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D. IVNII IVVENALIS
8 A T V E A E.
EUKLAItT
VON
ANDREAS WEIDNER,
DIKEKTOU UKS C.YMNAblUMS ZTJ DORTMUND.
ZWEITE DMGEARBEITETE AUFLAGE.
LETPZIG,
DRUCK UND VEllLAG VON 15. G. TEUBNKR.
1889.
D. lYNII IVVENALLS
S A T Y R A R V M
LIBRI V
P coclex Montepessulanus 125, olim Pithoeanus
p codicis Pithoeani manus emendatrix'
S scholiorum lectio aut ex scholiis ducta
(o codices reliqni omnes ant multi
S^ codicum reliquorum pars
B Baecheler
W editoris nomen
Einleituug.
I. Juvoiials Lebeii uiid Schriftstellerei.
§ 1-
l ber Juvenals ihifsore Lebensumstande sind vvir nur
iuifserst maui^elhaft unterriclitet^). Alle sieliorn Nachrichten
iiber sein Leben verdanken wir zum grofsten Teil ihm selbst,
(1. h. zufalligen Aufserungen der Satiren. Aufserdem ist von
Bedeutung eine \^ eihinschrift Juvenals, welclie sicli bis
auf unsere Zeit erhalten liat"), dazu Erwahnungen seines
Xamens bei Martialis'') und Sidonius Apollinaris*), endlich
einige Notizeu der vorhandenen Scholiensammlung, deren Glaub-
wiirdigkeit freilich nur eine sehr bedingte sein kann.
In verschiedenen Handschriften der Satiren finden sich
aufserdem noch verschiedene Lebensskizzen, welche zwar im
wesentlichen hach Form und Lihalt alle aus einer Quelle ge-
flossen zu sein scheinen, doch aber in Einzelheiten sehr von-
einander abweichen, besonders in der Nachricht iiber Ort und
Zeit der Verbannung Juvenals "').
§ 1-
1) Die Hauptwerke sind: Francke, Examen criticum D. lunii luve-
nalis Vitae, Altona 1820. C. F. Hermann, de luv. satirae VII tempoi-i-
bus, Gottingen 1843. Bart. Borghesi, intorno all' eta di Giovenale,
Rom 1847, jetzt in den Oeuvres completes V 49 — 76. (C. A. Bauer),
Kritische Bemerkungen iiber einige Nactirichten aus dem Leben Juvenals,
Re^ensburg 1833. W. Teuffel, tStudien und Charakteristiken p. 410 sq.,
Leipzig 1871, und in Paulys Realencykl. V 1267 sq. C. F. Hermann,
Praef. ed. Teubn. 1862. Die weitere Litteratur bis 1880 s. bei Teuffel-
Schwabe R.-L. § 331. Unter den neuesten Schriften ist am meisten er-
wahnenswert .Julius Diirr, das Leben .Juvenals, Ulm, Progr. 1888, und als
Gegenstuck dazu Chrii3tian Strack, de luvenalis exilio, Laubach, Progr.
1880. 2) Bei Mommsen, Inscript. Regni Neapol. n. 4312, und bei
Henzen n. .5599. C. I. L. X .5382. 3) VII 24 u. 91. XII 18. 4) Carm.
IX 270. AUerdings wird hier der Name Juvenal selbst nicht genannt,
aber die Beziehung anf ihn ist zweifellos. Die Nennung des Namens
bei Rutilius Nam. I 603, loh. Lyd. mag. I 41, bei loh. Malala chron. X
p. 341 oder Suidas ist fur die Lebensgeschichte des Dichters ohne jede
Bedeutnng. 5) Bei: D. Innii luvenalis Satur. libri V cum scholiis
veteribus rec. ot emend. 0. Jahn, Borol. 1852, p. 386 — 390, und bei
VI EINLEITT3NG.
§2.
Fiir unseren Zweck sind diese Skizzen samtlich unbrauch-
bar. Denn mag auch ihre urspriingliche Quelle noch so rein
uud zuverlassig gewesen sein, so ist diese doch im Laufe der
Zeit durch willkiirliche Kombination, durch Hinzufiigen und
Hinwegnehmen, so sehr getriibt worden, dafs wir ihre ver-
stiimmelten Nachrichten unmoglich fiir historische Thatsachen
gelten lassen konnen^). Eine Quelle, deren Ursprung und Ver-
lauf unbekannt, deren Darstellung zerrissen und verstiimmelt
ist, deren Angaben einander vollig widersprechend sind, darf
und kann die historische Kritik nicht mehr als Autoritat be-
trachten; solche Notizen erhalten nur dann einen gewissen
sekundaren Wert, wenn sie mit anderweitig beglaubigten
Nachrichten zusammenstimmen-).
G. Valla glaubte allerdings in einem seitdem verlorenen
Codex die Entdeckung gemacht zu haben, dafs Juvenals Leben
uud die Scholien zu seinen Satiren den Grammatiker Probus
zum Verfasser gehabt hatten^). Allein diese Nachricht ist
schou an und fiir sich wenig glaubwiirdig, weil im Codex Pi-
thoeanus, welcher dieselben Scholieu fast iibereinstimmend ent-
hiilt, sich von einer solchen Angabe nicht die geringste Spur
findet; und wenn man auch die Wahrheit der Angabe von
G. Valla nicht in Zweifel ziehen will, so scheint es doch wohl
unzweifelhaft, dafs die von ihm erwahnte Angabe auf eiuem
Irrtum beruht. Da namlich von dem jiingeren Valerius Probus
Dilrr 21 — 26, wo sich auch der freilich vergebliche Versuch einer Re-
konstruktion der alten Biographie, d. h. der ursprunglichen Quelle der
verschiedenen noch erhaltenen Vitae, vorfindet.
§ 2.
1) Das erkennt auch Diirr p. 6 sq. an. Wenn er aber glaubt die
urspriingliche Biographie wieder herstellen zu konnen, so ist zu er-
widern, dafs subjektive Annahmen und Unterscheidungen des Wahren
und Interpolierten noch lauge nicht objektive Thatsachen sind. Es ist
dabei gleichgviltig, ob der Biograph urspriinglich aus guter alter IJber-
lieferuug geschopft hat oder nicht. Was uus davon iiberliefert ist, hat
nur Glaubwiirdigkeit in Verbiudung mit andereu Zeugen. 2) Dafs
Sueton nicht der Verfasser der urspriingUchen Vita sciu kaun, ergiebt
sich nicht nur aus der Unbestimmtheit der Angabeu, soudern auch aus
der Lebenszeit Juvenals. Vgl. ReifFerscheid Q. S. 371. 404. 422. 3) Valla
bemerkt dariiber: sane comperti mihi sunt nuper Prohi grammatici in
Juvenalem commentarii quantum adhuc audiverim nuUi alii cogniti, sed
mirae brevitatis: alioquin tamen perquam opportunos aliquando se nobis
obtulerunt: obtulissent vero sese adliuc mayis nisi nobis singula rimanti-
bus codicis nimium cariosa invidisset vetustas: et si in omnes libros
coviperti habeantur qui vix tertii libri sccundfim attigere satyram. In-
vigilavimus vero ipsi si modo id consequi potuimus: ut omnis huius podac
pateret cruditio: Probi intcrprctamtnta cuitismodi ea fucrunt: quuc pJum
perexigua sunt nc in minima quidcm partc subtraximus : aut immutavimus.
EINLEITUNG. Vll
eiu Kommentar inul ein Leben des Persius vorliauden war, dio
Satiren des Persius aber schon friilizeitig mit dcnen Juvenals
iu eiuem Band vereiuigt zu erscheinen pHegteu, so kounte es
leicht gescheheu, dafs man die Aufschrift an der Spitze der
Scholien zum Persius auf die vorhandene Scholieusammhing
zu Juveual iibertrug^j.
§ 3.
Wie dem aber auch seiu mag, jedenfalls darf mau sich
nicht den beruhmten Grammatiker M. Valerius Probus aus
Berytos, der ja viel friiher als Juvenal lebte, als Verfasser
eines solcheu Kommentars deuken. Aber auch der jiiugere
Probus, der Verfasser von Kommentarien zu Vergil und Per-
sius, kauu nicht leicht der Autor eines Kommentars zu Ju-
venal sein, den er, wie es scheint, nicht iiberlebt hat. Der
jiingere Probus iiberlebte kaum das Ende des Domitian, wtih-
rend Juvcual im J. 127 sicher noch am Lebeu war. Es
bleibt also keiue Zeit iibrig, iu welcher Probus eiu kritisch-
exegetisches Werk iiber deu litterarischen Nachlafs Juveuals
hiitte schreibeu konnen^).
Wenu man indessen die iiberlieferten Vitae .Juvenals als
Pseudo-Quellen beiseite liifst oder doch nur als sekundiir be-
trachtet, so verlieren wir darum nichts an Nachrichten iiber
Juvenal. Es ist in ihnen nichts enthalten, was sich nicht auf
andere Weise besser und zuverliissiger gewinnen liefse.
§ 4.
Die Geburtszeit .Juvenals steht ebenso wenig wie die Zeit
seines Todes fest. Wir wissen nur von zwei der letzten Sa-
tiren, dafs die dreizehnte im Jahr 127 n. Chr. und die fiinf-
zehnte nicht vor dem Jahr 127 verfafst ist, uud da die alteu
Biographen berichten, dafs Juvenal etwa achtzig Jahre alt ge-
worden sei, so schlofs man, dafs er um das Jahr 47 n. Chr.
geboren sein konne^). AUein sicher ist es, dafs Juvenal noch
4) I. Steup, de Probis grammaticis, lenae 1871, p. 128. 0. Jahn,
Prolegg. Pers. 136.
§ 3.
1) Steup 127, und im Rhein. Mus. XXVII 62 sqq. gegen Teuffels
Einwendungen in den Studien und Charakteristiken p. 442 sq.
§ 4.
1) Die Richtigkeit der Lesart lunco, womit der Konsul Amilius
.luncus oder richtiger vielleicht Ti. Claudius Juncus gemeint ist, und
damit das Jahr 127 n. Chr. hat B. Korghegi erwiesen. Dazu vgl. den
Zusatz von Kegnier in den Oeuvres V 509 n. und Mommsen, Ephem.
epigr. I 247 sq. Borghe.si beschaftigt sich nur mit dem Konsulat
des Juncus und Fonteius (13, 17), auf das Geburtsjahr selbst
geht er nicht niiher ein.
VIII EINLEITUNG.
nach dem Jalir 127 gelebt haben mufs. Denn wenn er 15, 27
sagt nos miranda qtiidem, sed nuper consule lunco gesta . . .
referemus, so kann die Satire nicht vor 128 geschrieben sein.
Es ist aber auch moglich, dafs hier nuper auf einen Zeitraum
von zwei oder mehr Jahren zuriickweist^). Solange also das
Todesjahr nicht bekannt ist, kann daraus das Geburtsjahr
nicht berechnet werden.
Dafs der Dichter ein sehr hohes Alter erreicht hat, konnen
wir den alten Lebensnachrichten uubedenklich glauben. Da-
fiir spricht zunachst 13, 16 stupet liaec qui iam post terga re-
liquit sexaginta annos, Fonteio conside (= 67) natus? Nur ein
alterer Freund konnte ohne Gefahr der Beleidigung so zum
Freunde reden. Es mufs also .Juvenal im J. 127 nicht wenig
iiber 60 Jahre alt gewesen sein, vielleicht war er bereits
ein Siebziger^). Andrerseits ist es Thatsache, dafs er erst
im spateren Maunesalter zu dichten oder doch wenigstens
Satiren zu veroffentlichen begonnen hat. Wenn nun diese
Satiren dennoch nicht aus einem Gusse, sondern zum Teil
von sehr verschiedenartigem Charakter sind, so mufs man an-
nehmen, dafs der Verfasser zu verschiedeneu Zeiten, wahr-
scheinlich bis in das hochste Alter hinein, gedichtet hat, zu-
mal sich wenigsteus in der fiiufzehnten Satirp Spuren einer
senectus decrepita ganz von selbst aufdrangen. Juvenal ist
also gewifs sehr alt geworden. Andrerseits war er ein Freund
des Dichters Martialis, der 38 — 41 v. Chr. geboreu ist. Ist es
nun auch nicht notwendig, dafs Freunde immer gleichaltrig
sein miissen, so ist es doch auch wiederum natiirlich, dafs
zwischen gleichstrebenden Freunden der Unterschied des Alters
nicht gar zu grofs zu sein pflegt. Nehmen wir als Geburts-
jahr fiir Martial 40 n. Chr., fiir Juvenal etwa 55 n. Chrl an,
so war dieser ungefahr 36 Jahre, Martial 51 Jahre alt, als
im Jahr 91/92 Martial (VII 24 u. 91) den Juvenal offentlich
als Freund begriifste^). Unter dieser Voraussetzung wiirde
Juvenal im Jahr 127 bereits 72 Jahre alt crewesen sein und
2) Dvirr p. 10 tindet in 15, 140 sq. eine Anspielung auf clie von
Hadrian in Rom eingefuhrten (?) eleusinischen Mysterien, und da diese
erst nacli der Riickkehr des Kaisers von seiner zweiten ileise im J. 134
in Rom eingefiihrt sein konnten, so hatten wir damit einen Beweis, dafs
die 15. Satire nicht gut vor dem J. 135 verfafst sein kann. AUein die
Beziehung, welche Diirr der Stelle giebt, ist weder notwendig noch
wahrscheinlich. Auch seine Erklilrung vou Aurel. Vict. Caes. 14 ist
keineswegs sicher. 3) Auch L. Schwabe im Rhein. Museum XL
\). 25 sqq. sagt am Schlufs seines Aufsatzes: Juvenal hat nur dann ein
Recht zu Calvinus zu sprechen wie er spricht (man beachte z. B. die
recht derben Wendungen V. 33. 35. 141), wenn' er ziemlich so alt, oder
bosser wenn er noch iiltor iat als jenor. 4) Vgl. Mart. ed.
Friodlaondcr Bd. I 58 sq.
EINLEITDNG.
in einem Alter gestanden haben, in dera er seinen Freund
Calvinus, eineu Sechzi«ior, recht wohl auch mit derbereu Worten
zurechtweisen konnte.
§ 5.
Es giebt, wie mir scheint, fur die anniihernde Bestimmung
der Lebenszeit Juvenals eine Greuze uur iu der Thatsache,
dafs der Dichter die Regierungszeit Domitians rait vollcm und
klarem Bewurstsein durchlebt hat. Denu liir diese Zeit, die
den Inhalt der Satiren biklet, ist diese Annahrae eine Not-
wendigkeit ')• Die Zeit Neros spielt keine so grofse Rolle,
dafs raan auch fiir sie dasselbe voraussetzeu raiifste. Wer dies
wollte, miifste auch annehraeu, dafs Juveual bereits die Zeit
des Tiberius im kraftiojen und selbstaudigen Jiinglingsalter
durchlebt hat-). Diese Zeiteu konnte Juvenal ebenso wie Ta-
citus teils durch raiiudliche Tradition teils durch schriftliche
Darstellungen kennen lerneu, uud er besafs Phautasie genug,
sich rait Lebhaftigkeit in die Zustande dieser jiiugsten Ver-
gangenheit zu versetzen. JuvenaJs Geburtsjahr kaun von dera
des Tacitus nicht sehr fern liegen. Auch Tacitus reifte unter
Doraitian zum vollkraftigen Maun heran, auch er hat die
Grausarakeit des Tyrauneu durchgekostet und er mufste eben-
falls schweigen, bis rait Nerva und Trajan die Hoffnuug und
die Zuversicht auf eine bessere Zeit sich mehr und mehr be-
festigten.
In der That ist neuerdings in einer dera 15. Jahrhundert
angehorigen Haudschrift der Barberinischen Bibliothek in Rora
eiue Vita gefuudeu worden^j, die folgeude raerkwiirdige Notiz
enthalt: Iiinius Iuvenalis Aquinas lunio luvenale patre, matre
vero Septumuleia ex Aquinati municipio Claudio Nerone et L.
Antistio consulihus natus est (d. h. 55 n. Chr.). Sororem habuit
SeptumuUiam , quae Fuscino (deu Adressateu der 14. Satire)
nupsit. Man raag iiber die soustige Glaubwiirdigkeit dieses
Huraanisten-Traktats, denu das ist die angebliche Vita, urteilen
wie raan will, so wird raau doch zugesteheu raiissen, dafs das
Jahr 55 als Geburtsjahr des Dichters vortrefflich gewahlt ist,
so dafs wir iu diesera Falle kaum an die Vermutung eines
Humauisten, sonderu eher an das Durchsickern einer alten,
jetzt verlornen, Quelle deukeu diirfen'*).
§ 5.
1) Dies hat besonders TeufFel mit Recht betont. Vgl. A. Widal,
.Javenal et ses Satires. Paris 1870, p. XIV: &est le siede de iJomiticn,
c'e-< VuniverseUe perversite romaine sous ect effroyable tyran, qWattaque
et qiie stigmatise notre poete. 2) Zn dieser Annahme ist Bauer ge-
langt, weil er glaubte, .Jav. miisse den 10, .06 sq. geschilderten Stnrz
des Sfjanns mit Angen gfsehen haben. 3) Die Entdeckung verdanken
wir .J. Drirr, vgl. Leben ,Juv. p. 28. 4) Die Verlieiratung der Schwester
X EINLEITDNG.
§ 6.
Decimus Junius Juvenaiis war also etwa im Jalir 55
n. Clir. zu Aquinum im Volskerlande geboren^). Von seinen
Eltern wissen wir niclits weiter, als dafs der Vater dort
eigenen Grund und Boden besessen hat^). Das Praenomen
Decmms kommt in der gens lunia ofter vor und der Gentil-
name neben dem Vornamen und Zunamen berechtigt zu dem
Schlufs, dafs der Vater Juvenals ein freier romischer Biirger
war^). Dafs er aus niederem Stande war, kann aus einzelnen
Stellen der Satiren des Sohnes nicht geschlossen werden*).
Eher ist der umgekehrte Schlufs erlaubt, dafs bereits der Vater
ein angesehener Mann in Aquinum gewesen sein mufs, weil
der Sohn die hochsten Amter der Municipalstadt bekleidet hat^).
Ob aber bereits der Vater die Ritterwiirde besafs, oder ob
diese erst der Sohn durch militjirische Leistungen sich erwarb,
wissen wir nicht. Die erstere Annahme hat indessen mehr
Wahrscheiulichkeit*^). Denu vergteicht sich auch Juvenal nir-
gends mitden Reichen und Vornehmen Roms, so erwahnt er
doch nicht ohne einen gewissen Stolz sein vaterliches Besitz-
tum^) und blickt mit Verachtung auf den Ritter Cinnamus,
der ihm einst, dem Rittersohne, den Bart geschoren hat^).
Auf eine gewisse Wohlhabenheit des Vaters lafst auch
die Erziehung des Sohnes schliefsen, wodurch dieser sich den
gebildeten Mannern Roms glaubte gleichsteilen zu diirfen'').
Er genofs in Rom nach der Sitte der Zeit zuerst den Unter-
richt eines Grammatikers, dann besuchte er die vornehmere
mit Fuscinus kann ersonnen sein, um ein Motiv fvir den ersten Teil der
14. Satire zu haben, auch der Name Septimuleia kann aus septima^lux
erdichtet und sowohl der Mutter als auch der Tochter beigelegt sein,
aber wie sollen wir uns die exakte Angabe des Geburtsjahres deuten?
Das Geburtsjahr des Tacitus, womit man das des Juv. hatte verwechseln
konnen, war im 15. Jahrh. schwerlich bekannt,
§ 6.
1) Sat. 3, 319: quotiens te Eoma tuo refici properantem reddet
Aquino. 2) 6, 57- vivat Fidcnis et agello cedo paterno. 3) Dagegen
Vita I u. II: libertini locupletis incertum filius an alummis, IV: ordinis
iht fertur libertinorum. 4) Aus 1, 101 und 4, 98 ist nur zu schliefsen,
dafs Jnvenal nicht zur hochsten rom. Aristokratie gehorte. Aus Mart.
XII 18: dum per limina te potentiorum sudatrix toga ventilat erkennen
wir auch uur, was selbstverstilndlich ist, dafs es zu Itom potentiores
gab und dafs ihnen Juv. vielfach seine Aufwartung machen mufste.
5) Er war Censor und Flamen divi Vespasiani, cf. Marquardt, Aitert.
IV 425 n. 2920 uud Paulys Enc.ykl. VI 1, 363. 6) Juv. diente als
tribunus militum wie die Sohne der Senatoren und liitter. 7) 6, 57.
3, 319. 11, 65. 12, 89. 8) Vgl. zu 1, 24 und 10, 226. 9) 1, 15.
Die schola grammatici ist mit manum fcrulae subdiixiinus , die des
Rhetor mit comilium dedimtis Sullae etc. angedeutet. Auch Martial
hat dic grammatische uud dic Uhetorenschnle durcligemacht, vgl. IX 73, 7.
EINLEITUNG. XI
Rhetorschule. Iii der That zeigt sich Juveual iu seineu Sa-
tireu als eiueu echteu Schiiler der lihetorik: er heherrscht die
Kuust der iuveutio uud elocutio, Sprache uud Metrik, Mytho-
higie uud Geschichte, Kechtskeuutuis und Philosophie, ohue
etwa mit diesem ^Vissen mehr zu pruukeu als es soust Sitte
der rhetorisch gehildeteu Zeit war^").
Den weitereu Verhiuf seiner Bildungsgeschichte kenneu
wir nicht. Nur so viel steht fest, dafs Juvenal iu vertrautcr
Freundschaft mit Martial gelebt^), dafs er dem Statius viel-
leicht nicht sehr ferue gestanden-) und wohl auch mit Quin-
tilian in niihere Beriihruug gekommeu ist^).
Ob Juvenal sich je um eiu Staatsamt beworben hat, ist
uugewifs. Sicher ist es, dafs er als Tribunus im romischen
Heere gedient hat, wahrscheiulich unter Titus oder wllhreud
der ersten Regieruugszeit Domitians^). In seiner Vaterstadt
bekleidete er das ehrenvolle Amt eines Censors^) und wurde
aufserdem zum Flamen des divus Vespasianus ernannt. Die
erstere Wiirde hat er iudessen gewifs-nicht vor dem 40. Lebens-
jahr erlangt.
Nach einer Stelle des Martialis scheint es, als ob Juvenal
sich eine Zeitlang uuter Domitian der Poesie oder der Bered-
samkeit gewidmet hat; denu der Ausdruck facimdus kaun vom
Redner und' Dichter verstanden werden*'), vgl. zu 7, 31.
10) 13, 121: et qui nec cynicos nec stoica dogmata legit, dagegen:
non Epicurum suspicit, dessen Schriften er also doch wohl gelesen hat.
§ 7.
1) Mart. Vn 24: cum luvendle meo quae me committere temptas,
quid non audebis, perfida lingua, loqiii? Te fingente nefas Pgladen odis-
set Orestes, Thesea PiritJioi destituisset amor, tu Siculos fratrcs et maius
nomen Atridas et Ledae poteras dissociare genus. Bei Juv. dagegen findet
sich Martial nicht erwahnt. 2) 7, 82. 3) 6, 75. 280. 7, 186 sq.
4) Die Inschrift lautet: cereRI ■ SACRVM \\ d. iuNIVS. IVVENA-
LIS U trib. Coli ■ i • DELMATARVM \\ II ■ VIR ■ Q VINQ ■ FLAMEN \\
DIVI^ VESPASIANI || VOVIT ■ DEDICAViPjVE \\ SVA PEC, cf.
sat. 3, 318. Die in der Inschrift genannte Kohorte scheint in Britannien
gestanden, Juvenal also dort gedient zu haben, vgl. zu 10, 14. 5) d.ih. er
war duumvir quinquennalis, der mit seinem Kollegen wie in Kom den
Census zu halten und die Censusrollea nach Rom einzuschicken hatte;
ferner hatte er die Aufsicht iiber die offentlichen Gebiiude und die Fest-
stellung des Decurioneu-Verzeichnisses. Vgl. auch Henzen Ind. 158.
Nach dem ordo honorum mufste er vorher (nicht unter dem 25. Lebens-
jahre) die Quastur und Adilitiit in Aquinum bekleidet haben, vgl. Diirr
p. 13. 6) VII 91: de nostro, facunde, tibi, luvenalis, agello Saturna-
licias mittimus ecce nuces. Rednerische Bedentung hat facundus Juv. 16, 45.
Die Neueren begniigen sich, an die Thiltigkeit des declamare zu denken,
weil die Vitae bemerken: ad mediam fere attatem declamavit animi
XII EINLEITUNG.
§ 8.
Die Regierung des Domitian, anfangs niilde und vielver-
heifsend^), wurde bald zur riicksiclitslosesten und blutigsten
Tyranuei"). Die Harte und Grausamkeit, mit welcber dieser
Fiirst alles Edle unterdriickte, alle Regungen eines selbstandigen
Charakters zertrat^), die Ehre des Reiches und seiner vornehm-
sten Manner schandete'^), die vStimme der Freiheit und des
Geistes kuechtete und fesselte^), lastete wie es scheint ebenso
schwer auf Juvenal wie auf Tacitus. Beide zogen sich von
dem offentlichen Leben zuriick und betrauerten in der Stille
des Privatlebens die moralisch-politische Vernichtuug der unter-
gehenden Romerwelt''). Juvenal nahm au dem Geschick seines
Volkes lebhaften Anteil, aber wie Tacitus so vergafs auch er
die Menschheit iiber der Romerstadt, und in der Selbstent-
ehrung oder Vernichtung der altromischen Aristokratie er-
kannte er das grofste Ungliick seiuer Zeit''). Aber wahrend
Tacitus alle Schuld dem Kaiser allein zuschrieb und nur vor-
iibergehend die ungeschickte Haltung der Aristokratie tadelt*'),
sieht Juvenal den Grund alles Ubels in der socialen Verkom-
menheit der ganzen Romerwelt^). Von allen Seiten, von unteu
und oben, sieht er das Verderben hereiubrechen, iiberall findet
er nur Sittenlosigkeit und Scheintugend, Stolz u'nd Kriecherei,
Herrschsucht und Charakterlosigkeit, Habgier und Verschwen-
dung. Unter solchen Jammerzustanden bemachtigt sich der
magis causa quam quod scholae se aut foro praepararet. Aber die Ent-
stehung dieser Notiz erklart Vita IV: declamavit non inediocri fama, ut
ipse scribit: ' et nos consilium dedimus Sullae\ Wollte man auch mit
Widal erkliiren: c'€st d dire, que devant auditoire de lettres reunis qliez
lui, ou dans quelque salle de lectures publiques, il s'etait livre d cette
cloqucnce factice, so liifst sich aus der Behandlung von ''causes imagi-
naires' doch wahrlich nicht das stolze Pradikat facundus erklaren.
§ 8.
l) Suet. Dom. 9: inter initia adeo ah omni caede abhorrebat, ut
cdicere destinarit, ne hovcs immolarentur. Cupiditatis quoque atque ava-
ritiae vix suspitionem ullam dedit, immo magna sarpe non abstinentiac
modo sed etiam liberalitatis experimerda. Genauer A. Imhof, T. Flav.
Dom., Halle 1857, p. 35 sq. 2) Juv. 4, 37. 49. 70. 80. 87. 147. 151 sq.
3) 4, 84 sq. 4) 4, 99. 5) Tac. Agr. 2. 6) Tac Agr. 2: memo-
riam qiioque ipsam cum voce perdidissemus , si tam in nostra potcstate
esset oblivisci quam tacere. 7) 2, G5 sq. wird den widernatiirlichsten
Ausschweifungen das Tragen eines uniomischen Gewandes an die Seite
gestellt und [143] das Auftreten eines Vornehmen in der Arena noch
schlimmer als jene Naturwidrigkeiten bezeichnet, cf. 1, 140 sq. G, 33 sq.
Daher die Verfolgnng der thlitigen Griechen und der geschickten Froi-
gelassenen! Vgl. 3, 58 sq. 8) Dies bezeugt schon Agr, 3. 9) 2, 78:
dedit hanc contagio lahcm ct dahit in plures. 1, 149: nmnc in praecijtiti
vitium stctif.. 1, 94. 3, 313 sq. G, 265. 28G— 300. 345. 8, 98 sq. 11, 42.
120. 13, 28. 60 sq. 157. 14, 191. 15, 159.
EINLEITUNG. XIII
Seele gerade vou tieter augelegteu Natuieu eiiie Art vou Pes-
simismus, wolcher deu lu^leu Pliutergruud des Lebeus vor deui
sich breit uuicheudeu Laster vollstiludig verduukelf^). Zoru
uud Schmerz steigerte sich um so mehr, weil das geprefste
Herz sich nicht oHnen konnte. Deuu die Verzweifluug oder
der Pessimismus Juvenals war nicht totes Hiubriiteu oder
stumpfe Resiguatiou, souderu, wie bei Tacitus, lebeudiger Zorn
uud L'uwille, der jederzeit bereit ist loszuschlageu uud dem
hereiubrecheuden Verderbeu sich eutgegeuzustemmeu^'). Des
Tacitus Herz wird freilich wieder lebeusfroh uud hoffnungs-
voU durch die gliickliche Regierung des Nerva und Trajau,
seiu Zorn gilt uur der Vergangenheit^^); Juvenals Zorn ent-
ladet sich auch wohl iiber die Vergangenheit, aber sie bldbt
ihm immer eiu Spiegel der Gegenwart. Die socialen Schadeu,
welche er bekampft, die Lasterhaftigkeit uud Unuatiirlichkeit
der gesellschaftlicheu Zustande Roms konnten durch den
Wechsel der Regierung nur wenig geandert werden^^).
§ 9.
Und Juveual war nicht etwa der Manu, der wie Horaz
mit Gemiitlichkeit und Humor begabt sich gemachlicli auf
sich selbst hatte zuriickziehen und von dieser sichereu Warte
aus iiber das thorichte Treiben der ihn umgebenden Welt
lachen und spotten konnen*). Was ihn umgab, waren eben
uicht Fehler und Thorheiten, es waren fiir die Anschauung
des strengen Romers Verbrechen und Laster^). Uber das
Laster lafst sich jedoch nicht lachen, mit der Gemeinheit
iu Staat uud Leben, wie sie Juvenal ziichtigt, giebt es keine
Versohnung, lafst sich kein Pakt schliefsen, man mufs sie
verwerfen, verurteilen, verfluchen^). Die einzige Moglichkeit,
mit dieser Zeit auszukommen, ware, sie zu ignorieren. Es
fehlte auch nicht an Manuern, welche auf diese Weise mit
ihrer Zeit sich zurecht fanden^). Ebeu die Dichter, deren Herz
10) So erklaren sich Ubertreibungen wie 6, 29 sq., aber auch bittere
Wahrheiten wie 3, 145. 164. 11) 1, 30. 46. 51. 79: si natura nef/at,
facit indignatio versum. 139. 159. 63: nonne libet medio ceras inplere
capaces quadrivio? 12) Agr. 3: nunc demum rediit animus etc. 13)
Vgl. 1, 158 u. 159 mit 170.
§9.
1) Pers. 1, 116: omyie vafer vitium ridenti Flaccus amico tangit et
admissus circum jJi^uecordia Judit, callidus excusso populum suspendere
naso. 2) 1, 166: cui frigida mens est criminibus tacita sudant prae-
cordia eulpa. 3) Widal XLVI: mais la satire, par sa nature mtme,
s'attache au mal, comme la comedie au ridicule; lui demander de faire la
part du bien, ce serait peut-etre lui demander ce qui n'est ni de 8on do-
maine ni de son essence; la satire vit de scandales et de vices, et non de
vertu. 4) z. B. Statius, Valerius Flaccus, Quintilian und Plinius.
XIV EINLEITDNG.
und Sinn von der Wirkliclikeit der Gfegenwart erfiillt sein
sollten, waren meistens dieser Realitat entfremdet und lebten
dafiir, von der Sitte ihrer Kunst so geleitet, in den abgelegen-
sten Gebieten der griechischen Fabelwelt^). Solchen Dichtern
gegentiber erscheint Juvenal so recht als kraftiges und natur-
wiichsiges Originalgenie. In den fernen Regionen einer aus-
getretenen Mythenwelt zu schwarmen unter dem herzzerreifsen-
den Jammer der Gegenwart war ihm lacherliche Unnatur und
Genielosigkeit, vielleicht auch Mangel an Patriotismus ^). Er
lebt und fiihlt in und mit der Gegenwart, sie drangt sich ihm
mit Gewalt als Objekt seines Denkens und Fiihlens auf, er
bedarf nur des Lichtes der Freiheit, und wie diese HofFnung
durch die Regierung des Trajan gesichert war, da stromt so-
fort die ganze Fiille seines emporten Herzens aus, die lange
zuriickgehaltenen Empfindungen gestalten sich, aber nicht ge-
lautert und verklart, sondern lebendig und unmittelbar, fast
mit realistischer Natiirlichkeit brechen sie hervor, mit der
ganzen Indignation einer echten Romerseele. So wird Juvenal
zum Satiriker, so wird das Ferment seiner Satire die In-
dignation. Entriistung, Emporung iiber die Frechheit und
Unverschamtheit des Lasters ist der Geist, der seine Schwingen
tragt. Eine Besanftigung des erregten Gemiits^ mochte auch
die Regierung Domitians und damit ein Teil seines Zorns
dahin gegangen sein, war jetzt nicht mehr moglich, bis das von
Galle schwellende Herz diese vollstandig ausgeschiittet hatte.
§ 10.
Fiir den Ausdruck dieser Erregung des Dichters haben
wir das I. Buch^) der Satiren zu halten; das Programmr ist
in starken Umrissen in der ersten Satire dargestellt^). Von
der ersten Satire, in welcher ebenso wie in der achten der
im Jahr 100 n. Chr. erfolgten Verurteilung des Marius Priscus
Erwahnung gethan wird, steht es fest, dafs sie nicht vor 100
u. Chr. verfafst sein kann^). Sie fallt also unter die Regierung
des Trajan. Ebenso natiirlich ist es, dafs die vierte Satire,
5) Juv. 1, 162: securus licet Aenean Rutulumque ferocem committus
etc. 6) 1, 1 — 14.
§ 10.
1) d. h. Sat. 1—5. 2) Vgl. 1, 19 sq. 3) Die friihere Annahme,
z. B. von Bauer u. W. E. Weber, dafs Juvenal diese Satire zwar schon
unter Domitian verfafst, spiiter aber durch solche Zusiitzo, wie die Er-
wahnung des Marius Priscus ist, erweitert habe, ist jetzt allgemein auf-
gegeben und in neuerer Zeit nur von Widal reproduziert. Alle be-
stimmten Spuren fiihren eben dahin, dafs Juvenals Satiren erst unter
Trajan nnd Hadrian entstanden sind; fiiv jene Annabme ist ein positiver
Anhalt nicht vorhandcn. Dies hat schon Borjrhesi im Jahrc 1847 bervor-
EINLEITUNG. XV
welche am Schlufs der Ermorduug Domitians gedeukt*), ent-
weder unter Nerva oder Trajan verfafst sein mufs. Dassclbe
ist der Fall mit der zweiten Satire. Weniger entscheidend
ist hier die Erwahnuug der Orkadeu''), dereu Eroberung iu
die letzteu Kegieruugsjahre Domitiaus fiillt; aber dieEriunerung
an die Blutschaude Domitians mit Julia setzt entschieden deu
Tod des Kaisers voraus^). Und weun Borghesi richtig ver-
mutet, dafs der in dieser Satire erwlihnte Hispo der consul
suffectus des Jahres 104 u. Chr., Caepio Hispo ist'), so mufs
die zweite Satire nach dem Tode des Hispo (105?) verfafst
sein. Die dritte und fiinfte Satire geben allerdings keinen be-
stimmten Auhalt fiir eiue sichere Zeitbestimmung, aber ihrem
ganzeu Charakter uach mit den iibrigen iibereiustimmend uud
mit ihneu zu einem Buche vereiuigt siud sie gewifs ebenfalls
unter Trajan, etwa zwischen 101 und 107 n. Chr. verfafst.
§ 11.
In allen Satiren des ersteu Buches herrscht dieselbe Bitter-
keit der Stimmung vor, alle sind mit Hafs und Verachtung
erfiillt, iiberall gewahrt der Dichter nur schmutzige Gemeiu-
heit, Kriecherei, Kuickerei, Servilismus, Scheiutugend und
Sitteulosigkeit. Dafs die Personen, welche er geifselt, der
Vergaugeuheit, meist der Zeit Domitiaus augehoreu, ist gleich-
giiltig, weil die Entriistuug doch mehr den Zustanden als den
Personen gilt.^). Es ist uatiirlich, dafs diese Satireu vor allen
sich durch Kraft und Wahrheit des Gefiihls auszeichnen. Es
ist kaum eine grofsere Ungerechtigkeit deukbar als wenu mau
Juvenal den Vorwurf raachen will, dafs er statt der Thor-
heiteu und Verkehrtheiteu des Lebens mit Vorliebe das eigent-
liche Laster behandelt, weil dieses fiir deklamatorische Be-
handlung ein ausgiebigeres Thema war^). Als weun Juvenal
uach einem Lehrbuch der Poetik hatte dichteu sollenl Hat
er uns den inuereu Vorgang seiues Herzens deun uicht klar
gehoben, und dabei mit Recht Gewicht gelegt auf Juv. 1, 170. 4)
4, 153: sed periit, postquam cerdonihus esse timendus coeperaf. 5) 2,
159: arma quidem uUra litora luvernae pjromovimus et vwdo captas
Orcadas etc, cf. Tac. Agr. 10 u. 38. 6) 2, 29-33. 7i Borghesi,
Ueuvres V 511. Juv. 2, 50: Hispo subit iuvenes et morho pallet utroque.
Mommgen, Plin. Ind. p. 404 u. Herm. III 45. Wenn 1, 33 sq. M. Aquilius Regu-
lu3 auch nicht namentlich genannt -wird, so ist doch die Anspielnng auf
ihn erst nach seinem Tode (105 — 107) wahrscheinlich, vgl. Diirr 18.
§ 11.
1) 1, 170: experiar quid concedatur in illos , quorum Flaminia tegi-
iur cinis atque Latina. Wenn Marius Priscus noch lebte, so war er doch
burgerlich tot, wenn aber 3, 74 der noch lebende Isaeus erwahnt wird,
.■■0 ist gegen ihn ein Angriff nicht beabaichtigt. 2) So urteilte Teuffel.
XVI EINLEITUNG.
und deutlicli geuug in der ersten Satire gescliildert? Ist es
nicht genug, dafs er selbst versichert, nur die indignatio fiilire
seine Feder, unbekummert um die regelrechte Form der Verse^)?
Oder ist es etwa ein Wunder, wenn die Indignation von einem
gewissen rlietorischen Pathos getragen wird?
Auch die Obscenitaten Juvenals sind in diesen Satiren
am wenigsten anstofsig. Er zuchtigt und enthtillt das Laster,
wo es immer sich findet, ohne alle Prilderie: was in seiner
Nacktheit hafslich ist, dem wird der Schleier abgerissen und
in seiner Nacktheit hingestellt, damit die ganze Hafslichkeit
Auge und Herz erfiille. Die Nacktheit des Lasters iibt keinen
Reiz, weil sie uicht um ihrer selbst willen enthiillt wird, weil
iiber sie iiberall der gerechte Zorn des Dichters ausgegossen
wird^). Man konnte Juvenal in dieser Beziehung mit einem
sittlich-erregten Prediger der Vergangenheit, etwa mit Abra-
ham a Santa Clara vergleichen.
§ 12.
Das zweite Buch, welches die sechste Satire enthalt, kann
nicht vor dem Jahr 111, aber auch nicht viel spater veroffent-
licht sein^). Die sechste Satire nimmt unter den Werken
Juvenals eine auffallende Stellung ein. Form und Charakter
der Darstellung ist zwar ahnlich wie in den Satiren des
ersten Buches, aber durch das Ganze geht kein einheitliches,
belebendes Feuer mehr hindurch. Der Dichter ziichtigt die
lasterhaftesten Ausgeburten des weiblichen Geschlechts, aber
dazwischen finden wir die unschuldigsten Schwachen und Ge-
brechen mit demselben Zorn und derselben Leidenschaft ver-
folgt^). Wenn irgendwo, so macht hier der Dichter den Ein-
druck des Griesgrams, eine Erscheinung, die einigermafsen
erklarlich wird, wenn man bedenkt, dafs er damals bereits
56 Jahre auf dem Riicken hatte und dabei, wie es scheint,
Junggeselle geblieben war^). Auffallend aber ist es doch,
dafs so viel Verschiedenartig-es in dieser Weibersatire durch-
3) 1, 89: facit indignatio versum, quahmcunque potcst, quahs ego vcl
Cluvienus. Allerdings gehort Juvenal metrisch zu den besseren Dichtern
der Zeit, aber die indignatio hat darum nicht minder den von ihm selbst
empfundenen Einflufs geiibt. Der Ausdruck ist nicht immer gleich ge-
wjihlt, die Struktur nicht immer regelmafsig. 4) 2, 121: o proceres,
censore opus est an Jmruspice nohis? Zugleich ein Beweis, dafs der
Satiriker das verwahrloste Amt der Ccnsur aufzunehmen gedenkt.
§ 12.
1) Vgl. zu 6, 407 sqq. 2) Vgl. 6, 166 sq. 185 sq. 398 sq. 434 sq.
511 sq., doch wird manches durch den Gegensatz und die altr6mi.-;che
Anschauung zu entschuldigen sein. 3) Vgl. zu 11, 187. Vom weiblichen
Geschlecht spricht er mit Bitterkeit auch 10, .331 sq. 11, IfiSsq. 13, 19l8q.
EINLEITDNG. XVII
einander geworfen wircl, dals der Zusammenhang der einzelueu
Expektorationen oft unr sehr lose uud, was damit iu Ver-
biuduug steht, die Cbergiiuge uoch viel mecliauiseher und
iiufserlieher siud als mau es soust bei Juveual fiudet'). Auf-
falleud ist jedeufalls auch der merkwiirdige Ujufaug der Satire
uud der Umstaud, dafs sie eiu ganzes Buch fiir sich bildet.
§ 13.
Alle diese Eigeutiimlichkeiten miissen, wie mir scheiut,
zu der Vermutuug fiilireji, dafs diese Satire uicht aus einem
Guls geschafteu ist, dafs um eiue satirische Epistel herum
sich allmahlich einige Spottgedichte gruppierteu, welche iu
friiherer oder spiiterer Zeit auf eiuzelne bekanute Stadtereig-
nisse hin verfafst iu kiinstlicher Weise der Epistel eiugefiigt
und so mit ihr zu einem Buch vereinigt ausgegeben worden
sind. Wiire diese Vermutung richtig, so wiirde sich sowohl
der miichtige Umfang als auch der von dem ersten Buch ab-
weichende Charakter sehr einfach erklaren. Eiue Thorheit
oder Schwache des Weibes, wie z. B. die Affektation von Ge-
lehrsamkeit, giebt unter tJmstanden einen recht passendeu
Stoff zu eiuem witzigen Spottgedicht; fiuden wir aber ein
solches Gebrecheu in einer scharfen das Weib iiberhaupt ver-
urteilenden Satire mit demselben Pathos vorgetragen wie die
grofsten uud unuatiirlichsten Laster des Geschlechts, so faugen
wir an, an dem vollen und inneren Ei-nste des Dichters zu
zweifeln, so dafs er uns entweder als falscher Eiferer oder als
griesgramiger Sonderling erscheint.
§ 14.
Mit dem dritten Buche, welches die siebente, achte und
neunte Satire enthiilt, beginnt eine neue Periode in der gei-
stigen Entwickehincr des Dichters. Das hiureifsende Feuer der
Indignatiou nimmt hier bereits bedeutend ab uud an die Stelle
der Unmittelbarkeit der Empfindung tritt mehr die Reflexion
der Uberlegung^). Die Fehler, welche jetzt gegeifselt werden,
sind mehr als in den ersten Satiren generell erfafst und dar-
4) Vgl. bei 0. Ribbeck, der echte iind der unechte Juvenal, die dis-
pntatio de satira VI p. 147 sq. gegen C. F. Kagelsbachs Darstellung dea
Zusammenhanges im Philolog. III 472 sq. Doch tritt der bemerkte
Fehler mehr in der zweiten als in der ersten Halfte hervor.
§'14.
1) Richtig bemerkt schon Lupus, Vind. luv. 46: idem valet ctiam in
satiris VII et VI II quarum utraqiie commentatio potiusest pcr otium excogi-
tata, quam satira ex ardenti iiidignatione atque ira oriuvda.
lVVEKAl.Ib SaTVBAE. \j
XVIII EINLEITUNG.
gestellt, so dafs, wenn der Dichter sich einmal an eine be-
stimmte Person wendet, die nach seinem Grundsatz nicht mehr
unter den Lebenden sein durfte, allerdings eiu Mifsklang ent-
steht, man weifs nicht, spricht er von der Zeit des Nero, des
Domitian oder Trajan, wie z. B. 8, 39 sq. Natiirlich gelten
die Angriffe auf Personen fruherer Zeiten nur den ahnlichen
Zustanden der Gegenwart. Diese mehr generelle Behaudlung
des Stoffes hat dem Dichter vielfach den Vorwurf zugezogen,
dafs er mehr nach einem rhetorischen Schema gearbeitet als
dem unmittelbareu Drang seines Gefiihls und seiner Uberlegung
Ausdruck gegeben habe^). Nun ist nicht zu leugnen, dafs
wie iiberhaupt die romischen Dichter der Kaiserzeit so ganz
besonders Juvenal die Mittel der Rhetorik stark verwertet hat,
aber man geht doch, glaube ich, zu weit, wenu man ihm
darum die Wahrheit seiner Empfinduugen absprechen wiU.
Die Klage iiber die Not und das Elend der Dichter wegeu
der Knickerei der Patrone, die Klage tiber die Verkommen-
heit des alten Adels und iiber die Verodung der Provinzeu
ist offenbar nicht gemacht, sonderu wirklich empfunden, aber
sie tritt hervor weniger in Einzelaugriffen auf eiuzelne Per-
sonen, sondern in zusammenfassender Anschauung und Ver-
urteikmg ganzer Stande.
§ 15.
Die neuute Satire, so hafslich und widerlich sie ihrem
Inhalte nach sein mag, gehort doch, was die Behandlung des
Stoffes anbetrifft, zu den besten Leistungen Juvenals. Nirgends
findet sich eiue Spur vou dem polternden Ton der Indiguation,
sondern der Dichter tritt mit seinem Urteil ganz zuriick, ja
er geht scheinbar auf die Klagen des Navolus eiu (90 — 91 j
und erinnert ihn nur, dafs gegeniiber den bosen Zungen der
Sklaven an ein Geheimhalten des Gemeinen nimmermehr zu
denken sei, wenn man einmal als Sklave des Bosen von dem
Wege der Sittlichkeit abweiche. Ja selbst dieser Gedanke ist
so gestellt, als ziele er weniger auf Navolus als auf seinen
Patron. Uberhaupt zieht sich durch die ganze Satire eine
kruftige Ironie, Navolus klagt iiber die Undankbarkeit seines
Patrons, merkt aber dariiber uicht, dafs er sich nur selbst der
Verachtung preisgiebt. Verachtung ist das einzige Mittel,
womit der Dichter einer solchen Gemeinheit begegneu zu
durfen glaubt').
2) Vgl. Teuffel, Studien 420.
§ 15.
1) Doderlein zu Horat. Sat. I fil— 07 bempikt: 'Dieses Motiv ist
EINLEITUNG. XIX
Schliefslich ist zu bemerkeu, dafs man in den drei Satiren
dieser Periode fast eine gemeinsame Tendenz erkennen kami.
Deun wie iu der siebeuten die Knickerei des Adels verurteilt
wird, so wird mit der achten der Abfall desselben von der
alten Romersitte, uud eudlicli iu der neunten ein Beispiel der
Versuukeuheit in bodenlose Gemeiuheit geschildert.
80 leicht es ist, in dem dritten Buch eine Anderung in
der Methode dos Dichters zu erkenuen, so schwer ist cs, die
Zeit der Abfassung dieses Buches zu bestimmen, weil be-
stimmte historische Angaben fehlen. So viel allerdings ist
klar, dafs es nach dem ersteu Buch verfafst und verotfentlicht
seiu mufs; ob es aber auch spater ist als das zweite Buch
oder die sechste Satire, ist bei dem eigentiimlicheu Zustand
dieses Werkes schwer zu sagen.
Wahrscheiulich ist es, dafs die siebente Satire ebenfalls
noch wie das erste und zweite Buch unter Trajan verfafst
und veroftentlicht ist^). Ist diese Voraussetzung richtig, danu
steht der Auuahme nichts im Wege, dafs auch die achte uud
ueunte Satire uoch uuter Trajau, etwa iu deu Jahreu 112
bis 116, entstauden sind^).
§ 17.
Von den Satiren des vierteu uud fiiufteu Buches ist weuig-
stens vou zweien die Zeit jetzt sicher festgestellt. Die fiinf-
zehnte ist geschrieben nach dem Konsulate des Tiberius Clau-
dius Juncus im Jahr 127 n. Chr., und die dreizehnte im Jahr
127 n. Chr.^). Da uun die zehnte Satire im Ton und iu der
Behandlung mit der dreizehuteu und vierzehnteu Satire auf-
fallend iibereinstimmt, die elfte und zwolfte aber schon in
ihrer Anlage Spuren des Greisenalters verraten, so ist die
Annahme berechtigt, dafs diese Satiren nicht ebeu sehr lauge
nicht ein Verstandesirrtum, der Berichtigung verdient, sondern er
wurzelt in einer Gemeinheit der Geainnung, welche unheilbar ist. Darum
habeat st6i."
§ 16.
1) Vgl. die Vorbemerkung zn Sat. 7. 2) Es scheint in der That
richtig zu sein, dafa die Satiren ira allgemeinen in der Reihenfolge ver-
fafst sind, in der sie uns uberliefert sind. So kennen wir von der 13.
das Jahr 127, Ton der 15. das Jahr c. 129/130, und es hindert nichts an-
zunehmen, dafs die 14. zwischen 127 und 129/130 entstanden ist, wahrend
die 10. sicher vor der 14. verfafst ist, vgl. zu 14, 31.5.
§ 17.
1) Vgl. § 4, 1.
XX ETNLEITUNG.
vor dem Jahre 127 verfafst sind, etwa 125 und 126. Dann
wiirde zwischen dem dritten und vierten Buche ein Zwischen-
raum von circa 8 — 9 Jahren liegen.
Wie dem aber auch sein mag, so viel ist klar, dafs das
Uberschreiten der Linie, welche das siebzigste Lebensjahr bildet,
auch an Juvenal seine Wirkung vollzogen hat. Laster und
Yerkehrtheiten der Welt behandelt er niclit mehr personlich,
auch nicht generell, wie in der zweiten Periode seiner Thatig-
keit, vielmehr werden einzelne Erlebnisse nur die Veranlassung
zu allgemeiuen moralischen Betrachtungen. Der Dichter wird,
wenn man will, Philosoph, nur dafs die Grundlage seiner
Philosophie nicht ein philosophisches System ist, soudern die
Richtschnur seiner Lebensansichten ist die Fulle der Lebens-
erfahruug^). Mit dem Doktrinaren der Ideen verbindet sich
ofter eine gewisse seuile Breite der Darstellung^). Die Be-
weise fiir seine Behauptungen findet er nicht allein iu deu
taglichen Erscheinungen des Lebeus, sondern er sucht sie
ebenso sehr in der Fiille geschichtlicher Beispiele^). Aber
trotz der vorwiegend rhetoriscben Behandlung allgemeiner
Themata ist doch nicht zu verkennen, dafs sich auch noch in
diesen Satiren, z. B, in der zehnten, dreizehnten und vierzehnten,
nicht wenige Stellen von grofser Kraft und,Schonheit fiuden.
Man vergleiche nur damit die fiinfzehnte Satire oder in der
zehnten die lange Klage tiber das Elend des Alters, uud der
Unterschied wird sich sofort bemerkbar machen.
§ 18.
Abweichend von den iibrigen Satiren dieses Abschnitts
ist die elfte und zwolfte Satire, In der einen Epistel ladet
Juvenal seinen Freund Persicus zu einer landlichen Mahlzeit
ein, die ein Gegenbild sein soU zu der verschwenderischen
Grofsthuerei der Zeit; in der andern schildert er den gliicklich
iiberstandnen Schifi^bruch seines Freundes Catullus und ladet
Corvinus zur Feier der Wiederkehr des Freundes zu einem
frohlichen Opferfest ein, mit scharfen Schlufsbemerkungen iiber
die grassierende Erbschleicherei der Gegenwart. So macht in
beiden Episteln der Dichter wieder einen Anlauf zur Satire,
wie er sie im zweiten Abschnitt seiner Schriftstellerperiode
behandelt hat, aber fast scheint es, als ob diese Art der
Satire, diese Scharfe der Auffassung und Kritik ihm nicht
mehr recht gelingen wollte. Er kniipft an besondere Erleb-
nisse an, kaun aber den satirischen Teil damit niclit mehr
recht in Verbindung und Zusammeuhang briugen. Es ist dies
2) Vgl. 13, 120—12.3 mit 181-187. Vgl. Ribbeck IG sq. 3)
Ribbeck. 25 sq. 4) Ribbeck 8.
EINLEITUNG. XXI
auch uatiirlicli, deuu die friiliere Bitterkeit und Lebhaftigkeit
der Eiui»tiudiing war der kiihlereu Lebensweise und Mauues-
erfahruujjj gewicheu: dem Dichter felilt gleichsaui die Geduld
zur Vertiefuug uud zum Eiugeheu iu das satirische Thema
uud er beguiigt sich mit eiuer satirischen Vor- oder Hchkifs-
bemerkuug ').
§ 19.
t}ber die beideu let/ten Satireu der ganzen Samrakiug
ist es uumoglich, ein sicheres Urteil abzugeben. So gewifs es
ist, dafs die fiinfzelmte Satire nach dem Jahr 127 verfafst ist,
so bleibt doch die Teudenz derselben ratselhaft. Das Duukel,
welches bisher iiber dem Fragment der sechzehnten Satire
lag, ist jetzt einigermafsen erhellt. Es steht fest, dafs im
Pithoeanus der Schkifsvers auf der letzten Seite eines Quaternio
steht und dafs am Eude sich keiue Subscriptio findet, die
sonst am Eude der iibrigen Biieher niemals fehlt^). Es miisseu
also nach dem letzteu Quaternio ein oder zwei Blatter ver-
loren gegangen sein, die den iibrigen grofseren Teil der
Satire euthielten. Merkwiirdig ist nur, dafs auch alle Haud-
schriften der zweiten Klasse, dereu Urhandschrift auf das fiiufte
Jahrhundert zuriickgeht, denselbeu Teil der Satire vermissen
lassen. Diese Erscheinung kann nur dadurch erkliirt werden,
dafs der Archetypus unseres Pithoeanus im vierten Jahrhundert
bereits ebenso verstiimmelt war und dafs die Bearbeiter des
Archetypus der zweiten Klasse keine andere Handschrift vor
sich hatten, als eben den Archetypus des Pithoeanus oder ein
ihm ahnliches, jedenfalls unvollstandiges Exemplar^).
§ 18.
1) Wir wissen indessen nicht, ob niclit Juvenal auch hierin, etwa bei
Lucilius, Vorbilder gehabt bat, vgl. zu 11, 56 — 63. Die Satire erlaubte
sich in der Komposition merkwurdifre Freiheiten. So herrliche und ge-
schlossene Dichtungen wie Hor. s. I 9. II 1. 8. 6. 5 sind auch bei Horaz
selten; die meisten Satiren des ersten Buches, besonders I 1. 2. 3. 6. 10
zeigen doch ein recht lockerea Gefuge.
§ 19.
1) Vgl. E. Beer Spicilegium luven. 47. 2) Es war im Mittelalter
nicht selten iiblich, die Abschriften dem Original auch in der iiufseren
Form genan nachzubilden. Wenn der Archetypus in Uncialen geschrieben
war, 80 konnte der Pithoeanus in die karolingische Minuskel umge-
schrieben werden, ohne dafs die Zahl der Quat''rnionen und die Zahl
der Verse auf jeder Seite verandert wurde, nur wurde fiir die Abschrift
ein kleineres Format gewahlt. — Wenn iibrigens die Nicaische Recension
ein Exemplar der Pithoanischen Urhandschrift korrigierte, so werden
wohl die meisten Anderungen auf Konjektur beruhen; es ist aber immer-
hin moglich, dafs ihm ein weniger durch Schreibfehler entstellter Text
zur Hand war, so dafs nicht notwendig alle Abweichungen vom Pithoe-
anus ■willkurliche Anderungen zu sein brauchen.
XXII EINLEITUNG.
Ehe clie einzelnen Bticher offentlich erschienen, waren sie
gewifs meist schon durch Recitationen oder durch Mitteilung
an vertraute Freunde bekannt geworden.
§ 20.
Wie lange Juvenal nach Abfassung der funfzehnten Satire
noch gelebt hat, ob er wirklich iiber achtzig Jahr alt ge-
worden und die Regierung des Autoninus Pius noch gesehen
hat, dariiber ist eine zuverlassige Angabe nicht moglich, weil
es uns an zuverlassigeu Quellen fehlt^). Es bleibt uns daher
uur noch die Untersuchung iiber die Frage von Juvenals Ver-
bannuug iibrig.
Sidonius Apollinaris^) stellt die Verbannung unseres Dich-
ters zusammen mit dem_ Schicksal Ovids und findet in beideu
eine iibereinstimmende Ahnlichkeit. Und dafs Juvenal wirk-
lich eine Verbannung aus Rom erlebt hat, dafiir diirfen wir
auch das Zeugnis der Scholien gelten lassen^). Denn dieses
Faktum an sich konuten die Schohasteu aus dera Dichter
nicht herausinterpretieren, weil er eines solchen iiberhaupt
nirgends Erwahnung thut. Auch die Veranlassung zur Ver-
bannung findet sich bei Sidonius uud in den Scholien im
wesentlichen iibereinstimmend angegeben. -Ein Schauspieler
war, wie es scheint, verletzt worden, weil ihn das Volk durch
einige Verse Juvenals gereizt bei seinem Auftreten mit un-
willigem Zischen empfing. Zu 7, 92 bemerken die Scholien:
propter hunc versum missus est in exilium a Claudio Nerone.
Und dieselbe Notiz findet sich in allen Vitae, nur dafs meistens
nicht Nero, sondern Domitian, vereinzelt auch Trajan als der
Kaiser angefiihrt wird, welcher jene Bestrafung des Djchters
habe ausfiihren lassen. Zwischen der Thatsache und der Ver-
anlassung der Verbannung miissen wir wohl unterscheiden.
Von der Thatsache konnte sich eine sichere Tradition bis ins
4. oder 5. Jahrhundert erhalten, dagegen ist es recht gut
moglich, dafs von der Veranlassung nicht einmal die Zeit-
genossen Juvenals, geschweige die Spateren, eiue sichere Kennt-
nis hatten. In solchen Fallen werden dann Griinde gesucht,
und ist ein plausibler Grund gefunden, so wird er nur zu
leicht als Thatsache der Nachwelt iiberliefert, besonders in
einer Zeit, die an strenge Kritik nicht mehr gewohnt ist. In
den Versen 7, 88 — 92 konnte ein solcher Gruud leicht ge-
§ 20.
1) Vita IV: decessit longo senio confectus exul Antonino Pio inpcra-
tore. 2) Carm. IX 270: non qui teniporc Caesaris secundi aeferno in-
coluit Tomos reatu, nee qui consimili ileinde casu ad vuhji tenuem strc-
2)entis auram irati fuit histrionis exul. 3) Alle Vitae stiniinen darin
liberein, dafs Juvenal verbannt worden ist.
EINLEITUNG. XXIII
fuutleu wertlen: maii klammerte sicli an deu Nauien Paris und
erdiLhtete sich eiue Gelegeuheit, bei der dieser Liebliug Do-
mitiaus iu Zoru versetzt war, der sich nun iiber deu Dichter
eutlud. Dafs Paris liiugst tot war'), ehe Juveual dichtete,
darau dachte man nicht, wohl aber hel mauchem ein, dafs
Juvenals Dichtuugen spiiter erschieneu seien; da half mau sich
mit der Auskunft, daJfs jene Verse von Juvenal friiher er-
sonnen im Volke von Mimd zu Muud gegangeu, und dafs sie
erst spUter vom Dichter in die siebente Satire eiugereiht
worden seieu''). Die Tradition von der Veranhissuug der
Verbannuug erweist sich durchaus als triigerisch und darf des-
halb nicht als historische Wahrheit angeuommen werdeu;
denn dieser Tiiuscliung konnte auch Sidonius Apollinaris leiclit
verfallen*'j.
§ 21.
Die Scholien zu 1, 1 bemerken: lios mdem lihros in exi-
Uum missus ad civifafcm nlfimam Aegypti Hoasini ab ipso Do-
mifiano scriimt, und zu 4, 38: Iwc convicium in Fl. Domitia-
num . . iactat, qui calvus fuit, propterea quod Iiwenalis sid)
spccie lionoris rclegatus est ad cohortis ciiram in Aegypto Hoasa,
uhi mortuus est. Es ware hier eutweder an die "Occdg ^lxqoc^
westlich vom See Moeris, iu Mitteliigypten , oder au die
24 Meileu siidlicli von ihr gelegene "OaGis ^eydXr} {7t6XLg"Oa6ig
Herod. III 26), welehe zu Oberiigypten gehorte, zu denken.
Sicher ist es,- dafs der Dichter in Oberagypteu gewesen ist.
Welcher Grund aber auch die Veranlassung zur Verbannung
des Dichters gegeben haben mag, sicher darf angenommen
werden, dafs er nicht von Domitian verbannt worden ist. Wie
4) Nach Cass. Dio LXVII 3 und Suet. Dom. 3 ist Paris bereits im
Jahre 83, weil er dem Kaiser Grund zur Eifersucht in Bezug auf seine
Gemahlin gab, auf ofFener Strafse ermordet worden. 5) Vita I: inox
magna frequejitia tantoque successu bis ac ter auditiis est (sc. auditorio),
tit ea quocj[ue, quae prima fecerat, inferciret novis scriptis (7, 90): quod
non dant proceres, dahit Idstrio. tu Camerinos et Bareus, tu nobilium
magna atria curas? pjraefectos Pelopea facit, Philomela tribunos. 6)
Strack de luv. exilio 16: nam Apollinaris Sidonius mortuus cst a. 484
p. Chr.; illo autem tempore cum vitae iam diui?) extarent tum fabula
illa de luvenalis exilio adeo sine dubio{?) pervulgata erat, ut praesertim
qui rhetoricas velut ApoIIinaris et doctas in scribcndo ampullasiy) captaret
cognitam eam habere posset. Das triift fvir die Nebenumstande zu, be-
seitigt aber nicbt die Thatsache des Exils. Auch Vahlen (Sitzungsber.
der preufs. Akad. 1883 II) kommt S. 1192 doch nur zu folgendem R-j-
sultat: Als ausgemacht miisse gelten, dafs die Verse 7, 88—92 nicht aus
einem alteren Gedicht entlehnt seien, sondern der siebenten Satiro
ursprunglich angehoren, und weder unter Domitian, unter dem sie nicht
existierten, noch auch, unverfiinglich wie sie seien, unter Trajan oder
Eadrian jemals den Grund zu einer Bestrafung Juvenals hatten abgeben
konnen.
XXIV EINLEITUNG.
wjire sonst clie Detailkenntnis begreiflich, welclie er von den
Zustanden Ronis in seiuen Dichtungen bekundet^)? Wie wiire
es denkbar, dafs er vor oder nach der Verbannung in seiner
Vaterstadt zu den hochsten Ehrenamtern gelangen konnte^)?
Und wenn er dichtete, als er bereits eine so schwere Ver-
folgung erlitten hatte, warum sollte er dieser, wo er doch
Gelegenheit dazu hatte, mit keinem Worte Erwahnung thun?
Endlich haben wir fiir das Jahr 91/92 das doppelte Zeugnis
des Martial, dafs sich damals Juvenal zu Aquiuum oder in Rom
befand^). Noch weniger haben wir einen Anhalt zur Annahme
der Verbannung unter Trajan. Denn die Satiren 7 — 9 sind
aller Wahrscheinlichkeit nach in den letzten Regierungsjahren
dieses Kaisers gedichtet, als er bereits sich in Asien befand.
Auch lag dem Trajan jede Verfolgungssucht fern^). Ware
endlich Juvenal von Trajan verbannt und von Hadrian zuriick-
berufen worden, so diirften wir dariiber eine Andeutung in
den uuter Hadrian gedichteten Satiren erwarteu.
§ 22.
So bleibt also uur die Moglichkeit iibrig, dafs Juvenal
unter Hadrian in die Verbaunung wandern mufste, und zwar
wahrseheinlich nach Agypten. Nur darf man nicht gfauben,
dafs Hadrian, der strenge Regenerator des romischen Militiirs
und besonders des Offizierstandes, einem achtzigjahrigeu Greis
das Kommando liber eine Kohorte aufgezwungen hat^). Fiir
eine Verbannung unter Hadrian sprechen mehrfache Griiude.
Die Altersschwiiche und der gedriickte Geist, welcher wenigstens
in der fiinfzehnten Satire hervortritt, lafst sich auf keine Weise
gut erklaren; wohl aber ist diese plotzliche Umstimmung
erklarlich, wenn durch einen plotzlichen und harten Schicksals-
schlag Juvenals Mut gebrochen war. Ferner scheinen die Worte
des Sidonius, dafs Juveual ein dem Ovid _ ahnliches Geschick
gehabt hat, vorauszusetzen, dafs diese Ahnlichkeit in dem
aeternum exilium gesucht werde. Denn wenn es von Ovid
heifst: aeterno incoluit Tomos reatu, und nun von Juvenal ge-
§ 21.
1) Diesen Umstand betonte mit Reclit schon W. Teuffel. 2) Der
cluoviratus quinquennalis setzt voraus, dafs er vorher auch die Quiistur
und die Adilitat in Aquinum bekleidet hat, vgl. Diirr Leben Juv. 13.
3) Mart. VII 24 u. 91, dagegen ist XII 18 sicher nicht vor 98, wahr-
scheinlich crst 100/101 verlafst. 4) Wenn nach Cass. Dio LXVIII 10
Trajan einen Sobauspieler Pjdades liebte, so lag es doch dem Charakter
dieses Kaisers ganz fern, dem Schauspieler das Leben odcr die Existenz
eines romischen Biirgers zu opfern.
§ 22.
1) Ebenso urteilt Borghesi, Oeuvres V 512.
EINLEITUNG. XXV
sagt wird: consiniili casii fuit cxtd, so sehe icli iiur iu aetoruo
reatu die beitleu Begriffe, welche die Ahnlichkeit des Verhlilt-
uisses enthalteu. Juvenal war wie Ovid im Zustande des reatus,
d. 1). beide waron nicht nur in dor eigentiimlichen Lage, dafs
sie augekhigt und woder verurteilt noch freigesprochen waren^),
sondern beide hatten auch das merkwiirdige Schicksal mitein-
ander gemein, dafs dieser Zustaud bis zu ihrem Tode wlihrte,
dafs der reatus ein aeternus war^). Ist diese Erklarung sicher,
und os ist bis jet/t kein Grund dagegen vorgebraclit, so ist
es uuzweifolhaft, dafs Juvenal von Hadrian im Zustaude des
reatus irgeud wohin relegiert worden, iihnlich wie Ovid nach
Tomi, und nieht mehr nach Rom zuriickgelangt ist. Ob nun
wirklich fiir Hadrians Entscheidung der Eiuflufs eines Schau-
spielers mafsgebend war, oder ob er sich durch irgend welche
Angrifle auf militiirische oder biirgerliche Ordnungen verletzt
fiihlte, konnen wir aus Mangel an sicheren Nachrichten nicht
ontscheiden. Wahrend seiner letzten Regierungsjahre war
Hadrian aufserordontlich launisch und nicht selten zur Hiirte
und Grausamkeit geneigt. Er konnte deshalb auch leicht dem
Dichtor seine Ungnade fiihlen lassen*). Die Zeit der Ver-
bannung ist freilich nicht sicher zu bestimmeu, da die Zeit
der Abfassung der fiiufzehnten Satire nicht feststeht, sicher ist
uur, dafs beide Ereignisse nach 127 fallen und dafs die fiinf-
zehnte Satire nach der Verbannung gedichtet ist.
§ 23.
Wenn zwei der vorhandenen Vitae, deren Angaben iiber-
haupt keine Beriicksichtigung verdienen, ihn nach Britannien
geschickt werden lassen, um hier im Kampfe gegeu die Scoten
den Tod zu finden^), so konnte diese Sage, wenn auch nicht
aus Sat. 2, 159 — 161, wohl aber aus der Tradition entstehen,
dafs Juvenal dort friiher als Militartribun unter Agricola ge-
dient hat. Wir wissen ja, dafs er Tribun der dalmatischen
Kohorte war, und dafs diese wenigstens spater in den Jahren
104, 106, 142 in Britannien gestanden hat^). Aus der Kunde,
2) cf. Quint. VIII 3, 34 und Forcell. s. v. 3) Diese Erldarung
fand ich bei W. Teuffel, nachdem ich selbstandig und unabhangig von
ihm darauf gekommen war. 4) Ael. Spart. v. Hadr. 23: muUis aliis
interfectis vel aperte vel per insidias, c. 24 quamvis-alii cognomcntum
hoe ei (Antonino Pio) dicant inditum, quod muUos senatores Hadriano
iam saevienti abripuisset.
§ 23.
1) Vitae V u. VI : sub honoris praetcxtu fecit eum praefectum militis
contra Scotos , qui heUuvi contra Bomanos moverant, ut ihi interficeretur
luvenalis. 2) W. Hentzen in Jahrb. t. Altert. im Rheinl. 1848 XIII 87.
E. Huebner, Rliein. Mus. XI 30.
XXVI EINLEITUNG.
dafs er als Tribuu dort gewesen, war die Vermutung sehr
leicht zu gewinnen, dafs er in militarischer Eigenschaft dort-
hin verwieseu wordeu. Aus der vorhandeueu Weihinschrift
aber, die doch vou Juvenal selbst gesetzt zu sein scheint, geht
mit Gewifsheit hervor, dafs er aus Britannien gliicklich in die
Heimat zuriickgekehrt war.
§ 24.
Wie Martial der begabteste Dichter des ersten, so ist
Juvenal, wenn auch an Geist und Witz seinem Freunde weit
nachstehend, doch immerhin der bedeuteudste Dichter des
zweiteu Jahrhunderts. Seine Sprache ist im ganzen einfach
und deutlich, uicht selten eigeutiimlich und derbkraftig. Das
Studium von Cicero, Horaz, Ovid und Vergil, ofter auch des
Lucilius, Catullus uud Persius, tritt deutlich hervor, doch ver-
liert er dabei uirgends seine Selbstandigkeit. Den modernen
Leser storen nicht selten tautologische Haufungen synonymer
Worte^), aber in deu meisteu Stelleu der Art ist ein ge-
wisses Streben nach komischer Wirkuug unverkeunbar. Auch
die hauiigen Abbiegungen und Ausfalle in Parentheseu ver-
folgen meisteus einen kunstlerischeu Zweck: bald bricht der
Dichter uber etwas iu Gelachter aus, bald sucht er das be-
gounene Pathos herabzustimmeu. Seiue schwachste Seite ist
die Erfindung und die Komposition^). Aber um uicht unge-
recht zu werden, mussen wir bedeukeu, dafs iiberhaupt _die
Dichter der Kaiserzeit hierin deu Dichtern der klassischeu Ara
weit uachstehen, und dafs insbesondere die Satiriker sich von
jeher in der Auorduuug und Behaudlung des Stoffes grofse
§ 24.
1) Zusammerstellungen bei Haenicke im Pr. des Padag. zu Putbus
1877 p. 7. 2) Haenicke 1. 1. 5: Seine Satiren sind keine kiinstlerisch
aufgebauten, in sich abgerundeten Gebilde, in denen um eine Figur, die
klar und plastisch sich vom Hiutergrunde abhebt, eine Fiille andrer
Gestalten in abgewogenem Verhaltnis sich schart und zu einem organi-
schen Ganzen mit ihr verschmiizt, sie geben nichts als eine meist ganz
iiufserlich zusammenhangende Eeihe ilhnlicher, vorzugsweise dunklcr
Gestalten, auf welche einiges Schlaglicht vom Hintergrunde aus filllt,
in dem lichtere Gestalten dem Auge sich zeigen. Seine Satireu sind
keine Gedichte, keine schopferisch gebarende, freiwillig gestaltende
Fantasie erzeugt sie: sie sind Piodukt der Refiexiou uud der Schule ('?),
sind nichts (?) als Deklamatioueu. Wie schemenhaft sind meist die uns
vorgefvihrten Gestalten! In der zweiten Satire geben wir uns V. 36 der
Hoffnung hin, Laronia mit einem feinen satirischen Liicheln wird die
Situation beherrschen und in geistvoller Weise die Laster des miinn-
lichen Geschlechts Revue passieren lassen. Unsere Hoffnung ist schon
V. 65 getauscht, V. 67 lafst uns von neuern hoften, dafs eine Gestalt
plastisch hervortreten wird, dafs wir an der Erscheinung des Creticus
eine Verkorperuug der moralischen Gebrechen erblicken werden. Mit
nichten! Bald ist der Satiriker wieder in der bequemen Allgemeinheit!
EINLEITDNG. XXVIl
Freiheiteu erlaubten. Weim luau encUich Jas rhetorische
Pathos tles Dichters streng tatlehi zu miissen «rhiubte, so ist
so viol richtig, dals auch hierin Juveual ein Sohn seiuer Zeit
war, tler ilie Khotorschule nicht vorlouguet. Aber die CJerechtig-
keit ertbrdert doch anzuerkeunen, dafs er in der Auwendung
der rhetorischeu Kunstmittel weit mehr Mafs zu beobachten
verstandon hat als Lucau oder Sih"us, als Statius oder Valerius
Flaccus'^^
AVelchen Erfolg die Dichtungen Juvenals bei seiuon Zeit-
genosseu, ferner in der letzteu Hiilfte des zweiteu Jahrhunderts
oder im dritteu Jahrhuudert liatteu, kouueu wir nicht ermessen,
weil uns dariibor bestimmte Nachrichten fehlen. Im vicrten
und fiiufteu Jahrhundert aber ist Juvenal viel gelesen worden^j.
Das bezeugen nicht nur die Nachahmuugeu oder Anspieluugen
von Dichteru wie des Ausonius, Claudiauus und Sidonius Apol-
liuaris, sondern auch der Historiker Ammianus Marcellinus
XXVin 4, 14: quidam detcstantcs td venena doctrinas Invenalcm
ct Marium 3Iaximnm cnratiore stiidio legunt, nulla volumina
practcr haec in ^n-ofundo otio contrectantes, qnam ob causam non
iudicioli est nosfri. Bei deu lateiuischen Dichtern des Mittel-
alters finden sich immer auch Spuren von Kenntnis des Ju-
venal, und die spiitere Zeit hat ihre Vorliebe fiir ihn durch
die zahlreicheu Handschrifteu bekundet, die noch jetzt vor-
hantlen sind.
II. Kritik uud Erkliiruug der Satiren.
§ 25.
Unter der grofsen Masse der Handschrifteu , welche uns
die Satiren Juvenals erhalten haben, lassen sich leicht zwei
Klasseu unterscheiden. Von der alteren Ilandschriftengruppe
ist uns nur der Pithoeanus erhalten, welcher friiher tlem
Kloster Lorsch gehorte, dann in den Besitz von Petrus Pithoeus
und schliefslich nach Montpellier in die Bibliothek der ecole
de medecine gekommen ist (Nr. 125). Die Handschrift ist wahr-
scheinlich im neuuten Jahrhundert geschrieben.
Eine ahuliche Handschrift besafs G. Valla zu seiuer Aus-
gabe des Juveual v. J. 1486, die aber seitdem spurlos ver-
schwunden ist. Leider hat Valla bei der Feststellung des
Textes auf seine Uandschrift nur wenig Riicksicht genommen.
Zu derselben Klasse sehorte auch eine Handschrift in der
3) Die Rhetorik Juvenals behandelt Strule, de rhetorica luv. disci-
plina, 1875, und L. Bergmiiller, Quaestt. luv. in den Acta sem. phil.
Erlang. IV .395 — 440. 4) Vgl. R. Beer, Spicil. 40, Th. Birt, zwei
politische Satiren des alten Rom, p. 52 — 63.
XXVIII EINLEITDNG.
Bibliothek zu_ St, Galleu, von der nocli die Scholien er-
halten sind. Anfserst zahlreich dagegen sind die Handschrifteu
der zweiteu Klasse. Da sie samtlich durch willkurliche Ande-
rungen und luterpolationen verdorbeu siud, so ist ihre Auf-
zahkmg hier nicht notig; denu filr die Kritik sind sie nur
von geringem Werte. Zu dieser Klasse gehort auch die zweite
Hand im Pithoeanus (p), welche eine Rekognition des Textes
nach einem Exemplar der zweiten Klasse durchgefiihrt zu
haben scheint.
Zwei Handschriften der interpolierten Klasse, ein Lauren-
tianus (34, 42) uud ein Leideusis (82), beide aus dem elften Jahr-
hundert, haben, der eine am Ende des fiiuften Buches, der
andere am Schlufs der sechsten Satire, die Subscriptio: Legi
ego Niceus apud 31. Servium magistrum Piomae et emendavi^).
In solchen Subskriptionen finden sich die Ausdriicke legere
relegere perlegere, emendare corrigere recognoscere , conferre und
perconferre. Die Thatigkeit, welche damit bezeichnet wird, war
uatiirHch sehr verschieden. Oft wurde ein neu geschriebenes
Exemplar mit dem Original verglichen und durchkorrigiert.
Dies geschah ofters vom Abschreiber selbst, bfters aber auch
von eiuem gelehrteu Kenuer der Litteratur. Diese verbesserten
oder veranderten natiirlich Stellen, die ihnen verdorbeu
schienen, vielfach auch nach ihrem Gutdiinken. Zuweilen ver-
glich mau auch den neu geschriebenen Codex nicht mit dem
Origiual, aus dem er abgeschrieben war, sondern auch mit
audern Handschriften desselben Autors, welche zu Gebote
standen^).
Spatere Abschreiber gaben der zweiten Hand den Vor-
zug vor der ersten, oder, was dasselbe ist, sie zogen die
lesbare Korrektur der unleserlichen Uberlieferung vor. So er-
hielten diese Rekognitionen, wie im Juvenal die des Nicaeus,
die weiteste Verbreituug und fauden allgemeine Anerkeunuug,
wahrend die reinere und unverfalschte tJberlieferung sich nur
in wenigen Exemplaren erhalten kounte^).
Auf dieselbe Weise eutstanden auch gemischte Recensionen,
welche zum Teil die echte Uberlieferung erhielten, vielfach
aber auch die iibrigen der vorhaudeuen oder zuganglichen
Handschriften in sich aufnahmen. Diese Gattung ist fiir die
Kritik am wenigsten nutzbar.
Die Receusion des Nicaeus oder Servius ist schou sehr
§. 25.
1) Vgl. 0. Jahn, ProU. ad Pers. CXXVI, Hosius, App. criticus ad
luv. 54 sqq. Eiue eingehende Beschreibuug des Pitlioeanus giebt R. Beer
im Spicil. luv. p. 9 sqq. 2) Reifferscheid, de latinorum codicum sub-
scriptionibus commentariolum p. 6 sq. 3) Dais es aufser der Rec.
des Nicaeus npch andere Revisionen des Textes gegeben hat, zeigt
Hosius 62 sq. t)brigens vgl. § 19, 2.
EINLEITDNG. XXIX
alt. Denu die Grammatiker des funften oder seclisten Jahr-
liuuderts, Serviu», Macrobius, Priscian,die Scholiasteu des Horaz,
Lucan, Per^ius unil Statius citieren Juvenal meist nach ihr,
selten nach dem Text, wie er im Pithoeanus erhalten ist^j.
§ 26.
Wie der Text, so sind uns auch die Scholieu in doppelter
Gestalt iiberliefert. Die iUtereu uud kiirzeren Scholicn, dereu
Kern vielleicht bis ans Ende des vierten Jahrliuutlerts zuruck-
reicht, euthiilt der Pithoeauus uud Saugallensis (D 47(3). Zu
derselben Gattung gehorteu die uoch vollstaudigeren Scholieu,
welche G. Yalla iu seiuem Kommeutar (Venetiis 148G) an-
geblich als Werk des Probus beuutzt hat. Diese jetzt niclit
mehr vorhaudeneu Scholien reichteu bis 8, 107, wo Valla be-
merkt: Jiic nos iam deserit Frohus nec ultra Imnc lociini, quan-
tum ad me pervmerit, interpretatus est quisquam ^).
Die zweite Klasse der Scholien tragt, wie die zu Persius,
deu Namen des Cornutus, Cormiti expositio siiper toto lihro
Juvenalis. Sie scheineu zu gleicher Zeit mit den Persius-
scholien, etwa iu der Karolinger-Zeit, verfafst zu seiu^). Ob-
wohl viel wortreicher als die der ersteu Klasse siud sie doch
fiir Kritik und Erklaruug ohue alle Bedeutuug"').
§ 27.
Was nun die kritische Feststelluug des Textes aulaugt,
so siud hier zwei Perioden wohl zu unterscheiden, Deu W' ende-
punkt bildet die genauere Erforschung und Wiirdigung des
Pithoeanus, welche wir C. Fr. Hermauu^), 0. Jahu-) uud R.
Beer verdanken.
4) Hosius 56 liommt zu dem Ergebnis: Servium solius recensionis
honae testem adhibuisse , Priscianum et Miius et alterius lihros invenisse
ac secutum esse. Sed restare non paucos locos, uhi grammatici illi leciiones
a nuUo nostrorum codicum traditas praebeant. Das seien Irrtiimer, die
durch das Citieren aus dem Gedachtnis entstanden seien.
§ 26.
1) Vgl. R. Beer, Spicil. 33 sq., Chr. Sfcephan, de Pithoeanis in luv.
scholiis, Bonn 1882, E. Matthias, de scholiis luv. , Halle 1875, 0. Jahn,
ProU. ad Pers. CLIV sq. 2) Ibid. CXXVIII nnd C. F. Hermann, de
aetate et usu schol. Persianorum 10 sq. 3) Proben bei Schopen, Un-
edierte Scholien zu Juv. lU, Bonn 1847.
§ 27.
1) C. F. Hermann, de codicibus luvenalis recte existimandis, Gottingen
1847; Vindiciae luvenalianae, Gottingen 1854. 2) Aufser in der schon
erwabnten Ausg. von 1851 noch in der von 1868 bei Weidmann erschie-
nenen Rekognition. Beers nene Kollation findet sich zum Tcil im Spic.
lav. (Lips. 1885) teils in der zweiten von Fr. Buecheler besorgten Ausg.
von Jahn, Berolini 1886.
XXX EINLEITUNG.
Die friiheren Herausgeber iibten der Sitte ihrer Zeit folgend
nur ein eklektisches Verfahren; sie fragten kei jeder Lesart
nach der Zahl der Handschriften, welche sie verbiirgt, allen-
falls legteu sie auf einzelue Handschriften mehr oder weniger
Gewicht, jenachdem die Lesarten ihrem subjektiven Geschmack
entsprachen^). Auf diese Weise war eiue konsequente Recen-
sion des Textes nicht moglich.
Als man aber in dem Pithoeanus die urspriingliche Quelle
fand, mit welcher sich alle Lesarten auch die der schlechtesten
Haudschriften leicht erklareu lassen, suchte zunachst die Kritik
die erste Hand dieses Codexes wiederherzustellen, auch wo sie
im Laufe der Zeit entweder durch Schreibfehler unkenntlich
gemacht oder durch Rasuren und Korrekturen verdrangt wor-
den war. Dieses Unternehmen forderte die Beriicksichtigung
teils der Lemmata in den alten Scholien (S), teils der Er-.
kliirung der Scholien selbst (2J), welche nicht selten auf die
urspriingliche Lesart zuriickfiihrf^). In vielen Fallen ist es
auch gelungen, aus der durch Schreibfehler oder Mifsverstand-
nisse verdorbenen Lesart des Pithoeanus die urspriingliche
Lesart durch Konjektur wiederzufinden. Erst wo diese Mittel
nicht ausreichen, ist es gestattet, entweder die Lesarteu der
zweiten Hand des Pithoeanus oder die Angaben der zweiten
Handschriftenklasse zu beriicksichtigen. Im ersteren Falle ist
es mitunter moglich, dafs die scheinbar zweite Hand doch
dem ersten Schreiber selbst angehort und so auf das reine
Original zuriickfiihrt, oder dafs die zweite Hand aus demselben
Original Mitteilung machte; in den meisten Fallen jedoch
lassen die Angaben der zweiten Hand des Pithoeanus oder
die Lesarten der zweiten Klasse nur selten auf eine altere
richtigere Quelle schliersen, souderu sie sind als richtige Ver-
besserungen von Schreibfehlern zu betrachten, wie deren im
Pithoeanus selbst genug sind. Der vorhandene Text enthlilt
der Ratsel noch genug. Um aber auf dem begonnenen Wegc
fortschreiten zu konnen, ist eine neue griindliche Vergleichung
des Pithoeanus, besonders seiner Rasuren und Korrekturen,
notwendig. Mit der Vervollstandigung des Apparats ist daun
die Wiederherstellung mancher verdorbenen Stellen zu hoffen^).
■' 3) Diese Art der Kritik beherrschte noch C. F. Heinrich. 4) In-
teressant sind fiinf im Archiv der Stadt Aarau gefundene Deckblatter,
welche eincm Codex des .luvenal entstammen , der mit dem Pithoeanus
aufs engste verwandt war. Vgl. daruber H. Wirz im Hermes XV 437 sqq.,
li. Beer, Spic. 25 sqq. t}ber das St. Galler Florilegium, das 293 Verse
aus Juvenal enthalt, berichtet Wirz, Herm. XV 445 sqq. und Chr. Stephan,
das prosodische Florilegium der St. Gallencr Hdschr. nr. 870 im Rhein.
Museum XL 262—282. Vgl. zu 10, 35. 5) Die.se Voraussagung im J. 1873
ist durch R. Beer gUinzend erfiillt vAorden. Seitdem hat die Verbessernng de.s
Textes durch Beer und Buecheler (Ausg. von 188G) nicht weuig gewonnon.
EINLEITUNG. XXXT
§ 28.
Die Erkljiniii';- dcs scliwierigeii Autors ist hinter deu
Leistungeu der Kritik nicht zuriickgebliel^en, ja in friiherer
Zeit ist sie ihr uicht selteu voraugeeilt^). Die Leistungeu von
Britauuicus, Fr. Pithoeus, Rigaltius uud Graugaeus falstc die
Ausgabe vou H. 0. Heuuiuius zusammen-j. Noch umfang-
reicher siud die Kommeutarieu von G. A. Ruperti, eiu fleifsiges
uud fur jene Zeit uicht unbedeutendes Werk, das wegen der
Vollstiiudigkcit nnd Reichhaltigkeit des Materials noch jetzt
unentbohrlich ist''). Mit Kritik uud Erkliiruug einzeluer Stelleu
beschliftigt sich die Ausgabe vou E. W. Weber*). Entscheidend
aber fiir die Methode der Interpretation wurden zwei Abhand-
lungeu von N. Madvig'').
Fast zu derselben Zeit erschienen die Komraentarien vou
W. E. Weber^') und von C. F. Heinrich^). Der erstere ist be-
sonders fiir die Sacherkliirung von der grofsten Wichtigkeit.
Noch grijfser aber ist die Bedeutung von Heinrichs Ausgabe.
Heinrich hat sehr viele Stellen zuerst richtig erklLirt, hat
Juvenals Benutzuug des Cicero, Ovid uud Vergil nachgewiesen,
iiberhaupt aber mit Liebe uud Verstaudnis sich iu deu Geist
des Dichters hineinversetzt : er ist lehrreich, auch wo er irrt.
Wenn Heiurichs Kommeutar vieleu Erwartungen nicht ent-
sprach, so lag dies hauptsachlich daran, dafs man ihu aus
Vorlesungen zusammeustellen mufste vom J. 1811 — 1814, in
deneu die neueren Leistungen, besonders Madvigs, noch nicht
benutzt sein konnteu.
Durch Heinrichs Kommentar veranlafst sind 'Beitriige zur
Kritik und Erkllirung der Sat. des Juveualis' von A. L. Dollen,
Kiew 1846, ein griindliches uud verdienstvolles Werk, welches
nur durch die leider allzu breite Darstellung etwas ungeniefs-
bar wird. Hierher gehort auch: C. Kempfii Observationes in
luv. aliquot locos interpretandos, Berol. 1843, luv. Satirae
III ed. C. L. Roth, Norimb. 1841, die Dissertation von W.
Bogeu, Boun 1849, zu Sat. I das Programm von Matthias,
Marburg 1844, und vou Wolters, Herzogenbusch 1853, cf. den
Bericht in Mnemosyne IV 281 — 290, zu I und II von Nic.
Mohr, Dorp. 1845, Jan Pol, de sat. XIII, Groningae 1851.
§ 28.
1) Vgl. Teuffel, Rom. Litt. 313, 9, wo die alteren Ansgaben aufge-
zahlt sind. 2) Ultraiect. 1685. 4. Lugd. Bat. 1695. 4. 3) Erate
Ausg. Lips. 1801, zweite Ausg. ibid. 1819 — 1820, beide in 2 Bdn. 8.
4) Vimariae 1825. 5) Madvig, de locis aliquot luv. interpretandis,
Opusc. Acad. 29 — 63; de locis aliquot luv. explicandis disp. II, in den
Op. Acad. II 167 — 205. 6) Die Satiren des Juvenalis, iibersetzt und
erlautert. Halle 1838. 7) Inv. Satirae cum Commentariis C. Fr. Hein-
richii. Acc. Scholia vetera eiusdem Heinrichii et L. Schopeni annota-
tionibus criticis instincta, 2 Bde., Bonn 1839.
XXXII EINLEITDNG.
Selir reicli an Material ist: Thirteen Satires of Juvenal,
with a commeutary by Johu E. B. Mayor, IV editiou, London
I. Bd. 1886, II. Bd. 1878. Gute Bemerkungeu fiuden sich in
den Erklaruugen zur Ubersetzuug des Juvenalis von Teuffel
und Hertzbergj Tiibiugeu 1864 — 67.
Entscheidend weniger fiir die Kritik, woftir es bestimmt
war, als ftir die Erklarung und Beurteilung der Satiren Ju-
veuals wurde das geistreiche, aber hyperkritische Werk von
Otto Ribbeck: Der ecbte uud der unechte Juveual, Berlin 1865-
Daran reihen sicb als Gegenschriften: B. Lupus, Vindiciae lu-
venaliauae, Bonn 1864 (gegen die schou vorher erschieueue
Ausgabe Ribbecks gerichtet) und 0. Meinertz, Vind. luvenal.,
Regimonti 1866, feruer: Zur Kritik und Erklaruug der Satiren
des Juvenal. Konitz 1871, H. Wirz, zur Kritik der V. Satire,
Aarau 1868, Hauicke, krit. Untersuchungeu uber die Echtheit
der 12. Satire von Juv., Putbus 1877, M. J. Hofmann, zur
Kritik u. Erkl., Amberg 1878, Dr. Palm, de luv. Sat. XV,
Nordhausen 1882, Vahlen im Index Lectionum aest., Berol.
