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Full text of "Römische Wasserleitungen in Wiesbaden und seiner Umgebung"

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Annalen des Vereins 



für 



Nassauische Alterthumskunde 



und 



Geschichtsforschung. 



Fünften Bandes viertes Heft. 



Mit skhen Tafeln und einem Plan, 



WIESBADEN. 

Auf Kosten des Vereins. 

(In Commission bei W. Roth.) 
1877. 



Zur Geschichte 



des 



Römischen Wiesbadens. 



r-.^ „^^ <'*.-.- 



IV. 



Römische Wasserleitangen 



in 



Wiesbaden und seiner Umgebung 



von 



Dr. &• Reuter^ 

Obermedicinalrath a. D. 



Mit sieben Tafeln und einem Plan, 



WIESBADEN. 

Auf Kosten des Vereins. 

(In Commission bei W. Both.) 

1877. 



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Inhalts -Verzeichniss. 



Seite 

Vorrede. 

Einleitung 1—8 

I. Eomischer Aqnäduct 9 

n. Gemauerter Kanal 12 

III. Bleiröhren 15 

IV. Holzröhrenleitung 20 

1) Im Kirchhofgässchen 20 

2) In der Langgasse 22 

3) Im Badhaus zum Engel 23 

4) Im Badhaus zum Weissen Schwan 23 

5) Im Schützenhof (Grand Hotel) 25 

6) Holzröhrenleitungen in verschiedenen Gegenden von Wies- 
baden 27 

V. Wasserleitungen mittelst Thonröhren 30 

a. Bothe Thonröhren . . , 32 

1) Im Kömerbad 32 

2) Am Neroberg . , . 33 

3) Am Alleesaal . .....%.. 33 

4) In der Saalgasse 34 

5) In dem Dambachthal .35 

Beschreibung der Thonröhren in dem Dambachthal . . 37 

b. Helle Thonröhren bei Rödelheim 39 

c. Helle Thonröhren in Wiesbaden 43 

1) In der Louisenstrasse 43 

2) In der Kheinstrasse Nr. 17a 47 

3) In der Adelheidstrasse Nr. 17 47 

4) In der Adelheidstrasse Nr. 18 47 



Seite 

5) In der Adelheidstrasse Nr. 13 48 

6) In der Moritz-Albrechtstrasse 49 

7) In der Bnrgstrasse 50 

8) Im Schützenhof (Grand-Hotel) 51 

9) In der Wilhelmstrasse 52 

10) Hinter der Infanterie-Kaserne 53 

11) Bei Mosbach, 1/2 Stunde von Wiesbaden 54 

12) In Gärtner Königs Garten, ^/i Stunde von Wiesbaden . 55 

13) An der englischen Kirche 57 

14) Vergleichung der rothen und hellen Köhren .... 58 



Vorrede. 



JNachdem in den früheren Heften des ^römischen Wies- 
baden" die Geschichte der römischen Besatzung, sowie das 
Militär - Diplom Kaiser Trajans aus dem Kömercastel in 
Wiesbaden, die Beschreibung des römischen Castells und der 
römischen Gebäude in der Umgegend von Wiesbaden gegeben 
worden ist, folgt nunmehr eine Zusammenstellung alles dessen, 
was in Bezug auf römische Wasserleitungen zu meiner Kennt- 
niss gekommen ist. Ich habe mit Sorgfalt alles gesammelt, 
was in den Schriften des Vereins niedergelegt ist, und damit 
vereinigt, was bei Gelegenheit der vielen Neubauten des 
letzten Jahrzehntes sich gezeigt hat , so dass wohl nichts 
Wesentliches vermisst werden wird. Dabei war es nicht 
meine Absicht, durch verlockende Combinationen, die mehr 
als einmal nahe lagen, den Weg zu verlassen, den ich auch 
in den zwei früheren Heften festgehalten habe, vor Allem 
das Thatsächliche festzustellen, namentlich da über das 
Technische der römischen Bohren uns die bisherigen Behand- 
lungen dieses Gegenstandes im Stiche liessen, und so hoffe ich, 



auch nach dieser Seite hin etwas zur Bereicherung der 
Wissenschaft beigetragen zu haben. Vor Allem aber war 
es meine Absicht, einen weiteren Beitrag zur Erforschung 
des römischen Wiesbaden zu liefern. Noch fehlt nunmehr 
die Behandlung der Stadt selbst, der Bäder, Gebäude und 
Strassen, eine Aufgabe, die ganz besondere Schwierigkeiten 
bietet. 

Schliesslich spreche ich denjenigen Herren, die mich 
bei dieser Arbeit durch Bath und That unterstützt haben, 
namentlich dem Obrist a. D. von Cohausen, Oberbaurath 
Hoffmann, Bauinspector Malm, Oberlehrer Otto, sowie 
dem Gymn.-Lehrer Ammann auch an dieser Stelle meinen 
Dank für ihre freundliche Hülfe aus. 



Welch' hohen Werth die alten orientalischen Cultur- 
Völker Aegyptens und Kleinasiens, die Araber Spaniens im 
Mittelalter, die Chinesen bis heute, endlich die klassischen 
Völker des Alterthums, namentlich aber die Eömer auf ein 
ausreichendes und gutes Wasser legten, darf als bekannt 
vorausgesetzt werden. Die Grossartigkeit und Ausdehnung 
der römischen Wasserbauten, z. B. des Kaisers Hadrian 
(121 Jahre nach Christi Geburt), war nur dadurch ausführ- 
bar, dass das ganze Heer zu öffentlichen Bauten herange- 
zogen und namentlich in demselben ein abgesondertes Corps 
von Kriegsbaumeistem und Werkleuten aller Gattungen in 
Cohorten und Centurien vereinigt wurde; aber auch sein 
Vorgänger Trajan war ein baulustiger Kaiser, der als Statt- 
halter Untergermaniens in Köln residirte, wo er auch die 
Krone empfing ; ihre Sorgfalt erstreckte sich auch auf die 
Herstellung von grossartigen Verbindungskanälen und Auf- 
führung von Dämmen ; so erwähnt Tacitus einen Verbindungs- 
kanal zwischen der Maass und dem Kheine ; Claudius be- 
ginnt einen Kanal zur Verbindung der Mosel mit der Saone. 
Auch die Landwirthschaft, die Bewässerung der Felder und 
Gärten wurde dabei in das Auge gefasst, vor Allem aber 
suchte man ein reines, gesundes und erfrischendes Hochquell- 
wasser oft durch viele Meilen weite Leitungen auf Aquäducten 
und in gemauerten Kanälen in die Städte zu leiten und zum 
häuslichen Gebrauch zu vertheilen und zwar nicht allein im 



Mutterlande von Italien, sondern auch in auswärtigen Städten, 
selbst an den äussersten Grenzen des römischen Reiches ; so 
hatte selbst Mainz, obwohl es hart am Rheinstrom liegt, 
einen grossartigen Aquäduct, der ein vortreffliches Trink- 
wasser aus einer Entfernung von zwei Stunden seinen Be- 
wohnern zuführte ; er ruhte auf ca. 500 mit grösster Sorgfalt 
aufgeführten Bogenpfeilern, von denen noch etliche 60 von 
verschiedener Höhe bis zu 30' aufrecht stehen. ^) 

Köln, obgleich auch an ihm der Rheinstrom vorbeifliesst, 
erhielt ein vortreffliches Trinkwasser aus der Eifel bei 
Schieiden durch einen ungemein künstlich aufgeführten ge- 
mauerten, im Innern ganz glatt cementirten Kanal, der über 
Berge und Thäler durch die Eifel nach Köln führte, durch 
eine Strecke von 61 r. Meilen, so dass also die längste 
Wasserleitung Roms die aqua Marda von unserem Eifel- 
kanal um etwa 25 r. Meilen übertroflfen wurde. Er ist dem 
von Rottenburg später zu erwähnenden sehr ähnlich. 2) 

Obgleich auch Rom von der Tiber durchflössen wird, 
so hatte dasselbe doch zu Trajans Zeiten neun grosse Wasser- 



1) Schaab. Die Geschichte der Bündesfestang Mainz 1835. 
Die Quelle des Aquäducts findet sich zwischen Fintheim und 

Heidesheim. Bei Zahlbach stehen noch 62 Pfeiler in einer Linie über 
der Erde, von denen einige die Höhe von 30' haben und 15' von einander 
entfernt sind. Die Dicke der Pfeiler variirt von 12' bis 24' ; der letztere, 
der 62., ist so stark, nicht allein weil er die grosse Last des über dem 
Graben auf 40' gesprengten Bogens trägt, sondern auch wegen der 
Tiefe des Erdreichs eine Höhe von 128' haben musste ; die Pfeiler waren 
Gussmauern, äusserlich mit weissen Quadern bekleidet. Nach Peter 
Fuchs müssen die Fundamente von noch 500 Pfeilern unter der Erde 
stecken. Sein grosser -Wasserbehälter, Drusitacusj heute Entenpfol, 
ist noch vorhanden, war hexagonal und liegt vor dem Gauthor. 

2) Im Munde des Volks heisst der Kanal auch die Teufelsader; 
weil man sich nicht denken konnte, dass ein so bewunderungswürdiges 



leitungen, die längste war die oben erwähnte aqua Marcia. 
Die Grossartigkeit und vielfache Anwendung der römischen 
Wasserleitungen beschränkten sich nicht allein auf Korn, 
denn in dem grossen Umfange des römischen Eeichs, wie in 
Gallien, Spanien etc. war kaum eine Stadt von nur einiger 
Bedeutung, die nicht mehrere Wasserleitungen wie in Segovia 
in Spanien, Lugdunum (Lyon) und Nismes etc. hatten. 

Die künstliche Bewässerung der Ländereien des Nil- 
thales, von Babylonien, Assyrien, Spanien und selbst von 
Italien, auf der ihre wirthschaftliche Cultur beruhte, war 
bis zur grössten Vollkommenheit ausgebildet, deren Verfall 
zugleich die Unfruchtbarkeit und die Oede jener Länder heute 
kennzeichnet. 

Der. Verfall der Bewässerungsanlagen hat zum grössten- 
theil die Existenz der bevölkertsten , kulturreichsten Wohn- 
stätten des Menschengeschlechts unmöglich gemacht, wie uns 
dies die einst so üppigen Ländereien in Persien, Palästina, 
Griechenland, Sicilien, Spanien, die jetzt schon theilweise 
verdorrt und verödet sind, vor Augen führen, deren Aus- 



Werk, wie auch die gothischen Dome, durch Menschenhände allein aus- 
geführt worden seien, so schrieb man, wie auch den Dom von Köln und 
andere, der Mitwirkung des Teufels zu. Eben so wenig konnte man be- 
greifen, dass die Kanalleitung für das gemeine Element des Wassers 
bestimmt gewesen sei und glaubte, dass der Wein der Moselufer in dem 
Kanal nach Köln gefuhrt worden sei. 

Der Kanal war ein unterirdischer, gemauerter, der wahrscheinlich 
die Thäler auf Pfeilerbogen tiberschritt, war 18^/2 Stunde lang, schöpfte 
sein Wasser in der Eifel in der Nähe von Schieiden, sein Boden war 
ein 12" starkes Fundament aus Bruchsteinen gemauert; die Seiten- 
mauem 18" breit, der Boden und die Seiten wände, mit einer 7" dicken- 
Cementschicht bedeckt, aus Kalkmörtel, zerbröckelten Ziegelstücken 
und Trass. Die Höhe des Kanals 4' 7", seine Weite betrug 27", das 
Gefall r auf 332'. 

1* 



dünstungen stellenweise selbst in Italien eine tödtliche Ma- 
laria erzeugen. 

. Carthago, das zu seiner alten Zeit 700,000 Einwohner 
zählte, hakte einen der grössten Aquäducten von 28 Stunden 
Länge. 

In der Nähe von Udina sieht man noch eine Arkaden- 
reihe von 1000 Bogen, zum Theil von 100' Höhe. 

Die Bewässerungen der Tncas waren ebenso grossartig, 
als ihre berühmten Strassenbauten über die 15,000' hohe 
Andenkette. 

Der steinige Boden Japans würde das Land an vielen 
Stellen unfruchtbar machen, wenn dieser nicht mit grösster 
Sorgfalt noch heute bewässert und bebaut wäre ; das herrliche 
BQima und der Fleiss seiner Bewohner haben Japan zu einem 
der fruchtbarsten Länder der Welt gemacht. Denn die steilsten 
Thalwände, in Terrassen angebaut und sorgfältig be- 
wässert, geben noch eine reiche Ernte. Das Bewässern der 
Felder wird von besonders dazu bestimmten Personen über- 
wacht, die einem jeden nach Verhältniss der zu bebauenden 
Felder eine entsprechende Quantität Wasser aus den Kanälen 

ablassen. 

» 

Selhgt in den entferntesten Gegenden des römischen 
Eeiches, auf der rechten Kheinseite, in dem Zehntland, agH 
decumates und in der Cimtas Mattiacorum^ speciell in Wies- 
baden (Mattiacum, Aquae Mattiacae) haben die Kömer die 
Spuren so zahlreicher Wasserleitungen zurückgelassen, dass 
sie von allen üeberresten ihrer Hinterlassenschaft, die auf 
uns gekommen sind, eine nicht unbedeutende Zahl ausmachen 
und grosse Mannigfaltigkeit zeigen. Dies veranlasste mich, 
durch die in Folge des Aufschwungs Wiesbadens zahlreichen 
Neubauten, durch die Anlage von Kanälen, des Gas- und 
Wasserwerkes begünstigt, meine Aufmerksamkeit auf diesen 



Gegenstand zu richten seit dem Jahre 1869, in der Mei- 
nung, dass eine ähnliche Gelegenheit, Untersuchungen dieser 
Art anzustellen, sich nie mehr darbieten werde. Ausser der 
Lieblingsrichtung der Römer für eine ausgiebige Wasserver- 
sorgung wurde man in Wiesbaden zur Anlage von Wasser- 
werken irisbesondere veranlasst durch die Benutzung der 
zahlreichen, zu Bädern verwendeten überaus heissen Quellen 
(54*^ Reaum.), die eine Abkühlung durch kaltes Wasser er- 
forderten. Plinius (27 — 79 n. Ch.) erwähnt schon 
Mattiaeum (Wiesbaden) und seine heissen Quellen, deren 
Wasser 3 Tage warm bliebe (sunt et mattiad in Oermania 
fontes calidi trans Bhenum, quorum haustus triduo fervet 
et circa margines vero ^pumicem fadunt aquae). Auch 
waren den Römern Bäder ein unentbehrliches Bedürfniss, 
zumal in unserem rauhen Klima, und femer durch den Mangel 
eines erquickenden, erfrischenden und gesunden Trinkwassers, 
denn auch die kalten Quellen in Wiesbaden und seiner 
nächsten Umgebung bestehen meistens aus schwefelhaltigem, 
salinischem Wasser. Der Boden im Centrum der Stadt und 
am Fusse des Hügels, wo die heissen Quellen zu Tage treten, 
der ganzen Langgasse entlang, ist von den heissen Quellen 
so durchdrängt und in einen Moorboden umgeschaflfen, dass 
schon die Römer die Grundmauern ihrer in dieser Gegend 
so zahlreichen Bäder meist auf einen starken Holzrost fiin- 
diren mussten, und noch heute kann man in der Langgasse 
keinen guten Keller anlegen. Ritter i) sagt: „Alle ge- 
grabenen Brunnen der Stadt sind salzig und enthalten so 
viel muriatische Soda , dass sie nicht zu trinken sind ; be- 
sonders im Sauerland ist der ganze Boden voll warmer 
Quellen. Nur ein trinkbares Wasser hat die Stadt auf dem 



1) Denkwürdigkeiten der Stadt Wiesbaden 1800, S. 76. 



Marktplatz; es ist aber nur periodisch trinkbar, bei anhal- 
tendem Kegen und Thauwetter ist es trübe und milchig und 
ungeniessbar.* Er nennt den Wiesenbrunnen hinter der Co- 
lonnade nicht, wahrscheinlich weil er damals noch ausser- 
halb der Stadt lag oder noch nicht' vorhanden war. Wie sehr 
jener Verwaltungszweig der Gemeindebehörden, auöh kleinere 
römische Municipien mit gutem Wasser zu versehen, aufs 
lobenswertheste gepflegt wurde, bezeugt ein 1813 beim 
Festungsbau zu Castel, Mainz gegenüber, dem Hauptort 
unserer mattiakischen Civität, das sich um das Castellum 
Mattiacorum gebildet hatte, gefundener Votivstein aus Sand- 
stein (hoch 0,61', breit 0,31', Durchmesser 0,21'). Derselbe 
wurde von Oaius Oarantinius Maternus Praefectus aquae 
(dem Vorsteher der Wasserleitungen) errichtet. Der Altar 
befindet sich im Museum zu Mainz ; auch in Wiesbaden wird 
es nicht an einem Praefectus aquae gefehlt haben. 

In unserer hochgepriesenen Zeit hatten bekanntlich die 
grössten Städte des Continents, wie Berlin, Wien, Paris, 
London, obwohl ihre Einwohnerzahl diejenige Koms weit 
überragt, das schlechteste Trinkwasser und die mangelhaf- 
teste Wasserversorgung. Der Verfasser trank noch in Paris 
und London geläutertes Themse- und Seinewasser, das auf 
der Strasse durch ambulante Verkäufer feilgeboten wurde. 
Um es zu reinigen und nur einigermassen zum Trinken 
tauglich zu machen, wurde es mit E^ohle und anderen Mitteln 
filtrirt. Noch in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts 
wurde das Seine- und Themsewasser zwar in die verschiedenen 
Stockwerke der Häuser geleitet, aber jede Familie hatte ihre 
eigene Filtrirmaschine, um das Wasser trinkbar zu machen. 

Erst seit einigen Decennien ist dies anders. Man nahm 
sich Eom zum Muster und kehrte zu dem römischen System 
zurück ; nicht allein in den Hauptstädten , sondern auch in 



jeder nur einigermassen grossen Stadt, wo der hohe Werth 
eines gesunden, erfrischenden Trinkwassers und reichlichai 
Wasserzufuhr für die Gesundheit ihrer Bewohner anerkannt 
wurde, hat man die Hochquellenleitung von den benachbarten 
Höhen durch oft grosse Entfernungen und mit ausserordent- 
lichem Kostenaufwand angelegt. 

.Wien steht in dieser Hinsicht in der vordersten Eeihe ^) 
durch seine vortreffliche Wasserversorgung und durch seine 
Wasservertheilung bis in alle Etagen der höchsten Häuser, 
auch mit Eücksicht auf Feuersgefahr und Bäder;, die Ver- 
theilung des Wassers, wie sie in allen grösseren Städten 
eingeführt ist, und die Wasserleitungen haben jetzt. Dank 
der weit vorgeschrittenen Hydrotechnik, einen Grad erreicht, 
dass ihnen diejenigen des alten Boms weit nachstehen. 
Wien, sagt Carrer^), hat sein Erlösungsfest vom schlechten 
Wasser gefeiert, 18 Tunnel mussten gesprengt, 5 grossarlige 
Aquäducte mussten gethürmt und 6 Klafter tiefe Kanäle 
mussten gegraben werden, um jener heilspendenden Nymphe, 
die 28 Stunden entfernt von Wien in dem romantischsten 
Alpenthale ihren Krystallpalast bewohnt, die Thore Wiens 
zu erschliessen. London mit 3,225,260 Bewohnern hat acht 
Gesellschaften, die dasselbe mit Wasser versorgen (freilich 
bei fünf ist das Wasser aus der Themse) und hat in dieser 
Beziehung Ausserordentliches geleistet. Seine unterirdischen 
Kanäle haben eine Länge von 854 Stunden, täglich werden 
529,752 Tonnen in die Stadt gepumpt. Die Schwemmkanäle 
erfordern täglich 627,925 Tonnen. Die Verringerung der 



1) Die Wasserversorgung der Stadt Wien von Stadtler. Gr. 8. 
312 S. 1 Karte, 1 Plan, 10 lithographische Beilagen und 34 Holz- 
schnitte. 

