Skip to main content

Full text of "Rumänische Volkslieder und Balladen"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as part of a projcct 

to make the world's books discoverablc onlinc. 

It has survived long enough for the copyright to cxpirc and thc book to cntcr thc public domain. A public domain book is one that was never subjcct 

to copyright or whose legał copyright term has expircd. Whcthcr a book is in thc public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discovcr. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journcy from thc 

publishcr to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken steps to 
prevent abuse by commcrcial partics, including placing lechnical rcstrictions on automated querying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
person al, non-commercial purposes. 

+ Refrainfinm automated ąuerying Do not send automated querics of any sort to Google's system: If you are conducting research on machinę 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encourage the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributłonTht Goog^s "watermark" you see on each file is essential for in forming peopleabout thisproject and helping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legał Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legał. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any specific use of 
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

About Google Book Search 

Google's mission is to organize the world's information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps rcaders 
discoYcr the world's books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the fuli icxi of this book on the web 

at |http: //books. google .com/l 



Google 



IJber dieses Buch 

Dics ist cin digitalcs Excmplar cincs Buchcs, das seit Generationen in den R^alcn der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 

Rahmen eines Projekts, mit dem die Biicher dieser Welt online verfugbar gemacht weiden sollen, sorgraltig gescannt wurde. 

Das Buch hat das Uiheberrecht uberdauert und kann nun óffentlich zuganglich gemacht werden. Ein óffentlich zugangliches Buch ist ein Buch, 

das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch óffentlich zuganglich ist, kann 

von Land zu Land unterschiedlich sein. Óffentlich zugangliche Biicher sind unser Tor zur Yergangenheit und stellen ein geschichtliches, kultuiellcs 

und wissenschaftliches Yermógen dar, das haufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datci - cinc Erin- 

nerung an die lange Reise, die das Buch vom Yerleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu łzungsrichtliiiien 

Google ist sto Iz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbcit óffentlich zugangliches Materiał zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zuganglich zu machen. Óffentlich zugangliche Biicher gehoren der Offentlichkeit, und wir sind nur ihre Hiiter. Nichtsdestotrotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Yerfiigung stellen zu konnen, haben wir Schritte untemommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehoren technische Einschrankungen fiir automat i sierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nuizung derDateien zu nickikommemellen Zwecken Wir haben Google Buchsuchc Tiir Endanwcndcr konzipicn und mochtcn. dass Sic diese 
Dateien nur fur personliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Siekeine automatisierten Abfragen iigendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchcn 
Liber maschinelle Ubersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche duichfuhren, in denen der Zugang zu Text in groBen Mengen 
n Lit zl ich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fordem die Nutzung des óffentlich zuganglichen Materials furdieseZwecke und konnen Ihnen 
unter Umstanden helfen. 

+ Beihehallung von Google-MarkenelemenlenDas "Wasserzeichcn" von Google, das Sie injeder Datci fmdcn, ist wichtig zur Information ubcr 
dieses Projekt und hilft den Anwendem weiteres Materiał Liber Google Buchsuchc zu fmden. Bitte entfemen Sie das Wasserzeichcn nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalitdt Unabhangig von Direm Yerwendungszweck mussen Sie sich Direr Yerantwortung bewusst sein, 
sicherzu stellen, dass Ihre Nutzung legał ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafurhalten fur Nutzer in den USA 
óffentlich zuganglich ist, auch fur Nutzer in anderen Landem óffentlich zuganglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir konnen keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulassig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jodcr Form und ubcrall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

tJber Google Buchsuche 

Das ZicI von Google bcsteht darin. die wcitwcitcn In format i on en zu organisicren und allgcmein nutzbar und zuganglich zu machen. Google 
Buchsuchc hilft Lesem dabei, die Buchcr dieser We lt zu entdecken, und unterstutzt Au toren und Yerleger dabci. ncuc Zicigruppcn zu crrcichcn. 
Den gesamten Buchtext konnen Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen. 




[JM ii HW ' M fl ' i ' af 



f 



■• • 





und Balladen, 






* • 



im Yersmasse der Originaldichtungen iibersetzt und 

erlautert 



von 



Obcrlehrer am Kealgymnasium zu St. Petri iu Danzig. 



-^^t-$- 



Danzig. 

Yerlag und Druck von A. W. Kafemann. 
1889. 



* • < 



Yorwort. 



Da ich schon in einer friiher erschienenen Ab- 
handlung^) solche Leser, die sich fur die Yolks- 
litteratur der Ruraanen naher interessieren, ia die- 
selbe einzufiihren yersucht habe, so kann ich an 
dieser Stelle wohl von einer langeren Einleitung 
Abstand nehmen. Nur móchte ich den freundlichen 
Leser, damit derselbe bei der Lektiire der vorliegen- 
den Dichtungen nicht ?u einem ungunstigen Urteile 
uber die Originale gelange, bitten, sich zu erinnern, 
dass es IJbersetzuugen sind, die ja stets nur ein 
unvollkommenes Bild der urspriinglichen Dichtung 
zu geben verm5gen. Ferner móge man beriick- 
sichtigen, dass es Yolkslieder sind, die nicht zur 

1) ,,Ruii^^i^ische Yolksdichtungen", im Osterprogramm des 
Bealgymi^iums zu St. Petri in Danzig, 1889. Bei der darin 
gegebenen Ubereicht iiber die erscbienenen Sammlungen ist yor 
allem das inzwischen erscbienene Werk der kóniglichen Dicbterin 
Carmen Sylya ,,der Bbapsode der Dlmboyitza'* (Bonn, Emil 
Strauss) nachzutragep, eine Sammlung wunderbar tief er- 
greifender Lieder, teilweise YoIksdichtuDgen, yon Helenę 
Yacaresco gesammelt und yon der bohen Frau nachgedichtet, 
wie nur ae nacbzudicbten yersteht. 



-<^ IV ^- 

Lekture, sondern fiir den musikalischen Yortra^ 
bestimmt waren, und die, von der dazu gehórendei 
Melodie getrennt, sehr an Wirkung verlieren miissen 
Ich babę mich allerdings bestrebt, auch der Pornc 
der Dichtungen mdglichst gerecht zu werden, doch 
muss ich die Beurteilung, wie weit mir dies ge 
lungen, kompetenten Kritikern iiberlassen. ( Was di( 
Auswahl betriflft, so ist der grósste Teil der vor 
liegenden Gedichte der Sammlung des rumanischei 
Dichterfursten Yasile Alecsandri ,,Poesii popolan 
ale Komanilar" entnommen und habe ich dabe 
namentlićh auch die Balladen, von denen bis jetz 
erst wenige, wenigstens im Yersmasse der Originale 
ins Deutsche iibersetzt sind, beriicksichtigt. Di( 
iibrigen Dichtungen sind aus: Dr. Jarnik unc 
Barseanu„Doine §i strigaturi din Ardeal oder Popesci 
„Dorul inimei" (Bucur. 1888) iibersetzt. 

Danzig, im August 1889. 

A. Franken. 



-^ V ^- 



Inhalt. 



I. Doine. 

Seite 

1. Die Doina 1 

2. Wie der Wald voll Sehnsuchtsweh .... 2 

3. Amoretten 3 

4. Yeiganglichkeit 4 

5. Lied vom Prut 5 

6. Der Hochwald 6 

7. Der Liebe Macht 7 

8. Hass und Liebe 9 

9. Lob der Greliebten 9 

10. ŁiebesBorgen 10 

11. Freie Wahl 10 

12. RuBse mich 10 

13. Liebesschmerz 11 

14. Bate, Llebchen 11 

15. Die Tupteltaube 12 

16. Das Grab • 13 

17. Liebesleid 13 

18. Blau Blumelein 14 

19. Der Kranke 15 

20. Scheidestande 15 

21. Das fallende Steinchen 16. 

22. Der Alt 17 



Seitc- 

23. Rauberlieder .18 

24. Rauberlieder vom Alt 22 

25. Der Mehedinzer 24 

26. Heimweh . 26 

27. Der Kuckuck 27 

28. Das siebenbiirglsche Madchen 29 

29. Meine Li^^ 29 

30. Dahin 31 

31. Der Yerhasste 32 

32. Die Zauberblume 33 

33. Die Schwestern 34 

34. Der Abtruiinige 34 

Łieder aus Eessarabien. 

35. Sehnsucht 35 

36. Liebeskummer 36 

37. Die Heimat 37 

38. Trennungsschmerz 37 

39. Stilles Gluck . . . , 38 

40. Treue Liebe . . . ' 38 

41. Die Waise 39 

IL Horę u. a. 

1. Liebchens Wert 41 

2. Ein grosses Herz ' 42 

, 3. Die beiden Alten 43 

4. Sułtana 43 

5. Das Liebchen vom Berge 44 

6. Stancuta 45 

7. Das gelbe Vógelein 46 

8. BasilieDkrant 47 



-^ Yir ^ 

Seite. 
9. Alter und Jugend ... 48 

10. Wiegenlieder 49 

11. Der Zigeuner 50 

III. Balade. 

1. Sonne nad Mond 53 

2. Der Drache 58 

3. Ring nnd Tuch 61 

4. Der Kuckuck und die Turteltaube .... 65 

5. Miori^ 70 

6. Eiche und Kirschbaum 79 

7. Burcels Hugel 80 

8. Der Woiwode Stephan und der Falkę ... 86 

9. Gnie Grozovan 87 

10. Das Kloster zu Arge^ 97 

11. Dea Kadi Tochterlein 114 

12. Raduls Ross 119 

13. Bogdan 122 

14. Codrean 127 

15. Der Falkę und die Erdbeerbliite 141 

16. Der Reif 143 

17. Jung Mihu 144 

18. Hora und Clocca 157 

19. Die Verurteilten 159 



-^- 



I. Doine. 



Die Doina*). 

Dolna, Doina, susses Lied, 
Wie dein Klang mich zu dir zieht! 
Doina, Doina, glutentbrannt, 
Tónst du, steh' ich wie gebannt. 
Wehen Friihlingslufte weich, 
Sing' ich draussen dich sogleich, 
Pliisterst mit den Blumen allen, 
Jubelst unter Nachtigallen. 
Wenn des Wintera Sturme draun, 
TOnst du bei des Herdes Schein — 
Tag und Nacht, zu allen Stunden, 
Hab' bei dir ich Trost gefunden. 

1) Die Doina entspricht unserm Lied scblechthin, sie ge- 
hori also der reinen Lyrik an. Sehnsucht, Klage, yor aUem 
der Liebe Leid und Lust bilden die Grandtone. Keine De- 
finition yermag jedoch ein so treues Bild dieser Dichtungsform 
und ihrer Nnancen zu geben, wie dieses erste der Yolkslieder 
in Alecsandris tiammlung. 



Spriesst das Laub im Lenze wieder, 
Singt die Doina Heldenlieder; 
Wenn im Herbst die Blatter fallen, 
Lasst sie ihre Klagen schallen. 
Doina red' ich, Doina seufz' ich, 
Allem giebt sie Reiz fur mich. 
Doina sing' ich, Doina fliistr' ich. 
Mit ihr leb' und sterbe ich^). 

Wie der Wald toU Sehnsuchtsweh . . . 

Wie der Wald voll Sehnsuchtsweh 
Schreit nach seinem jungen Reh, 
Schreit voll Sehnsucht, ruft voll Schmerz 
Nach dem jungen Lieb mein Herz. 

1) Die MelodieeD, nach denen die Doinen gesungen werden, 
sind meist einfache, klągende Weisen; selten finden sich leb- 
hafte, launenhaft springende Akkorde. „Die Arien der Doina^, 
sagt Slayici in seinem Buche „Die Bumanen in Ungam^ (S. 
189), „wie die der Balladen, sind ein klagendes, langgedehntes 
Becitatiy, das mit yoUer Stimme gesungen wird. Am schÓnsten 
klingt die Doina in der Bukowina, wo die Strophen lang und 
YoUer Abwechslung sind; besonders angenehm tónt sie auf der 
Hirtenflóte und auf dem aus Baumrinde yerfertigten Alpen- 
horn." 



Blatter spriessen, Blatter fallen, 
Rehchen naget keins von allen. 
Weh mir, was soli ich beginnenl 
Kann der Sehnsucht nicht entrinnen, 
Ruh' nicht fiir mein Herz gewinnen. 
Pein geduldig, Herzchen, werde, 
Wie die stets getretne Erde, 
Bis dein blondes Liebchen hier 
In das griine Waldrevier 
Mit dem Reh einst kehrt zu dir. 



-r^j- 



Amoretten. 

Herz'ge Liebesboten singen, 
Mit den leichten Yogelschwingen 
tjberall, traun, ein sie dringen, 
Durch Gefilde, durch den Wald, 
Wiistenei und Bergeshald'. 
Und die grossen an den Wegen 
Wie die Rauber stehn verwegen, 
Doch auf allen Pfaden gar 
Lauert schlau die kleine Schar. 
Gehn durch Sumpf und bleiben rein, 



Dringen bei den Burschen ein, 
Scbwimmen durch das Wasser dann, 
Pallen jungę Madchen an, 
Gehn durchs Feuer, schmelzen nie, 
Nur noch frecher raubern sie. 



Yerganglichkeit. 

Grunes Blatt der HaseP) fein! 
Ging des Nachts im Mondenschein, 

1) Wie in der italienischen Yolksdichtung, besonders beim 
Bitornell, in der EingangBzeile gem eine Blume oder Frucht 
genaont wird, so beginnen die rumanischen Dichtungen oft mit 
^Griines Blatt . . .", worauf der Name einer Pflanze folgt, die 
in symbolischer Beziehung zum lohalte steht. Handelt es sich 
urn ein junges Madchen, so beisst es wohl: „Grunes Blatt der 
Bose, des Yeilchens etc.^, wahrend sich ais ttbergang zur 
Schwiegermutter z. B. in der Balladę „Die Pest": „Grunes 
Blatt des sauren Apfels** findet. Das Blatt der Eiche, ais 
Symbol der Kraft, wird wohl bei Baubern, Helden angerufen^ 
die Tanne gilt ais Symbol des Todes, der Haselstrauch be- 
deutet Zauber, daher Leid aller Art. Tritt ein Wechsel der 
Empfindung, des Gedankens ein, so andert sich auch der Name 
der Pflanze. Es lasst sich jedoch nicht yerkennen, dass die 
Anrufiing haufig schon einen rein konventionellen Charakter 
erhalten hat, dem keine tiefere Bedeutung zu Grunde liegt. 



-^ o tf— 



Sucht* ein Blumchen, lieblich gar, 

Das mir wert wie keines war. 

„Warum denn, mein Blumlein, sprich, 

Seufzest du so bitterlich?'* 

„O wie soUt' ich," spricht^s, „nicht klagen, 

Kann das Herzeleid nicht tragen, 

Bin erfuUt von bitt'rem Wehe, 

Dass ich, ach I so bald vergehe. 

Bluhe ja drei Tage nur, 

Dann verwehet meine Spur; 

Kaum hab' ich den Kelch erschlossen, 

Kaum der Sonne Strahl genossen, 

80 umfangt, eh' ich's gedacht, 

Unerbittlich mich die Nacht, 

Und wo nun ich bliihe, schaut 

Dann dein Auge kahles Kraut." 

Lied vom Prut^). 

Sei yerwunscht, Prut, jeder Zeit, 
Warest du doch tief und breit 
Wie die Sintflut ihrer Zeit I 

1) Das Lied ist gegen die Kussen gerichtet. Vom Prut 
ber erwartet der Rumane nur Unheil. 



Ein Strand nicht den andern sehe, 
Und die Stimme dort verwehe! 
Drohen uns Heuschreckenheere, 
Deine Fiut sie von uns wehre! 
Drohen schlimme Seuchen hie, 
Mdgest du verschlingen sie! 
Kommt der Feind mit Mord und Brand, 
Móg' er scheitern schier am Strand. 
Du in deiner Fluten Grab 
Fiihr' die Leichen dann hinab, 
Fiihre sie zur Donau hehr, 
Bis zur Donau, bis zum Meer. 

Der Hochwald. 

Mógest, Hochwald du, verbrennen! 
Nie werd* ich von dir mich trennen, 
Nimmer dich verlassen kónnen. 
Bartlos kam ich einst zu dir, 
Grau ist nun das Haar mir schier. 
Und der bluh'nde Knabe, ach! 
Ist ein Greis nun, krank und schwach. 
Sei verwiinscht, du Hochwald griin, 
Nimmer lassest du mich ziehn! 



-<e 7 ^- 

Und doch treibfs mich, ohne Weilen 
Aus der Einsamkeit zu eilen. 
Rehlein, siehl die Sehnsucht mein 
TOtet mich, o Schwesterlein. 
Weide ab das Laub, o Reh, 
Dass mein Lieb ich einmal seh', 
Dass sie sich hierher mag wagen, 
Dereń Herz fur mich geschlagen 
Schon seit meiner Kindheit Tagen. 

Der liiebe Ma«ht. 

I. 

Mutter hat gesagt zu mir: 
„Alle tJbel heiP ich dirl^^ 
Nicht kann sie von diesen zweien, 
Lieb' und Tod, mich je befreien. 

II. 
O, Marie von GarbovaI 
Hast es wohl mir angethan, 
Nie ich dich verge88en kann. 
Denk' am Tage nur an dich, 
Seh' des Nachts im Traume dich. 



-^ 8 ^- 

III. 
Wehe mir, o welche Pein, 
Konstantin, du Bruder mein; 
Schlimm ist Fieberfrost, jedoch 
Schlimmer ist die Liebe noch. 
Fieberfrost durchschauert dich, 
Lieb' betaubt dich sicherlich, 
Facht dir Gluten an im Herzen, 
Dass du rasend wirst vor Schmerzen. 
Weh' mir, ihre Zaubermacht 
Hat mich um die Ruh' gebracht, 
In drei Tagen alt gemacht! 
Bin nun welk und kraftberaubt. 
Wie die Eiche dichtbelaubt 
Schnell erliegt dem eis'gen Nord, 
Wie durch Feuer sie verdorrt. 
Lieb' yerzehrt mich, Bruder, schau, 
Wie der Bluten frischen Tau 
Und des Meeres Schaum so weiss 
Zehren Sonnenstrahlen heiss. 
Grab' ein kiihles Grab, vom Schmerz 
Heilst du so mein krankes Herz. 



T^^ 



Hass und Liebe. 

W o der Hass je ein sich fand, 
Da yerdorret alles Land; 
Wo die Liebe sich lasst nieder, 
Griiiiet rings die Erde wieder. 



Lob der Geliebten. 

I. 

Durch die Lande weit und breit 
Zog ich, fand doch keine Maid, 
Meinem Lieb an Schónheit gleich 
Und wie sie an Liebe reich. 

II. 
Liebchen mit dem Goldhaar fein, 
Dein Mund duftet siiss wie Wein 
Und dein Arm wie Rosmarein. 
Perlen deine Zahne sind. 
Krystall ist dein Mund, mein Kind. 



-r^^^ 



Łiebessorgen. 

Eh' mir Lieb' kam in den Sinn, 
Schlief ich, legt' ich nur mich hin. 
Doch seit ich in Lieb' entbrannt, 
Nimmer ich den Schlummer fand, 
Stutz' den Kopf auf meine Hand, 
Denk' ans Liebchen unverwandt. 

Freie Wahl. 

rlehm' zum Lieb, die mir gefallt, 
Niemand frag' ich auf der Welt. 
Nicht werd' ich die Eltern fragen, 
Noch sie, die im Ratę tagen, 
Was die Herren auch beschliessen, 
Will mein Liebchen herzen, kussen. 

Eusse mich. 

O mein Liebchen, kiisse mich, 
Sonst vor Sehnen sterbe ich, 
Kiisse mich, Herzliebchen mein, 
Zu siiss ist dein Miindchen klein. 



-<# 11 ^- 

Liebesschmerz. 

urunes Blatt vom schlimmen Eraut! 
Armes Herz, was klagst du laut? 
— Hab' geduldet lange Zeit, 
Trag' um dich, Lieb, bittres Leid. 
Soviel Wasser fliesst im Thal, 
Thranen sind es allzumal, 
Aller Regen, der geflossen, 
Thranen sind^s, die ich yergossen. 

Bate^ Liebchen. 

Sag' mir, Liebchen, sagę an, 
Wenn mein Lieb es raten kann, 
Wovon wird wohl gelb der Wald? 
Was macht wohl den Burschen alt? 
Waldeslaub verzehrt der Schnee 
Und den Burschen Liebesweh. 
Schneees Last macht gelb den Wald, 
Krankes Herz macht Burschen alt. 



"^ 12 ^- 

Die Turteltaube ^). 

Horch, die Turteltaube druben, 

O die Arme, wehe ihrl 

Klagt; dass sie allein geblieben, 

O die Annę, wehe ihrl 

Traurig durch die Wildnis schwebend, 

O die Arme, wehe ihrl 

Ist sie tot vielmehr ais lebend, 

Seit ihr Tauber sie yerstossen, 

Will nicht andern zum Genossen, 

Eilet durch den Wald so griin, 

Doch es scheint, nicht sieht sie ihn. 

Immer weiter will sie eileD, 

Nicht auf griinen Zweigen weilen. 

Halt die miide Schwinge Rast, 

Isfs auf einem diirren Ast, 

L^sst wohl auf dem Pels sie sinken. 

Mag nicht essen, mag nicht trinken. 

Sieht sie klares Wasser fliessen, 

Triibt 8ie's nur mit ihren Piissen, 

Und sieht sie den Jagersmann, 

Vor sein Rohr just fliegt sie dann. 

1) Die Turteltaube ist das Symbol der hingebendeD und ver 
trauenden Liebe. 



-^ 13 ^- 

Das Grab. 