1884, A. Weidner, Emendationes luven., Dortm. 1887, uud iu
Fl. Jahrb. 1887 p. 279 — 296, endlich die Dissertationen von:
H. Polstorff, de vv. aliquot male suspectis, Rostock 1882, G.
Schoenaich, Quaest. luv., Halle 1883, R. Weise, Vindiciae
luvenal., Halle 1884, W. Schulz, Quaestionum luv. capita tria,
Berlin 1885 und im Hermes XXI 179—192, L. Bergmueller,
Quaestt. luv. in den Acta Sem. phil. Erl. vol. IV, Erlangen
1886, A. Smit, Annotatio in Saturas luv., Utrecht 1886, G.
Moseugel, Vind. luv., Erlangen 1887, A. Scholte, Observationes
criticae in Saturas luv., Utrecht 1873. Deu Sprachgebrauch
behandeln: Ludwig Genther, Uber den Gebrauch der Metaphern
bei Juvenal, Progr., Wittenberg 1878, und Ludolph Kiaer, De
sermone D. lunii luvenalis, Hauniae 1875, wo freilich eiue
sichere kritische Basis uoch vermifst wird.
Ein vollstandiges Lexicon luvenalianum wird der vor-
liegenden Ausgabe nachfolgen.
IVVENALIS
S A T V E A R V M
LIBER PRIMVS
SATVRA I
Semper ego auditor tautum? numquamue reponam
vexatus totiens rauci Theseide Cordi?
inpune ergo mihi recitaverit ille togatas,
Sat. I.
1 — 18 Prootnium: Die quillen-
den Kecitationen der pedantischen
und unwahren Diohter unserer Zeit
zwingen mich zur Rache, d. h.
zur eigenen dichteiischen Schrift-
stellerei. Dem Inhalt nach ver-
wandt, in der Behandlung freilich
sehr verschieden sind Hor. s. II 1
und Pers. I.
1 awUtor, bei den offentlichen
Recitationen, welche Asinius Pollio
in Rom eingefiihrt hatte. Die Ab-
nahme des politischen Interesses
und der staatsmiinnischen Thiitig-
keit hatte eine Steigerung des
litterarischen Interesses d^T Schon-
geisterei und Schriftstellerei zur
Folge. Die Recitationen dienten
nur zu oft der Eitelkeit und Etfekt-
hascherei. Der jiingere PUpius (1 13)
sagt vom Jahr 97 : toto inenseAprili
nullus fere dies, quo non recitaret
aliquis, — possum iam repetere se-
cessum et scribere aliquid quod non
recitem, ne videnr, quoriim recitatio-
nihus adfui, non aiiditor fuisse sed
creditor. Hor. ep. I 19, o9 scrip-
torum auditor et ultor. Ahnlichbeifst
reponere [aliquid alicui) es einem
heimzahlen, sich riichen, uvxano-
Sidovai:, 80 doIorem,iniuriam,scelus
reponere alicui. Senec. ep. 81, 9
non dicimus 'reposuit^ beneficium aut
IVVESALIS SaIVEAB.
'solvif, nullum enim nobis plaeuit
quod aeri alieno convenit verbum.
2 totiens, weil die Vorlesung des
umfassenden Werkes mehrere Tage
erforderte, Plin. ep. III 18, 4 per
biduumconveneruntjCumquemodestia
mca finem recitationi facere voluisset,
ut adicerem tertium diem exegerunt,
IV 27, 1 teHius dies est, quod audivi
rccitantem Sentium Augurinum. Wer
viel oder laut spricht, ^vird raucus,
daher Mart. IV 8, 2 Beiwort der
causidici; vgl. 8, 59 exultat rauco
victoria circo, G, 51.5 rauca cohors.
Ein Dichter Cordus ist sonst nicht
bekannt, denn auch der von Mart.
III 15 u. 83 oder 11 57, V 23 u. 26
erwiihnte Cordus scheint mit dem
Dichter der Theseis nichts gemein
zu haben. Diese war, wie der Name
andeutet, ein episches Gedicht von
den Thaten des Thesens.
3 recitaverit, sollte vorgetragen
haben, ist Ind. des Fut. exacti,
wie Verg. IX 785 unus homo tanias
strages impune pcr urbem edidcrit?
iuvenum primos tot miserit Orco ?
II581 occiderit ferroPriamus? Troia
arserit igni? IV 590 piro luppiter !
ihit hic, ait, et nostris inluserit
advena regnis? Unter den fabulae
togatae sind hier wahrscheinlich
iiberhaupt Komodien , unter den
elegi die gesamte kleinere Dichtung,
1
IVVENALIS
hic elegos? inpune dieui consumpserit ingens
Telephus aut sumnii plena iam margine libri
scriptus et in tergo necdum finitus Orestes?
nota magis nulli domus est sua, quam mihi lucus
Martis et Aeoliis vicinum rupibus antrum
Vulcani; quid agant venti, quas torqueat umbras
Aeacus, unde alius furtivae devehat aurum
pelliculae, quantas iaculetur Monychus ornos,
Frontonis platani convulsaque marmora clamant
semper et adsiduo ruptae lectore columnae.
expectes eadem a summo minimoque poeta.
10
z. B. die hendecasyllabi des jiingei-eu
Plinius, zu verstehen; so werden
nacheinander Epeu , Komodien,
Lyrik und Tragodien erwahnt bis
V. 6.
5 Telcplius, Konig von Mysien,
von Achilles' Speer verwundet und
schliefslich mit dem Schaft des-
selben von ihm wieder geheilt. Der
Stoff gehort zu dem Sagenkreis der
Cypria uud wurde von Aschylos
und Euripides fiir die Tragodie aus-
gebildet. Von romischen Dichtern
bearbeiteten den Stoff Ennius und
Accius. Noch haufiger wurde Orestes
bearbeitet. plena margo summi libri
= plena summa margo, d. h. die Ko-
lumnen reichen von dem obersten
bis uutersten Ende des Pergaments,
sodafs am Raud oben und unten
gar nichts mehr iibrig bleibt. Ge-
wohnlich beschrieb man nnr eine
Seite des Pergaments, hier aberwird
auch die Riickseite (et in tergo) be-
schrieben {libri opisthographi), aber
dennoch hat er noch nicht das Ende
erreichen konuen, vgl. Plin. III 5, 17.
7 — 12 werden nicht neue Dich-
tungen, sondern nur einzelne Epi-
soden vorgefiihrt: die Sucht der
neueren Dicliter zu beschreiben und
zu schildern verfiihrt sie dazu,immer
wieder altbekanute Episoden auf-
zufrischen. Hierher gehort der Hain
des Mars aus der Argonautensage,
Mart. XII 53 ut magnus draco quem
canunt poetae custodcm Scythici
fuisse luci , die Werkstiitte des
Vulkan auf den Aolischen Insehi
(Verg. VIII 370—453), die Schilde-
rung des Sturms und der Windburg
des Aolus (Verg. I 81 — 123), vgl.
12, 22, die Beschreibung der Unter-
welt. Zu quid agant venti vgL 6, 403
quid Seres quid Thraces agant, zu
quastorqueatumhrasSfQvg.Nlb<c,l&c\<\.
10 unde, Schilderung von KoL
chis. alius = wieder ein anderer ;
denn vor Arger mag er den Namen
des Jason nicht nennen, 10, 257
atque alius, cui fas Ithacum lugere
natantem, und vieWeiclat 13,49. Von
dem Kentaur Monychos {ficovvx^s
tnjcoil) sagt Ov. m. XII 510 insani
deiectam viribus austri forte. trabcm
nanctus validum coniecit in hostem
exemplumque fuit.
12 sq. Unter Fronto ist vielleicht
hier und Mart. I 55 1\ Catius
Fronto, Konsul 96 n. Chr., zu ver-
stehen, clarum militiae togaeque
decus. Er lieh armeren Dichtern
zur Recitation eine Halle , deren
Vorderseite mit Platanen besetzt
war (einem platanon opacus), Hier
wm-de so angestrengt deklamiert,
daB die Halle {marmora) erschiittert
und dem Einsturz nahe (convuha)
wiederhallte (clamant). adsiduo
lectore, die unaufhorliche Leserei,
wie 4, 47 multo delatore, Hor. ep.
11,94 inaequali tonsore. Die Per-
son steht fiir die geschaftsmillMge
ThiUigkeit, daher der Ablativ ohne
Priip. ruptae, wir nur: erzitteru,
7, 86 cum fregit siibsellia versu,
Verg. III 327 et cantu querulac rum-
pent arbusta cicadae, durchdringt.
14 Die Manier beherrsclit alle,
die guten wie die schlechten Dich-
ter, iihnlich 6, 349 iamque eadem
summis pariter minimisque lihido.
Der Vers schliefst die bisherige Ge-
dankenreihe ab, bildet aber zugleich
den Ubergang zu dem folgenden
Entschlufs des Dichters.
LIBRI I SATVRA I
et nos ergo mauiim ferulae subduximus, et nos
eoiisilium dedimus Sullae, privatus ut altum
dormiret. stulta est clenientia, cum tot ubiquo
vatibus oceurras, periturae parcere chartae.
eur tamen hoc potius libeat decurrere campo,
per quem magnus equos Auruncae flexit alumnus,
si vacat ac placidi rationem admittitis, edam.
cum teuer uxorem ducat spado, Mevia Tuscum
3
15
20
1") sq. et nos ercio, nun gut denn,
ich bin anch in die Schule ge-
gaugou. Wenn nlles dichtet und
gegen die Folter des ewigen Einer-
lei kein anderes Mittel hilft, so
bleiht nuriibrig ebenfalls zu dichten
und so sich wenigsteus zu riichen.
Zu tt nos ergo vgl. 14, 119 et pater
ergo onimi fclices credit araros. Mit
dem wiedorholten ct nos werdeu
zwei Thatcu hervorgehoben, der
Besuch der Schnle des grammaticus
und der des rhctor. Sprichwortlich
steht fcrulae subduximns manum {se
mettre sous Ja ferule cVun mcvtre) =
auch ich bin in die Schule gegangen;
wahrend der Besuch der Rhetor-
schule mit dem Beispiel eiuer
sunsoria umschrieben wird. Der
Schiiler hatte die Vorteile oder
Nachteile zu entwickeln , welche
SuUa haben wiirde, wenn er nach
wiederhergestellter Ordnung des
Staatswesens von der hochsten Stufe
der Macht (clictator 2'jet'liatuus) in
das Privatleben zuriicktreten wiirde.
Eine ahnliche deliheratio liifst DioC.
im J. 28 V. Chi*. im Kabinett des
Oktavian halten, wo Agrippa die
Wiederherstellung derFreiheit, Ma-
cenas die Notwendigkeit der Mo-
narchie vertritt. Vgl.7, 151. 162 sqq.
10, 1 67. privatus subst. wie 13, 41 ci«»
privatus adhuc Idaeis luppiter antris,
12, 107 Caesaris armentum, niilli ser-
vire paratum privato (von nemo pri-
vattis), Hor. s. I 3, 142 privatusque
magis viram te rege heatus. Uber den
Obiectivns nltum, vgl. zu ?>, 107 und
Plaut. curc. 9 lautus luces cereum.
18 Zur Zeit des Ennius war
i;affs verachtlich, es waren die alt-
italischen Dichter, wahrend poetae
dieDichterder neueren griechischen
Kunstschule waren. Von der Zeit
des Vergil und Horaz an hat vates
wieder einen hoheren Klang, wie
Siinger statt Dichter, aber in der
Zeit des luvenalis ist die Bedeutung
des Wortes schon wieder abge-
schwacht, vgl. 6, 436. 7, 53. 89. 93.
clemcntia , Schonung; periturae,
wie ein adjektivisches Attribut ge-
braucht: das nun doch einmal ver-
braucht wird, ahnlich 11, 17 peri-
turam arcessere summam, ein dem
Untergang geweihtes Kapital, 4, 10
terram subitura sacerclos, eine dem
Untergang geweihte Priesterin.
19 — 21. Thema: Warum aher
mufs ich als Satiriker auftreten?
1 9 sq. decurrere erinnert an die
Wettfahrten im Circus, wie Ov. m.
X 597 clecursa novissima meta est
et tegitur festa victrix Atalanta co-
rona. Daher equos flectere (um die
meta) von Lucilius, der 148 v. Chr.
in Suessa Aurunca geboren der
Schopfer der personlichen Satire
geworden ist. — alumnus, Sohn.
Das Gebiet der Aicrimci, zwischen
Tarracina und dem mons Massicus,
grenzte an das Gebiet derVolsker:
Lucilius war also dem Stamme
nach dem luvenalis verwandt.
21 Plin. ep. III 18, 4 'si commo-
dum'' et ' si valde vacaref , num-
quam porro aut valde vacat Romae
aut commodum est audire recitantem.
placicU freundlich, ohne Zorn, wie
Hor. c. s. 33 condito mitis placido-
que telo Apollo, IV 3, 2 quem tu
Melpomene nascentem placido himine
videris. Der Dichter mufs fiirchten,
dafsmanche seineBegriindung {rati-
onem) nicht ohne innere Aufregung
und parteilos hinnehraen werden.
22 — 80 Ausfiihi-ung: Zur Satire
zwingt 1) die Unnatur unserer so-
cialen Verhaltnisse, 22 — 30.
22 Unser Leben ist bereits so
verdreht, dafs der Verschnittene
IVVENALIS
figat aprum et nuda teneat venabula mamma;
patricios ,omnis opibus cum provocet unus,
quo tondeute gravis iuveni milii barba sonabat;
cum pars Niliacae plebis, cum verna Canopi
Crispinus Tyrias umero revocante lacernas
ventilet aestivum digitis sudantibus aurum
nec sufierre queat maioris pondera gemmae,
difficile est saturam non scribere. nam quis iniquae
tam patiens urbis, tam ferreus, ut teneat se,
25
30
25 iuvenis P corr. p
heiratet und das Weib mit ofFener
Brust in der Arena auttritt. Dig.
XXIII 3, 39 si spadoni mulier nup-
serit, distinguendum arbitror, castra-
tusne fuerit necne, ut in castrato
dicas dotem non esse, in eo qui
castratus non est (d. h. von Natur,
nicht durch Kastration der Zeu-
guugskraft entbehrt), quia est ma-
trimonium, et dos et dotis actio est.
Vgl. 6, 366. Mevia ist nicht weiter
bekannt, der Name Mevia oder
Macvia kommt ofter vor. Tac.XV 32
feminarum illustrium senatorumque
plures per arenam foedati sunt. Stat.
s. I 6, 53 hic sexus rudis insciusque
ferri ut pugnas capit improbus
viriles, geradezu wie kiimpfende
Amazoneu ! Evst Septimius Severus
schaffte diese Unsitte ab. Tuscum,
denn nach Stat. s. IV 6, 10 Tuscus
aper generosior Umbro!
24 provocet herausfordert, ist in
dieser Bedeutuug nachaugusteisch,
Qnint. X 1, 93 elegia quoque Graecos
provocamus. Der V. 25 ist 10, 226
wiederholt percurram citius quot
vilJas possideat nunc, quo tondente
gravis iuveni (dem Rittersohne)
miJii Jjarha sonabat. Der Name des
Mannes ist unbekannt.
26 pars NiJiacae pJebis, 8, 44 vos
JiumiJes, inquis, voJgi pars uJtima
nostri, 9, 120 Jingua maJi pars pes-
sima servi. In pars allein liegt
nichts Verachtliches, wie Tac. VI 8
zeigt : non enim Seianum Vulsi-
niensem scd CJaudiae et luJiae
domus partcm (Angehorigen) coJe-
J)amus. Verachtlich heiist Crispinus
(zu 4, 1) verna Canopi, da diese
Stadt selbst verrufen war, 6, 84 u.
15, 46, Lucan. VIII 542 et PeJusiaci
tam moJlis turba Canopi. Er tragt
einen (Jacerna) Mantel aus feinem .
Purpurstoff {Tyria, vgl. dagegen
9, 28 u. 3, 148) und zieht ihn unter
geckenhatter Bewegung der Schul-
ter (umero revocante ist Abl. abs.),
als wollte er abfallen, immer wie-
der von hinten nach vorne; ferner
tragt er im Sommer einen leichteren
Ring als im Winter und fachelt
ihn, d. h. liiftet-ihn, in Wahrheit
nur um den edeln Stein sehen und
in der Sonne spielen zu lassen.
Zu ventiJare 3, 253. pondera, das
schwere Gewicht, natiirlich ironisch;
Mart. XI 37 non eadem digitis pon-
dcra conveniunt.
30-62: Zur Satire zwingt 2) die
Unsittlichkeit unserer Zeit.
30 nam begriindet das Veraus-
gehende; insofern aber derBegriin-
dungssatz ein neues noch starkeres
Beispiel enthalt, schreitet die Er-
orterung vorwarts und erhiilt eine
Steigerung, vgl. 137. 3, 200. 6, 415.
487. 13,240; ahnlieh ist 5, 67 ecce
aJius und 12, 24 genus ecce aliud.
Wie hier iniqua, so heifst 3, 8 die
Stadt saeva.
31 ferreus, gefvihllos, wie 7, 150
o ferrca pectora Vetti, Aschin. Ill 166
a ncSg nod'' viisi^s, ra OidrjQOt, syiaQ-
rtQSiT Ky.Qoc6[i8voi,; Statt veniat er-
wartet man nach cum den Indikativ,
ebenso 37, wie 46 wirklich premit,
49 J)ibit folgt; aber der Kouj. ist
durch engenAnschhifsan denPoten-
tialis de§ Hauptsatzes, d. h. durch
Attralvtion veranlafst; ahnlich Plaut.
pseud. 168, Jinec ceJerate, ne mora
quae sit , coquos quom vcniat.
LIBRI l SATVRA I
causidici nova cum veniat lectica Mathouis
plena ipso, post hunc magni delator amici
et cito rapturus de nobilitate comesa
quod superest, quom Massa timet, quem muuere palpat
Carus et a trepido Thymele summissa Latiuo?
cum te summoveant qui testamenta merentur
35
35 palpat om. P add. p
32 lectica ist eine Art Trage-
sola oiler Tragesessel , meist mit
eiuem Verschlufi (fenestrae) ver-
sebeu (3, 242 clauaa lcctica fcnestra).
Matho war Rechtsauwalt, keiu vor-
ziiglicher Redner (11, 34 orator
celieuiois an Curtiiis et Mutho buc-
cae), suchte durch aufserePracht des
Lebens sich Geltung zu verschaffen,
was aber nur zum Vermogensruin
fiihrte (7, 120 sic Fedo contiirbat,
Matho deficit). Der Name kommt
bei Martial oft vor, aber ohne dafs
damit immer ein und dieselbe Per-
son bezeichnet zu werden scheint;
auf den Redner konnte sich X 46
beziehen: omnia vis belle, Matho,
dicere. dic aliquando et bene; dic
neutruw.dic aliquando male. — plena
ipso , denn er • macht sich darin
breit; gewohnlich hatte die lectica
fiir zwei Personen Raum, Suet.
Nero 9 ac deinceps eiusdem {matris)
saepe lectica per publicum simul
vcctus est.
33 Der hier erwiihnte Delator ist
nicht bekannt, doch deutet manches
auf M. Aquilius. Reguhis. Plin. ep.
I 5, 14 uennt ihn omnium bipedum
neqtdssimum, daun curatur a muUis,
timctur a plurihus. Nach Domitians
Tod war seiue Existenz in Rom ge-
fiihrdet, Plin. ep. I 5.
34 comesa = absumpta, wie 138
unu comedunt patrimonia mensu,
2, 155 Cannis comumptu iuventus.
Zu suiJcre.it de vgl. zu 3, 259. Der
Adel war besonders durch die Ver-
folgungen des Nero und Domitian
stark gelichtet worden, vgl. 4, 85 sq.
u. 97 prodigio par est in nobilitate
senectus.
35 Baebius Massa, im J. 70 Pro-
kurator dt;r Provinz Afrika, worde
uuter Domitian einer der frechsten
Delatoren, Tac. h. IV 50 Baebius
Massa c procuratorihus Africae, iam
tum optimo cuique exitiosus et inter
causas malorum, quae niox (unter
Domitian) tidimus , saepius redi-
turiis. Nach seinem Prokonsulat
vou Biitika wnrde cr von Herennius
Seuecio und Plinius repctundarum
angeklagt (vor August 93, Agr. 45)
und veiurteilt. Nicht minder als
Delator beriichtigt war Mettius
Carus. Er bewirkte die Verurtei-
lung des Herennius Senecio (93
n. Chr.), und verdachtigte auch
den Plinius bei Domitian, Plin. ep.
VII 27, 14.
36 Latinus war ein unter Domi-
tian sehr einflufsreicher mimischer
Kiinstler, nach den Scholien zu 4, 53
archimimus, d. h. der die Haupt-
rollen im mimus spielende Schau-
spieler (Th. Mommsen im Hermes
3, 462). Vgl. 6, 44. Thijmele wird
als vorziigliche mima 6, 66 u. 8,
197 erwiihnt, vgl. Mart. I 4 (an
Domitian) : qua Thymelen spectas
derisoremque Latinum, illa fronte
precor carmina nostra legas. Lati-
nu8 sendet die Thymele heimlich
ab {submittit), um den gefahr-
lichen Delator zu gewinnen und
zu beschwichtigen ; der miichtige
Giinstling des Kaisers fiirchtet
dennoch den noch machtigeren
Delator !
37 summoveant, verdriingen, vie
3, 124 limine (des Patrons) sum-
moveor, 14, 186 jjero qui summovet
euros pellibus inversis. Es ist vox
propria vom Liktor, der dem Zuge
seines Herrn freie Bahn macht,
wurde aber vielfach iibertragen ge-
braucht, Hor. U 16, 9 non enim
gazae neque consularis summovet
lictor miseros tunmltus mentis, die
quiilende Unruhe deiner Gesinnung
(der avaritia).
6 IVVENALIS
noctibus, in caelum quos evehit optima summi
nunc via processus, vetulae vesica beatae?
unciolam Proculeius habet, sed Gillo deuncem,
partes quisque suas ad mensuram inguinis heres.
accipiat sane mercedem sanguinis et sic
palleat, ut nudis pressit qui calcibus anguem,
aut Lugudunensem rhetor dicturus ad aram.
quid referam, quanta siccum iecur ardeat ira,
38 non tib. P 44 lug*diinensem erasa u P
40
45
38 sq. evehit, emporhebt, Parodie
von Hor. I 1, 5 palmaque nobilis
terrarum dominos evehit ad deos,
nur wird mit caelum von Juv. nicht
das begluckende Gefuhl {caelum ac-
cepisse videbor Ov. m. XIV 844),
sondern die Hohe der Lebens-
stellung, vielleicht gar in der Um-
gebung des Kaisers, angedeutet.
summi processus, des hochsten Em-
porkommens, ist wie procedere in
diesem Sinne nachklassisch , Suet.
Vesp. 1 ad principatum usque pro-
cessit, Senec. benef. I 11, 5 lionor
et processus ad altiora tendentium.
— vesica 6, 64.
40—44 ist satirische Digression:
Aufserung der Indignation des Dich-
ters. Die mit den Namen Procu-
leius und Gillo (Liv. XXX21 ist ein
Q. Fulvius Gillo Legat des Scipio)
bezeichneten Personen sind un-
bekannt. Proculeius erhalt ein
lumpiges Zwolftel {unciolam = heres
ex uncia), dagegen Gillo wird heres
ex deunce, er erhalt ^'/,'>- Justin.
instit. II 14, 5 hereditas plerumque
dividitur in duodecim uncias, quae
assis appellatione continentur (d. h.
heres ex asse).
41 Vgl. 9, 34. Nur scheinbar
steht (juisque fiir uterque, denn der
Gedanke gilt nicht allein den bei-
den Genannten, sondern hat allge-
meinere Giiltigkeit. Ironisch ist
sane, wie 5, 123 nec minimo sane
discrimine refert, quo gestu lepores
et quo gallina secetur, 10, 183 mitius
id sane, quod non et stiymate di-
gnum credidit.
42 Zu merces sanguinis vgl. 14, 164
merces haec sanguinis atque laboris.
43 palleat, infolge der voluptas
enervis. Der Ausdruck ist witzig
gewahlt, weil pallere auch von der
Farbe des Goldes gebraucht wurde,
Ov. m. XI 110 saxum quoque palluit
auro, Mart. VIII 44, 10 superba
densis arca palleat nummis. Das.
Gleichnis ut nudis pressit qui calci-
bus anguem war gelaufig aus Hom.
II. III 33 «ng 8' OTf tiq T£ SQCiv.ovTa
tSav naXivoQOoq aTtiazr}, caXQOg xb
(iLV sils naQSiaq, und Verg. II 379
inprovisum aspris veluti qtii senti-
bus anguem pressit humi nitens tre-
Xndusque repente refugit etc-
44 Der hier 'erwahnte Vorfall
kann mit dem Sangerkrieg auf der
Wartburg verglichen werden. Die
Form Lugudunum (der Hiigel des
Lugus, des keltischen Merkur, wie
Campodunum = Feldhiigel) ist auch
durch die Bamberger Hdschr. der
Briefe des Seneca gesichert. Die
ara war dem Augustus geweiht, 6
xov Avyovatov Pco/xdg Dio C. LIV 32,
an dem Tage, an welchem Claudius
geboren wurde, Suet. 2. Der Wett-
kampf, an den Juv. erinnert, er-
eignete sich unter Caligula, Suet.
20: Lugduni certamen Graecae Lati-
naeque facundiae edidit, quo cer-
tamine ferunt victoribus praemia
victos contulisse, eorundem et laudes
componere coactos; eos autem qui
maxime displicuissent , scripta stia
spongia linguave delcre iussos, nisi
ferulis obiurgari aut flumine proximo
mergi (untergetaucht werden) ma-
luissent. Es geschah dies im Winter
39/40.
45 Dafs die Leber die Galle aus-
scheidet, weifs schon Archilochos,
fr. 131 .%olriv yuQ ov% 'fx^iq i cp'
rinati. Sonst gilt die Leber fiir den
Sitz leidenschaftlicher Erreguug
iiberhaupt, und in diesem Sinne
LIBRI I SATVRA I
cum populum gregibus oomitum premit hic spoliator
pupilli prostantis et hie danmatus inaui
iudicio? quiil euiui salvis infamia nummis?
exul ab octava Marius bibit et fruitur dis
iratis, at tu victrix proviucia ploras. ^
haec ego non credam Venusina digna lucerna,
haec ego non agitem? sed quid magis? Heracleas
50
46 premat
47 at p
hat Horaz iecur zuerst in die
Sprache der romischen Poesie eiu-
gefuhrt. Kiefsling zu Hor. I 13, 4
vae meum ferveus (Juv. siccum) diffi-
cili bile (= ira) tumd iecur , Juv.
6,648 rahic iecur incendcnte feruntur
praecipites. — gregihus comitum, mit
eiuem langen Klieutenzug, premit
wie 3, 244 magno populus premit
agminelumhos. — hic — 7nc, hier —
dort, auf Jer eineu und auf der
andern Seite, doch ist hic nicht
etwa Adverb, sondern Subjekt:
dieser ein spoliator, jener ein dam-
natus, wie 10, 227 ille umcro, hic
lumbis, hic coxa debilis.
47 Der in Pracht und Herrlich-
keit {turba clientium insignis) ein-
herziehende Schurke hat seinen
Mundel um das Vermogen gebracht
(15, 135) und ihn gezwungen, sich
unnatiirlicher Lust preiszugeben,
Mart. IX 59 inspexit moJIes pueros
oculisque comedit , non hos qiios
primae prostituere cosae. Domitian
erliefs ein Edikt gegen die Pro-
stitution von Kindern, Mart. IX 6
u. 8. — inani iudicio, weil die Ver-
urteilung dem Ehrlosen doch nichts
schadet.
49 Das letztere Beispiel erinnert
den Dichter an den Marius Priscus,
deo Riiuber der Provinz Afrika,
8, 120. Er wurde im J. 100 von
Plinius de repetundis angeklagt und
zu einer Bufse von 700 000 Sest.
und zur Verbannnng aus Rom und
Italien verurt^ilt. Er ist exul, fuhrt
aber doch ein glanzendes Leben,
denn er verstand es, wie Verres,
den grofsten Teil seines Raubes in
Sicherheit zu bringen. So wurde
auch an ihra die Verurteilung zum
Blendwerk. Er zecht ab oetava hora,
wahrend sonst Bchon die neunte
Stunde fiir den Beginn eines Ge-
lages fiir friih galt, Hor. ep. I 7, 71
ergo jjost nonam venies. Vor dieser
Stunde erschien ein co^ivivium als
tcmpcstivum. Der Verbrecher ist
heiter und guter Dinge, aber die
Provinz jammert, wie ein geijeitsch-
ter Sklave {plorare wie kXusiv oder
olfico^eiv). Die Apostrophe {at tu)
ist Ausdruck der herzlichsten Teil-
nahme fiir das Geschick der Pro-
vinz, vgl. zu 3, 134. Marius selbst
hat nur Vorteil {fruitur) von seiner
Verurteilung , dem Gotterzorn, er
ist also nicht dis iratis oder dis
adversis (10, 129) genitus. Viel-
leicht wird mit dis iratis auch auf
den Unwillen des Kaisers Trajan
hingedeutet, der doch nicht stark
genug war, den Marius fiihlbar zu
treffen.
51 Die lucerna Venusina (des
Horaz) ist die kritische und stra-
fende Beleuchtung solcher Frevel.
Der Ausdruck erinnert an die La-
teme des Diogenes von Sinope.
52 Gegeniiber solchen Erschei-
nungen des Lebens ware es Gefiihl-
losigkeit oder Stumpfsinn, wollte
man sich in die alte Fabelwelt
vertiefen (und die Gegenwart ver-
gessen).
agitare, wie vexare = verfolgen,
14, 284 non unus mentes agitat
furor, 5, 69 quae gemunum agitent,
abmuhen, 10, 33 perpetuo risu pul-
moncm agitare, in Bewegung setzen.
Wie aber persequi und das deutsche
verfolgen, so wird agitare von jeder
Behandlung einer Aufgabe gebraucht
= betreiben, daher sed quid magis
agam oder(archaisch) agitem? Sehr
schon urteilt Mart. X 4 quid tibi
raptus Hylas, quid Parthenojjaeus et
Attis, quid tibi dormitor proderit
8
IVVENALIS
aut Diomedeas aut mugitum labyrinthi
et raare percussum puero fabrumque volantem,
cum leno accipiat moechi bona, si capiendi
ius nullum uxori, doctus spectare lacunar,
doctus et ad calicem vigilanti stertere naso?
cum fas esse putet curam sperare cohortis,
qui bona donavit praesepibus et caret omni
maiorum censu, dum pervolat axe citato
Flaminiam puer Automedon? nam lora tenebat
55
60
55 sit capiendi P
Endymion? Quid te vana iuvant
miserae ludibria chartae (unwalire
Gestalten und Traumereien)? Hoc
lege, quod possit diccre vita 'meum
est\ Non hic Centauros, non Gor-
gonas Uarpyiasqiie invenies: homi-
nempagina nostra sapit. Sed nonvis,
Mamurra, tuos cognosccre mores nec
te scire: legas Aetia Calliviachi.
Juvenal und Martial kampfen gegen
die alexaudrinische Gelehrsamkeit
in der Dichtung, konnen aber beide
sich nicht ganz davon frei machen.
tJber dieHerakleen vgl.Welcker, ep.
Cykhis I 214 sq. iiber die Diomedea
des lulius Antonius die Schol. zu
Hor. IV 2. Das Labyriuth, Dadalus
und Ikarus, kann an eine Theseis
(V. 2) denken lassen.
54 puero = pueri corpore, ist
Ablativ, vgl. zu V. 13.
55 Wenn der maritus die Woh-
nung zu strafbarem Ehebruch oder
stuprum einriiumt, so macht er sich
des lenocinium schuldig und auf
die Frau konnte die Bestimmung
Domitians Auwendung finden, die
Sueton c. 8 erwahnt: prohrosis fe-
minis lccticae iisum udemit iusque
capiendi lcgata hereditatesque. Hier
wird aber das lenocinium verheim-
licht. Es trifft deshalb hier nur
der von Quint. IX 2, 74 erwilhnte
liechtssatz zu: jjfr lcgcs institui uxor
non poterat heres, d. h. solange die
Frau in der Ehe ist. Hier ist iiberdies
die Frau des leno maritus kinderlos
zu denken, die iiberhaupt, wenn sie
iiber 20 Jahre alt ist, nur zur Halfte
erben kann.
67 Hor. III 6, 26 sed iussa coram
non sinc conscio surgit marito, seu
vocat institor seu navis Hispanae
magister, dedecorum pretiosus emptor.
Rom war Welt- und Seestadt. Schou
bei Plaut. pseud. 386 findet sich
die Verbindung vigilans dormit, -und
capt. 848 vigilans somniat, und mil.
820 wird stertere mit sorbere ver-
glichen.
58 cura und curare sind tech-
nische Ausdrticke zur Bezeichnung
eines militarischenKommandos. Der
cohors steht ein praefectus oder tri-
bimus vor. Auf solche Stellen machte
der junge Adel Roms von jeher
Anspruch. Der Verschwender hofft,
um wieder zu Vermogen zu ge-
langen, auf die Prafektur eiuer co-
hors sociorum oder gar auf ein Le-
gionsti-ibunat, das sehr einkommlich
war, vgl. zu 3, 132. Er hat seiu
Vermogen dem Sport geopfert
{donavit, wie 6, 356) und den
vliterlichen Census verloren {caret
ist Perfektbegriff), wahrend er unter-
dessen auf dem Kabriolett mit sei-
ner Geliebten prunkte als Wageu-
lenker (8, 147 sq.), aufserhalb der
Stadt auf der via Flaminia, die an
den Gilrten des Pompeius und Do-
mitian aufserhalb der 7. Region
vorbeifiihrte (Tac. h. 11 64 oitata
Flaminiae viae celebritate devertit
Interamnium).
61 puer Automedon.wie ein iuQgev
Automedon, Verg. II 476 equorum
agitator Achillis, armigcr Autome-
don, vgl. Hom. II. XVI 145. Schon
Cic. Rosc. 98 sagt: suis manibus
in cur-ru coUocat Automedontcm
iltum. Automedon hat im Wagen
seine Geliebte, und diese selbst er-
scheint im miiunlichen Mantel {la-
LIBRI I SATVRA I
ipse, lacernatae cum se iactaret amicae.
nonne libet medio ceras iraplere capaces
(luaclruvio, cum iam sexta cervice feratur
hinc atque incle patens ae nuda paene cathedra
et multum reterens de Maecenate supino
sii^nator falso, qui se lautum atque beatum
exiguis tabulis et gemma fecerit uda?
occurrit matrona potens, quae molle Calenum
porrectura viro miscet sitieute rubeta,
65
70
63 uon me P 67 falsi to 68 fecerii Sio: fecerat P 69 occur-
rat Heinrich 70 rubeta P Beer, rubetam (o.
cernata , al&o ebciiso fiecL wie er,
der sich nicht entblodet, den auriga
zu spielen. Vgl. Suet. Cal. 25 das
uber Caesonia Bemerkte.
63 — 80 Zur Satire zwingt 3) die
Unverschumtheit desLasters unserer
Zeit.
63 Ja wenn man notorische Ver-
brecher im uppig^iteu Glanz einher-
ziehen sieht, mochte man nutten
auf der Strafse zum riichenden Gritfel
greifen.
64 iam sexta, schon in einer
lectica t^dcpoQog, bald vielleicht in
einer octophoros, Cic. Verr. V 27
nam, ut mos fuit Bithyniae regibus,
lectica octoplioro fcrebutur. sexta
cervice = sex cervicibus, 6, 351 quae
longorum vehitur cervice Syrorurn.
In der Zahlung ist der zuletzt Hin-
zugekommene das am meisten Be-
merkenswerte, er cliarakterisiert den
Luxus. Vgl. zu 120.
65 hinc atque inde, links und
rechts, nach (auf) beideu Seiten,
8, 195 inde atque hinc, 14, 12 inde
— hinc, 10, 44 iUinc — hinc, 15,
48 inde — hinc, 7, 113 hinc centum
patrimonia causidicorum, parte alia
solum russati pone Lacernae. —
patens, freisitzend, Mart. IX 20 haec,
quae tota patet tegiturque et mur-
more et auro, infantis domini
conscia terra fuit, XI 70 tunica
patet inguen utrimque levata. —
nuda cathedra, im offenen Pracht-
sessel. Er sitzt darin, sich bequem
zurucklehnend, wie Macenas, dessen
nachliissige Haltung im AuTseren
oft hervorgehoben wird. referre,
darstellen, zum Ausdruck bringen,
Tac. Gerni. 20 rohora jiarentum
liberi reftrunt, Verg. V 565 nomen
avi referens Priamus , XII 348 no-
mine avum refcrens, animo mani-
busque parentem. Zu multum de
vgl. 3, 123 exiguum de.
67 signator falso (sc. signo) ==
qui cum falso signo testamentum
signaverit, hae arte {exiguis tabulis)
hominem lautissimum se fecit, vgl.
Cic. Cluent. 41 Oppianicus digito
legata delevit et, ne lituris coargui
j)Ofiset, testamentum in alias tabulas
transcriptum signis aduUerinis ob-
signavit. Der Relativsatz fiihrt ana-
lytisch den Inhalt von signator falso
weiter aus, bringt ihn zur An-
schauung, daher der Konj. fecerit
und qui = quippe qui.
68 exiguis tabulis, wir: mit einem
Biatt Papier. Zu gemmu vgl. 13, 138.
69 Mit occurrit tritt die Rede
aus der Abhiingigkeit von cmn,
V. 64, heraus und erhebt sich zur
Selbstandigkeit; wie _ im Griechi-
schen so hiiufig der Ubergaug aus
der subjunktiven in die paratakti-
sche Form stattfindet: ^ 8b ys
TtccQLOvaa xvyxuvn ncAv Svvaiiivt]
yvvrj. Die Giftmischerei wird auch
6, 659 hervorgehoben: at nune res
agitur tenui pidmone rubetae, und
10, 25 sed nuUa aconita hibuntur
fictilibus.
70 Das Weib thut, als wollte sie
ihrem Manne, der vielleicht kriln-
kelt, milden Weiu (als Avznei, 5, 32)
reichen, mischt ihn aber mit feuri-
gem, verzehrendem Gift (rubeta).
Gewohnlicher ist miseere aliquid
cum aUquo oder nlif-ui aUquid,
10
IVVENALIS
instituitque rucles melior Lucusta propinquas
per famam et populum nigros efferre maritos.
aude aliquicl brevibus Gyaris et carcere dignum,
si vis esse aliquid. probitas laudatur et alget,
criminibus debent hortos praetoria mensas
argentum vetus et stantem extra j)Ocula caprum.
quem patitur dormire nurus corruptor avarae,
75
wird aber auch im Sinne von tem-
perare mit dem Ablativ verbunden,
Colum. VI 4 nmlti et largo sale
miscent pahida. Zu sitiens vgl. Ov.
ars II 231 nee grave te tempus si-
tiensque Canicula tardet. Vorbild
war Ovid. ars III 465 et dare mixta
viro tritis aconita cicutis.
71 melior Lucusta, eine zweite,
noch abgefeimtere Lucusta, Tac.
XII 66 deligitur (von Agrippina)
artifex talium vocabulo (d. h. vulgo
genannt) Lucusta, nuper veneficii
damnata et diu inter instrumenta
regni liahita, XIH 15 Nero parari
venenum iuhet, ministro Follione
lulio praetoriae cohortis trihuno,
cuius cura aitinehatur damnata vene-
ficii nomine Lucusta, multa scelerum
fama. Suet. Nero 33 Lucustae pro
navata opera impunitatem prae-
diaque ampla, sed et discipulos
dedit. Die Leichen werden mitten
durch das Geriicht und mitten durch
das Volk hindurch getragen , in
Wahrheit = per famam popuU;
Hor. ep. I 6, 59 differtum iransire
forum popuhanque iuhehat, Cic. Brut.
331 per medias laudes quasi quadri-
gis velii, durch das ihm von allen
Seiten zugerufene Lob hindurch.
73 — 76 Die Erwilhnung der aufser-
sten Frevel zwingt den Dichter
zum Ausbruch heftigster Indigua-
tion, wodurch er scheinbar von
seinem Thema abkommt.
73 In aude aliquid ist die Elision
der langen Silbe in der ersten
Thesis zu beachten, wie 6, 50 paucae
adeo, 8, 123 auri atque argenti,
14, 76 illi eadem, in der zweiten
Thesis nur 10, 333 Messalinae oculis,
L. Mueller metr. 286 sq.
hrevihus Gyaris, wie 11, 79 ipse
focis hrevihus ponchat holuscula, von
dem kleinen Umfang solcher (Plur.)
Inseln wie Gyaros oder Seriphos,
die beide als Deportationsorte ge-
braucht wurden, 10, 170 ut Gyari
clausus scupulis parvaque Seripho,
13, 246 et nigri patietur carceris
uncum aut maris Aegaei rupem
scopulosque frequentes exulibus
magnis.
74 et alget, mit et wird eiu (XTtQOG-
doHrjTov eingefiihrt: man erwartet
etwas Gleichartiges und hndet plotz-
lich das Gegenteil, 7, 124 Aemilio
dahitur quantum licet, et melius nos
egimus. — debent, die verbrecheri-
schen Besitzer. hortos Parkaulagen
(7, 79. 6, 488. 10, 16. 334), pirae-
toria Paliiste und Prachtgebilude,
wie sie Fiirsten haben, 10, 161 sedet
ad praetoria regis, Suet. Aug. 72
ampJa et operosa praetoria grava-
hatur; ?«msors^kostbare Prunktische
mit wertvollen Silbergefafsen von
hohem Alter und kiinstlerischer
Arbeit, Hor. ep. I 6, 17 i nunc, ar-
gentum et marmor vetus aeraque et
artes suspice.
76 stantem — caprum ist wohl
als haut relief, als erhaben ge-
arbeitete Figur aufzufassen. Der
Bock war ein dem Bacchus ge-
weihtes Tier. Ov. m. V 80 sed altis
exstantem signis multaeque in pon-
dcre massae ingentem manibus tollit
cratera duabus, ib. XII 235 signis
exstantihus asper erater.
77. 78 Das Vprbrecheu ist so all-
gemein geworden, dals man im
Hause und in der Familie nicht
mehr sicher ist. Die Schwieger-
tochter lafst sich verfiihren und
trachtet dem Schwiegervater nach
dem Leben (avarae), die Braut des
Sohnes liifst sich entehren (turpes)
und bedroht das Leben des Briiu-
tigams, ja der Unmiindige {prae-
textatus) selbst wird zum Ehebrecher
und konimt dadnrch auf die Bahn
des Verbrechens, vgl. 3, 110 sq. rait
14, 260 sq.
LIBRI 1 SATVi;.V I
11
quem spousae turpes et praetextatus adulter?
^i uatura iiegat, facit iudignatio versum,
qualemcumque potest, quales ego vel Cluvieuus.
ex quo Deucaliou nimbis toUeutibus aequor
uavigio moutem ascendit sortesque poposcit,
paulatimque auiuui calueruut mollia saxa
et maribus uudas osteudit Pyrrba puellas,
quidquid aguut homiues, votum timor ira voluptas
80
85
85 tiaior add. p
80 Cluvienus ist sonst nicht bc-
kannt. Schneidewin (Pbilol. III 331)
woUte Mart. VII 90 Cluvienus fur
Cahunus emendiertn: iactat in-
aequnhvi Matho me fecisfe hbeUum:
si reruni est, htudat carmina noatra
Matho. Aenuales scribit hbros Cal-
vinus et Lmber: aequahs hber est,
Critice, qui maluti est. Der Seiten-
hieb Javenals ist ahnlich wie der
des Hor. s. I 1, 120 ne me Crispini
scrinia hppi compdasse putes. Es
scheint iudessen, als will Juv. die
vielfach allzu gezierte Diktion der
nachauo^usteischen Dichter, die auch
Persius bekrittelt, mit voUemErnste
Ton sich ablehnen.
81 — 146 ChaFakteristik der Ge-
genwart als Substrat der Satire im
Vergleich mit der Vergangenheit.
Die Unnatnr der sozialen Ver-
biiltnisse, die Unsittlichkeit der Zeit,
die Unverschamtheit des Lasters
zwingen auch wider Willen zur
Satire. Damit ist der Hohepunkt
des Pathos erreicht; nun steigt der
Dichter wieder abwarts. Aber auch
abgesehen vom Laster, wenn die
Verkehrtheiten (vitia) der Welt Ge-
genstand der Satire sind, so bietet
unsere Zeit verglichen mit der Ver-
gangenheit ein Ubermafs von Ver-
kehrtheiten aller Art.
81 Mit Deukalion und Pyrrha
bpginnt fiir den Dichter die Mensch-
heit, 15, 30 nam scelus, a Pyrrha
quamquam omnia syrmata volvas,
)tullus apud tragicos popidus facit.
toUcntibus == attoUentibus. navi-
(jium = Idgva^, nicht ohne ironi-
schen Humor. montem, i. e. J*ar-
nasum, Ov. m. I 317. Ibid. 320:
fatidicamque Themin {adorant), quae
tunc oracla tenehat, und 367 xj^acuit
caeleste precari numen ct auxihum
per sacrus quaerere sortes, hier die
Spruche des Orakels.
83 moUiu proleptisch. Juv. folgt
genau der Schilderung Ovids 400:
saxa ponere duritiem coepere suum-
que rigorcm moUiriciue mora (all-
milhlich), moUitaque diicere formam.
Das Epitheton nudas verrat die
SchalkhaftigkeitdesDichters gegen-
iiber der Sage, ahnlich wie Hor. s.
I 3, 99 cum prorepserunt primis
animaha terris , mutum et turpe
pecus.
85 Der Satz cjuidcjuid — discursus
ist als Subjekt des Hauptsatzes
nostri farrago hbeUi est diesem vor-
geschoben, und zu diesem Gauzen
bilden V. 81 — 84 den adverbialen
Nebensatz fiir: quidquid acjunt ho-
mines inde a Deucahone. Grofsere
Perioden sind nicht selten, z. B.
14, 10—14. 10,75 und 3,172—179.
Nicht alles TLiun und Treiben der
Menschen ist Gegenstand der Sa-
tire, sondem nur die Fehler und
Verkehrtheiten dieses Thuns und
Treibens. Diese Beschrankung liegt
in den Worten votum timor bis
discursus, imd wird klar und be-
stimmt aasgesprochen in V. 87 et
quando uberior vitiorum copia?
Zwischen Vergangenheit und Ge-
genwart werden nicht Tugenden
und Fehler, sondern die geringere
oder grofsere Masse der Verkehrt-
heiten vergUchen. Der Dichter deutet
es bestimmt genug an, dafs, solange
es Menschen gegeben, es in der
Welt auchLeidenschaften undThor-
heiten gegeben hat. Bei der Aaf-
zahlung der Leidenschaften, welche
die Vernunft und das ruhige Gliick
des Einzelnen und der Gesamtheit
12
IVVENALIS
gaudia discursus nostri farrago libelli est.
et quando uberior vitiorum copia? quando
maior avaritiae patuit sinus? alea quando
hos animos? neque enim loculis comitantibus itur
ad casum tabulae, posita sed luditur arca.
proelia quanta illic dispensatore videbis
armigero. simplexne furor sestertia centum
perdere et horrenti tunicam non reddere servo?
quis totidem erexit villas, quis fercula septem
secreto cenavit avus? nunc sportula primo
90
95
89 ioculis P
storen, erstrebt der Dichter die Zu-
sammenstellung von je zwei ent-
gegengesetzten Begriffen zu einer
hoheren Einheit, vgl. Nagelsbach
Stil. § 173.
86 cUscursus, das unruhige Rennen
und Jagen (nach Ehre und Gewinn),
gehort der silbernen Latinitat au,
Senec. dial. VIII 6, 5 invenerunt,
quemadmodiim plus quies ipsorum
prodesset hoininihus quam uliorum
discursus et siidor, ibid. X 3, 2 offi-
ciosa per urhem discursatio.
88 Sinn : numquam latius patehat
avaritia. Die avaritia hat eineu
sinus, einen Bausch, in den sie
alles aiifnimmt, wir sagen einen
geoffneten Schlund, in den alles
fiillt. Verschieden ist 150.
89 animos Wut, Leidenschaft,
6, 285 iram atque animos a crimine
sumunt, Verg. I 57 celsa sedet
Aeolus arce sceptra tenens mollitque
anivios et temperat iras. Die Ellipse
von habuit in der erstamiten oder
entriisteten Frage findet sich ebeuso
Lucan. VIII 541 o superi, Nihisne
et harbara Memphis et Pelusiaci
tam mollis turba Canopi hos animos ?
sic fata premunt civilia mundum?
Senec. Troad. 348 hos Scyrus ani-
mos ?
90 ad casum tdbulae, sc. alea-
toriae, zur gefiihrlichen Spielbank,
Verg. IV 560 nate dea, potes hoc
siib casu ducere somnos? Die arca
ist dcr grofsc schwere Geldkasten,
welcher in der Regel mit Eisea
beschlagen war, 14, 259 aerata
multus in arca ftscus, 13, 74 sum-
mam quam patulac vix ceperat
amjulus arcae , es steht fiir Ver-
raogen iiberhaupt 10, 25 ut maxima
toto nostra sit arca foro, 3, 181
aliena sumitur arca, 3, 143 quan-
tum quisque sua nummorum scrvat
in arci.
91 Zu einem reichen Haushalt
gehorte auch ein besonderer Zahl-
meister uud Rechnuugsfiihrer, dis-
pensator, wie im kaiserlichenHause.
Es war dies in der Kegel ein Sklave,
nicht selten auch ein Freigelassener.
93 tunicam non reddere: erst
darin liegt das Unnatiirliche und
Verbrecherische der Spielwut. Denn
reddere bezeichnet die Pflicht des
Herrn fiir den Sklaven zu sorgen,
9, 68 quid dicam scapulis puerorum
aquilone Decembri et pedibus?
95 avus steht von den •beideu
quis getrennt signifikant=iu friiherer
Zeit, in den Zeiten der Republik
= quis veterum. Jetzt ist es fast
eine Schande, nur eine Villa zu be-
sitzen, 14,141 cui.rus nunc suffidt
unum ? Augustus begniigte sich mit
drei Gaugen, nur wenn er Gaste
hatte, liefs er sechs Gange auf
die Tafel kommen, Suet. 74; jetzt
verzehrt man bereits sieben
Giinge allein und ohne Giiste! —
nunc: ehedem speiste der Vor-
nehme weder alllein (secreto) noch
so verschwenderisch (fercuJa septem)
wio heutzutage, sondern der Patron
pflegte seine Klienten zu Tische
(cena) zu laden uud mit ihnen zu-
sammen. ein frugales Mahl einzu-
uehmen (ccna rccta). Jetzt aber
Bchmaust der Vornehme allein uud
iiber die Mafsen verschwenderisch,
LIBRI I SATVRA I
13
limine parva sedet turbae rapienda togatae.
ipse taiuen faciem prius inspicit et trepidat, ne
suppositus venias ac lalso nomine poscas:
agnitus accipies. iubet a praecone voeari
ipsos Troiugeuas, nam vexant limen et ipsi
nobiscum: 'da praetori, da deinde tribuno/
sed libertinus prior est. 'prior' inquit *ego adsum.
cur timeam dubitemve locum defendere, quamvis
97 ipse W: ille P co 102 inquit et ego P, fort. prior en ego.
100
wahrend er die armen Klienten
gleich vom an der Schwelle des
Hauses (2>rwno Umine ist indessen
hyperbolisch) oder des Atrinms
mit einer geringen und mit seinem
schwelgerischen Mahle in gav kei-
nem Verhiiltnis stehenden [parva)
Geldspende (spoitiila) abfertigen
lafst. sportula {sporta vora St. spar
flechteu, GTictQTov, urspr. Korb) hiefs
die Geldspende von 100 Quadranten
oder 10 Sesterzen, welche als Er-
satz fiir eine Einladung zur cena
recta an die Klienten ausgeteilt
wurde. Yor der Kaiserzeit findet
sich diese Sitte nicht, in dieser
selbst wechselte bis zum 2. Jahr-
hundert die cena recta und die
sportula nicht selten. Die spoitula
wurde morgens bei der salutatio
viatutina, wobei die Klienten wie
bei jedem officium in der Toga er-
scheinen mufsten {turha togata, to-
gatus = Klient) von dem servus
nomenclator verteilt.
96 sedf-t steht oder liegt, wie
auch im alteren Deutsch sitzen
statt liegen von Sachen gebraucht
wurde, ahnlich 2, 120 cena sedet,
4, 74 in quorum facie magnae mi-
seraeque sedebat paUor amicitiae,
Verg. IV 473 uUricesque sedtnt (lie-
genj in limine Dirae, II .517 hic
Hecuba et natae nequiquam altaria
circum eondensae et divom amplexae
simulacra sedebant, sc. prostratae,
1-A.tZfVOVGai.
rapere, gierig an sich reifsen. Die
Klienten woUen dariiber herfallen,
der Herr aber {ipse) halt erst ge-
naue und angstliche Mu.stemng,
damit ja nicht ein Unberechtigter
eine Gabe bekommt. Er ist Ver-
schwender und doch ein Filz!
99 praeco spottisch fiir servus
nomenclator.
100 Die Troiugcnac sind vor-
nehme altadlige Romer, 8, 181.
11,95. 8,56 Teucrorum prohs. Auch
Vornehme und selbst Magistrate
waren Klienten von Milchtigeren
und Reicheren, besonders auch von
senes orbi, vgl. 3, 128 sq., Mart. II
32 und II 18 capto tuam, pudet heu,
sed eapto, Maxime, cenam, tu captas
dliam: iam sumus ergo pares. Mane
salutatum venio, tu diceris tsse ante
saJutafum: iam sumus ergo pares.
Schon Hor. II 18, 8 erwiihnt ho-
mstae clientae. nohiscum, die wir
zum volgus gehoren, 8, 44 vos hu-
miles, inquis, vuJgi pars uJtima
nostri. Da man irrtiimlich in Tro-
iugenae Freigeborae und in nobiscum
Freigelassene zu finden meinte, so
wurde die Stelle die Quelle der
Notiz in den Vitae: Ithertini lo-
cupJetis fdius, wie man ans V. 15
das declamavit ableitete.
101 da praetori, da deinde tri-
buno , 80 rafen die vornehmen
Klienten, die diese Wfirden beklei-
deten, sieh vor den anderen vor-
drangend; dagegen sagt 5, 135 der
dominus convivii zu den aufwarten-
den Sklaven: da Trebio, pone ad
Trebium.
102 ego adsum: die Elision an
derselben Stelle noch 2, 23 Aethio-
pem alhus, 2, 159 arma quidem ultra,
14, 202 Tiherim uJtra, 15, 155 pro-
tegere armis, 15, 161 quo nemore
umquam. Der reiche Libertine hat
Eile, weil er vielleicht daheim selbst
noch Klienten empfiingt, vgl. oben
Mart. II 18.
14
IVVENALIS
natus ad Euphraten, molles quod in aure fenestrae
arguerint, licet ipse negem? sed quinque tabernae
quadringenta parant. quid confert purpura maior
optandum, si Laurenti custodit iu agro
conductas Corvinus oves, ego possideo plus
Pallante et Licinis?' expectent ergo tribuni,
vincant divitiae, sacro ne cedat honori,
nuper in hanc urbem pedibus qui venerat albis,
quandoquidem inter nos sanctissima divitiarum
maiestas, etsi funesta Pecunia templo
nondum habitat, nullas nummorum ereximus aras,
ut colitur Pax atque Fides Victoria Virtus
105
110
115
106 purpurae P 114 habitas p
104 molles fenestrae, denn Ohr-
gehange aus Perlen wareii orienta-
lisch und wurden in Roni nur von
Frauen getragen. Verachtet waren
in Rom die Syrer und Juden als
ein zur Sklaverei geborner Volks-
stamm, aber noch verachteter und
gehafster waren die Agypter, vgl.
26 u. 130.
105 quinque tahernae , fiinf Ge-
werbe- oder Wechslerbuden. Sie
bringen quadringenta , d. h. den
Rittercensus ein, und dieVerleihung
des goldnen Rings an Freigelassene
war keine Seltenheit.
106 purpura maior, das Insigne
der hoheren, d. h. curulischenWtirde.
Den Verfall der Familie der Cor~
vini aus der gens Valeria kennen
wir aus Tac. XIII 34 nobili familiae
honor (das Konsulat) auctus est
oblatis in singulos annos qiiingenis
sestertiis, quibus Messala pauper-
tatem innoxiam sustentaret. Als
Neros Geschenke aufhorten, verlor
die Familie den census scnatorius
und bekleidete nun keine Amter
mehr.
109 Pallas ist der bekannte Frei-
gelassene (Kammerdiener) des Kai-
sersClaudius; er besaliSOOMilliouen
Sesterzen. Licinus (14, 305 prac-
dives) war aus Gallien gebiirtig und
zuerst SkLave, dann Freigelassener
des Julius Ciisar. Er wurde Pro-
kurator in Gallien und erwarb sich
dort ungeheure Summen.
110 sq. ne cedat,V\m. ep. I 23, 2
ipse cum tribunus essem, abstinui
causis agendis, quod deforme arbi-
trabar, cui adsurgere, cui loco cedere
omnis oporteret, hunc omnibus se-
dentibus stare. — Wiihrend man die
wex'tvolleren Sklaven in den ta-
bernae der mangones kaufte, wurden
die viliora mancipia entweder in
catasta (auf einera holzeroen Ge-
riiste) oder de lapide (auf einer
Steinei-hohung) zum Verkauf aus-
gestellt. Diesen bestrich man die
Fiifse mit Gips oder Kreide, Plin.
h. 35, 199 est et vilissima (creta),
qua circum praeducere ad victoriae
notam pedesque venaUum trans maria
advectorum denotare instituerunt
maiores. Ubrigens findet sich eine
ahnliche Umschreibung des' homo
vilis 3, 83.
112 So sagt Staberins bei Hor.
s. II 3, 95 omnis enim res, virtus
fama decus, divina Jiumanaque pul-
cliris divitiis parent, quas qui con-
struxerit, ille clarus erit, fortis,
iustus, Hor. ep. I 6,. 36 scilicet
uxorem cum dote ftdemque et amicos
et gcnus et formam regina Pecunia
donat. Die Personifizierung der Fe-
cunia war den Komern geliiufig, ja
man verehrte auch die gottliche
Macht des Geldes als l)ea Pecunia
und unterschied eiuen Dcus Aescu-
lanus {aereae pecuniac) und seinen
Sohn den Deus Argentinus {argen-
teae), Preller R. M. 589. Einen
Terapel .oder eine ara hatte man
indessen der Pecunia noch nicht
errichtet.
115 Zuerst erricbtete der Pax
LIBRI I SATVRA I
15
quaeque salutato cre})itat Couconlia nido.
sed cum suuimus houor tiuito computet auuo,
sportula quid referat, quautum rationibus addat,
quid facieut comites, quibus liinc toga, calceus hinc est
et panis fumusque domi? deusissima ceutum 120
quadrautes lectica petit. sequiturque maritum
lauguida vel praegnas et circumducitur uxor.
hic petit abseuti nota iam callidus arte
ostendens vacuam et clausam pro coniuge sellam.
'Galhi mea est' inquit 'citius dimittc. moraris? 125
Augustns eine ara anf dem Mius-
feld, spiiter baute Vespasian den
priichtigen Friedonstempel in der
Niihe des Forums. Kultiis und
Tempel der Fides auf dem Kapitol
wurde auf Numa zuriick^efiihrt.
Die Victoria hatte mehrere Tempel,
Altiire und Bilder, am beriihmtesten
war der Tenipel der Victoria, den
der Konsul L. Fostumius im Sam-
niterkriege 294 v. Chr. weihte, und
die vergoldete Bronzestatue der auf
der Weltkugel sehwebenden Vik-
toria, die Augustus in der Curia
lulia aufstellte. Die Virtus hatte
bald allein, bald mit dem Honos
gemeinsam verschiedene Heilig-
tiimer in Rom , . am bekanntesten
war das an der porta Capena und
der Tempel, den Marius aus der
Kriegsbeute der Cimbern und Teu-
tonen errichtete.
116 Es gab mehrere Tempel der
Concordia in Rom. Auf einem der-
selben mufs ein Storchnest ge-
wesen sein. Die Concordia wird des-
halb mit der ciconia identifiziert.
Indem diese zuruckkehrend ihre
Jungen {nido) begriifst, klappert
sie (crepitat) und damit die Con-
cordia selbst. Diese gehorte zu den
Schutzgenien des Familienlebons,
der Storch aber hatte mit der Con-
cordia nichts zu thun, sondern war
Symbol der P^e^rts. Petron.55 nennt
die ciconia xnetaticuUrix, gracilipes
crotalistria.
117 Mit sed kehrt der Dichter
nach langer Digression zu V. 101 sq.
zuriick: verschmiihen selbst hohe
Wiirdentriiger das Almosen nicht,
so ist es nicht zu verwundern, wenn
der arme Klient, der davon sich
nnd seine Familie erhalten mnfs,
wohl gar seine Frau mitbringt oder
auch sich zum Betruge hinreifsen
liifst, ura den doi^peiten Betrag des
Almosens zu erlaugen.
118 rntionibus, den Einkiinften,
d. h. den einzehien Posten der Ein-
uahme, vgl. Niigelsbach Stil. § 63.
comites sind KHenten, die nicht
wie der erwiihnte praetor und tri-
bumis sich allein mit der Morgen-
aufwartung begniigen und dann frei
fiir sich leben, sondern den Tag
iiber, wenn es gefordert wird , das
Gefolge ihres Herrn bildon , vgl.
46. 3, 284. 7, 44. 142. 10, 44. quid
facient, wie 2, 65 quid non facient
alii:' 6, 473 facies dicetur an ulcus?
120 densissivia lectiea, koUektiver
Singular : eine Sanfto hinter der
andern, wie 14, 144 densa oliva.
Ara hiiufigsten wird so multus (4,
47 multo delatore, 8, 7 multa virga)
und plurimus (zu 3, 232) gobraucht.
Ahnlich ist V. 64 sexta cervice. —
fumus, vgl. 134.
123 hic = 6 5p xat, mitunter
einor, im Gegensatz zu dem Voraus-
gehenden, in dem der Begriff von
01 ixtv ovv TtoXXoC onthalten ist.
sellam clausam, weil die Frau lei-
dend sein soU, vgl. auch zu 3, 242.
125 Der Mann sagt zum Ansteiler
der Sportula, es sei seine Frau, er
Bolle sie recht bald abfertigon. Da
dieser zogert, weil der Kunstgriff
des Klieuten schon bekaniit ist,
setzt er, ohne aus der Fassung zu
kommen, keck hinzu: ,,Wie du
zogorst?" und ruft zur Siinfte ge-
wendet: „Frau, zeige dich selbst!"
Da dies nun aber nicht geschieht,
setzt er bittend hinzu: „Bitte, store
sie nicht, sie schlummert wahr-
scheinlich."
16
IVVENALIS
profer, Galla, caput. noli vexare^ quiescet/
ipse dies pulchro distiuguitur ordine rerum:
sportula, deinde forum iurisque peritus Apollo
atque triumpliales, inter quas ausus liabere
nescio quis titulos Aegyptius atque Arabarches,
cuius ad effigiem non tantum meiere fas est.
vestibulis abeunt veteres lassique clientes
votaque deponunt, quamquam longissima cenae
spes homiui; caulis miseris atque ignis emendus.
optima silvarum interea pelagique vorabit
130
135
126 quiescit p
131 me+gere erasa n P: meiere co
127 — 146 Uberbauptistdasganze
Tagesleben des Klienten und noch
mehr das des Patrons unnatiirlich
und unwiirdig. Vgl. damit Mart.
IV 8: prima salutantes atque altera
continet hora, exercet raucos tertia
causidicos, in quintam varios ex-
tendit Homa lahores, sexta quies
lassis, septima finis erit; sufficit in
nonam nitidis octava palacstris,
imj^erat extructos franyere nona
toros: liora libellorum decima est,
Eupheme, meorum.
128 Auf dem forum Augusti be-
fand sich das pratorische Tribuual
und daneben eine Statue des ApoUo
aus Elfenbein, Plin. h. VII 183. Da
Apollo taglich Prozesse und Rechts-
entscheidungen anhoren mufs, wird
er rechtsgelehrt, iurisperitus. Wahr-
scheinlich ist auch Hor. s. I 9, 78
sic me servavit Apollo (d. h. das
Gericht) von jeuem Apollo ehoreus
zu verstehen. In den Spazier-
hallen desselben Forums waren die
Triumphalstatuen , Suet. Aug. 31
statuas omnium triumphali effigie
in utraque fori sui porticu dedi-
cavit.
130 Vgl. Plin. ep. II 7, 1 here
a senatu Vestricio Spurinnae prin-
cipe auctore triumphalis statua de-
creta est, non ita ut multis, qui
numquam in acie steterunt, num-
quam castra viderunt , numquam
denique tuharum sonum nini in
spectaciilis audierunt, verum ut
illis, qui decus istud sudore et san-
guine et factis assequebantur. Ara-
barches (das ist die beglaubigte
Lesart, nicht dXcc^d^^xrjg) war ein
Oberzoll- oder Steuerbeamter bei
den alexandrinischen .Juden (Cic.
ad Att. II 17, 3 wird Pompejus
spottisch so genannt). Hier denkt
man gewohnlich , freilich ohne
zwingeuden Grund, an Tiberius Ju-
lius Alexander, den Sobn des Ara-
barchen Alexander Lysimachus. Er
war von Geburt agj^ptischer Jude,
trat aber aus der Gemeinschaft
seiner Glaubensgenossen aus, wurde
romischer Ritter und Prokurator
yon Judiia und endlich Prafekt von
Agypten. Hier machte er sich ver-
dieut durch kriiftige Unterdriickung
eines blutigen Zwistes zwiscben
Griechen und Juden. Im J. 69 trat
er sofort zu Vespasiau iiber und
erhielt im jiidischen Kriege Von
Titus den Oberbefehl uber, samt-
liche Truppen.
131 Pers. I 113 pinge duos
anguis: 'pueri,,sacer est locus, extra
meite\ Wiener Antiken Nr. 153
quisquis in eo vico stercus non po-
suerit aut non cacaverit aut non
meiaverit, habeat illas propitias, si
neglexerit, vidcrit. Orelli n. 4781
hospes ad hunc tmnulum ne meias,
ossa precontur tecta hominis.
132 Trotz des Empfangs der Spor-
tula hofften die armeren Klienten,
wenn sie ihren Herrn nach Hause
zuriickgeleitet hatten, doch noch
auf eine Einladung zur cena. Viel-
fach geschah dies auch, wiewohl
natiiilich dic Wiinsche derKlienten
nicht immer befriedigt werden
konnten.
133 quamquam , sc. sit, vgl. zu
10, 34.
LlBRl I SATVIJA 1
17
rex horiim vaoiiisquo toris tantum ipso iacobit.
iiam do tot }uilcliris ot latis orbibus et tau\
autiquis uiui comeduut patrimouia meusa.
nuUus iam parasitus erit. sed quis terat istas
luxuriae sordes? quauta est gula, quae sibi totos
pouit apros, animal propter convivia uatum?
poeua tauiou praosons, cum tu dopouis amictus
turgidus et crudum pavouem iu baluoa portas.
hiuc subitae mortes atque intestata seuectus
et uova nec tristis per cuuctas fabula ceuas:
ducitur iratis plaudeudum fuuus amicis.
140
14.5
143 crudus P; crudum ^) 144 infestata Madvig, fort. intempesta
136 rex, zu 5, 14. — tantum ipse,
zu 95. Cic. in Pison. 67 Gracci sti-
pati , qnini in lectis, saepe plures,
ipse solus. Alles im Hause ist auf
Gastfreundscbaft eingericbtet, aber
die Polster bleiben leer, und der
Herr streckt sich allein hin, iacebit
wie 7, 79 contcntus fama iaceat
Lucanus in horiis marmoreis, 8,173
inrenies aliquo cum percussore iacen-
tem, 15, 43 ist iacere anf das Polster
{torus) selbst iibertragen;
137 orhis ist die runde Tisch-
platte aus kostbarem Citrusholz,
welche auf einem Fufse ruhte {mo-
tujpodia), auch mensae citreae ge-
nannt, Cic. Verr. IV 17. Die Piatten
waren Kunstwerke, und deshalb
wurde ihr Wert nicht nur nach
Umfang und Arbeit, sondern auch
nach dem Alter bestimmt {tam
atitiquis), obwohl hier aniiquis zu-
gleich eine satirische Beziehung
hat: von den vielen schonen nnd
breiten Tischen, an denen zur Zeit
der Vater Gaste in grofser Zahl
schmausten — zu diesf^m Zwecke
hatten sie die Vorfahren erworben
— , ist heutzutage bei dem Herrn
nur einer {una mcnsa) imGebrauch,
an dem dennoch ein solcher Schlem-
mer ganz allein das vaterliche Ver-
mogen verprafst. Es ist also de
totorhihus partitiv aufzufassen, vgl.
34. 66. 3, 123. 10, 28 de sapienti-
bus ctUer ridebat.
139 nullus — erit, Einwand des
reichen Filzes, at enim nemo iam
nohis parasitus molestus erit.
140 laxuriae sordes ist 6i,vyiWQ0v,
IVTBKAI,IS SaTVBAK.
Knickerei bei der grofsten Ver-
schwendung. Plin. ep. II 6, 7 igitur
memento nihil magis esse vitandum
quam istam luxuriae et sordium
societatem, quae cum sint turpissima
discreta ac separata, turpius iun-
guntur.
141 sq, Mart. VII 59 non eenat sine
apro noster, Tite, Caecilianus: bel-
lum convivam Caecilianus habet.
— prop)ter convivia wie 6, 469 illo
lacte fovetur, propter quod secum
comites educit ascllas. — praesens,
auf dem Fufse folgend, Hor. IV 5,
24 culpam poena premit comes.
143 Peis. 3, 98 turgidus hic epuUs
atque albo vcntre lavatur, gutture
sulpjureas lente exalanie mefites etc.
144 intestata senectus, das Alter
gelangt nicht zur Abfassung eines
Testaments, und die Kunde davon
verbreitet sich ohne Teilnahme von
Tisch zu Tiscb, von Haus zu Haus.
Es ist freilich nicht einzusehen,
warum der Schwelger iiberhaupt
zur senectus gelangen soll. Oder
soll intestata besagim, dafs er zur
eigentlichenseneciwsiiberhanptnicht
gelangt? Das kann in den Worten
nicht gefunden werden. Auch Mad-
vigs infestata senectus hilft der
Schwierigkeit nicht ab.
146 Der Leichenzug geht dahin
beklatscht (indera er beklatscht
wird) von den in ihrer Hoffnung
getiiuschten Freunden. Denn das
Vermogen gelangt nun an die
natiirlichen Erben oder an den
Fiskus.
18
IVVENALIS
iiil erit ulterius quod nostris moribus addat
posteritas, eadem facient cupieutque minores,
omne in praecipiti vitium stetit. utere velis,
totos pande sinus. dices hic forsitam "^unde
iugenium par materiae? unde illa priorum
scribendi quodcumque animo flagrante liberet
simplicitas?' cuius nou audeo dicere nomeu?
150
149 stetis P 150 dices P: dicas pa
147—171 Epilog: der Stolf zur
Satire ist reichlich vorbanden,
aber ebenso grofs ist die Gefahr
des Dichters. Dennoch soU der Ver-
such gemacht werden, wie weit der
Freimut wenigstens gegen Verstor-
bene gehen darf.
147 ulterius, dariiber hinaus, 9,
38 quod tamen ulterius monstrum
quam mollis avarus? Die Worte
eadem facierd minores (das jiingere
Geschlecht) beziehen sich auf Hor.
in 6, 45 damnosa guid non im-
minuit dies? aetas parentam peior
avis tulit nos nequiores, mox datu-
ros progeniem vitiosiorem. Jetzt ist
eine Steigerung gar nicht mehr
moglich, — aber Untergang?
149 in praecijnti auf dem Hohe-
punkt, von dem aus nur der Ab-
grund folgt; ebenso substantivisch
10, 107 unde aJtior esset casus et
imimlsae praeceps immane ruinae.
Hor. s. II 3, 2'J3 casus medicusve
levarit aegrum expjraecipiti, aua der
Krisis der Krankheit. — stetit, ist
zum Stehen gelangt, sodafs es wegen
des Abgrunds nicht mehr weiter
kann, nach der Analogie von pugna
stetit. — Zu utere velis vgl. Plin.
ep. Vni 4, 5 proinde iure vatum
invocatis dis et inter deos ipso
(Trajan, dessen bellum Dacicum er
schildern will), cuius res opera con-
silia dicturus es, inmitte rudentes,
pande vela (hier sinus velorum), ac
si quando aJias, toto ingenio vehere.
150 dices neben forsitan oder
forsan ist der Dichtersprache und
der silbernen Latinitat ganz ge-
laufig; bei Juv. noch 12, 125 omnia
soli forsan Pacuvio dabit und 14, 295
infelix hac forsitan ipsa nocte cadet
fluctuque premetur obrutus, sonst
gebraucht er den Konjunktiv, 5, 156
forsitan credas, 8, 113 forsitan de-
spicias, 11, 162 f. expectes, 14, 34
/. haec spernant. Mit dices wird bis
zu Ende der Satire ein formlicher
Dialog eingefuhrt, aliquem ex ad-
verso dicere fecit (Pers. I 44).
151 materiae . unde , derselbe Hia-'
tus wie 2, 26 Verri . homicida,
5, 158 gula . ergoumnia. Vgl. zu
3, 70.
153 simplicitas ist der natiirliche
oder naive Freimut, der gar nicht
dariiber nachdenkt, wie viel zu
aufsern gestattet ist, Plin. ep. III 4, 9
mihi aeque iucufu^a erit simpUcitas
dissentientis quam comprobantis
auctoritas, IV 14, 10 a simplicitate
tua (Ehrlichkeit) peto, ut quod de
libello meo dicturus es alii, mihi
dicas, vgl. 13, 35. Unter Domitian
war alle freie Meinungsilufserung
unterdruckt, Tac. Agr. 3 adempto
per inquisitiones etiam loquendi
audiendique commercio memoriam
quoque ipsam cum voce perdidisse-
mus, si tam in nostra potestate
esset oblivisci quam tacere, h. I 1
(von Nerva und Trajan) rara tem-
porum felicitate, ubi sentire quae
velis et quae sentias dicere licet. —
Die Worte cuius non audeo dicere
nomen (wie Lucilius, der sich iihn-
lich geaufsert haben soll) bis Mu-
cius an non sind Erwiderung des
Dichters, der aus dem Sinn und
""Geist des Lucilius heraus spricht,
vgl. Pers. I 114 secuit Lucilius
urbem, te Liipe, te Muci, et genui-
num fregit in iJIis, d. h. Milnner
wie L. Cornelius Lentuhis Liipus
(Konsul 156 V. Cbr.) und P. Mucius
Scaevola (Konsul 133 v. Chr.), deren
Namen noch jetzt in einzelnen
Fragmenten erscheinen, vgl. Hor. s.
II 1, 62—70.
LIBRT T SATS^ILV [
19
quid refert, dictis ignoscat Mucius an non?
'pone Tigelliuuui: taeda lucebis iu illa, 155
qua stantes ardeut qui fixo pectore fuiuant,
et latum ruedia sulcum deducit hareua.'
qui dedit ergo tribus patruis acouita, vehatur
pensilibus phimis atque ilhnc despiciet nos?
'cum veniet contra, digito compesce hibelhim: 160
accusator erit qui verbum dixerit "hic est".
securus licet Aenean Rutulumque ferocem
committas, nulli gravis est percussus Achilles
aut multum quaesitus Hylas urnamque secutus:
155 lucebit P 156 gutture pco 157 deducis j>ra 159 despi-
ciaet P despiciat 5 161 versum P verum p
155 — 157 eothalten die Er-
widerung des tingierten Gegners:
Was,- einen Mucius? Versuche es
und mache es wie Lucilius anch
nur mit einem Tigellinus, dem
schandlichen Helff^rshelfer des Nero
(Tac. XIV 41. 57. XV 50), und du
wirst sofort unter Martern und
Schmach das Leben enden! Der
Dichter befolgt schon hier den
170 sq. ausgesprochenen Grundsatz.
155 ponere vom Schriftsteller,
urspr. vom darstellenden Kiinstler,
Pers. I 70 poncre hicnm artifices,
Hor. IV 1, 20 te ^ionet marrnM-eam,
dann Liv. VII 2, 13 ludorum prima
orirfo ponenda visa est.
156 »qq. Die hiererwahnteStrafart
bezieht sich auf die Verfolgung
der Christen durch Nero nach dem
Brande Roms, Tac. XV 44 et pcr-
euntibus additd ludibria, ut fera-
riim ttrgis contecti laniatu canum
interirent, aut crucibus adfixi ac
(aut M; flcnnma circumdati taedaque
(flammaruli atque M), ubi defeeisset
dies, in nsum nocturni luminis ure-
rentur; diese tunica molesta (8,235)
war die Strafe fur Mordbrenner.
— in taeda = taeda circumdatus,
die mit Pech, Harz und Talg ge-
trankt war. — qua = in qua, qua
circumdati et (quae) media harena
deducit sulcum, da die Pfahle der
Reihe nach eingegraben waren
(defossis crucibus oder corporibus),
nnd zugleich das schmelzende Harz
und Pech in die Gruben herabflofs.
158 — 159 spricht der emporte
Diehter: Ich also soli wie ein Ver-
brecher behandelt werden, und der
Giftmischer darf auf weichem Pfiihl
sich behaglich durch die Strafsen
tragen lassen?
159 Cic. Verr. V 27 lectica octo-
plwro ferebatur, in qua pulvinus
erat perlucidus Melittnsis rosa far-
tus. — p>ensilis schwebend, vgl. 7, 46
pendent anabathra, 10, 134 buccula
pendens, 11, 82 rara crate sicci
terga suis pendentia.
160—170 gehoren dem Gegner.
161 accusator erit, sc. ei qui ver-
bum dixerit 'hic est^. Dieselbe El-
lipse bei Cic. de dom. 51 poena est
{sc.ei), qui receperit, de legg. II 21
quique non paruerit, (eij capital
esto. Niigelsbach, Stil. § 90, 3a. —
Pers. I 28 at pulchrum est digito
monstrari et dicier 'hic est\ ovtos
iy.etvog.
162 Eine Aneis, Achilleis etc.
bringt keine Gefahr.
163 sq. committere zum B[ampf zu-
sammeubringen , vgl. 5, 29 pugna
commissa. Achilles' Tod (Hom. II.
XXII 358 sagt der sterbende Hektor
cpQu^fo vvv (irj ToC zi ^iav ^tJviuu
yivcoaiiL jjuati. tw, ozs y.tv aa IIuQig
y.al ^ot§og 'AnoXXuiv ic&lov iovz'
oliawGi ivl 2Jy.ai7iGi nvlrjGiv) war
eine Episode aus den die llius fort-
setzenden nachhomerischenEpen. —
Die Trauer des Herkules um seinen
von den Nymphen in Mysien ihm
geraubten Liebling Uylas gehSrte
zur Argonautensage. — urnam secu-
tus, zu 10, 58.
2*
20
IVVENALIS
ense velut stricto quotiens Lucilius ai^dens
infremuit, rubet auditor, cui frigida mens est
criminibus, tacita sudant praecordia culpa.
inde irae et lacrimae. tecum prius ergo voluta
haec animo ante tubas, galeatum sero duelli
paenitet.' experiar quid concedatur in illos,
quorum Flaminia tegitur cinis atque Latina.
165
170
169 animaute tuba p anime ante tubas VaUa 170 qui P
171 legitur P
166 infremuit steht vom Schlacht-
ruf des Kriegers {ense stricto) Val.
Fl. I 717 Minoia frustra infremuit
manus. — rubet, denn allerdinga
war die Satire des Lucilius die
eines Censors , Hor. s. II 1 , 64
detrahere et pellem, nitidus qua
quisque per ora cederet, introrsum
turpis. Von Horaz dagegen sagt
Persius ganz richtig: omne vafer
vitium ridenti Flaccus amico tangit
et admissus circtmi praecordia ludit,
callidus excusso populum suspen-
dere naso. Juv. folgt mehr dem
Lucilius als Horatius.
167 Vgl. 13, 220 et quod prae-
cipuis mentem sudorihus urguet, te
videt in somnis, 3, 50 et cui fer-
vens aestuat occultis ■animus sem-
perque tacendis.
168 inde irae, Anspielung auf
ein bekanntes Wort des Ter. Audr.
126 hinc illae lacrumae, wo aber
die Thriinen wirklich geweint wer-
den, dann Cic. p. Cael. 61 und Hor.
ep. I 19, 41.
168 sq. Vgl. Verg. VI 157 Aeneas
maesto defixus lumina voltu ingre-
ditur linquens antrum caecosque
volutat eventus animo secum. So
urspriinglich cogitare cum animo,
dann animo oder jsectore, auch in
animo , aber dann ohne secum. —
galeatum, wenn einer einmal in
den Kampf eingetreten iat, Caes.
b. g. II 21 temporis tanta fuit
exiguitas hostiumque tam paratus
ad dimicandum animus, ut ad ga-
leas induendas tempus defuerit, b.
afr. 12 cum procul hostis conspici
posset, milites in campo iubet galeari
et ad pugnam parari. Denn wah-
rend des Marsches hing der Helm
um die Brust.
170 experiar: das Asyndeton er-
setzt eine Konjunktion = ego vero,
quidquid futurum est, experiar etc.
171 Die via Flaminia f ii hrte an den
Parkanlagen des Pompejus und des
Domitian voriiber nach Umbrien,
die Latina fiihrte nach Siiden, sich
links von der Appia abzweigend.
An der via Flaminia war das Grab-
mal des Pantomimen Paris, Mart.
XI 13; von Domitian sagt Suet.
17: cadaver eius Phyllis nutrix in
suhurbano suo Latina via funera-
vit, sed reliquias templo Flaviae
gentis clam intulit. An diesen und
an der via Appia waren die se-
pulcraJ}iQx beriihmtesten Geschlech-
ter. Ubrigens verspricht Juv. mit
dieser Bemeikung nicht etwa eine
historische Satire, sondern er deutet
an, dafs er zur Schilderung der
Zustande seiner Zeit, statt hervor-
ragende Manner aus ihr zu wah-
len, auf entsprechende Charaktere
der jiiugst vergangenen Zeit znriick-
greifen wolle.
LIBRT I SATVRA II
21
SATVRA II
Vltra Sauromatas fugere hinc libet et glacialem
Oceanum, quotiens aliquid dc moribus audent
qui Curios simulaiit et Bacchanalia vivuut.
iudocti primimi, quamquam plena omnia gypso
Sat. II
Die zweite Satire ^s-ird offc das
Gegenstiick der sechsten genannt:
wie dort die Weiber, so wiirden
hier die Miinner verurteilt. Allein
wiihrend iu der sechsten moglichst
alle Feliler und Siinden des weib-
lichen Geschlechts nacheinauder
vorgefiihrt werdeu und das ganze
Geschlecht selbst verworfen wird,
werden in der Miinnergatire haupt-
siichlicli nur zwei Ausartungen ge-
riigt, uud uicht die Miinner selbst,
sondern uur die ausgearteten Sub-
jekte verurteilt. Die erste Klasse
dieser Siinder sind die cynischen
Tugendhelden , die die Tngend im
Aufseren zur Schau tragen und im
Verborgenen {introrsum turpes) die
schimpflichsten Laster veriiben.
Selbst der niichterne Quintilian
pagt im Vorwort zum ersten Buch
§ 15: ac vetenun- quidem sapientiae
professorum multos ct honesta prae-
cepisse et ut praeceperint etiam
vixisse (z. B. Sokrates und Epikur)
facile concesserim : nostris vero tem-
porihus sub Jioc nomine maxima in
plerisque tntia latuerunt. non enim
virtute ac studiis, ut haberentur
philosophi , lahor.ahant , sed vultum
et tristitium et dissentientem a ce-
teris hahilum pessimis morihus ptrae-
tendehant. Dies ist das Thema des
ersten Teils unserer Satire (1 — 63).
Def zweite Teil (64—143) schildeit
die Verkommenheit der Weichlinge
jener Zeit. Die erste Klasse ist
darch ihre innere Unwahrheit und
aufrtere Heuchelei mit der zweiten
verbunden.
1—63 Erster Teil: die Tugend-
heuchler.
1 Vor diesen Heuchlem mochte
man fliehen zu den Wilden und
an das Ende der erstarrten Welt :
sounertraglich istdieUnwahrbaftig-
keit dieser Menschen. Die Sauro-
maten, die Bewohner des 8pS,ter
so genannton Sarmatiens, unifafsten
die Volkerschafteu , welche den
u()rdlichen Teil Europas und Asiens
bewohuten; sie werdeu 15, 125
truces uud neben den terrihiles
Cimhri und den inmanes Agathyrsi
genannt. Jeuseits der Sauromaten
denkt sich Juv. den Oceanus gla-
cialis oder das 7nare pigrum, d. h.
das Eismeer. Der Gedanke ist eine
kraftige Ausgestaltung von Hor. HI
4, 33 visam Britunnos hospitibus
feros etc.
2 audere aliquid ohne Inf. ist
hiiufig, z. B. 82. 10, 76. 6, 97.
8, 165. 15, 122, aber bis jetzt un-
belegt ist die Verbindung aliquid
de aliqua re audere, doch ist der
Ausdruck klar und verstiindlich.
3 Mart. VII 58 quaere aliquem
(zur Ehe) Curios sempcr Fahiosque
loquentem, hirsutum et diira rusti-
citate trucem: invenies, sed habet
tristis quoque turba cinaedos; diffi-
cile est vero nuhere, Galla, viro.
tJber M'. Curius Dentatus als Ur-
bild liindlicher Einfachheit vgl. 11,
78 und 2, 153. Der ianatisch-my-
stische Bacchuskult fiihrte schon
friihzeitig zu Privatmysterien, den
occulia et nociurna sacra, primo
paucis tradita, deinde volgari coepta
per viros mulieresque additae reli-
gioni voluptutes vini et epularum.
nec unum genus noxae, stupra pro-
misca ingenuorum feminarumque,
scd falsa signa testamentaque et in-
dicia ex eadem officina exibant.
Liv. XXXIX 8. Daher das bekannte
sc. de Bacchanalibus v. J. 186 v. Chr.
4 Erstens sind sie ungebildet
(indocti), obwohl sie ihre Wohn-
hiiuser, Villen und Giirten (plena
omnia) mit der Biiste des Chrysip-
pus, des litterarischen Vertrefcers
der Stoa, allenthalben schmiicken.
Ungebildet bleiben sie doch, denn
der hSchste Grad ihrer Gelehrsam-
keit int, dafs sie aufser Chrysippus
22
IVVENALIS
Chrysippi invenias-, nam perfectissimus horum,
si quis Aristotelem similem vel Pittacon emit
et iubet archetypos pluteum servare Cleanthas.
frontis nulla fides; quis enim non vicus abundat
tristibus obscaenis? castigas turpia, cum sis
inter Socraticos notissima fossa cinaedos?
hispida membra quidem et durae per bracchia saetae
promittunt atrocem animum, sed podice levi
caeduntur tumidae medico ridente mariscae.
rarus sermo illis et magna libido taceudi
atque supercilio brevior coma. verius ergo
et magis ingenue Peribomius; hunc ego fatis
10
15
5 horum est 2^00 16 peribomus P
sich noch die Biiste eines Aristo-
teles oder auch Pittakos kaufen,
nicht etwa die Werke der grofsen
Philosophen studieren, in sich auf-
nehmen uud verarbeiten.
6 smilem, sc. vultu, 14, 51 si
similem tibi se non corpore tantum
nec vultu dederit.
7 arcJietypos Cleanthas, originale,
d. h. Originalbiisten des Cleauthes,
nnd zwar nicht eine, sondern meh-
rere, wie er viele Biisten des Chrysip-
pus besitzt. Mit Originalen prunkte
man gern, obwohl sie sehr haufig
unecht waren, Mart. XII 69 sic tam-
quam tabulas scyphosque, Paule,
omnes archetypos habes amicos.
Cleanthes war Schiiler und Nach-
folger des Zeno und wurde durch
seine Vortrage, sowie durch seine
zahlreichen Schriften nachst Chry-
sippus der wichtigste Vertreter der
stoischen Lehre. — pluteus ist ein
Untersatz oder Gestell fiir die Biisten
an der Wand.
8 frontis, auf ihre Stirue (d. h.
ihr Aussehen) aber ist kein Ver-
lafs. Das Asyndeton kntipft an V. 4
indocti primum an, statt deinde
frontis nulla fides. Denn in jeder
Strafse findet man jetzt solche
tristes {okv&qcotiol), die aber obscaeni
(== cinaedi) sind, vgl. 6, 513 inyens
semivir, obscaeno facies reverenda
minori, 11, 174 obscaenae voces.
9 castigas ist Ausbruch des Un-
willens, denn die Schilderung selbst
schreitet V. 11 weiter.
10 Vgl. 9, 45. Die cinaedi sind
Socratici, weil sie aufserlich einen
Sokrates darstellen wollen, fast =
philosophisch.
11 Mart. II 36 nunc sunt crura
pilis et sunt tibi pectora saetis hor-
rida, sed mens est volsa tibi. VI 56
quod tibi crura rigent saetis et
pectora villis.
12 atrocem animum, d. h. einen
Cato, nach Hor. II 1 24 et cuncta
terrarum subacta praeter atrocem
animum Catonis.
13 mariscae (av-nu) Feigwarzen,
Geschwiire.
14 Das Schweigen ist Zeichen
des Ernstes, der gravitas, Hor. ep.
1 18, 6 asperitas agrestis, et in-
concinna yravisque.
15 supercilio, die Brauen. Vgl.
zu 5, 62.
16 mayis inyenue, weil er sich
nicht verstellt. Die Heuchelei ist
ein vitium servile. — Peribomius:
nomen archiyalli cinaedi, qui publicc
impudicitiam professus est. Schol.
Die GalU bildeten ein colleyium
sacerdotum fiir den Kultiis der Cy-
bele, und archiyallus war der Vor-
steher (apj^iE^fug) dieses Kollegs.
Diese Priester waren vielleicht ur-
spriinglich Hierodulen, vgl. 6, 512.
Solche mit den schiindlichsten
Lastern behaftete Menschen sind
immerhin ertraglicher als jene
Heuchler, sie wollen wenigstena
nichts anderes scheinen, als was
sie sind, — fatis imputo, rechne
dem Schicksal an, finde die Schuld
LlBKl 1 SATVRA 11
23
iiiputo, qui vultu morbum iucessuque fatetur.
horum simplicitas miserabilis, his furor ipse
(hit veuiam; sed peiores, qui talia verbis
Herculis iuvailuut et de virtute locuti
chmem agitaut. 'ego te ceveutem, Sexte, verebor?'
iufamis Varilhis ait 'quo deterior teV
loripedem rectus derideat, Aethiopem albus.
quis tulerit Gracchos de seditioue quereutes?
quis caehim terris non misceat et mare caelo,
si fur disphceat Verri, homicida Miloni,
Clodius accuset moechos, Catihna Cethegum,
in tabulam SuHae si dicant discipuli tres?'
qualis erat nuper tragico pollutus adulter
concubitu, qui tunc leges revocabat amaras
20
25
30
17 vultum P 30 revocabat P: revocarat poo
uicht im Mensclien, sondern in sei-
nem Geschick, vgl. 5, 14 impntat
Jiunc {cibiim) rex tt quamvis rarum
tamen imputat , G, 178 ut se tibi
}yt»ipir imputet, 15, 123 anne aliam
incidiam facercnt nolenti surgere
Nilo? Pers. I 33 caret culpa, nescit
quid perdat, vorher stupet vitio.