2) Die Kaiser Franz Josephs -Hochquellen -Wasserleitungen von 
Felix Carrer 1861. 



8 



SterbeMle schreibt man hauptsächlich der Verbesserung des 
Trinkwassers und der stetigen Vervollkommnung der Kanali- 
sinmg zu. Das statistische Eesultat ist, dass sich Londons 
Gesundheitsverhältnisse, trotz der Verdichtung der Bevöl- 
kerung sehr verbessert haben ; auf 1000 Bewohner kommen 
23,7 Sterbefälle. Der Ueberschuss der Geburten beträgt 
jährlich 41,358 und es gehört somit zu den Städten, welche 
die wenigsten Sterbefälle haben. 

Folgende Arten alter Wasserleitungen kommen in Wies- 
baden und seiner nächsten Umgebung vor : 

1) Ein auf Steinpfeilern ruhender Aquäduct am Aus- 
gange des Mühlthales im Osten von Mosbach. f 

2) Eine Leitung durch einen gemauerten Kanal, der bei 
dem Eisenbahnbau ganz nahe bei Mosbach durchschnitten wurde. 

3) Bleiröhrenleitungen aus römischen Bädern von Wies- 
baden ,^ namentlich aus dem Scbützenhof , mit den Stempeln 
der XIV. Legion. 

4) Wasserleitungen mittelst Holzröhren verschiedener 
Art: a) mittelst zweier ausgehöhlter, aufeinander gelegter 
Halb-Cylinder, b) mittelst ausgehöhlter Cylinder von runden 
Eichenstämmen. 

5) Die bei weitem grösste Zahl der römischen Wasser- 
leitungen besteht in gutgebrannten rothen oder weisslichen 
Thonröhren ; die rothen sind die kleineren und aus dem nord- 
östlichen Theile von Wiesbaden, die weisslichen, blassgelb- 
lichen, etwas schwereren grösseren gehören dem südwestlichen 
Theil von Wiesbaden an. 

Von den fünf Holzröhren -Wasserleitungen sind die 
Bohren zwar nicht mehr vorhanden, aber da die die Bohren 
verbindenden eisernen Einge gefunden wurden, so müssen 
jene als nothwendig vorausgesetzt werden. 



9 



L Eomischer Aqnäduct im Mühlthal bei Mosbach. 



Ueber diesen wichtigen Punkt am Ausgange des Mühl- 
thales, östlich von Mosbach, theilen wir nach den periodischen 
Blättern von 1855 folgendes mit : ') ,,Die XJeberreste dieser 
römischen Wasserleitung im Mühlthale kamen in der Nähe 
der Armenruhe-Mühle neuerdings wieder zum Vorschein. 
Zum ersten Male wurde man bei dem Bau der Eisenbahn 
im Jahre 1839 auf einzelne in regelmässigen Abständen 
wiederkehrende Sandsteinplatten von 3' im Gevierte und 12 
bis 13" Dicke aufmerksam, die sich nach und nach als 
Fundamentstücke einer römischen Wasserleitung heraus- 
stellten. 

Zum zweiten Male wurde die Beobachtung gemacht, 
als der Weg von der Armenruhe-Mühle her gegen die An- 
höhe des Hessler angelegt wurde (1845). Die damals vor- 
gefundenen Fundament-Pfeiler, 19 an der Zahl, wurden genau 
aufgenommen. Bei weiteren Abräumungen nach der Biebricher 
Zweigbahn hin stellten sich zum dritten Male (1854) noch 
9 verschiedene Pfeiler in jener Gegend heraus. Der bis jetzt 
letzte derselben — denn weitere Planirungen jener Fläche 
lassen erwarten, dass noch einige Pfeiler aufgedeckt werden 



1) Periodische Blätter 1855 Nr. 5 S. 138—189. 



10 



— der im Herbst v. Js. (1854) und am 25. April d. Js. 
(1855) nochmals gemessen und aufgenommen wurde, hatte 
10' Länge und 8' Breite und war etwa 1' hoch untermauert. 
Darauf lag ein Plattenboden, bestehend aus 9 yerschiedenen 
Sandsteinen. Das Ganze mit Mauer war 3^ hoch blosgelegt. 
Die Steine, die augenscheinlich früher einem anderen Zweck 
gedient hatten und nur hierher verwendet worden waren, 
variirten in der Dicke von 10—11" bis zu 18". Oben 
darauf lagen mit der ausgehöhlten Seite nach Unten gekehrt 
zwei ßinnensteine , die in unserem Museum sich befinden. 

• 

In dem Inventar sind dieselben mit den Nummern 26 und 
27 aufgeführt und haben folgende Grössenverhältnisse : 
Nummer 26 : 1 Met. 80 Centim. lang, die ganze Breite des 
Steins 62 Centim., die Weite des Kanals im Lichten 35 Gentim., 
seine Tiefe 16 Centim. Nummer 27: 1 Met. 38 Centim. 
lang, die ganze Breite des Steins 62 Centim., die Weite des 
Kanals im Lichten 35 Centim., seine Tiefe 16 Centim. 

Von da ab 120' entfernt in der Eichtung auf die Fun- 
damente des Kasseler (jetzt verschwundenen) Wartthurms, 
im Zug der Kasseler-Biebricher Zweigbahn, befand sich 
früher ein grosser Wasserbehälter, viereckt von Quadern ge- 
mauert ^) , aus welchem eine Ableitung nach Osten ins 
Kasseler Feld nach Castel,* eine andere südlich gegen Biebrich 
hinführte. Durchs Mühlthal aufwärts führte nur eine Lei- 
tung, oder besser das Mühlthal abwärts führte der Haupt- 
zweig der Leitung das Wasser in seinen Wasserbehälter, das 
von hier in zwei Richtungen, wie angegeben, weiterhin ge- 
leitet wurde ; folgende Beobachtung scheint auf diese An- 



1) Römische Ansiedelungen in der Umgebung von Wiesbaden von 
Dr. Reuter. Festschrift zur Generalversammlung des Gesammtvereins 
der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine zu Wiesbaden 1876. 
S. 159-65. 



11 



sieht, sowie auf die muthmassliche Quelle, die die Leitung 
speiste, hinzudeuten. Der Hammennühle gegenüber wurde 
nämlich im Jahre 1843 noch in der Böschung der Bahn- 
linie der von Wiesbaden nach Castel führenden Eisenbahn 
eine Sandsteinplatte von derselben Ausdehnung, wie die obigen, 
gefunden, andere wurden beim Abräumen des dort befindlichen 
Steinbruchs, wenige Schritte von ersterer Platte entfernt, 
der Hanmiermühle gegenüber und östlich vom Mühlweg 
blossgelegt. Diese Steine bezeichneten auch die wahrschein- 
lichste Richtung der Leitung zu ihrer Quelle, die nicht an 
der Spelzmühle weiter gegen Wiesbaden hin — wie man 
glaubte — sondern im Hintergrund des kleinen Wiesen- 
thaies, das in der Richtung von Erbenheim her, abwärts 
nach dem Mühlweg hin, der Hammermühle gegenüber sich 
erstreckt, gesucht werden muss, wo noch heute mehrere 
Quellen entspringen (und wo auch jene obenerwähnten Stein- 
platten gefunden wurden). 

Fortgesetzte Aufmerksamkeit auf die in jener Gegend 
wohl noch vorhandenen Ueben-este lässt uns über die 
näheren Verhältnisse jener denkwürdigen Anlage wohl noch 
manche nähere Aufschlüsse erhoffen.^ 

Der auf der Bogenreihe geleitete Wasseretrom floss ge- 
wöhnlich nach den noch erhaltenen Aquäducten in einem 
auf diesem Bogen gemauerten Kanal, der mit einem flach 
ausgehöhlten Deckstein zum Schutz etc. gedeckt war und in 
bestimmten Entfernungen ein Luftloch, luteus, auf der oberen 
Fläche eines Steins hatte. Hatte der Aquäduct mehrere 
Wasserleitungen übereinander, so waren die Luftlöcher 
an dem unteren Kanal an seiner Seite angebracht. Ob- 
wohl also gewöhnlich das Wasser auf den Aquäducten 
in gemauerten Kanälen geleitet wurde, halten wir dennoch 
dafür, dass die von uns im Mühlthale erhobenen ausgehöhlten 



12 



Steine, wie sie oben angegeben und beschrieben sind, die Wasser- 
rinnsteine des Aqiiäductes waren und dass man nur wegen der 
unbedeutenden Strecke, auf welcher das Wasser geleitet wurde, 
sowie der verhältnissmässig geringen Wassermenge wegen 
von einem gemauerten Kanal in diesem Falle Umgang nahm. 
Die Wasserleitung lag an der sog. Curve in dem Dreieck, 
welches durch Zusammentreffen der Rheinbahn mit der Taunus- 
bahn und der Biebricher Zweigbahn entsteht; etwa 200 
Schritte nördlich von dem Stationshaus nach dem Mühl- 
thale zu. 

Habel sagt über diesen Aquäduct im IV. B. I. H. 
S. 177 der nass. Annalen, dass er wegen Mangels an Raum 
im nächsten Hefte den Beweis mit Abbildungen bekannt 
machen werde, was indessen nie geschehen ist. 

Siehe den Specialplan, aufgenommen im Jahre 1857 von 
dem GeometerW. Balz er nebst Aufriss der früheren mög- 
lichen Construction Taf. I, Fig. 1 u. den Grundriss Taf. I, Fig. 2. 



n. Gemauerter Kanal bei Mosbach.') 



Den 25. März 1854 wurde in der Nähe von Mosbach 
bei Herstellung der ßheinbahn ein tiefer Durchstich gemacht, 
bei welcher Gelegenheit man 13' tief auf die Deckplatten 
eines die Eisenbahnlinie von Nord nach Süd, etwas schief 
nach Südwest durchsetzenden gemauerten Kanals mit fliessen- 
dem Wasser kam, von dessen Existenz Niemand eine Ahnung 



1) Periodische Blätter 1854 Nr. 1 S. 5 und Periodische Blätter 
1855 Nr. 5 S. 137. 



13 



hatte. Da derselbe in der ganzen Breite des Erddurchschnitts 
von Böschung zu Böschung weggebrochen werden musste, 
so Hessen sich alle Vermessungen genau vornehmen. Der 
Kanal, welcher 1200' westlich von der Armenruhe-Mühle 
liegt, ist noch an der nördlichen Böschung zu sehen; 65' 
östlich von ihm wurde gegen die Armenruhe-Mühle hin eine 
Thonröhrenwasserleitung in derselben Eichtung gefunden. 
Er steht ohne Plattensohle im Grund ; seine beiden Wände 
sind 3' 4" hoch, jede Mauer 15—18" dick aus unregel- 
mässigen Steinen von verschiedener Grösse aufgemauert. 
Platten von mit dem Spitzhammer zugerichteten Bruch- 
steinen, mit Mörtel zusammengefügt, bilden seine Decke, die 
innere Weite des Kanals betrug 17" bei einer Höhe von 
3' 4". Auf dem Schlanamboden desselben floss ein helles, 
wohlschmeckendes Quellwasser auf die Bahnlinie. Beim Ab- 
räumen des Kanals fanden sich auf ^ den Deckplatten zwei 
Maurerhämmer und ein halbmondförmiges Schneidwerkzeug 
(Tafel I, Fig. 3, 4, 5), die im Museum sich befinden, sowie 
auch ein Eadnagel, die es wenigstens sehr wahrscheinlich 
machten, dass wir es mit einer römischen Anlage zu thun 
haben. Ein Jahr später, am 3. Februar, wurde der Kanal 
durch den Bergmann A. M ö b u s von Freien-Diez in meinem 
und des Herrn Dr. Eossei Beisein einer genaueren Unter- 
suchung mit Compass, Leine und Grubenlicht vorgenommen ; 
derselbe erstattete folgenden Bericht : 

„Der gemauerte, am Eingang 3' 4" hohe, 17" breite 
Kanal hat nicht überall die gleiche Höhe und die gleiche 
Breite. In der Mitte fand sich eine Stelle etwa 12' lang, 
wo er zusammengedrückt war, dass ich nur seitwärts mich 
vorschieben konnte, hernach erhielt er wieder die vorige 
Breite, wie am Eingange. Gegen das hintere Ende wurde 
er etwas breiter, so dass ich mich darin bewegen und drehen 



14 



konnte. Die Mauer besteht aus ziemlich grossen Kalksteinen, 
regelrecht aufgeführt ; die Decksteine sind braun, glatt, fast 
wie gehobelte Bretter aussehend. Diese Platten werden nach 
hinten viel grösser als vorn ; einzelne Platten mögen 2V2' 
lang sein, auch passen dieselben genau aneinander ; es scheinen 
Sandsteine zu sein. Die Sohle ist bis zur Hälfte der Strecke 
mit Lehm verschlemmt, mit Kies vermischt, im hinteren 
Theil ohne Schlamm. Das reine Wasser fliesst dort über 
den Lehm hin. Die Höhe des Kanals nimmt nach hinten 
etwas zu. Ich konnte im hinteren Theil aufrecht stehen, 
ohne die Decke zu berühren, so dass die Höhe zu 6' ange- 
nommen werden kann. Der letzte Deckelstein steckte fest 
im Grund, so dass ich dessen Anfang nicht zu finden ver- 
mochte ; die hintere Wand bildete der gewachsene Grund, 
schief, beinahe senkrecht abgeböscht. Ein glatter 2' breiter 
Stein von der Art der Deckelsteine steckte hier im Grund, 
5" weit hervorschauend. Ueber diesen Stein fiel das Wasser 
herab und ergoss sieh in einem Guss über die Sohle ; die 
Seitenmauern schienen am Ende des Kanals sich noch etwas 
weiter fortzusetzen, was ich nicht näher untersuchen konnte. 
Die Richtung des Kanals ist gegen die Mitte hin verbogen ; 
die Nadel zeigte im Eingange h 3— 4, bei der Biegung wich 
sie ab bis auf h 9, die mitgenommene Leine hatte eine 
Länge von 75'.« 

Die jenseits des Eisenbahndurchstichs nach der Chaussee 
hin gelegene kleinere Strecke des Kanals ist ganz trocken 
und wurde seiner Zeit durch die Chaussee-Anlage ver- 
stürzt. 

Die Wasser-Kanäle der Römer waren theils gewölbt, 
theils mit Platten horizontal bedeckt, wie der unsere. Die 
Teufelsader, der römische Kanal, der von der Eifel nach 
Köln das Wasser fährte, war gewölbt und das Innere des- 



15 



selben vortrefflich cementirt, sowohl an den Seitenwänden, 
wie auf der Sohle. 

Möbus gibt dies von der unsrigen nicht an. 



ni. 'Bleiröhren -Wasserleitung. 



Bleiröhren, ßstulae plumheae, wurden in römischen Bade- 
anstalten gefunden, wo sie ohne Zweifel zu Wasserleitungen 
von warmem und kaltem Wasser wahrscheinlich nur in den 
Bädern selbst verwendet waren. 

Es sind in unserem Museum 8 Eöhrenfragmente von 
verschiedener Länge vorhanden, die zusammen eine Länge 
von 22' ergeben; die kleinste ist 1' lang, die längste 4'. 
Die Form derselben, ihre Technik, Verzierungen und In- 
schriften, wo letztere vorkommen, sind die nämliche bei 
allen, so dass sie von derselben Werkstätte oder doch nach 
denselben Eegeln der Technik gefertigt waren. Sie sind 
nicht rund, sondern ei- oder herzförmig, an ihrer schmaleren 
Seite mit einer stumpfen Kante versehen, die durch das 
ümliegen und Zusammenlöthen der zu diesem Zweck herge- 
stellten horizontalen spröden Bleiplatte entstehen musste. 
Die Zusammenfügung ist so genau durch Löthung hergestellt, 
dass das Auge sie bei einigen kaum wahrnimmt, eine Köhre 
ist sogar an der Vereinigungsstelle auf der schmaleren kan- 
tigen Seite mit einem schmalen, 1 Va" breiten Bleiband dach- 
förmig überdeckt und festgelöthet. 

Die Weite der Röhren, aus dem oben angegebenen Grund 
nicht rund, sondern eiförmig, beträgt im weitesten ovalen 



16 



Durchmesser im Lichten 272"? die Dicke der Wände der 
Bohren 2V2'". 

Die kleinste Bohre ist 1' lang, in zwei Stücke zer- 
brochen, sehr zerdrückt mid zerfressen, theilweise mit stein- 
hartem Mörtel bedeckt ; sie ist in einem römischen Bade in 
dem Schützenhof gefunden worden. Die zweite Bohre ist 4' 
lang, die dritte 2' 3" lang und glatt und hat an dem einen 
etwas erweiterten Ende einen V2" breiten, in einen rechten 
Winkel umgebogenen Band, die vierte ist 2' 3" lang und 
glatt. Die folgenden 4 Bohren sind alle mit dem Stempel 
der 14. Legion versehen; die erste ist 3' 7" lang und in 
dem Schützenhof gefunden, die zweite ist 2' 3" lang, gleich- 
falls daselbst gefunden, die dritte, 2' 7" lang und eben 
daher, endet an dem einen Ende in der Form eines Muffs, 
welches 2" vom Ende auf der Oberfläche eine 3/^" erhabene 
Leiste hat. Die vierte ist von einem Trödler behufs der 
Einschmelzung in vier Stücke zerschnitten, aber wieder zu- 
sammengesetzt worden, die Länge ist 272'- Die Inschriften 
dieser vier Bohren sind alle vollkommen gleich, ebenso die 
Verzierungen, ein die Inschriften oben und unten parallel 
begleitendes Band (Taf. II, Fig. 18). Die Buchstaben der 
Inschriften sind sehr deutlich und schön geformt, 1" 10'" 
lang, aus der besten Zeit und lauten LEO XI III GEM. 
Mär, Vic (gemina martia victrix). Diese Inschriften sind 
in chronologischer Beziehung von Belang, da die Zeitbestim- 
mung ihrer Verfertigung dadurch näher bestimmt wird.. 

