn  nicht  in  der  Regel  an  i^^ 
Auswahl  des  Stückes  betheiligten,   so   dass   erst   auf  Grund  ihrer  Zu  ^ 
Stimmung  der  Direktor  mit  dem  Dichter  abschliessen  konnte,  oder  (ia*^ 
sie  sich  unter  Umständen  die  Wahl  und  den  Ankauf  ganz  vorbehielteiB^'r 
zeigen  Eun.  20  postquam  acdiUs  enierunt  (Eunuchum)  und  Suet  Bei^« 
S.  28  f.    Der  Dichter  hatte  dabei  kein  Risiko  (s.  Ter.  Hec.  6  f.  56f.un4i 
besonders  in  Bezug  auf  Plautus  Hör.  a.  0.;  dass  der  Kaufpreis  deeC^' 
nuch,  der  ganz  besonders    gefallen    hatte,    nachträglich    erhöht  wurl^ 
(Suet.  S.  29.  35),  war  eine  Ausnahme  und  freiwillige  Handlung  derAt^ 
dilen.     Anders  stand  es  mit  den  Direktoren,  deren  Leistung  Dicht  wi^ 
die  des  Dichters  bereits  vor  der  Aufführung  zur  Beurtheilung  vorla?» 
sondern   erst  in  dieser  selbst  zum  Ausdruck  kam.     Da  ist  es  erklarlic** 
und  war  es  nicht  unbillig,   dass  sie  auch  materiell  am  Erfolg  der  ein- 
zelnen Aufführung  betheiligt  waren,  wie  aus  Hec.  V.  56  f.  zu  schliesse'* 
ist;  vergl.  besonders  Donat  z.  d.  St.  pretio  emptas  meo]  aestimatwnf  ^ 
me  facta,  quantum  aedilcs  darent:   et  proinde  me  periclüante,  si  abi^^^^ 
fabula  α  me  pretium,  qtiod  poetae  numeraüerintf  rcpetant  usw. 


I 


Antolv  nnd  Verlagsreoht  im  Alterthom.  56S 

AmbiTinfl  Tarpie)  ut  discere  Notias  eapediat  posihac  pretio  emp- 
l  Ua  meo.  Von  Plautue  erfahren  wir  ee  ans  Hör.  ep.  II  1,  175  f. 
^  (etitU  mim  nummum  in  lacülos  demittere^  post  hoc  Securits,  cadai 
an  reeto  stet  foibula  täto)  nnd  der  Mimograph  Laberine  schreibt 
T.  55  Ribb.  in  einem  Prolog  Versorum^  non  nummorum  nuimero 
\  Mkmms  (vergl.  Dziatzko  in  Jen.  LZ.  1 875  S.  250).  Terenz 
[  wollte  leine  Hecyra,  die  infolge  eigenthümlicher  Yerhältniese  dae 
u  ente  Mal  (589  d.  St.)  nicht  anfgeführt  werden  konnte,  sich  noch- 
nali  bezahlen  lassen  (Hec.  6f.)^,  was  im  Orunde  beweist,  dass 
mit  der  (einmaligen)  ersten  Veröffentlichung  ein  Drama  wie  ans 
dem  Besitz  so  ans  dem  alleinigen  Yerftignngsrecht  des  Verfassers 
•otiehied.  Dass  bereits  aufgeführte  Stücke  noch  bei  Lebzeiten 
dei  Dichters  Gemeingut  wurden  und  verschiedene  Direktoren, 
dmnter  auch  dem  Dichter  minder  erwünschte,  sie  auf  die  Bühne 
bringen  durften,  lehrt  Plaut.  Bacch.  214f.  (EtUxm  Epidieum  quam 
φ>  fabtdam  aequc  ac  me  ipsum  amoj  NtiUam  aeque  inuitua  specto^ 
«i  agU  FdUo)^. 

Um  Verkauf  aus  dem  Privatbesitz  handelt  es  sich  auch 
•n  der  Stelle  des  jüngeren  Plinius  (ep.  III  5,  17),  wo  dieser  von 
^nem  Oheim  berichtet,  er  hätte  seine  Excerpte  und  Kommen- 
^ve,  die  später  der  Neffe  erbte,  in  Hispanien  an  Largius  Licinus 
^  400,000  Sesterze  verkaufen  können.  Wahrscheinlich  hatte 
dieser,  ein  Beamter  und  Schriftsteller,  kein  Buchhändler,  sich  mit- 
^Ut  jener  Rollen  der  Mühe  eigener  Sammlungen  überheben  wollen'. 


1  Et  18  qui  scripsit  hanc  ob  tarn  rem  noJtitt 

Herum  referre,  ut  iterum  posset  uendere, 
^i^tichtig  beurtheilt  diese  Verhältnisse  H.  T.  Karsten  in  Mnemos.  Bd.  22 
C^BS4)  S.  9  Anm.  3  und  S.  42  sowie  m.  Er.  auch  J.  Kohler  a.  0.  S.  4(i6f. 
^^hrscheinlich  hatte  Ter.  in  diesem  Falle  sein  Stück  nach  der  ersten, 
'^•^^  versuchten  Aufführung  auch  nicht  in  Abschriften  verbreitet,  was 
^^  gelungenen  Aufführungen  damals  wohl  in  der  Regel  geschah  zur 
^^lerung  des  litterarischen  Erfolges. 

^  Anders  urtheiite  Ritschi,   Par.  S.  331,   und    ich   selbst  im  Rb. 

^Us.  Bd.  21  S.  471  ff.    Dass  gerade  im  Dienste  der  Bühne   die  Schrift- 

*^^llerei  —  im   Gegensatz   zur  andern    —    den  Dichtem  Unterhalt  ge- 

^^brte,  zeigt  luv.  VII 87  (Emrit,  intactam  Paridi  nisi  vendat  Agaven) 

^*^ta  V.93  (quem  ptdpita  pascunt)]  vergl.  Ovid.   trist.  II  507 ff.   Quoque 

^^nua  prodestf   aeaena  est  lucrosa  poetae,   Tantaque  non  parvo  erimina 

^^^Qetor  emit  usw.   und   Macrob.  Π  7,  7    (citirt   von   J.   Kohler   a.   0. 

^•464). 

*  Ebenso  verhielt  es  sich   mit   den  Eknchi  annalium  Enni   des 


564  Dsiatzko 

Im  Grande  daseelbe  rechtliclie  Yerhältniee    gilt    in    den  Fallem 
wenn  Dichter,  die  von  ihrer  Schriftetellerei  lebten,  ihre  Prodnkt^ 
zugleich  mit  dem  Anspruch  auf  die  Autorschaft  yerkaiiften  (Hirt• 
XII  46  VendufU   carmina   Qallus   ei  Lupereus).     Solche  Kiufef 
fremder  Gedichte  und  Pseudo-Dichter  waren  Paulas  (Hart  Π  20 
Carmina  Paulus  emitj  recüat  sua  cartnina  Paulus.  Nam  ^loamaSw 
possis  iure   voeare   iuuml;    ebenso  Gaditanus  (Mari  X  102,  3f• 
{Geiditanus  .  .  .  Qui  scribii  nihil  et  tarnen  poeta  est).   Hartial  Mmt 
fordert  den  Fidentinus,  der  Martials  Gedichte    als    eigene  yorltf 
und  auch  in  Abschriften  verbreitete  (I  29;  88;  53;  72  und  irolil 
auch  I  52,  66),  auf  —  indess  nur  ironisch  ^  —  ihm  doch  unrer* 
öffentlichte  Gedichte  und  das  Schweigen    über  seine  Autonohtfi 
abzukaufen,  so  dass  er  sie  dann  für  eigene  ausgeben  könne'.  Sin 
ähnlicher  Plagiarius  ist  XII 63  gemeint,  nicht  indees  auch  YII 77, 
wie  Friedländer  in  Anm.  zu  XII  46  angibt. 

Sicher  geht  aus  diesen  Stellen  hervor,  dass  auch  lyrische  Ge- 
dichte unter  Umständen,  indess  nur  ausnahmsweise  (Mart.  ΧΠ  46)« 
vom  Verfasser  verkauft  worden.  Ausserdem  daraus  mit  Hienny 
a.  0.  auf  ein  besonderes,  contractlich  tibertragbares  Automdit 
zu  schliessen,  geht  nicht  an.  Dass  die  Gedichte  geistig  dae 
Eigenthum  ihrer  Verfasser  waren  und,  verkauft  oder  nicht 
kauft,  blieben,    liegt   in  der  Natur  der  Sache.     In  diesem  Sinn« 


Grammatikers  Pompilius  Andronicus,  welche  dieser  nach  Sueton(Rei^- 
S.  lOß)   aus  Armuth    einem   Ungenannten    zur  beliebigen  Verwendung 
verkaufte  und  die  Orbilius  später  zurückkaufte,    um    durch    ihre  Ver- 
öffentlichung  das  Werk    und    den  Autor  zu  Ehren    zu  bringen  (vergl- 
Haenny  S.  81).     Gleiches  galt   schon  vorher   von    den   3  Büchern  de^ 
Philolaos,  welche  Plato,  und  denen  des  Speusippos,   welche  Arietotele• 
für  vieles  Gold  gekauft  haben  soll   (s.  Gellius   ΙΠ   c.  17   und  Diog.  L*- 
III  9  und  IV  1,  11).     Es  waren,    wie  Gell.  ΙΠ  17,  4ff.  lehrt,  Inedit^ 
für   die    dann    Affectionspreise   gezahlt    wurden.      Daraus    mit  Will*• 
Schmitz  a.  0.   S.  17  f.  Schlüsse  auf  hohe  Bücherpreise  und  geringe  ß^' 
cherverbreitung  im  allgemeinen  zu  machen,  geht  nicht  an. 

*  Ohne  Grund  behaupten  Renouard  S.  10  und  Birt  S.  354,  Marti»i 
habe  auch  selbst  seine  Schriften  verkauft. 

2  Mart.  I  29,  4  Si  dici  tua  vis,  hoc  eme,  ne  mea  sitU ;  I  66,  5' 
Secreta  quaere  carmina  et  rüdes  curas  Quas  novit  unus  scrinioque  sigf^ 
tos  Custodit  ipse  virginis  pater  chartae  .  .  .  Mutare  dominum  nonpc^ 
Über  notus.  Sed  .  .  .  si  quis  est  nondum  .  .  .  cuUus  .  .  .,  Mercare:  ίβ^ 
habeot  nee  seiet  quisquam,  Aliena  quisquis  recitat  et  peUt  famam,  λο* 
emere  librum,  sed  silentium  debet. 


Autor-  und  Verlagsrecht  im  Alterthnm.  565 

pb  er  jederzeit  ihr  dwmnusK  Jedoch  als  Yermögeosobjekt  galt 
I  geistige  Erzeagnise  —  und  darin  liegt  der  Unteraohied  von 
I  modernen  Anechaunngen  —  nur  so  lange,  als  es  in  den  Hän- 
1  des  Verfassers  war.  Das  geistige  Anrecht  konnte  darch 
nen  Vertrag  tibertragen  werden;  jede  Bemfang  aof  einen  aol- 
in  hätte  ja  den  Sachverhalt  bekannt  gemacht.  Nor  veraehwie- 
I  konnte  der  wahre  Autor  werden,  wie  Martiai  selbst  sagt 
66,  14),  und  dann  ein  falscher  an  seine  Stelle  treten•  Daee 
rtial  den  Plagiarine  wegen  Diebstahle  gerichtlich  belangen 
inte  {actio  fwrti\  ging  nicht  an,  eben  weil  kein  materieller 
laden  auf  Seiten  des  echten  Autors  nachweisbar  war,  und  wir 
wen  auch  von  keinem  solchen  Prozesse.  Martiai  bezeichnet 
ur  in  zwei  Gedichten  den  Pseudo-Dichter  als  für  (I  53,  12 
I  66,  1)  oder  wirft  ihm  furtum  vor  (I  53,  3)^;  auch  stellt  er 

dem  Namen  plagiariua  (I  52,  9)  denjenigen,  der  geistige  Er- 
wiese stiehlt,  dem  Menschenräuber  gleich,  als  seien  sie  belebte 
»en  (s.  Renouard  a.  0.  S.  16).      Diese  Ausdrücke  sind  aber 

bildlich  zu  nehmen  und  fussen  auf  keinem  wirklichen  Bechts• 
hältniss  ^. 

Dass  andererseits  der  geistig  durch  Plagiat  Beraubte  im  alten 
η  sich  völlig  schutzlos  dem  Diebe  gegenüber  befand,  wie  Se- 
ard  S.  15  behauptet,  und  dass  die  so  geschädigten  SchrifUteller 

durchaus  darauf  beschränken  mussten,  wie  Martiai  in  sehr 
ksamer  Weise  that,  den  Plagiarius  litterarisch  durch  Epigramme 
den  Pranger  zu  stellen,  scheint  von  vom  herein  wenig  glaub- 
.  Herr  Kollege  Begelsberger  sprach  mir  auch  als  seine  Ueber- 
^ng  aus,  dass  dem  Autor,  dessen  Schriften  ein  anderer  unter 
lem  Namen  wider  Willen  jenes  veröffentlicht  hatte,  gegen  die- 
eine  actio  iniurtarum  mft  Aussicht  auf  Erfolg  freistand ;  der 
riff  der  iniuria  sei  überhaupt  ein  viel  weiterer,  als  wir  unter 
leidigung    zu  umfassen  pflegen^.     Alles  was  irgendwie  einen 


1  Mart.  I  52,  6;  53,  2;  66,  9.    Sen.  de  ben.  VIl  6,  1. 

^  Ebenso  nannten  die  Gegner  des  Terenz  diesen  fwr  wegen  eines 
üblichen  Plagiats  (Eun.  23;  vergl.  Ad.  13). 

^  Aus  Alexandrien  erzählt  Vitruv  praef.  zu  Buch  Vll  anekdoton• 
einen  Fall  von  Kabinetsjustiz  eines  Ptolemäers  gegen  Plagiatoren, 
ei  er  sich  nach  Vitruv  einer  actio  furti  bediente.  In  Rom  wäre  eine 
le  ohne  Erfolg  geblieben. 

^  Instit.  4  tit.  4 :  Generaliter  iniuria  dicitur  omne  quod  non  iure 
vergl.  eb.  §  1. 


566  DsiatEko 

Eingriff  in  die  Intereeseneph&re  einer  Person  bezeioline,  dieser 
frivoler  Weise  zu  nahe  trete,  lasse  sich  als  ^iniuna^  im  joriel 
sehen  Sinne  anffassen.  Nach  Instit.  4  tit  4  §  8  Hess  die  h 
Ck)melia  de  iniuriie  eine  iniuriarutn  actio  unter  anderem  zu,  wei 
einer  das  Hans  eines  anderen  mit  Gewalt  betreten  hatte,  wob 
'domns*  eine  möglichst  weite  Auslegung  erfuhr;  dasselbe  leh 
uns  noch  ausführlicher  Dig.  47  tit.  10,  V  §  1 — 5  (aus  Ulpis 
und  ΧΧΠ1  (aus  Paulus)^.  Eine  Minderung  seines  Ansehe 
konnte  doch  der  wirkliche  Verfasser  einer  Schrift,  die  Gkltni 
erlangte,  mit  Grund  darin  sehen,  dass  ein  Theil  des  Publikni 
eine  fremde  Person  statt  seiner  für  den  Verfasser  hielt  Aber  n: 
auf  Umwegen,  so  zu  sagen,  konnte  der  bestohlene  Autor  Beetr 
fung  des  Diebes  erwirken;  ein  besonderes  Autorrecht  kam  tai 
so  nicht  in  Frage. 

Doch  ich  kehre  nach  dieser  Abschweifung  über  das  Fl 
giat  zu  der  Frage  vom  Schriftstellerhonorar  zurück.  Priiu 
piell  wäre  nach  dem  bisher  Ausgeführten  eine  Honorarzahlai 
von  Seiten  eines  Buchhändlers  an  den  Autor  nicht  ausgeschlos» 
gewesen  für  ein  Werk,  von  dessen  Vervielfältigung  jener  ή 
Nutzen  versprach,  selbst  bei  der  Annahme,  dass  es  an  einem  Beo 
des  alleinigen  Vertriebes  der  bezahlten  Schrift  fehlte.  DerBac 
händler  musste  nur  die  Möglichkeit  sehen,  durch  den  rasch 
Verkauf  der  auf  einmal  in  den  Handel  gebrachten  Abschrift 
mindestens  anf  seine  Kosten  zu  kommen.  Gleichwohl  fehl 
sichere  Beispiele  für  eine  solche  Honorarzahlung  durchaus.  1 
Gegentheil  nrtheilt  Horaz  (a.  p.  345)  von  einem  guten  Buc 
(V.  843  f.)  nicht  dass  es  dem  Verfasser,  oder  diesem  und  d( 
Verleger,  sondern  nur  dass  es  diesem,  dem  Verleger,  Gewi 
bringt  {Hie  meret  aera  liber  Sosiis)^  und  auch  Martial  XII 
(s.  oben)  tadelt  ganz  allgemein  den  Verkauf  von  Gedicht 
Selbst  Schriftsteller  von  dem  Ansehen  eines  Cicero  mussten  un 
Umständen  die  Kosten  der  Veröffentlichung  ihrer  Schriften  ζ 
Theil  selbst  tragen  (ad  Att.  XIII  25,  3  quoniam  impensam  /< 
mtis  in  macrocolla;  hier  wegen  der  besseren  Ausstattung).  Bi 
Annahme  (S.  354),  welche  Blass  a.  0.  S.  319  wiederholt,  Cic 
habe  von  seinem  Verleger  gewisse  Prozente  des  Gewinns  erl 
ten,    ist  völlig    unerwiesen  *.     Ad  Att.  ΧίΠ   12,  2    (Ligariar 


*  Vergl.   eb.  XV    §  31 :    St  quis   bona  alicuiifs  vel  rem  unam 
initinam  occupaverit  iniuriarutn  actione  tenetur. 

2  Vergl.  Haenny  S.  48  ff.,   der    indess  vendidisti   an  obiger  St< 


Autor-  nnd  Verlagsrecht  im  Altertham.  567 

proectore  vendkUsH:  posthae  quicquid  scripsero,  übt  praeconium 
a€feram\  auf  welche  Stelle  allein  eich  Birt  beruft,  erklärt  Cicero 
yielmehr,  er  wolle  dem  Atticus,  der  aU  sehr  rühriger  und  ge- 
sohiokter  Buchhändler  die  Rede  pro  Ligatio  trefflich  verkauft 
«od  damit  verbreitet  hatte,  künftig  alle  seine  Schriften  sur  Ver- 
breitung übertragen.  Durch  ihn  hoffte  er  sie  am  besten  bekannt 
η  machen  —  daher  praeconium  deferam;  denn  darauf,  auf  mög- 
liohst  auegedehnte  Wirkung  der  Schriften  und  auf  den  schrift- 
itallerischen  Ruhm,  kam  es  ihm,  wie  überhaupt  den  Autoren  des 
Alterthums  bei  Veröffentlichung  ihrer  Schriften  vor  allem  an. 
Seine  Academica  arbeitete  Cicero  um,  obschon  Atticus  von  der 
frfiheren  Ausgabe  bereite  Abschriften  hatte  anfertigen  lassen  (ad 
Att  XIII 13).  Deren  Zustimmung  hatte  er  offenbar  nicht  vorher 
eingeholt  Κ  £β  bestand  eben  kein  rechtliches  Verhältniss  zwischen 
üineD  und  einer  freundschaftlichen  Beurtheilung  des  Verhaltens 
fkibte  er  sicher  zu  sein. 

Auf  einem  andern  Wege  konnten  Schriftsteller  in  dürftigen 

Verhältnissen  auf  eine  Verwerthung  ihres  Talentes  rechnen,  durch 

Widmung  nämlich  ihrer  Schriften  an  reiche  Grönner,    welche  für 

deren  Inhalt  sich  interessirten  und  an  der  £hre  Gefallen  fanden, 

welche  durch   die  preisenden  Worte  beliebter   und    vielgelesener 

Autoren  ihnen  erwuchs.      Zunächst   waren  Abschriften   litterari- 

toher  Produkte  überhaupt  nur  zur  Verbreitung  in  solchen  Kreisen 

bestimmt,  bei  denen  der  Schriftsteller  ein  Interesse  für  den  Inhalt 

▼oraossetzte,  und  es  ist  nur  ein  weiterer  Schritt  auf  diesem  Wege, 

Wenn  die  Gabe    einem  Einzelnen  namentlich    zugeeignet  wurde. 

b  diese  auf  der  Gemeinsamkeit  geistiger  Interessen  basirte  Sitte 

Huschten  sich  mit  der  Zeit  äussere,  selbst  grob  materielle  Rück* 

*^<)liten.     Bei  den  Griechen  findet  sich  der  Brauch  des  Dedizirens 

^om  vor  Alexander  d.  Gr.     Erst  die  hellenistische  Zeit  mit  der 

^^sbildung  scharfer  Gegensätze  von  Reich  und  Arm,  Mächtig  und 

Gering  beförderte  das  Gönner-  und  Eliententhum  der  litterarischen 


^Msch  erklärt  (S.  53  ff.)  und,  abgesehen  von  anderem,  worin  ich  ihm 
^^oht  beistimmen  kann,  S.  55f.  einzelne  gelegentliche  Züge  aus  dem 
^Qrhaltniss  zwischen  Cicero  und  Atticus  mit  unrecht  verallgemeinert; 
^*  Β.  wenn  er  sagt  (S.  55):  *Hat  der  Buchhändler  einmal  die  Herans- 
^be  übernommen,   so  ist  er  doch  immer  verpflichtet,    weitere  Ordros 

^es  Autors  zu  gewärtigen*  usw. 

^  Cic.   ad  Att.  XIII  13,  1    tu  iUam  iaeturam  feres  ctequo  animOy 

ψΛΟά  iüa  quae  habea  de  Äeademicis,  frustra  descripta  sunt:  muUo  tarnen 

haec  erunt  eplendidioraj  brevioray  meliara. 


568  Dziatzko 

Welt.     Auf  grieohisohe  Vorbilder    dürfen  wir  die  bei  römisebei^ 
Scbriftetellem  frübzeitig  üblicbe  Sitte,  ibre  Werke  bei  dem  ente<^ 
Sobritt  in  die  Oeffentlicbkeit  einem  Freunde  oder  Gönner  in  wiii^' 
men,    obne  Bedenken    zurückfübren.     Anfange  spielten,   wie  &^ 
Scbriften  des  Cato,  Varro,  Cicero,  wobl  auob  bereite  desLuciliiEe 
(z.  B.  XXX  11  n.  a.  m.)  zeigen,  innere  Beziebungen  die  Hauptrolle  9 
wäbrend  in  der  Eaiserzeit  das  Widmen    einzelner  Gediobte  od^x" 
Bücber,  namentlicb  solcber,  die  auf  einen  grosseren  Leserkreis  noh.^ 
nen  konnten,  zu  einer  verscbämten  Form  der  Bittstellerei  wirdp-. 
Die  Oedicbte  des  Statins  und  Martial  lebren  das  deatliob,  das  Ver— 
bältniss  des  Horaz  zu  Mäoenas  bildet  den  nocb  fttr  beide  Theile 
ebrenvollen  Anfangt.     Gerade  Horaz  bat  c.  IV  8  das  'preikm 
besungen,  die  Unsterblicbkeit,  welcbe  zu  verleiben  der  Dicbtergibe 
zustebt;    ein  Preis,  mit  dem  spätere  Dichter  und  andere  ScKrift* 
steller  sebr  wobl  zu  reebnen  wussten.     Martial  meint  ep.  X  74, 7 
mit  dem  ^prctemium  liheUorxm    nicht,  wie  Blass  a.  0. 1  S.dl9tii' 
nimmt,  'das  feste  Honorar*  der  Scbriften,  sondern  Ebrengaben der 
Patrone  \   So  fest  gestaltete  sieb  sogar  dies  Verbältniss,  dass  Hart. 
I  52    zu    Quintianus    von   '  deinem    Dichter'    {tuus   poeta  T.  3) 
spricht. 

Aus  der  Frage  nach  der  Verwertbung  litterarisober  Erzeug 
niese  bat  sich  somit  ein  besonderes  Autorrecht,    das    nocb  nach 
ihrer  ersten  Mittheilung  an  Andere  bestanden  hätte,    nicht  arge* 
ben.     Mancherlei  spricht    aber    noch  ausserdem    direkt  dagegen- 
Dass  Platons  Schüler  Hermodoroe  mit  den  Dialogen  seines  Leb* 
rers  ausserhalb  Athens  Handel  trieb    —    denn    dort   wurden  ei^ 
wohl  sonst  schnell  und  in  weiten  Kreisen  durch  Abschriften  ve^" 
breitet  — ,  wurde  ihm  stark  verdacht  und  machte    ihn  zum  Ge- 
genstand eines  persönlichen  Angriffs,  vermutblich  von  Seiten  ein^e 
Komikers  ^     Das  Anstössige  war  dabei  nicht  *das  Unanständig 
eines  Gewerbes    mit    dem  geistigen   Gute    eines  Plato,    obne  ^^' 


^  Hof.  ep.  II  2,  51  f.  paupertas  impnlit  audax  üt  versus  faee^^ 
usw.     Vgl.  R.  Graefenhain,  De  raore  libr.  dedic.  (Marburg  1892)  S.  1*^^' 

2  Zuweilen  sahen  sie  sich  freilich  in  ihren  Erwartungen  getäusi?^  ' 
vergl.  Stat.  silv.  IV  c.  9.     Das  Gleiche  befürchtet  auch  Martial  in  4^^ 
Schlussepi^ramm  des  XI.  Buches  (108),  das  Viele,  darunter  J.  Kohler  »- ^' 
S.  452  f.,  mit  Unrecht  als  Beweis  für  ein  Verlegerhonorar  anführen  (V  -  * 
Lector^   solve.    taces   dissimtdasque?   vak).    Martial  gedachte  das  Bv^° 
seinen   Freunden  und  Gönnern  2U  übersenden;  vgl.  Friedländer  f.A^^• 

^  S.  Suidas  u.  d.  W.  λόγοισιν  Έρμόδωρος  έμπορ€ύ€ται. 


Aator-  und  Verlagsreohi  im  Altertham.  569 

nang  dee  Philosophen'  (so  J.  Kohler  S.  455  Anm.  1)^,  eon- 

dass  der  Philosophensohüler  die  nach  Sizilien  gebrachten 
nisohea  Schriften  nicht  einfach  zur  Herstellung  von  Abschrif- 
und  möglichst  weiten  Verbreitung  hergab,  sie  vielmehr  zu 
τ  Bereiehernng  benutzte.     Hfttte   nun  Plato    ein  Autorrecht 

ein  Buchhändler  das  Verlagsrecht  besessen,  so  würde  das 
:ehen  des  Hermodoros  eine  schärfere  Zurückweisung  erfahren 
jedenMls  diese  anders  gelautet  haben.  Femer  lässt  Cicero 
Schrift  des  Hirtius»  die  dieser  ihm  geschickt  hat,  wegen  des 
ihn  sehr  schmeichelhaften  Inhaltes  durch  Atticus  verbreiten'. 

Einholung  der  Erlaubniss  des  Hirtius  ist  keine  Rede.  Das 
iohe  Verfahren    tadelt    übrigens  Cicero    an  Atticus   (ad  Att. 

21  y  4),  als  dieser  den  Baibus  eine  Abschrift  von  Ciceros 
luche  de  fin.  vorzeitig  nehmen  lässt,  aber  er  tadelt  es,  ohne 
auf  ein  Recht  zu  berufen  (s.  unten  Anm.  1).  Auch  sonst 
Iren  wir  von  Yerüffentlichongen  ohne  Yorwissen  des  Ver- 
urs  durch  wohlmeinende  Schüler  und  Freunde;  s.  Ovid.  trist.  III 
I9ff. ;  Quintil.  inst.  or.  I  prooem.  §  7;  III  6,  68  inipsis  etiam 
sennonibus  me  nolente  tndgatis',  Galen  an  verschiedenen  Stellen 
;1.  Birt  S.  346).  Selbst  auf  Grund  entwendeter  Originale 
hab  dies:  Diod.  Sic.  Exe.  Vat.  S.  131  (=  Dind.  ed.VS.186) 
T(juv  βίβλων  τινές  πρό  του  όιορθωθήναι  καΐ  τήν  ακριβή  συντέ- 
ν  λαβ€ΐν  κλαπεΐσαι  προείεδόθησαν  οδπω  συνευαρεστου- 
JV  ήμιΧιν  τή  Tpcup^'  &ς  ήμβΐς  άποποιουμεθα  usw.*. 

Dieselben  Gründe,  welche  der  Annahme  eines  besonderen 
)rrechtee  entgegenstehen,  sprechen  zum  Theil  auch  gegen  ein 
lagsrecht,  soweit  dieses  nämlich  auf  üebertragung  des  Autor- 


1  Dann   würde   im  Dichterverse   gerade    das  Wesentliche  fehlen, 

zu  tadeln  war.    Auch  widerspricht   dem  direkt  Cic.  ad  Att.  Xlli 

i:   die  mihi,  placetne  tibi  primum  edere  iniuasu  meo?   hoc  ne  Her- 

wm  quidem  faciebaty    is    qui   Piatonis    libros    aolitus    est    divol- 

usw. 

3  Cic.  ad  Att.  Xil  40,  1  Qualis  futura  sit  Caesaris  vituperatio 
ra  laudationem  meam,  perspexi  ex  eo  Ubro,  quem  Hirtius  ad  me 
\f  i?»  quo  ωlligit  vitia  Catonis,  sed  cum  maximis  laudibus  meis,  ita- 
ndsi  librum  ad  Muscam,  ut  tuis  Ubrariis  daret\  volo  enim  eum  di- 
iri,  quod  quo  facüius  fiat,  imperabis  tuis, 

8  Vergl.  C.  Wachsmuth  im  Rh.  Mus.  XLV  (1890)  S.  476,  wo  auch 
Diod.  I  5,  2  hingewiesen  wird,  der  von  den  gewohnheitsmässigen, 
rlich  verschlechternden  Ueberarbeitern  fremder  Werke  spricht,  auf 
η  Verhalten  der  Autor  gleichfalls   ohne  Einfluss  und  Macht  war. 


570  Dtiatzko 

reohtee  beruhen  kann.    Wir  finden  aber  aueserdem,  dase  dinelbe^    ^^^ 
Schriften  Martiale  von  verechiedenen  Baohhändlem  yerkanft  irei* 
den;  so  mehrere  Bücher  der  Epigramme  Martiale  (It6etti}  tliPe'^ 
gamentband   von    Seoundus,    dem   Freigelassenen    einet  Locentf^* 
(I  2j  5  ff.),  das  erste  Buch  allein  (epigrammaton  l&eUus)  in  wkJ&^ 
ausgestatteter  Chartarolle  von  Atreetas  (1117,  10 ff.);  BachI~lV 
(libeUi)   von   dem   aus  Qnintilian  bekannten  ^hüdiopola^  Tryplioii 
(ly  72,  If.);  derselbe  hatte  die  Xenien  in  Vertrieb  nnd  verkaufte 
sie  nach  Martials  Urtbeil  ziemlich  theaer  (Xen.  3  V.  i).    Dtboi 
ist  doch  wohl  möglich,    dass    noch    andere  Bachhändler  all  die 
oben   genannten  Ausgaben   der   Gedichte  Martials   veranstalteten 
und  dass  dieser  absichtlich    nur  je  einzelne  als  von  ihm  begün- 
stigte  nennt.     Da   indess    die  Pergament-   und  ChartaezemplAre 
wegen  des  verschiedenen  Materials  ganz  erklärlich  auf  venohie- 
dene  Unternehmungen    zurückgehen   können,    so    ooncurrireD  iv 
Grunde  nur  Atreotus  und  Tryphon,  und  dafHr  bleibt,  wenn  wm^ 
nicht   für  verschiedene  gleichzeitige  Verleger   gleicher  Sohiiften 
sich  entscheiden  will,    der    schon    von  Haenny  S.  65  ff.  gewihlte 
Ausweg  übrig,  anzunehmen,  dass  Ersterer  nur  ^  Sortimenter  ,  Tiy 
phon  allein  Verleger  gewesen  sei.    Für  gewöhnlich  suchten  Bveb' 
händler  gewiss  aus  guten  Gründen    eine  Concurrenz    zu  vemoi•* 
den.      Die    Beschaffung    und   Unterhaltung    genügend    gebildete^ 
Schreiber   und  Correctoren  machten  den  Verlag  von  Schriften  β'** 
einem  so  kostspieligen  Unternehmen,    dass  die  Buchhändler  ohn»* 
Zweifel    alle  Vorsichtsmassregeln  anwandten,    um    illoyale  Cor»^ 
currenz  auszuschliessen.     Vom  Schriftsteller  erwarteten  oder  ve^^" 
langten  sie  vermuthlioh,  dass  er  die  erste  Ausgabe  eines  Buch^* 
nicht  gleichzeitig  mehreren  übertrüge ;  die  Zahl  der  für  den  erste? ^ 
raschen  Verkauf  erforderlichen  Exemplare    wurde    sorgfältig  b^^' 
rechnet,    ihre   gleichzeitige  Verbreitung    nach  den  verschieden^^ 
Seiten  mit  allen  Mitteln  betrieben,  die  vorzeitige  Ausgabe  βίηίβ^" 
ner  Exemplare  thunlichst  vermieden.     Damit  konnten  sie  vor  d©^ 
andern  Verlegern   einen    solchen  Vorsprung    gewinnen,   dass  di^ 
Veranstaltung   von   Concurrenzausgaben    nur  ausnahmsweise  lol»"' 
nend  erscheinen  mochte,  jedenfalls  von  anstandigen  Buchhändler*' 
unterlassen  wurde,    schon    um    nicht  dem  gleichen  Schicksal  f^ 
eigene  Verlagsartikel  sich    auszusetzen.     Die  Verhältnisse  waren 
in  dieser  Hinsicht  damals  für  den  Buchhandel   nicht    andere  w* 
in  modernen  Zeiten,    so    lange    es    keinen    Schutz    gegen   Naco' 
druck  gab. 

Eine  einzelne  Stelle  findet  sich  allerdings,    welche    fdr  ew 

I 


Autor-  und  Verlagsrecht  im  Alterthom.  571 

»onderee  Verlagerecht  zu  epreohen  scheint  und  in  diesem  Sinne 
loh  immer  wieder  benutzt  wird.  Seneca  der  Philosoph  führt 
henef,  VII  von  o.  3  an,  um  zu  zeigen,  wie  man  dem  Weisen 
lee  zuschreiben  und  dabei  doch  auch  Andere  als  Besitzer  von 
i^enständen  bezeichnen  könne,  eine  Reihe  von  Beispielen  an, 
denen  gewissermaesea  zweien  zugleich  das  dominium  über  eine 
icbe  zusteht,  nur  in  verschiedenem  Sinne.  Bei  Behandlung 
eses  philosophischen  Gemeinplatzes  schreibt  er  c.  6,  1 :  In  om• 
iöws  istis  quae  modo  rettdi  uterque  eiusdem  rei  dominus  est,  quo• 
\odo?  quia  alter  rei  dominus  est,  alter  usus,  libros  dicimus  esse 
^Geronis,  eosdem  Dorus  librarius  suos  vocat^  ei  utrumque  verum 
tsi.  alter  illos  tamquam  auctor  sibi,  alter  tamquam  emptor 
idserit^  at  rede  ufriusque  dictintur  esse,  utriusque  enim  sunt^ 
9ed  non  eodem  modo,  sie  potest  T,  Livius  α  Boro  accipere  out 
Miere  libros  suos.  Das  Eigenthttmliche  ist,  dass  hier  Dorne  als 
K&ufer,  nicht  als  Verkäufer  der  Schriften  Ciceros  bezeichnet 
wird.  Dies  läset  anscheinend  auf  ein,  unserem  Verlagsrecht  ent- 
epreohendes  Verhältniss  zwischen  Dorus  und  etwa  den  Erben 
Gieeros  schlieseen,  von  denen  er  das  Recht  auf  den  Vertrieb  der 
■^oeronianischen  Schriften  käuflich  erworben  habe.  Indess  ver- 
bietet sich  dies  schon  durch  die  Rücksicht  auf  die  lange  Zeit, 
Welche  nach  Ciceros  Tode  (43  v.  Chr.)  bis  tjir  Abfassung  der 
^Ücher  de  benefidis  (nach  54  n.  Chr.)  verflossen  sein  muss^.    um 


1  Auch  wenn  Doms  zur  Zeit,  als  Seneca  obige  Sätze  schrieb,  ver- 
orben  war,  was  ich  wegen  des  Praesens  adserii  nicht  für  wahrschein• 
c^  halte,  darf  er,  da  er  mit  Livins  in  Verbindung  gebracht  wird, 
cht  als  Zeitgenosse  Ciceros  gelten.  —  Die  Worte  sie  potest  T.  Liviua 
Jhro  accipere  aut  emerc  libros  sttos,  welche  eigentlich  nach  Abschluss 
^x*  Argumentation  noch  nachhinken,  scheinen  mir  wegen  des  darin 
^tbaltenen  Anachronismus  verdächtig^.  Ein  Präsens  der  Erzählung 
l«r  Schilderang  liegt  nicht  vor.  Mit  dem  Satze  aUer  iUos  tamquam 
^tor  sibi  .  .  .  adserit  sind  sie  nicht  zu  vergleichen,  da  Cicero  Ver- 
i^ser  seiner  Schriften  ja  zu  allen  Zeiten  bleibt.  Hier  ist  also  derbild• 
che  Ausdruck  begreiflich,  bei  T.  Livius  aber  m.  £r.  um  so  weniger, 
1%  die  Ausführlichkeit  des  Ausdrucks  accipere  aut  emere  reale  Ver- 
^Itnisse  im  Auge  zu  haben  scheint.  Auch  galt  von  jedem  beliebigen, 
loch  lebenden  Schriftsteller,  dessen  Bücher  von  einem  Buchhändler  ver- 
Uaft  wurden,  die  bezeichnete  Möglichkeit  in  vollem  Umfange.  Viel- 
leicht hat  in  einem  späteren  Jahrhundert  ein  mit  der  Chronologie  des 
Livius  und  Seneca  minder  vertrauter  Leser  die  Worte  als  ein  ebenso 
lehlagendes  Beispiel  an  den  Rand  geschrieben. 