Kam, wo ich geliebt so sehr, 
Doch mein Lieb fand ich nicht mehr; 
Schritt die Strasse stili hinab, 
Kam bald an ein frisches Grab. 
Traurig tOnt' des Windes Weise, 
Und das Gras erschauert leise. 
Weh' mir Armen, web' mir Armen! 
MOchte sich der Tod erbarmen, 
Mdchte man auch mich hinab 
Senken in das stille Grab. 

Liebeslied. 

Weg auf Hóhen und im Thal! 
Trostlos wandr' ich iiberall. 
Habe Rast und Ruhe nicht, 
Noch Teil an der Sonne Licht. 
Welch ein Los ist mir beschieden! 
Preudlos muss ich, ach I hienieden 
Fortan leben ohne Frieden. 
Wandre nachts selbst ohne Rast 
Durch den finstern Wald in Hast, 



-^ 14 ^- 

Dass erschreckt die Baume stehen, 
Wenn sie meine Thranen sehen; 
Doch wohin den Schritt ich lenkę, 
Meiner Lieb' ich nur gedenke, 
Wehl du Zauberblume schón, 
H^tt' ich nimmer dich geseh'n, 
Dass nicht fern vom Weg ich nur 
Immer folgte deiner Spur! 



Blaa Blfimelein. 

Bliimelein, blau Bliimelein, 

Leiden unsrer Liebe draun; 

Denn die Welt mócht' gern uns trennen 

Will uns unsVe Lieb' nicht gónnen. 

Alle schreien im Yerein: 

Eure Liebe darf nicht sein! 

O, du einzig Lieb, so schón 

Wie der Mond in HimmelshOh'n, 

Mit dem Lilienangesicht, 

Augen, wie der Himmel licht, 

Wiirdest du dich trOsten kónnen, 

Miisste ich von dir mich trennen? 



-<e 15 ^- 

Ach, wer zeigt ein Platzchen mir, 
Wo ich friedlich leb' mit dir? 



Der Kranke. 

Steh' doch auf, mein siisses Leben, 
Eomm, yersuch dich zu erheben, 
Dass wir sehen, was dir fehlt, 
Was dich schier zu Tode ąualt. 
Steh' doch auf, sprich nur ein Wort, 
Schweig' nicht mehr, lass mich nicht fort I 
Hast, ach! keinen Blick fiir mich, 
Seit die Krankheit peinigt dich. 
Sieh doch her, geliebtes Leben, 
Wie die Lippen angstvoll bebcD, 
Wie vor Trauer, wie vor Schmerz 
Brechen will mein armes Herz. 

Scheidestunde. 

Wohin gehst du, Liebster mein? 
Warum lasst du mich allein? 



-^ 16 ^- 

Willst du dich nicht mein erbarmen? 
Fuhlst kein Mitleid mit mir Armen? 
Kehre um, eh' wir uns scheiden, 
Sieh mein Weinen, sieh mein Leiden. 
Ich ertrag es nicht; mein Herz, 
Ach, es bricht vor bitfrem Schmerz. 
Bleibe, Siisser, bleibe hier, 
Bleibe, geh' nicht fort von mir! 
Oder, kannst du nicht mehr weilen, 
Lass mich, Liebster, mit dir eilen! 

Das fallende Steinchen. 

Griines Haselblattchen I Springe, 
Steinchen, klingę, klingę, 
Springe klingend du hernieder, 
Dreh' dich, Steinchen, immer wieder. 
Griines Blatt vom Honigklee! 
Liebchen seufzt vor bittVem Weh, 
Dass im Thal sie, auf den Hóhen 
Nimmer soli den Liebsten sehen, 
Mócht' vor Herzeleid vergehen. 
Griines Haselblattl Dahin 
Wandert sie, schier wirr ihr Sinn; 



17 ^- 

MOchte sich ein Str^usschen winden, 
Gras und Quecken wohl sich finden, 
BOslein, ach I sind nicht zu bindenl 
Gftnsedistelblattchen grun! 
Elag' nicht, Liebste, hin ist hin, 
Trockne deine Augenlider; 
Was entflohen, kehrt nicht wieder. 
Spinnt man al te Faden wieder? 



Der Alt. 

Alt, du liebes Fliisschen mein, 
Hemme doch die Quellen dein. 
Lass aus Basen meinen Fussen 
Eine grune Decke spriesseni — 
Arger Alt, ich fluche dir! 
Eommst so brausend ja zu mir, 
Walzest wie ein Drache dich, 
Trennst von dem Geliebten mich. 
Glatte deine wilden Wogen, 
Eomme sanfter doch gezogen, 
Dass die Steinchen ich erspahe, 
Und wenn ich hiniibergehe, 
Meinen Fuss nur netzen sehel 

2 



-^ 18 ^- 

Da ist Neica — nicht isfs Neica, 
Nicbt isfs Neica — arme Leica! 
Wie begrusste ich ihn hier, 
E^m' mein Neica zu mir! 
Sag' ihm Wind, er mdge eilen, 
Móge doch nicht langer weilen, 
Ich vergeh' schier; unbestellt 
Łiege noch das Ackerfeld. 
Komm' doch; Liebster, zu mir her, 
Lass dein Lieb nicht harren mehrl 
Die Basilie^ Rosmarin 
Sind yerwelkt schon und dahin; 
Ach, vor Herzeleid und Weh' 
Wie die Blume ich vergeh'. 



B&aberlieder ^). 

I. 

Eine Mutter stattlich gar 
Mich, ihr schmuckes Kind, gęba: 

^) AuffaUend ist die grosse Zahl der Lieder 
in denen das Baubertum yerherrlicht wird, ein 
die offenbar mit der Neigung des Yolkes zu ei 
gebundenen Leben und seiner Abneigung gegen 



^ 19 ^- 

Rieb mit Bergesblumen mich^ 
Dass ein Held einst w^rde ich, 
Dem begierig alle lauschten, 
Mit dem M&dchen Kusse tauschten. 
(Dr^ngten doch zu mir sie hin, 
Wie zur Hurd' die Schafe zieh'n; 
Denn die Zeit isfs, wo mit Macbt, 
Susse Lieb' in uns erwacht!) 
Die Erw£lblte kam gegangen, 
Fragte sie mit leisem Bangen: 
„Liebe Lita, Liebchen, sprich, 
Kusste nie ein andrer dich?" 



'usstes, muheyolles Streben zusammenhangt. Doch reicht 
Zog im Yolkscharakter zur Erklarung nicht aus; wir 
, um gerecht zu urteilen, die geschichtliche Yergangen- 
38 Yolkes berucksichtigen. Bei den haufigen ttber- 
imungen des rumanischen Land es Yon Seiten fremder 
, bei der fortdauernden Unterdruckung der Rumanen war 
ringen nnd Behaupten eines gesicherten Besitzstandes 
lur scbwer móglich; das Ubermass des Elends trieb 

und Hirten haufig in die Walder, zu denen sie sicb 
i scbon hingezogen fuhlten, um sich an den fremden 
rackem zu racben. Diese Bauber fdhren also dann zu- 
die Sacbe ihres Yolkes, was sie diesem wert macbt, 

also eine ahnliche Bolle wie Bobin Hood und seine 
n in den englischen Balladen. Siehe z. B. die Doina „der 
nzer*' und die Balladen ,,6rue Grosoyan", ,,Mihu** etc. 

2* 



-^ 20 ^- 

Sie beteuert' feierlich: 
„Gottes Wetter treflfe mich, 
Hab' ich bis zu dieser Frist 
Einen ausser dir gekiisst!" 
Doch kaum schwieg ihr Lugenmund, 
Ward es finster rłngs zur Stund'. — 
Seitdem liess niich^s nimmer ruh'n, 
Und ein Rauber ward ich nun. 
PuhP mein Herz vor Weh' erbeben, 
Dass yergebens war mein Lebenl 
Wehe mir! ich armer Wicht, 
Weiss nicht mehr, was gut, was nicht 
Seit die Mutter mich gebar, 
Lebt' im Wald ich immerdar; 
Nichts nahm von der Welt ich wahr 
Ais der Sonne lichte Strahlen 
Und das Reh in Waldesthalen. 
Rehlein, aus dem dunkeln Wald 
Fiihr' mich in das Thal des Alt, 
Dass die falsche Maid ich doch 
Einmal mdge schauen noch, 
Die mich Armen so betrog, 
Dass zuruck zum Wald ich zog. 

II. 
— „Schafft es dir nicht Unbehagen, 
Mocht' ich dich wohl einmal fragen, 



-<^ 21 ^- 

Wovon lebst denn, Bester, du? 

Siehst im Sommer mussig zu^ 

Nie im Winter drischest du." 

— „Weiss nicht, geb' ich Antwort dir, 

Oder mit der Faust eins hier? 

Nun, isfs Fruhling, Sommerzeit, 

Ist mein Vorrat schnell bereit. 

Ich ersteig' die Bergeshóhen, 

Wo die meisten Schafe stehen, 

Such' der Sennen Hutten auf, 

Komme durch den Wald darauf 

In das schOne Thal des Alt, 

Zum Gestiit' des Ungarn bald. 

Bitte dann den Herrgott sehr, 

Dass nach meinem Wunsche er 

MOge geben warmen Regen, 

Dass die Hirten hin sich legen, 

Hab' dann, ehe sie erwacht, 

Ihre Hengste fort gebracht, 

Wahle ohne viel Beschwerde, 

Ais mein Teil die halbe Herdę, 

Sitze auf, und wie der Wind 

Saus' ich nun davon geschwind. 

Brankoyaz erreich ich bald, 

Wo man Pferde gut bezahlt, 



-^ 22 ^- 

Pur 'ne Stute giebt fiirwahr 

Man funfhundert Gulden bar; 

Aus echt Moldaublut gezogen, 

Wird mit Gold sie aufgewogen. 

Und dann geht^s mit frohem Sinn, 

Bruder, zu Ani^a hin^ 

Leb', solang im Beutel Geld 

Herrlich da, wie mir's gefallt; 

Such' ein Platzchen wohl yersteckt, 

Wo behaglich hingestreckt 

Ich im kuhlen Schatten dann 

Łiege an des Fasses Hahn; 

Wenn der Wein mir sprudelnd rinnt, 

Kommen Madchen auch geschwind, 

Kusse alle wie der Wind"^). 

Bauberlieder Tom Alt. 

I. 

Ware doch der Hochwald griin, 
Dass ich mit den Banden kiihn 
KOnnt' ais Rauber wieder zieh'n! 
Łenz, mit deiner Allgewalt 

1) Wohl unubertroffen ais Muster naiver Unyerschai 



23 ^- 

Komm und schmelz' den Beif uns bald, 
Auch den Schnee auf Bergeshald'. 
Lass uns deine Bliiten sehen, 
Dass mit Waflfen wohl versehen 
Auf die Berge ich kann gehen. 
In des Hochwalds dichtem Laube 
Lebt sich'8 herrlich gar vom Raube. 
F^Ut das Łaub zur Erde hin, 
Muss ich wieder heimwarts zieh'n, 
Denke bei des Herdes Schein 
Dann des Walds voll Sehnsuchtspein. 
Grunes Blatt vom Hasenkohll 
Bald ja kommt der Mai nun wohl. 
Hort' ich doch den Himmel wettern, 
Sah' ich Wolken Blitze schmetterni 
KOnnt' die Plur ich erst erstehen, 
Kinder sich im Beigen drehen, 
Und das Peuer draussen sehen! 
Pferde auf die Triften griin, 
Rauber ins Gebirge zieh'n. 

II. 
Hab' durchwandert manches Land, 
Was ich sucht', ich nimmer fand: 
Sucht' ein Perlenhalsband fein 
Fur das traute Liebchen mein, 



-^ 24 ^- 

Doch man bat, sah man mich kommeD, 
AUes Gut Bchnell fortgenommen. 
Komm, mein M^dchen, komm zu mir, 
Łeben dann gar lustig bier, 
Alle Beute bring' icb dir. 
Will aucb feinen Scbmuck dir scbenken, 
Eisenkraut^) zu Obrgebenken, 
Die die Blicke auf dicb lenken; 
Statt der Perlen, dicb zu Bcbmiicken, 
Will ich auf den Hals dir driicken 
Ais Rubinen meine Lippen. 

Der Mehedinzer. 

Majoranes Blattchen gruni 
Mehedinzer Bursch ich bin, 
Ward, auf Buchenlaub geboren, 
Zu aller Liebling bald erkoren. 
In des Alt Fiut wusch man mich, 
Dass ein Held einst wurde icb; 
Mit Basilie^) drauf gerieben, 
Bin ich glucklich stets geblieben. 

^) Eisenkraut soli die Kraft haben, Schlósser und Fesseln 
zu sprengen. 

^) Basilienkraut soli Zuneigiing erwecken und Gliick bringen* 



-"^ 25 ^- 

So erstarkte ich gar sehr, 
Bald fand Mutter mich nicht mehr; 
Aus der Eltem engem Haus 
Trieb's mich ins Gebirg hinaus. 
Mit drei Paar Pistolen wieder 
Stieg ich von den Bergen nieder, 
Ward ein Rauber kuhn im Thal, 
In der Brust ein Herz von Sta hi. 
O, wie sehn' ich mich nach dir, 
Bruder Tudor^) komm zu mir, 
Komm, vertreibe die Panduren 
Aus den Waldern, aus den Fluren, 
Komm, verjag' die Griechen du, 
Die Yerrater auch dazu. 
Hagedornes Blattchen grun! 
Wer wird mit dem Tudor zieh'n? 
Von Mehedinz der Falkę kiihn, 

1) Tudor, der Sohn gewóhnlicher Bauersleiite, geboren um 
70 zu Yladimir, einem Dorfe in der kleinen Walachei, er- 
b sich gegen die Phanariotenherrschaft. Der Aufstand schei- 
rte aswar durcb den Yerrat der Unterbefehlshaber, doch hatte 
zur Folgę, dass die Pforte voii der Untreue der Griechen, 
nen sie so lange die Herrschaft iiber die Donaufiirstentumer 
vertraut hatte, uberzeugt, sich endlich entschloss, die Bumanen 
eder durch einheimische Fiirsten regieren zu lassen. Das 
)lk glaubt, dass Tudor dereinst wiederkommen werde, um 
s Befreiungswerk zu Yollenden. 



-^ 26 ^- 

Der, legt er die Biichse an, 
Schwalben triflft auf ihrer Bahn; 
Der, ein Reiter ohne Gleichen, 
Keinem wird im Kampfe weichen; 
Der die Donau ohne Harm 
Kuhn durchschwimmt mit starkem Arm. 
O, kOnnt' ich mit kiihnem Wagen 
Doch das Gluck mir einst erjagenl 
Immerfort treibt mich mein Sinn 
Pried- und ruhelos dahin. 

Heimweh. 

(Soldatenlied*).) 

W ein' um mich, o Miitterlein, 
War ja stets die Stutze dein, 
Sorgte treulich stets ftir dich, 
Deinen Acker pflugte ich. 
Doch seit Kaisers Rock ich trage, 
Sind yergiftet meine Tage; 

1) Die Soldatenlieder sind in Siebenburgen so zahlrc 
dasB 8ie wie die Bauberlieder eine besondere Gattung bil 
Sowohl bei Alecsandri wie in der Sammlung von Jarnik 
B&rseanu sind sie in grosser Zahl yertreten. Ich habe wenigs 
eine Probe geben wollen. 



-^ 27 ^- 

In der Fremde denk' ich dein, 
Muttercben, yoII Sehnsuchtspein. 
Wie sehn' ich mich nach dem Wald, 
Nach der Herd' an Bergeshald, 
Wo die HirtenflOte schallt. 
Doch vor allem sehne ich 
Nach dem sussen Yeilchen mich, 
Das ich lieb' bo inniglich. 
Immer denk' ich sein voll Bangen, 
Und es treibt mich das Yerlangen, 
Ton der Fahne schnell zu flieh'n, 
Zu der Herdę heimzuzieh'n, 
Ging es auch zum Tode hin. 



Der Kuekuek. 

I. 

Kuckuck singt ein Liedchen mir 
Munter auf der Pflugsterz hier, 
Und die Amsel auf dem Karren, — 
Halten mich wohl gar zum Narren. 
Amsel, Kuckuck singen heli: 
„Nicht yertrink dein Geld, Geselll 



-^ 28 ^- 

Denn zerbrochen ist dełn Wagen, 
Und dein Pflug noch unbeschlagen, 
Frucht kann so dein Land nicht tragen.'* 
Kuckuck, Kuckuck, arger Wicht, 
Deine Sorge sei das nicbt! 
Amsel, hasslich graues Tier, 
Scbweige gleich, ich rat' es dir, 
Dass euch beiden es nicht schlimm 
Móg' ergeh'n in meinem Grimm, 
Euer Nest ich nicht zerstreu', 
Eure Schnablein schlag' entzweil" 

n. 
In der Larche Wipfel dort 
Singt der Kuckuck immerfort. 
„Kuckuck, komm doch ber zu mir, 
Gute Kost yersprech' ich dir, 
Geb' dir siissen, kiihlen Wein, 
Weizenbrot auch, weiss und fein/^ 
„Dank fiir deine Leckerspeise, 
Lieber zieh' nach meiner Weise 
Frei ich meine luffgen Kreise. 
Łaub selbst werd' ich kóstlich finden, 
Kann mein Lieben frei ich kunden; 
Wasser trink' ich mit Behagen, 
Kann mein Sehnen frei ich klagen. 



Das siebenbflrgische Madehen. 

rlicht in der Rum^nen Land, 
Noch in Ungarn je ich fand 
Eine Blume hołd und fein 
Wie Siebenbiirger MagdeleinI 
Waćhsen hoch und schlank empor 
Wie im Teich des Schilfes Rohr, 
Und ihr siisser Plaudermund 
Thut ihr liebend Herz dir kund. 
Ihres Busens holde Zier 
Weekt der Liebe Glut in mir; 
Seh' ich ihre Zópfe fliegen, 
MuBS der Sehnsucht ich erliegen; 
Seh' ich ihre Rosenwangen, 
Tótet schier mich heiss Yerlangen; 
Ł&cheln sie so minniglich, 
Schmiickt die Flur mit Blumen sich; 
Wiegen sie im Tanz sich gar 
Voller Anmut immerdar, 
Gliiht fiir sie der Burschen Schar. 

Meine Łit;a. 

Grunes Blatt der Haseł fein I 
Hatt' ein Liebchen einst gar klein, 



-^ 30 ^- 

Fort zog ich, dass Li^ doch 
Wuchs' an Geist und Jahren noch. 
Aber w^hrend fern ich blieb, 
Nahm 'nen andem, ach, mein Lieb. 
Weh, wie bin ich zu beklagenl 
Und doch wollte ich nichts sagen, 
H^tte sie drei Dórfer weit, 
Nicht in unserm Dorf gefreit. 
Doch Sie wohnt mit ihrem Mann 
Im dritten Hause nebenan. 
6eh' ich aus, mnss ich sie sehen 
Und vor Herzeleid vergehen; 
Bleib' ich, hdr' ich sie; vor Schmerz 
Zuckt auch dann mein armes Herz. 
O, herzliebste Mutter mein. 
Wie ertrag' ich diese Pein? 
Ach, dein Trostwort trOstet nicht: 
„Weit sei Gottes Welt so licht, 
Und der Madchen seien viele, 
Denen ich gar wohl gefiele, 
Geme wurden sie mich herzen, 
Willig lindern meine Schmerzen." — 
O, du liebes Miitterlein, 
Nicht yerstehst du meine Pein, 
Bist zu alt schon zu yerstehn, 
Dass in Gottes Welt so schón 



-^ 31 ^- 

Yon den hunderttausend allen 
Mir nur eine kann gefallen. 
Sieh, am weiten Himmel ferne 
Leuchten obne Zahl die Sterne, 
Doch wie strahlend auch ihr Łicbt, 
ScbOn wie Li^ sind sie nicbt. 

Dahin. 

Blumelein, o BlumeleinI 

In der Jugendbllite mein 

Waren mir drei Madchen gut, 

Und icb liebte sie voll Glut: 

Auf der Sóh\ im Tbale, zwei, 

Ein' am Mittelbang dabei. 

Docb seitdem mein Haar ergraut, 

Keine Maid mebr nacb mir scbaut. 

Steig' empor icb, ruft entgegen 

Mir der Tod: „Sollst Reebnung legen!" 

Und im Tbal, wer grinst micb an? 

Er gruBSt wieder den Kumpan. 

Ist der Baum erst diirr und alt, 

Wirft man ibn ins Feuer bald; 



Fuhlt der Mensch des Alters Pein, 
Gebt zur Ruh' ihm einen Schrein. 
Weh', wie ist er zu beklagen! 
Wenn ihm frisch die Pulse schlagen, 
Denkt er, dass, solang die Erde 
Steht, sein Leben dauern werde. 
Und doch ist des Menschen Leben 
Wie des Feldes Blume eben, 
Frisch erbluht sie morgens steht, 
Mittags mahlich sie vergeht, 
Abends ist sie schon verwehtl 

Der Yerhasste. 

Was beginn ich Arme, ach I 
Mutter meinen Schatz nicht mag. 
Wenn er ihr gefiel wie mir, 
Schnell zur Hochzeit fl5gen wir. 
Eilen woUt' ich so geschwind. 
Wie die Erde fegt der Wind. 
Doch soUt* Mutter mir befehlen. 
Den Yerhassten Mann zu wahlen, 
Werd' ich wie der Wind geschwinde 
Eilen, dass ein Grab ich finde. 



-^ 33 ^- 

Lieber bin ich krank und schwach 
Ais bei dem, den ich nicht mag; 
Zaubrer heilen die Gebrechen, 
Doch was hilft hier ihr Besprechen? 
Yom yerbassten Gatten kónnen 
Tannenbretter nur dich trennen; 
Etwas Linnen noch dazu, 
Und du findest endlich Rub. 