Die 14. Legion kam 12 Jahre v. Chr. mit Drusus 
an den Bhein, nach Mainz, erbaute das dortige Castrum 
und etwas später das von Wiesbaden, sie hatte damals ent- 
weder gar keinen Beinamen oder war mit dem Beinamen 
Oemina bezeichnet ; im Jahre 43 n. Chr. wurde sie nach 
Britannien geschickt, um den Aufstand unter der Königin 



17 



Boadicea niederzuschlagen. Im Jahre 70 n. Chr. wurde 
sie von dort wieder zurückberufen, um den für Kom so ge- 
föhrlichen bata vischen Aufstand bekämpfen zu helfen, dem 
sich auch mehrere Legionen angeschlossen hatten. Als sie 
ruhmbedeckt von Britannien zurückkehrte, trug sie den ehren- 
vollen Beinamen Martia mctrix; sie nahm in Mainz ihr 
Standquartier und sendete ihre Cohorten auch in die 
Civifas Mattiacorum und seine Castelle; sie verblieb bis 
zu Ende des Jahrhunderts in Mainz, von wo sie nach der 
Donau abrückte, woraus hervorgeht, dass jene Bleiröhren 
in den 30 Jahren, vom Jahre 70 bis 100 nach unserer 
Zeitrechnung, sowie jene Bäderanlagen damals hergestellt 
wurden. 

Dagegen scheinen die Bäder am Kranzplatz (Kochbrunnen) 
in dem Zeitraurn von 12 v. Chr. bis 43 n. Chr. von der 
14. Legion errichtet worden zu sein, da in den Bädern zum 
Kömerbad und zum Weissen Boss, wo auch Bleiröhren ge- 
funden wurden, zugleich auch Ziegeln mit dem Stempel der 
14. Legion vorkamen, ohne jene Beinamen Martia victrix. 
Was das Auffinden der Bleiröhren betrifft, so wurde die 
1. bei dem Neubau des Eömerbades 1815 unter dem Schutt 
eines römischen Bades gefunden in Begleitung von Ziegeln 
mit dem Stempel der Leg. XIIII. Oem, ^) 2. In den nass. 
Ann. von 1839 heisst es : „Vor mehreren Jahren wurde ein 
Bleirohr im Schützenhof gefunden und von H. Lugenbühl 
dem Vereine übergeben. 3. Bei der Anlage eines neuen' 
Keservoirs wurde im Schützenhof 1841 ein Bleirohr gefunden. 2) 
4. Im Schützenhof wurde ferner 1847 ein Stück eines Blei- 
rohres nebst vielen anderen römischen Trümmern in einem 



1) Dorow, die Opferstätten Wiesbadens 1819. 

2) Nass. Ann. B. III 2. Heft S. 234. 1842. 



18 



Badegemach gefunden ; sodann ein fünftes Bleirohr in einem 
mit Backsteinen geplätteten Boden eines Badegemachs ent- 
deckt, von dem die Hälfte unserem Museum zu Theil wurde ; 
dasselbe war in der 3' dicken Scheidemauer eines höher 
liegenden Wasserbehälters mit einem Estrichboden einge- 
mauert und mit einem Hahn versehen.') 5. Im Weissen 
Eoss am Kranzplatz wurde 1865 ein schönes Bleirohr nebst 
Legionsziegeln mit der Inschrift Leg. XIIIL Gern, erhoben, 
18' tief in dem Hofe nach der Saalgasse zu. 2) 6. Im Schützen- 
hof wurden 1867 vier kleinere und grössere Bleiröhren mit 
den Inschriften Leg. XIIII. Oem. Mart. Victrix in sehr 
schöner grosser Schrift gefunden, und zwar zum erstenmal 
mit Inschriften versehene Bleiröhren. 3) Die meisten Blei- 
röhren, die wir besitzen, stammen aus dem Schützehhof. 
Auch hieraus geht die Grossartigkeit jener Badeanstalt her- 
vor, wie die vielen entdeckten Bäder, darunter ein Massen- 
bad, das gegen 24 Badende aufzunehmen im Stande war, 
sowie die entdeckten grossen Reservoirs ; ferner fand man 
einen absisartigen Bau, nicht unwahrscheinlich ein Tempel, 
eine römische auf einer Kalksteinfläche ausgehauene Sonnen- 
uhr, die zweite in Deutschland gefundene ; sie gleicht auf das 
Vollständigste der 1832 in Pompeji aufgefundenen Sonnenuhr; *) 
auch wurden 2 den Badgottheiten gewidmete Inschriftsteine 
ausgegraben, der eine dem Apollo-Toutiorix, einem römisch- 
celtischen Badegott, der andere einer celtischen von den Römern 
aufgenommenen Badegöttin Sirona gewidmet, 5) mit folgender 
auf einem kleinen Kalksteinquader angebrachten Inschrift : 



1) Nass. Ann. B. IV 1. Heft. 1850. 

2) Mittheilungen Nr. 4 S. 12. 1865. 

3) Nass. Ann. Bd. IX S. 357. 

*) Neueste Funde von Dr. Schalk, B. IX S. 358. 
6) Eodeni loco. 



19 



Sirona 
C. Juli Restitutua 
C, templ. D. 8. P. 
Herr Prof. Becker in Frankfurt hat dieselbe gewiss ganz 
richtig folgendennassen gedeutet: Cajus Julius Eestitutus, 
Curator templi. De Suo Posvit. Ihr Kult war im ganzen 
römischen Reiche von der Donau bis nach Schottland ver- 
breitet und kommt häufig in Gesellschaft mit Apollo vor, 
höchstwahrscheinlich war ihr Bild über der Inschrift angebracht ; 
denn die Eömer hatten keine Badegöttin ; ein gleicher Altar 
wurde dieser Sirona in dem Sironenbad, einem Schwefelbad zu 
Nierstein bei Mainz, errichtet. Unter dem Schutz dieser 
beiden göttlic^hen Wesen scheinen die Quellen von Wiesbaden 
gestanden zu haben; zieht man noch in Betracht die über 
das ganze Schützenhof-Terrain verbreiteten Bautrümmer der 
grossartigsten Sculptur und Werkstücke, als Säulenfüsse, 
mächtige corinthische und dorische Säulen-Kapitale und viele 
andere mächtige Bautrümmer und Säulenschafte, sowie ferner 
die Nähe des römischen Castrums auf dem Heidenberg und 
das Massenbad, so ist es mehr als wahrscheinlich, dass jene 
palastähnliche Badeanstalt zugleich die für die Garnison 
war und gleichsam die Stelle eines Cursaals zur römischen 
Zeit einnahm. 

Die oben erwähnten Bänderstreifen, womit die Inschriften 
oben und unten eingefasst sind, sind bei allen die gleichen. 

Obschon man diese Eöhren gewöhnlich von Blei machte, 
so wurde doch in der Villa des Antoninus Pius zu Lanu- 
vium auch ein Theil einer solchen Röhre von massivem 
Silber gefunden, 30 — 40 Pfund schwer, so dass die Be- 
schreibung des Statius (Sylv. 1. 30 — 40), der einer ähn^ 
liehen Versehwendung erwähnt, keine poetische Fiction ist. 
In Rom hat man sehr viele solcher Bleiröbren gefunden, 

2* 



20 



welche alle von der gleichen Form waren, wie die in Wies- 
baden gefundenen und von uns oben beschriebenen. Die 
Bleiröhren haben meistens Inschriften ; in Rom hat man 
selbst eine gefunden mit der Inschrift : Imp, Caes. Hadriani, 



IV. Wasserleitung mittelst Holzröhren. 

(Siehe den Situationsplan Taf. III.) 



1) In dem Kirchhofsgässchen (S. Taf. Y). 

Herr Dr. Rössel berichtet in den Mittheilungen, i) 
wozu ich eigene Beobachtungen füge: ,,Der begonnene Ab- 
bruch eines alten neben dem ehemaligen heidnischen Thore 
gestandenen Häuschens, dessen Vorderseite nebst vorstehender 
hoher Treppe auf einem Rest der alten römischen Stadt- 
mauer ruhte und an dessen Stelle Herr Dachdeckermeister 
Schmidt soeben, 1867, einen Neubau aufführte, gab, ins- 
besondere bei der Kellerauswölbung Veranlassung zur Auf- 
findung einer hölzernen Wasserleitung aus eichenen, durch 
die Zeit geschwärzten und zerfaserten Holzröhren, deren 
Oberflächen nicht rund waren, sondern eine oktogenale Fläche 
darboten, jede 6' 2" lang, 9'' dick, wovon 5" lichte Weitung 
auf den kreisförmigen Wasserkanal kommen, die aneinander 
gestossen eine Leitung darstellten. Die einzelnen Pumpen- 
stöcke waren sorgfältig bearbeitet ; die Richtung der Leitung 
ging von NO nach SW, und zwar bei dem Hause Nr. 9 in 
dem Kirchhofsgässchen und dem in der Nähe befindlichen 

1) Mittheilungen im März 1867 Nr. 5-6 S. 12. 



21 



Hofthor der zum Adler gehörigen Hofraithe beginnend, 
durchschneidet sie in diagonaler Richtung das Kirchhofgäss- 
chen, tritt in den oben erwähnten Neubau des Dachdeckers 
Schmidt unter dem Fundament der Heidenmauer hindurch 
und durchzieht den Keller des abgebrochenen Häuschens, 
sowie den Hof des Anliegers Math es, wo schon vor vier 
Jahren einzelne Bestandtheile von ganz conformer Art sich 
gezeigt hatten, tritt sodann in das Haus des Hutmachers 
Fr a und ein, wo die Leitung in ihrer diagonalen Richtung 
die Langgasse erreicht und, wenn diese Richtung so fort- 
gehend gedacht wird, den Marktplatz erreichen würde ; auch 
ihr Gefalle nimmt diese Richtung vom Fusse des Heiden- 
bergs gegen das Schloss (oder vielleicht genauer gegen den 
Stadtbrunnen) hin. Von dem Dasein einer solchen in einer 
Tiefe von 4' 4" unter dem Fundament der Heidenmauer 
quer durchziehenden Brunnenleitung war Niemand etwas be- 
kannt und ist ihre Auffindung in Beziehung auf die Anlage 
in römischer Zeit für die Ortsgeschichte von grosser Bedeu- 
tung, denn die Legung der Leitung muss vor der Heiden- 
mauer, die in die zweite Hälfte des 3. «lahrhunderts fällt, 
stattgefunden haben. 

Das Fundament der Heidenmauer ruht nämlich in seinem 
oberen (an der Front des abgebrochenen Hauses ca. 20' 
langen) Theil auf festem Letten- und Kiesgrund, von da 
herab nach der Langgasse zu fehlt jene Kies- und Letten- 
schicht und verwandelt sich in eine versumpfte Stelle ; auf 
dieser ganzen Strecke war dem Fundament der Heidenmauer 
noch eine besondere Sicherung durch ein künstliches Pfahl- 
werk zu Theil geworden. Sämmtliche aus Eichenholz be- 
stehenden Pfahle steckten aufrecht, jedoch nicht senkrecht 
in dem Grund, ihre Köpfe näherten sich bis auf 4" conver- 
girend. Die Länge der sämmtlichen spitz zugehauenen Pfähle 



22 



betnig 4 — 5'. Zwischen diesen meist 4 — 6" starken mdrt 
sehr gut conscrvirten Stämmen waren jedoch auch stärkere, 
bis zu einem Fuss Durchmesser theils gespalten, theils ganze 
Stämme unregelmässig vertheilt. Das Pfahlwerk war sehr 
unregolmässig construirt, die Pföhle nach allen Richtungen 
geneigt ; ihre oberen und unteren Abstände differirten daher 
von 4'' bis zu 2^ Die Unterpfählung erstreckte sich genan 
auf die Breite des Fundaments, d. h. auf 8^. Sämrotliche 
antike Scherben und sonstige kleine Beste des Bömerthums 
steckten tiefer als das Fundament im Schutt und Schlamm 
bis zu 4—5^ unterhalb des Fundaments. Vereinzelte Frag- 
mente verzierter Gefasse von terra sigiüata erregten die Auf- 
merksamkeit mit einigen Inschriften mit Namen der Töpfer- 
meister, unter andern die hier öfters vorkommende Töpfer- 
werkstätte mit der Bezeichnung Officina Fronttni." Der 
Verfasser selbst hat ein Baufragment aus dem Fundament 
der Heidenmauer, worauf das oben erwähnte Haus ruhte, 
entnommen. In der Fortsetzung der Bichtung dieses Fun- 
daments der Heidenmauer, wo man dieselbe quer über die 
Langgasse hinziehend annehmen muss, wurde bei Qelegenheit 
von Kanalisirungsarbeiten ein werthvolles inschriftliches 
Fragment mit vorzüglicher Schrift im Mai 1865 aufgefunden 
und kamen noch weiter durch den Abbruch der Heidenmauer 
kolossale Säulenfragmente, Gesimse und sonstige Bautrümmer 
in unsere Sammlungen, namentlich auch das Fragment eines 
zweizeiligen Altars.^) 

2) Holzröhrenleitung in der Langgasse (Taf V). 

1873 wurde in dem Hinterhause des Hutmachers F r aund 
Nr. 13 in der Langgasse, 34' von der Langgasse nach dem 



i) Die beiden Inschriften wurden durch Professor Becker in 
Frankfurt des Nähern erklärt in unseren Annalen VIH, pag. 575—76. 



23 



Hinterhause entfernt, 5' tief eine runde Holzröhrenleitung 
von 11" dicken Eichenstämmen mit einer 2" weiten centri- 
schen Durchbohrung gefunden, deren Oberfläche aber nicht 
rund, sondern eine sorgfältig bearbeitete oktogene Fläche 
darstellte; die Eichenstöcke waren durch eiserne Binge (3" 
hoch, 4" im Durchmesser) mit einander verbunden (Taf. I, 
Fig. 6 und 7), schwarz, sehr zerfasert und bröckelich, ganz 
so wie die im Kirchhofsgässchen gefundenen, und entsprachen 
in Beziehung auf die diagonale Richtung nach der Langgasse 
vollkommen jener Linie, wodurch ihre an drei verschiedenen 
Stellen gefundenen Röhren als ein und derselbe Strang er- 
scheint, der nach Südwest gegen den Stadtbrunnen hin ge- 
richtet scheint. 

3) Holzrohrenleitung in dem Badhaus zum Engel 

am Eranzplatz (Taf. VI). 

Herr Neuen.dorf, Besitzer des Badhauses zum Engel, 
fand 1862 in dem hinteren Theil seines Gartens bei Her- 
stellung eines Reservoirs Va Segment eines Kreises mit einem 
Durchmesser von 20, das durch eine Mauer von 6' Dicke 
hergestellt war, an dessen convexe Aussenseite 4 runde, 1' 
2" im Durchmesser haltende, 2V2' hohe Sandsteinsäulen an- 
gelehnt waren, die noch vorhanden sind. Auch fand sich 
ein bemerkenswerther Rest einer hölzernen Wasserleitung, 
nämlich 2 ausgehöhlte Halb-Cylinder von Eichenholz, die 
aufeinanderlagen und so einen geschlossenen Holzkanal dar- 
stellten. 

4) Holzröhrenleitung im Badbaus zum Schwanen 

am Eranzplatz (Taf. VI). 

1873 fand Herr Neuendorf in dem hinteren Theile 
des von ihm angekauften Badehauses und Gartens zum 



24 



Schwanen bei Erbauung von Bädern und Wohngebäuden bei 
der Fundamentirung runde Wasserleitungsröhren von Eichen- 
holz, sehr morsch, faserig und schwärzlich, welche Holz- 
röhren mit 2'^ weiten Oeffnungen durchbohrt waren und in 
der Richtung von NW. nach SO., beinahe parallel mit der 
Saalgasse, 12' von dieser entfernt, verliefen. 

Wenn man den Anfang und das Ende mit den fehlen- 
den Zwischengliedern zusammenrechnet, so kommt eine Länge 
von 80' heraus. Die Untersuchung wurde sehr erschwert 
durch das mit Thermalwasser reichlich geschwängerte und 
sumpfige Erdreich, wie es schon zur römischen Zeit bei der 
Anlage der Bäder bestanden haben muss; denn ein Theil 
dieses Terrains, welches 25' tiefer als das Niveau der Saal- 
gasse liegt, war durch einen Pfahlrost geschützt, dessen Pßlhle 
V dick waren und deren Köpfe 1' hervorragten und in der 
Mitte des Kopfes ein centrales Loch zeigten, ohne Zweifel, 
um durch horizontale Verbindungsbalken , den eingerammten 
Pßlhlen um so mehr Haltbarkeit zu geben und sie in ihrer 
aufrechten Stellung zu erhalten. Dabei wurde Ziegelmauer- 
werk gefunden, dessen Mörtel sehr reich an klein gestossenen 
Ziegelstücken war. 

In der nordöstlichen Ecke des Gartens zum Schwanen 
wurde eine von Norden nach Süden verlaufende 5' breite 
und 4' hohe 20' lange Mauer gefunden. Diese Mauer, die 
im Norden beginnt, konnte in dieser Sichtung nicht weiter 
verfolgt werden, weil sie unter der Saalgasse, die 25' höher 
liegt, fortlief; im Süden wendet sich diese Mauer in einem 
rechten Winkel nach Osten; auch dieser kürzere Arm des 
Mauerdreiecks von 12' Länge konnte nicht weiter verfolgt 
werden, weil er in dem Terrain des Angrenzer Herrn Herz 
zum Weissen Boss sich fortsetzte. Diese 2 Mauern bildeten 
sicher die südliche und nördliche Begrenzung eines grossen 



25 



Badgemachs, wie aus der grossen Sorgfalt hervorgeht, mit 
der man bestrebt war, ein undurchdringliches wasserdichtes 
Mauerwerk herzustellen. Bei der Aufführung der Mauern 
beobachtete man folgendes Verfahren. Die Mauer bestand 
in ihrer ganzen Breite von 5' aus einer Lage von Back- 
steinen von 14" im Quadrat und 2" Dicke ; darauf war ein 
dicker Backsteinmörtel auf die Backsteinfläche aufgetragen 
und so wiederholte sich dies fort. Diese Mauern waren 4' 
hoch, die ganze, nach dem Innern des Gemachs sehende 
Fläche der Wände war gleichfalls mit 14" im Quadrat hal- 
tenden und 2" dicken Backsteinen ausgekleidet, deren Fläche, 
wie dies gewöhnlich der Fall ist, mit spiralförmigen Ver- 
tiefungen bedeckt war, um dem festen, feinen, V dicken 
Verputz durch verstärkte Adhäsion mehr Haltbarkeit zu 
geben. Der Boden selbst war mit denselben oben beschrie- 
benen Backsteinen geplättet. Herr Neuendorf liess ca. 
60 Stück herausnehmen, um ein modernes Gemach damit 
zu plätten. 

Ich habe diese nähere Beschreibung gegeben, weil die 
Holzröhren in dieser guten römischen Gesellschaft vorkommen, 
die auch ihnen ihren römischen Ursprung sichert. 

6) Die Holzröhrenleitung im Sehützenhof (Taf. V). 

Der Ingenieur Jost sagt in seinem an den Vorstand 
für Geschichte und Alterthumskunde gerichteten Bericht: 
,Im November 1865 wurde mir durch Herrn Mar ix, dem 
Eigenthümer des Schützenhofes, bei dessen Abbruch die Lei- 
tung übertragen. Dabei wurde mir von dem Vorstand des 
Vereins für Geschichte und Alterthumskunde der Auftrag, 
auf Alles, was für den Verein von Interesse sein könnte, 
zu achten und die Funde zu verzeichnen. Diesem Auftrage 



26 



glaube ich auf das Gewissenhafteste nachgekommen zu sein 
und lege dem Vereinsvorstande hierbei die von mir gesam- 
melten verzeichneten Funde nebst Beschreibung ergebenst vor. 