17 morbum fatetur, bekennt, lafst
erkenneu, 10, 172 mors sola fate-
tur, quantula sint hominum corpu-
scula. 15, 132 moUissima corda hu-
matu) generi dare se natura fatetur,
quae lacrimas dedit. Unter morbus
ist die Kastration zu verstehen,
vgl. 6, 512.
18 simplicitas, Gegenssiiz versutia.
Ein Beispiel dafiir giebt der Nae-
volus der neunten Satire.
19 peiores, 14, 56 cum facias
peiora.
20 sqq. verbis Herculis, mit keulen-
artigen Krattworten. Sextus und
Yarillus sind unbekannt; infamis
deutet auf eine Verurteilung des
Varillu8,die Infamie zurFolge hatte.
— deterior, tieferstehend, mehr der
Verachtung wert, 9, 122 deterior
tamen hic qui liber non erit iUis,
verachtlicher als die schlecbtesten
Sklaven, 10, 323 sive est hacc Oppia,
sive CatuUa deterior. Vgl. 3, 7.
23 loripedem krummbeinig, zu
10, 308. — Uber Aethiopem albus
vgl. zu 8, 33. 10, 150 = Neger.
25 Ausdruck der hochsten Ent-
riistung, 6, 284 clames licet tt mare
caelo confundas, Liv. IV 3, 6 quid
tandem est cur caelum ac terras
misceant, cur in me impctus modo
2)aene in senatu sit factus. Der Zu-
satz 7nare caeJo neben caelum terris
bezweckt augenscheinlich eiue ko-
mische Steigerung: das eine und
wieder das andere!
28 Die Triumvim Oktavian, An-
tonius und Lepidus werden witzig
Lehrlinge des SuUa in der Kunst
der Proskription genannt: Sulla
verstand es doch noch besser!
29 Ein Beispiel (qualis) solch
heuchlerischen Widerspruchs bietet
Domitian. Er verfiihrte seine Nichte
Julia, als sie an Flavius Sabinus
verheiratet war, und da sie Witwe
geworden, unterhielt er offentlich
rait ihr Umgang; schliefslich zwang
er ihr ein abortivum auf, woran sie
starb. Gleichwohl erneuerte er als
Censor die lex luJia dc aduJteriis,
liefs eine Vestalin lebendig be-
graben, andere streng bestrafen,
vgl. Mait. VI 2. 4. 7. 22. 45. 91.
Suet. XXII 8. — tragico , wie die
Greuel des Odipus in der Tragodie,
12, 120 etsl non sperut tragieae
furtiva piacuJa cervae, Prop. III 13,
29 tum me vel tragicae vexetis
Erinyes, Liv. I 46, 3 tuJit enim et
JRomana regia tragici sceJeris exem-
plum. — poUutus, wie 8, 218 nec
EJectrae iuguJo se polJuit.
24
IVVENALIS
omnibus atque ipsis Veneri Martique timendas,
cum tot abortivis fecundam lulia vulvam
solveret et patruo similes effunderet offas.
noune igitur iure ac merito vitia ultima fictos
contemnunt Scauros et castigata remordent?
non tulit ex illis torvum Laronia quendam
clamantem totiens "^ubi nunc lex lulia? dormis?'
atque ita subridens: -'felicia tempora, quae te
moribus oppouunt. habeat iam Roma pudorem,
tertius e caelo cecidit Cato. sed tamen unde
haec emis, hirsuto spirant opobalsama collo
quae tibi? ne pudeat dominum monstrare tabernae.
quod si vexantur leges clamore, citari
ante omnes debet Scautinia. respice primum
et scrutare viros. faciuut hi plura, sed illos
defendit numerus iunctaeque umbone phalanges:
magna inter molles concordia. non erit ullum
35
40
45
31 ipsi p 38 ad quem ? 43 clamore W, acturae P, ac iura ra
31 Anspielung auf die komische
Episode bei Hom. Od. VIII 267 sq.
33 offa, Embryo.
34 vitia ultima fiir homines vitiis
iiltimis polluti, wie wir sagen: Das
Laster triumphiert, 14, 175 aut
ferro grassatur saepius ullum hu-
manae mentis vitium, vgl. zu 6, 413.
35 Scauros, 6, 604 pontifices salios
Scaurorum nomina falso corpore
laturos, 11, 91 werden die Scauri
neben den Fabiern, dem durus Calo
und Fabricius als Muster strenger
Sitte genannt.
36 Es folgt eine Scene vor Ge-
richt: Laronia (unbekannt, der
Name noch Mart. II 32) repliziert
ihrem Anklager {castigata remordet).
— torviis mehr als tristis oder te-
tricus = grimmig, wild, schreck-
lich, 4, 147 torvi Sycamhri, 6, 643
quidquid de Colchide torva dicitur,
13, 50 torvus Pluton.
37 Cic. Phil. V 8 ubi lex Cac-
cilia et Didia? ubi promulgatio,
trinum nundinum? ubi poena re-
centi lege lunia et Licinia?
39 moribus, sc. labentibus, der
herrschenden Sittenlosigkeit, Cic.
Sest. 20 habto quem opponam labi
illi atque caeno (i. e. Gdbinio).
41 sq. haec, was ich hier an dir
sehe, den Balsam, der dir da am
Halse dnftet. — Der dominus ta-
bernae ist der Handler der Spe-
zereien. Schou Cic. Sest. 18 ver-
urteilt den Gabinius als imguentis
affluens, calamistrata coma.
43 sq. clamore vexantur, Anvch. laa-
tes Geschrei geweckt, aus dem Schlaf
aufgeriittelt werden, wie oben non
tidit clamantem. — Die lex Scantinia
bedrohte das stuprum cum masculo
{in molles et effeminatos, qui ne-
funda venere uterentur) mife einer
kapitalen Anklage, Cic. fam. VIII
12, 14, und von Domitian berichtet
Sueton (c. 8): quosdam ex utroque
ordine lege Scantinia condemnavit.
45 faciunt plura, sc. contra legem,
Prop. III 30, 44 si contra morcs
una puella facit. — Der Wechsel von
hi — illos, obwohl dieselben Per-
sonen gemeint sind, entspricht dem
ungekiinstelten Volkston und er-
scheint darum am hiiufigsten im
Komodiendialoge, vgl. Lorenz za
Plaut. mil. 22.
46 iunctae umbone = densatac,
wo sich Schild an Schild, Mann
an Mann reiht, Hom. II. XVI 214 ©s
aQGQOv KOQvd'^? T£ y.cci ccaniSsg
oficpccXosGCcci. aanl$ cxq' danid' fQSidi,
HOQVg ■KOQVV, dvsQcc 6' dv^Q.
47 molles, hier von Mannern,
6, 91 von Frauen, = parxim pudicos.
LIBRI I SATVUA II
25
exeiiiplum in nostro tam detestabile sexu.
Meilia nou lambit Cluviam uec Flora Catullani:
Ilispo subit iuvenes et morbo pallet utroque.
numquid nos agimus causas, civilia iura
novimus aut uUo strepitu fora vestra movcmus?
luctantur paucae, comeduut colyphia paucae.
vos lauam trahitis calathisque peracta refertis
veUera, vos teuui praegnantem stumine fusum
Penelope melius, levius torquetis Arachne,
horrida quale facit residens iu codice paelex.
notum est, cur solo tabulas impleverit Hister
liberto, dederit vivus cur multa puellae.
dives erit, magno quae dormit tertia lecto.
tu nube atque taoe: donant arcaua cylindros.
50
55
60
49 mevia j) tedia co Y edia Herviann 50 hispo^m.- hi+po P hippo S
49 Der Name Media ist unbe-
kannt und schwerlich romisch.
Ebensowonig wissen wir von Cluvia
(1, 80 Chivienus). Flora ist dem
Namen nach eine meretrix, Catulla
dieselbe wie 10, 322 und vielleicht
Mart. VII[ 53, wo sie for^nosissima
und zugleich vilissiina quae fucre
vel sunt genannt wird. HisiJO kaun
rait deni Konsul des J. 104 nichts
gemein haben,- da er zur Zeit der
Abfassung der Satire noch gelebt
haben wiirde, vgl. Mommsen im
Herm. IV 45.
50 morbo utroque, er mifsbraucht
und lafst sich mifsbrauchen , ist
paedicator und pathicus. Zu pallet
vgl. 1, 43.
51 numquidnos hat zum Gegen-
aatz vos V. 54 — iura: doch heifst
es 6, 244 componunt ipsae per se
fonnantque libeUos. Aber unsere
Satire zeigt eben, dafs viele der in
der sechsten erwahuten Auswiichse
nur Ausnahmen waren.
53 colyjjhia (ii(o).v(piov) Hiiften-
stucke, kraftige Fleischkost der
Athleten, Mart. VII 67, 12 cum
colyphia sedecim comedit. Dagegen
wird die Neigung zu Fechtiibungen
6, 246 sq. hervorgehoben.
54 An Juv. erinnert Claud. in
Eutr. I 497 eunuchi si iura dabunt
legesque tenebunt, ducant pensa viri
mutatoque ordine rerum vivat Ama-
zonio confusa licentia sistro.
bb vellera peracta ist die ge-
krempte Wolle, welche in einem
Korbchen(ca/fl</ms) in Kniluel iiber-
einandergelegt wurde. — praegna-
tem stamine fusum, die vom Faden
schwellende Spindel.
56 Auch 10, 344 findet sich melius
levixisque verbunden, aber in an-
derem Sinne. Der Chiasmus ersetzt
hier que.
hl horrida = incuHa, Qvnagag
SiayiiLfiivr}. Sie ist an einen Block
{codex) gebunden. Die anciUa heifst
paelex, weil der dominus Gefallen
an ihr gefunden hat; sie wird da-
fiir von der matrona bestraft.
58 tabulas, das Testament. Hister
hat mit dem Erbschleicher Hister
Pacuvius 12, 111 nichts gemein.
Hister unterhiilt mit einem libertus
schandlichen Umgang und macht
ihn dafiir zum Universalerben. Er
hat eine junge Frau, puella (6, 258),
aber er mufs den Umgang mit ihr
dem libertus iiberlassen. Die Si-
tuation ist genau dieselbe wie 9,
74—80.
60—61 Wenn ihr Frauen hei-
ratet, so seid darauf gefafst, dafs
eure Manner ver brecherischenLiisten
fronen; lafst es euch aber gefal-
len, denn dann werdet ihr mit Ge-
schenken iiberhauft! Die cylindri
sind edele Steine in Cylinderform
geschUSen; sie wurden in jener
Zeit besonders gern zu. Halsketten
verwendet. Hier iiberhaupt =
Schmuck von Edelsteinen.
26
IVVENALIS
de nobis post liaec tristis sententia fertur?
dat veniaui eorvis, vexat censura columbas.'
fugerunt trepidi vera ac manifesta canentem
Stoicidae; quid enim falsi Laronia? sed quid
non facieut abi, cum tu multicia sumas,
Cretice, et banc vestem populo mirante perores
in Proculas et Pollittas? est moecba Fabulla;
damnetur, si vis, etiam Carfinia: talem
non sumet damnata togam. ''sed lulius ardet,
aestuo/ nudus agas: minus est insauia turpis.
en babitum, quo te leges ac iura ferentem
65
70
71 infamia <5
63 corvi und cdlumbae werden
sprichwortlich wie Schwarz und
Weifs, Schuld und Unschuld ein-
ander gegfeniibergestellt, ohne jede
weitere Nebenbeziehung.
64 — 142 Die unnatiirliche und
naturwidrige Sittenlosigkeit vor-
nehmer Manner.
64 manifesta, unleugbar, weil es
wie ein crimcn manifestum tiiglich
mit Augeu zu sehen und mit Hiin-
den zu greifen war, 14, 136 cum
furor haud dubius, cum sit mani-
festa phrenesis. — canentem, often-
barte, denn Laronia sprach in
hoherer Begeisterung, wie eine Si-
bylla, 8, 126. VgL zu 15, 26: solus
haec Ithacus canehat.
65 Stoicidae, Stoas Sohne; komi-
sche Bildung nach Analogie von
Aeacides. — quid non facient , zu
1, 119.
66 multicia, TtoXvGna&rj oder Is-
7iToa7ta&ri, fein gewebte, weiche
oder durchsichtige Stoffe, vgl. 78 Gre-
tice perluces. Zuerst trugen die
vestis Serica Libertinen, Hor. s. I
2, 101. C. IV 13, 13, dann Matro-
nen und endlich Manner (I 27), zu-
letzt sogar vor Gericht. Tiberius
erliels dagegen einVerbot, ne vestis
Serica viros foedaret, Tac. II 33.
67 Cretice, also ein Mann, der
einen stolzen grofsen Namen fiihrt.
Daa Volk staunt iiber sein Kleid,
weil cs immer nur eine Ausnahme
von der Regel bildete. Die Sitteu-
verderbnis herrschte nur in den
hoheren Standen.
68 in Froculas et Pollittas, d. h.
gegen Ehebrecherinnen. Creticus
ist effriger Anklager, seitdem Do-
mitian die lex lulia de adulteriis
erneuert und verscharft hat. Fa-
hulla und Cdrfinia waren jeden-
falls veruiteilte adulterae, die als
feminae prohrosae (Suet. Dom. 8)
bekannt waren. Die Namen Fahulla
und Lahulla kommen bei Martial
ofter vor, die eine als Kokette, die
andere auch als moecha; Carfinia
dagegen wird nicht erwiihnt.
70 Die romische Matrone tragt
die stola, d. h. eine tunica mit der
instita. Die meretrices dagegen und
die prohrosae feminae (d. h. iudicio
puhlico damnatae) mufsten die toga
merctricia tragen, wie zu Athen
die Hetaren durch bunte Kleider,
av&Lva, ausgezeichnet waren. Mart.
II 39 coccina famosae donas et ian-
thina moechae: vis dare quaemeruit
munera, mitte togam. — sed — ardet,
zu 6, 279. lulius ardet wie luppiter
pluit.
71 nudus agas, tritt in der Tunika
auf: dann wird man dich fiir in-
sanus halten, aber Tollheit ist nicht
so schiindlich als naturwidrige
Weichlichkeit. Ja (72—74) in alter
Zeit war diese Tracht sogar ganz
gewohnlich.
72 en hahitum, 6, 531 cn animam
et mentem, cum qua di nocte lo-
quantur, 9, 50 en ciii tu viridem
umhellam, cui sucina mittas grandia.
Es ist alsp uach en (meist mit Acc.
eines Substautivs) ein relativischer
Eigenschaftssatz mit Konjunktiv
wesentlich, daher hier audirct. Zu
LIHRI 1 SATVKA U
27
vulueribus crudis iiopulus moilo victor vt illiul
moutanuui jtositis luuliret vulgus aratris.
(luid uon proclauies, iu corpore iutlicis ista
si videas? quaero, au deceant tuulticia testeui.
acer et indouiitus libertatisque magister,
Cretice, perluces. dedit hanc coutagio labem
et dabit in plures, sicut grex totus in agris
uuius scabie cadit et porrigine porci
uvaque conspecta livorem ducit ab uva.
toedius boc aliqiiid quandoque audebis amictu;
uemo repeute fuit turpissimus. accipient te
paulatim, qui longa domi redimicula sumunt
75
80
76 deceat F 80 porrigiue pw: prurigine P 82 audclit F
quo ist Jiabitic zu ergiinzen. An Me-
ueuius Agrippa allein ist hier nicht
zu denken, es wiid vielruehr eine
Sitte der altesten Zeit uberhaupt
hervorgehoben.
74 mmtanum vulgiis, ursiir. die
Bewohner der drei palatinischeu
Bezirke, gegenviber den coUini, den
Bewohnern des Quirinalis und Vimi-
nalis, dann im weiteren Sinne die
ganze Biirgerschatt der Urzeit, die
noch den Pflug fiihrte, vgl. Hor.
III 0, 37-44.'
75 ijrodamare um Hiilfe rufen,
protestieren , weil die personliche
Freiheit bedroht erscheint, dann
iiberhaupt Ausdruck heftiger Ent-
riigtung, Petron. 81 verberabam
aegrum planctibus pectus et inter
tot altissimos yemitus frequenter
etiam procJanXaham: ergo me non
ruina terra potuit liaurire? non
iralum etiam innocentibxis mare?
76 Welche Gewissenhaftigkeit
liifst sich von einem Zeugen er-
warten, der im Florkleid erscheint?
Du trittst in solchem Kleide offent-
lich auf, Creticus, und doch ge-
biirdest du dich als strengen Moral-
prediger der alten Zeit und Sitte
(Jibertatis). Das ist Schamlosigkeit!
78 dedit et dabit, entspricht dem
Pathos der Volkssprache, z. B. Plaut.
merc. 446 numquam edepol fuit ne-
que fiet, ib. 539 neqtie est neque erit,
700 nec fiet nec fuit.
80 porrigine 'Grind', genau be-
schrieben von Cels. VI 2, vgl. Hor.
s. II 3, 120 caput inpexa foedum
jiorriginc.
81 conspectum, dem conspicuum
verwandt, ist immer das in die
Augen Fallende, das Auffalleude,
leicht Bemerkbare, wie 8, 140 omne
animi vitium tanto conspectius in
se crimen liabet, quanto maior qui
peccat habetur , denn solche Men-
schen tamquam in luce collocati
sunt, Liv. XXXIX 6 vix tamen illa
quae tum conspjiciebanlur (Aufsehen
erregten) , semina erant futurae
luxuriae. So i?t hier die aufsen am
Weinstock hervorragende und be-
raerkbare Traube uvu conspecta
genannt, tamquam in luce posita;
sie reift und fiirbt sich zuerst, nach
ihr folgt eine um die andere, uva
ab uva Uvorem ducit.
82 quandoque = quandocumque,
vgl. 14, 51 nam si quid dignum
censoris fecerit ira quandoque, 5,
172 pulsandum j)raebebis quundoque
caput. Dieser Gebrauch ist nach-
klassisch.
83 repjente, 'mit eiuem Schlage',
Cic. Sulla 69 neque enini potest
quisquam subito /ingi, neque cuius-
quam rcpente vita muturi aut na-
tura converti.
84 Es waren Milnner, ein form-
licher geheimer Orden, die unter
sich das Frauenfeet der Bona Dea
mit allen Ceremonieen feierten.
Diese Miinner wollen als Weiber
erscheinen: sie umwinden die Stirn
mit Kopfbinden (rrdimicula) und
28
IVVENALIS
frontibus et toto posuere monilia eollo
atque bonam tenerae placant abdomine porcae
et magno cratere deam. sed more sinistro
exagitata procul non intrat femina limen:
solis ara deae maribus patet. 'ite profanae'
clamatur 'nullo gemit hic tibicina cornu.'
talia secreta coluerunt orgia taeda
Cecropiam soliti Baptae lassare Cotyto.
ille supercilium madida fuligine tinctum
obliqua producit acu pingitque trementes
attollens oculos; vitreo bibit ille priapo
reticulumque comis auratum ingentibus implet
caerulea indutus scutulata aut galbina rasa
et per luuonem domini iurante ministro;
ille tenet speculum, patliici gestamen Othonis,
Actoris Aurunci spolium, quo se ille videbat
armatum, cum iam tolli vexilla iuberet —
res memoranda novis annalibus atque recenti
85
90
95
10.0
92 cotyton PS Cotytto volgo 93 tactum oj 97 scutula aut P
schmiicken den Hals mit Ketten
{monilia).
86 Das Fest begann mit einem
Ferkel- oder Suhnopfer und auf
dem Tisch stand verdeckt der Wein-
krug, den man euphemistisch Honig-
krug {mellariimi) nanute, weil den
romischen Frauen in LUtester Zeit
der Genufs des Weines streng ver-
boten war.
88 exagitata fortgescheucht. Ein
wirkliches Weib davf nicht die
Schwelle betreten, sie selbst wollen
Weiber sein. Das Gegenbild wird
6, 314 sq. geschildert.
91 In dem orgiastischen Kult
und in der Ausschliefsung des an-
derenGeschlechts warendieWinkel-
mysterien den Orgien der thraki-
schen Kotys oder Kotyto {Kozvtco)
ahnlich, deren Anhang, die Bdnrai,
von Eupolis in einer Komodie glei-
chen Namens verspottet und als
TQLxcov Ttldaxai, molles und calami-
strati, als geschniegelte Lustbuben
geschildert worden sind.
92 Cecropiam, weil sie iu Athen
Aufnahme und Verehrung gefunden
hatte.
93 Mit ille — ille — ille werden
nun drei Bilder des Thuns und
Treibens dieser unnatmiichen Man-
ner vorgefiihrt. Der eine Weichling
sncht auf kiinstliche Weise seinen
Augenbrauen und Augenwimpern
durch Bemalen ein stattlicheres
Ansehn zu geben. Er bestreicht sich
das obere Augenlid mit Bleiglanz
{fuligo) und bemiiht sich mit einer
Sonde {acu obliqua) die gefarbten
Branen zu erweitern, und . das
zitternde Auge gewaltsam auf-
schliefsend trankt er es (d. h. die
Augeuwimpern) mit Farbe.
95 Ein anderer trinkt aus gla-
sernem Phallos {'priapo ist abl.
instrum. wie 12, 47) und legt das
lange Haar in ein goldenes Netz,
zugleich angethan mit dunkler
wellenformiger Seide {scutulata sc.
veste) oder einem glatten griinlich-
gelben Gewande, wahrend der Diener
bei der Juno seines Herru schwort.
99 Ein dritter hillt einen Metall-
spiegel vor das Gesicht, wie ein
solcher der stete Begleiter des Otho
war — Parodie des virgilischen
(ITI 286) clipeus magni gestamen
Abantis -7; auch Actoris Aurunci
spolium ist aus Verg. XII 94 , aber
dort validam vi corripit liastam!
102—109 ist Parenthese, veran-
LIBRI l SATVRA 11
29
historia, speculum civilis sarcina belli.
uimirum summi ducis est occidere Galbam
et curare cutem, summi coustantia civis
Bedriacis campis spolium adfectare Palati
et pressum in facie digitis exteudere i)anem,
quod nec in Assyrio pharetruta Samiramis orbe,
maesta nec Actiaca fecit Cleopatra carina — .
hic nuHus verbis pudor aut reverentia mensae,
hic turpis Cybeles et fracta voce loquendi
libertas et criue seuex fanaticus albo
sacrorum autistes, rarum ac memorabile magui
gutturis exemplum conduceudusque magister.
105
110
106 bebriacis Pco: correcit B 107 facie* P
lafst durch die Indignation des
Dichters bei der Erinnerung an
dieses Ereignis. Othos Charakter
war ein seltsames Gemisch von
Leichtsinu und Ehrgeiz, von cina-
discher ^Veichlichkeit (Suet. 12
fuisse munditiarum paene mulie-
bri^im, vuJso corpore, galerico capiti
adaptatoetadnexo)Mndihoc\ih.Qxz\giiV
Geistesstarke (Tac. h. I 22).
102 Die annales sind novi, wie
sie friiher nicht geschrieben wur-
den, denn ihr Stotf ist mutato re-
rum ordine ein ganz anderer ge-
■worden, und sind zugleich {atque)
die Geschichte der jvingsten Zeit
{recem Idstorid). Da Tacitus das
speculum des Otho nicht erwilhnt,
80 ist kein Grund zn der Annahme
vorhanden, dafs Juv. gerade ihn
vor Augen gehabt babe.
105 summi comtantia civis er-
innert an die letzte Ansprache
Othos an seine Olfiziere (Tac. h.
II 47): tiec diu moremur , ego in-
columitatem vestram,vos constantiam
meam. Und dafs er Rom vom Biirger -
krieg durch eigene Selbstaufopfe-
rung erlosen will, das ist die Helden-
that honi civis, non ducis.
106 Bedriacis campis, in der
Umgegend von Bedriacum: ititer
Veronam Cremonamque situs est
vicus, duahus iam liomanis cladibus
notus infaustusque Tac. h. II 2.3. —
spolium Palati, der Gen. bezeichnet
den Inhalt von spolium. Dieses
soUte bei Bedriacnm erst errungen
werden.
107 Eitle Frauen pflegten abends
vor Schlafengehen sich iiber das
Gesicht einen Teig von Brot, das
in Eselsmilch aufgeweicht war,
legeu zu lassen, vgl. 6, 461. Otho
ahmte in seiner Eitelkeit diese Sitte
nach, Suet. 12 quin et facicm co-
tidie rasitare ac pune madido linere
consuetum, idque instituisse a prima
lanugine, ne barbatus umquam esset.
108 Semiratnis war als weichliche
Asiatin dem Romer verachtlich, da-
her Cic. prov. cons. 9 an vero in
Syria diutius est Semiramis illa
(d. h. A. Gabinius) retinenda? Se-
miramis und Cleopatra treten beide
im Kriege auf, jene heiter und froh-
lich, rait dem Kocher bewaifnet,
wie eine Amazoue oder .Jagdge-
fahrtiu der Diana, diese iiber den
schlimmeu Ausgang des Kampfes
betriibt oder die Niederlage ahnend.
Vgl. Ovid. Trist. IV 2, 44 et ducis
invicti suh pede maesta sedtt Ger-
mania, Prud. S. II 354 quasdam
victa dedit Gleopalra effigies.
110 — 114 Die Darstellung des
Festes geht nunmehr weiter, aber
nicht in Einzelbildern, sondern iu
zusammenfassender Schilderung.
110 mensae, des Opfertisches mit
dem grofsen Mischkrug, vgl. zu 86.
111 Cybeles libertas, es herrscht
die Ungebnndenheit, wie sie in dem
orgiastischen und leichtfertigen Kult
der Cybele mit ihren Galli iiblich
zu sein pflegt. Daher fiihrt ein
Archigallus (6, 518) den Vorsitz.
114 gutturis exemplum, eine merk-
30
IVVENALIS
quid tamen expectant, Phrygio quos tempus erat iam
more supervacuam cultris abrumpere carnem?
quadringenta dedit Gracchus sestertia dotera
corniciui, sive liic recto cantaverat aere;
signatae tabulae^ dictum 4*eliciter'^ ingens
cena sedet, gremio iacuit nova nupta mariti.
o proceres, censore opus est an haruspice nobis?
scilicet horreres maioraque monstra putares,
si mulier vitulum vel si bos ederet aguum?
segmenta et longos habitus et flammea sumit,
arcano qui sacra ferens nutantia loro
sudavit clipeis ancilibus. o pater urbis,
115
120
125
■wiirdige Gurgel, d. b. Trunkenbold,
ahnlich wie 1, 140 qtianta est gula,
quae sibi totos ponit apros. Vgl.
Plaut. mil. 835, wo Lucrio sagt,
er habe nicht gehen konnen, qriia
enim opsorhui: nam nimis calebat,
amburehat gutturem (bei Juv. Neu-
trum 13, 162). Der archigaUus ver-
diente als Lehrmeister dieser Kunst
angestellt zu werden, Plin. ep. IV
13, 7 parentibus solis ius conducendi
{magistri eloquentiae) relinquatur,
das Anstenungsrecht.
115 — 116 Solche weibische Man-
ner soUten nur auch vollig Galli
werden (Claud. XVIII 280 inguinis
et reliquum Phrygiis abscindere
cultris) und wie diese sich kastrieren
= quid exspectant : iam dudum de-
bebant supervacuam carnem cultris
abrumpcre, wie 3, 163 debuerant
olim migrasse, Mart. IV 33 ^edent
heredes ' inquis ' mea carmina ' .
Quando? tempus erat iam te, Sosi-
biane, legi (d. h. gestorben zu sein,
mortmim esse), Hor. I 37, 4.
117 — 135 Ist es doch bereits so
weit gekommen, dafs sich solche
Menschen in aller Form an andere
verheirateu. So vermahlte sich Nero
im J. 67 mit dem entmannten Spo-
rus, den er seine Sabiua nannte.
Suet. 28.
117 quadringenta , der Ritter-
census, war die libliche Mitgift der
Senatorentochter. Eine Million er-
wahnt Mart. XI 23 und XII 75 nur
im hyperbolischen Sinne.
118 sive hic, wie 8, 26 salve Gae-
tulice, seu tu Silanus, Hor. s. II
6, 20 Matutinc pater, seu lane li-
bentius audis. Aus diesem Beispiel
ergiebt sich, dafs hier der Zusatz
eine komische Wirkung erstrebt,
denn das rectum aes ist die tuba,
der tuhicen aber steht nicht hoher'
als der cornicen.
119 tabulae der Ehekontrakt, 10,
336 venitt cum signatoribus auspex.
Wegen eines gliicklichen Ereignisses
begriifste man den Freuud mit
dein Zuruf feliciter oder feliciter
quod agis, Sen. ep. 67, 13.
120 cena sedct, zu 1, 96.
124 segmenta sind Aufsatz- oder
Einsatzstiicke von rechteckigem,
kreisformigem oder streifartigem
Schnitt, meistens von Purpur, mit
Gold gestickt, welche auf Zeuge
aufgeniiht oder so eingeniiht wur-
den, dafs die Unterlage ausgeschnit-
ten werden konnte. Hier sind vestes
segmentatae, wie unter den longi
habitus die stola mit der instita
zu verstehen. Das flammeum war
ein viereckiges, feuerfarbenes Kopf-
tuch, das auf den Seiten und hinten
herabfallend das Gesicht freiliefs,
und von der Braut am Hochzeits-
tage getragen wurde, vgl. 6, 225.
1 25 sq. Umschreibung des salischen
Priesteramtes. An deu Kiemen wurde
der Schild {ancile) uber dem Arm
getragen. Das lorumheiki arcanum,
weil es ebenso wie das ancile ge-
weiht war. Das Priesteramt der
Salier gehorte zu den altehrwiirdig-
sten und durfte nur von Patriziern
bekleidet werdeu. — Die Apostroi^he
0 pater urbis wie 6, 393 dic mUti
nunc, quaeso, dic, antiquissime di-
vu)u , respondes his, Jane pater?
LIBRI I SATVRA II
31
imde uefas taiitum Latiis pastoribus? uiule
huee tetigit, Gradive, tuos urtica uepotes?
traditur eece viro clarus genere atque opibus vir,
nec galeam quassas, uee terram cuspide pulsas, 130
uec quereris patri? vade ergo et cede severi
iugeribus campi, qtiem neglegis. 'otfieium cras
primo sole mihi peragendum in valle Quiriui.'
quae causa otticii? 'quid Cjuaeris? uubit amicus
nec multos adhibet." liceat modo vivere: tient, 135
tient ista palam, cupieut et in acta referri.
130 nec quereris patri nec tervam cuspide quassas Priscianus GLK.
III p. 275 et 3.Q0 133 iu valle colle Quirini PS
Der pafer urhis ist Quirinus; zu
ihm gesellt sich Gradivus oder
Mars. Wie Komuhis und Remns
Sohne des Mars (Hor. III 3, 31\ so
sind die Romer als Nachkommen
des Romulus Enkel des Mars. Die
Frage nach dem Grund des Ubels
wird angeregt, hior aber noch nicht
beantwortet. Die Antwort ertolgt
erst 6, 286—300.
129 traditur ecce , Vergegen-
wiirtiguDg eiues ganz auffallendeu
Ereignisses, wie 4, 1 ecce iterum
Crispinus, 5, 67 ecce alius, 12, 24
fjenus ecce aliml discriminis audi,
5, 166 ecce dahit iam semesnm le-
porem, 6, 511 ecee furentis Belhmae
matrisque deum chorus intrat, 8, 203
movet ecce tridentem. — urtica,
ubertragen wie 11, 108 irritamentum
Veneris languentis et acres divitis
urticae.
130 galeam quassas, denn bei sol-
chem Anblick mufste er vor Zorn
autfahren nnd dabei Haujjt und
Uelm bewegen , Claud. in Eutrop.
III 109 vom Gradivus : suhrisit cru-
dele j)ater cristisfiue micuntem ('AQTig
v.OQv^aCoXoq) quassahnt galeum. Im
Zorn stofst femer Mar.s mit dem
Speer auf die Erde. Denn cuspis
wird ftir ha.sta gebraucht, auch wo
sie nicht als verwundendes Instru-
ment gedacht wird, Verg. XII 386
alternos longa nitentem cuspide
gressus, Liv. VIII 7, 11 excussit
equitem, qtiem cu.^pide parmaque in-
nixum, attoUentem se ah gravi casu,
Manlius ah iugulo terrae adftxit.
131 patri, dem Jnppiter, mit
Rncksicht auf die ahcliche Situation
in der Ilias V 872 sq. Der Cam-
pus ist dem Mars geweiht als denk-
wiirdige Stiitte der severitas, welche
die alten Romer gegen die Tar-
quinier iibten, deren lihido gegen
Lucretia doch viel geringer war
als die sittlicheu Ausschreitungen
des jetzigen Adels.
132 Der Vorfall ist so monstros,
dafs der Dichter davon nicht los-
kommen kann. Wie er eben die
i^achsicht des Gottes tadelte, so
verurteilt er jetzt die Schwache der
Menschen, die sich schnldig machen,
weil sie solchen Frevel dulden und
nicht verabscheuen. Er begegnet
einem Romer, der ihm mitteilt, dafs
er morgen in aller Friihe ein officium
zu besorgeu habe. AIs ob es in
diesem Falle ein officium geben
konnte! Als ob er sich daniit nicht
zum Mitschnldigen machte! .la der
Mensch fiihlt sich ob derEinladung
geschmeichelt {nec multos adhihet,
vgl. 5, 16), als ob die Beriihrung
solchen Frevels nicht Schmach und
Siinde ware. Selbst das unnatiir-
liche Wort nuhit amicus bringt er
ohne Bedenken iiber die Lippen,
als ware die Sache natiirlich und
iiblich. Und das alles geht an der
Statte vor sich, die an C^uirinus
erinnert!
135 liceat modo vivere, wenn mir
nnr das Leben vergonnt ist, so
werde ich es noch erleben, dafs etc.
Denu Verbrechen, denen man solche
Nachsicht8chenkt,mu8senmitra8en-
der Schnelligkeit um sich greifen.
136 Familienereignisse, die den
Personenstand betrafen, wie Ge-
32
IVVENALIS
interea torraentum ingens uubentibus Kaeret,
quod nequeant parere et partu retinere maritos.
sed melius, quod nil animis in corpora iuris
natura indulget: steriles moriuntur, et illis
turgida non prodest condita pyxide Lyde,
nec prodest agili palmas praebere luperco.
[vicit et hoc monstrum tunicati fuscina Gracchi,
lustravitque fuga mediam gladiator harenam
et Capitoliuis generosior et Marcellis
et Catuli Paulique minoribus et Fabiis et
omnibus ad podium spectantibus, his licet ipsum
admoveas, cuius tunc munere retia misit.]
140
145
140 inorientur a 146 catulis j)aulisque pco
burten, Verheiratungen , Eheschei-
dungen, liefs man durch den amt-
lichen A nzeiger {aeta diurna, publica,
urbana, populi) bekannt niachen,
wenn man die von der Lex lulia
und Papia Poppaca bestimmten
Belohnungen oder iiberhaupt recht-
liche Autorisation erstrebte, vgl.
9, 84 toUis enim {filios) et libris
actorwn spargere gaudes argumenta
viri, 6, 483 longi relegit (die Haus-
frau) transversa diurni.
137 interea, inzwischen, indessen
doch, ist bei Juv. oft zur reinen
Adversativpartikel geworden, z. B.
6, 508 nuUa viri cura interea, 1, 135
optima silvarum inferea pelagique
vorabit rex horum, 3, 261 domus
interea secura pateUas iam lavat,
5, 120 struetorem interea saltantem
spectes, 6, 149 interea calet et regnat,
236 abditus interea latet et secretus
adulter, 424 convivae miseri interea
somnoque fameque urguentur, .8, 155
interea iurat Eponam (im Gegen-
satze zu dum more Numae inven-
cum caedit), 10, 342 interea tu ob-
sequere imperio, 11, 14 interea gustus
elementa per omnia quaerunt, 193
interea Megalesiacae spectacula map-
pae colunt, 14, 138 intcrea pleno
dum turgct sacculus ore, crescit
amor nummi.
138 nequeant, der Konjunktiv
driickt die Gesinnung der mibentes
aus. Den Juv. ahmt nach Claud.
in Eutrop. I 72 femina cum senuit,
retinet comibia partu uxorisque
decus matris reverentia pensat.
141 turgida, indem auf Lyde
selbst ubertragen wird, was sie
wirkt. Die Lyde miissen wir uns
nicht als tmguentaria, sondern als
venefica denken, vgl. 6, 596 huius
tantum medicamina possunt, quae
steriles facit atque homines in ventre
necandos conducit, denn solche Leute
verstehen die eiqe und die'andere
Kunst.
142 Diebei denLuperkaliennackt
herumlaufenden und nur mit eiuem
Schurz bekleideten Luperci neckten
die Vorubergehenden mit Riemen
vonrohenZiegenfellen. Manglaubte,
dafs Schlage auf die Hand Frucht-
barkeit oder leichte Entbindung
verliehen.
143 — 148 sind ein fremd^artiger
Zusatz, der dem Inhalt der ganzen
Satire widerstrebt. Diese handelt
nur von der effeminata libido der
stoischen Heuchleu und der gecken-
haften Aristokratie. Das Auftreten
des Gracchus aber in der Arena
bekundet keine unnatiirliche Ver-
weichlichung des Korpers und des
Charakters, sondern im Gegenteil
eine gewisse Stiirke, Kraft und
Mut, nur dafs diese an sich guten
Eigenschaften einem unwiirdigen
Zwecke dienen. Das Auftreten des
Mannes ist seiaer Ehre und seines
Standes unwiirdig, aber er selbst
wird darum nicht zum Weibe, er
iiberbietet nicht die scheufsliche
Unnatuf, dafs ein salischer Priester,
ein Diener des Mars, segmenta et
flammea sumit. Und wenn der Dich-
LIBRI 1 SATVIJA 11
33
esse aliquos maiies et subterrauea regua
et poutum et Stygio ranas iu gurgite uigras
atque uua trausire vadum tot milia cumba
uee pueri creduut, iiisi qui uouilum aere lavautur.
sed tu vera puta. Curius quid seutit et auibo
Scipiadae, quid Fabricius mauesque Camilli,
quid Cremerae legio et Canuis cousumpta iuventus,
tot bellorum animae, quotiens hinc talis ad illos
umbra venit? cuperent histrari, si qua darentur
sulpura cum taedis et si foret umida laurus
illio. heu miseri, traducimur. arma quidem ultra
litora luveruae promovimus et modo captas
150
155
160
150 et pontum PS: et contum pco Cocytum Liutprandus antapo-
dosis 5, S IGO iuvernae x>' iuberna S, erasum P
ter in derselben Satire zwei Miinner
desselben Naraeus (Gracchns 117
und 14.S) vorfuhren wollte, so mulste
er notwendig entweder die Ver-
schiedenheit oder die Identitiit der-
selben zum Ausdruck bringen. Das
ganze Einschiebsel scheint durch
den Namen Gracchus und die Ei-
innerung an 8, 200 sq. . veranlafst
zn sein.
1 -19— 170 Epilog: Die Unnatur
und die Unsittlichkeit des Lebens
uuberer Aristokratiemufsdiegrofsen
Miinner der romischen Vorzeit noch
nach dem Tode emporen, wenn
ihnen ein Fortleben gestattet ist,
und mufs das imperium Hoviaiium
trotz seiner militiirischen Erfolge
den unterworfenen Vcilkeru veriicht-
lich machen.
149 csse aliquos manes, dafs es
irgend welche Manen giebt, dafs
sie als irgendwelche Peraonlich-
keiten nach dem Tode fortdauern.
150 et pontiim, und Gewiisser,
wovon dann die Styx ais ein Teil
besonders genannt wird. Nach
Vergil VI 259 sq. mvindet der Ache-
ron in den Cocytus und umschliefst
mit der Styx den Orkus,
152 Kinder unter vier .Jahren
hatten die offentlichen Biider um-
sonst, d. h. sie wurden noch nicht
als Personen geziihlt.
153 setitit = sentire putamus oder
putabiimcs. Dasselbe Motiv benutzt
Claud. in Eutr. I 450 — 460 zur
IvvBjrAl.is Satveae.
Schilderung seiner Entriistuug iiber
die Erhebung des Eunuchcn Eutro-
pius zum Kousulat.
155 Cremerac lcgio, die 306 der
gcns Fabia, 476 v. Chr., vgl. die
Schilderung Ovids in fast. II 195 sq.
156 tot bellorum animae, die
Seelen, d. h. die Opfer so vieler
Kriege.
Ibl cuperent, denn die Annahme
entbehrt uberhaupt der Realitat.
Schon durch den Anblick solcher
Scheusale wurden sie sich befleckt
fiihlen und nach Reinigung ver-
langen, wenn nur die Mittel dazu
vorhanden wiiren.
159 traducimur, wir dienen zum
Gespott, maohen uns liicherlich,
wie 7, 16 altcra quos nudo traducit
gallica talo , 8, 17 squalentis tra-
ducit avos, 11, 31 in qua {Achillis
lorica) se traducebat Vlixes. Juv.
hat das Verbum traducere nur in
diesem Sinne gebraucht.
160 luverna = Jerne, Jerneland
oder Irland. Juv. scheint zu er-
innern an Tac. Agr. 10 ac simul
incoynitas ad id tempus insulas,
quas Orcadas {Orkney-isles) vocant,
invcnit domuitque. Juv. sagt nicht,
dafs luverna (Tac. Agr. 24 Uibernia)
bezwungen sei, sondern nur, dafs
die romischen Waffen nordlich iiber
Irland hinausgegangen seien, Tac.
24 eamque partem quae Ilibcrniam
aspicit copiis instruxit , dann folgt
der Vormarsch nach Caledonien
(c. 25 sq.). Agricola wurde im J. 85
3
34
IVVENALIS
Orcadas ac minima contentos nocte Britannos;
sed quae uunc populi fiunt victoris in urbe,
non faciunt illi, quos vicimus. et tamen unus
Armenius Zalaces cunctis narratur ephebis
mollior ardenti sese indulsisse tribuno.
aspice, quid faciant commercia: venerat obses,
liic fiunt homines. nam si mora longior urbem
indulsit pueris, non cuiquam derit amator.
mittentur bracae cultelli frena flagellum:
sic praetextatos refermit Artaxata mores.
165
170
168 cuiquam W: numquam P, umquam co
abberufen. — modo, unter der letzten
Regierung, unter Domitian.
161 Tac. Agr. 12 nox clara et
extrema Britanniae parte brevis, ut
finem atque initium lueis exiguo
discrimine internoscas.
162 — 163 Diese Verse konnten
der Germania des Tacitus als MottO
vorgesetzt werden; sie geben die
Stimmung wieder, unter deren Ein-
druck Tacitus schrieb.
163 et tanien, und doch wird ein
Fall der Verfuhrung eines Armeniers
erwahnt (nicht ohne Aufsehen).
Dieser Vorfall zeigt aber nur die
Ansteckungskraft des in Rom herr-
schenden Lasters.
164 cunctis epliehis ist Ablativ
der Vei'gleichung, von mollior ab-
hangig. Der Tribun gehorte, wie
es scheint, zu den Pratorianern und
war dem Prinzen zur Aufsicht und
Begleitung beigegeben.
166 aspice ist eine dem Juv. recht
gelaufige Ubergangsform, vgL 5, 80.
6, 261. 10, 209. 13, 76. 14, 275. 15,
56 aspiceres. — commercia, vgL
Suet. Cal. 36 quosdam obsides di-
lexisse fcrtur commercio mutui shi-
pri. Gegen den obses hatte raan
ganz besondere moralische Ver-
pflichtungen.
167 liomines, freie, wahre Men-
schen, deren humanitas ausgebildet
ist, Oic. Tusc. III 77 cum niJiil lio-
minis esse, nichts von einem wahren
Menschen. Man gewahre nur die
notige Zeit! Denn wonn die pueri,
die fremde Jugend, langer in Rom
weilt (auffallend indulsit fiir in-
dulserit) , dann wird kein Einziger
seinen amator vermissen.
168 Zu non cuiquam derit vgL
3, 119 non est Romano cuiquam
locus hic, 8, 178 lectus non alius
cuiquam, 14, 6 nec melius de se cui-
quam sperare xjropinquo concedet
iuvenis, 15, 55 vix cuiquam aut
nulli, 11, 148 non a mangone peti-
tits quisquam erit Armenio. In Prosa
wiirde nur neque cuiquam moglich
sein.
169 bracae, als armenische und
persische Tracht, cultelli mit kost-
baren manubria (11, 133), frcna
und flagellum fiir die jungen Reiter.
170 praetextati mores = ^jrae-
textatae iuventutis mores. Daher
spiiter (Gell. IX 10, 4) verba prae-
textata (frivol, liistern) im Gegen-
satz zu den verba pura honestaque.
LIBUI l SATVUA lU
35
SATVRA 111
Quanivis iligressu veteris confusus amici,
lauclo tamen, vacuis quod sedem figere Cumis
destiuet atque uuum civem douare Sibyllae.
iauua Baiarum est et gratum litus amoeui
Sat. III.
Sat. III bebiindelt die Unertrilg-
licbkeit des lA'bens in Rom fiir
den kleineren Biirger. Die Scbil-
derung der Zustiinde pafst leicbt
auf alle Weltstiidte, wesbalb aucb
die Satire vielfach nacbgebildet
worden ist, u. a. von Boilcau sat. I
'le depart du poite' und sat. VI
'hs cmbarras de Faris^.
1 — 20 Einleitung: Umbricius bat
den Ent^cblufs gefafst, Rom zu ver-
lassen und nach Cumae iiberzu-
siedeln. Bei seiner Abreise trifft
er aufserhalb des Capenischen Thores
noch einmal mit seinera Freunde
Juvenalis zusammen, um ibm den
Grund seines Handelns darzulegen.
1 digressu, das Scbeiden des Um-
bricius, Verg. III 482 nec mimis
Andromaclie digressu maesta su-
premo. Dariiber ist Juv. confusus,
betriibt, Plin. ep. V 5, 1 qui nun-
tius me gravi dolore confudit, zu-
mal Freundschaft die beidenMiinner
schon seit vielen Jahren verbindet,
veteris amici, wie 1, 132 vestibidis
abeiint vcteres lassique clientes, 6,215
iUe excludatur amicus iam senior,
cuius barbam tua ianua vidit.
2 laudo, kann esnicbtmifsbilligen,
wie 10, 28 tamne igitur laudas
kannst du es also noch mifsbilligen V
Umbricius will in dem menscben-
leeren, stillen {■■acuis, wie Hor.
ep. I 7, 45 vacuum Tibur, Prop.
I 18, 2 vacuum nemus) Cttmae (Vell.
I 4 Clialcidenscs Cumas in Italia
condidcrunt — Cumanos Osca muta-
vit vicinia, d. h. es blieb nicbt so
griechisch wie Neapolis) aeinen
festen Wohnsitz nehmen, figere se-
dem, wie Tac. XIII 54 iamque fixe-
runt {Frisii) domos, batten ihre
Wohnungen eingerichtet, Priap.
63, 1 Mc cum fixerint mihi sedem.
3 destinure mit Inf. ist archaisch
(Nep. XVIII 2, 4 Leonnatus Mace-
doniam prucoccupare destinavit.
danu iiber biiufig in der silbernen
Latinitiit, Piin ep. III 5, 20 cum
hoc solum quod lequirehas scribere
destinasscm, vgl. 10, 330 cui nubere
Caesaris uxor dediticd. In Cnmae
hat jede Seele noch Wert, daher
donarc = dono dare, wie etwa 14, 70
gratum est quod patriae civcm po-
puloqm dedisti. Die vates Sibylla
{8, 126) war auf Verlangeu des
Apollo von der Insel Erythrae nach
Cumae gezogen.
4 Von Cumae fiihrte die via Do-
mitiana nach Puteoli und nacb
Baiae, es war also die ianua, d. h.
das Eingaugsthor von Baiae, Verg.
II 661 patet istinc ianua leto. Die
ganze einladende (gratum) Meeres-
kiiste bis Puteoli war mit Villen
und Giirten be?etzt und bot einen
anmutigen Aufenthalt allen, die
Erholung und Rube sucbten {amoeni
sec. ist Genetivus der Eigenschatt
von litus, folglich gratum priidi-
kativ), Hor. ep. I 1, 83 nullus in
orbe sinus Bais praelucet amoenis.
In der Niihe, gegeniiber dem Vor-
gebirge Misenum , liegt die ode
{aspera und sterilis genannte) Insel
Prochyta, das heutige Procida,
etwas weiter entfernt die Insel
Aenaria oder das beutige Iscbia,
die viel reizender und fruchtbarer
war. Der kleinen einsamen Insel
wird der lebhafteste Stadtteil Roms,
die Subura, gegeniibergestellt, ge-
wissermafsen das Herz Roms, 10,
156 actum nihil est, sagt Hannibal,
nisi Foeno milite portas frangimus
et media vexillum pono Subura,
11, 51 Esquilias a ferventi migrare
Subura, 141 tota sonat ulmea cena
Subura, Mart. XII 18 dum tu forsi-
tan inquietus crras clamosa, luve-
nalis, in Subura, VI 66 famae non
nimium bonne puellam, quales in
media sedent Subura, vendebat modo
gracco Gellianus, Pers. V 32 cum
blandi comites totaque impvtne Su-
3*
36
IVVENALIS
secessus. ego vel Prochjtam praepono Suburae;
nam quid tam miserum, tam solum vidimus, ut non
deterius credas horrere incendia, lapsus
tectorum adsiduos ac mille pericula saevae
urbis et Augusto recitantes mense poetas?
sed dum tota domus raeda componitur una,
substitit ad veteres arcus madidamque Capenam.
hic, ubi nocturnae Numa constituebat amicae,
nunc sacri fontis nemus et delubra locantur
ludaeis, quorum cophinus faenumque supellex;
omnis enim populo mercedem pendere iussa est
arbor et eiectis mendicat silva Camenis.
10
15
ante 12 lacunam indicavit cum BibbecJcio et 17-
lahn 16 electis P
■20 transposuit
bura permisit sparsisse oculos iam
candidus umbo.
6 Der elendeste, einsamste Aufent-
halt (Prop. I 18, 4 sola saxa, III
12, 7 solos sxtectuhis Cynthia montes)
ist immer noch besser als clie standige
Angst und Unsicherheit des Lebens
inRom. Diemce»2rf^awerdenl97sqq.,
die lapsus tectorumldO — 196, andere
Gefahren 232—308 ausgefuhrt. Die
Stadt ist grausam (saeva), gefiihl-
los, wie ein Tyrann oder ein Folter-
knecht (1, 30 nam (xuis iniquae tam
patiens urbis). Damit werden scherz-
haft die Qualereien der Dichter
(und Schriftsteller) verbunden, die
es auch im heifsen und ungesunden
Monat August (Hor. ep. I 7 Sex-
tilem totum mendax desideror) nicht
unterlassen konnten zu ihren Reci-
tationen (1, 13) einzuladen. Plin.
ep. I 13 magnum proventum poeta-
rum annus hic attulit: toto mense
Aprili nullus fere dies quo non re-
citaret aliquis. equidem prope ne-
mini defui; erant sane plerique
amici.
10 Doch um zur Sache zuriick-
zukehren (sed), wahrend die gauze
Familie sich auf dem einen Reise-
wagen einrichtete (Plin. ep. V 18
villa amoenissima in qua se com-
posuerat homo felicior), liess U. am
Capenischen Thor Halt machen, ad
veteres arcus madidae Capenae, denn
iiber den Schwibbogen des Thores
ging die Leitung der aqua Marcia
hinweg, sodafs die porta unter einer
Art von Traufe stand: supra portdm
Capenam aquae ductus est quem
nunc ap)pellant arcum stillantem
Schol., Mart. III 47 Capena grandi
porta qua pluit gutta.
12 Tritt man aus der Porta
Capena auf die Via Appia heraus,
so liegt zur Linken der Lucus Ca-
menarum. Dieser wird umschrieben
durch die scherzhaften Worte ubi
nocturnae Numa constituebat amicae
(zu 6, 487), Liv. I 21, 3 lucus erat,
quem medium ex opaco specu fons
perenni rigabat aqua; quo quia se
persaepe Numa sine arbitris velut
ad congressum deae inferebat, Ca-
menis eum lucum sacravit. ,Weil
aber dieser Platz jetzt durch das
Treiben der Juden einen wider-
lichen Anblick und wenig Ruhe
bot, so gingen Umbricius und Juve-
nalis wenige Schritte weiter ab-
seits in die Vallis Egeriae, von
wo aus sie immer noch die Via
Appia iibersehen konnten.
13 — 16 enthalten eine satirische
Nebenbemerkung: statt der Ca-
menen findet man jetzt (alte)
bettelnde (mendicat) Judenweiber!
Korb (cophinus) und Heu dienten
zur Aufbewahrung der Speisen und
des heifsen Wassers fiir den Sabbat,
an welchem das Fasten und doch
auch jede Arbeit, also auch das
Kochen verboten war. Daher wer-
den hierund 6, 542 Korb und Heu
als augenfallige Attribute des Juden-
tums hervorgehoben. H. Ronsch in
LllUU I SATVRA 111
37
in vallem Egeriae tleseeiulimus et speluucas
dissimiles veris: quauto praeseutius esset
uumeu aquis, viridi si margiue cluderet uudas
lierba uec iugeuuuui violarent marmora tofum.
hic tuuc Vmbricius 'quaudo artibus' iu(|uit ^honestis
uulhis in urbe locus, nulla emohimeuta hiborum,
res hodie miuor est, here quam fuit, atque eadeni cras
deteret exiguis aliquid, proi^ouimus ilhic
ire, fatigatas ubi Daedahis exuit alas,
dum uova canities, dum prima et recta senectus,
19 aque pco 24 deterit R-iscianus GLK. III p. 71
20
25
.T. J. 123, G92— 696. An eine eigent-
liche Verpachtung des Haines (Zo-
caiitur) ist wohl uicht zu denken,
weil V. 15, der V. 13 begriindet,
nichts weiter uls die jiidische Kopf-
steuer hezeichuet, Suet. Dom. 12
praetcr ctteros ludaicus fiscus acer-
bissime actus est, ud quem defere-
hantur qui vcl inprofessi ludaicavi
vivercnt vitam rel dissimulata ori-
gine imposita (jenti trihuta non
pcpendisscnt. Fiir die Bettelei und
zigeunerhafte Thiitigkeit der da-
maligen Juden war der Hain in
der Nahe der Via Appia sehr
gunstig gelegen.
18 In dem Thale der Egeria
waren zum Teil kiinotliche Grotten
angebracht, dissimiks veris, dazu
marmorne Wasserbecken. — Zu
praesentius 11, 111 templorum quo-
que maitstas praesentior, erhabener
und wirkungsvoUer.
20 in/jenuum, natiirlich, avtocpvfi,
Lucret. I 230 unde mare, ingenui
fontes, extentaque longe flumina
i>ufjpeditant':f
21—57 : Ehrliche Thatigkeitfindet
in Kom keinen Lohn mehr; nur
SchamlosigkeitundSchurkereifiihrt
zu Ehre und Macht.
21 Vmhricius kann schon der
Zeit nach nicht der bei Tac. h. 1 27
und Plin. h. X 19 erwahnte /««rMSjJCvC
].eritissimus sein; aber auch der
(Jharakter und die biirgerliche Stel-
lung des Mannes stimmt nicht zur
Thiitigkeit einesHaruspex, cf. 41 sqq.
Ubrigens klagt selbst Plin. ep. 11
20, 12 aXXu xi diurtivouaL in ea
civitate, in qua iam pridem non
minora pratmia immo maiora ne-
quitia et improhitas quam pudor et
vi)-tus hahent, und Charinus in Plaut.
merc. 836: cgo mihi alios deos pe-
natis pcrscquar, alium Larem, aUam
urhcm, aJiam civitatem: ah Atticis
ahhorreo. nam iihi mores deteriores
increhrescunt in dies, uhi, qui amici,
(lui infideles sint, nec^ueas pcrnoscere,
uhique id eripiatur, animo tuo quod
placeat maxumc, ihi quidem si re-
gnum detur, non cupitast civitas.
Dasselbe Motiv behandelt Mart.
IV 5 und TII 38.
23 res {familiaris) , das Ver-
mogen, der Hausstand ist heute
kleiner als gestern, wird tilglich
kleiner. Es bleiben nur armselige,
unbedeutende Triimmer {exigua)
iibrig, aber auch von diesem VVe-
nigen nimmt der Hausstand morgen
noch etwas hinweg, d. h. reibt
sich selbst auf, indem z. B. das
Mobiliar zerfilUt und erneuert wer-
den mufs, wird durch den Haus-
stand das kleine Vermogen iramer
bedenklicher geschildigt. Kaum
moglich ist die Verbiudung von
eadem mit urhs als logischem Sub-
jekt der ganzen Satire.
24 pjroponimus mit Inf. in der
eilbernen Latinitat nicht selten fiir
propositum mihi est mit Inf. la
Cumae betrat Daedalus nach sei-
nem Fluge wieder die Erde uud
errichtete den Tempel des Apollo,
Verg. VI 17 Chalcidicaque levis tan-
dem super adstitit arce; redditus
his primum terris, tihi, Phoehe,
sacravit remigium alarum posuitque
inmania tempda.
26 Die senectus des Umbricius
ist noch uicht curva, gebeug^, son-
38
IVVENALIS
dum superest Lacliesi quod torqueat, et pedibus me
porto meis nullo dextram subeunte bacillo.
cedamus patria. vivant^Artorius istic
et Catulus, maueant qui nigrum in candida vertunt^
quis facile est aedem conducere fiumina portus,
siccandam eluviem, portandum ad busta cadaver,
et praebere caput domina venale sub hasta.
30
dern recta, aufrecht, ungeschwlicht.
Den Gegeusatz zur Kranklichkeit
bildet rectus 10, 189 hoc recto voltii,
solum hoc et puUidus optas. Wer
lebt, dessen Faden (stamen 10, 252)
■wird von der Parze weitergesponnen,
diese hat noch Stoif zum Fort-
spinnen {torquere) des stainen, das
selbst kiirzer oder langer sein kann
(10, 252 nimio de stamine). Damit
umschreibt Juv. scherzhaft den Ge-
danken des Hor. II 3, 15 dum res
et aetas et sororum fda trium pati-
untur atra, eine Stelle, die zeigt,
tlafs auch bei Juv. nach alas kein
Punkt gesetzt werden darf.
28 baciilo, armseliger Stock,
Kriickstock.
29 Die Stellung des bitteren ce-
damus am Anfang des Verses macht
das Pronomen des Gegensatzes (nos)
liberflussig. tjberhaupt lieben die
Dichter es nicht, das pron. pers.
besonders auszudriicken. Vgl. 41.
Artorius und Catulus sind Re-
prasentanten solcher Menschen, die
in der Wahl der Mittel zum Fort-
kommen im Leben nicht eben ge-
wisseuhaft siud. Mihi quidem luve-
nalis sordidos nobiles et ignobiles
perstringere videtur, ex illis Catu-
lum cx his Artorium eligens. Strauch.
Das Bild solcher Menscheu ist vor-
gezeichnet bei Ov. met. XI 313
Autolycus furtum ingeniosus ad
omne, qui facere assuerat, patriae
non degener artis, candida de nigris
et de candentibus atra, der was
und wen er wollte, gut und schlecht
machen konnte.
31 Ausfiihrung von Hor. ep. I
1, 77 ^^(^'''S hominum gestit condu-
cere publiea, sunt qui crustis et
pomis viduas venentur avaras, multis
occulto crescit res faenore {dcpavFi
X(}rj(ic(ro:). Die Pachtung von Tem-
peln, Fliissen und Hafen bezeichnet
die Ausbesserung, Regulierung, Ent-
sandung oder Erweiterung der-
selben, welche Arbeiten an den
mindestfordernden Unternehmer
vergeben wurden. Das Particip sic-
candam gehort nur zu eluviem, wie
portandum zu cadaver. Mit jenem
wird die Reinigung der Kloaken,.
mit diesem die Besorgung der Be-
griibuisse bezeichnet, ein Geschaft,
das gewohtilich die Libitinarii am
Tempel der Libitina iibernahmen,
Marq. V 1, 380, oder fiir Geringere
gedungene Leichenbestatter {sanda-
pilarii oder vespillones) , Hor. s.
I 8, 8 huc prius angustis. eiecta
cadavera cellis conservus vili por-
tanda locabat in arca.
33 sqq. Solche Unternehmungen
fiihrten nicht selten zum betriige-
rischen Bankerott, wodurch der Be-
triiger infamis wurde und eine ca-
pitis deminutio erlitt, wiihrend sein
Vermogen subhastiert, d. h. unter
dem Symboi der aufgesteckten
Lanze {sub domina hasta) gffent-
lich versteigert wurde. Das Ver-
mogen heif&t hier caput, die ganze
Existeuz, d. h. der Inbegriff der
personlichen Ehre und des Ver-
mogens, die beide sub hasta offent-
lich vcrloren gehen. Solche Leute
waren friiher Musikanten (10, 214,)
spielten in den Municipien bei
Gelegenheit von Gladiatorenspielen
{harena) auf, und waren von Ort
zu Ort ziehend allenthalben als
Backenblaser {buccae, cf. 11, 34)
bekannt; jetzt geben sie bereits
selbstGIadiatorenspiele, Mart. III 16
das gladiatorcs, sutorum regule,
cerdo, quodque tibi tribuit subula,
sica rapit, III 59 sutor cerdo dedit
tibi, culta Bononia, munus, fullo
dedit Mulinae: nunc ubi copo da-
bitY Solche Feste galten fiir um
30 gUinzender, je mehr Menschen-
l.li:Ul 1 SATVKA III
39
quoiulain lii eornicines et munieipalis harenae
perpetui comites uotaeque per oppida buccae,
muuera uuuc eduut et verso pollice vulgus
quem iubet oceidunt populariter; inde reversi
oonducuut torieas, et eur uon omnia? eum sint,
quales ex humili magna ad fastigia rerum
extollit, quotiens vohiit Fortuua iocari.
quid Romae faciam? meutiri uescio; librum,
si mahis est, uequeo laudare et poscere; motus
astrorum iguoro; fuuus promittere patris
nec volo nec possum; rauarum viscera numquam
36
40
34 mnnicipales PS 37 quem pco: qum P cum 'S 38 poricas P
40 locari P
leben sie kosteten, Friedl. S.-G.
II 382, daher occidunt jwpulariter.
Wenn ein Gladiator von dem an-
deren schwer verwundet und eine
Fortsetzuu^ des Kampfes nicht
mehr moglich war, mufsten beide
sich an das Volk wenden. Wollte
das Volk den Tod des Besiegten,
80 driickte es den ausgestreckten
Danmen gegen die Brust {verso
poUice) und rief : recipc ferrum ! Der
Besiegte mufste dann sich hinlegen
{decumbere) und ohne den Hals ein-
zuziehen {collum contrahere) den
Todesbtreich empfangen. Im Falle
der Begnadigung wurde der Daumtn
eingedriickt {poUicem premere) und
mittc gerufen. War der editor mu-
neris zugegen, so hatte er die letzte
Entscheidung, konnte sich aber dem
Willen des Volkes nicht leicht
widersetzen. Den Acc. quem be-
stiitigt der Ausruf bei Suet. Dom.
15 feriat iam quem volet.
- 37 Ebcn noch mtmeris editores,
deren Vermogen Prunk und Libe-
ralitiit gestattet, gehen sie eine
Stunde darauf hin und pachten die
foricae, d. h. puhJicae latrinae, ubi
alcum praetereuntes exonerarent,
uiule qui conduxissent foricarii
apjpeUati vectigal exigehant ah eis
qui secedere cogebantur. Und warum
nicht alles Moglichev Sie diirfen
es ja wagen, da sie einmal die
Lieblinge der Fortuna sind. Die
abschliefsende Kraft von omnia
zeigt 10. 70 nam qui duhut oliin
imperium fasces legioties omnia, Suet.
Aug. 69 TertuUam aut TcrenliUum
aut RufiUam aut Salviam Titise-
niam aut omnes, Senec. dial. III 3, 4
sed diccndum est feras ira carere
et omnia praetcr hominem, wo Vah-
len nnd Gertz animaUa nach omnia
einsetzen wollen, Plaut. Aul. 305.
40 iocari, wie G, 608 von der
Fortuna: secretumque sibi mimum
2)arat, und 7, 197 si Fortuna volet,
fies de rhetore consul, si volet haec
eadem, fies de consule rhetor.
41 Vollstiindig: ego quid liomae
faciam? Vgl. zu 29.
42 Unter den kaptatorischen
Regeln des Tiresias bei Hor. s.
II 5, 74 scribet mala carmina ve-
cors: laudato. Plin. ep. VI 21, 7
extorquebo ei { Vergilio liomano)
lihrum (= comoediam) legendumque,
immo edisccndum mittam tihi. —
Zur iiblichen Charlatanerie gehorten
die Geheimnisse der Astrologie, be-
sonders die Stellung der Nativitiit
(6, 56C), die Wahrsagekanst des
Mathematicus, des Haruspex oder
des Privataugurs (6, 550. 553. 576.
581. 585j, 14, 248 nota mathtmati-
cis genesis tua, scd grave tardas
exspectare colus, morieris stamine
nondum dbrupto, denn diese Char-
latauerie fiihrte sehr oft zu Ver-
brechen.
44 Das ranarum viscera inspicere
ist spottische Wendung (6, 551)
fiir rubetam parare oder miscere,
wie 1, 70.
40
IVVENALIS
inspexi; ferre ad nuptam quae mittit adulter^
quae mandat, noruut alii; me nemo miuistro
fur erit, atque ideo nulli comes exeo tamquam
mancus et exstinctae, corpus non utile, dextrae.
quis nunc diligitur nisi conscius et cui fervens
aestuat occultis animus semperque tacendis?
nil tibi se debere putat, nil conferet umquam,
participem qui te secreti fecit lionesti:
carus erit Verri, qui Verrem tempore quo vult
accusare potest. tauti tibi non sit opaci
omnis harena Tagi quodque in mare volvitur aurum,
45
50
55
48 exstincta et dextra Eremita
45 Auch der Vermittler der Ga-
lanterieen fand seinen Lohn, 6, 233.
277. 14, 30 conscia matri viryo
fuit, ccras nunc liac dictante pu-
sillas implet et ad moechum dat
eisdew, ferre cinaedis den Vertrau-
ten. Solcher Menschen giebt es
genug, norunt alii, sind immer zur
Hand.
46 Weil er nicht zu Erpressungen
oder Raubereien in der Provinz
mithelfen will, folgt er keinem
Statthalter in die Provinz als Legat,
Prafekt und Tribun oder als amicus
in der cohors praetoria, 8, 127 si
tibi sancta coJiors comitum, Nep.
XXV 6, 4 multorum consulum prae-
torumque praefecturas delatas sic
accepit, ut neminem in provinciam
sit secutus, honore fuerit contentus,
rci familiaris despexerit fructum,
cum suspiciones quoque vitaret cri-
minum.
48 exstinctae dextrae ist Gen. der
Eigenschaft und ersetzt neben man-
cus das Adjektiv dehilis. Zwischen
den Gen. qual. tritt die Bezeichnung
der Person, wie oder was sie in-
folge des mancum et dehile ist: ein
unbrauchbarer Rumpf, ein truncus,
dem zur Bewcgung die Hande
fehlen. Wer Einfiufs und Ein-
kommen erstrebt, sei es in Rom
oder in der Provinz, mufs Mit-
wisscr von Schuld und Schmach
sein konnen (conscius absolut), z. B.
Tac. IV 10 von Livia, der Ge-
mahlin des jiingeren Drusus: deinde
inter conscios uhi locus veneficii
tempusque composita sint etc, Mart.
VI 50 vis fieri dives, Bithynice?
conscius esto , nil tibi vel minimum
basia pura dabunt, Juv. 2, 58 no-
tum est cur solo labulas impleverit
Hister liberto, dederit vivus cur
multa puellae. Der Relativsatz et
cui — taccndis fiihrt den Inhalt
von conscius aus und erforderte
deshalb in Prosa den Konjunktiv.
Eine treflFende Schilderung des bosen
Gewissens iindet sich 13, 194 quos
diri conscia facti mens habet atto-
nitos ct surdo verbcre caedit occul-
tum quatiente animo tortore flagellum,
dem Frevler wird es siedend heifs
(fervet), es kocht in ihm (acstuat),
dafs ihm der Schweifs selbst im
Innern herabrinnt, tacita sudant
praecordia culpa 1, 167.
52 secretum in der arg. lat. als
Subst. ganz gelaufig, sowohl als Ein-
samkeit wie als Geheimnis, cf. 113
secreta domus und 10, 337 haec tu
secreta et paucis commissa putabas;
seltener ist der Geri. Sing., wie hier
oder Plin. ep. I 12, 7 uxor omnis
secreti eapacissima, Ov. her. 21, 21
secreti Jonyi causa optima.
53 Verri einem Verres = furi,
wie 2, 26 si fur displiccat Verri,
homicida Miloni, Clodius accuset
moechos, Catilina Gethegum, anders
8, 106. Deu Gedanken erlautert
Tac. VI 4 metum et noxae con-
scientiam pro foedere haheri, at
non patribus reticenda quae audi-
vissent.
55 sq. Der Tagus war beriihmt we-
gen seines Goldsandes = harena
quodque volvitur aurum (Hendiadys,
LIBRI I SATVRA IH
41
ut somno careas poueudaque praemia sumas
tristis et a maguo semper timearis amico.
quae uuuc divitibus geus acceptissima nostris,
et quos praecipue tugiam, properabo fateri,
uec pudor opstabit. uou [lossuui terre, Quirites,
graecam urbem; quamvis quota portio taecis Acbaei?
iam pridem Syrus in Tiberim detiuxit Oroutes
60
61 acliaei ? schol. Lxicani I 2S4: achaeae P
erkliirt 14, 299) uud wegeu der
scbattifjen Walder, welche seine
Ufer umsaumten, daher opacus,
Mart. I 49, 16 aestus screnos aurco
frangcs Tugo obscurus umbris arbo-
rum. Dasselbe Epitlieton gebraucht
in deoiselben Siiine Verg. VTI 36
vom Tiberis: et laetus {luvio suc-
cedit opaco, wegen des ingens lucus
oliiii lauris consitus. Aber alles
Gold der Welt soll dem ehrlichen
Manne nicht so viel wert sein, dafa
er dafiir seine Seelenruhe hingeben
mochte. Denn der Schlaf steht
symbolisch fiir die Ruhe des Ge-
wissens, wie Hor. III 1, 21, vgl.
13, 198 nocte dieque suum (jestare
in pectore testem, 220 et quod prae-
cipue mentem sudoribus urguet, te
videt in somjiis. — Die praemia
mufs er doch einmal wieder her-
geben (ponenda), er konnte sie nur
mit bosem Gewissen nehmen, Hor.
ep. I 16, 35 pone, meum est, inquit:
pono tristisque recedo.
58—125 Am widerwilrtigsten ist
das tjberhandnehmen dt-r Griechen :
sie drangen sich in alle Familien
ein und verdriingen den armen,
ehrlichen romischen Klienten.
58 gens, Stamm, Gesellschaft,
Klasse von Leuten, cf. 86. Der
Zusalz nec pudor opstabit entspricht
zuniichst der Bitte um Freiheit, wie
Dem. VIII 32 xat (iol ngog 9twv
iGtco TtaQQrjaLu, deutet aber zugleich
an, dafs die Besprechung dieser
Verhiiltnifcse ohne Verletzung des
Schamgefiihls sehr schwer ist, dafs
ea dem ehrlichen Romer einige
Uberwindung kostet.
61 quamvis dient wie sonst quam-
quam der Einfiihrung einer Cor-
rectio; po-rtio ist nach dem Ge-
brauch der silbemen Latinitat =
pars, wie 13, 157 zeigt: liaec quota
jmrssceJirum? AhnlichurteiltSenoc.
dial. XII 6, 2 aspice agedum hunc
frequcntiam, ctli vix urbis immensae
tecta sufficiunt: maxima pars istius
turbae patria carct; ex municipiis
et coloniis suis, ex toto denique orbe
terrarum confluxerunt. Als Motive
nennt er amhitio, necessitus officii
publici, luxuria, liberaUum studi-
orum cupiditas, spectacula, amiciliu,
industriu, quidum venalcm formam at-
tu1erunt,(iuidumvencdeineloqueniiam.
62 Das Bild des Stroraes, der
sich iiber Rom ergiefst, fitidet sich
auch 6, 295 hinc fluxit ad istos et
Sybaris coUes, hinc et lihodos et
Miletus, 9, 132 undiriue ad illos
convenient et carpentis et navibus
omnes, (pii digito scalpunt miocaput.
Die Syrer waren dem iiomer an
und fiir sich veriichtlich, 118. 6, 351.
8, 159. Der Orontes lliefbt durch
die Hauptstadt Syriens, Antiochia.
Schon friihzeitig kamen griicisierte
Asiatinnen unter der Fiihrung eines
leno oder tibicen nach Rom, welche
entweder bei Symposien oder in
den cauponae spielten und tanzten,
pisaltriue sambxicistriaeciue bei Liv.
XXXIX 6. Die syrischen Miidchen
hiefsen auch umbubaiae, Hor. s. I
2, 1, oder wenn sie niit Kastagnetten
(■KQotaXu) auftraten, crotalistriae.
Das gewobnlichste Instrument war
das tQiycovov oder die aaii^vKTj,
eine Art dreieckiger Harfe (iidos
Ki&ccQug tQLycovov), deren Saiten
schriig gespannt waren, obliquae
chordae. Um den orgiastischeu La-rm
zu erhohen, schlugen andere das
Ta,mhour'm(tv iinavov), einen breiten
Metall- oder Holzreifen, der mit
einem Fell iiberzogen war, und an
dem ringsum Schellen hingen. Der
42
IVVENALIS
et liuguam et mores et cum tibicine chordas
obliquas nec nou geutilia tympaua secum
vexit et ad circum iussas prostare puellas.
ite, quibus grata est picta lupa barbara mitra:
rusticus ille tuus sumit trechedipua, Quiriue,
et ceromatico fert niceteria collo.
hic alta Sicyone, ast hic Amydoue relicta,
hic Audro, ille Samo, hic Trallibus aut Alabandis
Esquilias dictumque petunt a vimiue coUem,
65
70
66 tracta est Vindohohcnsis 68 feret P 69 amicdone P
circus maximus bot in den Gewolben
unterhalb der Sitzreihen und der
ihn umschliefsenden Halle, neben
Kauf buden (^Tac. XV 38) und Kneipen
niedersten Schlages, allen moglichen
problematischen Existenzen Unter-
staud, wie den sortilcgi (6, 582) und
den astrologi de circo (Cic. div. I
132) , daher heifst er Hor. s. I 6,
113 fallax. Suet. Nero 27 cenitalat
nonnumquam et in puhlico, nau-
machia praeclusa vel Martio campo
vel circo maximo, intcr scortorum
totius urhis et amhuhaiarum mini-
steria.
66 Die Asiatinnen trugen einen
buuten Kopfputz mit herabhangen-
den Bandern, picta mitra. Sinn:
Mochte meinetwegen, wer da Lust
hat, sich den Dirnen zuwenden
{ite bez. eiue Auffordernng ilhnlich
wie 12, 83), schlimmer ist es, dafs
der friiher landliche unverdorbene
Romer {rusticus wie 6, 66) nun gar
zum griechischen Gecken wird und
seinen Ruhm in der Gymnastik
sucht.
67 Die Apostrophe an Quirinus
wie 2, 127 sq. an Quirinus und
Mars. Die Romer waren urspriing-
lich ein montanum vidgus (2, 74),
Latii pastores (2, 127) gewesen, sie
erarbeiteten sich ihren Lebensunter-
halt mit dem Pflug <14, 181), und
Curius baute im eigenen Garten
sein Gemvise (11,78). Jetzt besucht
der Romer die griechische Palastra
{ceroma, v.riQ(oyia, eig. Wachs- oder
Ringerhalle, dann Salb- oder Ring-
platz), prunkt mit dem Siegespreis,
den er dort errungen hut und am
salbcngUinzenden Hals tragt (riKr/-
TTJptoi', nur hier), und erscheint in
dem stutzerhaften Modekleid des
griechischen Parasiten {xqbxsSsl-
■jivog, noch nicht sicher erkliirt). Der
ganze Abschnitt von 61 quamvis
quota portio bis 68 bildet eine
durch Indignation hervorgerufene
Digression; erst 69 hic alta Sicyone
kniipft an Graecam urhem in V. 61
wieder an.
69 Vou Sikyon lag die illtere
Stadt in der Ebene, Demetrios Po-
liorketes aber verlegte sie von da
auf die Hohen unt«r der Akroj)olis,
20 Stadien vom Meer entfernt, daher
(dta, Paus. II 7, 1. Amydon am
Axios in Makedonien war die Haupt-
stadt der Piionier, Hom. 11. II 849.
70 Andros, die urafangreichste der
Kykladen nachst Naxos, fiel mit
der pergamenischen Erbschaft des
Attalos 133 V. Chr. an Rom. —
Samos verlor zugleich mit A^chaia
Rhodus und Byzantium seine Selb-
standigkeit {lihertas) unter Vespa-
sian, Suet. 8. Tralles lag nordlich
vom Miiander an der grofsen Strafse,
die von Karien naeh Phrygien
fiihrte. — Alahanda, am Marsyas,
gehorte ebenfalls zu Karien, und
vermittelte den Handel nach Mi-
letos, — Der Hiatus vor der Haupt-
casur {Samo, hic) hat in einem
griechischen Worte nichts Auf-
fallendes; er erscheint sogar dop-
pelt Verg. III 74 Nereidum matri
et Neptuno Aegaeo. Vgl. 1, 151.
10, 281. 12, 36 (nicht 110).
71 Der Esquilinus hatte wobl
einige hervorragende Palaste, doch
wohnte im allgemeinen dort ebenso
wenig wie auf dem angrenzenden
Viminulis der voruehmere Teil der
rOmischenBevolkerung, 11, bOcedere
LIBRI 1 SATVRA III
43
viscera maguarum domuum dominique futuri.
ingeuium velox, audaeia perdita, sermo
{n-om})tus et Isaeo torrentior. ede, quid illuni
esse putes. quemvis liominem secum attulit ad nos:
granimaticus rhetor geometres pictor alijites
augur sclioenobates medicus magus, omnia iiovit
Ciraeculus esuriens; iu caelum, iusseris, ibit.
iu summa non Maurus erat neque Sarmata nec Tlirax,
78 iusseris pto: miseiis Aroviensis, erasa P
75
itamque foro iam non cst deierius
ijuam Esquilias a ferventi migrarc
Subura, und 5, 78 wandert der
arnie Klient friihmorgt^ns per mon-
tem advcrsum gelidasipic Esquilias.
Der Griecbe sucht also zuniichst
in t-inem billigt-ren Stadtteil Unter-
kunft, um allmiiblich von dort aus
iu die grofseu Hiiuser einzudringen.
72 viscira (die Seele des Hauses)
ist Nominativ. Bedeutsam tritt fu-
iuri auskiingend an das Ende des
Verses, wie Verg. I 210 illi se
fraedae accingunt dapibusquc fu-
turis.
73 Die Wortstellung zeigt, dafs
die Adjektiva relox (gewandt), j)^^'-
dita (nichtswiirdig), promptus (nie
verlegen, schlagfertig) pradikativ
zu fasaen sind.
74 Zu torrcntior vgl. 296. 10, 9
u. 128. Die Vergleichung einer
Eigenschaft mit einer Person statt
rait der Eigenschaft derselben {quam
sermo Isaei) ist nicht nur dem
Griech. und Lat. , sondern selbst
dem Deutscben recbt geliiufig, vgl.
90. 7, 72. 10, 247 (313). 15, 68.
Isatus war ein beriihmter Sopbist
und Stegreifredner aus Assyrien,
zur Zeit des Plinius und Juvenalis
unter Trajan in Rom. Mit begeister-
ter Anerkennung spricht von ihm
Plin. ep. II 3. — ede wie 296 und
edam 1,21 und 14,317 (immer mit
indirektem Fragesatz) setzt Samm-
Inng und Uberlegung voraus: wae
ein solcher Mensch eigentlich ist,
ist scbwer zu sagen, er beherrscht
eben jede Kolle.
76 Der aliptes {u).Binrr]g) war
bei den Griechen der Ein.salber der
Athleten, bei den Romern meist
ein Sklave, der den Herrn oder
auch die Frau des Hauses im Bade
frottierto und salbte, 6, 422. Vgl.
Weise, die gr. Worter im Latoin. 298.
77. Zu augur vgl. 44 imd 6, 585.
Die ersten Seiltiinzer (axoivo^iirai)
traten iu Rom 364 v. Ciir. auf der
Tiberinsel auf; zur Zeit des Terenz
waren diese Auffiihrungen schon so
belieljt, dafs das zur Vorstellung
der Hecyra anwesende Publikum
sich durch die Produktionen eines
Seiltanzers verleiten liefs aus dem
Theater wegzulaufen. Unter der
Censur des Messala und Cassius
finden wir die Akrobatik bereits
im Theater, in der Kaiserzeit im
Programm der ludi Romani. Weise
300 sq.
78 iusseris = gesetzt du ver-
langst es von ihm, wofiir 6, 526 es
vollstiindig beif&t: si candida ius-
serit lo, ibit ad Aegypti finem (den
Gebrauch von iuhtre beweist auch
das komiscbe tremulumque eaput
descendere iussit in caelum 6, 622).
Vgl. Cbarit. III 2, 5 %xoi.^oq o^vvvai
ilq xhv ovqavov dva§ag yiai aipd-
lisvog avxov xov diog, Ausdruck
griechischer Lebbaftigkeit. Der
verkiirzte Potentialsatz ist der-
selbe wie Hor. s. II 7, 32 iusserit
ad se Maecenas serum venire con-
vivam: 'nemon oleum feret ociusP
cum magno blattras clamore furis-
que, Terent. heaut. 487 darc dene-
garis, ihit ad illiid ilico, Verg. VI
30 tu quoque magnam partem opere
in tanto , sineret dolor , Icare, ha-
bcres, auch wobl Ov. amor. I 4, 29
quod tibi miscuerit, sapias, bibat
ipse iuheto, oder Pers. V 167 euge,
piuer, supias, dis depellentibus agnam
pjercute, Senec. VI 16, 1 par illis
ad Itonesta, libeat modo, facultas est.
79 iyi summa, kurz und gut, ist
abschliefsend, Pliu. ep. V 1, 3 re-
44
IVVENALIS
qui sumpsit pinnas, mediis sed uatus Atheuis.
liorum ego nou fugiam conchylia? me prior ille
siguabit fultusque toro meliore recumhet,
advectus Romam quo pruna et cottona vento?
usque adeo nihil est, quod uostra infantia caelum
hausit Aveutini baca uutrita Sabiua?
quid quod adulandi gens prudentissima laudat
sermonem indocti, faciem deformis amici,
et longum invalidi collum cervicibus aequat
HercuHs Antaeum procul a tellure tenentis,
miratur vocem angustam, qua deterius nec
ille souat, quo mordetur gallina marito?
80
85
90
80 achivis ^)
spondeham non convenire moribus
meis aliud palatn aliud affcre se-
creto, praeterca non csse satis ho-
nestum donure et locupleti et orho,
in summa non jyrofuturum ei, si
donasscm, schliefslich. Mehr Bei-
spiele giebt Hosius App. crit. 80.
80 sumpsit pinnas, anders 14, 76
illi eadcm szimj)tis quacrurd a7ii-
mcdia pinnis. Der Tausendkiinstler
DaedalusgehortezudemGeschlechte
der athenischen Erechthiden und
warUrenkel desErechtheus. Wegen
eines Mordes vom Ai-eopag ver-
urteilt mufste er nach Kreta zum
Eonig Minos fliichten.
81 concliylium (Dem.Yon y,oyxvlri)
ist das Muschel- oder Schaltier
(Mart. XI 52, 13), dann insbesonderc
die Purpurschuecke, endlich (wie
Purpur) das Purpurkleid, 8, 101
Sjjartana cldamys, conchylia Coa,
also = Prachtgewander. horum,i.e.
Gracculornm, wiihrend vorher der
generelle Singular gebraucht war,
wie 1, 138. Auch das folgende ille
bezeichnet nicht ein bestimmtes
Individuum. Beim Unterschreiben
und Untersiegeln von Urkunden
(cf. 10, 336) wurde eine bestimmte
llangordnung beobachtet. Die Ord-
nuQg am Triclinium ist aus Horaz
Sat. II 8, 20— 25 bekanut. Vgl. 5,17.
Damascener Pflaumen und kleine
syrische Feigen {quas v.6xxava vo-
cant) wurden meistens viber Alexan-
dria nach Rom eingefiihrt. Plin. h.
XIII 51.
84 usque adeo am Anfang des
Satzes noch 10, 201; sonst gehen
einige Worte voraus 5, 129. 6, 182.
15, 82. — Caclum Aventini wie 6,
637 caeliim Latinum . Caelum haurire,
Luft trinken, sich an ihr laben,
nach Verg. X 899 Tyrrhenus ut
auras suspiciens hausit caelum mon-
temque recepit, wo man gewohnlich
oculis zu hausit ea-ganzt nach IV
661. Man sagte ocuJis und auribus
oliquid haurire, aber auch auribus
bihere. Curt. V 5, 19 alium domi
esse caeli haustum (Genufs) , alium
lucis aspectum.
86 Ein Muster ist Gnatho in Ter.
eun. 248 cst genus hominum, qui
esse primos se omnium rerum vo-
lunt, nec sunt. hos consector, Jiisce
ego non jjciro me ut videant, sed eis
idtro adrideo ct eorum ingenia ad-
miror simid; quidquid dicunt, laudo,
id rursum si negant, laudo id quo-
que. negat quis, nego, ait aio, jw-
stremo imj)eravi egdmet mihi omnia
adsentari. is quaestus nunc est multo
uberrimus.
87 deformis, mifsgestaltet.
89 Der Riese Antaeus herrschte
iiber Libyen und besiegte alle Frem-
den imRingkampf. Dadie Beriihrnng
der Erde ihm immer wieder neue
Kraft gab, so mufste Herkules im
Kampf ihn iiber dem Bodeu in der
Schwebe halten und in der Luft
erdriicken. Es war dies das Meister-
stiick griechischer Ringkunst, das
aucli die' plastische Kunst ofters
darzustellen suchte.
91 ille == vox illius {mariti). Das
LIBRI I SATVRA Tll
45
haec eadem licet et nobis lamlare, sed illis
oreditur. au melior, cum Thaida sustinet aut cum
uxorem comoedus agit vel Dorida nullo
eultam palliolo? mulier uempe ipsa videtur,
uon persoua loqui; vacua et plana omuia dieas
iufra veutricuhim et teuui distantia rima.
nec tameu Antiochus nec erit mirabilis illic
aut Stratocles aut cum molii Demetrius Haemo:
uatio couioeda est. rides, maiore cachinno
coueutitur; tiet, si lacrimas conspexit amici,
nec dolet; ignicuhim brumae si tempore poscas,
accipit eudromidem; si dixeris "aestuo", sudat.
95
100
94 pullo Biichner 98 tautum ?
Nomen ist in den Relativsatz ge-
setzt und vom Relativprouomen
attrabiert, wie Hor. s. I 4, 2 atque
alii quorum comoedia prisca viro-
rumst, I 10, 16 (7/^ scripta quibus
comoedia prisca viris est, II 2, 159
vinum et cuius odorem olei ncqueas
perferre. Vgl. zu 10, 272. Zur Sache
Quint. XI 3, 51 vox ultra vires nr-
genda non est: nam et suffocata
saepe et maiore nisu minus clara
est et interim elisa in illum sonum
erumpit, cui Graeci nomen a gaUo-
rum inmaturo cantu dederunt.
93 Es kann keine besseren und
naturlicheren Schauspieler geben
als die Griechen, und doch finden
diese in Griechenland keine beson-
dere Bewundening (98 nec tamen),
weil eben jeder Grieche ein wunder-
barer Scbauspieler ist. Die weib-
lichen, den mannlichen Schauspie-
lem schwer erreichbaren Rollen
sind die einer feineren Hetare
{Tliais), einer Frau, endlich einer
Sklavin (Doris) , die ohne Uber-
gewand {nuUo palliolo) nur leicht
mit der Tunica bekleidet ist, etwa
wie 6, 491 nuda umero Psecas in-
felix nudisque mamillis. Schon der
innere Gegensatz von cujtam und
nullo palliolo verbietet die Anderung
von nullo in pjullo. Zu Thaida sus-
tinet (= Tliaidis piersonam) vgl.
Cic. or. II 102 tres pjersonas unus
sustineo, meam adversarii iudicis.
Dabei erinnert sustinet an die
Schwierigkeit (das Driickende) der
Aufgabe. Vgl. zu 14, 127 u. 15, 88.
98 sqq. erit, bei seinem Auftreten. —
Antiochus ist weiter nicht bekannt.
Haemus wird auch G, 199 dicas
haec mollius Haemo neben Carpo-
phorus als Darsteller weiblicher
Rollen genaunt. Ubcr Demetrius
vgl. Quint. XI 3, 178 maximos actores
cumoediarum, Demetrium et Stra-
toclea, placere diversis virtutibus
vidimus (also in Rom). sed illud
minus mirum, quod alter deos et
iuvenes et bonos putrcs servosque et
matronas et graves anus optime,
alter acres senes, callidos servos,
parasitos, lenones et omnia agita-
tiora melius. fuit enim natura di-
versa: nam vox quoque Demetri iu-
cundior, illius acrior erat. — Wah-
rend ridere und risus ein frohes
und gemafsigtes Lachen bezeichnet,
enthalt cachinnare und cachinnus
(10, 31 rigidi censura cachinni,
11,2 quid enim. maiore cachinno
excipitur vulgi, Pers. I 12 sum pe-
tulanti splene cachinno) ein ausge-
lassenes und gellendes GelLichter,
'vi'\%y.ayxttXuv. — Er darf nurThriinen
sehen, dann weint er, d. h. er ver-
giefst nicht nur Thriinen {laa-imat),
sondern ist auch schmerzlich er-
griffen {flet), nec dolet ohne doch
im Innern des Herzena Teilnahme
zu empfinden.
103 accipit (uicht arripit) er
nimmt zu dem Kleid, das er triigt,
den Flaus noch hinzu (zu Hiilfe),
wirft ihn iiber, wie Mart. II praef.
video quare tragoedia atque comocdia
episttdam accipiant, quibus pro se
46
IVVENALTS
Don sumus ergo pares: melior, qui semper et omnis
nocte dieque potest aliena sumere vultum
a facie, iactare manus, laudare paratus,
si bene ructavit, si rectum minxit amicus,
si trulla iuverso crepitum dedit aurea fundo.
j^raeterea sanctum nihil est nec ab inguine tutum,
non matrona laris, non filia virgo, neque ipse
sponsus levis adhuc, non filius ante pudicus;
horum si nihil est, aviam resupinat amici.
scire volunt secreta domus atque inde timeri.
