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Full text of "Romeo und Julia"

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The Project Gutenberg EBook of Romeo und Julia, by William Shakespeare
(#16 in our series by William Shakespeare)

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Title: Romeo und Julia

Author: William Shakespeare

Release Date: November, 2004  [EBook #6996]
[This file was first posted on February 20, 2003]

Edition: 10

Language: German

Character set encoding: ASCII

*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, ROMEO UND JULIA ***




Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient
German books in London.



This Etext is in German.

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Romeo und Julia

William Shakespeare

Uebersetzt von August Wilhelm von Schlegel


PERSONEN

ESCALUS, Prinz von Verona

[GRAF] PARIS, ein junger Edelmann, Verwandter des Prinzen

MONTAGUE und CAPULET } Haeupter zweier Haeuser, welche in Zwist
miteinander sind

[Ein andrer CAPULET, des Vorigen Verwandter] Ein alter Mann,
ein Onkel von Capulet

ROMEO, Montagues Sohn

MERCUTIO, Verwandter des Prinzen und Romeos Freund

BENVOLIO, Montagues Neffe und Romeos Freund

TYBALT, Neffe der Graefin Capulet

Bruder LORENZO, ein Franziskaner

Bruder MARKUS, von demselben Orden

ABRAHAM, Diener im Hause Montague

BALTHASAR, Romeos Diener

[SIMSON, GREGORIO, PETER und andere DIENER im Hause Capulet]

SIMSON, Diener des Capulet

GREGORIO, Diener des Capulet

PETER, Diener von Julias Amme

Drei MUSIKANTEN

Ein PAGE des Paris; ein weiterer Page

Ein APOTHEKER

CHORUS

Ein Offizier

Graefin MONTAGUE, Ehefrau des Montague

Graefin CAPULET, Ehefrau des Capulet

JULIA, Capulets Tochter

[WAeRTERIN, frueher] Juliens Amme

Buerger von Verona.  Verschiedene Maenner und Frauen, Verwandte
beider Haeuser.

Masken, Garde, Waechter, Gefolge


Die Szene ist den groessten Teil des Stuecks hindurch in Verona;
zu Anfange des fuenften Aktes in Mantua



PROLOG


(Der Chorus tritt auf.)

CHORUS
Zwei Haeuser waren--gleich an Wuerdigkeit--
 Hier in Verona, wo die Handlung steckt,
Durch alten Groll zu neuem Kampf bereit,
 Wo Buergerblut die Buergerhand befleckt.
Aus dieser Feinde unheilvollem Schoss
 Das Leben zweier Liebender entsprang,
Die durch ihr unglueckselges Ende bloss
 Im Tod begraben elterlichen Zank.
Der Hergang ihrer todgeweihten Lieb
 Und der Verlauf der elterlichen Wut,
Die nur der Kinder Tod von dannen trieb,
 Ist nun zwei Stunden lang der Buehne Gut;
Was dran noch fehlt, hoert mit geduldgem Ohr,
Bringt hoffentlich nun unsre Mueh hervor.




ERSTER AKT



ERSTE SZENE

(Ein oeffentlicher Platz)

(Simson und Gregorio, [zwei Bediente Capulets,] treten
bewaffnet mit
Schwertern und Schilden auf.)


SIMSON
Auf mein Wort, Gregorio, wir wollen nichts in die Tasche
stecken.

GREGORIO
Freilich nicht, sonst waeren wir Taschenspieler.

SIMSON
Ich meine, ich werde den Koller kriegen und vom Leder
ziehn.

GREGORIO
Ne, Freund, deinen ledernen Koller musst du bei Leibe
nicht ausziehen.

SIMSON
Ich schlage geschwind zu, wenn ich aufgebracht bin.

GREGORIO
Aber du wirst nicht geschwind aufgebracht.

SIMSON
Ein Hund aus Montagues Hause bringt mich schon auf.

GREGORIO
Einen aufbringen heisst: ihn von der Stelle schaffen.
Um tapfer zu sein, muss man standhalten.  Wenn du dich
also aufbringen laesst, so laeufst du davon.

SIMSON
Ein Hund aus dem Hause bringt mich zum Standhalten.
[Mit jedem Bedienten und jedem Maedchen Montagues will ich
es aufnehmen.] Ich habe bei jedem Bedienten und Maedchen
der Montagues den Vorrang und nehme also die Mauerseite
ein, [so dass ich nicht auf die schmutzige Strassenmitte
treten muss.]


GREGORIO
Daran sieht man, dass du ein schwacher Sklave bist;
denn der schwaechste geht gegen die Mauer.

SIMSON
Das ist wahr; und daher werden die Weiber, da sie die
schwaecheren sind, immer gegen die Mauer gedrueckt:
folglich werde ich Montagues Bediente von der Mauer
wegstossen und seine Maedchen gegen die Mauer druecken.

GREGORIO
Der Streit ist nur zwischen unseren Herrschaften und uns,
ihren Bedienten.  [Es mit den Maedchen aufnehmen?  Pfui doch!
Du solltest dich lieber von ihnen aufnehmen lassen.]

SIMSON
Einerlei!  Ich will barbarisch zu Werke gehn.  Hab ichs
mit den Bedienten erst ausgefochten, so will ich mir die
Maedchen unterwerfen.  [Sie sollen die Spitze meines Degens
fuehlen, bis er stumpf wird.] Ich werde sie ihrer
jungfraeulichen Haeupter berauben.

GREGORIO
Die Jungfrauen enthaupten?

SIMSON
Jawohl, die Jungfrauen enthaupten oder ihnen die
Jungfraeulichkeit nehmen, nimm es in dem einen oder
anderen Sinn, ganz wie du willt.

GREGORIO
Sie werden es sinngemaess aufnehmen muessen, die es zu
spueren bekommen.

SIMSON
Mich sollen sie zu spueren bekommen, solange ich noch
standhalten kann: und es ist bekannt, dass ich ein huebsches
Stueck Fleisches bin.

GREGORIO
Nur gut, dass du nicht Fisch bist, sonst waerst du ein
aermlicher Doerr-Hering.--Zieh nur gleich vom Leder: Da
kommen zwei aus dem Hause der Montagues.

(Abraham und Balthasar treten auf.)

SIMSON
Hier, meine Waffe ist blank.  Fang nur Haendel an, ich will
den Ruecken decken.

GREGORIO
Den Ruecken?  Willst du Reissaus nehmen?

SIMSON
Fuerchte nichts von mir!

GREGORIO
Ne, wahrhaftig!  Ich dich fuerchten?

SIMSON
Lass uns das Recht auf unsrer Seite behalten, lass sie
anfangen!

GREGORIO
Ich will ihnen im Vorbeigehn ein Gesicht ziehen, sie
moegens nehmen, wie sie wollen.

SIMSON
Wie sie wagen, lieber.  Ich will ihnen einen Esel bohren;
wenn sie es einstecken, so haben sie den Schimpf.

(Abraham und Balthasar treten auf.)

ABRAHAM
Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?

SIMSON
Ich bohre einen Esel, mein Herr.

ABRAHAM
Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?

SIMSON
Ist das Recht auf unsrer Seite, wenn ich ja sage?

GREGORIO
Nein.

SIMSON
Nein, mein Herr!  Ich bohre Euch keinen Esel, mein Herr.
Aber ich bohre einen Esel, mein Herr.

GREGORIO
Sucht Ihr Haendel, mein Herr?

ABRAHAM
Haendel, Herr?  Nein, mein Herr.

SIMSON
Wenn Ihr sonst Haendel sucht, mein Herr: ich steh zu Diensten.
Ich bediene einen ebenso guten Herrn wie Ihr.

ABRAHAM
Keinen bessern.

SIMSON
Sehr wohl, mein Herr!

(Benvolio tritt auf.)

GREGORIO
Sag: einen bessern; hier kommt ein Vetter meiner Herrschaft.

SIMSON
Ja doch, einen bessern, mein Herr.

ABRAHAM
Ihr luegt!

SIMSON
Zieht, falls ihr Kerls seid!  Frisch, Gregorio!  denk mir an
deinen Schwadronierhieb.

(Sie fechten.  Benvolio tritt auf.)

BENVOLIO
Ihr Narren, fort!  Steckt eure Schwerter ein;
Ihr wisst nicht, was ihr tut.

(Er schlaegt ihre Schwerter nieder.  Tybalt tritt auf.)

TYBALT
Was?  Ziehst du unter den verzagten Knechten?
Hieher, Benvolio!  Biet die Stirn dem Tode!

BENVOLIO
Ich stifte Frieden, steck dein Schwert nur ein!
Wo nicht, so fuehr es, diese hier zu trennen!

TYBALT
Was?  Ziehn und Friede rufen?  Wie die Hoelle
Hass ich das Wort, wie alle Montagues
Und dich!  Wehr dich, du Memme!

(Sie fechten.  Verschiedene Anhaenger beider Haeuser kommen
und mischen sich in den Streit; dann Buerger mit Knuetteln.)

ERSTER BUeRGER
He!  Spiess' und Stangen her!--Schlagt auf sie los!
Weg mit den Capulets!--Weg mit den Montagues!

(Capulet im Schlafrock und Graefin Capulet.)

CAPULET
Was fuer ein Laerm?--Holla, mein langes Schwert!

GRAeFIN CAPULET
Nein, Kruecken, Kruecken!  Wozu soll ein Schwert!

CAPULET
Mein Schwert, sag ich!  Der alte Montague
Kommt dort und schwingt die Klinge mir zum Hohn.

(Montague und Graefin Montague.)

MONTAGUE
Du Schurke Capulet!--

MONTAGUE
Schon manchen Morgen ward er dort gesehn,
Wie er den frischen Tau durch Traenen mehrte
Und, tief erseufzend, Wolk an Wolke draengte.
Allein sobald im fernsten Ost die Sonne,
Die allerfreunde, von Auroras Bett
Den Schattenvorhang wegzuziehn beginnt,
Stiehlt vor dem Licht mein finstrer Sohn sich heim
Und sperrt sich einsam in sein Kaemmerlein,
Verschliesst dem schoenen Tageslicht die Fenster
Und schaffet kuenstlich Nacht um sich herum.
In schwarzes Missgeschick wird er sich traeumen,
Weiss guter Rat den Grund nicht wegzuraeumen.

BENVOLIO
Mein edler Oheim, wisset Ihr den Grund?

MONTAGUE
Ich weiss ihn nicht und kann ihn nicht erforschen.

BENVOLIO
Lagt Ihr ihm jemals schon deswegen an?

MONTAGUE
Ich selbst sowohl als mancher andre Freund.
Doch er, der eignen Neigungen Vertrauter,
Ist gegen sich, wie treu, will ich nicht sagen,
Doch so geheim und in sich selbst gekehrt,
So unergruendlich forschendem Bemuehn
Wie eine Knospe, die ein Wurm zernagt,
Eh sie der Luft ihr zartes Laub entfalten
Und ihren Reiz der Sonne weihen kann.
Erfuehren wir, woher sein Leid entsteht,
Wir heilten es so gern, als wirs erspaeht.

(Romeo erscheint in einiger Entfernung.)

BENVOLIO
Da kommt er, seht!  Geruht, uns zu verlassen;
Galt ich ihm je was, will ich schon ihn fassen.

MONTAGUE
O beichtet' er fuer dein Verweilen dir
Die Wahrheit doch!--Kommt, Graefin, gehen wir!

(Montague und Graefin Montague gehen ab.  Romeo tritt auf.)

BENVOLIO
Ha, guten Morgen, Vetter!

ROMEO
 Erst so weit?

BENVOLIO
Kaum schlug es neun.

ROMEO
 Weh mir.  Gram dehnt die Zeit.
War das mein Vater, der so eilig ging?

BENVOLIO
Er wars.  Und welcher Gram dehnt Euch die Stunden?

ROMEO
Dass ich entbehren muss, was sie verkuerzt.

BENVOLIO
Entbehrt Ihr Liebe?

ROMEO
 Nein.

BENVOLIO
 So ward sie Euch zuteil?

ROMEO
Nein, Lieb entbehr ich, wo ich lieben muss.

BENVOLIO
Ach, dass der Liebesgott, so mild im Scheine,
So grausam in der Prob erfunden wird!

ROMEO
Ach, dass der Liebesgott, trotz seinen Binden,
Zu seinem Ziel stets Pfade weiss zu finden!
Wo speisen wir?--Ach, welch ein Streit war hier?
Doch sagt mirs nicht, ich hoert es alles schon:
Hass gibt hier viel zu schaffen, Liebe mehr.
Nun denn: Liebreicher Hass!  Streitsuechtge Liebe!
Du Alles, aus dem Nichts zuerst erschaffen!
Schwermuetger Leichtsinn!  Ernste Taendelei!
Entstelltes Chaos glaenzender Gestalten!
Bleischwinge!  Lichter Rauch und kalte Glut!
Stets wacher Schlaf, dein eignes Widerspiel!
So fuehl ich Lieb und hasse, was ich fuehl!
Du lachst nicht?

BENVOLIO
 Nein, das Weinen ist mir naeher.

ROMEO
Warum, mein Herz?

BENVOLIO
 Um deines Herzens Qual.

ROMEO
Das ist der Liebe Unbill nun einmal.
Schon eignes Leid will mir die Brust zerpressen,
Dein Gram um mich wird voll das Mass mir messen.
Die Freundschaft, die du zeigst, mehrt meinen Schmerz;
Denn, wie sich selbst, so quaelt auch dich mein Herz.
Lieb ist ein Rauch, den Seufzerdaempf erzeugten,
Geschuert, ein Feur, von dem die Augen leuchten,
Gequaelt, ein Meer, von Traenen angeschwellt;
Was ist sie sonst?  Verstaendge Raserei
Und ekle Gall und suesse Spezerei.
Lebt wohl, mein Freund!

(Im Gehen.)

BENVOLIO
 Sacht!  Ich will mit Euch gehen;
Ihr tut mir Unglimpf, lasst Ihr so mich stehen.

ROMEO
Ach, ich verlor mich selbst; ich bin nicht Romeo.
Der ist nicht hier: er ist--ich weiss nicht, wo.

BENVOLIO
Entdeckt mir ohne Mutwill, wen Ihr liebt.

ROMEO
Bin ich nicht ohne Mut und ohne Willen?

BENVOLIO
Nein, sagt mirs ernsthaft doch!

ROMEO
Bitt einen ernsthaft um sein Testament,
Den Kranken quaelts, wenn man das Wort ihm nennt!
Hoert, Vetter, denn im Ernst: Ich lieb ein Weib.

BENVOLIO
Ich trafs doch gut, dass ich verliebt Euch glaubte.

ROMEO
Ein wackrer Schuetz!--Und die ich lieb, ist schoen.

BENVOLIO
Ein glaenzend Ziel kann man am ersten treffen.

ROMEO
Dies Treffen traf dir fehl, mein guter Schuetz;
Sie weicht dem Pfeil aus, sie hat Dianens Witz
Umsonst hat ihren Panzer keuscher Sitten
Der Liebe kindisches Geschoss bestritten.
Sie wehrt den Sturm der Liebesbitten ab,
Steht nicht dem Angriff kecker Augen, oeffnet
Nicht ihren Schoss dem Gold, das Heilge lockt.
O sie ist reich an Schoenheit; arm allein,
Weil, wenn sie stirbt, ihr Reichtum hin wird sein.

BENVOLIO
Beschwor sie der Enthaltsamkeit Gesetze?

ROMEO
Sie tats, und dieser Geiz vergeudet Schaetze.
Denn Schoenheit, die der Lust sich streng enthaelt,
Bringt um ihr Erb die ungeborne Welt.
Sie ist zu schoen und weis', um Heil zu erben,
Weil sie, mit Weisheit schoen, mich zwingt zu sterben.
Sie schwor zu lieben ab, und dies Geluebd
Ist Tod fuer den, der lebt, nur weil er liebt.

BENVOLIO
Folg meinem Rat, vergiss an sie zu denken!

ROMEO
So lehre mich, das Denken zu vergessen.

BENVOLIO
Gib deinen Augen Freiheit, lenke sie
Auf andre Reize hin.

ROMEO
 Das ist der Weg,
Mir ihren Reiz in vollem Licht zu zeigen.
Die Schwaerze jener neidenswerten Larven,
Die schoener Frauen Stirne kuessen, bringt
Uns in den Sinn, dass sie das Schoene bergen.
Der, welchen Blindheit schlug, kann nie das Kleinod
Des eingebuessten Augenlichts vergessen.
Zeigt mir ein Weib, unuebertroffen schoen:
Mir gilt ihr Reiz wie eine Weisung nur,
Worin ich lese, wer sie uebertrifft.
Leb wohl!  Vergessen lehrest du mich nie.

BENVOLIO
Dein Schuldner sterb ich, glueckt mir nicht die Mueh.

(Beide ab.)



ZWEITE SZENE

(Eine Strasse)

(Capulet, Paris und ein Diener kommen.)


CAPULET
Und Montague ist mit derselben Busse
Wie ich bedroht?  Fuer Greise, wie wir sind,
Ist Frieden halten, denk ich, nicht so schwer.

PARIS
Ihr geltet beid als ehrenwerte Maenner,
Und Jammer ists um Euren langen Zwiespalt.
Doch, edler Graf, wie duenkt Euch mein Gesuch?

CAPULET
Es duenkt mich so, wie ich vorhin gesagt.
Mein Kind ist noch ein Fremdling in der Welt,
Sie hat kaum vierzehn Jahre wechseln sehn.
Lasst noch zwei Sommer prangen und verschwinden,
Eh wir sie reif, um Braut zu werden, finden.

PARIS
Noch juengre wurden oft beglueckte Muetter.

CAPULET
Wer vor der Zeit beginnt, der endigt frueh.
All meine Hoffnungen verschlang die Erde;
Mir blieb nur dieses hoffnungsvolle Kind.
Doch werbt nur, lieber Graf!  Sucht Euer Heil!
Mein Will ist von dem ihren nur ein Teil.
Wenn sie aus Wahl in Eure Bitten willigt,
So hab ich im voraus ihr Wort gebilligt,
Ich gebe heut ein Fest, von alters hergebracht,
Und lud darauf der Gaeste viel zu Nacht,
Was meine Freunde sind: Ihr, der dazu gehoeret,
Sollt hoch willkommen sein, wenn Ihr die Zahl vermehret.
In meinem armen Haus sollt Ihr des Himmels Glanz
Heut nacht verdunkelt sehn durch irdscher Sterne Tanz.
Wie muntre Juenglinge mit neuem Mut sich freuen,
Wenn auf die Fersen nun der Fuss des holden Maien
Dem lahmen Winter tritt: die Lust steht Euch bevor,
Wann Euch in meinem Haus ein frischer Maedchenflor
Von jeder Seit umgibt.  Ihr hoert, Ihr seht sie alle,
Dass, die am schoensten prangt, am meisten Euch gefalle.
Dann moegt Ihr in der Zahl auch meine Tochter sehn,
Sie zaehlt fuer eine mit, gilt sie schon nicht fuer schoen.
Kommt, geht mit mir!--Du, Bursch, nimm das Papier mit Namen,
Trab in der Stadt herum, such alle Herrn und Damen,
So hier geschrieben stehn,

(uebergibt ein Papier)

 und sag mit Hoeflichkeit:
Mein Haus und mein Empfang steh ihrem Dienst bereit.

(Capulet und Paris gehen ab.)

DIENER
Die Leute soll ich suchen, wovon die Namen hier geschrieben
stehn?  Es steht geschrieben, der Schuster soll sich um seine
Elle kuemmern, der Schneider um seinen Leisten, der Fischer
um seinen Pinsel, der Maler um seine Netze.  Aber mich schicken
sie, um die Leute ausfindig zu machen, wovon die Namen hier
geschrieben stehn, und ich kann doch gar nicht ausfindig
machen, was fuer Namen der Schreiber hier aufgeschrieben hat.
Ich muss zu den Gelahrten!--



DRITTE SZENE

(Ein Zimmer in Capulets Hause)

(Graefin Capulet und die Waerterin.)


GRAeFIN CAPULET
Ruft meine Tochter her; wo ist sie, Amme?

WAeRTERIN
Bei meiner Jungfernschaft im zwoelften Jahr,
Ich rief sie schon.--He, Laemmchen!  zartes Taeubchen--
Dass Gott!  wo ist das Kind?  He, Juliette!

(Julia kommt.)

JULIA
Was ist?  Wer ruft mich?

WAeRTERIN
Eure Mutter.

JULIA
Hier bin ich, gnaedge Mutter!  Was beliebt?

GRAeFIN CAPULET
Die Sach ist diese!--Amme, geh beiseit,
Wir muessen heimlich sprechen.--Amme, komm
Nur wieder her, ich habe mich besonnen,
Ich will dich mit zur Ueberlegung ziehn.
Du weisst, mein Kind hat schon ein huebsches Alter.

WAeRTERIN
Das zaehl ich, meiner Treu, am Finger her.

GRAeFIN CAPULET
Sie ist nicht vierzehn Jahre.

WAeRTERIN
Ich wette vierzehn meiner Zaehne drauf--
Zwar hab ich nur vier Zahn, ich arme Frau--,
Sie ist noch nicht vierzehn.  Wie lang ists bis Johannis?

GRAeFIN CAPULET
Ein vierzehn Tag und drueber.