Als die Gebäude abgelegt und der Raum zu Bauplätzen 
parcellirt war, wurde die Ausebnung zu Baustellen vorge- 
nommen. Bei weiterem Tiefgraben zum Zwecke der Fun- 
diruhgen neuer Hausbauten stiess ipan in der Tiefe von 2 
bis 3' auf die mit (12) bezeichnete Wasserleitung ; <) sie 
war in Holzröhren, welche egal achteckig waren, hergestellt ; 
die Durchbohrung mag 2V2" betragen haben. Bei 12 der 
üebersichtskarte lag die Leitung genau 3' 4" unter dem 
Strassenpflaster-Niveau und 18' von der Langgasse entfernt ; 
ein anderes Stück, 12 b, lag etwas höher, 38' von der Lang- 
gasse entfernt sogar über dem Strassenpflaster-Niveau, welches 
ich für alle Folgen als Mittel des Schützenhofterrains oder 
vor dem Poths' sehen Hause auf der Krone der Fahrstrasse 
angenommen habe. Die Wasserleitung, welche unter dem 
Gemeindebadgässchen und wohl unter dem KrempeFschen 
Hause noch weiter hinzieht, hat den Fall nach Süden und 
hängt wahrscheinlich mit denjenigen Eesten einer Wasser- 
leitung, welche seiner Zeit in der Kirchhofgasse (vide Ueber- 
sichtsplan) aufgefunden wurde, zusammen." Diese Ansicht 
ist unzweifelhaft irrig. 2) Jost fährt in seinem Bericht 
fort : „Ein Stück von 14' Länge, sauber und egal gearbeitet, 
war achteckig, von Eichenholz und hatte eine 2V2" durch- 
bohrte Oeffnung; andere Stücke waren mehr beschädigt. 

Obschon die Leitung keinen vollständigen Zusammen- 



1) Auf der üebersichtskarte des ganzen Schützenhofterrain von 
Jost verzeichnet. 

2) Der Verfasser wusste noch nichts von der viel später (1873) 
aufgefundenen Holzröhrenleitung indem Fraund' sehen Hause, welche 
als die Fortsetzung der Leitung im Eirchhofsgässchen zu betrachten ist. 



27 



hang mehr hatte, so lässt sich doch aus der Lage der vor- 
gefundenen Stücke annehmen, dass dieselbe noch unverrückten 
Orts vorkamen. „ 

6) Holzröhrenleitungen in yerschiedenen Gegenden 

Wiesbadens. 

Wir haben bis jetzt 5 Holzröhrenleitungen nachgewiesen ; 
wir glauben aber noch mehrere andere Holzröhrenleitungen 
namhaft machen zu müssen, ohne dass wir im Stande sind, 
die Holzröhren selbst als noch vorhanden nachweisen zu 
können, nichtsdestoweniger aber dieselben als früher vor- 
handen voraussetzen zu können. 

Bei der Beschreibung des Holzröhrenstranges, der in 
dem Hinterhause des Hutmachers Fraund Nr. 13 in der 
Langgasse gefunden wurde, ist bemerkt, dass die Böhren- 
stöcke mit eisernen Bingen, da wo sie mit ihren Flächen 
zusammenstossen, verbunden waren. 

Solche eiserne Binge haben wir aber in Wiesbaden* eine 
grosse Zahl gefunden, die sich in unserem Museum befinden, 
ohne jedoch die Holzröhren, die sie wohl zusammenzufügen 
bestimmt waren, zu entdecken. Die Holzröhren selbst waren 
durch die Länge der Zeit der Zerstörung anheim gefallen; 
diese Binge (siehe Taf. I , Fig. 6 und 7) fanden sich an 
folgenden Orten vor: 

1) in der oberen Bheinstrasse vor dem Hause des Musik- 
Instrumentenmachers Wolf Nr. 17a bei Anlegung des ICK 
tiefen Kanals für die Wasserleitung, 

2) auf dem Marktplatz in der Gegend der Butterwage 
vor dem kaiserlichen Schloss, gleichfalls bei Anlegung des 
Wasserleitungskanals, 

3) auf dem Heidenberg im Garten unseres Vereins- 



28 



dieners Weck, dessen Oarten noch in den Bering des süd- 
östlichen Eckes des römischen Castells f&llt, 

4) in der Moritzstrasse bei den Neubauten daselbst, 

5) in den Aeckem auf der nördlichen Seite des Gartens 
des Gärtners König oberhalb des Rondels rechts der Biebricher 
Chaussee. Dort wurden sie beim Lehmgraben zum Back- 
steinbrennen zusammen' mit Trümmern der Thonwasserlei- 
tungsröhren gefunden, deren Strang Herr König ausgegraben 
hat bei Anlage seines Gartens ; von ihnen befinden sich 
mehrere Bohren im Museum; wir schliesseu daraus, dass 
früher eine Holzröhrenleitung vom heiligen Born an angelegt 
war, die später durch eine Thonröhrenleitung ersetzt wurde 
oder umgekehrt. 

Ein Beleg, wie ungenau und lückenhaft die Berichte in 
den archäologischen Annalen, die Thonwasserleitungsröhren 
betr., verfasst sind, geht aus folgender Mittheilung (Jahres- 
bericht, nützliche Forschungen für Trier 1853 S. 34) her- 
vor. Dort heisst es von dem Orte Mexheim: »In der 
ganzen Gegend stösst man auf altes, mit rothen Ziegeln ge- 
mischtes Gemäuer, und ganz in der Nähe wurden vor mehreren 
Jahren Wasserleitungen entdeckt, welche nach der Beschrei- 
bung, die mir der Besitzer des betreffenden Grundstücks 
machte, römische gewesen zu sein scheinen. Sie bestanden 
aus Thonröhren, welche mit eisernen Ringen an 
einander befestigt waren.* Dann heisst es weiter 
(S. 35) : „Eine halbe Stunde von Euxheim ist eine Stelle 
von V4 Stunde im Quadrat; sie heisst Amweiler, der Sage 
nach stand früher hier eine Stadt, diese ganze Stelle ist in 
Bauschutt, der mit rothen Ziegeln vermischt ist, überdeckt. 
Beim Ackern stösst man fortwährend auf Mauern, die nicht 
tief liegen. Ein Mann aus Leudersdorf stiess vor einigen 
Jahren beim Ackern auf ein Gewölbe, das mit ausgelauchter 



29 



Holzasche ausgefüllt war. Ausserdem sind an dieser Stelle 
eine Menge thönerne Wasserröhren ausgegraben worden, die 
grösstentheils verschleudert oder in den benachbarten Orten 
wieder zu dem ursprünglichen Zwecke verwendet wurden.* 

Diese Mittheilung beruht auf dem Bericht des Acker- 
besitzers, dessen Bildung unbekannt ist, aber gewiss von 
keinem Sachverständigen herrühren kann. Derselbe wird 
wohl, wie wir zu Wiesbaden, in der Nähe von Thonröhren 
auch eiserne Ringe gefunden haben, dioTon einer früheren 
hölzernen Leitung zurückblieben und zu dem falschen Schluss 
ihrer Zusammengehörigkeit mit den Thonröhren verleitet. 

Einen weiteren Grund, welcher diese eisernen Ringe nur 
als Verbindungsmittel von Holzwasserröhren erscheinen lassen, 
werden wir bei Beschreibung derselben hervorheben. Man 
findet grosse und kleine Ringe, die grossen haben einen 
Durchmesser von 3" 10"', die kleineren von 3" 8'" sind 
vollkommen rund ; ihre Breite 2" 8'", die der kleineren 15"', 
die Dicke vder Wände 1'". Bei beiden Arten findet sich in 
der Mitte ihrer Aussenfiäche eine um den ganzen Ring herum- 
laufende Gräte oder Leisten von 1 — 1 V2'" Höhe, der offen- 
bar die Grenze bestimmte, bis zu welcher diese Ringe, welche 
scharf waren, in die Holzröhre eingetrieben wurden, so dass 
durch sie die Röhrenstöcke fest verbunden wurden und die 
gebohrte Oeffnung derselben durch den Ring hindurchlief. 

Ihre Bestimmung übrigens, die Holzröhren mit einander 
zu verbinden und nicht auch Thonröhren, geht daraus her- 
vor, dass sowohl die Aussen- wie Innenfiäche der eisernen 
Ringe mit den Längenfasem des Holzrohres, in welches sie 
eingetrieben waren, reichlich bedeckt sind, dass diese Holz- 
fasern vollkommen metallisirt sind, dass sie fast nur durch 
die Längenfasern als Holz deutlich erkannt werden können. 



30 



Y. WasBfdeitinis mittelst ThauShreB. 



Wir hssetiftig» uns jetit ul der a. Ait der Wasser- 
leitosgai mittekt lli*>iiTShicBL die in Wie^Mida und seiner 
niffat^n ümgebiDi? am laUreicfela TertretCB isL mid ob- 
^ekli dies wohl aiidi in andein r^mtsdien Xiederiassimgen 
der Fan sein wiid. so ist man dennodi am weingslcn nbo- 
ihmi ürspmi^. ilir Vorkommen mid ihie Form vnleniclitety 
da die Aidka«d€^en sie bis jetzt nicht mit der Anfineifcsam- 
keh behandelt haben, die sie rerdienten. Sie werden nirgends 
dngehend besprochen mid in den VereiKsefariften nnr ober- 
fladilich nnd ohne Fandberieht ervihnt nnd sehr mai^Ihaft 
oder gar nicht beschrieben. Deshalb wird anch hanfig ihr 
romischer ürspnmg ais Mangel einer richtigen Diagnose 
^elfadi in Zweifel gexogen und ohne Anfihrong Ton Grün- 
den werden sie häufig für mittelaltefiiche Wasserkitnngsk 
r&hren gehalten . ohne dass man indessen nber das 
Charakteristische oder auch nnr über das Geschichtliche d«r- 
selben^ in welcho- Ansdehnm^. in wdcher Zeit, in wdchar 
Form, oder ob sie überhaupt im )littelalter Torkommen, 
eine genügende Antwort geben kann, ebenso bestdien keine 
festen Criterien zur Beurtheilung derselbe in Beziehui^ auf 
ihre Länge. Weite. Farbe. Form und Technik. In Betreff 
ihres häufigen Vorkommens in Wiesbaden müssen wir an 
einen Ausspruch Vämr^ erinnern, welcher sagt : ,das Wasser 
aus Wasserleitungen mittelst Thonr^hren ist das gesundeste 
und sie sind am billigsten herzustellen.*^ 

Mögen daher diese Zeflen zur weiten»i Beschäftigung 
und weiter«! Aufklärung dieses Gegenstandes Veranlassung 
geb«L 



31 



Wir unterscheiden unter den Thonröhren zwei Arten, 
die beide in Wiesbaden vorkommen und im Wesentlichen 
mit einander übereinstimmen, doch in Beziehung auf Länge, 
Umfang, Farbe und Gestaltung und durch die Form des 
Muffs, wenn auch unwesentlich sich voneinander unter- 
scheiden, auch machen sich die beiden Arten bemerkbar 
durch die topographischen Fundstellen ; die eine Art der Thon- 
röhren sind die rothen, die andere die hellen Thon- 
röhren. 

Die rothen Eöhren (Taf. IL Fig. 16 u. 17) kommen nur in 
dem nordöstlichen Theile, die hellen weisslichen in dem süd- 
westlichen Theile der Stadt und ihrer Umgebung vor^ die 
ersteren sind roth von römischer Backsteinmasse; sehr gut 
gebrannt, geben sie bei dem Anschlagen mit dem Finger 
einen Klang von sich, sind kleiner als die hellen, und zwar 
nur 19" lang, während die hellen 3" bis 4" länger sind, 
auch sind die rothen viel gleichmässiger und sorgfältiger 
gearbeitet. Bei ihrer Zusammenfügung ist nie eine Spur 
einer Verkittung zu bemerken. Die im südwestlichen Theil 
von Wiesbaden vorkommenden hellgelbjichen , hellbläulicheiv 
oder hellbräunlichen oder auch hellröthlich schimmernden 
und grösseren Röhren sind 19" bis 24" lang. 

Bisweilen scheinen die bläulichen Röhren, die auch bei 
ihrem Bruch im Innern eine bläuliche Farbe und einen 
dichteren Kern der Thonmasse zeigen, den Uebergang in 
das Steingut zu bilden. Auch der Dombaumeister Cuno hat 
rothe und hellgelbliche Röhren bei Trier beobachtet ') ; er 
sagt: «In der Hees bei Birten wurden einige Röhren einer 
römischen Wasserleitung gefunden, die Röhren bestanden 
aus schönem, rothen Thon, andere waren hellgelblich. •* 



Jahresbericht nützliche ForschuDgen für Trier 1853. 



32 



a. Bothe Thonröhren. 

Wir wenden uns zuerst zu den rothen kleineren Bohren, 
weil sie die ältesten zu sein scheinen und schon vor einem 
halben Jahrhundert entdeckt wurden, und nur im nordöst- 
liehen Theil von Wiesbaden besonders im Dambachthal vor- 
kommen, aber vorzugsweise, weil sie entschieden römischen 
Ursprungs sind und somit als Prototyp des römischen Cha- 
rakters für Beurtheilung anderer Funde von Thonröhren 
ähnlicher Art massgebend sind. Gefunden wurden sie an 
folgenden Stellen: 

1) Im Bömerbad (Taf. VI). 

Wir beginnen mit den im Badhaus zum Römerbad, 
früher weissen Löwen, 1815 von Dorow gefundenen zwei 
Thonwasserleitungsröhren , die bei dem Umbau des Hauses 
in einem aufgedeckten römischen Badegemach in Begleitung 
vieler römischen Gegenstände beim Aufräumen desselben ge- 
funden wurden, wie auch Scherben unverzierter Gefässe von 
terra sig, und gewöhnlichem Thon, ein Trinkgefass von 
schwarzer Farbe mit der Inschrift M. L S. G. JE., deren Buch- 
staben weiss aufgetragen sind, eine Münze mit der Inschrift 
Constnntinus Felix Augustus^ Revers: eine nackte Figur 
mit der Umschrift Soli invicto comiti, eine Kupfermünze von 
Kaiser Maximian, das Fragment eines Ziegels mit Leg. XIV. 
grosse Ziegel-Platten mit zirkeiförmigen Riefen, verspeiste 
Ziegelstücke von feinem abgeglättetem Ziegelmörtel, gröberer ^ 
Ziegelmörtel, der jenem zur Unterlage diente, Stücke der 
Wandbekleidung des Bades, Bad-Sinter, womit der ganze 
Badkanal ausgefüllt war, sodann jene zwei roth gebrannten 
Wasserleitungsröhren, 3 Skelette, in deren Schädel Blei ge- 



33 



gössen war. Das Bad und die Eöhren sind von D o r o w ^) 
beschrieben und abgebildet '). 

Die Beschreibung der Bohren ist auch bei D o r o w un- 
befriedigend, wird aber durch die Abbildung ergänzt; er 
sagt nur: «Sie sind 19" lang, von rother römischer Back- 
steinmasse und sehr gut gebrannt.* Der Ort, wo diese 2 
Bohren gefunden wurden, in einem römischen Badgemach 
in Begleitung so vieler römischer Gegenstände, lassen sie 
als acht römische Eöhren zweifellos erscheinen, wir haben 
ein Muster acht römischer Röhren, und ein Recht, wo auch 
sonst sie mögen gefunden werden, ohne in jener guten römischen 
Gesellschaft vorzukommen, sie als römische zu bezeichnen. 

2) Am Neroberg^. 

Bei dem Ackern eines Feldes am Fusse des Neroberges, 
sagtDorow weiter (a. a. 0.) fanden sich gleichfalls Wasser- 
leitungsröhren aus Thon, rothgebrannt, die in Stoff, Grösse 
und Form denen ähnlich waren, welche im Römerbad ge- 
funden und bei Dorow (a. a. 0.) abgebildet wurden. 

3) Beim AUeesaal (Taf. YI). 

Sodann fand man ganz ähnliche Thonwasserleitungs- 
röhren bei der neuen Anlage der Taunusstrasse (Dorow a* 
a. 0. II. Heft S. 2—3); namentlich „bei dem Hause des 
Louis Schlichter (jetzigen AUeesaal), 40 Schritte von 
diesem Hause nach dem Nerothal zu, fand man die Thon- 
röhren einer Wasserleitung, die sich in der Richtung nach 
dem Nerothal hinzog.* Form und Grösse sind gleich mit 
den römischen Röhren, die im Römerbad gefunden wurden, 



1) Opferstätten und Grabhügel der Germanen und Eömer 1819. 
1. Heft, S. 55—66. 

«) a. a. 0. Tafel XXI und XIX und XX. 

3 



84 



jedoch scheinen die am Alleesaal gefundenen nach Dorow 
nicht so hart gebrannt zu sein und hatten auch nicht die 
schöne rothe Farbe wie jene. Sie zeichneten sich dadurch 
vor den am Fusse des Nerobergs entdeckten aus, dass sie 
«eine schützende Lage in hartgebrannten Hohl- 
ziegeln hatten**, wodurch ihr römischer Ursprung gleich- 
falls bezeugt wird. Nach Erkundigungen, sagt Dorow, 
ergab sich, dass die bei Schlichteres Haus gefundenen 
der Töpfer Jung im 7jährigen Kriege gelegt haben soll (? ?) 
Dorow I. Heft S. 2—3. Auch begegnete man bei diesem 
Hausbau des H. Schlichter einem Brand- und Begräb- 
nissplatz (Ustrinum), 15' im Quadrat, mit Urnen, Eingen, 
Beschlägen, Asche, Knochen, Pferdegerippen; sowie man 
auch bei dem Hausbau römische Mauern und Kalk, Ziegel 
und Mörtel nebst einer Münze von Marcus Aurelius 
fand. Auf die Bemerkung D o r o w ' s , dass nach Erkundigung 
diese Röhren im 7jährigen Kriege gelegt worden seien, 
können wir unmöglich auch nur einiges Gewicht legen, da 
sie nach der Mittheilung von Dorow den im Bömerbad 
gefundenen römischen in Grösse und Form ganz gleich seien 
und zudem in römischen Hohlziegeln gebettet waren, auch 
ganz in der Nähe ein Ustrinum, eine Brandstätte für Leichen 
sich befand, und zahlreiche römische Funde, wie oben ange- 
geben, gefunden wurden. 

4) In der Saalgasse. 