104 omni Pco, corr. W 109 est nec om. P add. p
105
110
loqui non licet, epigrammata curione
non egent et contcntn sunt sua
lingua. Die ivdgouig ist ein dicliter
Uberwurf aus zottigem Wollenzeuge,
fiir Frauen mitunter von syrischem
Purpurstoff. Man hiillte sich in ihn,
um sich gegen Erkiiltung zu schiitzeD,
besonders nach gymnastischen
Ubungen, wie 6, 246. Mart. IV 19
quae iMcedaemonium barbara no-
vien liabet.
104 Das melancholische Selbst-
bekenntnis non sumus ergo pares
gewahrt der bisherigen lebhaften
Schilderung einen Ruhepunkt, da-
mit diese in echt juvenalischer
Weise sofort wieder von neuem
anheben kann. Der Grieche kann
nicht nur bei jeder Gelegcnheit
{semper), sondern auch mit jedem
Teile seines Wesens {omnis), mit
ganzer Seele eine beliebige Miene
und Stimmung annehmen, wie Hor.
ep. I 1, 11 omnis (sonst totus) in
Jioc sum, s. 1 4, 6 liinc omnis pendet
Lucilius, c. III 30, 6 non omnis
moriar. Dagegen ware et omni nocte
dieque uicht lateinisch, denn ganz
verschieden ist Mart. IX 62 tinctis
murice vestibus omni et nocte utitur
et die Philaenis, oder Stat. s. I 4,
117 quis omni luce mihi, quis nocte
timor.
106 iactare manus als Ausdruck
leidenschaftlicher Verwunderung,
Quint. XI 3, 179 manus iactare et
dulces exclamationes theatri causa
j)roducere, vom Schauspieler De-
metrius, VI 3, 54 Afer enim venuste
Manlium Suram, midtum in agcndo
discursantem , salicntem, manus iac-
tantem, togam deicicntem et repo-
nentem, non agere dixit sed satagere,
X 3, 21 tum illa quae altiorem
animi motum secuntur quaeque ipsa
animum quodammodo concitant,quo-'
rum cst iactare manum , torquere
vultum, femur et latus interim ob-
iurgare. Verschieden ist 4, 118
iactare basia.
107 rectum minxit,vfie 1, 16 altum
dormire, 14, 295 aestivum tonat. Es
ist durch nichts angedeutet, dafs
der hier erwahnttj Vorgangan die
Speisetafel zu verlegen ist.
108 Die trulla aurea ist die gol-
dene matella des Reichen (Mart. I
37 ventris onus misero, nec te pudet,
excipis auro)\ er hat einen fundiis,
den anus. Indem dieser sich um-
dreht {invertitur) , erfolgt aus der
matella der crepitus. Schon die
Scholien richtig: si pepederit. Ein
ahnliches Wortspiel findet' sich
schon Plaut. capt. 178 profundum
vendis tu quidem, haud fundum
mihi: er denkt an den venter , wie
curc. 121 age ecfunde hoc cito in
barathru m , proluepropcre cloacam.
110 Der Zusatz laris, virgo, levis,
ante pudicus, steigert den siind-
haften Frevel. Der sponsus , noch
jung und bartlos, ist der Tochter
des Hauses verlobt. Verlobung und
Heirat erfolgten mitunter in sehr
friihem Alter, und die physische
und moralische Reife pflegte sich
nicht immer gleichmafsig zu ent-
wickeln. Der Verfiihrung war also
viel Spielraum gegeben.
112 Zu resupinat vgl. 6, 126 et
rcsupina: iacens.
113 Sie wollen eben in alle Ge-
hcimnisse des (vornehmen) Hauses
LlCUi
.^Ar\ i;a 111
47
et quoniam cogit Graecorum mentio, transi
jrymnasia atque audi taciuus maioris abollae.
stoicus occidit Baream delator amicum
discipulumque senex ripa uutritus in illa,
ad quam Gorgouei delapsa est piuna caballi.
non est Romano cuiquam locus liic, ubi regnat
Protogenes aliquis vel Diithilus aut Hermarchus,
qui gentis vitio numquam partitur amicum.
115
120
114 cogit 11': coepit Pu) 117 discipulamque Fr. RUter
eindringen : daruni sclienen sie kein
Mittel, auch niclit die widerlichste
Vertraulichkeit. Tac. lY 7 et secreta
quoqtte eiiis corrupta uxare pro-
dihantur.
114 Mit innerem Widerstreben
erwiihnt der Dichter die ganz aufser-
ordentliche Xiedertrachtigkeit des
meineidigen Philosophen Egnatius
Celer: weil denn die Erwahnung
der Griechen, das Thema selbst
mich dazu zwingt, so ubergehe
meinetwegen die kleineren Sunden
in den Gymnasien und vernimm
dafur einen Frevel, der alles uber-
bietet, einen Frevel, den bereits
ein alterer, ergrauter Kopf ersonnen
und ausgetuhrt hat. In den Gymna-
aien ist die Jugend, die minores.
Ihr gegenuber steht der altere
Mann imaior). Wie die griechische
Jugend die x^-^fii'?, gewissermafsen
die toga praetexta, trug, so erscheint
der iiltere Mann in der ahoUa, der
weiteren chlamijs. Es wird aber
das Epitheton {viaior), welches die
Person bezeichnfet, auf die Kleidung
ubertragen. Denn dem Philosophen
an sich ist die ahoVa nicht eigen,
wie sie uberhaupt keinem beson-
deren Stande angehort. Ebenso
wenig lafst sich in der ahoJla ohne
weiterea der zgi^cov erkennen.
116 Den Prozefs des Paetus
Tlirasea und des Barea Soranus
berichtet Tac. XVI 21—33. In den
Prozefs verwickelt und verurteilt
wnrde auch Servilia, die Tochter
des Soranus: Thraseae Soranoque
et Serriliue datur mortis arbitrium.
Die Vernrteilnng wnrde bewirkt
durch das Zeugnis des P. Egnatius
Celer, von dem Tacitus sagt: cliens
hic Sorani, et iunc emptus ad op
primendum amicum, auctoritatem
Stoicae sectae praeferebat, habitu et
ore ad exprimendani imagitiem ho-
nesti exercitus, ceterum animo per-
fidiosus suhdolus, aiaritiam ac libi-
dinem occultans, quac postquam
pccunia rechisa suni, dedit e.cem-
plum praecavendi, quomodo fraudi-
bus inioJutos aut flagitiis comma-
culatos, sic specie bonarum urtium
falsoset amicitiae fallaces. Egnatius
wurde nach Neros Tod von Muso-
nius Rufus wegen falschen Zeug-
nisses belangt und verurteilt, Tac.
h. IV 10 u. 40.
V. 1 18 umschreibt die Stadt Tarsos,
deren Namen man aus dem dort er-
folgten Sturz des Bellerophon er-
klarte, Dion. Perieg. 869 Tagabv
ivy.tiutvr,v, Z&i di^ nozs nrjyuGog
Lmro;, ragaov acpslg xcoga» — linsv
ovvoua. Nach Dio C. 62, 26 stammte
allerdings Egnatius aus Berytns
(Beirat) in Phonikien, er scheint
aber in Tarsos seine Bildung em-
pfangen zu haben. Denn Juv. sagt
rijja nutritus in illa, nicht natus.
Der riofs ist der Kydnos, mit pinna
erklarte man vielfach auch TUQOog.
Der Pegasns war eine Geburt der
Gorgo und des Poseidon.
120 sq. Protogenes erklart Stranch
49 nach Cic. phil. II 15 hodie non
descendit Antonius. Curi' dat nata-
liciam in hortis. Cui? nemincm %o-
minaho : putate tum Phormioni
alicui, tum Gnathoni, tum etiam
BaUioni. Es ist also ein Mann wie
Protogenes oder Diphilos oder Her-
marchos, deren Namen in irgend
einera Litteraturwerk der Zeit eine
Kollespielenmochten. — Dieschroffe
Gegeniiberstellung von numquam
pnrtitur , solus hahet findet sich
48
IVVENALIS
solus habet; nam cum facilem stillavit in aurem
exiguum de naturae patriaeque veneno,
limine summoveor, perierunt tempora longi
servitii: nusquam miuor est iactura clientis.
quod i)orro officium, ne nobis blaudiar, aut quod
pauperis hic meritum, si curet nocte togatus
currere, cum praetor lictorem impellat et ire
praecipitem iubeat dudum vigilantibus orbis,
ne prior Albinam et Modiam collega salutet?
divitis hic servo cludit latus ingenuorum
125
130
127 curret S 130 nec P aut modiain p 131 servi pm
ebenfalls Lucan. I 290 socerum de-
2)ellere rcgno decretum est genero;
partiri non potes orhem, solus habere
potes!
123 umscBreibt den BegrifF ca-
luninia; die Kunst der Verleumdung
gehort zum Charakter des Griecheu
und der Griecheu iiberhaupt (2J«-
triae). Damit geht die Frucht (tem-
pora) des langen Dienstes (Hor. s.
JI 5,99) verloren, indem derPatron
uicht mehr au die lange Zeit {tem-
pora) der aufopfernden Klientel
denkt und sie in Rechnung zieht.
In dem Hause, in dem sich der
Grieche eingedrangt hat, wird der
Verlust eines Klienten leicht ver-
schmerzt. Dieselbe Phrase an der-
selben Versstelle 6, 91.
126—189: Es ist iiberhaupt eitle
Selbstverblendung,' wenn der Arme
noch glaubt, er konne dem Patron
einen Dienst leisten. Nur Reichtum
wird geachtet, Armut macht lacher-
lich. Der Arme kann in Rom auch
nicht emporkommen, wie etwa in
einer kleinen Stadt, sondern er wird
zu Schulden genotigt, da selbst der
Dienst des Klienten nur Ausgaben
verursacht.
126 porro fast = vero: iiberhaupt
ist fiir den Armen ein Dienst gar
nicht mehr moglich. Ahnlich steht
porro 7, 98 vester p)orro labor fe-
cundior? und 11, 9 muttos iwrro
vides, 6, 240 utile porro (= vero)
filiolam turpi vetulae producere tur-
pcm. Der togatus (hier = als To-
gatus, in der Toga) ist der Klient,
Mart. I 108, 7 sed tihi non multum
est, unum si praesto togatum, d. h.
morgens bei der salutatio erscheine,
zu der der Klient nur in der Toga
zugelassen wurde.
128 Der Prator treibt den voran-
schreitenden Liktor zu grofserer
Eile an, da er fiirchtet, die unver-
heirateten oder verwitweten und
kinderloseu Frauen {orhae, vgl. 12,
99), denen er seine Aufwartnng
machen will, konnten schon langst
ausgeschlafen haben und ihm sein
Kollege bei ihnen zuvorkommen,
10, 162 mirandusque cliens sedet ad
praetoria regis, donee Bithyno liheat
vigilare tyranno.
131 V7ie der Prator und sein
Kollege sich um des lieben Geldes
willen erniedrigen, so scheut sich
ein andei'er Qiic) nicht, mit dem
Sklaven eines Reichen zu^ geheu
und ihm die rechte oder Waffen-
seite zu iiberlaasen, wiihrend er selbst
zur Linken, der Schildseite, sich
bewegt; darum cludit latus wie
Hor. s.II 5, 18 tegere latus: ne tamen
ilJi tu comes exterior, si postulet,
ire recuses. Utne tegam spurco
Damae latus? Und warum diese
Demutigung? Der Reiche {alter,
was dem hie korrespondiert wie
246) kann den ganzen Tribunenge-
halt (25000 Sesterzen = 5400 Mark)
auf einmal an eine Cahina \er-
schweuden. Nach dem Scholiasten
{praetoris cuiusdam soror, quae se
occidit tamquam infamis in fratre
tcmporihus Claudii) ist es nicht
uuwahrscheinlich, dafs an Junia
Calvina', die Schwester des Silanus,
zu denken ist, Tac. XII 2 igitur
ViteUius ferre crimina in Silanum,
LIBKl 1 ^ATVKA 111
40
filius; altor enim quiuitum iu logione tribuni
accipiuut, douat Calvinae vel Catieuae,
ut semel aut iterum super illam palpitet; at tu,
cum tibi Vestini tacies scorti placet, baeres,
et dubitas alta Cbionen deducere sella.
da testem Komae tam sauctum, quam fuit bospes
numinis Idaei, procedat vel Numa vel qui
servavit trepidam flagranti ex aede Minervam:
protinus ad censum, de moribus ultima fiet
quaestio. ''quot pascit servos? quot possidet agri
iugera? quam multa magnaque paropside cenat?"
quautum quisque sua uummorum servat in arca,
135
140
135 Vestini IT"": vestiti Pco
142 iugera om. P add. pto
136 asella j^ 14:1 agros P. agri pca
cuius sayie decora it procax soror,
lunia Calvina, haud multo ante
VittUi niirus fuerat, fratrumqtie
iion incestuni sed incustoditum amo-
rem ad infumiam iraxit. Silanus
mortem sibi conscicit (ib. c. 8), Cal-
vina Italia pulsa est. Jnv., der
strenger als Tacitus urteilt, fiigt
hinzn: vel Caticnae oder auch einer
Catitna, deren Namen eine Abbil-
dung Ton Catia bei Hor. s. I 2, 95
zu sein scheint, wozu Porph. be-
merkt: ob pulchritudinem crurum
pudore neglecto alta veUe uttbatur.
haec autem adeo vilis fuit, ut in
aede Veneris theatri Pompeiani ad-
uUerium cum Valerio Aciscido tr.
pl. obducto velo cammiserit. Der
Zusatz deutet an, dafs Calvina nicht
viel besser gewesen ist {decora et
procaxj.
134 at tu, wie 264 und 1, 50.
Dagegen der scblichte ebrliche Ko-
mer halt an sich Qiaeres), wenn ihm
das Gesicht eines heimischen (TV
stini ein sabellischer Volksstamm
Mittelitaliens) scortum gerallt, und
tragt voUends Bedenken eine mcre-
trix wie Chione, die auf einer sella
oder cathedra sich vornehm ge-
biirdet, heriibsteigen zu lassen {de-
ducere). Chione wird von Martialis
wegen ibrer Schonheit geriihmtund
al.s Typus einer meretrix i-.ahT oft
erwabnt: I 34. 92. Ul 30. 34. 83.
87. 97. XI 60. Die Ver.se at tu . . .
deducere sella enthalten eine Di-
IvvKKAi.ig Satv-kak.
gression, um die leichtsiunige Ver-
schwendung der Grofsen Roms in
um so grellerem Lichte erscheinen
zu lassen.
137 Der arme Klient wird also
verdrangt, die unedle nnd leicht-
fertige Gesinnung der Grofsen Uifst
ihn nicht aufkommen (126 — 134).
Selbst die strengste Redlichkeit ist
ohne Vermogen in Rom mifsachtet.
Scipio Nasica wuvde fiir den vir
optimus erkliirt (205 v. Chr.), indem
er den Auftrag erhielt, das Bild
der phrj-gischen Gottermutter nach
Rom zu fiihren; denn das Orakel
zu Delphi hatte den Bescheid ge-
geben: cum Romam deam devexis-
sent, tum curarent, ut eam, t/ui vir
optimus Romae esset, hospitio ac-
ciperet Liv. XXIX 11, 6.
139 L. Caecilius Metellus rettete
bei einem Brande des Vestatempels
(241 v. Chr.) das Palladium, verlor
aber dabei das Angenlicht (Caecus),
6, 265 neptes Lepidi caecive MeteUi.
Die EUipse eines verbum dicendi
wie XI 4 omne theatrum tle Rutilo,
5, 107 ipsi pauca velim, 13, 181
nempe hoc indocti, Nagelsbach Stil.
§ 183, 1.
142 Tzaooiliig bedeutet zunachst
eine kleinere kostbare Schiissel zum
Auftragen feiner Gerichte, dann
kollektiv das silberne Tafelgeschirr
iiberhaupt; mitunter wird es von .
jeder Art von Schiisseln gebraucht.
Marquardt V 2, 250.
4
50
IVVENALIS
tantum habet et fidei. iures licet et Samotliracum
et nostrorum aras, contemnere fulmina pauper
creditur atque deos dis ignoscentibus ipsis.
quid quod materiam praebet causasque iocorum
omnibus bic idem, si foeda et scissa lacerna,
si toga sordidula est et rupta calceus alter
pelle patet, vel si consuto vulnere crassum
atque recens linum ostendit non una cicatrix?
nil habet infelix paupertas durius in se,
quam quod ridiculos homines facit. "exeat" inquit
"^si pudor est, et de pulvino surgat equestri,
cuius res legi non sufficit, et sedeant hic
lenonum pueri, quocumque ex fornice nati,
hic plaudat nitidi praeconis filius inter
piuuirapi cultos iuvenes iuvenesque lanistae":
145
150
155
156 in fornice pco
144 iurare aliquem oder aliquid
= beim SchworeH anrufen, oder
beim Schworen anfassen, 14, 219
Cereris tangens aramque pedemque,
Daher der Acc, wie Hor. ep. II 1, 16
iurandasque timm per numen poni-
mus aras. Abnlich sagte man ter-
ram mare sidera und numina iurare.
— Die samothrakischen Mysterien
wurden in der Romer Zeit den eleu-
sinischen gleich geachtet, Tac. II 54.
145 Der Blitzschlag wurde ofters
als Aufserung gottlichen Zornes und
strafender Gerechtigkeit aufgefafst,
13, 226 quasi iratus cadat in terras
et iudieet ignis.
146 dis ignoscentibus ipsis, die
Notlage des Armen wiirdigend,
iihnlich wie 15, 100 und 105.
*147 Zu materiam vgl. 10, 47 tum
quocpie materiam risus invenit.
149 sordidula nicht ganz blendend
weifs, Mart. I 103 sordidior multo
post hoc toga, paenula peior, cal-
ceus est sarta terque paterque cute.
152 Asyndeton summativum: Ja
das ist das Traurigste an der Armut,
dafs sie liicherlich macht. Damit
wird wieder der Boden bereitet zu
einer neuen Expektoration. Es folgt
eine Scene im Theater. Die lex
Roscia de XIV ordinibus riiumte
die ersten 14 Sitzreihen ausschliefs-
lich den Rittern ein. Dieses Gesetz
scharfte Domitian wieder in seiner
Censur ein, Suet. 8 suscepta eor-
rectione morum liccntiam theatralem
promiscue in equite (in den 14
Reihen) spectandi inhibuit, und liefs
durch bestimmte designatores (wir
kennen aus Martial Leitus und
Oceanus) streng darauf achten, dafs
sich kein Dnberechtigter einschlich.
Der Rittercensus betrug 400 000
Sesterze (14, 324), der in jener Zeit
von Emporkommlingen aus dem
niedersten Stande sehr haufig er-
reicht wurde.
156 Unter den lenones sind Eltern
zu verstehen, wie sie 1, 55 geschil-
dert sind. Das quocumque ex for-
nice nati (stammend) wird durch
6, 116sqq. erklart, denn Messalina
war nicht die einzige Frau dieses
Schlages.
157 Der praeco ist nitidus, denn
er hat viel Geld verdient, Mart.
V 56 artes discere vult pecuniosas?
fac discat citharoedus aut choraules;
si duri puer ingeni videtur, prae-
conem facias rel arcliitectum, 6, 8
praetores duo, quattuor tribuui, sep-
tem causidici, decem poetae cuius-
dam modo nuptias petebant a quo-
dam sene. non moratus iUe praeconi
dedit Eulogo puellam.
158 In die Schule eines beriihm-
riihmten pinnirapus oder lanista
begaben sich die aristokratischen
Jiinglinge {iuvenes), um hier das
LIBRI I SATVRA 111
51
sic libitum vaiio, qui iios distinxit, Otlioni.
quis ijjeuer hic placuit ceusu minor atque puellao
sarciuulis iuparV quis pauper scribitur heresV
quaudo iu consilio est aedilibus? agmine facto
debueraut olim teuues migrasse Quirites.
haud facile emergunt, quorum virtutibus obstat
res angusta domi, sed Romae durior illis
conatus: maguo hospitium miserabile, magno
servorum veutres, et frugi ceuula magno.
tictilibus cenare pudet, quod turpe negabis
transhitus subito ad Marsos mensamque Sabellam
contentusque illic veneto duroque cucullo.
pars magna Italiae est, si verum admittimus, in qua
160
165
170
164 mertjunt P 168 necabis P: necravit (o 170 Veneto B
Fechten regelrecht za lernen, Cic.
or. III 86. Val. Max. II 3, 2. Der
pinnirapus war der Gegner des
Samnis {gladiator); die.ser trug eine
ijaUa cristafa, die man pinna nannte,
und der Geguer suchte diese ihm
zu entreifsen. Den Typus eines
cultus iuvenis schildert Mart. III 63.
161 sarcinuJae VeriicbtUch fiir dos,
vfie 6, 146 collige sarcinidas der
libertus bei der dimissio ruft. Die
Adilen hatten .die Jurisdiktion in
Angelegenheiten des Handels imd
Verkehrs. Diese Funktion ubertrug
Augustus iin die Pratoren, Dio C.
53, 2. Die Adilen behielten aber
fiir ihren Amtskreis das Recht,
Polizeistrafen zu verhangen , Tac.
XIll 28. In wichtigeren Fallen um-
gaben sich di^ Adilen, wie alle
magistratus oder selbst Private (Plin.
ep. V 1, 5) mit einem Beirat icon-
silium), d. h. adhibere aliquem in
cansilium.
162 Der Ausdruck agmine facto
(10, 218 von der febriuni oder mor-
borum cohors) = in Keih ucd Glied,
Mann an Mann gereiht, hat etwas
Komiaches. V^erg. I 82 sagt mil-
dernd: ac vcntt velut agmine facto,
qua data porta, ruunt, sachlich
VIII 595 it clamr^r et agmine facto
quadrupedante putrem sonitu quatit
ungula campum.
163 Zu olim vgl. 10, 142. — te-
nues, diirftig, arm, 13, 7 tenuis
census, 7, 80 tenuique Saleio, 145
rara in tenui facundia panno,
8, 120 cum tenues nuper Marius
discinxerit Afros. — Das Verb mi-
grare steht hier in seiner Grund-
bedeutung weggehen.
164 Armut isttVeilichdemEmpor-
kommen uberall hinderlich, aber
in Rom ist der Versuch schwieriger
als anderswo. Der Gegensatz ist
ahnlich wie 7, 138 ausgepriigt.
165 Die Phrase res angusta donii
in der ersten Vershiilfte auch 6, 357.
166 sq. Die Verbindung der Ana-
phora und Epiphora (= Geld kostet
alles, alles kostet Geld) erinnert
an Hor. ep. I 1, 65 isne tibi melius
suadet, qui rem facias, rem, si possis,
recte, si non, quocumque modo rem.
— Zu hospitium miserabile vgl. 225,
234, 201.
168 negabis translatus, iibnlich
10, 20 und 14, 134. — Zu fictilibus
vgl. 11, 108 ponebant igitur (ma-
iores) Tusco farrata catino, argenti
quod erat, solis fulgebat in armis.
— Dem Particip translatus steht
l)Eirsd\elcontentusque, einerderdurch
den Zwang der Verbiiltnisse oder
Umgebung gelernt hat sich zu be-
scheiden = und gewcihnt dich zu
begniigen mit einer rauhen und
farblosen (venetus) Kapuze iiber dem
Kopf, zum Schutze gegen Kalte.
171 Eine Bemerkung, die an den
letzten Gedanken (contcntus — cu-
cullo) ankniipft und die folgenden
Gedanken vorbcreitet: etenim magna
Jtaliae pars est etc. Die Toga wird
als liistige und kostspielige Klei-
4*
52
IVVENALTS
nemo togam sumit iiisi mortuus. ipsa dierum
festorum herboso colitur si quando tlieatro
maiestas tandemque redit ad pulpita notum
exodium, eum personae palleutis liiatum
iu gremio matris formidat rusticus infans,
aequales babitus illic similesque videbis
orcbestram et populum, clari velamen bonoris
sufficiunt tunicae summis aedilibus albae.
bic ultra vires babitus nitor, bic aliquid plus
quam satis est interdum aliena sumitur arca.
commune id vitium est, bic vivimus ambitiosa
175
180
182 ambitiosi P
dung moglichst gemieden, 11,
204.
173 lu den Piovinzialstadten er-
bielt sich vielfach die alte Sitte,
wie sie Tac. XIV 20 scbildert: nam
antea subitariis gradibus (Ov. ars
I 107 gradibus de cespite factis, bier
lierboso theatro) et scaena in tempus
structa (hier pulpita) ludos edi so-
litos, vel si vetustiora repetas, stan-
tem populum spectavisse, ne si con-
sideret tJieatro dies totos ignavia
continuaret. Und auch das kam nur
bei bochwichtigen Feiertagen vor
(festorum dierum maiestas, redit ist
Perf. nicht Praes.). Auch das Spiel
blieb auf dem Lande national-
antik, vgl. Liv. VII 2 postquam lege
Jiac fabularum (kunstgerechter, den
Griechen nachgebildeter Dramen)
ab risu ac soluto ioco rcs avocabatur
et ludus in artem paulatim verterat,
iuventus Jiistrionibus fabellarum actu
relicto ipsa inter se more antiquo
(der Satura) ridicula intexta versi-
bus iactare coepit, quaeinde exodia
postea apipellata consertaque fabellis
potissimum Atellanis sunt (daher
Juv. 6, 71 exodium Atellanae). So
ist auch bier an die Atellanae zu
denken. Es war ein einfacber Dia-
log mit eingelegten Liedein im
saturnischen Rhytbmus.
175 Die Periode hat zwei (mit
si und cum eingefiihrte) Vorder-
siitze, wie 1, 81 — 86. Das land-
liche Kind im Scbofs der Mutter
orschrickt vor dem ungewohnten
Anblick der fratzenbaften Maske.
Diese ist pallens, komisch grafslich,
und bat einen weitgeoffneten Mund
(Jiiatus). Original solcher Schil-
derungen ist Hom. II. 6, 467 aip S'
o nccLq TiQog ■KoXnov iv^civoio zLd^rj-
vrjg By.liv&r] idxojv , nccTQog cpLlov
oipiv axvx&sCg, xaQ^rjoag ^aXyiov xs
i8l lotpov nfJtioxaitrjv , dsLvov aTt'
dtiQOTcizrig yiOQV&og vsvovxa vorjoag.
177 Jiabihcs fiir Kleidung {VJiabit)
ist nacbklassiscb. Indessen ist auch
bier noch die ganze aufsere Haltuug
der Zuscbauer datait bezeichnet.
178 Weil die Romer den Chor
nicbt hatten, so wurde die orcJie-
stra {oQxrjOTQa), raumlich bedeutend
kleiner als im griecbischen Theater,
der abgeschiedene Zuschauerraum
fiir den Senat mit den Magistrateu
an der Spitze. Hinter ihnen sind
die 14 Sitzreiben der Ritter, dann
folgt die cavea der Plebs. In den
Landstadten ist dieser Unterscbied
nicht zu bemerken ; die Adilen
(summus magistratus) und die De-
curionen sitzen allerdings in der
Orchestra, aber sie unterscheiden
sich vom Volke nicht, nur dafs die
hocbste Behorde eine weifse tunica
tragt, wahrend das Volk und selbst
die Decurionen in der alltaglichen
dunkeln tunica erscheinen. Die alba
tunica, nicht einmal die toga, ist
das velamen clari Jionoris.
180 Jiic, hier in Rom aber gebt
der iiufsere Prunk {nitor) iiber das
Vermogen hinaus, Hor. ep. I 18, 22
gJoria quem (Ebrgeiz) supra vires
et vcstit et tmguit, man nimmt mit-
unter mehr als notig ware vom
fremden Gelde (11, 46), d. b. sumilur
ex aJiena arca et consumitur.
182 Die paupertas ist ambitiosa
LIBRI I SATVRA III
53
paupertate omnes. quid te moror? omnia Romae
eum pretio. quid ilas, ut Cossum aliquando salutes?
ut te respiciat clauso Veieuto labello?
ille metit barbam, crinem hic deponit amati;
plena domus libis venalibus: accipe et istud
fermeutum tibi babe. praestare tributa clientes
cogimur et cultis augere peculia servis.
quis timet aut timuit gelida Praeueste ruinam
aut jiositis uemorosa inter iuga Volsiuiis aut
simplicibus Gabiis aut proui Tiburis arce?
185
190
186 amatur P 187 libis ?: libris P 190 ruina P
(anspruchsvoll), weil trotzderMittel-
losigkeit doch einer den andern zu
iiberbieten sucbt.
Is4 — 189 spricht wie alles ubrige
Umbricius zu Juvenalis. Mit dra-
matischer Lebhaftigkeit fiihrt er
deu Gedanken aiis, dafs man ohue
Geld nirgends Zugang in grofsen
Hausem finden konne, dafs zur
Regel und Notwendigkeit geworden
sei, was Hor. s. I 9, 56 als Unver-
schamtheit verurteilt wird: haud
mihi dero, mufieribus servos cor-
nimpam. — Den Cossus kennen wir
nicht. Veiento gehorte wie Catul-
Ins Messalinus zu den eifrigsten
Delatoren nnter Domitian. YgL
4, 113. 123. 129. 6, 113. — clauso
labeUo, also ohne resalutatio, zu
der er zu vomehm ist. — Unter ille
— hic sind nicht notwendig Cossus
und Veiento zu verstehen; es konnen
damit wieder zwei andere Hauser
und eine Art der Auspressung von
Klienten skizziert sein. Der eine
Herr lafst sich eben rasieren, der
andere ist eben mit einer feier-
liclien Ceremonie beschaftigt: es
findet die depositio dea zum ersten-
mal geschorenen Haares eines Lieb-
lingssklaven statt, der bisher acer-
Stcomes war (8, 128). VgL FriedL
zu Mart. IX 11 und Marq. V 2, 119.
Wegen der Feierlichkeit giebt es
Kuchen, die die Dienerschaft den
Klienten verkauft, weil die Sitte es
erfordert, dafs auch der Klient
einen Opferkuchen den Laren dea
Hau^es darbringe, wie auch am
Geburtstag, TibulL II 2. — Fermen-
tum ist dao was Gamng verursacht,
der Sauerteig, dann iibertragen Zorn,
Wut, Plaut. merc. 959 tota in fer-
mento iacet, nimm ihn (den Kuehen)
hin und behalte (vgL 5, 118) diesen
Garstoff fur dich, moge er dir
das Blut in den Kopf treiben. — Die
culti servi sind die 5, 66 erwiihnten
servi supterbi, hier besonders Pfort-
ner, Anmelder, Kammerdiener.
190—231 Die haufigen Feuers-
brunste gefahrden Leben und Eigen-
tum des Armen, dem niemand hilft.
In einer Landstadt dageg^n kann
er sich leicht ein eigenes kleines
Besitztum erwerben.
190 sq. quis timet aut timuit, kein
Mensch fiirchtet jemals, 8, 70
quos illis damus ac dedimus. Dafs
damit eine starke Versicherung
(Bejahung oder Verneinung) aus-
gedriickt wird, zeigt z. B. Plaut.
merc. 539 amabo te, an maritust?
Xeque est neque erit, 446 nutnquam
edepol fuit neque fiet ille senex in-
sanior ex amore quam ille adu-
lescens. — Praeneste war auf steiler
Anhohe, nahe dem Gebiet der
Aquer und Hemiker, gelegen, da-
her gelida (Fem.), Hor. III 4, 22
seu mihi frigidum Praeneste seu
Tibur supinum seu. liquidae pla-
cuere Baiae, 14, 88 Praenestinis in
montibus, bei Verg. VII 682 heifst
es altum. — Gabii als kleine Land-
stadt neben Fidenae auch 6, 56.
7, 4 und 10, 100 erwiihnt. Tibv/r
hier pronum wie bei Hor. supinum
von der Lage der Stadt am Berg,
14, 87 summa nunc Tiburis arce
auf der hochsten Anhohe.
54
IVVENALIS
nos urbein colimus tenui tibicine fultam
magna parte sui; nam sic labentibus obstat
vilicLis, et veteris rimae cum texit hiatum,
securos pendente iubet dormire ruina.
vivendum est illic, ubi nulla incendia, nulli
nocte metus. iam poscit aquam, iam frivola transfert
Vcalegon, tabulata tibi iam tertia fumant:
tu nescis; nam si gradibus trepidatur ab imis,
ultimus ardebit, quem tegula sola tuetur
a pluvia, molles ubi reddunt ova columbae.
lectus erat Codro Procula minor, urceoli sex
ornamentum abaci nec non et parvulus infra
cantbarus, et recubans sub eodem marmore Chiro,
iamque vetus graecos servabat cista libellos,
et divina opici rodebant carmina mures.
nil habuit Codrus — quis enim negat? — et tamen illud
195
200
205
197 est om. P 203 Codro — sex om. P add. p
193 sqq. tibicen ist ein Pfeiler oder
eine (provisorische) Stutze, Ov. fast.
IV 695 stantem tihicine villam. Fest.
366 : tibicines in aedificiis dici existi-
mantiir a similitudine tihiis ca-
nentiumi?), qui id cantantes susti-
ncant ita illi aedificiorum tecta.
Donat. vit. Verg. 60 (R.): quaedam
impcrfecta transmisit, alia levissi-
mis verhis veluti fulsit, quae per
iocum pro tibicinihus interponi aie~
hat ad sustinendum opus, donec
solidae columnae advenirent.
Das folgende sic bezieht sich auf
tetiui tihicine: drolit wegen dieser
Schwiiche Einsturz, so erfolgt keine
wirksame Abhiilfe. Vgl. 308. Da-
rum bleibt das Ganze formlich in
der Schwebe. — Der vilicus ist der
Hausverwalter, wahrscheinlich ein
Freigelassener (vgl. zu 4, 77). —
pendente ruina in der Laterne, Lu-
can. I 490 credas quatiente ricina
nutantes pendere domos.
198 frivola, seine Armseligkeiten,
5, 59 iiomanorum omnia regum fri-
vola.
199 Vcalegon = Nachbar, nach
Verg. II 311 iam proximus ardct
Vcalegon, Hor. e]). I 18, 84 nam tua
res agitur, parics cum ptroximus
ardet. Schon qualmt das dritte
Stockwerk (10, 106). Auch Mart.
1 117 et sealis habito, sed (und zwar)
altis.
200 Denn beginnt, wie so oft,
Feuer und Verwirrung unten (9, 98),
dann brennt zuletzt der Arme in
der Mansarde. Malerisch ist der
Ausdruck ab imisgradibus trepidatur.
203 sq. Codrus weiter nicht be-
kannt. Frocula ist nicht die Frau des
Codrus, sondern ein stadtbekanntes
auffallend kleines Weib, vielleicht
gar eine Zwergin, wie 251 Corbulo
Typus der Korperkraft, 12, 11 Hi-
spulla der von Beleibtheit ist. — mi-
nor zu klein, vgl. 15, 140 minor
igne rogi, 4, 66 privatis maiora
focis. — nec non, zu 10, 51. — infra,
sc. ahacum.
205 v.dvQ^UQoq (eig. Kafer) war ein
weitbauchiges Trinkgefafs, mit zwei
laugen, weit herabgehenden Hen-
keln, etwa Humpen, Kanue; der
Name wurde durch die attische Ko-
modie eingebiirgert, Hor. I 20, 2
und Q\). I 5, 23. — suh eodem marmore,
dem ahacus. Der Chiron diente als
Triiger der Flatte des ahacus.
207 Die Mause sind roh, ungebil-
det {opici), wie Hor. ep. 1 20, 12 vou
seinem Buche sagt: aut tineas pa-
sccs taciturnus inertes. Die Hausein-
richtung des Horaz, die er s. I 6,
116 — il8 beschreibt, war ebenso
einfach wie die des Codrus.
LIBRI 1 SATVRA III
55
perdidit iufelix totum uihil. ultimus autem
iierumuue est cumulus, quoJ uudum et frusta rogauteni Jiij
uemo cibo, uemo lios])itio tectoque iuvabit.
si uiagna Asturici cecidit domus, liorrida mater,
pullati proceres, differt vadimonia praetor.
tunc gemimus casus urbis, tuuc odimus iguem.
ardet adhuc, et iam accurrit qui marmora donet, 216
couferat impeusas; hic uuda et candida sigua,
hic aliquid praeclarum Euphrauoris et Polycliti
haec Asiauorum vetera oruameuta deorum,
hic libros dabit et forulos mediamque Miuervam,
hic modium argenti. meliora ac plura reponit 220
Persicus orborum lautissimus et merito iara
suspectus, tamquam ipse suas incenderit aedes.
si potes avelli circensibus, optima Sorae
210 est expunxere pco frustra PS 214 geminas P
209 iUud totum nihil, wie Pera.
I 122 hoc ego opertum, hoc ridere
meum, tam nil , miUa tibi vendo
Iliade.
210 frmta rogans = Hom. Od.
XVII 222 uixilcov dv.oXovq^ Bissen
von dem reichen Mahle.
212 Asturicus, ein hoher Aristo-
krat. Bei der. Trauer legte der
hohere Stand die Kleidung des zu-
niichst niederen Standes an. Hier
thun die proceres, also doch sena-
tores, viel mehr: sie erscheinen in
der tunica pulla (zu 179).
216 sq. conferat impensas, zu den
Kosten beitragt, den Schaden er-
setzen hilft, 7, .36 ne quid tibi con-
ferat itte, beisteuern, schenken. — nu-
da et candida 6?^>ia nackteMarmor-
statnen. Andere bringen Erzstatuen
oder gar kostbare Arbeiten der
Toreutik in edlen Metallen. Euphra-
nor war als Erzgiefser und Maler
gleich ausgezeichnet. Seine Bliite-
zeit fallt in die Regierung Philipps
und Alexanders. Vom Polyklet
haben wir uns hier kleinere sigtia
a<:nea, z. B. die -/.ai-^/^opot des
C. Heius (Cic. Verr. IV 5) zu denken.
Die Namen beriihmter Meister wur-
den in der KAieerzeit sehr freigebig
angewendet, vgl. Brunn Kiinfftler-
gesch. I 216sq.
218 Die jetzt hier in Rom be-
findlichen (hau) Kunstarbeiten des
Polykletus, die einst den Gotter-
tempeln in Kleinasien gehorten.
Vgl. 8, 102.
219 Andere bringen Biicher und
Biichergestelle (foruli) und in die
Mitte der Bibliothek eine Biiste
oder Statue der Mineiva, in deren
Schutz die litterarischen Werke in
den Bibliotheken standen, vgl. Ital.
Ilias 1069 ipsa (Calliope) tuas de-
pone lyras; ades, inelita Pallas.
Catull. ad Corn. 9 quod, o patrona
virgo, pliis uno maneat perenne
saeclo. Ja einer bringt sogar einen
ganzen Schefiel Silber, Petron. 37
uxor Trimalchionis, quae nummos
modio mttitur , Hor. s. I 1, 96 dives
ut metiretur nummos. Unter argen-
tum ist iibrigens nicht Geld, sondern
Silbergerate zu verstehen.
221 Persicus ist nicht Asturikus,
sondem eia Reicher {orborum lau-
tissimus), der (mehrmals? wegen
iam?) abgebrannt ist und besondera
viele und reiche Liebesgaben er-
halten hat, weil er orhus ist. Mart.
III 52 emxtta domus fuerat tibi, Ton-
giliane, ducentis: abstulit hanc ni-
mium casus in urbe frequens. Col-
latum est decies. rogo, non potes
ipse videri incendisse tuam, Ton-
giliane, domum?
223 sq. avelli deutet an, dafs der
liomer mit den ludi circenses ge-
^^ssermafben verwachsen ist. Es
56
IVVENALIS
aut Fabrateriae domus aut Frusinone paratur,
quauti nunc tenebras unum conducis in annum.
hortulus hic puteusque brevis nec reste movendus,
in tenuis plantas facili diffunditur haustu.
vive bidentis amans et culti vilicus horti,
unde epulum possis centum dare Pythagoreis.
est aliquid, quocumque loco, quocumque recessu
unius sese dominum fecisse lacertae.
plurimus hic aeger moritur vigilansque, sed ipsum
languorem peperit cibus inperfectus et haerens
ardenti stomacho; nam quae meritoria somnum
admittunt? magnis opibus dormitur in urbe.
inde caput morbi. raedarum transitus arto
225
230
235
226 movendis P 227 defunditur P 232 vigilansque W: vigi-
lando Pta. — sed illum Priscianus 235 urbem P
kostet ihm daher Miilie und Uber-
windung, diesem Vergnugen zu ent-
sagen, 11, 53 maestitia est caruisse
anno circensibus uno, 10, 81 (popu-
lus) nunc se continet atque duas
tantum res anxius optat, panem et
circenses. — Sora lag im Volsker-
lande, am rechten Ufer des Liris,
nordlich vou Arpinum und Fregel-
lae. Siidwestlich davon im Lande
der Herniker Frusino, und in siid-
licher E,ichtung Fabrateria. — para-
tur wird erworben, gekauft, 4, 131.
5, 56. 14, 200. 88. 7, 66.
225 sqq. tenebras = tenebricosum
cenaculum, 7, 28 parva cella, vgl. zu
166. Mit Juvenals Urteil stimmt an-
nahernd iiberein Mart. IV 66 egisti
vitam semper , Line, municipalem,
qua niliil omnino vilius esse potest. —
liic auf dem Lande. — tenuis plan-
tas, die zarten, jungen Schofslinge.
229 epulum, ein Festmabl, wie
man es in Rom mitunter den Tribus-
genossen gab. Die Pythagoreer leb-
ten nur von Vegetabilien ; auch die
Bohnen vermieden sie zu essen, 15,
173.
231 lucertae, einer kleinen Ei-
dechse (14, 75); denn nur wer Grund
und Boden hat, kann in Wahrheit
dominus laccrtae sein, Copa 27 nunc
cantu crebro rumpunt arbtista cica-
dae, nune veprum gtlida sede la-
certa latet. Wir wiirden sagen:
eines Strauches oder eines Garten-
beetes.
232—277 Lebensgefahrlich ist fiir
den Armen in Rom die Unruhe zn
Hause und die Unruhe auf der
Strafse.
232 aeger vigilansque gehoren pra-
dikativ zu plurimus: sehr viele ster-
ben hier angegriffea und mit offenen
Augen, weil sie abzehren und nicht
schlafen konnei). Die Abzehrutig
wird durch Mangel an Verdauung
und diese durch ewige Ruhestorung
herbeigefiihrt. Attribut ist pluri-
mus 8, 58 sic luudamtis equum, facili
cui plurima palma fervet, 14, 259
multus in arca fiscus, 5, 79 multo
stillaret paenula nimbo, 5, 35 multa
veteris fuligine testae, vgl. 142, um-
gekehrt i&t plurimus pradikativ
Verg. ecl. 7, 60 luppiter et taeto
descendet plurimus imbri, georg.
III 52 optima torvae forma bovis,
cui turpe caput, cui plurima cervix,
Aen. I 419 ascendebat collem, qui
plurimus urbi imminet.
233 cibus imperfectus fiir non
confectus oder parum confcctus ist
ungewohnlich.
234 ardenti, fiebernd. — merito-
rium, Mietwohnung, im Gegensatz zu
den Paliisten und Villen der Reichen.
236 sq. capid, Hauptursache^A^^erg.
XI 361 von Turnus: o Latio caput
liorum et causa malorum , XII 572
lioc caput, 0 cives, haec belli summa
nefandi. Am Tage bis zur zehnten
Stunde durften Wagen nicht durch
die Stadt fahren. Es ist ja auch
LIBRI I SATVKA III
57
vicorum iuHexu et stantis couvicia mandrae
oripient souinuni Druso vitulisque marinis.
si vocat oftieium, turba cedeute vehetur
dives et ingenti curret super ora Liburno,
atque obiter leget aut scribet vel dormiet intus;
namque facit somnum clausa lectica fenestra.
aute tamen veuiet: uobis properautibus obstat
nnda prior, magno populus premit agmiue lumbos
qui sequitur; ferit bic cubito, ferit assere duro
alter, at hic tignum capiti incutit, ille metretam.
pinguia crura luto, planta mox undique magua
calcor, et iu digito chivus mihi militis haeret.
210
245
240 liburno Pco: liburna S
hier nur von der Unruhe wiihrend
des Abends und der Nacht die
Rede, vsfl. 7, 179; ausgenommen
wareu die Lastfuhren zum Zweck
offeutlicher Bauten, die freilich sehr
hiuifi^ waren. — rcciae sind Reise-
wagen; sie biegen in scharfer Wen-
dung um die Strafsenocken. Denn
da die Strafsou selbst eng und
schmal sind, so wird auch die
Bieguug sehr eng {arto inflexic),
Tac. XV 38 obyioxia urbe artis iti-
neribus hucque tt illuc flexis atque
etwnnibus vicis, qunlis vetns (vor
dem Neronischen Brand) lioma fuit.
— ^dvdQu ist eigentlich ein Ort zum
Weilen, dann Uiirde, Stall, endlich
die Herde selbst. Diese kann nicht
weiter {stantis), Tiere und Treiber
schreien und schimpfen durchein-
ander {convicia).
238 Der Kaiser Tib. Claudius
Drusu.s war wegen seiner Scblaf-
sucht beriichtigt, Suet. 8 quotiens
post cibum obdonnisceret , quod ei
fere accidebat, '6?> somni brevissimi
erat — nam ante mediam noctem
plerumque evigilabat — , ut tamen
intcrdiu nonnumquum iniuredicendo
obdormisceret vixque ab advocatis
de industria vocem augentibus ex-
citaretur. Er wird deshalb mit den
schlafsiichtigen Phoken oder Meer-
kalbern verglichen, Hom. Od. IV 404
uurf,i di fiiv ffwyiui vinodsg xai^g
aloovdvrjg u&qoul tvdovciv. Terent.
eun. 1079 fatuus est insulsus tar-
dus, sterlit tiottis et dies.
239 Die wogende Volksmenge
tritt vor der Sanfte zuriick (4, 63).
Die Sanftentrllger siud Liburner
(6, 477); statt des Plur. steht der
kollektive Sing. und der Ablativ,
weil die Sklaveu nur als Werkzeug
dienen, womit das currcre super
ora ausgefiihrt wird.
241 obiter, nebenbei, wie 6, 481
verberat uique obiter faciem linit.
242 Der Arme findet uirgends,
nicht einmal zu Hause Ruhe, er
wird krank und elend; der Reiche
kann sich Ruhe und Schlaf ver-
schaffen, selbst wenn er in Geschiif-
ten sich stolz iiber die Kopfe des
Volkes dahiuti'agen liifst. Er kann
dies allein dnrch die Konstruktion
der Sitnfte erreichen (1, 65). Deu
bedeckten oder verschlosseuen Trag-
sessel soll zuerst Kaiser Claudiu.s
gebraucht haben, Friedl. S.-G. 1247.
244 unda von einer Menschen-
menge, Verg. georg. II 462 ingentem
foribus domus alta superbis mane
salutantam totis vomit aedibus un-
dam. Also vorn {prior) und hinten
hindert die liistige Menschenmenge
das FortkOmmen, Hor. s. II 6, 28
luctandtim in turba et facienda in-
iuria turdis.
246 alter nach hic wie 132. —
metreta, ein Olfafs, welches der
Lasttrilger iiber die Strafse triigt,
Mart. V 16, 7.
248 Vgl. 16, 24 s([. Es folgt eine
audere Scene. Aus einem reichen
Hause ergiefst sich der Strom von
Klienten. Sie waren eingeladen als
convivae, erhielten aber nicht eiue
58
IVVENALIS
iionne vides, quaiito celebretur sportula fumo?
ceutum convivae, sequitur sua quemque culina.
Corbulo vix ferret tot vasa ingentia, tot res
inpositas capiti, quas recto vertice portat
servulus iufelix et cursu ventilat ignem.
scinduutur tunicae sartae modo, longa coruscat
serraco veniente abies, atque altera pinum
plaustra vehunt, nutant alte populoque minantur.
nam si procubuit qui saxa Ligustica portat
axis et eversum fudit super agmina moutem,
quid superest e corporibus? quis membra, quis ossa
invenit? obtritum vulgi perit omne cadaver
more animae. domus interea secura patellas
iam lavat et bucca foculum excitat et sonat unctis
striglibus et pleno componit lintea guto.
250
255
260
259 de 2JW 263 stricilibus P
cena recta, sondern die sportula,
und diese niclit in Geld, sondern
in warmen Speisen, Suet. Dom. 8.
Da die Gaste das im voraus wufsten,
so waren sie von ihren Burschen
begleitet , die die Speisen in einem
Warmeapparat {culina) nach Hause
trugen. Die Scene spielt abends,
nicbt morgens nach der salutatio,
zur Zeit der cena.
251 Der beriihmte Feldherr Neros
Cn. Domitius Coyhulo war corpore
ingens, verbis magnificus, Tac. XIII 8.
Dtr Sklave triigt auf seiner Anricht
eine culina (ob ein Selbstkocber
wie Cic. Rosc. 133?) mit allem zu-
gehorigen Apparat {vasa, tot res),
und im Gehen {et cursu) facht er
noch dazu das Feuer an (eben durch
die rasche Bewegung).
254 Da die Toga eher nachgiebt,
so kann die Tunika Schaden leidea
nnd doch die Toga unverletzt blei-
ben, Plin. ep. IV 16 scissis tunicis
ut in freciuentia solet, sola velatus
toga perstitit.
255 serracum war nach Quint.
VIII 3, 21 das sordidum nomen fiir
plaustrum, vgl. 5, 23. Eiu Verbot
gegen solche Storungen erliefs Tra-
jan, Plin. pan. 51 non iit ante in-
manium transvectione saxorum urhis
tecta quatiuntur, und Hadrian, Ael.
Spart. 22 vehieula cum ingentibus
sarcinis urbem inqredi prohihuit.
256 Verg. II 628 illa (die an-
gehauene Esche) usque minatur et
tremefacta comam concusso vertice
nutat, donec paulatim evicta con-
gemuittraxitque iugis avolsa ruinam.
Die minae sind nicht grundlos.
Denn wenn eine>Ladung Marmor-
blocke zusammenstiirzt, ist der Vor-
iibergehende verloren. Aus denMar-
morbriiehen von Luna und Pisa kam
weifser (carrarischer) und bunter ins
Blauliche schimmernder Ma,rmor,
welcher nicht zur Skulptur, sondern
zu Bauwerken diente.
259 Caes. b. g. 1 26, 5 ex eo proelio
circiter milia hominum CXXX^tiper-
fuerunt (hier wiire de unmoglich!),
11, 48 inde uhi paulum nescio quicl
superest, Ov. am. III 9, 39 iacet ecce
Tibullus: vix manet e toto parva
cjuod wna capit. Gewohnlicher ist
de aliquo aliquid superest, Hor. s.
II 6, 104 uhi midta de magna super-
essent fercida cena.
261 more animae, wie ein Hauch,
ist eine komische Wendung, Hom.
Od. XI 221 ipvxr} d' iqvr' ovstQog
aTtOTixaiiivr} nsnotrjTui. Wiihrend
der ehrsame Biirger auf der Strafse
den Martertod gefunden hat, bereitet
ihm zu Hause die sorglose Diener-
schaft Bad und Mahlzeit. Dena
vor der cena wurde das Bad ge-
nommen, 11,204. Dahiu bringt
der Skltive den Olkrug {gutus)
nebst der strigil und den lintca zum
Abreiben und Abtrockntn.
LIBKI I SATVRA III
59
haec iuter pueros varie properantur, at ille
iam sotlet iu ripa taetrumque uovicius borret
portbmea nec sperat eaeuosi gurgitis aliuim
iufelix nec babet quem porrigat ore trieutem.
respice uunc alia ac diversa pericula uoctis:
quod spatium tectis sublimibus unde cerebrum
testa ferit, quotiens rimosa et curta feuestris
vasa cadant, quanto percussum pondere siguent
et hiedaut silicem. possis iguavus baberi
et subiti casus iuprovidus, ad cenam si
intestatus eas: adeo tot fata, quot illa
nocte patent vigiles te praetereunte fenestrae.
ergo optes votumque feras miserabile tecum,
ut sint contentae patulas defuudere pelves.
ebrius ac petulans qui nullum forte cecidit,
dat poenas, noctem patitur higentis amicum
265
270
275
269 cerebr** P
264 at flle, zu 134.
265 Verg. VI 298 portitor has
(undan) horrendus aquas et flumina
servat terrihiU squalore (= taeter)
Charon, cui plurima mento canities
inculta iacet, stant lutniyia llamma,
sordidus ex umtris nodo dependet
amictus. Das griecbische nogd^uBvg
fur portitor hebt ebenso wie no-
vicius (Neuling, gewohnlich von
Sklaven, Terent. ean. 582 ijaucae
mamnt noriciae puellae) daa Ko-
mische der Scene. Die Sitte, den
Toten eine Munze als Fahrgeld fiir
Charon in den Mund zu legen, war
bei Griechen und Romem allgemein.
Reichere erhielten auch kostbare
Schmucksachen mit in das Grab.
Derartige Funde in Grabern oder
Sargen sind oft vorgekommen, Marq.
V 1, 355.
268 — 314 Nachts ist niemand
seines Lebens sicher: bald bedrohen
ihn die Ziegel von den Dachern
oder die Topfe aus den Fenstern,
bald mifshandeln ihn trunkene Jun-
ker, endlich falit er gar in die Hande
der Rauber.
269 quod spatium, sc. sit, dieAus-
dehnung der hocbragenden Hauser
= die emporstrebende Hohe der
Hauser.
270 te.ita, Dachziegel.
zerbrochen.
curta,
272 silicem, das Strafsenpflaster,
6", 350 silicem pedihus quae conterit
atrum, Prud. iu Symm. I 581 qui-
que terit silicem variis discwsibus
atram. — Die ignavia ist die Indo-
lenz oder der Leichtsinn, der es
versaumt seine Burgerpflicht zu er-
fiillen, Plaut. merc. 662 si ille ah-
ierit, mea factum omnes dicent esse
ignavia, mein Versaumnis, meine
Schuld.
273 Nicht ohne Absicht scheint
der spondiacus mit einsilbigem
Schlufs hier gewiihlt zu sein: lang-
sam bewegt sich ad cenam vor-
warts, plotzliche Unterbrechung, da
fallt das einsilbige si wie ein Stein
aus der Hohe herabl
274 adeo tot, Epiphonem.
275 sqq. vigiies fenestrae,-wa.c\iende
oder erleuchtete Fenster, hinter
denen die Menschen noch wachen,
wie 8, 158 pervigiJes jxjpinae, 15, 43
pervigilique toro, Hor. 111 8, 14 vigi-
les lucernue. — votum miserabile = 9,
147. — pjelies: 10, 64 pelves sartago
mateUae.
278 Scene aus den comissaiiones
der vornehmen Jugend lioms, Tac.
XIII 25 foeda donii lascivia, qua
Nero itinera urhis et lupanaria et
deverticula veste servili in dissimu-
lationem sui eompositus pererrahat,
comitantibus qui raperent venditioni
exposita ct obviis vulnera inferrent.
60
IVVENALIS
Pelidae, cubat in faciem, mox deinde supinns;
ergo non aliter poterit dormire; quibusdam
somnum rixa facit. sed quamvis inprobus' annis
atque mero fervens, cavet hunc, quem coccina laena
vitari iubet et comitum longissimus ordo,
multum praeterea flammarum et ahenea lampas.
me, quem hma solet deducere vel breve lumen
candelae, cuius dispenso et tempero fihim,
contemuit. miserae cognosce prooemia rixae,
si rixa est, ubi tu pulsas, ego vapulo tautum.
stat contra starique iubet, parere necesse est;
nam quid agas, cum te furiosus cogat et idem
fortior? "unde venis?" exclamat "cuius aceto,
cuius conche tumes? quis tecum sectile porrum
sutor et elixi vervecis labra comedit?
uil mihi respondes? aut dic aut accipe calcem.
ede ubi consistas; in qua te quaero proseucha?"
280
285
290
295
281 delebat Heinecke. intcrrogationem plerique faciunt
295 posuit Pinzger
296 ante
280 Hom. II. XXIV 9 Q^ccliQhv
v,axa 8dY.Qvov sl^ev, aXloz' sninltv-
Qocg KarayiBifiBvog, aXlors d' avrs
vnrLog, dV.ote di- nQrjVTqg' rore 8'
OQ&bg dvaardg Slvsvsoy.' dlvav
TiaQa &l'v ulog.
281 non aliter geht auf qui nul-
lum forte cecidit. ergu wie 9, 82. —
poterit dormire ist konclicionales
Futur. — quibusdam, gar mancliem
schafft erst eine Rauferei Schlaf,
cessantem ducit somnum, also rixa
statt clem strepitus citharae der
Phaaken!
282 improbus annis, jugendlich
ubermiitig, vgl. 8, 163 sq.
283 coccina laena, scharlachroter
Mantel 7, 136; umgekehrt ist der
Arme 5, 131 an der pertu^a lacna
kenntlich.
285 lamp)as ist, wie multum flam-
marum zeigt, ein grofsartiger Kande-
laber mit mehreren Flammen. Nach
Borghesi V 532 war er urspriiug-
lich ein Vorrecht der Imperatoren,
denen er nachts vorangetragen
wurde.
287 candela (von candere, Be-
leuchtung) ist ein Wachs- oder
Talglicht, dessen Docht von ihm
selbst geordnet wird, damit das
Licht nicht ausgeht.
288 prooemia rixae, das Vorspiel,
die Einleitung, 5v, 26 iurgia pro-
ludunt, 15, 51 iurgia prima sonare
incipiunt animis ardentibus, haec
tuba rixae.
290 stat contra ist Perf. zu contra
consistere: plotzlich steht er dir
gegeniiber uud ruft: Halt! Uber-
tragen bei Pers. V 96 stat contra
ratio ct secretam garrit in aurem.
— pjarcre, wie der Untergebene
seinem vorgesetzten Magistratus.
292 acetum ist nicht Essig oder
Wasser mit Essig vermischt, son-
dern gei'inger, schlechter Wein.
293 conchis (= v.6yxog von ■nvndv)
ist eine Art Linsenbrei, denn con-
chis bedeutet auch die Linse in
der Schale. Es war wie v.oyxog v.al
Kvajiog die Speise der Armeren,
vgl. 14, 131. — Maa unterschied
porrum sectile oder sectivum (wie
Schnittlaucli) nnd porrum capita-
ium, daher Mart. III 47 utrumquc
2)orrum scssilesque lactucas (Salat).
294 Der E.iimmehko\^f{caputverve-
cinum) wird auch in Martials Apo-
phoreta 211 erwahnt: mollia Phrixci
secuisti coUa mariti.
296 consistcLS, wo du stehst, wo
du deinen Stand hast. — Die pros-
euchae sind Bethauser der Juden,
LIBRI I SATVRA 111
ni
tlicere si temptes aliquiil taeitusve recedas,
tantundem est: feriuut pariter, vadimonia deiude
irati faciunt. libertas pauperis liaec est:
pulsatus rogat et pugnis coneisus adorat,
ut liceat paucis cum dentibus iude reverti.
nec tamen haec tantum metuas. nam qui spoliet te
nou derit, clausis domibus postquam omnis ubique
fixa catenatae siluit compago tabernae.
interdum et ferro subitus grassator agit rem;
armato quotieus tutae custode teuentur
et Pomptina palus et Galliuaria pinus,
sic inde huc omnes tamquam ad vivaria curruut.
qua fornace graves, qua non incude catenae?
maximus iu vinclis ferri modus, ut timeas, ne
vomer deticiat, ne marrae et sarcula desint.
felices proavorum atavos, felicia dicas
300
30!:
310
311 ruaira P
welcbe meist abseits in verborgenen
Regionen der Stadt lagen. Hier
hatten Handelsleute oder Bettler,
natiirlich Juden, ihren Stand {con-
sistere).
298 vadimonia: erst schlagen sie,
dann, als wilren sie geschlagen,
hilngen sie noch obcndrein einen
Prozefs an: sie veranlassen eine
Biirgschaftsleistung beider Parteien,
d. h. in ccrtum diem locumque va-
dimonium promitti iubcnt.
300 adorat euthalt zugleich den
Begriff des verwandten supplicat,
er fleht demutig (wie zu einerGott-
heitjumgefalligeFreila-sung, Senec.
ep. 115, 4 adoret ac supplicet, an-
betend niederfallen.
301 Ausgeschlagene Zahne wer-
den auch 16, 10 erwiihnt. — paucis,
wenigstens mit einem Restl
302 haec tantum, der erwiihute
Vorgang ist nicht die eiozige zu
furchtende Gefahr. Die in die
Strafse etwa-i vorgebauten Buden
hatten beweghche Seitenthiiren, die
nachts vorgeschoben und mit Riegel
undKette ftst verschlossen wurden.
Das Ganze erschien de.^halb als eiu
befestigtes (fixai Gefiige (compago)
der mit Ketten verschlossenen Bude ;
es ist aber compacjo tahernae als
einheitlicher Begriff zu fas.«en, etwa
wie Budenbau, der gekettet und so
verschlossen ist. Auch die Haus-
thiire war im Inneru mit einer Kette
befestigt, wie dies uoch jetzt viel-
fach in London geschieht, Ov. am.
I 6 in me durae transite catenae!
und excute poste seram!
305 grassator, Strarsenriluber. —
agit rem, treibt sein Handwerk.
306 armato custodc, niit beson-
derer militiirischerBesatzung, Mann-
schaft.
307 Die Gallinaria pinus, eigent-
lich siiva, war eiu Fichteuwald bei
Cumae, siidlich vom Volturnu^-', Cic.
fam. IX 23.
308 tamquam ad vivaria (Hor.
ep. 1 1, 79) sic Imc currunt, wiihrend
im Deutschen sic iiberfliissig er-
scheint, Mart. XII 69 sic tamquam
tabulas orchetypos liabcs amicos.
Ebenso haufig ist die Korrelation
von quasi — ita, si — ita, Beispiele
giebt Niigelsbach Stil. § 156, 2.
309 Die Negation gehort zu bei-
den Gliedern der Frage. Sinn: da-
rum schmiedet man denn jetzt nur
Ketten fiir die Riiuber, so dafs fiir
den Ackerbau es bald an Eisen
fehlen wird. Uber die Trermung
von graves und catenae vgl. zu
6, 157.
312 Die Qual und Not der Gegen-
wart zwingt zu dem Seufzer: Wio
gliicklich waren da doch unsere
62
IWENALIS
saecula, quae quoudam sub regibus atque tribunis
viderunt uno contentam carcere Romam.
his alias poteram et pluris subnectere causas.
sed iumenta vocant et sol inclinat, eundum est;
nam mihi commota iandudum mulio virga
adnuit. ergo vale nostri memor, et quotiens te
Roma tuo refici properantem reddet Aquino,
me quoque ad Helvinam Cererem vestramque Dianam
converte a Cumis. saturarum ego, ni pudet illas,
adiutor selidos veniam caligatus in agros.'
315
320
320 elvinam oj 322 adiutor pco: auditor P(?)
Voreltern! Ahnlich 7,207, 12,110,
und Hor. s. II 2, 93 lios utinam
inter heroas natum tellus me prima
tulisset!
314 uno carcere, dem von Ancus
Marcius erbauten Tullianum, Liv.
I 33, 8: carcer ad terrorem incre-
scentis audaeiae media urhe, in-
minens foro aedificatur.
315—322 Epilog: Abschied des
Umbricius.
316 inclinat, intransitiv wie Hor.
III 28, 5 inclinare meridiem sentis.
318 adnuit, iihnlich 8,158 ac virga
prior adnuet = virga inclinata.
319 rcflci properantem, cf. 59;
mit passivem Infinitiv zur Bezeich-
nung einer Handhmg, die eine Per-
son liber sich ergehen lassen will,
auch Amm. Marcell. XXV 7, A fure-
bat inedia iraque percitus miles,
ferro properans quam fame igna-
vissimo genere mortis absumi, nach
Analogie von mortem, otium sibi
properare. — Aquinum im Volsker-
lande an der via Latina, die nach
Capua und von dort abzweigend
nach Cumae fiihrte, war des Dichters
Geburtsort. Unter Aquinum tuum
ist ein Besitztum des Uichters zu
verstehen, in dessen Nahe ein Tem-
pel der Ceres und Diana war. Der
Beiname Hcloia ist auch inschrift-
lich bezeugt.
322 Umbricius, der eben dem
Dichter den besten Stoff einer Sa-
tire gegeben hat:^ will nicht von
Cumae nach Aquinum reisen , um
Satiren des Dichters anzuhoren
(auditor), sondern um als Geistes-
verwandter des Dichters ihm wei-
tereu Stoff zu bieten (adiutor): seine
Satiren werden sich der Mithiilfe
des Freundes ja nicht schiimen!
Er will sich aber doch bescheiden
dem Dichter als caligatus, d, h. als
einfacher Soldat, unterordneu. CaJi-
gatiis ist pradikativ aufzufassen,
i;nd deutet zugleich an, dafs der
Dichter eine hohere militiirische
Wiirde, das Legionstribunat, be-
sitzt.
LTBRT I 8ATVRA IV
63
SATVRA IV
IV a
Ecce iteriim Orispinus, et est mihi saepe vocaiulns
ad partes, nioustrum nulla virtute redemptum
a vitiis, aegrae solaque libidiue fortes
deliciae, viduas tantum spernatur adulter.
"2 ad patres J' 4 aspernatur co
Satire IV
Die vierte Satire bestebt aus
zwei ganz beterogenen, uufserlicb
nnr lose (34—36) verbundenen Tei-
leo. Der erste (1 — 33) bandelt von
Crispinus, der zweite (37— 154)von
der entwiirdigenden Tyrannei Do-
mitians. Man glaubte zwiscben bei-
den Teilen folgende Verbiudung
annebmen zu mussen: Wenu scbon
der Diener so weit im Luxus gebt,
was ist dann er.^-t von dem Herrn
zu erwarten! Allein von einer
Scbwelgerei des Domltiau ist im
zweiten Teil gar nicht die Rede,
nur von dem Terrorismus, der Hocb
und Niedrig gefangen billt, und
von dem Eigendunkei desTyrannen.
Aucb spielt Crispinus im zweiten
Teil gar keine RoUe. Dazu kommt,
dafs V. 1 eine Satire erwarton lafst,
die sicb ausscbliefslicb mit Crispi-
nus bescbaftigt. Es sind also in
der Uberlieferung zwei Satiren, wo-
von die eine unvollendet war, in
unnaturlicber Weise zu einer Ein-
beit verbundon worden, wir wiasen
nicbt, durcb welcben Zufall. Denn
zur Annahme einer absicbtlicben
Interpolation liegt kein zwingender
Grund vor. Das Fragment V. 1 — 33
kann recbt gut von Juvenal her-
ruhren, nur ist es nicht iiberarbeitet,
und aucb die V. 34—36 brauchen
nicht erst zur Verbindung von 1 — 33
mit 37 — 154 verfafst zu sein. Vgl.
die Einl. zu Sat. 11.
1 ecce iterum Crispinus, er ist
I 26 — 29 nur voriibergebend und
nebenVjei erwiihnt; von einer be-
sonderen Satire iibt.r ibn wissen
wir nichts. Nacb 1, 26 und 4, 24
u. 32 und nacb Mart. VII 99 {nec
te Jioma yyiinus qnam iua Meynphis
aniet) stammte Crispinus aus Agyp-
ten, und 4, 108 wird er docb als
Mitglied von Domitians Staatsrat
vorgefiibrt. Als Senator konnte er
darannicbtteilnebmen,da Augustus'
Gesetz, dafs ein Agj^^pter nie in den
Senat kommen solle, bis Caracalla
streng beobacbtet worden ist (Dio C.
LI 17). Ebensowenig ist es wabr-
scbeinlich, dafs er als einfacher
Ritter zu dem collegium procerum
zugezogen wurde. Demnacb war
er (Borgbesi Oeuvres V 513 sq.)
wabrscheinlich wieCornelius Fuscus
praef. cob. i^raet. Denn es waren
immer zwei PrLifekten und sie wur-
den wegen der Wichtigkeit ihrer
SteUung zum Staatsrat zugezogen.
Daber heifst er V. 31 xmrimreus
scurra palati, iam princeps equittwi,
denn ein insifjne der praefecti war
die purpurne Chlamys, Lyd. mag.
II 13, Mart. VIII 48 Tyria aholla
genannt. Auch die Scbolien be-
merken zu V. 32 magister equitum
JRomanorum factus est scilicet. Da-
gegen die Tyria lacerna (1 , 27)
kann immerbin als Modekleid auf-
gefafst werden.
2 ad partes vocare {venire), eine
Rolle spielen lassen (iibernehmen),
wie Ov. am. I 8, 87 servus et ad
partes sollers ancilla parentur, qui
doceant, apte quid tibi possit emi.
— redemptum a vitiis, das Bild ist
vom Loskauf des Gefangenen ent-
lebnt: vitiis tamquam servus con-
strictus tenetur. Man sagte gewobn-
lich vitia redimae virtutibus oder
blofs virtute redemptus, so dafs der
Zusatz a vitiis auffallend ist, vgl.
9, 76 tota vix Jioc ego nocte redemi.
Vielleicbt ae vitiis aegrae, erscbopft,
gebrochen.
4 deliciae Wiistling, von der vita
parum pudica. — viduas iantum,
64
IVVENALIS
quid refert igitur, quantis iumenta fatiget
porticibus, quauta uemorum vectetur in umbra,
iugera quot vicina foro, quas emerit aedes?
nemo malus felix, minime corruptor et idem
incestus, cum quo nuper vittata iacebat
sanguine adhuc vivo terram subitura sacerdos.
sed nunc de factis levioribus. et tamen alter
si fecisset idem, caderet sub iudice morum;
10
8 damnabat laJm
9 vittata <s: vitiata Pco
gewohnliche Lviderlichkeit gefallt
ibm nicht, nur Ehebrecher will er
sein, vgl. Hor. s. I 2, 28 sq. ma-
tronas venatur, viduas tantiim
aspernatur. Das Verb. spernari ist
archaisch, Fronto p. 144 (Naber):
si placebis tibi pio aliqiio cultu
parentis, pietatem spernahere?
5 Darum mag er anch noch so
reich sein, d. h. als Emporkomm-
]ing Gluck gehabt haben, gliicklich
ist er doch nicht. Da man in der
Stadt nicht fahren durfte, so bauten
sich die Reichen grofse Hallen
oder Arkaden auf eigenem Grund
und Boden, um darin spazieren
fahren zu konnen, vgl. 7, 179 sq.
Der Abl. quantis porticibus ist nicht
lokal, sondern kausal aufzufassen,
denn die Grofse der Halle wird
die Veranlassung zur fatigutio. Fer-
ner legten sie sich grofse Parks
an mit freien Platzen (gestationes),
wo sie sich in der sella oder lectica
herumtragen liefsen, vgl. 1, 158
vehatur pensilihus plumis, Hor.
ep. I 10, 22 ncmpe inter varias nu-
tritur silva coiumnas, carm. III
10, 5 nemus inter pulchra satum
tecta. Und Crispinus hat so ausge-
dehnte Besitzungen sogar in der
Nahe des Forums, wo Grund und
Boden am teuersten war, vgl. Mart.
III 31 sunt tibi, confiteor , difjusi
iugera campi urbanique ■ tenent
p7-aedia multa lares, Senec. ep. 114, 9
in ipsas domos impenditur cura, ut
in laxitatem urbis (ruris Codd.) cx-
currant, benef. Vil 10, 5 acdificia
privata laxitatem urbium magna-
rum vinccntia, wo fieilich eher an
umfangreiche Villen zu denken ist.
8 corruptor, ein Verfiihrer vou
ProfeasiOD, ein sittlich verkom-
mener, ja nocb dazu (et idem, 3, 291
furiosus et idem fortior) blutschan-
derischer (incestus) Mensch. Denn
die Schiindung einer Vestalin war
Religionsfrevel und grober Incest.
Den Buhlen traf in der Kaiserzeit
meist Relegation, aber bei der Ver-
urteilung der Cornelia liefs Domi-
tian der alten Gerechtigkeit ihren
Lauf. mox Corneliam maximam vir-
ginem, absolutam olim, dein longo
interimUo repetitam atque conrictam
defodi imperavit stupratoresque vir-
gis in comitio ad necem caedi Suet. 8.
9 Es gab eine besondere Art des
Kopfbandes {vitta) fiir Matronea uud
fiir Jungfrauen; die priesterlichen
vittae (kleinere an beiden Seiteu
herabfallende Bilnder) waren mit
der infuJa, dem breiten Stirnband,
verbunden, weshalb vitta allein sehr
oft die infuJa mit bezeichuet. Der
Dichter hebt hier vittata, von saccr-
dos getrennt, durch die Stelhmg
hefvor, weil eben die vitta das
Zeichen der Unverletzhchkeit und
der geheiligten Person war.
10 terram subitura, die hinab-
steigen soUte, d. h. deren Ge-
schick oder Bestimmung es war
{fiiXXovaa). Die Schuldige wurde
auf einer Bahre zum campus sccJe-
ratus am Cohinischen Thor getragen,
wo sie in einem kleiben unterirdi-
schen Gewolbe mit einem Licht
imd einigen Speisen eingemauert
wurde, Dion. Ual.. II G7 u. Vlil 89.
11 factis, der Plural von einer
Handlung, weil sie in ihren Teilen
und einzelneu Moraenten betrachtet
wird, alinlich 5, 2 ut hona summa
pules aJicna rivere quadra.
12 idem, d. h. die Jcviora facta,
denu der Incest gehort nicht vor
LIBRI I SATVRA IV
65
iiam quod turpe bouis Titio Seioque, decebat
Crispiuum: quid agas, cuni dira et foedior omni
crimiue persona est? mullum sex milibus emit,
aequantem saue paribus sestertia libris,
ut perhibent qui de magnis maiora loquuutur.
cousilium laudo artiticis, si munere tanto
praecipuam iu tabulis ceram senis abstulit orbi;
est ratio ulterior, magnae si misit amicae,
quae vehitur chiso latis specuU^ribus autro.
13 Seioque Calderinus: serioque Pco 15 mnltum P
15
20
den iudex uwrum. Sinn: Ich will
nicht weiter reden von dem Incest,
denn hier versteht es sich von
selbst, dafs der Frevler vernrteilt
seia miifste; ich will jetzt eine
viel geriugere That beriihren, die
freilich wichtig genug ist, jedem
anderen eine nota censoria zuzu-
ffigen, Senec. ep. 95, 41 quid tam
dignum ctmoria nota quam cenae
iiumptuosae flagititcm. — caderef,
wiirJe zu Falle kommon, verurteilt
werden, vgl. 10, 69 sed quo cecidit
sub oimine. Vom Verurteilten wird
daher gern iacere {in exilio, in
mohstiis) gebraucht. — sub iudice,
vor dem Tribunal, vgl. 7, 13 quam
si dicas sub iudice 'vidi\ Der iudex
morum ist Domitian, und der Aus-
drack nicht frei von Ironie, vgl.
2, 29.
13 nam istironische Begriindung:
Crispinus non cecidit, nam quod
turpe bonis etc. , wir ubersetzen
'freilich'. Die Namen Titius und
Seius brauchteh die romischen Ju-
rifcten, um beJiebige PerBonen als
Beispiele zu nennen. Bestimmte
Beispiele konnten hier nicht ange-
fuhrt werden, weil es sich um ge-
wohnliche Erscheinungen handelt.
Vgl. 8, 182 et quae turpiu cerdoni,
Volesos Brutumque decebunt.
14 sq. quid ayas cwm = 3, 291 nam
quid agas, cum te furiosus cogat. —
mullus (5, 92. 6, 40. 11, 37) Meer-
barbe oder Rotbart, war einer
der geschatztesten und teuersten
Fische. Das gewohnliche Gewicht
war zwei, hochstens vier Pfund.
Es kommen vereinzelt noch hohere
Preise vor, so imter Tiberius
10 000 Sest., unter Calignla 7000
IvVEXA.1,18 SaTVI£.\F..
oder 8000, aber es waren eben nur
vereinzelte Beispiele, die immer als
Ausschreitungen geriigt wurden.
Suet. Tib. 34 tres muUos XXX mi-
Ubus nummum venisse graciter con-
questus adhibendum supellectili mo-
dum censuit annonamque senatus
arbitratu quotannis temperandam.
16 sane ironisch, vgl. 5, 123.
12, 124.
18 consilium laudo, wie 12, 121
laudo meum civem. — artiftcis 'des
Schlankopfes'. Von der Erbschlei-
cherei auch 10, 238' bona tota fe-
runtur ad Plnalen, tantum artifieis
(adj.) valtt hulitus oris.
19 in tabulis, den Wachstafeln
des Testaments ; in der Regel waren
es zwei (Diptycha) oder drei (Tri-
ptycha). Die erste Seite der ersten
Tafel blieb unbeschrieben, auf der
zweiten Seite stand der Name des
Testators, dann in der zweiten
Zeile die institutio heredis oder der
coheredes, weiterhin folgten die Le-
gate. — cera praecipua die erste
Wachsseite , wiihrend die erste
iinfsere Seite der tahulae nicht mit
Wachs iiberzogen war, ist = prima
cera bei Hor. s. II 5, 54.
20 ratio idterior , dio grijfsere,
noch dariiber hinausgehende Be-
rechnung ist, dafs er von der magna
amica nicht nur selbst etsvas er-
reicht, sondern noch dariiber hin-
aus durch ihre Vermittelung etwas
zu erreichen hofift. Ahnlich wie hier
ratio, steht 1 , l et spes et ratio
studiorum und 7, 30 spes nulla
ulterior, 15, 118 ulterius nil timet
{spierat).
21 Die lectica der magna amica
hat nicht blofs Vorhange (3, 242),
5
66
IVVENALIS
nil tale espectes: emit sibi. multa videmiis,
quae miser et frugi uou fecit Apicius. hoc tu
succinctus patria quondam, Crispine, papyro,
hoc pretio squamam? potuit fortasse minoris
piscator quam piscis emi; provincia tanti
vendit agros, sed maiores Apulia vendit.
qualis tunc epulas ipsum gluttisse putamus
25 pretium i)oa squamam S Valla: squame -Pco
25
sondern ist mit Sclieiben (Jatis) des
lapis specularis (Marienglas) ver-
sehen. Der Ausdruck antrum ist
spottiscli, deutet aber auch auf die
Ifiihleade Temperatur dieser kiinst-
lich-romantischen Grotte.
23 Nach dem was Senec. dial.
XII 10, 8 — 10 liber diesen ^nepotum
omnium altissimus gurges' berichtet,
der 100 Millionen Sest. Hn culinam
coniecit^, konnte er sich wohl mit
Crispinus messen, aber ■weil er eben
ein so beriichtigter Schlemmer war,
ist der Hohn um so bitterer, wenn
er dennoch dem Crispin gegenuber
armselig (miser^ und sparsam {frugi)
genannt wird. Wahrscheinlich er-
innert hier Juv. an einen Vorfall,
den Senec. e-p. 95, 42 erzahlt. Api-
cius eiferte mit P. Octavius, dem
Prafekten von Agypten, um den
Kauf eines ^Y-jpfundigen mullus,
verzichtete aber darauf, als dieser
5000 Sesterzen bot.
24 succinctus = alte cinctus (Hor.
s. II 6, 107 u. 8, 10) wie Sklaven
oder Geschaftsleute , vgl. 8, 162 et
cum venali Cyane succincta lagona,
Suet. Cal. 26 succinctos linteo. Zu
dem Nom. vgl. 5, 173. — Aus dem
Bast von Papyrus wurden auch
Kleidungsstiicke verfertigt, Plin. h.
XIII 22 et e libro vela tegetcsque
necnon et vestem texunt.
25 squamam verachtlich ii\xpiscem.
Die Ellipse von emisti oder emcre
potuisti ist durch das Pathos der
Entriistung veranlafst, wie 1, 88.
— Mart. III 62 quod pluris mula
est quam domus cmpta tihi, X 31
addixti servum nummis here mille
ducentis (Sest.), ut bene cenares,
Calliodore, semel; nec bene cenasti:
7nulhis tibi quattuor emptus libra-
rum ccnac pompa caputque fuit.
26 provincia schliefst Italien ans,
vgl. 5, 97.
27 sed maiores Apulia vendit, wo-
fur man in Beziehung auf tanti eher
minoris erwartet,aber wenn man fiir
denselben {tanti = tantidem) Preis
maiores agri erhiilt, dann sind diese
eben billiger. Die eigentiimliche
Form bedeutet, dafs man in Apulien
zuweilen sogar noch billiger
Grundstiicke (fundi) kaufen konne,
vgl. Ov. m. VIII 283 et Oeneos ul-
torem spreta (i. e. Diana) per agros
viisit aprum, quanto maiores her-
bicla tauros non habet Epir.os, sed
habent Sicula arva niinores , d. h.
grofsere Stiere giebt es gar nicht,
wohl aber in Sicilien mitunter klei-
nere, wonach man sich ein Bild
von der Grofse des Ebers machen
kann, denn die tcmri Siciliens sind
selbst nicht klein. Apulien hat
keine kleinen praedia, aber den-
noch kann man ein solches prae-
dium mitanter billiger kaufgn als
Crispinus seinen Fisch. Da die
praedia in Apulien weder klein
noch wertlos sind, so werden 9, 55
tot praedia, servas Apula ganz ua-
tiirlich als Beweis des Reichtums
angefiihrt, ebenso Hor. III 16, 26
quam si quidquid arat impiger Ap-
pulus occultare meis dicerer horreis,
magnas inter opes inops, Senec.
87, 6 tantum suburbani agri pos-
sidet, quantum invidiose in desertis
( wenig bevolkert) Apuliae possiderct.
Der Gebrauch von sed in dem oben
erwiihnten Sinne war volkstiimlich
uud ist nicht wesentlich verschie-
den von Beispielen wie 5, 147 oder
Mart. I 117 et scalis habito tribvs.
sed cdtis, die aber hoch sind, noch
dazu hohe, vgl. dort die von Friedl.
angofiihrten Beispiele.
28 gluttirc {gluttus Schlnnd, von
LIBRI T SATVRA IV
67
iuiluperatorem, cnm tot sestertia, partera
exigtiam et modicae suraptam de margine cenae,
purpureus raagni ructarit scurra Palati,
iam priuceps equitura, raagua qui voce solebat
veudere uiunicipes fracta de merce siluros.
iuci])e, Calliope. licet et cousidere: non est
cantaudum, res vera agitur. narrate, puellae
Pierides. prosit mihi vos dixisse puellas.
IV b.
Cum iam seraiauimum laceraret Flavius orbera
ultiraus et calvo serviret Roraa Neroni,
31 ructaret m 33 fracta S(o: facta P, farta Mart. III 58, 6
30
35
gula und gulo) erinneft-t an in-
gluvies, die widerliche GefriUsigkeit
des Schlemmers, dem der Bauch
sein Gott ist. Nicht ohne Spott
wird daneben das altehrwiirdige,
feierliche Wort induperator gestellt,
anch noch 10, 138.
30 sq. Bei einem G-elage war der
mnUus doch nur ein Gericht, ja
noch weniger, nur eine Nebenspeise,
zur Zierde um den Rand der Schiissel
herumgelegt. — erugere {iQSiyoaui)
und ructare (vgl. 6, 10) riilpseu,
verschlingen {rumen Schlund, rumi-
nare wiederkiiuen).
31 sqq.sc«;r«Pa?a^<verachtlichfiir
amicus principis , Hofschranze. —
magna voce, als praeco. — Der sihirus
(14, 132), Wels, ist ein Flufsfisch,
der sich besonders haufig im Nil
findet. Er heifst deshalb apottisch
municeps des Crispin, wie 14, 271
pingue antiquae de litore Cretae
passum et municipes lovis advexisse
lagonas. Die Ladung eines Schiffes
wurde in kleineren Teilen ver-
f-teigert. V^on der Schiffsladung {de
partitivj erhielt der jtraeco Crispi-
nns die Versteigerung der Fische,
des geringsten Teile.-t der gesamten
Waren. Frangere ist synonyra mit
comminuere oder minuere mercem.
Wahrscheinlich ist es, dafs die
Fische gesalzen waren, daher 14, 132
putri siluro.
34 r-.q. Die pathetisch-komische An-
rufung der Muse erinnert an Hor.
s. I 5, .51 nunc mihi paucis Sar-
menti scurrae pugnam Messique
Cicirri, Musa, veliin memores. —
considere, weil eine Erhebung un-
notig ist, die Geschichte bedarf
des kiinstlerischen Schmuckes gar
nicht. — Einen scharfen Gegensatz
bilden cayitare nnd narrare (eig.
gnurare kundig machen) wie schil-
dern und berichten, Cic. or. II 54
paulum se erexit et addidit maiorem
historiae sonum (vocis) Antipater,
ceteri non exornatores rerum, sed
tantummodo narratorcs fuerunt.
36 puellas, denn Orpheus war ja
doch der Sohn der Kalliope, aber
puella wurde auch von der ver-
heirateten Frau gebraucht, weuu
man ihrer Tugend oder Schonheit
schmeicbeln woUte (oft anch iro-
nisch), vgl. zu 3, 160.
37 semianimus ist bei den Dich-
tern immer choriambisch (s w o)
gebraucht. — laceraret , ahnlich
sagt von Domitian Oros. VII 10 cum
et in urhe ipse senatum populumquc
laniaret et foris male circumactum
erercitum{DAc\eThrieg)assiduaJiostes
clade conficerent. Wegen seiner Grau-
samkeit wurde er ofters Nero ge-
nannt, so ira J. 96 von Mart. XI 33
und TertuU. Apol. c. 4 portio Ne-
ronis de crudelitate, de pall. 4 Suh-
nero. Domitian war von Natur sehr
eitel und besonders iiber seinen
Kahlkopf betrubt, daher wird er
calvus Nero noch von Auson. de
XII Caesaribus 12 genannt, Suet. 18
cahntio ita offendebatur, ut in con-
tumeUam suani traheret, si cui dlii
ioco vel iurgio ohiectaretur.
5*
68
IVVENALIS
iucidit Adriaci spatium admirabile rhombi
ante domum Veueris, quam Dorica sustiuet Ancou,
implevitque sinus; nec enim minor haeserat illis,
quos operit glacies Maeotica ruptaque tandem
solibus effundit torrentis ad ostia Pouti
desidia tardos et longo frigore pingues.
destiuat hoc monstrum cumbae liuique magister
pontifici summo. quis enim proponere talem
aut emere auderet, cum pleua et litora multo
delatore forent? dispersi protinus algae
40
45
41 implevitque S^jco.- itnplevit P
47 litore P
43 torrentis S: torpentis P?
39 incidit implevitqiie sinus
gehort eifg ziisammen und in
dieser Verbindung hat incidit mit
dem Accusativ statt incidit in
sinus nichts Auffallendes. — Adriaci
ist Adjektiv und gehort zu rhombi.
— Die Umschveibuug des Fisches
durch spatium admirahile (fiir
ingtns rhombus) ist nicht ohne
komische Fiirbnng, vgl. 6, 505 si
breve parvi sortita ett lateris spa-
tium. Wenn Verg. VII 18 saeti-
geririue sues atque in praesepibus
ursi saevire ac formae magnorum
ululare luporum sagt, so wird da-
mit auf die Metamorphose der Men-
schen durch Circes Zanberkraft hiu-
gewiesen: es sind eben in Wirk-
lichkeit keine Wolfe. — Der rhombus
oder die Butte gehorte zu den
edleren und beliebtesten Fischen,
am besten aua der Gegend von
Ravenna, Plin. IX 169 lupi pisces
in Tiberi amne inter diios pontis,
rhombus Bavennae, muraena in Si-
cilia (vgl. 5, 93).
40 In Ancona, das von Doriern
in Sicilien gegriindet war und die
Verbiudung Roms mit dem Norden
und Nordosten neben Ravenna ver-
mittelte, war ein beriihmter Tempel
der Venus marina. Catull. 36, 13.
Das Wort sustinet deutet an, dafs
der Tempel auf der Hohe lag und
weithin sichtbar war.
43 solibus, Sonnenstrahlen , die
heifse Sonne, 13, 78 per Solis radios
iurat. — torrentis, iiberflutend, stro-
mend, so Mart. X 85 torrcntibus
undis Tibris von der Tiberiiber-
schwcmmnng, Juv. 13, 70 torrens
amnis gurgitibus miris, vgl. zu 90.
Ov. trist. III 10, 49 vom Pontus:
vidimus in glacie pisces haerere li-
gatos et pars ex illis tunc quoqiie
viva fuit, was bekanntlich in eis-
bedeckten Fiiissen sehr haufig zu
sehen ist.
45 Kahn und Netz regiert der
Fischer. In iihnlicher Weise war
ein muUus ingentis formae, ^y^ Pf.
schwer, auf dem macellum zu Rom
gekauft und dem Tiberius zum Ge-
schenk gemacht worden: admiratus
est rem, qua putavit Gaesarem di-
gniim Sen. ep. 95, 42.
46 pontifici summo scheint anf
die dapes pontificales , die sprich-
wortlich waren (Hor. II 14, 28), und
die Vorliebe Domitians fiir diese
Seite der priesterlichen Thiltigkeit
anzuspielen, Mart. XII 48, 11 non
Albana milii sit comissatio tanti
(auf dem Albanum des Domitian)
nec Capitolinae (das epulum lovis
in Capitolio am 13. Sept. und Kov.)
pontificumque dapes. — proponerc,
offentlich auf dem Markte zum Ver-
kauf ausbieten.
47 tnulto delatore, vgl. zu 3, 232.
48 dispersi, die iiberall aufgc-
stellten [dispositi) Spiirhunde, die
selbst das Meergras durchsuchen,
wiirden dum armen {nudo) Fiihr-
matm sofort den Prozefs gcmacht
haben. Man erwartet dispersi dlga
inquisitores , der inquisitor bedarf
kciner niiheren Bestimmung, Plin.
h. VIII 147 comitantem ad feram
inquisitorem traJiem (i. e. canib),
Suet. Caes. 1 scqu<; ab inquisitoribus
pccunia redimeret.
LIBRI I SATVRA IV
69
inquisitores agereiit cum remige nudo
11011 dubitaturi fugitivum dicere piscem
depastumque diu vivaria Caesaris, inde
elapsum veterem ad domiuum debere revcrti.
si quid Palfurio, si credimus Armillato,
quidquid couspicuum pulchrumque est aequore toto,
res fisci est, ubicumque natat. donabitur ergo,
ne pereat, iam letifero cedente pruinis
autumno, iam quartauam sperautibus aegris
stridebat deformis liiems praedamque recentem
servabat. tamen hic properat, velut urgueat auster.
utque lacus suberant, ubi quamquam diruta servat
ignem Troianum et Vestam colit Alba minorem,
obstitit intranti miratrix turba parumper.
50
55
60
61 despastam P
53 Dieser Grundsatz ist in das
roniische Recht nicht iibergegangen ;
lubtit. lust. II 1, 2 heifst es: flumina
autcm onniia et portus jnihlica sunt
ideoque ius piscandi omnihus com-
mune est in portu fluminihusque. —
Palfurius und Armillatus waren
bekannte Jnristen zur Zeit Domi-
tians, Suet. 13 Capitolino certamine
cunctos inrjenti conscnsu precantis,
ut Palfurium Suram restitucret,
pulsum ohm scnatu ac tunc de
oratorihus coronatum, tncere iussit
voce pracc:nis. Nach den Scholien
war er auch, -wie Armillatus, als
Delator beriichtigt, und wnrde nach
Domitians Tod vom Sonat ver-
urteilt, sicut Marius Maximus scrihit.