WAeRTERIN
Nun, drueber oder drunter.  Just den Tag,
Johannistag zu Abend, wird sie vierzehn.
Suschen und sie--Gott gebe jedem Christen
Das ewge Leben!--waren eines Alters.
Nun, Suschen ist bei Gott;
Sie war zu gut fuer mich.  Doch wie ich sagte,
Johannistag zu Abend wird sie vierzehn.
Das wird sie, meiner Treu; ich weiss recht gut.
Elf Jahr ists her, seit wir 's Erdbeben hatten;
Und ich entwoehnte sie--mein Leben lang
Vergess ichs nicht--just auf denselben Tag.
Ich hatte Wermut auf die Brust gelegt
Und sass am Taubenschlage in der Sonne;
Die gnaedge Herrschaft war zu Mantua.
Ja, ja!  Ich habe Gruetz im Kopf!  Nun, wie ich sagte:
Als es den Wermut auf der Warze schmeckte
Und fand ihn bitter--naerrsches, kleines Ding--,
Wie's boese ward und zog der Brust ein Gsicht!
Krach!  sagt' der Taubenschlag; und ich, fuerwahr,
Ich wusste nicht, wie ich mich tummeln sollte,
Und seit der Zeit ists nun elf Jahre her.
Denn damals stand sie schon allein; mein Treu,
Sie lief und watschelt' Euch schon flink herum.
Denn tags zuvor fiel sie die Stirn entzwei,
Und da hob sie mein Mann--Gott hab ihn selig!
Er war ein lustger Mann--vom Boden auf.
Ei, sagt' er, faellst du so auf dein Gesicht?
Wirst ruecklings fallen, wenn du klueger bist,
Nicht wahr, mein Kind?  Und liebe, heilge Frau!
Das Maedchen schrie nicht mehr und sagte: Ja.
Da seh man, wie so 'n Spass zum Vorschein kommt!
Und lebt ich tausend Jahre lang, ich wette,
Dass ich es nie vergass.  Nicht wahr, mein Kind?  sagt' er;
Und 's liebe Naerrchen ward still und sagte: Ja.

GRAeFIN CAPULET
Genug davon, ich bitte, halt dich ruhig.

WAeRTERIN
Ja, gnaedge Frau.  Doch laecherts mich noch immer,
Wie 's Kind sein Schreien liess und sagte: Ja,
Und sass ihm, meiner Treu, doch eine Beule,
So dick wie 'n Huehnerei, auf seiner Stirn,
Recht gfaehrlich dick, und es schrie bitterlich.
Mein Mann, der sagte: Ei, faellst aufs Gesicht?
Wirst ruecklings fallen, wenn du aelter bist.
Nicht wahr, mein Kind?  Still wards und sagte: Ja.

JULIA
Ich bitt dich, Amme, sei doch auch nur still.

WAeRTERIN
Gut, ich bin fertig.  Gott behuete dich!
Du warst das feinste Pueppchen, das ich saeugte.
Erleb ich deine Hochzeit noch einmal,
So wuensch ich weiter nichts.

GRAeFIN CAPULET
Die Hochzeit, ja, das ist der Punkt, von dem
Ich sprechen wollte.  Sag mir, liebe Tochter,
Wie stehts mit deiner Lust, dich zu vermaehlen?

JULIA
Ich traeumte nie von dieser Ehre noch.

WAeRTERIN
Ein Ehre!  Haettst du eine andre Amme
Als mich gehabt, so wollt ich sagen: Kind,
Du habest Weisheit mit der Milch gesogen.

GRAeFIN CAPULET
Gut, denke jetzt dran; juenger noch als du
Sind angesehne Fraun hier in Verona
Schon Muetter worden.  Ist mir recht, so war
Ich deine Mutter in demselben Alter,
Wo du noch Maedchen bist.  Mit einem Wort:
Der brave Paris wirbt um deine Hand.

WAeRTERIN
Das ist ein Mann, mein Fraeulein!  Solch ein Mann,
Als alle Welt--ein wahrer Zuckermann!

GRAeFIN CAPULET
Die schoenste Blume von Veronas Flor.

WAeRTERIN
Ach ja, 'ne Blume!  Gelt, 'ne rechte Blume!

GRAeFIN CAPULET
Was sagst du?  Wie gefaellt dir dieser Mann?
Heut abend siehst du ihn bei unserm Fest.
Dann lies im Buche seines Angesichts,
In das der Schoenheit Griffel Wonne schrieb,
Betrachte seiner Zuege Lieblichkeit,
Wie jeglicher dem andern Zierde leiht.
Was dunkel in dem holden Buch geblieben,
Das lies in seinem Aug am Rand geschrieben.
Und dieses Freiers ungebundner Stand,
Dies Buch der Liebe braucht nur einen Band.
Der Fisch lebt in der See, und doppelt teuer
Wird aeussres Schoen' als innrer Schoenheit Schleier.
Das Buch glaenzt allermeist im Aug der Welt,
Das goldne Lehr in goldnen Spangen haelt.
So wirst du alles, was er hat, geniessen,
Wenn du ihn hast, ohn etwas einzubuessen.

WAeRTERIN
Einbuessen?  Nein, zunehmen wird sie eher;
Die Weiber nehmen oft durch Maenner zu.

GRAeFIN CAPULET
Sag kurz, fuehlst du dem Grafen dich geneigt?

JULIA
Gern will ich sehn, ob Sehen Neigung zeugt;
Doch weiter soll mein Blick den Flug nicht wagen,
Als ihn die Schwingen Eures Beifalls tragen.

(Ein Diener kommt.)

DIENER
Gnaedige Frau, die Gaeste sind da, das Abendessen auf dem
Tisch; Ihr werdet gerufen, das Fraeulein gesucht, die Amme
in der Speisekammer zum Henker gewuenscht, und alles geht
drunter und drueber.  Ich muss fort, aufwarten; ich bitte Euch,
kommt unverzueglich!

GRAeFIN CAPULET
Gleich!--

(Der Diener geht ab.)

 Paris wartet; Julia, komm geschwind!

WAeRTERIN
Such frohe Nacht auf frohe Tage, Kind!

(Alle ab.)



VIERTE SZENE

(Eine Strasse)

(Romeo, Mercutio, Benvolio mit fuenf oder sechs Masken,
Fackeltraegern und anderen.)


ROMEO
Soll diese Red uns zur Entschuldgung dienen?
Wie?  Oder treten wir nur grad hinein?

BENVOLIO
Umschweife solcher Art sind nicht mehr Sitte.
Wir wollen keinen Amor, mit der Schaerpe
Geblendet, der den bunt bemalten Bogen
Wie ein Tatar geschnitzt aus Latten traegt
Und wie 'ne Vogelscheuch die Frauen schreckt;
Auch keinen hergebeteten Prolog,
Wobei viel zugeblasen wird, zum Eintritt.
Lasst sie uns nur, wofuer sie wollen, nehmen,
Wir nehmen ein paar Taenze mit und gehn.

ROMEO
Ich mag nicht springen; gebt mir eine Fackel!
Da ich so finster bin, so will ich leuchten.

MERCUTIO
Nein, du musst tanzen, lieber Romeo.

ROMEO
Ich wahrlich nicht!  Ihr seid so leicht von Sinn
Als leicht beschuht; mich drueckt ein Herz von Blei
Zu Boden, dass ich kaum mich regen kann.

MERCUTIO
Ihr seid ein Liebender; borgt Amors Fluegel
und schwebet frei in ungewohnten Hoehn.

ROMEO
Ich bin zu tief von seinem Pfeil durchbohrt,
Auf seinen leichten Schwingen hoch zu schweben.
Gewohnte Fesseln lassen mich nicht frei;
Ich sinke unter schwerer Liebeslast.

MERCUTIO
Und wolltet Ihr denn in die Liebe sinken?
Ihr seid zu schwer fuer ein so zartes Ding.

ROMEO
Ist Lieb ein zartes Ding?  Sie ist zu rauh,
Zu wild, zu tobend; und sie sticht wie Dorn.

MERCUTIO
Begegnet Lieb Euch rauh, so tut desgleichen!
Stecht Liebe, wenn sie sticht; das schlaegt sie nieder.

(Zu einem andern aus dem Gefolge.)

Gebt ein Gehaeuse fuer mein Antlitz mir:

(Eine Maske aufsetzend.)

'ne Larve fuer 'ne Larve!

(Bindet die Maske vor.)

 Nun erspaehe
Die Neugier Missgestalt: was kuemmerts mich?
Erroeten wird fuer mich dies Wachsgesicht.

BENVOLIO
Fort!  Klopft, und dann hinein!  Und sind wir drinnen,
So ruehre gleich ein jeder flink die Beine!

ROMEO
Mir eine Fackel!  Leichtgeherzte Buben,
Die lasst das Estrich mit den Sohlen kitzeln.
Ich habe mich verbraemt mit einem alten
Grossvaterspruch: Wer 's Licht haelt, schauet zu!
Nie war das Spiel so schoen; doch ich bin matt.

MERCUTIO
Jawohl, zu matt, dich aus dem Schlamme--nein,
Der Liebe wollt ich sagen--dich zu ziehn,
Worin du leider steckst bis an die Ohren.
Macht fort, wir leuchten ja dem Tage hier.

ROMEO
Das tun wir nicht.

MERCUTIO
 Ich meine, wir verscherzen,
Wie Licht bei Tag, durch Zoegern unsre Kerzen.
Nehmt meine Meinung nach dem guten Sinn
Und sucht nicht Spiele des Verstandes drin.

ROMEO
Wir meinens gut, da wir zum Balle gehen;
Doch es ist Unverstand.

MERCUTIO
 Wie?  Lasst doch sehen!

ROMEO
Ich hatte diese Nacht 'nen Traum.

MERCUTIO
 Auch ich.

ROMEO
Was war der Eure?

MERCUTIO
 Dass auf Traeume sich
Nichts bauen laesst, dass Traeume oefters luegen.

ROMEO
Sie traeumen Wahres, weil sie schlafend liegen.

MERCUTIO
Nun seh ich wohl, Frau Mab hat Euch besucht.

[ROMEO
Frau Mab, wer ist sie?

MERCUTIO]
Sie ist der Feenwelt Entbinderin.
Sie kommt, nicht groesser als der Edelstein
Am Zeigefinger eines Aldermanns,
Und faehrt mit 'nem Gespann von Sonnenstaeubchen
Den Schlafenden quer auf der Nase hin.
Die Speichen sind gemacht aus Spinnenbeinen,
Des Wagens Deck aus eines Heupferds Fluegeln,
Aus feinem Spinngewebe das Geschirr,
Die Zuegel aus des Mondes feuchtem Strahl;
Aus Heimchenknochen ist der Peitsche Griff,
Die Schnur aus Fasern; eine kleine Muecke
Im grauen Mantel sitzt als Fuhrmann vorn,
Nicht halb so gross als wie ein kleines Wuermchen,
Das in des Maedchens muessgem Finger nistet.
Die Kutsch ist eine hohle Haselnuss,
Vom Tischler Eichhorn oder Meister Wurm
Zurechtgemacht, die seit uralten Zeiten
Der Feen Wagner sind.  In diesem Staat
Trabt sie dann Nacht fuer Nacht; befaehrt das Hirn
Verliebter, und sie traeumen dann von Liebe,
Des Schranzen Knie, der schnell von Reverenzen,
Des Anwalts Finger, der von Sporteln gleich,
Der Schoenen Lippen, die von Kuessen traeumen;
Oft plagt die boese Mab mit Blaeschen diese,
Weil ihren Odem Naescherei verdarb.
Bald trabt sie ueber eines Hofmanns Nase,
Dann wittert er im Traum sich Aemter aus,
Bald kitzelt sie mit eines Zinshahns Federn
Des Pfarrers Nase, wenn er schlafend liegt,
Von einer bessern Pfruende traeumt ihm dann;
Bald faehrt sie ueber des Soldaten Nacken,
Der traeumt sofort von Niedersaebeln, traeumt
Von Breschen, Hinterhalten, Damaszenern,
Von manchem klaftertiefen Ehrentrunk;
Nun trommelts ihm ins Ohr: da faehrt er auf
Und flucht in seinem Schreck ein paar Gebete
Und schlaeft von neuem.  Eben diese Mab
Verwirrt der Pferde Maehnen in der Nacht
Und flicht in struppges Haar die Weichselzoepfe,
Die, wiederum entwirrt, auf Unglueck deuten.
Dies ist die Hexe, welche Maedchen drueckt,
Die auf dem Ruecken ruhn, und die sie lehrt,
Als Weiber einst die Maenner zu ertragen.
Dies ist sie--

ROMEO
 Still, o still, Mercutio!
Du sprichst von einem Nichts.

MERCUTIO
 Wohl wahr, ich rede
Von Traeumen, Kindern eines muessgen Hirns,
Von nichts als eitler Phantasie erzeugt,
Die aus so duennem Stoff als Luft besteht
Und fluechtger wechselt als der Wind, der bald
Um die erfrorne Brust des Nordens buhlt
Und, schnell erzuernt, hinweg von dannen schnaubend,
Die Stirn zum taubetraeuften Sueden kehrt.

BENVOLIO
Der Wind, von dem Ihr sprecht, entfuehrt uns selbst.
Man hat gespeist; wir kamen schon zu spaet.

ROMEO
Zu frueh, befuercht ich; denn mein Herz erbangt
Und ahnet ein Verhaengnis, welches, noch
Verborgen in den Sternen, heute nacht
Bei dieser Lustbarkeit den furchtbarn Zeitlauf
Beginnen und das Ziel des laestgen Lebens,
Das meine Brust verschliesst, mir kuerzen wird
Durch einen schnoed verwirkten fruehen Tod.
Doch er, der mir zur Fahrt das Steuer lenkt,
Richt auch mein Segel!--Auf, ihr lustgen Freunde!

BENVOLIO
Ruehrt Trommeln!

(Alle ab.)



FUeNFTE SZENE

(Ein Saal in Capulets Hause)

(Musikanten warten.  Diener kommen.)


ERSTER DIENER
Wo ist Schmorpfanne, dass er nicht abraeumen hilft?  Der wird
Teller wechseln, Teller scheuern!

ZWEITER DIENER
Wenn die gute Lebensart in eines oder zweier Menschen Haenden
sein soll, die noch obendrein ungewaschen sind: 's ist ein
unsaubrer Handel.

ERSTER DIENER
Die Klappstuehle fort!  Rueckt den Schenktisch beiseit!  Seht
nach dem Silberzeuge!  Kamerad, heb mir ein Stueck Marzipan
auf, und wo du mich liebhast, sag dem Pfoertner, dass er Suse
Muehlstein und Lene hereinlaesst.  Anton!  Schmorpfanne!

(Andre Diener kommen.)

ZWEITER DIENER
Hier, Bursch, wir sind parat.

ERSTER DIENER
Im grossen Saale verlangt man euch, vermisst man euch, sucht man
euch.

ZWEITER DIENER
Wir koennen nicht zugleich hier und dort sein.--Lustig, Kerle,
haltet euch brav; wer am laengsten lebt, kriegt den ganzen Bettel.

(Sie ziehen sich in den Hintergrund zurueck.  Capulet etc.
[und die Seinen] mit den Gaesten und Masken [und Dienerschaft].)

CAPULET
Willkommen, meine Herrn!  Wenn Eure Fuesse
Kein Leichdorn plagt.  Ihr Damen, flink ans Werk!
He, he.  Ihr schoenen Fraun, wer von Euch allen
Schlaegts nun wohl ab zu tanzen?  Ziert sich eine,
Ich wette, die hat Huehneraugen.  Nun,
Hab ichs Euch nah gelegt?  Ihr Herrn, willkommen!
Ich weiss die Zeit, da ich 'ne Larve trug
Und einer Schoenen eine Weis' ins Ohr
Zu fluestern wusste, die ihr wohlgefiel.
Das ist vorbei, vorbei!  Willkommen, Herren!
Kommt, Musikanten, spielt!  Macht Platz da, Platz!
Ihr Maedchen, frisch gesprungen!

(Musik und Tanz.  [--Zu den Dienern:])

Mehr Licht, ihr Burschen, und beiseit die Tische!
Das Feuer weg!  Das Zimmer ist zu heiss.--
Ha, recht gelegen kommt der unverhoffte Spass.
Na, setzt Euch, setzt Euch, Vetter Capulet!
Wir beide sind ja uebers Tanzen hin.
Wie lang ists jetzo, seit wir uns zuletzt
In Larven steckten?

ZWEITER CAPULET
 Dreissig Jahr, mein Seel.

CAPULET
Wie, Schatz?  So lang noch nicht, so lang noch nicht.
Denn seit der Hochzeit des Lucentio
Ists etwa fuenfundzwanzig Jahr, sobald
Wir Pfingsten haben; und da tanzten wir.

ZWEITER CAPULET
's ist mehr, 's ist mehr!  Sein Sohn ist aelter, Herr,
Sein Sohn ist dreissig.

CAPULET
 Sagt mir das doch nicht!
Sein Sohn war noch nicht muendig vor zwei Jahren.

ROMEO
(zu einem Diener aus seinem Gefolge.)
Wer ist das Fraeulein, welche dort den Ritter
Mit ihrer Hand beehrt?

DER DIENER
 Ich weiss nicht, Herr.

ROMEO
Oh, sie nur lehrt die Kerzen, hell zu gluehn!
Wie in dem Ohr des Mohren ein Rubin,
So haengt der Holden Schoenheit an den Wangen
Der Nacht; zu hoch, zu himmlisch dem Verlangen.
Sie stellt sich unter den Gespielen dar
Als weisse Taub in einer Kraehenschar.
Schliesst sich der Tanz, so nah ich ihr: ein Druecken
Der zarten Hand soll meine Hand begluecken.
Liebt ich wohl je?  Nein, schwoer es ab, Gesicht!
Du sahst bis jetzt noch wahre Schoenheit nicht.

TYBALT
Nach seiner Stimm ist dies ein Montague.
(Zu einem Diener.)
Hol meinen Degen, Bursch!--Was?  Wagt der Schurk,
Vermummt in eine Fratze, herzukommen
Zu Hohn und Schimpfe gegen unser Fest?
Fuerwahr, bei meines Stammes Ruhm und Adel,
Wer tot ihn schlueg, verdiente keinen Tadel!

CAPULET
Was habt Ihr, Vetter?  Welch ein Sturm?  Wozu?

TYBALT
Seht, Oheim, der da ist ein Montague!
Der Schurke draengt sich unter Eure Gaeste
Und macht sich einen Spott an diesem Feste.

CAPULET
Ist es der junge Romeo?

TYBALT
Der Schurke Romeo!

CAPULET
Seid ruhig, Herzensvetter!  Lasst ihn gehn!
Er haelt sich wie ein wackrer Edelmann;
Und in der Tat, Verona preiset ihn
Als einen sittgen, tugendsamen Juengling.
Ich moechte nicht fuer alles Gut der Stadt
In meinem Haus ihm einen Unglimpf tun.
Drum seid geduldig; merket nicht auf ihn.
Das ist mein Will, und wenn du diesen ehrst,
So zeig dich freundlich, streif die Runzeln weg,
Die uebel sich bei einem Feste ziemen.

TYBALT
Kommt solch ein Schurk als Gast, so stehn sie wohl.
Ich leid ihn nicht.

CAPULET
 Er soll gelitten werden,
Er soll!--Herr Junge, hoert Er das?  Nur zu!
Wer ist hier Herr?  Er oder ich?  Nur zu!
So, will Er ihn nicht leiden?--Helf mir Gott!--
Will Hader unter meinen Gaesten stiften?
Will sich als starken Mann hier wichtig machen?

TYBALT
Ists nicht 'ne Schande, Oheim?

CAPULET
 Zu!  Nur zu!
Ihr seid ein kecker Bursch.  Ei, seht mir doch!
Der Streich mag Euch gereun; ich weiss schon was.
Ihr macht mirs bunt!  Ja, das kaem eben recht!--
Brav, Herzenskinder!--Geht, vorwitzig seid Ihr!
Seid ruhig, sonst--Mehr Licht, mehr Licht, zum Kuckuck!--
Will ich zur Ruh Euch bringen!--Lustig, Kinder!

TYBALT
Mir kaempft Geduld aus Zwang mit willger Wut
Im Innern und empoert mein siedend Blut.
Ich gehe.--Hand ist frommer Waller Kuss.

ROMEO
Haben nicht Heilge Lippen wie die Waller?

JULIA
Ja, doch Gebet ist die Bestimmung aller.

ROMEO
O so vergoenne, teure Heilge nun,
Dass auch die Lippen wie die Haende tun.
Voll Inbrunst beten sie zu dir: erhoere,
Dass Glaube nicht sich in Verzweiflung kehre!

JULIA
Du weisst, ein Heilger pflegt sich nicht zu regen,
Auch wenn er eine Bitte zugesteht.

ROMEO
So reg dich, Holde, nicht, wie Heilge pflegen,
Derweil mein Mund dir nimmt, was er erfleht.

(Er kuesst sie.)

Nun hat dein Mund ihn aller Suend entbunden.

JULIA
So hat mein Mund zum Lohn Suend fuer die Gunst?

ROMEO
Zum Lohn die Suend?  O Vorwurf, suess erfunden!
Gebt sie zurueck!

(Kuesst sie wieder.)

JULIA
 Ihr kuesst recht nach der Kunst.

WAeRTERIN (tritt heran.)
Mama will Euch ein Woertchen sagen, Fraeulein.

ROMEO
Wer ist des Fraeuleins Mutter?

WAeRTERIN
 Ei nun, Junker,
Das ist die gnaedge Frau vom Hause hier,
Gar eine wackre Frau und klug und ehrsam.
Die Tochter, die Ihr spracht, hab ich gesaeugt.
Ich sag Euch, wer ihr' habhaft werden kann,
Ist wohl gebettet.

ROMEO
Sie eine Capulet?  O teurer Preis!  Mein Leben
Ist meinem Feind als Schuld dahingegeben!

BENVOLIO
Fort, lasst uns gehn; die Lust ist bald dahin.

ROMEO
Ach, leider wohl!  Das aengstet meinen Sinn.

CAPULET
Nein, liebe Herrn, denkt noch ans Weggehn nicht!
Ein kleines, schlichtes Mahl ist schon bereitet.--
Muss es denn sein?  Nun wohl, ich dank Euch allen;
Ich dank Euch, edle Herren: Gute Nacht!--
Mehr Fackeln her!--Kommt nun, bringt mich zu Bett.

(Zum zweiten Capulet.)

Wahrhaftig, es wird spaet, ich will zur Ruh.

(Alle ab, ausser Julia und Waerterin.)

JULIA
Komm zu mir, Amme; wer ist dort der Herr?

WAeRTERIN
Tiberios, des alten, Sohn und Erbe.