Noch darf ich nicht unterlassen, einer weiteren Mit- 
theilung des städtischen alten Bauaufsehers Martin zu er- 
wähnen, der mir bestimmt versicherte, dass in dem 3. Jahr- 
zehnt dieses Jahrhunderts, in der Saalgasse, da, wo dieselbe 
in die obere Webergasse einmündet, in der Stadt Frankfurt vier 
jenen oben namhaft gemachten Röhren ganz gleiche gefunden 
worden seien. Wenn es auch feststeht, dass die von Rück er 



35 



aufgefundene Quelle, (von der wir sogleich das Nähere an- 
geben werden), die ist, von der aus die durch das Dambachthal 
führende römische Leitung gespeist wurde, so bleibt doch 
das weitere Ziel ihrer Leitung und Eichtung in Dunkel ge- 
hüllt, namentlich die Frage, ob sie mit den von Dorow 
gefundenen Leitungen in Verbindung zu bringen ist. Die 
von Dorow 40 Schritt nördlich vom Alleesaal gefundenen 
Bohren, können nicht als eine Fortsetzung der in dem Dam- 
bachthale von Rück er gefundenen Röhrenleitung herrühren, 
deren Leitung zuletzt im Hofe und vor dem Hause des Hof- 
-schlossers Philippi (Nr. 4) i^ der Mitte des Fahrwegs 
im Dambachthale entdeckt wurde, obschon die Richtung 
dieser Leitung jener von Dorow angegebenen Gegend vor 
dem Alleesaal einigermassen entspricht, weil nach Dorow 
jene Röhren längs der Taunusstrasse, also nach dem Nero- 
thale gerichtet gewesen sein sollen, während nach der Rich- 
tung der Röhrenleitung vor dem Hause von Philippi, 
Nr. 4, dieselbe die Taunusstrasse müsste gekreuzt haben. 
Es bleibt also nur noch die Frage übrig, ob die Röhren- 
leitung im Römerbad und die in der Stadt Frankfurt mit der 
Dambachleitung, die nach der Stadt führte, in Verbindung 
gebracht werden könne; eine Frage, die verneinend beant- 
wortet werden muss, denn die Richtung der Leitung aus 
dem Dambachthal in derselben Richtung fortgesetzt gedacht, 
pfeilt wohl nach dem Alleesaal und lässt das Römerbad und 
die Stadt Frankfurt in der Saalgasse zu weit rechts liegen, es 
sei denn, man müsste einen oder mehrere Knicke in der 
Leitung annehmen, wie sie allerdings durch eine besondere 
Vorrichtung bei den Römern hergestellt wurden. 

5 ) Im Dambachtliale (Uebersichtsplan Taf. IH). 

Der reichste Fundort der rothen Röhren war das Dam- 
bachthal. Als Herr Bauunternehmer Rück er in dem 

3* 



36 



wasserreichen Dambachthale nach einer Quelle suchte, zeigte 
ihm den Weg ein aus einem Mauseloche fliessender heller 
Wasserstrahl. Die Nachgrabung führte zu einer Quelle 3' 
tief, die zwar nicht gefasst war, von der aber eine Leitung 
in rothen Bohren, die wie oben angegeben, yon Dorow 
abgebildet und beschrieben, in diagonaler Richtung quer 
über die Wiese nach dem Dambachthale abwärts führte. 
Im Museum finden sich gegen zwanzig an verschiedenen 
Stellen und zu verschiedenen Zeiten in der bezeichneten 
Eichtung gefundene Röhren. Dieselben sind in Beziehung 
auf Grösse, Form und Farbe genau den von Dorow im 
Bömerbad, am Fusse des Nerobergs und in der Taunus- 
strasse gefundenen gleich, von denen wir unten eine genaue 
Beschreibung geben werden. 

Die Eichtung der Wasserleitung zeigt der Plan. Taf. V. 

Die angegebenen Bohren dieser Wasserleitung wurden 
gefunden : 

1) in der Dambachthalstrasse , der Mitte des Hauses 
Nr. 4 des Schlossermeisters Philippi gegenüber, etwa in der 
halben Strassenbreite und zwar gelegentlich der Aufwerfung 
des dasigen Grabens für städtische Leitungen. 

Dieser Fundort ist von dem Anfang der Dambachthal- 
strasse, wo dieselbe von der Capellenstrasse ausgeht, 79,5 
Meter entfernt. 

2) Der nächstfolgende höher gelegene Fundort ist von 
dem Ersteren in der Strassencurve gemessen circa 101 Meter 
entfernt; wird die Entfernung geradlinig angenommen, wird 
sie 94 Meter betragen. Dieser Fundort ist auch zur Zeit 
durch die Grenze zweier Gärten bezeichnet, von welchen der 
untere dem Herrn Fresenius gehört, in dessen Garten 
einige Bohren jenseits der Gartenmauer, die ihn von dem 
Promenadenweg trennt, gefunden wurden. 



37 



Die Quelle, welche die fragliche Wasserleitung speiste, 
liegt, in dem Promenaden weg gemessen, 212 Meter von dem 
zweitgenannten Fundorte in dem Thale aufwärts, 27 Meter 
rechts von der Mitte des Hauses in . dem Dambachthal 
Nr. 6/8 auf dessen Flucht rechtwinklich gemessen. 

m 

Eücker leitet gegenwärtig von jener Quelle im Dam- 
bachthale das Wasser in einer Röhrenleitung in seine Be- 
sitzung auf dem Adolphsberg. 

Einige Hundert Schritte oberhalb der von Eücker 
entdeckten römischen Quelle im Dambachthale gleichfalls 
auf der linken Seite des Thaies liegt die Quelle des soge- 
nannten Holzbom. Die Ausdehnung der Stadt durch die 
Capellen-, Dambach- und durch die Verlängerung der Geis- 
bergstrasse erinnerte im Jahre 1849 an, die schon 1818 ge- 
fasste Holzbornquelle im Dambachthal; sie wurde gründlich 
gefasst und liefert 11 Maass Wasser in der Minute und 
speist seit 1830 —32 die Brunnen in der Capellen- und Geis- 
bergstrasse. 

Indem wir nun die von D o r o w im Römerbad am Fusse 
des Nerobergs und am Alleesaal gefundenen Röhren als 
römische vor uns haben, so glauben wir nach Dorow's 
Beschreibung und Abbildung, verglichen mit den von Rücker 
im Dambachthal gefundenen, berechtigt zu sein, dieselben 
gleichfalls für römische zu halten und lassen ihre Beschrei- 
bung hier folgen: 

Beschreibung der Thonröhren im 
Dambachthal. 

Eine Abbildung einer Röhre zeigt Taf. II. Fig. 16, 
eine im Durchschnitt Taf. II. Fig. 17. 

Die Röhren sind 19" lang, von Backsteinmasse, von 
ziegelrother Farbe, sehr gut und hart gebrannt, geben bei 



38 



dem Anschlagen mit dem Finger einen hellen klangreichen 
Ton. Das Rohr wird von dem Halse, der mit den Rohr- 
wandungen 2^^ 2'^^ breit ist, bis zu dem Ende des Muffs 
allmälig immer weiter, so dass das Rohr am Ende des Muffs, 
die Rohrwandungen mitbegriffen, eine Weite von SVa'^ hat. 

Die Weite am Ende des Muffs beträgt 2" 9"' im 
Lichten, 372'^ niit den Wandungen, die innere Länge des 
Muffs misst 2" 8'". Der trichterförmig immer enger 
werdende Muff geht dann plötzlich mit einem stumpfen 
Winkel in die gleichförmige Weite des Rohrkanals von 1" 7'" 
über. Der trichterförmig enger werdende Muff bietet in 
seinem Innern keine horizontale Fläche dar, sondern eine 
gering concave, auf seiner Aussenseite findet keine Ab- 
grenzung von dem Rohre durch die Leiste statt. Der engere 
Hals, der in den Muff eingefügt wird, misst in seiner Breite 
mit den Wandungen 2"^ 2"' und 1" 7"' im Lichten, so weit 
als die Weite des Rohrkanals; die des eingezogenen Halses 
beträgt IV2" und wird auf der Aussenseite, wo der Hals 
' beginnt, durch eine sehr starke 4 bis 5'" hohe Leiste rings- 
um abgegrenzt. Diesem äusseren Wulst entspricht im Innern 
des Halses eine sehr markirte um den Hals herum laufende 
concave Rinne, deren Ausbaugung aber nicht hinreicht, die 
Stärke der äusseren Leiste zu bewirken. Die äussere Ober- 
fläche des Halses ist nicht horizontal, sondern etwas convex, 
um sich genau an die etwas concave Oberfläche des Muffs 
anzuschliessen. 

Es ist zu bemerken, dass weder die Ober- noch die 
'Innenflächen der Röhren glatt sind, sondern dass die Ober- 
fläche mit spiralförmigen 5 — 6"' breiten ganz flachen Er-" 
habenheiten und Vertiefungen, die jedoch durchaus nicht 
scharf und gleichförmig ausgeprägt sind, spiralförmig um- 
zogen ist; ebenso ist die Innenfläche meistens mit spiral- 



39 



förmigen, jedoch viel schmäleren Windungen von circa 2—3'" 
breiten spiralförmigen Vertiefungen und Erhabenheiten be- 
deckt. Die Ursache ihrer Entstehung auf der Innen- und 
Aussenfläche scheint deshalb eine verschiedene zu sein, weil 
ihre Breite und Tiefe sich nicht entsprechen. ^) Bemerkens- 
werth ist, dass an dem Halse der rothen Röhren, sowie auf 
dem Muff sich nie Spuren einer Verkittung vorfanden, welche 
zur Verbindung derselben verwendet wurde. 

Sollte vielleicht eine organische Materie dazu verwendet 
worden sein, die durch die Länge der Zeit zerstört wurde? 

b. Helle Thourohren. 

Ausser den bisher angeführten Röhren finden sich nun 
auch helle. Um ihren Character als römische zu erweisen, 
benutze ich die in Rodel heim und Hausen bei Frankfurt a. M. 
aufgefundenen unzweifelhaft römischen, mit denen die unseren 
aufs genaueste übereinstimmen. Die Röhren im Römerbad 
dienten uns gleichsam als Leitmuschel, denn da dieselben 
unzweifelhaft römisch sind, so müssen die ihnen ganz gleichen 
im nördlichen Theile von Wiesbaden gefundenen Röhren es 
gleichfalls sein ; dieselbe Rolle übernimmt also die bei Prank- 
furt a. M. entdeckte Röhrenleitung in Beziehung auf die 
richtige Diagnose der im südwestlichen Theil von Wiesbaden 
und seiner Umgebung gefundenen hellen blassgelblichen Thon- 
röhren; denn bei der Frankfurter Röhrenleitung befand sich 
ein Schlanmakasten aus Basalt, der sich nach seiner auf 
seinem Rande eingemeisselten Lischrift {Leg. XXII p.p-f), 
wenn sie auch durch Verwitterung etwas verwischt, als ein 
römischer erweist. Da nun diese gelblichen Röhren mit 



1) Ein erfahrener Töpfermeister hielt die äusseren Windungen der 
Köhren als durch die Finger der Hand des Töpfers beim Drehen auf 
der Drehscheibe hervorgebracht. 



40 



jenen blassgelblichen im südwestlichen Theil von Wiesbaden, 
bis auf ganz unwesentliche Abweichungen, die grösste Aehn- 
lichkeit haben, so fallen sie bei Beurtheilung unserer Eöhren, 
als römische schwer in's Gewicht. 

Das Geschichtliche ihrer Auffindung ist folgendes nach 
den Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alter- 
thumskunde III. B. S. 163 *) Frankfurt a. M. 1868. 

Nach den Mittheilungen von Eömer Büchner von 
1854 wurden schon in früheren Jahren in der Gemarkung 
der nahe bei Frankfurt a. M. an der Nidda gelegenen Orte 
Bödelheim und Hausen unterirdische ßöhrenleitungen aufge- 
deckt. Derselbe sagt: „An dem rechten Niddaufer, der Ge- 
markung Hausen gegenüber, in dem Brödelheimer Feld be- 
finden sich die Eöhren an zwei Orten von der gewöhnlichen 
Backsteinmasse von 2—3' Länge und 4" Durchmesser mit 
einer Oeflfnung von 3", an einem Ende ist ein Eand und 
die Bohre etwas kleiner im Durchmesser, damit sie in eine 
andere gesteckt werden konnte. 

Der römische Ursprung dieser Eöhrenleitung dürfte sich 
aber nun durch ganz kürzlich erst gemachte Aufdeckungen 
in derselben oben bezeichneten Gegend, aber auf dem linken 
Niddaufer^ erweisen. 2) 

Am 26. März 1864 wurden auf einem an das linke 
Ufer der Nidda stossenden Acker eines Bürgers von Hausen 
weitere Spuren, ohne Zweifel von derselben oben besiihriebenen 
Eöhrenleitung, aufgefunden. Es sind den früher aufge- 
fundenen ganz gleich lange Eöhren, von demselben Durch- 
messer, sowie ein dazu gehöriger Schlammkasten von Basalt, 



1) Eömerspuren in der Umgegend von Frankfurt a. M. von dem 
Herrn Professor Dr. Becker und Oberst von Co hausen. 

2) am angeführten Orte Seite 162. 



41 



er trug auf seinem Bande die Inschrift L XXII A ; letzterer 
Buchstaben muss wohl Alexandriana oder Augusta gedeutet 
werden, wodurch nicht allein der römische Ursprung, sondern 
auch die Zeit der Herstellung dieser Leitung im Allge- 
meinen festgestellt wäre. 

Die oben gemachten Mittheilungen haben die Verfasser 
den Notizen des Herrn P. Ger so n von Frankfurt entnom- 
men, welcher der Aufdeckung an Ort und Stelle gefolgt ist 
und auch ausser einigen vollkommen. wohlerhaltenen Bohren 
den erwähnten Schlammkasten für seine Sammlung erwarb. 
Herr Gerson hatte die Güte, die Bohren nebst Schlanmi- 
kasten mir behufs ihrer Benutzung zu dieser gegenwärtigen 
Abhandlung zu überlassen. 

Ich will sie des Nähern beschreiben, um dadurch die 
in Wiesbaden gefundenen weissen Wasserleitungsröhren als 
römische zu erweisen. 

Die 6 Bohren, die ich besitze, sind mehr oder weniger 
verstmnmelt, an einer ist der Hals, an der anderen ist der 
Muff abgebrochen, sie befinden sich aber in der Bohre. Die 
Bohren sind 2V' lang und nicht 2' bis 3' lang.<) 

Der Muff mit den Wänden hat an seiner Oeffnung 
4" Durchmesser, der Durchmesser im Lichten 3"; yeine 
Länge beträgt V 9^' und hat rund um seine Oeffnung einen 
2V2" erhabenen Band auf seiner Aussenfläche. Da wo der 
Muff endet, ist er auf der Aussenfläche durch Ausbauchung 
2V2'" höher oder weiter, als das Bohr selbst, wodurch das 
Ende des Muffs durch einen 2V2^^'l^ohen Absatz, Treppe, 
der Aussenfläche des Bohres gegenüber gekennzeichnet wird. 
Der Hals des Bohres ist 1" 9'" lang, sein Durchmesser 



1) Wie in dem lU. Bande der Mittheilongen för Geschichte und 
Altertk-Kunde, Frankfurt 1868, angegeben wnrde. 



42 



mit den Wänden 2" 9"', im Lichten 2" 3''', er entsteht 
durch Verengerung des Bohres, der im Innern eine concave 
ringsum laufende Kinne und auf der Aussenfiäche die ent- 
sprechende Erhöhung aufweist. Die Weite des Bohres ist 
272"« Die Aussenseite des Bohres ist mit den flachen spiral- 
förmigen mehr oder weniger ausgeprägten Windungen be- 
deckt, öfters jedoch kaum wahrnehmbar. Die innere Fläche 
ist gleichfalls mit schmalen concaven Windungen umzogen. 
Die Farbe der Bohren ist eine blassröthliche. Siehe die 
Abbildung einer Bohre Taf. II, Fig. 12 in ihrer Zusammen- 
fugung. Die feste Verbindung des Halses mit dem Muff 
ist mit grosser Sorgfalt ausgeführt worden; nicht allein, 
dass beide, wie bei den weissen Bohren im südwestlichen 
Theile von Wiesbaden, verkittet sind, sie sind auch an der 
Verbindungsstelle des Halses mit dem Muff mit einer noch 
jetzt 4" dicken Mörtelmasse umgeben Taf. III, Fig. 11 ; 
eine Bohre ist selbst beinahe in ihrer ganzen Continuität 
von derselben eingehüllt. Der Mörtel ist ungemein gut prä- 
parirt ; er besteht nur aus gereinigtem Sand, von dem jedes 
Körnchen zu unterscheiden ist, und aus reichlichem Kalk, 
wovon noch unvermischte Nester vorkommen ; auch sind die 
Bohren stärker, etwas dicker als die in Wiesbaden gefundenen 
weissen Bohren. Waren auch die in Wiesbaden gefundenen 
Bohren zum Schutz nicht mit Mörtel umgeben, so waren 
doch die Bohren, die bei Mosbach aufgedeckt wurden, in 
eine Lettenschicht, wie wir oben sehen, eingehüllt, und einige 
rothe Bohren, in der Taunusstrasse in der Nähe des Allee- 
saal aufgedeckt, hatten eine schützende Läge in hartge- 
brannten Hohlziegeln. 

Der Schlammkasten aus Basalt mit der oben angeführten 
Inschrift der 22. Legion, dessen Oberfläche ziemlich verwittert 
war, hatte 17" Länge, war 13 V2" hoch und IIV2" breit; 



43 



der dem oblongen Kasten entsprechende, in denselben einge- 
hauene Kanal war 13" lang, 5" tief und 4" weit. Die 
schmaleren Seitenwände desselben waren in ihrer Mitte mit 
runden OeiB&iungen von 3" Durchmesser versehen, zur Auf- 
nahme der Röhren, worin dieselben, jedoch abgebrochen, noch 
Stacken. (Tafel II, Fig. 14.) 

Aus der Yergleichung der Schlammkästen, des aus 
Sandstein in der fiheinstrasse 11^ tief gefundenen und des- 
jenigen von Ködelheim von Basalt, geht hervor, dass die- 
selben in Beziehung auf ihre Grösse, Länge, Höhe, Breite 
und Tiefe beinahe übereinstimmen ; und dass auch die Art der 
Anordnimg der in dieselben eingefügten Bohren die gleiche 
war, wodurch der Schlammkasten aus Sandstein in der Bhein- 
strasse sich als ein römischer erweisen möchte. 

c. Helle Thonröhren in Wiesbaden. 

1) In der Louisenstrasse (Taf. lY). 

Wir wenden uns jetzt zu den hiesigen hellen Thon- 
röhren. 

In den Annalen II, 1, pag. 211 heisst es: „Es ist uns 
nicht entgangen, dass zufällig die ehedem bekannte Leitung, 
welche das Wasser aus dem heiligen Born ^) vor das hiesige 
Kathhaus brachte und in der . Baustelle des Herrn Leyen- 
d e c k e r (jetzige höhere Töchterschule Nr. 24) in der Louisen- 
strasse durchgraben wurde.* Aus welcher Quelle diese An- 
gabe in Beziehung auf den heiligen Born schöpft, ist mir 
gänzlich unbekannt, auch weiss sonst Niemand etwas von 
der angegebenen Leitung ; dagegen heisst es in dem schon 
erwähnten Eh. Kurier : 2) Bilder aus Wiesbaden. Die älteren 



1) 25 Minuten von Wiesbaden zwischen der Biebricher Chaussee 
und dem Salzbach in einem Sattel des Bergabhanges gelegen. 
*) Vom 26. September 1872 in der L Ausgabe. 