55 Die Schmfichler des Kaisers
spracben dies alles nicht etwa dem
Arar des Staates, sondem dem
Fiskus des princeps zu.
56 sq. ne percot, der Fisch, denn
verlieren mufste der Fischf^r ihu
doch. — Der Septerabcr besonders
galt fiir den der Gesundbeit schad-
lichen Monat, zu 6, 517, aber
auch der Herbst nberhaupt, 11, 76
autumnum ct crudi posuere pericida
suci. Die quartana wnrde schon
als giinstiger angesehen, Cic. fam.
XVI 11, 1 cum in quartanam con-
versa vis est morhi, spero te dili-
gentia adhibita etiam firmiorem fore.
Es gehort also quartanam zu spe-
rantibus, denn aeger wird nie mit
dem Acc. der Krankheit verbunden,
wohl aber mit Acc. eines Korper-
teiles, wie pedcs aegcr.
58 praedam, deu Fang, d. h. den
Fisch, den die Kiilte frisch (recens)
erhalt. Dagegen wiirde ihn der
Auoter verderben, Hor. s. II 2, 41
ros praesentes Austri coc^uite horum
opsonia!
60 Unten ara albanischen Berge
befinden sich zwei nahe aneinander
liegende Seen, nieht weit von Aricia
der lacus Kemorensis und westlich
vom mons Alhanus der lacus Al-
hanus. Weun der Fischer auf der
Hohe des Gebirgszuges daherkam,
wie es von Norden oder Nordwesten
aus nicht anders moglich war, so
lagen die beiden Seen zu scinen
Fiifsen {suherant).
61 Das Feuer der von Troja
stammenden Vesta mufste nnter-
halten werden, um gleichsam die
Kontinuitat der Existenz Roms aus-
zudriicken, vgl. Verg. II 293 sq.
Ein zweites Kolleginm der Vesta-
linnen zu Alba, welches bis auf die
Zeit des Syramachus dauert, wird
ofter auf Inschriften erwahnt (Bor-
ghesi oeuvres V 517). Die Vesta
zu Alba heift niinor, weil der dor-
tige Tempel viel kleiner war als
der Ve.statempel su Rom. Die villa
Albana war der Lieblingsaufenthalt
Domitians.
70
IVVENALIS
ut cessit, facili patuerunt cardine valvae;
exclusi spectant admissa obsoiiia patres.
itur ad Atriden. tum Picens ^accipe' dixit
'privatis maiora focis; genialis agatur
iste dies; propera stomachum laxare sagina
et tua servatum consume in saecula rhombum;
ipse capi voluit.' quid apertius? et tamen illi
surgebant cristae; nihil est quod credere de se
non possit, cum laudatur dis aequa potestas.
sed derat pisci patinae mensura. vocantur
ergo in consilium proceres, quos oderat ille,
65
70
67 sagina W: saginam P sagiuis Spw saginae lahn 71 aequae P
63 id cessit, sc. miratrix turba.
— facili, 'willig', dagegen die ersten
Manuer des Staates niussen wavten
(exclusi) und zusehen, wie der
Leckerbissen (obsonia) vor ihnen
vorgelassen wird (admissa).
65 Atriden, damit wird die er-
habene, unbeschrankte Majestat des
Domitian lacherlich gemacht. Aga-
memnon ist deu romischen Dich-
tern vielfach das Urbild eines do-
minus superbus wegen der Opferung
der Iphigenie und des Hochmuts
gegen Achilles.
66 Da der genius eines Men-
schen von diesem selbst untrennbar
ist, so geschieht dem Menschen,
was seinem Genius geschieht, daher
genio indulgere oder genium vino
curare (Hor. III 17, 14) = sibi in-
dulgere oder se curare. Wenn der
Mensch sich einen guteu Tag ge-
wiihrt, so nennt er diesen gern
dics genialis (urspr. Geburtstag),
einen Tag, den er seinem Oenius,
d. h. sich widmet, daher = Freuden-
tag, vgl. die Schilderung bei llor.
cp. II 1, 140 sq. Laxare stomachum
sagina ist uichts anderes als sto-
machum placida sagina curare oder
rccreare, wie Verg. V 836 placida
laxabant meinbra quiete, eig. lielsen
die Glieder im Schlaf auseinander-
gehen, die nach dem Schlafe wie-
der zusammengenommen werden
{colliguntur) , Plin. ep. VR 24, 5
solerc se ut feminam laxare animum
lusu calculorum, Mart. IV 8 cum
honus aetherio laxatur ncctare Cae-
sar , also doch auch sein Magenl
Die Schmeichelei entspricht der des
Mart. IV 30.
69 apertius ''plumper', wie Sen.
u. q. IV praef. 8 quo apcrtior ei>t
adulatio.
70 surgebant cristae = intiime-
scchat, nach Art der imperiosi oder
saevientes (Quint. IJ-,8), d.h. schwoU
ihm der Kamm, wie einem Hahn,
spreizte sich wie ein Pfau, vgl.
13, 233 laribus cristam promittere
galli.
71 Die dis aequa potestas ist bit-
tere Ironie, weil er sich gottlicher
Abkuuft riihmte, und seineu Pro-
kuratoreu folgenden Anfaug einer
Verfiigung diktierte: ' Domimis et
deus noster hoc fieri iubet.' Mavtial
erteilt ihm ganz gewohnlich gott-
liche Namen und Attribute.
72 mensura patinae, eine aus-
reichende Schiissel, eig. das rechte
Mafs der Schiissel, j^isci par mcn-
siira patinae (10, 98). So erhiilt
mensura die Bedeutung von Grofse
oder Umfang, vgl. 14, 93 ncc parva
tamen mensura rclictac partis erat,
14, 316 mensura tamen quae suffi-
ciat censtts. Ironisch und bitter ist
der Zusatz von ergo zu vocantur.
73 Diejenigen Senatoren oder
liitter, welche den kaiserlicheu
Kabinettsrat bildeten, hiefsen vor-
zugsweise amici Caesaris, daher
magnae paUor amicitiae. Doniitii\n
hafste aiich diese, wic ihm der gauzo
Senat verhafst war. Auf ihrem Ge-
sicht lag die Blilsse der ekndiglich
LIBRI I SATVEA IV
71
in quorum facie miserue ma»j;iuieque seilebat
pallor amicitiae. primus clamante Liburuo
V'urrite, iam sedit' rapta properabat abolla
lV'gasus, attouitae positus iuotlo vilicus urbi.
auue aliud tuuc praeiecti? quorum optimu.s atque
iuterpres legum sauctissimus omuia, quamquam
tem})oribus diris, tractauda putabat inermi
iustitia. veuit et Crispi iucunda senectus,
cuius eraut mores qualis facuudia, mite
ingenium. maria ac terras populosque regenti
quis comes utilior, si clade et peste sub illa
saevitiam damnare et honestum adferre liceret
75
80
85
78 delehat Ileinrich 79 quamquam S^yco: quamque P 83 ter-
rasjjoj; terra P terram lahn gerenti F
bohen Freundscbaft, weil keiner
von ibnen sicb fiir ganz sicber
balten konnte, vgl. 88 und 1, 35.
Sie werden trotz Wiud und Wetter
(58) auf die viUu Albana bescbie-
den, nur um von dem Tyrannen
verbobnt zu werden.
75 Liburnus ist der servus ad-
missionis, dagegen 3, 240 und 6, 477
erscbeint der Liburner als Sanften-
triiger.
77 Fegasus war uben praefectus
urbi geworden, Tac. VI 11 mox
rerum potitus (Augustus) ob magni-
tuditiem popuU ac turda legum
atixilia sumpsit e consularibus, qui
coerceret servitia et quod civium
audacia turbidum, nisi vim metuat.
Um das J. 90 erscbeint bereits
Rutilius Galliciis in diesem Amte,
Stat. s. I 4. Juv. nennt ihn Auf-
seher oder Verwalter {vilicus) der
eingeschiichterten Stadt. Denn da
der vilicus , der Verwalter einer
vi}la, gewohnlicb ein Sklave oder
bochstens Freigelassener war, so
deutet der Dicbter damit an, dafs
Rom das Eigentum des Kaisers
und Pegasus sein er.ster Sklave
war. Die aboUa, Kriegsmantel oder
Chlamys, war die Amtstracbt des
Pegasus. Er seibst war ein be-
riihmter Recbts^gelehrter, der in
den Institutionen (II 23, 5) und
Digesten (I 2, 53) erwahnt wird,
ein Mann, der in dieser blutigen
Zeit gleicbwohl alles mit dem
schwacben Arm der Gerechtigkeit
{inermi iustitia) glaubte ausfiibren
zu konnen. V^ie hier quamquam
mit temporihus diris, so ist es 60
mit diruta verbunden (abgekiirzter
Nebensatz).
78 anne aliud nocb 7, 179. 199.
10, 207. 15, 122 anne aliam in-
vicliam facerent?
79 interpres lcgum — 6, 544.
81 Vibius Crispus war unter
Vespasian Prokonsul von Afrika,
dial. 8. Tac. b. II 10 sagt von ibm
pecunia potentia ingenio inter claros
magis quam inter bonos. Sein hei-
teres joviales Wesen (iueunditas)
riihmen aucb Suet. Dom. 3 und
Quint. X 1, 119.
82 mores Leben, Lebensweise, da-
gegeningenium=Cha,rakter,Wesen.
83 Anspielung auf Hor. I 12, 15
qui mare ac terras variisque mun-
dum temperat horis, Lucan. I 111
quae laure, quae terras, quae totum
possidet orhem, non cepit fortuna
duos.
84 comes hier = amicus, steter
Begleiter, obne dafs dabei an eine
Reise oder Expedition des Kaisers
zu denken ist. — clade ct peste illa
dem Wiiterich und Scbcusal, dem
grausamenDespoten, nacb Cic.prov.
cons. 13 has duplices pestes soeio-
rum (d. b. Piso und Gabinius), mi-
litum clades, publicanorum ruinas,
provi)iciarum vastitates, imperii ma-
cuJas teneretis?
85 liceret moglich gewesen ware,
denn ohne Bedingung mufste es
72
IVVENALIS
cousilium? sed quid violentius aure tyranni,
cum quo de pluviis aut aestibus aut nimboso
vere locuturi fatum pendebat amici?
ille igitur numquam derexit bracchia coutra
torrentem, nec civis erat qui libera posset
verba auimi proferre et vitam injjendere vero.
sic multas liiemes atque octogensima vidit
solstitia, his armis illa quoque tutus in aula.
proximus eiusdem properabat Acilius aevi
cum iuvene iudiguo quem mors tam saeva maueret
et domini gladiis tam festinata; sed olim
prodigio par est in nobilitate senectus,
unde fit, ut malim fraterculus esse gigantis.
profuit ergo nihil misero^ quod comminus ursos
figebat Numidas Albana nudus harena
venator. quis enim iam uon intellegat artes
patricias? quis priscum illud miratur acumen,
90
95
100
95 iam P 97 in j5co; una littera aut duae erasae in P cum
Pithoeus 98 gigantum <s Priscianus
heifsen non licehat, niclit non licet,
auch nicht non licuit.
86 violentius empfindlicher, eig.
wilder, heftiger, 8, 37 seu quid
adhitc est quod fremat in terris
violentius (Adverb).
87 iiber ganz gewohnlicheDinge,
Suet. Dom, 10 aliquanto celerius
ad saevitiam descivit quam ad eupi
ditatem.
88 fatumpendebat indevSch-wehe
war, in aufserster Gefahr war, viel-
leicht nach Hor. 111 1, 17 destrictus
ensis cui super impia ccrvice pendet.
89 contra torrentem schwamm
(steuerte) nicht gegen den Strom,
vgl. Ov. ex Pont. 111 7, 8 ne toties
eontra, quam rapit {torrens) amnis,
eam.
91 verba animi, wie Sall. lug.
IV 4 iudicium animi, Cat. 61, 4
ferocia animi, eig. freimiitige Worte,
wie er es im Herzen empfand, sei-
ner wahrenEmpfindung freimiitigen
Ausdruck geben. — vitam impendere
vero das Leben einsetzen oder opfern
fiir die Wahrheit, Tac. XII 65 ita
de se meritum Caesarem, ut vitam
usui eius impenderet.
94 eiusdem aevi ist Gon. der
Eigenschaft, ebenso betagt wie
Vibius Crispus. — M' . Acilius Gla-
brio, Vater und Sohn. Der Sohn
war im J. 91 mit Trajan iKonsul.
Ihn liefs Domitian im J. 95 als
des Hochverrats verdiichtig ver-
bannen und dann toten, daiier do-
mini gladiis festinata, Suet.Dom. 10.
Vorher hatte ihn der Kaiser ge-
zwungen, bei den Juvenalien auf
dem Albanum mit einem Lowen
zu kampfen, Dio C. LXVII 14 Den-
noch wurde es ihm vom Kaiser
zum Vorwurf gemacht, ort ■nal
^rjQLoig tiKxx^to. Auch der Plural
ursos fi(febat deutet ein ofteres Auf-
treten in der harena an.
96 olim, zu 10, 142.
98 fraterculus gigantis, also selbst
(jigas, d. h. Erdensohn, der keine
Ahnen hat, wie 0, 13 es heifst:
compositive luto nuUos habuerc pa-
rentcs. So werden die Sohne der
Tellus satirisch - komisch umge-
deutet.
99 profuit nihil, es wurde ihra
im Gegenteil zura Verbreohen an-
gerechnet.
102 sq. quis — miratur in derselben
Stellung 13, 162 quis tumidum
guttur miratur in Alpibus? — L.Iu-
7iius BrUtus war (nach Liv. 1 56,
7) iuvenis longc aUm ingenii, quavi
cuius simulationem inducrat, — sta-
LlBlil 1 SATVRA IV
73
Brute, tuuiii? facile est barbato inponere regi,
iiec melior vultu, quamvis iguobilis, ibat
l\ubrius, oftensae veteris rens atque taceudae,
et tameu ini»robior ijaturam scribente cinaedo.
Montani quoque venter adest abdumine tardus,
et matutino sudans Crispiuus amomo
quantum vix redolent duo funera, saevior illo
Pompeius teuui iugulos aperire susurro,
et qui vulturibus servabat viscera Dacis
Fuscus marmorea meditatus proelia villa,
105
110
112 praei*ia P praemia S
tuit contcmptu tutiis essc, uhi
in iure parum fraesidii csset. Er
tauschfe so imitatioiie stnltitiae so-
wohl deu Konig Tarquinius selbst,
als auch seine Sohne.
103 inponere tliuschen, hinter-
gehen, dadnrch, dals man einem
eine falsche Vorstellung beibringt,
Mart. III 57 callidus imposuit nuper
mihi capo Bavennae, cum peterem
mixtum , vendidit ilJe mei-um. Ein
Wortspiel erlaubt sich Mart. IV 40
Postumtis imposuit, der Troger hat
uns betrogen.
105 JRubrius Gallus Avar nach
Dio C. LXIII 27 an der Spitze des
von Nero (im J. 68) nach dem auf-
standischen Hispanien gesandten
Heeres zu Galba xibergetreten.
Spiiter wird er als Mittelsperson
bei den zwischen Vespasians Bruder
Flavius Sabinus und Citcina ge-
pflogenen Unterhandlungen erwahnt
(Tac. h. II 51 u. 99). Vespasian
schickte ihn (70) gegen die Sar-
maten (loseph. bell. lud. VII 4, 3).
Nach den Scholirn stand er fruher
lait Julia, der Tochter des Titus,
in einem buhlerischen Verhiiltnis
{offensae vcteris reiis) und spielte
nun dennoch den Sittenrichter.
Sein Sohn Rubrius Gallus war im
J. 101 consul suffectus. Non. 5:
cinaedi apmd veteres dicti sunt sal-
tatores vel pantomimi unb xov v.ivitv
Gwfia. Kubriiis gehorte zur Klasse
der 2, 10 geschilderten Sittenrichter,
vgl. 14, 30. Juv. tadelt die Nieder-
trachtigkeit solcher Menschen, die
selbst nichtswiirdig iiber fremde
Vergehen den Sittenrichter machen
woUen, wie z. B. der Historiker
Sallustius. Daher improbus, wie
unser 'unverschamt', gleich male-
dicus.
107 Curtius Mo^ntanusw&v Virtuos
in der Elskunst, vgl. 136 sq., und
schwLirmte mit Nero, der ihm zu
Gefallen seinen Sohn begnadigte,
vgl. Tac. XVI 33 Montanus {de-
testunda carmina factitans c. 28)
pjatri coticessus est, pruedicto ne in
republica haberctur. UnterVespasian
trat er im Senat gegen Aquilius
Regulus auf, Tac. h. IV 42.
108 sq. Crispiuus trieftvonBalsam,
mit dem er sich schon fruh ge-
salbt hat, wahrend man sonst sich
nur im Bade kurz vor der cena
salbte.— Verstorbene^/^Mwera^wurden
von dem pollinctor stark gesalbt,
um dem Leichnam allen widrigen
Geruch zu benehmen und ihn mcig-
lichst zu konservieren.
110 Pompeius ist sonst nicht bc-
kannt; sicher ist er nicht identisch
mit dem von Tac. h. II 86 (als
dives senex) erwahnten Pompeius
Silvanus.— SMSMrro,Einflusterungen.
— Der Inf. aperire (9, 98) ist abhangig
von saevior.
112 Cornelius Fuscus, praefectus
praetorio, blieb im dacischen Kriege
im J. 87, Suet. Dom. 6 expeditiones
suscepit in Dacos duas, primam
Oppio Sabino consulari oppresso,
secundam Cornelio Fusco, praefecto
cohortium praetorianarum, cui belli
summam commiserat. Er hat sich
in jiiDgeren Jahren Reichtumer er-
worben (Tac. h. II 86 quaestus
cwpidine senatorium ordinem ex-
74
IVVENALIS
et cum mortifero prudens Veiento Catullo,
qui numquam visae flagrabat amore puellae,
grande et conspicuum nostro quoque tempore moustrum^ 115
caecus adulator dirusque repente satelles,
dignus Aricinos qui mendicaret ad axes
blandaque devexae iactaret basia raedae.
uemo magis rhombum stupuit; nam plurima dixit
in laevum eonversus, at illi dextra iacebat
belua. sic pugnas Cilicis laudabat et ictus
et pegma et pueros inde ad velaria raptos.
nou cedit Veiento, sed ut fauaticus oestro
percussus, Bellona, tuo divinat et 'ingens
omen habes' inquit 'magni clarique triumphi.
regem aliquem capies, aut de temone Britanno
excidet Arviragus. peregrina est behia, cernis
120
125
113 vellento P^ro Veiiento 116 repente W: aponte Pra 120 laevo
P id est laevoni 124 percussu P s add. p
iierat), wurde ein lebhafter Partei-
ganger Vespasians und bekleidete
viele militariscbe Stellen, war iiber-
haupt, wie es scheint, ein heifs-
bliUiger Soldat, daher marmorea
(Reichtum , vgl. 7, 80) meditatus
proelia villa.
113 Fabricius Veiento (vgl. 6,
113 u. 3, 185) wurde unter Nero
(62) wegen Abfassung von Schmah-
schriften aus Italien verwiesen,
unter Domitian wurde er Konsul
und Delator. Er lebte uoch uuter
Nerva im J. 97, vgl. Plin. ep. IV
22, 4. Valerius Gatullus Messalinus
war Konsul im J. 73; als Delator
unter Domitian beriichtigt, Plin.
ep. IV 22, 5. Im Jahr 93 war er
noch am Leben, Tac. Agr.45, scheint
aber Domitian nicht liberlebt zu
haben, Plin.: luminibits orhatus in-
genio saevo mala caecitatis addi-
(lerat: non vcrebatur non eruhcscehat
non miscrebatur.
116 Catull war ein bliuder
Schmeichler und mit cinem Schlage
{repcnte , zu 2, 83) wurde er zum
gefiirchteten 13egleiter (amicus et
comes Cacsaris), der verdiente, als
blinder Bettler auf der Hohe von
Aricia an der Strafse zu liegen.
117 Die axes Arieini sind Wagen
von Aricia Hier ging der Verkehr
von Ilom nach Puteoli voriiber.
Die Bettler sammeln sich an der
aufwartsfiihrenden Landstrafse, wo
die Wagen langsam fahren. Hatten
sie eine Gabe erharten, so warfen
sie den bergabfahrenden (devexae)
Wagen Kufshande zu {basia iactare).
Catullus selbst stammte aus eiuer
reichen konsularischen Familie, nur
als caecus adiilator wird er mit
Bettlern verglic^Iien.
121 Cilix war ein beriihmter
Gladiator jener Zeit; zcftts Kamj)fes-
weise.
122 Das pegma {Ttfjyiia Geriist)
war eine Maschine im Amphi-
theater, die rasch emporschnellte
undwiederniedersank Manschnellte
damit zurBelustigung der Zuschauei-
Sklaven (piieros) in die Hohe, d. b.
bis an das Zeltdach (velarium),
welches zum Schutz gegen die Sonne
iiber den ganzen Zuschauerraum
gespannt war.
123 oestrum (olGZQog Bremse) =
furor von dem weissagerischen
Enthusiasmus in dem wild erregtcn
Kultus der Bellona, vgl. 6, 511.
124 divinat orakelt, Hor. s. II
5, 60 divinare etenim magnus viihi
donat Apollo, sagt Tiresias.
127 Ar.riragus war ein britanni-
scher Hiiuptling, den aber weder
Tacitus noch Dio nennen. Die es-
sedae oder esscda der Britannier
LIBRI 1 SATVRA IV
75
erectas in terga sucles?' hoc defuit uuum
FabriciOj patriam ut rbombi memoraret et aunos.
'(juidnam igitur censes? conciditur?' 'absit ab illo
dedecus hoc' Montanus ait 'testa alta paretur,
quae tenui muro spatiosum colligat orbem.
debetur magnus patinae subitusque Prometheus.
argillam atque rotam citius properate, sed ex lioc
tempore iam, Caesar, figuli tua castra sequantur.'
vicit digua viro sententia. noverat ille
hixuriam imperii veterem noctesque Nerouis
iam medias aliamque famem, cum pulmo Falerno
arderet. nulli maior fuit usus edendi
tempestate mea; Circeis nata forent an
Lucrinum ad saxum Rutupiuove edita fundo
i:iO
135
140
133 pastinae P ^mt 141 versus erasus in P
(Streitwagen) sind aus Caesar iind
Tacitus bekannt.
129 sq. Hor. s. II 4, 45 piscibus atque
avibtis quae natura ct foret aetas,
ante meum nulli pattiit quaesita pa-
latuvi. — Der Prasident des Staats-
rats, der Kaiser, stellt nun die
Frage : quidxam censes, und fiigt
i^ofort mit conciditur die Andeutung
hinzn, dafs diese Ansicht eigentlich
gar nicht in Frage kommen konne,
vgl. 3, 269 in qua te quaero pros-
cucha? Montanus drangt sich da-
her schnell mit den Worten da-
zwischen: absit ab illo dedectts hoc.
131 testa alta, eine patina, die
iiberhaupt mehr tief als flach war.
132 vmro — margine. Die Schus-
sel soll einen grofsen Kreis bil-
den, ihre Peripherie soll grofs
sein, Liv. II 50, 7 cogebantur bre-
viore spatio et ipsi orbem coUigere,
wie XXII 29, 5 volventes orbem.
133 PrometJims Thonkunstler,
denn er ist der oi.v%QmnoTt7.uaxriq,
der den Menschen aus Lehm oder
Thonerde gebildet hat, 14, 35 qui-
bus arte benigna et meliore luto
fhtxit praecordia Titan, 6, 13 com-
positive luto (homines). Lucian. Prom.
2 01 A^r^vaiOL xovg jjvrpcKg /tat
invonoLOvg v.ul ndvzug oool nrj-
lovQyoL nQOu.ri&iag anfyidlovv.
134 sed, indem er sich plotzlich
Vjesinnt, fugt er uoch etwas aufser
der Beihe hinzu : sed hoc parum est.
135 Zum erstenraal findet sich
hier castra in der Bedeutung 'Hof-
lager', wie GTQaTontdov, welches
den ganzen comitatus principis
umfalst; spottisch steht eastra in
demselben Sinne 6, 419 conthas et
castra inoveri nocte iubet.
137 veterem, d. h. vor Vespasian,
der dem Hof einen mehr btirger-
lichen Charakter verlieh.
138 iam kann nicht zu noverat,
wohl aber zu Xeronis gehoren :
bereits Neros nachtliche Schwel-
gereien; anders 6,302 grandia quae
mediis iam noetibiis ostrea mordct.
— aliamque famem, und andere
Ausschweifungen, wenn das Blut
(pulmo Lunge) vom Falerner gliihte,
vgl. Tac. XIV, 15. Ilamerling hat
diese Ausschweifungen Neros sehr
gut im ersten Gesang seines Ahasver
geschildert.
140 tempestate mea, d. h. soweit
ich mich besinnen kann, Lucil.
XXVII 7 (M.) iam, qua tempestate
vivo, ckresin ad me recipio.
141 saxicm Felsenkiiste , fundtis
(Meeres)grund. Als die besten
Austern galten die von Circeii; zu-
nachst kamen die Lukriner, denen
Kenner mitunter den Vorzug gaben.
Man holte sie aber auch aus Cy-
zikus und jetzt sogar aus Britan-
nien und mastete sie nach dem
Transport im Lukrinersee. — Ku-
tupae war eine Hafenstadt der
76
IVVENALIS
ostrea, callebat primo depreudere morsu,
et semel aspecti litus dicebat echini.
surgitur et misso proceres exire iubentur
cousilio, quos Albanam dux maguus iu arcem
traxerat attouitos et festinare coactos,
taraquam de. Chattis aliquid torvisque Sycambris
dicturus, tamquam ex diversis partibus orbis
anxia praecipiti venisset epistula pinna.
atque utinam his potius nugis tota illa dedisset
tempora saevitiae, claras quibus abstulit urbi
inhistresque animas inpune et vindice nullo.
sed periit, postquam cerdonibus esse timendus
coeperat. hoc nocuit Lamiarum caede madenti.
145
150
147 catthis S cattis 5; +*++is P getis jjco
et P a 5 om. co
148 ex W ec Eibbeck:
Ciiiitii im Siideu der Ostkiiste des
romischen Britanniens ; von dort
aus setzto man gewohnlich nach
Britannien iiber.
143 Der echinus marinus wird
als Delikatesse von Pliu. IX 100
dcn Krebsen beigezahlt: cx eodem
gencre sunt ecldni, quihus spinae
pro pedibus. ingredi est his in orbem
volvi, itaque detritis sacpc aculcis
inveniuntur.
145 in arcem, weil die villa hoch
geiegen war, vgl. 3, 192 aut jironi
Tiburis arce (= 14, 87), auf der
Hohe von Tibur, oft = Burg, Pa-
last, wie 10, 307 nullus ephebum
deformem saeva castravit in arce
iyrannus, 16, 146 n caelesti ctrce
der Himmelsburg. Spottisch ist f/i<rc
magnus, weil er gern den grofsen
Feldherrn spielte {Germanicus !) und
trotz seiner Niederlagen iiber Chat-
ten und' Dacier triumphierte, Tac.
Agr. 39 fdlsum e Germania irium-
phum egit emptis per commercia,
quorum hahitus et crines in capti-
vorum speciem. formarentur. Dbrigens
ist die Bezeichnung dux \om Kaiser
an sich ganz gewohnli-^h.
149 Hiobspostcn oder freudige
Nachrichteu wurden durch iiufsere
Ausstattung der Kuriere unterschie-
den. Die Siegcsboten trugen eine
mit Lorbeerzweigen umwundene
hastaJJiasta oder epistula laitrcata),
die tJberbringer eines Unglucks
kamen mit einer Feder am Stabe,
TttsQOffOQOi, daher epistula pin-
nata.
150 Besonders die drei letzten
Jahre seiner Regierang.
153 cerdonibus (von y.sQSog), ge-
meinen Handwerkern, dem Pubel,
vgl. 8, 182. Nach Suet. 17 wurde
Domitian zuerst von Stephanus,
dem Prokui-ator der Domitilla, ge-
troffen: saucium ac repugnhntem
adorti Clodianus cornicularius ct
Maximus Partheni libertus et Sa-
turius dccurio cubiculariorum et
quidam e gladiatorio ludo vulncribus
septevi contrucidarnnt.
154 Domitian liefs einen L.Aelius
Jjamia {ob suspitiosos quidem , ve-
rum et veteres et innoxios iocos)
hinrichten, Suet. 10. Die Aelii La-
miae waren in Giceros Zeit eine
reiche Bankierfamilie, in den Kon-
snlaifaatcn erscheincn sie erst 756,
ziihlen aber im ersten Jahrhundert
zu den angesehensten Adelsfarailien,
vgl. 6, 385 und Hor. III 17.
LIBRI I SATVRA V
77
SATVRA V
Si te propositi uoudaiu pudet atque eadeui est meus,
ut bona summa putes aliena vivere quatlra;
si potes illa pati, quae nec Sarmeutus iniquas
Caesaris ad mensas nec vilis Gabba tulisset,
quamvis iurato metuam tibi credere testi.
Sat. V.
In iler Zeit Domitians uudTrajans,
die .Tuv. hauptsiichiich schildert,
erhielt der lOient fiir seine dem
Patron geleisteteu Dienste die tilg-
liche sportuJa, 100 Quadranten oder
25 As, d. 6*4 Sest., also jiihrlich
2281*^ S. oder c. 495 Mark, vgl.
1, 95 u. 118. 10, 46. 13, 38. Die
Sitte erforderte es indessen, dafs
der Patron den Klienten auch von
Zeit zu Zeit zur ccmi einlud. Die
Klienttn erniedrigteu sich nicht
selten zu den Diensten eines scurra,
um sich bei dem Herrn beliebt zu
macben und dadurch otter eine
Einladung zu erlangen ; manche
standen in dem Dienst mehrerer
Patrone uud verstanden es durch
allerlei Kiinste die Woche iiber
bald bei dem einen bald bei dem
andern Herrn sich eine gute Mahl-
zeit zu verschaffen. Wie in der
Klientel, so machten bei Tisch die
Patrone nicht selten schroffe Unter-
schiede imd Abstufungen der ein-
geladt-nen Gast-i : die vornehmeren
(vgl. 149 Virro sibi et reliquis Vir-
ronibus) erhielten die Bewirtung
desGastgebers, die iirmeren mufsten
sich mit geringeren Speiseu und
Weinen begniagen; Plin. ep. II 6, 2
erzahlt von einem aolchen Knicker
{sordidus simul et suniptuosus): sibi
et piaucis opima quaedam, ceteris
tUia et minuta pionebat. vinum etiam
parvis layunculis in tria genera
discripserat, non ut potestas eligendi,
se m ius esset recusandi, aliud sibi
tt nobis, aliud minoribus umicis
{nam grudutim amicos habet}, aliud
suis nostrisque libertis. Plinius ta-
delt ebenso wie Juv. istam luxuriae
et sordium novam societatem; auch
Mart. I 20 (u. ofter) rugt diese Un-
sitte.
1 — 11 EinleituDg: Die Behand-
lung der Armen am Tische des
Reichen ist ietzt so uuwiirdig, dafs
es fiir den Klienten ehrenvoUer ist
zu betteln als nach einer Einladung
zur cena zu trachten.
1 propobitum, Grundsatz, Lebens-
gewohnheit, vgl. 10, 325 quid pro-
fuit immo Hippolyto grave propo-
situm'^ 9, 21 igitur flexisse videris
propositum et vitue contrarius ire
priori. Damit in Verbindung steht
die Gesinnung, mens, die Denk-
und Gefiihlsweise, vgl. 13, 202 quae-
rebat enim quae numinis esstt mens,
14, 226 mentis causa malue et origo
penes te, Hor. ep. I 1, 4 non eadem
est aetus, non mens.
2 bonu summa, das hiichsteGliick,
wie sonst summum bonum, wonach
das ganze Leben sich sonst zu
richten hat, vgl. zu4, 11. — quadra
Viereck (vgl. quadrare), hier nichts
weiter als mensa.
3 Sarmentus und Gabba waren
scurrae des Ciisar Octavianus, der
erstere friiher in Gesellschaft des
Miicenas, Hor. s. I 5, 52. Plut.
Ant. 59 dE?Mog TtQoasv.QOVGB Sh
Klsonccrga nccQu SiLJCvov sinav
avtotg ulv 6'^ivrjv iyxstO^aL, Uccq-
ufvzov dh nCvBLV iv 'Pcoutj ^uXsqi^-
vov, 6 dh ^^UQiicVzog i^v ztav Kui-
cuQog nuLyvLcov nuLduQLoiv a drj^uY.ia
'PatuuLOL y.aloi}6Lv. Auch Gabba er-
scheint bei Plut. Am. 16 als ysXw-
zonoLog fiir Miicenas; Mart. I 41
qui Gabbam salibus tuis posses vin-
cere, 10, 101 Elysio redeut si forte
remissus ab agro ille suo felix Cue-
sare Gabba vetus, qui CapitoJinum
puriter Gabbamque iocantes audierit,
dicet: 'Bustice Gabba, tace\
5 iurato testi, d. h. ich werde
dir im biirgerlichen Leben nicht
mehr trauen. Die geringe Notdurft
des Leibes (fiir den Siidliinder) wird
auch 14, 318 sq. betont: vin cj^uan-
tum sitis atque fumes et frigora
jjoscunt? Beispiele seien Sokrates
78
TVVENALIS
ventre nihil novi frugalius. hoc tamen ipsum
defecisse puta, quod inani suflicit alvo:
nulla crepido vacat? nusquam pons et tegetis pars
dimidia brevior? tantine iniuria cenae?
tam ieiuiia fames, cum possit honestius illic
et tremere et sordes farris mordere canini?
primo fige loco, quod tu discumbere iussus
mercedem solidam veterum capis officiorum.
fructus amicitiae magnae cibus, inputat liunc rex,
et quamvis rarum tamen inputat. ergo duos post
si libuit menses neglectum adhibere clientem,
tertia ne vacuo cessaret culcita lecto,
"^ una simus' ait. votorum summa. quid ultra
10
15
10 possis (o 17 ne j)a): nec P
und Epikur. Senec. ep. 60, 3 non
fames nobis vcntris nostri magno
constat, sed ambitio.
7 defecisse puta, wie 2, 153 sed
tu vera puta, vgl. 72 u. 8, 195 jinge
tamen gladios inde atque hinc pul-
pita poni: quid satius?
8 Sinn: Besser ist es um Brot
zu betteln als um leckere Speisen
sich veriichtlicli behandeln zu hxssen.
Bettlerstatipnen sind iiberall an viel-
besuchten Ortlichkeiten, am Hafen-
daram des Hih&r {crepido), an Briieken
(14, 184 aliquis de ponte), an auf-
steigenden Landstrafsen (4, 117). ■ —
tegetis pars, ein Stiick Matte, das
Nachtquartier des italischen Bett-
lers, vgl. 9, 140 quo sit mihi tuta
senectus a tegete ct baeulo':^ Doch
kann man dabei an eine cella denken,
in der sich die Matte befindet.
9 dimidia brevior = zerrissen,
15, 5 dimidio magicae resonant ubi
Memnone chordae, 15, 57 vultus
dimidios, zerhauen, 8, 4 Curios iam
dimidios.
9 sq. Isteinkrankendes Mahl wirk-
lich so viel wert? Ist denn der
Hunger gar zu gierig {ieiuna), dafs
man sich diese gefallen liifst, wiih-
rend man doch als Bettler anstiin-
diger leben kannV Die Schildernng
liat zum Vorbild Ov. m. Vill 790
frigus iners illic habita.nt FaUorque
Tremorque et ieiuna Fames. Auch
6, 543 heilst die jiidische Bettlerin
ludaea tremcns. — ■ Das 'Hundebrot'
Wiir grobes Kleicnbrot, panis fiir-
furibus conspersus Phaedr. IV 18, 4,
Mart. X 5 caninas panis improbi
buccas, IV 53 cui dat latratos obna
turba cibos.
12—23 Die seltene Einladung ist
kein Ersatz fiir die Muhen und
Entbehrungen des Klienten.-
12 fige, ohne animo, bedenke,
vergifs nicht, wie jyone oder me-
mento; verschieden ist 9, 94 tacitus
nostras intra te fige querellas, oder
Verg. Ill 250 accipite ergo animis
atque haec mea figite dicta. Verg.
I 708 convenere toris iussi discum-
bcre pictis, auch von einer Person,
6, 434 quae cum discumbere coepit,
man denke an die verschiedenen und
getronnten Polster am Triclinium.
13 solidam, iibertr. , vollstiindig,
ganz, 11, 205 quamquam solida
hora supersit ad sextani. Der Herr
hat also weiter keine Verpilichtung
zur Dankbarkeit.
14 sq. fructus, Ertrag, Lohn. —
amicitiae mugnae, der Preundschaft
unserer (jrrofsen, vgl. zu 1, 33. —
rex und dominus sind vom Patron
gegeniiber dem Klienten voces pro-
Ijriae, vgl. 1, 136. 7, 45. 6, 130 u.
137. — DieEpiphoraodcrAntistrophe
des Zeitworts imputat (rechnet hoch
an, 6, 179) steigert den Hohn oder
die Ironie des Dichters.
16 adhibere, 2, 135.
17 tertia culcita ist der imus h)ci(s
imi lecti, auch locus libertini ge-
nannt, vgl. zu 3, 82.
18 una, iu Gesellschaft, daher
LTBRI I SATVRA V
79
quaeris? habet Trebius, propter quod ruiupere somnniu
debeat et ligulas dimittere, sollicitus ue
tota salutatrix iam turba peregerit orbem,
sideribus dubiis aut illo tempore, quo se
irigida circumaguut pigri serraca bootae.
qualis cena tameu. vinum quod sucida uolit
laua pati: de conviva Corjbanta videbis.
iurgia proluduut, sed mox et pocula torques
saucius et rubra deterges vulnera mappa,
inter vos quotiens libertorumque cohortem
21 perregeret P 24 riuo P 27 mampa P
20
25
Hor. s. II 8, 18 qiiis cenantibus una,
und II 6, 48 ludos spectaverit toia
(Macen mit Horaz). — summa, Voll-
endung, Erfiilluug des hochsten
(oft gehegten) Wunsches, Plin. ep.
VII 26, 3 7(«ec siimma curancm,
summa votorum.
19 Trehius f-pielt in der Satire
die RoUe des Klienten, wie Virro
die des vornehmen Gonners. Tre-
bius ist ein altitalischer Name (Liv.
XXIII 1); Virro wird noch 9, 35
erwahnt, ist aber schwerlich die-
selbe Person. — rumpere , gewalt-
sam ab- oder unterbrechen, vgl.
6, 41G nam si htratihus alti rum-
puntur somni. Der Klient mufs zur
salutatio maiutina noch ante lucem
von Hause aufbrechen, vgl. 76 sq.
1, 128. 3, 127.
20 Ugulae (Mart. II 29 lingiila)
sind die Riemen zum Schniiren der
Schube, von ligare (ligus, lictor),
nicht von lingua abzuleiten; da-
gegen ist ligula oder linguln der
Loffel Dem. von lingua, Mart. XIV
120 quamvis me ligulam (Loffel)
dicant equitesque patresque, dicor
ab indoctis (?) lingula grammaticis.
— dimittere bedeutet, dafs der
Klient sich nicht einmal Zeit nimmt,
die Riemen zusammenzubinden.
21 peregerit orbem, die Kunde
gemacht hat. Die meisten Klieuten
besuchten m^-hrere Patrone nach-
einander, Lucian. Nigr. ■>> vv/.tog
(ilv igavLGxayiivoi (liarig, TtiOL&iov-
Tig d' iv v.vv.Jm rrjv tioXlv.
23 serraca, zu 3, 255. Hier steht
serracum fvir das Siebengestirn wie
sonst plaustrum. Der Wagen er-
reicht um Mitternacht den hoch-
sten Stand und wendet sich von
da an zum Niedergang (se circum-
agunt). Der Bootes ist piger, weil
er langsam unter den Horizont
hinabsinkt, 6^): Svav Hom. Od. V
272. Mart. VIII 21 placidi te pigra
Bootae plaustra tehunt?
24 — 155 Schildei-ung der Mahl-
zeit: a) Wein, Bedienung und Brot,
24—75.
24 sucida saftig, frisch, frisch
geschoren. Die Beschaffenheit des
Weines wird zugleich durch die
Wirkung de.«selben geschildert: de
(7, 197) conviva Corybanta videbis,
und die Trunkenheit (bei Hor. cla-
mor et ira) wird verglichen mit
der Erschemung des fanatischen
{fiavLV.ag v.Lvovfiivov) Cybeleprie-
sters. Von den Korybanten sagt
schon Alcibiades bei Plat. conv.
215E 7to?.v uullov uoL Tj zmv v.oqv-
^avticovroyv tj xs v.aQSCa nj]du v.al
dav.Qva iv.xitzai, und der Schol.
erkliUt Y.0QV^avxiuv mit nuQiuuai-
VcO^UL v.UL ivd^ovoiuotiy.cJog v.tviL-
o&ai. In der That pflegt schlechter
Wein, niichtern genossen, den Kopf
mehr zu erhitzen.
26 iurgia proludunt (intr.), wie
3, 288 miserae cognosce prooemia
rixae; proludere ist vom Gladiator
iiblich, der, um seinen Gegner zu
reizen, vor dem Kampfe seine Waffe
schwingt.
28 Die minores amici wurden oft
mit den liberti des Hauses und der
vomehmeren Gaste zusammen be-
wirtet, Plin. ep. II 6, 2, diese bil-
deten aber fiir sich eine geschlos-
sene Schar, daher cohors liber-
torum.
80
IVVENALIS
pugna Saguntiiia fervet commissa lagona.
ipse capillato diffusum consule potat
calcatamque tenet bellis socialibus uvam
cardiaco numquam cyathum missurus amico;
cras bibet Albanis aliquid de montibus aut de
Setinis, cuius patriam titulumque senectus
delevit multa veteris fuligine testae,
quale coronati Thrasea Helvidiusque bibebant
Brutorum et Cassi natalibus. ipse capaces
Heliadum crustas et iuaequales berullos
30
35
38 berullos P: berullo S berillos pca
29 Die Saguntinae lacionae,^e\che
man nur den niedersten Giisten
vorsetzte, waren in Sagunt ver-
fertigte pocula ftctilia , Plin. h.
XXXV 160
30 capillato, unter einem Konsul
der alten Zeit, wo der tonsor das
Haar noeh uicht verkiirzte, 16, 31
et credam clignum barba cligniimc[ue
capillis maiorum, vgl. 4, 103. Der
Ausdruck ist hier hyperbolisch. —
(li/fusum, abgezogen, aus den clolia
in die ampJiorae, lagonae oder auch
cacli umgegossen.
31 Hor. III 14, 17 i pete unguen-
tum , pucr, et coronas ct cadum
Marsi memorem cluelli, Spartacum
si qua xmtuit vagantem fcdlere tcsta.
Fiir Juvenals Zeit ist freilich die
Hyperbel bedenklich. Die Knickerei
des Reichen geht so weit , dafs er
seinem Klienten (amico), auch wenn
er schwerkrank darniederlage {car-
cliaco), nicht einen cyatlms voll
von dem uralten Wein schicken
wiirde, wilhrend doch diese Sitte
friiher allgemein war, wie Persius
ITI 92 zeigt: cle maiore domo moilice
sitiente lagona lenia loturo sibi
Surrentina rogabit (sc. der Kranke),
und er noch edleu Albaner und
Setiner im Keller hat, einen so
guten Weiu, wie man ihn sonst
nur an hohen Festtagen trank.
35 fuligine braucht nicht not-
wendig von dem Einflufs des Ka-
mins aufdie Weiukammer (apothcca)
verstanden zu werden; denn fuligo
ist nicht blofs Rnfs, sondern iibor-
haiipt Schniutz, der sich nach so
lauger Zeit am Kruge (tcsta) ab-
gelagert hat.
36 Paetus Thrasea wurde wegen
seiner stolzen repubUkaniseh-stoi-
schen Gesinnung uhd Haltnng ein
Opfer der Tyrannei Neros, vgl. Tac.
XVI 21 sq., sein Schwiegersohn Hel-
vidius Priscus mufste unter Nero
Italien verlasseu, Tac. XVI 33, und
wurde uuter Vespasian hingerichtet,
Dio C. LXVI 12. Geburtstage be-
riihmter Manner zu feiern war alte
Sitte. Die Epikureer feierten den
Geburtstag Epikurs, romische Dich-
ter den Geburtstag Vergils, Sen.
ep. 64, 8 quidni ego magnorum
virorum et imagincs hccbcam incita-
menta animi et natales celebrem':'
M. Gatonem utrumque ct Laelium
' Sapientem et Socratem cum Platonc
et Zenonem Cleanthemcpie in animum
meum sine dignatione summa reci-
piam? ego vero illos veneror et tantis
nominibus semper aclsurgo.
38 Die Verwandlung derHeUaden,
Phatjthons Schwestern, in Bilume
schildert Ov. m. II 344—366: indc
fluunt lacrimae stillataque sole rige-
scunt de ramis clectra novis, und
10, 263 uennt er den Berustein ab
arbore lapsas Ileliadum lacrimas,
vgl. 14, 307. — Die crusta ist eine
in ReUef eingelegte Arbeit, gleich-
sam ein Uberzug des Gefiifses. Die
crusta (aus Bernatein) ist hier = po-
culum crustattim. Die cpLcilr} ist
eine Triukschale ohne Untei"satz
uud ohne Henkel, hier mit dem
meergriinen BeryU besetzt: die
Schale trliyt die Edelsteino.
LIBRl I SATVUA V
81
Virro tenet pbiala: tibi nou eomiuittitur uuruui,
vel si quaudo datur, custos acUixus ibicluiu, 40
qui uumeret gemmas, uugues observet acutos.
da veuiam, praeclara ilii laudatur iaspis;
uam Virro, ut multi, gemmas ad pocula transfert
a digitis, quas iu vagiuae froute solebat
pouere zelotypo iuveuis praelatus larbae. 45
tu Beueveutaui sutoris uomeu babeutem
siccabis calicem uasorum quattuor ac iam
quassatum et rupto poscentem sulpura vitro.
si stomacbus domiui fervet viuociue ciboque,
frigidior Geticis petitur decocta pruinis: 50
uou eadem vobis poui modo vina querebar?
vos aliam potatis acj[uam. tibi pocula cursor
3y phialas po) 42 hiaspis P 43 ut pto: et P 44 quas in:
quales (b 46 beneveutanis votoris P
39 aurum fiir poculum aurtuin,
wie 10, 27 et lato Setinum ardtbit
in auro ^= pJiialaf). Dieboiiilile bei
solchen Gelegenheiteu werden nicht
selteu erwahnt, z. B. Mart. VIII 59
hunc tii convivam cautus bervare
viemeiUo: tuuc furit atciue oculo
luscus ut)oque lidet: pocula aolli-
citi ptrdunt liyulasque minibtri et
latit in tepido pluiima mappa sinu.
42 illi laudatur , von ihui, dem
Gastgeber, wird der herrliche (ani
Becher befindliche) Jaspis ge-
priesen.
43 ut muiti = 113 ut nuyic multi.
Denn gewohnlich trug man d.e Edel-
bteine aru Ring, jetzt ist es anders,
Mart. XIV 109 gemmatum Sojthicis
(Smaragde vom Lral) ut luceat igni-
bus aurum, aspice. q;iiOt digitcs
exuit iste culix!
44 quas = quales so schou, so
kostbar wie Aeneas. — vaginae
frons ist die aufsere Seite dieser
Scheide, die dem Auge sichtbare
oder zugewandte Seite, wenu das
Schwert getragen wird.
45 sq. Der Lokativ bei ponere ohne
in wiire moglich, vgL 10, 156 vexil-
lum media Subura ponere, 11, 79
Curius parto fptae legerut horto,
ipse focis brecibus ponebut holu-
scula, 7, 114 Jiinc. . parte alia pone,
14, 83 praeda cubili pionitur. —
larbas war der Bewerber der Dido,
der vor Aeneas zuruckutehen murste,
IvVESiM.Ia SaTVBAS.
vgL Verg. IV 198. — Der Schuster
vou Beneveut ist Vatiuius, Tac.
XV 34 Vat. inttr foedissima eius
uulae porttnta fuit, suirinae ta-
bernae alumnus, corpore dttorto,
facetiis scurrilibus, priino in con-
tumelias adsumptus, dehinc optimi
cuiusque criminatione eo usque va-
luit, ut gratia pecuniu vi noeendi
eiiam malos pruemintret. Nach ihm
wurde eine Art von Becher calix
Vatinianus geuannt, Mart. XIV 90
vilia sutoris calicem monumenta Va-
tini accipe; sed nasus longior ille
fuit. Demuach ist der Geu. quali-
tatis nasorum qualtuor = mit einer
viernasenlangenSchneppe, uicht mit
vier Schneppen.
48 sulpura, Schwefelkitt.
50 decocta ist abgekochtes, aber
durch Schuee wieder abgekiihltes
Wasser, Plin. h. XXXI 40 Aeronis
principis interitum est, decoquere
aquam vitroquc demissum in nives
refrigerare. ita voluptas frigoris con-
tingit sine vitiis nivis. Solches
Wasser wurde den luinores amici
nicht gereicht, sie mulsteu sich mit
gewohnlichem begnugen.
52 sq. Die Gaetuli wohnten siidlich
von den Mauri und Numidae, der
Name wird aber von den Dichteru
olt auch fiir diese Bclbst gebraucht,
vgl. 10, 158. Vornehme Kei&ende
hatteu auch Vorreiter oder Liluler,
Numidae oder cursores. Bei einem
82
IVVENALIS
Gaetulus dabit aut nigri maiius ossea" Mauri
et cui per mediam nolis occurrere noctem,
clivosae veheris dum per monumenta Latinae:
flos Asiae ante ipsum, pretio maiore paratus,
quam fuit et Tulli census pugnacis et Anci
et, ne te teneam, Romanorum omnia regum
frivola. quod cum ita sit, tu Gaetulum Ganymedem
respice, cum sities. nescit tot milibus emptus
pauperibus miscere puer, sed forma, sed aetas
digna supercilio. quando ad te pervenit ille?
quando rogatus adest calidae gelidaeque minister?
quippe indignatur veteri parere clienti,
quodque aliquid poscas, et quod se stante recumbas;
maxima quaeque domus servis est plena superbis.
ecce alius quanto porrexit murmure panem
vix fractum, solidae iam mucida frusta farinae,
54 noUis P 63 post 64 positus in P gelicaeque P
55
60
65
grofsen Gelage wurden auch solche
Sklaven zuv Bedienung herange-
zogen.
54 nolis occurrere, denu man
wurde ihu fvir einen Rauber (gras-
sator) halten, vgl. 10, 20.
55 per monumenta, zu 1, 171.
56 flos Asiae, die Bliite, das
Schonste, eigentlich qiwd floris in
iuventute Asiae est, Liv. XXXVII
12, 7 qiiod floris, qtiod rohoris in
iuventute fuerat, amiserant. Zum
Kredenzen des Weines wiihlte mau
jugendlich schone Knaben aus dem
Osten, vgl. 11, 147 und 9, 47. Hor.
I 29, 7 puer quis cx auJa capiUis
ad cyathuvi statuetur unctis? —
paratus, gekauft, zu 3, 224.
57 Hor. IV 7, 15 quo dives Tullus
ct Ancus. Dagegen ist Servius Tul-
lius ein Beispiel von der Macht
der Fortuna, 7, 199.
59 frivola, wie 3, 198. — c[uod
cum ita sit, darum schane dich nur
nach dem schwarzen Gauymed um,
wcnn du Durst hast, denn ein so
kostspieliger pie^r a cyatho, wie
der des Virro ist, ist nicht dazn
da (nescit) einen armen Klientcn
zu bedienen. Der Preis von 100 000
Sest. fiir einen schonen Sklaveu
oder eiue schone Sklavin war nicht
selten, Mart. I 58 milia pro pucro
centum mc mango poposcit, III 62
centenis quod emis pueros et saepe
ducenis, II 63 sola tibi fuerant se-
stertia, Miliche, cenium quae tulit
e sacra Leda redempta via.
61 sq. sed forma, aber die Schon-
heit und die Jugeud eines ■solchen
Knaben entschuldigen seinen Stolz
(supercilium, wie 6, 169); aber auch
der schwarze Ganymed und der
Sklave mit der calda und gelida
erscheinen nur aufserst selten am
Platze des Armeu. Der anapho-
rische Gebrauch von sed — sed ist
besonders in der silberuen Latini-
tat (bei Seneca) hilufig; im Juvenal
noch 8, 149. 9, 63. 15,94. l^e aqua
calida und gelida wurde gereicht,
um den Wein zu erwiirmen oder
zu kiihlen, wobei man oft auf einen
bestimmten Warmegrad Gewicht
legte, Mart. XIV 105 frigida non
clerit, non derit calda petenti, sed
tu morosa ludere parce siti.
66 Je vornehmer und reicher das
Haus, um so iibermutiger uud riick-
sichtsloser sind die Sklaven.
67 Es folgt nun der Sklave,
welcher Brot herumreicht. Er wird
mit ecce alius besouders bemerkbar
gemacht, denu hier zeigt sich dio
Schamlosigkcit der Kuickerei ganz
besonders. Ahnlich istl2, 24 genus
ecce aliud discriminis audi, vgl. v.n
1, 30. ■—- murmure al.s Ausdrnck dor
supcrhia ministrantis seriuli.
68 rix fractum (ac. mola). kaum
LIP.KI I SATVRA V
83
qiiao gonninum agitont, non admittentia morsnni:
sotl toner et niveus niollique siligine fietus
servatur ilomino. dextram cohibere memento,
salva sit artoptae reverentia. tiuge tamen te
inprobulum, superest illic qui ponere cogat
'vis tu consuetis, audax conviva, canistris
impleri pauisque tui uovisse colorem?'
'scilicet hoc fuerat, propter quod saepe relicta
ooniuge per montem adversum gelidasque cucurri
Esquilias, fremeret saeva cum grandine vernus
luppiter et multo stillaret paenula nimbo?'
aspice, quam lougo distinguat pectore lancem
70
75
70 fictus P:
tendat a>
factus
73 inprobum P 77 cucnrrit g
80
80 dis-
in der Muhle gewesen, oder das
der MCiblstein kaum uberwiiltigt
bat, also grobes Brot, das fast noch
aus ganzen Kornern bestebt [solidae
fariuae), und auch davon erbalt
der Klieut nur alte, verscbimmelte
Brocken. Mart. IX 2 nennt es nigra
farina.
708qq. Das feine Brot, ex siligine
fictus, d. h. das aus Sommerweizen
gebacken ist, wird fiir den Herru
(und die vornebmeren Gaste) reser-
viert. Dauach zu langeu lafs dir nicht
einfallen! — ArtoiAa {dQxontrjg)
ist die Form oder das Gefiifs, iu
dem feines Backwerk gebacken wird
(Plaut. aul. II 9, 4) und wird dann
auf das feinere Brot selbst uber-
tragen, das in jener Form gebacken
worden ist, was Plin. XVIII 105
panis artopticius nennt, von dem
er sagt, es sei benannt a coquendi
ratione. AIso: llespekt vor der
Semmell Das scbwarze und das
weifse Brot wurde von demselben
Sklaven serviert.
" 72 finge, zu 7.
73 improhulus , etwas frech, un-
bescbeiden, wie umgekehrt probus
den allzu rucksicbtsvoll Bescbeide-
nen bezeichnet, vgl. Hor. s. I 3, 56.
— superest illic, so ist oberhalb
{meliore toro) sofort einer da {illic,
wo die Scene vorgeht). Da in-
dessen nur von der superbia servo-
rum die Rede iat, so wird man
superest illic eher noch von einem
Sklaven verstehen durfen, der noch
aufser dem Servierenden zur Stelle
ist. — Zu ponere ist artoptam als Ob-
jekt zu erganzen.
74 vis tu non interrogantis modo
ut vin tu, sed liortantis, flngitantis,
iuhentis est, Bentley zu Hor. s. II 6, 92
vis tu homincs urbemque feris prae-
ponere silvis? Du hast docb Lust
das Selbstverstiindliche zu thun?
Ich denke, du wirst es tbunl
76—79 Epilog. Der Dicbter ver-
setzt sicb lebhaft in die Stimmung
des gemifshaudelteu Klienten, der
seinen Unwillen kaum unterdriicken
kann, also die Krankung fiihlt, den-
noch aber nicht den Mut hat, sol-
cben Beleidigungen sicb zu ent-
zieben.
76 scilicet hoc fuerat: also um
solcbe Behandlung zu erloiden habe
ich mir Entbebnmgen und Miihen
auferlegt! Ahnlich fiihrt scilicet
auch 7, 159 ein Selbstgespriich des
mit Undank belohnten Rhetors ein.
79 paenula = cpaivoXrig oder do-
riscb cpaiv6?.ag war ein mit Vorliebe
von den niederen Volksscbichten
statt der Toga gebraucbtes Ober-
kleid, dann auch von den Vor-
nehmeren zur Bequemlichkcit auf
Reisen angezogen. Da der Klient
seine Aufwartnng in der Toga
machen mufste, so scbeint bier ^)ae-
nula ein dichter Uberwurf zum
Scbutz gegen den Kegen zu sein.
Aucb Mart. I 103 ist paenula ein
Regenmantel.
80 — 106 Scbilderung der Mahl-
zeit: b) Krebs und Fisch.
80sqq. aspice, zu 2, 166. Der See-
6*
84
IVVENALIS
quae fertur domiiio squilla, et quibus undique saepta
asparagis qua despiciat convivia cauda,
dum venit excelsi manibus sublata miuistri:
sed tibi dimidio constrictus cammarus ovo
pouitur, exigua teralis cena patella.
ipse Venafrano piscem perfundit: at hic, qui
paliidus adfertur misero tibi, caulis olebit
lanternam; illud euim vestris datur alveolis, quod
canna Micipsarum prora subvexit acuta,
propter quod Romae cum Boccare nemo lavatur,
quod tutos etiam facit a serpentibus atris.
mullus erit domini, quem misit Corsica vel quem
85
90
91 om. Ps damnarat lahn. Afros <s
krebs {squilla) zeichnet sich durch
seine Grolse aus (longo pectore) und
ziert (sich davon abhebend) die
Schiissel {distinguat lancem). Er ist
i-ingsum mit Spargel belegt und
sieht, weil hoch getragen, gewisser-
mafsen stolz auf die Versammlung
der Ga&te (convivia) herab (vgl.
1, 159). Nicht die manus des Diu-
ners sind excelsae, das konnte nur
suhlatis manihus heifsen, sondern
die ganze Figur und Haltung des
Dieners ist stattlich, er marschiert
kerzeugerade und erhabenen Haup-
tes vor die Tafel, ahnlich Hor. s.
11 8, 13 ut Attica virgo (xat^/jqpo^os)
cum sacris Cereris procedit fuscus
Hydaspes Caecuba vina ferens.
84 Der Klient erhalt eiuen ge-
meineu Hummer {cammarus), uiit
einem halben Ei gebunden, d. h.
mit einer Eierkruste umgeben, ein
wahres Leichenessen auf erblirm-
iichem Teller (dagegen oben distin-
guere lancem, die also beachtens-
wert sein mulste). Bei den Leichen-
essen bestanden die Zuthaten meist
nur aus Eiern, denen man eine rei-
nigende Kraft zuschrieb vgl. 6, 518.
Juv. denkt hier nicht au die cenu
funeris (Pers. 6, 33), soudern an
das novemdialc, das Totenmahl,
das am neunten Tage nach der Be-
stattung dem Toten auf das Grab
gesetzt wurde, und in der liegel
nur aus puls panis und ovum be-
stand.
87 pallidus, also nicht niehr
frisch, diigegen Mart. V 78 nigra
coliculus virens patella, algentem'
(im Spatherbst) modo qui reliquit
hortum, dagegen ibid. XIII 17 jja?-
lentes caules movcnt fastidia.
88 Hor. s. I G, 124 unguor olioo,
non quo fraudatis inmundus Natta
lucernis. Der Filz des Juv. geh'
also in der Knauserei noch weiter.
— alveolis, zu 7, 73.
8Ssq. Die canna lHicipsarum {wie
bei Hor. lubae tellus), das Rohr der
Numidier, ist der numidische Schilf-
kahu. Es waren dies geflochtene
und ausgepichte Fahrzeuge. Aus
Numidieu wurde das Sesamol ein-
gefuhrt. Weil dieses Cibel riecht,
so badet sich kein Romer gern mit
einem Numidier, der dieses 01 auch
zum Einreiben beim Bade gebraucht.
Statt Numidier steht wie oben Mi-
cipsa so hier Boccar, ebenfalls ein
numidischer Fiirsteuuame, verwandt
mit Barcas oder Balcas.
91 a scrpentibus, aber nicht a Vir-
rone oder o Virronis sordibus, denn
dieserkannes vertragen, sonst wiirde
er es nicht auf den Tiseh bringen
lassen. Aber was jeder wie Gift
und Pest meidet, ertrllgt Virro aus
Geiz und Knickerei.
92 — 106 Erhlilt der Herr eineu
kostbaren mtdlus (Seebarbeu) oder
auch (ein andermal) eiue (aalartige)
Murilue, so wird in dem eineu oder
andern Falle der Klieut mit eiuem
geringen Flufsaal abgefunden. Dafs
mullus crit domini keiuen Gegeu-
satz erhlUt und slatt dessen V. 99
Virroni muraena datur folgt, als
LinRI T SATVRA V
85
Tauromenitanae rupes, quando oiune peraetuni est
et iani defeeit nostruni niare, duni cjula saevit,
retibus adsiduis jieuitus scrutaute niacello
])roxima, nce patinnir Tvrrhenum crescere jiisceni.
instruit ercfo focum provincia; sumitur illiuc
quod captator emat Laenas, Aurelia vendat.
Virroni muraena datur, quae maxima venit
pjurjrite de Siculo; nam dum se continet austcr,
dum sedet et siccat madidas in carcere pinnas,
contemnunt mediam temeraria lina Charybdim:
vos anguilla manet longae coguata cokibrae,
aut ghtcie aspersus maculis Tiberinus, et ipse
vernula riparum, pinguis torrente cloaca
et solitus mediae cryptam penetrare Suhurae.
ipsi pauca velim, facilem si praebeat aurem.
95
100
105
96 patitur
105 torpente Biitgersius
waren der dominiis und Virro ver-
schiodout? rorsoneu, ist eino Inkon-
oinnitiit, die vielleicht durch den
Exkurs V. 93 sq. veranlafst ist, aber
auch durch die Annahme verschie-
dener Mahlzeiten mit verschiedenen
Fischspeisen nicbt gerechlfertigt
wird.
93 rupes, Senec. n. q. III 18, 4
audiebamus nihi? esse melius saxa-
tili nmllo: iiberhaupt mhmte man
die um Sicilien herum gefangenen
mulli. — peractum, durchstobert.
94 gula, Schlemmerei.
95 maceVum, das Bedurfhis des
Fischmarktes, die Genufssucht, vgl.
zu 11, 10.
97 provincia, das Ausland, die
Lander anfser Italien, vgl. zu 4, 26,
wie hier Corsica oder Sicilien.
98 Der Erbschleicher (10, 202. 12,
114) Laenas, aus dera Geschlechte
der Popilier, kauft und verschenkt
an die vidua Aurclia so viel, dafs
diese die kostbarea Fischo wieder
verkaufen mufs. Der Kontrast in
dem Thun der beiden Personen
wird durch den Chiasmus gehoben.
Eine Aurrlia, ornata femina, signa-
turn iestamentum wird vonPlin. ep.
TI 20, 10 in der Schilderung der Erb-
schb'icherei''n des M. Aquilius Re-
gulus erwahnt.
100 Die besten Muranen kamen
aus der .sicilischen Mforenge {gur-
gite de Siculo), Mart. XTII 80 quac
natat in Sieulo grandis muraena
profundo; auch halt man sie wie
andere kostbare Fische zur Mastung
iu den vivaria.
101 madidas, weil der Auster
Regen bringt, also uuter Regeu in
die Burg des Aeolus heimgekehrt
ist, 10, 181 Aeolio in carccre, Verg.
I 51 nimborum in patriam, loca feta
furentibus austris, Aeoliam venit.
liic vasto rex Aeolus antro luctan-
tis ventos tempestatesque sonoras im-
perio premit ac vinclis et carcere
frenat.
102 sq. contemnunt, zu 3, 288. —
lina fiir die Fischer, 4, 45 cumbae lini-
qm magister. — cognata colubrue,
also lang, aber dfinn und mager;
wie eiue Blindschleiche.
104 glacie, infolge des Frostes.
Tiberinus, sc. lupus, vgl. Hor. s. II
2. 81 unde datum sentis, lupus hic
Tiberinus an alto captus hiet? —
et ipse, wie der Aal.
105 torrente cJoaca, Plin. h. XXXVI
105 {cloacae) permcant corrivati
septem amnes (Leitungen) cursiique
praecipiti torrentium modo rapere
atque auferre omnia coacti vada ac
latera quatiunt.
106 crypta, ein unterirdischer
Gang in der Subura, eine Fort-
setzung der cloaca maxima.
107—113 Epilog an den Patron
und Gastgeber. Vgl. zu 76 sq.
107 ipsi, domino. — pauca velim,
86
IVVENALIS
^nemo petit, modicis quae mittebantur amieis
a Seneca, quae Piso bonus, quae Cotta solebat
largiri; namque et titulis et fascibus olim
maior liabebatur donandi gloria. solum
poscimus, ut cenes civiliter. hoc fac et esto,
esto, ut nunc multi, dives tibi, pauper amicis.'
auseris ante ipsum magni iecur, anseribus par
altilis, et flavi dignus ferro Meleagri
spumat aper. post hunc tradentur tubera, si ver
tunc erit et facient optata tonitrua cenas
maiores. Hibi habe frumentum' AUedius iuquit
'o Libye, disiunge boves, dum tubera mittas.'
110
115
110 titulis fascibus P
duntur a»
112 faciet P 116 fumat pm ra-
sc. dicere, nacli Analogie des archai-
scben paucis te volo, scheint mehr
derUmgangssprachezuentspreclieu.
— facilem, wie 3, 121.
108 sq.modicis, bescheiden = paii-
pcrihus, minoribus amicis. — Seneca
und Piso riihmt ebenso Mart. XII 36
Pisones Senecasque Blemmiosque et
Orispos mihi redde, sed priores: fies
protinus tdtimus bonorum der edlen,
freigebigen Miinner. Piso ist das
Haupt der Verschworung vom J. 65,
Tac. XV 48 sagt von ihni: cxer-
cebat largitionem adversus amicos.
— Cotta Messalinus war der Sohn
des M. Valerius Messalla Corvinus,
nach Tac. XIII 34 per luxum avitas
opes dissipavit.
111 donandi yloria, der Ruhra
der liberalitas, die Moglichkeit und
die Bereitwilligkeit zu schenken,
ri ano xoiv xaqioiitttoiv svv.lstcc, wie
Lyd. mag. I 20 iibersetzt.
112 poscimus ut, auch 7, 71, sonst
uiit Acc. oder absolut gebraucht.
NachC.Heraeus'Beobachtungkommt
ut bei poscere nur noch Tac. h. II 39
und IV 5 vor. — civiliter als Bih-
ger mit Biirgeru, non carens sensu
communi, vgl. zu 8, 73. Meide nur
die superbia, dann magst du immer-
hin den Freunden mit Kargheit be-
gegnen und deinen Reichtum alleiu
fiir dich geniefsen, wie es 1, 135 sq.
geschildert ist.
114 — 124Da8Gastmahl: c)Lecke-
reien, wie Gilnseleber, Masthubn,
Wildschwein, Triiffeln.
114 Ganseleber war eine romische
Delikatesse, Hor. s. II 8, 88 ficis
pastum iecur anseris albae. Mart.
XIII 58 aspice, quam tumeat magno
iccur ansere maius! miratus dices,
'hoc, rogo, crevit ubi?''
115 altilis, gemastet, fetl (Varro
r. r. II 1, 20 boves altiles), wird vor-
zugsweise vom gemiisteten Gefliigel
gebraucht, Hor. ep. I 7, 35 nec som-
num plebis laudo satur altilium. —
Meleager war der Fiihrer der Hel-
den, welche den kalydonischen Eber
erlegten, Hom. II. IX 543 tov S'
vibg Otvijog ccTti-KTBivsv MslsayQog,
noXJ.scov BH noXicav %'riQrixoQag civ-
Sgag dysiQag. Er heifst auch II. II
642 ^avd^og, fiavus.
117 sq. Plin. h. XIX 37 de tuberibus
haec traduntur: cum fuerint imbres
autumnales ac tonitrua crebra, tunc
nasci et moxime e tonitribus, nec
ultra annum durare, tenerrima autem
verno esse. Wenn es Triittehi giebt,
werden dadurch die cenae maiorcs,
in ungiinstigen Jahren niufs nian
ihrer entbehren. — tibi habe, be-
halte fiir dich, vgl. 3, 188./ Mart.
X 51 quae tua sunt, tibi habv, quae
mea, redde mihi. — Ein romischer
Ritter Alledius Severus wird von
Tac. XII 7 als eine unterwiirfige
Kreatur des Claudius und der Agrip-
pina genanut. Ilier haben wir uus
einen Schwelger uud Feinschmecker
zu denken. Sein Wunsch ist ein
Frevel, weil Afrikas Getreide Ronis
Bevolkerung erniihrte, vgl. 8, 117.
LIBRI I SATVRA V
87
structorem iuterea, iiequti iiuliguatio ilesit,
.saltautem spectes et chirouomunta volauti
cultello, douec peragat dictata magistri
omuia: ucc miuimo saue discrimiue refert,
quo gestu lepores et quo galliua secetur.
duceris plauta velut ictus ab Hercule Cacus
et pouere foris, si quid temptaveris umquam
•liiscere, tamquam habeas tria uomiua. quaudo [»r(ipiuat
Virro tibi sumitve tuis coutacta labellis
pocula? quis vestrum temerarius, usque adeo quis
perditus, ut dicat regi 'bibe'? plurima suut quae
uon audent homiues pertusa dicere laena.
quadringeuta tibi si quis deus aut similis dis
et melior fatis donaret homuucio, quantus,
ex uihilo quautus tieres Virronis amicus.
Ma Trebio, pone ad Trebium. vis, frater, ab ipsis
120
125
130
135
120 sq. interea, unterdessen, wiih-
rend der Herr Ganseleber, Hahn
und TrviflFeln verspeist, hat der Klient
das Zuseben, wie das Wildschwein
regelrecht zerlegt wird. Dafs er
von diesem etwas erhiilt, hofft er
zwar, die Hotthuug fiihrt aber auch
oftnur zur Enttiiuschung, vgl. 166 sq.
wo natiirlich die hyperbolische Dar-
stellnng zu beachten ist. — Der
structor (7, 184 veniet qiii fercula
docte conponat) ist wie 11, 136 zu-
gleich scissor oder carptor, der nach
aUen Regeln der Kunst, springend
und gestikulierend wie ein Mime
(XiiQovoiKov, vgl. 6, 63) die Speiseu
zerlegt.
122 sq. magister ist der Lehrer
der Vorschneidekunst, wie Tryphe-
rus doctor 11, 137. — dictaia sind
die Kegeln oder Vorschriftt-n des
Meisters, die Formeln (vgl. 6, 391),
und zwar darf keine einzige ver-
saumt werdeu (omnia). — sane,
ironisch, zu 1, 142. Der Hahn er-
fordert andere Gesten als das Huhn!
125 — 145 Dritter Epilog: der per-
jnliche Verkehr zwischen Patron
xnd Klient beim Essen.
12j Verg. VIII 264 pedibusque in-
fortne cadaver protrahitur.
127 sq. hiscere: wiihrend der Vor-
nehme sich jede kecke Bemerkung,
der Sklave sogar Frechheiten er-
laubt, darf der arme Klient nicht
den Mund aufthun. — tria nomina
fiihrt der Freigeborene, also: als
warest du ein Freier, liber homo
161. — Sen. benef. II 21 cgo ab eo
beneficium accipiam, a quo propi-
nationem accepturus non sum? —
sumitce oder lafst sich umgekehrt
von dir vortrinken? — Das propi-
narc bezweckt ein aviniLvsiv aus
einem Becher: der eine triukt und
iiberreicht daun den Becher dem
andern zum Trinken. Dagegen 130
die Aufforderuug bibe ist eine ein-
fache Ermunterung zuni Trinken
und zur Heiterkeit.
130 perditus, sc. insania, frech,
wahusinnig. — plurima sunt quae
= 14, 1, in beiden Fallen mit In-
dikativ.
131 pcrtusa laena, im schiibigen
Mantel, vgl. 3, 283 coccina laena.
132 quadringenta, den ivittercen-
sus. Solche Schenkungen kamen
vor.
133 sq. homuncio, ein Menschen-
kind, Erdensohn (von homuncus ge-
bildet). — quantus ex nihilo, du
wiirdest, eben noch ein Nichts,
plotzlich zum angesehensten Mann,
zum geehrtesten Freunde Virros,
wie nXovOLOi BK nrwxcov ynyovaoi
bei Demosth. VIII 66.
135 da — pone, vgl. 1, 101. Das
angenommene Verhalten des Virro
wird sofort wie im Mimus zur An-
schauung gebracht.
88
IVVENALTS
ilibiis?' o nummi, vobis liunc praestat' lionorem,
vos estis fratres. dominns tamen et domini rex
si vis tu fieri, nullus tibi parvolus aula
luserit Aeneas nec filia dulcior illo;
iucundum et carum sterilis facit uxor amicum,
sed sua nunc Mycale pariat licet et pueros tres
in gremium patris fundat semel, ipse loquaci
gaudebit nido, viridem thoraca iubebit
adferri minimasque nuces assemque rogatum,
ad mensara quotiens parasitus venerit infans.
vilibus ancipites fungi ponentur araicis,
boletus domino, sed quales Claudius edit
ante illum uxoris, post quem nil amplius edit.
Virro sibi et reliquis Virronibus illa iubebit
poma dari, quorum solo pascaris odore,
qualia perpetuus Phaeacum autumnus habebat,
140
145
150
138 tu co: tunc P 140 ddehat Inhn. 141 sua W: tua Poo
mygale P Migale S 142 simul pco 145 at P 146 ponentur pto;
potentur PS 148 postquam P
137 "Willst du aber vollends zu
seinem dominus und rex werden,
dann mufst du reich und kinderlos
sein, d. h. du darfst keine not-
wendigen Erben haben: er wird
dir dann wie ein Klient dem Patron
den Hof machen. Es folgt die Par-
odie von Verg. IV 328, wo Dido
klagt: si quis milii parvolus aula
luderet Aeneas.
140sq. 1 40 steht im scharfenGegen-
satz zii 141 sq. DerKlient wird nur
geliebt, wenn seine Frau des Kinder-
segens entbehrfc, dagegen bei seiner
eigenen Frau (sua 31ycale), bei der
Frau des Patrons ist es etwas ganz
anderes: da freut er sich des Kin-
dersegens und weifs den zartlichsten
Vater zu spielen, da behalten Herz
und Gemiit ihr Recht. — Das Pos-
sessivum sua steht im Nebensatz
in Beziehung auf das Subjekt (ipsc)
des Hauptsatzes, da es als Trager
des Gegensatzes besonders betont
ist, vgl. Nipperdey zu Nepos I 1.
— Mycale (Schnauzchon?) ist jeden-
falls eine koraische NamensV>ildung
fiir uxor. — nunc, ietzt im Augen-
blick und dazu Drillingc!
143 nido , Verg. XII 474 pinnis
alta atria lustrat hirundo pdbula
2Jarva Jegens nidisque loquacibus
cscas. — tlioraca als S]iielzeug, wie
Lucil. TI 17 ricae, tliwacia, mitrae.
144 minimas niices, zum Niisse-
spiel, vgl Marq. V 2, 418 sq.
lib parasitusinfans, derschxneich-
lerische Kleine, der Knabe, der dem
Vater wie einParasit zu schmeicheln
versteht.
146 — 155 Fortsetznng der Mahl-
zeit: _d) der Nachtisch mit "Pilzen
und Apfeln.
146 Mart. TII 60 sunt tihi holeti,
fungos ego sumo suillos, Steinpilze,
Plin. h. XXII 96 (fungi) suilli ve-
ncnis accommodatissimi familias nu-
X)er interemere et tota conviria, quac
voluptas tam ancipitis cihi?
147 sed ist ironisch = aber natiir-
lich Pilze, wie sie Claudiiis vor sei-
ner Vergiftung afs. Claudius wurde
von Agrippina durch einen holetus
medicatiis getotet, vgl. 6, 620. Tac.
XTI 66 sq. Ahnlich sagt Mart. T 20
quid dignum tnnto tihi vcntre gula-
que precahor? holetum, qualem Clau-
dius edit, edas.
150 solo odore, alleiu schon an
dem Geruch. Apfel Tnldeten den
Schlufs der Mahlzeit, daher sprich-
wortlich ah ovo usque ad mala.
LIBRI I SATVRA V
89
credere qiiae possis subrepta sororibus Afris:
tu scabie frueris niali, (|U0(1 in aggere rodit,
qui tegitur parma et galea metuensque flagelli
discit ab hirsuta iaculum torquere capella.
forsitan inpensao Virrouem parcere credas.
hoc agit, ut doleas; nam quae comoedia, luimus
quis melior plorante gula? ergo omnia fiunt,
si nescis, ut per lacrimas effundere bilem
cogaris pressoque diu stridere molari.
tu tibi liber homo et regis conviva videris:
eaptum te nidore suae putat ille culinae,
nee male coniectat; quis enim tam nudus, ut illum
bis ferat, Etruscum puero si contigit aurum
vel nodus tantum et signum de paupere loro?
155
160
165
154 tegi P 158 g\]a P
152 sororibiis Afris, den Hespe-
rideu, 14, 114 certa maqis quam si
fo)iutias servet easdei}i Hesperidum
scrp:ns. Die i\V| gebar ^EaTrBgidag
&' , ats u.Tj7.tt nioTiv v.Xvxov 'P.v.fu-
voLO ygvaBtt y.ttXu. aiXovai cpigovrd tb
SivSgsa v.ug-nov Hes. theogr. 215.
153 sqq. Der agf]er ist der Wall
des ServiusTullius vom Collinisclien
bis zum Esquilinischen Thore, dor
50 Fufs breit und 69 Fnfs liocli
war. Es war dort viel Verkehr,
und. wie 6, 588 zeigt, zngleich auch
ein Sammelpunkt von Gaunern und
Marktschreiern. Solche mochten
dem Publikum oft auch dre.=sierte
Affen vorfiiliren. Der hier erwilhnte
Affe ist mit Schild und Helm aus-
gervistet und mufs auf einer Ziege
sitzend i ah capeUa) einen Speer
schleudem. — metuens flagelli, wie
7, 210 tnetuens virqae.
156—173 Vierter Epilog.
- 156 iinpemae parccre, z. B. Plin.
ep. II 6, 3 versichert Plinius eadem
^omyiibiis pono. Darauf fragt sein
Tischnachbar, ob er denn auch die
lihcrti wie die anderen Giiste be-
handle, und als er dies bejahte,
bemerkt der andere: 'magno tibi
constat.'' 'minime.^ 'qui fieri po-
test?^ 'quia sciUcet liberti mei non
idem quod eqo bihunt, sed idem eqo
quod liherti.' gula ergo reprimenda,
si sumptibus parcas, quibus ali-
quanto rectius tua continentia quam
aliena contumelia consulas.
161 videris conviva P
157 Kiinstlerische Vorstelhingen
sehorten znr Wiirze des Mahles.
Virro verschafft sich diese auf ein-
fache Weise. Denn es giebt kein
kostlicheres undlebendigeres Schau-
spiel als das schmerzlich verzenrte
und enttauschte Gesicht des hung-
rigen Klienten.
158 plorante qula. als dasGrinsen
eines enttanscht'"-^ Feinschmeckers,
der etwas Fennes erhofft und schon
mit den Augen gesehen und mit dem
Munde beschmunzelt hat, und nnn
nichts bekommt.
159 si nescis = ut Jtoc scias.
160 molaris (sc. dens) ist der
Backenzahn den der Arme vor Wut
zusammendriickt, vs\. 13, 212 iti-
terque molares difficili crescente ciho.
162 Nach Hor. s II 2, 30 im-
parihus formis decepfnm te pafet.
164 sq. Plin. b. XXXIII 10 Sed a
Prisco Tarquinio Cdaher Etruscum
aurum) omnium primo filium, cum
in praetecctne annis occidisset ho-
stem, buT.la aurea donntmn constat:
unde mos buJlae duravit, ut ewuvi
qui cquo meruissent filii insiqnr id
haberent, ceteri lorum. AllmLlhlich
wurde die hulla aurea wie die prae-
texta allen Freieeborenen gestattet.
Die Sohne der Freigelassenen tragen
nun das lorum am Hals und daran
eine Kapsel aus Leder (siqnum, d.
bulla scortea), vgL 13, 33. 14, 5.
Pers. 5, 31 cum primum pavido cu-
stos mihi purpura cessit hullaque
90
IVVENALIS
spes bene cenandi vos decipit. ^ecce dabit iam
semesum leporem atque aliquid de cluuibus apri,
ad nos iam veniet minor altilis.' iude parato
intactoque omnes et stricto pane tacetis.
ille sapit, qui te sic utitur. omuia ferre
si potes, et debes. pulsandum vertice raso
praebebis quandoque caput nec dura timebis
flagra pati, his epulis et tali dignus amico.
170
IVVENALIS
SATVRARYM
LIBER SECVNDVS
SATVRA VI
Credo Pudicitiam Saturuo rege moratam
in terris visamque diu, cum frigida parvas
166 caenendi P 169 iacetis P
succinctis Laribus donata pcpendit,
me tihi supposui.
167 semesum leporem, ein iibrig-
gebliebenes StiickHasenbraten, Hor.
s. I 3, 81 tollere iussus semcsos pi-
scis, die Fischreste, II 6, 85 semesaque
lardi frusta cledit.
169 strieto pane: die Armen hal-
ten das Brot bereit, ohne es (mit
dem Mund) anzuruhren, sie halten
das Brot wie ein Schwert geziickt,
kampfen und streiten aVjer damit
nicht (d. h. hauen auf den Braten
nicht ein), sondern halten einfach
den Mund. Wie cpte zeigt ist in-
tacto dem piarato nur als Ergiin-
zung der Malerei beigegeben, wiih-
rend stricto die mit jiarato be-
gonneue Handlung fortsetzt: aliud
est parare gladium, aliud gladium
stringere.
170 sic, i. e. tam superhe, so ver-
aclitlich behandelt. In der Komodie
oder im Mimus war die RoUe des
stupidus stehend. Er wurde capite
raso dargestellt und bekam als
Dummkopf oder Priigeljuuge die
Ohrfeigen, 8, 192.
172 quandoque, vgl. 2, 82 u. 14, 51.
173 Die Hiebe mit dem flagrum
oder flagellwn gehorten zu den
hartesten Sklavenstrafen, 6, 479 Jiic
frangit ferulas, ruhet ille flagello,
13, 195 qtiatiente animo tortore fla-
gellum, vgl. 14, 19 und 10, 180;
sonst ist flagrum oder flageUum die
Peitsche zum Antreiben der Tiere,
vgl. 154. 2, 169. 10, 109.
Sat. VI.
1 — 24 Prolog: Die Pndicitia ist
liingst schon aus der Welt ver-
schwunden.
1 Dasselbe Motiv findet sich bei
Propert. III 32, 47 — 56: qui quaerit
Tatios veteres durosque Sahinos, hic
posuit nostra nuper in urbe pedein.
tu pi^i^^^s ^t fluctus poteris siccarc
marinos altaque mortali deligere
astra manu, quam facere ut nostrae
nolint peccare puellae. kie mos Sa-
turno regna tenente fuit, ct cum
Dcucalionis aquac fluxere i^erorhem.
at pjost antiquas Dcucalionis aquas,
dic miki, quis potuit lectum servare
jmdicum, quae dca cum solo vivere
sola deo?
LIBRI II SATVKA VI
91
praeberet spelunca domos ignemque laremque
et pecus et dominos lonimuni cluucleret umbra,
silvestrem montana torum cuni sterneret uxor
tronJibus et culmo vicinarumque ferarum
pellibus, haud similis tibi, Cyuthia, nec tibi, cuius
turbavit nitidos exstinctus passer ocellos,
sed potanda ferens infantibus ubera magnis
et saepe horridior glandem ructante marito.
quippe aliter tunc orbe novo caeloque recenti
vivebant homines, qui rupto robore nati
compositive luto nullos habuere parentes.
multa Pudicitiae veteris vestigia forsan
aut aliqua exstiterint et sub love, sed love nondum
10
15
7 aut P (nou Prisciamis) 8 turbabit P 9 ubera mauus sed
mauus post adiectum P 13 compositive Pithoeiis: compositi** P
compositique pco lo et pco: *n* P vel Bibbeck
3 igmm = focum, vgl. 1, 120 et
panis fumusqne domi, 134 caulis
miseris atque iijnis emendus.
i pccus Herde, dagegeu der Plural
11,41 centrcm pecorum agrorumque
capaceiH.
5 montana mit dem Nebenbegriff
der derben und reinen Xatur, 2, 74
populus modo victor et illud mon-
tanum vulgus. — torus spottisch
von dem primitiven Lager der
ersten Xaturmenschen , vgl. 3, 82
fultusque toro mcliore recumbet.
6 vicinarum der mit ihnen auf
Bergen und in Wiildern lebenden
Tiere, vgl. 13, 185 vicinus Hymetto
senex.
7sq. Cynthia war dieGeliebte des
Propertius, deren eigentlicherName
Hostia gewesen sein soll. Das FoU
. gende umschreibt in satirischer
Weise (zn 15, 126) den Namen der
Leabia (= Clodia), der GeUebten
des CatulIuB. Die Totenfeier des
;>asserderGeIiebtenenthaItCatuII. 3,
und auf die letzten Verse spielt
hier Juv. an : txia mmc opera
(Schuld) meae puellae jlendo turgi-
duli rubent ocelli. — turbavit
trubte, vgl. 13, 133 vexare oculos
um&re coacto.
9 potanda uhera entspricht dem
magnis infantibus: wie die Eltern,
bO die Kinderl Beide strotzten von
Naturkraft!'
10 horridior vernachlassigter, uu-
kultivierter: das Weib kanute noch
keine Ziraperlichkeit! — glandem,
die menschliche Nahrung der Ur-
zeit, vgl. 13, 57 licet ipse vidcret
plura domi fraga et maiores glundis
acervos, und 14, 184 vcteris fastidia
quercus.
11 Lucret. V 907 tellure nova
caeloque recenti (unverdorben).
12 Verg. VIII 314 erziihlt Euan-
der: hacc nemora indigenae Fauni
Nymphaeque tenebant gensque virum
truncis et duro rohore nata, Hom.
Od. XIX 192 ttXXa xat (oq fiot ^in):
Tsov ysvog, omtod^sv saai' ov yccg
ano dgvog soGi 7ta?.cciff>cctov, ovS
uno nsTQTjs. Daueben bestand die
Sage von dem dv&gcononXaaTrjs
IlQOfirjQ^svg, der bei Hesiod das
Weib, nach anderen Dichtern auch
den Mann aus Lehm oder Thon-
erde bildete, vgl. 14, 35 et meliore
luto finxit praeeordia Titan, und
4, 133 debetur magnus patinae subi-
tusque Prometheus = figulus oder
nr}XovQy6g.
13 nullos parentes, vgl. 4, 98 ut
malim fraterculus esse yigantis.
15 sub love, d. h. im silbernen
Zeitalter, vgl. 24. — nondum bar-
hato , wie 13, 40 tunc cum virgun-
cula luno et privatus adhu^ Idaeis
luppiter antris (erat).
92
IVVENALTS
barbato, nondum Graecis iurare paratis
per caput alterius, cum furem nemo timeret
caulibus et pomis, et aperto viveret horto,
paulatim deinde ad superos Astraea recessit
hac comite, atque duae pariter fugere sorores.
anticum et vetus est alienum, Postume, lectum
concutere atque sacri genium contemnere fulcri.
omne aliud crimen raox ferrea protulit aetas:
viderunt primos argentea saecula moechos.
conventum tamen et pactum et sponsalia nostra
tempestate paras, iamque a tonsore magistro
20
25
22 pnlchri P
16 DerDichtergreifseltdieLeiclit-
fertigkeit der GraeoAi fidcs im
Schworen, vgl. zu 13, 84.
17 Die Konstraktion furem timere
caulibus ist dichterisch und kiihn;
denn bei Liv. I 9, 5 findet sich
doch wenigrstens der Dativ der
Person: tantam in medio crescentem
molem sibi ac posteris suis metue-
bant. Vgl. zu 10, 84.
18 aperto viveret liorto nach Pers.
2, 7 et apcrto vivere voto. Zur Sache
vgl. Tibull. I 3, 44 non domus uJla
fores Jiabuit. non fixus in aciris, qui
rcficrct certis finihus arva, lapis.
20 7iac comitc, i. e. Pudicitia,
Hesiod. "Epyor 199 xat Tors Sr] Ttgog
"Oltfiinov ano x&ovog fVQvoSstrjg
Kd^CCVCCtCOV fl8TCC (fvXoV ITOV nQoXi-
novr' av&Qconovg Aidwg kccI Ni-
fiBGig, Tcc Sf XFiipsrcct aXysa Xvygoc
9vr]Toig av&Qcanotai, denn die Ne-
mesis steht der Astraea oder lustitia
(Rechtsgefiihl) oder z/iH?y gleich,
welche als Tochter des Astraeos,
des Vaters der Gestirne, gedacht
wurde.
21 antiquum et vetus est, wie
15, 33 inter fmitimos vetus atque
antiqua simultas, denn antiquum
''urait' hat zum G^gensatz novum,
vetus 'friiher im Gebranch' ist dem
reccns entgegengesetzt: es ist ur-
alte und nur zu gewohnliche Sitte.
Vgl. Doderlein Synon. IV 83. —
Der Name des Postumus, an den
die Satire gerichtet ist, findet sich
nur im Vokativ, vgl. 28 u. 377.
Ganz verschieden von ihm ist der
moechorum notissimus Vrsidius, vgl.
38 u. 42.
22 fulcri, wie 11, 95 nobile ful-
crum. Der genius fulcri oder lecti
ist dasselbe wie lectus qenialis bei
Hor. I 1, 87, vgl. Paul. Diac. 94 (M.):
neniaUs lectus qui nuptiis sternitur
in honorem Genii (i. e. maritorum),
Arnob. II 67 cum in mntrimonia
convenitis, toga sternitis lcctulos et
maritorum genios advocatis-; er stand
in dem atrium der Thiir gegen-
iiber, Prop. V 11, 85 seu tamen
adversum mutarit ianua lcctum,
coniugium, pueri, laudate et fcrte
paternum.
23 mox erst spilter; der Gegen-
satz argentea saecula 'schon das
silberne Zeitalter' ist zu betonen.
25 — 37 Darum grenzt es an Wahn-
sinn, Postumus, wenn du dir den-
noch eine Frau nehmen willst.'