JULIA
Wer ists, der eben aus der Tuere geht?

WAeRTERIN
Das, denk ich, ist der junge [Marcellin] Petruchio.

JULIA
Wer folgt ihm da, der gar nicht tanzen wollte?

WAeRTERIN
Ich weiss nicht.

JULIA
Geh, frage, wie er heisst!--Ist er vermaehlt,
So ist das Grab zum Brautbett mir erwaehlt.

WAeRTERIN (kommt zurueck.)
Sein Nam ist Romeo, ein Montague
Und Eures grossen Feindes einzger Sohn.

JULIA
So einzge Lieb aus grossem Hass entbrannt!
Ich sah zu frueh, den ich zu spaet erkannt.
O Wunderwerk: ich fuehle mich getrieben,
Den aergsten Feind aufs zaertlichste zu lieben.

WAeRTERIN
Wieso, wieso?

JULIA
Es ist ein Reim, den ich von einem Taenzer
Soeben lernte.

(Man ruft drinnen: Julia!)

WAeRTERIN
 Gleich, wir kommen ja!
Kommt, lasst uns gehn; kein Fremder ist mehr da.

(Ab.)

(Der Chorus tritt auf.)

CHORUS
Die alte Liebe stirbt in ihm dahin,
 Und junge Zuneigung beerbt sie da;
Die Schoene, nach der schmachtend stand sein Sinn,
 Scheint nicht mehr schoen nun neben Julia.
Er wird geliebt und liebt nun auch zum Schluss,
 Ein Zauberblick kann beiderseits nicht fehln,
Doch scheint als Feind sie, der ers klagen muss,
 Und seiner Falle Koeder muss sie stehln.
Als Feind gesehn, darf er nicht zu ihr her,
 Zu schwoern, wie wirs sonst bei Verliebten sehn;
Auch sie liebt ihn, doch kann noch weniger
 Zum neu geliebten irgendwohin gehn:
Doch Zeit schafft Rat, Verlangen leiht die Kraft
Und lindert Leid durch suesse Leidenschaft.

(Geht ab.)




ZWEITER AKT



ERSTE SZENE

(Ein offner Platz, der an Capulets Garten stoesst)

(Romeo tritt auf.)


ROMEO
Kann ich von hinnen, da mein Herz hier bleibt?
Geh, frostge Erde, suche deine Sonne!

(Er ersteigt die Mauer und springt hinunter.
Benvolio und Mercutio treten auf.)

BENVOLIO
He, Romeo, he, Vetter!

MERCUTIO
 Er ist klug
Und hat, mein Seel, sich heim ins Bett gestohlen.

BENVOLIO
Er lief hieher und sprang die Gartenmauer
Hinueber.  Ruf ihn, Freund Mercutio!

MERCUTIO
Ja, auch beschwoeren will ich.  Romeo!
Was?  Grillen!  Toller!  Leidenschaft!  Verliebter!
Erscheine du, gestaltet wie ein Seufzer;
Sprich nur ein Reimchen, so genuegt mirs schon;
Ein Ach nur jammre, paare Lieb und Triebe;
Gib der Gevattrin Venus ein gut Wort,
Schimpf eins auf ihren blinden Sohn und Erben,
Held Amor, der so flink gezielt, als Koenig
Kophetua das Bettlermaedchen liebte.
Er hoeret nicht, er regt sich nicht, er ruehrt sich nicht.
Der Aff ist tot; ich muss ihn wohl beschwoeren.
Nun wohl: Bei Rosalindens hellem Auge,
Bei ihrer Purpurlipp und hohen Stirn,
Bei ihrem zarten Fuss, dem schlanken Bein,
Den ueppgen Hueften und der Region,
Die ihnen nahe liegt, beschwoer ich dich,
Dass du in eigner Bildung uns erscheinest.

BENVOLIO
Wenn er dich hoert, so wird er zornig werden.

MERCUTIO
Hierueber kann ers nicht; er haette Grund,
Bannt ich hinauf in seiner Dame Kreis
Ihm einen Geist von seltsam eigner Art
Und liesse den da stehn, bis sie den Trotz
Gezaehmt und nieder ihn beschworen haette.
Das waer Beschimpfung!  Meine Anrufung
Ist gut und ehrlich; mit der Liebsten Namen
Beschwoer ich ihn, bloss um ihn aufzurichten.

BENVOLIO
Komm!  Er verbarg sich unter jenen Baeumen
Und pflegt des Umgangs mit der feuchten Nacht.
Die Lieb ist blind, das Dunkel ist ihr recht.

MERCUTIO
Ist Liebe blind, so zielt sie freilich schlecht.
Nun sitzt er wohl an einen Baum gelehnt
Und wuenscht, sein Liebchen waer die reife Frucht
Und fiel ihm in den Schoss.  Doch, gute Nacht,
Freund Romeo!  Ich will ins Federbett;
Das Feldbett ist zum Schlafen mir zu kalt.
Komm, gehn wir?

BENVOLIO
 Ja, es ist vergeblich, ihn
Zu suchen, der nicht will gefunden sein.

(Beide ab.)



ZWEITE SZENE

(Capulets Garten)

(Romeo kommt.)


ROMEO
Der Narben lacht, wer Wunden nie gefuehlt.

(Julia erscheint oben an einem Fenster.)

Doch still, was schimmert durch das Fenster dort?
Es ist der Ost, und Julia die Sonne!--
Geh auf, du holde Sonn!  Ertoete Lunen,
Die neidisch ist und schon vor Grame bleich,
Dass du viel schoener bist, obwohl ihr dienend.
O da sie neidisch ist, so dien ihr nicht!
Nur Toren gehn in ihrer blassen, kranken
Vestalentracht einher; wirf du sie ab!
Sie ist es, meine Goettin, meine Liebe!
O wuesste sie, dass sie es ist!--
Sie spricht, doch sagt sie nichts: was schadet das?
Ihr Auge redt, ich will ihm Antwort geben.--
Ich bin zu kuehn, es redet nicht zu mir.
Ein Paar der schoensten Stern am ganzen Himmel
Wird ausgesandt und bittet Juliens Augen,
In ihren Kreisen unterdes zu funkeln.
Doch waeren ihre Augen dort, die Sterne
In ihrem Antlitz?  Wuerde nicht der Glanz
Von ihren Wangen jene so beschaemen
Wie Sonnenlicht die Lampe?  Wuerd ihr Aug
Aus luftgen Hoehn sich nicht so hell ergiessen,
Dass Voegel saengen, froh den Tag zu gruessen?
O wie sie auf die Hand die Wange lehnt!
Waer ich der Handschuh doch auf dieser Hand
Und kuesste diese Wange!

JULIA
 Weh mir!

ROMEO
 Horch!
Sie spricht.  O sprich noch einmal, holder Engel!
Denn ueber meinem Haupt erscheinest du
Der Nacht so glorreich, wie ein Fluegelbote
Des Himmels dem erstaunten, ueber sich
Gekehrten Aug der Menschensoehne, die
Sich ruecklings werfen, um ihm nachzuschaun,
Wenn er dahin faehrt auf den traegen Wolken
Und auf der Luft gewoelbtem Busen schwebt.

JULIA
O Romeo!  Warum denn Romeo?
Verleugne deinen Vater, deinen Namen!
Willst du das nicht, schwoer dich zu meinem Liebsten,
Und ich bin laenger keine Capulet!

ROMEO (fuer sich.)
Hoer ich noch laenger, oder soll ich reden?

JULIA
Dein Nam ist nur mein Feind.  Du bliebst du selbst,
Und waerst du auch kein Montague.  Was ist
Denn Montague?  Es ist nicht Hand, nicht Fuss,
Nicht Arm noch Antlitz, noch ein andrer Teil
Von einem Menschen.  Sei ein andrer Name!
Was ist ein Name?  Was uns Rose heisst,
Wie es auch hiesse, wuerde lieblich duften;
So Romeo, wenn er auch anders hiesse,
Er wuerde doch den koestlichen Gehalt
Bewahren, welcher sein ist ohne Titel.
O Romeo, leg deinen Namen ab,
Und fuer den Namen, der dein Selbst nicht ist,
Nimm meines ganz!

ROMEO (indem er naeher hinzutritt.)
 Ich nehme dich beim Wort.
Nenn Liebster mich, so bin ich neu getauft
Und will hinfort nicht Romeo mehr sein.

JULIA
Wer bist du, der du, von der Nacht beschirmt,
Dich draengst in meines Herzens Rat?

ROMEO
 Mit Namen
Weiss ich dir nicht zu sagen, wer ich bin.
Mein eigner Name, teure Heilge, wird,
Weil er dein Feind ist, von mir selbst gehasst;
Haett ich ihn schriftlich, so zerriss' ich ihn.

JULIA
Mein Ohr trank keine hundert Worte noch
Von diesen Lippen, doch es kennt den Ton.
Bist du nicht Romeo, ein Montague?

ROMEO
Nein, Holde; keines, wenn dir eins missfaellt.

JULIA
Wie kamst du her?  O sag mir, und warum?
Die Gartenmaur ist hoch, schwer zu erklimmen;
Die Staett ist Tod--bedenk nur, wer du bist--,
Wenn einer meiner Vettern dich hier findet.

ROMEO
Der Liebe leichte Schwingen trugen mich,
Kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren;
Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann,
Drum hielten deine Vettern mich nicht auf.

JULIA
Wenn sie dich sehn, sie werden dich ermorden.

ROMEO
Ach, deine Augen drohn mir mehr Gefahr
Als zwanzig ihrer Schwerter; blick du freundlich,
So bin ich gegen ihren Hass gestaehlt.

JULIA
Ich wollt um alles nicht, dass sie dich saehn.

ROMEO
Vor ihnen huellt mich Nacht in ihren Mantel.
Liebst du mich nicht, so lass sie nur mich finden;
Durch ihren Hass zu sterben waer mir besser
Als ohne deine Liebe Lebensfrist.

JULIA
Wer zeigte dir den Weg zu diesem Ort?

ROMEO
Die Liebe, die zuerst mich forschen hiess;
Sie lieh mir Rat, ich lieh ihr meine Augen.
Ich bin kein Steuermann, doch waerst du fern
Wie Ufer, von dem fernsten Meer bespuelt,
Ich wagte mich nach solchem Kleinod hin.

JULIA
Du weisst, die Nacht verschleiert mein Gesicht,
Sonst faerbte Maedchenroete meine Wangen
Um das, was du vorhin mich sagen hoertest.
Gern hielt ich streng auf Sitte, moechte gern
Verleugnen, was ich sprach; doch weg mit Form!
Sag, liebst du mich?  Ich weiss, du wirsts bejahn,
Und will dem Worte traun; doch wenn du schwoerst,
So kannst du treulos werden; wie sie sagen,
Lacht Jupiter des Meineids der Verliebten.
O holder Romeo, wenn du mich liebst:
Sags ohne Falsch!  Doch daechtest du, ich sei
Zu schnell besiegt, so will ich finster blicken,
Will widerspenstig sein und Nein dir sagen,
So du dann werben willst; sonst nicht um alles.
Gewiss, mein Montague, ich bin zu herzlich,
Du koenntest denken, ich sei leichten Sinns.
Ich glaube, Mann, ich werde treuer sein
Als sie, die fremd zu tun geschickter sind.
Auch ich, bekenn ich, haette fremd getan,
Waer ich von dir, eh ichs gewahrte, nicht
Belauscht in Liebesklagen.  Drum vergib!
Schilt diese Hingebung nicht Flatterliebe,
Die so die stille Nacht verraten hat.

ROMEO
Ich schwoere, Fraeulein, bei dem heilgen Mond,
Der silbern dieser Baeume Wipfel saeumt--Lieben sei!

ROMEO
Wobei denn soll ich schwoeren?

JULIA
 Lass es ganz!
Doch willst du, schwoer bei deinem edlen Selbst,
Dem Goetterbilde meiner Anbetung;
So will ich glauben.

ROMEO
 Wenn die Herzensliebe--

JULIA
Gut, schwoere nicht!  Obwohl ich dein mich freue,
Freu ich mich nicht des Bundes dieser Nacht.
Er ist zu rasch, zu unbedacht, zu ploetzlich,
Gleicht allzusehr dem Blitz, der nicht mehr ist,
Noch eh man sagen kann: es blitzt.--Schlaf suess!
Des Sommers warmer Hauch kann diese Knospe
Der Liebe wohl zur schoenen Blum entfalten,
Bis wir das naechste Mal uns wiedersehn.
Nun gute Nacht!  So suesse Ruh und Frieden,
Als mir im Busen wohnt, sei dir beschieden.

ROMEO
Ach, willst du lassen mich so ungetroestet?

JULIA
Welch Troestung kannst du diese Nacht begehren?

ROMEO
Gib deinen treuen Liebesschwur fuer meinen!

JULIA
Ich gab ihn dir, eh du darum gefleht;
Und doch, ich wollt, er stuende noch zu geben.

ROMEO
Wolltst du mir ihn entziehn?  Wozu das, Liebe?

JULIA
Um unverstellt ihn dir zurueckzugeben.
Allein ich wuensche, was ich habe, nur.
So grenzenlos ist meine Huld, die Liebe
So tief ja wie das Meer.  Je mehr ich gebe,
Je mehr auch hab ich: beides ist unendlich.
Ich hoer im Haus Geraeusch; leb wohl.  Geliebter!

(Die Waerterin ruft hinter der Szene.)

Gleich, Amme!  Holder Montague, sei treu!
Wart einen Augenblick; ich komme wieder!

(Sie geht zurueck.)

ROMEO
O selge, selge Nacht!  Nur fuercht ich, weil
Mich Nacht umgibt, dies alles sei nur Traum,
Zu schmeichelnd suess, um wirklich zu bestehn.

(Julia erscheint wieder am Fenster.)

JULIA
Drei Worte, Romeo, dann gute Nacht!
Wenn deine Liebe tugendsam gesinnt
Vermaehlung wuenscht, so lass mich morgen wissen
Durch jemand, den ich zu dir senden will,
Wo du und wann die Trauung willst vollziehn.
Dann leg ich dir mein ganzes Glueck zu Fuessen
Und folge durch die Welt dir, meinem Herrn.

(Die Waerterin hinter der Szene: Fraeulein!)

Ich komme, gleich!--Doch meinst du es nicht gut,
So bitt ich dich--

(Die Waerterin hinter der Szene: Fraeulein!)

 Im Augenblick, ich komme!
--Hoer auf zu werben, lass mich meinem Gram!
Ich sende morgen frueh.

ROMEO
 Beim ewgen Heil!

JULIA
Nun tausend gute Nacht!

(Geht zurueck.)

ROMEO
Raubst du dein Licht ihr, wird sie bang durchwacht.
Wie Knaben aus der Schul eilt Liebe hin zum Lieben,
Wie Knaben an ihr Buch wird sie hinweggetrieben.

(Er entfernt sich langsam.  Julia erscheint wieder am Fenster.)

JULIA
St!  Romeo, st!  O eines Jaegers Stimme,
Den edlen Falken wieder herzulocken!
Abhaengigkeit ist heiser, wagt nicht laut
Zu reden, sonst zersprengt ich Echos Kluft
Und machte heisrer ihre luftge Kehle
Als meine mit dem Namen Romeo.

ROMEO (umkehrend.)
Mein Leben ists, das meinen Namen ruft.
Wie silbersuess toent bei der Nacht die Stimme
Der Liebenden, gleich lieblicher Musik
Dem Ohr des Lauschers!

JULIA
 Romeo!

ROMEO
 Mein Fraeulein!

JULIA
Um welche Stunde soll ich morgen schicken?

ROMEO
Um neun.

JULIA
 Ich will nicht saeumen; zwanzig Jahre
Sinds bis dahin.  Doch ich vergass, warum
Ich dich zurueckgerufen.

ROMEO
Lass hier mich stehn, derweil du dich bedenkst.

JULIA
Auf dass du stets hier weilst, werd ich vergessen,
Bedenkend, wie mir deine Naeh so lieb.

ROMEO
Auf dass du stets vergessest, werd ich weilen,
Vergessend, dass ich irgend sonst daheim.

JULIA
Es tagt beinah, ich wollte nun, du gingst;
Doch weiter nicht, als wie ein taendelnd Maedchen
Ihr Voegelchen der Hand entschluepfen laesst,
Gleich einem Armen in der Banden Druck,
Und dann zurueck ihn zieht am seidnen Faden;
So liebevoll missgoennt sie ihm die Freiheit.

ROMEO
War ich dein Voegelchen!

JULIA
 Ach waerst du's.  Lieber!
Doch hegt und pflegt ich dich gewiss zu Tod.
Nun gute Nacht!  So suess ist Trennungswehe,
Ich rief wohl gute Nacht, bis ich den Morgen saehe.

(Sie geht zurueck.)

ROMEO
Schlaf wohn auf deinem Aug, Fried in der Brust!
O waer ich Fried und Schlaf und ruht in solcher Lust!
Ich will zur Zell des frommen Vaters gehen,
Mein Glueck ihm sagen und um Huelf ihn flehen.

(Ab.)



DRITTE SZENE

([Ein Klostergarten] Bruder Lorenzos Zelle)

(Bruder Lorenzo mit einem Koerbchen.)


LORENZO
Der Morgen laechelt froh der Nacht ins Angesicht
Und saeumet das Gewoelk im Ost mit Streifen Licht.
Die matte Finsternis flieht wankend, wie betrunken,
Von Titans Pfad, besprueht von seiner Rosse Funken.
Eh hoeher nun die Sonn ihr gluehend Aug erhebt,
Den Tau der Nacht verzehrt und neu die Welt belebt,
Muss ich dies Koerbchen hier voll Kraut und Blumen lesen,
Voll Pflanzen giftger Art und diensam zum Genesen.
Die Mutter der Natur, die Erd, ist auch ihr Grab,
Und was ihr Schoss gebar, sinkt tot in ihn hinab,
Und Kinder mannigfalt, so all ihr Schoss empfangen,
Sehn wir, gesaeugt von ihr, an ihren Bruesten hangen.
An vielen Tugenden sind viele drunter reich,
Ganz ohne Wert nicht eins, doch keins dem andern gleich.
Oh, grosse Kraefte sinds, weiss man sie recht zu pflegen,
Die Pflanzen, Kraeuter, Stein in ihrem Innern hegen;
Was nur auf Erden lebt, da ist auch nichts so schlecht,
Dass es der Erde nicht besondern Nutzen braecht.
Doch ist auch nichts so gut, das, diesem Ziel entwendet,
Abtruennig seiner Art, sich nicht durch Missbrauch schaendet.
In Laster wandelt sich selbst Tugend, falsch geuebt,
Wie Ausfuehrung auch wohl dem Laster Wuerde gibt.
Die kleine Blume hier beherbergt giftge Saefte
In ihrer zarten Huell und milde Heilungskraefte!
Sie labet den Geruch und dadurch jeden Sinn;
Gekostet, dringt sie gleich zum Herzen toetend hin.
Zwei Feinde lagern so im menschlichen Gemuete
Sich immerdar im Kampf: verderbter Will und Guete,
Und wo das Schlechtre herrscht mit siegender Gewalt,
Dergleichen Pflanze frisst des Todes Wurm gar bald.

(Romeo tritt auf.)

ROMEO
Mein Vater, guten Morgen!

LORENZO
 Sei der Herr gesegnet!
Wes ist der fruehe Gruss, der freundlich mir begegnet?
Mein junger Sohn, es zeigt, dass wildes Blut dich plagt,
Dass du dem Bett so frueh schon Lebewohl gesagt.
Die wache Sorge lauscht im Auge jedes Alten,
Und Schlummer bettet nie sich da, wo Sorgen walten;
Doch da wohnt goldner Schlaf, wo mit gesundem Blut
Und grillenfreiem Hirn die frische Jugend ruht.
Drum laesst mich sicherlich dein fruehes Kommen wissen,
Dass innre Unordnung vom Lager dich gerissen.
Wie?  Oder haette gar mein Romeo die Nacht
--Nun rat ichs besser--nicht im Bette hingebracht?

ROMEO
So ists, ich wusste mir viel suessre Ruh zu finden.

LORENZO
Verzeih die Suende Gott!  Warst du bei Rosalinden?

ROMEO
Bei Rosalinden, ich?  Ehrwuerdger Vater, nein!
Vergessen ist der Nam und dieses Namens Pein.

LORENZO
Das ist mein wackrer Sohn!  Allein wo warst du?  Sage!

ROMEO
So hoer; ich sparte gern dir eine zweite Frage.
Ich war bei meinem Feind auf einem Freudenmahl,
Und da verwundete mich jemand auf einmal.
Desgleichen tat ich ihm, und fuer die beiden Wunden
Wird heilge Arzenei bei deinem Amt gefunden.
Ich hege keinen Groll, mein frommer, alter Freund,
Denn sieh, zustatten kommt die Bitt auch meinem Feind.

LORENZO
Einfaeltig, lieber Sohn!  Nicht Silben fein gestochen!
Wer Raetsel beichtet, wird in Raetseln losgesprochen.

ROMEO
So wiss' einfaeltiglich: Ich wandte Seel und Sinn
In Lieb auf Capulets holdselge Tochter hin.
Sie gab ihr ganzes Herz zurueck mir fuer das meine,
Und uns Vereinten fehlt zum innigsten Vereine
Die heilge Trauung nur; doch wie und wo und wann
Wir uns gesehn, erklaert und Schwur um Schwur getan,
Das alles will ich dir auf unserm Weg erzaehlen;
Nur bitt ich, willge drein, noch heut uns zu vermaehlen!