572  Dziatzko 

den  richtigen  Standpunkt  für   die  Erklärung    su  finden,   muesen 
wir  beachten,  dass  Dorus  aU  librarius  bezeichnet  wird,  d.  h.  i^ 
erster  Linie   als  Büchersohreiber.     Bnchverkänfer   und  Bncb' 
händler  konnte  er  nebenbei  immerhin  sein,    wie    eich   überktiip^ 
im  Laufe  der  Zeit   die  Bedeutung   von    libranus   und  JMiopoUi 
ziemlich  vermischt  hat,    aber  je  älter    ihre  Erwähnung,    am 
deutlicher  ist  auch  ihr  Unterschied.     Der  librarius  lästt  sich  de; 
Buchdrucker  der  Inkunabelnzeit  {impressor  Ubrorum)  vergleielieDy 
der  zugleich  Buchhändler  sein  konnte  und  es  in  der  Regel  anali 
war,  während  sich  in  neuerer  Zeit    die  Thätigkeit    des  Drackers 
und  Verlegers  mehr  geschieden  hat,    doch  so,    dass   die  grosaen 
Verleger   häufig  ihre    eigenen  Druckereien    besitzen.     Letzteren 
gleicht  Atticus,   der    eigene  Schreiberstuben    mit  zahlreichen  U' 
brtxrii  hielt;    aber   der  libraritis  konnte   auch    als  Freigelaeeenor 
selbständig  und  mit  Hülfe  von  anderem  Personal  Abschriften  von 
Büchern  fabrikmässig  und  im  grössten  Massstabe  betreiben,  vn^ 
als  solchen  Bücherfabrikanten  haben  wir  uns  den  Dorus  zu  denkeim• 
Da  solche    librarii   vor    allem    die  Herstellung   von  Abschriften^ 
sich  angelegen  sein  Hessen,  tritt  die  Eigenschaft  des  Verkäufer^ 
bei  ihnen  weniger  hervor.     In  jedem  Falle   mussten    sie   dsne- * 
bedacht  sein,  von  den  gangbaren  und  angesehenen  Schriften  eic'fts 
zuverlässige  Exemplare  zu  verschaffen  als  Vorlagen  für  ihreAl^  ^ 
Schriften.     Konnten  sie  doch  dann  am  ehesten  auf  Aufträge  vo:ä3 
Buchhändlern  rechnen  oder  zu  solchen  sich  diesen  anbieten.  Na- 
mentlich für  die  Schriften  verstorbener  Autoren,  welche  den  Te&-  ^ 
ihrer  Werke  nicht  mehr  selbst  revidiren  und  überwachen  konnte 
war  jene  Fürsorge  nöthig.     Nichts    liegt  daher    näher   als  anx 
nehmen,  was  übrigens  bereits  Haenny  S.  109  gethan  hat,  nurohi»^ 
die  Bedeutung  von  librarius  zu  betonen,    dass    Dorus    anerkanc»t 
gute  Exemplare  von  Ciceros  Büchern,    vielleicht    gar    die  Ori^' 
nale  aus  des  Atticus  Nachläse  erworben  hatte,  die  ihm  die  Mög"' 
lichkeit  guter  Abschriften  und  demgemäss  zahlreiche  Bestellnngen 
seitens  der  Buchhändler  sicherten.     L&gQ  der  im  Senecatexte  fol' 
genden  Nachricht  über  des  Livius  Werke  Thatsächliches  zu  Grnnae 
(s.  oben),  so  dürften  wir  annehmen,    dass  Dorus   vorzüglich  ^e" 
schweren  Verlag  umfangreicher  Werke  älterer  Schriftsteller,  l^* 
vius  neben  Cicero,  gepflegt  habe,  was  ohne  die  Grundlage  gü^e^ 
αντίγραφα  sich  gar  nicht  ausführen  Hess. 

Aus  meiner  ganzen  Ausführung  hat  sich  für  das  Alterthum 
hinsichtlich  der  Verbreitung  von  Abschriften  litterarischer  Werke 
so  viel  ergeben,  dass  das  Kecht  dazu  jedem  freistand,  sobald  ^i« 


Autor-  und  Verlagsrecht  im  Alterthum.  573 

irift  aas  dem  Privatbesitz  des  Yerfaseers  gelangt  war.  Eine 
rünschte  Bestätigung  dieser,  von  den  Juristen,  wie  im  Ein* 
lg  erwähnt,  bisher  fast  ausschliesslieh  vertretenen  Auffassung, 
>en  wir  noch  in  der  2.  Hälfte  des  4•  Jahrh.  n.  Chr.,  also  in 
BT  Zeit,  in  welcher  Recht  und  Gesetz  sich  keineswegs  auflusten, 
dem  im  Gegentheil  gerade  fester  gestalteten,   in  den  Worten 

Symmachus,   die  er  an  Ausonius  schreibt    (epist.  I  31  [25]; 

8eeok  S.  17).  Dieser  hatte  aus  Bescheidenheit  sich  ttber  die 
ttlieilung  einer  kleinen  Schrift  an  andere  beklagt,  was  jener 
*Qckweist  mit  den  Worten:  set  in  eo  mihi  vereeundus  ntmto 
»  videre^  quod  libelli  tut  arguis  prodUorem.  natn  facilius  est 
^tetUes  favülas  ore  camprimere  quam  luctdenti  operia  servare  se- 
Bttmi.  cum  semel  α  te  profectum  Carmen  esi^  ius  omne 
^suisti;  oratio  pnblicata  res  Ubera  estK 

Wenn  Symmachus  nach  dem  Zusammenhang  auch  nicht  ge- 
de  einen  juristischen  Lehrsatz  aussprechen  wollte,  dürfen  wir 
«h  glauben,  dass  das  Thatsächliche  der  Verhältnisse  in  obigen 
"orten  zum  klaren  Ausdruck  gelangt  ist.  Aber  auch  auf  dem 
»biete  der  streng  juristischen  und  zwar  offiziellen  Litteratur 
iltete  die  gleiche  Freiheit  der  Entnahme  und  Verbreitung  von 
Mchriften.  Als  Kaiser  Justinian  nach  Abschluss  seiner  Reohts- 
Icber  ihren  Text  sicher  stellen  und  vor  allen  durch  den  Qte- 
auch  von  Abkürzungen  {sigla)  bewirkten  Unsicherheiten  und 
»denken  bewahren  wollte,  da  trifft  er  nicht  etwa  Haseregeln, 
1  den  offiziellen  Verleger  vor  unberechtigten  Abschriften  zu 
hützen  —  denn  einen  solchen  gab  es  nicht  — ;  sondern  die  im  üb- 
^en  völlig  freie  Herstellung  von  Exemplaren,  die  jenen  Fehler 
igten,  wurde  unter  Strafe  gestellt  und  der  Gebrauch  solcher  vor 
nicht  streng  untersagt*.     Selbst  von  Anfängen   eines  Verlags- 


*  Ausonius  antwortet  darauf  dem  Symmachus  (ep.  I  32  [26]) 
.  sat  est  unitis  erroris,  quod  aiiqmd  meorum  me  paenitente  wdgatum 
f  quod  bona  fortuna  in  manus  amicorum  incidit.  nam  si  contra  id 
msset,  nee  tu  mihi  persuaderes  placere  me  posse,  —  Sehr  passend 
mt  auch  Mart.  I  52,  7  seine  bereits  bekannt  gegebenen  Verse  manu 

S809. 

*  lustin.  de  confirm.  Digest,  (v.  J.  533)  §  22  Eandem  autem 
*nam  falsitatis  constituimus  et  adversus  eos,  qui  in  po  st  er  um  Ic- 
s  nostras  per  siglorum  obscuritates  ausi  fuerint  conscri- 
re.  omnia  enim,  id  est  et  nomina  prudentium  et  titulos  et  librorum 
meros,  per  consequentias  litterarum  volumusj  non  per  sigla  manifestariy 

utj  qui  talem  librum  sibi  paraverit,  in  quo  sigla  posita  eimi,  in  qua- 


574  bsiatzko 

rechtes  oder  eines   darch    die  Praxis    geregelten    festen  VerUlV*    ψ^ 
nisses  zwischen  Verfasser  nnd  Verleger  zeigt  sich  da  keine  Spar* 

Bei  Briefen  scheint  der  eben  entwickelte  Gesichtspunkt  noob 
viel  entschiedener  Gültigkeit  zu  haben,  dass  nämlich  der  SehreibeTf 
dessen  Schriftstück  ja  seinem  ganzen  Inhalt  nach  für  einen  andern 
bestimmt  ist,  durch  Absendnng  des  Briefes  alles  Becht  darüber 
aas  der  Hand  gegeben  hat.      Die    römischen    Juristen   (Dig.  41 
tit.  1,  65  und  47  tit.  2,  14  §  17)  zweifeln  daran  nicht  und  er- 
örtern nur  den  Zeitpunkt,  in  welchem  das  dominimn  des  Adres- 
saten  über  den  Brief  eintritt.     Allerdings    erfahren  wir  auch  (β. 
die  2.  Stelle  aus  Ulpian  1.  29   ad  Sab.),    dass   der  Briefabtender 
sich  die  Eückgabe  des  Briefes  unter  umständen  vorbehielt  {quod 
8%  ita  misi  epistulamj    üt  mihi  remitiatury  dominium  meum  wmeit 
quia  eins  nolui  amütere  vd  tranaferre  dominium)^. 

Eine  Erklärung  dieser  anscheinend    etwas    regellosen  litte- 
rarischen Verhältnisse,  die  im  Mittelalter  keine  Aenderung  erfahreia 
und  erst  nach  Erfindung  der  Buchdruokerkunst  durch  Pririlegieo 
und  Nachdruckverbote  eingeschränkt  wurden,  so  weit  die  MtelB^ 
dieser  reichte,  ist  unschwer  zu  geben.     Die  Veröffentlichung  vovx 
Schriften  erfolgte  im  Alterthum  anfange  allein  durch  Mittheilan^ 
und  Zusendung  von  Abschriften  an  Freunde,    Gönner  und  Inter" 
essenten  sowie  durch  die  Erlaubniss  zur  eigenen  Anfertigung  yox> 
Abschriften    im    Privatkreise,    später   auf  doppeltem,    streng  t«* 
unterscheidendem  Wege,  nämlich  theils  durch  private  Abschrifter»  ■? 
unseren   als  Mannscript  gedruckten  Büchern  vergleichbar,   theil.e 


lemcunque  locum  libri  vel  voluminis,   sciat  inutüis  8e  esse  codicis  domi- 
num:  neque  enim  licefüiatn  aperitmis  ex  tali  codice  in  itidicium  aliqtt^^ 
recitare  ....  ipse  autem  librarius,    qui   eas  inscribere  aust^^ 
fuerity  non  solum  criminali  poena  (sccundum  quod  dictum  est)  pketetwt^i 
sed  etiam  libri  aestimation^n   in  duplum   domino  reddat^    si  et  ipse  d^' 
minus  ignorans  tcUem  librum  vel  comparaverit  vel  confici  ctiracif•' 
usw.     Vergl.  lustin.   ad  antecess.  (v.  J.  533)  §8  ...  ut  nemo  audcof 
eorum  qui  libros  conscribunt,  sigla  in  his  ponere ,  .  .:  scituris  o^' 
nibus  librariiSj  qui  hoc  in  posterum  commiserint  etc.  und  lustin. d« 
concept.  Digest.  §  13.     Nach  luetin.    de    emend.  Codic.  (v.  J.  534)  §  - 
*divagabantur'  'novellae  nostrae  tarn  decisiOncs  quam  constitutione8\  v»s 
bei  festem  Verlage  nicht  möglich  war.     Uebrigens  wurde    ich   auf  ui<? 
zuerst  angeführte  Stelle  der  Corpus  iuris  vom  Herrn  Kollegen  Joh.  Merkel 
freundlichst  aufmerksam  gemacht. 

^  Auch  veranstalteten  die  Absender   selbst  zuweilen  später  Aus* 
gabon  ihrer  Briefe;  Beispiele  s.  bei  Graefenhain  a.  0.  S. 39f. 


Autor-  und  Verlagsrecht  im  Alterthum.  575 

n  darch  den  Bachhandel.  Unter  allen  Umständen  hatte  sie 
üherwiegend  gerade  die  Ve  r  b  r  e  i  t  α  η  g  des  litteradschen  Pro- 
[tes  zom  Zwecke,  dasa '  einengende  Yorsohriften  zn  Gnnsten 
Yerfassere  oder  eines  einzelnen  Buchhändlers  der  Erreichung 
ί  Zweckes  nur  im  Wege  geständen  hätten.  In  der  Regel 
Bete  der  Autor,  wenn  er  nicht  bereits  zu  Buf  und  Ansehen 
angt  war,  erst  durch  die  private  Verbreitung  einer  Schrift 
teer  und  sich  Anerkennung  und  Beifall  verschaffen,  ehe  ein 
lehhändler  sich  bereit  finden  mochte,  die  beträchtlichen  Kosten 
rar  eigentlichen  Publikation  zu  wagen.  Dann  aber  waren  ge- 
lte oft  schon  so  viele  Privatabschriften  in  den  Händen  recht- 
Kssiger  Besitzer,  dass  nachträglich  gar  nicht  mehr  einem  ein- 
Inen  Buchhändler  das  Recht  der  ausschliesslichen  Vervielfälti- 
iBg  verliehen  werden  konnten  üeberhaupt  hätte  es  —-  und 
•8  war  das  entscheidende  Moment  für  die  Gestaltung  jener  Ver- 
•Itnisse  —  an  sicheren  Merkmalen  zur  Unterscheidung  berech- 
rter  und  unberechtigter  Abschriften  so  gut  wie  ganz  gefehlt, 
eee  gab  erst  die  Bachdruckerkunst  dem  Buchhandel  an  die 
ind.  Aber  auch  die  im  Alterthum  weitverbreitete  8itte  des 
idizirens',  das  im  Grunde  ein  mit  einer  translatio  daminii  ver- 
ndener  Schenkungsakt  ist^  und  den  Empfänger  der  litterari- 
len  Gabe  sogar  so  weit  zu  ihrem  Herrn  machte,  dass  von  ihm 
ter  Umständen  die  nächste  Fürsorge  für  die  weitere  Verbrei- 
3g  der  Schrift  erwartet  wurde  ^,  lässt  sich  mit  einem  späteren, 
Γ  kürzere  oder  längere  Zeit  geltenden  .ausschliesslichen  Publi- 
tionsrecht  eines  Verlegers  nicht  vereinigen.  Allerdings  sehen 
r  auch,  dass  die  einzeln  an  Freunde  und  Gönner  gewidmeten 
idichte  vom  Dichter  zu  Büchern  vereinigt  and  herausgegeben, 
88  ferner  die  einzelnen  Bücher  eines  grösseren  Werkes  ver- 
liiedenen  zugeschrieben,  im  ganzen  aber  wieder  an  einen  Andern 


1  Wenn  Ovid.  trist.  I  7,  23  f.  (Quae  quoniam  non  sunt  penitus 
^lata,  sed  extanty  Plurtbus  exemplis  scripta  fuisse  reor;  vergl.  III 
>  19ff.)  seine  Metamorphosen  erhalten  sieht,  die  er  selbst  dem  Feuer 
ergeben  hat,  und  daher  vermuthet,  dass  sie  in  mehreren  Exemplaren 
rbreitet  gewesen,  so  können  recht  wohl  Freunde,  denen  er  sie  zum 
irchlesen  gegeben  hatte,  Abschriften  zurückbehalten  haben  und  wir 
auchen  darin  nicht  mit  Birt  S.  347  eine  naive  Flunkerei  zu  sehen. 

2  S.  oben  S.  567  f. 

8  Hör.  c.  IV  8,  11  f.  carmina  posswnus  donare  et  pretium  dicere 
HfkT».    Weiteres  darüber  s.  bei  Rud.  Graefenhain  a.  0.  S.  5 ff.  29. 
*  Vergl.  2.  B.  Mart.  III  ep.  1. 


676  Dsiatsko  Autor*  nnd  Verlagmeht  im  Altartimm• 

geriobtet  wurden,  wofür  Beispiele  von  Gtraefenliaiii  a«  0.  gwa: 
melt  gind,  ja  dasa  selbst  Briefe,  die  xwar  an  einxelne  gesebriel 
und  damit  in  deren  dominium  fiberge{^ngen  waren,  später  ν 
Yer&sser  (aiobt  vom  Empf&nger)  gesammelt  nnd  anter  Umet 
den  einem  Neuen  angeeignet  wurden  (vergl.  oben  S.  574  Anm. 
Darin  liegt  ohne  Zweifel  eine  gewisse  Anerkennung  des  geieüj 
Eägentbums»  aber  nur  eines  ideellen,  wie  es  anoh  sonst  siob  ^ 
Alterthnm  niobt  besweifeln  Iftsst  (s.  S.  564 f.);  lugleioh  gebt  a 
anob  daraus  hervor,  dass  materiell  jene  Widmungen  von  gerin 
Bedeutung  waren.  Das  ideelle  Interesse  an  der  Sammli 
und  Verbreitung  von  Schriften  hatte  vor  allem  der  Antor, 
damit  eine.  Revision  der  Texte  yorsunebmen  in  der  Lage  i 
Es  bleibt  somit  völlig  verständlich,  ja  das  einiig  mögliche,  d 
jede  vom  Verfasser  einmal  aus  der  Hand  gegebene  Schrift 
Jedermann,  so  weit  er  sich  nicht  durch  Anstandarttdcsichtei 
bunden  fühlte,  frei  benntst  und  in  Abschriften  verbreitet  wei^ 
durfte,  dass  es  also  ein  besonderes  Autor-  oder  Verlagsredt 
Alterthnm  nicht  gab. 

Gtöttingen.  E.  Diiatiko. 


677 


Zir  Datirnng  des  delphischen  Paean  und  der 

Apollo-Hymnen. 


Die  in  dem  soeben  erschienenen  Hefte  des  Bulletin  de  corr. 
lellin.  Band  ΧΥΠ  (1893)  ρ.  561  sqq.  pablioirten  beiden  wich* 
igen  Inschriften  ans  dem  θησαυρός  der  Athener  sn  Delphi  ent- 
^ten  einen  in  sechs  glyconeischen  Strophenpaaren  yerfassten 
^aean  nebst  vorangestelltem  Proxeniedecret  für  den  Dichter, 
owie  mehrere  durch  Beifügung  von  Yocal-  und  Instrumental- 
Toten  ungemein  werthvoÜe  Apollohymnen.  Beide  Inschriften 
^een  eine  genauere  und  richtigere  Datirung  zu  als  die  im  Bul- 
)tin  gegebene.  Ich  glaube,  dieselbe  sofort  mittheilen  lu  sollen, 
m  zu  yerhüteui  dass  die  bisherige  Vorstellung  von  dem  Alter 
er  Texte,  namentlich  der  ^  Hymnen*,  eine  allgemeinere  werde 
Qd  dann  zu  weiteren  unrichtigen  Schlüssen  Veranlassung  geben 
Simte. 

L 

Das  dem  sogenannten  ^Paean'^  vorangestellte  Proxeniedecret 
^blieset  mit  den  Worten  Z.  7 sq.:    δρχοντος  Δαμοχάρεος, 


*  üeber  seine  Herkunft  ist  nur  angemerkt:  'Stέle,  au  Trlsor  des 
^themens*.  Es  ist  augenscheinlich  derselbe  Paean,  der  nach  dem  Aue- 
^bungsbericht  p.  613  auf  einem  hohen,  auf  allen  vier  Seiten  mit 
■  it)xeniedecreten  beschriebenen  Marmor  -  Cippus  steht  und  auf  der 
^^^tshausterrasse  gefunden  vrurde.  —  Vierseitig  beschriebene  Stelen 
Icheinen  in  jener  Gegend  zahlreich  zu  sein ;  ich  selbst  hatte  eines  Abends 
!NoT.  1887)  in  Gegenwart  eines  Kastrioten  in  der  Strassenmauer  dicht 
un  Backofen  von  Haus  Nr.  135  [vgl.  Beiträge  z.  Topogr.  v.  Delphi 
Tafel  I]   einen  dem  Horizontalschnitt  nach  quadratischen  (ca.  1  Fuss 

BiMiP.  Mo•,  f.  PliUoL  N.  F.  XLDL  ^1 


678  Potntow 

βουλευόνηυν  |  Άντάνδρου,  Έρασίππου,  Εύαρχ(&θ|  worauf  sae^ 
freigelaeeener  Zeile  die  Widmung  Ζ.  llsq. :   ΆρκΓτόνοος  ΝικΟ' 
σθένους  Κορίνθιος  |  *AnoXXujvi  ΤΤυθίιυι  τόν  δμνον  ond  nacli  ψ^ί" 
terer  freier  Zeile  dieser  'Hymnne'  selbst  folgt,  für  den  wir  tdS^ 
dem  Herausgeber   H.  Weil  die  Bezeichnung  *Paean'  beibebalt^xi 
wollen  zur  kürzeren  Unterscheidung  von  den  sp&teren,    mit  K9* 
tirung  yersehenen  Hymnen.    Das  Arohontat  des  Δαμοχάρης  im^^ 
bisher  unbekannt.    Es  gehört,   da  die  Reihe  der  Arohonten  το  η 
201 — 167  γ.  Chr.    eine  geschlossene  ist,   zunächst   sicher  vo  ir 
diese  Zeit    Der  Name  des  einen  Boleuten  "Άντανδρος  kommt  bis- 
her nur  noch  zweimal  vor,  als  Hieromnemon  W(eeoher)-F(oa- 
cart)  2.  ä.  Νικάρχου  und  wiederum  als  Bulent  in  W-F  9  Α.*  ApxcXdbu. 


Seitenlinge)  Marmot*pfefler  entdeckt,  allseitig  besdirieben  mit  sdbönsD 
Buchstaben  des  IV.  Jahrhunderte,  -—  als  ich  am  andern  Tage  in  φΰ' 
ober  B^leitong  wiederkehrte,   um  die  Texte  abzuschreiben,  war  der 
Stein  ausgebrochen  und  verschwunden,  natürlich  hatte  der  jetit  Er- 
staunen heuchelnde  Dorfbewohner  dabei  seine  Hand  im  Spiel  gehabt  — 
Etwas  nördlicher  an  der  heil.  Strasse  zwischen  Basis  Α  und  dem  The- 
saurus der  Athener  (Haus  nr.  140)  ist  ein  dritter  auf  allen  Tier  Seiten 
beschriebener  Stein  mit  einer  Menge  τοη  Dekreten  des  τ^νος  der  Ls* 
bjaden   zum  Yorschein  gekommen   (Bull.  ΧΥΠ  ρ.  212).     Homolle  be- 
merkt dazu  *  et  non  Λαδυάδαι,  comme  on  ayait  lu  sur  l'insoription  m- 
I)e8tre  de  Delphes*,   und   ich   möchte  hinzufügen,   dass    die  Yerleeoog 
dieses  dritten  Buchstabens  (auf  der  Felseninschrift   las  man  nur  den 
oberen  Theil  des  Beta  D,   der  genau  der  Form  des  Δ  dieser  Inechrift 
gleicht)  uralt  ist.     Schon  die  Plutarch-codices,   aus   denen   Hesycb• 
αίοδα*   παρά  Δελφοΐς  γένος  τι  (?  [Γ]αιοδάται  Schmidt)    geflossen  ift 
hatten  den  Buchstaben  verschrieben.    £s  heisst  nämlich   bei  der  Sep- 
terion-Beschreibung  Plut.  de  oraoul.  def.  15  .  .  έφοδος,  ^  (so  allgemeis 
statt  hss.  μή)   αΐόλα  6έ  τόν  αμφιθαλή  κόρον  ήμμέναις  όςισίν  droucnv; 
die  Co^jecturen  ΑΙολίόαι,  *Αλευάόαι,  ΑΙολάόαι,  ΑΙολαΐόαι,   αΙ  OXctef 
αΐ  θυιάδες  zählt  Α.  Mommsen,  Delphica  ρ.  208  not.  3  auf;  —  jetzt  wird 
klar,    dass.AAETAAAl  dem  ΑΑΒΤΑΔΑΙ    am   nächsten   kam,    und  de« 
auch  Plutarchs  ΑΙΟΛΑΔΕ  ursprünglich  ΛΑΒΥΑΔΑΙ    gewesen   ist  (vg^' 

Α  I  ΟΑΑΔΕ 
ΛΑΒΤΑΔΑ  I ),   wobei   zuerst  das  Anfangs-A  ausfiel   und  dann  die  Cor 

ruptel  immer  schlimmer  ward,  bis  Hesycb  schliesslich  auch  das  ib* 
nicht  zum  Namen  gehörig  scheinende  Schluss-ΔΕ  fortliess.  —  Also  die 
Nachkommen  der  alten  Λαβυάδαι,  die  schon  auf  der  &ltest«n  echt  del- 
phischen Inschrift  (W-F  480,  V.  Jhdt.)  vorkommen,  haben  auch  ηοΛ 
zu  Plutarchs  Zeiten,  also  nach  mehr  als  einem  halben  Jahrtausend  hd* 
Septerionfest  den  den  Gott  darstellenden  Jüngling  mit  brennendtf  I 
Fackeln  zur  αλνυς  geleitet.  ' 


Zar  Datimng  dee  delpliisohen  Paean  und  der  Apollo-Hymnen.    579 

Seide  UrlraiidMi  werden  in  dem  soeben  cum  Dmck  gegebenen 
flKmfÜirlichen  II.  Artikel  der  ^Fasti  Delphioi'  (über  die  Arehon- 
^mi»  der  Amphiotyonen-Deerete  des  III.  Jhdte.  ▼.  Chr.)  alt  der 
*v«rletiten  Ghrnppe  (£)  der  Ampbictyonendeorete,  d.  h.  wahreolieiB- 
I2#h  dem  Beginn  des  leisten  Viertele  dea  III.  Jbdia.  angeb^Mg 
xiaebgewieaen  werden  Κ  Die  zeitlicben  Orenaen  der  erateren  (W*F  S) 
liegen  mit  Si^berheit  swiscben  230  nnd  210  τ.  Chr.  Ea  ist 
arifeifelloe,  daas  nnaw  Antandroa  an  allen  drei  Stellen  ein  nnd 
dieielbe  Peraon  iat,  die  im  letaten  Drittel  dea  ΙΠ.  Jbdta.  toM- 
eilt  hat 

Έρά^ππος  kam  biaber  nnr  ah  Pbilokratee-Sobn   in   dem 

Stamaui  der  ^Enangeloa^Meliseion-Hegartaa '-Familie  vor  nnd  zwar 

in  der  VI.  nnd  VII.  Priest erseit',   steht   also   mit  nnserem  Bo- 

leiiten  in  keinerlei  Verbindung.     Dagegen  wird  jetzt  klar,    daas 

in  dem  anf  den  Fragmenten  der  dreiseitigen  Basis  der  Messenier 

und  Kaapaktier  an  Delphi  erhaltenen  Proxeniedeoret  nr.  26  (nn* 

tdirt)  der  in  Z.  4   atehende  Bnleutenname  .  •  ΑΣΙΠΠΟΥΑΝ :  • . 

obae  jeden  Zweifel  zu  'EpaOhmOO  zu  ergänzen  nnd  in  ihm  unter 

L    SnuippuB  zn  erkennen  ist.    Die  betreffende  Inschrift  war  von  mir 

I    nmgelt  identificirbarer  Personennamen  mit  Sicherheit  wenig- 

Ρ    Stent  den  Jahren  240 — 200  y.  Chr.  zugewiesen*). 

Auch  ΕύαρχΙοας  ist  in  Person  nicht  wieder  ttberlieferti 
ligegen  war  er  una  bereits  durch  seine  Tochter  ΣτραταγΙς  Εύ- 
<φχβ)α  Kitfreüasserin  mit  ihrem  Mann  Εύδαμίδας  Σωκράτεος  im 
1 168  (W-F  172)  bekannt.  Seine  Lebenszeit  füllte  darnach  die 
sweite  Hälfte,  seine  Funktionszeit  als  Beamter  das  letzte  Viertel 
las  m.  Jhdts.  ^ 


^  Jetzt  pnblioirt  in  dem  8.  Hefte  von  Fleckeit.  Jahrb.  p.  497  sqq. 

s  Anekd.  11  (vgl.  Le  Bas  902)  und  W-F  21;  dann  Pr.zt.Vm  A. 
Αάμηινος  nr.  (17)  [jetzt  als  nr.  48  im  Bull.  d.  c.  h.  XVH  p.  866  edirt]. 
8ib  Sohn  Απολλόδωρος  Έροσίιπτου  in  der  XV.  Priesterzeit  d.  Διονυ- 
σίου (nr.  19)  [jetzt  als  nr.  87  im  BuU.  XVII.  p.  386]. 

'  Das  Genauere  wird  der  demnäohstige  Abdruck  der  schon  seit 
tmer  Reihe  von  Jahren  abgeechloisenen  Abhandlung  über  die  Messe- 
nier• und  Naupaktier-Basis  bringen.  £in  andrer  . .  άσιππος  ist  vor  170 
V.  Chr.  in  Delphi  überhaupt  nicht  bekannt.  Ob  in  der  angeführten 
Insehrift  nun  Έρ]ασ(ιπτου,  Άν[τάν5ρου  au  erg&naen  und  sie  in  unser 
Damoehares-Arohontat  au  verweisen  ist,  bleibt  vor  der  Hand  zweifel- 
haft Die  Spuren  der  Buchstaben  auf  dem  Abklatsch  vor  . .  ΑΣΙΠΠΟΥ 
aind  dem  wenig  günstig. 

^  Indess  darf  ich  nicht  verhehlen,  dass  der  Name  eines  Delphiers 
Εοαρχ(δας  grossen  Bedenken  unterliegt;  ausserhalb  des  Stemmaa  d«c 


580  PomtoW 

Niobt  80  klar  lag  die  Identifioinmg  de«  nemoi  ArchoirU 
Damooharee.  Za  ihrer  Ermittelung  mtieete  das  umfuigreict 
Oeeammtetemma  der  Damoeharee-EaUeidae-Enkleidae-Eamilie  io 
gestellt  werden,  das  im  Anhang  beigefügt  ist  und  erkennen  Vkn 
dass  Δαμοχάρης  II.  [KoXXeiba]  etwa  von  245—210  ▼.  Qur.  ι 
Beamter  fongirt  haben  mass. 

Als  Abfassnngezeit  des  'Paean*  ergilyt  sieh  ans  all 
dem  mit  Siehe rheit  der  Zeitraum  von  285 — 210  y.  Chr. 
wahrseheinlich  hat  das  Archontat  des  Damoehares  iwischen  d< 
Jahren  230—220  gelegen.  Eine  noch  genauere  Datinmg  wi 
der  Π.  Artikel  der  Fasti  Delphioi  bringen. 

Es  sei  gestattet,  darauf  hinzuweisen,  dass  in  GMechenlai 
solche  Proxeniedeorete  für  Dichter  und  Dichterinnen  dtnu 
Äusserst  sahireich  gewesen  sind.  Dem  Charakter  der  Epigone 
seit  entsprediend,  in  der  jede  wahre,  nur  aus  sich  schtffiMn 
Dichtkunst  erloschen  war,  bemühten  sich  Poeten  dritten  und  vic 
ten  Banges  durch  aielbewusstes*  Ansingen*  von  bestimmten  Stidt 
und  Völkern  Süssere  Ehren  und  Belohnungen  für  sieh  su  em 
eben.   Die  beste  Illustration  solchen  Treibens  enthalten  die  beid 


Phainis-Eucharidas-Familie,  in  welchem  der  Name  Eöχαp{δαςbi8lI 
30 mal  bezeugt  ist,  kommen  nur  an  den  zwei  oben  angeführten  Stell 
angebliche  Εύαρχίδας  vor.  Bei  W-F  172  kann  ich  für  diese  letzte 
Form  als  auf  dem  Stein  stehend  bürgen  (ΕΥ*ΑΡΧΙΔΑ),  —  in  d( 
Paean  aber  wäre  vielleicht  ein  Lesefehler  des  Abschreibers  anzunehmt 
wenn  nicht  anscheinend  der  ganze  Text  vorzüglich  klar  eingehao 
wäre(?).  Wie  dem  auch  sein  mag,  —  ein  Vorkommen  von  zweiEöc 
X{baq-Stellen  neben  30  Εύχαρ(δας  lässt  mich  persönlich  nicht  daran  zw 
fein,  dass  erstere  verschrieben  sind,  wenn  auch  durch  den  Steinmetz 
selbst,  der  z.  B.  in  dem  Paean  sich  zahlreicher  anderer  Versehen  schi 
dig  gemacht  hat.  Hinzukommt,  dass  sowohl  der  angebliche  Εύαρχί^ 
dem  bekannten  Εύχαρ{δας  zeitlich  genau  parallel  steht,  wie  ancbdi 
seine  Tochter  Stratagis  den  Eucharidas-Söhnen  ooaetan  ist,  beide  li 
also  auf  das  passendste  dem  Phainis-Eucharidas- Stemme  einfügen. 

*  Die  Bachstabenformen,  kleine  ο  β  i2,  dann  Ξ,  ^  nnd  vielleic 
auch  Φ  entsprechen  durchaus  jener  Zeit;  dagegen  möchte  icb  d 
durchgehend  mit  beiderseits  übergreifenden  Querbalken  gedruckte 
nicht  für  ganz  richtig  wiedergegeben  halten.  Wenn  diese  Form  so 
in  Delphi  schon  im  III.  Jhdt.  vereinzelt  hier  und  da  sich  findet,  js 
einigen  Texten  schon  häufiger  begegnet,  so  ist  es  doch  damals  ne 
Sache  des  Zufalls,  ob  P,  F  oder  F  entsteht.  Eine  regelmässig  darc 
geführte  Schreibung  mit  F  zeigt  unter  allen  bisher  bekannten  ddpl 
sehen  Inschriften  vor  200  v.  Chr.  keine  einzige. 


Zur  Datirang  des  delphischen  Paean  und  der  ApoUo-HymneD.    581 

fon  Stephsni,  Seise  durch  Nordgrieohenland  p.  41  nr.  16  und 
ν.  17  aoB  Lamia  mitgetheilten  Decrete^  in  deren  eratem  eine 
Lokilgröaae,  ein  epiacher  Dichter  ans  Hypata,  —  im  sweiten  eine 
IXAterin  ana  Smyrna  ihre  epiachen  Prodakte  derVolkaveraamm- 
hog  Torweiaen  und  dafür  die  Proxenie  erhalten.  Beide  Texte 
itammen  genaa  ans  nneerer  Zeit,  d.  h.  dem  letzten  Viertel  dea 
in.  Jhdta.  \  Ein  wenig  älter  (erste  H&lfle  dea  III.  Jhdta.)  ist 
du  Proxeniedecret  von  Deloa  für  poetische  Leistnngen  auf  dem 
eehiste  der  einschlägigen  Mythologie,  das  Homolle  im  Ball.  IV 
^  345  yeröffentlichte,  etwas  jünger  (Π.  Jhdt.)  die  Stele  der  Kre• 
ter  in  Deloa  für  ein  έγκώμιον  anf  Enossos  ehonda  p.  362  *. 

Die  wichtigste  Parallele  aber  bildet  daa  Beispiel  des  Nir 
imder  vom  ΚοΙορΗοη^  der  —  wohl  für  seine  ΑΙτωλικά  —  eben- 
Ub  genau  in  unserer  Zeit  die  delphische  Proxenie  erhielt. 
8eia  Proxeniedecret  befindet  sich  auf  der  nördl.  Seitenwand  der 


^  Jetzt  zugänglicher  bei  GoUitz,  GDI.  nr.  1441  und  nr.  1440.  Die 
htr.  Stellen  lauten:  [έπ€ΐδή  ΤΤολ?]ίτας  ΤΤολ(τα  Ύπατ(Πο[ς  ποιητάς  £π]έΐλΐν 
^οραγ€νόμ€νο[ς  έν  τάν]  πόλιν  δεάεις  έποιήσατ[ο  έν  αΐ]ς  τΑς  πόλιος  ά^ίως 
^μνάο[θη],  cTvat  αύτάν  πρόΕβνον  κτλ.  Die  zweite  mit  der  Ueber- 
•dirift  '  Tdrv  ΑΙταιλιΰν*  und  der  Präscribirung  des  aitoliiohen  Strategen 
iit  noch  auffiihrlicher:  [έπ€ώή]  ....  ογανα  'Αμύντα  Ζμυρναία  Μ  Ίαι- 
[νίας]  ποιήτρια  έ[πέιυν  παρατενομέ]ν[α  έ]ν  τ[ά]μ  ιίόλιν  πλβίονας  έ[πι- 
^ci&Kl  έιιοιήσατο  τ[ιΰν  16ίυι]μ  ποιημάτων,  έν  οΐς  π€ρ(  τε  τοΟ  {θν€θ[ς] 
'^  Α{τωλώ[ν  καΙ  τ]ώμ  προγόνων  τοΟ  δάμου  άΕΙυις  έπεμνάσθη  μ€[τά] 
^Λαας  προθυμ[ίας  τά]ν  άπόδ€ει[ν]  ποιούμενα,  €Τμ[€]ν  αύτάμ  πρόε[€• 
»W  ιρτλ. 