25 nostra tempcstate, die doch
noch viel schlimmer ist, in der das
Laster auf dem Ilohepunkt steht,
1 , 149 omne in praecipiti vitium
stetit. C/mventum oder conventio
ist eine Ubereinkunft oder ein Ver-
trag, der eine civilrechtliche Klage
gestattet, wiihrend pactum ein ein-
seitiges Ubereinkommen ist ohne
Anspruch auf Klage. Die Form der
smnsalia hatte auch gewisse recht-
liche Wirkungen, z. B. durften Ver-
lobte nicht gegeneinander Zeugnis
ablegen, aber einen Zwans: zur
Vollziehung der Ehe bewirkt sio
uicht. Vgl. 200.
26 tonsorc magistro von der kiitist-
lerischen Hand desFriseurs; Tibull.
I 8, 12 ungucs artificis docfn sub-
secuissc manu. Bei festlichen Ge-
legenheiten liefs man sich und der
Lli;Ul Ll SATVUA V[
93
peoieris, et digito piguus fortasse dedisti.
certe sauus eras. uxorem, Fostume, ducisV
dic, qua Tisiplioue, quibus exagitare colubrisV
ferre potes domiuam salvis tot restibus uliam,
cum pateaut altae caligautesque ieuestrae,
cum tibi viciuum se praebeat Aemilius pousV
aut si de multis uullus placet exitus, illud
uonne putas melius, quod tecum pusio dormitV
pusio, qui uoctu uou litigat, exigit a te
uuila iaceus illic muuuscuia, uec queritur, quod
et lateri parcas uec quautum iussit aulieles.
sed placet Vrsidio iex lulia, toilere dulcem
30
35
■29 quibus priino omissuin post exagitare add. P 34 et 35 pusio
pco: puugio FiS pugio ? Sb a. pco et in rasura P (ex luhn)
Dienerschatt das Haar frisieren,
vgl. 11, 150, ja man wandte sich
wohl auch an einen beriihmten
tonsor , der zugleich Lehrmeister
{inagisterj seiner Kunst war, vgL
11, 137. 5, 122. Marquardt Priv.
11 5S7 u.
27 In alter Zeit gab bei der Ver-
lobung der Briiutigam . der Braut,
wie dies bei allen Kontrakteu ge-
schah, ein Handgeld {arra). Statt
dessen iibergab man schou * in
ii-uher Zeit der Braut einen King,
als Uuterpfand fur die Erfiillung
der eingegangenen Verptiichtung.
Dieser King wurde an der linkeu
liand quarto digito getragen (Uell.
X 10).
28 certe sanus eras du warst ja
doch sonst (als ich mit dir ver-
keiu-tfc; ein Mensch von gesundem
Verstaude. Ahniich Uor. ep. I 4, 6
non tu corpvs eras sine pectore,
Hom. (Jd. IV 31 ov fiijv vr^nLoq
TjG^CC xb TIQIV ■ atCiQ (liV vvv y£
ncxig cog vi^niu (3ajf tj, oder II. VHl
163 yvvui^og uq' uvzi zizv^o, wie
ich jetzt sehe, bisher aber nicht
wufste. Mit Imperfekt tindet sich
certe 'ja doch, sicher' auch 9, 9
cerle modico contentus agebas ver-
nain equitem, Hor. s. I 9, 67 certe
nescio (juid secreto velle lo(£ui te
aiehas mecuin.
29 Apollod. I 1, 4 nennt die drei
Furien Allekto, Tisiphone und Me-
gara. Die Furien hielten eiue aua
gewundenen Schlangeu geflochtene
Peitsche , ixiSvijsoaav ificca&lrjv
Nonn. , tortuin ilagellum bei Val.
FI. VIII 20, iu den Hauden, Verg.
VII 450 geminos erexit crinibus
anguis verbcraciue insonuit.
30 dominu, auch doinina uxor,
ist Ehrenpriidikat der Hausfrau,
wie der Hausherr selbst dominus
ist, vgL 376. 9, 78.
31 caligare dunkel machen, also
Schvvindei verursachen, caligantes
schwindelnd, weil altae.
32 Aemilius pons, von den Cen-
soren M. Fulvms Nobiiior und M.
Aemilius Lepidus erbaut, war dem
Forum Romanum am nachsten. Zur
Sache vgl. Hor. s. II 3, 36 solatus
iussit me a Fabricio 'non tristem
ponte (nach der Tiberinsel) revcrti.
34 pusio, von pusus, pusillus, ist
eiu ^jiter dciicatus, Apui. met. IX 7.
35 non litigat, vgl. 268. — a te,
wie 13, 36, Senec. ep. 41, 9 quid
est autem, quod ab illo rictio haec
exigiti^
37 lateri = viribus tuis. — Zu
anheles vgl. hulare uud halitus,
anima hales.
38 — 59 Aber freilich um der Lex
luliu wiilen beugt sich sogar eiu
stadtbekanntei Ehebrecher wie Ur-
sidius ins Ehejoch und sucht sogar
eine Frau von strenger Sittenreiu-
heit, da er doch aus Erfahruug
wissen mufs, dafs es eine solche
nirgends melir giebt.
38 Die Lex luliu de maritandis
ordinibus (vom J. 13 v. Chr.) setzte
94
IVVENALIS
cogitat heredem, cariturus turture magilo
mullorumque iubis et captatore macello.
quid fieri nou posse putes, si iungitur ulla
Vrsidio? si moechorum notissimus olim
stulta maritali iam porrigit ora capistro,
quem totiens texit perituri cista Latini?
quid quod et antiquis uxor de moribus illi
quaeritur? o medici, nimiam pertundite venam.
delicias homiuis. Tarpeium limen adora
pronus et auratam lunoni caede iuvencam,
si tibi contigerit capitis matrona pudici.
paucae adeo Cereris vittas contingere dignae,
40
45
50
40 multorumque P 43 porrig** P
vielfache Belohnungen auf die ehe-
liche Erzeugung von Kindern, wah-
rend die Ehelosigkeit besonders
durch Beschriinkung (vgl. zu 9, 87)
der Erbfahigkeit gestraft wurde,
vgl. Walter, Rom. Rechtsgesch. II
§ 605, Tac. III 25 relatum dein
(im J. 20 n. Chr.) de moderanda
Papia Poppaea, quam senior Auyu-
stus post Pulias rogationes incitan-
dis caelibum poenis et augendo
aerario sanxerat. Nec ideo coniugia
et educationes liberum freqioenta-
bantur, praevalida orbitate, d. h.
die Neigung keine Kinder zu haben.
40 captatore macello der Lecker-
bissen des Marktes, vgl. zu 26 ton-
sore magistro, Pers. 5, 40 artificem-
que tuo duait sub pollice vxdtum.
— Solange Ursidius unverheiratet
war, wurde er von Erbschleichern
mit allen Feinheiten des Fisch-
marktes (5, 95 u. 11, 10) iiberhauft,
vgl. 12, 93 sq.
41 Ovid. tr. I 8, 7 omnia nunc
fient, fieri quae posse negabam. —
iungitur, sc. tabellis, heiratet,vgl.200.
43 capistrum 'Halfter' spottisch
fiir iugum. Denn zu den Hochzeits-
ceremonieen gehorte dieVereinigung
der Brautleute unter dem iugum;
daher vinclo iugali se sociare bei
Verg. IV 16.
44 Latinus (zu 1, 36) spielte die
RoUe des Liebhabers, der in Ge-
fahr ertappt zu werden von der
Frau oder ihrer Sklavin in einer
Kiste versteckt wird. Vgl. Hor. s.
1 2, 129 u. f.
45 [antiqiiis de moribus statt des •
AbL der Eigenschaft ist sehr sel-
ten, eig. von der (langst verloruen)
guten alten Sittlichkeit her, aus
der Reihe der guten alten Sitteu,
iihnlich wie sonst (14, 134) de ponte
aliquis, Hor. II 3, 23 pauper et in-
fima de plebe, II 4, 17 de scelesta
plebe dilecta.
46 pertundite vettam, vgl. 13, 125
tu venam vel discipulo committe
Pliilippi.
47 delicias ''Narrheiten', vgl. 13,
140 u. 10, 291. — Tarpeium limen
ist der capitolinische Tempel (zu
12, 6), wo luno JRegina, die Schutz-
gottheit der Ehe, neben luppiter
und Minerva verehrt wurde. —
adora pronus erklart Ovid. rrr. I 375
procumbit uterque pronus liumi ge-
lidoque pavens dedit oscula saxo.
48 auratam, sc. eornibus, vgl.
12, 84.
50 paucae adeo gax weuige, nur
sehr wenige, Verg. III 203 tris adeo
incertos caeca caligine soles erramus
pelago, totidem sine sidere noctcs.
— Cercris vittas {virgineas) con-
tingcre ist nicht aUein von den
Priesterinnen , sondern von allen
Geweihten der Gottin zu versteheu,
vgl. 15, 140. Juvenal scheint hier
an die Prozession der Matronen
am Ceresfeste zu denken, deren
Ursprung auf die Hungersnot vom
Jahre 258 zuruckgefuhrt wird, wo
der Koneul A. Postumius zuerst der
Ceres einen Tempel gelobte. Der
Ausdruck nach Verg. II 108 m<t-
LIBRI II SATVRA VI
95
quarum non timoat pater oscula. necte coronam
postibus et densos per iimina tende eorymbos:
unus Hiberinae vir suflicit? ocius illud
extorquebis, ut hiiec oculo contenta sit uno.
magna tamen tama est cuiusdam rure pateruo
viventis. vivat Gabiis, ut vixit in agro,
vivat Fidenis, et agello cedo paterno.
quis tamen adtirmat nil actum iu montibus aut in
speluncis? adeo senuerunt luppiter et Mars?
porticibusne tibi monstratur femina voto
digna tuo? cuneis an habeut spectacula totis
quod seeurus ames, quodque inde excerpere possis?
00
52 tende w: necte p erasum in P 57 fidens F
nibusqite crueniis rirgineas ausi
divne contingere cittas.
52 Es war alte Sitte bei jedem
Freudenfest, also auch zum Em-
pfang der Braut, die Thurpfosten
zu umkninzen und mit Blumenge-
winden {densi cori/mbi) zu zieren,
vgl. 12, 91. 10, 65. 9, 85. 6, 228
u. 79. Mit necte coronam kehrt der
Dichter zum Vorhaben des Postu-
mus und damit zur Betrachtung
des weiblichen Geschlechts zuruck.
53 Hiberina war als muUivira
stadtbekannt,' vgl. 229 u. f. , wilh-
rend es doch sonst ein wesentliches
Merkmal romischer Pudicitia ist^
dafs eine Frau die erste und ein-
zige Ehe eingeht, Hor. III 14, 5
unico gaudens mulier marito. An
dem einen Beispiel wird die Gat-
tung charakterisiert.
54 oculo Uno, Tgl. Hor. s. II 5,
35 eripiet quivis oculos citius mihi
quam te contemptum cassa nuce
pauperet. Das Auge ist dem Men-
schen sein Liebstes und WertvollBtes,
daher Catull. 14 ni te plus ocidis
meis amarem , 3, 5 quem plus iUa
oculis suis amabat.
55 sq. tamen = at oder at enim:
aber, wendet man ein, auf dem
Lande wenigstens lebt doch manche
in schonster Sittenreinheit, Prop.
III 19, 3 nuUus erit castis iuvenis
corruptor in agris, qui te bJanditiis
non sitiat esse jjrobam. Aber schon
in den Kleinstiidten, wie GaVjii oder
Fidenae (za 10, 100), hort die ge-
priesene Sittsamkeit auf, geschweige
dais sie in Rom fortdauerte. — Das
Tom Vater ererbte Gutchen besafs
JuT. in der Nilhe Ton Aquinum,
Tgl. 3, 319 tuo Aquino, wie Hor.
I 7 Tiburis umbra tui.
58 Mit quis tamen adfirmnt giebt
der Dichter dem Emste seiner
Behauptung und seiner Wette {bonis
se cessurum) eine komische Wen-
dnng, wie z. B. 14, 330 u. f, ibid.
241 u. f.
60 — 113 In Rom wenigstens giebt
es keine Stiltte der Keuschheit
mehr. Hier begeistert sich die Frau
nur fiir Schauspieler und Gladia-
toren.
60 Am bekanntesten war 1) die
Ton Portiken umgebene Promenade
des Marsfeldes, 2) die Ton Agrippa
erbaute porticus Argonautarum, in
der Nahe der Saepia luUa an der
Via lata, 3) die portictts Pompeia
am theatrum Pompei, 4) die porti-
cus PhiUppi {L. Marcii) um den
Tempel dea Hercides Musarum.
61 spectacula 'Theater, Schau-
spiele'. Schon Propert. III 22, 3
klagt: 0 nimis exitio nata theatra
meo! sive aUquis muUi diducit
candida gestu bracchia seu varios
incinit ore modos: interea nostri
quaerunt sibi vulnus oceUi, candida
non tecto pect&re siqua sedet, und
III 19, 9 iUic (auf dem Lande) te
nuUipoterunt corrumpere ludi fana-
qtie peccatis plurima causa tuis.
62 exeerpere aus einer Reihe,
wie aus einem Kranze, heraus-
nehmen, sich auswahlen, Hor. s.
9G
IVVENALIS
chironomon Ledam molli saltante Bathyllo
Tuccia vesicae uon imperat, Appula gannit
sicut in amplexu subito et — mirabile — longum
attendit Thymele; Thymele tuuc rustica discit.
ast aliae, quotiens aulaea recondita cessant
et vacuo clusoque sonant fora sola theatro —
atque a plebeis ionge Megalesia — tristes
personam thyrsumque tenent et subligar Acci.
Vrbicus exodio risum movet Atellanae
gestibus Autonoes, hunc diligit Aelia pauper.
65
70
63 molli* {erasa h.9) F 65 subitum pa miserabile Poi, corr. W.
70 acci (o grammatici GLK. V p. 321 et VI p. 232: acne P actu p
Hagni Rihbeck
I 4, 40 ego me illorum, dederim
quibus esse poetis, excerpam numero.
63 chironomon (xsiQovofiov) Le-
dam saltare die gestikuliereude
Leda, d. h. die Leda in malerischer
Armbewegung im Mimus darstellen
(6^;fft'(T'9'a«), vgl. 5, 121. Die Tiinze
wurden mit der Flote begleitet.
Bathylius aus Alexaudria war ein
beliebter, vonMacenas begiiiistigter,
Pantomime unter Augustus, Fers.
5, 123 ad mimeros satyrum moveare
BathylU; denselbeu Namen fiihrte
ein gefeierter Tanzer unter Domi-
tianus.
64 Tuccia ist nicht bekannt; die
Familie aber gehorte zu den vor-
nehmsten. In der republikanischen
Zeit kommt eine Vestalin dieses
Namens vor, dann ein Priltor M.
Tuccius, vgl. Liv. XXXVIl 2. 50.
XXXIX 23. ImJ. 51 v.Chr.erscheint
ein M. Tuccius als Anklager des C.
Sempronius Rufus, Cic. fam. VIII 8, 1.
— vesicae imperare, wie Sil. Ital.
II 652 tristia fata priorum imperet
evolvms lacrimis? — Appula ist
wahrscheinlich eine komische De-
miuutivbilduug fiir Appia.
65 mirabile erscheint oft bei
Dichtern fiir sich allein als Ausruf
iii Pareuthese.
66 Thymele war eine der besten
Mimenspielerinnen ihrer Zeit (zu
1, 36. 8, 197), wenn sie aber Ba-
thyllus tanzen sah, daun kam sie
sich selbst als rusiica vor, als
landliche nngeschickte uud unge-
iibte Dirne. Dann reckt und streckt
sie den Hals Jilongum nicht etwa
= diu, sondern nach 14, 295 zu
erklaren), um noch von dem Meister
zu lernen.
67 ast (aus at-set) gebraucht Juv.
sonst nur mit Pronomina, 8, 46
ast ego Cecropides, 3, 69 ast hic,
15, 78 ast illum, 16, 48 ast illis,
einmal 15, 165 ast homini. Die Vei--
binduug mit alius ist bei Vergil
hiiufig, vgl. Ribbeck, ProIeg.Verg. 68.
69 Die plebejischen Spiele helen
auf den 4. bis 17. November, die
Megalesien auf den 3. bis 10. April,
Den Winter iiber gab es keine
ludi scaeniei, im Sommer und Herbst
aber folgten aufeinander die Spiele
der Ceres (12. bis 19. April),' der
Flora (28. April bis 3. Mai), des
Apollo (6. bis 13. Juli), die ludi
Momani (4. bis 19.September). Doch
waren nicht alle genannten Tage
den ludi scaenici gewidmet. Vgi.
Friedlilnder S.-G. II 272 u. f.
70 In Ermangelung der Person
halten sie die Maske (vgl. 3, 175)
und den Thyrsusstab uud deu Leib-
schurz des KomOdiauten zartlich
in der Hand uud freuen sich der
Erinnerung.
71 Vrbicus war ein in der Atel-
lane auftretender ochauspieler, vgl.
Friedliinder S.-G. II 571. Die Atel-
lane wurde in Rom vielfach als
Nachspiel (exodium) verwendet, nur
in den kleinereu Municipieu ItaUeus
bchauptete sie ihre Selbstiludigkeit.
72 Autonoe war Tochter des Kad-
mos und Schwester der Agave.
LIBRI II SATVRA \l
07
solvitur his may;no comoedi fibula, sunt quae
Clirysogomim cantare vetent, Hisnulla trarfoedo
itaudet: an expectns, ut Quiutilianus ameturV
accipis uxorem, de qua citharoedus Echion
aut Glaphjrus fiat pater Ambrosiusque choraules.
longa per anorustos figamus pulpita vicos,
onientur postes et grandi ianua lauro,
ut testudineo tibi, Lentule, conopeo
nobilis Eurvalum aut murmillonem exprimat infans?
nupta senatori comitata est Eppia ludum
80
77 Ambrosiusve ? 81 euryalum aut m. P {qui super scriptum
aut habd) 6(o: aut oin. volgo 82 ludium ?
Beide zerrissen in bacchantischer
Wut den Pentheus. la dem exodium
war also das Schicksal des Pt-n-
theus paroJiert. — hunc, wie 14,
143 mercaris et hanc. — Adia spot-
tisch, da der Schauspieler Aelius
Urbicus hiefs.
73 sq. 7(!S (rarTa:ts)solchenKom6-
diantennarrinncn; manche giebt es,
die sogar f\3r Geld Siinger bewegen,
dem ofFentlichen Auftreten zu ent-
bagen; ja selbst die dicke Hispulla
(12, 11) schwurmt fiir ihren Kunst-
ler, dagegen hat man noch nie ge-
hort, dafs sich eine in einen Rhetor
wie Quintilianas verliebt hatte.
Uber die Infibulation siehe Fried-
lander S.-G. III 315. Ubereinstim-
mend mit Juv. sagt Mart. XIV 21.5
dic inihi simpUciter , comoedLs tt
citharoedis , fibuta, quid praestas?
' Carius ut futuant.' vgl. 379 u. f
— Der Citharode Chrysogonus wird
7, 176 als Musiklehrer erwahnt:
tempta Chrynogoiius quanti doceat.
77 Glaphyrus war ebenfalls ein
unter Domitianus beriihmter Citha-
nide, Mart. IV h plaudere nec Cano,
plaudere nec Glaphyro (sc. potes).
Dagegen werden Echion und Am-
hrosius sonst nicht erwiihnt. —
choraules war der Flotenblaser,
welcher mit seiner Musik den sin-
genden Chor unterstiitzte.
78 Das pulpitum ist eigentlich
die Erhohung im Proscenium des
Theaters fur das spielende Per-
sonal (vgl. 7, 93. 3, 174); im Privat-
saal ist pb die Erhohnng oder der
IVV«35AI,IS SATVRAE.
Katheder fiir den recitierenden
Dichter oder Schriftsteller, im Cir-
kus der erhohte Ehrensitz des die
Spiele gebenden Priitoro (14, 257);
endlich steht das Wort hier fiir
spectacula, die in den Strafsen fiir
das Pnblikum errichtet wurden,
welches der deductio spoyisae in
domum mariti beiwohnen wollte
(daher longa per vicos!).
80 Lentuhis fiir einen hochge-
borenen Aristokraten, vgl. 8, 187.
Das -KaivcoTtBLOV (von -naivcorl)) war
im Orient ein mit Netziiberhiingen
(zum Schutze vor den Miicken) ver-
sehenes Ruhebett, im Occident be-
zeichnete man damit eine Art
Himmelbett mit Vorhangen oder
Gardinen. Es ist im reichen Hause
testudineuin 'mit Schildplatt be-
legt', vgl. 11, 95 u. 14, 308.
81 Euryalum aut murmillonem,
so dafs also Enryalus als retiarius
bekannt war, dem ein murmillo
oder ein gaUwi nicht selten als Ant-
agonist gegeniibergestellt wurde.
Vgl. zn 8, 200. Der Ausdruck ex-
primat ist der bildenden Kunst
entlehnt, bedeutet aber hier das-
selbe wie refernt.
82 Unter ludus dachten eich die
Romer nicht selten die Person des
ludius, wie 8, 199, daher die Ver-
bindung ludorum gladiatorumque
consessu Cic. Sest. 106. Der Narae
des senatorischen Gatten der Eppia
ist nicht bekannt. Juv. bietet hier
eine Geschichte aus der chroniqm
scandaJeuse von Domitians Zeit.
98
IVVENALIS
ad Pharon et Nilum famosaque moenia Lagi
prodigia et mores urbis damnante Cauopo.
immemor illa domus et couiugis atque sororis
nil patriae indulsit, plorantesque inproba natos,
utque magis stupeas, ludos Paridemque reliquit.
sed quamquam in maguis opibus plumaque paterna
et segmentatis dormisset parvula eunis,
contempsit pelagus; famam contempserat olim,
cuius apud molles minima est iactura cathedras.
Tyrrhenos igitur tiuctus lateque sonantem
pertulit lonium coustanti pectore, quamvis
mutandum totiens esset mare. iusta pericli
85
90
87 stupeat P 93 ignium P
83 Pharos war eine kleine lusel
nalie vor der Kiiste Alexandrias,
durch einen herrlicheu Leuchtturm
beriihmt. Alexander liefs die Insel
durch einen sieben Stadien langen
Damm mit dem Festlande und dem
Hafen von Alexandria verbinden.
Ptolemaus der Sohn des Lagus er-
hob Alexandria zur Resideuz des
Reiches, wahrend die Pharaonen-
stadtMemphis der kirchlicheMittel-
punkt des Landes blieb. Wie hier
famosa moenia Lagi, so 15, 46 fa-
moso Canopo.
84 procligia (286 monstra) et mores
= prodigiosos mores oder prodigia
quae in moi'ibus urhis apparent. —
Canopus lag unweit der westlich-
sten MGndung des Nils, 120 Stadien
von Alexandria eutfernt. Das iippige
Leben der Einwohner (6 Kavcopi-
oftds) war beriichtigt (15, 46), aber
selbst ihnen erschien die Dnsitt-
lichkeit einer Eppia als Ungeheuer-
lichkeit.
86 nil patriae indulsit gab
der Stimme des Vaterlandes, dem
Klang der Muttersprache kein
Gehor, blieb dagegen taub. Vgl.
14, 234 adeo indulgent sibi latius
ipsi, und 330 indulsit Caesar cui
Claudius omnia, und umgekehrt
6, 111 hoc pueris patriaeque, hoc
pruetulit illa sorori.
87 ludos reliquit, ist derselbe
Sarkasmus wie 11, 53 ille dolor
solus patriam fugientibus, illa mae-
stitia est, caruisse anno circcnsibus
uno. — Paj/s steht hiergenerell fiir
mimus nobilissimus. Den Namen
fiihrten zwei Tilnzer, von denen
der eine unter Nero, der andere
unter Domitianus lebte. Vom letz-
teren sagt Mart. XI 13 er sei Ro-
mani decus et dolor theatri gewesen,
ars et gratia, lusus et voluptas.
89 segmentatis, zu 2, 124, nnd
Ovid. ars III 169 qnid de veste lo-
quar? nec nunc segmenta requiro,
nec quae de Tyrio muriee lana
rubes. cum tot prodierint pretio le-
viore colores, quis furor est census
corpore ferre suos?
90 contempsit ' setzte sich hin-
weg', nihil timuit.
91 molles = parum pudicas. —
minima est iactura, wie 3, i25rnus~
quam minor est iactura clientis. —
Die cathedra ist der prachtvoUe
Lehnsessel im Putzzimmer der do-
mina , wo sie halb ruhend halb
sitzeud die vertrauten Besuche em-
pfangt, vgl. 9, 52, Mart III 63 inter
femineas tota qui luce cathedrus de-
sidet atque cdiqua semper in aure
sonat, XII 38 cpii femineis noctesque
diesque cathedris insidit tota notus
in urbe nimis.
92 sq. sonantemlonium, sc. Jluctum,
denn lonius (sc. Ttovrog) fiir lonium
mare war niemals iiblich, vgl.
Bentley zu Horat. epod. 10, 19. —
constanti pectore 'herzhaft', siccis
oculis bei Horatius.
94 Zu vmtcmdum mare ist nicht
patria sede, sondern, wenn irgend
etwas, eher mari zn (M-ganzen.
LIBRI II SATVRA VI
l>9
si ratio est et honesta, timent pavidoque gelantur
pectore nec tremulis possunt insistere plantis:
iortem auiunuu praestaut rebus. quas turpiter audent.
si iubeat couiuux, durum est conscendere uavem,
tunc sentiua gravis, tuuc summus vertitur aer:
quae moechum sequitur, stomacho valet. illa maritum
convomit, haec iuter uautas et prandet et errat
per puppem et duros gaudet tractare rudentes.
qua tamen exarsit torma, qua capta iuventa
EppiaV quid vidit, propter quod ludia dici
sustiuuitV nam Sergiolus iam radere guttur
coeperat et secto requiem sperare lacerto:
praeterea multa iu facie deformia, sicut
attritus galea mediisque in uaribus ingens
gibbus et acre mahim semper stillantis oceUi.
sed gladiator erat. facit hoc illos Hyacinthos,
95
1 0( )
105
110
104 enpia P
Eppia wahlte wohl auch absicht-
lich nicbt den geradesten Weg.
95 ratio , zu 7, i. — pavido ge-
lantur pectore (Gegensatz constanti
pectore) = ut gelu sic pavore pec-
toris torpent.
97 Ahnlich 285 iram atque ani-
mos a crimiue sumunt. Die Um-
scbreibung des Substantivbegriffs
rebu-t quas turpiter audent erlaubte
sich Juv. ebenso 8, 165 hreve sit
quod turpiter audes.
98 durum est mit Infin., wie
Hor. s. I 9, 42 ego, ut contcndere
durum itst) cum victore, sequor, ist
zu gefiihriicb, erfordert zu viel
durities animi; vgl. Caes. b. c. III
94, 6 si quid durius acciderit, b. g.
I 48, 6 hi, si quid erat durius, con-
currebant, in schwierigerer Lage.
99 aer vertitur, wie Plato Phaedo
79 c Tagccmrui v.ai iXiyyiu, oder
nach 304 vertigine omnia (^= aer)
ambulare videntur.
100 eq. illa und haec bezeichnen
beide dieselbe Gattung.
102 gaudet tractare rudentis ist
Anspielung auf Verg. II 2.39 scandit
fatalis machina muros feta armis:
puf.ri circum innuptaeque /yt/^Z/ae
sacra canunt funemque wanu con-
tingere gaudent.
103 qua tamen, wie 5, 24, fiir
die prosaisch-rhetorische Wendung :
at qua iUa forma exarsit! — iu-
venta 'Jugendschonheit'.
104 tudia, vgl. 266, Mart. V 24
Hermes cura laborqiie ludiarum.
Xach 112 war der Name des Gla-
diators Sergius; das Deminntiv =
bellus Sergius.
105 radere (sc. novacula, ^vqoj)
giittur, er war also uber 40 Jahre
alt, vgl. 215 und zu 8, 166.
106 secto 'verhauen, zerhauen',
vgl. Horat. epod. 4, 11 sectus fla-
gellis hic triumviralibus, fiir caesus.
107 sicut 'zum Beispiel', iihnlich
wie 15, 98 gebraucht.
109 gibbus Erhohung, hier eine
Art Polyp, vgl. 10, 309 strximomm
atque utero pariter gibboque tumm-
tem, 10, 294 cuperet Mutilac Ver-
ginia gibbum accipere. — ocelli,
vgl. 145. Der Ausdruck ist hier
ironioch , weil ocellus in der eroti-
schen Poesie zur Bezeichnung des
verliebten Auges gewohnlich war.
110 Hyacinthus war der geliebte
Bjiabe des Apollo, den der Gott
unvorsichtig mit dem Diskus todUch
traf; der Name Hyacinthus oder
Narcissus oder Hylus wurde in der
Kaiserzeit haufig den pueri delicati,
den naidig atQaloi y.al ■Aourixai,
beigelegt; ihre Statuen galten als
T}^en jugendlicher Schonheit.
7*
100
rVVENALIS
hoc pueris patriaeque, hoc praetulit illa sorori
atque viro. ferrum est, quod amant; hic Sergius idem
accepta rude coepisset Veiento videri.
quid privata domus, quid fecerit Eppia, curas?
respice rivalcs divorum, Claudius audi
quae tulerit. dormire virum cum senserat uxor,
ausa Palatino tegetem praeterre cubili,
sumere nocturnos meretrix Augusta cuculios,
linquebat comite ancilla non amplius una;
sic nigrum flavo criuem abscondente galero
intravit calidum veteri centone lupanar
et cellam vacuam atque suam. tunc nuda papillis
prostitit auratis, titulum mentita Lyciscae,
ostenditque tuum, generose Britannice, ventrem.
excepit blanda intrantis atque aera poposcit,
et resupina iacens multorum absorbuit ictus.
mox lenone suas iam dimittente puellas
tristis abit, et quod potuit tamen ultima cellam
115
120
125
120 sic Bibbeek: sed P? et oa
varie collocant. damnarat lahn.
113 Fabrieius Veiento (zu 3, 185)
zeichnete sich jedenfalls durch Mifs-
gestalt und Hafslichkeit aus.
114 — 135 Was lafst sich auch
in Rom anders erwarten, da ja
selbst eine Kaiserin sich ungescheut
zur gemeinsten Buhldirne ernie-
drigt hat.
114 privata steht im Gegensatz
zum kaiserlichen Haus, dns mit
rivales deorum komipch bezeichnet
wird, vgl. zu 623.
116 uxor, Valeria Messalina,
Tochter des Valerius Messala Bar-
batus, die dritte Frau des Claudius,
vgl. Suet. 26. Ihr Ende erwahnt
Juv. 10, 329 u. f.
117 ausa ''gewann es iiber sich'.
— tegetem, zu 5, 8.
118 sumere cucuUos ist wie tege-
tem praeferre dem ausa unterge-
ordnet, denn beide Gedanken er-
forderten besondere Frechheit. —
meretrix Aiigusta, vgl. zn 8, 148
mulio consul.
120 Messalina tragt die cuciilli,
um sich auf der Strafse unkennt-
lich zu machen, aber den galerus
flavus darnnter, um sich den Lieb-
habern interessant zu machen, denn
blondes Haar "ehorte zur Mode.
126 om. Pz et qui servarunt,
122 nuda, vgl. 11, 172 nndnm
olido (= calidum veferi centojie) stans
fornice mancipium. Die papillae
heifsen auratae, weil Messalina
wahrscheinlich um die Brust eine
kreuzweis geschlungene Binde von
Cylindern und Perlen oder einen
an einer Halskette befestigten
Scbmuck der Brnst trug, Digest.
XXXIV 2, 32 § 9 wird ein orna-
mentum mamiUarum ex cyUndris
XXXI V et tympaniis vinrgaritis
erwahnt. Vgl. Hiibner im Hermes
I 356.
123 Petron. 7 video quosdam inter
titulos nudasque meretrices furiim
conspatiantes : sero inteUexi me in
fornicem esse deductum. Mart. XI 45
introsti quotiens inscriptae Umina
ceUae, seu puer arrisit sive pueUa
tihi, contentus non es foribus veloque
seraque. — Der Name Lycisca
{lv%oq, Jupa) kommt auch Mart.
IV 17 vor.
124 ostendit tuum ventrem besagt
nicht mehr als Hor. s. II 7, 48 sub
clara nuda lucerna, dagegen ist
126 eine Ausfiihrung de.s Horazi-
schen (II 7, 49) exeepit turgentis
verbcra caudne.
128 abit ist wie 559 obit oder
IJBRI II SATVRA VI
inl
clausit, adhuc ardens rigidae tentigiue volvae,
et lassata viris uecdum satiata recessit,
obscurisqiie genis turpis tumoque luceruae
foeda lupanaris tulit ad pulvinar odorem.
hippomanes carmenque loquar coctumque veueuuui
privignoque datum? faciunt graviora coactae
imperio sexus minimumque libidine peccant.
'optima sed quare Caeseunia teste marito'?'
bis quingena dedit. tanti vocat ille pudicam.
uec pharetris Veneris macer est aut lampade fervet;
iude faces ardent, veniunt a dote sagittae.
libertas emitur. coram licet inuuat atque
rescribat; vidua est, locuples quae nupsit avaro.
*cur desiderio Bibulae Sertorius ardet?'
130
135
140
136 Censennia P-.
10, 118 perit (immer vor Vokalen)
Perfektum, vgl. zii 295.
130 liris ist Ablariv.
132 pulcinar deutet die Gottlich-
keit des Kaisers an. Als Domitian
seine geschiedene Frau wieder zu
sich nahm, da habe er, heifst es
(Suet 13), sich nicht entblodet im
Senate zu aufsem: revocutam eam
in puh.inar suum. Unter Gottern
heifst deshalb der lectiis genialis
auch puhinar , Catnll. 64, 47
u. 266. ^
133 innouuvBs war dei Schleim
au8 der Scham brunstiger Stuten,
oder auch eine Art Pferdemilz.
Beides gebrauchte man zum Liebes-
zauber, vgl. 611 philtra, quibus
calcat mentem vexare mariti. Was
Messalina im Hause des Claudius
noch nicht wagte, das uuternahm
Agrippina: sie bethorte den Kaiser
uiid vergiftete den Britannicus.
Agrippinas Herrschsucht {imperium
sexus) war verderblicher igravior)
ala Messalinas libido.
136 — 160 Wenn dennoch einzelne
Manner ihren Frauen ergeben sind,
so ifet dao nur Schein, denn in
Wahrheit wird das (jeld geliebt,
oder Schwache, denn der Maun
lafbt sich vom Gysicht dur Frau
beherrschen, solangi; es schon ist;
treteu RunAcln hervor, so ver«t<)fst
er eie aus dem Hause.
136 Da der Name Censennia sich
Bonst nicht findet, ist entweder eiu
Verderbnis aus Caeson{n)ia oder
auch eiue absichtliche Bildung aus
eeyisus (Vermogen) anznnehmen.
137 bis quingena = deciens se-
slertium, d. h. deu von Augustus
festgesetzteu Senatorencensus. So-
viel betrug mcistens auch die dos
einer Senatorentochter, vgl. 10, 335
et ritu deciens centena dubuntur
antiquo. — ta7iti = hoc pretio. Um
diesen Preis heucheit er; und er
ist nicht etwa aus Liebesleiden-
schaft bUnd (138), nein seine Liebe,
die er heuchelt, ist nnr von dem
Gelde entziindet.
138 Hor. I 13, 8 quam lentis pe-
nitus macerer ignibu^; aber die
sagittae konnen auch von aufseu
kommen und werden dann Ver-
suchuDgen, Stat. s. III 5, 4 nullis
in te dutur ire sagittis — , tu milU
procos intacta fugares. Der Cupido
wurde mit der Fackel in der Haud
dargestellt (Cic. Verr. II 115); die
Fackel selbst durfte im Brautzug
nicht fehlen, Terent. ad. 906 missa
haec face: hymenaeum turbas lam-
padas tibicinas.
140 Die reiche Frau erkauft eich
mit ihrem Reichtum, dem ihr Mann
sich sklavisch unterwirft, die vollste
Freiheit ihres Handelns: sie kann
thun was sie will. — innu^t, sc.
moechis, wohl inter vina.
141 vidua est so gut wie unver-
heiratet.
142 Der Name Bibulus findet
102
IVVENALI8
si verum excutias, facies, non uxor amatur.
tres rugae subeant et se cutis arida laxet,
fiant obscuri dentes oculique minores: 145
'collige sarciuulas' dicet libertus 'et exi.
iam gravis es nobis et saepe emungeris. exi .
ocius et propera.' sicco venit altera naso.
interea calet et regnat poscitque maritum
pastores et ovem Canusinam ulmosque Falernas — 150
quantulum euim hoc? — pueros omnes, ergastula tota;
quodque domi uon est, sed habet vicinus, ematur.
mense quidem brumae, quo iam mercator lason
clausus, et armatis opstat casa candida nautis,
grandia tolluntur crystallina, maxima rursus 155
147 emunceris P 151 enim Hermann : in Pco 153 cum w iasum P
sich besonders in der gens Cal-
purnia und Puhlicia. Hier ist Bi-
hula wahrscheinlicli ebenso wie
Sertorius pseudoaym.
144 cutis arida, vgl. 10, 192 u. f.
145 oculi minores, wahrend sie
in ihrcr Jugend mit ihrem juno-
nischen Auge Eindruck machte.
Vgl. 109.
146 sq. Ubertus ist der Hausver-
walter, fur dessen Bedientenunver-
schamtheit auch gravis es nobis
charakteristisch ist. — emungeris
ist medial, wie Cornif. IV 54, 67
quiescc tu, cuiuspater cuhitis emungi
solebat. Man achtete im Altertum
sehr auf die siccitas corporis.
Petron. 44 riihmt von einem nec
sudavit mnquam nec expuit. — exi
war Scheideformel , Senec. benef.
ni 16 exeunt matrimonii causa,
urspr. baete foras mulier, daher
Mart. XI 104 uxor vade foras, aut
morihus utere nostris. Ebenso hiiufig
war res tuas tibi haheto, wie Mart.
X 41.
149 interea, bis die Spuren des
Alters und damit die Scheiduug
kommt. — calet = nolvTCQayfiov^i,
Cic. ad Att. VH 20, 2 haec velim
explices, et&i te ipsuvi istic iam ca-
lerc puto, den Kopf voll haben.
150 Canusinam von Cunusium
in Apulien. In Apulien war mohr
Weide- als Ackerland, daher auch
die Schafzucht ausgezeichnet, vgl.
4, 27. — ulinos Falernas, vgl. 8, 78
stratus humi palmes viduas desiderat
ulmos.
151 quantulum enim hoc, vgl.
14, 75 am Versaufang plurimum
enim intererit. — pueros omnes alle
die der Manu besitzt will sie fiir
sich, fiir ihren DienSt. — ergastula
tota, vgl. zu 14, 24,
152 ematur, als gebieterische
Forderung, vgl. 214.
153 Am 16.— 18. Dezember wur-
deu die Saturnalieu gefeiert; daran
schlofs sich am 21.uud -i^.Dezember
{hrumac) der grofse Sigillenmarkt.
Zu solcher Zeit zeigen und mehren
sich die Pratensiouen der Frau. In
der von Agrippa erhauten porticus
Neptuni waren grofse Gemiilde,
darunter Jason und die Argonauten
(Dio Lin 27). DiesesGemllldewurde
wahrend der Messe durch die er-
richtete Budenreihe {casa candida)
verdeckt. Wegen des Marktes wer-
den die Argonauten komisch zu
gewohnlichen nautae und Jasou
zum mercator degradiert.
155 tolluntur, um sie zu kaufen.
Belehrend ist auch Mart. IX 59:
es wird natiklich mehr angesehen
als gekauft; vgl. Hom. Od. XV 459
i^Xv&' avTjQ nolvidQig ifiov nQog
diouuTix JtazQog | ;i;pua£ov oQfiov
i%uiv ., fista d" rili:Y.tQoiaiv iiQxo' \
xov iisv ccq' Iv iisyccQco Sfiooui, xai
■noxvict (iTjTrjQ | XSQOiv x' aiKpa-
cpocovto Mai ocpQ^ulfiotatv oqwvto |
u)vov vnioxofisvoi.
LIBRI II SATVUA VI
103
murrina, (leinde adamuns uotissimus et Berenices
iu digito factus pretiosior. hunc dedit oliui
barbarus incestae, dedit hunc Agrippa sorori,
observaut ubi festa mero pede sabbata reges
et vetus iudulget senibus clementia porcis.
'uullaue de tautis gregibus tibi digna videturV'
sit formosa decens, dives fecunda, vetustos
porticibus disponat avos, intactior omni
criuibus effusis bellum dirimeute Sabina,
rara avis iu terris nigroque simillima cycno:
160
165
156 bemices PS beronices co
nudo P
156 murrina sind Gefafse aus
murra, einer Art Achat, vgl. zu
7, 133. — Es ist hier jedenfalls
nicht an denselben Diamant zu
denken, deu Berenice trug, sondern
nur an dieselbe Arbeit, so dafs der
Stein geradezu fur den Diamant
der Berenice gelteu konnte. —
Berenice war die Tochter des
Agrippa maior, des Konigs vou
Judaa, war zuerst mit ihrem Oheim
Herodes vermahlt und kam nach
dessen Tod in den Ruf bhitscbiln-
derischeu Uttigangs mit ihrem Bru-
der, dem jungeren Agrippa (j 100).
In Kom spielte sie eine auffallende
Rollo, etwa wie unter Julius Casar
Cleopatra, und ware beinahe die
Gemahlin des Titus geworden.
1 57 sq. hnnc im Sinne von talem,
vgl. 15, 65 und 7, 56 hunc qudlem
necjueo monstrare. — Die Kreuz-
steUnng hunc dedit dedit hunc schil-
dert den Enthusiasmus der kauf-
siichtigen Frau. Dazwischen drangt
sich der Sarkasmus des Dichters,
iudem er harbarm incestae fiir rex
formosae unterschiebt und von
Ayrippa sorori kiinstLich trennt.
.\nalog iit die Wortstellung 3, 309
qua fornace graves, qua non incude
cutenae ?
159 Es ist nicht unwahrschein-
lich, dafh hier auf einen in Rom
bekannten Vorfall angespiell wird,
loseph. b. lud. Ll 15, 1 erzahlt you
Berenice: tnc8ri(iti, 61 iv roig It-
QoaoXvuoig tvxfiv iv.xtXovoa tm
&t(o. rovg yccQ rj vocm xatunovov-
(i.ivovs ri Tiaiv uXXaig uvuy-Aaig t&og
158 hoc P
159 mero pa.
svx^a^o^i' ^QO XQLaiiovTa rjfisgdav
rjg ditoScaativ ^iXioi.tv &vaiag oivov
zs dcpit,tad-ai -/mI gvoriatad-aL rocg
■A,6(iag. u df] xozt xsXovaa BtQtvLV.r]
yvnvonovg iMos. II 3, 5) xs ngo
xov ^^aatog iv.ixsvas tbv <PXwqov,
v.al noog tw ur) rvxsCv aiSovg avxrjv
xov nsQL xov ^fiv v.ivSvvov snsi-
Qaasv.
160 Vgl. 14, 98 nec distare putant
humana carne suillam. — senibus
ist proleptisch = ita indulget porcis
tit senescant, wie Verg. georg. 11 353
hiulca siti findit canis aestifer arva
= ut hiulca fiant.
161—190 Findet sich wirklich
einmal eine ehrliche und gute Frau,
so krankt sie doch in der Regel
an einem unleidlichen Fehler, an
Stolz und Hochmnt oder wenigstens
an Grakomanie.
161 gregibus 'Massen', vgl. 175.
Im folgenden bilden immer je
zwei Adjektiva ein kwXov. Einem
solchen an Gewicht ist rhythmisch
gleich vetustos porticibus disponat
avos und intactior omni Sabina.
Die Aufzahlung umfafst also vier
■/.aXa. Jedes v.diXov enthillt einen
inneren Gegensatz: der Schonheit
des Leibes entspricht die Schon-
heit der Seele (decens), der Fiille
des Vermogens der Reichtum des
Kindersegeus , denn gerade die
Reichen pflegten sich sonst den
Mutterpflichten zu entziehen, und
dem x\del der Abkunft wird zuletzt
der Adel weiblicher Unschuld und
Sittenreinheit gegeniibergestellt.:
165 Vgl. 7, 202 und 13, 141.
104
IVVENALIS
quis feret uxorem, cui coiistaut omuiay malo,
malo Veuustillam quam te, Cornelia, mater
Gracchorum, si cum magnis virtutibus adfers
grande supercilium et numeras in dote triumphos.
tolle tuum, precor, Hanuibalem victumque Syphacem
in castris, et cum tota Carthagine migra.
^parce, precor, Paean, et tu, dea, pone sagittas;
nil pueri faciunt, ipsam configite matrem'
Amphion clamat. sed Paeau contrahit arcum;
extulit ergo greges natorum ipsumque parentem,
dum sibi nobilior Latonae geute videtur
atque eadem scrofa Niobe fecundior alba.
quae tanti gravitas, quae forma, ut se tibi semper
inputet? huius enim rari summique voluptas
nuUa boni, quotiens animo corrupta superbo
pkis aloes quam mellis habet. quis deditus autem
usque adeo est, ut non illam, quam laudibus effert,
167 venusiuam Pco: correxU W post B, qui Venustiuam proposuerat
170
175
180
166 constant omnia, nach Ovid.
m. XV 258 cum sint huc forsitun
illa, liaec translata illuc, summa
tamen omnia constant, in der Summe
finden sich alle Summanden vor.
— malo, wie Mart. XII 75 et fastus
querulos, Avite, malo, quam dotis
mihi qiiinquies ducena. Pathetisch
geisteigert wird das Urteil durch
die Figur der avuSLnlcootq, wie
8, 147 et ipse, ipse rotam astringit
sufjlamine mulio consul.
1<57 Venustilla ist als meretrix
zu denken; das Deminutiv von
venustus wie bei Mart. III 93 und
II 28 VetiistiUu von vetustus gebildet.
169 sup>erciUum, wie 5, 62 aetus
ditina supercilio.
170 Hunnibulem, sc. victum. Gor-
nelia war die Tochter des Scipio
Africanus maior. — jSyphacem, Liv
XXX 5 u. f.
171 migra pack dich, vgl. exi 147.
172 Denn wie erging es dem Am-
phion, dem Gemahl der stolzen
Niobe, der Tochter des Tantahis?
Er niufste fflr den Hochmut seiner
Gemahlin bitter leiden I Apollo
wird i'aan genannt als der strafende
Gott, der liuter der von Zeus ge-
setzten Weltorduung, derzufolge er
Hochmut und Frevel heimsucht
mit Laudplagen, Krankheiteu und
schnellem Tode.
173 ipsam, die Frevlerln alleiu:
sie tragt die Schuld, nicht die
Einder.
175 Zu extulit ist Niohe oder
vielmehr der Stolz derselben {dum
sibi nobilior videtur) Subjekt. Die
Sage behandelt zuerst Hom Uias
XXIV 602-617, erwilhnt aber deu
Tod des Amphiou nicht. Mit Vor-
liebe wurde sie von den Lyrikern
und Tragikern variiert, vgl. Gell.
XX 7. Nach Ovid. m. VI 271 gab
sich Amphion aus Verzweiflung
aelbbt den Tod, nach Apoll. III 5, 6
wurde er vor Schmerz rasend uud
von Apollo und Artemis mit er-
schoBsen, nach Paus. IX 5, 5 kam
er mit dem gauzeu Hause durch
eine Pest, d. h. diu Pfelle dea
Apollo, um.
177 Der Vers ht-bt di.; Lacher-
lichkeit eines solcheu Stoliies her-
vor. Vgl. 12, 73.
178 Zu se iitqmtd vgl. 5 14.
181 deditus, vgl. 206.
182 sq. qitam laudibus efflrt ut
(jravem, ut formosam. — septenis
horis = muiorc parte diei.
hmn 11 SATVUA VI
105
horreat iiique diem septenis oderit horis?
tjuueduui parva quidem, sed uon toleraiula maritis,
uam i|uid raneidius, quam quod se uon })utat ulla
formosam, nisi quae de Tusca Graecuhi tacta est,
de Sulmouensi mera Cecropis? omuia oraece!
cum sit turpe magis uostris nescire latine,
hoc sermone pavent, hoc iram gaudia curas,
hoc cuncta etfundunt auimi secreta, quid ultra?
concumbuut graece. doues tameu ista puellis:
tuue etiam, quam sextus et octogensimus annus
pulsat, adhuc graece? non est hic sermo pudicus
iu vetula. quotiens lascivum iuterveuit illud
i.coij xcd il'T<xi], modo sub lodice relictis
uteris in turba; quod enim non excitet inguen
vox blanda et nequam? digitos habet. ut tameu omnes
subsidant piunae, dicas haec mollius Haemo,
quamquam et Carpophoro, facies tua computat auuos.
185
190
195
185 numquid Heinrich 188 delebat C. Barth
184 So mancherlei {quaedum ist
Neutriim) ist zwar geringfiigig,
aber doch dem Gatten ■widerlich,
z. B. (= nam) die Griikomanie.
185 rancidum ' widerwilrtig '
(urspr. iibelriechend) ist die hochste
Steigerung des BpgrifFes molestmn
ac putidum, vgl. Pers. 1, 33 ranci-
dulum quiddam halha de nare lo-
cutus.
186 Mart. X 68 cum tihi non
Ephesos ncc sit Rhodos aut Sltjti-
lene, sed domus in vico, LaeNa,
jmtricio, deque coloratis (sonnenge-
braunt) mimquam lita (geschminkt)
mater Eiruscis, durus Aricina de
regione pater ; xtpis fiov, fiili (lov,
ipvx^ (lov cowjeris usque, pro pudor,
Hcrsiliae civis et Egeriac. Lectulus
hcui loces, nec lectulus audiat omnis,
sed quem lascivo stravit aniica viro.
188 Die Verse 189 u. 190 be-
ziehen sich nur auf 188: wLlhrend
es fiir lioaier eher eine Schande
ibt die Muttersprache nicht zu be-
herrschen (nescire latine), denken
uud empfinden sie nur griechisch,
und driicken in griechischer Sprache
ihre unmittelbarsten Empfindungen
aus, so dafs sie es natiirlich, weil
ihnen darin die tJbung fehlt, zu
einer Fertigkeit und Sicherheit in
der Muttersprache gar nicht bringen
konuen.
189 Da omnia graece dcn Haupt-
gedanken enthiilt, so bezieht sich
darauf hoc sermone sehr leicht;
donn mit hoc wird eben die Vor-
stellung festgehalten, die Kopf und
Herz des Sprechenden bewegt.
193 pulsat ahnlich wie Senec.
dial. X 3, 2 pervenisse te ad ulti-
mum aetatis humnnac videmus: cen-
tesimus tibi vel supra premitur an-
nus. Hierher gehort auch Hor. I
4, 13 pallida Mors aequo pulsat
(= premit) pede pauperum tabernas
regumque turris.
195 — 197 sind mir noch nicht
klar geworden.
199 (juamquam et Carpophoro, sc.
mollius dicas, vgl. zu 7, 14, ne
Haemum unum in hoc genere ex-
cellere credas, Graeci enim ad hanc
mollitiem artis nati sunt. Wie
Haemus (3, 99) so scheint auch
Carpophorus in der Darstellung
weiblicher Rollen hervorragend gr-
wesen zu sein. Mart. VJ 23 tu licet
et manihus hlandis et vocibui instes,
te contra fncies imperiosa tua cst.
200 — 230 Ohne Liebe zu hei-
rateu ui nicht ratsam Wolltcst du
dich aber der Frau unterwiirfig und
106
IVVENALIS
si tibi legitimis pactam iuuctamque tabellis
non es amaturus, ducendi nulla videtur
causa, nec est quare cenam et mustacea perdas
labente officio crudis donanda, nec illud,
quod prima pro uocte datur, cum lance beataj
Dacicus et seripto radiat Germanicus aurc.
si tibi simplicitas uxoria, deditus uni
est animus, summitte caput cervice parata
ferre iugum. nullam invenies, quae parcat amanti;
ardeat ipsa licet, tormentis gaudet amantis
et spoliis; igitur longe minus utilis illi
uxor, quisquis erit bonus optandusque maritus.
nil umquam invita donabis couiuge, vendes
haC'>"opstante nihil, nihil, haec si nolet, emetur.
200
205
210
207 sumitite P 208 amantes P 213 nollet P uoUit f
ergeben zeigen, so wiirde sie dich
doch nur mifshandeln und zuletzt
davonlaufen.
200 d — si (206) enthiilt ein Di-
lemma. — pactam legitimis tabellis,
zu 25 u. 2, 119. Der Ton ruht auf
amaturus: wenn du deine recht-
mafsig verlobte und verbundeno
Frau doch nicht liebeu kannst, so
ist es vorzuziehen iiberhaLipt nicht
zu heiraten, dir die Ausgabe zu
ersparen.
202 Nach dem Akt der con-
farreatio erfolgte die cena nuptialis.
Dabei gab es Mostkuchen {musta-
ceum oder mustaceus), dessen Be-
reitung aus feinem Mehl, Most,
Anis, Kiimmel, Kase und Lorbeer-
blattern Varro de re rust. 121 be-
schreibt. Die ccna nuptialis blieb,
auch als die confarreatio aufser
Gebrauch gekommen war. Am Ende
der Feierlichkeit Qabente = dilabente
officio, vgl. 10, 46) erhielten die
Giiste Kuchen mit nach Haus. Am
folgenden Tage fand eiue Nach-
feier (repotia) statt apud novum
maritum, vgl. Hor. s. II 2, 60 und
Fest. p. 281.
204 lance beata in reicher Schiis-
sel, in der man die Gabe darbot.
Diese lances waren uin Teil des
Geschenkcs und deshalb oft sehr
wertvoll.
205 Den Beinameu Gcrmanicus
hatto auch Domitiauus gefiihrt;
aber der Beiname Dacicus kommt
erst auf Miinzen des Trajanus vom
Jahr 103 an vor. Scripto auro,
denn die Figur oder der Kopf des
Kaisers ist auf dem Gold darge-
stellt, eingegraben (lunce h. Dacicus
ct Germ. scripto auro radiat), vgl.
Mart. XI 4 scriptus et aeterno nunc
primum luppiter auro et soror ct
summi fdia tota patris.
206 simplicitas uxoria 'PantofFel-
gemiit', ein naives gutmiitiges der
Frau ergebenes Gemiit, fiir: bist
du in deine Frau verliebt. Vgl.
Hor. I 2, 20 uxorius amnis 'und
Verg. IV 266 uxorins vom Aneas
= yvvKiMfiavT^g.
207 summitte caput, vgl. 43.
208 Das fcrre iugum ist das
Gegenteil von iactare iugum 13, 21.
209 ardcat, sc. amore. Je nach-
sichtiger und riicksichtsvoller der
Mann, desto kiihner und kecker
die Frau, selbst wenu sie liebt.
210 ilK . . . quisquis, wie umge-
kehrt TibuU. II 3, 25 quisquis in-
ornatumque caput crincsque solutos
aspiceret , Vlioebi quaereret illc
comam.
212 sq. Beachte den Chiasmus
uud daneben die Figur der cvfi-
nXoHrj odor conversio und die be-
tonte Hervorhebung des Wider-
strebens der Frau (invita, obstante,
liacc si nolet).\
LlBRl IT SATVRA VI
1<>7
haec dabit affeetus, Mlle excludatur', amicus
iam seuior, cuius l>arbaui tua iauua vidit.
testaudi cum sit leuouibus atque lauistis
libertas et iuris ideui contiut?at harenae,
uon unus tibi rivalis dictabitur heres.
*pone crucem servo.' ^meruit quo crimine servus
sujiplicium? quis testis adest? quis detulit? audi;
uulla umquam de morte hominis cunctatio longa est.
'o demens, ita servus homo est? nil fecerit, esto:
hoc volo, sic iubeo, sit pro ratione vokmtas.'
imperat ergo viro. sed mox haec regna relinquit
persultatque domos et flammea conterit, inde
215
220
225
219 fin. servis P 225 permultatque P, corr. W, permutatque vohjo
214 dabit affectus schreibt dir
vor, wem du befreundet sein soUst.
— ille exchidatur ist impei-atori-
scher Zuruf der Frau, vgl. 152.
215 harham vidit, der bei dir
Zutritt hatte, als er noch den Bart
trug, d. h. als er noch jung war,
d. h. als er noch nicht das vier-
zigste Lebensjahr erreicht hatte,
vgl. zu 105. Jetzt ist er bereits
senioi', also viel alter als der oben
verheiratete Hausherr.
216 Lenones, lanistae uud gla-
diatores hatten das Recht ein Te-
stament zn machen, wenn sie sich
die Freiheit und Civitat erhalten
hatten. Was also bei so uuehren-
haften Gewerben doch wenigstens
moglich war, das geht in der Ehe
unbedingt verloren!
218 rivalis- (vgl. 12, 126), zu dem
die Frau in vertrautem Verhaltnisse
stclit. Um ihn zu belohnen, zwingt
sie den Gatten, ihm nicht nur ein
Legat auszusetzen, sondern ihn so-
gar zum Erben zu emennen.
219 Bi:^ auf Hadrian und die Zeit
der Antonine stand dem Herrn die
unbcschrankteste Gewalt iiber seine
Sklaven zu: er durfte ungestraft
die grausamsten Martern an ihneu
veruben und sie eigenmachtig toten.
Ael. Spart. Hadr. 18, 7 servos u
dominis occidi vetuit eosque iussit
damnari per iudices, si digni cssent.
220 detulit, vgl. 552 faciet quod
deferat ipse. — audi, d. h. seine
Vert«idigung.
222 ita = itane, ain tu? ist spot-
tisch. Das Gefiihl der Meuschlich-
keit gegeniiber den Sklaven war
im Altertum durchaus lebendig,
wurde aber natiirlich nicht selten
von der Leidenschaft und Roheit
uuterdriickt, vgl. 14, 16 u. f. , uud
Aeschyl. Choeph. 96 to \i6q6iiiov
yccQ zov r' sXBvd^SQOv fisvSL ■Kal xov
TtQog dXXtjg dsanozoviisvov jjfpoj.
Senec. clem. V 18 servis imperare
moderate laus est; et in mancipio
cogitandum est, non quantum illud
impune ]}ati possit, sed quantum
tihi permittat aequi bonique natura.
Dann : cum in servum omnia liceant,
est cdiquid, quod in hominem licerc
commune ius animantium vetet.
223 Warum nicht sic volo sic
iubeo ?
224 sed mox aber dennoch, weil
Unbestandigkeit ein Naturfehler
des Weibes ist, verlilfst sie ihren
imterwiirfigen Mann, den sie als
Schwiichling selbst verachtet.
225 persultat domos, tamquam.
virorum victrix, vgl. Tac. Agr. 37
rariores silvas equitem persultare
iussit, anu, XI 9 simul Hibero exer-
citio campos pcrsultante. So schwarmt
das Weib von Haus zu Haus. —
flammeum, zu 2, 124. Spottisch
conterere von dem hilufigen Ge-
brauch des llummeum. Zur Sachc
beraerkt Seuec. benef. HI 16, 2
numquid iam ulla repudio erubescit,
jiostquam inlustres quaedum ac no-
biles feminue non consulum numero,
sed maritorum annos suos compu-
tuht et exeunt matrimonii causu,
108
IVVENALTS
avolat et spreti rejjetit vestigia lecti;
ornatas paulo ante fores, pendentia linquit
vela domus et adliue virides in limine ramos.
sic crescit numerus, sic fiunt octo mariti
quinque per autumnos, titulo res digna sepulcri.
desperanda. tibi salva concordia socru.
illa docet spoliis uudi gaudere mariti,
illa docet missis a corruptore tabellis
nil rude nec simplex rescribere, decipit illa
custodes aut aere domat. tunc corpore sano
advocat Archigenen onerosaque pallia iactat.
abditus interea latet et secretus adulter,
inpatiensque morae riget et praeputia ducit.
230
235
237 ot otn. P arcessitus Henninius
silet Ps, pavet Spca
238 om. s mora F riget W:
nubunt divortii? — inde (nicht
temporal) aus dem neuen Hause.
226 Mit dem repetere vestigia
spreti lecti erfolgt zu gleicher Zeit
das linquere ornatas paulo ante
fores, also des Hauses, welches sie
eben vor kurzera, als sie ihren
ersten Mann verliefs, unter Fest-
geprange betreteu hatte. Auf avolat
ruht der Ton: im neuen Hause
bleibt sie nichfc mehr so lange
wie im ersten, kurz nach der Hoch-
zeitsfeierlichkeit verlafst sie es
wieder.
228 Bei dem Einzug der Neu-
vermahlten ins Haus des Brauti-
gams wird nicht nur das Vesti-
bulum (limen) mit Guirlanden
geschmiickt, sondern auch das Haus
mit kostbaren Teppichen behangen.
— domus steht hier im Gegensatz
zu limen und bedeutet deshalb die
Wohnuug im engeren Sinne, d. h.
das Atrium, wo die Hochzeits-
feierlichkeit abgehalten wird. Folg-
lich sind vela dasselbe wie aidaea,
eine Art gostickter oder bunt durch-
webter Tapisserie.
229 Mart. VI 7 luUa lex poindis
ex (juo, Faustine, renata est (durch
Domitianus), atque intrare domos
iussa Pudiciiia est, aut minus uut
certe non plu^ tricesima lux cst, et
nuhit decimo iam Telesilla viro.
230 sepulcri, donu auf der Grab-
iuschrift steht in der llcgel, wie
viel die Frau Kinder, nicht aber
wie viel sie Manner gehabt hat,
vgl. Orelli Inscr. 2677 Graxiae
Alexandrinae insignis exempli ac
pudicitiae, quae etiam filios suos
propriis uberibus educavit, Pudens
Aug. lib. maritus merenii, Vixit
annos XXIIII , menses III, dies
Xri. Dagegen vgl. Mart. IX 15
inscripsit tumulis septem scelerata
viiorum 'sefecisse^ Cldoe — quidpote
simplieius ?
231 — 241 Lebt vollends die
Schwiegermutter, so belehrt diese
die Tochter, den Mann auf alle
Weise zu hintergehen.
232 nudi 'ausgezogen' ist pro-
leptisch zu verstehen.
234 Die Briefchen der Liebhaber
kokett und schlau {nec simplex)
zu beantworten, vgl. 14, 29 und
6, 141. 277.
235 custodes, vgl. 348. — tunc
dann, wenn die Mutter die Vorbe-
reitungen getroffen hat, liifst die
Frau den Arzt kommen und stellt
sich krauk, pallia iactat tanquam
febris aestu agitata. Tac. IV 3 su-
mitur in conscientiam Eudemus,
amicus ac medicus Liviae, specie
urtis frequens secrttis. Archigenes
aus Apamea in Syrien Avar eiu be-
riihmter Arzt zu Rom uuter Traja-
niis, so dafs sciu Name oft geradezu
fdr )Hedicu.s iiberhaupt gebraucht
wird, vgl. 13, 98 und 14, 252. Suid. s. v.
238 inputiensquc morae, 327 tunc
prurigo moruc tmpaticns. - rigct.
LIBRI II SATVRA VI
101»
scilicet expectas, ut tradat niater lionestos
atque alios luores, quaui quos liabct? utilo porro
Hliolam turpi vetulae producero turpeui.
nulla tere causa cst, in qua uou lemina litem
moverit. accusat Mauilia, si rea nou est.
compoinmt ipsae per se formantque libellos,
principium atque locos Celso dictare paratae.
endromidas Tyrias et femineum ceroma
quis nescit, vel quis non vidit vulnera pali?
quem cavat adsiduis rudibus scutoque lacessit
atque omnes implet uumeros dignissima prorsus
Florali matroua tuba, nisi si quid in illo
pectore plus agitat veraeque paratur harenae.
240
24f
250
248 rudibus P (r rasa): sudibus w
251 agitet Pg
250 in imo SchoUe
nach Horat. epod. 8, 17 iUiterati
num mirAis nervi rigent?
239 exspectas ut (zu 14, 25) dafs
eine Mutter lehren sollte, ist die
gewohnliche Konstruktion.
240 porro = immo vero, sonst
bei Jnv. immer = ferner, .3, 126.
7, 98 (fast = ?;ero), 11, 9. Bei utile
ist schwerlich an einen quaesfus zu
denken; es steht vielmehr im Sinne
von iuvare animum, ist ihr eine
innere Beruhigung, wenn die Tochter
sie nicht beschamt.
241 proclucere, wie 14, 228 und
8, 271, von der letzten Ausbildung
und Gestaltung.
242—267 Das verbildete Weib
stort den Frieden des Hauses, spielt
denAdvokaten, ja sogarden Fechter
nnd Gladiator. Vgl. 2, 51—53.
243 accusat, natiirlich indirekt,
insofem sie den Mann veranlafst
als Klager aufzutreten. Der Namc
Mnnilia ist auch nur willknrlich
gewiihlt. Denn unmoglich kann hier
Juv. auf die von Gell. IV 14 or-
wahnte Geschichte anspielen, wo
Manilia eine meretrix ist und als
Heklagte erscheint. — si rea non
eft, d. h. mit dem Gericht hat sie
immer zu thun: entweder ist sie
Kliigerin oder gie ist Beklagte.
244 libellos, zu 7, 107.
245 locos, 8c. argumentorum. P.
luventius Celsus war beruhmter
Juriftt unter Domitianus; noch be-
riihmter wurde Julius Celsus, der
106 oder 107 Prator war, spater
Legat des Trajanus in Thracien
wurde, endlich 129 zum zweitenmal
Konsiil wurde und Mitglied von
Hadrians Kabinettsrat war, vgl.
Ael. Spai-t. Hadr. 18, 1.
246 'EvSQOfiig war eine Decke
aus dickem, zottigem Zeuge, in
die man sich nach gyranastischen
Ubungen hiillte, um sich nicht zu
erkalten, Friedl. zu Mart. IV 19.
— Das Epitheton Tyrias deutet
auf einen inneren Widerspruch zwi-
schen der Dichtigkeit des Stoffes
und der glanzenden Purpurfarbe
hin: die Damen trugen jedenfalls
elegante Turnmiintel. — tjber ce-
rovia vgl. zu 3, 68.
247 Der Pfahl ist die Puppe, an
der die Frau die regelrechten Hiebe
lernt und ausfiihrt.
249 omnes implet numeros sie be-
achtet jede Regel, fuhrt jede Be-
wegung wie im Takte, d. ii. regel-
recht, aus, vgl. 5, 122 peragit diciata
magistri omnia, nnd omnibus nu-
meris ahsolutus.
250 sq. Florali tuha = digna quae
Floralibus ludis inter nudas mere-
trices saltet. — nisi si wenn nicht
etwa gar, mehr als nisi allein, vgl.
Wex Tac. Agr. p. 69 — in illo
pectore, der Fechterin. — 2^i^*s
agitat ist intransitiv, paratur me-
dial: ein weiteres Ziel lebt (eig.
110
IVVENALIS
quem praestare potest mulier galeata pudorem,
quae fugit a sexu, vires amat? haec tameu ipsa
vir nollet fieri, nam quantula nostra voluptas.
quale decus, rerum si coniugis auctio fiat,
balteus et manicae et cristae crurisque sinistri
dimidium tegimen; vel si diversa movebit
proelia, tu felix ocreas veudente puella.
hae sunt, quae tenui sudant in cyclade, quarum
delicias et panniculus bombycinus urit?
aspice, quo fremitu raonstratos perferat ictus
et quanto galeae curvetur pondere, quanta
poplitibus sedeat quam denso fascia libro,
et ride, positis scaphium cum sumitur armis.
255
260
treibt) und sich fiir die Arena aus-
bildet. Unter Nero und Domitianus
traten wirklich weibliche Gladia-
toren auf.
252 Sinn: denn offentlich aufzu-
treten kann ein Weib, das aller
Weiblichkeit entsagt, auch das
Schamgefuhl nicht mehr hiudern,
wenn es einmal kampfbereit den
Helm aufgesetzt hat.
253 Mit liaec tamen ipsa wird
eine satirische Nebenbemerkung an-
gekniipft.
254 Anspielung auf Ovid. m. III
320, wo Juppiter scherzend zu Juno
sagt: maior vestra profecto est quam
quae contingit maribus voluptas.
Tiresias, der sieben Jahre lang als
Weib verwandelt war, soll den
Streit entscheiden: arbiter hic igitur
sumptus de lite iocosa dicta lovis
firmat. Dafiir wird Tiresias von
Juno geblendet, wiihrend Juppiter
ihm die Kraft verleiht iu die Zu-
kunft zu schauen.
255 -— 258 enthalten ebenfalls
einen ironischen Zusatz. Die ge-
nannten Wafltenstiicke entspreclien
der Bewaffnung des Samnis (gla-
diator), vgl. Liv. IX 40.
257 vel si diversa movebit, oder
wenn sie die entgegengesetzte Kam-
))fesart ausiibt, hat sie auch eherne
Beinschienen, nicht nur aus Kie-
mengeflecht, um das linke Bein.
Die Beschienung der Beine vfox je
nach den verschiedenen Gattungen
der Ghidiatoren eine verschicdene.
Voii koniischer Wirkung ist am
Schlufs der zartlicheLiubesausdruck
puella (zu 2, 59) fur solch ein
Mannweib.
259 ri v.vv.lag (sa&r}s) war eine
feine weifse, mit Gold oder Purpur
verbramte Tunika der romischen
Damen, die zuweilen auch von
weibischen Manneru wie Caligula
(Suet. 52) getragen wurde. Weise
181. Prop. V 7, 40 quae modo per
viles inspecta est publica noctes,
haec nunc aurata cyclade signat
liumum. Das Gewand war also
zwar diinn (tenuis), fiel aber lang
bis zu den Knocheln herab, daher
das sudare der verwohnten Frau.
260 delicias Empfiudlichkeit, urit
verletzt, vgl. pedem calceus urit
'driickt'. — panniculus, das De-
minutiv von der Leichtigkeit^ des
Seidenstoffes. — Zu bombycinus vgl.
8, 101.
261 fremitu, denn um Mut und
Kraft zu steigern, fiihrt sie unter
kriegerischemGeschrei (oder Ziihne-
knirschen?) die vom lanista vor-
gemachten Hiebe regelrecht aus. —
Zu perferat vgl. 7, 153 6, 392 und
5, 122 peragere dictata magistri.
263 Die Biude um die Kuiekehle
ist nicht nur grofs {qiianta), son-
dern auch rauh und fest, aus Bast
verfertigt (denso libro). Es ist der
Abl. des Stoftes, der zu fascia go-
hort.
264 CKDCcpiov (von GKcicpr}, OKticpog)
war ein nachonfi5rmiges Nachtge-
schirr fiir Frauenzimmer, Mart. XI
11 qui Mentora frangis (Silber-
arbeitdesMeiitorauseinanderbrichst
fvir) in scaphium moechae, Sardana-
LIBRI II SATVRA VI
dicite vos neptes Lepidi caecive Metelli,
Gurgitis aut Fabii, quae ludia sumpserit umquam
hos habitus, quando ad palum gemat uxor Asyli.
semper habet lites alterruique iurgia hx-tus,
iu quo nupta iacet; miuimum dormitur in illo.
tum gravis illa viro, tuuc orba tigride peior,
cum simuUit gemitus occulti conscia tacti,
aut odit pueros, aut licta paelice plorat,
uberibus semper lacrimis semperque paratis
iu statione sua tamquam expectantibus, illa
111
265
270
270 cum gravis P tunc w
atque Pcj illam Pm
palJe, tuae. Haufiger findet nian die
scapliiu als tiefe und langlich ge-
lornite Triukschalen, vgl. Cic. Verr.
IV 37 u. 54, und so erklaren auch
hier die Scholien^i citm ceperit vas
iit bibat.
265 Einbestimmter7>epid«skann
hier nicht gemeint sein, vgl. 8, 9
si coram Lepidis mah vivitur. — L.
Caecilius Metellus rettete im J. 241
V. Chr. als pontifex maximus bei
einem Brande des Vestatempels das
Palladium aus den Flammen und
wurde dabei blind, Ovid. fast. VI
437 u. f.
266 Q. Fabius Maximus G-urges,
Konsul 292 u. 276 v. Chr., ist durch
seine Siege viber die Samniten,
Lukaner und Bruttier, und die Ge-
fangennahme des C. Pontius be
kannt. Die geuannten Miinner ver-
tretf^n die gnte alte Zeit Roms. —
ludia Frau eines Gladiators.
267 AsyJus war entweder lanista
oder (jladiator. Die Frau eines Fecht-
lehrerskonnte leichterinVersuchung
kommen Fechtiibungen zu betrei-
ben, aber das natfirliche Scham-
gefiihl hielt sie von solcher Ver-
leugnung der Weiblichkeit znriick,
vor der die vornehmsten Frauen
Koms nicht zuriickschrecken.
268—285 Unfriede verfolgt den
Gatten Tag und Nacht, besonders
wenn dieFrau geheime Ehebrecheriu
ist. Aus bosem Gewissen henchelt
sie Eifersucht, und wird sie im
Ehebruche ertappt, begegnet sie
dem Manne mit schamloser Frech-
heit.
272 flicta P 274 tamquam 11^.-
268 habet lites, vgl. 35 noetu non
litujat. In sempcr habet lites ist
ein Gegensatz enthalteu zu tum
(jravis illa viro = cum scmper Jiabct
iurgia lectus, in quo nupta iacct,
tum gravis illa viro etc: eifer-
siichtig und streitsiichtig ist das
Weib zwar immer, aber vollends
wie eine Bestie gebardet sie sich,
wenn sie sich einer Schuld be-
wufst ist.
272 Der Vers enthalt den Inhalt
der Klagen oder Einzelheiten ihres
ungobardigenBenehmens: entweder
hafst sie schauspielerisch die junge
Dienerschaft {pueros ut delicatos
scilicct), als ob sie den Herrn in
Versuchung fiihre und ihn von sei-
nen Pflichten gegen die Frau ab-
halte, oder sie klagt unter Kroko-
dilsthranen iiber eine angebliche
Rivalin, die sie sich in ihrer Phan-
tasie vorstellt und lebhaft ausmalt.
273 Von paratis allein kann der
Infin. vianare abhiingen: die Thrii-
nen sind immer bereit hervorzu-
brechen, wie das Weib es befiehlt.
Dazwischen tritt die sarkastiache
Vergleichung der Thriinen mit Sol-
daten, die auf ihrem Posten das
Zeichen des Feldherrn erwarten.
274 Von exspectare kann ein In-
finitiv nicht abhiingen. Dagegen
findet sich pjaratus mit Infin. auch
207. Das ehrliche Weib ist in seiner
erhitzten Phantasie wohl auch
des Weinkrampfes fahig, aber daa
falsche Weib lenkt und meistert
den Thrlinenstrom, je nachflom ihre
Absicht es erheischt, Mart. I 33
112
IVVENALIS
quo iubeat manare modo: tu credis amorem,
tu^ tibi tunc, uruca, places fletumque labellis
exsorbes, quae scripta et quot lecture tabellas,
si tibi zelotypae retegautur scrinia moechae.
sed iacet in Sergi complexibus aut equitis. dic
hic aliquem, sodes, dic, Quiutiliane, colorem.
haeremus: dic ipsa. 'olim convenerat' inquit
'ut faceres tu, quod velles, nec uon ego possem
indulgere mihi. clames licet et mare caelo
confundas, homo sum.' nihil est audacius illis
deprensis, iram atque animos a crimine sumunt.
unde haec monstra tameu vel quo de fonte, requiris?
275
280
285
27G curuca (o 277 lecture pm: lectura P 278 zelotype
legantur P 279 Sergi W: servi Pco 280 dic — hic Pw, corr. W
282 possum P 285 a co Gelasius: ^ P e lahn de Dracontius
amissum non flet, cum sola est, Gellia
patrem, si quis adest, iussae pro-
siliunt lacrimae. Ovid heroid. 2, 51
credidimus lacrimis. an et hae si-
mulare docentur? Hae quoquc ha-
hent artes, quaque iuhentur eunt?
276 tihi places, zu 10, 41. — uruca
istder vom Kucknck betrogeneVogel,
der ihm die untergelegten Eier
ausbriitet. Anderc verstehen unter
Uruca eine Figur des stupidus im
Mimus, der von der Gattin hiuter-
gangen schliefslich noch zu Thranen
der Reue gebracht wird, dafs er
ihr Vorwiirfe gemacht hat.
277 Wenn die Apposition des
Vokativs einem Nebensatze ent-
spricht, so bleibt die Form des Vo-
kativs Regel, der Norainativ Aus-
nahme, vgl. Verg. II 282 quibus
Hector ab oi-is exspectate venis?
Nur wenn der Vokat. ein Attribut
erhiilt, mufs dieses im Nom. stehen
Stat. Theb. VII 775 nudus iaciture,
denn es heifst eben nudus iaceo.
Unsere Stelle hat nnr die Eigen-
tiimlichkeit, dafs mit dem attribu-
tiven Vok. noch eine Frage als
Ausruf verbunden ist, statt: bella
profecto scripta et bellas lecture ta-
bellas! Vgl. zu 12, 58.
278 Vgl. 5, 45 zelotypo iuvenis
proelafus larbae, 8, 197 mortem sic
quisquam exhorruit, ut sit zclotypus
Tttymdes. Es gchort also zelofypus
dem komischwitzigen Stile an, aucli
bei Mart. I 92 tiec me zelotypum,
nec dixeris esse malignum.
279 Sed wechselt plotzlich die
Situation und fuhi-t einen neuen,
moglichen Fall ein, vgl. 329. 38.
2, 70. 4, 72. 7, 32. -7, 105. 10, 318.
— Sfrgi fiir ludii, vgl. 105 n. 112.
Die einsilbige Geneti-<7form der Subst.
auf -ius ist bei Juv. Regel, 7, 12
Pacci, 150 Vetti, 8, 228 Domiti, 13,
119 Vagelli, nur 7, 130 iindet sich
Tongilii.
280 dic Quintiliane, wie 393 dic
mihi nunc, quaeso, dic, antiquissime
divum. Uer grofste Kenner rheto-
rischer Ansdrucksformen, wie Quin-
tilianus, konnte hier keine Wen-
dung (color) finden, die das Be-
nehmpn der ertappten Frau richtig
zeichnete, ihrem Tj&og entsprechend
ware, vgl. Quint. VII 1, 53. Anders
ist color 7, 155 gebraucht.
283 sq. mare caelo confundas, zu
2, 25. Das Bild ist vom Sturra ent-
lehnt.
285 a crimine, je nach der Grofse
des Vergehens steigert sich ihre
Frechheit. Denn mit der Ehre ver-
liert die Frau das Schamgefvihl,
und die Schamlosigkeit ist selbst
nur eine Seite der Frechheit. Darum
finden sich die Mittelstufen im Guten
und Bosei) beim Weibe seltner.
28()— -345: Wie konnte in Rom
c'm so ungeheurer Niedergang dos
ehelichen Lebens sich entwickeln?
LIBRI II SATVRA VI
113
praestabat castas humilis fortima Latinas
quondam, uec vitiis contingi parva sinebant
tecta, labor somnique breves et vellere Tusco
vexatae duraeque manus ac proximus urbi
Hannibal et stantes Collina turre mariti.
nunc patimur longae pacis mala, saevior armis
luxuria incubuit victumque ulciscitur orbem.
nullum crimen abest facinusque libidinis, ex quo
paupertas Romana perit. hiuc fluxit ad istos
et Sjbaris colles, hinc et Rhodos et Miletos,
atque coronatum et petulans madidumque Tarentum.
290
295
295 istos <s: indos P istros co
a) 286—297 : Mit der Ausdehnung
der politischen Macht folgte raschen
Schrittes die hixuria.
286 monstra, wie 84 prodigia et
mores urbis. — quo de fonte, Liv.
XXXIX 15, 9 primum mulierum
magna pars est, et is fons mali
huiusce (der Bacchanalien in Rom)
fuit, deinde simiUimi feminis mares,
stuprati et constupratores fanatici,
vigiliis vino strepitibus clamoribus-
que nocturnis attoniti.
289 velhre Tusco, d. h. lanificio,
Ovid f. n 741 'inde cito passu peti-
tur Lucretia: nebat, ante torum ca-
lathi lanaque mollis erat. Lumen
ad exiguum famulae data pensa
trahebant.
290 Sall. lug. 41, 2 metus hosti-
lis in bonis artibus civitatem reti-
nebat. Vell. Pat. II 1 (nach dem
Proomium der Historien Sallusts!)
potentiae Eomanorum prior Scipio
viam aperuerat, luxuriae posterior
aperuit; quippe remoto Carthaginis
metu sublataque imperii aemula non
gradu sed praecipiti eursu a virtute
descitum, ad vitia transcursum, ve-
tus disciplina deserta, nova inducta,
in somnum a vigiliis, ab armis ad
voluptates, a negotiis in otium con-
versa civitas, publicam magnificen-
tiam secuta privata luxuria est.
291 Hannibal naherte sich Rom
auf 3000 Schritte. Die Romer
hattea ihr Lager inter Esquilinam
Collinamque portam, Liv. XXVI
10. turre = vallo, der mit turm-
artigen Befestigungen versehen war,
IVVESALIS SA.TYKAB.
vgl. Dittenberger zu Caes. b. g. V
40, 2.
293 ineubuit, stiirzte sich, Hor.
I 3, 31 et nova febrium terris in-
ctibuit cohors. Vgl. incmnbere in
hostem vom Schwertangriff, oder
totis incumbere remis in aliquid. —
vietum orbem, wie Hor. ep. II 1 156
Graecia capta ferum victorem cepit
et artes intulit agresti Latio.
294 libido ist die Willkur des
subjektiven Handelns, -welche sich
uber Gesetz und Sitte leichtfertig
hinwegsetzt. Daher giebt es eine
lidido sowohl im offentlichen als
im Privatleben.
295 sq. hinc = ex hoc tempore.
— fluxit, dasselbe Bild 3, 62 Syrus
in Tiberim deftuxit Orontes. Clau-
dian. XX 563 iam signa tubaeque
mollescunt: ipsos ignavia fluxit in
enses. — ad istos colles, wie 14, 179
der Marsus senex sagt: vivite con-
tenti casulis et collibus istis, o pueri !
Die Korresponsion von et . . et wird
durch die Anaphora hitic . . hinc
unterbrochen, aber durch den schar-
fen Ton getragen.
297 Tarent wurde wegen seines
Luxus ebenso sprichwortlich wie
Sybaris, Rhodus und Korinth, da-
her Hor. ep. I 7, 45 imbelle und
sat. II 4, 34 violle genannt. Madi-
dum ist Steigerung von uvidum
(angeheitert, trunken), das Gegen-
teil ist siccus 'nuchtern'. Bej den
Symposien erschienen die Griechen
gem bekranzt {coronati), und diese
Sitte verbreitete sich auch iiber
114
IVVENALIS
prima peregrinos obscaena pecunia mores
intulit, et turpi fregeruut saecula luxu
divitiae molles. quid enim venus ebria curat?
inguinis et capitis quae sint discrimina, nescit,
grandia quae mediis iam noctibus ostrea mordet,
cum perfusa mero spumant unguenta Falerno,
cum bibitur concha, cum iam vertigine tectum
ambulat et geminis exsurgit mensa lucernis.
i nunc et dubita, qua sorbeat aera sanna
Maura, Pudicitiae veterem cum praeterit aram,
Tullia quid dicat notae collactea Maurae.
300
305
304 vertice P 306 inunget p 307 ata P 308 om. P add. p,
post 306 transponunt g
Rom, vgl. 9, 128 dum iibimus, dum
serta unguenta puelJas poscimus.
b) 298—305: Reiclitum liatte aus-
landische Sitten, leider auch den
Luxus und die Dnsittlichkeit der
Symposien im Gefolge.
298 obscaena, 'frivol', 11, 174 ille
fruatur vocibus obscaenis omnique
libidinis arte. Vgl. 6, 513.
300 molles, 'entnervend', ver-
weichlichend. — quid enim: unter
den percgrini mores und dem turpis
luxus verstand Juv. in erster Linie
die Schwelgerei in Wein und Liebe
im Gegensatz zur altromischen Fru-
galitat und Sittsamkeit. Daher
kann er mit venus ebria fortfahren,
gleich als hatte er beide Begriffe
schon vorher beruhrt. — venus ist
die liebesiichtige Frau, Ovid a. II 701
at venerem quicumque voles attin-
gere seram, si modo duraris, prae-
mia digna feres.
301 Trunkenheit fuhrt zu un-
natiirlicher Unzucht, zur feUatio,
vgl. 10, 238. Aristoph. equit. 1284.
302 mediis iam noctibus selbst
noch um Mitternacht. Ausschweifend
wurden die Gelage, wenn sie bei
Weiu {maioribus poculis) bis tief in
die Nacbt fortgesetzt wurden, vgl.
4, 138 noctesque Neronis iam medias
aUamque famevi, cumpulmo Falerno
arderet.
303 Den Wein versetzte man nicht
nur mit aromatisch bitteren Stoffen,
wie Myrrha oder Aloe, sondern auch
mit kostbaren atherischen Oleu, be-
sondere mit Nardenol {nardinum).
304 Man trank zuerst aus ge-
wohnlichen pocula oder calices, dann
maioribus poculis, endlich ging eine
concha im Kreise herum, wie etwa
Trinkhorner bei den Thrakiern und
Germanen. Auf den Gebrauch des
Rnndtrinkens deutet auch der Sin-
gular concha.
c) 306 — 313: Erinnerung an ein
Trinkgelage und daran sich reihende
Schandthaten bekannter Frauen, die
in der Stadt erzahlt und als un-
glaublich {i nunc et dubita) be-
funden wurden.
306 i nunc, vgl. zu 10, 166. 310.
307 sq. TuUia und Maura kehren
spat in der Nacht von einem Ge-
lage nach Hause zuriick. Der Weg
fiihrt sie iiber das forum boarium,
wo die ara oder, wie Festus sagt,
das signum Pudicitiae patriciae sich
befand, vgl. Fest. p. 242 und Liv.
X 23, 3 certamen in saceUo Pudi-
citiae patriciae, quae in foro boario
est ad aedem rotundam Herculis,
inter matrones ortum, ein Streit,
der die Errichtung einer ara Pudi-
citiae plebeiae in vico Longo zur
Folge hatte; aber vuJgata dein re-
ligio a poUutis postremo in obUvio-
ncm venit. So wie Maura, deren
Charakter auch 10, 223 zeigt, an
der ara Pudicitiae voriiberkommt,
verhohnt sie das Gotterbild mit
fri'tzenhafteu Grimassen {sanna). In
der Gesellsehaft der Maura befin-
det sich'die ihr geistesverwandte
{coUactea, bi.ioya?.ayi.tog = simiUima)
Tullia, und auf deren Aufforderuug
LIBRI II SATVRA VI
115
noctibus hic ponunt lecticas, micturiunt hic
eftigiemque deae longis siphonibus implent
inque vices equitant ac Luna teste moventur,
inde domos abeunt: tu calcas luce reversa
coniugis urinam maguos visurus amicos.
nota bonae secreta deae, cum tibia lumbos
incitat et cornu pariter vinoque feruntur
attonitae crinemque rotant ululantque Priapi
maenades. o quautus tunc illis mentibus ardor
concubitus, quae vox saltante libidine, quautus
ille meri veteris per crura madentia torrens.
lenonum ancillas posita Saufeia corona
provocat ac toUit pendentis praemia coxae,
ipsa Medullinae fluctum crisantis adorat
310
315
320
310 implet P 320 saufeia S: *aa*feia P laufela p?
tollit lahn: attollit P et tollit co
321 ac
hin (quiJ dicat) treiben beide an
heiliger Statte ihr unzuchtiges Spiel.
309 lecticas ponunt, lassen Halt
machen. Vgl. zu 350.
311 in vices, abwechselnd; vgl.
auch zu 7, 240. — teste, Augen-
zeuge, vgl. », 149 sidera testes in-
tendunt oculos. — mocentur = equi-
tant.
313 magnos visurus amicos, bei
der saJututio matutina, die auch
Hochgestellte bei hohen und ein-
flufsreichen Mannern {inagni umici)
machten.
d) 314—334: Fremde Sitten fiihr-
ten zur vollen Luderlichkeit des
weiblichen Geschlechts in privaten
Mysterien.
314 secreta, nicht die saera deae
honae im Hause des Pontifex maxi-
mus, sondem schwarmerische My-
sterien und Orgien der Privatlieb-
haberei, vgl. 335, wo ihnen die
publica sacra gegeniibergestellt wer-
den. — Die tihia ist das orgiastische
Instrument im phrygischen Kultus,
zDgleich mit dem Tympanum und
Cymbalum, Ovid f. IV 341 furiosa-
que tihia flatur, et feriunt molles
taurea terga manus, Catull. 63, 20
Flirygiam ad domum Cybehe>i, Fhry-
gia ud nemora dtae, ubi cymhalum
sonat vox, uhi tympana reboant,
tibicen ubi tanit Phryx curvo grave
calamo. — Die lumbi galten fiir
den Sitz sinnlicher Leidenschaft,
wie rl)6uL 6i cov at OQi^sis y.Lvsi:-
od^cci 7i£cpvy.aaiv, Pers. 1, 20 carmina
luinhum intrant.
315 cornu, weil bei der phry-
gischen Doppelflote das eine Rohr
gerade itihia recta), das andere
lilngere {tibia sinlstra, fiir die Bafs-
tone) am Ende gekrummt war (■/.£-
ouacfOQog avliog), Ovid m. HI 533
aerane (i. e. cymhala) tantum aere
repulsa valent et adunco tihia cor-
nut' So kommt hier cornu zur
Bedeutung: 'von den schrillen To-
nen', oder es ist cornu — tibia
(sc. adunco cornu), wie 2, 90 nuUo
gemit hie tibicina cornu.
316 sq. attonitae, in Verziickung.
Quintil. XI 3, 71 caput iacture et
comas excutientem rotare fanaticum
est. — Priapi maenades, nam istue
Bonae Deae videlicet cultrices multo
magis Priapi sunt maenades cultri-
cesve.
318 saltare (salire, salax) von der
Wurzfel sar, die hiipfen und stro-
men bedeutet: unter der sie be-
zwingenden Lust
320 piosita = deposita, denn sie
hat eben noch gezecht, vgl. 9, 117.
Ibre Unzucht erwahnt auch Mart.
III 72.
322 Saufeia suhagitat MeduUi-
nam, sed quamvis ipsa Veneris pen-
dulae praemium tulerit, admirata
116
IWENALIS
palma: inter dommas virtus uatalibus aequat.
nil ibi per ludum simulabitur, omnia fient
ad verum, quibus incendi iam frigidus aevo
Laomedontiades et Nestoris hirnea possit.
tunc prurigo morae inpatiens, tum femina simplex,
ac pariter toto repetitus clamor ab antro
'iam fas est, admitte viros'. sed dormit adulter:
illa iubet sumpto iuvenem properare cucullo;
si nihil est, servis iucurritur; abstuleris spem
servorum, venit et conductus aquarius; hic si
quaeritur et desunt homines, mora nulla per ipsam,
quo minus inposito clunem summittat asello.
atque utinam ritus veteres et publica saltem
325
330
335
323 palma P palmam pat 328 reperitus P 329 sed
dormit W: si iam dormit PS iam del. p dormitat co Priscianus, iam
dormit vulgo 332 veniet co
tamen Medullinae crisantis motus
hanc palma adorat. Wie sonst prece
(Verg. III 437) oder ture aliquem
adorare, so ist hier palma fluctum
Medullinae (= MeduUinam magno
fluctu crisantem) adorare verbnnden.