Die Zanberblnme. 

Pfaffenk^ppleins Bl^ttchen grun] 
Funf an jedem Baum hier bluh'n. 
Wo der B&ume hdchste ragen, 
Hór' den jungen Reiter sagen 
Unter Seufzern, unter Klagen: 
„O, ein Zauberrdslein, traun, 
Glaubt' ich hier am Quell zu schau^n; 
MOchte wohl es glucklich finden, 
Abends dann aufs Haupt mir binden, 
Dass sein Zauber mich im Traum, 
Die Geliebte lasse schau^n, 
Und mir kund', ob mein sie denkt, 
Ob ihr Herz sie andern schenkt. 



-^ 34 #>- 

Die Schwestern ^). 

Maiengldckcbens grunes BlattI 
O, ein Schwesterlein ich hatt', 
Zartlich, heiter, schón und tein 
Wie der helle Sonnenschein. 
Wehe mir, wie muss ich klagenl 
Schon seit meiner Kindbeit Tagen 
Sahen wir uns nimmermehr, 
Litten beide gar so schwerl 
Doch wie das Geschick mag walten, 
Treue woUen wir uns halten. 
Sehnsucht will nicht l^nger schweigen^ 
Gleiches Blut wird stets sich zeigen. 
Sind zwei Schwesterherzen nicht 
Wie zwei Sonnenstrahlen licht, 
Die vom Himmel froh sich schwingen^ 
Durch die schwarzen Wolken dringen^ 
In den Luften sich entschwinden, 
Endlich doch sich wiederfinden? 

Der Abtrftnnige. 

Wie war mir der Weg vertraut! 
Schau umsonst nun nach der Braut; 

1) Wird auf Rumanien und Italien bezogen. 



-^ 35 ^- 

Sie, die mir dereinst so nab, 
Sagt, ein Russe sei ich ja. 
Sieht sie mich am Ufer dort, 
Sagt sie mir manch hartes Wort; 
„Fort mir dir, abtrunn^ger Wicht, 
Furder kenne ich dich nicht! 
Ais noch ein Rumslne du, 
Wandt' ich gem mein Herz dir zu, 
Doch seit du kosakisch worden, 
Bist zu hasslich^) mir geworden." — 
Und der Prut ist reissend sehr, 
Kann zu ihr nun nimmermehr, 
Drachengleich braust er heran, 
Eomm ich am Gestade an. 



Lieder aus Bessarabien ^. 

Sehnsacht. 

Tag und Nacht die Sturme wehen, 
Liebchen, Łiebchen mein I 

1) Wortiłch: „eine Teufelsfiratz". 

2) Die Lieder aus Bessarabien haben im Original keine 
0'ber8chrift. 

8* 



-<$ 36 ^- 

MOcht' vor Sehnsucht schier yergehen, 
Liebchen, Liebchen mein! 
Deine Hutte, kaum bedeckt. 
Mir scheint sie wie neu gedeckt; 
^ - ; Hutte, 80 verfallen, 
Scheint clic ^^jj^^ste mir von allen. 
Zeiget Bich dem ^^^gehen mir, 
Bricht mein armes ttr:^^^^ schier 
Wenn ich gar dich kommt^ g^h' 
Zuckt mein Herz in bitfrem Wehl 



Łiebeskummer. 

Herzensblumchen, ach! 
Nur noch einmal sag', 
Was am Abend du 
Mir geflustert zu. 
Was du sprachst zu 
Brach das Herz mir 
Sag' es noch einmal, 
Ende so die Qual. 



\ 




-^ 37 ^- 

Die Heimat. 

Der 01ive Blattchen gruni 
th)er'n Dniester zog ich hin. 
Ob der Fremde Brot ich fand 
Wie im lieben Heimatland? 
Mag es 8USS wie Honig sein, 
Mir ging es wie Galie ein! 

Trennangsschmerz. 

Des Konielbaums grujies BlattI 
Schlimm gehaust der Winter hat. 
Stets kam doch der Liebste mein, 
Mocht' es sturmen oder schiiei'n. 
Warm und heiter isfs nun immer, 
Doch mein Liebster zeigt sich nimmer* 
SoUt' ich ibm nicbt mehr behagen? 
Haben Fremde ibn erschlagen? 
Mogen sie in grimmem Schmerz 
Sich verzehren wie mein HerzI 



-^ 38 ^- 

Stilles Omck. 

Des Wachholders grunes Blattlein! 
Beide sind wir fremd, mein Schatzlein, 
Passen trefflich eins zum andern, 
WoUen in den Wald drum wandern, 
In den Wald so weit und grun, 
Wo des Prutes Wellen zieh*n. 
Bau'n ein Hiittchen klein und nett 
Und aus Mispelholz ein Bett. 
Sind zum Schlummer wir bereit, 
Hóren wir von Zeit zu Zeit 
Wohl der Hirten Horn erklingen, 
Aus der Moldau zu uns dringen. 



Treue Łiebe. 

Jonel, Geliebter mein, 
Wie siiss ist der Name deini 
Lebst du, will ich dich nur haben, 
Stirbst du, will ich dich begraben. 
Leg' dich dann zu Haupten mir, 
Dass ich traume stets von dir. 



-^ 39 ^- 

Und an deinem Grabę stille 
Schlummere, bis Gottes Wille 
Von mir Dimmt die ird^sche Hiille. 



Die Waise. 

uieb, o Herr du, deinem Kinde, 
Dass sein Herz den Frieden finde! 
Mach zum Silbert&ubchen mich: 
Windesschnell dann fliege ich, 
Schwing' mich iiber Berg und Thal 
Zu der Mutter Grab einmal, 
Senke dort die Schwingen mein, 
Lindre klagend meine Pein, 
Freude leg* ich dort und Schmerz 
Ihr ans treue Mutterherz. 




V 




II. Horę n. a. 



Łiebchens Wert^). 

Grunes Blatt der Haseł fein! 
Trefflich mógen Bitem sein, 
Besser ist ein Scb^tzelein. 
Sieht dich krank das schóne Kind, 
Braut es Arzenei geschwind, 
Bietet mit den Lippen gar 
Sie in sussem Kuss dir dar. 
Bist gesund du dann erwacht, 
Druckt es dich, eh' du's gedacht, 
DasB dir'8 Herz im Łeibe lacht! 



1) Die ,,Hora" (x^Qoc) bedeutet den Tanz und das dazu 

ingene Lied, entspricłit also unserem Beigen. Sie bat meist 

Q satiriscben, oft derben und ausgelassenen Cbarakter, doch 

mancbe Horen aucb emsteren Inhalts s. z. B. „Alter und 

md". 



-^ 42 ^- 

Ein grosses Herz. 

Lieb ist mir ein Madchen schlank; 
Leicht und zierlich ist ihr Gang, 
Und mit anmutvolIem Neigen 
Schwingt sie feurig sich im Reigen. 
Wo ihr leichtes Fiisschen tritt, 
Flammt das Gras bei jedem Schritt; 
Wohin blickt ihr Augenpaar, 
Flammen alle Herzen gar. 
Lieb auch sind mir Magdlein klein 
Von Gestalt gar zarfc und fein, 
Die sich auf die Zehen heben, 
Wollen sie ein Kusschen geben. 
So yieP sich mit Perlen schmucken, 
MOcht' ich an mein Herze driicken! 
Alle jungen Magdlein hier 
Scheinen duft'ge Bliiten mir. 
Wiisst' ich wie, mócht' alle traun 
Ich im Kranze um mich 8chau'n, 
Łeben, sterben dann voll Lust 
Eingewiegt an ihrer Brust. 



-^ 43 ^- 

Die beiden Alten. 

„W arst der schmucksten Madchen eines, 
Bist nun stumpf und dumm wie keines/' 
„Warst ein kraffger Bursche gar, 
Bist zu nichts mehr nutz, fiirwahr!" 
„Rosig waren deine Wangen, 
Runzeln nur darauf noch prangen/' 
,,Hattest Augen frisch und schOn, 
Nun musst du auf Kriicken geh'n." 
„Reizend einst vor langer Zeit, 
Bist 'ne Yogelscheuch* du heut." 
„Jung dereinst gefielst du mir, 
Ein Gespenst nun bist du schier.** 

Sułtana. 

uriines KressenblattI Wohlan, 

Sułtana, sag an. 

Hast du mir es angethan, 

Sułtana, sag an, 

Dass ich nicht yergessen kann ? 

Sułtana, sag an. 

Schau von fern ich deine Hutte, 

Zuckt mein .Herz bei jedem Schritte. 



• 
Haselblatt^) am Halse dein 
Scbaffet mir gar arge Pein, 
Und am Arm dein Haselblatt 
Fast den Tod gebracht mir hat. 
Mit den ZauberblMtern du, 
Liebeben, scbau nicbt andern zu, 
Blick in meine Augen, Kind, 
BlaUy wie auch die deinen sind. 
Jetzt ist es, mein Liebcben schón, 
Zeit; zum Bienenstock za geh'n, 
Sussen Honig za geniessen, 
Sussen Liebesbund za schliessen. 
Ans dem firischen Quell za trinken, 
Liebend sich ans Herz zu sinken. 

Das Łiebchen yom Berge. 

Liebcben von den BergeshOhen, 
Liebcben, Liebcben komm! 
In die Moldaa lass ans gehen, 
Liebcben, Liebcben komm! 
Lass uns mit einander kosen, 
Dass wir bluhen wie zwei Rosen. 

1) Dem Haselblatt wird Zauberkraft zugescbrieben. 



-^ 46 ^- 

Eomm, im Tanze scbwing' ich dich, 
Dass du feurig wirst wie ich. 
Beizend bist du Łieb, furwahr! 
Und ich auch nicht ubel gar. 
Nichts soli trennen uns hinfur, 
Eins sein woUen beide wir. 
Eins an Łeib uud SeeP wir beiden, 
Wie Ring und Finger nie sich acheiden. 



Stancn^a. 

W o die hohen Kreuze stehen 
Bei Stancutas Schanke, drehen 
Air im Tanz sich immerfort, 
Tanzen wie besessen dort. 
Guter Wein aus grossen Krugen 
Wird geschankt, will kaum geniigen. 
Keinem fallfs zu gehen ein, 
Ob die Nacht auch bricht herein. 
Wer des Wegs kommt, schliesst sich an, 
Tanzt im Reigen mit fortan, 
Trinkt, bis ihm der Beutel le^, 
Doch nicht kUmmert ihn das sehr; 



Wer mit Ochsen vier zog aus, 
Bringt nm* zwei dayon nach Haus, 
Wer zu Ross, muss sich bequemen, 
Selbst den Sattel amzunehmea. 
Wer zu Fuss gekommen war, 
Yertrinkt den Rock vom Leib furwahi^) 
Gebt nun bloss, doch frOblicb gar. 



Das gelbe Toglein. 

Unheil sangst du, V5gelein 
Mit dem gelben Schn^belein. 
War' der Schnabel dir zersprungen, 
Da so Scblimmes du gesungeni 
Tra, la la la, la la la! 

Sahst du nicht ins Herze mir, 
Wie es gliiht' von Liebe schier, 
Kalt wie Eis ist nun es, achl 
CTnd gar matt des Herzens Schlag, 
Tra, la la la, la la la! 

Deine Stimme sang von Scheiden, 
Sang mir, o, von bittrem Łeiden, 



47 ^— 

Ziehen musst' ich schlimme Strassen 
Und ich musst' Yom Liebchen laseen. 
Tra, la la la, la la lal 

War* ich doch ein J&gersmann, 
Trafe wohl im Wald dich an, 
Deinen Lohn dir g&be ich. 
Mit dem Pfeil durchbohrt' ich dich! 
Tra, la la la, la la lal 

Basilienkrant. 

,,0 Basilienkraat so griin, 
MOchtest nie du wieder bluh'nl" — 

— „Warum soli in kunffgen Tagen 
Eeine Maid beim Tanz mich tragen?'* - 

— ;;M0chte8t, Rosę du, vergehen, 
Nie mOcht' ich dich wieder seheni" 

— „Warum soli die Blute mein 
Nimmer schmiicken M^gdlein fein?'' 

— „Du bist lebend, ich bin tot, 
Hin ist meiner Wangen Rot/' 

— „Schliess' dich unserm Reigen an, 
Wie Basilie bliihst du dann; 



-^ 48 ^- 



Tanze, und auf deinen Wangen 
Werden wieder Rosen prangen." 



-r®;- 



Alter und Jagend. 

I. 

LeidvolI, unter Weidenzweigen, 
Sieh die Alte still sich beugen, 
Rings das Gras verwelkt sich neigen. 
Was einst grunte, welk ist 's heut, 
Was einst siiss, voll Bitterkeit, 
Was einst froh, voll Traurigkeit. 

IL 

Wo sich blum'ge Auen breiten, 

Sieh die Maid, die susse, schreiten^ 

Schmetterlinge sie geleiten. 

Was einst welkte, grun ist 's heut, 

Bitteres voll Siissigkeit, 

Was einst triib, voll Lust und Freud'. 



-^ 49 ^- 

Wiegenlieder. 

I. 
ochlafe, schlafe ruhig ein, 
Susses HerzeDssóhuchen meiul 
Mutterchen ja wieget dich, 
Mutterchen behutet dich, 
Wie ein Blumlein żart und fein, 
Wie ein kleines Engelein. 

Schlaf bei Mutterchen, schlaf ein I 
Es bespricht lieb Sóhnchen fein, 
Dass wie Stephan in der Welt 
Es einst werd' ein grosser Held^ 
Und das teure Yaterland 
Schirme einst mit starker Hand. 

Schlafe, Liebling, schlafe ein I 
Gott móg' dein Beschutzer seini 
Werde stark und schOn zumal 
Wie der Sonne lichter Strahl, 
Dass die M^dchen fur dich gliihen, 
filumen auf dem Weg dir blGhen. 

II. 
Schlafe, schlafe, Herzcben mein, 
Mutterchens lieb BlumeleinI 
Mutterchen ja wieget dich, 
Wascht Gesichtchen sauberlich 



50 ^— 

Mit dem Wasser aas dem Qaell, 
Dass es strahlet sonDenhell. 

Schlafe, schlafe, Liebling meini 

Bluhe wie die Nelke fein, 

Werde wie ein Róhr so schlank. 

Wie SchneeglOckchen weiss und blank,. 

Sanft wie Turteltauben sind, 

Wie ein Stern so schOn, mein Kind. 

Der Zigeaner^). 

Wisset, ein Zigeuner bin ich; 
Prei von Sorgen, nimmer mud, 
Bin ich wie der Wind so lustig, 
Habe, o ein treffiich Lied. 

Hab' ein Zelt mit vielen Plicken, 
Ahne schenkfs, ais sie erblich, 
Schutzet vor der Sonne Tiicken 
Wie vor Schnee nnd Starme mich. 

Nicht BojareDglanz beneid' ich; 
Nicht um alles in der Welt, » 
Nicht um Kaiserschtósser wahrlich, 
Tausch' ich mein Zigeunerzelt. 

1) Au8 Popescii „Dorulu inimei (Bucur. 1888). 



-^ 51 ^— 

Deun am Hofe, im Palaste 
Ist die Sorge oft zu Gaste, 
Doch im alten Zelte mein 
Pand die Freude ich allein, 

O die Reichen, wie beklage 
Ich ihr Schicksal alle Tagel 
Leiden ja dm^ch tJberdruss, 
Wie mein Amboss leiden muss. 

Doch ich schwing' den Hammer lustig, 
Schlage auf das rotę Eisen, 
Singe, wie die Ahne lehrt' mich, 
PrOhliche Zigeunerweisen. 



•-r^^ 



III. Balade). 



Sonne nnd Hond*). 

oonneDJungling licht und rein 
Zieht umher, ein Weib zu frei*n, 

Jahre neun 

Mit Rosseu neun, 

^) D!c „balade" oder „c&nticele b&trlneęt!" (== alte Lieder) 
entsprechen einigermasBen, wenn auch nicht genau, unseren 
Balladen. Sie haben meist epischen Charakter und besingen 
gewóhnlich rumanische Helden und berubmte Haiducken 
(Banber), sind aber zuweilen auch mehr lyrischer Natur. Sie 
bilden den IntereBsantesten nnd wertyoUsten Tell der Yolks- 
^chtung und mit Becht bemerkt Prof. Nyorp, dass sie an 
(^riginalitat, Schonheit und Eraft sich mit den spanischen Bo- 
ii^umzen messen kónnen. Sie werden haufiger recitiert ais ge- 
^gen, letzteree besonders yon Blinden unter Begleitung einer 
Moline oder Hirtenflóte. Die obige Balladę ist interessant 
^ureh ihren mythischen Gehalt, der sich mit christlichen Yorstel- 

*^*igen yermischt. 

^ Bei der 'ffbersetzung wirkt es storend, dass im Deutachen 

^^e Worter „Sonne" und „Mond" ein anderes Geschlecht ais 

^ Bumanischen haben. 



; -<e 54 $— 

Zieht durch Erd' und Himmelshohen 
Wie ein Pfeil, wie Sturmeswehen. 
Fast erlahmt der Rossę Eraft, 
Keine Maid doch Freud' ihm schafiFt 
Ais die Schwester Ileana, 
Ileana Gosinzana^); 
SchOner ist die Bliite licht 
In des Winters Dankel nicht. 

— „Liebe Schwester Ileana, 
Ileana Cosinzana, 

Komm, yermahle dich mit mir, 
Denn wie du gleicht keine mir: 
Gleich ist Haar und Angesicht, 
Gleich ist unsrer Schónheit Licht. 
Hab' ich meiner Strahlen Glanz, 
Strahlt wie Gold dein Lockenkranz. 
Wenn mein Antlitz Feuer spriiht, 
Sanft und mild das deine gliiht/' 

— „Ach, du Strahlenbruder mein, 
Leib, von aller Siinde rein*), 

^) Ileana Cosinzana spielt eine grosse BoUe in den ruD 
nischen Marchen. 

2) Wórtlich ubersetzt. 



-^ 55 ^- 

Nimmer, traan^ hab' ich gefunden, 
DasB Geschwister sich verbunden." 

Und der Sonnenjungling drauf 
Pinster eilt za Gott hinauf, 
l^eigt vor ihm das Angesicht 
Uud in Demut zu ihm spricht: 

„Vater, Herr, 

AUheiligerl 
Zeit ist^s, dass ich mich verm^hle 
Und mir eine Gattin wahle; 
Aber keine in der Welt, 
Keine mir so sehr gefallt 
Wie die Schwester Ileana, 
Ileana Cosinzana.*' 

Gott, der Heirge, hórt ihn an, 
Nimmt ihn bei der Hand sodann, 
Zeiget ihm der HóUe Schrecken, 
Furcht im Herzen ihm zu wecken, 
Dann des Paradieses Auen, 
Himmelswonne dort zu schauen. 
Und der Herrgott redet dann 
AIso ernst die Sonne an: 
(Ais zu reden er begann 
Fuhr die Welt auf aus der Ruh' 
Hórte ehrfurchtSYoU ihm zu, 



-^ 56 ^- 

Łichterłallt die Himmel standen 
Und die dankeln Wolken schwanden.) 

— „Sonne, leuchtend Wesen mein, 
Leib, von aller Sunde rein, 

Hast des Himmels lichte Hohen 
Und die Holle nun gesehen; 
Was denkst du in deinem Sinn?" 

— „Gem geh' ich zur HoUe hin, 
Wenn ich nicht allein dort bin 
Sondern mit der Ileana, 

Ileana Gosinzanal*' 

Und sie stieg von ihren Hdhen, 
Blieb erst bei der Schwester stehen^ 
Liess die Hochzeit schnell bereiten, 
Ileanen festlich kleiden, 

* 

Liess mit Kron' und Peteale^) 
Schmucken sie zum Hochzeitsmahle 
Und dem Rock, der ungenaht 
Aus Ju wełen schier besteht. 

Darauf tritt das schttne Paar 
In die Kirche zum Altar; 
Doch ais es zur Trauung geht» 
Welch ein jaher Wechsel, sehtl 

^) Die Goldf§,den des Brautschmucks. 



-^ 57 ^— 

Es erlischt der Lichter Glanz, 
Es zerspringt die Glocke ganz^ 
Nieder sturzt der Priester jah. 
Und die Braut? die Arme, wehl 
Todesgrausen sie empfand, 
Deon Yom Himmel eine Hand 
Streckte nun nach ihr sich aus 
Und warf sie ins Meer, o GrausI 

Hoch aufsch&umt' die Meereswelle, 
Doch da sie zerteilt* die Welle, 
Ward ein goldner Fisch sie schnelle. 

Hoch schwang sich die Sonne auf, 
Łiess sich flugs hinab darauf 
In das Meer zu Ileana, 
Ileana Gosinzana. 

Doch Gott, der im Himmelreich 
Und auf Erden herrscht zugleich, 
Strockt' ins Meer die macht*ge Hand, 
Nahm den Goldfisch unverwandt, 
Schleudert' ihn zam Himmel hin, 
Wandelt' in den YoUmond ihn. 

Und siehl unser Herr und Gott 

Also ihnen nun gebot: 

(Da er sprach, der liebe Gott, 



I 



-^ 58 ^- 

Zittert' baug die Erd' umher, 
Sich za bergen sacht' das Meer, 
Bebend wankt' der Berge Grund, 
Pinster ward es rings zur Stund*.) 

— „Du Deana, dereń Seele 
Prei von aller Schuld und Pehle, 
Und du lichte Sonne mein, 
Leib, von aller Sunde rein, 
SoUt euch mit den Augen sehen 
Und doch nie zusammengehen, 
Und die Glut, in Euch entfacht, 
Soli euch treiben Tag und Nacht; 
Sollt am Himmel ohne Weilen 
Bings die Welt erleuchtend eilen." 