'  Der  malisohe  Stratege  Φίλιππος  Δ€Εικράτ€ος  Λαμιεύς  in  nr.  1441 
^thrt  all  Hieromnemon  der  Α  et  ο  1er  wieder  in  GIG.  1689;  dieser  Text 
l^hort  in  die  Gruppe  F  der  Amphiotyonendekrete,  d.  h.  in  die  letzten 
beiden  Decennien  des  ΠΙ.  Jhdts.,  s.  o.  S.  579;  der  aitolisohe  Strateg  Γν .... 
in  n,  1440  kommt  in  der  Liste  der  Strategen  des  ätol.  Bundes»  die  mir 
von  205—169  τ.  Chr.  lückenlos  vorliögt,  nicht  vor,  fungirte  also  eben- 
Ule  vorher  und  sogar  wahrscheinlich  noch  einige  Zeit  vor  211  y.  Chr. 
(ftopas  Π.  Strategie). 

*  a.  a.  0.  p.  345  επειδή  Δημοτέλης  ΑΙσχύ[λου]  "Ανδριος,  ποιητής 
Αν,  πεπρατμάτευται  περί  τε  τό  Upov  καΙ  τήν  πόλιν  τήν  Δηλίων  καΐ  τους 
μύθους  τους  έπιχωρίους  γέγρα(ρε  κτλ.  Der  Wortlaut  des  zweiten  (ρ.  d528q.) 
ist  zu  umfangreich  um  hier  wiedergegeben  zu  werden.  Ausserdem  ent- 
halten die  von  Homolle  a.  a.  0.  dtirten  Texte  Le  Bas  Asie  81  und  82 
andere  interessante  Details,  wie  die  nicht  selbst  dichtenden  *  Spieler 
und  Sänger  zur  Kithara*  den  Dichtern  ins  Handwerk  pfuschen  und 
Compilationen  aus  Dichter-  und  Geschichte- Werken  zum  Lobe  der  be- 
treffenden Stadt  zusammenstellen:  der  Lohn  ist  auch  hier  die  Proxenie. 


582  Pomtow 

Basie  Η  vor  der  Stoft  der  Athener  und  ift  τοη  Hamawillicr  in 
Bull.  VI  p.  217  nr.  50  publicirt.  Ee  gehört  aber  nioht,  wie  ioii 
angenommen,  in  die  Zeit  Attalue  III  (137 — 183  ▼.  Chr.)f  Sonden 
in  die  Attalns  I  des  Γαλατονίκης,  ist  aleo  fast  100  Jahre  ilfter, 
da  der  eponyme Arohont  Νικόοαμος  nach  Sohrift,  Baleaten-ZiU  (5) 
nnd -Namen  fraglos  im  lotsten  Drittel  des  IIL  Jhdt8.{aii• 
girt  hat^•  Wihrend  wir  nnn  in  all'  diesen  F&Uen  nnr  ^oThit• 
saohe  der  erfolgten  Belohnung  kennen,  nioht  aber  die  belohnten 
Oediehte  selbst  *,  weil  deren  Umfang  als  Epen  eben  eine  Yerewi- 
gnng  auf  Stein  ansschloss,  —  sind  wir  jetst  bei  dem  Diehter  dei 
sogenannten  Paean,  dem  Lyriker  Aristonoos  Nikosthenis  f.  ain 
Eorinth  in  der  glüoklichen  Lage,  das  der  Proxenieverleihvng  ge- 
würdigte opus  (ύμνος)  in  fest  datirbarem,  nnsweifelhaftem  Ori- 
ginal SU  besitzen.  £e  ist  doroh  H.  Weil  in  dem  änsaereni  ele* 
ganten  Flnss  nnd  der  inneren  Gehaltlosigkeit  der  kioht  hi^e- 
worfenen  Glykoneischen  Strophen  hinreichend  oharakteritirt  wot- 
den,  und  giebt  ein  interessantes  Beispiel  von  der  Besohaifenlieit 
der  grieohisohen  Vorbilder,  nach  deren  einem  etwa  anderäuJb 
Jahrhunderte  spftter  das  Gatoll'sche  *Dianae  snmns  in  fide'  ge* 
dichtet  sein  mag  (ygL  auch  das  sehr  Shnliche  Metrum  des  ^i- 
thalamium  n.  LXI),  obgleich  dies  wohl  bei  Niemand  ffir  tmt 
wirklichen  ^Hymnus'  auf  Diana  gegolten  hat• 

II. 

ungleich  wichtiger  sind  die  Fragmente  der  mit  Notinug 
versehenen,  in  Paeonen  gedichteten  ^Hymnen  auf  Apollo,  von 
denen  der  eine  Theil  mit  Yocal-,  der  andere  mit  sogenanntes 
*  Instrumental' -Noten  über  jeder  Textzeile  versehen  ist  Von  bei- 
den Arten  sind  je  zwei  grosse  Stücke  (A  u.  B,  und  C  n.  D) 
nebet  einer  Anzahl  kleinerer  Fragmente  erhalten.  Die  Texte  von 
A,  B,  D   sind   in  vorzüglichen,    mechanisch  hergestellten  Abbil- 


^  £8  verdient  dies  darum  ausdrücklich  hervorgehoben  zu  werden, 
weil  jene  Datirung  aus  dem  Bull.  YI  p.  217  auch  anderwärts  Eingang 
gefunden  hat  (Dittenb.  Syll.  n.  313  not.  1),  und  zu  weiterer  unrichtiger 
AnsetzuDg  anderer  Texte  führen  musste.  Die  Entstehung  des  Snidi•- 
irrthums  über  Nikanden  Zeit  wird  in  einem  besonderen  Artikel  m 
anderer  Stelle  erörtert  werden. 

*  Auch  aus  Nikanders  Fragmenten  ist»  da  die  Alezipharmaca  and 
Theriaca  natürlich  nicht  in  Betracht  kommen,  keine  Vorstellong  το> 
dem  Werth  seiner  ΑΙτωλικά  oder  ähnlicher  epischer  Leistangen  sa  p' 
winnen. 


Zur  Datirnng  dee  delphischen  Paean  und  der  Apollo-Hymnen.    5Q3 

bmgen  (Heliognynren)  auf  Taf.  XXI,  XXI  b,  XXII  veröiFent- 
lidkt,  und  iwar  aind,  wie  der  Angenschein  lehrt,  bei  Α  nnd  Β 
jia  anauegefttllteD  Abklateohe,  bei  D  der  Stein  aelbst  photogra- 
phirt  und  die  Platten  dann  weiter  heliographisch  behandelt  wor- 
den. Blook  G  nnd  die  kleineren  Fragmente  wurden  dagegen  an* 
Msheinend  nach  ausgefüllten  Abklatschen  photographirt  und  dann, 
entweder  durch  Zinkographie  oder  Holssohnitt  verrielfaltigt,  dem 
Texte  der  Abhandlang  selbst  einverleibt 

Diese  nngemein  getreue,  höchst  dankenswerthe  Beproduo* 
tionmethode  ersetst  bei  der  yerhältnissrnttssig  gut^n  Erhaltung 
dar  Oberflilche  fast  völlig  die  Originale  und  gestattet  anoh  den- 
jenigen Fachgenossen,  welche  die  Steine  nicht  gesehen  haben, 
sieh  selbsti&ndig  an  der  Untersuchung  su  betheiligen.  Es  ist 
diese  Möglichkeit  um  so  freudiger  su  bogrüssen,  als  die  vom 
Fondort  weit  entfernten  Heransgeber  nicht  in  der  Lage  gewesen 
sind,  Kittheilungen  su  machen  über  das  Alter  oder  den  Charak- 
ter der  Handschrift,  das  ICaterial  der  Steine,  über  etwaige  Zu- 
gehSrigkeit  derselben  zu  Anathemen,  Denkmalen  oder  Stelen, 
oder  über  den  Haasstab,  in  dem  die  Abbildungen  hergestellt  sind 
XL  s.  f.,  und  auch  über  die  Maasse  der  Blöcke  selbst  nur  6  An- 
gaben haben  beifügen  können.  Die  Steine  selbst  geben  nun  darü- 
ber folgende  Auskunft: 

Während  man  auf  Orund  des  auf  Block  A,  Z.  9  sich  fin* 
denden  bk  Γαλατοδν  δρης  als  Zeit  der  Dichtung  und  Einmeisse- 
lung  des  Haupthymnus  die  Jahre  bald  nach  dem  Brennuseinfall 
278  V.  Chr.  annahm  (Bull.  XVII  p.  571),  lehrt  das  Facsimile  dar 
Teste  Α  und  Β  mit  einer  jeden  Zweifel  ausschliessenden  Gewiss- 
heit, dass  dieselben  erst  70—100  Jahre  später  eingehauen  wor- 
den sind.  Wir  finden  die  charakteristische  Schreibweise  der  Jahre 
200—180  V.  Chr.  (für  Delphi)  hier  bereite  in  voller  Ausbildung; 
sie  unterscheidet  sich  bekanntlich  von  der  früheren  dadurch,  daes, 
sei  es  durch  andere  Handhabung  des  alten,  sei  es  durch  Einfüh- 
rung eines  neuen  Meisseis  die  bisherigen  Elemente  der  Schrift- 
zeichen, die  geraden  Linien,  überall  durch  Seile  ^  ersetzt  wer- 
den, also  die  Enden  der  Buchstaben -hasten  nicht  mehr  glatt,  son- 
dern verdickt,  keilförmig  auslaufen  und  dass  bei  M,  N,  F  oder 
Π,  Σ  diese  Keile  beim  Zusammentreffen  mit  den  spitzen  Anfängen 
der  anderen  Elemente  über  diese  übergreifen,  w&hrend  vor- 
läufig noch  jede  Hinzufügung  wirklicher  Apices  fehlt.  Hand  in 
Hand  damit  geht  eine  aufi&llige  Yerringerung  der  Höhe  der  Buch- 
staben, die  um  150  v.  Chr.  einigemal  bis  auf  4^/^  mm  (bei  Stein- 


&84  Pomtow 

Bohriftl)  sinkt,  sioh  aber  meiet  in  den  Grenien  yon  β — 7 — 8bii 
hält,  während  im  dritten  Jhdt  kleinere  Sehrift  als  9 — 10  mm  sv 
ganz  anenabmeweite  in  finden  ist  Das  erste  Auftreten  dieier 
nenen  Sobreibart  beginnt,  siob  in  sobwaoben  Andentangen  im  leti- 
ten  Viertel  des  III.  Jbdts.  bemerkbar  zu  maoben,  so  namentlid 
in  der  niobt  vor  226  v.  Cbr.  gesebriebenen  Ampbiktyonennrkude 
Bnll.yil  p.  417  nr.  II  d.  Καλλ(α  (Fasti  Delpbici  Π  ρ.  535,  GmppeE), 
erscheint  mit  Beginn  des  nenen  Jahrhunderts  fast  in  voller  Au* 
bildnng  (Prozenenliste  seit  198  v.  Cbr.)  nnd  erbAlt  sich  Ui  den 
sorgftltiger^  eingemeisselten  Urkunden  fast  ohne  Variation  gegen 
70  Jahre  lang,  da  die  ans  der  IX.  Priesterzeit  stammenden  Am- 
phiotyonendeorete  des  Monumentnm  bilingne  (zwischen  135—130 
y.  Chr.)  noch  die  gleiche,  regelmässige,  sorgfältige  Sehrift  zogen, 
wie  der  Beginn  der  Prozenenliste  nnd  —  unsere  Hymnen  lelbit 
Da  nun  bisher  noch  keine  einnge  Inschrift  vor  dem  J.  200  ▼. 
Chr.  bekannt  ist,  die  diese  neue  Schreibart  durohgefilhrt  tif- 
wiese,  —  so  können  die  Hymnen  kaum  früher  alz  um  200  v.  Chr. 
angesetzt  werden,  sbd  aber  ihres  eleganten,  völlig  ausgebildeten 
Schriftcharakters  wegen  m.  £.  etwa  den  Jahren  185— 135 v.Chr. 
zuzuweisen'• 

Diese  Folgerungen  sind  zwingender  Natur,  aber  nur  dtiuit 
wenn  die  Texte  in  Delphi  selbst  und  zwar  von  delphi- 
schen Steinmetzen  eingehauen  worden  sind.  Attische  Stein- 
metzenteohnik  war  stets,  wie  dem  übrigen  Griechenland,  so  dem 
entlegenen  Delphi  zeitlich  weit  voraus  und  hatte  jene  Schreib- 
weise schon  längst  im  Gebrauch,  —  und  bei  dem  Fundort  der 
Stücke  im  θησαυρός  der  Athener  war  die  Möglichkeit  nicht  au- 
geschlossen,  dass  hier  ein  Denkmal  attischer  £pigraphik  vorlagr 
80  wie  ja  der  Hymnus  selbst  das  Werk  eines   attischen  Dichten 


1  Nur  von  diesen  kann  bei  genaueren  epigraphischen  Unterso• 
chungen  die  Rede  sein.  Dass  daneben  bisweilen  unglaublich  flüchtig 
und  lüderlich  eingeritzte  werthlose  Texte  von  Manumissionen  etc.  i^ 
der  Polygonmauer  ganz  anderen  Schriftcharakter  zeigen,  ist  zuzugeben, 
aber  für  obige  Darstellung  irrelevant. 

'  In  Α  und  Β  findet  sich  die  späte  Form  des  o|o  schon  deutlich 
markirt,  dagegen  in  C  noch  die  Form  O.  Auch  das  Vorkommen  des  i 
ädscriptum  (nur  D  Zeile  7  und  13)  in  Worten,  die  nicht  zu  den  dem 
Steinmetzen  geläufigsten  τιϊιι,  Bcdii,  πυθίωι,  κατα6ουλισμ<χη  oder  zaD&' 
tiven  von  Eigennamen  in  Proxeniedekreten  gehören,  spricht  mehr  fof 
den  Beginn  des  obigen  Zeitraums  als  für  dessen  Ausgang.  Die  Form  dei 
Alpha  ist  natürlich  überall  A. 


Zur  Daiinuig  dee  delphischen  Paean  und  der  Apollo-Hymnen.    586 

mr.  Be  gilt  daher  zanftohet,  die  ICaterialfrage  xn  enteeheiden: 
taad  der  Hymiiae  auf  dem  weisegranen  delphischen  Kalkstein 
S.  Eliasstein)  oder  anf  Marmor?  Obwohl  die  Bmch-  und  Schat- 
«partien  des  Blockes  D  in  der  heliographischen  Beprodnotion 
nreh  Zuhilfenahme  des  den  Originaleindmck  stets  beeintritohti- 
eoden  Stichels  verstlrkt  worden  sind  und  sich  so  nicht  fest- 
kellen liesSy  wieyiel  von  der  augenfälligen  Scharfkantigkeit  und 
[Srte  der  Bmchstellen  τοη  dieser  künstlichen  Nachhilfe  herrtthrci 
0  ist  doch  bei  der  Sohirfe  der  Abklatsche  und  der  Zeichen  in 
L  «nd  Β  kanm  sweifelhafk,  dass  das  Material  in  der  That  Mar- 
lor  ist^ 

Ghtni  nnanfgeklXrt  blieb  aber  die  eigentliche  Frorenienz 
Mp.  Zugehörigkeit  dieser  Marmorblöcke,  von  denen  nur  gesagt 
rar,  dass  ihre  Dicke  0,49,  die  Höhe  von  Α  Me  0,38*,  von  Β 
,8β,  von  D  0,43  und  die  Breite  von  Β  0,41  betrug.  Die  Her- 
ugeber  haben  geglaubt,  dass  die  ünterkante  von  Α  oben  un- 
littelbar  an  die  Oberkante  von  Β  gesetzt  werden  müsse,  weil 
ine  kleine  Strecke  (1  cm  auf  der  Abbildung)  beider  Gonturen  an 
inaader  zu  passen  schien,  haben  aber,  abgesehen  von  der  Thei- 
ing  der  Fragmente  in  solche  mit  Yocal•  und  Instrnmentalnoten 
nd  nach  dem  Metrum,  weder  über  deren  Zusammengehörigkeit, 
och  über  die  Anordnung  der  anderen  Blöcke,  noch  über  die  Be- 
ohaffenheit  des  ganzen  Denkmals  oder  Baues  Erörterungen  ange- 
teilt, da  sie  mit  Beoht  ihr  Hauptaugenmerk  auf  Ergänzung  und 
Irklftrung  des  Inhaltes  und  der  Notenschrift  der  grösseren  Stücke 
lerichtet  hatten.  Nun  ergibt  aber  eine  eingehende  Betrachtung, 
aas  in  Α  Oberkante,  Rest  der  üeberschrift  mit  dem  Ethnicon 
es  Dichters  Άθ]ηναΐος  (so  nach  H.  Weil)  und  darunter  ein  In- 
chriftanfang  erhalten  sind,  in  Β  Beste  der  Oberkante,  sowie  der 
eehten  und  linken  Seitenkanten  vorhanden  und  auch  unten  die 
nschrift  vielleicht  vollständig  ist,  dass  in  C  Oberkante  und  linke 
leitenkante,  in  D  Steinoberkante  und  letzte  Zeile  (darunter  be• 
;innt  eine  spät-attische  Inschrift),  in  Frgm.  1  rechte  freier  Baum 
md  unten  eine  letzte  Zeile  (darunter  Vacat '),  in  Frgm.  7  Ober- 
cante,  in  Frgm.  8  rechts  freier  Raum,  —  vor  allem  aber  in 
Prgm.  12  rechts  freier  Raum,  in  der  Mitte  Abschluss  oder  viel- 


^  Allerdings  spricht  der  zweite  Herausgeber  Th.  Reinaoh  einmal 
I.  605  von  *perp6tuer  sur  le  marbre  l'accompagnement  de  morcesnx 
ie  chant',  —  indess  brauchte  dies  nur  ein  ungenauer  Ausdruck  für 
Stein*  selbst  zu  sein. 


586  Pomtow 

mehr  eine  leiste  Zeile  de•  mit  Yoealnoten  yerseheiieii  Hymnu 
Yorhanden  ietf  die  aber  mitten  im  Wort  «bbrioht,  vShnid 
unmittelbar  in  der  Zeile  darauf  mit  gröeeeren  und  etSrkeren  Back- 
Stäben  die  ersten  Zeilen  eines  mit  Instmmentalnoten  bezeielmetei 
Hymnns  folgen  (rechte  dito  freier  Baum)  —  daes  also  iweifelloi 
jeder  der  Hymnen  in  neben  einander  stehenden,  «aiit 
gleich  langen  Golumnen  geschrieben  worden  sein  mnss. 

£s  Ittsst  sich  diese  Yertheilong  in  Colamnen  aogar  strieke 
beweisen.  Vorbedingung  dafür  ist  die  Ermittelung  des  Kauiii- 
besy  in  welchem  die  Abbildungen  hergestellt  sind•  Bei  Β  wird 
die  Höhe  X  Breite  auf  0,88  X  0,41  angegeben,  die  der  Helio- 
grayure  beträgt  0,114X0,128;  beide  Maasse  ergeben  genau 
als  Haasstab  1  :  3,8838..  und  darnach  eine  Buehstahenhöka 
Ton  etwa  0,0066  •  •  Der  Steinmetz  ging  nun  in  der  Weise  Tor, 
dass  er  wie  gewöhnlich  sftmmtliche  Linien  in  diesem  Abstanie 
(0,0066)  unter  einander  vorriss  (sie  sind  deutlich  auf  den Ak- 
bildungen  au  erkennen),  aber  nun  statt  des  gewöhnlichen  efiien 
Zeilenswischenraumes  in  Bücksicht  auf  die  Noten  deren  zwei  lieHt 
in  deren  unterem  die  Notirung  gesetzt  wurde;  diese  stösst  infolge 
dessen  vielfach  mit  der  Oberkante  der  darunter  stehenden  Baoli• 
Stäben  zusammen.  Naturgemäss  fallen  die  Zeilenabstände  niokt 
stets  ganz  gleichmässig  aus;  auf  der  Abbildung  (B)  betrtgen 
sie  jedoch  nicht  nur  im  Einzelnen  fast  genau  2  mm,  sondern 
auch  für  die  14  Zeilen  von  Oberkante  5  bis  ünterkante  18  iü• 
sammen  79,5  mm,  zeigen  also  auf  80  mm  nur  eine  Differeni 
von  V2mm,  während  sie  in  den  ersten  4  Zeilen  etwas  unregei- 
mässiger^  d.  h.  enger  sind.  Genau  diese  gleichen  Abwei- 
chungen zeigen  nun  die  Zeilenabstände  auf  Block  A,  so  da« 
sich  als  unumstösslich  sicher  herausstellt,  dass  der  Steinmets 
beide  Golumnen  auf  einmal  liniirt  hatte,  d.  h.  dass  die  Li* 
nien  von  Α  in  genau  denselben  Abständen  durch  Β  hindarcli' 
gezogen  worden  sind^. 


^  Es  reducirt  sich  infolge  dessen  die  durohschnittlicheBaoh* 
stabenhöhe  in  Β  etwas.  Von  Β  1  Unterkante  bis  Z.  18  Unterkante  siod 
auf  dem  Facsimile  99  mm,  also  17  dreifache  Zeileninterralle;  das  ergibt 
(^/i7•  ^%•  Vs)  ^r  jeden  einfachen  Zeilenabstand  und  die  Buchstaben• 
höhe  durchschnittlich  0,00647,  also  fast  genau  ß^/^T^m, 

^  Es  ist  Jedem  leicht,  die  Richtigkeit  durch  ein  sehr  einfaches 
mechanisches  Verfahren  nachzuprüfen;  markirt  man  auf  einem  Paui* 
papierstreifen  genau  die  Zeilenlinien  (Ober-  u.  Unterkanten  von  B)  unten 


Zur  Daiirimg  des  delphischen  Paean  and  der  Apollo-Hymnen.    587 

Hienas  folgt  weiter,  daie  die  Zeilenzahl  aller  Golnmnea 
\  enrten  Hyaim•  wenigetene  18  betrag,  daes  also  auf  Α  nicht 
r  «06  Zeile  (so  H•  Weil),  eondem  wenigatena  noch  2  Zeilen 
ten  weggebroehen  find  \  da  die  Ueberachrift  ala  Z.  1  nicht  aun 
et  gehört  hat  nnd  nicht  gesählt  werden  darf,  data,  da  der 
nr  Z.  1  in  Β  jetzt  beatoaaeoe  Rand  genau  eo  breit  iat,  wie  der  in 
fiber  Z.  2  bia  snr  Kante  gut  erhaltene,  —  auch  in  Β  noch 
er  der  jetzigen  Z.  1  eine  Ueberachrift  geatanden  haben 
rd,  alao  die  Grinde,  die  H.  Weil  anfange  beatimmten,  Block  Β 
»gen  der  Maeenanrnfnng)  ala  Anfang  dea  Hymnna  anaehen  z« 
Uen,  wieder  in  Geltmg  treten  können,  -*  nnd  daea  man  dann 
Β  Z.  1  a  den  Kamen  nnd  daa  Patronymikon  dea  Dichten  vor- 
anaetzen  bitte,  deren  Abaohlnaa  mit  Άθ]ηναΐ(>ς  wir  in  Α 
1  leaen. 

War  aber  nnn  eo  die  Thataaohe  einea  iber  viele  Blöcke 
»henden,  in  Golnmnen  geechriebenen  Teztea  mehrerer  Hymnen 
ichert,  ao  war  für  den,  der  an  die  ebenfalla  über  die  Quadern 
'  Tempelwand  in  bisher  7  nachgewiesenen  Colamnen  vertheil- 
Amphictyonendeorete  desMonnmentnm  bilingne  dachte  nnd  die 
at  ganz  nnbegreifliche  Dicke  von  0,49  nnaerer  Stücke  in  Be- 
oht  zog,  der  Analogiesohlnaa  naheliegend :  daaa  auch  dieae  Blöcke 
einer  Wand  d.h.  znr  Wand  des  Theaanrna  der  Athener 
hören  miaaen.  Aber  waren  dieae  von  Marmor?  oder  waren  sie 
»rhanpt  beachrieben?  Beide  Fragen  konnten  mit  Recht  atntzig 
ßhen,  lösten  sich  aber  ttberraschend  schnell,  als  am  Schlnaa 
ι  Bandes  (Bnll.  XVII  p.  612  sq.)  eine  knrze  Beschreibnng  der 
agrabnng  des  Thesanma  gegeben  nnd  dabei  die  Thatsache  mit- 
heilt wnrde,  dass  die  WSnde  ron  oben  bia  nnten  mit  Inschrif* 


;  Z.  18  beginnend  —  und  versohiebt  nach  Yollendting  der  Harken 
.  Streifen  nachher  am  5 — 6  Zeilen  nach  oben»  so  wird  man  sehen» 
Β  die  Intercolumnien  der  ersten  Zeilen  (1—4)  nicht  mehr  stimmen; 
t  man  denselben  Streifen  nun  auf  Α  (wobei  die  Ueberschriftzeile 
Ιηναΐος  nicht  gerechnet  werden  darf,  weil  sie  auf  dem  bei  Β  be- 
isenenTbeil  stand),  so  sieht  man,  dass  hier  dasselbe  Spiel  sich  wie• 
holt,  dass  Zeile  2 — 17  genau  durch  die  Marken  von  Β  1—16  ge- 
kt  werden,  —  aber  bei  Yerschiebung  des  Streifens  nach  oben  die• 
>en  Yersohiedenheiten  wie  bei  Β  sich  ergeben. 

1  Das  mit  '  de  0,38*  für  Α  mitgeiheilte  Höhenmaass  ist  also  nur 
atzongsweise  angegeben  worden  und  beträgt  nach  dem  Faosimile 
7  X  3,33 . .)  vielmehr  in  Wirklichkeit  0,3566 . . 


588  Fomtow 

ten  bedeckt  eindi  —  und  eioh  aucli  im  Kaohtnig   des  Torletite- 
Heftee  (p.  217)  die  Kotis  üuid,    dass  deasen   *  lonbMseineiitt 
marbre  pentilique'  seien.  — Auf  Orond  dieser  erairteD  Tbatsachs^cs 
liesse  sich  nun  ein  erfolgreicherer  ReconstractionsTenach  der  gsa  — 
zen  Hymnen  nntemebmen,  insofern  jetst  anch  die  Fragmente  ii 
die  Tcrschiedenen  Columnen  eingereiht  werden  können  nnd 
im  Stande  ist,   die   ungefähre  Zahl  der  letzteren  nnd  damit  di 
Umfang  der  Hymnen  annähernd  zu  Überblicken.    Noch  sind  sbe:sr 
nach  den  Angaben  auf  S.  612  die  längs  der  Sttdwand  des  Scbsb&  — 
hauses  lagernden  Erdmassen  wegen  der  dort  yorbeifllhrendeaCf»* 
leise  der  Transporteisenbahn  nicht  untersucht;    da  sich  die  Ais* 
grabenden  dort  ebenfalls  reiche  Funde  yersprecheny   erseheint  ae 
räthlich,    erst  die  Vollendung   dieser  Arbeiten    abzuwarten,  die 
wahrscheinlich  einen  Zuwachs  an  neuen  Hymnenfragmeaten  fariii- 
gen  werden.    Ich  beschränke  mich  daher   fttr  jetzt  nur  auf  fol- 
gende Bemerkungen: 

Elrster  Hymnus. 

Zu  ihm  gehörten   die  Hauptbruchstttcke  Α  und  B,   die  i'KB 
Paeonen  verfasst  und  mit  Vocalnoten  yersehen    sind.    Aue  At>' 
bildung  Β  lässt  sich  schliessen,    dass   die  Steine   dieser  Quader"' 
läge  0,41  breit  waren   und  jeder  eine    fast  ebenso  breite  G<^  " 
lumne  enthielt.     Da  die  Herauegeber  von  einem  ^Fragment   spr^^ 
eben  und  nur  die  Ober-  und  Seitenkanten  als  erhalten  angebei»  9 
scheinen  sie  die  Unterkante  als  nicht  vorhanden,  die  Ursprung ^ 
liehe  Höhe  der  Steine  also  als  unbestimmbar  zu  betrachten.    01^  ^ 
schon  nun  deutlich  unter  Z.  18  noch  ein  einfaches  ZeitenintervaU 
vorliniirt  ereoheint,  so  muss  doch  die  untere  linke  Ecke  des  Fa^' 
eimile  in  Β  bei  Jedem  den  Eindruck  hervorrufen,  als  habe  hi&^ 
(und  dann  später  noch  einmal  rechte)    die  Quader  ihr  Ende  g»' 
habt,  jene  Zeile  sei  also,    wie  so  häufig,    am  unteren  Rande  *C 
νίβΓ  vorgerissen.     Die  Höhe  dieser  Quaderlage  hätte  dao0 
also  genau  so  viel  wie  B,  d.  h.  0,88  betragen. 

Eine  unerwartete  Bestätigung  dieser  Ansicht  ergab  folgende 
Erwägung.  Da  nach  den  Worten  Homolle's  auf  p.  613  an  den 
Wänden  des  Schatzhauses  auch  gefunden  wurden:  ' Cataloguee de 


*  Dabei  werden  die  *dort*  gefundenen  Texte  classificirt,  darunter 
auch  unsere  Hymnen;  man  konnte  eie  daher  als  vielleicht  auf  den 
Wänden  befindlich  vermothen,  —  sie  konnten  aber  gerade  so  gut  nur 
*im  Thesaurus'  gefunden  sein. 


ir  Datirong  des  delphiaehen  Paean  and  der  Apollo-Hymnen.    589 

mna^ef  enyoyie  d'  Äthanes  l  Delphee  poar  la  cilibration  dea 
iea  (ipUbes,  prttres,  thioree,  pythaletea  etc.X  —  tths  impor- 

ponr  l'itnde  dee  γένη  attiqnes  et  de  fHe•  de  Delphea*»  so 
für  Jeden  klar,  dasa  die  kürslich  von  Nikitaky  im  Hermea 
3)  S.  619  ff.  aus  dem  Mneenm  zu  Delphi  mitgetheilte  *Ur- 
e  zur  attiachen  Genealogie*  an  jenen  Texten  von  der  The- 
lawand  gehöre.  Denn  aaoh  sie  iit  in  Golnmnen  geeohrieben 
anoh  auf  zwei  Steinen,  ihre  Maaaae  aber  werden  bei  theil- 
)  erhaltener  Ober-  und  Unterkante  ebenfalle  mit  0,88 
)  und  0,48  Dioke  angegeben.  Zn  deraelben  Qnaderlage  haben 

alao  anoh  unsere  Blöeke  Α  und  Β  gehört,  da  jetzt  über- 
t  Lagen  von  0,88  Höhe   für  die  Schatzhanawand  featetehen. 

Die  Zeilenzahl  der  Golnmnen  diese•  Hymnna  betrug  alao  in 
Fhat  18,  ausser  einer  etwa  darüber  stehenden  Ueberachriftzeile. 
weiteren^   Fragmenten    lassen  sich   mit  Sicherheit    hierher- 

Fragment  1  stand  am  Schluss  einer  Columne  (unten  freier 
n)  und  entspricht  in  Buchstabengrösse  und  Interooluinnien- 
θ  genau  B.  17—18;  es  gehört  alao  sicher  zum  gleichen 
lous  wie  Α  und  B,  wahrscheinlich  an  den  ScMnss  von  A. 

Fragment  2.  Seine  Zeile  1  muss  nach  Ausweis  der  drei 
abreiten  weder  zu  Z.  1 — 4,  noch  zu  Z.9,  10,  16,  wohl  aber 
— 8,  oder  11 — 14,  oder  16  von  Α  gehören. 

Fragment  8.  Seine  Zeile  1  ff.  passt  nur  zu  Zeile  10  oder 
,  oder  zu  15  u.  16ff.  von  A. 

Fragment  12.  Obwohl  durch  das  Fehlen  der  Noten  aeine 
»hörigkeit  zweifelhaft  war,  kann  nach  Ausweis  der  Zeilen- 
;en  seine  Z.  Iff.  nur  zu  Z.  11  ff.  oder  15  ff.  von  Α  gehören. 

Da  nun  diese  4  Stücke  ihrer  Grösse  nach  alle  sehr  wohl 
^  gehört  haben  können,  von  anderen  Blöcken  des  ersten 
iDus  aber  nichts  weiter  zum  Vorschein  gekommen  ist,  so  er- 
me  es  vorläufig  nicht  allzu  gewagt,  anzunehmen,  dass  dieser 
inus  in  der  Tbat   nur   aus   zwei  Golumnen   bestanden   habe, 


1  Obwohl  auch  bei  Block  C  und  den  kleineren  Fragmenten  kei- 
i  Massangabe  hincugefilgt  ist,  ergibt  sich  doch  aus  fr.  1 — 3,  daae 
lle  in  dem  gleichen  Maasstabe  reproduoirt  sein  müssen  wie  Α  und 
Iso  1 : 3,33  ...  * 

3  Fragm.  1—3  hatte  auch  Th.  Beinadi  wegen  der  Uebereinstim- 
^  im  *tonphryg^en  chromatiqne*  auf  unsem  Hymnus  bezogen,  aber 
n  andere  Stellen  gesetzt. 


denn  eriid  dam  der  naek  Bnki  —wmtwdi BJMhB Ψ90^' 
reod  Areebt•  daaebeDdea8oklmee*  eatkiaU, 
■owaU  die  toxtliöko  wie  die  «μΙμΗμΑμι  3hglaa«ag 
eeeken,  wena  ebea  nielit  mu  Faade  ia  AmmkM  allaleA»'    '^  ^ 


fir  war  aaf  eiaer  aadeta  QMderiage  ala  der^iw^e  f^ 
idtfietai,  die  weaigsteae  eiae  HUie  ^ren  fr^  kittai'iit  Im  β^ 
koaeea  gediditet  «ad  arit  dea  ej^tter  eo  geoaMitatt^^'iMMlMa• 
talnotea'  Teieehen.  Dae  grSiate  der  ^oa  ihai•  biähar  «Ma'^für- 
ediein  gekomawieB  Braehrttteke  litBIotkD  (»Iterlaile^ielwf 
kante).  Sein  Faeriadle  kt,  wie  aiek  am  d«  IWlmiai^kef  J^ 
eeküeeeen liestt  ia  1 :  9,766 (aleo etwäe  mbr  ah  1  :By^ie|m- 
daeirt»  die  Breite  der  eriMÜnea  Obeiflieke  katefgl  ^Mnü* 
0^88  (die  dee  gaaim  Braeketiekee  Ο,βΐ«);  ele  d«nAigellalli- 
lioke  Höbe  der  Zeilenintenralle,  d.  L  BaekitakeakShei'  «gAl 
aiek  Ο|0Ο7Ο489,  alae  Hut  genm  7  mn*. 

Wir  kaben  ia  der  keatigm  Ule  18  fie  SebUeMeile  dei 
ganien  CMioktee  Ter  ane,  oiekt  etwa  blee  die  eiaer  Cotana» 
Ei  folgen  Büalioh  aaf  dem  Stein  uler  Zelle  18  meh  •  dMI- 
fkeke  ZeUeninteroolnmden  ndt  deatUek  UnKrlen  Keüeii  %eMi 
Z.  14«-91  eBteprickenl  ObweU  mm  iber  ZeQe  1  Mb  aar  Ob»- 
luuite  des  Stein•  nicht  mehr  swei  -  einselne  ZeilenswiaokeailBae 


1  Verschweigen  aber  darf  ich  nicht,  das•  fr.  1  nnten  iwar  nkU^. 
mehr  freien  Ranm,   aber  damnter  erheblich  mehr  begtewene  FBoh^ 
seigt»  als  aaf  Β  vorhanden  war  und  aaf  einer  aar  0|88  koken  Qttdai«« 
disponibel  gewesen  sein  kann,  wenn  de  eben  so  viel  Zeüea  enthdti^o 
haben  soll,  wie  B. 

*  Da  sich  in  diesem  gansen  glykoneisohen  Hymne•  and  saom 
Fragmenten  nicht  eine  einsige  Sübenverdoppelnng  findeii  ao  •eheiai  ee 
wohl  nicht  ausgeschlossen,  dass  h  i  e  r  die  'Instnimentalnoten*  in  dsrTI»<  M^ 
f&r  eine  Instramentbegleitong  bestimmt  waren  and  nidit  IBr  te  M^ 
Oe«mg.  .       ««^ 

*  Anf  zwölf  dreifache  2!eilenintercolamnien  (τοη  ünftsriomte  i<* 
1  bis  ünterkante  von  13)  kamen  92  mm  der  Abbfldnngt  auf  jedes  atir 
fache  Intenrall  also  T•/,  mm,  in  Wiridichkeit  (x  8,756)  alMi8l,1896tft  Ιχ  41 
wfthrend  beim  mechanischen  MesMn  die  Hohe  dseior  Int«vaUe  sttki'  Ife 
frst  20mm,  also  die  Bnchstabenhöfae  auf  6,eemm  gestellt  kaltsi  Ir   i 

•  ^  Die  Intervalle  dieser  Zeilen  sind  g  enan  dieselben  wie  bei  1— *A       }  ^« 
und  Ewar  nicht  blos  im  Kinielnen»  sondern  aaf  dem 
Ranme  snsammen  genommen;  der  nach  unten 
Fapierstreifen  lässt  darüber  keinen  Zweifel. 