LORENZO
O heiliger Sankt Franz!  Was fuer ein Unbestand!
Ist Rosalinde schon aus deiner Brust verbannt,
Die du so heiss geliebt?  Liegt junger Maenner Liebe
Denn in den Augen nur, nicht in des Herzens Triebe?
O heiliger Sankt Franz!  Wie wusch ein salzig Nass
Um Rosalinden dir so oft die Wangen blass!
Und loeschen konnten doch so viele Traenenfluten
Die Liebe nimmer dir; sie schuerten ihre Gluten.
Noch schwebt der Sonn ein Dunst von deinen Seufzern vor,
Dein altes Stoehnen summt mir noch im alten Ohr,
Sieh, auf der Wange hier ist noch die Spur zu sehen
Von einer alten Traen, die noch nicht will vergehen.
Und warst du je du selbst und diese Schmerzen dein,
So war der Schmerz und du fuer Rosalind allein.
Und so verwandelt nun?  Dann leide, dass ich spreche:
Ein Weib darf fallen, wohnt in Maennern solche Schwaeche.

ROMEO
Oft schmaeltest du mit mir um Rosalinden schon.

LORENZO
Weil sie dein Abgott war, nicht weil du liebtest, Sohn.

ROMEO
Und mahntest oft mich an, die Liebe zu besiegen.

LORENZO
Nicht um in deinem Sieg der zweiten zu erliegen.

ROMEO
Ich bitt dich, schmael nicht!  Sie, der jetzt mein Herz gehoert,
Hat Lieb um Liebe mir und Gunst um Gunst gewaehrt.
Das tat die andre nie.

LORENZO
 Sie wusste wohl, dein Lieben
Sei zwar ein koestlich Wort, doch nur in Sand geschrieben.
Komm, junger Flattergeist!  Komm nur, wir wollen gehn;
Ich bin aus einem Grund geneigt, dir beizustehn:
Vielleicht, dass dieser Bund zu grossem Glueck sich wendet
Und eurer Haeuser Groll durch ihn in Freundschaft endet.

ROMEO
O lass uns fort von hier!  Ich bin in grosser Eil.

LORENZO
Wer hastig laeuft, der faellt; drum eile nur mit Weil.

(Beide ab.)



VIERTE SZENE

(Eine Strasse)

(Benvolio und Mercutio kommen.)


MERCUTIO
Wo, Teufel, kann der Romeo stecken?  Kam er heute nacht nicht
nach Hause?

BENVOLIO
Nach seines Vaters Hause nicht; ich sprach seinen Diener.

MERCUTIO
Ja, dies hartherzge Frauenbild, die Rosalinde,
Sie quaelt ihn so, er wird gewiss verrueckt.

BENVOLIO
Tybalt, des alten Capulet Verwandter,
Hat dort ins Haus ihm einen Brief geschickt.

MERCUTIO
Eine Ausforderung, so wahr ich lebe!

BENVOLIO
Romeo wird ihm die Antwort nicht schuldig bleiben.

MERCUTIO
Auf einen Brief kann ein jeder antworten, wenn er schreiben kann.

BENVOLIO
Nein, ich meine, er wird dem Briefsteller zeigen, dass er Mut
hat, wenn man ihm so was zumutet.

MERCUTIO
Ach, der arme Romeo; er ist ja schon tot!  Durchbohrt von einer
weissen Dirne schwarzem Auge; durchs Ohr geschossen mit einem
Liebesliedchen; seine Herzensscheibe durch den Pfeil des
kleinen blinden Schuetzen mitten entzweigespalten.  Ist er der
Mann darnach, es mit dem Tybalt aufzunehmen?

BENVOLIO
Nun, was ist Tybalt denn Grosses?

MERCUTIO
Kein papierner Held, das kann ich dir sagen!  Oh, er ist ein
beherzter Zeremonienmeister der Ehre.  Er ficht, wie Ihr ein
Liedlein singt, haelt Takt und Mass und Ton.  Er beobachtet seine
Pausen; eins--zwei--drei; dann sitzt Euch der Stoss in der
Brust!  Er bringt Euch einen seidnen Knopf unfehlbar ums Leben.
Ein Raufer, ein Raufer!  Ein Ritter vom ersten Range, der Euch
alle Gruende eines Ehrenstreits an den Fingern herzuzaehlen weiss.
Ach die goettliche Passade!  Die doppelte Finte!  Der!

BENVOLIO
Der--was?

MERCUTIO
Der Henker hole diese phantastischen, gezierten, lispelnden
Eisenfresser!  Was sie fuer neue Toene anstimmen!--"Eine sehr
gute Klinge"--"Ein sehr wohlgewachsener Mann!"--"Eine sehr
gute Hure!"--Wetter, sie hatte doch einen bessern Liebhaber,
um sie zu bereimen!--, Dido eine Trutschel, Kleopatra eine
Zigeunerin, Helena und Hero Metzen und lose Dirnen, Thisbe ein
artiges Blauauge oder sonst so was, will aber nichts vorstellen.

(Romeo tritt auf.)

Signor Romeo, bonjour!  Da habt Ihr einen franzoesischen Gruss
fuer Eure franzoesischen Pumphosen!  Ihr spieltet uns diese
Nacht einen schoenen Streich.

ROMEO
Guten Morgen, meine Freunde!  Was fuer einen Streich?

MERCUTIO
Einen Diebesstreich.  Ihr stahlt Euch unversehens davon.

ROMEO
Verzeihung, guter Mercutio.  Ich hatte etwas Wichtiges vor,
und in einem solchen Falle tut man wohl einmal der Hoeflichkeit
Gewalt an.

MERCUTIO
Das soll wohl heissen, dass in einem solchen Falle ein Mann dazu
vergewaltigt wird, sich in den Schenkeln zu verbeugen.

ROMEO
Das bedeutet, einen hoeflichen Knicks zu machen.

MERCUTIO
Du hast es allergnaedigst erfasst.

ROMEO
Eine aeusserst hoefliche Auslegung.

MERCUTIO
Ich bringe die Hoeflichkeit zur hoechsten Bluete.

ROMEO
Bluete steht fuer Blume.

MERCUTIO
Richtig.

ROMEO
Nun, dann ist mein Tanzschuh gut gebluemt.

MERCUTIO
Gut gesagt: spinne mir nun diesen Scherz weiter, bis du deinen
Tanzschuh abgenutzt hast; so dass, wenn seine einzige Sohle
abgenutzt ist, der Scherz solo und einzigartig hernach uebrig
bleibe.

ROMEO
Oh einfachbesohlter Scherz, einfach einzigartig in seiner Einfalt!

MERCUTIO
Tritt zwischen uns, guter Benvolio; mein Witz schwindet mir.

ROMEO
Dann gib ihm Peitsche und Sporen, Peitsche und Sporen; oder
ich rufe mich zum Sieger aus.

MERCUTIO
Nein, wenn dein Witz ebenso ziellos herumgaloppiert wie bei einer
Wildgansjagd, bin ich fertig; denn du hast mehr von einer
schnatternden Wildgans in einem deiner Sinne, da bin ich mir
sicher, als ich in meinen ganzen fuenfen: bin ich Euch mit der
Schnatterei zu nahe getreten?

{Wildgansjagd (wild-goose chase}: Ein Wettrennen zu Pferde, bei
dem der fuehrende Reiter die Strecke bestimmt.  Im uebertragenen
Sinn: ein sehr wenig erfolgversprechendes Unternehmen.}

ROMEO
Du bist nie nahe zu mir getreten, ausser mit Schnatterei.

MERCUTIO
Fuer diesen Scherz werde ich dir am Ohr knabbern.

ROMEO
Nein, guter Gaenserich, beiss mich nicht.

MERCUTIO
Dein Witz ist wie ein sehr bitterer Suessapfel; er ist eine aeusserst
scharfe Sosse.

ROMEO
Und ist er dann nicht genau die richtige Beilage zu einer suessen
Gans?

MERCUTIO
Oh, das ist ein Witz aus Glaceleder, der sich von einem kleinen
Zoll auf eine grosse Elle dehnen laesst!

ROMEO
Ich werde ihn durch das Wort "gross" ausdehnen, welches, wenn es
der Gans hinzugefuegt wird, dich weit und breit als eine grosse
Schnattergans dastehen laesst.

MERCUTIO
Wie nun?  [Du sprichst ja ganz menschlich.  Wie kommt es, dass du
auf einmal deine aufgeweckte Zunge und deine muntern Augen
wiedergefunden hast?  So hab ich dich gern.] Ist das nicht besser
als das ewige Liebesgekraechze?  Jetzt bist du umgaenglich, jetzt
bist du Romeo; jetzt bist du was du bist, in deiner Kunst ebenso
wie in deiner Natur, denn dieser faselnde Amor ist wie ein grosser
Einfaltspinsel, der laechsend auf und ab rennt, um sein Stoeckchen
in einem Loch zu verstecken.

BENVOLIO
Halt ein, halt ein.

MERCUTIO
Du wuenschst, dass ich meine Erguesse unzeitig beende.

BENVOLIO
Ansonsten waere es dir zu lang geworden.

MERCUTIO
O, du irrst dich; es waere sogleich wieder kurz geworden, denn ich
bin bereits in die volle Tiefe vorgedrungen und beabsichtigte in
der Tat, auf dem Fall nicht laenger herumzureiten.

ROMEO
Seht den praechtigen Aufzug!

(Die Waerterin und Peter hinter ihr.)

MERCUTIO
Was kommt da angesegelt?

BENVOLIO
Zwei, zwei: ein Maennerhemd und ein Unterrock.

WAeRTERIN
Peter!

PETER
Was beliebt?

WAeRTERIN
Meinen Faecher, Peter!

MERCUTIO
Gib ihn ihr, guter Peter, um ihr Gesicht zu verstecken.
Ihr Faecher ist viel huebscher wie ihr Gesicht.

WAeRTERIN
Schoenen guten Morgen, Ihr Herren!

MERCUTIO
Schoenen guten Abend, schoene Dame!

WAeRTERIN
Warum guten Abend?

MERCUTIO
Euer Brusttuch deutet auf Sonnenuntergang.

WAeRTERIN
Pfui, was ist das fuer ein Mensch?

ROMEO
Einer, Verehrte, den Gott geschaffen hat, dass er sich selbst
verderbe.

WAeRTERIN
Schoen gesagt, bei meiner Seele!  Dass er sich selbst verderbe!
Ganz recht!  Aber, Ihr Herren, kann mir keiner von Euch sagen,
wo ich den jungen Romeo finde?

ROMEO
Ich kanns Euch sagen; aber der junge Romeo wird aelter sein, wenn
Ihr ihn gefunden habt, als er war, da Ihr ihn suchtet.
Ich bin der Juengste, der den Namen fuehrt, weil kein schlechterer
da war.

WAeRTERIN
Gut gegeben.

MERCUTIO
So?  Ist das Schlechteste gut gegeben?  Nun wahrhaftig: gut
begriffen!  Sehr vernuenftig!

WAeRTERIN
Wenn Ihr Romeo seid, mein Herr, so wuensche ich Euch insgeheim
zu sprechen.

BENVOLIO
Sie wird ihn irgendwohin auf den Abend bitten.

MERCUTIO
Eine Kupplerin, eine Kupplerin!  Ho, ho!

BENVOLIO
Was witterst du?

MERCUTIO
[Neue Jagd, neue Jagd!--] Kein Haeschen, mein Herr; ausser vielleicht
einer Haesin, mein Herr, in einer Fastenspeise, die schon etwas
schal und schimmelig-grau geworden ist, bevor sie vernascht wurde.
(Singt.)  Ein Has', ergraut,
 Und ein Has', ergraut,
Welch sehr gute Fastenspeis';
 Doch ein Has', der ergraut,
 Ist zu viel zugetraut,
Wenns ergraut eh' ichs verspeis.

{Es ist sicher kein Zufall, dass das Wort "hoar" (ergraut) genauso
klingt wie "whore" (Hure) und dass die sprichwoertliche
Vermehrungsfreudigkeit der Hasen auch eine Interpretation von
"hare" (Hase) als Hure nahelegt.  So lautet die erste Zeile woertlich
"Ein alter Hase, (der) ergraut (ist)", doch der Zuhoerer versteht
"Eine alte Hure".}

Romeo, kommt nach Eures Vaters Hause, wir wollen zu Mittag
da essen.

ROMEO
Ich komme euch nach.

MERCUTIO
Lebt wohl, alte Schoene!  Lebt wohl,
(Singt.)
o Schoene--Schoene--Schoene!

(Benvolio und Mercutio gehen ab.)

WAeRTERIN
Sagt mir doch, was war das fuer ein unverschaemter Gesell, der
nichts als Schelmstuecke im Kopfe hatte?

ROMEO
Jemand, der sich selbst gern reden hoert, meine gute Frau, und der
in einer Minute mehr spricht, als er in einem Monate verantworten
kann.

WAeRTERIN
Ja, und wenn er auf mich was zu sagen hat, so will ich ihn bei den
Ohren kriegen, und waere er auch noch vierschroetiger, als er ist,
und zwanzig solcher Hasenfuesse obendrein; und kann ichs nicht, so
koennens andre.  So 'n Lausekerl!  Ich bin keine von seinen Kreaturen,
ich bin keine von seinen Karnuten.
(Zu Peter.)
Und du musst auch dabeistehen und leiden, dass jeder Schuft sich nach
Belieben ueber mich hermacht!

PETER
Ich habe nicht gesehn, dass sich jemand ueber Euch hergemacht haette,
sonst haette ich geschwind vom Leder gezogen, das koennt Ihr glauben.
Ich kann so gut ausziehen wie ein andrer, wo es einen ehrlichen Zank
gibt und das Recht auf meiner Seite ist.

WAeRTERIN
Nu, weiss Gott, ich habe mich so geaergert, dass ich am ganzen Leibe
zittre.  So 'n Lausekerl!--Seid so guetig, mein Herr, auf ein Wort!
Und was ich Euch sagte: Mein junges Fraeulein befahl mir.  Euch zu
suchen.  Was sie mir befahl.  Euch zu sagen, das will ich fuer mich
behalten; aber erst lasst mich Euch sagen, wenn Ihr sie wolltet bei
der Nase herumfuehren, sozusagen, das waere eine unartige Auffuehrung,
sozusagen.  Denn seht, das Fraeulein ist jung, und also, wenn Ihr
falsch gegen sie zu Werke gingt, das wuerde sich gar nicht gegen
ein Fraeulein schicken und waere ein recht nichtsnutziger Handel.

ROMEO
Empfiehl mich deinem Fraeulein!  Ich beteure dir--

WAeRTERIN
Du meine Zeit!  Gewiss und wahrhaftig, das will ich ihr wiedersagen.
O jemine, sie wird sich vor Freude nicht zu lassen wissen!

ROMEO
Was willst du ihr sagen, gute Frau?  Du gibst nicht Achtung.

WAeRTERIN
Ich will ihr sagen, dass Ihr beteuert, und ich meine, das ist
recht wie ein Kavalier gesprochen.

ROMEO
Sag ihr, sie moeg ein Mittel doch ersinnen,
Zur Beichte diesen Nachmittag zu gehn.
Dort in Lorenzos Zelle soll alsdann,
Wenn sie gebeichtet, unsre Trauung sein.
Hier ist fuer deine Mueh.

WAeRTERIN
Nein, wahrhaftig, Herr, keinen Pfennig!

ROMEO
Nimm, sag ich dir; du musst!

WAeRTERIN
Heut nachmittag?  Nun gut, sie wird Euch treffen.

ROMEO
Du, gute Frau, wart hinter der Abtei,
Mein Diener soll dir diese Stunde noch,
Geknuepft aus Seilen, eine Leiter bringen,
Die zu dem Gipfel meiner Freuden ich
Hinan will klimmen in geheimer Nacht.
Leb wohl!  Sei treu, so lohn ich deine Mueh.
Leb wohl!  Empfiehl mich deinem Fraeulein!

WAeRTERIN
Nun, Gott der Herr gesegn es!--Hoert, noch eins!

ROMEO
Was willst du, gute Frau?

WAeRTERIN
Schweigt Euer Diener?  Habt Ihr nie vernommen:
Wo zwei zu Rate gehn, lasst keinen dritten kommen?

ROMEO
Verlass dich drauf, der Mensch ist treu wie Gold.

WAeRTERIN
Nun gut, Herr, meine Herrschaft ist ein allerliebstes Fraeulein.
O jemine, als sie noch so ein kleines Dingelchen war--Oh, da ist
ein Edelmann in der Stadt, einer, der Paris heisst, der gern
einhaken moechte; aber das gute Herz mag ebenso lieb eine Kroete
sehn, eine rechte Kroete, als ihn.--Ich aergre sie zuweilen und sag
ihr: Paris waer doch der huebscheste; aber Ihr koennt mirs glauben,
wenn ich das sage, so wird sie so blass wie ein Tischtuch.  Faengt
nicht Rosmarin und Romeo mit demselben Buchstaben an?

ROMEO
Ja, gute Frau; beide mit einem R.

WAeRTERIN
Ach, Spassvogel, warum nicht gar?  Das schnurrt ja wie 'n Spinnrad.
Nein, ich weiss wohl, es faengt mit einem andern Buchstaben an, und
sie hat die praechtigsten Reime und Sprichwoerter darauf, dass Euch
das Herz im Leibe lachen taet, wenn Ihrs hoertet.

ROMEO
Empfiehl mich deinem Fraeulein!

(Ab.)

WAeRTERIN
Jawohl, viel tausendmal!

(Romeo geht ab.)

--Peter!

PETER
Was beliebt?

WAeRTERIN
Peter, nimm meinen Faecher und geh vorauf!

(Beide ab.)



FUeNFTE SZENE

(Capulets Garten)

(Julia tritt auf.)


JULIA
Neun schlug die Glock, als ich die Amme sandte.
In einer halben Stunde wollte sie
Schon wieder hier sein.  Kann sie ihn vielleicht
Nicht treffen?  Nein, das nicht.  Oh, sie ist lahm!
Zu Liebesboten taugen nur Gedanken,
Die zehnmal schneller fliehn als Sonnenstrahlen,
Wenn sie die Nacht von finstern Huegeln scheuchen.
Deswegen ziehn ja leichtbeschwingte Tauben
Der Liebe Wagen, und Cupido hat
Windschnelle Fluegel.  Auf der steilsten Hoehe
Der Tagereise steht die Sonne jetzt;
Von neun bis zwoelf, drei lange Stunden sinds,
Und dennoch bleibt sie aus.  O haette sie
Ein Herz und warmes, jugendliches Blut,
Sie wuerde wie ein Ball behende fliegen,
Es schnellte sie mein Wort dem Trauten zu
Und seines mir.
Doch Alte tun, als lebten sie nicht mehr,
Traeg, unbehuelflich, und wie Blei so schwer.

(Die Waerterin und Peter kommen.)

O Gott, sie kommt!

(Die Amme und Peter treten auf.)

 Was bringst du, goldne Amme?
Trafst du ihn an?  Schick deinen Diener weg!

WAeRTERIN
Wart vor der Tuere, Peter!

(Peter ab.)

JULIA
Nun, Muetterchen?  Gott, warum blickst du traurig?
Ist dein Bericht schon traurig, gib ihn froehlich,
Und klingt er gut, verdirb die Weise nicht,
Indem du sie mit saurer Miene spielst.

WAeRTERIN
Ich bin ermattet; lasst ein Weilchen mich!
Das war 'ne Jagd!  Das reisst in Gliedern mir!

JULIA
Ich wollt, ich haette deine Neuigkeit,
Du meine Glieder.  Nun, so sprich geschwind!
Ich bitt dich, liebe, liebe Amme, sprich!

WAeRTERIN
Was fuer 'ne Hast!  Koennt Ihr kein Weilchen warten?
Seht Ihr nicht, dass ich ausser Atem bin?

JULIA
Wie ausser Atem, wenn du Atem hast,
Um mir zu sagen, dass du keinen hast?
Der Vorwand deines Zoegerns waehrt ja laenger
Als der Bericht, den du dadurch verzoegerst.
Gib Antwort: Bringst du Gutes oder Boeses!
Nur das, so wart ich auf das Naehere gern.
Beruhge mich!  Ists Gutes oder Boeses?

WAeRTERIN
Ei, Ihr habt mir eine recht einfaeltige Wahl getroffen; Ihr versteht
auch einen Mann auszulosen!  Romeo--ja, das ist der rechte!--Er hat
zwar ein huebscher Gesicht wie andre Leute; aber seine Beine gehen
ueber alle Beine, und Hand und Fuss und die ganze Positur--es laesst
sich eben nicht viel davon sagen, aber man kann sie mit nichts
vergleichen.  Er ist kein Ausbund von feinen Manieren, doch wett
ich drauf, wie ein Lamm so sanft.--Treibs nur so fort, Kind, und
fuerchte Gott!--Habt Ihr diesen Mittag zu Hause gegessen?

JULIA
Nein, nein!  Doch all dies wusst ich schon zuvor.
Was sagt er von der Trauung?  Hurtig: was?

WAeRTERIN
O je, wie schmerzt der Kopf mir!  Welch ein Kopf!
Er schlaegt, als wollt er gleich in Stuecke springen.
Da hier mein Ruecken, o mein armer Ruecken!
Gott sei Euch gnaedig, dass Ihr hin und her
So viel mich schickt, mich bald zu Tode hetzt.

JULIA
Im Ernst, dass du nicht wohl bist, tut mir leid.
Doch, beste, beste Amme, sage mir:
Was macht mein Liebster?

WAeRTERIN
Eur Liebster sagt, so wie ein wackrer Herr--und ein artiger und
ein freundlicher und ein huebscher Herr und, auf mein Wort, ein
tugendsamer Herr.--Wo ist denn Eure Mutter?

JULIA
Wo meine Mutter ist?  Nun, sie ist drinnen;
Wo waer sie sonst?  Wie seltsam du erwiderst:
Eur Liebster sagt, so wie ein wackrer Herr--
Wo ist denn Eure Mutter?

WAeRTERIN
 Jemine!
Seid Ihr so hitzig?  Seht doch!  Kommt mir nur!
Ist das die Baehung fuer mein Gliederweh?
Geht kuenftig selbst, wenn Ihr 'ne Botschaft habt.

JULIA
Das ist 'ne Not!  Was sagt er?  Bitte, sprich!

WAeRTERIN
Habt Ihr Erlaubnis, heut zu beichten?

JULIA
 Ja.