Der Drache^). 

Wo am Wege silberhell 
Pliesst der kiihle Taubenąuell, 

1) Die rumaniscben Marcben erzahlen, abnlich wie die 
deutscben, baufig Kampfe zwiscben Dracben und Helden, den 
,,fe^-frumoęi'^ Nacb dem Yolksglauben bilden sicb die Edel- 
steine aus dem Geifer dieser Dracben oder Scblang^n, und 
ibre Nester sind mit Brillanten und Rubinen bedeckt. 



--$ 59 ^- 

Łeuchten Blamen heli und klar. 
Sind es Blumen? Nein, furwahrl 
Einer Schlange Augenpaar. 
Einen Schuppenpanzer grun 
Tr^gt sie, blicke ja nicht hini 

Ton dem Ungetum bezwungen 
Ist ein Ritter halb verschlungen, 
Ob er tapfer auch gerungen. 
Flehend ruft der Ritter wert, 
Dass den Ruf man weithin hOrt: 
„Eile, Retter, zu mir hin, 
Eh' ich ganz verschlungen bin; 
Eomm^ o Herzensbruder mein, 
Denn schon fasst mich TodespeinI" 

Sieh, den Weg daher gar schnell 

Sprengt zum kiihlen Taubenąuell 

Ohne alle Furcht ein Degen 

Jenem Ungetiim entgegen, 

Hoch auf glanzend Schwarzem Ross, 

Unsres Ritters Kampfgenoss. 

— j.Drache", ruft der Recke aus, 

„Gieb den Jiingling mir heraus, 

Mit dem Schwert sonst spalt ich dich, 

LOse so von Siinden mich^).'* 

1) Naoh dem Yolksglauben yergiebt Gott eine Sdnde filr 
3 getotete Schlange. 



-^ 60 ^- 

Drache schlftngelt sich heran, 
Spricht mit sieben Zangen dann: 
„Ritter werfc, tapfrer Gesell, 
Gieb dem Ross die Sporen schneU, 
Pliehe, fliehe gleich von hinnen, 
Wirst sonst nicht dem Tod entrinnenl" 

— „Drache, gieb den Ritter wert 
Gleich heraus nair unyersehrtl 
Sieh, ich hab' ein gutes Schwert." 

— „TriflF mich oder triflf mich nicht, 
Meine Bente lass ich nicht. 

Fruhe schon ais Eindlein żart 
Dieser mir gegeben ward, 
Denn gar oft die Mutter sagte, 
Wenn sie ihn zu Bette brachte: 
„LS^sst du nicht zur Ruh dich bringen, 
Soli der Drache dich yerscblingenl" 

Doch der wackre Rittersmann 
Spomt den Dobrogeaner *) an, 
Schwingt die Klingę sonder Weile, 
Haut den Drachen in zwei Teile, 
Zieht hervor den Ritter gut, 
Yoller Gift und voller Blut. 

1) Die Dobrogea war beruhmt durch ibre edle Pferderacc 



-^ 61 ^- 

Auf den Rucken nimmt er ihn, 
Trftgt zur Stine^) schnell ihn hin, 
Wascht mit Milch ihm seine Wunden, 
Bis Yom Gifte sie gesunden. 

Und die Ritter, neuyerbunden, 
Wurden beide Kreuzesbruder*), 
Trennten fortan nie sich wieder 
Und bestanden, engvereint, 
Manchen Drachen, manchen Feind. 



Bing nnd Tuch. 

I. 
War einmal ein KOnigssohn 
Schlank und schón, wert einer Kron', 
Wie die hohen Tannen stehen 
Auf der Berge lichten Hohen. 
Wahlte sich zur Gattin sein 
Aus dem Dorf ein Magdelein, 

1) Stine = Sennbutte. 

*) Urn ,,fra^i de cruce" zu werden, mischten zwei Fersonen 
ir Blat und schnitten sich zu diesem Zweck ein Kreuz auf 
Bm' reohten Arme ein. Diese Kreuz- oder Blutbruderschaft 
Brpfliohtete zu unbedingter gegenseitiger Hulfe auf Lebenszeit. 



-^ 62 ^- 

Das wunderhold und lieblich gar 
AUer Nachbarn Liebling war. 
Sass ihr Einderantlitz strahlt', 
Schlank und żart war die Gestalt 
Wie des Feldes Bliimelein 
In der Sonne lichtem Schein. 

Aber eine Botschaft, wehel 
Dass er schnell ins Lager gehe, 
Rief ihn fort ans ihrer N^he. 
Tiefbetriibt, voll Herzeleid, 
Sprach beim Abschied er zar Maid: 
„Liebchen, susses Herze mein, 
Nimm dies gold'ne Ringelein, 
Trag' es an dem Finger dein; 
Wird der Ring vom Roste rot, 
Wisse, Liebchen, bin ich tot."— ■ 

— ,,Lassest du mich weinend hier, 
Nimm dies seid^ne Tuch von mir 
Mit golddarchwirktem Rand ais Zier, 
Schmilzt das Gold, weisst Trauter du, 
Dass ich ging zur ew'gen Ruh\" 

u. 
Hoch za Ross, in trubem Sinnen, 
Zieht der jungę Prinz von hinnen, 



-^ 63 ^- 

Bis Yom Ritt ermadet dann 

Er ein Feuer ziindet an. 

Mitteu in dem Hochwald heli 

Leuchtet es am Rabenqaell. 

Und aas seinem Basen zieht 

Er das Tuch — doch ais er's sieht, 

Durchbebt Schrecken sein Gemut: 

jyMeiDe lieben Kampfgenossen, 
Ihr, der Drachen tapfre Sprossen, 
MOget hier euch giitlich than 
In des Waldes Schatten ruhn. 
Muss euch wieder gleich verlassen, 
Denn ich hab' daheim gelassen 
Meinen Sabel aus Versehen, 
Liess am grunen Tisch ihn stehen." 

Heimw^rts eilt er ahnangsschwer. 

Siehe, da begegnet er 

Einem Held auf kleinem Ross. 

„Gluck zu, tapferer GenossI 

Was bringst du? Wo kommst du her?" 

— „Willst du's wissen, Herr, so hćJrM 

Ob's auch andern wohlergeh*, 

Dir yerkiind' ich bittres Weh. 

Herr, dein Vater fiel ins Land, 

Sucht' es heim mit Krieg und Branda 

Bis er deine Liebste fand, 




-^ 64 ^- 

Warf, o bitfres Herzeleid, 
In den Teich sie, tief und breitl" 
— pNimm den Renner treu denn hin; 
Meinem Vater bringe ihn. 
Fragt sodann er, wo ich bin, 
Sagę ihm, an Ufers Rand 
Ging ich weiter unverwandt, 
Sprang dann in die Fiat hinein 
Bei dem trauten Kind zu sein/' 

IIL 

Der Vater Truppen kommen liess, 
Ab den See er graben Mess, 
Bis man auf die Kinder stiess. 
Arm in Arm man beide fand 
Hingestreckt auf gelbem Sand, 
Und ihr Antlitz strahlt voll Freude, 
Ais ob sie noch lebten beide. 

Doch der KOnig, reuerfullt, 
Sie in weiche Seide huUt. 
In die Kirch' sie bringet man, 
Legt sie in zwei Sarge dann, 
Kdnigss^rge, stolz und schOn, 
Mit latein'scher Schrift verseh'n. 
Einen Altar man erbaut 
Uber ihm, der ostwarts schaut, 



-^ 65 ^- 

Dnd ihr Sarg nach Westen steht. 
Doch aas seinem Grabę, seht! 
Eine grune Tanne steigt, 
Die aufs Kirchendach sich neigt; 
Und au8 ihrem Grab entspringt 
Eine bluh*nde Reb' und dringt, 
Ehe noch die Sonne sinkt, 
Zam Dach, ringt sich fort in Hast, 
Bis die Tanne sie erfasst. 

Donn're Herr, dein Wetterstrahl 
TreflFe sie, die Frevler air, 
Welche Maid und Jungling trennen, 
Die in heisser Liebe brennen. 

Der Kuekuek ond die Tarteltaobe^). 

Kuckuck: 

1 urteltaubchen mein, 
Schneeweiss Yógelein, 
Sei mein Liebchen traut, 
Meine susse Braut. 

1) Eine Monograpbie iiber diese Yolksdichtung hat der 
shyerdiente rumanische Gelehrte Hasdeu yerófifentlicht (s. 
bster Literat, popul. rom. S. 376). 

5 



-^ 66 ^- 

Lass ats ziirtlich spielen 
In dem Laub, dem kuhlen, 
Singen im Verein 
Bei Mond- and Sonnenschein. 

Turteltaube: 

„Warest du allein, 
Sagt* ich wohl niclit nein; 
Doch ich sagę nein 
Um die Mutter dein. 
Arges denkt ihr Sinn, 
Sie ist Zauberin, 
Wird mich sicher hassen, 
Will ich dich nicht lassen. 
Sie verzaubert mich, 
Herz' ich, Kuckuck, dich." 

Kuckuck: 

„Susses Taubchen mein, 
Weisses Ydgelein, 
WoUest gram nicht sein. 
Za des Laubes Kahle 
Ruft des Sommers Schwiile, 
Dass wir zartlich dort 
Kosen immerforfc." 



-^ 67 ^- 

Turteltaube: 

„Kuckuck, nimmermehr 
Schenk ich dir Gehór. 
Lass in Frieden mich, 
Sonst werd' wahrlich ich 
Ein Brot auf dem Herd, 
V^on der Glut yersehrt, 
Worauf Thranen fallen, 
Uod verschmaht von allen/' 

Kuckuck: 

„Wandelst du auch dich, 
Nimmer lass ich dich; 
Denn dann werde ich 
Eine Schaufel klein, 
Niedlich gar und fein. 
Kusse dich voll Glut 
Trotz des Feuers Wut; 
Will der Flamme wehren, 
Soli dich nicht verzehren. 
Wendest willig du 
Nicht dein Herz mir zu, 
Wirst mein Schatzelein 
Du gezwungen sein." 



5* 



Turteltaube: 

„Warest du allein, 

Sagt* ich wohl nicht nein; 

Doch der Mutter, traun, 

Denke ich mit Grau'n. 

Sie ist Zaaberin 

Und gar arg ihr Sinn. 

SchelteD wird sie mich, 

Herz' ich, Kuckuck, dich, 

Und sie wird mich hassen, 

Will ich dich nicht lassen. 

Besser war' es mir, 

Ich entflOhe dir, 

Wiird' ein Rohr sogleich 

Hoch und schlank im Teich.** 

Kuckuck: 

„Wandelst du auch dich, 
Nimmer lass ich dich, 
Wurde sicherlich 
Dann ein Hirt sogleich, 
Melodienreich. 
Schaut' im Teich ringsum 
Nach 'nem Rohr mich um, 
Trafe wohl dich an, 
Schnitte schnell dich dann, 



-^ 69 ^- 

Bliese nun auf dir^ 
Kusst' dich fur und fiir.^* 

Turteltaube: 

„Nein, o Kuckuck, nein, 
Nimmer kann das sein, 
Du mein Tauber lieb, 
SchOner Herzensdieb, 
Mit den bunten Flecken 
Auf den Flugeldecken. 
Wohl behagt' es mir, 
Lebte ich mit dir, 
Doch der Mutter, traun, 
Denke ich mit Grau'n. 
Lieber, Kuckuck mein, 
Wiird' ein Bildchen klein 
Ich in der Kapelle 
Dann wohl auf der Stelle." 

Kuckuck: 

„Wandelst du auch dich, 
Nimmer lass ich dich, 
Wurde sicherlich 
Ein Chorknab' sofort 
An dem heiFgen Ort. 
Bracht' mit frommem Sinn 
Gaben reich dir hin. 



-^ 70 ^- 

Piele dir zu Fussen, 
Wollte stets dich kussen, 
Traun, von Montag an 
Bis zam Sonntag- dann. 
Und wurd' ich dich sehen, 
Wurde so ich flehen: 
„Heirgenbildchen mein, 
Werd' ein Taubchen klein, 
Dass wir z^rtlich spielen 
In dem Laub; dem kiihlen, 
Singen im Verein 
Bei Mond- und Sonnenschein/' 



Miori^. 

Folgende Stelle ans Carmen Sylyas Werk „Durch 
die Jahrhunderte", worin die kónigliche Schrift- 
stellerin erz&hlt, wie Alecsandri ,,Miori^^^ fand^ 
durfte far diejenigen Leser, die das pr&chtige Buch 
noch nicht kennen, yon hohem Interesse sein. 

„Wir waren im Musikzimmer von Castell Pele§ 
yersammelt", schreibt die KOnigin, „mit seiner Holz- 
yertafelung, den Gemalden aus Carmen Sylva8 Er- 



-^ 71 ^- 

zllhlangen daruber und den Scheibeo, mit den Mftrchen 
Yon Alecsandri .... 

„Bie Leate wollen nicht glaaben, dass Sie die 
sftmtlichen Balladen nicht selb^t erfanden/' sagte 
die EOnigin zu Alecsandri, ,,nicht wahr, sie sind 
dennoch echt?" 

„Brzahlen Sie uns," rief Helenę Tacaresco eifiig, 
„erzahlen Sie, wie Sie sie entdeckten I" Der Dichter 
l&chelte nnd sah wohlgeilftUig aaf die Gesichter, die 
ihn umdr&ngten. 

„Das Suchen nach Balladen war eine Leiden- 
schaft in mir, wie eine Krankbeit. Es gab keinen 
Berg, den ich nicht bestieg, um die Hirten zu hOren, 
keine Eneipe, die ich nicht besachte, um den lau- 
tari zu lauschen, kein altes Mutterchen, yon der 
ich mir nicht singen und sagen liess, was es wusste.^' 
„Wie fanden Sie Miori^a?" fragten mehrere jungę 
Stimmen. 

„Ich woUte den Tsachlau besteigen und wurde, 
etVa in der Mitte desselben, von der D&mmerung 
fiberrascht. Da fand ich Hirten, die das Alphom 
vor sich auf den Boden gestiitzt, demselben die 
wunderbarsten Tóne entlockten, auf welche von den 
Bergen ringsum geantwortet wurde. Dann setzte 
ein anderer die Flóte an die Lippen und blies eine 
Doina in weichen KlagetOnen. „KOnnt ihr mir 



ś 



-^ 72 ^- 

nicht, ein Lied singen?" fragte ich. „O ja, das 
kdnnen wir!'^ Und mit einem mandolinenartigea 
Instrument sich begleitend, setzte einer der Hirten 
ein und sang mir Miori^a. Ich sammelte mit flie* 
gender Hand die Worte, die ihnen wie Goldkórner 
unbewusst von den Lippen fielen. Manche Stellen 
liess ich mir wiederholen, bis ich alles aufgeschrieben." 

^,Miori^a ist die schdnste Yon allen Balladen/' 
rief Helenę. Des alten Herm Augen leuchteten 
mit jugendlichem Glanz. 

.,Ja/' sagte er, „ich habe nie den Tod gefurchtet, 
ais ich aber das Lied in der Tasche hatte, bekam 
ich die grósste Angst, es kOnnte mir ein Ungluck 
zustossen, bevor ich meinen Schatz gesichert! Der 
Weg nach Jagi schien mir auf einmal gefUhrlich 
und lang, und yon Zeit zu Zeit griff ich ftngstlich 
nach der Herzgegend. ob mein Bl&ttchen auch sicher 
geborgen ware/* 

Das Schafchen. 

Von der Alpe dort 
An des Himmels Pfort' 
Sieh, da zieh'n einmal 
Ihren Weg zu Thal 



-^ 73 ^- 

L^mmerherden drei, 
Hirten*) drei dabei. 
Einen Ungarland, 
Einen Moldaaland 
Einen Yrancea*) sandt'. 

Der au8 Ungarland*), 

Und den Vrancea sandt', 

Die berieten sich und besprachen sich, 

Wenn es Nacht geworden, 

WoUten rachlos morden 

Den Gef^hrten sie, 

Weil er reich an Vieh, 

Weil er Schafe mehr 

Hatt' mit HOrnern schwer, 

1) Die rumaniachen Hirten bewohnen die bedeutenderen 
Hóhen der Earpathen Datiirlich niir in den Sommermonaten. 
Anfangs Mai, bei Beginn des Fruhlings werden zunachst die 
tiefer liegenden Weiden, allmablich erst die ausgedehnten Ge- 
blrgswiesen aiif den Hohen aufgesucht. Um die Mitte des 
September werden letztere schon wieder yerlassen, worauf die 
meisten Hirten sich den Donauweiden zuwenden. 

2) Trancea ist ein Gebirgsthal am Abhang der Karpathen, 
dessen Bewohner in Sitten und Gewohnheiten den ursprung- 
lichen Charakter der Moldauer am treuesten bewahrt haben 
BoUen. 

8) Siebenbiirgen ist gemeint. 



-^ 74 ^- 

Pferde wohl gelehrt, 
Hunde treubewahrt. 

Doch ein Schftfchen klein, 
ZartbewoUt und fein, 
BlOkte kl^glich bang 
Schon drei Tage lang, 
Frass fast gar nicht mehr. 

„Weisses Schafchen fein, 
SchM.fchen, weiss und rein! 
Schon drei Tage lang 
BlOkst da kl^glich bang, 
Mundefs Gras nicht mehr? 
Drucket Krankheit schwer 
Dich, mein Schafchen, sehr?" 

„Hirte du, mein lieber, 
Fuhre doch hinuber 
In den Wald uns fort; 
Weide beut uns dort, 
Schatten dir der Ort. 
Herr, o folgę mir, 
Ruf 'nen Hund zu dir, 
Ruf den mutigsten. 
Ruf den treuesten; 



-<$ 75 ^- 

Denn wenn'8 Nacht geworden, 

Wollen dich erraorden 

Der au8 Ungarland 

Und den Yrancea sandtM" 

— „Birsaschafchen ^), liebes, 
Siehst du so Yoraus es, 
Ist es Schicksals Schluss, 
Dass ich sterben muss, 
Dcm aas Ungarland 
Und den Vrancea sandt* 
Sag', ganz nahe haben 
Sie mich zu begraben, 
Nach der Hurde hin, 
Dass bei euch ich bin, 
Von der Stine dann 
Die Hunde hóren kann. 

Sprich: „Ihr seid gebeten, 
Łegt zu Haupt' ihm Floten, 
Buchen eine sei, 
Peiert Liebestreu.; 
Eine sei ans Bein, 
Klaget Liebespein; 

1) Birsasohaf ist das Leitachaf. Birsa ist eia Dorf in 
lenbtirgen. 



. -^ 76 ^- 

Ein' au8 Hollerholz^) 
Tónet feurig stolz/' 
Wenn der Wind dann leise 
Wecket ihre Weise, 
Sammeln bei den Tónen 
Sich die Schaf voll Sehnen, 
Weinen blufge Thranen. 
Aber von dem Mord 
Redę nicht ein Wort. 
Einer Fiirstin*), sprich, 
Sei vermahlet ich, 
Die mit aller Welt 
Ihre Hochzeit halt. 
Ais der Bund geschlossen, 
Sei ein Stern erloschen*); 
Meine Hochzeitskrone. 
Hielten Mond und Sonne*), 

1) gleich Hollanderholz. 

2) Die Fiirstin, die mit aller Welt ihre Hochzeit halt, ist 
natiirlich die „mórte". Bei der ttbersetzung wirkt es storend, 
dass im Deutschen der Tod mannlich ist. 

3) Nach dem Glauben des rumanischen Yolks ist jedes 
Menschen Los auf geheimnisYolle Weise mit dem eines 
Sterns yerbunden, der sich yerfinstert, wenn dem Menschen 
ein grosses Unheil droht, und fallt, wenn wir sterben. 

^) Bezieht sich aiif die Hochzeitsceremonien nach griechischem 
Ritus, wobei die Brauteltern die Krone halten, mit der die 
Neuyermahlten geschmiickt werden. 



-^ 77 ^- 

Tann' und Esp' ais G&ste 
Waren bei dem Feste; 
Priester — Bergeskegel, 
Musikanten — V5gel, 
V(Jgel — tausend gar, 
Fackeln — Sterne klar. 

Doch wenn du begegnest, 
O, wenn du erblickest 
Mein alt Mutterlein 
Mit dem WoUgurt fein, 
Wie durchs Feld sie eilet, 
Bittre Thranen weinet, 
Alle Leute fragt, 
Allen Leuten sagt: 
„Wer hat ihn geseh^n, 
Meinen Hirten schOn, 
War 80 schlank und fein, 
Ging durchs Ringelein, 
Żart wie sein Gesicht 
Ist der Milchschaum nicht, 
Und der Schnurrbart ^) euch 
Der Kornahre gleich, 

) Der Schnurrbart der Bewohner des westlichen Gebirges 
)WÓbalich beller ais das Haupthaar und borstig wie eine 
enabre. (s. 81avici, die Rumanen ia Siebenbdrgen, S. 185.) 



-^ 78 ^- 

Rabenschwarz, lurwahr, 
Seines Hauptes Haar^), 
Seiner Augen Glanz 
Wie Brombeeren ganz?" — 
Schafchen, mit der Armen 
Habe dann Erbarmen! 
Sag' der Mutter frei, 
Fern vermahlt ich sei, 
Einer Maid gar suss 
In 'nem Paradies. 

Aber ja bericht' 
Miitterchen mir nicht, 
Ais der Bund geschlossen, 
Sei ein Stern erloschen; 
Meine Hochzeitskrone 
Hielten Moud und Sonne; 
Tann' und Esp' ais Gaste 
Waren bei dem Feste; 
Priester — Bergeakegel, 
Musikanten — Vogel, 
V()gel — tausend gar, 
Fackeln — Sterne klar^). 