44 



Brunnen und Bninnenleitungen. ,Der älteste Brunnen, der 
von Aussen in die Stadt geleitet worden ist, ist der soge- 
nannte Stadtbrunnen vor dem alten Bathhause auf dem 
Marktplatze; er liefert per Minute 35 Mass Wasser. Die 
Quelle liegt im Wellritzthale oberhalb der Wellritz- 
mühle (Kaufmanns). Nach Urkunden liess sich Graf Lud- 
wig von Nassau dieselbe im Jahre 1609 durch hölzerne 
Röhren an ihre jetzige Stelle führen. Der Brunnen lief an- 
fänglich auch aus einem hölzernen Stocke aus 2 Bohren mit 
Vorrichtung zum Füllen, Schöpfen und Tränken des Viehes 
bis zum Jahre 1753, in welchem die jetzige Fassung in 
Sandstein ausgeführt wurde. Mit der Leitung in die Stadt 
wurde Vt ^^^ Gesammt- Wassermenge in den vormals unteren 
Schlosshof zur Speisung der Beamten Wohnungen und Oeko- 
nomiegebäude des 1595 zweiten neu erbauten Schlosses ab- 
gezweigt. Im Jahre 1838 wurde diese Abzweigung cassirt 
und der entsprechende Theil des Wassers oberhalb dem 
Stadtbrunnen in das dritte neu erbaute Palais am Markt- 
platz geleitet. Der Verfasser dieser Mittheilung bemerkt, 
dass er in diesem Kapitel über die öffentlichen Brunnen un- 
serer Stadt der Feder des alten städtischen Bauaufsehers 
Ch, Martin folge. Vergl. Rhein. Kurier, Jahrgang 1869, 
Nr. 205—7.« 

Abgesehen von dieser authentischen Mittheilung, die des 
h. Borns gar nicht erwähnt, ist auch die ohne alle Stütze 
hingeworfene Angabe in unsern Annalen von der Herleitung 
aus dem h. Born schon um der Geringfügigkeit wenigstens 
seiner heutigen Wassermenge hinfällig. Derselbe ist jetzt 
eine unbedeutende Quelle für den Gebrauch der Feldarbeiter. 
Die Quelle könnte jedoch früher reichlicher geflossen sein, 
was sehr wahrscheinlich, allein die Richtung der Herleitung 
vom heiligen Born entspricht auch nicht der Richtung der 



45 



Eöhrenleitung durch die höhere Töchterschule Nr. 24 in der 
Louisenstrasse , indem dieselbe yon links nach rechts sich 
wendet, was nicht möglich wäre, wenn die Leitung vom 
heiligen Born, also auf der linken Seite der Biebricher 
Chaussee, 800 Schritte auf dieser fort hinter des Gärtners 
König Haus, nach Biebrich und dann 300 Schritte im 
rechten- Winkel nach dem Mühlthal abwärts, wo der heilige 
Born liegt, ausgegangen wäre. Die Eichtung deutet viel- 
mehr auf eine Quelle von der Anhöhe rechts und west- 
lich von der Biebricher Chaussee, etwa auf dem District 
Bein. 

Wir kehren nun wieder zur höheren Töchterschule 
zurück. 

Auf Veranlassung der vielen Neubauten und Grundar- 
beiten in dem südwestlichen Theile von Wiesbaden hat der 
Verfasser seit dem Jahre 1869 folgende Leitungen von 
Thonwasserröhren aufgefunden. 

Zum zweiten Male wurde sie gefunden, als im Jahre 
1869 am 13. October in dem Hofe der oben erwähnten 
höheren Töchterschule, also hinter dem Vorderhause, ein 
zweites grosses Gebäude errichtet wurde. Der V. fand bei dem 
Fundamentgraben am südlichen Bande des Fundaments so- 
wohl, als auf der nördlichen Seite 5' tief die sich entsprechen- 
den Thonröhren in etwas von Südwest nach hordöstlicher 
Eichtung, also etwas von links nach rechts verlaufend. 
Unser Museum bewahrt einige dieser Thonröhren. Wir wollen 
eine von besonderer Grösse aus der höheren Töchterschule 
1869 aufgefundene beschreiben. 

Dieselbe war 2' 1" lang, die Weite des Muffs 3" im 
Lichten, sein Durchmesser am Ende mit den Wandungen 
des Eohres 4" 2"'. 

Der Muff wird weder auf seiner äusseren noch auf seiner 



m 
tu 



46 



inneren Fläche durch ein Merkmal, eine Grenze, bezeichnet, 
Bondern er wird trichterförmig immer enger, bis das Bohr 
die Weite von 2" 2"' erreicht hat. Der Muff ist mit dem 
Halse der nächsten Röhre durch weissen, steinharten Kitt 
noch fest verkittet. Der engere Theil, der 2" lange Hals 
der Bohre, wird dadurch gebildet, dass da, wo derselbe be- 
ginnt, das Bohr eingezogen ist, das heisst, sich verengt, 
wodurch nothwendig zwischen Bohr und Hals ein Absatz, 
eine 2V2 bis 3'" tiefe Treppe entsteht. Derselbe ist 1" 10 
weit im Lichten. Die Weite des Böhrkanals beträgt 2*' 3 
Die Farbe ist hellgelb röthlich. Die äusseren und innerai 
Flächen des Bohres sind mit denselben Windungen von Ver- 
tiefungen und Erhabenheiten, wie sie bei den rothen Bohren 
angegeben wurden, bedeckt. 

Zum dritten Male wurde die Fortsetzung dieser Böhren- 
leitung 1870 auf der nördlichen Seite der Louisenstrasse 
gefunden, der höheren Töchterschule schief gegenüber ; von 
links nach rechts verlaufend kam sie am Thore des Hauses 
Nr. 17 zum dritten Male vor, als längs der ganzen nörd- 
lichen Seite dieser Strasse behufs der Wasserleitung ein 8' 
tiefer Graben aufgehoben wurde. Auch hier sah ich sie auf 
der südlichen und nördlichen Seite der Wände des Grabens 
gegen 5' tief in derselben Bichtung von Südwest nach Nord- 
osten verlaufend eingebettet. Auch davon habe ich eine 
Bohre an unser Museum abgegeben. Woher diese Leitung 
kommt und wohin sie geht, ist gänzlich unbekannt. Die 
Leitung überschreitet also die Louisenstrasse und endet über 
dem Thore des Hauses Nr. 17. Dieser zu verschiedenen 
Zeiten und an drei verschiedenen Orten aufgedeckte Wasser- 
röhrenstrang entspricht genau einer Leitung, deren Bichtung 
durch das Hinter- und Vorderhaus der höheren Töchter- 
schule, Nr. 24 in der Louisenstrasse, verläuft und zum 



47 



dritten Male diesem Hause diagonal gegenüber diese Strasse 
kreuzt und bei dem Thore des Hauses Nr. 17 wieder er- 
kannt wurde; mehrere Eöhren sind hier gehoben worden. 

2) In der Bheinstrasse Nr. 17a (Taf. IV). 

Zum vierten Male wurde die Fortsetzung - dieses 
Stranges in entgegengesetzter Eichtung nach Süden von dem 
Hinterbause Nr. 24 der Louisenstrasse in der Bheinstrasse, 
im hinteren Hofe des Hauses Nr. 17 a, neben dem Eegie- 
rungsgebäude, 11' tief wie im gewachsenen Lehmboden ge- 
funden, der über und unter den Eöhren gleich fest und un- 
berührt wie ein gewachsener Boden erschien. Dabei befand 
sich ein Schlammkasten von Sandstein. Derselbe war 18" 
lang, 8" hoch und 11" breit. In seiner Längenachse war 
ein 13" langer, 4" breiter und 5" tiefer Kanal eingehauen, 
der an seinen beiden schmalen Enden mit einer runden Oeff- 
nung zur Aufnahme der ein- und austretenden Thonröhren 
durchbohrt war (Taf. II, Fig, 15) ; die abgebrochenen Eöhren 
Stacken noch fest. 

' 3) In der Adelheidstrasse Nr. 17. 

Zum fünften Male erschien diese Leitung in Be- 
ziehung auf die Eichtung nach der Aussage des Herrn 
Stadtbaumeister Fach bei der Fundamentlrung seines Hauses 
Nr. 9 (Eckhaus rechts am Ende der Adolfstrasse und Nr. 17 
der Adelheidstrasse). 

4) In der Adelheidstrasse Nr. 18 (Taf. IV). 

Zum sechsten Male fand sie sich dem eben be- 
schriebenen Hause des Herrn Fach gegenüber bei dem 
Graben des Fundamentes des Eckhauses der Adolfsallee und 
der Adelheidstrasse Nr. 18 ; so berichtete der Vereinsdiener 
Weck, der schon 40 Jahre in unseren Diensten steht und 
seinen bestimmten und wiederholten Versicherungen, die 
Eöhren an dieser Stelle gesehen zu haben, ist umsomehr 



48 



Glauben beizumeBRon, als man damals von den bei dem Baa 
Atm HauHOH dos Herrn Stadtbaumeisters Fach gefondoien 
IMhren, welches jenem gegenüberliegt, nichts wosste. Auch 
entM|[»richt dieser letzte Fundort vollkommen der Bichtung 
einer IlAhronleitung, die wir von hier durch die Bheinstrasse 
bis zur Loulsenstrasse verfolgt haben (Specialplan Taf. IV). 
Kh muRS aber bemerkt werden, dass ich mich von der Böhren- 
leitung der zwei letzten Fundorte nicht selbst durch den 
Augenschein überzeugen konnte, weil ihre Auffindung zu 
spät zu meiner Kenntniss kam. 

Wenn man diese Bichtung weiter verfolgt, so findet 
man, dass sie allerdings auf den Marktbrunnen hinpfeilet 
und dies mag die Ursache gewesen sein, warum man sie in 
unseren Annalen am angeführten Orte, als den Marktbrunnen 
speisend, sich gedacht hat; aber wir haben oben nachge- 
wiesen, dass es nicht möglich ist, diese Leitung von der 
Quelle des heiligen Born abzuleiten. 

5) Waaaerleitung in der Adelheidstrasse. 

In der Adelheidstrasse wurde bei dem Neubau des Hauses 
Nr. 13 von dem Zimmermeister Gerner bei den Grundar- 
beiten seines Kellers eine Böhrenleitung , von Süden nach 
Norden laufend, gleichfalls etwas von links nach rechts sich 
neigend, von den nämlichen hellen Thonröhren gefunden. 

Der Verfasser sah dieselbe, wie sie an der südlichen 
Wand der Böschung ein- und an der nördlichen Wand der- 
selben nach der Stadt zu austraten. Es wurden davon drei 
im Jahre 1869 dem Museum übergeben, die ich kurz be- 
schreiben will. 

1) Eine Bohre von 1' 10" Länge, 23/4" Weite im 
Lichten an dem Ende des MufTs, am schmalen Ende der 
Bohre 1" 11'" weit im Lichten, blassgelb mit schwach röth- 
lichem Thon. 



49 



2) Eine Eöhre von 1' 10" Länge, 23/4" Weite im 
Liebten am Muff, am schmalen Ende 2" weit im Lichten, 
Farbe bellbraun mit grauen röthlicben Flächen gemischt. 
Siebe die Abbildung Taf. II, Fig. 8 und im Durchschnitt 
Taf. II, Fig. 9. 

Ausserdem fanden sich noch drei Bohren, welche noch 
verkittet waren und zusammenhingen und deshalb nicht ge- 
messen werden konnten. Zwei Bohren blassgelblich, die 
dritte grau, gelbröthlich. Dazu kamen im Jahre 1870 : 

4) Eine Bohre von 1' 10^' Länge, 3" Weite am Muff, 
2'' Weite am engen Theile. 

5) Eine Bohre von 1' 10'" Länge, 3" Weite des Muffs, 
1" 10'" Weite des engen Theils. 

Der Hals aller dieser Bohren ist 1" 10"' bis 2" lang, 
die äussere Leiste, die die Bohre umgibt da, wo der Hals 
beginnt, ist wenig erhaben. Dieser äusseren Erhabenheit 
entspricht auf der inneren Fläche nur eine unbedeutende oder 
gar keine vertiefte concave Binne. 

6) Thonröhrenleitiing in der Moritz-Albrechtstrasse (Tab. lY). 

• 

Von dem südwestlichen Ende der Albrechtstrasse und 
der verlängerten Moritzstrasse circa 50' von diesem Ecke 
entfernt, Biebrich zu, befand sich eine 30' im Durchmesser 
betragende Lehmgrube zum Bereiten von Backsteinen, wobei 
man auf eine Thonröhrenwasserleitung stiess, die von Süden 
nach Norden unbedeutend von links nach rechts verlief. 
Der Verfasser sah an der südlichen sowohl wie an der nörd- 
lichen Böschung der Lehmgrube die entsprechenden Enden 
dieser Leitung 5' tief aus der Erde herausragen. 

Einige Monate später wurde unmittelbar vor und längs 
der nördlichen Seite der Albrechtstrasse ein 9' tiefer Graben 
zur Anlage der neuen Wasserleitung von Westen nach Osten 






50 



gezogen, wobei jene von Süden nach Norden verlaufende 
Köhrenleitung, die schon in der Lehmgrube aufgedeckt wurde, 
70' von letzterer entfernt von dem Eckhause der nördlichen 
Seite der Albrecht- und verlängerten Moritzstrasse zum 
zweiten Male gefunden wurde, indem sie jenen oben erwähn- 
ten Graben quer durchschnitt. Die Röhren lagen b' tief und 
waren an den gegenüberstehenden Wänden des Kanals sicht- 
bar; die von Süd nach Nord verlaufende Richtung neigte 
sich auch hier von links nach rechts. 'Zum dritten Male 
wurde diese Leitung im December 1873 zwischen jenen 2 
oben beschriebenen Fundstellen gefunden, 6 Röhren, hellr 
gelblich oder in's blassbläuliche schimmernd, von denen noch 
2 fest mit einander verkittet waren, auch waren einige rothe 
darunter; sie waren 1' 11" lang, ihr Muff war 2'' 9'" 
weit, der Hals 1" 9"' im Lichten weit, seine Länge 1" 9"', 
die Weite des Rohres selbst mass 2". Ihre Obei-flächen 
haben entweder keine oder kaum bemerkbare oder nur in 
einem Dritttheile des Rohres bemerkbare spiralförmige Win- 
dungen aufzuweisen. Auf ihrer Innenfläche sind sie jedoch 
scharf ausgeprägt, ein Beweis mehr, dass äussere und innere 
Windungen von einander unabhängig sind. Die technische 
Ausführung der Röhren war ganz so wie sie bei den Röhren 
aus der höheren Mädchenschule in der Louisenstrasse be- 
schrieben wurde. Die an jenen 3 Stellen gefundenen Röhren 
gehören demnach einem und demselben Strang an, der von 
Süd nach Nord etwa 12 bis 15' vor der Fronte der Häuser 
der verlängerten Moritzstrasse entlang verläuft, jedoch etwas 
von links nach rechts. 

7) Thonröhrenleitiing in der Burgstrasse (Taf. VI). 

Den 23. October 1866 wurden mehrere röthliche 
thonerne Brunnenleitungsröhren 8' tief bei Anlegung eines 



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51 



Canals aufgefunden. Die Leitung begann am Hause des 
Herrn Z in gel am Ecke der kleinen und grossen Burgstrasse 
und Kef auf der Nordseite der grossen Burgstrasse mit 
mehreren Unterbrechungen beinahe bis zum Anfange der 
Müblgasse. 

Der Verfasser hat diese Leitung nicht selbst gesehen, 
sie ist indessen von dem Geometer Jost 1859 geometrisch 
aufgenommen mit der Ueberschrift : , Aufnahme einer alten 
Wasserleitung in der grossen Burgstrasse zu Wiesbaden, 
gefunden 8' tief unter dem Pflaster bei Gelegenheit einer 
Canal-Anlage*. Stadtbauaufseher Koch, der diese Erd- 
arbeiten leitete, bezeichnete dem Verfasser die Stelle und 
Bichtung der Leitung, wie ich sie nach der Aufoahme von 

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Jost angegeben habe, ohne dass er Kenntniss von der von 
Jost auf seinem Plan angegebenen Stelle und Eichtung der 
Leitung hatte. 

8) ThonrOhrenwasserleitung auf dem Schützenhof-Terrain. 

Grand-Hotel. Special-Plan Taf. IV. 

In dem weiter unten anzuführenden Bericht des In- 
genieurs Jost vom Jahre 1859 sagt derselbe: „Vierzig Fuss 
von der Langgasse und eben soweit von dem Gemeindebad- 
gässchen entdeckte man 4 Bäder nebeneinander 3' 5" tief 
(Specialplan Nr. !)•* ; die genaue Beschreibung derselben 
übergehen wir, als nicht hierher gehörig. Zu beiden Seite'n 
der Bäder schloss sich ein grauschwärzlicher Estrichboden 
an, welcher auf einer Schichte auf die höhe Kante gestellter 
Steine (Rollschichte) lagerte, ganz so, wie man diese bei 
römischen Fundirungen so häufig findet; ebenso war auch 
die Construction des Bodeös der Bäder ausgeführt. 

Eine Leitung aus Thonröhren lag so hoch im recht- 

seitigen Estrich, wie er zu beiden Seiten der Bäder vorkam, 

dass sie kaum von derselben bedeckt wurde. 

4* 



52 



Diese Bohren waren annähernd 3' lang und an dem 
einen Ende so ausgeweitet, dass die verjüngte Spitze des 2. 
Bohres hier hinein passte. 

Herr Archivar Habe! hat schon vor vielen Jahren eine 
Ausgrabung vorgenommen und einen Böhrenstrang aufge- 
deckt, welcher dem hier genau ähnlich war, er lag jedoch 
umgekehrt (?).• Diese Leitung wurde von Habel genau 
aufgenommen und da die Aufnahme durch die Länge der 
Zeit etwas defect war, von Jost copirt. 

Die oben von Jost aufgefundene Leitung (Plan I.) 
endete in einem jener 4 Bäder. Zur Leitung von warmem 
Badwasser hat sie wahrscheinlich nicht gedient. In der 
Höhe der Sohle des letzten Bades fand sich ein Abzugskanal 
nach dem Eck, welches die Langgasse mit dem Gemeinde- 
badgässchen bildet, und zwar von 2 auf einander gestürzten 
Hohlziegeln, wie solche bei den römischen Ziegeldächern vor- 
kommen, hergestellt. (Taf. I, Fig. i.) 

Etwas höher, nur 2' 9'' unter dem Niveau des Strassen- 
pflasters und etwas rechts , stiess man auf das mit Nr. 10 
im Uebersichtsplan bezeichnete Mauerwerk und Spuren einer 
Böhrenleitung, eines Plattenbodenö u. s. w. ; es scheint dies 
mit der seiner Zeit von Herrn Archivar Habel aufgegra- 
benen und aufgenommenen Böhrenleitung, worüber ein Plan 
(und der von Jost copirte) im Besitz des Vereins ist, iden- 
tisch zu sein. 

9) Die Wasserröhrenleitung in der WiUxelmstrasse. 

(Specialplan Tafel IV.) 