323 Im Verkehr der Frauen {inter
dominas) stellt die personliche Tiich-
tigkeit (virtus) dem Adel der Ge-
burt {natalibus) gleieh, was unter
den Mannern leider nicht der Fall
ist. Wahrend Saufeia Matrone war,
mufs Medullica als ancilla lenonis
gedacht werden.
324 simulabitur ist Futur der
Versicherung. Die folgenden Worte
deuten nicht nur den berauschten
und verziickten Zustand der Frauen
an, sondern geben zu verstehen,
dafs die Versuchung der Gottin
durch Faunus und der Widerstand
derselben mit naturalistischer Sinn-
lichkeit dargestellt wurden, vgl.
auch Macrob. sat. I 12, 24.
325 frigidus aevo, vgl. 10, 217
praeterea minimus gelido iam in
corpore sanguis febre calet sola.
Mart. VI 71 von den Tiinzen einer
Gaditanerin: tendere quae tremulum
Pelian Hecubaeque maritum posset
ad Hectoreos sollicitare rogos.
327 simplex, nngekiinstelt , ohne
jede Verstellung.
328 antrum heifst die Statte der
occulta et nocturna sacra, wie friiher
die Bacchanalien im Hain der Se-
mele am Aventinus gefeiert wur-
den, Liv. XXXIX 12, 4 und Ovid f.
VI 497 lucus erat: dubium Semelae
Stimulaene vocetur. -
329 Der Zuruf gilt der Dienerin,
welche am Eingange Wache halt.
— Zu sed vgl. 279. — dormit, 'ist
siiumig'.
330 sumpto cucullo, zu 120. Die
Frau tritt auf die Strafse hinaus,
um den Saumigen adulter (iuvenis)
zur Eile anzuspornen.
332 conductus aquarius, der wahr-
scheinlich das Wasser aus den
Bassins (lacus) der oflfentlichen Lei-
tung ins Haus zu tragen libernom-
men hatte. Es geschah dies jeden-
falls abends.
334 quo minus, 12, 111 folgt quin.
Dafs Verirrungen, wie sie hier er-
wahnt werden, jener Zeit nicht
fremd waren, beweisen Lucian, Apu-
lejus und die Kirchenvater. Auch
unsere Kriminalstatistik kennt Bei-
spiele.
e) 335 — 345: Solche Verirrungen
und Heimlichkeiten , wie sie die
sacra percgrina herbeigefiihrt haben,
wiiren noch ertriiglich, wenn die
Frauen wenigstens deu Kultus der
puhlica sacra, des ehrwvirdigeu Ma-
tronenfestes der Bona Dea, rein
hielten. Aber schon dae Beispiel
des P. Clodius zeigt, was von der
LIBRI II SATVRA VI
117
his intacta malis agerentur sacra, sed omnes
noverunt Mauri atque ludi, quae psaltria penem
maiorem, quam sunt duo Caesaris Anticatones,
illuc, testiculi sibi conscius unde fugit mus,
intulerit, ubi velari pictura iubetur
quaecumque alterius sexus imitata figuras.
et quis tunc hominum contemptor numinis? aut quis
simpuvium ridere Numae nigrumque catinum
et Vaticano fragiles de monte patellas
ausus erat? sed nunc ad quas non Clodius aras?
audio, quid veteres olim moneatis amici:
'pone seram, prohibe.' sed quis custodiet ipsos
custodes? cauta est et ab illis incipit uxor.
iamque eadem summis pariter minimisque libido,
nec melior, silicem pedibus quae conterit atrum,
340
345
350
338 Caesares
figTiram est j)o>
P 339 illud testiculis P
347 cohibe co
341 quaecumque Pw
Reinheit dieses Opferfestes zu hal-
ten ist.
337 Mauri atque Indi, die fern-
sten Volker des Ostens u. Westens.
tjber Clodius* Schilndung des Ma-
tronenfestes der Boyia Dea vgl. Suet.
Caes. 74 und Cic. ad Att. I 16.
338 Nach Catos Tod in Utika
verfafste Cicero auf ihn eine Lob-
schrift, der Casar eine Gegenschrift
inzwei Buchem {Anticatones) folgen
liefs, Snet. Caes. 56. Sarkastisch
bemerkt der Dichter, dafs Clodius
in seinem Angriff auf die Ehre der
Gattin Casars starker war als Ca-
ears Angriff auf die Ehre des Cato
Uticensis.
340 intuUrit, vgl. liber die Ver-
langerung der letzten Silbe L. Mtiller
metr. 332.
341 quaecimque, sc. ea est. Senec.
ep. 97,2 violatis religionihus eius
sacrificii quod pro populo fieri di-
citur sic submotis extra consaeptum
omnibus viris, ut picturae quoque
masculorum animalium contegantur.
342 Uud doch war das Zeitalter
des Cicero und Clodius gegenuber
dem unsrigen durch Religiositat
noch ausgezeichnet.
343 simputium (von sip, hohl
sein) Opfergeschirr, vgl. simpulum
Schopfloffel, simpulator Gast bei
der Mahlzeit. Pers. 2 , 59 aurum
vasa Numae Saturniaqu^ impulit
(brachte zum Weichen) aera Vesta-
lisque urnas et Tuscum fictile (= ni-
grum catinum) mutat.
344 Vaticano de monte, aus Thon-
erde.
346 — 365: Einen sicheren Schutz
gegen die Ausschweifungen des
leichtfertigen Weibes giebt es nicht,
denn selbst die Armut hindert sie
nicht, ihren Liisteti und Eitelkeiten
zu fronen. Das tJbel ist eben in
unserer Zeit allgemein.
346 veteres amici sind nicht etwa
Freunde der friiheren Zeit, sondern
alte gute und trengesinnte Freunde.
— olim, zu 4, 96. — tJber die ad-
nominatio ( JtaQovoiiaaia ) urteilt
Comif. IV 32 si raro interseremus
has exornationes, commode iUustra-
bimus orationem, frequenter his ex-
ornationibus collocatis tollitur aucto-
ritas.
348 ab iUis incipit, vgl. 235.
349 Und bereits ist hier kein
Unterschied mehr zwischen Hoch
und Niedrig, die Frauen des nie-
dern wie des hochsten Standes
werden von derselben Leidenschaft
beherrscht.
350 Nur iirmere Frauen oder
Libertinen gingen in Rom zu Fufs;
sonst bedienten sich Frauen des
Tragsessels oder der Siinfte, vgl.
118
IVVENALIS
quam quae longorum veliitur cervice Syrorum.
ut spectet ludos, conducit Ogulnia vestem,
conducit coraites sellam cervical amicas
nutricem et flavam, cui det mandata, puellam.
haec tamen, argenti superest quodcumque paterni, 355
levibus athletis et vasa novissima donat:
multis res angusta domi, sed nulla pudorem
paupertatis habet uec se metitur ad illum
quem dedit haec posuitque modum. tamen utile quid sit,
prospiciunt aliquando viri, frigusque famemque 360
formica tandem quidam expavere magistra:
prodiga uon sentit pereuntem femina censum.
ac vehit exhausta redivivus pullulet arca
nummus et e pleno tollatur semper acervo,
non umquam reputant, quanti sibi gaudia constent. 365
364 des P 365 usquam P rasa s
309. Prop. III 23, 13 contra reiecto
quae lihera vadit amictu, custodum
et nullo saepta timore, placet, cui
saepe inmundo sacra conteritur via
socco, nec sinit esse moram, siquis
adire velit. Prudent. S. I 580 om-
nis qui celsa scandit cenacula vul-
gus, quique terit silicem variis dis-
cursibus atram etc.
352 Ogulnia liat nicht soviel Ver-
mogen, um sicli alles Notige selbst
kaufen zu konnen (vgl. 7, 143), den-
noch aber (355) opfert sie den Rest
des ererbten Silbergerates vorneh-
men Neigungen.
353 comites = cUentes, Gefolge.
— cervical = TCQoaKScpccXaiov , was
man sich auch in Athen ins Thea-
ter inituahm.
354 flavam pueUam, eine schone
Blondine, welche der Modeanschau-
ung entsprach.
356 levibus, von dem Einreiben
derselben mit 01, also anders zu
verstehen als 3, 111 sponsus levis
adliuc. Die Romer betrachteten
die Athleten, wie die Schauspieler
uud Mimen, als einen Gregenstand
der Unterhaltung, und Frauen ver-
liebten sich in sie wie in die Mi-
men oder die Gladiatoren. — vasa
novissima, wie 11, 42 talibus a do-
minis post cuncta novissimus exit
anulus, et digito mendicat Pollio
nudo.
357 Die Indignation veranlafst
den Dichter sich vom speziellen
Fall zur generellen Betrachtung zu
erheben.
368 metitur, vgl. Jll, 36 noscenda
est mcnsura siii spectandaquc rehiis
in summis minimisque, etiam cum
piscis emetur. Hor. ep. I 7, 98 me-
tiri se quemque suo modulo ac pede
verum est.
369 sq. tamen aliquando, Manner
richten doch mitunter — leider auch
nicht regelmafsig — den sorgenden
Blick in die Zukunft.
361 Anspielung auf Hor. s. 1 1, 33
liaud ignara ac non incauta futuri.
— tandem, endlich doch, schliefs-
lich, wenn auch nicht sofort zur rech-
ten Zeit und nicht propria natura.
362 prodiga, iiber der Verschwen-
dung merkt das Weib nicht, dafs
das Vermogen zu Ende geht.
363 Cic. Verr. I 147 utrum exi-
stimatis minus operis esse unam
columnam efficere ab integro novam
nuJlo lapide redivivo, an quattuor
illas reponere? Nep. Cato 2, 3 quare
luxuria reprimerttur, quae iam tum
incipiebat puUulare. Die Anwen-
dung des Dichters ist geistreich.
364 Hor. s. I 1, 51 ai suave est
ex magno toUere accrvo.
366—456: Denn so mannigfaltig
auch die Leidenschaften (gaudia)
oder Neigungeu der Frauen sein
LIBRI II SATVRA VI
119
sunt quas eunuchi inbelles ac mollia seniper
oscula delectent et desperatio barbae
et quod abortivo non est opus, illa voluptas
sunima tamen, cum iam calida matura iuventa
inguina traduntur medicis, iam pectine nigro;
ergo spectatos ac iussos crescere primum
testiculos, postquam coeperunt esse bilibres,
tonsoris damno tantum rapit Heliodorus.
conspicuus longe cunctisque notabilis intrat
balnea uec dubie custodem vitis et horti
provocat a domina factus spado, dormiat ille
cum domina, sed tu iam durum, Postume, iamque
tondendum eunucho Bromium committere noli.
si gaudet cantu, nullius fibula durat
vocem veudentis praetoribus. organa semper
in manibus, densi radiant testudine tota
sardonjches, crispo numerantur pectine chordae,
quo tener Hedymeles operas dedit, hunc teuet, hoc se
370
375
380
369 cum Bibbeck: quod Pco 372 bilibros P 381 densi cf. VII 143
mogen, an einer und der anderen
kranken sie alle.
a) 366—378: Manche lieben Eu-
nuchen.
366 Mart. VI 2 7iec spado iam
nec moechus erit (nach Domitians
Verbot der Entmannung und der
Erneuerung der lex lulia de adul-
teriis) te praeside quisquam : at prius
— 0 mores! — et spado moechus
erat. — inbelles, unmannlich, denn,
ruft Claudian dem Eunuchen zu,
arma relinque .viris.
.^69 Die Entmannung vor oder
nach der Pubertat vernichtet auf
jeden Fall die Zeugungsfahigkeit,
daher abortivo non est opus. Aber
die potestas coeundi ist nicht uu-
nioglich , wenn die Kastration erst
nach vollendeter Pubertat erfolgte.
Vgl. Mureti Var. L. X 11.
373 tantum wie 1, 136 tan-
tnm ipse iacebit. — Ueliodorus war
Chirurg.
375 nec dubie, ungescheut. —
custodem vitis et horti, i. e. Pria-
puin.
376 a domina factus spado, der
Eunuch der Herrin, ihr Leibdiener.
378 Bromius (der Name deutet
auf das dem Dionysos ahnliche Aus-
seben) ist Lieblingssklave des Herrn,
der gegen einen AngrifF des Eu-
nuchen {committere noli) gehiitet
werden mufs, weil er sonst durch
ihn Schaden leiden konnte.
b) 379—397: Andere lieben we-
niger die Musik als die Musikanten.
379 fibula, vgl. 73.
380 vendentis praetoribus, weil
der Prator die Spiele giebt, also
den Sanger engagieren mufs, vgl.
8, 192.
381 radiant, intr. = relucent,
glitzern.
382 sardonyches, Edelsteine, vgl.
13, 138. — numerantur, weil die
Zahl die Grundlage des Rhythmus,
also auch des rhythmischen Spieles
ist: Die Saiten zittern im Takt unter
dem schnell geschwungenen (cri-
spus) GrifFel (pecten), vgl. Copa 2:
Copa Surisca, caput Graia redimita
mitella, crispum sub crotalo doeta
movere latus, d. h. crispatum oder
vibratum.
383 Hedymeles {t}8v fisXog) war
Citharode; er war tener (tenellus),
schmachtend, wie 1, 22 tener spado,
und gab Konzerte {operas) oder
eigentl, Dienstleistungen.
120
IVVENALIS
solatur gratoque indulget basia plectro.
quaedam de iiumero Lamiarum ac nominis Appi
et farre et vino lanum Vestamque rogabat,
an Capitolinam deberet Pollio quercum
sperare et fidibus promittere. quid faceret plus
aegrotante yiro, medicis quid tristibus erga
filiolum? stetit ante aram, nec turpe putavit
pro cithara velare caput, dictataque verba
pertulit, ut mos est, et aperta palluit agna.
dic mihi nunc, quaeso, dic, antiquissime divum,
respondes his, lane pater? magna otia caeli;
non est, quod video, non est quod agatur apud vos.
haec de comoedis te consulit, illa tragoedum
commendare volet, varicosus fiet haruspex.
385
390
395
385 Appi Sg: ap* P alti pco Aeli N. Heinsius
385 Die Frau fiihrte den Appischen
Namen (nomen, nicbt pracnomen)
(Appia), wie z. B. Apj^ia Eufa oder
Appia Sex. f Severa, L. Appius Se-
cundus vorkommt, und gehorte oder
zahlte zu den vornehmsten Fami-
lien Roms. Denn nur in diesem
ganz allgemeinen Sinne werden hier
und 4, 154 hoe nocuit Lamiarum
caede madenti die Lamier genannt.
387 sq. Den kapitolinischen Agon
stiftete Domitianus im J. 86. Der
Wettkampf erstreckte sich auf grie-
chische und lateinische Poesie, Ge-
sang, Citharodik und Flotenspiel;
dazu kamen scenische Auffiihrungen
und Vortriige, gemischte Wett-
kampfe und Wagenrennen. Der
Agon wurde alle vier Jahre ge-
feiert. Vgl. Stat. s. III 5, 32 und
V 3, 231. — PoUio war, wie fidi-
bus promittere zeigt, Citharode;
7, 176 erscheint er als gut bezahl-
ter Musiklehrer. Sein Name wird
auch von Mart. IV 61 und XII 12
genannt; dagegen III 20, 18 ist ein
anderer gemeint. — fidibus i&t jeden-
falls Dativ und gehort zu promittere,
sc. certamen, ob er seine Beteiligung
zusagen solle fiir das Saitenspiel,
fvir diesen Teil des agon Gapito-
linus.
389 tristibus erga, wie Tac. IV 74
anxii erga Seianum.
390 filiolus, das Deminutiv ent-
halt den Begriff' von zriXvyixoq.
391 sq. velare, denn das Opfer
wurde velato capite verrichtet, da-
mit es nicht durch eine aufsere Wahr-
uehmung gestort werden konnte. Es
war dies der ritus Albanus im Gegen-
satz zum ritus Gratcus, nach dem
man aperto capite opferte. Vgl.
Verg. III 405 u. f. — dictata per-
tulit, sie sprach die Gebetformel
dem Ritual gemafs nach, wie sie
der Priester vorsprach. — aperta
paUuit agna, vgl. Verg. IV 63 von
Dido: instauratque diem donis pe-
cudumque reclusis peetorihus inhians
spirantia consulit exta.
393 Dieselbe Apostrophe wie
2, 126.
394 sq . respondere, auf etwas horen,
Bescheid geben, wie der iuris con-
suUus. — his: tam insanis et ineptis
precibus. — Im Himmel kann fiir
ernste Dinge {quod agatur) kein
Raum sein, wenu die Gotter gar
fiir solche Abgeschmacktheiten Zeit
(otium) haben. — quod video, 13,
118 ut video.
397 varicosus, mit Krampfadern
behaftet, infolge des vielen und
langen Stehens. Pers. 5, 189 vari-
cosi centuriones, wo die Schol. be-
merken: varices sunt venac mixtac
nervis in pedihus nimio labore tu-
mentes.
c)398 — 412: WiederandereFrauen
haben den ekelhaften Fehler, sich
keck unter die Miiuner zu mischen,
LIBRI II SATVEA VI
121
sed cautet potius, quam totam pervolet urbem
audax et coetus possit perferre virorum
cumque paludatis ducibus praesente marito
ipsa loqui recta facie siccisque mamillis.
baec eadem novit, quid toto fiat in orbe,
quid Seres, quid Thraces agant, secreta novercae
et pueri, quis amet, quis diripiatur adulter;
dicet, quis viduam praegnatem fecerit et quo
mense, quibus verbis concumbat quaeque, modis quot,
instantem regi Armenio Parthoque cometen
399 quae ferre Pw, corr. W 406 concubat P
400
405
mn alle Neuigkeiten des Erdkreises
und doch auch um allen kleinlichen
Stadtklatsch sich angelegentlichst
zu kiimmern.
398 pervolet, zuTVagen, vgl. 1, 60
pervolat axe citato Flaminiam.
399 coetus, politische Klubs, denn
sie ist politisch-militarische Kanne-
giefserin.
400 sq. paludati duces sind die
eben zum Krieg_ ausriickenden Feld-
herm. Schon AmiliusPaulusklagt
bei Liv. XLIV 22 m omnibus cir-
culis atque etiam, si dis placet , in
conviviis suntqui exercitus in Mace-
donia ducant, uhi castra locanda
sint sciant, quae loca praesidiis
occxipanda — , qnando cum hoste
manus conserendae, quatido quiesse
sit melius. Und dies thut hier das
"Weib, und thut es vor den Augen
ihres Mannes, und vor den Ohren
des Feldherm, in deren Gegenwart
sonst die klugen Laien verstummen;
und dabei schlagt sie nicht etwa
verschamt die Augen nieder, son-
dem spricht geraden Blicks {recta
facie, oo&oig ouuaai, vgl. 10, 189)
und bleibt kiihl bis ans Herz (siccis
mamiilis). Vielleicht ist letzteres
eine Travestie des horazischen sic-
cis oculis.
404 puer neben noverca ist der
Stiefsohn : die Liebe der Stiefmutter
zum Stiefeohne. — diripiatur ist ein
potenziertes ametur, Stat. V 8, 130
jHaeonideri aliaeque aliis natalibus
urbes diripiunt cunctaeque probant,
Theb. V 721 matremqtie avidis com-
plexibus ambo diripiutit flentes alter-
naque pectora mutant, schon Pers.
2, 37 putUae hunc rapiant! Vgl.
umschwarmen, sich um jemand
reifsen, Mart. VII 76 quod te di-
ripiunt potentiores , nolito nimium
tibi placere: delectas, Philomuse, non
amaris.
407 sqq. Kometen waren sichtbar
102, 104, 110, 11.5 und 117 n. Chr.
— Der Aufbruch des Trajanus in
den Orient erfolgte 112. — Von
Erdbeben ist am bervihmtesten das
vom 13. Dezember 115, welches
besonders Antiochia heimsuchte.
Dio Cass. 68, 24 SiuxqL^ovxoq 6'
avxov (Trajan) sv 'JvxLoyjiu aeLoao?
i^ataiog yCvsxaf v.al TtoXXal uiv
iv.auov 7t6?.£i.g, iidXiaxa d' 7] Avxi-
oxBLU idvaxvxriasv. — 'oqt] S aV.u
vcpL^rias, v.ai vSao noJ.v ovv. 6v uiv
nooxcQOv uv£(pdvrj, no7.v df v.al
Qiov i'gilLn£v. Der Xiphates war
ein Gebirge im siidlichen Armenien
(Strabo XI 522), auf welchem der
Tigris entspringt, und, wie der
Xame besagt, Schnee bis tief in
den Sommer liegen bleibt. In den
Worten isse N. in populos (wie zum
AngrifF) braucht nicht notwendig
die Vorstellung eines Flusses ent-
halten zu sein, wie allerdings Sil.
It. XIII 765 Pellaeo ponte Niphaten
adstrinxit, Lucan. III 245 Arme-
niusque tenens volveyitem saxa Ni-
phaten sich den N. als Fiufs ge-
dacht haben m-isseo, es ist auch
moglich, dafs der Dichter statt zu
sagen, der Schnee vom Niphates
sei geschmolzen, denselben Gedan-
ken so ilufserte: der Niphates habe
sich iiber die Volker gesturzt und
infolge davon {que) sei alles Land
122
IVYENALIS
prima videt, famam rumoresque illa recentis
excipit ad portas, quosdam facit; isse Niphatem
in populos magnoque illic cuncta arva teneri
diluvio, nutare urbes, subsidere terras
quocumque in trivio, cuicumque est obvia, narrat.
nec tamen id vitium magis intolerabile, quam quae
vicinos humiles rapere et concidere loris
exornata solet. nam si latratibus alti
rumpuntur somni, Tustes huc ocius' inquit
^adferte' atque illis dominum iubet ante feriri,
deinde canem, gravis occursu, taeterrima vultu
balnea nocte subit, conchas et castra moveri
nocte iubet, maguo gaudet sudare tumultu,
410
415
420
409 nimphatem P 410 arma P 413 quo Sehrader
ornata W: exortata P? exertata Eihheck
415 ex-
von der Flut iiberwaltigt woi-den.
Ob nun wirklich der Dichter das
Erdbeben von Autiochia bereits vor
Augen hatte oder diese Stelle schon
friiher geschrieben hat, ist schwer
zu sagen, da das Weib nicht nur
zuerst die Nachrichten empfangt,
sondern auch vieles selbst erdichtet
{quosdam facit), so dafs das Folgende
nicht tbatsachliche Vorfalle zu ent-
halten braucht. In der That ist
alles ganz allgemein gehalten. So
bleibt als Thatsache nur der Ko-
met iibrig. Da nun das Weib diesen
als gegen Armenien und Parthien
gerichtet zuerst erkennt, so mufs
hier ein vor 112 erschienener Ko-
met gemeint sein. Es bleibt dem-
nach hier nur der Komet vom
J. 110 ubrig.
d) 413—433: Noch widerlicher
ist das hartherzige und roh-gebiete-
rische Weib.
414 Die vicini humiles konnen
weder Sklaven noch voUstandig
freie Biirger sein. Die domiha lebt
hier auf dem Lande und hat coloni
zu Nachbarn, die zwar personliche
Freiheit besitzen, aber doch von
dem Grundherrn abhangig manches
Unrecht sich gefallen lassen miissen.
Vgl. auch 14, 150 u. f.
415 exornata, im vollen Schmuck
scheut sie sich doch nicht die
Peitsche selbst zu schwingen. Und
das ist noch wenig. Dcnn wenn Ge-
bell ihr den Schlaf stort (= 5, 19),
dann lafst sie den Hund, und zu-
vor noch den Besitzer des Hundes
mit Knutteln schlagen. Vgl. zu
1, 30.
419 Die hafslich-wi^erliche Stim-
mung, mit der sie dem armen Nach-
bar gegeniibertritt , ist nicht etwa
eine momentane Erscheinung, viel-
mehr begegnet sie jedem mit un-
freundlichem Gesicht und poltert
selbst im Bade. Sonst badete man
nachmittags, um darauf die cena
einzunehmen. Das riicksichtslose
Weib aber geht erst nach Sonnen-
untergang {nocte — noctc) ins Bad
und lafst die hungernden Tisch-
genossen auf sich warten: Plin. ep.
IH 1, 8 uhi hora balinei nuntiata
est, est autem hieme nona, aestate
octava, in sole si caret vento ambu-
lat nudus; deinde movetur pila ve-
hementer et diu, nam hoe qtioque
exercitationis genere pugnat cum
scnectute. Lotus accubat et paulis-
per cihum differt etc. — castra,
ironisch = Hoflager (vgl. zu 4, 135).
Znr Sache vgl. 7, 131 rexat lutu-
lenta halnea turha.
420 Das sudare im sudaturium
oder caldarium tindet nach den im
folgenden geschilderten kiinstlichen
Strapazen statt; man verhielt sich
dabei ruhig, um die Transpiration
nicht zu storen. Dennoch aber kann
das polternde Weib es auch hiei
LIBRT II SATVRA VI
123
cum lassata gravi ceciderimt bracchia massa,
callidus et cristae digitos inpressit aliptes
ac summum domiuae femur exclamare coegit.
convivae miseri interea somnoque fameque
urguentur. taudem illa venit rubicuudula, totum
oeuophorum sitiens, plena quod teuditur urna
admotum pedibus, de quo sextarius alter
ducitur ante cibum rabidam facturus orexim,
dum redit et loto terram ferit iutestino.
marmoribus rivi properant, aurata Falernum
pelvis olet; uam sic, tamquam alta in dolia longus
deciderit serpens, bibit et vomit. ergo maritus
nauseat atque oculis bilem substringit opertis.
illa etiam gravior, quae cum discumbere coepit,
laudat Vergilium, periturae ignoscit Elissae,
committit vates et comparat, inde Maronem
atque alia parte in trutina suspendit Homerura.
426 urnam P corr. p 434 tamen Pco
425
430
435
nicht ohne Larm (und Gefolge) aus-
halten.
421 gravi massa, wie man sich
solcher ''Hanteln' auch heute noch
zur Ubuncr und zur Starkung der
Brust bedient, vgL Senec. ep. 56.
422 callidus, weil der weifs, was
die Frau wiinscht.
423 femur exclamare, Senec. ep.
56 audio crepitum illisae manus
umeris, quae, prout plana pervenit
aut concava, ita sonum mutat.
425 sqq. ruhicundula , 'gauz er-
hitzt'. Das Deminutiv malt das
Komische der ganzen Erscheinung.
— Das Weingefafs (7, 11) enthalt
eiue volle Urne, die Halfte einer
amphora, d. h. 4 congii oder 24 sex-
tarii. — OQB^ig, Appetit, auch 11,
127 hinc surgit orexis, hinc sto-
macho vires.
430 Beachte das doppelte, sehr
wirksame Asyndeton: Sofort fiie-
fsen Strcime dem Marmorboden zu,
und Fufsbodeu und Becken stro-
men zu gleicher Zeit iiber, vgl.
Cic. PhiL II 10.5 personahant omnia
vocihus ebriorum, natahant paci-
menta vino, madebant parietes.
432 ergo: natiirlich, selbstver-
standlich ekelt den Mann dabei
(nauseatj: er driickt die Augen zu
und unterbindet die Galle, d. h.
halt sie gewaltsam zuriick, denn
sie droht ibm iiberzulaufen, sich zu
entleeren. Vgl. bilem movere alicui.
e) 434—456: Noch lastiger wird
die Sucht mancher Frau mit ihrer
Gelehrsamkeit zu prunken.
435 Die asthetische Schwatzerin
beschrankt ihr Urteil nicht auf Lob
oder Tadel des Dicbters, sondern
untersucht und priift auch die dich-
terischen Motive Vergils, und ge-
langt eben dabei zur Vergleichung
mit Horaer. Merkwiirdig ist Cali-
gulas Urteil iiber Vergil und Liviu.s:
alterum tit nullius ingenii (Erfin-
dung) nimiaeque (Cod. minimaeque)
doctrinae, alterum ut verhosum
in historia neglegentemque carpe-
bat, Suet. 34. — periturae ignoscit,
sie spricht iiber Schuld oder
Nichtschuld der Dido, und ent-
scheidet sich weiblich fiir letztere
Anschauung.
436 committit neben comparat
enthalt das 1, 163 licet Aenean Mu-
tulumque ferocem committas ange-
deutete Bild.
437 trutina susp., vgl. Pers. 4, 10
scis etenim iustum gemina suspen-
dere lance ancipitis librae, Horat.
ep. II 1, 29 liomani pensantur ea-
dem scriptores trutina.
124
IVVENALIS
cedunt grammatici, vincuntur rhetores, omnis
turba tacet, nec causidicus nec praeco loquetur,
altera nec mulier. verborum tanta cadit vis,
tot pariter pelves ac tintinnabula dicas
pulsari. iam nemo tubas, nemo aera fatiget:
una laboranti poterit succurrere luuae.
inponit iinem sapiens et rebus honestis;
nam quae docta nimis cupit et facunda videri,
crure tenus medio tunicas succingere debet,
caedere Silvano porcum, quadrante lavari.
non habeat matrona, tibi quae iuncta recumbit,
dicendi genus, aut curvum sermpne rotato
torqueat enthymema, nec historias sciat omnes,
440
445
450
438 Hat eine so gelehrte Dame
einmal ihren Mnnd geoffnet, dann
miissen die Sachverstandigen zn-
riicktreten, alle Anwesenden schwei-
gen ; vor ihrer lauten Stimme kommt
kein Herold, kein Advokat, ja, was
noch mehr sagen will, kein Weib
mehr auf.
440 sq. tanta, Epiphonem. — Die
Plauderzunge wird mit dem Becken
zu Dodona {daiyrjtog Xs^rjg) ver-
glichen, oder mit den Schellen
(tintinnabiola) zu Hause, in den
Badern , oder an den Opfertieren
und Verbrechern, die zum Tode
gefiihrt wurden, vgl. Plaut. Truc.
IV 2, 8. Pseud. 331 R.
443 Mit Larm und Beckenklang
meinte der Volksglaube dem leiden-
den oder hinsterbenden Gestirn zu
helfen, Liv. XXVI 5 aeris crepitu,
qualis in defectu lunae silenti nocte
cieri solet, Tac. I 28 id miles rati-
onis ignarus omen praesentium ac-
cepit, suis lahoribus defectionem si-
deris adsimulans, prospereque ces-
surum, qua pergerent, si fulqor et
claritudo deae redderetur. Igitur
aeris sono, tubarurn cornuumque con-
centu strepere.
444 sq. Allerdings sind solche
studia litterarum vollkommen ho-
nesta, aber wer klug und verstilndig
(sapiens) ist, kennt auch {et = etiam)
in solchen Dingen Mafs und Ziel
(vgl. Hor. ep. I 6, 15 u. f.), weifs
was sich schickt und was nicht
geziemend ist. Und solche Gelehr-
samkeit schickt sich eben fiirs Weib
nicht, wenn das Weib sie viber-
treibt und damit glanzen will (docta
nimiscupit et facundavideri). Denn
dies fiihrt zur Unnatur, wie wenn
das Weib 'Hosen' anziehen wollte.
446 Das Tragen der geschiirzten
Tunika, d. h. die Amazonentracht,
ware in Rom unerhort gewesen,
da eine solche Tunika nur Manner
trugeu, die der Weiber aber bis
auf die Knochel herabreichte.
447 Cato rei rust. 83 beschreibt
das Opfer fur 3Iars Silvanus und
fiigt dann hinzu: eam rem divinam
vel servits vel liber licebit faciat,
mulier ad eam rem divinam ne ad-
sit neve videat quo modo fiat. —
quadrante lavari, wie die Cyniker
und stoischen Philosophen. Denn
auch von den Mannern thateji ea
nur die armeren, die eigene Bader
nicht besafsen.
449 dicendi genus, einen be-
stimraten, modei^nen oder archa-
ischen, ciceronischen oder catoni-
schen Stil. Nur Gelehrte erstreben
ein dicendi genus, wie z. B. Seneca
oder Tacitus.
450 Enthymema ist der redne-
rische Sj^Uogismus im Unterschied
vom dialektischen. Das reduerische
iv&vfiTjua im engeren Sinne ist das
argumentum ex contrariis, dessen
Teile hiibsch gerundet und ge-
schlosseu (curvum) sein miissen,
wenn es einen einheitlichen Ein-
druck machen soll, Plato Protag.
342 E: ivf^aXs Qfjucc a^iov Xoyov
§Qcexv yial ' avvfarQaufiBvov aanfg
SsLvog dnovTiazrig. — historias, anch
der Mythologie, iiberhaupt alles
LIBRI II SATVRA VI
125
sed quaedam ex libris et non intellegat. odi
hiinc ego, quae repetit volvitque Palaemonis artem
servata semper lege et ratioue loquendi,
ignotosque mihi tenet antiquaria versus,
nec curanda viris opicae castigat amicae
verba: soloecismum liceat fecisse marito.
nil non permittit mulier sibi, turpe putat nil,
dum virides gemmas coUo circumdedit et dum
auribiis extentis magnos commisit elenchos.
[intolerabilius nihil est, quam femina dives.]
iuterea foeda aspectu ridendaque multo
pane tumet facies aut pinguia Poppaeana
452 qoa P arte P 455 viris Sco: mihi P 458 dum — dum M':
cum — cum Pw 460 delevit PaUamus 461 — 463 po)>t 466 trans-
posuit Madvig
455
460
Wisaenswurdige, das zur Erklarung
der alten Dichter gehorte, vgl. 7, 231.
451 Mart. II 90 iit mihi lerna
satur , sit noti doctissima coninnx,
sit nox cum somno, sit sine lite dies.
452 Palaemonis artem, zu 7, 215.
453 Jege et ratione, d. h. nach
dem Gesetz der Analogie, welche
mit der naturlichen Entwicklung
der Sprache nur zu oft im Wider-
spruch war und ist.
454 antiquaria bewandert in der
alten, d. h. klassiachen Litteratur,
darum aber nicht notwendig (filuQ-
Zaiog.
455 nec (fur et ne viris quidem)
isr eng mit viris zu verbinden,
ahnlich wie 14, 246 nec tibi parce-
tur misero = ef ne tihi quidem
parcetur. — opicae, vgl. 3, 207.
456 soloecismum , vgl. Mart. XI
19 quaeris cur nolim te ducere,
GaUa? Diserta es. Saepe soloecis-
mum mentula nostra facit. — liceat
feciase, zu 14, 185.
457 — 661 : Alle Widerwartig-
keiten und Laster vereinigen sich
in dem riicksiehtsloeen Leben der
reichen oder hochgebornen Frau.
a) 457—473: Nur anf ihre Schon-
heit bedacht iat sie zwar ruck-
gichtsvoU gegen den Buhlen, gegen
ihren Gatten aber ganz rucksichtslos.
458 dum — eircumdedit, bis sie
ihren Schmuck angelegt und da-
mit die Toiiette voUendet hat. Vor-
her ist sie Meerkatze, dann aber
ist sie schon und sogar liebens-
wurdig, weil der Schmuck Einflufs
auf ihr Benehmen hat : beides soll
im Einklang stehen. — virides
gemmae, wie virides lapilli bei Hor.
s. I 2, 80 sind wahrscheinlich
Smaragde, die nicht durch Gold-
einfassung miteinander verbunden
waren, sondern einzeln von derKette
ht;rabhingen, oquol av y.arsnQS-
uavxo J.l&oL TLvig Theopomp. bei
Pollux Y 98.
459 elenchus {iXsyxos) ist = unio
die grofse bimformige oderTropfen-
perle, wohl in Verbindung mit
Edelsteinen (daher Plur.) als Ohr-
gehange getragen, Plin. h. n. IX
113 elenchos appellant faitigata
longitudine alahastrorum figura iyi
pileniorem orhem desinmtis. hos di-
gitis suspendere et hinos ac ternos
aurihus feminarum gloria eit.
461 interea inzwischen bis sie
ihre Toilette gemacht hat, ist ihr
Gesicht mit einer Lage von Brot-
teig oder mit einer Salbe von Pop-
paas Erfindung ganz iiberzogen.
Ahnlich findet sich interea 11, 14
interea gusius elementa per omnia
quaerunt, einstweilen, bis sie ban-
kerott sind.
462 sq. DieErfindungderPoppaea
Sahina mufs von dem Brotteig
(multo pane tumet) verschieden {aut
spiirat) und doch verwandter Art
gewesen sein, weil es doch ein
Ersatz fiir den Brotteig selbst war.
126
IVVENALIS
spirat, et hiuc miseri viscautur labra mariti:
ad moechuui lota veniuut cute. quando videri
vult formonsa domi? moechis foliata parantur,
his emitur, quidquid graciles huc mittitis Indi.
taudem aperit vultum et tectoria prima reponit,
incipit agnosci, atque illo lacte fovetur,
propter quod secum comites educit asellas,
exul Hyperboreum si dimittatur ad axem.
sed quae mutatis inducitur atque fovetur
tot medicaminibus coctaeque siliginis offas
accipit et madidae, facies dicetur an ulcus?
est pretium curae peuitus cognoscere, toto
quid faciant agitentque die. si nocte maritus
aversus iacuit, periit libraria, ponunt
cosmetae tunicas, tarde venisse Liburnus
dicitur et poenas alieni pendere somni
cogitur, hic frangit ferulas, rubet ille flagello,
465
470
475
466 hic P 469 educit PSw: educet lahn 473 accipite facies
madidae P corr. m Augustinus 474 penitus cogitur cognoscere P
475 dies in nocte P rasa n priore
Das Beiwort pinguia zeigt, dafs es
einekiinstlicbeSalbenbereitungwar.
465 foliatum ist die feinste und
wohlriechendste Nardensalbe oder
auch Nardenol.
467 tectoria prima die obere
Schicht, und so wie dann das Ge-
sicht kenntlich wird, badet sie sich
(nur das Gesicht?) in Eselsmilch,
die ihr so zum Bediirfnis geworden
ist, dafs, wenn sie iu den aufsersten
Norden in die Verbannung geheu
miifste, sie doch ihr Eselsgefolge
mitschleppen wiirde. Das Baden
in Eselsmilch fiihrte Poppiia ein,
Dio C. LXII 28.
471 mutaiis mit wechselnden,
immer neuen.
472 Nur die Schonheitsmittel
{medicamina) wechseln, die Sache
bleibt dieselbe, dafs nicht mehr
von einem Gesicht, sondern nur
von eineni Geschwvir der Frau die
Kede sein kann.
b) 474 — 507: Diose Riicksichts-
losigkeit wird der Dienerschaft
gegeniiber zur rohesten Grausam-
keit, wahrend der Putz mit der
grofsten Sorgfalt und Uberlegung
behandelt wird.
474 pretium curae fiir das ge-
wobnliche operae pretium; Plin. ep.
VIII 6, 2 postea mihi visum est pre-
tium operae, hat die Lesart der
Aldina jsr. curae bisher keine hand-
schr. Begriindung gefunden. — toto
die istmir nicht verstandlich; wenn
mau auch den Abschnitt iiber 508
u. f. ausdehnen wollte, der Dichter
fiihrt keineswegs aus, was das Weib
den ganzen Tag iiber thut.
476 Uhraria, auch lanipendia ge-
nannt, ist die Werkmeisterin oder
Autseherin, welche, den Sklavinnen
die Wolle zuwiegt. — periit ist
verloren, d. h. ihre Bestrafung
(wenn auch nur mit Scheltworten)
ist unabwendbar.
477 cosmetae sind die Sklavinueu,
welche fiir die Garderobe und deu
Schmuck der Herrin zu sorgen
haben: qui ornamentis praesunt,
non tamen ornatrices. Scbol. —
Lihurnus, vgl. zu 3, 240.
479 franijit ferulas, vgl. 8, 247
nodosam post haec frangebat verticc
vitem, si lentus pigra munirtt castra
dolahra. — rubet flagello, vgl. zu
14, 19.
LIBRI II SATVRA VI
127
hic scutica; sunt quae tortoribus aunua praestent.
verberat atque obiter faciem linit, audit amicas
aut latum pictae vestis consiilerat aurum
et caedit, luugi relegit trausversa diurni
et caedit, douec lassis caedentibus 'exi'
intouet horrendura iam cognitione peracta.
praefectura domus Sicula non mitior aula.
nam si coustituit solitoque decentius optat
ornari et properat iamque ex])ectatur in hortis
aut apud Isiacae potius sacraria leuae,
disponit crinem laceratis ipsa capillis
nuda umero Psecas iufelix uudisque mamillis.
*altior hic quare cincinnus?' taurea punit
continuo flexi crimen facinusciue capilli.
quid Psecas admisit? quaenam est hic culpa puellae,
si tibi displicuit nasus tuus? altera laevum
480
485
490
495
480 scytica P 491 nudo Ruperti 493 crinem P
480 tort&ribus (8, 175): In den
meisten Hausern, die eiae grofse
Sklavenschar enthieHen, war ein
Zuchtknecht, lorarius. Damit be-
gnugen sich viele Frauen nicht.
Sie zahlen an die Knechte des
carnifcx (tortores) ein Jahrgeld, nm
sich zuweilen ihrer krilftigeren Eiilfe
bedienen zu konnen.
481 verbcrat, caedit lafst ziich-
tigen. — atque obiter = 3, 241.
483 iransversa diurni, sie liest
die langen Spalten des offiziellen
Tageblattes, der acta diurna.
485 intonet horrendum, wie Bel-
lona bei Hor. s. II 3, 223 hunc
circumtonuit (jaudens Bellona cru-
entis, xbv in^govtrjtov , Verg. XII
700 horrendumque intonat armis. —
cognitione 'Gericht', offenbar da,
wo es nur Hiebe giebt, reiner
Spott.
486 Die Marter der Siculi tyranni
war sprichwortlich, vgl. 8, 81 Pha-
laris licet imperct ut sis faJsus et
admoto dictet periuria tauro. Bei
Plaut. cas. I 11 sagt Chalinus zu
dem in die Stadt gekommenen
vilicus: quin ruri es in praefectura
tua;' — domus i&t Gen.
487 constituit, zu 3, 12.
489 Isiacae lenae, vgl. 9, 22. —
apud sacraria im Tempel der Isis,
vgl. 529. Mart. H 14 hic quoque
deceptus Memphitica templa fre-
quentat, assidet et cathedris, maesta
iuvenca, tuis.
490 disponit fiir componit ist
treffend zur Bezeichnung des kunst-
vollen Gefiecbtes und der Grup-
pierung der Flechten. Diese Arbeit
fuhrt Psecas (Ovid. m. III 172),
von der Herrin zerrauft und zer-
zaust, mit nackter Schulter und
nackter Brust aus, und dennoch
trifft sie wahrend der Arbeit immer
wieder der Ochsenziemer oder die
Peitsche (taurea).
493 flexi, sc. altivs, was sich
aus altior cincinnus leicht erganzt.
Eine ahnliche Grausamkeit schil-
dert Mart. II 66 unus de toto pec-
caverat orbe comarum anulus, in-
certa non bene fixus acu. Hoc fa-
cinus Lalage (!) speculo quo viderat
ulta cst et cecidit saevis icta Ple-
cusa comis.
495 laevum, sc. crinem, denn
altera laevum bildet die Fortsetzung
zu disponit crinem Psecas infelix,
wahrend 492—495 nur das Beneh-
men derHerrin gegen Psecas schil-
dert. Und wahreud crinis laecus
das ganze Haupthaar auf der linken
Seite bezeichnet, sind comae die
einzelnen kunstvoll abgeteilten
Strange des Haares, die gekammt
und dann geringelt werden.
128
IVVENALIS
extendit pectitque comas et volvit in orbem.
est in consilio materua admotaque lanis
emerita quae cessat acu; sententia prima
huius erit, post hanc aetate atque arte minores
censebunt, tamquam famae discrimen agatur
aut animae. tanta est quaerendi cura decoris;
tot premit ordiuibus, tot adhuc compagibus altum
aedificat caput. Andromachen a fronte videbis,
post minor est, credas aliam. cedo, si breve parvi
sortita est lateris spatium, breviorque videtur
virgine Pygmaea uullis adiuta cothuruis,
et levis erecta consurgit ad oscula planta.
nulla viri cura interea, nec mentio fiet
damnorum. vivit tamquam vicina mariti,
hoc solo propior, quod amicos coniugis odit
et servos, gravis est rationibus. ecce furentis
Bellouae matrisque deum chorus iutrat et ingens
500
505
510
504 credo P 510 coniungit P 511 gravi rationibus P corr. p
497 inaterna, sc. ancilla, matris
olim ornatrix, sie ist admota lanis,
d. h. ad lanificium, emerita acu, sc.
ornatrice oder crinali.
499 post hanc minores, so dafs
also formlich wie im romischen
Senate um die Meinung gefragt und
gestimmt wird.
500 Der Grund der harten Be-
strafung der Psecas war nicht ein
Versehen derselben als ornatrix,
sondern der Arger der Herrin iiber
ihre unformliche Nase, die sie eben
im Spiegel bemerkt hat. Und da-
bei wird die Frisur mit solcher
Sorgfalt betrieben, dafs aufser Pse-
cas nicht nur eine zweite Sklavin
zur Linken mit arbeitet, sondern
auch noch eine alte hochbetagte,
schon in Ruhestand gesetzte Sklavin
dabeistehen mufs, um ihr Urteil
liber jede Kleinigkeit abzugeben.
Bei der Bestrafung der Sklaven
ist ein consilium nicht notig, uber
die Haarfrisur aber mufs ein ganzes
conseil abstimmen, gleich als stande
der Ruf oder das Leben auf dem
Spiele!
502 Steigt die Frisur empor, so
glaubt man ein Gebiiude in meh-
reren Etagen mit ganzen Reihen
von Lockcn zu sehen! Dies hiefs
coronam struere.
504 minor 'ein Zwerg, zu klein'.
Man erwartet neben Andromachen
ein nomen propri-um, wie Mart.
XIV 212 si solum spectes hominis
caput, Hectora credas, si stantem
videas, Astyanacta putes (i. e. der
Zwerg). — cedo, zu 10, 43. Sinn:
vollends lacherlich ist dieser Auf-
bau des Hauptes, wenn die Gestalt
{spatium lateris, zu 4, 39) schmachtig
und pygmaenhaft (13, 168) ohne
Kothurn und leichten Ge^^ichtes
{levis) auf den Fufaspitzen sich zum
Kusse emporreckt.
c) 508 — 591: Und wiihrend sie
so dem Manne und seinem Gute
nicht die geringste Riicksicht zollt,
opfert sie den Priestern des Aber-
glaubens nicht nur ihr Gut, sondern
selbst Gesundheit und Ehre.
508 interea in abgeschwachter
Bedeutung = indessen, aber.
511 ecce furentis: der rasche uud
schroffe Ubergang steigert den Kon-
trast. Dasselbe Weib, das fiir den
Mann und sein Vermogen kein
Herz und keine Empfindung hat,
ist sofort voUer Riicksicht und
Hingebung, wie sie nur einen Bel-
lona- urid Galluspriester sieht.
512 JBcllona, die Ma von Ko-
mana in Kappadokieu, von den
Griechen 'Evva genannt (Strabo
LIBRI II SATVRA VI
129
semivir, obscaeno facies revereuda miuori,
mollia qui rapta secuit geuitalia testa
iam pridem, cui rauca cohors, cui tympana cedunt,
plebeia et Pbrygia vestitur bucca tiara.
grande sonat metuique iubet Septembris et austri
adveutum, nisi se ceutum lustraverit ovis
et xerampeliuas veteres donaverit ipsi,
ut quidquid subiti et magni discriminis instat,
in tuuicas eat, et totum semel expiet annum.
hiberuum fracta glacie descendet in aninem,
ter matutino Tiberi mergetur et ipsis
verticibus timidum caput abluet; inde superbi
totum regis agrum nuda ac tremibunda cruentis
515
520
525
518 nisi supra versum add. P
XII 535), ist wohl zu unterscheiden
von der altitalischen und altromi-
schen Bellona, mit der sie freilich
schon friihzeitig (Hirtius b. Alex.
66) ideutiiiziert worden ist. Sie war
eine in Kleinasien, Skythien und
Thrakien unter verschiedenen Ge-
stalten und Namen verehrte Mond-
und Naturguttin mit orientalisch-
fanatischem nnd blutigem Kultus.
Ihr Dienst war einem Kollegium
kappadokischer Priester iibertragen,
den Bellonarii. Sie zogen vom hei-
ligen Wahnsinn ergriffen durch die
Stadt und verwundeten sich Arme
und Lenden (TibulL I 6, 45), und
weissagten dabei unter wildem
Pauken- und Trompetengetose, vgL
4, 123. Wenig verschieden waren
die Galli (zn 2, 16): matris deum
chorus nnd deir ardiigaUus {ingens
semivir), unter dessen Kommando
die ganze Bande steht (2, 112).
515 rauca cohors, vgl. 2, 111
fracta voce loquendi libertas, krei-
schend. — cedunt, in Ehrfurcht; er
beherrschte die Schar.
516 pleheia, die gewohnlichen,
der Masse der galli. — tiara, zu
10, 267.
517 grande sonat, wie nau^sys&Bg
uvay.Qaytov , vgL 485 und 14, 294
aei^tivum tonat, 3, 107 rectum minxit,
1, 16 altum dormire. — Das ge-
fahrliche Klima im Spiitsommer
oder September wird haufig er-
wahnt, 4, 56. 10, 221. 14, 130, und
besonders Hor. ep. I 7, 5.
IVVBSALIS SaTVEAE.
519 donaverit opfert! — ^TjQauns-
Xivai (sc. J(j'9'^TEs) sind Kleider von
der dunkelroten Farbe des ver-
trockneten Weinlaubes, also alte
und verschlissene Frauenkleider,
hier tunicae.
521 semel ein fiir allemaL
522 Selbst die gefiihrlichen Rei-
nigungen und Biifsungeu, welche
der Isiskultus erfordert, macbt sie
mit, obwohl sie dabei ihr Leben
aufs Spiel setzt. Doch beschrankten
sich die Reinigungen nicht auf den
Isisdienst, vgl. Pers. 2, 15 haec
saticte ut poscas, Tiberino in gur-
gite mergis mane caput bis terque
et noctem flumine purgas , mau
badete friihzeitiger, wenn man einen
Tempel besuchen wollte, um von
dem Befleckenden der jSTacht ge-
reinigt vor den Gottern zu er-
scheinen. Aber das morgendliche
Untertauchen in fliefsendem Wasst-r
scheint zu den orientalischen Ka-
steinngen zu gehoren, wie Hor. s.
II 3, 290 frigida si puerum quar-
tana reliquerit, illo mane dic quo
tu indicis ieiunia nudus in Tiberi
stabit {timore deorum!).
525 agrum erepet (rependo eme-
tietur) sie rutscht auf den Knieen
iiber das Marsfeld (am Isistempel?),
TibuIL 1 2, 85 non ego tellurem geni-
hus perrepere supplex et miserum
sancto tundere po&te caput (d. i.
die percussio capitis) dubitem. Die
Kasteiung desKnierutschens brachte
der Isiskultus, vgl. Senec. diaL VII
9
130
IVVENALIS
erepet genibus; si candida iusserit lo,"
ibit ad Aegypti finem calidaque petitas
a Meroe portabit aquas, ut spargat in aede
Isidis, antiquo quae proxima surgit ovili,
eredit enim ipsius dominae se voce moneri:
en animam et mentem, cum qua di nocte loquantur,
ergo hic praecipuum summumque meretur honorem,
qui grege linigero circumdatus et grege calvo,
plangentis populi currit derisor Anubis.
530
eptet P 527 calidasque ambigua tamen inter s et apicem
rr. p 528 potabit P aedem a» 533 lanigero P corr. p
526 ereptei; i- t)'n caiiaasque amoigu
specie P corr. p 528 potabit P aedem a»
26, 8 cum sistrum aUquis concutiens
ex imperio mentitur, cum aliquis
secandi lacertos suos artifex hrachia
atque umeros suspensa manu cruen-
tat , cum aUquis genihus per viam
repens ululat laurumque linteatus
senex et medio lucernam die prae-
ferens conclamat iratum aUqucm
deorum, concurritis et auditis et
divinum esse eum adfirmatis.
526 si . . iusserit, ahulich wie
3, 78 in caelum, iusseris, ihit: ja
sie ginge wohl gar, wenn's_Io ver-
langte, personlich nach Agypten
und holte Wasser aus dem Nil.
Denn fiir gewohnlich hatte man
von Isispriestern geweihtes Wasser
an der Stelle des Nilwassers ge-
braucht, ja geradezu fiir Nilwasser
angesehen, vgl. Serv. zu Verg. II
116 sciendum in sacris simulata
pro veris accipi, und zu IV 512 nam
et in templo Isidis aqua sparsa de
Nilo esse dicehatur. Ahnlich ge-
braucht man in unserer Zeit zur
Taufe gernWasser aus dem Jordan.
— candida, Ov. m. I 743 de hove
nil superest, formae nisi candor in
illa. Die argivische lo und die
agyptische Isis hatten die Kuh-
horner miteinander gemeiu, Herod.
II 41 zh yciQ tfj£ "laiog ayaXficc iov
yvvcciKi^iov ^ovy.fQ(6v sffrt, KatdTCSQ
'E).Xrjv8g zfjv 'lovv yQcccpovGL.
b'll caUda, vgl. 15, 28.
b2B Meroe, zu 13, 163. Herod.
II 29 hnsLtBv r^sat sg n6i.iv neya-
Irjv tfi ovvoiid sGtL MsQOT] {Merua)-
Xsystcei ds avtr) fj noXig sIvccl ^1^-
tQonoXig tcov aXXcov Ai&Loncov.
529 surgit, d. h. der Tempel der
Isis auf dem Campus Martius war
imminens oviU, Serv. za Verg. ecl.
1, 34 Saepta proprie sunt loca in
campo Romano inclusa tahulatis,
in quihus stans populus Romanus
suffragia ferre consueverat. Sed quo-
niam liaec saepta simiUa sunt oviU-
hus, duo haec invicem pro se po-
nuntur.
530 dominae, der Gottin, wie
Verg. III 113 iuncti currum do-
minae (= Cyhelae) suhiere leones,
CatuU. 63, 13 Dindymenae dominae
= ztLvSvnrjvrjg (irftQog , haufiger
war im Griechischen SionoLva und
dvaoccc.
531 ist Ausbruch der Ironie und
Indignation {snicpcovriiicc slqcovlkov),
nicht gegen den Priester, sondern
gegen die Romerin gerichtet.
5.33 grege Uniyero = Ov. m. I
747 Unigera turha, denn die iigypti-
schen Priester, wie das Bild der
Isis selbst (Ov. ex Ponto I 1, 51
Unigcrae Isidis) waren in Leinwand
gekleidet, Herod. II 37 io&fjta di
CpOQSQVGL OL LQSSg XLvefjv ^ovvrjv;
dazu waren sie kahl geschoren,
Mart. XII 29, 19 Unigeri fugiunt
calvi sistrataque turha.
534 Anuhis war des Osiris und
der Isia Sohn; er wurde in Men-
schfugestalt rait einem Schakal-
kopf oder (von Griechen und
Romern) mit einem Hundskopf dar-
gestellt. Der Anubis stdrmt dahin
{currit), umgeben von der Priestcr-
schar und verlachend das klagende
Volk (zu 8, 29), derisor plangentis
jwpuU. Der aber in der Gestalt
des Anubis auftritt, ist selbst ein
Priester, daher im folgeuden ille
petit veniam, ilUus lacrimae.
LIBRI II SATVRA VI 131
ille petit veuiam, quotiens non abstinet uxor 535
concubitu sacris observandisque diebus
magnaque debetur violato poeua cadurco
et movisse caput visa est argeutea serpens;
illius lacrimae meditataque murmura praestaut,
ut veniam culpae non abnuat ansere magno
scilicet et tenui popano corruptus Osiris.
cum dedit ille locum, cophiuo faeuoque relicto
arcanam ludaea tremens meudicat in aurem,
interpres legum Solvmarum et magna sacerdos
arboris ac summi fida internuntia caeli.
implet et illa manum, sed parcius; aere minuto
qualiacumque voles, ludaei somuia venduut.
spoudet amatorem tenerum vel divitis orbi
541 orisis P 542 phanoque P 546 manns et P 547 omnia P
540
545
537 magnaque nnd (wenn) folglich
eine grofse Bufse der Frau bevor-
steht und sogar (dazu) die Schlange
in der Rechten der Isis ihr Haupt
drohend erhoben hat. — cadurco,
zu 7, 221. — Das Isisbild hat mei-
stens eine auf einem sitzenden Vogel
stehende Person auf dem Kopfe,
eine agyptische Haube; in der
Rechten die Schlange, die Situla
in der Linken. Als Gottin der Unter-
welt scheint Isis immer mit der
Schlange dargestellt worden zu
sein.
539 meditataque murmura, sein
andachtiges Gebet, Pers. 2, 6 haud
cuicis promptum est murmurq^ue
humilisque susurros toUere de templis
et aperto vivere voto. — Die Anf-
suchung der Leiche des von Ty-
phon erschlagenen Osiris war ein
wesentlicher Bestandteil der Isis-
feste, vgl. Ovid. m. IX 693 tmm-
quamque satis quaesitus Osiris.
541 /30/>anMm Optferkuchen ; Ganse
als Opfergabe erwahnt auch Herod.
II 45.
542 — 547: Wenn die Isispriester
aus dem Hause sind, dann kommt
das wahrsagende .Judenweib, denn
dem orientalischen Aberglauben ist
daa romische Weib ganz besonders
ergeben.
542 cophino faenoque relicto, vgl.
zu 3, 13.
543 tremens, vor Alter, Verg. H
509 trementibus aevo membris. —
mendicat in aurem nach Analogie
von garrire in aurem oder in auri-
culam , vgl. Friedl. zu Mavt. III
44, 12; die auris ist arcana, weil
sie fiir eolche Geheimnisse empfang-
lich und entgegenkommend ist, wie
Stat. s. I 3, 71 nox arcana sagt,
was Ton nox tacita verschieden ist.
544 Solymarum = ludaicarum,
denn Solymae ist = Hierosolyma,
Mart. XI 94 Solymis quod natus in
ipsis. — magna sacerdos, wegen
ihres Alters und Ansehens, es ist
die alte Zigeunerin des Stammes.
545 arboris, weil die Juden ihre
Bethauser am liebsten in Hainen,
wie 3, 12 im lucus Camcnarum,
anlegten. Die Jiidin ist ferner die
treue Himmekbotschafterin, denn
da der Juden Gott nicht anthro-
pomorphisch dargestellt wurde, so
erschien er den Komern identisch
mit dem Himmel, vgl. 14, 96.
547 somnia (Traumdeutungen)
sind hier vielleicht iiberhaupt Weis-
sagungen, die eben dem Dichter
als somnia erscheinen; so erhalt
qualiacumque eine bestiramtere Be-
deutung. In diesem Falle wurde
548 das Verbum spondet einen ironi-
schen Gegensatz ausdriicken: der
Armenier dagegen , der aus Tier-
eingeweiden prophezeit, kennt nur
Bestimmtheit und Sicherheit, vgl.
3, 43 promittit.
132
IVVENALIS
testamentum ingens ealiclae pulmone columbae
tractato Armenius vel Commagenus liaruspex;
pectora pullorum rimabitur, exta catelli,
interdum et pueri; faciet, quod deferat ipse.
Chaldaeis sed maior erit fiducia; quidquid
dixerit astrologus, credent a fonte relatum
Hammonis, quoniam Delphis oracula cessant,
et genus humanum damnat caligo futuri.
praecipuus tamen est horum, qui saepius exul,
cuius amicitia conducendaque tabella
magnus civis obit et formidatus Othoni.
550
555
551 rimatur et pco 553 et P 554 fronte P 558 559 om. P
add. p (superscriptum vel concidendaq.) cf. GLK. VII p. 544, 19 formi-
datam tabellam, pinacem
550 tractare von dem kunstge-
rechten Besehen und Untersuchen
des Haruspex, vgl. 9, 53 munera
tractat secreta, 14, 254 si vis aliam
decerpere fi.cum atque alias tractare
rosas, vgl. zu 11, 28. — CommaQene
war die nordostlichste Provinz Sy-
riens, im Osten vom Euphrat, im
Norden und Westen vom Amanus
begrenzt. Unter Vespasianus wurde
es daaernd mit dem romischen
Reich vereinigt. Die bekannteste
Stadt war Samosata.
552 pueri eines Kindes, vgl.
Amm. Marc. XXIX, 2, 17 convictum
confessumque trihunum, quod exsecto
vivae mulieris ventre atque intempe-
stivo partu extracto, infernis mani-
hus excitis de permutatione imperii
consulere ausus est. Sonst bediente
man sich dazu der Wachspuppen,
Hor. epod. 5, 32. — deferat: er
verfiihrt die Frau zu einer schlech-
ten That, um sie dann selbst an-
zuzeigen, d. h. er veranlafst die
Frau zu einem Verbrechen uud droht
ihr dann mit Delation, um Geld zu
erpressen, vgl. 3, 116. Tac. XVI 30.
553 Die Astrologen oder Stern-
deuter heifsen bald Chaldaei, bald
Babylonii, auch aslrologi oder ma-
thematici. Ihr Einfluls war in der
Kaiserzeit ungeheuer grofs , man
denke nur an Tiberius und Thra-
syllus.
554 sq. a fonte Hammonis, von der
Quelle der Oase Siwah, wo sich
das beriihmte Orakel und Heilig-
tum des Ammon befand, das Seit
dem Aufbliihen Kyrenes auch bei
den Hellenen zu hohem Ansehen
gelangte, vgl.Steiu zuHerod.IVlSl.
— Vom Orakel zu Delphi sagt schon
Cic. div. II 117 cur isto modo iam
oracla Delphis non edmitur non
modo nostra aetate, sed iam diu,
iam ut nihil possit esse contemptius ?
I 38 fidem iam diu non facit, potest
autem vis illa terrae, quae mentem
Fythiae divino adflatu concitahat,
evanuisse vetustate.
556 damnare aliquem oder aliquid
ohne Gen. oder Abl. ist nicht sel-
ten, z. B. 4, 85, seltner ist es in
der Grundbedeutung von pfemere
oder domare, wie Plaut. trin. 829
jyauperihus te parcere solitum, ditis
damnare atque domare; ahnlich ist
Verg. XII 727 luppiter ipse duas
aequato cxamine lances sustinet et
fata iviponit diversa duorum, quem
datmiet labor et quo vergat pondere
Jetum = quem opprimat, domet lahor.
Vorbild des Juv. war Hor. IH 29,
30 prudens fiituri temporis exitum
caliginosa nocte premit deus.
bbl praecipuus ist in der silber-
nen Latinitilt an Stelle des abge-
griffenen maximus oder summus
reiner Superlativ geworden, vgl. 532.
558 cuius amicitia etc. bestimmt
nicht dieselbe Person, die mit qui
saepius exul charakterisiert ist, son-
dern beide Rehxtivsiitze schildern
je eine besoudere beriichtigte Per-
son: die eine (generelle) Person
LIBRI II SATVRA VI
133
inde fides artis, sonuit si dextera ferro
laevaque, si longo castrorum in carcere mansit.
nemo matliematicus genium indemnatus habebit,
sed qui paene perit, cui vix in Cyclada mitti
contigit et parva tandem caruisse Seripho.
consulit ictericae lento de funere matris,
ante tamen de te Tanaquil tua, quando sororem
efferat et patruos, an sit victurus adulter
post ipsam; quid enim maius dare numina possunt?
haec tamen ignorat, quid sidus triste minetur
Saturni, quo laeta Venus se proferat astro,
qui mensis damuis, quae dentur tempora luero:
illius occursus etiam vitare memento,
560
565
570
561 longa P 563 vis P 565 hic tetrice P 569 haec oa:
nec P ignorant P 571 damnos et temporalia lucro P corr. p
ist dnrch wiederhoite Verbannung,
die andere (bestimmte) durch den
Tod des Kaisers Galba beriichtigt.
Es war dies Seleuous (Suet. Otbo)
oder Ptolemaeus, der den Sturz
des Galba beschleunigte, indem er
Otho aus den Sternen weissagte,
dafs er vom Schicksal zur Herr-
schaft bestimmt sei, vgl. Heraeus
7X1 Tac. h. I 22. — conducenda ta-
beUa das Schicisalsbuch (vgl. 578),
das immer fur Geld zu haben ist,
das nur fiir Geld gewonnen wird,
d. h. kauflich ist, vgl. 2, 114 con-
ducendusquc magister.
560 sq. ferro Handfesseln. Wie die
praetoriu, so hatten auch die castra
stativa eiuen Karzer, vgl. Tac. 121.
In ihnen wurden oft auch Civilisten
in Gewahrsam gehalten, militaris
cj<sto(?m, Tac.lll22.— DieBeziehung
von longo ist nicht zu ermitteln;
vielleicht ist es temporal zu ver-
stehen: im langwierigen Kerker.
562 genium, denGenius derWeis-
sagung, der die Zukunft offenbart,
= Geist. Mart. VI 60 victurus ge-
nium dehet habere liber, 7, 78 sumen
aprum leporem boletos ostrea mullos
mittis: habes nec cor , Papile, nec
genium, den hoheren, feineren Geist.
563 Cyclada . . Scripho, zu 1, 73.
10, 170.
564 carere Seripho ist ein Oxy-
raoron, welches andeutet, dafs Se-
riphos fiir einen solchen Wicht die
naturliche Bestimmung ist, doch
vgl. 10, 357 fortem posce animum,
7no7iis tcrrore carentem.
565 i-nzsQog ein kleiner gelber
Vogel, und davon icterici die Gelb-
svichtigen; Lucil. I 29 ieterus vior-
bus, Gelbsucht.
566 Tanaquil war nicht nur pe-
rita, ut vulgo Etrusci, caelestium
prodigiorum mulier (Liv. I 34), son-
dern prodigium selbst, so unnatiir-
lich grausam, dafs sie sich nicht
scheute, ihren Vater zu ermorden
und ihren Wagen uber die Leiche
gehen zu lassen.
568 quid maius , vgl. 385 u. f.
Dem Buhlen wiinscht sie langes
Leben und findet darin ihr hoch-
stes Gliick, um Gatten und um
Verwandte kiimmert sie sich nicht.
569 haec ignorat, doch ein sol-
ches Weib ist selbst in der Astro-
logie noch nicht bewandert und
bedarf darum des Astrologen;
schlimmer sind die Frauen, die
selbst Autoritfiten auf dem Gebiete
der Astrologie sind und des Chal-
daers gar nicht mehr bediirfen.
570 Saturnus bedeutete Ungliick,
Glvick dagegen die heitere Venus,
vgl. Horat. II 17, 22.
572 occursus etiam, auch schon
die Begegnung, wie eines gefahr-
lichen Wesens, Tac. IV 60 nam
alius occursum eius vitare, quidam
salutatione reddita statim averti,
plerique inceptum sermonem ab-
rumpere.
134
IVVENALTS
in cuius manibus ceu piaguia sucina tritas
cernis ephemeridas, quae nullum consulit et iam
consulitur, quae castra viro patriamque petente
non ibit pariter numeris revocata Thrasylli.
ad primum lapidem vectari cum placet, hora
sumitur ex libro ; si prurit frictus ocelli
angulus, inspecta genesi collyria poscit;
aegra licet iaceat, capiendo nulla videtur
aptior hora cibo, nisi quam dederit Petosiris.
si mediocris erit, spatium lustrabit utrimque
metarum et sortes ducet frontemque manumque
praebebit vati crebrum poppysma roganti.
divitibus respousa dabunt Phryx augur et ludae,
conductus dabit astrorum mundique peritus
575
580
585
577 conplacet P 578 purit P 579 poscunt P corr. p 585 inde
Po3 Indus s Indi Bibheck
573 pinguia sucinn beschwitzten
Bernstein. Denn in den heifsen
Monaten hielten Frauen uud Weich-
linge nicht selten Krystall- und
Berusteinkugeln als Kiihlungsmittel
in den Handen, vgl. 9, 50.
574 ephemerides sind astrologi-
sche Kalender, vgl. Amm. Marc.
XXVIII 4, 24 multi apnd eos ne-
gantes esse superas potestates in
caelo, nec in puhlicum prodeunt nec
prundent nec lavari arbitrantur se
cautius posse, antequam epjliemeride
scrupulose sciscitata didicerint, uhi
sit verhi gratia signum Mercurii,
vel quotam cancri sideris partem
polum discurrens optineat luna.
576 numeris {Bahyloniis Hor. I
11, 3) = rationibus Chaldaeorum,
die astrologischen Rechnuugen —
TJirasyllus der bekannte Hofastro-
log des Tiberius, hat auch astro-
logische Schriften hinterlassen, Dio
LV 11. LVIl 15.
579 genesis = sidus natalicium,
vgl. 14, 248 nota mathematicis ge-
nesis tua, deine Gebnrts-Konstella-
tion, Nativitat. — koIXvqiov (von
y.oXXvQa, Ziipfchen) war eine schon
von Horaz (s. I 5, 30) benutzte
Augeusalbe.
58 1 Fetosiris war ein alter agypti-
scher Astrolog. Unter seinem Na-
men scheint einPhilosoph des ersten
christlichen Jahrhunderts astrolo-
gische Schriften veroffentlicht zu
haben, vgl. Suidas s. v.
582 Vor diesem Verse scheinen
einige Verse ausgefallen zu sein,
die etwa den Gedanken enthielten,
dafs alle Frauen, hoch und niedrig,
der Astrologie ergeben seien, und
dafs , wenn sie die Kunst nicht
selbst verstehen, sie sich an die
Gaukler und Betriiger wenden. —
mediocris niedereu Standes, wie 11,
177 alea turpis, turpe et aduUerimn
mediocrihus. — Im circus maximtis
befanden sich zu Anfang und zu
Ende der Rennbahn auf einem Unter-
bau je drei Kegelsllulen (jnetae),
und zwischen diesen beiden Zielen
war durch die ganze Lilnge der
Bahn eine niedrige Mauer gezogen,
welche mit Obeliskeu, Saulen und
Gotterbildern besetzt war, Mar-
quardt St.-V. III 490. Das Weib
durchlauft(ZMS<ra<)denganzenRaum
zu beiden Seiten der metae, zieht
das Schicksalslos und bietet dem
Gaukler Hand und Stirn (dem me-
toscopos) zum kraftigen Schmatze;
denn das nonnvona ist ein lautes
Schnalzen mit der Zunge, Petron.
132 collisa hihra crepitant.
585 — 591: Donu wahrend die
reiche Fiau die Zukunftspriester
fiir Geld ins Haus kommeu lassen
kann, sucht die Plebejerin die Zu-
kunft auf dem Cirkus und auf dem
LIBRl ir SATVRA VI
135
atque aliquis senior, qui publica fulgura condit:
pleboium in circo positum est et in aggere fatum;
quae nudis longum ostendit cervicibus aurum,
consulit ante falas delphiuorumque columnas,
au saga veudenti nubat caupone relicto.
hae tamen et partus subeunt discrimen et omnis
nutricis tolerant fortuna urguente labores,
sed iacet aurato vix ulla puerpera lecto.
tantum artes huius, tantum medicamiua possunt,
quae steriles facit atque homines in veutre uecaudos
conducit. gaude, infelix, atque ipse bibendum
porrige quidquid erit; nam si distendere vellet
et vexare uterum pueris salientibus, esses
Aethiopis fortasse pater, mox decolor heres
impleret tabulas numquam tibi maue videudus.
590
595
600
589 armnm Madvig 592 haec P
Wall zu erfahren. Und so sieht
man das armste und durftigate Weib
im Cirkus um die Gaukler mit der
Frage beschiiftigt, ob sie ihren
Gastwirt verlassen und den Trodler
heiraten soll.
587 Es ist ein Etruscus haruspex,
ein fulyurator. Denn zur discipJina
Etrusca gehorte die susceptio imd
procuratio fulgurum. Condtre fulqur
sagte man, wenn die vom Blitz
beruhrten Gegenstiinde unter be-
stimmten Ceremonieen in die Erde
vergrabon wurden. DerOrt, wo dies
geschah, hiefs hidcntdl.
588 aggere, zu 5, 153.
589 longum aurum ihr langes
goldenes Haar, das iiber den Nacken
fallt, weil sie nicht Zeit hat, es
zu flecbten und zu ringeln.
590 Auf der spina des Cirkus
waren sieben Delphine und eben-
soviel eiformige Ovale {ova oder
falaei angebra<:ht, und nach jedem
der sieben Umlaufe wurde ein
Delphin umgedreht nnd ein Ovale
heruntergenommen, Marqnardt St.-
V. III 495.
d, 592—609: Die Pflicht Kinder
zu gebaren und zn erziehen kennt
das Tomehme und lasterhafte Weib
nicht mehrj iie totet die Leibes-
frucht und iafst sich fremde Kin-
der unt^rschieben.
592 hae, solche Frauen der
armeren Volksklasse. Sie erfullen
nicht nur die Mutterpflichten, son-
dern sind auch durch ihre Lage
oder durch ihre Verhaltnisse ge-
zwungen (Jortuna urguente), ihre
Einder zu nahrtn, d. h. die Amme
zu ersetzen, die sonst in jedem
wohlhabenden Hanse gehalten
wurde, nutrix oder nutricula.
595 artes List, Anschlage der
Weiber iiberhaupt. Schon Ov. m.
VII 116 hat den Ausruf tantum
medicamina possunt, dort aber sind
es die herhae cantatae der Medea
zum Schutze des Jason gegen die
feuerschnaubenden Stiere ; ihnen
werden verachtlich huius medica-
mina gegenubergestellt. Zu huius
gehort quae . . conducit, die (tiir
Geld) es iibernimmt, wie Liv. XXIII
48, 11 conducerentque praehenda,
quae ad exercitum Hispaniensem
opus essent. Die abactio partus war
nach rSmischem Recht ein homi-
cidium.
600 Vgl. die witzige Schildernng
bei Mart. VI 39. — decolor ein
Mulattengesicht, Claud. XVIU 123
decolor macies occursu laedit omnes;
anders 7, 226 cum totus decolor esset
Flaccus.
601 impleret tdbulas, wie 2, 58
notum est cur solo tahulas imple-
verit Hister liberto, als heres ex
asse. — mane, weil ein solches
136
IVVENALTS
transeo suppositos et gaudia votaque saepe
ad spurcos decepta lacus atque inde petitos
pontifices, salios Scaurorum nomina falso
corpore laturos. stat Fortuna inproba noctu 605
adridens uudis infantibus, hos fovet ulnis
involvitque sinu, domibus tunc porrigit altis
secretumque sibi mimum parat; hos amat, his se
ingerit utque suos semper producit alumnos.
hic magicos adfert cantus, hic Thessala vendit 610
philtra, quibus valeat mentem vexare mariti
et solea pulsare natis. quod desipis, inde est,
603 lacu8 atque pca lacu sa**+ P lacus saepe g 606 omni P
omnis vel omues co ulnis Marldand 612 desidis P corr. p
Kind ein formliches prodigium ware
und deshalb mali ominis instar
gelten raufste, wenn man ihm mor-
gens begegnete, Lucian. Eun. 6
von einem Eastraten: dvGoimviGtov
Tt %tti dvGccvTTjTOV -S^ftvjLia: , sl' Tig
tm&sv i^iav sy, Trjg oitiLccg iSoi.
602 Ein weiteres Ungluck, das
aber nicht so schlimm ist als einer
der erwahnten Falle und daher
mehr zum spottischen Lacheln als
zur sittlichen Entriistung reizt, ist
die Moglichkeit, dafs die Frau sich
fremde Kinder unterschieben lafst.
603 Der Mann empfindet schon
im voraus Vaterfreude und sendet
Gebete zu den Gottern um gliick-
liche Entbindung seiner Gattin,
wahrend ihm der Sohn geboren
wird nicht im Hause, sonderu
draufsen im Schmutz eines laeus,
d. h. eines sonst nicht gebrauchten
Wasserbehalters der romischenWas-
serleitung oder einer Cisterne, wo
man haufig neugeborene Sklaven-
kinder aussetzte. Die Ortlichkeit
ist sonst nicht weiter bekannt, vgl.
Terent. adelph. 583 ubi ad Dianae
veneris, ito ad dextram : prius quam
ad portam venias, apud ipsum la-
cum est pistriUa et exadversum
fabrica, Plaut. curc. 477 in foro
infimo honi liomines atque dites am-
hulant, confidentes garrulique et
malevoli supra lacum.
604 salios ist Steigerung von
pontifices, weil die Salier immer
Patrizier waren, nicht blofa Mit-
glieder der Nobilitiit.
605 Fortuna, daher die BezeSch-
nung Fortunae filius 'Schofskind.
Fortunens' bei Hor. s. II 6, 49;
80 hielt die Fortuna Primigenia
von Praneste auf ihrem Schofse
zwei saugende Kinder. Auch hos
fovet ulnis (Prop. III 18, 9 fovit in
ulnis, 22, 37 me cupidis teneat fo-
veatque lacertis) involvitque sinu
deutet auf eine bildliche Darstel-
lung der Fortuna, -ebenso adridens
nudis infantibus.
608 secretus im Geheimen, fiir
sich, mimus Lustspiel, Posse, vgl.
3, 40 quotiens voluit Fortuna iocari,
Hor. IH 29, 50 Fortuna saevo laeta
negotio, et ludum insolentem ludere
pertinax. — hos und his sind nicht
etwa verschiedea, sondern dieselben
alumni Fortunae. — se ingerit
drangt sich auf, kommt ihnen eut-
gegen, im Gegensatz zu se subducere
oder subtrahere.
e) 610 — 626: Die Rucksichts-
losigkeit der Frau steigert sich
nicht selten zu dem Frevel, dafs
sie den Mann durch Zaubertranke
in Wahnsinn versetzt.
610 hic — hic vendit sind die
Verkaufer der Zauberformeln und
Zaubertranke. Der Ubergang ist
freilich schroff und auffallend havt.
— Thessalien war der Hauptsitz
der Zauberei im Altertum, weshalb
Ov. a. II 99 die cpiXTQtt auch Hae-
moniae artes nennt.
611 vexare = turbare, Tac. XII
66 evqui^itum aliquid placcbat, quod
turbaret menlcm et mortem diffcrrct.
612 solca pulsare natis (^Xctvzovv)^
d. h. als geistesschwach bohan-
LIBRI II SATVRA VI
137
inde animi caligo et magna oblivio rerum,
quas modo gessisti. tamen hoe tolerabilo, si non
et furere incipias ut avunculus ille Nerouis,
cui totam tremuli frontem Caesonia pulli
iufuclit; quae nou faciet, quod principis uxor?
ardebant cuncta et fracta compage ruebant,
non aliter quam si fecisset luno maritum
iusanum. miuus ergo nocens erit Agrippinae
boletus, siquidem unius praecordia pressit
ille senis tremulumque caput descendere iussit
in caelum et longa manantia labra saliva.
haec poscit ferrum atque igues, haec potio torquet,
haec lacerat mixtos equitum cum sanguine patres.
tanti partus equae, tanti una venefica constat.
oderunt natos de paelice; uemo repugnet,
615
620
625
615 avunculis P 620 erat lahn
deln. — Jesipis, aitoatQocpri ad ma-
ritum. Schol.
614 quas modo gessisti: dieselbe
Uraschreibung 10, 235 nec ipsos ,
quos geniiit, quos eduxit in der Schil-
derung der dementia seiiis.
615 furere, denn, sagt Ov. a. II
106, philtra nocent animis, vimque
furoris habent.'
616 Milonia Caesonia war die
Frau des C. Caesar Caligula. Da
Caligula und die jiingere Agrip-
pina (Kinder des Germanicus und
der alteren Aprippina) Geschwister
waren, so war Caligula der Oheim
des Nero, dessen Mutter die jiingere
Agrippina war. — fjuUi, vgl. 13.3
und Ov. a. II 100 datque quod a
tencri {tremuli Jnv. , i. e. recens
natii fronte reveliit equi. Suet. Cal.
50 creditur potionatus a Caesonia
uxore anmtorio quidem medicamento,
sed quod in furorem verterit.
618 cuncta, das AIl, die Welt
war in Brand geraten {ardebant),
wie Hor. II 1, 23 cuncta terrarum
subacta, oder III 1, 8 cuncta super-
cilio moventis. Auch fracta com-
page erinnert an das Horazische si
fractus inlabatur orbis.
620 — 623 enthalten eine ironi-
bche Zwischenbemerkung, denn 624
haec potio kehrt wiederum zn dem
(piltgov der Caesonia zuruck. —
erit, si quis Caesoniae facinus cum
Agrippinae scelere comparaverit vel
utrumque crimen rectius considera-
verit.
621 Suet. Claud. 44 et veneno
quidem occisum eonvenit; uhi autctn
et per quem dato, discrepat. Quidam
tradunt, epulanti in arce cum sacer-
dotibus per Halotum spadonem prae-
gustatorem; alii domestico convivio
jter ipsam Agrippinam , quae bole-
tum medicatum avidissimo ciborum
talium optulerit.
622 Suet. Claud. 30 praeterea
linguae titubantia caputque cum
semper tum in quantulocumque actu
vel maxime tremulum. — descendere
in caelum ist ein Oxymoron, wie
uberhaupt iiber den Tod des Clau-
dius viel gewitzelt wurde. Nach
Dio LX 35 soll Nero gesagt haben
Tovg (ivtirjrag &scov §QWfia Bivai,
Junius Gallio : tov KXavSiov ayv.£-
OTQcp (durch einen uncus im Hals)
£g Tov ovQavov dvBvsx^>ivai, und
Seneca schrieb seine dito-/.oXoy.vv-
rtofftg.
626 venefica Zauberin, constat,
denn die romische Welt mufste
ihren Zauber teuer bezahlen!
f) 627—661: Schlief.slich mordet
das Weib ihre Kinder und den Manu,
nach der Mode der Zeit mit Gift,
mitunter auch, wenn es sein mufs,
mit dem Beil, wie Klytamnestra.
627 sq. Die Konjunktive repugnet
138
IVVENALIS
nemo vetet, iam iam privignum occidere fas est.
vos ego, pupilli, moneo, quibus amplior est res,
custodite animas et nulli credite mensae^
livida materno fervent adipata veneno.
mordeat ante aliquis, quidquid porrexerit illa,
quae peperit; timidus praegustet pocula papas.
fingimus haec altum satura sumente cothurnum
scilicet, et finem egressi legemque priorum
grande Sophocleo carmen hacchamur hiatu,
montibus ignotum Rutulis caeloque Latino?
nos utinam vani. sed clamat Pontia 'feci,
confiteor, puerisque meis aconita paravi,
quae deprensa patent; facinus tamen ipsa peregi'.
630
635
640
629 vos equo P rasa q 632 sq. om. Ps add. pw
und vetet haben konzessive Bedeu-
tung: dem mag meinetwegen nie-
mand widerstreben : ist es ja doch
schon kein Verbrechen mehr {fas
est), wird nicht mehr als solches
gefiihlt und beurteilt, wenn eine
den Stiefsohn mordet.
629 vos pupilli, selbst ihr, die
eigenen Kinder, seid nach dem Tode
des Vaters unter der Obhut der
Mutter nicht mehr sicher, wenn
euer Vermogen (m) ansehnlich
(amplior) ist.
681 adipatum fettes Backwerk,
livida von der Wirkung auf die
Hautfarbe: von der Mutter Gift
droht (fervent) fahler Tod am rei-
chen Tisch.
632 s"q. illa quae pepcrit die leib-
licheMutter,wie tj TfKouca, Aeschyl.
Choeph. 12G nsTCQansvoL yccQ vvv
ys ncog dlwnf&a TtQog xrig tsiiovorig.
— pdpas = 0 ndmtag, das sich zu
irarriQ verhalt, wie (id^fia zu iirjzrjQ,
vgl. axxa, zstra, von dem Er-
zieher, der ganz fiir seinen Zogliug
lebt, wie Phoinix fvir den jungen
Achilleus.
635 scilicet scheint nicht zu co-
thurnum, sondern zu (ingimus haec
zu gehoren und einc ironische suh-
iectio einzufiihren, vgl. Cornif. IV
33. Er fiirchtet liber die Grenze und
die lex satirae condendae (Hor. ep.
II 3, 135 operis lex) hinauszugehen
und sich in Aufgaben der Tragodie
zu verlieren, dem Sinne nach =
Claud. XVIII 298 exempla creantur,
quae socci superent risus luctusque
cotkurni.
636 carmen hacchamur = hacchico
furore elati carmen fingimus, So-
phocleo hiatu, wie Pers. 5, 3 fahula
seu maesto ponatur hianda tragoedo,
Verg. ecl. 8, 10 sola Sophocleo tua
earmina diyna cothurno.
637 caelo Latino erklart 12, 103
nee Latio aut usquam sub nostro
sidere talis helua concipitur, 3, 84
nihil est quod nostra infantia cae-
lum hausit Aventini?
638 vani, d. h. ware es doch
nur Dichtuug (fahulae), aber leider
ist es volle Wirklichkeit, wenn sie
auch nicht glaublich erscheint, vgl.
15,32.— Pontia P. Petroni filia , quem
Nero convictum in crimine coniura-
tionis damnavit, defuncto inarito
filios suos veneno necasse convicta
cum largis se epulis oncrasset et
vino, vcnis incisis saltans extincta
est. Schol. Ihre Grausamkeit war
sprichwortlich geworden, Mart. II
34 0 mater, qua nec Pontia deterior.
639 aconita, vgl. 1, 158.
640 Das Gift ist entdeckt und
liegt offen vor aller Augen, den-
noch schiebe ich nicht, was m()g-
lich wiire , die That aut' eiuen
anderen, sondern bekenne mich,
obwohl ich die Mntter bin, selbst
zu der That.
LTBRl II SATVRA VI
139
tuiie diios una, saevissima vipera, cena?
tune duos? 'septem, si septem forte fuissent/
credaiuus tragicis,, quidquid de Colcbide torva
dicitur et Progue; nil contra conor. et illae
grandia monstra suis audebant temporibus, sed
non propter nummos; minor admiratio summis
debetur monstris. quotiens facit ira nocentes
bunc sexum, rabie iecur incendente feruntur
praecipites ut saxa iugis abrupta, quibus mons
subtrabitur clivoque latus pendente recedit:
illam ego non tulerim, quae computat et scelus ingens
sana facit. spectant subeuntem fata mariti
Alcestim, et similis si permutatio detur,
morte viri cupiaut animam servare catellae.
occurrent multae tibi Belides atque Eriphylae
mane, Clytaemnestram nullus non vicus habebit.
hoc tantum refert, quod Tyndaris illa bipennem
iusulsam et fatuam dextra laevaque tenebat,
645
650
655
647 nocentera pco 648 rabiem iecur inpendere P 652 fata ^Jw.
et fata P 666 clytemestram P
641 sq. ttine — tune: die Epana-
diplosis ohne Verbum {necasti) stei-
gert die Entrii^tung, vgl. 1, 89. —
septevi: ahnlich ruft Medea bei
Senec. 962 iitinmn superbae turba
Tantalidos (der Niobe) «?eo exisset
utero bisque septenos parens gnatos
tulissem.
644 Medea und Progne {TJQO-Avri)
oder Tereus waren beliebte Stoffe
der Tragiker. . So wissen wir von
einem Tereus des Sophokles, Phi-
lokles und Accius, von einer Medea
des Neophron, Euripides, Ovidius,
Seneca, Maternus und Bassus.
647 Verg. V 6 notum ftirens quid
femina possit. Ihr Zorn ist unauf-
haltsam, wie ein Bergsturz, wie
ein elernentares Ungliick.
648 Uber iecur rabies incendit
vgl. zu 13, 14.
650 Die Seite des Berges weicht
zuriick unter dem heriiberhangen-
den Gipfel. Wenn der Berggipfel
sich heriibemeigt und herabzu-
stiirzen droht, so scheint im selben
Augenblick die Seitenflache des
Berges gewissermafsen zuriickzu-
treten.
652 sana 'kalteu Blutes', con-
sulto et cogitata oder meditata, im
Gegensatz zum furor, der insania
oder perturbatio animi.
653 Alcestim, die wegen ihrer
Gattenliebe und Aufopferungsfilhig-
keit sprichwortlich war, Mart. IV 75
nec minor Alcestin fama sub astra
ferat. Aufser dem Drama des Euri-
pides hatten die Romer eine Be-
arbeitung des Laevius, Gell. XIX 7
cum aptid mensam audissemus legi
Laevi Alctstin.
655 Die Danaiden {Bdides nach
ihrem Grofsvater genannt) und
Eriphyle, die Gattin des Amphia-
raos, sind typische Beispiele der
Verraterei und des Gattenmordes,
Horat. III 11, 25 audiat J.yde sce-
lus etc.
656 mane, nachdem sie ebeu erst
in der Nacht den Mord vollbracht,
vgl. 312 tu caUas luce reversa con-
iugis urinam magnos visurus amicos.
— Die Fatura occurrent und hdbebit
sind kondicional: wenn es so weiter
geht, wird, was jetzt vereinzelt
vorkommt, alltaglich.
140
IVVENALIS
at nunc res agitur tenui pulmone rubetae —
sed tamen et ferro, si praegustabit Atrides
Poutica ter victi cautus medicamina regis.
660
IVVENALIS
SATVRARVM
LIBER TERTIVS
SATVRA VII
Et spes et ratio studiorum in Caesare tantum.
solus enim tristes hac tempestate Camenas
660 praegustarit S (-aret poj)
VII 2 ac P
659 tenui, fein, unmerklich; zur
Saclie vgl. 1, 70.
660 Atricles heifst der vornehme
dominiis, weil er, wie Agamemnon,
von der doniina ermordet wird.
661 medicatnina = aAs^tqpapftaxa,
Mart. V 76 profecit poto Mitliri-
dates saepe veneno, toxica ne possent
saeva nocere sibi, vgl. Juv. 14, 252.
Mithridates wurde dreimal, d. h.
von Snlla, LucuUus und Pompejus
besiegt. Der Feldzug des Murena
war zu unbedeutend, als dafs er
hier von selbst verstanden werden
konnte.
Sat. VII.
Die Satire behandelt die traurige
Lage der Dichter und Litteraten
in Rom. Die Zeit ihrer Abfassung
ist nicht bekannt. Es ist abor un-
verkenubar, dafs der Dichter zwei
Perioden unterscheidet. Erstens hebt
er die Gegenwart hervor, die wenig-
stens dureh die Teilnahme des Kai-
sers fiir die Dichter troBtlicher zu
werden verspricht (V. 1 — 3), und
dieser Gegenwart stellt er die
niichste Vergangeuheit gegenijber,
die auch den besten und gefeiert-
sten Dichtern nur bittere Not und
Enttauschunggebrachthat(V.3 — 7).
Diese Vergangenheit kann nur die
Regierungszeit Domitians sein, in
der angesehene Dichter wie Statius
und Martialis lebten, die aber end-
lich arm und enttauscht Rom ver-
lassen mufsten, Statius ira J.- 94/95,
Martialis im J. 98. ' Uberhaupt hat
es sich ja Juvenal zur wesentlichen
Aufgabe gemacht, die Zeit Domi-
tians zu schildern (1, 171), und da-
bei zugleich die Zustande der Gegen-
wart zu beleuchten. Demnach ist
es mehr als wahrscheinlich, dafs
in dem V. 1 erwahnten Caesar der
Kaiser Trajan zu verstehen ist. An
Hadrian zu denken ist schon darum
uumoglich, weil in keiner Satire
Juvenals ausdrvicklich auf die
Sittenzustande unter jenem Kai-
ser Bezug genommen wird, wenn
man nicht ganz allgemeine Klageu,
wie sie in Sat. XIII und XIV aus-
gesprochen werden, hierher ziehen
wiU. Es ist darum auch wahr-
scheinlich, dafs die siebente Satire
noch unter Trajan verfafst ist. Mit
der Klage Juvenals stimmt Mart.