WAeRTERIN
So macht Euch auf zu Eures Paters Zelle,
Da harrt ein Mann, um Euch zur Frau zu machen.
Nun steigt das lose Blut Euch in die Wangen,
Gleich sind sie Scharlach, wenns was Neues gibt.
Eilt Ihr ins Kloster; ich muss sonst wohin,
Die Leiter holen, die der Liebste bald
Zum Nest hinan, wenns Nacht wird, klimmen soll.
Ich bin das Lasttier, muss fuer Euch mich plagen,
Doch Ihr sollt Eure Last zur Nacht schon tragen.
Ich will zur Mahlzeit erst; eilt Ihr zur Zelle hin!

JULIA
Zu hohem Gluecke, treue Pflegerin!

(Beide ab.)



SECHSTE SZENE

(Bruder Lorenzos Zelle)

(Lorenzo und Romeo.)


LORENZO
Der Himmel laechle so dem heilgen Bund,
Dass kuenftge Tag' uns nicht durch Kummer schelten!

ROMEO
Amen!  So sei's!  Doch lass den Kummer kommen,
So sehr er mag; wiegt er die Freuden auf,
Die mir in ihrem Anblick eine fluechtge
Minute gibt?  Fueg unsre Haende nur
Durch deinen Segensspruch in eins, dann tue
Sein Aeusserstes der Liebeswuerger Tod;
Genug, dass ich nur mein sie nennen darf.

LORENZO
So wilde Freude nimmt ein wildes Ende
Und stirbt im hoechsten Sieg, wie Feur und Pulver
Im Kusse sich verzehrt.  Die Suessigkeit
Des Honigs widert durch ihr Uebermass,
Und im Geschmack erstickt sie unsre Lust.
Drum liebe maessig; solche Lieb ist stet;
Zu hastig und zu traege kommt gleich spaet.

(Julia tritt auf.)

Hier kommt das Fraeulein, sieh,
Mit leichtem Tritt, der keine Blume biegt.
Sieh, wie die Macht der Lieb und Wonne siegt!

(Julia tritt auf.)

JULIA
Ehrwuerdger Herr, ich sag Euch guten Abend.

LORENZO
Fuer mich und sich dankt Romeo, mein Kind.

JULIA
Es gilt ihm mit, sonst waer sein Dank zuviel.

ROMEO
Ach Julia!  Ist deiner Freude Mass
Gehaeuft wie meins und weisst du mehr die Kunst,
Ihr Schmuck zu leihn, so wuerze rings die Luft
Durch deinen Hauch; lass des Gesanges Mund
Die Seligkeit verkuenden, die wir beide
Bei dieser teuern Naeh im andern finden.

JULIA
Gefuehl, an Inhalt reicher als an Worten,
Ist stolz auf seinen Wert und nicht auf Schmuck.
Nur Bettler wissen ihres Guts Betrag;
Doch meine treue Liebe stieg so hoch,
Dass keine Schaetzung ihre Schaetz erreicht.

LORENZO
Kommt, kommt mit mir, wir schreiten gleich zur Sache.
Ich leide nicht, dass ihr allein mir bleibt,
Bis euch die Kirch einander einverleibt.

(Alle ab.)




DRITTER AKT



ERSTE SZENE

(Ein oeffentlicher Platz)

(Mercutio, Benvolio, Page und Diener.)


BENVOLIO
Ich bitt dich, Freund, lass uns nach Hause gehn!
Der Tag ist heiss, die Capulets sind draussen,
Und treffen wir, so gibt es sicher Zank:
Denn bei der Hitze tobt das tolle Blut.

MERCUTIO
Du bist mir so ein Zeisig, der, sobald er die Schwelle eines
Wirtshauses betritt, mit dem Degen auf den Tisch schlaegt und
ausruft: Gebe Gott, dass ich dich nicht noetig habe!--a kommen
die Capulets.

MERCUTIO
Bei meiner Sohle!  Mich kuemmerts nicht.

(Tybalt und andre kommen.)

TYBALT (zu seinen Leuten.)
Schliesst euch mir an, ich will mit ihnen reden.--
Guten Tag, Ihr Herrn!  Ein Wort mit Euer einem!

MERCUTIO
Nur ein Wort mit einem von uns?  Gebt noch was zu, lasst es ein Wort
und einen Schlag sein!

TYBALT
Dazu werdet Ihr mich bereit genug finden, wenn Ihr mir Anlass gebt.

MERCUTIO
Koenntet Ihr ihn nicht nehmen, ohne dass wir ihn gaeben?

TYBALT
Mercutio, du harmonierst mit Romeo.

MERCUTIO
Harmonierst?  Was?  Machst du uns zu Musikanten?  Wenn du uns zu
Musikanten machen willst, so sollst du auch nichts als Dissonanzen
zu hoeren kriegen.  Hier ist mein Fiedelbogen, wart, der soll Euch
tanzen lehren!  Alle Wetter!  Ueber das Harmonieren!

BENVOLIO
Wir reden hier auf oeffentlichem Markt;
Entweder sucht Euch einen stillern Ort,
Wo nicht, besprecht Euch kuehl von Eurem Zwist.
Sonst geht!  Hier gafft ein jedes Aug auf uns.

MERCUTIO
Zum Gaffen hat das Volk die Augen; lass sie!
Ich weich und wank um keines willen, ich!

(Romeo tritt auf.)

TYBALT
Herr, zieht in Frieden!  Hier kommt mein Gesell.

(Romeo tritt auf.)

MERCUTIO
Ich will gehaengt sein, Herr, wenn Ihr sein Meister seid.
Doch stellt Euch nur, er wird sich zu Euch halten;
In dem Sinn moegen Eure Gnaden wohl
Gesell ihn nennen.

TYBALT
Hoer, Romeo!  Der Hass, den ich dir schwur,
Goennt diesen Gruss dir nur: Du bist ein Schurke!

ROMEO
Tybalt, die Ursach, die ich habe, dich
Zu lieben, mildert sehr die Wut, die sonst
Auf diesen Gruss sich ziemt.  Ich bin kein Schurke,
Drum lebe wohl!  Ich seh, du kennst mich nicht.

TYBALT
Nein, Knabe, dies entschuldigt nicht den Hohn,
Den du mir angetan; kehr um und zieh!

ROMEO
Ich schwoere dir, nie tat ich Hohn dir an.
Ich liebe mehr dich, als du denken kannst,
Bis du die Ursach meiner Liebe weisst.
Drum, guter Capulet, ein Name, den
Ich wert wie meinen halte, sei zufrieden!

MERCUTIO
O zahme, schimpfliche, verhasste Demut!
Die Kunst des Raufers traegt den Sieg davon.--

(Er zieht.)

Tybalt, du Ratzenfaenger, willst du dran?

TYBALT
Was willst du denn von mir?

MERCUTIO
Mein guter Katzenkoenig, nichts als eins von Euern neun Leben;
damit will ich mich nebenbei lustig machen, und wenn Ihr mir
wieder ueber den Weg lauft, auch die andern acht ausklopfen.
Wollt Ihr bald Euren Degen bei den Ohren aus der Scheide ziehn?
Macht zu, sonst habt Ihr meinen um die Ohren, eh er heraus ist.

TYBALT
Ich steh zu Dienst.

(Er zieht.)

ROMEO
Lieber Mercutio, steck den Degen ein!

MERCUTIO
Kommt, Herr!  Lasst Eure Finten sehn!

(Sie fechten.)

ROMEO
Zieh, Benvolio!
Schlag zwischen ihre Degen!  Schaemt euch doch
Und haltet ein mit Wueten!  Tybalt!  Mercutio!
Der Prinz verbot ausdruecklich solchen Aufruhr
In Veronas Gassen.  Halt, Tybalt!  Freund Mercutio!

(Tybalt entfernt sich mit seinen Anhaengern.)

MERCUTIO
Ich bin verwundet.--
Zum Teufel beider Sippschaft!  Ich bin hin.
Und ist er fort?  Und hat nichts abgekriegt?

BENVOLIO
Bist du verwundet, wie?

MERCUTIO
Ja, ja, geritzt, geritzt!--Wetter, 's ist genug.--
Wo ist mein Page?--Bursch, hol einen Wundarzt!

(Der Page geht ab.)

ROMEO
Sei guten Muts, Freund!  Die Wunde kann nicht betraechtlich sein.

MERCUTIO
Nein, nicht so tief wie ein Brunnen noch so weit wie eine
Kirchtuere; aber es reicht eben hin.  Fragt morgen nach mir,
und Ihr werdet einen stillen Mann an mir finden.  Fuer diese
Welt, glaubts nur, ist mir der Spass versalzen.--Hol der Henker
eure beiden Haeuser!--Was?  Von einem Hund, einer Maus, einer
Ratze, einer Katze zu Tode gekratzt zu werden!  Von so einem
Prahler, einem Schuft, der nach dem Rechenbuche ficht!--Warum
zum Teufel kamt Ihr zwischen uns?  Unter Eurem Arm wurde ich
verwundet.

ROMEO
Ich dacht es gut zu machen.

MERCUTIO
O hilf mir in ein Haus hinein, Benvolio.
Sonst sink ich hin.--Zum Teufel eure Haeuser!
Sie haben Wuermerspeis aus mir gemacht.
Ich hab es tuechtig weg; verdammte Sippschaft!

(Mercutio und Benvolio ab.)

ROMEO
Um meinetwillen wurde dieser Ritter,
Dem Prinzen nah verwandt, mein eigner Freund,
Verwundet auf den Tod; mein Ruf befleckt
Durch Tybalts Laesterungen, Tybalts, der
Seit einer Stunde mir verschwaegert war.
O suesse Julia, deine Schoenheit hat
So weibisch mich gemacht; sie hat den Stahl
Der Tapferkeit in meiner Brust erweicht.

(Benvolio kommt zurueck.)

BENVOLIO
O Romeo, der wackre Freund ist tot,
Sein edler Geist schwang in die Wolken sich,
Der allzu frueh der Erde Staub verschmaeht.

ROMEO
Nichts kann den Unstern dieses Tages wenden;
Er hebt das Weh an, andre muessens enden.

(Tybalt kommt zurueck.)

BENVOLIO
Da kommt der grimmige Tybalt wieder her.

ROMEO
Am Leben!  Siegreich!  Und mein Freund erschlagen!
Nun flieh gen Himmel, schonungsreiche Milde!
Entflammte Wut, sei meine Fuehrerin!

(Tybalt kommt zurueck.)

Nun, Tybalt, nimm den Schurken wieder, den du
Mir eben gabst!  Der Geist Mercutios
Schwebt nah noch ueber unsern Haeuptern hin
Und harrt, dass deiner sich ihm zugeselle.
Du oder ich!  sonst folgen wir ihm beide.

TYBALT
Elendes Kind, hier hieltest du's mit ihm
Und sollst mit ihm von hinnen.

ROMEO
 Dies entscheide!

(Sie fechten; Tybalt faellt.)

BENVOLIO
Flieh, Romeo, die Buerger sind in Wehr
Und Tybalt tot.  Steh so versteinert nicht!
Flieh, flieh, der Prinz verdammt zum Tode dich,
Wenn sie dich greifen.  Fort, nur fort mit dir!

ROMEO
Weh mir, ich Narr des Gluecks!

BENVOLIO
 Was weilst du noch?

(Romeo ab.  Buerger treten auf.)

EIN BUeRGER
Wo lief er hin, der den Mercutio totschlug?
Der Moerder Tybalts?  Hat ihn wer gesehn?

BENVOLIO
Da liegt der Tybalt.

EIN BUeRGER
 Auf, Herr, geht mit mir!
Gehorcht!  Ich mahn Euch von des Fuersten wegen.

(Der Prinz mit Gefolge, Montague, Capulet, ihre
Gemahlinnen und andre.)

PRINZ
Wer durfte freventlich hier Streit erregen?

BENVOLIO
O edler Fuerst, ich kann verkuenden recht
Nach seinem Hergang dies unselige Gefecht.
Der deinen wackren Freund Mercutio
Erschlagen, liegt hier tot, entleibt vom Romeo.

GRAeFIN CAPULET
Mein Vetter!  Tybalt!  Meines Bruders Kind!
O Fuerst!  O mein Gemahl!  O seht, noch rinnt
Das teure Blut!  Mein Fuerst, bei Ehr und Huld,
Im Blut der Montagues tilg ihre Schuld!--
O Vetter, Vetter!

PRINZ
Benvolio, sprich, wer hat den Streit erregt?

BENVOLIO
Der tot hier liegt, von Romeo erlegt.
Viel gute Worte gab ihm Romeo,
Hiess ihn bedenken, wie gering der Anlass,
Wie sehr zu fuerchten Euer hoechster Zorn.
Dies alles, vorgebracht mit sanftem Ton,
Gelassnem Blick, bescheidner Stellung, konnte
Nicht Tybalts ungezaehmte Wut entwaffnen.
Dem Frieden taub, berennt mit scharfem Stahl
Er die entschlossne Brust Mercutios;
Der kehrt gleich rasch ihm Spitze gegen Spitze
Und wehrt mit Kaempfertrotz mit einer Hand
Den kalten Tod ab, schickt ihn mit der andern
Dem Gegner wieder, des Behendigkeit
Zurueck ihn schleudert.  Romeo ruft laut:
Halt, Freunde, auseinander!  Und geschwinder
Als seine Zunge schlaegt sein ruestger Arm,
Dazwischen stuerzend, beider Mordstahl nieder.
Recht unter diesem Arm traf des Mercutio Leben
Ein falscher Stoss vom Tybalt.  Der entfloh,
Kam aber gleich zum Romeo zurueck,
Der eben erst der Rache Raum gegeben.
Nun fallen sie mit Blitzeseil sich an,
Denn eh ich ziehen konnt, um sie zu trennen,
War der beherzte Tybalt umgebracht.
Er fiel, und Romeo, bestuerzt, entwich.
Ich rede wahr, sonst fuehrt zum Tode mich.

GRAeFIN CAPULET
Er ist verwandt mit Montagues Geschlecht,
Aus Freundschaft spricht er falsch, verletzt das Recht.
Die Fehd erhoben sie zu ganzen Horden,
Und alle konnten nur ein Leben morden.
Ich fleh um Recht; Fuerst, weise mich nicht ab:
Gib Romeo, was er dem Tybalt gab!

PRINZ
Er hat Mercutio, ihn Romeo erschlagen;
Wer soll die Schuld des teuren Blutes tragen?

GRAeFIN MONTAGUE
Fuerst, nicht mein Sohn, der Freund Mercutios;
Was dem Gesetz doch heimfiel, nahm er bloss:
Das Leben Tybalts.

PRINZ
 Weil er das verbrochen,
Sei ueber ihn sofort der Bann gesprochen.
Mich selber trifft der Ausbruch eurer Wut,
Um euren Zwiespalt fliesst mein eignes Blut;
Allein ich will dafuer so streng euch buessen,
Dass mein Verlust euch ewig soll verdriessen.
Taub bin ich jeglicher Beschoenigung,
Kein Flehn, kein Weinen kauft Begnadigung;
Drum spart sie.  Romeo flieh schnell von hinnen!
Greift man ihn, soll er nicht dem Tod entrinnen.
Tragt diese Leiche weg!  Vernehmt mein Wort!
Wenn Gnade Moerder schont, veruebt sie Mord!

(Alle ab.)



ZWEITE SZENE

(Ein Zimmer in Capulets Hause)

(Julia tritt auf.)


JULIA
Hinab, du flammenhufiges Gespann,
Zu Phoebus' Wohnung!  Solch ein Wagenlenker
Wie Phaethon jagt' euch gen Westen wohl
Und braechte schnell die wolkige Nacht herauf.
Verbreite deinen dichten Vorhang, Nacht,
Du Liebespflegerin, damit das Auge
Der Neubegier sich schliess und Romeo
Mir unbelauscht in diese Arme schluepfe.
Verliebten gnuegt zu der geheimen Weihe
Das Licht der eignen Schoenheit, oder wenn
Die Liebe blind ist, stimmt sie wohl zur Nacht.
Komm, ernste Nacht, du zuechtig stille Frau,
Ganz angetan mit Schwarz, und lehre mich
Ein Spiel, wo jedes reiner Jugend Bluete
Zum Pfaende setzt, gewinnend zu verlieren!
Verhuelle mit dem schwarzen Mantel mir
Das wilde Blut, das in den Wangen flattert,
Bis scheue Liebe kuehner wird und nichts
Als Unschuld sieht in innger Liebe Tun.
Komm, Nacht!  Komm, Romeo, du Tag in Nacht,
Denn du wirst ruhn auf Fittichen der Nacht
Wie frischer Schnee auf eines Raben Ruecken.
Komm, milde, liebevolle Nacht!  Komm, gib
Mir meinen Romeo!  Und stirbt er einst,
Nimm ihn, zerteil in kleine Sterne ihn:
Er wird des Himmels Antlitz so verschoenen,
Dass alle Welt sich in die Nacht verliebt
Und niemand mehr der eitlen Sonne huldigt.--
Ich habe Lieb erworben wie ein Haus,
Und durfte noch nicht einziehn; bin verkauft,
Doch noch nicht uebergeben.  Dieser Tag
Waehrt so verdriesslich lang mir wie die Nacht
Vor einem Fest dem ungeduldgen Kinde,
Das noch sein neues Kleid nicht tragen durfte.

(Die Waerterin mit einer Strickleiter.)

Da kommt die Amme ja, die bringt Bericht,
Und jede Zunge, die nur Romeo
Beim Namen nennt, spricht so beredt wie Engel.

(Die Amme tritt auf mit einer Strickleiter.)

Nun, Amme?  Sag, was gibts, was hast du da?
Die Stricke, die dich Romeo hiess holen?

WAeRTERIN
Ja, ja, die Stricke!

(Sie wirft sie auf die Erde.)

JULIA
Weh mir!  Was gibts?  Was ringst du so die Haende?

WAeRTERIN
Dass Gott erbarm!  Er ist tot, er ist tot, er ist tot!
Wir sind verloren, Fraeulein, sind verloren!
O weh uns!  Er ist hin!  Ermordet!  Tot!

JULIA
So neidisch kann der Himmel sein?

WAeRTERIN
Ja, das kann Romeo; der Himmel nicht.
O Romeo, wer haett es je gedacht?
O Romeo, Romeo!

JULIA
Welch Teufel bist du, dass du so mich folterst?
Die grause Hoelle nur bruellt solche Qual.
Hat Romeo sich selbst ermordet?  Sprich!
Und sagt du "Ja", vergiftet dieser Laut
Mehr als des Basilisks todbringend "Aug".
Ich bin nicht "ich", wenns gibt ein solches "Ja",
Dies Auge zu, das dich zwingt zu dem "Ja".

{Ein Wortspiel mit den Woertern "aye" (ja), "I" (ich) und
"eye" (Auge), die alle gleich ausgesprochen werden.}

Ist er entleibt, sag ja, wo nicht, sag nein!
Ein kurzer Laut entscheidet Wonn und Pein.

WAeRTERIN
Ich sah die Wunde, meine Augen sahn sie
--Behuete Gott!--auf seiner tapfern Brust;
Die blutge Leiche, jaemmerlich und blutig,
Bleich, bleich wie Asche, ganz mit Blut besudelt,
Ganz starres Blut--de wieder!  Pulsschlag, hemme dich!
Ein Sarg empfange Romeo und mich!

WAeRTERIN
O Tybalt, Tybalt!  O mein bester Freund!
Leutselger Tybalt, wohlgesinnter Herr!
So musst ich leben, um dich tot zu sehn?

JULIA
Was fuer ein Sturm tobt so von jeder Seite?
Ist Romeo erschlagen?  Tybalt tot?
Mein teurer Vetter?  Teuerster Gemahl?
Dann toene nur des Weltgerichts Posaune!
Wer lebt noch, wenn dahin die beiden sind?

WAeRTERIN
Dahin ist Tybalt, Romeo verbannt;
Verbannt ist Romeo, der ihn erschlug.

JULIA
Gott!  Seine Hand, vergoss sie Tybalts Blut?

WAeRTERIN
Sie tats, sie tats!  O weh uns, weh, sie tats!

JULIA
O Schlangenherz, von Blumen ueberdeckt!
Wohnt' in so schoener Hoehl ein Drache je?
Holdselger Wuetrich!  Engelgleicher Unhold!
Ergrimmte Taube!  Lamm mit Wolfesgier!
Verworfne Art in goettlichster Gestalt!
Das rechte Gegenteil des, was mit Recht
Du scheinest: ein verdammter Heiliger,
Ein ehrenwerter Schurke!--O Natur!
Was hattest du zu schaffen in der Hoelle,
Als du des holden Leibes Paradies
Zum Lustsitz einem Teufel uebergabst?
War je ein Buch, so arger Dinge voll,
So schoen gebunden?  Oh, dass Falschheit doch
Solch herrlichen Palast bewohnen kann!

WAeRTERIN
Kein Glaube, keine Treu noch Redlichkeit
Ist unter Maennern mehr.  Sie sind meineidig,
Falsch sind sie, lauter Schelme, lauter Heuchler!--
Wo ist mein Diener?  Gebt mir Aquavit!
Die Not, die Angst, der Jammer macht mich alt.
Zu Schanden werde Romeo!

JULIA
 Die Zunge
Erkranke dir fuer einen solchen Wunsch!
Er war zur Schande nicht geboren; Schande
Weilt mit Beschaemung nur auf seiner Stirn.
Sie ist ein Thron, wo man die Ehre mag
Als Allbeherrscherin der Erde kroenen.
O wie unmenschlich war ich, ihn zu schelten!

WAeRTERIN
Von Eures Vetters Moerder sprecht Ihr Gutes?