Zot  l>i^tining  des  delphiachen  Paean  und  der  Apollo-Hymnen.    591 

l!\i^  ^beiiy  eondern  nnr  noch  gerade  Baum  zum  Darfiberklem- 

«Att  a«r  Noten  bliebe,  man  also  daraus  folgern  kOnnte,  der  An- 

^  ^^  Cbdiehtes   habe    auf   der  Quader  darüber  gestanden, 

^^*  daneben,  —  so  beweist  jetat  diese  unten  folgende  Weiter- 

^''^gy^ass   auch   diesmal   der  Steinmetz  mehrere  Columnen 

ui  einmal  mit  denselben  Zeilen  durchliniirt   hatte,    das  Gedicht 

*l*o  auf  der  oder  den  links  stehenden  Columnen  begonnen  haben 

''^y  —  sein  Schluss  aber  in  die  Hitte  einer  Columne  fiel.   Oe- 

"BVaie  Zeit  spiter  hat  man  dann,    an  der  Unterkante  von  Z.  15 

^^Sinnend  (also  nach  einem  freien  Raum  τοη  2  alten  Yollzeilen), 

^  Namensyeneichniss  der  Hitglieder»  resp.  des  Vorstandes  einer 

*itieohen  Theorie  zu  den  Pythien(?)  aus  dem  att  Archontat  des 

•Buthjdomos  auf  diese  freie  Stelle  geschrieben  und  zwar  so,  dass 

Φβ   viel  grösseren  Buchstaben  immer  den  Baum  von  zwei  ^  alten, 

kleinen  Zeileninteryallen  füllen^.    Da  sich  die  Zeilenanftnge  dieser 

■pftteren  Inschrift  mit  Sicherheit  erg&nzen  lassen  ',  links  aber  ent- 


^  Zeile  I,  II,  ΙΠ,  IV  dieser  spaten  Inschrift  beginnen  an  den 
^nWrkanten  von  15, 16,  17, 18,  f&llen  also  das  oberste  ganz  freie  Inter- 
colunminm  und  die  Notenzeile  über  16,  17,  18,  19;  Zeile  Υ  dagegen 
^^^  enger  an  IV  geschoben  und  bat  etwas  kleinere  SiCichen,  so  dass  bei 
^9  ^I,  ΥΠ  die  Zeilenunterkanten  von  19,  20,  21  durch  die  Mitte  der 
«heutigen  Buchstaben  gehen. 

•      I  έπ]1  Εύθυδόμου  Αρχ[οντος• 
Π  ΐ€]ρομνήμυιν  Πυθίων  övt[iüv? 
III  *Λπ]ολλθφάνης  Σφήττιος, 
ΙΥ  1]€ρ€ύς  Άπόλλιχινος 
V  Εύ]κλής  ΜοραθΟτνιος, 
ΥΙ  Αρχιθ€]ιιιρός 

νπ 

Der  Herausgeber  gibt  an,  dass  der  (bisher  unbekannte)  attische 
4rchont  Enthydomos  von  Homolle  '  vers  Fan  quarante  avant  notre  dre* 

([esetzt  werde.    Der  einzig  in  Betracht  kommende  Εύθύδομος  ( ας 

Εύθυδόμου  CIA.  Π  450  bald  nach  der  Mitte  des  II.  Jhdts.  v.  Chr.)  kann 
allerdings  nicht  gemeint  sein,  bekannt  dagegen  ist  Άπολλοφάνης  *Api- 
<ττοκλέους  Σφήτπος  als  έφηβος  in  der  Ephebenioschrift  aus  dem  Archon- 
tat des  Agathokles,  den  Eoehler  in  die  Jahre  69—62  v.  Chr.  setzt  (CIA. 
II 470)  und  der  hier  gut  passte.  Auch  der  Schriftcharakter  dieses  späten 
Yerzeidhnisses  entspräche  genau  dem  Delphischen  um  die  Mitte  des  I.  Jhdts. 
V.  Chr.  Dass  daraus  für  den  darüber  stehenden  Hymnus  aber  natürlich 
gar  nichts  folgt,  wird  nur  deshalb  hervorgehoben,  weil  dieser  selbst 
weiterhin  für  nicht  viel  alter  als  d.  J.  40  v.  Chr.  ausgegeben  wird 
(p.  Θ09  n'est  gudre  anterieur  k  Tan  40),  während  er  doch  ebenso  alt 
wie  Α  und  ß  ist  und  keinesfalls  unter  125  v.  Chr.  herabdatirt  wer- 
den darf. 


592  Fomtow 

weder  Qnadergrenze  oder  eicher  weDigeiene  GolumneDgreBie  witi 
80  ergibt  eich  für  unser  Oedioht,  dase  der  Beginn  seiner  Yeree 
etwa  nm  0,047  (17  mm  auf  Facaimile)  linke  vom  ersten  liakon 
erhaltenen  A-Schenkel  des  Wortes  APXAN  in  Z.  13  lag,  dsss  sko 
vor  diesem  nur  4,  höchstens  5  Bnchstaben  in  dieser  2bile  sa  er- 
gänzen sind. 

Zu  diesem  glykoneisohen  Gedieht  haben  nun,  wie  H.Wail 
ans  dem  Metrum  ermittelte,   femer    die  Fragmente  7  und  8  ge- 
hört. In  Fragment  7  ist  oben  wohl  sicher  gerade  erhaltene  Eania, 
da  der  Abstand  von  Oberkante  1  bis  Band  nur  ebenso  klein  ist, 
wie  der  oben  bei  D  beschriebene.    Es  ist  darnach  möglioh,  i»mm 
Fragment  7  den  Anfang  oder  Schluss  unserer  Zeilen  1—4  in  13 
bildete.    Fragments  dagegen  enthält,  da  rechte  freier  Banmist^i 
den  Schluss  von  Zeilen  und  gehört  entweder  xu    D  1 — 18  od^'V 
EU  der  links  daneben  stehenden  Columne^.    Ueber  die  möglieb.« 
oder  wahrscheinliche  Zuertheilung  von  Fragment  11,  1—2  saux^** 
serem  Gedieht  s.  unten  den  vierten  Hymnus. 

Dritter  Hymnus. 

Auch    er   ist    wie  der   erste    in   paeonischem  Metrum  r^"^ 
dichtet,  aber  in  Gegensatz  zu  jenem  mit  den  sogen.  Instrumental'-^' 
noten  versehen,  obwohl  die  Verdoppelung    einzelner  Silben  au^  ^ 
diese  Compoeition  als  unzweifelhaft  für  den  Gesang  bestimmt  e:^^ 
weißt.     Seinen  Hauptreet  enthält  Block  C*.     Oben  und  links  e:^^ 
haltene  Kante;    die  aus  der  Abbildung  sich  ergebende  Höhe  ^^ 
Breite  beträgt  0,19  X  0,2533,  der  Zeilenabstand  ist  auf  0,00698-*» 
die  Bachstabenhöhe  also  durchschnittlich  auf  fast  genau  7  mm  ^'^ 
berechnend     Dieselbe   ist    also   fast  völlig  gleich  dem  Zeilenab' 
stand  des  vorigen  Hymnus  (D)  und  es  läset  sich  in  der  That»^ 
den  noch  übrigen    nur  autotypirten  Fragmenten  ein  Erkennonge' 
zeichen,  ob  sie  zu  C  oder  D   zu  weisen   sind,    aus    der  Zeilen' 


^  Nach  Ausweis  des  Inhalts  scheinen  beide  Fragmente  aber  viel' 
mehr  am  Anfang  des  Hymnus  ihren  Platz  gehabt  zu  haben.  Vgl.  ^i^ 
Anmerkung  2  unten  auf  S.  594. 

^  Er  ist  von  anderer  Hand  geschrieben  als  A,  B,  D  wegen  der 
schon  oben  hervorgehobenen  Ο  (einmal  auch  Φ). 

^  Der  Abstand  von  Unterkante  Zeile  1  bis  ünterkante  8  betragt 
44  mm  (in  der  Abbildung),  da  er  7  dreifache  Zeilenräume  umfasst,  er- 
gibt sich  für  jeden  %,  also  in  Wirklichkeit  **/7 .  ^/3  =  20,952  min, 
oder  auf  jedes  einzelne  Intervall  der  dreifachen  Zeile  G,d84nun. 


ar  Datinmg  des  delphisohen  Paean  und  der  Apollo -Hymnen.    593 

kDz  nicht  herleiten.  Aach  hier  beträgt  der  über  den  Buoh- 
m  von  Z.  1  freie,  beetossene  Band  weniger  als  zwei  Zeilen• 
inde,  —  also  sind  auch  hier  die  Noten  über  der  obersten 
)  sehr  geklemmt  gewesen.     Da  inhaltlich  kein  Hymnoe-An- 

beginnty  hat  anch  hier  der  erste  Theil  auf  einer  linken 
hbarcolnmne  gestanden. 

In  den  Beeten  des  zweiten  (glykoneischen)  Hymnus  fand 
keine  einzige  Silbenverdoppelung;  da  Fragment  10  eine  solche 
eigen  scheint  (QQN  vgl.  Fragment  1  ΙΑΝΘΟΟΝ)  und  ande- 
3ite  ^Instrumentalnoten'  hat,  wird  es  mit  einiger  Sicherheit 
rem  dritten  Hymnus  zuzuertheilen  sein. 

Ob  die  winzigen  Fragmente  5,  6  und  9,  die  sämmtlich  In- 
mentalnoten  haben,  zum  zweiten  oder  dritten  Hymnus  zu 
Igen  sind,  lässt  sich  nicht  ausmachen,  da  ihres  geringen  Tim- 
es wegen  das  Metrum  nicht  festzustellen  ist. 

So  bleibt  nur  noch  Fragment  11  übrig,  das  genauer  zu 
rechen  ist  als: 

Vierter  Hymnus. 

Sein  einziger  Best  ist  erhalten  auf  dem  unteren  Theile  von 
l^mentll.  Dieses  enthält  in  Zeile  1  und  2  die  letzten  Zeilen 
r  mit  'Instrumentalnoten*  versehenen  Columne  und  zwar  die 
3n enden  derselben  (rechts  ft'eier  Baum).  Da  diese  unterste 
mnenzeile  (2)   aber   mitten  im  Wort  τεχνι-    abbricht,   folgt, 

das  Ende  des  betr.  Hymnus  auf  einer  rechten  Nachbar- 
imne  gestanden  hat^.     Falls  nun,    was  äusserst  wahrschein- 

ist,  das  ι  in  dieser  Schlusssilbe  lange  Quantität  gehabt  hat, 
rhalten  wir   drei    lange  Silben  hinter   einander    (ρος  τεχνι-) 

damit  kein  paeoniscbes  Metrum,  sondern  den  Best  eines 
er  ihm  hier  allein  in  Betracht  kommenden  glykoneischen. 
in  hätten  wir  hier  den  Schluss  der  ersten  Columne  des  zwei- 
Hymnus,  also  wahrscheinlich  die  der  Zeile  1  von  D  unmittel- 
vorhergehende  Gedichtzeile  vor  uns. 

Nun  stehen  unter  Fragment  11,  2  ohne  jeden  Absatz  Zeile 
5,  welche  den  Anfang  des  vierten  Hymnus  enthalten.  Dieser 
wieder  wie  der  erste  mit  Yocalnoten  überschrieben  und  zeigt 


^  Dass  es,  wie  Th.  Beinach  p.  610  not.  meint,  '  par  une  singuli^re 
tomie  de  place*  den  Anfang  von  Zeile  1  des  vierten  Hymnus  bil- 
,  wäre  wohl  ausgeschlossen,  auch  dann,  wenn  letzterer  nicht  der 
er  eingemeisselte  wäre. 

Ihein.  Mm.  f.  PbUol.  N.  F.  XLIX.  BB 


594  Pomtow 

gröeeere  Baohetaben    und    andere  Handeohrift    alt  Fragment  Hi 
1 — 2.     Wäre  er  später  als  diese  Colamne  eingelianen,  so  mttsitA 
man,  —  analog  Block  D  —  nicht  nur  erst  einen  grösseren  Al>' 
satz  (freien  Ranm)  erwarten,  sondern  es  hätte  aach  Ar  den  Schrei" 
her  von  Fragment  11,  1 — 2  keinerlei  Grund  vorgelegen,  weshaH• 
er  seine  Colamne  nicht  auf  diesem  Stein  unter  11,  2  hätte  wei* 
terfiihren  sollen,  wenn  dort  freier  Baum  gewesen  wäre,   da  eiae 
Steingrense  dort  noch  nicht  vorhanden  ist.     Es    ergibt  sich  dar- 
nach  mit   ziemlicher  Sicherheit,   dass   dieser   vierte  Hymnn  β 
zeitlich  vor  der   darüber  stehenden  Columne  eingemeisselt  wac• 
Da  nun  andererseits  Α  und  Β  ihre  Columnen  oben  mit  eineir 
Quadergrenze  beginnen,  femer  deren  Zeilendistanz  und  tiuchstabeii' 
höhe  zn  unserm  Fragment  11,  3 — 5  nicht  passt,    dieses  vielmeb' 
die  grösseren  Haasse  von  D  und  C  zeigt  ^,    endlich  Th.  Beinaeli 
in  Fragment  11,3  —  durchaus  nicht  unwahrscheinlich  —  den  Ree^ 
einer  TTeberschriftzeile  zu  erkennen  glaubt,    so    blieb    vorläufte 
nichts  anderes  übrig,    als  in  diesen  drei  Zeilen  in  der  That  dos 
Beginn  eines  neuen  vierten  Hymnus  zu  sehen.     Nach  dem  Au^^' 
grabungsbericht  ist  die  Aussicht  vorhanden,  dass  fast  die  ganzo^i 
Anten  und  ein  Theil  der  Quaderwände    des  Schatzhauses  wied^^ 
aufgebaut  werden  können,    —    man    darf   hoffen  und  wfinscheK^i 
dass  bei    solcher  Reconstruction    die  Anordnung    und  Einmeisa^^* 
lungsfolge  der  Hymnen,    die  Unterscheidung  ihrer  verschieden^*! 
Columnen,   die  Vertbeilung  der  einzelnen  Blöcke  und  Fragmen'fc^ 
in  dieselben  sich  aus  dem  Bilde  der  betr.  Wandfläche  mit  Siehe "Κ" 
heit  und  Anschaulichkeit  ergeben  möge. 


Hat  sich  nun  aber  bei  den  vier  Hymnen  herausgestellt,  das^ 
sie  von  verschiedener  Hand  eingehauen,  zu  verschiedenen  Zeiten 


^  Natürlich  ist  dieses  Resultat,  weil  nur  auf  der  Messung  von 
drei  Zeilen  beruhend,  nicht  absolut  sicher. 

2  Ganz  kurz  mag  wenigstens  auf  die  merkwürdige  üebereinetiffl• 
mung  im  lohalt  und  Bau  der  Gedichte  hingewiesen  werden:  die  Anru- 
fung an  die  Musen  treffen  wir  im  ersten  Hymnus  bei  B,  1 — 2,  im  «wei- 
ten bei  fr.  8,  im  dritten  bei  C,  1  sqq.  Der  Drachenkampf  mit  dem 
σύριγμα  des  sterbenden  Thieres  steht  im  ersten  bei  A,  6  ff.,  im  zweiten 
bei  fr.  7,  4;  die  Galatererwähnung  im  ersten  A,  9  und  wahrscheinlich 
(so  H.  Weil)  im  zweiten  D5  (δέ  Γα[λαταν]);  der  δικόρυφος  TTapvaötföi 


Zur  Daiinmg  des  delphiiohen  Padan  und  der  ApoUo-Hyintien.    595 

auf  die  Wand  gesetzt  worden  sind,  —  so  genügt  diese  Thatsaolie, 
un  die  oben  offen  gelassene  Möglichkeit  einer  Einmeisselnng 
durch  attische  Steinmetzen  jetzt  als  fast  undenkbar  zorückzn- 
veiaen.  Unmöglich  können  die  Athener  viermal  einen  eigenen 
kpicida  mitgebracht  oder  hingesandt  haben,  und  für  die  Annahme, 
daas  sie  das  nur  einmal  (gerade  bei  Α  und  B)  gethan  haben  sollten, 
iit  jetzt,  wo  so  viele  poetisoh  ganz  gleichwerthige  Hymnen  vor- 
lb|^en,  nicht  der  geringste  Anlass  mehr  vorhanden. 

Das  Oesammtreenltat  ist  nach  alledem  dahin  zasammenzu- 
&aeen,  daes  nicht  der  'Hymnus'  der  ältere  ist,  sondern  der 
Paean';  dass  dieser  um  230—220  v.  Chr.  (sicher  zwischen 
235 — 210  V.  Chr.)  gedichtet  ist,  während  die  vier  Hymnen  von 
delphischen  Steinmetzen  zu  verschiedenen  Zeiten,  firühestens  um 
oder  nach  200,  wahrscheinUoh  aber  erst  innerhalb  der  etwa  50 
Jalire  von  185—135  v.  Chr.  auf  den  Marmorwänden  des  The- 
i^uns  der  Athener  eingemeisselt  worden  sind. 


Anhang. 

I^^^Stemma  der  Damochares-Ealleidas-Eukleidas-Familie. 

Zur  Ermittelung  des  Lebensalters,   bez.    des  Geburtsjahres 

^^^  Angehörigen  des  auf  umstehender  Tafel  mitgetheilten  Stamm- 

^^'^mes  lässt  sich  unter  Berufung  auf  die  diesbezüglichen,  in  den 

I^^sti  Delphici'  I  p.  562f.  (Fleckeisens  Jahrb.  1889)  dargelegten 

^*^*^:^dzüge  solcher  Stemma-Reconstruction  Folgendes   feststellen: 

^    Εύκλε{οαςΙ  KaUeiba  schon  im  Jahre  194  v.  Chr.  Buleut 

^^ir,  fällt   sein  Geburtsjahr  wenigstens  30  Jahre    vorher;   da  er 

^<>Qli  bis  zum  Schluss  der  VI. Prieserzeit  (etwal50— 140 v.Chr.) 


ύ&  ersten  bei  Β  6,  im  dritten  bei  G  3  α.  s.  f.;  der  Parallelismas  würde, 
Wenn   die  Hymnen  vollständig  erhalten   wären,   noch   überraschender 
Wirken  und  ebenfalls  zur  Ordnung  der  Fragmente  benutzt  werden  können. 
Auch  mit  dem  *Paean*  berührten  sich  sprachlich  und  sachlich  eine  An- 
zahl unserer  Stellen,  —  so  dass  man  sieht,  wie  stereotyp  die  poetische 
Kunst  geworden  war,  und  dass  ähnlich  wie  damals  in  der  Plastik  das 
Typische  der  Statuen  eines  einzelnen  Gottes  feststand  und  diese  nur  in 
Attributen,  Stellung,  Gruppirung  variirteu,  so  auch  in  der  Dichtkunst  der 
'eiserne  Bestand*    der  demselben  Gott   zu  widmenden  Dichtungen  nur 
wenig  nach  Zeit,  Gelegenheit   und  Begabung  umgemodelt,    überall  als 
Kern  und  Grundlage  wiederkehrt. 


596  Pomtow  = 


besengt  ist,  also  nach  seiner  ersten  Bnleutenfunotion  1 
55  Jahre  gelebt  bat,  moes  er  sofort  beim  Eintreten 
setzmäesigen  Alters  Balent  geworden  sein,  —  sein  Gc^ 
fällt  also  mit  Sicherheit  nm  225  v.  Chr.  Κ  Damit  panä 
das  seines  Bruders  Damochares  III  Kalleida  f.  stehen,  w^ 
wie  das  Forterben  der  Hauptnamen  Damochares-Kalleidd 
der  &ltere  war.  Da  sich  andererseits  die  Greburtsjahre. 
schwistem  auch  in  Delphi  in  der  Kegel  sehr  nahe  H 
wird  er  nnr  2—3  Jahre  älter  gewesen  sein,  seine  Qt\f 
also  nm  227  r.  Chr.  anzuzetzen.  Bestätigt  wird  die• 
dass  er  nicht  nnr  2  Jahre  vor  seinem  Bruder  Eukleidas  l 
erscheint,  sondern  auch  3  Jahr  früher  (197  v.  Chr.)  l 
Buleut  geworden  ist. 

Sind  aber  dieser  beiden  Brüder  Geburtsjahre  fixirt, 
wir  damit  den  Ausgangspunkt  für  diejenigen  aller  voianj 
und  nachfolgenden  Familienglieder.  Da  die  Delphier  sieh 
dem  27 — 83.  Jahre  zu  verheirathen  pflegten,  wird  des  I 
res  III.  Vater  Καλλ€(οας  L  Δαμοχάρεος,   der  bald  nad 
Chr.  starb,  um  255  τ.  Chr.  geboren  sein,    ist   also   et« 
60  Jahr  alt  geworden.     Darnach  wäre  der  in  Rede  steh< 
chont  Damochares  IT.   etwa  zwischen  285 — 280  ▼. 
boren,  hätte  also  als  Beamter  etwa  von  250—210  v.  C 
giren  können.     Sein  präeumptiver  Vater  Kalleidas  ist  n< 
bezeugt,   da   aus   dem    ersten  Drittel    des    III.  Jhdts.  η 
Texte  erhalten  sind,  war  aber  —  nach  dem  Geburtsjahr 
charesll.  zu  urtheilen  —  etwa  um  310  v.  Chr.  geboren,  wa 
Damochares  I.  Geburt  etwa  das  Jahr  340  v.  Chr.  ergäbe. 
fungirt  als  Buleut  (zusammen  mit  den  Trägem  der  altde 
Namen  Melanopos,  Kleon,  Aischriondas)  in  unbekanntem  i 
auf  einer  der  inElateia  gefundenen  Stein quittungen  über  ( 
Zahlung  der  geraubten  Tempelgelder  durch  die  Phokier  1 
Frühjahrs-  und  Herbst-Pylaia  30  Talente,    vgl.    den  'A( 
Bull.  XI  p.  323  mit  Diodor  XVI  60).     Der  betr.  Text 
P.  Paris  im  Bull.  d.  c.  h.  XI  p.  331  bekannt  gemacht  (j 
in  desselben  Verfassers  Gesammtpublication  'Elatee,    la 
temple  dΆthέna  Cranaia  p.  250  nr.  63)    und  ist  wegen 


^  Dabei  kann  die  Fehlergrenze  nur  ein  Jahr  vorwärts 
stens  224  v.  Chr.)    und    nur    2—3  Jahre    rückwärte    (bis  228 
betragen,  weil  wir  sonst  für  die  Lebensdauer  auf  über  90  Jab« 
würden. 


.8< 


«ΟΓ  Datimng  des  delphischen  Paean  und  der  Apollo-Hymnen.    597 

.  erstenmal  statt  der  älteren  βρυτανβόοντες  and  mittleren  πρυ- 
εις  auftretenden  βουλεύοντες  der  jüngste  von  allen;  da 
.ndererseits  noch  sorgfältige  (Tτotχη^όv-Schrift  zeigt,  darf  er 
t  nnter  285  τ.  Chr.  angesetat  werden,  ist  also  etwa  den  Jah- 
300 — 285  y.  Chr.  zazaweisen^  Man  sieht,  wie  genan  das 
Lebensalter  des  Damoohares  I.  stimmen  würde,  der  erst  seit 
ft.  310  Y.  Chr.  das  Baleutenamt  hat  bekleiden  dürfen,  nnd  wie 
ler  einer  dieser  Ansätze  den  anderen  stützt. 

Za  den  einzelnen  Personen  ist  nun  Folgendes  zn  bemerken : 

Ξένων  Δαμοχάρεος.  Da  gleichzeitig  Ξένων  Γλαύκου  vom 
.97— IV.  Priesterzeit  und  Ξ.  Φιλοκράτεος  von  194 — 187  v. 
•  neben  ihm  leben  und  später  noch  andere  Xenon  bezeugt 
i,  so  ist  eine  Unterscheidung  zwischen  all  diesen  da  unmög- 
,  wo  das  Patronjmikon  fehlt  Doch  scheint  die  vor  dem 
91  einzig  zweifelhafte  Stelle  (a.  193  v.  Chr.,  Zeug^,  Bull.  Υ 
17)  noch  auf  unsem  X.  bezogen  werden  zu  können.  Bald 
&uf  wird  er,  wie  sein  Bruder  Kalleidas  gestorben  sein.  Als 
aige  Söhne  von  ihm  kämen  zeitlich  nur  in  Betracht  Φιλοκρά- 
Ξένωνος  von  170  ν.  Chr. — VII.  Priesterzeit,  —  aber  dessen 
:er  Ξ.  Φιλοκράτεος  ist  coaetan  unserm  Damochares-Sohn  und 
it  tiefer  herab  als  dieser,  kann  also  mit  ihm  nicht  in  Verbin- 
ig  stehen,  —  und  ΤΤειθαγόρας  Ξένυινος  (a.  190  und  a.  187 
Chr.);  auch  dieser  kann  kein  Sohn  unseres  X.  sein,  weil  ein 
cel  Ξ.  ΤΤειθαγόρα  sich  im  J.  169  und  oft  in  IV.  Priesterzeit 
let  nnd  demgemäss  der  vor  200  v.  Chr.  fungirende  Πειθαγόρας 
Stammvater  der  später  in  den  Namen  Xenon-Peithagoras 
ter  laufenden  Familie  zu  gelten  hat.  Aus  dem  gleichen  Grunde 
in  der  sonst  passende  Μνάσων  Ξίνωνος(νοη  197— 173  ν.  Chr. 
ber  10  mal  vorkommend)  nicht  zu  unserem  Stemma  gehören, 
der  in  den  Jahren  230—220  v.  Chr.  als  Buleut  bezeugte  Μνά- 
V  (W-P  456  =  Bull.  VI  p.  403  n.  11,  ä.  ΉροκλεΛα,  aus 
Gruppe  Ε  der  Amphict.-Deorete)  sein  Grossvater  gewesen  sein 
)8,  also  auch  der  Enkel  in  eine  Mnaaon-Xenon -Familie  zu  setzen 
-—  Damach  wäre  Ξένων  Δαμοχάρεος    kinderlos   geblieben. 

Die  urkundlichen  Zeugnisse   für    die  Vertreter   der   beiden 
iptlinien  sind  nun  folgende: 

Δαμοχάρης  III.  Καλλείοα: 
—  Zeuge  a.  201  v.  Chr.;  W-F  384. 


^  Die  ältesten  können  erst  mit  dem  J.  338  ▼.  Chr.  beginnen»  vgl 
ie  a.  a.  0.  p.  323  sq. 


Pomtow 

Δομοχάρης  ΠΙ.  Κολλείοο  (Forte.): 

—  Zeuge    (gleich    davor    eeiQ    Bruder   Εύκλ£θ>ας)   t. 
W-F  407. 

—  Buleut  a.  197;  W-F  18,  3. 

—  Zeuge  a.  196;  W-F  328;  345. 
Zeuge  1  a.  195;  Bull.  V  20. 

—  Zeuge  a.  195;  Bull.  V  21;  W.-F.  330. 

—  Zeuge  β.  194;  Bull.  V22;  V23;  V25;  W.-F.  313; 

—  Zeuge  a.   193;  W.-F.  314. 

—  Zeuge  a.  192;  Bull.  V  29/30; 

—  Zeuge  (gleieh  dahinter  Eύκ^eίbας)  a.  191 ;  W.-F.  31 
Zeuge  (in  348  epiter  Εόκλίί^ας)  a.  190;  W.-F.  341; 

315;  317;  348. 

—  Zeuge  (gleich  darauf  Εύκλείδας)  a.  190;  W.-F.  343. 

—  Zeuge  a.  189;  W.-F.  360;  405. 

—  Zeuge  a.  188;  Bull.  V  n.  31;  n.  (87)  =  Ball.  XVÜ 
^  —  Zeuge  (in  401  später  Εύκλίίδας  Καλλείδα)  ».  188 ;  ΐ 
Κ         349;  401;  402. 

^P        Zeuge  (in  η.  (81)  später  Εύκλείδας)  a.  187;  u.  (81), 
^  (99)  =  Bull.  XVII  11;  12;  6. 

Zeuge  (inn.(93)  amSchlueaEUKX.KaXkeifea)  a.l87;n. 

(98);  =  XVnn.  9  u.  10. 

—  Zeage  a.  186;  W.-F.  370;  373;  390. 

—  Zeuge  a.  184;  W.-P.  296;  d.  (86)  =  XVII  n.  15. 

—  Zeuge  (in  303  gleioli  davor  Εύκλείδος)  a.  183;  W.-F. 
303;  311. 

—  Zenge  ».  182;  W.-F.  372. 
Bärge  a.  182;  W.-P.  871. 

,—        προστάτας  a.  181;  W.-F.  411. 

' Zeuge  (Ibiiirrat  Δαμοχαρης   καΐ   ΕύκλΐίΙιας    Καλλι 

a.  ISO;  η.  (98)  =  XVH  η.  17. 

—  Zenge  a.  179;  W.-F.  342. 
Zeuge  «.  179;  W.-P.  Ml. 

—  Zenge  «.  178;  o.  (100)  =  XVn  n.  19. 

Zenge  (epilter  ΕύκλεΚκις   ΚαλλείΜ)  a.  177;  η.  (89 

XVII  η.  22. 


*  In  V  D.  20  itebt  auf  dem  Steine  nicht  Δαμοχάρης  Καλλι 
•ondern  Δ.  Καλλε1|&α. 


Zur"  Datirang  des  delphiechen  Paean  und  der  Apollo-Hymnen.    599 

μοχάρης  III.  KaXXeiba  (Forts.): 

Zeuge    (erster  Zenge    bei  seiner  freilassenden  Toc1it«r)  a. 
177;  W.-F.  202. 

Zenge  (in  338  weiter  vom  Εύκλ.  KaXXeiba)  a.  177;  W.-F. 
338 ;  393. 

λείοας  L  KaXXefba: 

Zenge    (gleich    vor  seinem   Bmder  Δαμομάρης),   a.  199; 

W.-F.  407. 

Zenge  a.  195;  W.-F.  416. 

Bnlent  a.  194  (s.  A.  Mommsen,  Philol.  XXIV  (1866),  Taf.  I). 

Zenge  a.  194;  n.  (97). 

Zenge  (gleich  hinter  Δαμοχάρης)  a.  191;  W.-F.  820. 

Zeuge  (gleich  hinter  Δαμοχάρης)  a.  190;  W.-F.  343. 

Zeuge  (weiter  vom  steht  Δαμοχάρης)  a.  190;  W.-F.  348. 
-^  Zenge  (weiter  vom  steht  Δαμοχάρης  Καλλ€β>α)  a.  188; 

W.-F.  401. 

-  Zenge  (weiter  vom  steht  Δαμοχάρης  KoXXeiba)   a.  187; 
n.  (93). 

Zenge  (weiter  vom  Δαμοχάρης  in  n.(81))  a.  187;  n.  (81) 

und  (83). 

Bnlent  a.  186;  (s.  A.  Mommsen  a.  a.  0.,  Taf.  I). 

-  Zenge  a.  185;  W.-F.  285;  n.  (84). 

Zeuge    (gleich   vor   seinem   Brnder  Δαμοχάρης)  a.  188; 

W.-F.  303. 

Zenge  a.  182;  W.-F.  382. 

-  Zenge  a.  182;  W.-F.  297;  298. 
Zeuge  a.  181;  n.  (101). 

-  Zenge  (Ιοιώται*    Δαμοχάρης    κ  αϊ   Εοκλ€(1>ας  Καλλείοα) 
a.  180;  η.  (98). 

-  Zeuge    (in  (102)  fehlt  das  Patronymikon)   a.  178;    W.-F. 
312;  dann  n.  (85);  (102). 

-  Zenge  (später  folgt  Δαμοχάρης)  a.  177;  W.-F.  338. 

-  Zenge  (weiter  vorn  steht  Δαμοχάρης  KaXxeiba)   a.  177; 
nr.  (89). 

-  Zenge  a.  175;  W.-F.  178. 
Zeuge  a.  173;  W.-F.  65. 

-  Zeuge  a.  173;  W.-F.  104. 
Zenge  171;  W.-F.  145;  217. 

-  Zenge  a.  171 ;  W.-F.  141. 
Zenge  a.  170;  W.-F.  74;  76;  91. 


600  Pomtow 

Εύκλ€{1>ας  Ι.  KoXXeiba  (Forts.): 

Zenge  β.  170;  W.-P.  126. 

Bürge  a.  169;  W.-F.  165. 

Zeuge  a.  169;  W.-F.  76. 

—  Zeuge  (weiter  vorn  sein  Sohn  Καλλ€(1>ας  Εύκλείοα)  a.  L      ^ 
W.-F.  193. 

—  Zeuge  (gleich  davor  steht  sein  Sohn  Καλλ€(5ας)   a.  L    ^ 
W.-F.  223. 

—  Zeuge  a.  169;  W.-F.  144. 

Zeuge  a.  168  (?)  &.  Κλέωνος;  W.-F.  168. 

—  Zeuge  a.  168  (?)  ä.  Κλέωνος ;  W.-F.  58. 

—  Zeuge  a.  167  (?)  ä.  Ξενέα;  W.-F.  88;  102;   118. 

—  Zeuge  (das  erste  mal  steht  gleich  davor  sein  Sohn  Ξενατ' 
γόρας,  es  folgt  ά  συγγραφά  ποφ'  Εύκλείοαν;  in  W-F  55 
folgt  später  sein  Sohn  Τιμόκριτος)  Priesterzelt  IV  d.  Άν- 
δρονίκου;  W-F  54;  55;  Ostm.  VIII;  IX. 

—  Zeuge,  Priesterzeit  IV  ä.  "Αρχωνος  τ.  Καλλία ;  W.-F.  21δ. 

—  Zeuge  (das  erste  mal  folgt  gleich  sein  Sohn  Ξεναγόρας) 
Priesterzeit  IV  fi.  "Αρχωνος  τ.  Νικοβούλου;  W.-F.  210; 
218;  221;  225. 

—  Zeuge  (in  69  ist  sein  Sohn  Τιμόκριτος  Εόκλ.  Bürge)  Prie- 
sterzeit IV  ä.  Έμμενίδα;  W.-F.  69;  73. 

—  Zeuge  (in  67  gleich  vor  seinem  Sohn  Τίμόκριτος)  Prie- 
sterzeit IV  fi.  Ευαγγέλου;  W.-F.  67;  211. 

—  Bürge  und  Zeuge,  Priesterzeit  IV  &.  θευΗίνου;  W.-F.  110. 
Zeuge,  Priesterzeit  IV  ά.  θευΗένου;  W.-F.  119;  181. 

—  Zeuge  (in  111  dicht  vor  seinen  Söhnen  Τιμόκρ.,  Ξεναγ. 
Εύκλείδα),  Priesterzeit  IV  ä.  θευΗίνου;  W.-F.  111;  186. 

—  Zeuge,  Priesterzeit  IV  fi.  ΤΤύρρου;  W.-F.  140;  170. 

—  Zeuge  (sein  Sohn  Τιμόκρ.  Εύκλείδα  ist  Bürge  und  Zeuge), 
Priesterzeit  V  fi.  ΤΤατρέα;  W.-F.  24. 

—  "^  zll^l  1  ^^^^s^e^^e^*  ^  fi•  "Ηρυος;  W.-F.  258. 

—  Zeuge,  Priesterzeit  V  Ä.  Άθάμβου;  W.-F.  234. 

Zeuge    (später   folgt  noch  ein  Εύκλείοας,    also  wohl  Eu. 

Κάλλωνος),  Priesterzeit  V  &.  Φιλοκράτεος;  W.-F.  232. 

—  (?)  Zeuge,  Priesterzeit  VI  &,  Άρχία;  Th(iersoh)  1. 

Zeuge   (später  folgt  sein  Sohn  Τιμόκρίτος),  Priesterzeit  VI 

ö.  Δαμοστράτου;  η.  (15). 

—  Zeuge  (weiter  vorn  steht  sein  Sohn  Τιμόκριτος),  Priester- 
zeit VI  fi.  Δαμοστράτου;  η. (39). 


Zar  Datirang  des  delphiechen  Paean  uud  der  Apollo -Hymnen.    601 

Γύκλείοας  I.  KoXXeiba  (ForU.): 

—  —  Zenge^    (in  An.  10  folgt  gleicli  dahinter    sein  Sobn  Καλ- 

\e\baς  Εύκλ.),  Prieeteneit  VI  δ.  Δε^ώνοα;  An.  10;  19. 

—  (?)  Zeuge,  Prieaterzeit  VI  4  ΔεΗώνδα;  An.  11;  W.-P.  261. 
^    —  Zenge   (Bürge  ist  sein  Sohn  Καλλείοας  Εύκλ.),   Prieeter- 

zeit  VI  fi.  Εύδόκου;  W.-F.  280. 
^  Zenge  (Bürge  ist  Καλλείοας  Δαμοχάρεος),  Prieaterzeit  VI 

ά.  EubOKOu;  W.-F.  42. 

Zenge  (in  47  folgt  später  Καλλείοας,  in  291  steht  weiter 

νοπιΤιμόκρ.),  Prieaterzeit  VI  α.Εύδόκου;  W.-F.  47;  291. 
—  Zenge  (gleich  dahinter   sein  Sohn  Τιμόκριτος),   Priester- 

zeit  VI  ä.  ΕύκΚέος ;  W.-F.  430. 
•*•  —  Zenge,  Priesterzeit  VI  &.  θρασυκλέος;  An.  27. 
•^  (?)  Zenge,  Priesterzeit  VI  ά.  θρασυκλέος;  An.  30. 
"^       Zenge   (gleich   davor  Τιμόκριτος,    Bürge    ist   Καλλείοας 

Ευκλ.),  Priesterzeit  VI  δ.  Πεισιθέου;  An.  4. 
Zenge,  Priesterzeit  VI  δ.  Σωμένου;  An.  7. 

Εύκλε{1>ας  IL  Καλλείοα: 

Zenge  (weiter  vom  sein  Onkel  Τιμόκριτος),  Priesterzeit  VII 

ä.  Δαμοσθένεος;  η.  (43). 
Zeuge  (Bürge  ist  der  Vater  Καλλε(1>ας  Εύκλ.;  als  Zeuge 

folgt  gleich  der  Onkel  Τιμόκριτος),  Priesterzeit  VIII  δ.  Κλεο- 

οάμου;  η.  (78). 

—  (?)  Archont  (vgl.  Fasti  Delph.  II    Gruppe  G    n.  5—9)  Prie- 

sterzeit IX;  Wescher  monum.  hil.  p.  56,  64. 
συνευΙ>οκέα)ν  hei  Vater,  Mutter  und  Bruder,  Priesterzeit  IX 

δ.  ΆτεισΙοα;  η.  (11). 

zugleich  Bürge,  Priesterzeit  IX  δ.  Άτεισίδα;  η.  (11). 

Zeuge,  Priesterzeit  IX  δ.  Άτεισίδα;  η.  (70). 