Auf dem warmen Damm quer über die Wilhelmstrasse 
gegen das obere Ende des Museumsgebäudes hin ist auf 
derselben Karte von Jost vom Jahre 1859 eine Wasserlei- 
tung durch einen rothen Strich verzeichnet, auf welcher auch 



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die Wasserleitung in der Burgstrasse aufgenommen wurde ; 
bei dem rothen Strich stehen die Worte: »Alte Wasser- 
leitung« ohne weitere nähere Angabe. Diese Karte hat fol- 
gende üeberschrift : »Aufnahme einer alten Wasserleitung 
in der Burgstrasse zu Wiesbaden, gefunden bei Gelegenheit 
einer Kanal- Anlage 8' unter dem Pflaster, gezeichnet im 
Jahr 1859 von J. Jost.* In einer anderen weitern Karte 
von Jost 185ffmit der üeberschrift : »Aufnahme römischer 
und germanischer Funde auf dem warmen Damm und in • 
dem Museumshofe, aufgenommen und gezeichnet von Jost 
1859* ist oben in der Ecke eine Wasserthonröhre abgebildet, 
Vs ihrer natürlichen Grösse, mit der üeberschrift: »Eine 
Thonröhre der alten Wasserleitung auf dem warmen Damm.* 
Nach jenem Massstabe war die Eöhre 19" lang. 

Es ist hiermit ohne Zweifel jene auf der ersten Karte 
mit einem rothen Strich angegebene Wasserleitung gemeint, 
obschon die Kichtung der auf der zweiten Karte auch durch- 
einen rothen Strich vorgemerkten Wasserleitung etwas .von 
der auf der ersten Karte abweicht. 

Auch von dieser Leitung habe ich mich durch eigene An- 
schauimg nicht überzeugt, fühle mich aber doch verpflichtet, 
der Vollständigkeit wegen dieselbe aufeuführen und obschon 
ich nicht die mindeste Ursache habe, an der Existenz der- 
selben zu zweifeln, so bemerke ich doch, dass auf dem 
warmen Damm bei. Anlage des neuen Parks eine grosse An- 
zahl zertrümmerter aber unversehrter mittelalterlicher Thon- 
gefösse sich vorfanden. 

10) Eine uralte Wasserleitung in thönemen Bohren hinter 

der Kaserne 

(Specialplan Tafel VII) 

muss ich anführen, deren der verstorbene Pfarrer Luja von 
Dotzheim in seinem Bericht über die Ausgrabungen am 



54 



HoUenborn bei Dotzheim^) in folgenden Worten Erwägung 
thut : «Eine uralte Wasserleitung in thönernen Röhren, die 
noch heute ein sehr gesundes Wasser geben, quillt an dem 
Wellritzbach oberhalb der Kaserne hervor. Aus den 70 er 
Jahren muss noch jedem Wiesbader bekannt sein, dass dieser 
Platz von der alten Stadtmauer eine kleine V4 Stunde ent- 
fernt war, jetzt aber nur eines Steinwurfs Weite oberhalb 
der Kaserne befindlich ist. Noch ganz unbekannt ist es, 
wo diese Wasserleitung herkommt, deren Richtung nicht in 
die Stadt, sondern an der Stadt vorüber zeigt." 

11) Bölirenleitiing bei Mosbach, 1/2 Stunde von Wiesbaden. 

Bei den Erdarbeiten der Rheingauer Eisenbahn wurde 
den 27. Februar 1854 ganz in der Nähe von Mosbach, 
1135' westlich von dem Durchgangsbogen vor der Ärmen- 
ruhmühle, 5' unter der Oberfläche, eine aus gleichlangen, 
weissgelblichen Thonröhren bestehende Leitung gefunden, 
die aus den höher liegenden Weinbergen im Norden der 
Eisenbahn kam und in etwas südwestlicher Richtung, in 
ihrer wahrscheinlichen Fortsetzung die Landstrasse von 
Mosbach nach Castel durchkreuzend, in der Richtung auf 
Biebrich verlief. 

Die weitere Beschreibung, obgleich etwas ungenau, gebe 
ich nach dem Bericht des Dr. Rössel in den periodischen 
Blättern. 2) 

Die Leitung bestand aus ineinander gesteckten gleich 
langen Röhren, 2' lang, 4" weit (Taf. III, Fig. 5), die oben und 
unten 1 Va", zu beiden Seiten aber 8" hoch aufgetragen, von einer 
Lettenschichte rings eingehüllt waren. Von 9 Röhren, die uns zu 



1) Nass. Annalen I. B., 2—3. Heft, Seite 155. 

2) 1854 Nr. 1, Seite 5. 



55 



Gesicht kamen; waren 6 ohne alle Abzeichen, eine hatte in 
der Mitte 2 umlaufende Streifen und eine war ausserdem 
mit zickzackartigen Verzierungen versehen, wie sie ähnlich 
auf römischen Ziegeln vorkommen. Am 25. März ergab 
sich bei Portsetzung der Erdarbeiten 25' westlich von dieser 
Leitung, aber noch 8' tiefer, ein gleichfalls von Nord nach 
Süd verlaufender gemauerter Kanal, den wir schon oben be- 
schrieben haben. 

12) Gärtner Königs Garten. 

Wir kommen nun zu den Thonröhren , welche Herr 
Gärtner König in dem oberen Dritttheil seines Gartens an 
der von Wiesbaden nach Biebrioh vorbeiziehenden Chaussee 
gefunden hat. Der Garten liegt linkerseits der Chaussee, 
wenn man von Wiesbaden kommt, einige 100 Schritte oberhalb 
des Bondels, wo die Chaussee anfängt anzusteigen, 20 Mi- 
nuten von Wiesbaden. Die ßöhrenleitung durchschnitt den 
Garten quer in seinem oberen Dritttheil von Süden nach 

■ 

Norden und neigt sich etwas von rechts nach links ; sie 
lag circa 5' tief ; 4 Bohren davon befinden sich im Museum, 
sie sind weissgelblich, wie die in der höheren Töchterschule 
gefundenen, von der oben beschriebenen Beschaffenheit. Die 
eine hatte einen kaum wahrnehmbaren bläulichen Ton, V 
10" lang, die weite Oeffnung (Muff) 2" 9 bis 10"' im 
Lichten, die engere (der Hals) 1" bis 9'" weit im Lichten. 

Jane andere zweite Bohre von etwas schmutzig röth- 
licher Farbe, ist IVj" länger als die erste. Die Weite der 
weiteren und engeren Oeffnung ist dieselbe wie die der ersten 
Bohre, die letztere ist etwas krumm gebogen. 

Der Hals an beiden Bohren ist 2" lang, noch zum 
Theil umgeben von einem weissen, sehr reichlichen stein- 
harten Kitte. 



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56 



Die dritte Eöhre ist V 10" 8'" lang, der Muff 2" 10'", 
das engere Ende 1" 8'" weit, der Hals 2" lang, Farbe 
schmutzig, röthlich bräunlich, und schief gebogen« Auf 
Taf. IT, Fig. 9 ist eine Bohre im Durchschnitt dargestellt 

Die vierte Röhre V 10" 9'" lang, der Muff 2" 9"' im 
Lichten, das engere Ende 1" 10"' weit im Lichten, der*Hals 
1" 10"' lang. In allen sind weisse bedeutende Beste ihrer 
früheren Verkittung von weissem steinhartem Kitt zu sehen. 
Die Bildung des Muffs und Halses ist so wie diejenige, wie 
sie oben beschrieben wurde. 

Es wird ohne Zweifel ein Leichtes sein, dieselbe Leitung 
vor und hinter dem Garten durch Nachgrabung weiter zu 
verfolgen. Unmittelbar vor dem Garten, nördlich, wo später 
grosse Lehmgruben zu Backsteinbereitung gemacht wurden, 
fand ich mehrere von den Arbeitern zertrümmerte Bohren, 
konnte aber nicht ermitteln, ob sie die Fortsetzung jener 
Leitung waren, woran nicht zu zweifeln ist. 

Zugleich fanden sich Beste einiger uralter germanischer 
Gräber, Knochen, Scherben von Urnen, sodann ungefähr 8 
eiserne Binge, um Holzwasserleitungsröhren miteinander zu 
verbinden, wie sie öfters vorkommen. Da es jedoch seltsam 
erscheint, dass eine Thonröhren- und Holzleitung neben 
einander herlief, so könnte letztere vielleicht später gelegt 
worden sein, oder umgekehrt, als die erste, die thönerne, in 
Abgang kam. 

Es ist hier leichter zu sagen, woher sie kommt, als 
wohin die Leitung führt, denn circa 800 Schritte hinter des 
Gärtner Königs Haus nach Süden findet sich in einer leichten 
Terrainsenkung eine Quelle von gutem Trinkwasser von jenem 
oben erwähnten heiligen Born, den noch heute die Feldar- 
beiter benutzen. Die Stelle und ihre Umgebung ist noch 
nicht untersucht worden ; ebenso ist von der Quelle aus über 



57 



des Königs Garten in der von der Richtung der Leitung 
vorgezeichneten Linie nach der Stadt noch keine Visirung 
Yorgenonunen worden. Es ist kaum zu zweifeln, dass die 
oben beschriebene Leitung ihre Quelle im heiligen Born hat. 

18) Thonröhrenleitung an der englischen Kirche (TaJEl lY). 

Bei dem Bau der Eanalanlage auf dem Terrain hinter 
der englischen. Kirche wurde 7' tief eine Thonröhrenwasser- 
leitnng von circa 24^ Länge gefunden. Dieselbe lag in dem 
oberen Dritttheil und in der Mitte des Weges, welcher von 
dem Rondel an dem Hause Nr. Ib vorbei auf die Frank- 
farter-Bierstadter Chaussee führt und zwar dem Hause Nr. 1 b 
gegenüber, welches an dieser Strasse liegt, wie aus dem 
Plan Tafel IV zu sehen ist. Vier Thonröhren von dieser 
Leitung sind durch die Güte des Herrn Stadtbaumeisters 
Schultz an das Museum gekommen. In dem Muff der 
einen Bohre Stack das verjüngte Ende der anderen, ohne dass 
diese Verbindung durch irgend einen Kitt verstärkt oder 
vermittelt worden wäre. Die Bohren hatten von den bisher 
beschriebenen ein ganz verschiedenes Aussehen ; dieselben 
waren kürzer, erschienen namentlich im Verhältniss zu ihrer 
Länge viel dicker, ihre Farbe hellmausgrau ; sie waren 
gegen die Mitte hin ausgebaucht, hier war ihr Durchmesser 
mit den Wänden 4" 6'", am Halse 3". Der Muff hatte 
im Lichten einen Durchmesser von 3" 9"' und der Hals 
im Lichten 2" 7'". 

Der Hals verjüngte sich von der Mitte des Bohrs all- 
mälig bis an das Ende desselben und ist weder auf der 
äusseren noch auf der inneren Fläche kenntlich markirt. 

Das Bohr beginnt 2V2'' von seinem Ende sich zum 
Muff zu erweitern, und hier ist der Beginn des Muffs auf 
der inneren Fläche durch eine mehr plötzliche trichterförmige 



58 



Abgrenzung bezeichnet, wie bei den Bohren im DambachthaL 
Ihre Oberfläche ist nicht glatt, sondern sie fohlt sich rauh 
an, wie von feinem eingebackenen Sand herrührend. Femer 
besitzen diese Bohren ungemein starke spiralförmige Win- 
dungen, sowohl auf der Aussen- wie auf der Innenfläche. 
Die Wände sind dünner, auch sind sie leichter, als alle die 
anderen Bohren und geben einen weniger hellen Erlang. 
Sie machen den Eindruck als Bohren viel jüngeren Datums, 
als die früher beschriebenen und müchten wohl dem Mittel- 
alter angehören. Es ist noch zu bemerken, dass man, als 
der sogenannte warme Damm zu einem Park angel^ wurde, 
viele Fundamentmauem kleinerer Gebäude fand, die jedoch 
keine römischen waren, und dass ihre Umgebung mit einer 
grossen Menge von Trümmern zerbrochener mittelalterlicher 
Gefässe, defecten und ganz erhaltenen, bedeckt war, die auf 
eine Töpferwerkstätte schliessen liessen. 

14) Vergleichung der rothen lud hellen BOhren. 

Die charakteristischen Unterschiede der rothen römischen, 
in dem nordöstlichen Theile von Wiesbaden gefundenen 
Bohren von den hellen weisslichen grösseren Bohren im süd- 
westlichen Theile von Wiesbaden gefundenen, sind folgende: 

1) Die Farbe der ersteren ist ziegelroth, die der zweiten 
hellweissgelblich. 

2) Die Länge der ersteren ist kleiner, 18 — 19" lang, 
die hellen 1' 10'', 23" bis 25", also 3^5" länger. 

3) Bei den rothen Bohren geht die Weite des Muffs 
trichterförmig enger werdend nur bis zu 2" Länge, bricht 
dann plötzlich ab, und es beginnt der gleichmässig weite 
Kanal der Bohre von 1" 3/^"' Weite. In den 2" langen 
trichterförmigen Muff, pas$t der 2" lange Hals des schmaleren 
Endes der Bohre. 



59 



Bei den hellen Bdhren dagegen geht die Weite des 
Muffs, allmälig immer enger werdend, bis zu 6—7" in die 
gleichmässige des Bohrkanals über. 

4) Bei den rothen Bohren ist keine Spur von der Art 
der Verkittung oder einer anderen Indnanderfügung der 
Bohren zu bemerken. Bei den hellen dagegen begegnet man 
keiner Bohre ,# die nicht an dem weiten oder engeren Ende 
der Bohre die Beste der weissen steinharten reichlichen Ver- 
kittung wahrnehmen lässt. Wir haben oben die drei mit 
einander vollkommen fest verkitteten Bohren aufgeführt, ja 
wir bemerkten solche in unserem Museum, die so fest ver- 
kittet waren, dass bei dem Versuch, sie zu trennen, die 
Bohre abbrach und der mit dem Muff verkittete Hals in 
der Bohre zurückblieb. 

Nach der Analyse des Geh. Ho&ath Fresenius be- 
steht dieser weisse steinharte KHt nur aus kohlensaurem 
Kalk, was ganz der Angabe des Vitruv entspricht, der 
sagt, »dass die Thonröhren mit einer Kitte von Calx vivus, 
mit einem Oel zusanunengerieben , fest verbunden würden.* 
Diese Masse ist im frischen Zustande weich und knetbar, 
wird aber mit der Zeit, nachdem das Oel ausgetrocknet und 
verschwunden ist, sehr fest, wie auch der Glaserkitt im An- 
fange eine weiche Masse aus Kalk und Leinöl besteht, aber 
an warmer Luft mit der Zeit zu einer hornartigen Masse 
austrocknet. 

. 5) Die rothen Bohren haben am Halse des engeren 
Endes eine sehr erhabene breitere Leiste, sowie eine starke 
Einschnürung, die bestimmt ist, sich an den Muff anzu- 
schliessen. Bei den hellen Bohren findet der hohe Leisten 
und die tiefere Einschnürung nicht statt. 

6) In den rothen Bohren habe ich noch nie ein Sedi- 
ment, einen erdigen Absatz aus dem Wasser, bemerkt. 



60 



Bei den hellen dagegen findet sich in dem Böhrenkanal 
oft ein 2'" bis 4'" dicker hellbrauner, sehr feiner feuchter 
Niederschlag aus dem Wasser vor. 

7) Die rothen Bohren sind nicht so schwer, ihre Ma- 
terie besteht aus Lehmerde. 

Die hellen sind viel schwerer, haben ein dichteres Korn, 
namentlich tritt dieses beim Bruch hervor, s« dass manche 
den üebergang zum Steingut zu bilden scheinen, namentlich 
die, welche in das hellbläuliche schimmern. 

8) Bei den rothen Röhren sind die flachen V2" breiten 
spiralförmigen Erhöhungen auf der Oberfläche und im Innern 
beinahe immer vorhanden. 

Bei den weissen Röhren sind viele, bei denen auf der 
Oberfläche die spiralförmigen erhabenen Windungen mehr 
oder weniger ausgeprägt, auch oft gar nicht wahrgenommen 
wurden, indem sie aussen und innen den Röhren fehlen. 

Den erhabenen Windungen auf der Oberfläche entsprechen 
die vertieften Windungen im Innern der Röhren nicht. 

9) Die rothen Röhren sind im Allgemeinen sorgfältiger 
und gleichförmiger an dem Muflf und dem engeren Ende 
derselben bearbeitet. 

Nach dem Gutachten eines erfahrenen Töpfers sind beide 
Arten der Röhren von einem geschickten Meister auf der 
Drehscheibe mittelst eines in der Mitte derselben aufgesetzten 
hölzernen Cylinders von der Grösse des Durchmessers, als 
die Weite des Rohrkanals zu sein bestimmt war, und der 
Letten um den Cylinder durch das Drehen der Scheibe mit 
Unterstützung der einen Hand zu der beabsichtigten Höhe 
gebracht. Die äusseren spiralförmigen Eindrücke, Windungen 
auf ihrer Oberfläche, rühren nach seiner Ansicht von dein 
Fingern der Hand her; beide Arten von Röhren seien sehr 
gut gebrannt und von einer unverwüstlichen Dauer, daher 



61 



Uingen sie bei dem Anschlagen mit einem festen Körper 
80 hell wie Metall, besonders die rothen. 

Die oben beschriebenen Eöhrenleitmigen in dem süd- 
westlichen Theil von Wiesbaden, wo sie in der Louisen-, 
Bhein-, Adelheid- und Moritzstrasse, sowie im Garten des 
Gärthers König an zehn verschiedenen Orten ausgegraben 
wurden, gleichen sich in Hinsicht auf Form, Grösse, Farbe, 
technische Ausfuhrung und Yerkittung vollkommen; die 
übrigen Eöhrenleitungen , die ich nach zuverlässigen Mit- 
theilungen angegeben, aber nicht selbst gesehen habe, werden 
wohl an jene sich angereiht haben, wovon ich jedoch die 
Böhrenleitung an der englischen Kirche ausnehme, die ich 
far eine mittelalterliche halte; ich kann mich dabei leider 
weniger auf positive Merkmale, als auf den Totaleindruck 
stützen, den sie zurücklassen. Ich halte übrigens nicht allein 
die Thonröhren im nordöstlichen Theile der Stadt aus den 
früher angegebenen Gründen für unzweifelhaft römische, 
sondern auch die in den im südwestlichen Theil der oben 
namhaft gemachten Strassen aufgefundenen hellen Bohren, 
obschon bei ihnen der wichtige Umstand zu ihrer positiven 
Beglaubigung fehlt, dass sie, wie die rothen, mitten bei 
römischem Geräthe in einem römischen Bade etc. sich vor- 
fanden; denn es widerspricht ganz unserer Kenntniss der 
kulturgeschichtlichen Verhältnisse 'jh Mittelalter, das für das 
Gemeinwesen und allgemein nützliche Anlagen wenig Sinn 
hatte, dass zumal in einem so unbedeutenden Orte, wie 
Wiesbaden, wo weder ein Fürsteusitz noch ein Bischofsstuhl 
stand noch auch ein vielbesuchter Badeort war, welches weder 
an einer Handelsstrasse noch an einem grossen Strome lag, 
ohne Handel und Gewerbe, die Gemeindebehörde für seine 
wenigen Bewohner eine so reiche Wasserversorgung mittelst 
Holzröhren, Thon- und Bleiröhren, wie wir sie hier antreffen, 



62 



mit einem so grossen Aufwand von Arbeit und Kosten sollte 
angelegt haben, zu einer Zeit, in welcher für kommunale 
Zwecke der Bürger in Beziehung auf Sanitätsrücksichten oder 
für Wegbau von der Gemeindebehörde so gut wie nichts 
geschah ; sodann ist zu berücksichtigen, dass trotz der Menge 
von Leitungen keine Spur einer Tradition vorhanden ist und 
ferner, dass die Holzröhrenleitung selbst unter der römischen 
Heidenmauer unter deren Fundament hindurch lief, dass z. B. 
wie in der Rheinstrasse die Thonröhren 11' tief lagen, dass 
der Lehmboden über und unter der Leitung fest wie ge- 
wachsener Boden sich verhielt, der keine Spur einer früheren 
Aufwühlung zu erkennen gab, auch war der dabei gefundene 
Schlammkasten dem bei Rödelheim gefundenen aus dem 
Material von Granit ganz gleich; endlich fiatten die hellen 
Bohren von Bödelheim, die .unzweifelhaft römische sind, mit 
unseren hellen Bohren die grösste Aehnlichkeit. 