JULIA
Soll ich von meinem Gatten Uebles reden?
Ach, armer Gatte!  Welche Zunge wird
Wohl deinem Namen Liebes tun, wenn ich,
Dein Weib von wenig Stunden, ihn zerrissen?
Doch, Arger, was erschlugst du meinen Vetter?
Der Arge wollte den Gemahl erschlagen.
Zurueck zu eurem Quell, verkehrte Traenen!
Dem Schmerz gebuehret eurer Tropfen Zoll,
Ihr bringt aus Irrtum ihn der Freude dar.
Mein Gatte lebt, den Tybalt fast getoetet,
Und tot ist Tybalt, der ihn toeten wollte.
Dies alles ist ja Trost: was wein ich denn?
Ich hoert ein schlimmres Wort als Tybalts Tod,
Das mich erwuergte; ich vergaess es gern!
Doch ach, es drueckt auf mein Gedaechtnis schwer
Wie Freveltaten auf des Suenders Seele.
Tybalt ist tot und Romeo verbannt!
O dies "Verbannt", dies eine Wort "Verbannt"
Erschlug zehntausend Tybalts.  Tybalts Tod
War gnug des Wehes, haett es da geendet!
Und liebt das Leid Gefaehrten, reiht durchaus
An andre Leiden sich, warum denn folgte
Auf ihre Botschaft: tot ist Tybalt, nicht:
Dein Vater, deine Mutter, oder beide?
Das haette sanftre Klage wohl erregt.
Allein dies Wort: verbannt ist Romeo,
Aus jenes Todes Hinterhalt gesprochen,
Bringt Vater, Mutter, Tybalt, Romeo
Und Julien um!  Verbannt ist Romeo!
Nicht Mass noch Ziel kennt dieses Wortes Tod,
Und keine Zung erschoepfet meine Not.--
Wo mag mein Vater, meine Mutter sein?

WAeRTERIN
Bei Tybalts Leiche heulen sie und schrein.
Wollt Ihr zu ihnen gehn?  Ich bring Euch hin.

JULIA
So waschen sie die Wunden ihm mit Traenen?
Ich spare meine fuer ein baengres Sehnen.
Nimm diese Seile auf.--Ach, armer Strick,
Getaeuscht wie ich!  Wer bringt ihn uns zurueck?
Zum Steg der Liebe knuepft' er deine Bande,
Ich aber sterb als Braut im Witwenstande.
Komm, Amme, komm!  Ich will ins Brautbett!  Fort!
Nicht Romeo, den Tod umarm ich dort.

WAeRTERIN
Geht nur ins Schlafgemach!  Zum Troste find ich
Euch Romeo: ich weiss wohl, wo er steckt.
Hoert, Romeo soll Euch zur Nacht erfreuen;
Ich geh zu ihm; beim Pater wartet er.

JULIA
O such ihn auf!  Gib diesen Ring dem Treuen;
Bescheid aufs letzte Lebewohl ihn her!

(Beide ab.)



DRITTE SZENE

(Bruder Lorenzos Zelle)

(Lorenzo und Romeo kommen.] Bruder Lorenzo tritt auf.)


LORENZO
Komm, Romeo!  Hervor, du Mann der Furcht!
Bekuemmernis haengt sich mit Lieb an dich,
Und mit dem Missgeschick bist du vermaehlt.

(Romeo tritt auf.)

ROMEO
Vater, was gibts?  Wie heisst des Prinzen Spruch?
Wie heisst der Kummer, der sich zu mir draengt
Und noch mir fremd ist?

LORENZO
 Zu vertraut, mein Sohn,
Bist du mit solchen widrigen Gefaehrten.
Ich bring dir Nachricht von des Prinzen Spruch.

ROMEO
Und hat sein Spruch mir nicht den Stab gebrochen?

LORENZO
Ein mildres Urteil floss von seinen Lippen:
Nicht Leibes Tod, nur leibliche Verbannung.

ROMEO
Verbannung?  Sei barmherzig!  Sage: Tod!
Verbannung traegt der Schrecken mehr im Blick,
Weit mehr als Tod!--O sage nicht Verbannung!

LORENZO
Hier aus Verona bist du nur verbannt;
Sei ruhig, denn die Welt ist gross und weit.

ROMEO
Die Welt ist nirgends ausser diesen Mauern;
Nur Fegefeuer, Qual, die Hoelle selbst.
Von hier verbannt ist aus der Welt verbannt,
Und solcher Bann ist Tod.  Drum gibst du ihm
Den falschen Namen.--Nennst du Tod Verbannung,
Enthauptest du mit goldnem Beile mich
Und laechelst zu dem Streich, der mich ermordet.

LORENZO
O schwere Suend, o undankbarer Trotz!
Dein Fehltritt heisst nach unsrer Satzung Tod;
Doch dir zulieb hat sie der guetge Fuerst
Beiseit gestossen und Verbannung nur
Statt jenes schwarzen Wortes ausgesprochen.
Und diese teure Gnad erkennst du nicht?

ROMEO
Nein, Folter; Gnade nicht!  Hier ist der Himmel,
Wo Julia lebt, und jeder Hund und Katze
Und kleine Maus, das schlechteste Geschoepf,
Lebt hier im Himmel, darf ihr Antlitz sehn;
Doch Romeo darf nicht.  Mehr Wuerdigkeit,
Mehr Ansehn, mehr gefaellge Sitte lebt
In Fliegen als in Romeo.  Sie duerfen
Das Wunderwerk der weissen Hand beruehren
Und Himmelswonne rauben ihren Lippen,
Die sittsam in Vestalenunschuld stets
Erroeten, gleich als waere Suend ihr Kuss.
Dies duerfen Fliegen tun, ich muss entfliehn;
Sie sind ein freies Volk, ich bin verbannt.
Und sagst du noch, Verbannung sei nicht Tod?
So hattest du kein Gift gemischt, kein Messer
Geschaerft, kein schmaehlich Mittel schnellen Todes,
Als dies "Verbannt", zu toeten mich?  Verbannt!
O Moench!  Verdammte sprechen in der Hoelle
Dies Wort mit Heulen aus; hast du das Herz,
Da du ein heilger Mann, ein Beichtiger bist,
Ein Suendenloeser, mein erklaerter Freund,
Mich zu zermalmen mit dem Wort Verbannung?

LORENZO
Du kindisch bloeder Mann, hoer doch ein Wort!

ROMEO
O du willst wieder von Verbannung sprechen!

LORENZO
Ich will dir eine Wehr dagegen leihn,
Der Truebsal suesse Milch, Philosophie,
Um dich zu troesten, bist du gleich verbannt.

ROMEO
Und noch verbannt?  Haengt die Philosophie!
Kann sie nicht schaffen eine Julia,
Aufheben eines Fuersten Urteilspruch,
Verpflanzen eine Stadt, so hilft sie nicht,
So taugt sie nicht, so rede laenger nicht!

LORENZO
Nun seh ich wohl.  Wahnsinnige sind taub.

ROMEO
Waers anders moeglich?  Sind doch Weise blind.

LORENZO
Lass ueber deinen Fall mit dir mich rechten!

ROMEO
Du kannst von dem, was du nicht fuehlst, nicht reden.
Waerst du so jung wie ich und Julia dein,
Vermaehlt seit einer Stund, erschlagen Tybalt,
Wie ich von Lieb entglueht, wie ich verbannt,
Dann moechtest du nur reden, moechtest nur
Das Haar dir raufen, dich zu Boden werfen
Wie ich und so dein kuenftges Grab dir messen.

([Er wirft sich an den Boden.] Man klopft draussen.)

LORENZO
Steh auf, man klopft; verbirg dich, lieber Freund!

ROMEO
O nein, wo nicht des bangen Stoehnens Hauch
Gleich Nebeln mich vor Spaeheraugen schirmt.

(Man klopft.)

LORENZO
Horch, wie man klopft!--Wer da?--Fort, Romeo!
Man wird dich fangen.--Wartet doch ein Weilchen!--
Steh auf

(Man klopft.)

 und rett ins Lesezimmer dich!--

(Man klopft.)

Ja, ja!  im Augenblick!--Gerechter Gott,
Was fuer ein starrer Sinn!--ehn und dich zurueckzurufen
Mit zwanzighunderttausendmal mehr Freude,
Als du mit Jammer jetzt von hinnen ziehst.
Geh, Waerterin, voraus, gruess mir dein Fraeulein;
Heiss sie das ganze Haus zu Bette treiben,
Wohin der schwere Gram von selbst sie treibt;
Denn Romeo soll kommen.

WAeRTERIN
O je, ich blieb hier gern die ganze Nacht
Und hoerte gute Lehr.  Da sieht man doch,
Was die Gelahrtheit ist!--Nun, gnaedger Herr,
Ich will dem Fraeulein sagen, dass Ihr kommt.

ROMEO
Tu das und sag der Holden, dass sie sich
Bereite, mich zu schelten.

WAeRTERIN
 Gnaedger Herr,
Hier ist ein Ring, den sie fuer Euch mir gab.
Eilt Euch, macht fort, sonst wird es gar zu spaet.

(Ab.)

ROMEO
Wie ist mein Mut nun wieder neu belebt!

LORENZO
Geh!  Gute Nacht!  Und hieran haengt dein Los:
Entweder geh, bevor man Wachen stellt,
Wo nicht, verkleidet in der Fruehe fort.
Verweil in Mantua; ich forsch indessen
Nach deinem Diener, und er meldet dir
Von Zeit zu Zeit ein jedes gute Glueck,
Das hier begegnet.  Gib mir deine Hand!
Es ist schon spaet.  Fahr wohl denn!  Gute Nacht!

ROMEO
Mich rufen Freuden ueber alle Freuden,
Sonst waers ein Leid, von dir so schnell zu scheiden.
Leb wohl!

(Beide ab.)



VIERTE SZENE

(Ein Zimmer in Capulets Hause)

(Capulet, Graefin Capulet, Paris.)


CAPULET
Es ist so schlimm ergangen, Graf, dass wir
Nicht Zeit gehabt, die Tochter anzumahnen.
Denn seht, sie liebte herzlich ihren Vetter.
Das tat ich auch; nun, einmal stirbt man doch.--
Es ist schon spaet, sie kommt nicht mehr herunter,
Ich sag Euch, waers nicht der Gesellschaft wegen,
Seit einer Stunde laeg ich schon im Bett.

PARIS
So truebe Zeit gewaehrt nicht Zeit zum Frein;
Graefin, schlaft wohl, empfehlt mich Eurer Tochter!

GRAeFIN CAPULET
Ich tu's und forsche morgen frueh sie aus.
Heut nacht verschloss sie sich mit ihrem Gram.

CAPULET
Graf Paris, ich vermesse mich zu stehn
Fuer meines Kindes Lieb; ich denke wohl,
Sie wird von mir in allen Stuecken sich
Bedeuten lassen, ja ich zweifle nicht.--
Frau, geh noch zu ihr, eh du schlafen gehst,
Tu meines Sohnes Paris Lieb ihr kund
Und sag ihr, merk es wohl: auf naechsten Mittwoch!
Still, was ist heute?

PARIS
 Montag, edler Herr.

CAPULET
Montag?  So, so!  Gut, Mittwoch ist zu frueh.
Sei's Donnerstag!--Sag ihr: am Donnerstag
Wird sie vermaehlt mit diesem edlen Grafen.
Wollt Ihr bereit sein?  Liebt Ihr diese Eil?
Wir tuns im stillen ab: nur ein paar Freunde;
Denn seht, weil Tybalt erst erschlagen ist,
So daechte man, er laeg uns nicht am Herzen,
Als unser Blutsfreund, schwaermten wir zu viel.
Drum lasst uns ein halb Dutzend Freunde laden
Und damit gut.  Wie duenkt Euch Donnerstag?

PARIS
Mein Graf, ich wollte, Donnerstag waer morgen.

CAPULET
Gut, geht nur heim!  Sei's denn am Donnerstag.--
Geh, Frau, zu Julien, eh du schlafen gehst,
Bereite sie auf diesen Hochzeittag.--
Lebt wohl, mein Graf!

(Paris ab.)

 He!  Licht auf meine Kammer!
Nach meiner Weise ists so spaet, dass wir
Bald frueh es nennen koennen.  Gute Nacht!

([Capulet und die Graefin ab.] Alle ab.)



FUeNFTE SZENE

(Eine offene Galerie vor Juliens Zimmer mit Blick auf den Garten)

(Romeo und Julia.)


JULIA
Willst du schon gehn?  Der Tag ist ja noch fern.
Es war die Nachtigall und nicht die Lerche,
Die eben jetzt dein banges Ohr durchdrang;
Sie singt des Nachts auf dem Granatbaum dort.
Glaub, Lieber, mir: es war die Nachtigall.

ROMEO
Die Lerche wars, die Tagverkuenderin,
Nicht Philomele; sieh den neidschen Streif,
Der dort im Ost der Fruehe Wolken saeumt.
Die Nacht hat ihre Kerzen ausgebrannt,
Der muntre Tag erklimmt die dunstgen Hoehn;
Nur Eile rettet mich, Verzug ist Tod.

JULIA
Trau mir, das Licht ist nicht des Tages Licht,
Die Sonne hauchte dieses Luftbild aus,
Dein Fackeltraeger diese Nacht zu sein,
Dir auf dem Weg nach Mantua zu leuchten.
Drum bleibe noch; zu gehn ist noch nicht not.

ROMEO
Lass sie mich greifen, ja, lass sie mich toeten!
Ich gebe gern mich drein, wenn du es willst.
Nein, jenes Grau ist nicht des Morgens Auge,
Der bleiche Abglanz nur von Cynthias Stirn.
Das ist auch nicht die Lerche, deren Schlag
Hoch ueber uns des Himmels Woelbung trifft.
Ich bleibe gern; zum Gehn bin ich verdrossen.
Willkommen, Tod, hat Julia dich beschlossen!--
Nun, Herz?  Noch tagt es nicht, noch plaudern wir.

JULIA
Es tagt, es tagt!  Auf, eile, fort von hier!
Es ist die Lerche, die so heiser singt
Und falsche Weisen, rauhen Misston gurgelt.
Man sagt, der Lerche Harmonie sei suess;
Nicht diese: sie zerreisst die unsre ja.
Die Lerche, sagt man, wechselt mit der Kroete
Die Augen; moechte sie doch auch die Stimme!
Die Stimm ists ja, die Arm aus Arm uns schreckt,
Dich von mir jagt, da sie den Tag erweckt.
Stets hell und heller wirds: wir muessen scheiden.

ROMEO
Hell?  Dunkler stets und dunkler unsre Leiden!

(Die Waerterin kommt herein.)

WAeRTERIN
Fraeulein!

JULIA
Amme?

WAeRTERIN
Die gnaedge Graefin kommt in Eure Kammer;
Seid auf der Hut; schon regt man sich im Haus.

(Waerterin ab.)

JULIA (das Fenster oeffnend.)
Tag, schein herein, und Leben, flieh hinaus!

ROMEO
Ich steig hinab; lass dich noch einmal kuessen!

(Er steigt [aus dem Fenster] herab.)

JULIA (aus dem Fenster ihm nachsehend.)
Freund!  Gatte!  Trauter!  Bist du mir entrissen?
Gib Nachricht jeden Tag, zu jeder Stunde;
Schon die Minut enthaelt der Tage viel.
Ach, so zu rechnen bin ich hoch in Jahren,
Eh meinen Romeo ich wiederseh.

ROMEO (ausserhalb.)
Leb wohl!  Kein Mittel lass ich aus den Haenden,
Um dir, du Liebe, meinen Gruss zu senden.

JULIA
O denkst du, dass wir je uns wiedersehn?

ROMEO
Ich zweifle nicht, und all dies Leiden dient
In Zukunft uns zu suesserem Geschwaetz.

JULIA
O Gott, ich hab ein Unglueck ahnend Herz,
Mir deucht, ich saeh dich, da du unten bist,
Als laegst du tot in eines Grabes Tiefe.
Mein Auge truegt mich, oder du bist bleich.

ROMEO
So, Liebe, scheinst du meinen Augen auch.
Der Schmerz trinkt unser Blut.  Leb wohl, leb wohl!

(Ab.)

JULIA
O Glueck, ein jeder nennt dich unbestaendig;
Wenn du es bist: was tust du mit dem Treuen?
Sei unbestaendig.  Glueck!  Dann haeltst du ihn
Nicht lange, hoff ich, sendest ihn zurueck.

GRAeFIN CAPULET (hinter der Szene.)
He, Tochter, bist du auf?

JULIA
Wer ruft mich?  Ist es meine gnaedge Mutter?
Wacht sie so spaet noch, oder schon so frueh?
Welch ungewohnter Anlass bringt sie her?

(Graefin Capulet kommt herein.)

GRAeFIN CAPULET
Nun, Julia, wie gehts?

JULIA
 Mir ist nicht gut.

GRAeFIN CAPULET
Noch immer weinend um des Vetters Tod?
Willst du mit Traenen aus der Gruft ihn waschen?
Und koenntest du's, das rief' ihn nicht ins Leben;
Drum lass das!  Trauern zeugt von vieler Liebe,
Doch zu viel trauern zeugt von wenig Witz.

JULIA
Um einen Schlag, der so empfindlich traf,
Erlaubt zu weinen mir!

GRAeFIN CAPULET
 So trifft er dich;
Der Freund empfindet nichts, den du beweinst.

JULIA
Doch ich empfind und muss den Freund beweinen.

GRAeFIN CAPULET
Mein Kind, nicht seinen Tod so sehr beweinst du,
Als dass der Schurke lebt, der ihn erschlug.

JULIA
Was fuer ein Schurke?

GRAeFIN CAPULET
 Nun, der Romeo.

JULIA (beiseit.)
Er und ein Schurk sind himmelweit entfernt.--

(Laut.)

Vergeb ihm Gott!  Ich tu's von ganzem Herzen;
Und dennoch kraenkt kein Mann, wie er, mein Herz.

GRAeFIN CAPULET
Ja freilich, weil der Meuchelmoerder lebt.

JULIA
Ja, wo ihn diese Haende nicht erreichen!--
O raechte niemand doch als ich den Vetter!

GRAeFIN CAPULET
Wir wollen Rache nehmen, sorge nicht;
Drum weine du nicht mehr.  Ich send an jemand
Zu Mantua, wo der Verlaufne lebt,
Der soll ein kraeftig Traenkchen ihm bereiten,
Das bald ihn zum Gefaehrten Tybalts macht.
Dann wirst du hoffentlich zufrieden sein.

JULIA
Fuerwahr, ich werde nie mit Romeo
Zufrieden sein, erblick ich ihn nicht--tot--,
Wenn so mein Herz um einen Blutsfreund leidet.
Ach, faendet Ihr nur jemand, der ein Gift
Ihm reichte, gnaedge Frau; ich wollt es mischen,
Dass Romeo, wenn ers genommen, bald
In Ruhe schliefe.--Wie mein Herz es hasst,
Ihn nennen hoeren--und nicht zu ihm koennen,
Die Liebe, die ich zu dem Vetter trug,
An dem, der ihn erschlagen hat, zu buessen!

GRAeFIN CAPULET
Findst du das Mittel, find ich wohl den Mann.
Doch bring ich jetzt dir frohe Zeitung, Maedchen.

JULIA
In so bedraengter Zeit kommt Freude recht.
Wie lautet sie, ich bitt Euch, gnaedge Mutter?

GRAeFIN CAPULET
Nun Kind, du hast 'nen aufmerksamen Vater:
Um dich von deinem Truebsinn abzubringen,
Ersann er dir ein ploetzlich Freudenfest,
Des ich so wenig mich versah wie du.

JULIA
Ei, wie erwuenscht!  Was waer das, gnaedge Mutter?

GRAeFIN CAPULET
Ja, denk dir, Kind, am Donnerstag fruehmorgens
Soll der hochedle, wackre junge Herr,
Graf Paris, in Sankt Peters Kirche dich
Als frohe Braut an den Altar geleiten.

JULIA
Nun, bei Sankt Peters Kirch und Petrus selbst,
Er soll mich nicht als frohe Braut geleiten!
Mich wundert diese Eil, dass ich vermaehlt
Muss werden, eh mein Freier kommt zu werben.
Ich bitt Euch, gnaedge Frau, sagt meinem Vater
Und Herrn, ich wollte noch mich nicht vermaehlen,
Und wenn ichs tue, schwoer ich: Romeo,
Von dem Ihr wisst, ich hass ihn, soll es lieber
Als Paris sein.--Fuerwahr, das ist wohl Zeitung!

GRAeFIN CAPULET
Da kommt dein Vater, sag du selbst ihm das,
Sieh, wie er sichs von dir gefallen laesst.

(Capulet und die Waerterin kommen.)

CAPULET
Die Luft sprueht Tau beim Sonnenuntergang,
Doch bei dem Untergange meines Neffen,
Da giesst der Regen recht.
Was?  Eine Traufe, Maedchen?  Stets in Traenen?
Stets Regenschauer?  In so kleinem Koerper
Spielst du auf einmal See und Wind und Kahn,
Denn deine Augen ebben stets und fluten
Von Traenen wie die See; dein Koerper ist der Kahn,
Der diese salzge Flut befaehrt; die Seufzer
Sind Winde, die, mit deinen Traenen tobend,
Wie die mit ihnen, wenn nicht Stille ploetzlich
Erfolgt, den hin und her geworfnen Koerper
Zertruemmern werden.--Nun, wie steht es, Frau?
Hast du ihr unsern Ratschluss hinterbracht?

GRAeFIN CAPULET
Ja, doch sie will es nicht, sie dankt Euch sehr.
Waer doch die Toerin ihrem Grab vermaehlt!

CAPULET
Sacht, rede deutlich, rede deutlich, Frau!
Was?  Will sie nicht?  Weiss sie uns keinen Dank?
Ist sie nicht stolz?  Schaetzt sie sich nicht beglueckt,
Dass wir solch einen wuerdgen Herrn vermocht,
Trotz ihrem Unwert, ihr Gemahl zu sein?

JULIA
Nicht stolz darauf, doch dankbar, dass Ihrs tatet.
Stolz kann ich nie auf das sein, was ich hasse,
Doch dankbar selbst fuer Hass, gemeint wie Liebe.

CAPULET
Ei seht mir, seht mir!  Kramst du Weisheit aus?
Stolz--und ich dank Euch--ner Schleife hin.
Pfui, du bleichsuechtges Ding, du lose Dirne!
Du Talggesicht!