1) Auf die Wiedergabe der Diminutiya mass man nału 
lich bei der tjbersetzung yerzichten. 

2) Alecsandri bemerkt, er habe den Schluss der Balla( 



-^ 79 ^- 

Eiehe und Kirschbaum. 

Wollest, Eichbaum, Bruder mein*), 
Einen voii den Asten dein 
Mir ais Wagenachse leih'nl 

— „Gern, Rumane, schenk ich dir 
Meiner Astę starksten hier, 
Machst du dir nach Heldenart 
Eine WaflFe, stark und hart, 
Eine Keule*) ungeschalt, 
Voll von Nageln ungezahlt, 
Einen Kolben, stets zum Streit 
Fiir das Yaterland bereit." 

bt auffinden koDnen; doch bedarf das wunderbar schóne Ge- 
ht wohl kelner weiteren Entwickelung. Lehrreiche Bemer- 
igeD aber die Yerwandtschaft dieser Dichtiing mit anderen 
jei Gaster Lit. pop. rom. S. 477. 

1) Wie wir seben, redet der Rumane in seinen Yolksdicb- 
gen nicbt nur die Tiere, zu denen er in naherem Yerbalt- 
}e stebt, wie der Rei ter sein treues Ross, der Hirt seine 
lafe and Hunde, der Rauber das Reb und andei^e 'J'iere 
Waldes, sondern sogar unbelebte Gegenstande wie Baume, 
isse etc. ais Bruder resp. Scbwester an (s. meine Abbandl. 
Progr. d. Realgymnas. zu St. Petri in Danzig, Ostem 1889 
13). 

^) Die mit starken Nageln bescblagene oder eiserne Keule 
zdugan) ist in den rumanischen Balladen und Marcben die 
blingswaffe der Helden. 



-^ 80 ^- 

— „Wollest, Kirschbaum, denn dich beugen, 
Fur die Ochsen, mir zu eigen, 

Einen geben von den Zweigen." 

— „Gerne, Bruderchen, fiirwahr, 
Reich' ich einen Zweig dir dar, 
Willst du ihn ais Bogen tragen 
Um die Polen zu verjagen. 
Lass die Ochsen, Bruderlein, 
Nun musst du ein Jager sein, 
Nicht isfs Zeit, das Feld zu bauen. 
Lass uns Heldenmut nun schauenl'^ 

— „Soviel Kirschbaum* stehen hier, 
SoUen Feinde bluten mirl 

Soviel Eichen stehn im Wald, 
Sollen Hauptleut' fallen baldl" 

Burcels HngeL 

Alles strahlt in Festeswonne; 
Glorreich hiillt das Licht der Sonne 
Rings die Welt in gold'nen Schein, 
Strahlt in jedes Herz hinein. 



-<$ 81 ^- 

Da erscheint, der Sonne gleich, 
Er, an Ruhni und Siegen reich, 
Furst Stephan^), der stolze Held, 
Der der Moldau Scepter halt. 
Der Woiwode, hoch zu Ross, 
Sprengt daher mit grossem Tross; 
Nach Yaslui zur Kirche hehr, 
Eilt von seinem Scblosse er. 
Glocken tónen feierlich, 
Und die Fahnen neigen sich. 
Sieh die Hengste stolz sich baumen, 
Mutig in die Ziigel schaumen; 

1) Die Regierung Stephans des Grosaen (1456 — 1504) ist 
glorreichste Zeit in der Geschichte der Moldau und bildet 
)r, trotz der unleugbaren Grausamkeit dieses Fiirsten, den 
z der Rumanen. Wie er yierzig Jahre regiert, hat er nach 
Yolkssage auch yierzig Kirchen gebaut und yierzig Siege 
Dgen. Alecsandri selbst hat diesen Nationalhelden in eioer 

besungen, die mit der scbónen Strophe begiont: 

„La poalele Carpa^ilor 
Sub yechiul teiX mormint, 
Dormi, eroii al Romanilor, 
O! Stefan, eroii sfiot! 
Ca sentinele falnice 
Carpa^ii te pazescu 
Ci de 8ublima — i^i glorie 
Cu seculii głoptescii." 

6 



-^ 82 ^- 

Doch das Yolk ruft lauter noch: 
„Unser Furst, er lebe hochl^' 

In die Eirche will soeben 
Der Woiwode sich begeben, 
Ais den Ruf er hórt erheben: 
„Yorwarts Ochslein, zieh doch an, 
Zieh die Purche noch bergan!" 
Ais der Furst die Stimme hórt, 
H&lt erstaunt er an sein Pferd: 
,,Hóret den Rum^nen ibr. 
Wie er zomig schilt sein Tier? 
Augenblicklich sucht ihn auf 1 
Fuhrt ihn zu mir her darauf." 

Panzerreiter ohne Weilen 
Schnell am Flusse aufw&rts eilen, 
Bis auf eines Hugels Rucken 
Einen Landmann sie erbUcken, 
Der den Hugel muhsam baut; 
Seine Stimme tOnet laut: 
„Yorwarts Ochslein, zieh doch an, 
Zieh die Furche noch bergani" 
Und sie steigen von den G^ulen, 
Zum Rumanen schnell sie eilen, 
Fesseln hurtig ihm die H^nde, 
Fiihren ihn zum Herrn behende: 



-^ 83 

,,Nan; Ramtoe^ ohne Zagen 
Magst den Namen du uns sagen/^ 

— „Furcht ist uns Rum^nen fern, 
Fern auch, weil wir dich zum Herrn. 
Biat ja Stephan^ anser Held, 

Ohne Gleichen in der Welt, 
Und ich bin Coiman Borcel, 
Auch ein wackerer Gesell." 

— ,,Deinen Mut, traun; lob' ich mir, 
Aber nun erklar* uns hier, 

Wie konnfst du dich so vergehen, 
Dass wir pflugen hier dich sehen 
Just am Festtag, just zor Zeit, 
Die dem Gottesdienst geweiht?*' 

— „Herr, aufs Herz leg' ich die Hand 
Sei die Wahrheit dir bekannt! 

Eh' zu ackem ich beschloss^ 
Hatt' auch ich ein edles Ross; 
Eine Keule, schwer und wuchtig, 
Voll von spitzen Eisen fiihrt' ich. 
Wenn ich sie im Kampfe schwang, 
Mit ihr in die Feinde drang, 
Sanken acht bei ihrem Klang. 
Ja, solange ungeschw^cht 
Ich sie fuhrte im Gefecht, 

6* 



i 



^ 



-<r"84 ^- 



Sandt' ich Heiden viel insi Grab, 
Yiele K5pfe schlug ich ab 
Voii Lithauem und Tataren 
Und hochmutigen Magyaren. 
Aber bei Roesbeni^) fahren 
Liess die Keul' ich notgedrungen, 
Yon des Feindes Hieb bezwungen. 
Ach, nicht sank sie hin alleine, 
Auch sank von den Handen eine 
Mit dem Heiden im Yereine. 
Bin seitdem ein armer Mann, 
Weiss nicht, was ich fangę an, 
Hab' nicht Hiitte, hab' nicht Pflug, 
Hab' auch keinen Ochsenzug. 
Ach, wohl suchte ich die Reichen 
Unsres Dorfes zu erweichen; 
Nur um einen Pflug sie bat ich, 
Doch mein Bitten war vergeblich. 
Da, Herr, ging ich unverwandt 
Hin in das Tatarenland, 
Einen Pflug nahm ich mir dort^ 
Spannt' 'nen Ochsen an sofort. 

^^ h ei Roesbeni (1476) bekampfte Stephan das 120000 

■Łr -łTlo^JLHeer Mahomeds II. Wie selbstbewusst und doch 
Mauii 8tarKto--i^^ 

gegchlckt ist die A."*^"'* ;J«8 Yeteranen! 



-•^ 85 ^- 

Pflugt' den Acker ohne Weilen, 
Denn stets muss der Arme eilen; 
Hat nicht Sonn- und Feiertage, 
Alle sind ihm Arbeitstage." 

Freundlich hćirt der Fiirst ihn an 
Und entgegnet ihm alsdann: 
,,So yernimm denn nun, Burcel, 
Meinen Spruch, wackVer Gesell. 
Ochsen sechs und einen Pflug 
Schenk' ich dir, doch nicht genug, 
Jenes Hiigels Acker dort 
Sei dein Eigentum hinfort. 
Scharfe Wacht halt' auf dem Gipfel, 
Wie der Eiche starrer WipfeF). 
Siehst den Feind heran du sausen, 
Um in meinem Land zu hausen, 
Rufę dann wie Sturraesbrausen: 

„Auf, Fiirst Stephan, an den Grenzen 
Heli Tatarensabel glanzen!" 
Wie ein Racheengel dann 
Spreng' ich bei dem Ruf heran, 
Und vom Feinde unverwandt 
Saubre ich mein teures Land." 

1) Die Eiche, das Symbol der Kraft, ist der for die Wal- 
ngen des rumanischen Hiigellandes charakteristische Baum. 



i 



-^ 86 ^- 

Der Woiwode Stephan nnd 
der Falkę O- 

Stephan: 

Falkę, schneller Falkę, eile, 
Schwing empor dich ohne Weile! 
Welch' GeUise hór* ich schallen 
Von des Reiches Marken allen? 

Falkę: 

Stephan, du mein teurer Held, 
Schlimm fur andre war'8 bestellt; 
Doch nicht sorge ich um dich, 
Bist ein Falkę ja wie ich. 
Ringsum sieht das Auge mein 
Feindesscharen dich bedrau'n; 
Sieht Magyaren an den Grenzen, 
Sieht der Polen WaflFen glanzen, 
Auch in Eile nah'n Tataren 
Und der Turken wilde Scharen. 

Stephan: 

Lass sie kommen, lass sie kommen, 
Sind ais Beute mir willkommenl 
Mancher kam in unser Land, 
Der den Weg nicht heimw^rts fand; 

1) ttber Stephan a. ^nmerk. zu „Burcels Hugel^^ 



-^ 87 ^- 

Und wohl weiss ich ais Bumftne, 
Wie ich solche Heiden z&hme. 
Fur Tataren hab' ich Pfeile, 
Fur den Polen eine Keule, 
Fur den Turken eine Klingę, 
Fur Magyaren eine Schlinge. 



Gme GrozoTan. 

L 

W O des Dnjestrs Eb'ne winkt, 
Auf die Erd' der Himmel sinkt, 
Wo der Jalpau^) entspringt, 
Dort wo werfen die Zmeinen*), 
Wo sich sammeln die Zerninen 
Und zur Quelle zieh'n Lówinnen, 
Sind der Zelte viel zu sehen, 
Grosse sieht man, kleine stehen. 
Doch in ihrer Mitt' erhebt 
Bines sich, das fein gewebt, 

1) Ein Fluss in Bessarabien. 

2) Die Zmeinen sind die Weibchen der Zmei', phantastischer 
re mit gewaltigen Flugeln. Die Zerninen sind ahnlioh zu 
ken, also etwa wie die Drachen der deatschen Sagę. 



-^ 88 ^- 

Gross und rund, in selfner Pracht, 
Alle andern ubeiTagt; 
Mit den Silberpflócken fein 
Kónnfs ein Zelt des Kaisers sein. 

Wen sieht man an diesem Ort? 
Wer ruht wohl im Zelte dort? 
Ghirai Chan, der alte Heide, 
Mit dem Dolch in pracht^ger Scheide. 
Der Tataren wilde Schar, 
Mit Schlitzaugen winzig gar, 
Knieet dort nach Sklaven Weise 
Auf dem Teppich weich im Kreise. 

Aber vor des Zeltes Thiir, 
An der Todeseiche hier 
Den Rumanen sieb gebunden, — 
Grosse Schuld muss dies bekunden. 
Er heisst Grue Grosovan, 
Aus der Moldau ist der Mann, 
Der schier arm gemacht den Chan. 
Zwei Tataren martern ihn, 
Einen Pfahl zwei andre zieh'n; 
Doch behaglich singet er. 
Ais ob grosse Tafel war', 
Und ais waren sie die Gaste 
Bei der Hochzeit Preudenfeste. 



-^ 89 ^- 

Siehe da, ein ganzer Schwarm 
Tatarinnen, reich und arm, 
Dringet plótzlich ein beim Chan, 
Eeden so ihn alle an: 
„Hór' uns, alter Held und Herr, 
Mit dem Dolch von Golde schwerl 
Kein Brbarmen zeige Grue, 
Denn es lasst iins keine Ruhe, 
Dass, seit er mit starker Hand 
Eindrang ins Bugeacer Land^), 
Seinen Tod so mancher fand. 
Yiele Witwen, ach, man sieht, 
Madchen unvermahlt verbluht: 
Alles vor dem Rauber flieht. 
Halb Bugeac verwiistet' er, 
Auch die halbe Krim und mehr. 

Ghirai Chan, der alte Heide, 
Reisst den Dolch gleich aus der Scheide, 
Und mit rauher Heidenstimme 
Spricht zu Grue er im Grimme: 

1) Ein Distrikt in Bessarabien, der fruher durch seine 
leinen, aber kraftigen Pferde bekannt war. Im 15. Jahr- 
indert befanden sich die Moldauer bestandig im Kriege mit 
BU Tataren, ihren Nachbarn. Die beiden Vólker machten 
iufig rauberische Einfalle in das Gebiet des Nachbaryolkes. 



-^ 90 ^- 

y^Hoho, Orne; grosser Held; 
Schlimm gar isfs um dich bestellt! 
Sollst mir oun getreulich sagen, 
Wieviel Leute du erschlagen/' 

— „Ghirai, alter Herrscher, du, 
Deinen Dolch lass nur in Ruh'! 
Ein Rum&nenkind bin ich, 
Eumm're nicht um Heiden mich, 
Ob ich Gnad', ob nicht mag finden, 
Werd' die Wahrheit treu ich kunden. 
Seit ich einst mit starker Hand 
Eindrang ins Bugeacer Land, 
Seinen Tod gar mancher fand. 
Viele Witwen nun man sieht, 
M^dchen unyerm&hlt verbluht, 
Und die schónsten Rossę schier 
Holte ich aus Bugeac mir. 
Halb Bugeac wohl raubt* ich leer. 
Auch die halbe Krim und mehr. 
Ging ich uber'n Dniester, traun, 
Eine Brucke musst' ich bau'n, 
Heimzuschaffen, was ich nahm, 
Wenn ich hier zu Gaste kam. 
Wohlan, alter Herrscher du, 
Deinen Dolch lass nur in Ruhl 



-^ 91 ^- 

Łasse mich ais Ghristen sterben^ 
Nicht nach Heidenact yerderben, 
Łasse mich zor Beichte gehen, 
Einen Ghristenpriester sehen, 
Der Gebete immerfort 
Spricht im heil^gen Kloster dort 
Meine Seel' erlieget fast 
Unter schwerer Sunden Last. 
Ich yerfuhrt' die Schwester dein, 
Und ich raubt' dein Tóchterlein, 
Hab' den Bruder dir ge&Ut, 
Der ais Feind mir nachgestellt — 
Wie ein Lówe stritt der Held. 

Ghirai Ghan, der alte Heide, 
Liess den Dolch in seiner Scheide; 
Bebt' vor Zorn die Stimme gleich, 
So befahl er doch sogleich, 
Dass die ersten der Tataren, 
Mit noch fiinfzig ans den Scharen, 
Ihn zu jenen helFgen Statten 
Eilends zu geleiten h^tten. 

II. 

Die Tataren brechen auf, 
Fuhren mir den Grue drauf 



Zu dem Popen hin, der hier 
Łebte wie ein.Heirger schier, 
Aus dem Psalter immerfort 
Betete am heirgen Ort. 

Grue aber spaht umher, 
Keine Zeit verliert er mehr. 
Schlagt nur schnell der Kreuze zwei, 
Ruft dann: „Herrgott, steh' mir beł!'' 
Passt die Axt mit starker Faust, 
Die auf die Tataren saust, 
Wie des Wirbelwindes Wucht 
Niederlegt die durre Frucht. 
„Arnan^)!^^ ruft die Schar voll Schrecken 
Und eilt schnell sich zu verstecken. 

Doch er spaht und apaht umher, 
Und entschlossen eilet er 
Zu des Chanes Stalle dann, 
Ghirais, des Tatarenchan. 
Was sieht er im Stalle hier? 
Wiehernd springt ein junges Tier, 
Vier Jahr' ist das Rdsslein klein, 
Funf wird es im Sommer sein. 

1) = Gnade. 



-^ 93 ^- 

Grue tritt zu ihm heran, 
Fasst es bel der M&hne an, 
Doch es sturzt zu Boden lun — 
Solch ein Pferd ist nicht fur ihn. 

Aber dort im Hintergrund, 
Siehe, steht ein Rappe rund, 
Der seit er geboren, nicht 
Schaute je der Sonne Licht^). 
Zu ihm tritt Grue alsdann, 
Fasst ihn bei der Mahne an, 
Doch nicht ruhret sich das Pferd; 
Es ist solchen Reiters wert. 

Schnell hinaus fuhrt er das Tier, 
Legt ihm auf des Sattels Zier, 
Sattelt es und zaumt es fein, 
Kusst ihm dann die Augen isein, 
Schwingt hinauf sich wie der Wind. 
Mit drei Satzen pfeilgeschwind, 
In den Augen Punken griin 
Sprengt der Rappe stolz dahin, 

I In den rumanischen Marchen etc. heisst es yon Tor- 
tien Pferden immer, sie hatten die ersten Lebensjahre in 
ganz dunkeln Stalle zugebracht. Kotzebue erinnert be- 
li des fraheren Bufes der moldauischen Pferde an den 
3hen Spruch: „Nichts ist so schón wie ein persischer 
ng und ein moldauiscbes Pferd'^ 



-^ 94 ^~ 

Wo in jenes Zelts Bereiche 
Steht die starre Todeseiche. 

Ais ihn sah Ohiriu Ghan, 
Seufzt' er tief und sprach sodann: 
„Wohlan Grue, Degen wert, 
Gnade soli dir sein gewUhrt, 
Wahrst das Eoss fur dich du immer 
Und yerkaufest du es nimmer. 
Nicht soli Ungarn feil es sein, 
Auch kein Turke nenn' es sein, 
Dem Łithauer lass es nicht, 
Denn er ist ein Bósewicht. 
Nur Eumtoen gOnn' ich's gem, 
Denn sie sind ihm gute Herrn, 
Offen stets ist ihre Hand, 
Sanft ihr Sinn, wie allbekannt. 
Nur zu festlichen Geleiten 
Werden sie den Rappen reiten. 
Mag ihn dann bei Festlichkeiten, 
Oder in der Schlacht einst sehen, 
Wenn ais Gegner wir dort stehen. 
Yielleicht schenken sie ihn mir, 
Vielleicht kaufe ich das Tier, 
Wenn an Gold ihnen genugt, 
Dreifach, was der Bappe wiegt.*' 



Orue, der Ram&De, lacht, 
Zum Tataren dann er sagt: 
yjAlter Ghan, wo denkst du hin, 
Weisst nlcht; dass Eum&n' ich bin? 
Uns ist wie ein Bruder wert 
Der unvemunft'ge Held, das Pferd. 
Hast noch flucht'ge Eenner du, 
Mufge Krieger auch dazu, 
Eenner flink mir nachzujagen 
Und Tataren ohne Zagen, 
So befiehl doch ohne Weilen, 
Dass sie mir zu folgen eilen, 
Im Gefild' so weit und eben 
Schnell mich einznfangen streben. 

III. 
Ghirai giebt ein Zeichen, drauf 
Brechen die Tataren auf, 
Jagen pfeilschnell durchs Gefild, 
Eings in leichten Dunst gehullt. 
Die Tatarenreiter trennen 
Sich allm&hlich bei dem Eennen; 
Einer hier und einer dort, 
Geht die toUe Jagd nun fort. 

Doch das edle schwarze Eoss 
Saust dahin, nicht wie der Tross, 



SMze macht es wie die Hasen^ 
Wie Windhunde auf dem Baseny 
Wiehert wie Trompeten blasen. 

Weh' euch, Heiden, keiner, traun, 
Wird die Morgensonne schau'n! 
Grue wendet rasch sein Pferd, 
Blitzschnell zwischen eiich er fahrt, 
Wie des Wirbelwindes Wucht 
Niederlegt die reife Prucht. 
Mit dem tollen Bappen sein 
Holt er nach der Reih' euch ein 
Auf der Flucht und trifft euch Heiden, 
Wie die Schnitter Ahren schneiden. 
Von der Hab' befreit er euch, 
Heilet alle Leiden gleich. — 

Dann eilt Grue unverwandt 
Heim ins teure Moldauland, 
Wirkt dort wie der Sonne Strahl, 
Die befruchtet Hóh' und Thal; 
Denn viel Gutes noch hienieden 
Thut er zu der Seele Prieden. 

Gar oft steht er 

Ais Gevatter, 

Schenkt den Knabchen 

Jungę Hengstchen 



97 ♦- 

Und den M&dchen 

Jungę Stutchen. 
Fuhrt die Jungfrau zum Aliar 
Ohne Furcht vor dem Tatar; 
Feste Burgen bauet er, 
Abzuwehren Feindes Heer; 
Doch sein Rappe flink und kuhn 
Ist ein Bruder stets for ihn. 



Das Kloster za Arge^^). 

enn der Reisende yon Herrmannstadt aus durch 
i oberen Teil des yom Altflusse durchstrOmten 
tenturmpasses uber einige Ausl&ufer des sieben- 
rgischen Grenzgebirges hinweg sich der ruma- 
chen Tiefebene n^hert, so fesseln plotzlich auf 
* letzten Terrasse desselben, am linken Ufer des 
r schon zietnlich m^chtig gewordenen Arge§, die 
nzenden Kuppelturme einer schOnen Eirche mit 
1 sie umgebenden, ausgedehnten Oeb^uden seinen 

1) In der Sammlung yon A. Pann, die den Titel fahrt 
iTean satl cantice de stea, yicleim, colinde, plugo^r etc. 
s. 1887'' ist dieselbe Balladę mit der ttberschrift ,,Negru- 
la ęi Manole sail Monastirea Argeęulm'* gedrackt. 