Auch muss erwähnt werden, dass die Strassen, in 
welchen die Leitungen gefunden wurden, wie in der Louisen-, 
Rhein-, Adelheid-, Moritz-, Albrecht- und Wilhelmstrasse, 
sowie die im Garten des Gärtners König gefundenen noch 
vor wenigen Decennien Ackerland waren und im Mittelalter 
und selbst noch in der Neuzeit weit ausserhalb der Ring- 
mauer von Wiesbaden lagen, die es ohnehin sehr spät im 
vierzehnten Jahrhundert erhielt und die einen sehr kleinen 
Bezirk umgab. 



Zur Rechtfertigung meiner im Anfange dieser Unter- 
suchung ausgesprochenen Ansicht, dass die römischen Thon- 
wasserleitungsröhren weder bei den Fundberichten in den 



63 



Zeitschriften der Vereine, noch bei den Untersuchungen ge- 
lehrter Archäologen über diesen Gegenstand diejenige Be- 
achtung fanden , die sie verdienen , ja selbst vernachlässigt 
sind, sei mir gestattet, die Resultate 4er umfangreichen und 
lehrreichen Untersuchung und Forschung über die römischen 
Wasserleitungen von Sumlocenne (Rottenburg) von v. J a u- 
mann^) hier zu erwähnen. Man entdeckte daselbst auf 
beiden Ufern des Neckar vier grosse Leitungen; die auf 
dem linken Ufer war eine grossartige Leitung, besonders 
wegen ihrer kunstreichen Ausführung bemerkenswerth, die 
sich auf 3 Stunden Wegs erstreckte. Sie war ein unter- 
irdischer Kanalbau, wie die Appische Leitung in Rom; der 
Kanal ruhte auf einer 6' breiten Grundmauer, 2=3' hoch, 
je nach dem Terrain ; an beiden Seiten des Kanals lief 
gleichfalls eine Mauer her, eine Strebemauer, 1' schmäler 
als die Grundmauer und V/2 hoch bis zum Gewölbe des 
Kanals; dieser selbst ist aus Platten aufgebaut, die aus 
einer Masse von einem Cement aus Kalk, Gyps und zer- 
bröckelten Ziegelsteinen geformt waren. Seine Breite betrug 
1', seine Höhe IV2' i^i Cement, bis zum Gewölbe des Ka- 
nals V2'- 1^16 einzelnen geformten Platten sind mit so feinem 
Kitt aneinander gefügt, dass man glaubt, der ganze Kanal 
bilde einen fortlaufenden Guss. Das Ganze wurde mit Erde 
bedeckt. Die Seiten des Kanals sind V4' dick, der Boden 
V3' ; auf demselben fand sich ein 3 bis 4'" dicker Nieder- 
schlag, Wasserstein. Auf eine Stunde Wegs hatte er 120 
Fall und mündete vor der Stadt in einem grossen Wasser- 
becken, von wo die Leitungskanäle in die Stadt gingen. Er 
wurde schon früher aufgefunden und nach Augenzeugen in 



1) Colonia Somliicenne, Kottenburg am Neckar, unter den Körnern, 
S. 25, 1840. 



64 



demselben viereckige E Öhr e n (?) gefunden, welche drei- 
eckige, viereckige und runde Oeffnnngen hatten. J au mann 
liess dieses Becken wieder öffnen. Sodann heisst es: Eine 
andere Leitung wurde- aufgedeckt mit bleierner Thonsohle 
und Thonröhren ; von diesen sagt J. nichts als : ,D i e T h o n* 
röhren waren jenen von Waiblingen ähnlich.» 
Weiter wird angeführt: Im Spiegelgässchen wurde ein IVa' 
breiter Kanal gefunden, in welchem gleichfalls Eöhren 
mit dreieckigen, viereckigen und runden Oeffnungen sich be- 
funden hätten; dieselben wurden für die ütensuro calices 
gehalten, durch welche das Wasser in die Gassen und Häuser 
vertheilt wurde; sodann wurde nicht weit von einem römi- 
schen Gebäude, in welchem vier 2V2" weite Bleiröhren ge- 
funden wurden, eine Leitung mittelst runder Thonröhren 
aufgedeckt, ^die den römischen nicht unähnlich 
sind.« (?) 

Dies ist Alles, was uns die sonst wichtige und interessante 
Schrift des gelehrten Archäologen über römische Thonröhren 
mittheilt; bei ihrer Erwähnung geht der Verfasser nicht 
über die Bemerkung hinaus, dass sie den römischen nicht 
unähnlich oder den von Waiblingen ähnlich waren. Zweimal 
wird nur von Eöhren gesprochen mit runden, drei- und 
viereckigen Oeffnungen, ohne dass angegeben wird, ob es 
Blei- oder Thonröhren waren. 

Wenden wir uns jetzt zu den römischen Architekten 
und Hydrotechnikern, ob wir bei ihnen über Thonröhren eine 
befriedigendere* Auskunft erhalten, zu Frontinus^) und 



1) De aguaeduetibus whis Bomae von Sextns Julius F. Er diente 
mit vielem Kuhm als Feldherr in Italien unter Vespasian und erhielt 
unter Nerva die Aufsicht über die W^asserleitungen und starb unter 
Trajan 106 n. Chr. 



65 



V i t r u V i 11 s J) T r o n t i n wirft in Bewunderung der 
römischen Wasserleitungen die E^rage auf, ob man es wagen 
könne, mit ihnen und dem so ungeheuren und so nützlichen 
Wasservorrath jene müssigen ägyptischen Pyramiden zu ver- 
gleichen . Damit übereinstimmend sagt P 1 i n i u s (B. XXXVI, 
c. 24, § 10) bei Gelegenheit der Wasserleitungen: „Be- 
trachtet Jemand mit Aufmerksamkeit jene Fülle von Wasser 
zum öffentlichen Gebrauche, Bädern, Bassins, Häusern, Ka- 
nälen, Gärten, Lusthäusern, Landgütern, jene durch weite 
Strecken fortgeführten hohen Bogen, jene durchgrabenen 
. Berge, jene ausgefüllten Thäler, so wird er gestehen, dass 
nichts Bewunderungswürdigeres in der ganzen Welt sei**, 
und Dionvsius von Halikarnass hält die römischen 
Wasserleitungen für die allerkostbarsten Werke, worin sich 
die Grösse des römischen Eeichs am sichtbarsten offenbare. 
Die Thermen des Caracalla hatten 1600 Badesitze aus po- 
lirtem Marmor und die des Diocletian 3000 Badezimmer. 
Front in sagt: sie waren theils unterirdisch (wie der von 
V. Jaum an n beschriebene Kanal), theils überirdische ; diese 
waren theils Bogenwerke, theils untermauerte Kanäle. Die 
Leitung der Zuflüsse zu dem Hauptwasserstrang war meist 
unterirdisch. Bei der Ankunft der Leitung vor der Stadt 
wurde das Wasser in grossen Teichen, Becken gesammelt, 
um gleichsam auszuruhen und seine Unreinigkeiten abzu- 
setzen, von da wurde es in verschiedene Eeservoirs, Wasser- 
behälter (Castella) in der Stadt geleitet und von diesen 
vermittelst Bohren nach den verschiedenen Stadtvierteln in 
die einzelnen Strassen und Häuser. Die V^rtheilung des 



1) Marcus Pollio V., ein berühmter römischer Baumeister von 
Verona unter August und Tiberius, schrieb 10 Bücher über die 
Baukunst. 

5 



66 



Wassers fand zu unendlich vielen Zwecken statt und sein 
Verbrauch war -daher ein ^kolossaler ; es wurde zu öffent- 
lichen und Privatzwecken verwendet. Zu ersteren gehörte 
z. B. die Verwendung zu den Naumachien, den Schiffskämpfen, 
sodann die Speisung der Stadtbrunnen und Veranstaltung 
von Wasserkünsten, Versorgung der öffentlichen Bäder, Rei- 
nigurigskanäle ; zu Privatzwecken wurde es durch Blei- oder 
Thonröhren in die Häuser, in die Gärten, sowie in die Felder 
zu deren Bewässerung geleitet ; jeder hatte ein bestimmtes 
Maass Wasser zu verwenden, ein Curator aquae wachte mit 
grosser Strenge über die Unverletzbarkeit der Leitungen. 
Der Circus maadmus konnte z. B. nur bei den circensischen 
Spielen mit Erlaubniss der Äedilen oder Censoren bewässert 
werden. 

Die Unternehmer hatten die Verbindlichkeit, eine gewisse 
Anzahl Werkleute bei den Leitungen ausserhalb und inner- 
halb der Stadt, zu halten und in die öffentlichen Tafeln ein- 
zutragen ; das Geschäft der Prüfung ihrer Arbeit hatten die 
Censoren, Aedilen, bisweilen die Quaestoren. Die Curatores 
aquae hatten, wenn, sie wegen ihres Geschäfts ausserhalb 
der Stadt waren, jeder zwei Lictoren; ausserdem hatten sie 
drei öffentliche Knechte, einen Baumeister, einen Schreiber, 
einen Abschreiber und Hülfsdiener und Ausrufer so viel, als 
diejenigen, welche Getreide unter das Volk vertheilten. 

Vitruv handelt in dem VII. Kapitel von den Wasser- 
leitungen (ductus aquae) und von Cisternen. Nach ihm 
leitet man d^ Wasser auf dreierlei Art : 1) in einem Ge- 
rinn — rivus — , 2) durch gemauerte Kanäle — canales 
structües — , 3) in bleiernen und irdenen Röhren. In der 
zweiten Art soll die Sohle des Kanals genau abgewägt 
werden, so dass das Gefäll auf 100' nicht unter V2' betrage. 
Die Kanäle müssen zum Schutz gegen die Sonne überwölbt 



67 



werden. Vitruv spricht fast stets von Eöhren — fistulae 
— im Allgemeinen, ohne anzugeben, ob bleierne oder 
irdene- gemeint seien. Der Beschreibung *# der Bleiröhren 
wendet er seine ganze Sorgfalt zu und ergeht sich weitläufig 
über ihre Darstellung und Grösse etc. Dagegen muss es 
auffallen, dass die Erwähnung der gebrannten Thonröhren 
so äusserst dürftig ist, und zwar um so mehr, als er selbst 
sagt, dass die Herstellung derselben am billigsten und das 
Wasser in denselben das gesündeste sei ; er bemerkt nur, 
dass sie nicht unter 2" dick und an einem Ende spitzig — 
lingulati — sein sollen , damit das Ende der einen in den 
Kopf der anderen geht und sich genau anschliesöt ; sodann 
verbinde man, sagt er, die Fugen ihrer Zusammenfügung 
mit lebendigem Kalk, welcher mit Oel angemacht worden 
ist. Den Vortheil der Thonröhren sieht er auch darin, dass 
jeder das, was darin schadhaft wird, ausbessern kann und 
dass das Wasser daraus weit gesünder ist, als das aus Blei- 
röhren, welche das Bleiweiss erzeugen, das dem menschlichen 
Körper schädlich sein soll ; dass das Wasser aus den Thon- 
röhren besser schmecke, zeige der tägliche Gebrauch. 

Ueber die Bleiröhren sagt er, dass sie nicht kürzer als 
10' lang gegossen werden sollen und führt 10 verschiedene 
Grössen nach der Weite der Durchmesser der Röhren an. 
Dieses Maass der Köhren wird nach der Anzahl der Zolle 
benannt, welche die Bleiplatten, bevor sie krumm gebogen 
werden, in der Breite halten ; so z. B. heisst eine hundert- 
zöUige Röhre centenariafistulay eine solche nauss 1200 Pfd. 
wiegen, eine fünfzigzöUige — quinquagenaria — 600 Pfd.,, 
mit einem Durchmesser von 10—12", eine fünfzöllige — 
quinaria — 60 Pfd., wie sie in Wiesbaden gefunden wurden ; 
es ist die geringste Breite. Ein besonderes Interesse ge- 
währte uns die Angabe Vitruvs, dass oft Bleiröhren auf 



68 



gemauerten Kinnen eingelegt wurden, um sie bei der Bieg- 
samkeit des Materials gegen ihre Zusammendrückung zu 
schützen, weil wir im Schützenhof in Wiesbaden ein solches 
concaves Mauerchen aufdeckten, in welchem noch ein Blei- 
rohr lag. 

Femer geht der wichtige Umstand aus Vitruvs Schrift 
hervor, dass man die communicirenden Bohren schon voll- 
ständig kannte, worüber sich auch Plinius eben so klar 
als bestinmat ausspricht, ebenso, dass man mit der Kunst 
des Nivellirens schon vertraut war; Vitruv gibt drei In- 
strumente an, welche beim Nivelliren gebraucht wurden. 

Auch wird die Art und Weise angegeben, wie verfahren 
werden soll, wenn die Leitung mittelst Bohren bergabwärts 
in die Thalsohle — ventris plamties — führt und von da 
durch den Wasserdruck bergauf geleitet werden soll, nämlich 
durch ein Knie in einem durchbohrten Sandstein, in welchen 
hier, wo der Hügel sich neigt, die letzte herabkommende 
und die erste Bohre des Bauchs — auf der Thalsohle — 
und dort, wo der Hügel sich erhebt, des Bauches letzte in 
die erste aufwärtsgehende Bohre einpassen soll ; ebenso wird 
in der Fläche verfahren, wenn eine gerade Leitung von dieser 
Sichtung abgehen und einen mehr oder weniger stumpfen 
oder einen rechten Winkel bilden soll. Der Sandstein ver- 
mittelt dieses Kiiie, denn indem die letzte Bohre der geraden 
Linie in die Oeflfnung des Sandsteins eintritt, tritt die erste 
Bohre, die den Winkel bildet, aus der anderen Oeffnung des 
Sandsteins heraus; hierdurch entsteht, je nach Absicht, ein 
Winkel in der geraden Bichtung, wie man ihn grade haben wilL 

Auch in der Schrift des gelehrten Archäologen A n g e 1 o 
Secchi^), der nach der berühmten in Alatri gefundenen 

1) Intorno ad alcnni avanzi di opera idrauliche antiche rinyenati 
nella dtta' di •Alatri del p. Angelo Secchi, Roma 1865. 



69 



Inschrift des Betüienus Varus nach den darin gefundenen 
Angaben von Wasserieitungen in und ausserhalb Alatris, 
Nachgrabungen anstellte, deren Resultat er in jener Schrift 
veröffentlichte ; auch in dieser hat der Verfasser für seinen 
Zweck nichts Bemerkenswerthes gefunden ; es geht aber 
daraus hervor, dass die Römer in Italien Thonröhren von 
ausserordentlicher Grösse und Stärke anwendeten, wie sie in 
hiesiger Gegend nicht vorkommen. 

Er fand nur wenige Röhren erhalten, die meisten wurden 
sogleich zerstört oder verkauft. Folgende Beschreibung gibt 
er von einer Röhre von der feinsten dichtesten Kreide fCretaJ. 
„Länge 0",60, Dicke (der Wandungen) 4 Gentimeter, innerer 
Durchmesser 11 Gentimeter, die Zunge (Spitze) 11 Gentim.* 
Sodann fand er das Bruchstück einer ungeheuren Röhre aus 
einer ungemein dichten und feinen Masse, die offenbar mit 
einer Maschine zusammengedrückt war, um die Porosität 
zu vermindern ; das Innere war mit Weinstein überzogen. 
Durchmesser 0%345, Dicke 0'^,061, die Länge der Zunge 
oder Spitze 0'°,112, Länge, ungewiss, scheint aber nicht 
weniger als 0™,80 gehabt zu haben. 

Wir schliessen mit der Bemerkung, dass in dem ganzen 
Werk des Front in zumeist nur von Röhren im AUge- 

• 

meinen gesprochen wird und das Wort Thonröhren nur 
einigemale vorkommt, eine Gharakteristik derselben gänz- 
lich vermisst wird. 



Lithographirte Tafeln. 



Taf. I. Fig. 1. Die frühere muthmassliche Construction des Aquä- 

ducts im Ausgang des Mühlthales. 
Fig. 2. Dessen Gnindriss. 
Fig. 3. Ein Hammer. 
Fig. 4. Ein Hammer. 

Fig. 5 Ein halbmondförmiges Schneid-Instrument 
Fig. 6. Ein kleiner eiserner Ring. 

Fig. 7. Ein grosser eiserner Ring zum Zusammenfügen der 
Holzröhren. 
Taf. II. Fig. 8. Abbildung einer hellen Röhre aus der Adelheidstrasse. 
Fig. 9. Dieselbe im Durchschnitt. 

Fig. 10. Eine helle Röhre im Durchschnitt aus dem Garten 
des Gärtners König in der Nähe des Rondels an 
der Biebricher Chaussee. 
Fig. 11. Abbildung einer hellen Röhre von Rödelheim bei 

Frankfurt. 
Fig. 12. Eine helle Röhre von Rödelheim, in ihrer Zusamraen- 

fügung dargestellt. 
Fig. 13. Abbildung einer Röhre aus der Nähe der engl. Kirche. 
Fig. 14. Schlammkasten von Basalt, bei Rödelheim gefunden. 
Fig. 15. Schlammkasten von Sandstein aus der Rheinstrasse. 
Fig. 16. Abbildung einer rothen Röhre aus dem Dambachthal. 
Fig. 17. Dieselbe Röhre im Durchschnitt. 
Fig. 18. Bleiröhre aus dem Schützenhof. 
Taf. III. lieber sichtsplan der Stadt Wiesbaden. 
Taf. IV. Specialplan der Wasserleitungen in der Louisenstrasse, Rhein- 
strasse, Adelheidstrasse 17, Adelheidstrasse 18, Adelheid- 
strasse 13a (Gerner), an der engl. Kirche, vom warmen 
Damm zum Museumsgebäude und der Moritz-Albrechtstrasse. 
Taf V. Specialplan der Wasserleitungen durch das Dambachthal, Saal- 
gasse, Kirchhofgässchen, Langgasse u. im Schützenhofterrain. 
Taf. VI. Specialplan der Wasserleitung in' der grossen Burgstrasse, 
am Alleesaal, im Rönierbad, Weissen Schwan und im Engel 
am Kochbrunnen. 
Taf. VII. Wasserleitung hinter der Infanterie-Kaserne. 



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