GRAeFIN CAPULET
 O pfui!  Seid Ihr von Sinnen?

JULIA
Ich fleh Euch auf den Knien, mein guter Vater,
Hoert mit Geduld ein einzig Wort nur an!

CAPULET
Geh mir zum Henker, widerspenstge Dirne!
Ich sage dirs: zur Kirch auf Donnerstag,
Sonst komm mir niemals wieder vors Gesicht.
Sprich nicht!  Erwidre nicht!  Gib keine Antwort!
Die Finger jucken mir.  O Weib, wir glaubten
Uns kaum genug gesegnet, weil uns Gott
Dies eine Kind nur sandte; doch nun seh ich,
Dies eine war um eines schon zuviel,
Und nur ein Fluch ward uns in ihr beschert.
Du Hexe!

WAeRTERIN
 Gott im Himmel segne sie!
Eur Gnaden tun nicht wohl, sie so zu schelten.

CAPULET
Warum, Frau Weisheit?  Haltet Euern Mund,
Prophetin!  Schnattert mit Gevatterinnen!

WAeRTERIN
Ich sage keine Schelmstueck!

CAPULET
 Geht mit Gott!

WAeRTERIN
Darf man nicht sprechen?

CAPULET
 Still doch, altes Waschmaul!
Spart Eure Predigt zum Gevatterschmaus;
Hier brauchen wir sie nicht.

GRAeFIN CAPULET
 Ihr seid zu hitzig!

CAPULET
Gotts Sakrament, es macht mich toll!  Bei Tag,
Bei Nacht, spaet, frueh, allein und in Gesellschaft,
Zu Hause, draussen, wachend und im Schlaf,
War meine Sorge stets, sie zu vermaehlen.
Nun, da ich einen Herrn ihr ausgemittelt,
Von fuerstlicher Verwandtschaft, schoenen Guetern,
Jung, edel auferzogen, ausstaffiert,
Wie man wohl sagt, mit ritterlichen Gaben,
Kurz, wie man einen Mann sich wuenschen moechte,
Und dann ein albern, winselndes Geschoepf,
Ein weinerliches Pueppchen da zu haben,
Die, wenn ihr Glueck erscheint, zur Antwort gibt:
Heiraten will ich nicht, ich kann nicht lieben,
Ich bin zu jung, ich bitt, entschuldigt mich.--
Gut, willst du nicht, du sollst entschuldigt sein;
Gras', wo du willst, du sollst bei mir nicht hausen.
Sieh zu!  Bedenk!  Ich pflege nicht zu spassen.
Der Donnerstag ist nah: die Hand aufs Herz!
Und bist du mein, so soll mein Freund dich haben;
Wo nicht, geh, bettle, hungre, stirb am Wege!
Denn nie, bei meiner Seel, erkenn ich dich,
Und nichts, was mein, soll dir zugute kommen.
Bedenk dich!  Glaub, ich halte, was ich schwur!

(Ab.)

JULIA
Und wohnt kein Mitleid droben in den Wolken,
Das in die Tiefe meines Jammers schaut?
O suesse Mutter, stoss mich doch nicht weg!
Nur einen Monat, eine Woche Frist!
Wo nicht, bereite mir das Hochzeitsbette
In jener duestern Gruft, wo Tybalt liegt!

GRAeFIN CAPULET
Sprich nicht zu mir, ich sage nicht ein Wort.
Tu, was du willst, denn ich bin mit dir fertig.

(Ab.)

JULIA
O Gott!  Wie ist dem vorzubeugen, Amme?
Mein Gatt auf Erden, meine Treu im Himmel--
Wie soll die Treu zur Erde wiederkehren,
Wenn sie der Gatte nicht, der Erd entweichend,
Vom Himmel sendet?  Troeste, rate, hilf!
Weh, weh mir, dass der Himmel solche Tuecken
An einem sanften Wesen uebt wie mir!
Was sagst du?  Hast du kein erfreuend Wort,
Kein Wort des Trostes?

WAeRTERIN
 Meiner Seel, hier ists:
Er ist verbannt, und tausend gegen eins,
Dass er sich nimmer wieder her getraut,
Euch anzusprechen; oder taet ers doch,
So muesst es schlechterdings verstohlen sein.
Nun, weil denn so die Sachen stehn, so denk ich,
Das beste waer, dass Ihr den Grafen naehmt.
Ach, er ist solch ein allerliebster Herr!
Ein Lump ist Romeo nur gegen ihn.
Ein Adlersauge, Fraeulein, ist so grell,
So schoen, so feurig nicht, wie Paris seins.
Ich will verwuenscht sein, ist die zweite Heirat
Nicht wahres Glueck fuer Euch; weit vorzuziehn
Ist sie der ersten.  Oder waer sie's nicht?
Der erste Mann ist tot, so gut als tot;
Denn lebt er schon, habt Ihr doch nichts von ihm.

JULIA
Sprichst du von Herzen?

WAeRTERIN
 Und von ganzer Seele,
Sonst moege Gott mich strafen!

JULIA
 Amen!

WAeRTERIN
 Was?

JULIA
Nun ja, du hast mich wunderbar getroestet.
Geh, sag der Mutter, weil ich meinen Vater
Erzuernt, so woll ich nach Lorenzos Zelle,
Zu beichten und Vergebung zu empfangen.

WAeRTERIN
Gewiss, das will ich; Ihr tut weislich dran.

(Ab.)

JULIA
O alter Erzfeind, hoellischer Versucher!
Ists aergre Suende, so zum Meineid mich
Verleiten, oder meinen Gatten schmaehn
Mit eben dieser Zunge, die zuvor
Viel tausendmal ihn ohne Mass und Ziel
Gepriesen hat?--
Seht, wie sie froehlich aus der Beichte kommt!

(Julia tritt auf.)

CAPULET
Nun, Starrkopf?  Sag, wo bist herumgeschwaermt?

JULIA
Wo ich gelernt, die Suende zu bereun
Hartnaeckgen Ungehorsams gegen Euch
Und Eur Gebot, und wo der heilge Mann
Mir auferlegt, vor Euch mich hinzuwerfen,
Vergebung zu erflehn.--Vergebt, ich bitt Euch!
Von nun an will ich stets Euch folgsam sein.

CAPULET
Schickt nach dem Grafen, geht und sagt ihm dies.
Gleich morgen frueh will ich dies Band geknuepft sehn.

JULIA
Ich traf den jungen Grafen bei Lorenzo,
Und alle Huld und Lieb erwies ich ihm,
So das Gesetz der Zucht nicht uebertritt.

CAPULET
Nun wohl, das freut mich, das ist gut.--Steh auf!
So ist es recht.--Lasst mich den Grafen sehn.
Potztausend, geht, sag ich, und holt ihn her!--
So wahr Gott lebt, der wuerdge fromme Pater,
Von unsrer ganzen Stadt verdient er Dank.

JULIA
Kommt, Amme, wollt Ihr mit mir auf mein Zimmer?
Mir helfen Putz erlesen, wie Ihr glaubt,
Dass mir geziemt, ihn morgen anzulegen?

GRAeFIN CAPULET
Nein, nicht vor Donnerstag; es hat noch Zeit.

CAPULET
Geh mit ihr, Amme, morgen gehts zur Kirche.

(Julia und die Waerterin ab.)

GRAeFIN CAPULET
Die Zeit wird kurz zu unsrer Anstalt fallen;
Es ist fast Nacht.

CAPULET
 Blitz!  Ich will frisch mich ruehren,
Und alles soll schon gehn, Frau, dafuer steh ich.
Geh du zu Julien, hilf an ihrem Putz.
Ich gehe nicht zu Bett; lass mich gewaehren,
Ich will die Hausfrau diesmal machen.--Heda!--
Kein Mensch zur Hand?--Gut, ich will selber gehn
Zum Grafen Paris, um ihn anzutreiben
Auf morgen frueh; mein Herz ist maechtig leicht,
Seit dies verkehrte Maedchen sich besonnen.

(Capulet und die Graefin ab.)



DRITTE SZENE

(Juliens Kammer)

(Julia und die Waerterin.)


JULIA
Ja, dieser Anzug ist der beste.--Doch
Ich bitt dich, liebe Amme, lass mich nun
Fuer diese Nacht allein; denn viel Gebete
Tun not mir, um den Himmel zu bewegen,
Dass er auf meinen Zustand gnaedig laechle,
Der, wie du weisst, verderbt und suendlich ist.

(Graefin Capulet kommt.)

GRAeFIN CAPULET
Seid ihr geschaeftig?  Braucht ihr meine Huelfe?

JULIA
Nein, gnaedge Mutter, wir erwaehlten schon
Zur Tracht fuer morgen alles Zubehoer.
Gefaellt es Euch, so lasst mich jetzt allein
Und lasst zu Nacht die Amme mit Euch wachen,
Denn sicher habt Ihr alle Haende voll
Bei dieser eilgen Anstalt.

GRAeFIN CAPULET
 Gute Nacht!
Geh nun zu Bett und ruh; du hast es noetig.

(Graefin Capulet und die Waerterin ab.)

JULIA
Lebt wohl!--Gott weiss, wann wir uns wiedersehn.
Kalt rieselt matter Schau'r durch meine Adern,
Der fast die Lebenswaerm erstarren macht.
Ich will zurueck sie rufen mir zum Trost.
Amme!--Doch was soll sie hier?
Mein duestres Spiel muss ich allein vollenden.
Komm du, mein Kelch!--
Doch wie, wenn dieser Trank nun gar nichts wirkte,
Wird man dem Grafen mit Gewalt mich geben?
Nein, nein!  Dies solls verwehren.  Lieg du hier!--

(Sie legt einen Dolch neben sich.)

Wie?  Waer es Gift, das mir mit schlauer Kunst
Der Moench bereitet, mir den Tod zu bringen,
Auf dass ihn diese Heirat nicht entehre,
Weil er zuvor mich Romeo vermaehlt?
So, fuercht ich, ists!--Doch duenkt mich, kanns nicht sein,
Denn er ward stets ein frommer Mann erfunden.
Ich will nicht Raum so boesem Argwohn geben.
Wie aber, wenn ich, in die Gruft gelegt,
Erwache vor der Zeit, da Romeo
Mich zu erloesen kommt?  Furchtbarer Fall!
Werd ich dann nicht in dem Gewoelb ersticken,
Des giftger Mund nie reine Luefte einhaucht,
Und so erwuergt da liegen, wann er kommt?
Und leb ich auch, koennt es nicht leicht geschehn,
Dass mich das grause Bild von Tod und Nacht
Zusammen mit den Schrecken jenes Ortes
Dort im Gewoelb in alter Katakombe,
Wo die Gebeine aller meiner Ahnen
Seit vielen hundert Jahren aufgehaeuft,
Wo frisch beerdigt erst der blutge Tybalt
Im Leichentuch verwest; wo, wie man sagt,
In mitternaechtger Stunde Geister hausen--
Weh, weh!--koennt es nicht leicht geschehn, dass ich,
Zu frueh erwachend--und nun ekler Dunst,
Gekreisch wie von Alraunen, die man aufwuehlt,
Das Sterbliche, die's hoeren, sinnlos macht--
Oh, wach ich auf, werd ich nicht rasend werden,
Umringt von all den greuelvollen Schrecken,
Und toll mit meiner Vaeter Gliedern spielen?
Und Tybalt aus dem Leichentuche zerren?
Und in der Wut mit irgendeines Ahnherrn
Gebein zerschlagen mein zerruettet Hirn?
O da!  Mich duenkt, ich sehe Tybalts Geist!
Er spaeht nach Romeo, der seinen Leib
Auf einen Degen spiesste.--Tybalt, halt!--
Ich komme, Romeo!  Dies trink ich dir!

([Sie trinkt und] wirft sich auf das Bett.)



VIERTE SZENE

(Ein Saal in Capulets Hause)

(Graefin Capulet und die Waerterin.)


GRAeFIN CAPULET
Da, nehmt die Schluessel, holt noch mehr Gewuerz!

WAeRTERIN
Sie wollen Quitten und Orangen haben
Fuer ihre Baeckerei.

(Capulet kommt.)

CAPULET
Auf, ruehrt euch, frisch!  Schon kraeht der zweite Hahn,
Die Morgenglocke laeutet; 's ist drei Uhr.
Sieh nach dem Backwerk, Frau Angelika,
Spar nichts daran!

WAeRTERIN
 Topfgucker!  Geht nur, geht!
Macht Euch zu Bett!  Ja, Ihr seid morgen krank,
Wenn Ihr die ganze Nacht nicht schlaf!

CAPULET
Kein bisschen!  Was!  Ich hab um Kleiners wohl
Die Naechte durchgewacht und war nie krank.

GRAeFIN CAPULET
Ja, ja!  Ihr wart ein feiner Vogelsteller
Zu Eurer Zeit!  Nun aber will ich Euch
Vor solchem Wachen schon bewachen.

(Graefin und Waerterin ab.)

CAPULET
O Ehestand, o Wehestand!  Nun, Kerle!

(Diener mit Bratspiessen, Scheiten und Koerben treten auf.)

Was bringt ihr da!

(Diener mit Bratspiessen, Scheiten und Koerben gehn ueber die Buehne.)

ERSTER DIENER
's ist fuer den Koch, Herr; was, das weiss ich nicht.

CAPULET
Macht zu, macht zu!

(Erster Diener ab.)

 Hol trockne Kloetze, Bursch!
Ruf Petern, denn der weiss es, wo sie sind.

ZWEITER DIENER
Braucht Ihr 'nen Klotz, Herr, bin ich selber da
Und hab nicht noetig, Petern anzugehn.

(Ab.)

CAPULET
Blitz!  Gut gesagt!  Ein lustger Teufel!  ha,
Du sollst das Haupt der Kloetze sein.--Wahrhaftig,
's ist Tag; der Graf wird mit Musik gleich kommen.
Das woll er, sagt' er ja; ich hoer ihn schon.

(Musik hinter der Szene.)

Frau!  Waerterin!  He, sag ich, Waerterin!

(Die Waerterin kommt.)

Weckt Julien auf!  Geht, putzt sie mir heraus!
Ich geh indes und plaudre mit dem Grafen.
Eilt Euch, macht fort!  Der Braeutgam ist schon da.
Fort, sag ich Euch.

(Beide ab.)



FUeNFTE SZENE

(Juliens Kammer)

(Julia auf dem Bett.  Die Waerterin kommt.)


WAeRTERIN
Fraeulein!--Nun, Fraeulein!  Julia!--Nun, das schlaeft!
He, Lamm!  He, Fraeulein!  Pfui, Langschlaeferin!
Mein Schaetzchen, sag ich!  Suesses Herz!  Mein Braeutchen!
Was, nicht ein Laut?  Ihr nehmt Eur Teil voraus,
Schlaft fuer 'ne Woche; denn ich steh dafuer,
Auf naechste Nacht hat seine Ruh Graf Paris
Daran gesetzt, dass wenig Ruh Ihr habt!
Behuet der Herr sie!  Wie gesund sie schlaeft!
Ich muss sie aber wecken.--Fraeulein!  Fraeulein!
Lasst Euch den Grafen nur im Bett ertappen,
Der wird Euch schon ermuntern; meint Ihr nicht?--
Was, schon in vollen Kleidern?  Und so wieder
Sich hingelegt?  Ich muss durchaus Euch wecken.
He, Fraeulein!  Fraeulein!  Fraeulein!--
Dass Gott, dass Gott!  Zu Huelfe!  Sie ist tot!
Ach, liebe Zeit!  Dass ich je ward geboren!
Bringt Weingeist, he!  He, gnaedger Herr!  Frau Graefin!

(Grafin Capulet kommt.)

GRAeFIN CAPULET
Was ist das fuer ein Laerm?

WAeRTERIN
 O Unglueckstag!

GRAeFIN CAPULET
Was gibts?

WAeRTERIN
 Seht, seht nur!  O betruebter Tag!

GRAeFIN CAPULET
O weh, o weh!  Mein Kind, mein einzig Leben!
Erwach, leb auf, ich sterbe sonst mit dir!
O Huelfe, Huelfe!  Ruft doch Huelfe!

(Capulet kommt.)

CAPULET
Schaemt euch!  Bringt Julien her!  Der Graf ist da.

WAeRTERIN
Ach sie ist tot, verblichen, tot!  O wehe!

GRAeFIN CAPULET
O wehe, wehe, sie ist tot, tot, tot!

CAPULET
Lasst mich sie sehn!--Gott helf uns!  Sie ist kalt,
Ihr Blut steht still, die Glieder sind ganz starr,
Von diesen Lippen schied das Leben laengst,
Der Tod liegt auf ihr, wie ein Maienfrost
Auf des Gefildes schoenster Blume liegt.
Fluch dieser Stund!  Ich armer alter Mann!

WAeRTERIN
O Unglueckstag!

GRAeFIN CAPULET
 O jammervolle Stunde!

CAPULET
Der Tod, der mir sie nahm, mir Klagen auszupressen,
Er bindet meine Zung und macht sie stumm.

(Bruder Lorenzo, Graf Paris und Musikanten treten auf.)

LORENZO
Kommt!  Ist die Braut bereit zur Kirch zu gehn?

CAPULET
Bereit zu gehn, um nie zurueckzukehren.--
O Sohn, die Nacht vor deiner Hochzeit buhlte
Der Tod mit deiner Braut.  Sieh, wie sie liegt,
Die Blume, die in seinem Arm verbluehte.
Mein Eidam ist der Tod, der Tod mein Erbe;
Er freite meine Tochter.  Ich will sterben,
Ihm alles lassen; wer das Leben laesst,
Der laesst dem Tode alles.

PARIS
Hab ich nach dieses Morgens Licht geschmachtet,
Und bietet es mir solchen Anblick dar?

GRAeFIN CAPULET
Unseliger, verhasster, schwarzer Tag!
Der Stunden jammervollste, so die Zeit
Seit ihrer langen Pilgerschaft gesehn.
Nur eins, ein einzig armes, liebes Kind,
Ein Wesen nur, mich dran zu freun, zu laben--
Und grausam riss es nun der Tod mir weg!

WAeRTERIN
O Weh!  O Jammer--Jammer--Sachen hier sehn gar erbaermlich aus.

(Ab.)

[ZWEITER] ERSTER MUSIKANT (zeigt auf sein Instrument.)
Ja, meiner Treu, die Sachen hier koennten wohl besser aussehen,
aber sie klingen doch gut.

{Im Original bezieht der Musiker den Ausspruch der Amme aufgrund
der Doppeldeutigkeit des Wortes "case" (Sache, Kasten) auf den
Kasten fuer sein Instrument: "Ja, bei meiner Treu, den Kasten kann
man doch ausbessern."}

PETER
O Musikanten, Musikanten, spielt:
"Frisch auf, mein Herz!  Frisch auf, mein Herz, und singe!"
O spielt, wenn euch mein Leben lieb ist, spielt:
"Frisch auf, mein Herz!"

ERSTER MUSIKANT
Warum: "Frisch auf, mein Herz?"

PETER
O Musikanten, weil mein Herz selber spielt: "Mein Herz voll Angst
und Noeten." O spielt mir eine lustige Litanei, um mich aufzurichten.

[ZWEITER] ERSTER MUSIKANT
Nichts da von Litanei!  Es ist jetzt nicht Spielens Zeit.

PETER
Ihr wollt es also nicht?

[MUSIKANTEN] ERSTER MUSIKANT
Nein.

PETER
Nun, so will ich es euch schon [eintraenken] gruendlich geben.

ERSTER MUSIKANT
Was wollt Ihr uns [eintraenken] geben?

PETER
[Keinen Wein] Kein Geld, wahrhaftig; sondern Spott,--ich werde
es euch geben, indem ich euch als Spielmaenner beschimpfe.

ERSTER MUSIKANT
Dann werde ich Euch eine Dienstboten-Kreatur nennen.

PETER
Dann wird Euer Schaedel den Dolch dieser Dienstboten-Kreatur zu
spueren bekommen.  Ich dulde solche Toene nicht: [ich will euch eure
Instrumente um den Kopf schlagen.] Ich will euch befa-sol-laen.
Das notiert euch!

ERSTER MUSIKANT
Wenn Ihr uns befa-sol-laet, so notiert Ihr uns.

ZWEITER MUSIKANT
Bitte steckt Euren Dolch ein und zieht Euren Witz hervor.

PETER
Dann legt euch mit meinem Witz an!  Ich werde euch mit eisernem
Witz verbleuen und meinen eisernen Dolch einstecken.--
[Hoert, spannt mir einmal eure Schafskoepfe wie die Schafsdaerme an
euren Geigen.] Antwortet verstaendlich: Wenn in der Leiden hartem Drang
Das bange Herze will erliegen,
Musik mit ihrem Silberklang--Warum "Silberklang"?  warum "Musik
mit ihrem Silberklang"?  Was sagt Ihr, Hans Kolophonium?

ERSTER MUSIKANT
Ei nun, Musje, weil Silber einen feinen Klang hat.

PETER
Recht artig!  Was sagt Ihr, Michel Hackebrett?

ZWEITER MUSIKANT
Ich sage "Silberklang", weil Musik nur fuer Silber klingt.

PETER
Auch recht artig!  Was sagt Ihr, Jakob Gellohr?

DRITTER MUSIKANT
Mein Seel, ich weiss nicht, was ich sagen soll.

PETER
Oh, ich bitt Euch um Vergebung!  Ihr seid der Saenger, Ihr singt
nur; so will ich es denn fuer Euch sagen.  Es heisst "Musik mit
ihrem Silberklang", weil solche Kerle wie Ihr kein Gold fuers
Spielen kriegen!  Musik mit ihrem Silberklang
Weiss huelfreich ihnen obzusiegen.

(Geht [singend] ab.)

ERSTER MUSIKANT
Was fuer ein Pestkerl ist das?

ZWEITER MUSIKANT
Hol ihn der Henker!  Kommt, wir wollen hier hineingehn, auf
die Trauerleute warten und sehen, ob es nichts zu essen gibt.

(Alle ab.)




FUeNFTER AKT



ERSTE SZENE

(Mantua.  Eine Strasse)

(Romeo tritt auf.)