7 



-^ 98 ^- 

uberraschten Blick. Es ist das bischofliche Eloster 
bei Gurtea de Arge§^) (ehemalige Residenz der 
Woiwoden der Walachei) mit seinem herrlichen 
Oottesbause, das, einer pr&chtigen Blume gleich, 
in seltener SchOnheit nnd Folie dem Boden ent- 
spriesst. Der dicbterische Volksgeist, der alle ausser- 
gewObnlichen Erscheinungen, Tbaten nnd Bauten 
mit dem Zauber der Poesie bedeckt, bat auch die 
EntstebuDg dieser Kirche in das schOne Oewand 
einer tiefergreifenden, hocbtragiscben Sagę gebiillt. 
(Nach der ausfuhrlicben Beschreibung der Kirche 
von Reissenberger nebst vortrefflichen Abbildungen 
in den Berichten der ósterreichischen Centralkom- 
mission zur Erforschung und Erhaltung der Alter- 
tiimer, 1857.) . 

An des Arge§ Rand, 
An dem schOnen Strand 
Sieh Fiirst Negru^) geh*n 
Mit Gefahrten zehn, 

• 

1) Dank der Fiirsorge des rumanischen Herrsoherpaares ist 
dieses herrliche Baudenkmal yor wenigen Jahren yoUstandig 
restauriert. 

^) Die Saga bezeichnet den Fiirsten Badul Negru (Rudolf 
den Schwarzen), der von 1370 — 80 regierte, ais den Grdndet 
des Klosters. Die Inschriften lassen jedoch keinen Zweifel, 
dass dasselbe erst yiel spater durch den Fiirsten Neagoe 



-^ 99 ^>- 

Mit neun Meistern, grossen, 
Wackern Baugenossen, 
Und ManoP), wie er 
Giebt es keineo mehr. 
So im Thal; am Strome, 
Wandern sie, zum Dome 
Einen Platz zu findeu, 
Ihren Ruhm zu griinden. 
Sieh, auf ihren Wegen 
Ihnen just entgegen 
Kommt ein Hirt daher, 
Doinen flótet er. 

Wie der Fiirst ihn schaut, 
Ruft sogleich er laut: 
„Du mein Hirte bieder, 
Singer susser Liederl 

1 — 20) erbaut wurde, dessen Gebeine auch hier ruhen. 
. Radni Negru wird yon der Tradition die Grandung und 
solidiemng des walachischen Furstentums zngeschrieben ; 
it eine halb sagenhafte Gestalt, in der die Arbeit eines 
en Herrscherhauses yerkórpert erscheint. 
1) Manoli (= Manuel) ist ein sagenhafter Baumeister, der 
seinen Genossen (dereń ihm bald 900, bald 300, hier nur 
igeschrieben werden) alle bedeutenden Baudenkmaler des 
les geschaffen haben soli. Der Name scheint auf Griecheo- 
als Yaterland desselben hinzuweisen. 

7* 



-^ 100 ^- 

An dem Argec aufwlU^ts 
Mit der Herdę zogst du, 
An dem Arge§ abw&rts 
Mit der Herdę warst du; 
Hast an keinem Ort 
Auf dem Wege dort 
Einsam du gesehen 
Ein Oemtoer stehen, 
Wo grun im Oebuscli 
Wachsen Haseln*) frisch?" 

— ^Wohl, Purst, hab' ich dort, 
Ais durch einen Ort 
Ich einst zog, geseh'n 
Mauern einsam steh'n. 
Ais die Hunde schnelle 
Kamen za der Stelle, 
Heulten^) wie noch nie 
In der Wildnis sie.*^ 

Und gar froh gestimmt. 
Es der Forst yernimmt, 

1) Die Haseł deutet auf Zauber, auf geheimiiisyolle 
Machte hin. 

^) AuBseigewóhnliches Hundegebell gilt ais Yorbedeutung 
des Todes. 



-^ 101 ^~ 

Stamet nicht und geht, 
Wo die Mauer steht. 
Mit neon Meistem, grossen, 
Wackern Baagenossen, 
Und Manol; wie er 
Oiebt es keinen mehr. 

^Seht die Mauer ihr? 
Ich errichte hier 
Mir mein HeiUgtum, 
Meines Namens Euhm. 
Also Meister ihr, 
Baugenossen hier. 
Ich will, dass mit Eraft 
Oleich am Werk ihr schafEt. 
Wenn an dieser Steir 
Ihr sogleich mir schnell 
EOniit ein Kloster bau'n 
Ohne GleicheU; traun, 
Zu Bojaren reich, 
Wahrlich, mach ich euch! 
Doch wenn nicht, sogleich 
Maure ein ich euch 
Łebend, sei'8 euch kund, 
In des Baues GrundI 



-^ 102 ^- 

Eilig spaDnen drauf 
Ihre Schnur sie auf, 
Messen aus den Ort, 
Graben hurtig fort, 
Mauern ohne Rast 
An dem Bau in Hast. 
Doch was sie vollbracht, 
Stfirzet in der Nacht, 
So am zweiten Tage, 
So am dritten Tage, 
So am yierten, hin 
Ist, ach! all ihr Muh'n. 

Negru staunt, dann schllt 
Er sie, zornerfullt 
Drohet allen an 
Er den Meistern dann: 
„Lebend in den Grund 
Maur' ich euch zur Stund!'' 
Und die Meister nun, 
Baugenossen, thun 
Ihre Arbeit zitternd, 
Zittern wieder mauernd, 
Wenn sich Fruhlicht zeigt, 
Bis der Tag sich neigt. 



-^ 103 ^- 

Einst Manoli nun 
L^sst die Arbeit ruhn, 
Und entschlummert kaum 
Traumt er einen Traum; 
Stehet auf sodann, 
Redet so sie an: 
„Grosse Meister ibr, 
Baugenossen hier! 
Ein Traum wundersam 
Mir im Schlafe kam. 
Aus der Hóh* vernehmlich 
Eine Stimme hOrt' ich, 
Was am Tag vollbracht, 
Sturze in der Nacht, 
Bis geschworen wir, 
Dass wir alle hier 
Mauern in den Bau 
Schwester oder Frau^), 

^) Die geistreiche Schriftstellerin Dora d*Istria bemerkt 
nem in der „Rev. des deux M.** yeróffentlichten Artikel : 
}t en effet une opinion fort rópandue en Roumain qu'aucan 
)e ne peut subsister sana que la fondation en soit accom- 
śe de Timmolation d'une personne qai se transforme en 
§, une ombre qui devient comme T^me de cet edifice. 
re aiijourd'hul les macons plaoent dans les fondements 
maisons qu'il8 batissent de longs roseaux qui leur ont 



104 ♦- 

Die, sobald ins Thal 
Dringt der Morgenstrahl, 
Speise bringt dem Mann 
Oder Bruder dann. 
Also woUt, (3esellen, 
Dass wir fertig stellen 
Dieses Heiligtam, 
Uns dereinst zum Bahm, 
Łasst uns schwóren dann 
Alle, Mann fur Mann, 
Das Oeheimnis stetig . 
Zn bewahren redlich; 
Und wess Oattin traut, 
Schwester oder Braut, 
Bel des Fruhlichts Schein 
Sich hier findet ein, 

seiri i mesurer Tombre de quelque passant. Ce passant doit, 
en yertu de cette opśratioii magiqae, mouiir au bout de qua- 
rante jours et ^tre mótamorphosć en stahió. 

Cette croyance qai sert de fond i cette baUade est popa- 
lidre dana toute la pśninsule orientale, c'e8t ń, dire depois les 
Earpathes ju8qa'a la mer qui baigne la Gróce, oar on la 
retrou7e ohez les Serbes et chez les Hellenes. On peut la 
considórer comme nne application de cette fol en Teffioacitó 
da sacrifice qui est la base de toutes les religions de la natare, 
et qae le christianisme a sanctionnće/' 



-^ 105 ^- 

Werd' ais Opfer sie 
Eingemauert hie!^ 

in. 
Eaum entflieht die Nacht^ 
Ist Manol erwacht, 
Und er steigt zur Wacht 
Auf den Zaan erst, draof 
Zum Oerust hinauf; 
Dorch Grefild und Au 
H&lt er bange Schau. 

Weh, wen siehet er? 
Weh, wer kommt daher? 
Seine Gattin, schaU; 
Schónste Blum' der Au. 
Sie, ach! naht in Eil' sich 
Bringet Speisen treulich 
Zu dem Mahle sein 
Und zum Trunk den Wein. 

Wie er sie erschaut, 
Elopft das Herz ihm laut; 
Knieend im Gebet 
Heiss zu Gott er fleht: 
„Herr, zur Erd', ich bitt^ dich, 
Sende Regen schleunig. 



-^ 106 ^- 

Dass er sch&umend fliesse^ 
Strómend śich ergiesse, 
Dass der Pluten Schwall 
Steigend wie ein Wall 
Ihren Schritten wehre, 
Dass sie heimwftrts kehre!" 

Gott, erbarmungsreich, 
Hórt sein Plehn sogleich; 
Sammelt Wolken dicht, 
Deckt der Sonne Licht, 
Łasst den Regen fliesseD, 
Schaumend sich ergiessen, 
Dass er prasselnd fallt 
Und die Pluten schwellt. 
Doch wieviel auch fallt, 
Die Geliebte halt 
Er in ihrem Lauf 
Darum nimmer auf. 

Da durchzuckt das Herz 
Ihm ein jaher Schmerz. 
Wieder zum Gebet 
Sinkt er hin und fleht: 
^Herr, lass Sturme sausen, 
Durch die Welt hinbrausen, 



-^ 107 ^- 

Dass die Tannen zittern 
Und Platanen Splittem, 
Berge sich gar schwingen 
Und die Teure zwingen, 
Dass vom Thal behende 
Heim den Schritt sie wendel' 

Gott, erbarmungsreich, 
Hórt sein Plehn sogleich; 
L^sst die Stiirme sausen, 
Durch die Welt hinbrausen, 
Dass die Tannen zittern 
Und Platanen Splittem; 
Berge selbst sie schwingen, 
Doch die Gattin zwingen 
Sie nicht; in der Welt 
Nicłits zuriiek sie h^lt. 
Immer weiter schwankt sie, 
Immer n^her wankt sie, 
Und, dass Gott erbarme, 
Sie langt an, die Arme. 

IV. 

Meister sie, die grossen, 
Wackre Baugenossen, 
Seine Frau erblicken 
Und sind voll Entziicken. 



-^ 108 ^- 

Doch Manol, ergrimmt; 
Eusst die Teure, nimmt 
Sie und eilet dann 
Zum Oerust hinan. 
Auf die Mauer weiter 
Hebt er sie nun; heiter 
L&cheind er dann spricht: 
Bleib'; Schatz, furcht' dich niohtt 
Nur im Scherz, zum Schein, 
Mauem wir dich ein." 

Sie, die ihm vertrauf, 
Lacht und jubelt laut. 
Bange stóhnt Manol. 
Seines Traumes voll 
Er nun rasch beginnt, 
Mauert fort geschwind. 
Und die Mauer, ach I 
Nun bedecket jach 
Bis zum Kndchel sie, 
Dann schon bis zum Knie; 
Und gar bald yergass 
Lachen sie und Spass, 
Fleht' ohn' Unterlass: 
„O Manol, Manol, 
Meister mein, Manol! 



-^ 109 ^- 

lass ab; dein Scherz 
Ist nicht gaty mein Herz. 
O Manoly Manol, 
Meister mein, Manoll 
Weh, die Mauer schliesst sich, 
Wehe, sie erdruckt michl'' 
Doch er spricht kein Wort, 
Mauert rastlos fort. 
Und die Mauer, ach I 
Schou bedecket jach 
Bis zum Knóchel sie, 
Bald schon bis zum Kuie, 
Steigt zur Hufte an, 
Bis zur Brust gar dann. 
Ach, wie bald vergass 
Lacheu sie und Spass, 
Fleht' ohn' Unterlass: 
^0 Manol, Manol, 
Meister mein, Manoll 
Weh', ich werd' erdruckt, 
Weh', dein Kind erstickt!** 

Doch er rasend fast 
Mauert ohne Rast, 
Und die Mauer, ach I 
Sie bedecket jach; 



-<^ 110 ^- 

Steigt zur Hufte an, 
Bis zur Brust gar dann; 
Steigt zur Lippe auf, 
Zu den Augen drauf, 
Dass die Armste man 
Nimmer sehen kann. 
Aus der Mauer doch 
Hórt man klagen noch: 
^,0 Manol, Manol^ 
Meister mein, Manoll 
Weh', die Last des Bau^s 
Lóscbt mein Leben aus. 

V. 

Zu dem schdnen Strand 
An des Argeg Rand, 
Siehe, voll Yerlangen 
Kommt der Fiirst gegangen, 
Dass des Klosters Bau 
Er nun selber schau, 
Seinen Bau, so hehr 
Wie sonst keiner mehr. 

Ais er ihn erblickt, 
Ist er hoch begluckt, 
Und er ruft entziickt: 
„Ihr Baumeister hier, 



-^ 111 ^- 

Grosse Meister ihr, 
Sagt mir uiiverwandt, 
Legt aufs Herz die Hand, 
Ist wohl eure Kraft 
So gross, dass ihr schafft 
Noch ein Heiligtum, 
Meines Namens Ruhm, 
Noch um yieles machfger, 
Noch um yieles prachfger?" 

Meister sie, die grossen, 
Wackre Baugenossen, 
Wie sie oben stehen, 
Vom Dach niedersehen, 
Sprechen stolz und froh 
Zu dem FiirsteD so: 

„Meister wir, die grossen, 
Wir die Baugenossen, 
Wie die ganze Welt 
Bessre nicht enthalt, 
Bau'n zu jeder Stund', 
Sei es, Herr, dir kund, , 
Dir ein Heiligtum, -. 
Deines Namens Ruhm, 
Noch um vieles macht'ger,]l 
Noch um vieles prachfgerl'' 



-^ 112 ^- 

Negru hOrt sie an, 
Steht erst sinnend, dann 
Ordnet rasch er an: 
,,Leiter und Oerust 
Fort nun ohne frist! 
Die Baumeister hie, 
Orosse Meister sie, 
Dort yerlassen sei^nl 
Modre ihr Oebein 
Auf den Balken droben, 
Auf dem Dache obenl^' 

Doch die Meister klag 
Machen rasch zum Flag 
Schnelle Schwingen fein 
Sich aas Schindeln klein, 
Spannen dann sie aas, 
Schwingen sich hinaas. 
Aber j^h, o Graas! 
Starzeń sie, im Falle 
Sind zerschmettert alle^). 

Doch Meister Manol, 
Armster er, Manol? 
Sieh, bei seinem Streben, 
Sich empor zu heben, 

^) Nach elner andercn Lesart werden die Meister zu Steio 



-<$ 113 ^- 

Dringt zu seinem Ohr 
AuB der Wand hervor 
Eine Stimm', die er 
Einst geliebt so sehr, 
Die gar bange klagt, 
Immerfort ihm sagt: 
,fO Manol; Manol, 
Meister mein, Manoll 
Weh', die Last des Bau'8 
H&lt die Brust nicht auS; 
Lóscht mein Leben ausl^' 

Totenbleich, yerstdrt 

Dies Manoli hdrt; 

Sein Blick trubt sich ganz, 

Erd' wie Wolkenkranz 

Kreist im Wirbeltanz. 

Vom Gebalke oben, 

Von dem Dache droben 

Stiirzt er tot hinab! 

Was ward aus dem Grab, 

Da er sturzt' hinab? 

Bine kleine Quelle 
Sprudelt an der Stelle; 



8 



-^ 114 ^- 

Noch von Thranen ist 
Salzig sie zur Prist^). 



Des Sadi Tochterlein. 

In des Gartenaltans Kreise, 
Beim Hadji Novak, dem Greise, 
Ist die Tafel reich zum Feste 
Ausgeschmiickt nnd yoller G&ste. 
Wer sitzt an der Tafel oben, 
Und wer sind die Gftste droben? 

Novak sitzet dort, der Greis, 
Hundert Jabre alt, schneeweiss; 
Funfzig Junglinge urn ihn 
Jugendfriscb wie Rosen blnh'n, 
Funfzig zarte Madcbenbluten, 
Seine Paten, dort ergliihten. 

Heiter sitzen sie beim Mahle, 
Novak preisen hoch sie alie. 

^) Noch jetzt zeigt man bei Cnrtea de Arge^ den Manole- 
brunnen. t^ber die yerschiedenen Gestaltuugen dieser Sag^ 
bei den Serben etc. s. Alecs. Poesii pop. S. 195 und Gaflter 
Lit. pop. rom. S. 480 ff. 



-<^ 115 ^- 

Nur ein Jungling schOn, Jovi^, 
Lieblingskind der Noyaci^, 
Isst und trinket nicht; gar schwer 
Seufzet nur yerstohlen er. 

— „NeflFe du, lieber Jovi^, 
Lieblingssohn der Novaci^, 
F&Ikchen mein, Bumanenkind, 
Ungezahmt, wie Palken sind, 
Nicht gegessen noch getrunken 
Hast du, bist in Traum yersunken?" 

— „Muss wohl in Gedanken stehen, 
Seit ich, Oheim, sie gesehen, 
Eadis schdnes Tóchterlein, 
Sultans Nichte, hołd und fein." 

— „Steht es so, mein stolzes Kind, 
Hór' zu seufzen auf geschwind; 
Gehe flugs in meine Stalle, 

Wahr ein Pferd dir, windesschnelle, 
Aus den fiinfzig Rossen aus, 
Bossen mit den Mahnen kraus. 
Musst dir selbst den Sieg erringen, 
Magst den Siegespreis uns bringen." 

Schon erhob der Jungling sich, 
Neigte tief vor Novak sich, 

8* 



# 



-^ 116 ^- 

Kusste ihm die welke Hand, 
Eilt' zum Stall dann unverwaiidt. 
Und ais er zur Stelle kani; 
Er ein muntres Fullen nahni; 
Windesschnell war das erwahlte, 
Und vier Sommer erst es z^hlte. 

Blitzschnell schwang er sich hinanf, 
Hemmte nimmer seinen Lauf, 
Bis ein Garten war zu seh^n 
YoUer Blumen, bunt und schOn, 
Wo viel holde MHgdlein lauschten 
Und mit Blumen L^cheln tauschten. 

„Kadis Bchónes Tóchterlein, 
Sultans Nichte, hołd uńd fein, 
WoUest her die Schritte lenken, 
Freundlich mir ein Bliimcłien schenken! 
Wollest selbst es mir hier geben, 
Meines Herzens Sehnsucht heben!" 

Kadis schónes Tóchterlein, 
Sultans Nichte, hołd und fein, 
Sie errótet bei dem Wort, 
Wahlt drei Blumen ihm sofort, 
Pfluckt drei Blumen ihm sogleich, 
Nimmt ein Haar wie Seide weich, 



--^ 117 ^- 

Windet um den Strauss das Haar, 
Reichet heimlich dann ihn dar 
Einer schónen Dienerin, 
Die ihn bringt zur Pforte hin. 

Doch der Jiingling seufzet schwer, 
Eusst das Seidenbarcben sehr, 
Und zum M^gdelein spricht er: 
„Kadis schónes Tdchterlein, 
Sultans Nichte, hołd und fein, 
Wollest her die Schritte lenken, 
Freundlich mir ein Blumchen schenken! 
Wolleąf selbst es mir hier geben, 
Meines Herzens Sehnsueht hebeni" 

Kadis schónes Tóehterlein, 
Sultans Nichte, hołd und fein, 
Wie die Alpenros' ergluht, 
Nimmt 'ne Nelke, kaum erbluht, 
— Selbst sie ja *ne Nelke war — 
Reichet ihm die Blume dar. 
Doch der Jiingling nun in Hast 
Sie um ihre Hufte fasst, 
Hebt sie so an seine Brust 
Und entfliehet; voller Lust 
Giebt dann auf der Flucht er ihr 
An die tausend Kusse schier. 



-^ 118 ^- 

Von den jungen Dienerinnen 
Aber eine fast yon Sinnen 
Yon dem Schrecken, eilt entsetzt 
Im Nu zu dem Kadi jetzt, 
Der in einem EaffeęhauS; 
Mokka schlurfend; ruhet aus. 
,,Kadi auf, nieht sSlume hier, 
Man entfuhrt die Tochter dir!" 

Fahl wird er wie Kerzenlicht, 
Druckt den Turban ins Gesicht, 
Den Tatar z^umt er in Bile, 
Jagt dem Paar nach ohne Weile, 
Und, die Ohren klug gesenkt, 
Durehs Gefild' sein Renner sprengt, 
Auf des FuUens Spur gelenkt. 
Wiehernd fliebt dies pfeilgeschwind,. 
Der Tatar folgt wie der Wind, 
Und wie sebr es eilt und keucbt, 
Bald bat es der Feind erreicbt. 

Wobl muss es die Maid gewabren, 
Lasst docb nicbt die HoflEhung fabren, 
Neigt sicb auf das Fiillen vor, 
Beisst es beftig in das Obr, 
Dass das Blut draus quillt bervor. 



-<« 119 ^- 

Ausser sich Yor Sohmerzen fast 
Nun das FuUen weiter rast; 
Dooh wie sehr es eilt und keucht 
Isfs beinahe schon erreicht, 
Ais im Garten, am Altan 
Sie bei Novak kommen an. 