συνευδοκέιυν    bei  Mutter,    mit    Bruder,    Priesterzeit   IX 

δ.  Κλεώνδα;  W.-F.  353. 

—  —  Zeuge  (weiter  vom  Τιμόκριτος),  Priesterzeit  IX  δ,Ύβρία; 

An.  15. 

—  Zeuge,  Priesterzeit  X  δ Theaterm.  (b). 


1  In  An.  19  steht  auf  dem  Stein  nicht  Εοκλ€(|δας  Καλλιάδα,  son- 
dern nach  der  besseren  Abschrift  bei  Le  Bas  904    Εύκλ€(;δας  Καλλ(6α. 


602  Pomtow 

Καλλ€ί&ας  ΙΥ.  EöicXeiba: 

—  (?)  Zeuge  a.  174;  W.-F.  134. 

Zeuge  a.  172;  W.-F.  90. 

Zeuge  (später  sein  Vater  ΕύκλεΙδας)  a.  169 ;  W.-F.  193. 

—  Zeuge    (gleich    dahinter   sein   Vater    Ευκλ€ίΙ>ας)  a.  169; 
W.-F.  223. 

—  (?)  Zeuge,  Prieeterzeit  IV  &.  Μενεστράτου;  W.-F.  212. 

—  (?)  Zeuge,  Priesterzeit  V  &.  ΤΤατρέα;  W.-F.  23. 

—  (?)  Zeuge,  Priesterzeit  V  ά.  Άθάμβου;  W.-F.  26;  223. 
Zeuge,  Priesterzeit  V  ά.  Φιλοκράτεος;  W.-F.  236. 

—  (?)  Zeuge,  Priesterzeit  V  fi.  Φιλοκράτεος;  W.-F.  235. 
Zeuge  (gleich  davor  steht  in  An.  10  Εύκλείοας  KaXXeibo) 

Prieeterzeit  VI  α.Δε£ώνΙ>α;  An.  10;  18;  W.-F.  194;  356. 

Bürge  (Zeuge  ist  Εύκλείδας  Καλλ.),  Prieeterzeit  VI  ά.  Ευ• 

οώρου;  W.-F.  280, 

—  (?)  Zeuge,  Priesterzeit  VI  δ.  Εύδώρου;  W.-F.  47. 
Zeuge,  Priesterzeit  VI  ä.  Εύχαρ(1)α;  W.-F.  35. 

—  Zeuge  (gleich  davor  sein  Bruder  Τιμόκρ.),  Prieeterzeit  VI 
fi.  Εύχαρίοα;  W.-F.  36. 

Bürge  (als  letzte  Zeugen  Τιμόκριτος,  Εοκλείοας),  Prieete*" 

zeit  VI  &.  ΤΤεισιθέου;  An.  4. 

—  Zeuge  (einzige  Zeugen  Καλλείδας,  Τιμόκριτος),   Priestet- 
zeit  VI  ö.  ΤΤεισιθέου ;  W.-F.  49. 

Zeuge,  Priesterzeit  VIII  ö.  Ξενοκρίτου;  An.  37•. 

Zeuge    (Καλλίοας  και  Τιμόκριτος    Εύκλείδα),    Priest^ ^ 

zeit  VIII  δ.  Δάμωνος;  Bull.  V  39. 
Bürge  ^  (unter  den  Zeugen  Εύκλείδας  Καλλείδα,  Τιμόκρ*' 

τος),  Priesterzeit  VIII  δ.  Κλεοδάμου;  η.  (78). 

—  —  συνευδοκ^ων  (alt)    bei   seiner    Frau  ΞενΙς  Μενε<ΓΓράτθΐ/ 

(alt  und  Freilaseerin)  und  seinen  Söhnen;  [Bürge  ist  Εύ- 
κλείδας  Καλλείδα],  Priesterzeit  IX  δ.  ^Ατεισίδα;  η.  (11)• 

—  (?)  Zeuge,  Priesterzeit  IX  δ.  Ύβρία.;  η.  (44). 
Zeuge,  Priesterzeit  IX  δ.  Ύβρία.;  W.-F.  433. 


^  Wenn  Couve-Bourguet  in  ihrer  Publikation  dieser  n.  (78)  in 
Bull.  XVII  p.  369  nr.  52  als  Bürgen  Καλλ  (ας  Εύκλβίδα  geben,  βο  beruht 
das  auf  einem  Lesefehler.  Der  Stein  hat  ΚΑΛΛΙΔΑΣ  d.  i.  Καλλ(ε){2>αζ; 
die  Schreibung  {6ας    findet  sich  in  jener  Priesterzeit   ziemlich    häufig• 


Zur  Datining  des  delphischen  Paean  und  der  Apollo -Hymnen.    603 

Die  Damoohares  Linie. 

Da  aoeeer  den  angeführten  Stellen  nie  wieder  ein  Demo- 
xes  in  Delphi  vorkommt,  eo  ist  sicher,  dasR  eich  anoli  die- 
igen,  an  denen  das  Patronymikon  fehlt,  auf  nneeren  Demoolia- 
III  bezielien,  der  darnach  etwa  mit  50  Jahren  —  also  für 
Iphier  ungewöhnlich  früh  —  bald  nach  177  v.  Chr.  gestorben 
Q  muss. 

Der  älteste  seiner  Söhne,  der  die  Namen  der  Hauptlinie 
't,  Καλλ€ί&αςΙΠ.  Δαμοχάρεος  ist  nun  leider  an  den  patro- 
nikonlosen  Stellen  von  seinem  gleichaltrigen,  homonymen  Vetter 
λλείοας  IV.  (Εύκλ€ίΙ>α)  nicht  zu  unterscheiden;  diese  sind 
ler  bei  beiden  Personen  aufgeführt  worden,  aber  beidemal 
t  Fragezeichen  versehen.  Da  er  mit  vollem  Namen  nur  ein- 
L  (in  VI.  Priesterzeit)  erscheint,  liesse  sich  über  sein  ueburts- 
r  nichts  ermilteln,  wenn  nicht  das  der  jüngeren  Geschwister 
haltspunkte  genug  gewährte.  Er  muss  n&mlich  um  200  v.  Chr. 
»oren  sein,  als  sein  Vater  etwa  27  Jahre  zählte;  denn  sein 
gerer  Bruder  Mantias  ist  nicht  nur  von  173  v.  Chr.  an  Zeuge 
izu  wenigstens  20  jähriges  Alter  nöthig  war),  sondern  bald 
auf,  im  J.  169  Bürge,  also  selbständig  und  im  Besitz  eigenen 
nnögens,  muss  als  solcher  wenigstens  25 — 30  Jahre  zählen, 
L  war  demnach  spätestens  um  195  v.  Chr.  geboren;  auch  die 
Durt  seiner  Schwester  Damokrateia,  die  bereits  im  J.  177  v. 
r.  vermählt  ist  und  einer  Sklavin  die  Freiheit  schenkt,  muss 
nach  wenigstens  in  das  Jahr  197  v.  Chr.  gesetzt  werden, 
mach  ist  Καλλείοας  III  Δαμοχάρεος  gegen  140  ν.  Chr.,  also 
t  60  Jahre  alt  und  zwar  anscheinend  kinderlos  gestorben, 
ch  hier  sind  im  öesammtstemma  sämmtliche  Orte  aufgeführt 
rden,  an  denen  Καλλείοας  oder  KoXXeiba  bisher  überhaupt 
•kommt. 

Μαντίας  Δαμοχάρεος.  Es  ist  unmöglich,  stets  mitSicher- 
t  zwischen  den  patronjmikonlosen  Mantias  unseren  Damocha- 
Bohn  herausfinden  zu  wollen.  Zwar  kommt  Μαντίας  Πολυω- 
;  nach  180  ν.  Chr.  bisher  nicht  vor,  doch  gehen  M.  Φιλαι- 
^ου  bis  zurV.,  M.  Κλευοάμου  bis  zur  YII.  Priesterzeit  mit 
lerem  HomouTmen  völlig  parallel,  —  so  dass  bisweilen  unge- 
18  blieb,  war  von  .  diesen  dreien  an  jeder  der  zweifelhaften 
llen  gemeint  war;  von  letzteren  scheiden  zwei  von  vornherein 
,  da  dort  ziemlich  sicher  M.  Κλεοοάμου  verstanden  werden 
B8,  an  zwei  anderen  steht  M.  unmittelbar  neben  ΕύκλεΚκχς  -^ 


604  Pomtow 

also  wobl  unser  M.  ale  Neffe  neben  seinem  Onkel ;  die  drei  letsteo 
bleiben  fraglich    nnd    sind    als   solche    in    den  Belegen  gekeim- 
zeichnet : 
Μ  α  VT  (ας  Δαμοχάρεος: 

—  (?)  Zeuge  ΟΜαντίας,  ΦρΟνος,  ΚαλλεΛας'),  a.l74;  W.-F.lSi 
Zeuge  V  173;  W.-P.  137;  138. 

[— ]      Zeuge  (doch  eicher  M.  Κλευοάμουι  da  dessen  Familie  frei- 
läset)  a.  170;  W.-F.  127. 

—  (?)  Zeuge  a.  169;  W.-P.  166. 
Zeuge  a.  168;  W.-P.  106;  133. 

[— ]      Zeuge  (wohl  sicher  M.  Κλεοδάμου,  denn  als  Schlusesengen 
ΜαντΙας,  Κλεόδαμος)  a.  168;  W.-F.  136. 

—  (?)  Zeuge  a.  168;  W.-P.  172. 

Zeuge  a.  167 ;  W.-P.  195. 

Bürge  a.  167;  W.-F.  196. 

Zeuge,  Priesterzeit  IV.  ä.  'Ανδρόνικου;  W.-P.  60. 

Zeuge  (bei  ihm  die  ώνά)  Priesterzeit  IV.  5.  'Αρχαινοςτ. 

Καλλ.;  W.-F.  53. 

—  Zeuge  (*  Μαντίας,  ΕύκλεΛας*),  Priesterzeit  IV.  fi.'  Αρχωνος 
τ.  Νικοβ.;  W.-P.  218. 

—  Zeuge  ('  Μαντίας,  ΕύκλεΑας'),  Priesterzeit  IV.  ά.  Έμμ^• 
viba;  W.-F.  73. 

Zeuge,  Priesterzeit  IV.  ä.  Εύαγγίλου;  W.-P.  68. 

Zeuge,  Priesterzeit  IV.  ä.  Μενεστράτου;  W.-F.  213. 

Bürge  (Freil.  ΆστόΕενος  Διονυσίου,  letzter  ZeogeT^o- 

κριτος),  Priesterzeit  IV.  fi.  ΤΤύρρου;  W.-P.  103. 

—  (?)  Zeuge,  Priesterzeit  IV.  fi.  Άμφιστράτου;  W.-P.  37. 

Bürge,  Priesterzeit  IV.  fi.  Άμφιστράτου;  W.-P.  52. 

Zeuge,  Priesterzeit  V.  ä.  'Αθάμβου;  W.-P.  44. 

Von  allen  disponiblen  Mantias-Söhnen  passte  hier  der  Zeit 
nach  kein  einziger,  da  sowohl  Άβρόμαχος  Μαντία  (von  VIII.— X• 
Priesterzeit),  wie  Κλεόοαμος  Μαντία  in  das  grosse  Mantias-KIeo* 
damos'Stemma  gehören,  alle  anderen  aber  viel  zu  früh  liegen 
(vor  IV.  Priesterzeit).  Jene  beiden  sind  nämlich  Brüder  ygl 
n.  (13)  [jetzt  Bull.  XVII  n.  74].  Also  auch  Μαντίας  Δαμοχά- 
ρεος ist  kinderlos  gestorben  und  zwar  gegen  152  y.  Chr.,  nicht 
ganz  50  Jahre  alt. 

Was  schliesslich  des  Damochares  III.  Tochter  Δαμοκράηια 
betrifft,  so  geht  aus  der  Fassung  von  W-F  202  hervor,  die• 
der  Καλλείοας  Γοργίππου,  bei  dem  die  freizulassende  Sklavin 
im  Falle  vorzeitigen  Todes  ihrer  Herrin  noch    6  Jahre  hindurch 


^aiirung  des  delphischen  Paean  und  der  Apollo-Hymnen.    605 

Ten  nnd  dem  sie  jährlich  eine  halbe  Mine  Loskanfgeld 
ilen  hat,  sicher  der  uatte  gewesen  sein  mass.  Aasser 
nmt  der  Name  Γόργιππος  nur  noch  einmal  in  der  VIII. 
seit  vor,  —  bezeichnet  dort  also  zweifellos  den  Sohn  des 
es ;  einziger  Zeuge  ausser  ihm  ist  sein  Onkel  (Vetter  sei- 
ter) Τιμόκριτος. 

Die  Eukleidas-Linie. 

cbt  so  klar  liegt  die  Sache  bei  der  zweiten  Linie  wegen 
figkeit  des  Namens  Εύκλείοας.  Abgesehen  von  mehreren 
men  bereitet  schon  die  Unterscheidung  von  Grossvater 
cel  Schwierigkeiten.  Vom  J.  191  (resp.  199)  an  bis  zum 
der  IX.  Priesterzeit  finden  wir,  wie  die  Liste  zeigt,  fast 
en   Jahren  Εύκλείδας   bezeugt,    —    nirgends    kommen 

Lücken  vor  als  höchstens  von  einem  dazwischenliegen- 
re  (vor  a.  191  auch  von  je  2  und  3  Jahren).  Texte,  in 
ie  Familie  manumittirt,    fehlen  mit  zwei   späten  Ausnah- 

IX.)  gänzlich;  es  fallen  damit  alle  die  grossen  Hilfs- 
:ur  Bestimmung  der  Verwandtschaft  und  Identität  fort, 
anderen  Stammbäumen  so  häufig  den  Ausschlag  geben ; 
muss  der  Schnitt  durch  diese  fortlaufende  Reihe»  der  den 
rheil  der  Stellen  dem  Gtrossvater,  den  jüngeren  dem  Enkel 

im  vorliegenden  Falle  etwas  willkürlich  ausfallen.     Als 

können  allerdings  erst  die  Zeugnisse  aus  den  etwa  10 
der  VI.  Priesterzeit  (c.  150—140  v.  Chr.)  gelten,  — 
IS  vorher  liegt,  gehört  sicher  dem  Εύκλβίοας  I.  an.  Ver- 
man  aber  die  ganze  Reihe  der  coaetanen  Geschwister  und 

Καλλείοας  III.  Δαμοχάρεος,  Μαντι'ας,  Δαμοκράτεια, 
ας  IV.  Εύκλεί^α,  Τιμόκριτος,  Ξεναγόρας,  so  erkennt 
SS  der  Beginn  ihres  Auftretens  überall  in  derselben  Zeit 
nde  der  III.  Priesterzeit  (sie  schliesst  171  τ.  Chr.)  oder 
der  IV.],  alle  waren  also  um  200  τ.  Chr.,  resp.  kurz  darauf 
.  Das  ergibt  für  die  Söhne  Γόργιτπτος,  ΕύκλεΛος  II., 
3ατος  etwa  170  τ.  Chr.  als  Geburtsjahr,  also  als  früheste 
iszeit  als  Beamte  den  Beginn  der  VII.  Priesterzeit  (nach 
Chr.).  Nun  könnten  sie  allerdings  schon  früher  als 
aufgetreten  sein,  indess  ist  es  wenig  wahrscheinlich,  dass 
ähest  möglichen,  Ansätze  wirklich  zutreffen  sollten;  das 
3re  ist  vielmehr  immer  der  spätere  Zeitpunkt.   Andererseits 

£ltern  des  Εύκλείϋας  II,  nämlich  Καλλείοας  IV.  Εύκλ. 
/ις  Μενεστράτου  in  Pr.zt.  IX.  &.  ^Ατεισίδα  tereits  hoch- 


606  Pomtow 

betagt  (Καλλ€{&ας  ist  etwa  70  Jahre  alt),  da  der  SklaTe  bii  u 
ihrem  Tode  aaeharren  soll ;  ja  Καλλείοας  17.  ist  in  Pr.st  IX.  i 
KXeuivöa,  wo  bloss  noch  seine  Frau  manamittirt,  offenbar  schon 
gestorben,  also  waren  auch  die  Söhne  damals  schon  gereifte  Männer. 
£s  schien  nach  alledem  geboten,  vorläufig  wenigstens  die  Stellen 
aus  Przt  VII  und  VIII  dem  Enkel,  die  in  Przt  VI  aber  sftmmt- 
lich  noch  dem  Grossvater  zuzuweisen  ^ 

Schwieriger  ist  eine  Unterscheidung  der  gleichzeitigen  Ho- 
monymen. Zwar  kommt  Εύκλείοας  θεοοώρου  nur  ein  einsigee 
mal  als  Bürge  im  J.  186  (W.-F.  370)  vor,  sonst  nie  wieder;  er 
war  darnach  eine  sehr  untergeordnete  Persönlichkeit  und  kiaa 
an  den  patronymiconlosen  Stellen  ausser  Acht  bleiben,  —  aber 
daftlr  ist  Εύκλβίοας  Κάλλωνος  um  so  wichtiger.  SeineBe- 
legstellen  sind  folgende: 

Zeuge,  Priesterzeit  V  ä.  Φιλοκράτ€θς;  W.-P.  250. 

—        Zeuge  (weiter  vom  Εύκλβίοας  KaXXeiba),  Priesterzeit  V. 

ä.  Φιλοκράτεος;  W.-P.  232. 

Zeuge,  Priesterzeit  VI.  ä.  Ae&dvba;  W.-P.  262. 

Bürge,  Priesterzeit  VI.  &.  Εύκλέος;  W.-P.  431. 

Zeuge  (gleich  darauf  Τιμόκριτος),  Priesterzeit  VIII  Ä.  KXco- 

ϋάμου;  η.  (6). 

Wir  haben  also  damit  zu  rechnen,  dass  an  den  etwa  6  fraglichen 
patronymiconlosen  Plätzen  in  Przt.  VI  auch  Ευκλείοας  Κάλλωνοζ 


1  Meine  persönliche  Ueberzeugung  geht  freilich  dahin,  dass  audi 
die  Stellen  aus  VII  u.  VIII  noch  den  Grossvater  ΕύκλείδαςΙ  meinaif 
dieser  also  wenigstens  88  Jahre  alt  geworden  ist  (224  bis  etwa  13G  τ• 
Chr.);  sein  Leben  steht  darnach  genau  parallel  dem  des  berühmten 
ΤΤραζίας  Εύδόκου  (Stemma  in  den  Fasti  Delphici  I  p.  560  ff.),  nur  ά»» 
er  um  2  Jahre  älter  als  jener  ist  und  auch  um  2  Jahre  früher  stirbt 
[Praxias'  Tod  fällt  bald  nach  des  Ξβνόκριτος  Archontat ;  dieses  ist  später 
als  das  des  Κλεόδαμος,  unter  dem  resp.  gleich  nach  dem  Εοκλείδας  I 
stirbt,  da  Ξενόκριτος  der  letzte  Archont  in  VIII  ist].  Ich  schlieese diee 
daraus,  dass  auch  in  Przt.  VIII  noch  Εοκλ€(δας,  Τιμόκριτος  rangirt  wird,  - 
wie  es  auch  früher  meistens  hiess,  s.  die  Liste  S.  üOOf.  —  dass  also  auch  hier 
noch  Vater  und  Sohn  vereint  stehen  und  zwar  ersterer  voran,  während 
ein  Voranstellen  des  Neffen  Εύκλείοας  II  vor  seinen  Onkel  Τιμόκριτος 
wenig  Wahrscheinlichkeit  hätte.  Wie  viel  oder  wenig  Beweiskrtit 
man  aber  solchen  Argumenten  zusprechen  will,  hängt  lediglich  von  der 
persönlichen  Ansicht  ab,  während  in  dem  Bilde  des  Stemma  selbst  der 
objectiv  wahrscheinliche  Thatbestand  zum  Ausdruck  gebracht  wer- 
den sollte. 


Zur  Datirong  des  delphischen  Paoan  und  der  Apollo-Hymnen.    607 

meint  sein  könnte.  —  Endlich  findet  sich  noch  einmal  ein  Εύ- 
είΐκχς  Στόλου  als  συνευδοκέων  neben  seinem  Bruder  ZuiOiba- 
»ς  Στόλου  bei  ihrem  mannmittirenden  Yater  Στόλος  in  VI. 
-ietterzeit  ά.  Εοχαρ{5α  W.-F.  34;  da  eämmtliohe  drei  Personen 
iemals  wieder  vorkommen,  sind  auch  sie  ganz  geringe  Leute 
iweten,  ja  ee  Iftsst  sich  nachweisen,  dass  dieser  Εύκλείοας 
α  ^libertino  patre  natus'  war,  also  ftlr  uns  nicht  weiter  in  Be- 
aobt  kommt  ^. 

Nach  der  X.  Priesteneit  hört  wegen  der  geringen  Ansah! 
rr  Texte  bbi  gleichseitigem  Vorkommen  vieler  Εύκλείοος  für 
le  vorl&ufig  jede  Möglichkeit  auf,  die  zu  unserm  Stemma  Öehö- 
gen  bestimmt  su  erkennen ;  um  nicht  reine  Hypothesen  su  geben, 
ibe  ich  letzteres  daher  hier  unterbrochen,  seine  sichere  Weiter- 
ihrung  dürfte  aber  nach  Auffindung  neuer  Texte  s weifellos  ge- 
Qgen.  Die  später  bekannten  Träger  des  Namens  sind : 
ύκλείοας  Buleut  in  XIY.  Priesterzeit,  ά.  Φιλονίκου;  n.(20), 
(22),  (4),  (65);  Bull.  V  43;  C.-M.  19•. 

-  Zeuge  (derselbe  ?)  in  XIV.  Priesterzeit,  ά.  Φιλονίκου ;  η.  (22). 

-  Buleut  in  XV.  (?)  Priesterzeit,  d.  Άγ&υνος  Le  Bas  959  u.  960. 

-  Zeuge  in   XV.  Priesterzeit,    δ.  Διονυσίου    Theatermauer  d. 
[edirt  in  Fast  Delph.  1  p.  537]. 

-  Zeuge   in   XV.  Priesterzeit,   ά.  KKeoi^viba    Theatermaner  g. 
[edirt  in  Fast  Delph.  I  p.  540]. 

-  Buleut  in  XV.  Priesterzeit,  d.  Νικοστράτου;  η.  (61). 

-  Alaxiba  Bürge  in  XV.  Priesterzeit,  d.  Ταραντίνου ;  η.  (48). 

-  Zeuge  in  XVL  Priesterzeit,  fi.  Στράτυητος;  η.  (2). 

-  Archont  in  XVII.  Priesterzeit;  n.  (10). 

-  Καλλία  Ajohont  in  XVIP.  Priesterzeit;  n.  (32). 


*  Ihr  Vater  Στόλος  war  erst  i.  J.  169  v.  Chr.  von  Σωτύλος  Σω- 
rpdrou  freigelassen  worden  (W.-F.  352),  wobei  dessen  Sohn  Σιϋστρατος 
ιυτύλου  als  συνευοοκέων  fungirte.  Da  in  der  Freilassungsurkunde 
oder  einer  Frau  noch  seiner  Söhne  Erwähnung  geschieht,  hat  er  sich 
■st  gleich  nach  169  y.  Chr.  verheirathet  und  schenkt  nun  am  Ende  der 
)er  Jahre  schon  selbst  einer  jungen  Sklavin  die  Freiheit.  Dass  beide- 
al  dieselbe  Person  vorliegt,  beweist  die  ausserordentliche  Seltenheit 
99  Namens  Στόλος  [überhaupt  nur  noch  einmal  aus  Cilicien  bekannt 
£0.4418,  also  war  auch  unser  Στ.  wohl  daher;  Στολίς  Sklavin  W.-F.  39, 
^1.  CiG.  3846  ζ  54  add.],  femer  das  Fehlen  des  Patronymikons  in  W.-F. 
l,  das  dem  libertinus  eben  nicht  zukam,  sowie,  dass  der  Sohn  seines 
lemaligen  Herrn,  nämlich  Σιϋστρατος  Συιτύλου  nun,  wo  sein  alter 
klave  selbst  freil&sst,  diesem  als  Bürge  assistirt  (W.-F.  34). 


βΟβ  Pomtow 

Εύιςλ€(&ας  Ήρακλ€{&α  Arobont  in XIX.  PriMteneit ;  ii.| 

(41). 
-^  Ataxiba  Zeuge  in  XXI.  Priesieneity  &Δάμιννος;  An. 

—  *Αστοε^νου  Priester  in   XXXII.  Prieiteneil»   iL  T. 
ΤΤωλλιανοΟ  GIG.  1710. 

Nnr  eine  Mögliehkeit  mneete  aof  dem  Stenmft  »elb• 
gedeutet  weiden:  deee  niwilieh,  wenn  entweder  EäxXcflM 
seinen  Sohn  Καλλίας  (sio.}|  nicht  mehr  Καλλίοας,  tL 
λ€Αος  genannt  hitte,  oder  wenn  dieser  Name  an  den  5  Stelli 
der  Bakel  ΕύκλβΑος  IIL  (f)  Καλλία  an  iiner  Stelle  — 
Steinmetna  ans  ΚαλλίοΟΕς  Versehrieben  sei,  wir  nooh  ii 
That  die  Fortsetmng  der  Linie  in  einem  Καλλ((ο)ας  Τ.  Εύκ 
nad  einem  Εύκλ€(5ας  IIL  Καλλ{(5)α  anxnerkennen  bitten, 
eneheinen  Jene  beiden  Toranssetanngen  lanlohst  iwar  b  ö  ( 
nnwahrsobeinlieh,  es  mnsa  aber  eonstatirt  werden,  wie 
eine  Yersebreibang  aas  ΚΑΑΛΙΔΑΣ  in  ΚΑΛΑΙΑΣ  paasiren 
(man  vergL  denselben  Fehler  beim  Abschreiben  durch  i 
Zeitgeaosseni  oben  p.  eOS  Anm.  1),  und  dass  merkwürdiger  1 
simmtliohe  β  Stellen  sieh  in  miserabel  geschriebenen  Τ 
befinden  und  s.  Th.  grade  in  ihnen  die  Lesung  sehr  unsiobi 
Die  Entscheidung  muss  der  Zukunft  überlassen  bleiben. 

Die  Mutter  Ξενίς  McvccTrpaTOU  und  ihr  zweiter  nacl 
nem  Grossvater  mütterlicherseits  genannter  Sohn  Μενέοτ^ 
Εύκλεί^α  spielen  schon  in  das  Stemma  der  Mcnestratos-Eucha 
Familie  hinüber,  das  mitzutheilen  hier  zu  weit  führen  τι 
Anzugeben  ist  daraus  nur,  dase  die  zwei  ersten  Zeugniss 
Μενέστρατος  aus  der  YI.  Priesterzeit  auch  jenem  Gross 
(M.  Εύχαρίδα  von  192  v.  Chr.  —  17.  Priesterzeit)  gelten  k 
ten,  und  daes  ein  Μενέ(Ττρατος  sonst  nie  wieder  yorkomm 

Die  Zeugnisse  für  den  zweiten  Sohn  des  Εύκλείοας  I. 
λε(5α  sind  folgende : 

Τιμόκριτος  ΕύκλεΑα: 

—  Zeuge,   Priesterzeit  IV.  ά.  Άνδρονίκου;    W.-F.  55; 
161;  Ostm.  (IX). 

—  Zeuge,  Priesterzeit  IV.  ä.  'Άρχωνος  τ.  Καλλ.,  W.-F. 
Bürge,  Priesterzeit  IV.  4  ΈμμενΛα,  W.-F.  69. 

—  Zeuge  (gleich  davor  sein  Vater  Εύκλείδος),  Priesterzei 
&.  Ευαγόρα,  W.-F.  67;  211. 

—  Zeuge  (gleich  davor  sein  Vater  ΕύκλεΑας),  Priesterzei 
fi.  θεοΕένου,  ^.-¥.  \\ö. 


Zur  Datirang  dee  delphischen  Paean  und  der  Apollo-Hymnen.    609 

Τιμόκριτος  EUKXeiba  (Forte.): 

—  Zeage  (Ευκλείδας,    Τιμόκριτος,    Ξεναγόρας  Εύκλ€{&α)| 
Prieeterzeit  IV  α.  θεοίίνου,  W.-P.  111. 

—  Zeuge,  Priesterzeit  IV.  fi.  Μενεστράτου,  W.-F.  158;  159; 
216. 

—  Zeuge,  Prieeteraeit  IV.  ä.  Πυρρού,  W.-F.  103. 

Ζ  ~  Sj  ™^[  Prieeterzeit  V.  ä.  Πατρία,  W.-F.  24. 

Zeuge,  Prieeterzeit  V.  ä.  "Ηρυος,  W.-F.  239;  257;  270. 
Zeuge,  Prieeterzeit  V.  ä.  *Αθάμβου,  W.-F.  45. 

Bürge  undj  prieeterzeit  V.  &.  *Αθάμβου,  W.-F.  46. 
"  Zeuge        j 

-  Zeuge,  Prieeterzeit  V.  ä.  Φιλοκράτεος,  W.-F.  228;  238. 

-  Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  ä.  Άρχία,  W.-F.  355. 
""  • —  Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  ö.  Βαβυλου,  Ad.  2. 
"^  Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  δ.  Δαμοστράτου,  n.(15);  (39);  (49). 
""  —  Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  ä.  Δαμοστράτου,  η.  (71). 
"•  Zeuge  (Ξεναγόρας,  Τιμόκριτος  κτλ.),   Prieeterzeit  VI.  fi. 

ΔεΕώνΙ>α,  W.-F.  263. 
"~  —  Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  ä.  Δεξώνοα,  An.  17. 
"^         Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  ά.  ΔεΕώνΙ>α  An.  20. 
■^         Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  i  Εύοώρου,  W.-P.  291. 
""  ~  Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  ä.  Εύκλ^υς,  W.-F.  424;  429;  430. 
^         Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  fi.  Εύκλίους,  W.-F.  431. 
■~         Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  ä.  ΕύχαρΛα,  W.-F.  81;  34;  35;  36. 
■^         Bürge,  Prieeterzeit  VI.  fi.  θρασυκλίους,  W.-F.  38. 
""         Zeuge,  Prieeterzeit  VI.  ά.  ΤΤεισιθίου,  W.-F.  49;  An.  4. 
■^  Buleut,  Prieeterzeit  VI.  ä.  Πεισιθίου,  W.-F.  175;  293. 

"■         Zeuge,  Prieeterzeit  VII.  ö.  Δαμοσθίνεος,  n.(21);  (35) ;  (36) ; 

(37);  (40);  (43);  (56);  (68);  C.-M.  19^  An.  31. 
—  Zeuge  (ΚαλλΑας  καΐ  Τιμόκριτος  ΕύκλεΑο),  Prieeterzeit 

Vm.  δ.  Δάμωνος,  Bull.  V  39. 
~"         Zeuge   (in   η.  (27)   Zeugen  nur  Τιμόκριτος,    Γόργιτιπος), 

Prieeterzeit  VIII.  α. Δάμωνος  η. (17);  (26);  (27);  An.  37»»; 

W.-F.  428. 
""         Zeuge,  Prieeterzeit  VIII.  fi.  Κλεοδάμου  η.  (6);  (78);  W.-F. 

(308•);  Bull.  V  41. 
"^        Zeuge,  Prieeterzeit  VIII.  fi.  Ξενοκρίτου  η.  (18);  (28) ;  (79) ; 

(80);  An.  37^  W.-F.  423;  425. 
"^   —  Zeuge  (weiter  vom  Ξενόοοκος  (eic)  EuKKt(hd^^  ^rÄ%V«t- 

zeit  IX.  ά.  ...  .  ect.  39  (unedirt). 

^Ul  Jfo«.  ü  Pbilol.  N.  F.  XLIX.  ^^ 


610  P(rmtow 

Τιμόκριτος  ΕύκλεΛα  (Forte.): 

—  Zeuge,  Prieeterzeit  IX.  ά.  'Αριστίνυνος  n.  (59). 

—  Zeuge,  Prieeterzeit  IX.  ä.  Έρακλείοα,  W.-P.  427. 

—  Zeuge,  Priesterzeit  IX.  &.  Καλλώάμου,  W.-F.  434. 

—  —  Zeuge,  Prieeterzeit  IX.  ä.  Καλλικράτεος,  Bull.  V  48. 

—  Zeuge,  Prieeterzeit  IX.  ä.  Σωσιπάτρου,  n.  (72);  Bull. VSe. 

ArcboDt  und  j  prieeterzeit  IX.  fi.  Τιμοκρίτου,  W.-F.  426- 

—  Zeuge  J 

—  —  Zeuge,  Prieeterzeit  IX.  fi.  Ύβρία,  d.  (14);  An.  15. 

Da  weder  ein  Homonymer   noch    ein  Timokritoe-Sohn  (Ti^ 
μοκρίτου)  in  Delphi  je  wieder  vorkommt,   eo  iet  nneer  Timokn^ 
toe  kinderloe  gestorben;    er  hat  ein  Alter  von  gegen  80  Jahren 
erreicht  (todt  am  £nde  der  IX.  Priesterzeit)* 

Ob  auch  der  dritte  der  Brüder  Ξεναγόρας  Εύκλείδα  so  alt- 
geworden  iet,    läeet  eich  darum   nicht  beetimmeu;    weil   er  nack- 
140 v.Chr.  (Ende  von  Przt  YI)  nur  noch  einmal  erscheint,  dies» 
Stelle  aber  anfechtbar  echeint.   In  einer  groeeen,  gut  geechriebeoeiv: 
Manamiesion  (unedirte  Finzelstele,  Abklatsch  n.  39)  findet  sich  al^ 
Zeuge   ΞΕΝΟΔΟΚΟΣΕΥΚΛΕΙΔΑ    (sicher).     Ein  Delphier  Bc— 
νόδοκος  kommt  bisher  niemals   wieder  vor    ausser    anscheinend- 
auf    der    einzig    von  Lebas    gesehenen  Inschrift    Le  Bas  II  960^^ 
wo    in    der   letzten    Zeile    MAPTYPOI  .  .  ΛΦΟΙ  .  EN  .  ΔΟΚ  - 
ΣΔΙΟΔΩΡ  .  .  .  ΑΛΛΙΣΤ  .  .  ΤΟΥΝΙΚΑΣΩΙ  stehen  soll.     Da  aber 
das   [Κ]αλλιστ[ρά]του    verlesen    ist    für   Διόοιυρ[ος    Κ]αλλι[κρά- 
τ€]θ[ς  —  nur  dieser  kommt  damals  und  zwar  häufig  vor,   einen 
Δ.  Καλλιστράτου  gibt  es  nicht,  —  so  ist  auch  der  erste  Zeuge 
[Ξ]€ν[ό]οθκ[ο]ς  höchst  verdächtig.      Hat  es  aber  weiter  keinen 
Delphier  dieses  Namens  gegeben,    so  muss  wohl  auch  am  ersten 
Orte  ΞΕΝ[ΑΓ]0[ΡΑ]Σ  statt  ΞΕΝΟΔΟΚΟΣ  hergestellt    und   ein 
Irrthum  des  Steinmetzen  angenommen  werden,    —    um  so  mehr, 
als  noch  ein  neuer  Eukleidas-Sohn,    der    nur   hier    sich    fände, 
sehr  unwahrscheinlich  ist  und  weiter  hinten  der  Bruder  Τιμόκρι* 
τος  Εύκλείδα  folgt.     Auch  hier   ist  die  Bestätigung  durch  neue 
Funde  abzuwarten.     Der  einzige  Xenagoras-Sohn,  der  bisher  exi* 
stirt,  ist   der    spätere  Priester   in   XIX.    Άβρόμαχος  Ξεναγόρα; 
da  er  zeitlich  nicht  in  Betracht  kommt    und  wahrscheinlich    dem 
Euagoras-Habromachos-Stemma  angehört,  ist  Ξ.  Εύκλείοα  ebeneo 
wie  sein  Bruder  Τιμόκριτος  ohne  Nachkommen  gestorben. 

Ein  kurzer  Rückblick  auf  das  ganze  Stemma  und  ein  Ver- 
gleich mit  dem  der  Pr^xias-Eudokos-Familie  (Fast.  Delph.  l 
p.  500  if.)  zeigt  nun   nicht  nur  eine    auffällige  Seltenheit  der  Be• 


Zur  Dutining  des  delphischen  Paean  und  der  Apollo- Hymnen.    611 

Atzung  von  öffentlichen  Aemtem  durch  unsere  Familienglieder, 
>i;rie  ein  schon  hervorgehobenes  fast  gänzliches  Fehlen  von  Skla- 
snfreilassungen  seitens  der  Familie,  sondern  vor  allem  ein  der- 
rtiges  Ueberwiegen  der  reinen  Zeugen function,  dass  man 
^rechtigt  ist,  diese  drei  Thatsachen  mit  einander  in  Zusammen- 
^ng  zu  bringen  und  sie  nicht  für  zufällig  zu  erklären.  Wenn 
'amochares  UL  in  24  Jahren  52  mal,  Eukleidas  I.  in  seinem  Le- 
^Ώ  82  mal,  Timokritos  in  dem  verhältnisemässig  kurzen  Zeit- 
tiime  von  6  Priesterzeiten,  von  denen  drei  (V.,  VIL,  VIII.)  zu- 
Lximengenommen  noch  nicht  10  Jahre  füllten,  78  mal  immer  als 
engen  erhalten  sind,  —  sie  in  Wirklichkeit  also  viel,  viel  öfter 
LDgirt  haben  müssen^  —  wogegen  der  ebenso  alt  wie  Euklei- 
»4  I.  gewordene  ΤΤρα£{ας  EubOKOU  aus  dem  gleichen  Zeitraum 
at  knapp  dem  vierten  Theil  von  Zeugenstellen  belegt  ist^,  so 
Ird  man  zu  der  Annahme  gedrängt,  dass  unsere  Familie  zwar 
L  den  altdelphischen  zählte,  aber  durch  Yermögensverfall  früh 
iTückgekommen  war,  an  politischem  Finfluss  daher  nur  wenig 
^«ass  und  weder  in  der  G-escl^ichte  (man  vgl.  dagegen  die  poli- 
»che  Stellung  der  Praxias-Fudokos),  noch  in  der  Aemterver- 
^tung  hervortrat,  dass  sie  über  einen  sehr  geringen  Hausstand 
L  Gesinde»  resp.  Sklaven  und  desshalb  über  wenig  Haus-  und 
r-undbesitz  verfügt  haben  muss,  und  aus  diesem  Grunde  sich 
L  den  sicherlich  häufig  remunerirten  Zeugendiensten  gedrängt 
^tK  Kur  so  ist  es  zu  erklären,  dass  wir  Mitglieder  dieser  Fa- 
Llie  in  weit  mehr  als  an  300  Stellen,  in  gegen  300  Inschriften, 
^0  in  einem  Drittel  aller  bisher  bekannten  Texte  (ohne  c.  150 
c*agmente)  treffen,  und  dass  eine  sehr  beträchtliche  Zahl  der 
ttrgen-  und  Zeugenleistungen  bei  persönlich  ihr  ganz  fern  stehen- 
^n  Ausländem  und  Fremden  stattfand,  —  also  zweifellos  nicht 
line  eine  entsprechende  Honorirung. 