ROMEO
Darf ich dem Schmeichelblick des Schlafes traun,
So deuten meine Traeum ein nahes Glueck.
Leicht auf dem Thron sitzt meiner Brust Gebieter;
Mich hebt ein ungewohnter Geist mit frohen
Gedanken diesen ganzen Tag empor.
Mein Maedchen, traeumt ich, kam und fand mich tot
--Seltsamer Traum, der Tote denken laesst!--
Und hauchte mir solch Leben ein mit Kuessen,
Dass ich vom Tod erstand und Kaiser war.
Ach Herz!  Wie suess ist Liebe selbst begabt,
Da schon so reich an Freud ihr Schatten ist!

(Balthasar tritt auf.)

Ha, Neues von Verona!  Sag, wie stehts?
Bringst du vom Pater keine Briefe mit?
Was macht mein teures Weib?  Wie lebt mein Vater?
Ist meine Julie wohl?  Das frag ich wieder,
Denn nichts kann uebel stehn, gehts ihr nur wohl.

BALTHASAR
Nun, ihr gehts wohl, und nichts kann uebel stehn.
Ihr Koerper schlaeft in Capulets Begraebnis,
Und ihr unsterblich Teil lebt bei den Engeln.
Ich sah sie senken in der Vaeter Gruft
Und ritt in Eil hieher, es Euch zu melden.
O Herr, verzeiht die schlimme Botschaft mir,
Weil Ihr dazu den Auftrag selbst mir gabt!

ROMEO
Ist es denn so?  Ich biet euch Trotz, ihr Sterne!--
Du kennst mein Haus, hol mir Papier und Tinte
Und miete Pferde; ich will fort zu Nacht.

BALTHASAR
Verzeiht, ich darf Euch so nicht lassen, Herr!
Ihr seht so blass und wild, und Eure Blicke
Weissagen Unglueck.

ROMEO
 Nicht doch, du betruegst dich.
Lass mich und tu, was ich dich heisse tun.
Hast du fuer mich vom Pater keine Briefe?

BALTHASAR
Nein, bester Herr.

ROMEO
 Es tut nichts; mach dich auf
Und miete Pferd', ich komme gleich nach Haus.

(Balthasar ab.)

Wohl, Julia, heute nacht ruh ich bei dir.
Ich muss auf Mittel sinnen.--O wie schnell
Draengt Unheil sich in der Verzweiflung Rat!
Mir faellt ein Apotheker ein; er wohnt
Hier irgendwo herum.--Ich sah ihn neulich,
Zerlumpt, die Augenbrauen ueberhangend;
Er suchte Kraeuter aus; hohl war sein Blick,
Ihn hatte herbes Elend ausgemergelt.
Ein Schildpatt hing in seinem duerftgen Laden,
Ein ausgestopftes Krokodil und Haeute
Von missgestalten Fischen; auf dem Sims
Ein bettelhafter Prunk von leeren Buechsen
Und gruene Toepfe, Blasen, muffger Samen,
Bindfaden-Endchen, alte Rosenkuchen,
Das alles duenn verteilt, zur Schau zu dienen.
Betrachtend diesen Mangel, sagt ich mir:
Beduerfte jemand Gift hier, des Verkauf
In Mantua sogleich zum Tode fuehrt,
Da lebt ein armer Schelm, ders ihm verkaufte.
Oh, der Gedanke zielt' auf mein Beduerfnis,
Und dieser duerftge Mann muss mirs verkaufen.
Soviel ich mich entsinn, ist dies das Haus.
Weils Festtag ist, schloss seinen Kram der Bettler.
Hei Holla!  Apotheker!

(Der Apotheker kommt heraus.)

APOTHEKER
 Wer ruft so laut?

ROMEO
Mann, komm hieher!--erregt mir Schrecken.

(Entfernt sich.)

ROMEO
O du verhasster Schlund, du Bauch des Todes,
Der du der Erde Koestlichstes verschlangst,
So brech ich deine morschen Kiefer auf

(Er bricht die Tuer des Grabmals auf.)

Und will, zum Trotz, noch mehr dich ueberfuellen.

(Er bricht die Tuer des Gewoelbes auf.)

PARIS
Ha, der verbannte, stolze Montague,
Der Juliens Vetter mordete; man glaubt,
An diesem Grame starb das holde Wesen.
Hier kommt er jetzt, um niedertraechtgen Schimpf
Den Leichen anzutun; ich will ihn greifen!

(Tritt hervor.)

Lass dein verruchtes Werk, du Montague!
Wird Rache uebern Tod hinaus verfolgt?
Verdammter Bube, ich verhafte dich;
Gehorch und folge mir, denn du musst sterben.

ROMEO
Fuerwahr, das muss ich; darum kam ich her.
Versuch nicht, guter Juengling, den Verzweifelnden!
Entflieh und lass mich; denke dieser Toten!
Lass sie dich schrecken!--Ich beschwoer dich, Juengling,
Lad auf mein Haupt nicht eine neue Suende,
Wenn du zur Wut mich reizest; geh, o geh,
Bei Gott, ich liebe mehr dich wie mich selbst,
Denn gegen mich gewaffnet komm ich her.
Fort, eile, leb und nenn barmherzig ihn,
Den Rasenden, der dir gebot zu fliehn!

PARIS
Ich kuemmre mich um dein Beschwoeren nicht
Und greife dich als Missetaeter hier.

ROMEO
Willst du mich zwingen?  Knabe, sieh dich vor!

(Sie fechten.)

PAGE
Sie fechten!  Gott, ich will die Wache rufen.

PARIS
O ich bin hin!--

(Faellt.)

 Hast du Erbarmen, oeffne
Die Gruft und lege mich zu Julien.

(Er stirbt.)

ROMEO
Auf Ehr, ich wills.--Lasst sein Gesicht mich schaun.
Mercutios edler Vetter ists, Graf Paris.
Was sagte doch mein Diener, weil wir ritten,
Als die bestuermte Seel es nicht vernahm?
Ich glaube, Julia habe sich mit Paris
Vermaehlen sollen: sagt' er mir nicht so?
Wie, oder traeumt ichs?  Oder bild ichs mir
Im Wahnsinn ein, weil er von Julien sprach?
O gib mir deine Hand, du, so wie ich,
Ins Buch des herben Ungluecks eingezeichnet!
Ich bette dich in eine stolze Gruft.
Doch Gruft?  Nein, helle Woelbung, Jungerschlagner!
Denn hier liegt Julia: ihre Schoenheit macht
Dies Grab zur Feierhalle voll von Licht.
Toter, lieg da, von totem Mann begraben!

(Er legt Paris in das Begraebnis.)

Wie oft sind Menschen, schon des Todes Raub,
Noch froehlich worden!  Ihre Waerter nennens
Den letzten Lebensblitz.  Wohl mag nun dies
Ein Blitz mir heissen.--O mein Herz!  Mein Weib!
Der Tod, der deines Odems Balsam sog,
Hat ueber deine Schoenheit nichts vermocht.
Noch bist du nicht besiegt; der Schoenheit Fahne
Weht purpurn noch auf Lipp und Wange dir;
Hier pflanzte nicht der Tod sein bleiches Banner.--
Liegst du da, Tybalt, in dem blutgen Tuch?
O welchen groessern Dienst kann ich dir tun,
Als mit der Hand, die deine Jugend faellte,
Des Jugend, der dein Feind war, zu zerreissen?
Vergib mir, Vetter!--Liebe Julia,
Warum bist du so schoen noch?  Soll ich glauben,
Der koerperlose Tod entbrenn in Lieb
Und der verhasste, hagre Unhold halte
Als seine Buhle hier im Dunkeln dich?
Aus Furcht davor will ich dich nie verlassen
Und will aus diesem Palast dichter Nacht
Nie wieder weichen.  Hier, hier will ich bleiben
Mit Wuermern, so dir Dienerinnen sind.
O hier bau ich die ewge Ruhstatt mir
Und schuettle von dem lebensmueden Leibe
Das Joch feindseliger Gestirne.--Augen,
Blickt euer Letztes!  Arme, nehmt die letzte
Umarmung!  Und, o Lippen, ihr, die Tore
Des Odems, siegelt mit rechtmaessgem Kusse
Den ewigen Vertrag dem Wuchrer Tod.
Komm, bittrer Fuehrer, widriger Gefaehrt,
Verzweifelter Pilot!  Nun treib auf einmal
Dein sturmerkranktes Schiff in Felsenbrandung!
Dies auf dein Wohl, wo du auch stranden magst!
Dies meiner Lieben!--

(Er trinkt.)

 O wackrer Apotheker,
Dein Trank wirkt schnell.--Und so im Kusse sterb ich.

(Er stirbt, Bruder Lorenzo kommt vom andern Ende des Kirchhofes
mit Laterne Brecheisen und Spaten.)

LORENZO
Helf mir Sankt Franz!  Wie oft sind ueber Graeber
Nicht meine alten Fuesse heut gestolpert.
Wer ist da?
Wer ists, der noch so spaet zu Toten geht?

{"Who is it that consorts, so late, the dead?" Dieser Vers findet
sich in der Fassung des "Project Gutenberg Shakespeare Team's",
fehlt aber in allen anderen mir bekannten Ausgaben.}

BALTHASAR
Ein Freund, und einer, dem Ihr wohl bekannt.

LORENZO
Gott segne dich!  Sag mir, mein guter Freund,
Welch eine Fackel ists, die dort ihr Licht
Umsonst den Wuermern leiht und blinden Schaedeln?
Mir scheint, sie brennt in Capulets Begraebnis.

BALTHASAR
Ja, wuerdger Pater, und mein Herr ist dort,
Ein Freund von Euch.

LORENZO
 Wer ist es?

BALTHASAR
 Romeo.

LORENZO
Wie lange schon?

BALTHASAR
 Voll eine halbe Stunde.

LORENZO
Geh mit mir zu der Gruft!

BALTHASAR
 Ich darf nicht, Herr.
Mein Herr weiss anders nicht, als ich sei fort,
Und drohte furchtbarlich den Tod mir an,
Blieb ich, um seinen Vorsatz auszuspaehn.

LORENZO
So bleib, ich geh allein.--Ein Graun befaellt mich;
Oh, ich befuerchte sehr ein schlimmes Unglueck!

BALTHASAR
Derweil ich unter dieser Eibe schlief,
Traeumt ich, mein Herr und noch ein andrer foechten,
Und er erschluege jenen.

LORENZO
 Romeo?

(Er geht weiter nach vorn.)

O wehe, weh mir!  Was fuer Blut befleckt
Die Steine hier an dieses Grabmals Schwelle?
Was wollen diese herrenlosen Schwerter,
Dass sie verfaerbt hier liegen an der Staette
Des Friedens?

(Er geht in das Begraebnis.)

 Romeo?--Ach, bleich!--Wer sonst?
Wie?  Paris auch?  Und in sein Blut getaucht?
O welche unmitleidge Stund ist schuld
An dieser klaeglichen Begebenheit?--
Das Fraeulein regt sich.

JULIA (erwachend.)
O Trostesbringer!  Wo ist mein Gemahl?
Ich weiss recht gut noch, wo ich sollte sein;
Da bin ich auch.  Wo ist mein Romeo?

(Geraeusch von Kommenden.)

LORENZO
Ich hoere Laerm.--Kommt, Fraeulein, flieht die Grube
Des Tods, der Seuchen, des erzwungnen Schlafs;
Denn eine Macht, zu hoch dem Widerspruch,
Hat unsern Rat vereitelt.  Komm, o komm!
Dein Gatte liegt an deinem Busen tot,
Und Paris auch; komm, ich versorge dich
Bei einer Schwesternschaft von heilgen Nonnen.
Verweil mit Fragen nicht; die Wache kommt.
Geh, gutes Kind!

(Geraeusch hinter der Szene.)

 Ich darf nicht laenger bleiben.

(Ab.)

JULIA
Geh nur, entweich, denn ich will nicht von hinnen.--

(Bruder Lorenzo geht ab.)

Was ist das hier?  Ein Becher, festgeklemmt
In meines Trauten Hand?--Gift, seh ich, war
Sein Ende vor der Zeit.--O Boeser!  Alles
Zu trinken, keinen guetgen Tropfen mir
Zu goennen, der mich zu dir braecht?--Ich will
Dir deine Lippen kuessen.  Ach, vielleicht
Haengt noch ein wenig Gift daran und laesst mich
An einer Labung sterben.

(Sie kuesst ihn.)

 Deine Lippen
Sind warm.

ERSTER WAeCHTER (hinter der Szene.)
 Wo ist es, Knabe?  Fuehr uns!

JULIA
Wie?  Laerm?--Dann schnell nur!

(Sie ergreift Romeos Dolch.)

 O willkommner Dolch!

(Sie ergreift Romeos Dolch.)

Dies werde deine Scheide.

(Ersticht sich.)

 Roste da
Und lass mich sterben!

(Sie faellt auf Romeos Leiche und stirbt.
Waechter mit dem Pagen des Paris.)

PAGE
Dies ist der Ort, da, wo die Fackel brennt.

ERSTER WAeCHTER
Der Boden ist voll Blut; durchsucht den Kirchhof,
Ein paar von euch; geht, greifet, wen ihr trefft.

(Einige von der Wache ab.)

Betruebt zu sehn!  Hier liegt der Graf erschlagen,
Und Julia blutend, warm und kaum verschieden,
Die schon zwei Tage hier begraben lag.--
Geht, sagts dem Fuersten!  Weckt die Capulets!
Lauft zu den Montagues!  Ihr andern sucht!

(Andre Waechter ab.)

Wir sehn den Grund, der diesen Jammer traegt;
Allein den wahren Grund des bittern Jammers
Erfahren wir durch naeh're Kundschaft nur.

(Einige von der Wache kommen mit Balthasar zurueck.)

ZWEITER WAeCHTER
Hier ist der Diener Romeos; wir fanden
Ihn auf dem Kirchhof.

ERSTER WAeCHTER
Bewahrt ihn sicher, bis der Fuerst erscheint!

([Ein andrer] Andere Waechter kommen zurueck mit Lorenzo.)

DRITTER WAeCHTER
Hier ist ein Moench, der zittert, weint und aechzt;
Wir nahmen ihm den Spaten und die Haue,
Als er von jener Seit des Kirchhofs kam.

ERSTER WAeCHTER
Verdaechtges Zeichen!  Haltet auch den Moench!

(Der Prinz und sein Gefolge.)

PRINZ
Was fuer ein Unglueck ist so frueh schon wach,
Das Uns aus Unsrer Morgenruhe stoert?

(Capulet, Graefin Capulet und andre kommen.)

CAPULET
Was ists, dass draussen so die Leute schrein?

GRAeFIN CAPULET
Das Volk ruft auf den Strassen: "Romeo"
Und "Julia" und "Paris"; alles rennt
Mit lautem Ausruf unserm Grabmal zu.

PRINZ
Welch Schrecken ists, das Unser Ohr betaeubt?

ERSTER WAeCHTER
Durchlauchtger Herr, entleibt liegt hier Graf Paris;
Tot Romeo; und Julia, tot zuvor,
Noch warm und erst getoetet.

PRINZ
Sucht, spaeht, erforscht die Taeter dieser Greuel!

ERSTER WAeCHTER
Hier ist ein Moench und Romeos Bedienter;
Man fand Geraet bei ihnen, das die Graeber
Der Toten aufzubrechen dient.

CAPULET
 O Himmel!
O Weib!  Sieh hier, wie unsre Tochter blutet.
Der Dolch hat sich verirrt; sieh seine Scheide
Liegt ledig auf dem Ruecken Montagues,
Er selbst steckt fehl in unsrer Tochter Busen.

GRAeFIN CAPULET
O weh mir!  Dieser Todesanblick mahnt
Wie Grabgelaeut mein Alter an die Grube.

(Montague und andre kommen.)

PRINZ
Komm, Montague!  Frueh hast du dich erhoben,
Um frueh gefallen deinen Sohn zu sehn.

MONTAGUE
Ach, gnaedger Fuerst, mein Weib starb diese Nacht;
Gram um des Sohnes Bann entseelte sie.
Welch neues Leid bricht auf mein Alter ein?

PRINZ
Schau hin, und du wirst sehn.

MONTAGUE
O Ungeratner!  Was ist das fuer Sitte,
Vor deinem Vater dich ins Grab zu draengen?

PRINZ
Versiegelt noch den Mund des Ungestuems,
Bis wir die Dunkelheiten aufgehellt
Und ihren Quell und wahren Ursprung wissen.
Dann will ich Eurer Leiden Hauptmann sein
Und selbst zum Tod Euch fuehren.--Still indes!
Das Missgeschick sei Sklave der Geduld. -
Fuehrt die verdaechtigen Personen vor!

LORENZO
Mich trifft, obschon den Unvermoegendsten,
Am meisten der Verdacht des grausen Mordes,
Weil Zeit und Ort sich gegen mich erklaert.
Hier steh ich, mich verdammend und verteidgend,
Der Klaeger und der Anwalt meiner selbst.

PRINZ
So sag ohn Umschweif, was du hievon weisst!

LORENZO
Kurz will ich sein, denn kurze Frist des Atems
Versagt gedehnte Reden. Romeo,
Der tot hier liegt, war dieser Julia Gatte,
Und sie, die tot hier liegt, sein treues Weib.
Ich traute heimlich sie, ihr Hochzeittag
War Tybalts letzter, des unzeitger Tod
Den jungen Gatten aus der Stadt verbannte;
Und Julia weint' um ihn, nicht um den Vetter.
Ihr, um den Gram aus ihrer Brust zu treiben,
Verspracht und wolltet sie dem Grafen Paris
Vermaehlen mit Gewalt.  Da kommt sie zu mir
Mit wildem Blick, heisst mich auf Mittel sinnen,
Um dieser zweiten Heirat zu entgehn,
Sonst wollt in meiner Zelle sie sich toeten.
Da gab ich, so belehrt durch meine Kunst,
Ihr einen Schlaftrunk; er bewies sich wirksam
Nach meiner Absicht, denn er goss den Schein
Des Todes ueber sie.  Indessen schrieb ich
An Romeo, dass er sich herbegaebe
Und huelf aus dem erborgten Grab sie holen
In dieser Schreckensnacht, als um die Zeit,
Wo jenes Trankes Kraft erloesche.  Doch
Den Traeger meines Briefs, den Bruder Markus,
Hielt Zufall auf, und gestern abend bracht er
Ihn mir zurueck.  Nun ging ich ganz allein
Um die bestimmte Stunde des Erwachens,
Sie zu befrein aus ihrer Ahnen Gruft,
Und dacht in meiner Zelle sie zu bergen,
Bis ich es Romeo berichten koennte.
Doch wie ich kam, Minuten frueher nur,
Eh sie erwacht', fand ich hier tot zu frueh
Den treuen Romeo, den edlen Paris.
Jetzt wacht' sie auf; ich bat sie, fortzugehn
Und mit Geduld des Himmels Hand zu tragen;
Doch da verscheucht' ein Laerm mich aus der Gruft.
Sie, in Verzweiflung, wollte mir nicht folgen
Und tat, so scheints, sich selbst ein Leides an.
Dies weiss ich nur; und ihre Heirat war
Der Waerterin vertraut.  Ist etwas hier
Durch mich verschuldet, lasst mein altes Leben,
Nur wenig Stunden vor der Zeit, der Haerte
Des strengsten Richterspruchs geopfert werden.

PRINZ
Wir kennen dich als einen heilgen Mann.--
Wo ist der Diener Romeos?  Was sagt er?

BALTHASAR
Ich brachte meinem Herrn von Juliens Tod
Die Zeitung, und er ritt von Mantua
In Eil zu diesem Platz, zu diesem Grabmal.
Den Brief hier gab er mir fuer seinen Vater,
Und drohte Tod mir, als er in die Gruft ging,
Wo ich mich nicht entfernt und dort ihn liesse.

PRINZ
Gib mir den Brief; ich will ihn ueberlesen.--
Wo ist der Bub des Grafen, der die Wache
Geholt?--Sag, Bursch, was machte hier dein Herr?

PAGE
Er kam, um Blumen seiner Braut aufs Grab
Zu streun, und hiess mich fern stehn, und das tat ich.
Drauf naht' sich wer mit Licht, das Grab zu oeffnen,
Und gleich zog gegen ihn mein Herr den Degen;
Alsbald lief ich davon und holte Wache.

PRINZ
Hier dieser Brief bewaehrt das Wort des Moenchs,
Den Liebesbund, die Zeitung ihres Todes;
Auch schreibt er, dass ein armer Apotheker
Ihm Gift verkauft, womit er gehen wolle
Zu Juliens Gruft, um neben ihr zu sterben.--
Wo sind sie, diese Feinde?--Capulet, Montague!
Seht, welch ein Fluch auf eurem Hasse ruht,
Dass Liebe eure Freuden toeten muss!
Und ich, weil ich dem Zwiespalt nachgesehn,
Verlor auch zwei Verwandte.  Alle buessen.

CAPULET
O Bruder Montague, gib mir die Hand!
Das ist das Leibgedinge meiner Tochter,
Denn mehr kann ich nicht fordern.

MONTAGUE
 Aber ich
Vermag dir mehr zu geben; denn ich will
Aus klarem Gold ihr Bildnis fertgen lassen.
Solang Verona seinen Namen traegt,
Komm nie ein Bild an Wert dem Bilde nah
Der treuen, liebevollen Julia.

CAPULET
So reich will ich es Romeo bereiten.
O arme Opfer unsrer Zwistigkeiten!

PRINZ
Nur duestern Frieden bringt uns dieser Morgen;
Die Sonne scheint, verhuellt vor Weh, zu weilen.
Kommt, offenbart mir ferner, was verborgen,
Ich will dann strafen oder Gnad erteilen,
Denn nie verdarben Liebende noch so
Wie diese: Julia und ihr Romeo.

(Alle ab.)



Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Romeo und Julia, von
William Shakespeare (Uebersetzt von August Wilhelm von Schlegel)





*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, ROMEO UND JULIA ***

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