Auch der Eadi kommt gesaust 
Mit dem Sabel in der Faust, 
Doch Novak, der wurd*ge Greis, 
Der von keinem Herren weiss, 
Seht, mit seiner langen Krucke 
Schiebt die Lider er zuriicke, 
Scbaut ihn an mit festem Blicke: 
,,Halt, Gevatter Kadi dort, 
Hóre ruhig auf mein Wort; 
ToUe Streich' liebt junges Blut, 
Und wir Alten machen^s guti" 

Baduls Boss. 

Auf dem Weg nach Belgrad hin 
Sieht man Raduls Braunen zieh'n, 
Feurig ihm die Niistem gliihen, 
Unter ihm die Funken spruhen. 



-^ 120 ^- 

Doch der Zugel htogt zur Brd', 
Und der Sattel liegt verkehrt. 

Raduls Mutterlein yoU Schrecken, 
Raduls Mutterlein, des Reckeii; 
Sieht den Braunen sohon yon fem 
Fragt ihn schnell nach seinem Herm: 
,,Braunchen du, mein Rdssiein fein, 
Nur getrankt mit rotem Wein 
Und mit Miloh gen&hrt bisher, 
Wo ist Eadul denn, dein Herr?" 

— „WoUest nicht zu sehr dich gr&men, 
Musst auch Schlimmes du Yernehmen. 
Ach, bei "yarigrad verlor 
Ich durch Tiirken ihn am Thor, 
Dort der Tod ihn sich erkor." 
Miitterchen, des Jammers Bild, 
Rauft ihr langes Haar sich wild, 
Flucht dem Braunen gramerfuUt: 
„Brauner, ich yerwiinsche dich, 
Liessest mir den Sohn im Stich, 
Liessest unbegraben dort 
Deinen Herm am fremden Ort, 
Decktest nicht ihn zu mit Erde, 
Dass im Tod ihm Ruhe werde." 



-^ 121 ^- 

Traurig senkt das treue Tier 
Seinen Kopf und spricht zu ihr: 
„Mutter, grkm' dich nicht zu sehr, 
Mir auch flachę da nicht mehr. 
Deinen Sohn, so heissgeliebt, 
Heldenkiihn, wie'8 wen^ge giebt, 
Deckte ich mit kiihler Erde, 
Dass ihm siisse Ruhe werde. 
Ais sie ihn erschlagen hatten, 
Braucht' die Hufen ich ais Spaten^), 

) Man yergleiche folgende Stelle der Balladę Toma Alimoci 
,,BraancheD, du mein mutig Tier, 
Da, 80 lieb und teaer mir! 
SpiDnweb' deckt die Augen leise, 
Wolken dreh'ii sich mir im Ejreise. 
Bring' mich denn mit Blitzesschnelle 
Fort YOD Mer zu jener Stelle, 
Wo auf eines Hiigels Eamm 
Steh'n funf Ulmen, Stamm bei Stamm; 
Denn schon faset mich Todesąual, 
Tragst mich nan zum letzten Mai. 
Sink' ich dann zur Erde nieder, 
Horst kein Schmeichelwort du wieder, 
Scharre mit den Hufen du 
Mir ein Grab zur ew'gen Ruh; 
Zerre mit den Zahnen dein 
Heimlich meinen Leib hinein. 
Beugt der Sturm die Ast' hinab, 
Schiittelt wohl das Laub er ab, 
Deckt damit mein stilles Grab/' 



-<$ 122 ^- 

Grub ihm so ein kuhles Grab, 
Senkt' den Leichnam dann hinab. 

Bogdan. 

L 

Auf dem Throne, finster gar, 
Sitzt der Moldau Hospodar. 
Bings im Ereise steh^n BojareD^ 
Krieger, Hetmans und Yistjaren^). 
Scheu und furchtsam beugen sie 
■ Vor dem grimmen Herrn ihr Knie, 
Denn Lapugnean furwahr 
Der Bojaren Schrecken war*). 

Doch wie lichter Sonnenschein 
Tritt ein Jiingling plOtzlich ein, 
Jugendfrisch, mit frohem Sinn, 
Fest und stolz gebt er dabin. 
Sagt, wer ist der Jiingling hehr, 
Schlank, ais ging durch's Ringlein er? 

1) = Schatzmeister. 

2) Alexander Lapugnean liess 47 der yomehmsten Bojaren 
bel einem Feste, das er ihnen gab, ermorden (s. Negru^is 
meisterbafte Erzablung). 



-<$ 123 #>- 

Bogdan isfs, der jungę Held, 
Kuhn wie wenige im Feld, 
Er, ein Schutze auserlesen 
Und in Biichern wohlbelesen. 

Sieh, der jungę Furstensohn 
fieugt die Kniee vor dem Thron, 
Und er spricht: „Ich bitte dich, 
Furst und Yater, flehentlich, 
Gieb zur Gattin, die vor allen 
In der Welt mir hat gefallen, 
Kaiserspross nicht, doch ohn' Gleichen, 
Tochter Liteans des Reichen, 
Ist, der ich die Hand mócht' reichen. 
Wie ein Stern ist sie so licht 
Und 80 traut ein Yóglein nicht, 
Żart ist sie wie Blumen schier. 
Meine Seele seufzt nach ihr." 

Und der Fiirst von seinem Thron 
Giebt zur Antwort seinem Sohn: 
„Geh' mit Gott, du Liebling mein, 
Wie du willst, so mag es sein." 
Bogdan, seine Augenweide, 
Kusst er dann voll Yaterfreude, 
Schickt mit Gaben schón und reich 
Zur Brwahlten ihn sogleich, 



-^ 124 ^- 

Hundert Erieger giebt ais G^ste 
Er ihm mit zum Hochzeitsfeste. 

II. 
Sie besteigen ihre Rossę; 
Proh bricht Bogdan mit dem Trosse 
Am St. Petertage auf, 
Und St. Demeter darauf 
Eommen sie bei Litean, 
Dem reichen Renegaten, an. 
Kaum sieht Litean die Schar, 
Schliesst das Thor er schleunig gar, 
Sperrfs mit Ketten noch dazu 
Und ruft Bogdan hóhnisch za: 
„Wer mein Tóchterlein will frei'n 
Und mein Eidam kunftig sein, 
tJber diese Mauer hier 
Setz' er, óffne selbst die Thurl" 
Kaum hOrt Bogdan seine Worte, 
Sprengt er zu des Schlosses Pforte, 
Feuert seinen Renner an, 
Einen Anlauf nimmt er dann, 
Wie ein Vogel fliegt das Ross — 
Schon ist^s jenseits vor dem Schloss. 

Keine Zeit verliert sein Herr, 
Schnell tritt vor im Schlosshof er, 



-^ 125 ^- 

Oflfnet unverwei]t das Thor, 

L^sst die Seinen ein, und, seht, 

Litean voll Staunen steht; 

Streicht den Schnurrbart sich, sodann 

Spricht er l&chelnd zu Bogdan: 

„Wer mein Tóchterlein will frei'n 

Und mein Eidam kiinftig sein, 

Setze liber diese Ballen, 

Ihm gehór' das Tuch in allen." 

Eaum hórt Jung Bogdan sein Wort, 

Spornt sein Ross er an sofort, 

tJber alle Ballen hin 

Fliegt sein Rósslein treu und kuhn; 

Unter sein Gefolge teilt 

Er das Tuch dann unverweilt. 

III. 

Schmunzelnd fuhret Litean 
Zu der dritten Prób' alsdann 
Hin zum Schlosse Prinz Bogdan. 
Madchen drei, gar anmutreich, 
An Gestalt und Wuchs ganz gleich, 
Zeigt er ihm, wie Veilchen, traun, 
Frisch erbluhte, anzuschau'n. 
Bei so yieler Sch5nheit Licht 
Glanzt des Jiinglings Angesicht 



-^ 126 ^~ 

Doch der Renegat nun spricht: 
„Wer mein Tttchterlein will frei'n 
Und mein Eidam kunftig sein, 
Muss erkennen seine Braut, 
Eh' sie ihm wird angetraut*)." 
Und vom Finger zieht nun schnell 
Bogdan seinen Ring so heli, 
Lasst ihn auf den Teppich fallen, 
Spricht dann zu den Schónen allen: 
„Die zur Braut ich mir erwahlt, 
Die vor allen mir gefeUt, 
Suche nun das Ringelein, 
Steck' es an den Finger fein; 
Denn ich hab' ein scharfes Schwert, 
Das ein Madchenhaupt begehrt!" 

Unbeweglich bleiben zwei; 
Doch die Braut eilt schnell herbei, 
Knieet auf dem Teppich weich, 
Neiget sićh dann blumengleich, 
Suchet flugs das Ringelein, 
Steckt es an den Finger fein. 
Freudig folgt des Jiinglings Blick, 
Und das Herz klopft ihm vor Gluck, 

1) Auch in den rumanischen Marchen wird die Ahnli^^^* 
keit von Schwestern oft ais so gross dargestellt, dass es un- 
mógUcb ist, sie zu unterscheiden. 



-<$ 127 ^- 

Bichtet auf sein Liebchen wieder, 
Eusst es auf die Augenlider, 
Trkgt es auf den Armen sein 
In den Wagen schnell hinein. 
Nach dem Hofe dann sie eilen; 
Hinter ihnen ohne Weilen 
Folgt der Bhrenjungfrau'n Schar, 
Alle Blumen gleich, furwahr. 
Hundert Erieger noch ais G^ste 
Fahren mit zum Hochzeitsfeste. 
Abgereist an St. Demeter, 
Kommen an sie zu St. Peter; 
Hochzeit feiert nun die Schar 
Mit solchem Glanz beim Hospodar, 
Dass die Kunde unverweilt 
Alle Lande rings durcheilt. 



Codrean. 

I. 

Bl&ttchen grun vom wilden Eraut! 
In Movile^) wird es laut, 

Ein alter Ort iu Bessarabien, im Dniestr gelegen. 



-<^ 128 ^- 

Godrean bab' man geschaut, 
Zeige sich am Felsengrat 
Und auf sonnenlosem Pfad; 
Zott^gen Pelzrock trage er, 
Eine Lammfellmutze schwer, 
Dass ihn Diemand kenne mehr. 

Euhn und schOn ist der Geselle 
Keiner ist wie er so schnelle. 
Nun wiiDScht er ein Ross zur Stelle, 
Binen Fuchs mit krausem Haar, 
Wie er ihm am liebsten war. 
Doch wie weit er wandert immer, 
Solches Boss zeigt sich ihm nimmer. 
Manchen Renner sieht er zieh^n, 
Doch packt bei der Mahn' er ihn, 
Fallt zur Erd' er kraftlos hin. 

Da ihm hier so oflfenbar 
Das Geschick nicht gunstig war, 
Stutzt er sich auf sein Gewehr, 
In das Thal dann klettert er, 
In das Thal zum Hohlweg hin, 
Wo mit Salz die Hirten zieh'n. 
In den Weg er dort sich stellt, 
Wo ein Hirt sich ihm gesellt, 
Und er spricht, ais dieser halt: 



^ 129 ^- 

„Gluck zur Fahrt dir, Muntean^)!" 
•— „Vielen Dank dir, Codrean!" 

— „Bruder Hirte, lass doch Sehen, 
Kann den Fuchs ich nicht erstehen? 
Will den Mantel dir 7om Riicken, 
Bine Fuhre Salz noch schicken, 
Auch acht Ochsen schenk' ich dir, 
Dass du ziehest reich von hier." 

— „Nein, den Fuchs yertausch' ich nicht, 
Auch yerkaufe ich ihn nicht. 

Fur das Mutterpferd fiirwahr, 
Kauf das Thal des Alt^) ich gar. 
War' der Fuchs verkauflich mir 
Ganz Movile gab' man schier/* 

— „Lieber Hirte," spricht er drauf, 
Nicht geb* meinen Wunsch ich auf, 
Komm' du freundlich mir entgegen, 
Wie Gott gut ist allerwegen; 
Mócht' auf deinen Liebling steigen, 
Ob ihm Falkenfliigel eigen — 

Fiir ein Ross nach meinem Sinn 
Gab' ich meine* Seele hin.*^ 

1) Hirt aus dem Gebirge. 

^) Der Alt spielt eine grosse Bolle in den rumanisohen 
iauberliedern. 

9 



-^ 130 ^ - 

Bndlich giebt der Hirte nach. 
Codran schwingt aufs Pferd sich jack, 
Dreimal mit dem rosfgen Lauf 
Trifft er's und fort fliegt es drauf — 
In Luft tóst Hoh' und Thal sich auf^). 
Lachend fiiefat der Dieb in Hast, 
Wiehemd fort der Renner rast; 
Und der Hirt mit feuchtem Blick 
Ruft den Fliichtigen zuruck: 

,,Godran, lass dich wieder schaueni 

Ach, den hohen Augenbrauen 

War nur Bdses zuzutrauen. 

Kehre doch zuruck, Codran, 

Die acht Ochsen nehm' ich an, 

Etwas Zehrgeld legę du 

Und den Mantel noch dazu." 

— „Schlage nur ein Kreuz dir. Mann, 

Sprich, den Fuchs schenkst du Codran; 

1) Ubicini bemerkt bei dieser Stelle: „Les poetes popa- 
laires de la Romanie excellent dana le genre desoriptif et tous 
les passages de leurs chants qui peignent les courses de che* 
vaux sont admirables de concision, *de force et de mouyement. 
Ainsi la course de Talezan est decrite en deux vers pre8que 
intraduisibles et qui yalent tout un poeme: 

„Ast-fel roibul meti fugia 

Vaile se limpe4ia!" 



-<$ 131 ^- 

SoUt' mein Ross zuruck ich lenken, 
Werd', statt Ochsen dir zu scheiiken, 
Ich mit meiner Faust dir kommen, 
Soli gefund'nem Geld gleich frommen^). 
Und er ritt gar lang, gar lang, 
Ritt bis Sonnenuntergang. 

II. 
Haselstrauches Bl&ttchen ginn! 
Codran zieht mit frohem Sinn 
Nun zur Sennenhutte hin, 
Jauchzt so laut beim Aufw&rtszieheD; 
Dass die Hirten alle flieheii; 
Nur ein einz^ger bleibt zur StelP, 
Streckt sich hin ans Feuer heli, 
Ais ob krank sei der Gesell. 
Ihn bemerkt bald Codrean, 
Und er redet so ihn an: 
„MOgen dich die Wólfe fressen, 
Musst die Gaunerstreich' yergessen! 
Willst nicht kosten du die Klingę, 
Hurtig wie ein Hase springe 
Und ein junges Lamm mir bringe 
Von Ispas, sei's dir gesagt. 
Rund und fett, wie*s mir behagt.** 

1) Gefundenes Geld soli nacb dem YolkBglauben Ungldok 
igen: ,,Ban gasit, ban yrajit/^ sagt ein rumaniscbes Sprichwort. 



<i* 



-^ 132 ^- 

Und das Lammchen iiimmt Godran, 
Bindet^s an den Sattel an. 
Weiter mit dem Fuchs sodann 
Siehet man yergniigt ihn zieh'n 
In das Thal zur Wirtin hin, 
Dereń Auge, gross und klar, 
Schón wie das des Huhnehens war. 
Codran trinkt hier mit Genuss 
Und giebt Santa manchen Kuss; 
Statt an zahlen dann zu denken, 
Lasst er weiter ein sich schanken, 
Und der Wirt wird bleich vor Wut; 
Doch was Codran will, er thut. 
„Bruder Schankwirt, heda, hOrl 
Bring 'nen Krug mit Kotnar^) herl 
Odobecter auch mir gieb, 
Bruder, ist dein Kopf dir liebl'* 

Und die Kriige^) nimmt Codran, 
Schnallt sie an den Sattel an, 
Kiisst nochmals die Wirtin, dann 
Zieht er mit dem Rósslein weiter, 
Kommt mit seinem Fuchs bald heiter 

1) Die Weine von Kotnar und Odobecti gehóren zu den 
Yorziiglichsten Weinen Rumaniens. 

2) Eigentlich holzerne buntbemalte Flaschen. 



-^ 133 #>- 

In das Bichenwaldchen, wo 
In der Gegend von Copo*) 
Unser Held lebt frisch und froh. 
Ruht im Schatten erst 7om Lauf, 
Br^t das ganze Lamm sich drauf, 
Stellt dann einen Tisch sich auf 
Schmaust und trinkt behaglich gar^ 
Denkt nicht an die Hascherschar, 
Die ihm auf den Fersen war. 

Arnauten*) sind zu sehen, 
Wohl mit Jagerkraut versehen, 
Dass kein Fehlschuss mag geschehen. 
Eaum bemerkt sie Freund Codran, 
Nimmt er einen Schluck, sodann 
Reden ihn die Hascher an: 
„Willst du dich gefangen geben, 
Schonen, Bruder, wir dein Leben/' 
Und Codran das Wort dann nahm: 
,,Mein Krug ist schwer und fett das Lamm; 
Wollt ihr wirklich sein wie Bruder, 
Esst, lasst hier am Tisch euch nieder!'* 

Doch sie dringen weiter vor, 
Zieh'n Pistolen schnell hervor, 

1) Copo ist ein schones Plateau in der Nahe von Jagi. 

2) „an" ist zweisilbig zu sprechen. 



-^ 134 ^- 

Und da sie nun Feuer geben, 
Seht die starkę Brust erbebenl 
Codran driickt die Wunden zu, 
Nimmt das Blei heraus im Nu, 
Ladet es in sein Gewehr, 
Und mit Macbt dann rufet er: 
„Hohobo! ibr Heidenbrut, 
Hunden geb' ich euer Blut, 
DeiiD nur dazu ist es gutl^' 
Seine Buchse legt er an, 
In den Haufen schiesst er dann. 
Niedersturzt die H&scherschar, 
Walzt im Blut sich schon furwabr*)! 

Doch Łeontiy ibr Genoss, 
Yerscblinge ibn der Erde Schossl 
Nimmt die Silberknópfe *) fein, 
Tbut sie in den Lauf binein, 

1) Elnen alteo „Lautar hatte ich," sagt Alecsandri in 
Carmen Sjlyas Werk „durch die Jahrhunderte", „der war blind. 
Wenn der Codreanu sang und an die SteUe kam, wo sein 
Held die Kugeln aus seinen Wunden herausdriickt, sie in sein 
eigenes Gewehr ladet und damit die Feinde niederschiesst, 
dann wurde er jedesmal ganz wiitend, ais woUte er selber die 
Arnauten zerschmettem. 

^) Nach dem Yolksglauben yermag Silber auch solche zn 
yerwunden, die sich durch Anwendung ubematurlicher Mittel 
„kugelfest^' gemacht haben. 



-^ 135 ^- 

Giebt schnell Feuer auf Codran 
Und 7erwundet mir den Mann! 
Unser Held ergimmt gar sehr, 
Stutzt sich erst auf sein Gewehr, 
Nimmt dann seine Streitaxt schwer, 
Schwingt sie auf Leonti zu, 
Trennt das Haupt ihm ab im Nu; 
Wie ein Bali entroUt es jach, 
Und das Blut schiesst rauschend nach. 
Leblos Mit der Kdrper dann; 
Doch gar schwach wird nun Codran, 
Und er sinket in die Kniee, 
Stutzt sich auf die H^nde, siehe! 
Hascher greifen ihn sofort 
Fuhren ihn gebunden fort! 

ra. 
Hagedornes Blattchen griin! 
Fort nach Bgi fiihrt man ihn 
Zu Hi^g^), dem Fursten, hin. 
Man fiihrt ihn in den Divan, 
Wo der Furst schon im Kaftan, 
Auf die Keule fest gestiitzt 
Neben einem Griechen*) sitzt. 

1) Alexander Iliśc regierte im 16. Jahrhundert. 

2) Eine altere Lesart erteilt einem Turken die RoUe zu, 
die hier dem Phanarioten zugewiesen wird. 



-^ 136 ^- 

„Wohlan Codran, mein Gesell, 
Sagę deinem Fursten schnell, 
Wieviel Christen hast im Leben, 
Rauber, du den Tod gegeben?" 

— „HeiT und Furst, ich schwóre dir 
Bei dem HeiPgenbilde hier, 
Keinem Christen hab' im Leben 
Jemals ich den Tod gegeben. 
Traf ich einen an im Wald, 
Teilt' ich seine Hab' alsbald, 
Sprach, hatt' er der Pferde zwei, 
Bins fur mich, fiir dich eins sei. 
GriflF in seinen Beutel ich, 
Nahm die Halft' ich nur fiir mich; 
Kam ein armer Mann daher, 
Schnell versteckt' ich mein Gewehr, 
Zog den Beutel schnell und gab 
Zehrgeld und ein Kleid ihm ab. 
Doch sah ich 'nen Griechen kommen, • 
Schnell war dann mein Zom entglommen, 
Hab' das Leben ihm genommen! 
Packte hart am Kopfe ihn, 
Streckte ihn zu Boden hin, 
Schlug das Haupt vom Rumpfe ab, 
Das ich dann den Raben gab!" 



-<^ 137 ^- 

Der Grieche, der des Hospodar 

Stetiger Begleiter war, 

HOrte Codran, und sogleich 

Ward sein Antlitz schreckensbleich; 

Auf die Kniee warf er sich, 

Und 80 sprach er flehentlich: 

,,Fiir8t und Herr, o hór mich an, 

Nicht begnadige Codran, 

Er stiehlt dir vom Haupt das Haar, 

Zundet an die Stadt furwahr. 

Ja, raubt dir die Piirstin gar!" 

Und der Fiirst, scbon schreckensbleich, 
Winket seinem Henker gleich. 
Codran, der in seinen Jahren 
Viel erlebt und viel erfahren, 
Wohl des Fursten Wink verstand, 
Und er sprach zu ihm gewandt: 
„O, mein edler Fiirst und Herr, 
Schenk' dem Griechen nicht Gehór. 
Bósen Tieren gleichen Griechen, 
Die mit gift*gen Zungen kriechen, 
Sind wie mórderische Seuchen, 
Die ins Lebensmark sich schleichen. 
Willst du doch mich sterben seh'n, 
Lass mich nur noch einmal geh'n, 
Dass ich mich mit Gott versóhn*. 