Eberswalde.  H.  Pomtow. 


^  Bei  Eukleidas  I  sind  dann  noch  die  Zeugnisse  ausVIl  undVUI 
jetzt  bei  Eukleidas  II)  hinzuzurechnen,  —  dagegen  bei  Prazias  ist  zu 
erwägen,  dass  er  während  der  etwa  10  Jahre  seiner  Priesterzeit  (VI) 
IX  omcio  hat  Zeuge  sein  müssen,  diese  Stellen  also  nicht  gezählt 
ind;  wäre  er  nicht  Priester  geworden,  so  hätten  sich  seine  jetzt  be- 
»nnten  22  Zeugenstellen  vielleicht  noch  um  3  vermehrt. 

3  Es  ist  bezeichnend,  dass  die  beiden  einzigen  bekannten  Sklaven 
[er  Familie  *angeheirathete*  waren,  und  zur  Mitgift  der  Frau  desKal- 
sidas  IV,  der  von  den  reicheren  Menestratos-Eucharidas  stammenden 
:€νΙς  Mcvearparou  gehört  haben,  die  ja  denn  auch  selbständig  über 
iir  lebendes  und  todtes  Heirathsgut  disponirt.  —  Man  denkt  dabei 
inwillkürlicb  einerseits  an  das  charakteristische  Merkmal  der  armen 
chlucker  in  dem  Catuirschen  *Furi,  cui  neque  servus  est  neque 
rca',  —  und  andererseits  bei  den  oben  angeführten  grossen  Zahlen 
on  Zeugenstellen  an  die  Thätigkeit  der  '  Fünfgroschenzeugen*  unserer 
iotare. 


612  Domassewski 


Das  Regenwander  der  Marc  Airel -Säule. 


Petersen  hat  durch  seine  scharfsinnige  Erläuterung^    jeneT" 
Scene  der  Marc  Aurel -Säule,  in  welcher  der  Eegengott  über  dem 
römischen  Heere  schwebt,    für  jeden,    der    die  Bildersprache  zi& 
lesen  weiss,  überzeugend  gezeigt,    dass  hier  nicht   die  Errettung 
des   römischen  Heeres   vor   dem  Verschmachten    dargestellt  ist, 
sondern  ein  G-ewittersturm. 

Damit  schwindet   das   einzige   urkundliche  Zeugnise,   wel^ 
ches  der  christlichen  Legende  von  dem  wunderwirkenden  Gebete 
der  Soldaten    der    legio    XII  fulminata    hätte    zur  Stütze  diene». 
können.     Vielmehr  ist  diese  Urkunde  ein  entscheidendes  Zeugnis» 
gegen  die  Echtheit    der    christlichen  Ueberlieferung.     Die  Sanier 
deren  Bilderreihe  nothwendig  die  zeitliche  Folge  der  Kriegsereig- 
niese  einhalten  muss,  setzt  den  Gewittersturm  an  den  Anfang  des 
Krieges ;  von  irgend  welchem  Regen  wunder  im  weiteren  \^erlaufe 
des  Krieges  weiss  sie  nichts  zu  erzählen.     Die  christliche  Ueber- 
lieferung dagegen  setzt  das  Wunder  übereinstimmend  in  das  Ende 
des  Krieges^. 


^  Mitth.  des  k.  deutschen  archäologischen  Instituts,  Rom.  Abtb. 
Bd.  IX  S.  78  ff. 

^  Dieser  Widerspruch  der  Chronologie  ist  Petersen  wie  auch  Har- 
nack  entgangen,  der  in  seinem  Aufsatze,  Sitzungsb.  der  Berl.  Akademie 
1894  H.36  S.  836ff.,  die  Quellen  in  extenso  abgedruckt  hat.  Di^ 
Säule  kann  frühestens  nach  dem  grossen  Triumph  des  Jahres  17G  er- 
richtet worden  sein.  Sie  unterscheidet  deutlich  zwei  Feldzüge.  Da  die 
Münzen  des  Jahres  173  bereits  die  Germaoia  subacta  feiern,  und  die 
Rückkehr  des  Kaiaera  n^di  "ß.om  im  S^lVvt^  174  erwartet  wurde  (Mün- 
zen  mit  adventua  Aug.),    so   \a\.  OiviT  ^tw^^wV^  Km^tv^Ow  \^  YwYvvagÄ  in 


\ 


Das  Regenwunder  der  Marc  Anrel -Saale.  613 

Am  genaneeten  thut  dies  Xiphilinue^  Dio  71,  10  ήλέη(Τ€ 
V  αυτούς  κοί  6  Μάρκος,  παρά  bk  τών  στρατιωτών  τό  2ßbo- 

αύτοκράτωρ  προσηγορεύθη.  καίπερ  bk  ουκ  εΐωθώς,  πρΙν 
βουλήν  ψηφίσασθαι  τοιούτον  τι  προσίεσθαι,  δμιυς  ibiiaTO  τε 
:ό  ώς  καΐ  παρά  θεού  λαμβάνων,  καΐ  τή  γερουσίςι  έπέστειλεν. 
ιε'ντοι  Φαυστΐνα  μήτηρ  τών  στρατοπέδων  έπεκλήθη.  Die 
[mperatorenacclamation  fällt  nach  den  Münzen  in  die  28.  tri- 
licia  potestas  des  Kaisers.  Da  jedoch  ein  Theii  der  Münzen 
ses  Jahres  die  6.  Imperatorenacclamation  nennt ^,  so  bestimmt 
philinus  das  Ereigniss  in  aller  Schärfe  auf  den  Sommer,  denn 
r  im  Sommer  kann  man  verschmachten  und  Krieg  führen,  des 
ires  174.  Ensebius  folgt  in  der  Chronik  demselben  Ansatz, 
;  sich  aber  um  ein  Jahr  versehen  ^  Wenn  er  das  Wunder  in 
13.  Jahr  des  Kaisers  setzt,  so  ist  damit  das  Jahr  vom  7. 
rz  173  bis  zum  6.  März  174  gemeint,  also  der  Sommer  178. 
h.  Eusebius'  Quelle  benutzte  für  die  Datirung  die  tribunicia 
estas  28,  die  vom  10.  December  173  bis  zum  9.  December 
[  Uef. 

Es  ist  dies  ein  Beweis,  dass  die  Quelle,  welcher  Xiphilinus 
l  Eusebius,  wenn  auch  durch  Mittelglieder,  folgen,  beide  Da- 
mgen trug,  sowohl  die  tribunicia  potestas,  als  die  Imperatoren- 
lamation.  üeber  die  Form  der  Quelle  sagt  Xiphilinus  deut- 
i  genug,  dass  es  ein  Brief  gewesen,  und  einen  Brief  nennt 
on  Tertullian.  Es  ist  demnach  der  Brief  des  Kaisers  an  den 
lat,  der  beide  Datirungen  an  der  Spitze  trug^•  Aber  eben 
se  Datirung  zeigt,  dass  der  Brief  gefälscht  ist  Die  Säule 
reist,  dass  sich  im  Kriege  kein  zweites  Eegenwunder  ereig- 
9.    Zwei  in  einem  Kriege  wären  auch  des  Outen  zu  viel.   Folg- 


\ 


Jahren  174  und  175,  welchen  die  VU.  und  VIU.  Imperatorenaccla- 
Aon  und  die  Annahme  des  Siegernamens  Sarmaticus  bezeugen,  als 
neuer  Feldzag  aufzufassen. 

1  Harnack  betrachtet  den  Dio-Text  wie  ihn  Xiphilinus  überlie- 
,  als  völlig  frei  von  Interpolationen.  Dass  dies  nicht  der  Fall  ist, 
1  sich  sofori  zeigen. 

2  Eckhel  d.  n.  VII  p.  61. 

^  Oder  vielmehr  seine  Quelle.  Denn  dass  er  den  Brief,  auf  den 
Zweig  der  üeberliefemng  wenigstens  zurückgeht,  nicht  mehr  be- 
,  hat  bereits  Scaliger  bemerkt;  sonst  hätte  er  ihn  in  der  Kirchen- 
shichte  ganz  gegeben. 

*  Wie   dies  in   einer   Reihe  urkundUch  eTVi9\\ju{i<^T  "^w&witsrNrfÄ 
FaU  ißt 


614  Domaszewski 

lieh  kann  Dio  von  keinem  solchen  Wunder  am  Ende  des  Krie^ 
erzählt  haben,  sondern  seine  Beschreibung  des  Säulenwnnders  ut 
bei  Xiphilin  von  ihrem  chronologisch  richtigen  Punkte  am  An- 
fange des  Krieges  verschoben  nach  dem  Ende  des  Krieges.  Wenn 
aber  das  erfandene  Datum  von  Xiphilin  als  dionisoh  gegeben 
wird,  so  kann  niemand  mehr  sagen,  wo  die  Interpolation  in  dem 
jetzigen  Text  anfängt  und  wo  sie  aufhört.  Der  angebliche  Dio 
ist  ein  später  christlicher  Zeuge  mehr. 

Doch  ist  die  falsche  Datirung  nicht  die  einzige  sicher  nach- 
weisbare Interpolation.  Auch  die  Angabe,  dass  die  Kaiierin 
wegen  des  Christensieges  den  Namen  mater  castrorum  erbalten 
hat,  ist  sicher  nicht  dionisch*.  Auf  den  Inschriften  führt  Fan- 
stina nie  den  Titel  mater  castrorum^,  und,  was  besonden  ins 
Gewicht  fällt,  auch  Crispina  nicht,  obwohl  die  Adulation  jener 
Zeit  solche  Titel  auf  die  Nachfolger  zu  übertragen  pflegte'.  Wir 
wissen  nur  aus  einigen,  seltenen  Broncemünzen^,  also  Fra- 
gungen des  Senates,  dass  der  Titel  der  Kaiserin  während  ibrei 
Lebens  verliehen  wurde.  Erst  nach  ihrem  Tode  hat  der  Kaiser 
und  der  Senat  die  zahlreiche  Serie:  divae  Faustinae,  matri  castro- 
rum in  allen  Metallen  geprägt.  Aber  auch  diese  Prägung  ist 
ganz  einzig  in  ihrer  Art.  Wer  die  Münzen  der  divi  und  div&e 
durchsieht,  wird  sich  rasch  überzeugen,  dass  die  Aufschriften  alle 
Bezug  nehmen  auf  den  neuen  göttlichen  Stand  der  Personen  oder 


^  Schon  der  Grund  muss  jedem,  der  mit  dem  römischen  Heer- 
wesen vertraut  ist,  seltsam  erscheinen. 

2  Sicher  fehlt  ihr  der  Titel  im  Jahre  173  CIL.  X  5824  =  Deeeau 
inscript.  select.  381.  In  der  Inschrift  CIL.  XIV  40  ist  nicht  [matris 
castro]rum  sondern  [et  cetero]rum  zu  ergänzen,  weil  Commodus  früher 
genannt  ist.  Vgl.  CIL.  VIII  12513.  Auch  in  dem  Fragment  der  Arval• 
acten,  Ephem.  epigr.  VIII  p.  337  ist  zu  ergänzen  [Anniae  Faustinae 
A]ug.  et  Commodo  Cae8(ari)  ceterisqu[e  liberis].  Das  Fehlen  des  Titele 
in  den  Inschriften  CIL.  XIV  20  und  40  kann  nach  keiner  Seite  etwas 
beweisen,  obwohl  sie  im  Jahre  175  geschrieben  sind,  weil  auch  der 
Kaiser  keinen  Titel  führt.  Demnach  kann  die  Verleihung  allerdings 
nur  am  Ende  ihres  Lebens  erfolgt  sein. 

^  Als  Septimius  Severus  im  Zusammenhang  seiner  militärischen 
Politik,  welche  die  Dynastie  auf  das  Heer  vor  allem  stützte,  den  Titel 
wieder  aufnahm  und  ihn  an  lulia  Domna  verliehi  ging  er  auf  alle  spa- 
teren Kaiserinnen  über. 

*  Cohen  3^  p.  150  n.  164—168.  Im  Britischen  Museum  sind  nur 
2  Exemplare,  bei  einem  von  diesen  ist  sogar  die  Echtheit  zweifelhaft 
In  Gotha  ist  keines,  ebenso  in  Berlin.  Nach  Mittheilungen  von  Bezold, 
Pick  und  Dressel. 


Das  Regenwander  der  Marc  Aurel-Saule.  615 

auf  üreignisee,  welobe  mit  ihrer  Erhebung  unter  die  Oötter  in 
Zusammenhang  stehend  Nur  diva  Faustina  führt  den  irdischen 
Titel  mater  caetrorum*.  Alle  diese  Erscheinungen  erklären  sich 
einfach,  wenn  der  Titel  vom  Senate  beschlossen  wurde,  als  das 
Kaiaerpaar  im  Jahre  175  nach  dem  Oriente  aufgebrochen  war. 
Ehe  die  Nachricht,  dass  der  Kaiser  den  Beschluss  des  Senates 
aanctionirt  hatte,  nach  Rom  gelangte  und  die  kaiserliche  Münze 
mit  dem  neuen  Titel  zu  prägen  begann,  starb  die  Kaiserin.  So 
ist  es  gekommen,  dass  die  Kaiserin  den  Titel  nur  als  Todte  ge- 
führt und  dies  ist  wieder  der  G-rund,  weshalb  der  Titel  nicht  auf 
Grispina  überging.  Diese  Erklärung,  welche  auf  den  Urkunden 
fnsst,  bestätigt  die  echte  litterarische  Ue herlief ernng.  Die  vita 
Varoi  sagt  26 :  divam  etiam  Faustinam  a  senatu  appellatam  gra- 
tolatus  est.  quam  secum  et  in  aestivis  häbuerat,  ut  matrem  ca- 
strorum  appellaret^  fecit  et  coloniam  vicum  in  quo  obiit  Fau- 
stina et  aedem  illic  exstruxit.  Warum  die  Notiz  in  Verbindung 
mit  den  Ehren,  welche  der  todten  Kaiserin  erwiesen  wurden,  auf- 
tritt, ist  jetzt  klar,  und  auch  die  Veranlassung,  welche  dem  Senat 
den  Gedanken  dieser  neuen  Ehrung  eingab,  ist  erkennbar;  es  war 
die  Theilnahme  der  Kaiserin  an  dem  Zug^  nach  dem  Oriente. 
Denn  nur  damals  hat  sich  die  Kaiserin  in  den  aestiva  —  im 
Marschlager  —  befunden.  Die  Anwesenheit  der  Kaiserin  beim  Heere 
hatte  aber  politische  G-ründe.  Sie,  die  Tochter  des  Antoninus 
Pius,  ist  die  Verkörperung  der  Legitimität  gegenüber  den  An- 
hängern des  Usurpators  Cassius  im  Oriente,  um  dieser  Herkunft 
willen  führt  sie  den  Augustanamen  schon  als  Kronprinzessin^. 
Ihre  Ehreninschriften  unterlassen  es  nie,  diesen  Adel  zu  betonen 
und  in  den  Dedicationen  pro  salute  des  Kaisers  steht  auch  ihr 
Name^    Wenn  Xiphilinus  endlich  zwischen  den  beiden  gefälsch- 


^  Auch  die  anderen  Münzen  der  Diva  Faustina  mit  aetemitas, 
consecratio,  sideribas  recepta  folgen  dieser  Norm. 

3  Es  ist  etwas  völlig  anderes,  wenn  Traian  auch  im  Tode  Par- 
thicus  heisst.  Denn  der  Siegemame  ist  ein  Individualname  und  kein 
Titel. 

^  Das  will  in  dem  Zusammenhange,  in  dem  es  steht,  nur  sagen, 
däss  der  Kaiser  sie  im  Tode  so  genannt  hat.  Denn  von  Augustus  bis 
in  die  spätesten  Zeiten  forderte  es  die  Etiquctte,  dass  der  Senat  in  sol- 
chen Dingen  die  Initiative  ergriff  und  hier  bestätigen    es  die  Münzen. 

*  Wihnanns  896,  Eckhel  d.  n.  7  p.  76,  Fronto  ed.  Naber  p.  76. 

^  Letzteres  ist  bei  den  früheren  Kaiserinnen,  die  keine  Kaiser  zu 
Yäter  hatten,  nicht  der  Fall. 


616  Domaszewski 

ten  Angaben  die  mit  dem  Wesen  der  Imperatorenacclamation  gua 
unvereinbare^  Bebanptnng  anfetelU,  der  Kaiser  hätte  mit  Aqi- 
nabme  jenes  Cbristensieges  die  Acclamation  nur  angenommen, 
wenn  der  Senat  sie  bewilligtei  so  ist  das  auch  eine  siohere  Inter 
polation.  Der  ganze  Absatz,  der  mit  der  Datimng  beginnt,  geht 
auf  den  Brief  zurück  und  läset  erkennen,  dass  der  Fälsober  den 
Ereignissen  zeitlich  sehr  nahe  stand,  da  gerade  die  falsche  Ver- 
wendung der  echten  Daten  eine  Kenntniss  der  Zeitgeschichte  τe^ 
räth,  wie  sie  ein  Späterer  nicht  besessen  hätte  ^. 

Dass   der   gefälschte  Brief  bereits    zur  Zeit    des  SeptimiuB 
Severus  bei  den  Christen  des  Abendlandes  circulirte,  bezeugt  Ter- 
tullian  (Apol.  b),  ob  er  ihn  gegen  sein  besseres  Wiesen  for  echt' 
giebt,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

So  bliebe  denn  als  einziger  Zeuge  für  das  christliche  Wan- 
der jener  Apollinaris  in  der  Kirchengeschichte  des  Eusebius  (5, 5). 
Eusebius  nennt,  wie  Harnack  bemerkt,  gegen  seine  Oewohnheit, 
weder  den  Apollinaris  Bischof  von  Hierapolis,  noch  nennt  er  du 
Werk,  in  welchem  diese  erbaulichen  Dinge  zu  lesen  waren.  Anch 
nennt  er  ihn  nicht  als  Zeugen  für  die  allgemein  bekannte  Won- 
dergeschichte,  sondern  lediglich  dafür,  dass  die  legio  XII  fulminata 


*  Wie  hätte  auch  der  Senat  in  Rom  darüber  befinden  sollen,  ob 
der  Zuruf  des  Heeres  auf  dem  fernen  Schlachtfelde  der  Grösse  des  er- 
rungenen Sieges  entsprach?  Es  ist  eine  falsche  üebertragung  von  der 
Bewilligung  des  Triumphes  durch  den  Senat. 

2  Dass  der  Interpolator  den  Brief  selbst  benutzt  hat,  ist  ausge- 
schlossen. Vgl.  S.  613  Anm.  3.  Vielmehr  ist  seine,  wie  des  Eusebins 
Quelle  ein  christlicher  Chronograph,  wahrscheinlich  Africanus,  der  den 
Brief  noch  selbst  gelesen  haben  muss,  weil  er  nur  aus  ihm  die  7.  Im- 
peratorenacclamation entnehmen  konnte.  Das  Yerständniss  für  diese 
Sitte  ist  schon  am  Ende  des  3.  Jahrhunderts  erloschen,  so  dass 
dadurch  die  Zeit  des  Chronographen  nach  unten  hin  begrenzt  wird. 
Es  erklärt  dies  auch,  wie  der  Interpolator  dazu  kam,  die  chronologische 
Verschiebung  der  Wundergeschichte  vorzunehmen.  Das  Säulenwunder 
fehlte  natürlich  in  dem  Chronographen.  Die  Frage,  ob  Xiphilin  eine 
£pitome  benutzt  hat,  kann  hier  nicht  untersucht  werden.  Wohl  aber 
muss  ich  hervorheben,  dass  die  Geschichte  des  Krieges  bis  auf  die  £r* 
wähnung  des  Triumphes  bei  Xiphilinus  so  gut  wie  verschwunden  ist; 
und  doch  handelte  Dio,  wie  die  Oesandschaftsexcerpte  beweisen,  über 
den  Krieg  sehr  ausführlich.  Dass  alles,  was  die  Schilderung  zu  Gon* 
sten  der  sitis  Germanica  abändert,  Interpol irt  ist,  steht  mir  ausser 
Zweifel,  weil  es  dem  Bilde  der  Säule  widerspricht,  und  auch  das  stand 
in  dem  gefälschten  Briefe,  wie  Tertullian  beweist. 


Das  RegOD wander  der  Marc  Aurel- Säule.  617 

wegen  ihres  Wunder  wirkenden  Oebetee  den  Beinamen  κεραυνο- 
βόλος erhalten  hat.  Von  Scaliger  bis  auf  Keiske  hat  man  eben 
deshalb  —  denn  die  Legion  heisst  κεραυνοφόρος  und  führt  die- 
sen Namen  seit  Angustns^  —  diesem  Zengen  jeden  G-lanben  ab- 
gesprochen'.  Die  Zeugen,  die  auf  den  gefälschten  Brief  zurückgehen, 
Tertullian,  Eusebius  in  der  Chronik  und  der  darchfnlschte  Dio  des 
XiphilinuSi  wissen  nichts  von  der  Legio  XII  fulminata.  Also  ist  die 
Einmischung  dieser  Legion  eine  Weiterbildung  der  Sage.  Jener  Apol- 
linaris  mag  wer  immer  gewesen  sein,  vielleicht  Eusebius  selbst,  aber 
ein  Zeitgenosse,  dessen  Zengniss  Glauben  verdient,  ist  er  nimmer- 
mehr gewesen  ^  Harnack  glaubt  jedoch  aus  den  von  ihm  nachge- 
^  wiesenen  Ueberresten  einer  echten  Scblachtbeschreibung  ^  des  Mar- 
comanenkrieges, die  Theilnahme  der  Legio  XII  fulminata  an  die- 
sem Kriege  erweisen  zu  können.  Neben  z^wei  oberpannonischen 
Legionen    ist   die  X.  fretensis   aus  ludaea  genannt.     Wer  diesen 


^  Der  Yerench  Harnacks,  ee  trotz  allem  zurecht  zu  deuten,  S.  858, 
scheitert  daran,  dass  fulminata  die  vom  Blitz  getroffene  heisst. 

'  Das  Blitzzeichen  führen  alle  Legionen  im  Schilde,  wie  den  Ad- 
ler an  der  Fahne.  Es  ist  eben  das  Symbol  des  Schatzgottes  des  rö- 
mischen Heeres,  des  Jupiter  optimus  maximus. 

'  Eusebius  will  ihn  für  den  Bischof  geben;  denn  er  nennt  gleich 
darauf  Tertullian. 

^  Dieser  Brief  (bei  Harnack  S.  878)  steht  mit  dem  gefälschten 
Schreiben,  das  Tertullian  und  die  Quelle  des  Eusebius  und  Xiphilinus 
benützten  in  gar  keinem  Zusammenhang;  schon  deshalb  nicht,  weil  Eu- 
sebius es  nicht  mehr  besass.  Der  ältere  Brief  enthielt  eine  richtige 
Kaisertitulatur  mit  der  7.  Imperatorenacclamation.  Sarmaticus  wurde 
der  Kaiser  erst  mit  der  8.  Die  echten  Farben  sind  irgend  einem  Hi- 
storiker entnommen,  Dio  oder  Dezippus,  so  dass  auch  die  Beziehung 
des  Fragmentes  auf  jene  Schlacht  des  Marcomanenkrieges,  welche  zur 
7.  Imperatorenacclamation  führte,  vollständig  in  der  Luft  schwebt. 
Auf  die  Situation,  wie  sie  die  Säule  schildert,  passen  die  üeberreste 
der  Scblachtbeschreibung  durchaus  nicht.  Dort  ist  das  Heer  nicht  im 
Kampfe,  sondern  auf  dem  Marsche  (im  agmen  quadratum)  dargestellt. 
Die  74  Drachen  sind  barbarische  Vexilla,  ob  germanische  kann  man 
nicht  sagen,  ehe  die  Schlacht  -  Scenen  der  Marc  Aurel -Säule  besser 
bekannt  sind.  Der  letzte  Krieg  hat  aber  den  Sarmaten  gegolten  und 
spielt  gar  nicht  im  Quadenland,  wie  der  Siegemame  beweist.  Eben 
deshalb  kann  die  Einleitung  zur  Erzählung  des  Xiphilinus  noch  aus 
Dio  stammen.  Dann  begann  der  erste  Krieg  im  Quadenlande  und  der 
Ausgangspunkt  war  Camuntum,  das  Lager  der  legio  XIY,  die  im  Briefe 
gerade  fehlt.  Geographische  Coniecturen  sind  in  diesem  Briefe  ganz 
unzulässig,  wie  mir  auch  Buecheler  bemerkt. 


618  Domaszewski 

Brief  zureoht  gemacht,  der  dachte  gar  nicht  an  die  legio  XU 
fulminata,  sonst  hätte  er  sie  auch  gegen  seine  Vorlage  einge- 
führt. Dass  die  X.  fretensis  im  Marcomanenkriege  gefocbten 
hat^,  heweist  nichts  für  die  Theilnahme  der  XII.  falminata^ 
Die  Stellung  der  heiden  Legionen  in  der  Reichswehr  ist  eine  yöllig 
verschiedene.  Die  X.  fretensis  und  die  VI.  ferrata  hildeten  da- 
mals die  Besatzung  des  friedlichen,  im  Innern  des  Keiches  gele- 
genen ludaea^  Eine,  wenn  nicht  heide  waren  dort  leicht  zu 
enthehren.  Dagegen  vertheidigte  die  XII.  fulminata  in  Melitene 
den  wichtigsten  Eupbratühergang,  an  einer  Grenze,  wo  der  Krieg 
eben  erst  zu  Ende  gegangen  war.  Ebensowenig  darf  es  mit  Bar• 
nack  als  sicher  betrachtet  werden,  dass  in  dem  orientalischen 
Heere  viele  Christen  dienten.  Wir  wissen,  dass  das  römische 
Heer  in  jener  Zeit  sich  beinahe  ausschliesslich  auf  Grund  frei- 
williger Meldung  ergänzte^.  Hatten  also  die  Christen  wirklich 
jenen  Abscheu  vor  Kaiser-  und  Fahnenehre,  wie  die  Eirchenyater 
sagen,  so  sind  sie  dem  Heerdienst  einfach  fem  geblieben.  Die 
echten  Zeugen,  die  Grabschriiten,  kennen  noch  das  ganze  dritte 
Jahrhundert  hindurch  kein  Christenthum  im  Heere.  Dass  man 
in  der  Noth  des  Marcomanenkrieges  auch  Christen  in  die  Ope* 
rationsarmee  eingestellt  hat,  aber  dann  aus  dem  Abendlande,  wo 
allein    brauchbare  Soldaten    zu    finden    waren*    —    ist  möglich, 


1  Auch  unter  Caracalla  könnte  sie  nach  Pannonien  berufen  wor- 
den sein.  Denn  der  Inschrift  CIL.  III  3472  darf  man  diese  Be- 
weiskraft wohl  zutrauen.  Vgl.  den  ähnlichen  Fall,  den  der  der  Wissen- 
schaft zu  früh  entrissene  Fröhlich  richtig  erkannt  hat  CIL.  III  Supp^• 
10419.  Aber  in  ersterer  Inschrift  ist  die  Lesung  nicht  sicher  und  es 
kann  auch  ein  tribunus  militum  gemeint  sein  (vgl.  CIL.  III  Suppl• 
8162),  der  natürlich  nichts  beweist. 

2  Das  μϊγμα  κατηριθμημένον  sind  nicht  Vexillationen  der  XH• 
fulminata,  wie  Harnack  will  S.  869,  sondern  der  zusammengezählte 
Haufe  der  Barbaren,  der  im  Folgenden  mit  πλήθη  u.  s.  w.  näher  be- 
stimmt wird. 

3  Das  zeigt  die  Legionsliste  CIL.  VI  3492,  deren  älterer  Theü 
unter  Antoninus  Pius  geschrieben  ist.    Vgl.  auch  Rhein.  Mus.  48,  244- 

*  Mommsen  Eph.  epigr.  VII  p.464. 

5  Vgl.  Die  75,  12,  5  Dind.  Nur  die  unübertrefflichen  Schützen 
des  Morgenlandes  haben  gegen  die  kriegsmuthigen  Barbaren  des  Abenu* 
landes  wirklich  Dienste  leisten  können,  sie  sind  deshalb  die  einzigen 
orientalischen  Truppen,  welche  uns  in  den  Inschriften  des  Abendlandes 
begegnen.  Vgl.  Korrespondenzbl.  der  westd.  Zeitschr.  1888  Sp.  49. 
Ueber  den  geringen  YierlYi  d^t  otiatLtaUschen  Legionen  vgl.  MommseD» 
Hermes  19,  Iff. 


Das  Regenwunder  der  Marc  Aorel -Säule.  619 

er   darauf  kann    man  keine  Brücken  bauen   ins  Land    der  Le- 
nde. 

Auch  über  den  Ursprung  der  Legende  hat  Petersen  meines 
achtens  richtig  geurtheilt.  Es  dient  seiner  Ansicht  nur  zur 
itze,  dass  die  christlichen  Soldaten  ursprünglich  frei  schwebten, 
\  sie  eine  spätere  Zeit  auf  die  legio  ΧΠ  fulminata,  um  des 
inamens  willen  fixirte  und  nicht  minder  bestätigt  seine  Ansicht, 
BS  die  erste  Eenntniss  der  Legende  im  Abendlande  auftaucht. 
Für  die  legio  XII  fulminata  ist  Apollinaris  Eusebius  der  älteste 
Qge;  aber  es  ist  doch  zu  beachten,  dass  in  dem  durchfälschten 
ο  Xiphilin  keine  legio  XII  fulminata  kennt,  sondern  nur  in  seinem 
*enen  Gute.  Denn  es  beweist,  wie  unabhängig  jene  beiden  Ueber- 
ferungen  neben  einander  stehen  und  erklärt,  wie  jener  Byzantiner, 
Γ  den  Brief  ersann,  aus  welchen  Hamack  die  echten  Theile  aus- 
sondert, die  legio  XJI  fulminata  ignoriren  konnte.  Man  kann 
ύχ  fragen,  warum  der  Fälscher  des  Briefes  unter  Septimius 
v^erus  gerade  dieses  Datum  174  gewählt,  worauf  es  bei  der 
t  unserer  üeberlieferung  keine  sichere  Antwort  geben  kann. 
(Dkbar  ist  es,  dass  dieser  Sieg  der  schwerste  un^  entscheidendete 
s  Krieges  gewesen;  so  mag  denn  der  Christengott  gerade  da 
me  Wunderkraft  bewährt  haben.  Denn  zeitlich  steht  der  Fal- 
ber dem  Kriege  so  nahe,  dass  er  eine  gewisse  Kenntniss  des 
rieges  besessen  haben  muss. 

Heidelberg.  A.  v.  DomaszewskL 


620 


Miscellen. 


Hiecißlleii. 


Zu  Aesehyloe'  Choephoren. 

In  dem  gemeinsamen  Gebet,  welches  in  den  Cboephoren 
AeschyloB  477—507  Weckl.  Orest  and  Elektra  im  Anschlanan 
den  grossen  κόμμος  zwischen  ihnen  und  dem  Chor  am  Grabe  Aga- 
memnons  in  jambischen  Trimetern  sprechen,  liegt  bis  Υ.495  Dacb 
der  Personenbezeichnung  der  Mediceischen  Handschrift  eine  offea- 
bare  Entsprechung  vor,  die  in  dem  lyrischen  Charakter  dieser  gan- 
zen Partie  begründet  ist.     Es  ist  aber  klar,    dass   symmetrische 
Yertheilung  der  Verse  auch    in   dem    übrigen  Theile    vorbtoden 
sein  mass,    für    den  die  Personenbezeichnung  im  Hedicens  feUt- 
So  gliedert  sielt  auch  in  Euripides'  Elektra  671—683  nach  einer 
langem  Stichomythie    das   ähnliche  gemeinschaftliche  Gebet  d&e 
Orest  und  der  Elektra  nach  Weils  richtiger  Anordnung  folgender- 


massen : 


Or.      El.  Or.      El.     Or.      El. 
2         12         13        3 


und  in  Euripides'  Orest  1225—1245,  wo  Orest,  Elektra  und  Py- 
ladee  ebenfalls  die  Manen  Agamemnons  anrufen,  welche  Anrufung 
Pylades  mit  der  Aufforderung  zur  That  und  einem  kurzen  Gebet 
an  Zeus  und  Dike  abschliesst,  zeigt  sich  folgende  symmetrische 
Vertheilung: 

Or.  El.  Pyl.  Or.   El.     Pyl.Or.El.Pyl.      Or.    El.  Pyl. 


Wie  bei  diesen  in  jambischen  Trimetern  geschriebenen  Stücken 
lyrischen  Charakters  ist  auch  in  der  gleichartigen  Partie  der 
Choephoren  eine  durchgeführte  symmetrische  Entsprechung  zn 
erwarten.  Die  in  dem  Mediceus  nun  mit  keiner  Personenbezeich- 
nung versehenen  Verse  495 — 507  erscheinen  bei  Kirchhoff  und 
Wecklein  in  folgender  Anordnung: 

OP.      ήτοι  δίκην  ϊαλλε  σύμμαχον  φίλοις 
ή  τάς  όμοιας  άντίοος  λαβάς  λαβείν, 
εϊπερ  κρατηθείς  γ*  άντινικήσαι  θέλεις. 

ΗΛ.     και  τήσν  δ.κο\)(5θΝ  \o\c5^\ci\i  ^οχ\ς^  πάτερ• 
ibwv  νεοσσούς  τούσν  ΐΛ^χ\νΑΝο»\λ^  τΙμ^ν^^ 


495 


"«fii 


Mitoellen.  621 

καΐ  μή  Έαλείψης  σπέρμα  ΤΤελοπΛών  robe* 
oÖTui  γαρ  ου  τέθνηκας  ουδέ  περ  θανών. 
παϊί)€ς  γάρ  dvbpl  κληοόνος  σαητήριοι 
θανόντΓ  φελλοί  b'  ώς  αγουσι  οίκτυον 
τόν  έκ  βυθοΟ  κλωστήρα  σψεοντες  λίνου.       βοβ 
δκου',  ύττέρ  σου  τοιάο'  ίστ'  όούρματα* 
αυτός  bi  σψίη  τόνοε  τιμήσας  λόγον. 
ν.  503  ist  κληοόνος  Emendation    von  Schütz  statt  κλη- 
3o  ergibt  eich    nach  Wecklein    folgende  Symmetrie   des 
Lbechnittes : 

Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or. 
331111111133   232 

Γ  diese  Weise  aber  entsteht  keine  volle  Gleichmässigkeit^ 
letzten  Verse  der  Elektra  keine  Entsprechung  finden 
erdem  bei  gleich  massiger  Yertheilung  die  Schlussworte 
tra  zufallen  müssten.  Es  erheben  sich  aber  gegen  diese 
mg  des  letzten  Theiles  auch  noch  andere  Bedenken.  Denn 
hängt  y.  501  auf  das  engste  zusammen  mit  Y.  500,  und 
y.  502  beginnende  und  sich  bis  Y.  505  erstreckende  Be- 
ζ  des  Y.  501  kann  nicht  füglich  unter  2  Personen  ver- 
3rden ;  denn  Y.  503 — 505  enthalten  nur  eine  nähere  Er- 
zu  dem  in  Y.  502  angeführten  Grunde,  die  mit  diesem 
ngehört.  Weisen  wir  nun  aber  diesem  Zusammenhange 
lend  Y.  498— 501  der  Elektra  und  502—505  dem  Orest 
ihlt  bei  den  vorhergehenden  3  und  den  folgenden  2  Yer- 
jlntsprechungy  wie  denn  überhaupt  die  ungerade  Zahl  der 
507  eine  gleichmässige  Yertheilung  nicht  gestattet.  Damit 
Stande  komme,  muss  also  entweder  in  den  3  vorher- 
i  Yersen  einer  zu  viel  oder  in  den  2  folgenden  einer  zu 
dn.  Da  nun  aber  in  jenen  offenbar  nichts  überflüssig 
^erflich  ist,  so  muss  die  zweite  Alternative  zutreffen,  und 
!  durch  anderweitige  Erwägungen  bestätigt.  Die  beiden 
^erse  nämlich  ^eben  keinen  verständlichen  Gedanken, 
icklein  soll  υπέρ  σου  durch  das  folgende  αυτός  bk  σψΖη 
μήσας  λόγον  erklärt  werden»  Wie  kann  denn  aber  hier 
r  Kettung  des  Agamemnon  die  Rede  sein?  Orest  und 
haben  in  Y.  481 — 486  den  Gedanken  ausgesprochen,  dass 
aemnon  die  gebührenden  Opfer  und  Spenden  nur  dann 
en  können  und  werden,  wenn  ihr  Yorhaben  gelingt.  Die 
lg  dieser  dem  Todten  gebührenden  Ehren  kann  doch  un- 
als  Rettung  desselben  bezeichnet  werden.  Ausserdem 
a  dem  Zusammenhange  nach  τιμήσας  gleich  futuralem 
ίσης  sein  müsste,  statt  des  Praesens  σώ2^η  das  Futurum 
ich.  Zu  keinem  geringern  Anstosse  berechtigen  die  fol- 
Worte  des  Chors: 

και  μην  όμεμφή  τόνο'  έτεινάτην  λόγον, 

τίμημα  τύμβου  τής  άνοιμώκτου  τύχϊ\ς. 

τά  b^  αλλ\  ineibi]  bpav  κατώρθνχ)σα\  ^v^eA^      vva 

ίροοις  äv  ήbη  δαίμονος  παρώνχ€.»ος• 


622  Misoellen. 

Denn  der  Y.  509  ist  hier  nnveretändlich.     Weoklein   erklärt  ihn 
folgendermassen :  'man  kann  es  nicht  tadeln,  dass  ihr  die  Ela^® 
80  lange  ausgedehnt  habt,    durch  welche    das  Orab    des  Yater^ 
eohadloe  gehalten  wird  für  das  Geschick,   dass  ihm  früher  keirie 
Thräne  geweiht  wurde \     Dann   müsste    also    τιμαν  τινά  τινο^ 
heissen  können  *  jemanden  für  etwas  schadlos  halten  ,  was  nicbt 
der  Fall  ist;  und  selbst  wenn  sich  die  dem  τίμημα  zugewiesene 
Bedeutung  rechtfertigen  liesse,  würde  der  Gedanke  nicht  paeseo, 
da  nach  V.  481—486  eine  würdige  Ehrung  des  todten  Vaters  fir 
Orest  und  Elektra  erst  nach  dem  glücklichen  Erfolge  ihres  Unter- 
nehmens möglich  ist;  er  kann  also  unmöglich  schon  jetzt  schal' 
los  gehalten  sein    für    den    frühern  Mangel    gebührender  Ehren. 
Nimmt  man  nun  aber  V.  509  aus  der  Bede  des  Chors  heraus,  so 
ist  sie  ebenso  klar  wie  vollständig,  und   stellt  man   dann   fernar 
mit  Gottfried  Hermann  509  vor  508  um  und  liest  mit  ihm  (Τψ2Ιβ 
statt  (Sώlr\\f  so  erlangt  zugleich  der  Schluss  des  vorhergeheDden 
Abschnittes  nicht  nur  den  passendsten  Sinn,   sondern  es  wird  iTt 
demselben   auch    vollständige  Symmetrie    hergestellt.     Ich  fasse 
dann  υπέρ  σου  τοιάο'  ίστ'  όούρματα  als  begründenden  Zwischen- 
satz zu  δκου€:    *  erhöre  uns;    denn    zu  deinen  Gunsten  ist  dies 
unser  klagendes  Flehen' ;  zugleich  aber  motivirt  es  auch  das  fol- 
gende αυτός:   *es  ist  für  dich;  drum  rette  selbst  dadurch,   dass 
du  diese  unsere  Worte  ehrest  (d.  h.  befolgest;  vgl.  Soph.  AL688), 
das  Ehrendenkmal  deines  Grabes  vor  dem  Geschick  der  Klage  zn 
entbehren'.     Zu  σψΖειν  τινά  τίνος  vgl.  Soph.  Ant.  1162  σώ<ίας 
μέν  έχθρων  τήνδε  Καδμείαν  χθόνα,   zu  άνοιμώκτου  τύχης  Aesch. 
Ag.  1428  φονολιβεϊ  τύχςι  Eum.  957  άνοροκμήτας  τύχας,  znden 
beiden  durch  bi  verbundenen  Imperativen  Prom.  74.  79,  zu  dem 
in  Beziehung  auf  τίμημα  absichtlich    gewählten    τιμήσας  Suppl. 
210  φρονούντως  προς  φρονουντας  έννεπεις.     Es  schliesst  nuD* 
mehr  das  gemeinsame  Gebet  mit  einer  deutlichen  und  passenden 
Kückbeziehung  auf  den  von  Orest  und  Elektra  481—486  ausge- 
sprochenen Gedanken,  dass  es  ihnen  nur  im  Falle  des  Gelingens 
möglich  sein  werde,  dem  Grabe  des  Vaters  die  gebührenden  Ehren 
zu  erweisen,    insbesondere  auf  482 f.    el  δέ  μη,    παρ'  εύόείπνοις 
φθιτών  —  άτιμος  έμπύροισι  κνισωτοϊς  έση.     Nach    dem  Ge- 
sagten darf  man  sich  billig  darüber  wundern,  dass  Kirchhoffund 
so  auch  Wecklein    in    der    erklärenden  Ausgabe  Hermanne  Ver- 
besserung nicht  einmal  der  Erwähnung  für  werth  gehalten  haben 
und  dieser  sie  in  der  kritischen  Ausgabe  in  den  Anhang  verwie- 
sen hat;  sie  hätte  schon  länget  allgemeinen  Beifall  finden  sollen, 
so  sehr  stellt  sie  sich  einer  allseitigen  und  unbefangenen  Betrach- 
tung geradezu  als  nothwendig  dar.     In    V.  508    hat  Wecklein  in 
der  erklärenden  Ausgabe  γόον  statt  λόγον  geschrieben,  um  den 
gleichen  Ausgang  zweier  auf  einander   folgender  Verse    zu    ver 
meiden.     Bei  Hermanns  Umstellung  wird  zugleich  dieser  Uebel• 
stand  dadurch,  dass  die  beiden  gleichschliessenden  Verse  verschie- 
denen Personen  zufaW^iv  \χτ\^  €\xi  wv^^i^x  d%.Tm8chen  tritt,  so  ab- 
geschwächt,  dasB  e\T\fe  λ^τ\λ^τνπν^  Y^xxm  \sv^\  τ^^%αλο.\^χ,  ^mt 
ergibt  sich  für  V.4^ft— T>\V  io\^w^^  ^^%«vixv^  ^^^^'^^^^'^^^^^ 


Miflcellen.  623 

ΗΛ.    καΐ  τήσο'  Ακουσον  λοίσθιου  βοής,  τΓάτβρ* 
ibiuv  νεοσσούς  τούσό'  έψημένους  τάφψ 
oucTctpe  θήλϋν  αρσενός  θ'  όμου  γοον, 
κα\  μή  'εαλείψι^ς  σπέρμα  ΤΤβλοπιόών  τόόε. 

ΟΡ.    οδτω  γαρ  ου  τίθνηκας  ούοέ  περ  θανών 
παι5ες  γάρ  dvbpl  κληοόνος  σιυτήριοι 
θανόνη,  φελλοί  b'  &ς  αγουσι  όικτυον 
τόν  έκ  βυθού  κλωστήρα  σώζοντες  λίνου. 

ΗΛ•    άκου'  (άτέρ  σου  τοιάο'  ίστ   δούρματα), 
αυτός  bk  σψΖε  τόνοε  τιμήσας  λόγον 
τίμημα  τύμβου  τής  όνοιμώκτου  τύχης. 

ΧΟ.    κα\  μήν  άμεμφή  τόνο'  έτεινάτην  λόγον 
τά  b*  αλλ',  έπεtbή  bpäv  κατώρθιυσαι  φρενΐ, 
£pbotς  Αν  ήbη  bαίμovoς  πειρώμενος. 

Die  Symmetrie  des  gemeinsamen  Gebetes  ist  nnn  folgende: 
Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or.  El.  Or.  El. 

2233111111113443 

Münster.  J.  M.  Stahl. 


Theopomp. 

Als  Theopomp,  der  Oeschichtschreiber,  in  seine  Heimath 
plios  zurückkehrte,  τήν  ^άθobov  ΆλεEάvbpoυ  του  Mακεbόvu)V 
Β€ΜΤΐλίως  bi'  έτηστολών  τών  προς  τους  Χίους  καταπρα^αμένου, 
^ar  er  45  Jahre  alt.  So  berichtet  (nach  einem 'λέγεταΓ  [Z.20], 
Φμ  doch  wohl  auf  eigene  Aussagen  des  Theopomp  zurückging) 
t'hotius,  BM.  120  b,  23  ff. 

Solche  Briefe  und  Befehle  konnte  Alexander  an  die  Bürger 
Von  Chios  nicht  wohl  richten,  bevor  Chios  den  makedonisch-grie- 
chieohen  Waffen  endgiltig  zugefallen  war.  Chios  muss,  wie  die 
meisten  Staaten  der  Küste,  nach  der  Schlacht  am  Granikos  sich 
von  Persien  unabhängig  gemacht  haben.  Denn  Memnon  nahm 
die  Stadt  erst  wieder  ein,  πpoboσί(jl  έvboθεtσαv  (Arrian.  αψκώ. 
II  1,  1).  Das  war  im  Anfang  des  J.  333  (Diodor.  17,  29,  2). 
Chios  blieb  dann  in  den  Händen  der  Perser  und  ihrer  einheimi- 
schen Parteigenossen  (Apollonides  u.  Α.),  bis  Hegelocbos,  der 
makedonische  Nauarch,  von  den  Demokraten  gerufen,  die  Stadt 
befreite  (Curtius  IV  5,  15 — 18).  Dies  geschah  etwa  im  Angust 
332  (Curtius  erzählt  es  zwischen  der  Einnahme  von  Tyrus  und 
dem  Beginn  der  Belagerung  von  Gaza).  Hegelochos  selbst  kam 
nach  Aegypten,  um  dem  Alexander  die  Einnahme  zu  melden 
(Arrian.  III  2,  3 — 5),  vor  dessen  Zug  zum  Ammonsorakel,  also 
gegen  Ende  332. 

In  diese  Zeit  wird   einer  jener  Briefe   Alexanders    an   den 
bήμoς  von  Chios  fallen,  von  dem  vor  kurzem  eine  Copie  aufge- 
funden worden  ist   (herausgegeben  'Λθτ\να  1^%^  ^«^N  ^'«'«sä^ss^ 
JRetwe  de  phOdogie  1893  p.  188).    Der  Bmi  \%\.  ^^äOcltv^vcl  \a^v 
etwa  334,  nach  der  ersten  Befreiung  der  θ\Αλν.  noü^^x^v^^v^  %w^• 


624  Mieoellen. 

dem,  da  in  ihm  von  den  προϊόντες  τοις  βαρβάροις  τήν  πόλιν  die 
Rede  ist,  nach  jener  προοθ(Τία  die  dem  Memnon  Chios  in  die  Binde 
gespielt  hatte  (Arrian.  II  1,  1).  Also  nach  der  Wiederhefreinng 
durch  Hegelochos.  Aber  bald  darnach,  und  vor  der  nach  Mem- 
phis an  Alexander  abgeordneten  G-esandtschaft,  durch  welche  die 
Chier  sich  über  die  makedonische  Besatzung  in  ihrer  Stadt  be- 
klagten, und  ihren  Wunsch,  d.  h.  den  Abzug  der  Besatzung  ge- 
währt sahen  (Curt.  IV  8, 12)^.  In  dem  Briefe  wird  ihnen  eben  jene 
Besatzung  erst  auferlegt.  Diese  Gesandtschaft  (Arrian.  III  5, 1) 
empfing  Alexander  in  Memphis,  kurz  bevor  er  &μα  τψ  ήρι  ύττο- 
φαΐνονη  (Arr.  III  6,  1),  im  Beginn  des  Frühjahre  331,  nach 
Phoenicien  aufbrach.  Der  uns  erhaltene  Brief  fällt  also  in  das 
letzte  Drittel  des  Jahres  332. 

Der  Brief  nun  enthält  unter  anderen,  knapp  und  klar  nm- 
schriebenen  Bestimmungen  des  Königs  auch  diese :  τους  φυτάοαζ 
τους  έκ  Χίου  κατιέναι  πάντας.  Nothwendigerweise  ist  unter 
diesen  φυγάδες  auch  Theopomp  mitbegriffen  zu  denken.  Er  kehrte 
also  Ende  332  aus  der  Verbannung  nach  Chios  zurück.  Und 
wenn  er  damals  45  Jahre  alt  war,  so  fällt  seine  Geburt  in  das 
J.  3762. 

Um  so  mehr  gilt  das,  was  im  Bkein,  Mus.  48,  115  von  dem 
persönlichen  Yerhältniss  des  Theopomp  zu  Antisthenes  gesagt  ist 

Zu  PartheBius. 

Cap.  36  extr.  Nach  dem  Tode  des  Rhesos  zog  sich  Ar- 
ganthone  zurück  €ΐς  τον  τόπον,  ένθα  έμίγη  πρώτον  αύτψ,  και 
π€ρι  αυτόν  άλιυμενη  θαμά  έβόα  τουνομα  του  Τήσου  *  τέλος  ^^ 
είτα  και  ποταμψ  προσιεμενη  bia  λύπην  έΗ  άνθρώποίν 
απηλλάγη.  —  Dass  τέλος  bk  είτα  sich  nicht  neben  einander  ver- 
trägt, ποταμψ  προςιεμένη  überhaupt  sinnlos  ist,  liegt  auf  der 
Hand.  Man  hilft  sich,  indem  man  das  εΤτα  entweder  streicht 
(Heyne)  oder  ändert  (έκτακεϊσα,  oder  statt  είτα  και :  έτάκη  Jacobs; 
άπείπα(Τα  και  Meineke ;  Οϊγα  Hercher)  und  das  προοιεμε'νη  magno 
conseneu  in :  προΟημένη  verwandelt.  Das  sind  Verlegenheitsaus- 
künfte,  durch  die  nicht  einmal  der  erforderliche  Sinn  hergestellt 
wird.     Warum    sollte   sich    wohl  Arganthone    ^  an    einen  Fluss 


1  Auch  Arrian.  III  5, 1  sagt  von  den  damals  in  Memphis  empfan- 
genen griechischen  πρεσβ€ΐαι,  von  denen  die  chiische  eine  war:  κοί 
ούκ  ίατχν  οντινα  άτυχήσαντα  ών  έδεΐτο  άττέττεμψεν  (Alexander).  Die 
φυλακή  war,  wie  der  Brief  bestimmt,  nur  so  lange  μέχρι  αν  διαλλαγυϋσι 
Χϊοι  (die  aus  der  Verbannung  Heimgekehrten  und  die  schon  Anwesen- 
den) nach  Chios  gelegt  worden.  Dieser  Zeitpunkt  mochte  nun  einge- 
treten zu  sein  scheinen  (wiewohl  ja  in  Wahrheit  von  Fortdauer  der 
Zwistigkeiten  manches,  was  wir  von  Theopomps  fernerem  Verhalten 
auf  Chios  wissen,  Kunde  giebt);  und  so  konnte  die  Besatzung  zurück- 
gezogen werden. 

2  Die  Verbannung  dea  Vaters  Ιπ\  λακωνισμφ  άλόντος    die  Theo- 
pomp theilte  (Phot.)  wird  in.  ολ^7ι«λ\*  -l^nSsOcv^^  \««i  kWi.\vl\isa  des  zwei- 
ten Seebundes  (377)  und  dem  Be^mti  d^^  ^\vcvd^^5i,<5,\iCi^^^\^\^^  V^\\ 
fallen,  näher  vermuthUcVi  dem  gt^Kätv  ^\^  dam  -l^^vV^tv  T.^x\.^g^AiV\fc. 


Miscellen.  625 

gesetzt  haben,  wenn  sie  sterben  wollte?  Mindestens  den  Flnss, 
in  dem  Ebesos  gefallen  war  und  der,  wie  Parthenias  vorher  be- 
•ichtet  hat,  νυν  άττ*  εκείνου  *  Ρήσος  καλείται,  forderte  Haupt 
[dem  Herüber  folgte),  der  darum  das  ohnebin  neben  ποταμώ  störende 
cai  recht  gewaltsam  in  τψ  veränderte  (τέλος  bi  (Τΐγα  τφ  ποταμψ 
τροΟΥΐμένη).  Sie  beschliesst  also  zu  sterben  am  Ufer  dieses  omi- 
το86η  Flusses.  Sentimental  genug;  aber  praktisch  unausführbar. 
iener  Fluss  liegt  ja  in  der  Troas  (*Ρήσός  θ'  Έπτάπορός  τε  κτλ. 
η.  12^  20);  Arganthone  ist  vielmehr  (wie  am  Anfang  des  Capi- 
;el8  erzählt  wird)  in  der  Gegend  von  Eios,  weit  entfernt  von 
Troja;  dort  έμίγη  tuj  ^Ρή(Τψ;  und  wollte  sie  auch  auswandern 
lach  Troas  (wovon  nichts  gesagt  ist),  so  konnte  sie  doch,  mitten 
im  Kriegsgetümmel,  sich  an  dem  Flusse  Rhesos  nicht  so  einfach 
3tabliren,  um  dort  den  Tod  abzuwarten*  Natürlich  ist  auch  Ar- 
ganthone, die  eponyme  Heroi'ne  der  Gegend  am  Arganthonion  (bei 
Kios),  hübsch  daheim  und  nicht  irgendwo  auf  Reisen  Todes  ver- 
blichen. — 

Will  man  das  Ursprüngliche  herstellen,  so  wird  man  vor 
allem  das  unanstössige  προςιεμένη  schonen  und  das  unbrauchbare: 
ττοταμψ  beseitigen  müssen.  Parthenius  hat,  meine  ich,  geschrie- 
ben: τέλος  bi  σϊτα  και  ποτά  μή  προςιεμίνη  οιά  λύττην  ii 
όνθρώτηυν  άττηλλάγη. 

Γη  ihrem  Schmerze  nimmt  Α.  Speise  und  Trank  nicht  an, 
und  stirbt.  Ans  TTOTAMH  musste  ποταμώι  gemacht  werden,  als 
die  scriptura  continua  in  einzelne  Wörter  zertrennt,  die  Trennung 
und  Verbindung  aber  (wie  so  oft)  unrichtig  ausgeführt  wurde, 
μή  beim  Participium  in  nicht  hypothetischer  Verneinung,  statt  ού, 
ist  ja  den  meisten  Späteren  sehr  geläufig ;  auch  Parthenius  redet  so : 
Όδυσσέως  τότε  μή  παρόντος  155,  7  (Westerm.);  μή  οηλών 
τοδνομα  157,  5;  μή  προέιδόμενος  157,  14;  μηοέν  ίχιυν  δ  τι 
ποιή  154,  1. 

Heidelberg.  Erwin  Rohde. 


Γλώεεαι. 
Codex  Marc.  gr.  433  (membr.  saec.  XIII.  foll.  237)  lexica 
sive  e  lexicis  excerpta  continet  fol.  56 — 67.  foliorum  ordo  mu^ 
tatus  est;  nam  quae  nunc  media  inter  Syriani  in  Hermogenem 
commentaria  posita  sunt,  quondam  finem  efiiciebant,.ita  ut  ultima 
essent  codicis  folia  56—59  antecedente  eum  duernionem  quater- 
nione  ultimo  f.  60—67.  leguntur  f.  60  r— 63  ν  λέΕειε  τών  Φι- 
λιππικών  Δημοεθένουο,  63  ν— 65  r  λέΗειε  ^ητορικαί,  65  r— 65  ν 
Xiiexc  τών  ευμβουλευτικών  Δημοεθένουε;  tum  f.  65  ν,  66,  67, 
56,  57  λέεειε  κατά  ετοιχεΐον  πάεηε  δίκηε  κατά  τούε  νόμουε  τών 
*  Αθηναίων  καΐ  άλλαι  κοιναι  καταχρηετικώε  κείμεναι*.    sequitur 

*  Inc.  άποπομπεΐα,  expl.  ψβυδομαρτυριών  δταν  δικάΖωντοι  δτι 
αδίκως  καταμαρτυροΟνται ;  cf.  Bekkeri  Anecd.  gr.  Ι  183  sq.  —  Codes 
Marc,  a  Bekkeri  textu  saepius  valde  distat;  ut  a.  v.  o^^coivcc  le^itvit 
Xaplaoc  (pro  Χάρηή  iv  τφ  κατά  ΔιΟνυενον),  β^ήι^\\ΛΑ  ^>>sfc!i^v^^  ^  *^* 

BheiD.  Hub.  f,  PbHoL  Ν.  Γ.  Χ Ι  IX.  ^^ 


626  Miscellen. 

spatio  non  intermieso  omiesa  supersoriptione  brevis  gloseanim  eol' 
lectio,  qaaram  pars  etiam  ab  Heeycbio  Suida  aliis  servmta  es't* 
pars  aut  valde  ab  illis  est  diverea  aut  prorsas  nova.  ordinie 
caiusdam  litteraram  servata  sunt  veetigia  (per  quattaor  plenun.- 
que  aat  tres  aut  qainqiie  gloesae,  4 — 8,  9 — 11,  15 — 18,  20—22, 
24—26,  27—30,  33—37,  44—49,  50—63,  54—57,  59—62).  & 
ceterie  difiPert  38  (cf.  1),  etiam  magis  diversae  sunt  64  et  65 ; 
nee  inter  nltimas  tree  praeter  67  nlla  facit  aceurate  cum  iis,  qnie 
praecedunt  quod  attinet  ad  verboram  initia,  tredeoim  *tantam 
alpbabeti  litterae  oecarrunt:  incipinnt  a  litterie  α  3  gloeeae,  T^^« 
b  7,  €  1,  i  4,  κ  6  (8?),  μ  15,  ν  1,  π  1,  ρ  1,  c  10,  τ  5,  χ  1. 

In  textum  emendationee  non  reoepi,  ne  accentna  qnidem  oor- 
rigendos  censebam.  anctores,  qui  eimilia  praebent,  nominayi. 

1  τήν  τρύχνον  τήν  πόαν,  θηλυκακ:.    Et.  Μ.,  Phot.,  Snidl- 
2  τρύδ  •  τό  γλευκοο  καΐ  ή  ύποοτάθμη.  Phot.  (Ηββ.).     3  πιόφθαΚ.- 
μ    άγαλμα,  παίγνιον.      4  γλήνεα*    ποικίλα   (Et  Μ.,  Ηββ.). 
5  γλήνοο"  φάοο.  Hes.     6  γλήνη  •  ανθη  ώρια.    7τλιαταΓ  άγαπ^» 
παίΖει.   Hee.  (Et.  Μ. :  γλιώοαΓ    τό  παΐίειν).     8  γλοιοί*  ^unoci. 
cf.  Hes.      9    ϊλλον   πλάγιον,  οτόμβον.      10    Ιλλίαο*  crpcßX^^• 
Ι  fol.  58r  Ι  ΙΙΙλλύπτεΓ  οτραβίΖει,  έμβλέπει,  έπικαταμύει.  cf.E»^ 
Phot.      12   είλεόο*  οτρόφοο.  Hes.      13    νωγαλέον  καπυρον  νΟ^ 
καρχάεμα.     14  κοίμημα*  öirvoc.     15  μιυλήοεται '  μαχήοεταί  Hee^ 
cf.  Et.  Μ.     16  μώλιυψ•  ουλή.  (Et.  Μ.,  Hee.,  Phot.,  Said.)     17  μυι^ 
λύνεται*  μαραίνεται.    18  μώλυ'  ßpabu.      19  άλκιμον*  μάχιμον. 
Hes.     20  μώλακα '    T^voc  οϊνου,  οΐ  δέ  τόν  γλυκύν,  οΐ  6έ  τρο- 
φήν  &μα.  (Hes.).    21  μωμητόε  *  aicxpoc.    22  μώνυΕ  '  μίαν  όπλί|ν 
ίχιυν,  μώνυχοο.  Hes.     23  οχοϊνοο*  έν  φ  γράφουα.     24  μώρον* 
ήλίθιον,  οεινόν,  αμβλύ,   φοβερόν.  cf.  Hee.     25   μιυτ^*    ματ€ύ€ΐ, 
ίητεϊ.  cf.  Hes.      26  μώρυ*  όΗύ,  δριμύ.      27  dpa"  παρθένος  με- 
γάλη.    28  dvic  κακούργος.  Hes.     29  είπαλοε*    βλοευρόε.  Hee. 
30  οείραιον  *  άπόθετον,  άπό  τών  ειρών.  (cf.  Said.).     3 1  ^όφημ«' 
οιά  γάλακτοε  έψηθέν,    έ£  οίνου  γεγονόε.      32    αμναμοε*  υΙου 
υιόε,  έκγονοε.  cf.  Hes.     33  μόχθοε*  πόνοε.  Ηββ.     34  μοχθηρόν 
κακόν.  Phot.,  Said.     3δ  μΟοοε'  άκαθαρεία.      36    μορμολυκεΐον' 
προεωπεΐον  ύποκριτου.  Suid.    (Et.  Μ.,   Hes.,    Phot.,  Poll.  II  47 
et    IV  115).      37   μόλυρα*  χαριετά.  cf.  Hee.      38  τήν  τρύχνον 

b 
και  τό  τρύχνον  ου.     39  τε'ρετρον'   τρύπανον.    Apoll,  lex.,  Et. 
Μ.,  Hea.,  Phot,  Said.,  schol.  Od.  ε  246.     40  χελύνη'  χεϊλοε.  cf. 
Et.  Μ.,  Hes.  Suid.      41   τηθαλαοουε*    γυναικοτραφήε,  ήγμίνοο. 
cf.  Et.  Μ.,  Hes.,  Phot.,  Suid.,  Bekk.  Anecd.  I  65,  30,    Poll.  UI 20. 

3  fers,  emendandi  viam  monstret  Et.  M.:  γλήνην  κόρην,  οψιν» 
όφθαλμόν,  παίγνιον;  cf.  Hes.  7  άπατ^  Hes.  8  γλοιόο*  ρύη(Κ  et 
γλοιόο  •  ί)υπαρό€  (s.  ν.  ΐλκα  *  γλοιΟ€,  ί)ύπο€)  Hes.  (cf.  Suid.)  9  et  10  cf- 
Hes.:  IXXoc  cxpeßXoc,  CTpaßoc,  διβοτραμμένοο.  id.  IXXic*  ετρεβλή,  δΐ€• 
οτραμμένη.  Phot.:  Τλλον  crpcßXov,  crpaßov.  Suid.:  Τλλον*  crpcßXov^ 
CTpaßov,  ή  τυφλόν.  Π  1λλώπτ€ΐ  scrib.  13  Suid.  νωγαλίον,  cui  verbo 
DÜ  addit  IT  μωλύ^ιν  —  μα^αίΝ^νν  Bekk.  Anecd.  I  52,  7  22  -Ιχων 
μονώνυχοο  Hes.  25  ματ€()^\  «iX  yxacTevitx  twT.  ^  ^\.>^sä.  «ά^α*  Πάρ- 
θοι μ€γάλα(?)        iiO  cexpviiv  am\>.       ^i'i  U^^nc^c,  t  ^xx.     Yv  iir^iv^x^^ 

Bcrib.t  cf.  lies. 


Miscellen.  627 

2  ϊ>ρυπολουμεν '  SuXoic  πολιορκοΟμεν,  οΤον  κακοηθιΖόμεθα,  άπό 
r\c  τταροιμ(αε  ταύτηο  *δλλην  bpOv  βαλάνιίε'  (cf.  Suid.  β,  ν.  bpu- 
K))lciv  et  8.  ν.  δλλην  bpOv  βαλ•).  43  ϊοθμιον  τό  περιοτόμιον 
:οδ  <ρρέατο€.  Ηββ.,  Moer.,  Phot.,  Suid.  44  δρυττεπήο'  6  έπΙ  τψ 
(^%ρψ  KapTTOc  δ  ήδη  πεπανθείο.  of.  Snid.  45  ορύψελα'  δρυών 
^^οΑα.  ctHee.  46  ορυόχοΓ  έφ'  ών  τροπιο  Τεταται.  of.  £t.M., 
•AoL  Od.  υ  574.  47  δρυοπαγήο "  cxöXoc  bpuivoc.  cf.  Hes. 
tö  &ρυφάΖειν'  άμυχαί  49  ορυφόμενοΓ  καταφθειρόμενοι.  cf. 
Hea.  50  κευθμΟ€'  ποιμήν.  Hee.  51  κεΟθρον*  πονηρόν.  52  κέρ- 
^Q*  θρύεμα.  Hee.  58  κερματί^ειν'  τό  εΐ€  μικρά  καταλλά€εειν. 
//oL  58  γ  Ι  54  γορυθοβροι  δπου  τά  φυτά  έμβάλλεται.  (cf.  Enstath. 
Ρ•  1864).  55  γύροο*  δρυγμα,  κοίτη,  κατάδυαε.  56  γυρόε*  κυρ- 
ϊ"0€,  κυκλοεώήε,  ετρογγύλοε.  cf.  Et.  Μ.,  Hee.,  Suid.  schol.  Od. 
'  246.  57  γύρινοε•  βατράχου  γέννα  ή  μήτπυ  ττόοαε  ίχουεα, 
^άτραχοε.  of.  Et.  Μ.,  Hee.,  Said.  58  άμαλλεΐον*  δ  τών  afxap- 
Μ)ώιν  δεεμόε.  of.  Et.  Μ.,  Hes.  59  Σηράγγων '  τόποε  τήε  Άτ- 
xif^  παράλιοε,  άπό  Σηράγγου.  cf.  Harp.,  Phot,  Suid.,  Bekk. 
^11.301, 16.  60  εκυτάλαε*  δέλτουε,  έντολάε,  ττίνακαε,  άγγελίαε. 
F.  Et.  Μ.,  Hee.  61  εκυτάλη  •  εΤδοε  δφειυε.  Et.  Μ.,  Hes.  62  εκυ- 
Ολιεμόε*  νεωτεριεμδε,  διά  τόν  τρόπον.  63  κιραφεΐον  τό  κυ- 
^υτήριον.  Ήρώδιανόε  εκιραφεΐα.  cf.  Harp.,  Phot.,  Poll.  IX  96, 
'^d.  64  προεφιυνηεειε  •  ατπτα,  πάππα,  ομμά,  τ^ττα,  άττα.  cf. 
^Tietopb.  Byz.  ρ.  151  Nauck.  65  ηλικιών  όνομαείαΓ  βρέφοε  μέν 
Cn  το  άρτιγενέε,  παιδίον  τό  τρεφόμενον  ύπό  τήε  τιθήε,  παι- 
fSpiov  τό  περιπατούν  ήδη  και  τίτ|ε  λέΕειυε  άντιλαμβανόμενον, 
^οιδίεκοε  bk  δ  έν  τή  έχομίνη  ήλικίί?,  παΐε  δέ  δ  διά  τών  έγκυ. 
>ίων  μαθημάτων  ήδη  δυνάμενοε  Ιέναι.  Arietopb.  Byz.  ρ.  88  sq. 
'6  τ^ώλοφον  τψ  τόνψ  ώε  γεώνυμον.  67  κιεεύβιον  ποτήριον. 
Υρηται  δέ  παρά  τό  χεϊεθαι  έν  αύτψ  τό  πίνειν,  χιεύπιόν  τι  δν. 
f.  Athen.  XI  476  f.  sq.,  Apoll,  lex.,  Et.  M..  Hee.,  Phot.,  Said., 
choL  Od.  ι  346.  68  γλύφανον  πεποίηται  από  τοΟ  γλύφω  γλυ• 
Μίνον  ώε  τήκω  τήκανον. 

HaDnoverae.  Hugo  Rabe. 

46  τροπίο,  π  corr.  48  num  άμύ&ιι?  (Hes.  δρυψή'  αμυχή,  κατα- 
υεμή)  50  πυθμήν  Hes.  52  θραΟεμα  scrib.,  of.  Hes.  54  scrib. 
ΟροΓ  βόθροι,  δτΓου  — ;  cf.  Et.  Μ.  γυρόε*  —  καΐ  βόθροε.  58  άμάλ- 
ιον  scrib.  59  ςηράγγιον,   ρ  ex  γ         67  —  παρά   τό  κεχύοθοι  de 

dnö  τόν  otvov,  otov  χύω,  χύειυ,  χϋοίβιον  καΐ  Kiccußiov  Et.  Μ. ;  cf.  schol. 
id.     63  of.  Lenz,  Herod.  1 375,  25. 


Zur  Datirnng  der  Halle  der  Athener  zu  Delphi. 

.  TJ.  Köhler  hat  im  46.  Bande  dieser  Zeitschrift  (S.  1  ff.) 
iberzengend  nachgewiesen,  dass  die  Stoa  der  Athener  zu  Delphi 
kue  epigraphisoben  Gründen  (Verwendung  des  φ  in  der  Weihe- 
lufBohrift)  jedenfalls  nicht  mit  Haussonllier,  Dittenberger  nnd 
Sicke  als  wegen  des  Sieges  über  die  aiginetische  Flotte  im 
Γ.  460/59  errichtet  angesetzt  werden  darf,  —  aber  eben  so  wenig 
IT^ahrscheinlichkeit  aus  historischen  Gründen  dem  Ansätze  Eoehls 
ind  DuDckere  zukomme,  welche  die  ¥^tbau\m^  ÖÄt  "^^^  \ä.  ^>a 
^iaiBtratidenzmt  yerwiesen.     Wenn  er  4aim  Ee\bi&\.  wssäSko^^  \^^% 


628  Miecollen. 

die  in  der  Inechrift  erwähnten  ακρωτήρια  mit  dem  halb  inVer- 
gessenheit  gerathenen,  nach  Wiederaufnahme  des  aiginetischen 
Krieges  von  Athen  erfochtenen  Seesiege  zusammenhingen,  wenn 
er  den  Wiederausbruch  des  Kampfes  den  ersten  2 — 3  Jahren  nach 
der  Schlacht  bei  Marathon  zuwies  und  die  Schlussfolgerung  daran 
knüpfte:  ^dass  sich  in  der  monumentalen  Schrift  der  Athener  der 
TJebergang  von  der  älteren  (φ)  zur  jüngeren  (Q)  Form  des  Theta 
erst  nach  den  Perserkriegen  vollzogen  hat  (S.  8),  —  so  mnsste 
diesen  Ausführungen  so  lan^e  eine  hohe  Wahrscheinlichkeit  zu- 
gesprochen werden,  als  wir  nicht  durch  Monumente  oder  Inschrif- 
ten eines  anderen  belehrt  wurden. 

Dieser  Fall  ist  aber  jetzt  eingetreten.  Die  Aufdeckung  de« 
aus  der  Beute  der  Schlacht  bei  Marathon  (Paus.  X  11,  5)  ge- 
stifteten Schatzhauses  der  Athener  in  Delphi  hat  auch  die 
Reste  dieser  zweiten  attischen  Weihe-Inschrift  zu  Tage  gefordert, 
welche  nach  der  vorläufigen  Publication  im  Bullet,  d.  corr. 
hell.  XYII  p.  612  ^ unter  anderm'  Folgendes  enthält^: 

AOENAI  .  .  MAPA©  . . 

Der  hohe  Werth  dieser  Inschrift  liegt  in  ihrer  zweifel- 
los sicheren  Datirung  und  diese  läset  erkennen,  dass  wir 
jetzt  auch  für  die  noch  das  φ  verwendende  Stoa- Aufschrift 
zunächst  als  einen  unbezweifelbaren  tertninus  ante  quem  das  Jahr 
490  V.  Chr.  anzuerkennen  haben.  Hinzu  kommt  die  merkwürdige 
Gleichheit  der  Stellen,  an  denen  beide  Aufschriften  stehen;  die 
Stoa  trägt  die  ihre  auffallender  Weise  am  Stylobat  —  und  auch 
der  Thesauros  die  seine  eben  so  ungewöhnlich  auf  'einer  der  Stu- 
fe η  2.  Man  wird  bei  dieser  Sachlage  einfach  zuzugestehen  haben, 
dass  die  έίηβ  Inschrift  in  gewisser  Weise  das  Vorbild  der  andern 
gewesen  ist,  dass  auch  äusserlicli  eine  Art  Parallelität  beider  Bau- 
werke dücumentirt  werden  sollte  und  dass  dann  selbstverständlich 
die  Stoa  das  ältere,  der  Thesauros  das  jüngere  gewesen  sein  niuss. 

Mit  diesem  kurzen  Hinweis  auf  die  epigraphische  Wichtig- 
keit des  neuen  Fundes  muss  ich  mich  hier  um  so  mehr  begnügen, 
als  weder  die  vollständige  Inschrift  des  Thesauros  bisher  mitge* 
theilt  ist,  noch  auch  ein  genaues  Facsimile  vorliegt,  das  einen 
weiteren  Vergleich  einerseits  mit  der  Aufschrift  der  Stoa,  ande- 
rerseits mit  der  Weihe-Inschrift  des  jüngeren  Peisistratos  (CIA. 
IV373e)  ermöglicht.  Ehe  diese  Möglichkeit  aber  nicht  gewährt 
ist,  wäre  es  wenig  angebracht,  zu  untersuchen,  ob  die  Verbindung 
der  Stoa  mit  dem  Aeginetenkrieg  noch  aufrecht  erhalten  werden 
kann,  indem  man  diesen  mit  Herodot  (und  ßusolt)  doch  vor  die 
Schlacht  bei  Marathon  setzt,  und  ob  nicht  eine  so  enge  zeitliche*Zu• 


^  Die  bisherigen  Mittheilungen  beschränken  sich  auf  die  Worte: 
le  nom  de  TrSsor  des  Ätheniens  ...  est  aujourd'hui  confirme  par  des 
preuves  directes  et  demonstratives:  decrets  ätheniens  etc.  .  .  .,  frag- 
ments  de  la  dedicace  du  momtment  gravee  stir  nn  degre,  portant  entu 
autres  les  mots  A0EN  .  .  tAkPNci  .  .    ^»^X.  ^^SS^vä  ^U. 

-  Es  ist  sogar  kemesvi^^?.  •Α.λ3ι^^νΐΒ,0ϊ\\Ό^^^\\>  ^i"».^^  ^wä^^'  '^i'v.vÄt^  wR 

auch  der  Stylobat  eevn  köuü^. 