-<$ 138 ^- 

Lass mich yor des Todes Qaal 
Noch zur Beichte geh'n einmal. 
Eine Messę feierlich 
Mdcht' vom Popen hdren ich." 

SiDnend sieht der Farst ihn an, 
Winkt dem WaflFentrager dann, 
Und die Tbaren óffnet man. 
Doch Codran still bei sich denkt^ 
AUes Gott zum Guten lenkt. 



IV. 

Der Kónigsrose grunes BlattI 
In die Kirchenhalle hat 
Man gefuhrt das Bruderlein 
Mit 'nem schweren Klotz am Bein. 
Heiss der Pope fleht' fur ihn, 
Dass er scheid' in Prieden hin. 
Codran gar demutig schien, 
Sprach zum Popen j^mmerlich: 
„HeiFger Vater, hóre mich! 
WoUest lósen mir die Rechte, 
G^rn ein Kreuz ich schlagen mdchte, 
Mich bekreuz^gen, beten noch; 
Dass ais Christ ich scheide doch." 



-<$ 139 ^- 

AIb der Pope tóst das Band, 
Fśirrt zum Busen hin die Hand, 
Auf den Klotz stfirzt Codran schnell, 
Spaltet diesen auf der Steir, 
Und sein Dolch ergl^nzet heli. 
„Hohohol ihr Heidenbrut! 
Hunden geb' ich euer Blut; 
Denn nur dazu ist es gut!" 

Was er droht, ist bald gethan, 
Alle Hascher fallt Codran, 
Kehrt zum Schlosse dann in Ruh' 
Und ruft laut dem Fursten zu: 
„Gnad^ger Fiirst, Gebieter mein, 
OflFne doch die Penster dein, 
Dass wir Aug' in Aug' uns sehen, 
Unsre Worte auch verstehen. 
Wisse, Herr, denn, sicherlich 
Bringt es Schande nur fur dich, 
Tótest Tapfre du wie ich." 

Sein Gesicht der Fiirst bedeckt, 
Und der Grieche sich yersteckt, 
Doch die Schranzen treten vor, 
Schliessen schnell des Hofes Thor. 
Codran sieht es, mein Gesell 
Ziehet seine Klingę schnell, 
Und sein lauter Ruf tónt heli: 



-<$ 140 ^- 

„He, mein Puchschen, komm heran, 
Komm, dn Liebling des Codran, 
Wo bist du, mein wack^res Tier, 
Komm und rett' das Leben mirl" 

Ais der Fuchs die Stimme hdrt, 
Wiehert freudig laut das Pferd, 
Reisst sich los aus seinem Stall 
Bei der lieben Stimme Schall. 
Sattellos kommt eilends daun 
Ohne Ziigel gar es an, 
Leicht sein Huf die Erde schlagt, 
Hoch es Mahn' und Niistem trSgt. 
Codran sieht es mit Entziicken, 
Scłiwiugt sich rasch auf seinen Rucken^ 
Sprengt schnell durch den Kugelregen, 
tTber Mauern gar verwegen, 
Und im Sprunge spricht der Degen: 
,,Bleib* du, Fiirst, auf deinem Throne, 
Mein harrt Rauberlebens Wonne, 
Bleib gesund und unversehrt, 
Meiner warest du nicht wertl" 

Gliicklich unser Held entflieht — 
Icb empfehr mich mit dem Lied *), 

1) Die Balladę ist gerade wegen dieser Schlussyerse, in 
denen der Sanger yon seinen Zuhórern Abschied Dimmt und 
an ihre Freigebigkeit appelliert, yon besonderem Interesse. 




. -^ 141 ^- 

Wie der Hochwald, der erbraust, 
Wie der Fuchs, der pfeiłschnell saust, 
Grun ist nun der Wald und dicht, 
Zeigt uns unsern Helden nicht. 
MOge Gott euch Preude geben 
Wie Codran im Rauberleben, 
Und auch mein gedenkt daDeben. 

Der Falkę ^) und die Erdbeerblfite. 

Auf der Tanne hOchsten Spitzcii 
Sieh den stolzen Palken sitzen; 
Grade in die Sonne blickt er, 
Und die Schwingen leise hebt er. 

An der Wurzel żart und rein 
Bluht die Erdbeerblute fein, 
Aus der heissen Sonnenglut 
Flieht sie in des Schattens Hut: 

1) Schon fruher ist die Bemerkung gemacht, dass der Adler 
hóchst selten in der rumanischen Yolksdichtung genannt wird. 
Eine grossere Rolle spielt der Falkę. In dem Yertrage, den 
Stephans Nachfolger mit den Turken schloss, yerpflichtete sich 
das Land, jahrlich ausser 4000 Dukaten und 40 Pferden auch 
24 Falken zu liefern. 



i 



-•$ 142 ^- 

„Blumchea, du des Berges Zier, 
Sieh mich edlen Falken hier. 
Tritt hervor ans helle Licht, 
Dass ich schau dein Angesicht; 
Denn es tr^gt zu mir die Luft 
Deiner Bliite siissen Duft, 
Und es fasst mich das Yerlangen, 
Dich, du Siisse, zu umfangen. 
Auf die Schwingen nehm' ich dich, 
Hin zur Sonne trag' ich dich, 
Bis du glUhend liebest mich." 

— „Wohl sind siiss die Worte dein, 
Bleib' doch besser hier allein. 
Du mit deinen schnellen Schwingen 
KauDst wohl hin zur Sonne dringen, 
Doch die zarte Bliite mein 
Kann im Schatten nur gedeih'n. 
Kiihn im Sturme wiegst du dich, 
An die Erde schmieg' ich mich. 
Fahre wohl denn, Falkę fein, 
Und gedenke nimmer mein. 
Raum genug giebt Gottes Giite 
Fiir den Vogel, fur die Bliite." 



-^ 143 ^- 

Der Reif(monat) ^). 

In des G^rtchens grunem Kreis, 
Sitzt ein M^dchen, blendend weiss, 
Auf der Minze weichem Pfnhle, 
In der Bose Schattenkiihle. 

Kommt ein kecker Burach in Eile, 
Fragt das M^dchen sonder Weile: 
„Sag mir, Maid, so lieblich gar, 
Mit der Lippen Rosenpaar, 
Bist du ledig, bist du Frau, 
Bist gar von des Himmels Au?" 

— „Bin nicht ledig, noch yermahlt, 
Bin auch nicht vom Himmelszelt. 
Bin die Nelkenbliite klein, 

Bliihe hier im Sonnenschein. 
Doch wer bist du, Jiingling fein? 
Nennst du eine Gattin dein?" 

— „Bin der Reif, mein trautes Kind," 
Spricht der kecke Bursch geschwind, 

1) Brumarelel bedeuŁet eigentlich Beifmonat und zwar 
nterscheidet der Kumane den grossen und kleinen Keiftoonat 
Dktober und Noyember). Hier ist ofifenbar der Beif selbst 
emeint. 



- ^ 144 ^- 

y^Komme mit der Abendkuhle 
Zu den Blumen ais Gespiele, 
Scheid' ich mit dem Morgenrot, 
Sind die Blumen welk und tot." 

Jung Mihn^). 

An dem Berg Barbat, 
Auf zerriss'nem Pfad 
Muntre Weisen schalłen, 
Jauchzer lustig halleni 
Jung Mihu ist^s, schau, 
Stattlich wie der Pfau^), 
Stolz wie Pfaue sind, 
Er der Berge Kind. 
Horch, sein Licd erschallt, 
Und die Flotę ballt 
•Durch den hohen Wald 
— Eine Flot* aus Bein — 
Slisse Melodei'n. 

1) Die nationale Abneigung gegen die Magyaren tritt in 
diesem Gedichte scharf hervor. 

^) „Faunami" bezeichnet sinnbildlich einen schónen jungen 
Mann, „stolz und geheimniaroll wie Pan, der Gott der Walder** 
(Kotzebue). 



-^ 145 ^- 

So zieht wohlgemut 
Auf dem Bósslein gut 
Er um Mitternacht 
Durch des Hochwalds Pracht. 
Laubwerk starret dicht, 
Kein Stern spendet Licht, — 
Mancher Stein dort liegt; 
Doch wenn'8 ROsslein sein 
Trifift das Felsgestein, 
Giebt es hellen Schein, 
Und die Nacht wird schnell 
Wie der Tag so heli. 

Weiter, immer weiter 
Zieht der kuhne Reiter; 
Bald den Pfad versteckt 
Laub; das ihn bedeckt. 
Aber immer weiter 
Zieht mein wackrer Reiter, 
Weckt die Walder dort 
Und ruft immerfort: 
„Yorwarts, Brauner, he! 
Langs dem Abhang gehl 
Warum weichst vom Weg du, 
Lenkest stets der Hóh' zu? 
Isfs der Panzer schwer? 
Driickt der Sattel sehr? 



10 



-<^ 146 ^- 

Ist der Ziigel l^stig, 
Das Geschirr so pr^chtig? 
Macht die Waflfe nicht, 
Heli wie Stemenlicht, 
Meines Łeibes Łast 
Unertraglich fast?" 

„Nicht der Panzer schwer 
Druckt, der Sattel sehr; 
Auch beengen nicht 
Gurt nnd Sattel mich. 
Was mich immerfort 
Treibt vom Wege dort 
Ist, dass B^uber, schier 
Punfundyierzig, hier 
Lauerii; schlimme Schar, 
Die den Bitem gar 
Kuhn ais Kinder schon 
In den Wald entflohn. 
Jetzty nicht weit von hie, 
Lustig zechen sie 
In dem Thal, das dicht 
An den Fels sich schmiegt^ 
Wo Platanen schOn 
Neben Haseln stehn. 



-^ 147 ^- 

Ihren Tisch den alten, 
Yierfach schon gespalteii; 
Eisendraht umwindet; 
Zeichen drauf man findet; 
Sind au8 Buchern fein 
Und Yon Golde rein. 

An des Tisches Bord 

Raubbereit sitzt dort 

Januc, der Magyar, 

Alter Rauber gar. 

Grau in Missethat 

Ward sein strupp'ger Bart, 

Wallt zum Gurtel wahrlich, 

Schlingt noch um den Gurt sich. 

Binen Sabel breit 

Halt Janu§ bereit, 

Eine Bucha* zumal, 

Ein Herz, fest wie Stahl; 

Und dazu noch hat 

Auf des Felsen Grat 

Burschen kiihn er stehen, 

Mit Wafifen wohl versehen; 

Eisenstark die Sahnen, 

Kraftgeschwellt die Venen, 

10* 



-<$ 148 ^- 

Stark ihr Nacken gar; 
Soldlos dient die Schar. 
Auf den Kópfen nicken 
Gzakos; ihren Rucken 
Breite PlechteD schmiicken. 
HOren sie dich dort^ 
Schleppen sie dich fort, 
Und dann wehe mir! 
Und dann wehe dirl*' 

— „Yorwarts, Brauner, he! 
Langa dem Abhang geh! 
Nicht zur Hóhe da, 
Bleib* dem Wege nah, 
Ich bin Mihu ja! 
Lass die Sorgen dein, 
Du, mein ROsslein fein; 
Trau* dem Arme stark, 
Diesem Arm voll Mark, 
Der Brust von ReckoDart, 
Breit und wohWerwahrt; 
Diesem Schwert zumal 
Mit der Schneid' aus Stahl." 

Rósslein auf sein Wort 
Schnell verlasst den Ort, 
Polgt dem Weg hinfort. 



-<^ 149 ^- 

II. 
Im Wald auf einmaly 
Wahrend dort im Thal 
Froh im Kreis der Zecher 
Januc schwingt den Becher, 
Still und stumm wird er, 
Sitzt gedankenschwer; 
Denn bald laut, bald leise 
Klingt liebliche Weise 
Durch des Waldes Kreise: 
Wunderbarer Klang, 
Stolzer HeldensangI 
Einer Ftóte weich 
EntstrOmen dann sogleich 
— Einer Flot* aus Bein — 
Susse Melodei'n. 

Sieh, ein Schauer bang 
Fasst ihn bei dem Klang, 
Auf springt er im Nu, 
Ruft den Rsiubern zu: 
„Meine Tapfem hier, 
Haramine^) ihrl 

1) Aleosandri selbst sagt, der Sinn des Wortes ,,haramin'' 
sei ihm nicht bekannt. Seine Bedeutang deokt sioh wohl 
ziemlich mit der des englischen ,,Ontlaw'*. 



-•$ 150 ^- 

Hdret auf mein Wort, 
Wafifnet euch sofort! 
Ftótenton furwahr 
HOr' ich heli und klar; 
Br durchhallt den Wald, 
Dass er lieblich schallt. 
Also wie der Wind 
Auf, ans Werk geschwind! 
Sperrt die Pfade all 
Auf dem Berg, ira Thal, 
Briick' und Schlucht zumal 
Und das Pappelthal; 
Auch den schmalen Steg, 
Den zerriss^nen Weg 
Und den Waldesąuell 
Mit dem Wasser heli I 
Kommt ein Held gegangen, 
Rosen auf den Wangen, 
Thut ihm keinen Harm, 
Fesselt ihm den Arra; 
Isfs ein Weibernarr, 
Mannesmutes bar, 
Mit *nem Backenstreich 
Łasst ihn ziehn sogleich!*' 

Die Ungam, die schnellen, 
Mihu nun umstellen. 



-^ 151 ^- 

Als er sie erschaut, 
Ruft er furchtlos laut: 
„Ei, Yerwegne ihr, 
ToUkuhn seid ihr schier, 
Habt euch unbedacht 
Um den Kopf gebrachtl" 

Eh' er noch geendet, 
Er zum Kampf sich wendet, 
Greift sie blitzschnell an, 
Fallt sie Mann fiir Mann. 
Dann zieht wieder weiter 
Durch den Wald er heiter. 
Doch wenn's Rósslein sein 
TriflFt das Felsgestein, 
Giebt es hellen Schein, 
Und die Nacht wird schnell 
Wie der Tag so heli. 

Ais ihn Janu§ drauf 

Sieht, springt schnell er auf : 

„Meine Tapfern hier, 

Haramine ihr, 

Streckt mit Lanzen ihn, 

Mit den Plinten hinl^' 



-^ 152 ^- 

— ,,Lasset doch die Plinten, 
Lasset doch die Lanzen, 
Tapfre Krieger hier, 
Haramine ihr. 
Jung Mihu ich heisse, 
Sing' euch eine Weise, 
Traun^ yon stolzem Klang, 
Einen Heldensang, 
Wie nicht hOrtet ihr, 
Wart steinalt ihr schier." 

III. 

Pldtzlich Mihu dann 
Hub zu singen an. 
Feurig gar erklang 
Erst sein stolzer Sang; 
SehnsuchtSYoU und leise 
TOnt dann seine Weise; 
TOnt 80 lieblich gar 
Und BO wunderbar, 
Berge hallen wieder, 
Falken schweben nieder, 
Leis erschauem Riistern*), 
Und die Blatter fliistern, 

i) Eigentlich der Hochwald. 



-^ 153 ^- 

SterD* auf ihrer Bahn 
Halten staunend an. 

Auch die R^uber stumm 
Lauschen ihm ringsum. 
Janug selbst, der grimme; 
Sanftigt seine Stimme. 

Preundlich, wie noch nicht, 

* 

Br zu Mihu spricht: 
,,Eomm nun, Mihu, komni; 
Kiihner Recke, komml 
Lass ais lusfge Zecher 
Schwingen uns den Becher; 
Nach dem Mahl indessen 
Wollen wir uns messen." 

An den Tisch zum Mahle 
Setzen nun sich alle, 
Schwingen froh den Becher 
Nun ais lusfge Zecher, 
Stossen jubelnd an, 
Jauchzen kraftig dann. 

Doch ais sie zuletzt 
Sich genug ergótzt 
An dem Mahle fein, 
An dem siissen Wein, 



-<e 154 ^- 

— Der aus Ungarland, 
Der aus Moldauland, — 
Treten sie zur Seite, 
Messen sich im Streite. 
(Harten Kampf wird's geben, 
Denn es gilt das Leben; 
Nie erhebt sich wieder, 
Wer im Kampf sinkt nieder.) 

Und der Dngarn Bandę, 
Des Janug Yerwandte, 
Yoll Brwartung sehen, 
Wie sich beide drehen, 
Wie sie beide ringen, 
Nieder sich zu zwingen 
Wie ein Drachenpaar, 
Stiere schwarz, furwahr. 

Pldtzlich Mihu, sehti 
Angewurzelt steht, 
Reisst den Gegner an sich, 
Hebt empor ihn schleunig, 
Wirft zu Boden ihn 
Auf die Kniee hin, 
Und mit wucht'gem Schlag 
Trennt das Haupt er jach. 



-^ 155 ^- 

Doch der UDgarn Bandę, 
Des Janug Yerwandte, 
Stehen da betroffen, 
Wie vom Blitz getroffen; 
Mihus Stimme heli 
Aber weckt sie schnell: 
„Wohlan, Kinder hier, 
Haramine ihr, 
Pindet sich von euch 
Biner, der sogleich 
Hebt die Keule mein, 
Mag sie schwer aueh sein, 
Und die Buchse mein, 
Mag sie schwer auch sein, 
Alle Waffen gar, 
— Schwer sind sie, fiirwahrl 
Ais ein Bruder dann 
Schliess' er sich mir an, 
Erring' ais freier Held 
Ruhm sich in der Welt/^ 

Und die Ungarn eilig 
Biicken bis zur Erd' sich; 
Bitel ist die Muh', 
Denn nicht einer, sieh, 



-<^ 156 ^- 

Hebt die Waflfen drauf 
Von der Brdę auf, 
Schwer von Eisen schier 
Und mit goldner Zier. 

„Arme Schelme ihr, 
Haramine ihr, 
Lasst den Wald mir doch, 
Spannt den Ochs ins Joch; 
Denn nicht seid ihr hier, 
Nicht seid ihr wie wir^) 
Mllnner, traun, voll Mark, 
Seid nicht Helden stark. 
Heiss' Gesindel euch, 
Schwingt die Hacke feigi*' 
Sprach es und sogleich 
Hebt ohn' grosse Muh 
Mit dem Pinger, siehl 
Br die Waflfen auf, 
Geht zum Pfad darauf; 
Mit dem Ross zieht heiter 
Durch den Wald er weiter. 

Es erbraust der Wald; 
Durch die Zweige halit 

^) Wie wir Humanen. 



-^ 157 ^- 

Wunderbarer Klang, 
Stolzer Heldensang. 
Au8 der Ftóte weich 
Strdmen dann sogleich 
— Einer Pl5t' aus Bein 
Siisse Melodei'n. 



Hora und Glo^ca^). 

Auf dem (Jden weiten Feld 

Feuersglut die Nacht erhelit; 

Wachse sie zu machfgem Brande 

Weithin im Magyarenlandel 

Auf, ihr Bruder, schliesst den Reih'n 
Bei der Flamme hellem Schein. 

Werd' dem Tode, Ungar, sagen 
Dass er bald dich mog' erjagen, 
Móge Feuer dich versengen! 
Mógest du am Galgen TiangenI 

1) Eigentlich „hora'S yon Alecsandri zu den Balladen ge- 
ktellt, weil sie historischen Charakter hat. Sie wird namlich 
len Insurgentenfiihrern „Hora^' und „Clo^ca'^ in den Mund 
celegt, die sich im Jahre 1784 gegen die Magyaren erhoben. 



-^ 158 $— 

Auf, ihr Bruder, schliesst den Reih']i 
Bei der Flamme hellem Schein. 

O Magyar, du toUer Hund*), 

Yiel schon litt ich bis zur Stnnd'; 

Doch nuD naht die Zeit heran, 

Wo ich Rache nehmen kann. 

Auf, ihr Bruder, schliesst den Reih'n 
Bei der Flamme hellem Schein. 

Auf die Berge aus dem Thal 
Stieg ich, nahm den Wetterstrahl, 
Schleudert' aus den Wolken ihn 
Nach den Ungarbanden hin. 

Auf, ihr Bruder, schliesst den Reih'n 
Bei der Flamme hellem Schein. 



-r^>- 



1) Einen energischen Ausdruck findet der Patriotismus 
der Bumanen In dem Groll, der sich in ihren Yolkadichtungen 
gegen aUe firemden Unterdriicker geltend macht. Tataren, 
Polen, Tiirken, Griechen bilden nach der Beike die Zielschdbe 
der Satire. Am heftigsten aber wendet sich die Yolkaleiden- 
schaft gegen die Magyaren. 



-^ 159 ^- 

Die Terurteilten. 

Es weht der Wind von Westen her, 
Schlimme Kunde bringet er: 
Drei Genossen in Belgrad 
Man zum Tod verurteilt hat. 

Doch der alfste von den drei'n 
Piirchtet sehr des Todes Pein, 
Und in seiner Angst fleht er: 
„WoUest gnadig sein, o Herrl 
Schenk' das Leben noch mir Armen, 
Dass mein Weib ich kann umarmen; 
Ist 80 jung und schón fiirwahr, 
Lebt' mit ihr so glucklich gar." 

Und der zweit' der Leidensbruder, 
Braungelockt, sinkt bittend nieder. 
Thranen ihm im Auge stehen, 
Weinend hóret man ihn flehen: 
j^WoUest, Herr, dich mein erbarmeni 
Schenk' das Leben noch mir Armen, 
Lass mich Miitterchen umarmen — 
Miitterchen ist alt und schwach, 
War ihr einz'ger Trost noch, ach I