Misoellen.  629 

eammengehörigkeit  beider  Anfschrifteii   durch  ibre  epigrapbiecbe 
Beschaffenheit  anegeschloesen  wäre. 

Ebers walde.  H.  Pomtow. 


Zb  Martial  II  17. 
Tonstrix  Suburae  faucibus  sedei  prhnis 
Omenta  pendent  qua  flageUa  tortorum 
Argiqite  leium  multus  öbsidet  sutor, 

Dass  der  dritte  Vers  dem  zweiten  coordinirt  nnd  beide  von 
qua  abhängig  sind,  also  übersetzt  werden  mnss :  ^  Eine  Haarschnei- 
derin sitzt  am  Eingang  der  Subura,  wo  die  blatigen  Peitschen 
der  Folterer  hängen  nnd  wo  viele  Schnster  anf  dem  Argiletum 
sitzen'  wird  von  den  neuesten  Erklärern  mit  Recht  angenommen; 
auch  die  Nach  bärenhaft  von  Subura  und  Argiletum  wird  jetzt 
niemand  mehr  in  Zweifel  ziehen.  Nicht  ins  rechte  Licht  gestellt 
aber  ist  bisher  der  mittlere  Vers.  Jordan  (Hermes  IV  240) 
meint,  in  den  Schusterläden  seien  auch  Sklavenpeitschen  feil  ge- 
wesen, und  Friedländer  z.  d.  St.  acceptirt  dies.  Aber  cruenia 
für  Strafwerkzeuge,  die  ungebraucht  im  Laden  hingen,  wäre 
doch  eine  starke  Prolepse,  und  ein  Herr  oder  Sklavenvogt,  der 
solche  anwendet,  wird  dadurch  nicht  ohne  weiteres  zum  tor" 
tar.  Der  letztere  Ausdruck  ist  vielmehr  ganz  wörtlich  zu 
nehmen,  tortor  bezeichnet  (wie  auch  Mommsen  St.  R.  I  328 
Anm.  1  annimmt)  wirklich  den  Folterknecht:  woran  man  nicht 
hätte  zweifeln  können,  wenn  die  Topographie  der  von  Martial 
bezeichneten  Stadtgegend  nicht  bis  vor  kurzem  sehr  im  Dnnkeln 
gelegen  hätte.  Nun  hat  aber  Lanciani  (huJl.  comun.  1892,  19— 
37;  vgl.  meine  Bemerkung  dazu  Rom.  Mitth.  1893,  299  ff.),  ge- 
zeigt, dass  das  Lokal  der  Stadtpräfectur  am  nördlichen  Abhänge 
der  Carinae  (zwischen  Via  S.  Pietro  in  Vincoli,  V.  della  Polve- 
riera,  V.  del  Colosseo  und  V.  Cavour),  über  den  fattces  Suburae 
gelegen  war.  Unter  den  anderen  Pertinenzen  dieses  ausgedehnten 
Complexes  können  Lokale  für  Gefängnisse  und  für  das  peinliche 
Verhör  nicht  gefehlt  haben :  was  ausdrücklich  durch  Schilderungen 
der  Märtyrerakten  bezeugt  wird.  Aus  den  von  Jordan  Topogr. 
II  489  f.  gesammelten  Stellen  hebe  ich  eine  der  bezeichnendsten 
heraus,  die  aus  den  acta  SS.  Caloceri  et  Parthenii  (19.  Mai 
p.  301  f.) :  Tunc  Oecius  inUus  dixit  praefecto  suo  Libanio :  cras 
mane  in  secretario  tuo  diversis  crucientur  suppliciis^  si  sacrificare 
contempserint,  Libanitts  igitur  urbis  praefectus  sedens  in  Tellure 
in  secretario  iussit  eos  singillatim  intromitti  etc.  Das  tellurense 
[secreta]rium  wird  erwähnt  in  der  von  Lanciani  herausgegebenen, 
von  Mommsen  ergänzten  Inschrift  des  Stadtpräfekten  [?  Vale]riu8 
Bellicius  (bull.  comm.  1892  p.  31,  vgl.  Rom.  Mitth.  a.  a.  0.), 
die  im  Garten  von  S.  Pietro  in  Vincoli,  also  gerade  oberhalb 
der  primae  fauces  Suburae  gefunden  ist. 

Die  tonstrix  des  Martial  hat  also  ihreu  Svtx  *  x^x^Osätü  ^^-^ 
Schindern  und  den  Schustern ':    beide    topogTÄ.^\v\%^\i<&xi  ^^Ät^xsssiÄ 
ejnd  mit  boebafter  Α  bsichtlichkeit  gew'akU,    ökie^   noOsi  ^^TiS^^^"^ 


630  Miscellen. 

wird,  wenn  man  daran  denkt,  dass  das  scaUprumy  mit  welchem 
der  römische  Schubroacher  sein  Leder  bearbeitete,  dem  (sicbel- 
oder  mondförmigen)  antiken  Basiermeseer  sebr  viel  äbnlicber  8»h 
als  einem  modernen.  Das  Argiletnm  war  also  nocb  zu  Martials 
Zeiten  von  Handwerkern  oecupirt,  kann  daber  nicbt  ganz,  son- 
den  nur  in  seinem  westlicben,  dem  Forum  zunäcbst  gelegenen 
Tbeile  von  dem  Pracbtbau  des  Forum  Palladium  (später  Nerm) 
eingenommen  sein  (Lanciani  huü.  comun,  1890  S.  101). 

Mit  diesen  Scbustem  nun  bangt,  wie  längst  erkannt  ist,  ein 
öfter  genannter  Strassenname  zusammen,  der  des  Vtcus  Sonda' 
liarius,  welcber  einer  an  der  Strassenecke  stebenden  Apolloetatne 
den  Namen  des  Ap.  sandaliarius  gab.  Ausser  bei  Sueton  Aug.  57 
und  in  der  Notitia  reg.  lY  wird  der  Apollo  sandälicu^ius  nocb  in  einer 
neuerdings  auf  dem  Esquilin  gefundenen  Inscbrift  (buU.  conttm. 
1877  p.  162)  genannt.  Dass  der  A.  s,  populär  die  Bezeichnnog 
A.  tortor  (Sueton  Aug.  70,  wo  aber  die  Worte  quo  cognomine  is 
deu8  quadam  in  parte  urhis  colebatur  m.  Er.  Glossem  sind;  eine 
Cultusstatue  kann  der  mit  Marsyas  gruppirte  Apoll  scbwerlicli 
gewesen  sein)  gebabt  habe,  ist  eine  alte  (schon  von  Bader  z.  d. 
St.  geäusserte)  und  nicht  unwahrscheinliche  Yermutbung.  " 
Ausser  den  Schuhmachern  waren  im  vicus  sandaliarius  dieBnch- 
händler  zahlreich :  einen  Laden  erwähnt  Gellius  XYIII  4, 1> 
zwei  andere  Martial.  Der  Verleger  Secundus  hatte  seinen  Laden 
limina  post  Pacis  Palladiumque  forum  (I  2,  8),  gleichzeitig  aber 
unter  den  Argiletanae  iäbernae]  der  zweite,  Atrectus  (I  117) 
auch  am  Argiletum,  gegenüber  vom  ^ Forum  Caesari^^.  Unter 
letzterem  kann  nur  das  von  Domitian  begründete  forum  Minervac 
verstanden  werden :  gegenüber  dem  forum  lülium  gab  es  im  Jahre 
85/86,  wo  die  Prachtanlage  Domitians  schon  im  Wesentlichen 
fertig  gewesen  sein  muss,  keinen  Platz  mehr  für  eine  f^Aernd 
scriptis  posfibus  hinc  et  indc  totis.  Der  Vkus  sandaliarius  mag 
etwa  in  der  Bicbtung  der  modernen  Via  dell'  Colosseo  verlau- 
fen sein. 

Rom.  Ch.  Hülsen. 


Die  gallischen  Steuern  bei  Ammian. 

Amm.  XVI  5,  14 :  qtwd  profuerit  anhelantibus  extrema  p€- 
nuria  GalliSj    hinc  maxinie  claretj    quod  primiius   partes    eas  in- 
gressus  pro  capitulis  singuUs  trihuti  nomine  vicenos  quinos  aureos 
repperit  flagitari,  discedens  vero  septenos  tantum  munera  umversa 
conplentes,     Dass  für  die  Einheit  der  Steuer berechnung  ein  Name 
neben  vielen  anderen  Caput  war,  ist  wohl  bekannt.    Speciell  für 
Gallien  bezeugen  es  Eumen.  paneg.  VIII  11.  12  und  Apoll.  Sid. 
carm.  XIII  20,    um    von    den    unzählbaren  Belegstellen   für  das 
übrige  Eeich    ganz    zu  schweigen.      Schon   Accursius    bat    daher 
capitibus  für  capitulis  conjicirt,  und  diese  Lesung  ist,  soweit  meine 
Kenntniss  reicht,  von  βλΐ^τν  ^^«X^t^\i  vivdereijrucbslos  angenommen 
worden.     Doch  so  \)eeUc\\e^TväL  ^\^  k^w^^wjAi^  \^V   ^"β.  ^t^  ^ich 
aeigen,  dass  sie  einen  ς^η?.  uTvmvi^W^V^^  '^^:«^^  ^^%^^.« 


Miscellen.  631 

Zan&chst  ist  eobon  aaBTällig,  daee  die  Höbe  der  Steuer  in 
Goldstücken  bereclmet  wird;  denn  erhoben  wurde  sie  in  Natara- 
lien  und  dem  entepreobend  beim  Getreide  in  modii,  beim  Wein  in 
sextarü  aoegesobrieben.  So  wird  der  Inhalt  eines  Gesetzes,  durcb 
welches  Valens  die  Leistung  herabsetzte,  von  Themistius  (or.  VIII 
113  b)  in  folgenden  Worten  ansgedrückt:  λειτουργήσεις  έλάττους 
τόαους  καΐ  τόσους  μεδίμνους  κα\  οίνου  κοτύλας,  nnd  etwas 
weiter  nnten  gibt  er  an,  die  früheren  Steoererhöhnngen  hätten 
κατά  χοίνικα,  also  gleichfalls  nach  Hoblmaassen,  stattgefunden. 
Sine  ägyptische  Stenerqaittung,  welche  Wessely  (XXII.  Jabresber. 
d.  k.  k.  Staatsgymn.  III.  Bezirk  in  Wien  1890/91  S.  11)  in  der 
TJebersetznng  mitgetheilt  hat,  bescheinigt  den  Empfang  von  800 
Sextaren  Wein,  nnd  eine  afrikanische  Urkunde  (£phem.  epigr.  Υ 
8.  629)  zeigt  uns  sogar  die  Sportein  nach  modii  trüici  bestimmt. 
Danaoh  würden  wir  auch  bei  Ammian  madios  für  aureos  erwar- 
ten müssen;  das  letztere  lässt  sich  nur  unter  der  Voraussetzung 
aafreobt  erhalten,  dass  der  Historiker  oder  seine  Quelle  den 
Werth  der  Naturalleistung  in  Geld  umgerechnet  hat. 

Zur  Zeit  des  Kaisers  Julian,  von  dem  in  unserer  Stelle  die 
£ede  ist,  war  inAntiochia  ein  Solidus  (=  12,69  M.)  für  10  Modii 
Weizen  ein  hoher  Preis,  dagegen  für  15  Modii  ein  so  wohlfeiler,  wie 
er  seit  Menschengedenken  nicht  dagewesen  war  (Julian.  Misop. 
869  B.  D).  Setzen  wir  danach  Vis  Solidus  als  Durchschnittspreis 
fULr  den  Modius  an,  so  würden  die  25  Solidi  Ammians  ungefähr 
als  gleichbedeutend  mit  300  Modii  Getreide  oder  einer  entspre- 
chenden Menge  Wein  zu  betrachten  sein. 

Dass    das  Caput   einen   gleichen   Steuerwerth   repräsentirte 
wie  das  Jugum,    steht  unumstösslich    fest.      In  Ackerland    mass 
dieses  letztere  nach   dem  syrischen  Rechtsbuche  (§  121)    20,  40 
oder  60  Jugera,  je  nach  der  Güte  des  Bodens.     Columella  rech- 
net auf   ein  Jugerum   von  mittlerer   Güte    bei  Weizen    5  Modii 
Aussaat  (II  9,  1)  und  gibt  an,    dass   das  vierte  Korn  schon  für 
ein  sehr  günstiges  Resultat  der  Erndte  gelte  (III  3,  4).     Nehmen 
wir  dies  als  Normalertrag  der  ersten  Sorte  Ackerland  an,  so  er- 
geben sich  für  das  Jugum  von   20  Jugera   jährlich    400  Modii. 
Davon  ist  das  Saatkorn  mit  100  Modii  abzuziehen,  und  von  dem 
Rest  muss  mindestens  die  Hälfte   auf  die  Produktionskosten  ge- 
rechnet werden.     Mithin  bleiben  als  Reinertrag  150  Modii  übrig, 
also  nur  die  Hälfte  von  dem,    was   nach    der  hergebrachten  Le- 
sung des  Ammian  die  Steuer  betragen  hat. 

Auch  wenn  wir  den  Bruttoertrag  von  20  Modii  auf  das 
Jugerum,  obgleich  ihn  Columella  als  einen  sehr  hohen  bezeichnet, 
für  die  zweite  Sorte  Ackerland  in  Anspruch  nehmen,  bleibt  das 
Ergebniss  kaum  minder  unmöglich.  Wir  erhielten  dann  vom  Ju- 
gum eine  £mdte  von  800  Modii;  davon  gingen  200  für  das  Saat- 
korn ab,  300  für  die  Productionskosten,  die  bei  der  doppelten 
Ausdehnung  der  bebauten  Fläche  natürlich  auf  das  Doppelte  stei- 
gen müssen.  Oer  Reinertrag  wäre  a\%o  ^00  "äq^yv^  %^\ää.  ^^ 
rielf  wie  die  ADgebliche  Steuer,  so  daaa  iüi  ^«ä  ^^\«^ÄXi^'®^.iÄ^ 
and  seine  Colonen  nicht  ein   Korn  \i\)r\g  \)\\^\>^• 


632  Miscellen. 

Man  könnte  erwiedern,  dass  der  Umfang  des  Jngum,  wel- 
chen das  eyriecbe  Rechtebach  angibt,    vielleicht    nur    für  Syrien 
Geltang  habe,  und  folglich  das  gallische  Caput  einen  viel  höhe- 
ren Werth  repräsentiren  könne.     Aber  selbst  wenn  wir  diese  Mög- 
lichkeit zugeben,    lässt  sich  die  Steuersumme  des  Ammian  nicht 
aufrecht  erhalten.      Die  Stadt  Augustodunum    besteuerte    32,000 
Capita  und  nach  den  Resultaten  des  Census  war  gegen  diese  Zahl 
gar  nichts  einzuwenden  (Eumen.  paneg.  VIII  5.  6) ;  es  war  reine 
Gnade,    wenn  Constantin    7000  Capita  befreite  (a.  0.   11).    War 
die  Höhe  der  Steuer  25  Solidi  für  das  Caput,  so  hätte  die  Stadt 
vor  jenem  Erlass  eine  Summe  zu  erlegen  gehabt,  die  in  unserem 
Gelde  IOV2  Millionen  Mark  betrüge,  nach  demselben  noch  immer 
mehr    als    8  Millionen   Mark.      Nach    der    Bestimmung    Caesare 
wurde  von  ganz  Gallien  ein  Tribut  von  40  Millionen    Seeterzen, 
d.  h.    9  Millionen  Mark,   jährlich    erhoben    (Eutrop.  VI    17,  3). 
Und  zur  Zeit  des  Constantius,  nachdem  das  Land  durch  Bürger- 
kriege und  Barbareneinfälle  furchtbar  gelitten  hatte,    sollte  eine 
einzige  Stadt  dieses  weiten  Gebietes,  die  nicht  einmal  zu  den  be- 
deutendsten gehörte,   beinahe  die  gleiche  Summe  gezahlt  hahen? 

Die  übliche  Lesung  des  Ammian  ist  also  durchaus  unhalt- 
bar. Will  man  mit  Aocursius  capitibus  für  capitulis  schreihen, 
so  muss  man  sich  auch  entschliessen,  aureos  in  modios  oder  in 
argenteos  zu  ändern,  und  ich  glaube  kaum,  dass  irgend  einem 
Philologen  diese  Doppelconjectur  einleuchten  wird.  Den  über- 
lieferten Text  verstehe  ich  allerdings  auch  nicht;  denn  meines 
Wissens  kommt  das  Wort  capitulum  sonst  nirgends  in  einer  Be- 
deutung vor,  welche  in  den  hier  geforderten  Sinn  passen  würde. 
Doch  da  im  Steuerwesen  beinahe  für  jede  Diöcese  sich  charak- 
teristische Besonderheiten  nachweisen  lassen,  so  ist  es  sehr  wohl 
möglich,  dass  man  in  Gallien  mehrere  Capita,  etwa  zehn  oder 
zwölf,  zu  einer  grösseren  Rechnungseinheit  zusammenfasste,  die 
den  Namen  capitulum  führte.  Für  eine  solche  \vürde  der  Steuer- 
satz von  25  Solidi  immer  noch  sehr  hoch,  aber  doch  denkbar 
sein,  für  das  gewöhnliche  Caput  ist  er  es  nicht.  Jedenfalls  kennen 
wir  die  Staats-  und  verwaltungsrechtliche  Terminologie  des  vier- 
ten Jahrhunderts  noch  viel  zu  wenig,  um  ein  Wort,  das  in  diesen 
Kreis  gehört,  nur  deshalb  durch  Conjectur  zu  ändern,  weil  es 
uns  unverständlich  ist. 

Greifswald.  Otto  Seeck. 


Verantwortlicher  Rodacteur:  Hermann  Hau  in  Ιίοπη. 

(1Γ).  Oktober  181)4) 


üuWcreität^*-BxvcA\CLt\\<iY^tfe\  ^otv  C.m\  ^fcw%\  Vcv  ^vjtqä. 


Register. 


nten  529 

iu8,  Melanippus  92 

Träte  222 

inetisches  Münzsystem  14 

lis,  Kämpfe  der  Athener  230 

chylue  Agam.  (202)  472,  (1235) 

^  A.2,  Choeph.  (495—511)  H20, 

•91)  478,  fr.  199  N.  22  A.  1 

biopien  353 

ι  in  der  griech.  Fabel  299 

ippa  von  Nettesheiin  45  A.  6 

aU'  {calculuSf  cauculus)  252 

Hannen,  Alamannicus  21H 

ieu8,  Chronologie  230 

c ander  der  Grosse,  Brief  an  die 

liier  623 

cander   Aphrod.    de    fato    60, 

laest.  70 

cander  Polyhistor  260 

andrinische  Bibliotheken  82  A.2 

semita  387 

srosius  comm.  in  Paul,  ad  Ti- 
oth.  (2.  3.  6)  316 
nian.  Marc.  (16,  5,  14)  630 
Mtheater  175 
)μνοι,  *Αμύμνονες  528 
ronicus  Rhodius  77 
Ddota  medica  Graeca  532 
wsitaa  253 

tum  advortere  bei  Plautus  204 
LstheDes  π.  λέΕεως  156 
areus  Tragiker  474 
llo  Kynneios  176  Pasparios  461 
mdaliarius  630 

Uodoros  Kern,  fragm.  13  K.  162 
llohymaen  in  Delphi  577.  594 
.  2  Zeit  584 

incendii  Neroniani  401 
bilochas  fragm.  307 
,ιλόχου  πί&ηκος  305 


area  Candidi  417  A.  1 

Argeorum  saora  414 

Argiletom  629 

Ariarathes  auf  att.  Münzen  374 

Aristides  ύ.  τ.  τβττάρΐϋν  (ρ.  307) 
305 

'Αρίστων  ΤΤοσέους  362 

Aristonous  aus  Korinth,  Paean  582 

Aristophanes  ran.  (839)  472 

Aristoteles,  Verhältniss  zu  Epicur 
18,  zu  Timaeus  19,  maced.  Münz- 
reform 19,  Άθην.  πολ.2ΑΓ.  Polit. 
(5)  244,  Rhetor.  (1, 15)  241,  vita 
Maroiana  des  Arist.  76 

Artemidorue  177.  476 

Artikel  im  späteren  Griechisch  167 

asianischer  Stil  150 

Asklepios  470  A-Gult  in  Athen  313 
A-Paean  315 

•Ασπαλίς  471 

Astydamas  d.  ä.  Trag.  473 

Άταβύριον  130 

Atticismus  142.  152.  157 

Atticus,  Hans  auf  dem  Quirinal  399 

attischer  Seebund  371  v.  Chr.  326  f. 
Münzen  362  Münzsystem  u.  Münt- 
geschichte  7  ff.  y 

Autorrecht  im  Alterthum  559 

T.   Pomponius    Bassus,    Haut   auf 

dem  (Juirinal  398 
Betrogene  Betrüger  309 
biograph.  Litteratur  82 
Bion,  Lebenszeit  355 
Boeckh,  Aug.  1.  16 
Boiotos  S.  der  Melanippe  J.09 
Buchhändlerhonorar  566   ^ 
Buma,  Boon  in  Aethiopien  854 

CaecUiuA  von  CsAä^Xa  ^ 


634 


Kegister. 


Calliae  Scambonidee  314  C.  Schwa- 
ger des  Aloibiades  315 

CallimachuB,  Bibliothekar  82  Λ.  2 

Cainilla  bei  Virgil  526 

Capitolinm  vetus  408 

capitulum,  caput,  Bteuercinheit  630 

Carpicas  218 

Carthago,  GrunduDg  122.  268 

oastella  divisionis  384 

χαρακτήρ  ανθηρός,  γλαφυρός  143 
Ισχνός  139   αβρός  140  μ^σος  140 

Chariten  auf  attischen  Münzen  369 

Charon  bei  den  Neugricohen  180 

Chios,  Alexander  der  Grosse  623 

Chorioius,  neue  Reden  481 

Christen   im  römischen  Heere  618 

Cicero  Orator  141,  ad  Attic.  (13, 
12,  2)  566 

Cilioien,  Proconsulat  222 

Clemens  Alex.  paed.  (3,  2,  5)  307 

cohors  III  vigilum  417  A.  1.  421 

collatio  leg.  Mos.  et  Rom.  (15,  3, 
4)  316  . 

columna  Trai.mi,  Bauinschrifb  396 
A.  2 

Corcyra,  Vertrag  mit  Athen  324. 
339 

comscuSf  coruscare  463 

Crispus  Caesar  215 

Curiosum,  Notitia  416.  421  A.  1 

Cyriacus  von  Ancona  423 

Damochares  Arcbon  in  Delphi  578. 

596 
Daunier  318 

Dodicatioii  von  Büchern  567 
defixic  48  Λ.  1  49  Α .  1    18.ΗΛ.  1 
Delphi,    Halle    der    Athener    627, 

SchatzhauB    628,   Familien    595, 

Sclirift  583 
Demetrius  von  Ma{;;nosia  Hl)  A.  1 
διδούσι  bei  den  Tragikern  107 
Dio  Cass.  (71,  10)  6ί;ΐ 
Diodorus  Sic.  Sprachgebrauch  163 
bidrtc€iv  hersagen  41  A.  2 
Diotiysius  von  Halle.  Stillehre  140. 

150,  llhet.  (9,  llj  93 
Dipylonvasen  246 
Doms  librarius  571 
Ps.-Dosithcus,  Hygin.  geneal.  31.  36 

€ΐς  für  τίς  168 

ίκφρασις  159 

Elephanten  am  Nil  357 

ένταφή  426  Α.  1 

Epicur,  Verhältnies  zu  Aristoteles  18 

Krasippus,  Buleut  in  Dvi\pV\  ^'ΐ'Λ 

LVatostlienes  καταστ.  '2v)S. 


ergo  mit  Imp.  Praes.   bei  Plaatos 

205 
£uarchida8  Buleut  in  Delphi  579 
euböisches  Talent  17 
Eumedes,  Elfcnbeinexpedition  359 
Euripides  El.  (671  ~  83)  620,  Mela- 

nippen  91,  Or.  (1225—45)  620, 

Phrixos  27  A.  2,  fragm.  953  N^ 

162 
Εύρυκλείδης  Münzbeamter  369 
Eusebius  bist.  eccl.  (5,  5)  616 
Euthydomos  Archon  591  A.  3 
Exempla  divers,  auctorum  172 

Fabius  Marcellinus  33 
Facula,  Falcula  252 
Falisker,  Etrusker  317 
Faustina  mater  castrorum  613 
Festus  (254)  411 
FeU'.Tzauber  37 

Flavier,    Neugestaltung  Roms  278 
Flavins  Sabinus,  Vespasians  Bradcr 

400 
Floratempel  in  Rom  407 
Fortunatianns  Rhetor  138 
Frontispicio  di  Nerone  392 

Gallischer  Brand  280 
gemma  potoria  175 
γένος,  Ιστορία  81 
Germanicus,  Titel  216 
γλώσσαι  codicis  Marciani  i)25 
Gold,  sepulcrale  Hedeutung  ΠΒ 
Graberde,  Zaubermittel  45  A.'> 
Gregoriiis  Nyss.    de   prof.  Chr.  ß, 

210  M.)  ;ioo 

gricehisclic  Geschichte,  Chrouülogw 

225 
Gutschmid,     chrouol.    Reductiona• 

rege!  258 

Hades  Jäger  180  A.  2 
llarpalyke  526  llarpalykos  p2t> 
Haupt,  Moriz  1 

hellenischer  Bund  371  v.  Chr. 3-1 
HeracHdes  Ponticus  475 
Heraclitus  310 
Hermippus  84 

Herniodorus,  Platous  Schüler  ^^ 
H<*rmogenes,  Idecnlehre  1<)0 
Ilerodot  (I»  61,  64)  244.  (5,  95)  23 < 
Hesychius  v.  αΐοδα  577  Α.  1 
Hiram  von  Tyrus,  Zug  gegen  Ütica 

123 
Historia  miscella  248 
Horatius  Sat.  (1,  8,  26 f.)  44.  53 
llYg;inus,  fabul.  geneal.  21.  2δ•  ^y 


Regster. 


635 


ι.  Quelle  35.  Benatzung  röin. 
er  24.  Lebenszeit  32.  Sprach- 
uch  23  A.  2.  32.  cod.  Dresd. 
1 

ρ  318 

:€ΐς  145.  154 

103  Ίκαρις  105 

Len,    griech.   39.  313.  342. 

424-452.   473.    474.  577. 

f5.  176.  395.  459.  oskieche 

U8  vicuB  415 
avan   113 
8,  Stil  155.  158 
!8  Pfund  121 
iy 

η  IG« 

(18.  3,  2)  265 
08  253 

lg  48  A.ll 

iliemus  182 

-iede  326 

beim  Zauber  45  A.  6 

iten  466 

κρυπτών  52 

465 

;n  in  Delphi  577  A.  1 

'^undani  401 

1  Diog.  (3,  2.  3)  72 

in  Gräbern  183 
18  in  Epidaurus,   Trostbe- 
i8e  452 

i,  forma  urbis  Romae  380 
US  Sagax  248 
cht  58.  182  313 
lern  188 

n,  Numerirung  219,    legio 
lix  219,  1.  X  freten8i8  617, 

fulminata  612.  617 
u8,  Melanippe  109 

Schlacht  328.  334 
<τή  141 

I,  bibliopola  572 
luber  37 
\Q 

35,  lOj  411 

pisc.  (36)  apol.  (5)  299,  Lu- 
ind8chr.  Görlitzer  167 
is  244 
Stil  156  A.  1 

lischc  Münzgeschichte  13 
eim  Comparativ  199 
ί  militum  213 
obron.  (6  p.  209)  310 


ad  malnm  Punicum  401 

Mamuri  statua,  cliyus  417 

Marc  Aurel,   7,  Imperatorenaccla- 

mation  613 
Marc  Aurel-Säale,  Regenwunder  612 
Mars  Salieubsulus  470 
Martial,  Haus  auf  dem  Quirinal  396, 

(2,  17)  629,  (5,  64,  5)  399  A.  1, 

(7,  73)  408  A.  4 
Man,  A.  4 

Melanchros  von  Lesbos  232 
Melanippesage  108,  Melanippe,  Me- 

lanippus  92.  108 
Meleagersage  57.  310.  476 
Menander  von  Ephesus  123.  257 
μ€σολαβε1ν  439  Α.  l 
Messenische  Kriege  225 
Metapont  103 
MiKiuiv,  Εύρυκλ€(δης  370 
Micon  von  S.  Riquier  172.  173 
Mine  11 

Miniumfabrikcn  in  Rom  407 
minutulu8  221 

Moru,  Mulon  in  Aethiopien  354 
Münzen  der  divi  614 
Münzsystem,  attisches  7.  aogin.  14. 

17.  macedon.  13 
Mulon,  Hypaton  in  Aethiopien  353 
Mykenische  Cultur  114.  131 
μύριοι,  arkad.  Verfassung  337 

Ps.-Naevianum  478 

Naharkum,  Naroe  317 

Neanthes  80 

Nepotianus,  lannarius  247 

Neroniecher  Brand  277 

Nicandcr  von  Colophon,  delph.  Pro- 

xeniedecret  581 
Nissen,  Heinr.  1.  4 
NoenseSt  Novenses  176 
nonaria  175 
Nonnosus,  Reise  nach  Aethiopien  3^ 

οβας,  obbas  318  ^ 

Olyropiodorus,  vita  Piatonis  ^ 
Olympische  Siegerliste  225    , 
οργάς  176  / 

Orientirung  der  Stadtpläne  fl8. 420 
Orieutius  172 

ουσία  in  Zauberpapyri  45  A.  6  50 
A.  10 

Paean  aus  Delphi  577,  Zeit  595 
Pan  auf  Münzen  466  A.  4  \ 
lul.  Paris  247 

Parmeniscus,  Seh.  Ari8ler«li822  A.l 
Partheniue  (c.  ^^  «aXit^  ^"i^: 
Particlpvum  ta\ÄT\  \^ 


r 


< 


686 


Register. 


Pasparios  461 

Paulus  epit.  (45,  15)  402 

Periander,  Lebenszeit  240 

Pemica,  E.,  Sammlung  Httischer 
Gewichte  7  A.  1 

Persida,  Persis  316 

Petronia  amnis  402 

Petroniufl  sat.  (45)  175 

Pheidonische  Währung  17 

Φ€λ€σσαΐοι,  Falisoi  318 

Philippeus,  Münze  13 

Philistus  264 

Philochorus,  vita  Marc.  Ari8tote1is73 

Phoeniker  bei  Homer  111.  125,  am 
aegaeischen  Meer  111.  127,  an 
der  W.-Küste  Italiens  121,  auf 
Sicilien  117.  119,  auf  Sardinien 
122,  in  Afrika  122,  Handel  mit 
Libyen  117 

ΦοινικοΟσσα,  Φο(νιε,Φοιν(κη  1 18.1 27 

πίνακες  79 

Pittaous,  Lebenszeit  231.  233  Α.  3 
Zweikampf  mit  Phrynon  235 

Plaoidus  gloss.  (29  D.)  402 

Max.  Planudes,  Canon  535 

Plarasa  433  A.  1 

πλάσμα,  Stil  134 

Plato,  Leben  72,  Reisen  90,  vitae 
Piatonis  85,  Axioch.  (370  a)  169, 
Symp.  (32,  215)  307  A.  1 

Plautus,  Sprachliches  194,  Ditto- 
graphien  197,  Amphitr.  prol.(3S) 
204,  Amph.  (801)  201,  Aul.  (iil  1) 
202,  Cure.  (11«)  205  A.8,  Men. 
prol.  (55)  202,  Merc.  prol.  (10) 
20e  A.  2,  Merc.  (498.  777)  205 
A.  3,  (955)  206  A.  1,  Mil.  (fi9)  204, 
Poen.  prol.  (82)  202,  Pseud.  (18) 
202,  (143)  20.%  (210  f.)  197,  (220) 
202,  (481)  205,  Stich.  (481)  200, 
(699)  201,    Truc.  (40.  649)    206 

Plinius  nat.  hist.  (3.  65—67)  278 
Plinius  cpist.  (8,  5,  17)  563 
PWarch.    vit.  Pyrrhi  (2)   .580,    de 

orac.  defect.  (15)  577  A.  1,  prov. 

Ahxandr.  802 
pomerium  289.  298 
portaRatumena412,  Salutaris  Quir. 

Sanq.  Fontin.  411 
ΤΤοσής  auf  att.  Tetradrachmen  362. 

364 
postid  202 
Prima,  Primi,  ΤΤρίμις  in  Acthiopien 

355 
Priscian,  Gedichte  170 
Proclus,   ChrestomAlYii^  1^.  \^^ 

Zeit  159 


prohibessit  id  te  luppiter  202 
Proxeniedecrete  für  Dichter  5^ 
ψήφισμα  παραμυθητικόν  427,  AI 

436 
ψηφίσματα,  δόγματα  τά  *Αθην. ,' 
Ptolemacus  II,    Elfenbein  359 
Ptolemaeus  Neuplatoniker  76 
Ptolemais,  Elfenbein  359 
puerüitas,  virüitas  252 
Pyrrhiche  464 

Quirinal,  Topopraphie  379 
Quirinustempel  405 

Rawlinson,  History  of  Phoenic 
259  A.  2 

Remni  in  Aethiopien  355 

Rhodus,  phoenikisch  129 

Röhreninschriften  384 

Rom,  Dauer  der  Stadt  297,  Neoge 
staltung  durch  die  Flavier  275 
Topographie  379.  629,  Stidtum 
fang  286,  Regionen  287,  Aognst. 
Regionen  422,  Constant-RegioneD' 
beschreibung  416,  pomeriom  289. 
293,  Stadtthore  283,  Stadtmaoer 
282,  Accise  288,  Amphith.FlaTia• 
num  297 

saecula  280 
Salii  470 

Sallust.  lug.  (72,  2)  202 
Salutis  iiedes  404,    vicus  405 
Sappho,  Chronologie  230 
Satyrus,  Elfenbeinexpedition  359 
Schrift  bei  den  Griechen  113 
Schriftstellerhonorar  562 
Schwerttanz  464 
Scriptores  Hist.  Aug.  208 
Semitische  Lehnwörter  im  Griecb 

126,    sem.    Ortsnamen    am  aeg 

Meer  125 
Semo-Sancustempel  409 
Senecadebenef.(7,6)571,  detranq 
,  i4)   174 
Ssrapisinschriften  in  Rom  394,  Sera 

pistempel  des  Caracalla  394 
Servianische  Mauer  422 
Siegestitel  der  Kaiser  216 
Sigeion  231 

Sikelische  Nekropolen  119.  132 
σκίρτοι  468 
Solon,  Münzreform  1 
Sophocles    Ai.  (1175 f.)  56,  fr. 4?•^ 

N.2  56,   Vit.  p.  128,  42  W.  0 
Sophocles  d.  jüngere  475 
Q>^tÄ.\M  τινά  τίνος  622 

Q-^aV    ^>ί!Λ.^   Q"WiKr  TßJö.^.  %φΛ  ^^ 


Register. 


637 


d.  Schlacht  bei  Leactra 

ibons  4i>S  Σπαρτιάται4<)9 
Heracl.  Tragiker  475 
*adrachm.  7 

iiischü  <;;k) 

itikc  133.  1Γ)4  Stilartcn, 

log.  (1,  3,  14)  KX* 
Hehre  139.  157 
uf  Münzen  37<> 
i5l 
24 

f.  (70)  ί;:κ) 

opist.  (1,  31)  573 
in  att.  Seebunde  345 

(3,r,9)401,  ann.(l,34. 
),  ann.  ί  15.41  )2HU,  Po- 
ζί»η  Pliuius  2K0 
)hoi*nik.  Handel  124 
secretarium  <>29 
intis  Flaviae  39i>,  T.  So- 
392 

iec!  (iO/'ii^ii  (73«)  203 
fnon,  Stator  7 
l.  (2)  54 

π.  λέ^Εως  13(>.  144 

( hronologie  623 
es  Constantin  3H9,   dos 

1  ;^«8 

m  in  att.  Schrift  <i28 

ende  IKG 

griech.  299 

lUR  von  Chalcedon  134 

Position  270,  (1,1.  1>  3. 

0.  271 

Tider  tum  255 

erhältniss    zu  Arisiote- 


Timodes  Tragiker  474 
Timostratus  auf  att.  Tetradrachmen 

Si'A,  Eomiker  365 
Torre  dl  Mecenate  392 
Torso  von  Belvedere  392.  423 
Troische  Acra  264.  268 
Trostbeschliisse,  griech.  424,  latein. 

459 
Tyrus,  Gründung  256 
Tzetzes  zu  Lycophr.  (492)  310 

uplfs  etrusk.  319 

ut,  quod  statt  Acc.  c.  Inf.  32 

Valerius  Maximus  247 

\'arro,  Plantusstudiun  195,  1.  1.  (5, 

41  f.)  414 
Verlagsrecht  im  Alterthum  559 
Yespasian,  Neugründung  Roms  278. 

281,  Haus  auf  dem  Qnirinal  399 
vicus  longus  *)82 
Virgil  ccl.  (8)  53,  Aen.  (11,  539- 

583)  526 
vitae  decem  oratorum  83 
Vitruv.  (7,  9,  4)  407 


Wiesel  als  Braut  299,  im  Sprich- 
wort 303,  Tod  bringende  Bedeu- 
tung 190 

Wilamowitz-MoellendorfT,  ü.  v.,  1. 
7  A.  1.  20 

Xenophon  Hellen.  (6,  4,  1)  330,  (6, 
5,  2)  321,  ((5,  5,  10.  36)  330 

Zahlenmystik  in  der  röm.  Geschichte 

280 
Zamncs  in  Aethiopien  357 
Zaubergebräuche  40. 55,  Zauberpa- 
pyri 37 


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