III 38 vollkommen liberein.
1 — 97: Die trostlose Lage der
Dichter.
1 s^ws und ratio, Hoffnuug und
Berecbnung, verniinftige Hoffnung,
sind synonym, deun wie V. 30 spes
nulla ulterior gesagt ist, so heifst
es 4, 20 est ratio ulterior. — in
Caesare, sc. est oder posita est.
2 sq. Wie die Dichter, so trauern
LIBRI III SATVRA VII
141
respesit, cum iam celebres notique poetae
balueolum Gabiis, Romae conducere furnos
temptarent, nec foedum alii uec turpe putarent
praecones fieri; cuni desertis Aganippes
vallibus esuriens migraret in atria Clio.
nam si Pieria quadrans tibi nullus in umbra
ostendatur, ames uomen victumque Machaerae
et vendas potius, commissa quod auctio vendit
stantibus, oenophorum tripodes armaria cistas
Alcithoeu Pacci, Thebas et Terea Fausti.
10
4 corducere foruos P
theon P
9 amens P utcumque P
12 alci-
die Camenen, die romischen Musen,
beide fiihlen sich vereinsamt und
verlassen, vgl. 3, 16 et eiectis men-
dicat silva Cavienis. Der Kaiser
ist der einzige, der bis jetzt eineu
Gnadenblick auf sie geworfen hat
{respcxit): respiccre heifst einen
frenndlichen Blick auf solchewerfen,
die verschiimt zur Seite stehen und
nicht hervorzntreten wagen.
4 halneolum Gahiis, denn in Rom
wiirde ein solches Unternehmen zu
viel Vermogen erfordern. In Rom
konnte ein Dichter hochstens einen
Backofeu zu mieteu hoffen. Bad und
Backofen wurden oft von solchen
aufgesucht, die sich erwiirmen woll-
ten, Hor. ep. I 11, 12 nec qui frigus
coUegit, furnos et halnea laudat ut
fortitnatam plene pracstantia vitam.
6 praecones, Auktionator, Aus-
rufer, ein Gewerbe, das in Rom
mifsachtet, aber doch mitunter sehr
eintraglich war, ilart. V 56 si duri
puer ingeni videtur , praeconem fa-
cias vel architectum , dann gewinnt
er eine ars pecuniosa, und VI 8 er-
halt ein praeco als Bewerber um
ein Madchen sogar vor Pratoren
und Tribnnen den Vorzug. — Aga-
nippe ist eine Musenquelle am Heli-
kon in Bootien; unter vallcs Aga-
nippes ist das romantische Thal zu
versteben, welches die Quelle durch-
fliefat. Hier war ein Heiligtum Apoi-
los und der Musen.
7 Clio .steht fiir den Dichter, wie
V. 2 tristes Cainenae. — atria, sc.
auctionaria , von Privaten, die aus
der Versteigerong von Privatgiitern
oder Trodlerwaren ein Geschiift
machten, Versteigerungshallen. Cic.
p. Quint. 12 und 25 nennt z. B. atra
Licinia, nach dem Namen eines
solchen Auktionators.
8 Pieria in umhra, 'im Musen-
hain', Mart. IX 84 haec ego Pieria
ludeham tutus in umhra, Hor. ep.
II 2, 77 scriptorum chorus omnis
amat nemus et fugit urhes, rite cliens
Bacchi somno gaudentis et umhra.
9 ames = dya7i(p7]g dv , magst
du dich lieber bescheiden, kannst
du sogar schiitzen. — Machuera
{(iccxccLQa) ist unbekannt; nach dem
Zusammenhang scheint er der In-
haber eines atrium auctionarium
gewesen zu sein.
10 commissa auctio ist nicht die
zur Versteigerung anvertraute Ware,
sondern die dem praeco iibertragene
Versteigerung selbst.
11 oenophorum, zii 6, 426. — ar-
maria, 'Schranke' fiir Kleider, Bii-
cher, Geld und Wirtschaflsgegen-
stiinde.
12 Die Dichter Paccius und Fau-
stiis sind nicht bekannt. — Alcithoe
(AXv.aQ^ori) war Tochter des Minyas
in Orchomenos, Schwester der Leu-
kippe und Arsippe. Als dem Dio-
nysos zu Ehren alle Frauen uud
Jungfrauen auf den Bergen umher-
schwarmten, blieben sie allein in
emsiger Arbeit zu Hause und wur-
den deshalb von Dionjsos in Fleder-
mause verwandelt, Ov. m. IV 1—40.
390 sq. tJber Tereus vgl. 6, 644,
Alcithoe und Tereus waren Tra-
godien, dagegen deutet Thehas auf
142
IVVENALIS
hoc satius, quam si dicas sub iudice *vidi'
quod non vidisti: faciant equites Asiaui,
quamquam et Cappadoces, faciant equites Bithyni,
altera quos nudo traducit gallica talo.
nemo tamen studiis indignum ferre laborem
cogetur posthac, nectit quicumque canoris
eloquium vocale modis laurumque momordit.
hoc agite, o iuvenes. circumspicit et stimulat vos
15
20
15 equitesque Pco corr. W 16 gallia pm 18 cogitur P ca-
nores P 20 vel nos superscr. p
eine Thebais, also auf ein grofseres
Epos hin. Die verzweifelten Dich-
ter verkaufen ihre grofsen W^erke
als Makulatur. Oder ist es ein
Seitenhieb auf Dichter deren Werke
das Publikum am liebsten zum Trod-
ler tragt?
13 suh iudice, zu 4, 12; iihnlich
15, 26 solus enim haec Ithacus nullo
sub teste canebat. — 'vidi\ wie
16, 30.
14 sq. faciant, sc. das Ablegen
falscher Zeugnisse, ist konzessiv,
ebenso wie faciant equites Bithyvn.
Dazwischen tritt die hohnische Be-
merkung quamquam et Ca^^padoces,
sc. faciant, denn die Kapj)adokier
standen in dem allerschlitrimsten
Iluf und wurden alle fvir Sklaven
angesehen, Anth. Pal. XI 23S Kaitna-
doTiai (pavloi, ^sv dsi, ^avrjg dl tv-
j^ovrsg (d. h. im Kriege) q)avX6xEQ0i,
■KSQdovg d' sivs-Ka cpavloraroi. rjv
d' aQK dlg ■aai r^lg ^sydlrjg dQa-
^oovtai aTzrjvrjg, Srj rors yiyvovrav
ipavlsmcpavXorazoi. — Zw quamquam
im abgekiirzten Neben od. Zwischen-
satz vgl. 6, 199 quamquam et Car-
popJtoro, sc. mollius {dicas).
16 altera gallica ist der in Gallia
oltera verfertigte Halbschuh, wel-
cher aus einer dicken Sohle be-
stand, am Rande mit einem nie-
drigen Stiick Leder verseheu und
mit Riemen am Fufse befestigt war,
vgl. Gelt. XIII 22, 5 omnia enim
ferme id genus, quibus pilantarum
calces tantum infimae teguntur, ce-
tera prope nuda (daher mido talo)
et teretibus habenis vincta sunt, 'so-
leas'' dixerunt, nonnumquam, voce
Graeca 'crepidulas\ 'Gallicas' au-
tem verbum esse opinor novum, non
diu ante aetatem M. Ciceronis usur-
pari coeptum, itaque ab eo ipso
positum est in sccunda Antoniana-
rum (§ 76): cum gallicis , inquit, et
lacerna cucurristi. Ob dieser Schuh
in Gallia transalpina oder in 6a-
latien verfertigt und deshalb gallica
altera benannt worden ist, ist nicht
festzustellen, Jedenfalls erregte die
gallica bei einem Ritter in Rom
Aufsehen und machte ihn liicher-
lich, daher traducebat, vgl. zu 2, 159.
Provinzialen erlangten nicht selten
in Rom die Ritterwvirde. Gegen
diese Eindringlinge, besonders aber
gegen die Orientalen hatten die
Romer die starkste Antipathie.
18 posthac, fernerhin, da der
Kaiser die echten Dichter wieder
begiinstigt.
19 eloquium vocale, melodische,
wohlklingende Worte; anders 13, 32
Faesidium laudat vocalis agentem
sportula, doch ist diese Verbindiing
absichtlich komisch. Komisch ist
der Zusatz laurum momordit; er
bezieht sich auf die Sitte, dafs
die Dichter sich mit dem Epheu
des Bacchus bekranzten, um sich
dadurch iu heilige Begeisterung zu
versetzen. Mitunter bekriinzte man
sich auch mit dem Lorbeer des
Apollo, Bentley zu Hor. III 30, 15.
20 sq. hoc agitc, rovxo nQarrsrs, dar-
auf sinnet, dem wendet Herz und
Sinn zu, ist wie liiiguis faverc eigent-
lich ein sakraler Ansdruck. Das
Gegenteil ist alias res {dllorQia)
agere, vgl. 48 nos tamcn hoc agi-
mus. — dux vom Kaiser, wie 4, 145
und schon Hor. IV 5, 6 lucem reddc
LIBRI III SATVRA VII
143
materiamque sibi ducis indulgeutia quaerit.
siqua aliunde putas rerum spectauda tuarum
praesidia atque ideo oroceae membraua tabellae
implentur, lignorum aliquid posce ocius et quae
componis, dona Veueris, Telesiue, marito,
aut clude et positos tiuea pertunde libellos.
frange miser calamum vigilataque proelia dele,
qui facis in parva sublimia carmina cella,
ut dignus venias hederis et imagine macra.
spes nulla ulterior; didicit iam dives avarus
tantum admirari, tautum laudare disertos,
ut pueri lunonis avem. sed defluit aetas
26
30
22 exspectanda co 23 crocea P corr. p 24 impletur ^)0) 27 ca-
lamum F: calamos jjco
tuae, diix bone, patriae. Stat. s.
V 2, 125 ergo aye, nam magni du-
cis indulgentia pidsat.
22 si qua aliunde tritt zu dem
Vorausgehenden in scharfen Gegen-
satz = nam si qua aliundc pu-
tas etc.
23 Das seltnere Neutrum mem-
brana fvir das iiblichere membranae
ist hier durch die daneben stehende
gleichlautende Genetivtorm croceae
tabellae veranlafst. Die tabella cro-
cea (von der Farbe des Holzes) ist
die Einfassung der meuibrana oder
der pugillares membranacei. Es ent-
spricht daher tabella crocea unserem
Einband. So wurde das Gedicht
dem Patron iiberreicht.
25 dona, opfere oder bringe dar,
lieber dem Vulkan, dem Gemabl
der Venus, als dem Patron, d. h.
wirf es lieber ins Feuer. — Tele-
sinus war ein epi.scher Dichter,
vielleicht der unter Domitian aus
Italien verwiesene Philosoph Luc-
cejus Telesinus, vgl. Teuffel, R. L.
319, 6.
26 pertunde, lafs zerfressen, vgl.
3, 207 et divina opici rodebant car-
mAna mures.
27 Mart IX 73 frange leves ca-
lamos et scinde {= .luv. 7, 177),
Ihalia libeUos. Ov. f. IV 109 car-
men vigilatum dicitur ad clausas
concinuisse fores.
28 parva cella, verachtlich von
einer armseligen Mietswohnung,
Mart. VIII 14 at mihi cella datur,
non tota clusa fenestra, wie unser
Loch.
29 venias, hervortrittst, erscheinst,
Verg. V 344 gratior pulchro ve-
niens in corpore virtus vgl. 184 und
185. — imagine macra, weil der
Dichter selbst Hungerleider ist. Die
Werke angesehener Dichter kamen
in die von August (28 v. Chr.) ge-
griindetete palatinische Bibliothek
mit der BiLste des Verfassers. Es
kann aber auch das epheubekranzte
Portrat des Dichters alsTitelkupfer
gedacht werden, wie z. B. Mart.
XIV 186 quam brevis immcnsum ce-
pit membrana Maronem! ipsius et
vultus prima tabella gerit. Er er-
scheint dessen wiirdig, wenn der
Verleger diese Ausstattung veran-
lallst hat.
30 dives avarus, wie 8, 49 nobi-
lis indocti, 9, 38 moUis avarus; das
Attribut {avarus) ist in diesen Bei-
spielen hj^othetisch.
31 disertus und facundus werden
in der silbernen Latinitat auch von
schriftstellerischerGewandtheit und
Stilfertigkeit gebraucht, vgl. 35.
32sq. [Tac.Jdia]. 10 quotusquisque,
cum ex Hispania vel Asia in urbem
venit , Saleium Bassum requirit?
atque adeo si quis requirit, ut semel
vidit, transit et contentus est, ut si
picturam aliquam vel statuam vi-
disset. — sed: eine Zeitlang geht
dies wohl, aber allmahlich verfallt
{defluit) die Jugendkraft, vgj. Nagels-
bach, Stil. 131,4. Hor. ep. II 1, 158
144
IVVENALIS
et pelagi patiens et cassidis atque ligonis.
taedia tunc subeuut animos, tuuc seque suamque
Terpsichoren odit facunda et nuda senectus.
accipe nunc artes. ne quid tibi conferat iste,
quem colis et Musarum et Apollinis aede relicta,
ipse facit versus atque uni cedit Homero
propter mille annos; et si dulcedine famae
succensus recites, Maculonis commodat aedes.
haec longe ferrata domus servire iubetur,
in qua sollicitas imitatur ianua portas.
35
40
38 ipsa P ipsae p
culosas S maculonus g
39 sed vel at vel aut s tu Hermann 40 ma-
sic horridus ille defluxit numerus
Saturniiis, verschwaud, horte auf
wie ein Strora zu fliefsen, Hor. qt^.
I 2, 42 dum defluat amnis. — Meer,
Helm und Hacke stehen fiir Schifts-
dienst, Kriegsdienst und Ackerbau.
34 subeunt, beschleicht, vgl. 14,
201 nec te fastidia mercis ulJius
subeant.
36 Dafs der Dichter, abgesehen
vom Kaiser, von den Grofsen keine
Hiilfe oder Belohnung zu erwarten
hat, ist bereits gesagt; vernimm
nun ihre Kniff^e und Schliche {artes),
die sie gegen den Dichter anwenden.
37 colis, als Klient. Er verlafst
selbst den Tempel des Apollo und
der Musen, um in der Gesellschaft
seines Patrons zu leben. Der Tem-
pel der Musen und des ApoUo ist
vyahrscheinlich die im templum no-
vum (am Abhange des Palatin und
in unmittelbarer Nahe der domus
Tiberiana) von Tiberius angelegte,
den Musen geweihte Bibliothek,
Mart. XI[ 3 iure tuo veneranda novi
]]eie (Anrede an das 12. Buch Mar-
tials) limina ttmpli, rcddita Pierio
sunt ubi tecta choro. Statt hier zu
arbeiten folgt der Klient seinem
Patron und verbringt damit seine
beste Zeit.
38 Wenn der Dichter ihm ein
Werk dediciert, so erwidert er die
Dedikatiou nicht mit einem ausehn-
lichen Geschenk, sondern mit einer
cigenen Dichtung, vgl. Mart. VH 46,
Stat. IV 9, 1 est sanc iocus iste,
quod libcllum misisti mihi, Crrype,
pro libello. urbanum tamen hoc po-
test videri, si posthac aliud mihi
remittes; nam si ludere, Grype, per-
severas, non ludis. licet ecce com-
putemus! Stat. IV 9, 53 sed valebis,
tantum ne mihi, quo soles lepore,
et nunc hendecasyllahos remittas.
Ja er diinkt sich dabei fast ein
Homer zu sein, dem er nur den
Vorzug des Alters und damit der
anerkannten Klassizitat einraumt,
vgl. Hor. ep. II 1, 20 sq.
39 et si: er erwidert deine Dich-
tung mit einem eigenen Gedicht,
und wenn du etwa eine Vorlesung
halten willst, leistet er dir nur das,
was ihm selbst kein Geld kostet.
40 sq. succensus, wie Verg. VII 496
laudis succensus amore. — Wenn
der Patron dem Dichter ein Haus
nicht etwa mietet {conduci^, son-
dern zur Verfiigung stellt {com-
modat), so mufs er Besitzer des
Hauses sein oder wenigstens das
Recht der freien Verfiigung dar-
iiber haben. Ihi ersteren Falle
miifste dann Maculonis aedes ^ein
Haus wie das eines Maculo' bedeu-
ten, im anderen Falle diirfte an-
genommen werden, dafs der Herr
eiuer Gesellschaft angehort, die das
Haus besitzt und zu solchen Zwecken
den Mitgliedern das Recht der Be-
nutzung eiuraumt. Uns ist von der
Sache und von der Persou eines
Maculo nichts bekannt, auch der
Name an sich ist ungewcihnlich und
auffallend. — Dieses Haus (Saal)
war seit langer Zeit {longe, wie
schon Hor. II 20, 4 ncque in terris
morabor longius) mit eisernen llie-
LIBRI ni SATVRA VII
145
scit dare libertos extrema in parte sedentis
ordiuis et magnas comitum disponere voces:
nemo dabit regum, quanti subsellia coustant
et quae conducto peudent anabatlira tigillo
quaeque reportandis posita est orchestra catliedris.
nos tamen hoc agimus tenuique in pulvere sulcos
ducimus et litus sterili versamus aratro.
nam si discedas, laqueo tenet ambitiosi
consuetudo mali; tenet insauabile multos
scribendi cacoethes et aegro in corde senescit.
sed vatem egregium, cui non sit publica vena,
45
50
46 anabitra P
geln verschlossen, und die Thiire
dieses Gemaches siebt ans wie ein
geaugstetes Thor, d. h. wie das
Thor einer vom Feinde belagerten
Stadt, das man mit Wagt-n und
Kisten ond Steinen verbarrikadiert
hat.
43 sq. Er sorgt auch fiir Beifall,
weil es ihm kein Gela kostet: scit
dare libertos et disponere comittim
voces. Die liberti sitzen extrema in
parte ordinis, d. h. nicht in der
Orcbestra, sondern am Ende der
fur das ubrige Publikum bestimm-
ten Reihe von Pliitzen. Er ver-
steht es ferner, die Stimmen seiner
Klienten (comitum), die vocalis spor-
tula, wie ein dux theatralium ope-
rarum (Tac. I 16) geschickt zu ver-
teilen.
45 sq. rerjum, der Herren, der Pa-
trone, zu 1, 1.36. Dial. or. 9 rogare
ultro et ambire cogitur, ut sint qui
dignentur audire, et ne id quidem
gratis: nam et domum mutuutur et
auditorium exstruit et subseUia con-
dxicit et hbellos dispergit. — Der
Aufbau oder das auditorium wird
V. 46 umschrieben: der Aufstieg
{uvd^ad^Qov) erhebt sich auf Balken,
wie ein auf schwachem Unterbaa
befindliches (pe^idetis) tahulatum.
Wei=e 199 versteht unter anuhathra
den hohen, kanzelartigen Sitz (pul-
pitum) fCir den vortragendea Dichter.
47 Da die Verbindung ponitur
aliquid uliqua re beispiellos ist und
der Grundbedeutung von ponere
widerspricht (orchestra posita est
kann nur heifsen: itt errichtet),
IWESA.LIS SaTVEAJE.
so mufs cathedris reportandis Dativ
sein: fur Sessel, die wieder zuruck-
gebracht wenlen miissen, naturlich
auf Kosten des Dichters.
48 hoc agimus, vgl. 20.
49 Sprichwortlich war litus arare
(bobus) von einer undankbaren Ar-
beit, Ov. her. 5, 113 und tr. V 4,
48. Es fehlt am Strand der er-
giebige Boden; deshalb i.st das
aratrum auch sterile, unergiebig,
undankbar, wie 203 sterilisque cathe-
drae, 12, 96 quis gaUinam impen-
dat amico tam sterili.
50 sq. nam si: wir machen uns
namlich davon nicht frei, denn
wenn man sich losmacbeu mochte,
hiilt einen die Gewohnheit des
leidigen Ehrgeizes (mali ist aber
Subst.) wie in einer Schlinge fest,
fest halt gar mancheu {multos) das
unheilbare Geschwur der Schreib-
sucht, d. h. die Schreibsucht wie
ein unheilbares Geschwiir, das mit
dem krankeuden Herzen alt wird.
52 y.uy.orj&rjg ist urspriinglich At-
tribut von Krankheiten, besonders
Geschwiiren, um sie als bosartig,
hartnackig oder tiefsitzend zu be-
zeichnen, Plin. h. XXII 132 item
ulceribus quae cacoethe (y.ay.or',&ri)
vocant oleum prodesse diximus, dann
wird cacoethes allein von jeder bos-
artigen und hartnackigen Krank-
heit gebraucht, Cels. V 28, 2 dis-
cernere cacoethes, quod curationem
recipit, a carcinomate (Krebs), quod
non recipit.
53sqq. sed kniipft an den Haupt-
gedanken in V. 49 an: litus sterili
10
146
IVVENALIS
qui riil expositnm soleat producere, iiec qui
communi feriat carmen triviale moneta,
hunc, qualem nequeo monstrare et seutio tantum,
anxietate carens animus facit, omnis acerbi
inpatiens, cupidus silvarum aptusque bibendis
fontibus Aonidum. neque euim cantare sub autro
Pierio thyrsumque potest contingere maesta
paupertas atque aeris inops, quo uocte dieque
corpus eget: satur est, cum dicit Horatius 'eulioe'.
qui locus ingenio, nisi cum se carmine solo
54 producere W: deducere Pco 63 quis pco
55
60
versamus aratro, unsere Arbeit ist
undankbar, wir arbeiten nur aus
krankhafter Gewohnheit, aber etwas
Grofses wird so nicht erreicht, den
grofsen Dichter macht erst die
sorgenfreie Erhebung zum Idealen.
— jmblica, gewohnlich, ordinar,
vfie hilufig in der silbernen Latini-
tat. Der Dichter besitzt eineMetall-
ader {vena, 9,31), daraus schmiedet
{producere wie 15, 166 = extendere
15, 168) er das Metall und gestaltet
es endlich zur schonen Miinze auf
dem Pragestock {ferire moneta). —
expositum, gewohnlich, verbraucht,
Quint. X 5, 11 voluptatem exposi-
tis dare, gewohnlichen Dingen Reiz
geben. Den Sinn Juvenals erkliirt
Hor. ep. II 3, 59 signatum prae-
sente nota producere nomen.
56 Juvenal verwendet ti'efFend
fiir seinen Zwek einen bekannten
Gedanken Ciceros, or. 23 recordor
longe omnibus unum anteferre De-
mosthenem, eumque unum adcommo-
dare ad eam quam sentiam eloquen-
tiam, non ad eam, quam in aliquo
ipse cocjnoverim.
57 anxietate carens, sorgenfrei,
harmlos, eigentlich frei von Druck
und Beengung {angere, angustiae).
58 impaticns, der nichts weifs,
erfahrt, wie inscius, sehr selten in
dieser Bedeutung. — aptus c. Dat.
(von apcre = alligare) , an eine
Sache gebunden, ihr ergeben, fiir
sie begeistert, wie Hor. ep. I 20, 24
praccanum, solibus aptum , Freund
der Sonnenwilrme, Pers. 2, 20 quis
potior iicdex, puerisve q^iis aptior
(^rbis, wer ist so voller Ilingebung?
Ahnlich ruft Maternus begeistert
(Dial. 13): me vero dulces Musae,
remotum a sollicitudinibns et curis,
in illa sacra liccosque insontis fe-
rant, in ihre heiligen Statten und
schuldlosen Haine, uud c. 12 secedit
animics in loca pjura atque inno-
centia fruiticrqtce sedibics sacris.
59 Da Bootien nach dem alten
Volksstanime der Aones (Ov. ra. I
313) von Dichtern Aonia genannt
wurde, so heifsen auch die Musen
von ihrer Heimat- Bootien Aonidts
(Ov. m. V 333). — sicb antro, in
der Grotte.
60 thyrsus (&vQ6og) ist der mit
Epheu- und Weinranken umwun-
dene Stab des Bacchus und der
Bacchantinnen, der Bacchusstab,
Hor. III 19, 8 euhoe parce Liber,
pccrce, gravi metuende thyrso. Der
Gott versetzt den Dichter ,in ein
ehrfurcht.svolles Schauern, dann in
freudige Aufregung und zuletzt iu
vollige Ekstase, Hor. IH 19, 5 euhoe,
recenti mens trepidat metu plenoque-
Bacchi pectore turbidum luetatur.
Diese Begeisterung umschreibt Juv.
vollstaudiger V. 64 sq.
62 egere gebraucht Juv. nur mit
dem Abi. oder Gcn. der Sache,
deren einer bedurftig ist, vgl. 229
gwae cognitione tribicni non egeat,
13, 97 mn cgct Anticyra, 15, 147
cuius egcnt prona et terram spec-
tanticc, entbehren, 14, 288 curatoris
eget; absolut steht es nur im Sinne
von egenus und im Gegeusatz zu
dives 14, 137 cum sit manifista
phrcncsis, ut locuj^Ies moriaris, egen-
tis vivere fato'^
63 ingenium ist die dichterische
Ertinduugskraft, die Pbantasie, wie
LIBRI III SATVRA VII
147
vexant et domiuis Cirrhae Nysaeque ferimtur
peetora vestra duas nou admittentia curas?
maguae meutis opus uec de lodice paranda
attonitae, currus et equos faciesque deorum
aspicere et qualis Kutulum coufuudat Erinys.
nam si Vergilio puer et tolerabile desset
hospitium, caderent omnes a criuibus hydri,
surda nihil gemeret grave bucina: poscimus, ut sit
non miuor antiquo Rubrenus Lappa cothurno,
cuius et alveolos et laenam pignerat Atreus?
non habet infelix Numitor, quod mittat amico:
65
70
66 ne de lode P codice S corr. pco
Hor. s. I 4, 43 ingenium cui sit,
cui nmis divinior atqne os magna
sonaturum, des nominis huius {poc-
tae) honorem. Die Phantasie kann
aber uichtPlatz greifen, kann nicht
andauern iJocus non est), wenn der
Enthusiasmus gestort wird durch
Sorgen; schon Lucil. 26, 27 (M.)
sagt: doloribus conftctum corpiis
animo ohsistcre, der Dichter bedarf
der animi alacritas, deren Gegen-
teil die maestitia ist, Cic. Qu. fr.
III 5, 4.
64 dominis ist Abl. , vgl. 1, 13.
— Der Beherrscher von Cirrha ist
Apollo, 13, 79 Cirraei spicula vatis;
zu Nysa in Thrakien (Hom. IL
VI 133 Kttz' rjycc&tov Nv6i'iiov sc.
oQoq) wurde Dionysos von den Nym-
phen erzogen.
66 magnaementis, erhabenerGeist,
divinae mentis, ideale Begeisterung,
Verg. VI 11 viagnam cui mentem
animumque Delius inspirat vates.
— de lodice, zu 6, 105.
67 attonitac, bekiimmert, opp.
laetus, 13, 194 quos diri conscia
facti mens habet uttonitos.
68 Sinn: -wenn er ein Dichter
werden will wie Vergil. currus et
equos ist mit deorum zu verbinden:
Gotterwagen (z. B. des Neptun im
I. Buch) und Gottergestalten, dann
die beriihmte Schilderung der Er-
regung der Latiner uud liutuler,
besouders dea Turnus zum Kampfe
gegen die Trojaner durch die Furie
AUekto (Verg. VII 323—460).
69 puer, Bedienung, vgl. 9,64— C 7.
70 hospitium, Wohnung, vgl. 3,
166. Ahnlich urteilt Mart. VIII 56
sint Maecenates, non dcrunt, Flacce,
Marones, Vergiliumque tibi vel tua
rura dabunt. lugera x>^^'^^^^'^^^
miserae vicina Cremonae, flebat et
abductas Tityrus aeger oves: risit
Tuscus eques paupertatemque ma-
lignam reppulit ct celeri iussit ah-
ire fuga.
71 Verg. VII 511 at saeva e spe-
culis tetnpus dea nacta nocendi ar-
dua tecta petit stahuli ct de culmine
summo pastorale canit signum cor-
nuque recurvo Tartaream intendit
vocem, (pxa protinus omne contre-
muit nemus et silvae insonuere pro-
fundae. — poscimus ut, zu 5, 112.
Durch die betonte Stellung wird
poscimus Trager des Gegensatzes:
Bei Not und Mangel ist ecbte Poesie
unmoglich, und doch stellen wir
an die armen Dichter unserer Zeit
die hochsten Anforderungen, wilh-
rend niemand daran denkt, ibnen
ein sorgenfreies Leben zu schaffen.
72 liubrenus Lappa ist unbe-
kannt.
73 tdveoli, eigentlich tiefe Teller
(5, 88), steht bier fiir Speisegerat
oder Tischzeug iiberhaupt, wie Jaena
(3, 283) fiir Kleidung: er mufs selbst
das Notwendigste verpfiinden oder
versetzen {pignerare fiic das ge-
wohnlicherc oppignerarc), wahrend
er an seiner Tragodie Atreus ar-
beitet.
74 ^MmiYor, der hochadlige Aristo-
krat, ist vitlleicht der;.elbe, welcher
8, 93 erwiibnt wird; es erhalt dann
10*
148
IVVENALIS
Quintillae quod donet, liabet; nec defuit illi,
unde emeret multa pascendum earne leonem
iam domitum; constat leviori belua sumpta
nimirum, et capiunt plus intestina poetae.
contentus fama iaceat Lucanus in hortis
marmoreis, at Serrano tenuique Saleio
gloria quantalibet quid erit, si gloria tantum est?
curritur ad vocem iucundam et carmen amicae
Thebaidos^ laetam cum fecit Statius urbem
promisitque diem; tanta dulcedine captos
afficit ille animos, tantaque libidine volgi
75
80
85
75 quintilae P 79 taceat P 80 salero P salino
infelix (zu 10, 169) noch mehrBitter-
keit: Er hat in der Provinz ge-
raubt und gepliindert und von dem
Gut nicht etwa einen armen Klien-
ten unterstiitzt, aber wohl es an
amicae verschleudert, vgl. 3, 133 sq.
75 Auch fiir andere kostspielige
Liebhabereien hatte er Geld. Be-
kannt ist des Statius Gedicht (s. II 5)
auf den Tod des geziihmten Lowen.
78 nimirum, ironisch: freilich eine
Bestie kostet weniger und ein Dich-
termagen fafst mehr als ein Lowen-
magen! Nimirum zur Stutze der
Indignation oder Ironie des Dichters
auch 2, 104 und 10, 248.
79 sq. Wenn der Dichter reich ist,
wie Lucanus, dann kann er mit dem
Ruhme sich begniigen (zu iaceat
vgl. 1, 136), ist er aber arm, so
reicht der Ruhm nicht aus, da er
nicht davon leben kann. — hortimar-
morei sindentwederParkanlagen mit
marmornen Saulenhallen oder auch
Garten mit wertvoUen Marmorsta-
tuen (Plin. ep. VIII 18, 11); ilhn-
lich ist 4, 112 die villa marmorca
des Cornelius Fuscus. tjber das Ver-
mogen des Annaeus Mela und seines
Sohues Lucan vgl. Tac. XVI 17.
— Qnint. X 1, 89 Serranum con-
summari mors immaiura non passa
est; puerilia tamen eius opera et ■
maximum indolem ostendunt et ad-
mirabilem praecipue in aetate illa
recti generis voluntatem. — Den
Saleius Bassus nennt Julius Secun-
dus im Dial. 5 absolutissimiim, und
Aper ibid. 9 egregium pottam; er
erhielt eine Unterstiitzung von Ve-
spasian. Quintil. X 1, 90 sagt von
ihm: vehemens et poeticum ingenium
Salei Bassi fuit nec ipsum senec-
tute maturuit. — tenuis, arm, wie
8, 120 cum tenuis nupcr Marius
discinxerit Afros.
82 vox iucunda, der melodische
Vortrag; das Organ des Dichters
(vgl. 11, 182) wird auf sein Werk
ubertragen. — amieae, beliebt, d. h.
sie ist schon oft und gern gehort
worden und erscheint als gute Freun-
din immer wieder, auch hier ist
das Epitheton vom Dichter auf sein
Werk ubertragen.
83 P. Papinius Statius aus Nea-
pel lebte um das J. 45 — 96. Er ist
der begabteste Dichter der Zeit Do-
mitians, aber in der Form, oft zu
gewahlt und gekiinstelt. Am an-
ziehendsten sind seine vermis hten
Gedichte, die er Silvae (5 Biicher)
geuannt hat. Aber sein grofstes
Werk ist die Thebais, ein Epos iu
12 Biichern; unvollendet blieb seine
Achilleis. An der Thebais arbeitete
er 12 Jahre, 80—92.
84 sq. promittere, wie dare {x«Qi-
^sa&ccL), diem oder noctem, oft vou
der Gewilhrung einer Gunst: eineu
schonen Tag (durch eiue Vorlesung)
in Aussicbt stellen, zusagen, hier
= ankiindigen (durch dispcrsi li-
belli). — dalcedine captos afficit,
nicht dulcedine afficit, mit solchem
Entziicken begeistert und beberrscht
{afficit) er sein Publikum, vgl. Cic.
or. I 87 uti ci qui audirciit sic ad-
ficcrentur animis, ut eos affici vellet
orator, also = movet, impcllit. Es ist
LIBRI III SATVRA VII
149
auditur; sed cum fregit subsellia versu,
esurit, intactam Paridi iiisi veudit Agauen.
ille et militiae multis largitur houorom,
semeustri digitos vatum circumligat auro.
quod nou daut proceres, dabit histrio. tu Cameriuos 90
et Baream, tu nobilium magua atria curas?
praefectos Pelopea facit, Philomela tribuuos.
89 semen strigidos vastum P. semenstri ciim pnoribns copulavit
Moinmsoi. vatum digitos co aero P
dieselbe Fiille des Ausdrucks, wie
8, 145 tcmpora Santoxico relas ad-
operta cuculJo d. h. adoperis et ve-
las; verschieden ist 15, 146 sensum
a caehsti dcmissum traximus arce,
15, 155 tutos vicino limine somnos
ut conlata daret fiducia. — libi-
dine, Lust, Begeisterung, Sall. lug.
84, 4 tanta lubido cum Mario eundi
plerosque inraserat.
86 sq. frcgit, v.enn er die Banke
schier gebrochen, d. h. erschiittert
hat, vgl. 1, 13 assiduo ruptae lec-
tore columnae; ahnlich Mart. IV 8
imperat extructos frangere nona
toros, 9 Uhr giebt das Zeichen sich
zu Tische zu lagem, II 59 frange
toros, pete vina. — Agaue, Schwester
der Semele, gehgrt dem bacchischen
Mythenkreis an. Um Geld zu ver-
dienen, dichtete Statius einen ini-
mus {fabula saltica) und verkaufte
ihn dem Pantomimen Faris zur
Darstellung. Agaue wird komisch
'jungfraulich' genannt, da man anch
carmen intactum sagte, Stat. I 2, 238
iam dudum poste reclinis quaerit
Hymen thalamis intuctum dicere
carmen, III 1, 67 Fieridum flores
intactaque carmina discens, Claud.
XX 364 his tiecdum commissa choro
cantatur Agaue. Ein Pantomime
Paris lebte unter Nero und wurde
im J. 67 hingerichtet; ein zweiter
Paris war an dem Hofe Domitians
einflufsreich (vgl. 6, 87), dieser liefs
ihn aber auf ofiener Strafse er-
morden, weil er in der Gunst seiner
Gemahlin stand. Mart. XI 13 (ediert
Dez. 96) riihmt sein Grabmal {no-
bile marmor) an der via Flaminia
und sagt zuletzt: Bomani decus et
dolor theatri atque omnes Veneres
Cupidinesque hoc sunt condita, quo
Paris, sepulchro.
88—92 Digression: Ja der Tan-
zerverleihtsogarmilitilrische Ehren-
stellen und die Ritterwiirde. Dem
Adel die Aufwartung zu machen
ist Thorheit, wo Pantomimen mili-
tarische Wiirden gewahren. Erst
V. 93 kniipft an 87 an.
89 Die Priifekten einer Kohorte
(der Bundesgenossen) oder die Tri-
bunen in der Legion waren selten
altgediente Soldaten, die mit dem
goldenen Ring die romischc Ritter-
wiirde erhielten; meistens waren es
junge Miinner aus vornehmen Hau-
sern, die mit dem Militartribunat
ihren Kriegsdienst oder ihre poli-
tische Laufbahn begaunen, tribuni
laticlavii. Da deshalb der Zudrang
zu solchen Stellen sehr grofs war,
so wurde die Dienstzeit solcher
Tribunen, die sich dem Militar-
stande nicht zu widmen gedacbten,
auf sechs Monate ermafsigt. Daher
tribunatus semenstris bei Plin. ep.
IV 4, 2 und (der Ring) aurum se-
menstre, denn der anulus aureus
war das Dienstzeicben der Militar-
tribunen. Es erhielten also Dichter,
die den Ritterrang noch nicbt be-
safsen, durch Vermittelung desParis
den tribunatus semenstris und das
aurum semenstre, den anuhis aureus,
damit aber auch das ius anuli au-
rei auf Lebenszeit. Vgl. Marquardt
St.-V. II 368.
90 sq. dabit ist hypothetisches
Futur: eventuell. — Camerinos et
Baream, d. h. Miinner der hochsten
altadligen Aristokratie. Die Came-
rini gehcirten zur gens Sulpicia,
Barea zu den Servilii, vgl. zu 3, 116
und 8, 88.
92 1'elopea, Philomela, d. h. Men-
schen, die im Ballett solch unziich-
tige RoIIen spielen. nslonsiu -var
150
IVVENALIS
haud tameu invideas vati, quem pulpita pascunt.
quis tibi Maecenas, quis nunc erit aut Proculeius
aut Fabius? quis Cotta iterum, quis Lentulus alter?
tunc par ingenio pretium; tunc utile multis
pallere et vinum toto nescire Decembri.
vester porro labor fecundior, historiarum
scriptores? perit hic plus temporis atque olei plus.
nullo quippe modo millensiraa pagina surgit
omnibus et crescit multa damnosa papyro;
sic ingens rerum numerus iubet atque operum lex.
95
100
93 invidia sua a*t {ftiit aut) P 99 petit co
die Tochter des Tbyestes und durcli
ihren Vater Mutter des Agisthos.
Philomela, Schwester der Procne,
wurde Yon ihrera Schwager Tereus
geschandet und der Zunge beraubt.
93 invideas, verargen; zu pul-
pita (Biihne) vgl. 3, 174.
94 Proculeius war der Bruder der
Tereutia, der Gattin des Miicenas,
der Hor. II 2 gepriesen wird wegen
seiner hocbherzigen und selbstlosen
Gesinnung.
95 Fabius Maximiis war der Gon-
uer Ovids, ebenso Valerius Cotta
Messalinus, der Sohn des Redners
Valerius Messala Corvinus. — Unter
ieniMZMS istwahrscbeinlichCornelius
Lentulus Gaetulicus zu verstehen,
vgl. zu 8, 26.
97. Urspriinglich auf den 19. De-
zember beschrankt, aber schon im
letzten Jahrhundert der Republik
auf sieben Tage ausgedehnt (septem
Sahirnalia) war das Saturuusfest,
der altroiuische Karneval. In dieser
Zeit lebten alle in Saus und Braus,
aber scbon Horaz zog sich sohrius
aus dem Getummel auf sein Giitcben
zuriick. Der arme Dichter arbeitet
auch in dieser Zeit und wird (lucu-
brando et vigilando) blafs {pallet).
Komisch steht hier pallere fiir dich-
ten, arbeiten, oflFenbar mit Anspie-
lung auf Hor. ep. I 19, 18 quodsi
pallerem cam, hiberent exsangue cu-
minum. Bei den jetzigen Dichtern
ist das pallere wegen der Not selbst-
verstandlich.
98 — 104: Ebonso armselig ist die
Lage der Historikcr. Dafs dieser
Abschnitt nur ein Zusatz zu dem
vorausgehenden sein soU, und die
Geschichtscbreiber mit den Dich-
tern zu einer Klasse vereinigt ge-
dacht werden, zt-igt V. 105 genus
ignavum, was sich auf Dichter und
Historiker bezieht.
99 x>erit, wie Mart. II 1 at nunc
succincti quae sint hona disce U-
helli: lioc priimim est, hrevwr quod
milii charta perif, mit Anspielung
auf das Sprichwort et oleum et ope-
ram perdere Plaut. Poen. I 2, 119,
Cic. Att. II 17, 1 ne et opera et
oleum pliilologiae nostrae perierit.
CatuII. 14, 11 non dispereunt tui
labores, unbelohnt bleiben.
100 nuUo modo, ohne Mafs und
Grenze, die doch jede Dichtung be-
schranken mufs, hebt die tausendste
Seite an, gelangen alle bia zur
tausendsten Seite, Pers. 5, 20 pul-
latis ut miJd nugis pagina turge-
scat dare pondus idonea fumo, Ov,
am. I 1, 17 cum bene surrexit versu
nova pagina primo; und das Werk
wachst kostspielig aii, d. h. wird
kostspielig, wachst ins Geld, wie
14, 4 damnosa alea, Hor. s. II 8, 34
damnose bibimus d. h. drsmnosa siti
hibimtis oder damnosis {maioribus)
pocuUs.
102 numerus, Reihe, Masse der
■Thatsacben. — operum lex, das
Gesetz oder das kiiustlerische Er-
fordernis solcher Arbeiten, wie Hor.
ep. II 3, 135 pudor vettt aut operis
lex, wilbrend Hor. s. II 1, 2 ultra
legem tenderc opus nur das Straf-
gesetz verstanden werdeu kann.
Lllilil 111 yAlVKA Vll
151
quae tamen iude seges? terrae quis fructus apertae?
quis dabit historieo, quautum daret acta legeuti?
*sed genus ignavum, quod lecto gaudet et umbra.'
dic igitur, quid oausidicis civilia praestent
officia et maguo eomites in fasce libelli.
ipsi magna sonant, sed tum, cum creditor audit,
praecipue, vel si tetigit latus, acrior iilo
qui venit ad dubium grandi cum codice nomen.
tunc immensa cavi spiraut meudacia folles
conspuiturque sinus: veram deprendere messem
si libet, hiuc centum patrimonia causidicorum,
parte alia solum russati poue Lacertae.
105
110
105 ignavum est p 110 quid P 114 lacertae a: lacernae P
103 aptrtae, anfgerissen, gepflugt.
104 acta, so. diurna , das Tage-
bLitt. — legenti niufs wegen daret
in m" quis leijcret aufgelost werden:
was er eineni (oder ihm?) geben
wiirde, weun er ibm das Blatt vor-
lesen wurde. In Wabrbeit konnte
dies weder ein Klieut noch ein
Sekretar thun. Denn zura Vor-
lesen des Tageblattes batte man
Sklaven, oder man las es selbst.
Die Ehrengabe fiir deu Historiker
"wird nicht an einem festen Preis
(z. B. Gehalt eines Sekretars) ge-
messen, sondern nur mit der Wert-
schatzung einer gewohnlicben Skla-
venarbeit verglichen.
105 — 149: Nicht viel besser ist
die Lage des Rechtsanwaltes oder
Verteidigers.
105 ignavum hat zum Gegensatz
strenuum, da aber hier nur von
ignavia innerhalb des praktischen
Lebens die Rede sein kann, so ist
es fast 80 viel als unpraktisch. Der
Dichter erwidert: Nun gut, wollen
wir von den Stubenhockern, wie
du Dichter und Historiker nennst,
einmal abaehen: wie steht es denn
mit dem Bernf und Gewinn derer,
deren geistige Thatigkeit ihr als
Arbeit anerkennt?
106 sq. civilia offkia, der Dienst
vor Gericht. — libclli in magno
fasce comites ist der milchtige
Aktenbiindel, der .sie vor Gericht
begleitet, vgl. Hor. s. I 4, 65 Sul-
cius acer umbulat ct Caprius, rauci
male cumque libellis (der schrift-
lichen Klage). — Die causidici sind
Anwiilte in Civilsachen vor dem
Centumviralgericht, wiihrend die
meisten Kriminalprozesse im Senat
verhandelt wurden.
108 sqq. magna sonant, nehmen
den Mund recht voU, eigentlich
lassen gar Grofses vernehmen, vgl.
Hor. s. I 4, 44 os magna sonatitrum,
erhabene Worte. — sed, und zwar
am meisten {praecipue) dann, wenn
sie der Gliiubiger hort. In sed liegt
ein gewisser Humor wie 5, 147 sed
quales Claudius edit. Oder auch
wenn er ihn in die Seite stofst,
d. h. auf den Leib riickt, ihn mahnt,
noch hitziger, scbarfer als der Glilu-
biger, welcher mit dem Schuldbuch
(eodex) bei einem unsicher gewor-
denen Schuldner {ad dubiumnomen)
erscheint und zur Zablung mahnt.
Eine Geldschuld wurde dadurch
urkundlich, dafs der Glilubiger vor
Zeugen in sein Hansbuch eintrug:
ich habe fiir den Gajus so und so
viel ausgelegt, expensum tuli, Cic.
fam. IX 10, 1.
112 Das sinum conspuere geschah,
um eine schadlicbe Wirkung des
Selbstlobes abzuwehren.
114 Die Romer waren fiir die
Pferderennen im Cirkus leiden-
schaftlicb eingenommen (vgl. 11,
198). Es hatten sich darum ver-
scbiedene Parteien gebildet, die
factio albata, russata, veneta und
prasina, d. h. die weifa, rot, blau
uud griin gekleidete Partei. Wiih-
rend des Rennens nimrat das Volk
152
IVVENALIS
consedere duces, surgis tu pallidus Aiax
dicturus dubia pro libertate bubulco
iudice. rumpe miser tensum iecur, ut tibi lasso
figantur virides, scalarum gloria, palmae.
quod vocis pretium? siccus petasunculus et vas
pelamydum aut veteres, Maurorum epimenia, bulbi
aut vinum Tiberi devectum, quinque lagonae.
si quater egisti, si contigit aureus unus,
inde cadunt partes ex foedere pragmaticorum.
Aemilio dabitur, quantum licet, et melius nos
115
120
115 suvgis pa:
lalm petit a
surdis ut videtur P 122 contingit P 124 quanti
Partei fiir die Farbe. Die Spiele
veranstaltet der Prator, und in
seinem Dienste steben die aurigae.
Ein solcher war auch iaceyfa (Fried-
lander S.-Gr. II 289). Je nach dem
Siege mufs der Prator den auriga
belohnen, vgl. Mart. X 74 cum Scor-
pus (ein auriga) una quitidecim
graves liora ferventis auri victor
auferat saccos, d. h. Preise von
15 000 Sesterzen.
115 sqq. consedere duces (Ov. m.
XIII Anfang) vergegenwartigt uns
eine Gerichtsscece. Der Verteidiger
ist blafs, erregt wie bei Ov. Ajax
im certamen armorum. — pro liber-
tate, in einem Vindikationsprozefs.
— Der Richter ist ein ungebildeter
Mann (huhulcus), er hatte aber in
der Regel ein consiliiim um sich,
vgl. 16, 13. Der arme Verteidiger
mufs sich die Lunge ausreden, und
was ist der Lohn des todmiiden
Helden? Man schmuckt ihm die
Hausthiire, oder vielmehr, da er zur
Miete woimt, die zur Wohnung
fiihrende Treppe mit Guirlanden
{scalarum gloria). Der reelle Ge-
winn aber ist noch nicht ein pc-
taso (nszaGaiv), sondern ein peta-
sunculus, magerer Vorderschinken
(vgl. pcrna und laridum), ein Fafs-
chen Thunfische {7crjXcc(j.vs) die un-
seren Heringen eutsprechen, und
bulbi (Zwiebeln), die Kost, eigentl.
Monatsraten {snnirivicc) der Mauri,
oder auch {aut) fiinf Flaschen Griine-
berger (denn die Tiber herab kam
kein gnter Wein, der nur in Latium
und Campanien wuchs).
122 sq. Erfordert der Prozefs vier
actiones, dann erhalt er einen aureus
od. 25 Denare, d. h. 22Mark (Hultsch
Metrol. 239); und davon gehen noch
Prozente {partes) ab {cadunt) fiir
die pragmatici. Es sind dies juri-
stisch gebildete Rechtsbeistande,
die selbst nicht als Redner auf-
traten, sondern diese mit ihrem juri-
stischen Rate unterstiitzten, Quint.
XII 3, 4 qui velut ad arculas sedent
et tela agentibus subministrant, und
III 6, 59 erklart er TtQay^ccxLHOvg
(eigentlich sachkundige) mit iuris
interpretes.
124 Der Name Aemilius bezeich-
net hier einen Verteidiger aus vor-
nehmer Familie, der hohe Staats-
amter bekleidet und militarische
Ehren erlangt hat. Er erhalt fiir
seine Verteidigung quantum licet,
sc. dari, d. h. soviel als ihm gesetz-
lich anzunehmen erlaubt war, das
Maximum des zulassigen Honorars,
vgl. Tac. XI 5 (unter Claudius):
consurgunt patres legemque Cinciam
flagitant, qua cavetur antiquitus, ne
quis ob causam orandam pecuniam
donumve accipiat. . . . princeps capi-
endis pecuniis modum statuit usque
ad dcna sestertia (10 000 Sesterzen
= 100 aurei), quem egressi repetun-
darum tenerentur. Unter Trajan
kam die Bestimmung hinzu, dafs
vor gefiilltem Urteil nichts ange-
nommeu werden sollte. — et, 'nnd
doch', jdenn es werdin naQa tiqoo-
SoKLav zwei von Natur unverein-
bare Thatsachon dennoch verbun-
den, vgl. 1, 74 u. 13, 91.
LIBRI III SATVRA VII
egimus. huius euim stat currus alieueus, alti
quivdriiuges in vestibulis, atque ipse feroci
bellatore sedens ciirvatum hastile miuatur
emiuus et statua meditatur proelia lusca.
sic Pedo couturbat, Matho deficit, exitus hic est
Tongilii, maguo cum rhiuocerote lavari
qui solet et vexat hituleuta balnea turba
p^rque forum iuveues longo premit assere Maedos
empturus pueros argentum murrina villas;
spondet enim Tjrio stlattaria purpura filo.
et tameu est illis hoc utile. purpura vendit
153
125
130
135
130 Tongilii lalm: tongili P tongilli p(o
125 sqq. In dem Vestibulum steht
ein ehernes Viergespann, das auf
den Triumph eines Vorfahren hin-
deutet, Amilius selbst (ipse) besitzt
ein Reilerstandbild in kriegerischer
Haltung, mit dem einen geschlos-
senen (lusca) Auge nach dem Feinde
mit der Lanze zielend. Er mufs
also in einem Feldzuge eine Aus-
zeichnung gewonnen haben, vgl.
4, 112 meditaUir proelia. Er ist viel-
leicht ein bessererSoldat alsRechts-
anwalt. Denn dafs man Gerichts-
rednern fiir ihre Verdienste vor Ge-
richt Reiterstatuen errichtet hatte,
ist aus Mart. IX 68 und Dial. 8
oder 11 nicht zu erweisen.
129 sic kniipft an 123 wieder
an, denn der ganze Abschnitt 124
— 128 enthillt nur eine satirische
Digression. Weil der causidiciis so
eleudiglich belohnt wird, darum
verfallt Pedo, darum auch Matho
(1, 32. 11, 34) dem Bankerott.
Denn conturbare oder turbare (14,
94), eig. rem familiarem oder ra-
tiones, werden auch intransitiv im
Sinne von decoquere gebraucht, und
dasselbe ist deficere, 'zahlucgs-
unfahig werden', vgl. Cic. Planc. 68
verum fac me multis debere et in
eis Plancio: utrum igitur me con-
turbare oportet, an ceteris cum cuius-
que dies (Zahlungstermin) venerit,
huic cum urget nomen dissolvere:'
Fam. VIII 8, 2 M. Servilius omni-
bus in rebus turbarat.
130 sqq. Tongilius ist so wenig als
Pedo bekannt. Hier erst beginnt
der Gedanke: die causidici sind
gezwungen nach aufsen hin zu thun,
als wenn sie vermogend waren.
Tongilius bedient sich daher im
Bade einer grofsen Olflasche von
Nashorn, erscheint dort mit einem
grofsen Gefolge (vexat — svoxXsl,
wie 6, 420) und lafst sich iiber das
Forumineinerungewohnlichgrofsen
Siinfte tragen. Die thrakischen
Maedi dienen als Sanftentrager;
die Tragestangen {longo assere) wer-
den durch die Ringe der Sanfte
gesteckt. Tongilius verweilt nicht
unthiltig auf dem Forum , sondern
er lafst sich iiber dasselbe hin-
tragen, um in den Hallen wie ein
reicher Mann zu kaufen (vgl. G, 155
und Mart. IX 59), darunter mur-
rina, d. h. Gefafse aus murra, einer
Art Achat (vgl. 6, 155), die den
goldenen Gefafsen an Wert gleich
geachtet wurden. Unter deu pueri
hat man sich teure asiatische Skla-
ven,^w€n « cijat]io, zn denken. Aber
Geld hat er nicht, fiir ihn biirgt
der tiiuschende Purpur mit tyri-
schem Faden, aus tyrischem Stoff.
134 sq. stlatta war ein schnelles,
gewandtes Piratenschiff, quod variis
ludificationibus utitur. Wie dieses
die Reisenden auf dem Meere ab-
fiingt, so tauscht das Purpurgewand
die Begegnenden und besonders die
Verkaufer; moglich ist es, dafs
stlattaria geraubt, d. h. nicht be-
zahlt, durch List gewonnen be-
deutet, dann schliefst sich et tamcn
est illis hoc (dieses schwindelhafte
Leben) utile besser an.
154
IVVENALIS
causidicum, vendunt amethystina; convenit illi
et strepitu et facie maioris vivere census,
sed finem inpensae non servat prodiga Roma.
fidimus eloquio? Ciceroni nemo ducentos
nunc dederit nummos, nisi fulserit anulus ingens,
respicit haec primum qui litigat, an tibi servi
octo, decem comites, an post te sella, togati
ante pedes. ideo conducta Paulus agebat
sardonyche, atque ideo pluris quam Gallus agebat,
quam Basilus. rara in tenui facundia panno.
quando licet Basilo flentem producere matrem?
140
145
136 illi florilegium S. Galli et scheda Aroviensis, om. P: illis poi
145 clara P
136 amethystina, die vestes ame-
thystinae bestehen aus einem violet-
ten Piirpui-stoft", dessen Farbe Ahn-
lichkeit mit dem Amethyst' hatte.
— convenit, ist zntraglich, vor-
teilhaft, vgl. 10, 348 iiermittes ipsis
expendere numinibus, quid conveniat
nobis rebtisque sit utile nostris.
137 et strefitu, von dem Gerausch
des aufseren Auftretens, vgl. 131;
facie = specie, wie Gesicht fiir
Schein, Tac. h. H 54 intendebat
formidinem, quod publici consilii
facie disccssum llutina desertacque
imrtes forent {== essent).
138 Es ist vorteilhaft fiir deu
causidicus, sich den Anschein eines
reichen Mannes zu geben, aber lei-
der (sed) versteht das verschwende-
rische llom in den Ausgaben, d. h.
im Luxub nicht Mafs und Ziel zu
halten, — darum geht auch der
caMs/fZicws zuGrunde.— Besserstande
V. 138 vor 135, oder es mufs sed
in sic (wie 6, 120) geiindert werden.
139 fidimus eluquio? kaun au 137
ankniipfen, da i;^8 nur eine Neben-
bemerkung enthillt: auf grofsem
Fufs zu leben ist niitzlich, auf seine
Beredsamkeit darf niemand ver-
trauen, selbst wenn er ein Cicero,
das Nonplusultra rednerischer Ge-
wandtheit, wiire.
141 sq. In unserer Zeit sind fol-
gende Gesichtspunkte ijiaec) mafs-
gebend. — octo decem = octo decemve,
achtoder auch zehn, dennobderHerr
von mehr oder weniger Sklaven gc-
folgt uusgeht ist wiclitig, weil man
daraus auf sein Hauswesen und auf
sein Vermogen schliefsen kann. Es
mufs ferner ein Tragsessel {sclla)
folgen, in den der Herr einsteigen
kann, wenn er sich ermiidet fiihlt,
er mufs aber auch ein Gefolge von
Klienten haben {togati, zu 3, 127.
Mart. n 57 grex togatus), die ihrem
Herrn voranschreiten, wie die Lik-
toren oder viatores' dem Ma.giatrat,
und daher anteambulones heifsen,
Mart. n 18. HI 7.
143 sq. Paw/ws istunbekanntjsicher
ist er nicht mit dem 124 erwahn-
ten Aemilius identisch. Der arme
schlaue Paulus leiht sich (6, 352)
eiuen sardonyx {aaQSovv^), einen
Ring mit eiuem Karneolachat oder
iiberhaupt mit einem funkelnden
Edelstein, vgl. 6, 382. 13, 139.
144 sq. Gallusimdi Basilus sind un-
bekaunt, denu der 10,222 genannte
Basilus war ein betriigerischer Ge-
schaftsmann. — Nicht nur nach
dem Urteil des Volkes tritt die
Beredsamkeit selten im iirmlichen
Kleide {tenui panno) auf, nein in
Wirklichkeit sogar hat dieser Satz
seine Wahrheit, weil mau dem
armen Redner nur selten einen
wichtigen Prozefs anvertraut, non
licet etc.
146 Quint. VI 1, 30 non solum
dicendo, sed etiam faciendo quacdam
lacrimas movemus, unde et producere
ipsos, qni pcricliteidur, squalidos at-
qne deformes et liberos corum ac
parcntes institutum , et ab accusa-
toribus crucntum gladium ostcndi
LIBRl 11 r SATVRA VII
155
quis beue diceutem Basilum ferat? accipiat te
CuiUia vel potius uutricula causidicorum
Atrica, si placuit mercedem ponere liu»^uae.
declamare doces? o ferrea pectora Vetti, 150
cui perimit saevos classis numerosa tyrannos.
nam quaecumque sedens modo legerat, haec eadem staus
perferet atque eadem cantabit versibus isdem;
occidit miseros crambe repetita magistros.
quis color et quod sit causae geuus atque ubi summa 155
149 imponere to 151 cui laJin: cum Pco
et lecta e volneribtis ossa et vestes
sanguine pcrfusas vidcmus et vol-
nera resolvi, verberaia corpora nu-
dari. Selbst die antike Tragodie
kannte die Macht der oipig, Soph.
Ufd. 1237 xcov ds nQccx&ivrcov zu
ulv cilyiaz' unBOXiv 17 yccq oipig
ov naga.
148 Ga//jrt, vgl.214. 15,111 G^aZ/m
causidicos docuit facunda Britan-
)ios. In Nordafrika herrschte da-
nialsuud besonders ira2.und3.Jahr-
hundert ein reges geistiges Leben,
man denke an Fronto und Apu-
lejus, dann an Tertullian, Cyprian
nud Augustinus. Seneca und Quin-
tilian stamrnten aus Spanien.
149 vterccdem ponere festsetzen,
bestimmen, nicht wie in Rom sich
bestimmen zu lassen, also dasselbe
wie 8, 246 poscerc mercedes.
150 — 214: Die Undankbarkeit
gegen die Rhetoren.
150 Der tjbergang ist ahnlich
wie 98 gebildet und das neue die
Art der Tbatigkeit bestimmende
declnmare ( Redeiibungen halten)
vorangestellt. In der Kaiserzeit
wurde das declamare ausschliefalich
yon berufsmafsigen Rhetoren ge-
xibt, es kann daher den Beruf der
Rhetoren selbst bezeichnen. —
Vettius ist nicht weiter bekannt;
Plinius ruhmt als Rhetor seiner
Zeit einen Julius Genitor.
151 Der Dichtt-r erinnert an die
in den Schulen iiblichen xarr/yopiai
xvQciivvcov. Es sind uns nicht wenigev
als 21 Tbemata uber Tyrannen und
Tyrannenmord allein bei Seneca
Rhetor und Quintilian iiberliefert.
cui, denn er mufs es aushalten,
nur fiir ihn geschiebt es, statt des
logischen cuius classis. Diese selbst
ist zahlreich, numerosa wie 10, 105,
jeder Schiiler behandelt ein ahn-
liches Thema.
152 scdens legerat, sc. classis,
d. h. die Schiiler; legere ist = re-
citare, Plin. ep. VI 6, 6 sicuti in
scholis discipuli scdentes dc scripto
iegunt, staides declamant, ita qui
dicebant (pratores) stabant, qui re-
citabant, sedebant.
152 sq. haec pcrferct, vortragen,
ausfiihren, wie 6, 261 aspice quo
fremitti monstratos perferat ictus,
6, .391 stetit ante aram dictataque
verba pertulit ut mos est. — atque
'und dazu', wofiir wir unterordnend
sagen: indem sie ableiern {cantabit)
denselben Stoff, dieselben Gedanken
in denselben Zeilen (axixoi), d. h.
genau in derselben Form. — Die
versus entbalten den Satz- und
Periodenbau. Das Plusquamperf. in
V. 152 schildert die Handlung als
eben vollundet, das Futur 153 d^utet
an, dafs der Lehrer mit Bangen
und Sorgeu nunraehr des lang-
weiligen Vortrags harrt, der iiber
seinem Hanpte schwebt. In Ge-
wohnheitssiitzen steht in der silber-
nen Latinitat an Stelle des Praesens,
auch des Praesens historicum, im
Hauptsatz offc das bypothetische
(eventuelle) Fntur.
154 Suid. d~f? yiQcca^ri &(xvccx0g,
aufgewilrmter Kohl.
155 color (xQafia) ist das Cha-
rakteristische, per omnem orationem
aeciuabiliter fusum, aber nicht der
oratio, sondern der causa, des zur
VerhandiunggestelltenRechtsfalles.
Mit cjenus causae verbunden be-
zeichnet es die consiitutio causae.
156
IVVENALIS
quaestio, quae veniant diversae forte sagittae,
nosse volunt omues, niercedem solvere nemo.
'mercedem appellas? quid enim scio?' ^culpa docentis
scilicet arguitur, quod laeva parte manlillae
nil salit Arcadico iuveni, cuius mihi sexta
quaque die miserum dirus caput Hannibal implet,
quidquid id est de quo deliberat, an petat urbem
a Cannis, an post nimbos et fulmina cautus
circumagat madidas a tempestate cohortes.
quantum vis stipulare et protinus accipe, quid do
ut totiens illum pater audiat?' haec alii sex
160
165
157 velunt P velint Pithoeus 158 scit Christensen 159 leve P
162 quo liberat P 165 accipere P quid do P Priscianus: quod Ao pm
die Lehre von den ■ status, tisqI
xav ozaGscov. Mit der constitutio
causae verbindet man die contro-
versia, die Fragestellung, summa
quaestio (Hauptfrage) , z. B. iurene
fecerit, d. h. die Grundfrage der
ricbterlichen Entscheidung, quid
veniat in iudicium.
156 Was fiir Pfeile vom Gegner
zu gewiirtigen seien, um ihn schon
im voraus zu widerlegen. Dieser
Teil gehort zur Lehre von den
sedes oder loci (voTtot) argumento-
rum, der discipHna inveniendorum
argumentorwn.
157 mereedem Honorar (228), das
vorher in der Regel nicht festge-
stellt war, vgl. zu 149.
158 appellare aliquem einen mah-
nen, wie 9, 64 sed pensio clamat
'posce', sed appeUat puer unicus,
gewohnlich de aliqua re, nicbt ali-
quam rem appeUare (= poscere,
flagitare). — scio, so sagt der Schiiler
{nosse volunt) oder der Vater, der
sich ganz mit seinem Sohne iden-
tifiziert. — culpa docentis scilicet etc.
sind nicht Worte des Dichters, son-
dern Ausdruck des Mifsmuts des
geplagten und mit Undank belohn-
ten Lehrers, wie 5, 76 sq.
160 salit vom Herzschlag, wie
Pers. 3, 111 cor tibi rite salit':'
Wie wir in den Kopf, so setzten
die Romer die Flihigkeiten, den
Verstand in das Herz, daher boi
Cic. Tusc. 1 18 egrcgie cordatus
homo, catus Aelius Sextus. — Der
iuvenis ist Arcadicus, ein bilurischer
Tolpel, Pers. 3, 9 findor ut Ar-
cadiae pecuaria rudere dicas, Auson.
76, 3 asinos quoque rudere dicas,
cum vis Arcadicum fingere, Marce,
pecus. — sexta die erklart Quint.
II 7, 1 iUud ex consuetudine mu-
tandum prorsus existimo in iis, de
quibus nunc disserimus, aetaiibus,
ne omnia quae scripserint ediscant
et certa, ut moris est, die dicant;
quod quidcm maxim^e patres exigunt
(die sich auch in der Schule zum
Vortrag einfanden, sogar mit Freun-
den, Pers. 3, 47), atque ita demum
studcre liberos suos credunt, si quam
frequentissime declamaverint , cum
profectus praecipue diligentia constet.
161 Hannibal wurde zu vielen
Themata in den Suasoriae ausge-
nutzt, vgl. 10, 167. 6, 291. 170.
164 madidas 'gewitterdurchniifst',
nach den vielen Schlagen {nimbi
et fulmina), die er dem Feinde
beigebracht, wodurch er aber auch
seine Truppen erschopft hatte.
165 Bedinge eine beliebige Summe,
ja du kaunst sie sofort in Empfang
nehmen, ich gebe sie (die Summe)
unter der Bedingung oder wenn
der Vater den Sohn so oft anhort,
als ich, quotiens ego iUum audio,
i. 6. audire cogor. Der Rhetor will
also mit einem, man kann den
Dichter denken, eine beliebigeWette
eingehen. Die Worte quid do sind
freilieh viberfliissig, und wahr-
scheinlich korrupt.
166 alii sex, so klagt nicht einer,
nein so klageu noch viele auderc
Lehrer {sophistae = rhctorcs) und
LIBRI III SATVRA VII
157
vel plures uno conclamaut ore sopliistae
et veras agitaut lites raptore relicto;
fusa veneua sileut, malus; iugratusque maritus,
et quae iam veteres sanant mortaria caecos.
ergo sibi dabit ipse rudem, si nostra movebunt
cousilia, et vitae diversum iter iugredietur,
ad pugnam qui rhetorica descendit ab umbra,
summula ne pereat, qua vilis tessera venit
frumenti. quippe haec merces lautissima. tempta,
Chrysogonus quanti doceat vel Polio quanti
170
175
174 summula co: summavia P 175 temptat PS
suchen von der Schule loszukom-
men uud wirkliche Sachwalter zu
werden.
168 raptore rclicto, das Schul-
geschwatz verlassend. Es wird auf
ein Schulthema angespielt, das
Quint. dncl. 247 behandelt: Ein
reicher Jiiugling {raptor) entfiihrt
eine Jungfrau wider ihren Willen,
und bietet ihr die Hand zur Ehe.
Da sie sich weigert, ersticht sieh
der Jungliug; ehe dieser aber stirbt,
erbietet sich das Miidchen zur Ehe.
Nun erheben diese Gattin i^nd die
Verwandten dee Junglings Anspruch
auf die Erbschaft.
169 ftisa veyiena, Quint. decl. 17:
ein Vater trifit seinen Sohn, mit
dera er langst unzufrieden war,
mit Bereitung eines Giftcs beschiif-
tigt (m secreta domus parte). Der
Sohn erkliirt, dafs er selbst den
Tod suche. Da befiehlt ihm der
Vater sofort zu trinken , der Sohn
aber schiittet das Gift weg. Da
erfolgt denn die Klage auf Versuch
des Vatermordes. — malus maritus,
Sen. contr. II 13 p. 156 (B.): eine
Frau wird vom Tyrannen gefoltert,
um ihr liber eine Verschworung
gegen sein Leben ein Gestiiudnis
abzunotigen. Die Frau bleibt aber
staudbaft nnd der Gatte totet bald
darauf den Tyrannen. Als ihm aber
die Frau in fiinf Jahren kein Kind
gebar, da trennte er sich von ihr,
die Frau aber klagte ihn wegen
groben Undankes an.
170 Das Thema behandelte den
Verauch veteres caccos, langst er-
blindete Eltern oder Schwieger-
eltern, nach dem Beispiel der Medea
zu verjiingen, diese aber fanden
dabei deu Tod.
171 rudem sibi dare sich selbst
die Befreiung geben, sich zur Ruhe
setzen, vgl. 6, 113 accepta rude,
Hor. ep. I 1, 2.
173 Der ganze Relativsatz ist
Snbjekt zu dabit und ingredietur
und umschreibt den Begriff Rhetor,
dessen charakteristische Eigeutiim-
lichkeit es ist, dafs er auiserhalb
der Schule {umhra) nur mit einem
wirklichen Prozefs (purjna) zu thun
hat, niimlich wegen verweigerten
Schulgeldes, summida ne pereat,
damit ihm das Siimmchen nicht
verloren geht, das er fiir eine Ge-
treidemarke ausgiebt. Im letzten
Jahrhundert der Republik wurde
einer Anzahl armerer Biirger der
modius Getreide fiir 6V3 as verab-
reicht, wahrend er auf dem Markte
12 asses kostete. Clodius stellte
den Antrag, dafs das Getreide um-
feonst verteilt werden sollte. Unter
Augustus wurden ohngefilhr 200 000
Billette (tesserae) verteilt. Eine solche
tissera war eine Staatsanweisung
und fiir den Inhaber giiltig, der
sie also wiederum, hier an den Rhe-
tor, verkaufen konnte.
1 75 sqq. tempta, siehe zu,vergleiche
— und (vgl. 1, 155) du wirst das
Lehrbuch iars) zerreifsen! — Lehrer
der Musik, wie Chrysogomis (6, 74
Siinger) und Polio (6, 387 Citha-
rode, Friedl. zu Mart. III 20, 18)
wurden sehr hoch bezahlt, denn
ihre Kunst war Modesache und, da
eie offentlich auftraten, vereinigten
158
IVVENALIS
lautorum pueros: artem scindes Theodori.
balnea sescentis et pluris porticus, in qua
gestetur dominus, quotiens pluit — anne serenum
expectet spargatque luto iumenta recenti?
hic potius, namque hic mundae nitet uugula mulae
parte alia longis Numidarum fulta columnis
surgat et algentem rapiat cenatio solem;
quanti cuique domus, veniet qui fercula docte
componat, veniet qui pulmentaria condit.
hos inter sumptus sestertia Quiutiliano,
ut multum, duo sufficient-, res nulla minoris
180
185
177 scindes lahn: scindens PSoa 180 tumentia P 181 delebat
Heinrich 184 cuique W: cumque P(o
sie um sich den Glorienscheiu dav-
stellender Kiinstler. — Theodorus von
Gadava war ein beriihmter Redner,
den auch Tiberius auf Rhodus
gehort haben soll, Quint. III
1, 17.
178 Undwarumwollendiereichen
Leute nicht bezahlen? Nun sie
brauchen eben ihr Geld zu etwas
Besserem! — sesctntis, sc. milibiis
mimvium. — balnea, zu Hause oder
in den Villen.
179 gestetur, sc. vehiculo, spazie-
ren fahren, vgl. 4, 6 quantis iu-
menta fatiget porticibus, quanta
nemorum vectetur in umbra, 14, 66
ne perfusa luto sit porticus. In
der Stadt selbst war das Fahren
nicht gestattet, also war eine Spazier-
fahrt nur im eigenen Hofe oder
aufserhalb der Stadt, auf der FIu-
minia oder Laiina via, moglich.
181 hic potius ironische Bemer-
kung des Dichturs im Sinne der
Reichen: hier iu der Halle ist es
viel besser, denn hier glanzt so
hiibsch der Huf!
183 surgat ist imperativischer
Konjunktiv: der Herr will uud mufs
es so haben. Der prachtvolle, vou
afrikanischen Saulen getragene
Speisesaal {cenatio) liegt nach Nor-
den und fiingt die frostige oder
kiihle Sonne (die nach Norden zu
selbtit friert) auf, Soph. Phil. 17
tV sv ipvx^i- fisv riXiov SmXii ttkq-
saziv fva^aMr/aip, iv &sqsi d' vnvov
Si' a(iq)t.TQrjTog ccvXiov itsfmst nvOri,
und Horazeus Gut ep. I 16, 6 sq.
184 sq. SoteueraberdasHaiiSjd.h.
die ganze Hauseiurichtung, Aus-
stattung und Sklaventrofs, kommt,
um denselben hohen Preis mufs
er uoch einen structor (zu 5, 120)
haben (zu veniet 'vgl. 29) und
einen pulmentarius {orponoiog), der
die Bereitung der feineren Speisen
besorgt. Der Wechsel von qui com-
ponat und qui condit ist nicht auf-
fallend: im ersten Fall wird der
Zweck durch den Konj. ausgedriickt,
im andern Falle wird durcb den
Indikativ die vorhaudeue Klasse
der hipoTtoioC bezeichuet.
186 sq. Quintiliano , d. h. auch
dem besten Lehrer der Beredsam-
keit, vgl. 6, 75 u. 280. Von dem
Grammatiker Palaemon sagt Suet.
gramm. 23, dafs er ex schola qua-
dringena annua gewonnen, und
(c. 17) von Verrius Flaccus, dafs
er als Prinzenlehrer centena sestertia
m annum von Augustus erhalten
habe, wahrend die meisten Lehrer
in Not und Armut lebten. Das
Honorar der Rhetoren war iu der
Regel das Duppelte von dem Ho-
norar der Grammatiker. — suffi-
cient, constabit siud hypothetische
Futura oder Futura gaomica, vgl.
201. 184. 153. 104. 90. Pers. 2, 5
at bona pars procerum tacita libubit
accrra, anders als du opferst, Ma-
crinus.
LIBRl III SATVRA VII
159
constabit patri quaiu liliiis. 'imde igitur tot
Quiutiliauus lialiet saltus?' exempla uovorum
fatorum trausi: felix et pulcer et acer, 190
felix et sapiens et uobilis et geuerosus,
adpositam uigrae luuam subtexit alutae;
felix orator quoque maximus et iaculator,
et, ni perfrixit, cautat beue. distat euim, quae
sidera te excipiaut modo primos incipieutem 195
edere vagitus et adhuc a matre rubeutem.
si Fortuna volet, fies de rhetore consul;
si volet haec eadem, fiet de consule rhetor.
Ventidius quid eniui? cpiid Tullius? auue aliud quam
194 ni W: si Pco perfri*xit P rasa n 198 fiet P: fies ^Jw
189 sq. Beispiele von jE;anz unge-
wohnlichen (nocorum) Gliickspilzen
durfen wir nicht iu Betracht ziehen
(transi), sie biUien eben nur eine
Ausnahme von der Regel und be-
statigen nur die Allmacht des
Gliickes, das erhohen und erniedri-
gen kann, wen und >vann es will;
ob es ein Rhetor oder ein Sklave
ist, bleibt voUig glei&hgiiltig. —
felix wer Gliick hat, qui felix est.
192 Der Gliickliche wii-d selbst
Senator. Die Senatoren trugen be-
sondere Schuhe mit vier Riemen,
und oben ist ein elfenbeinerner oder
silberner Knopf in Gestalt eines
Halbmondes angebracht {Juna). Der
Mond soll ein Erbstiick der uralten
patricischen Senatoren sein, Stat.
s. V 2, 27 sic te, clare puer, genitum
sibi curia sensit, prima(jue patricia
clausit vestigia luna. — Unter aluta
kann jedes fein gearbeitete Leder
verstanden werden.
193 Der Gliickliche wird, wenn
er sich der Beredsamkeit widmet,
der grofste Redner, und treibt er
Sport, 80 ist er der grofste Schiitze,
und widmet er sich der Kuust, so
ist er Sanger wie Chrysogouus. Un-
verstandlich ist mir si perfrixit,
was 'auch mit dem Schnupfen' oder
'auch wenn er erkiiltet ist' ent-
schieden nicht bedeuten kann; dies
miifste vel si perfrixit heifsen, da
et si fiir etium si hier unmoglich
ist. Sollte hier Juv. nicht das
Horazische nisi cum pituita viohsta
est nacbgeahmt haben? Dann mufs
geschrieben werden: et,niperfrixit,
cantat bine. Denn iiber die Macht
der Natur kanu doch auch das
Gliickskind nicht hinaus. Auch das
Scholium infrigdatus fuit bedeutet
kaum etwas anderes als ni frigi-
datus fuit.
194 distat, es maeht einen grofsen
Unterschied, Hor. ep. I 17, 44 distat,
sumasne pudenter an rapias.
195 sidera excipiant, vgl. IG, 3.
197 de, wie 5, 25 de conviva
Corybanta videbis. Juvenal spielt
auf ein uuter Domitian vorgekom-
menes Ereignis an, das Plin. ep.
IV 11 erzilhlt: audistine Valerium
Lieinianum in Sicilia proflteri?
Praetorius liic modo inter eloquen-
tissimos causarum actores habebatur,
nunc eo decidit, ut exul de senatore,
rlittor de oratore fierct. Itaque ipse
in praefatione dixit dolenter et gra-
viter: quos tibi fortuna ludos facis!
faeis enim ex professoribus sena-
tores, ex senatoribus professores!
Der consitl de rhetore ist Quinti-
lian, der wenigstens die ornamenta
consularia erbalten hatte, womit
wahrscheinlich der Eintritt in den
Senat verbunden war.
199 Uber Ventidiits Bassus wird
bei Gell. XV 4 erziihlt: eum Picen-
tem fuisse gencre et loco hnmili et
matrem eius a Pompeio Strabone
bello sociali captam cum ipso esse,
mox triumphante Pompeio eum quo-
que puerum inter ceteros ante cur-
rum imperatoris sinu matris vectum
esse; post cum adolevisset, victum
160
IVVENALIS
sidus et occulti miranda potentia fatir*
servis regna dabunt, captivis fata triumphum.
felix ille tamen corvo quoque rarior albo.
paenituit multos vanae sterilisque cathedrae,
sicut Thrasymachi probat exitus atque Secundi
Carrinatis; et hunc inopem vidistis Athenae
nil praeter gelidas ausae couferre cicutas.
di, maiorum umbris tenuem et sine pondere terram
200
205
201 triumphos pco 204 sicut **+*machi P lisimachi p thresi-
machi g. Tharsymachi Bitschl
sibi aegre quaesisse eumque sordide
invenisse comparandis mulis et ve-
hiculis, quae magistratibus, qui sortiti
provincias forent, praebenda publice
conduxisset. Jn isto quaestu notum
csse coepisse C. Caesari et cum eo
profectum esse in Gallias. Tum quia
in ea provincia satis naviter ver-
satus esset et deinceps civili bcllo
mandata sibi pleraque impigre et
strenue fccisset, non modo in ami-
citiam Caesaris, sed ex ea in am-
plissimmn quoque ordinem pervenisse ;
mox tribunum quoque plebi ac dc-
inde practorem crcatum atque in eo
tempore iudicatum esse a senattc
hostem cum M. Antonio, post vero
coniunctum patribus non pristinam
tantum dignitutern reciperasse, sed
pontificatum ac deinde (43 v. Chr.)
consulatum quoque adeptum esse.
Er triumphierte im J. 38 tiber die
Parther. — Tullius ist der Konig
Servius TuUius, angeblich der Sohn
einer Sklavin, 8, 259.
200 sidus, potentia, ein Spiel der
Sternenmacht, der Wirkung des
geheimnisvollen Schicksals. Denn
in den Personen spiegelt sich daa
Gestirn und die Macht des Schicksals.
201 servis, dem Servius Tullius;
captivis, dem Ventidius.
202 corvo rarior albo, wie 6, 165
rara avis in terris nigroq^ue simil-
lima cyeno.
203 paeniiuit asyndetisch fiir
paenituit quidem. — Der Lehrer
sitzt in der cathedra, daher be-
zeichnet diese das Lehramt.
204 Thrasymachus aus Chalcedon,
ein jiingerer Zeitgenosse des So-
kratcs, ist aus Platos Republik
bekannt, wo er den Egoismus als
Prinzip der Gerechtigkeit gegen
Sokrates verteidigt. Er war aufser
Isokrates der bedeutendste Lehrer
der Beredsamkeit in Athen; durch
seine Schriften iibte er grofsen Ein-
flufs auch noch auf Demosthenes.
Von seinem Lebensende wissen wir
nichts, der Scholiast berichtet, er
habe sich erhangt. — Von Secun-
dus Carinas berichtet Dio C. LIX 20
KccQivav Usnovvdov QrjxOQCc icpvyd-
6sva£ 710T8 (sc. Caligula) OT.t loyov
TLVcc £v yvfivocGia)^ xara tvqc(vvcov
slnsv. Secundus scheint sich dann
nach Athen begeben zu haben. Sein
Sohn nahm nach dem Brande Roms
an den Riiubereien Neros in Grie-
chenlaud und Asien eifiigen An-
teil, und wird von Tac. XV 45
Graeca doctrina ore tenus exercitus
{animum bonis artibus non imbuerat)
genannt. Das Ende des Vat,ers ist
unbekannt.
206 enthiilt eine boshafte Be-
merkung iiber Athen, die aber doch
iiur dann einen Sinn hat, vveun
Secundus Carinas, wie der Scholiast
erzahlt, sich dort vergiftet hat. —
Bitter ist ausae: grofse Manuer
wie Sokrates wagt diese Stadt hoch-
stens mit Gift zu unterstiitzen, zu
edlerer Gabe hat sie nicht dea Mut.
207 Die Vergegenwiirtigung Ser
Undankbarkeit der Zeitgenossen
gegen die Lehrer veraulafst deu
Diehter die Gotter zu apostrophieren
und zu bitten, die Ahnen auch noch
im Grabe dafiir zu segnen, dafs sie
stets dem Lehrer die hochste Ach-
tung gewiihrt hiitteu. — sine pon-
dere ist einem Adjektiv {Jevis) gleich.
Als Verbum ist date, nicht dcnt, zu
ergilnzen.
LIBRI III SATVRA VII
IGl
spirantisque crocos et in urua perpetuum ver,
qui praeceptorem sancti voluere parentis
esse loco. metuens virgae iam grundis Acbilles 210
cantabat patriis in montibus, et cui non tunc
eliceret risum citbaroedi cauda magistri;
sed Rufum atque alios caedit sua queraque iuventus,
Rufum, quem totiens Cicerouem Allobroga dixit.
quis gremio Cebvdi doctique Palaemonis adfert, 215
quautum grammaticus meruit labor? et tamen ex boc,
quodcumque est — miuus est etiam quam rbetoris aera —
discipuli custos praemordet acoenonoetus,
et qui dispensat, frangit sibi. cede, Palaemon,
et patere inde aliquid decrescere, uon aliter quam 220
institor bibernae tegetis niveique cadurci,
dummodo non pereat, mediae quod noctis ab bora
sedisti, qua nemo faber, qua nemo sederet
208 spirandis P 217 etiam W: om. P autem pco aeera P
218 acoeDonetus {dy.oivavTjrog) glossaria ut Parisinum Hildehrandi p. 3
Grangaeus 219 frangit s; frangat P franget s
208 Pers. 1, 36 assensere viri (dem
recitierenden Dichter): nune non
cinis iUe poetae felix? non levior
cippus nunc imprimit ossa? laudant
concivae : nunc non e manibus illis,
nunc non e tumulo fortunaiaque fa-
villa nascentur violae?
210 Die Vorfahren (bezahlten
nicht nur willig das Honorar, son-
dern) lehrten auch die Jugend
Pietat gegen den Lehrer, wie das
Beispiel des Achilles zeigt. Die
Sage , dafs Achilles Schiiler des
Kentauren Chiron war, kennt auch
Homer, aber die Kentauren sind
bei ihm noch nicht halb Mensch
balb Pferd. Javenal hebt einen
Nebenumstand der spateren Sage
zum Scherz hervor, charakterisiert
aber zugleich den Unterschied der
friihem und jetzigen Jugend.
214 dixit, 8c. iuventus. Eufus
selbst ist nicht bekannt.
216 — 243 : Der Undank gegen die
Grammatiker.
215 Celadus ist unbekannt. Q.
Bemmius Palaemon docuit Bomae
ac principem locum inter gramma-
ticos tenuit, onter Tiberius und
Claudius, war der Lehrer Quinti-
lians. Er gewann als Lehrer jahr-
lich 400 000 Sest. Capiebat homines
IVVESALIS SaTVEAE.
eum memoria rerum tum facilitate
sermonis. Suet. gr. 23. — gremio,
in den sinus, d. h. in den Bausch
der Toga; wir wiirden Tasche
sagen, vgl. 14, 327.
217 minus etiam, vgl. zu 186.' —
aera, Verdienst, Gewinn, Hor. ep.
II 3, 345 hic liber aera meret Sosiis.
218 discipuU custos, vgl. 10, 117
sequitur (puerum) eustos angustae
vernula capsae, Hor. s. I 6, 78 u.
81. — acoenonoetus von ccy.oLvovor]-
Tog, ohne gemeinen Menschenvei--
stand, riicksichtslos; doch ist dieses
Wort nicht nachweisbar und wahr-
scheinlich axotfcuiTjTcos zu lesen.
219 Der dispensator ist der Se-
kretar oder Kassierer des reichen
Hauses, vgl. 1, 91. — cccZe bis 227
spricht der Dichter nicht obne
Ironie und Indignation, nicht etwa
der Dibpensator.
221 MJs^ttorderKIeinhandler oder
Trodler der Matratze und Bett-
decke (6, 537), oder wie bei Hor.
in 6, 30 der hausierende Hiindler.
223 Der Unterricht der Gramma-
tiker begann in aller Friihe noch
bei Licht, Mart. IX 68 an einen
ludi magister: nondum cristati ru-
pere silentia galli, murmure iam
saevo verberibusque tonas, Ov. ani.
11
162
IVVENALIS
qui docet obliquo lanam deducere ferro;
dummodo non pereat, totidem olfecisse lucernas,
quot stabant pueri, cum totus decolor esset
Flaccus et haereret nigro fuligo Maroni.
rara tamen merces, quae cognitione tribuni
non egeat. sed vos saevas inponite leges,
ut praeceptori verborum regula constet,
ut legat bistorias, auctores noverit omnes
tamquam ungues digitosque suos; ut forte rogatus,
dum petit aut tbermas aut Phoebi balnea, dicat
nutricem Anchisae, nomeu patriamque novercae
Anchemoli, dicat, quot Acestes vixerit annis,
quot Siculi Phrygibus vini donaverit urnas.
exigite ut mores teneros ceu pollice ducat,
225
230
235
229 salvas P 231 storias PS 232 sit forte P 234 patriae-
que PS 235 arcliemori PSco 236 siculis P siculus a 237 figite
ut maiores P
I 13, 17 tu pueros somno fraicdas
tradisque magistris, ut subeant te-
nerae verhera saeva manus.
224 Claud. XX 381 doctissimus
artis quondam lanificae, moderator
pectinis unci. non alius lanam pur-
gatis sordibus aeque praebuerit
calathis, similis nec pinguia quis-
quam vellera per tenues ferri jjro-
ducere rimas.
227 Vergil und Horaz wurden
vorzugsweise von den Grammatikern
erlilart, praelegebantur , daneben
Lucan, Dial. 20. — haerere mit
Dativ auch 3, 233 cibus haerens
ardenii stomacho, 10, 144 tituli
haesuri saxis, doch kann es in bei-
den Fallen auch Abl. sein, der
sonst mit der Struktur haeret aliquid
in aliqua re abwechselt.
228 In der Kaiserzeit hatte das
Volkstribunat eine bestimmt abge-
grenzte Polizeigewalt und inner-
halb derselben die richterliche
Kognition, vgl. 11, 7. Gell. XIII 12, 9.
229 sq. leges, Forderungen. Der
Lehrer soll der Begel des Ausdrucks
sicher sein (constet), er soll nicht
nur den Gebrauch, sondern auch
den Grund desselben kennen, die
grammatischeAnalogiebeherrschen.
231 legat, belesen sei in der Ge-
schichte, eig. fort und fort lese.
233 Das Bad des Phobus wird von
Martial nicht erwahnt, oft aber
Phobus. Ein Freigelassener Phobu.s
wird Tac. XVI 5 genannt. .
234 Verg. VII 1-tu quoque litori-
hus nostris, Aeneia nutrix, aeternam
moriens famam, Caieta, dedisti. Der
Grammatiker, der ja alles wissen
mufs, sollte nun auch sagen konnen,
wer die Amme vonAneas' Vater war.
235 Verg. X 389 hinc Sthenium
petit et Bhoeti de gente vetusta An-
chemolum, thaJamos ausum incestare
novercae. Acestes , ein Tcojaner,
hatte bereits vor Aneas' Ankunft
in Segesta eine troische Nieder-
lassung gegrundet, V 30 u. 1 195 sq.,
er wird V 73 als aevi maturus be-
zeichnet. — Der Ablativ fiir den Acc.
der Dauer ist in der silbernen La-
tinitat sehr hilufig, vgl. 11, 53
caruisse uno circensibus anno, 11,
72 servatae parte anni uvae.
237 Die Schule des Grammatikers
sollte nicht nur eine Lehr-, son-
dern auch eine Erziehungsanstalt
sein, Florus fr. bei O.Jahn p.XLIV
quam imperatorium quam regiuni
est sedere a suggestu praecipientem
honos mores et facrurum sttidia
litterarum. — lu Wachs und Thon
arbeitete man zuerst mit dem Mo-
dellierstab, danu gliittete und feilte
mau das Werk mit dem Finger,
Pers. 5, 38 apposita intortos ex-
LIBRI III SATVRA Vni
163
ut si quis cera voltum facit; exigite ut sit
et pater ipsius coetus, ne turpia ludant,
ne faciaut vicibus; nou est leve tot puerorum
observare mauus oculosque in fiue trementis.
'haec' inquit 'curas, et cum se verterit aunus,
accipe, victori populus quod postulat aurum.'
240
SATVRA VIII
Stemmata quid faciunt, quid prodest, Pontice, longo
sanguine censeri, pictos ostendere vultus
240 sq. ' Tnvenalis non sunV Valla
tt. ._uit^ CL ^ 243 postulaturum P
VIII 2 vultus add. p
239 quetus P
sed vel cures et
242 cura
tendit regula mores et p^emitur
ratione animus vincique laborat arti-
ficeinque tuo ducit sub poUice voltum.
•239 fjoter ipsius coetus der leib-
liche Vater seines Hiiufleins, wie
ipsius regis gener des Konigs eigener
Schwiegersohn.
240 vicibus = invicem, Stat. s.
IV 9, 50 quid si, cum bene mane
semicrudus inlatam tibi dixero sa-
lutem, et tu me vicibus domi salutisy
Vgl. 6, 311 inque vices equitant.
241 trementis, das schmachtende
(unruhige ?) Auge. — i>! fine erklart
man nach Mart. IX 69 cum futuis,
Pohjmarche, soles in fne cacare,
allein bei Juvenal fehlt der Gegen-
satz. Vielleicht ist zu lesen : obser-
vare manu,s, oculos sine fine tre-
»we«hs,nachMart.V 78, 21 vibrabunt
sine fine prurientes hscivos doeili
tremore Jumbcs {de Gadibus puellae).
242 inquit 'heifst es', vgl. 3,153.
14, 153. Nun ja das also thust und
sorgst du (zu 9, 41), — und wenn das
Jahr zn Ende ist, dann nimm dafur
den Lohn. den man dem eiegreichen
Wagenlenker gewahrt. Das ist in
den Augen des Sprechenden un-
endlich viel, was er selbst in Wahr-
heit fur seinen Sohn nicht zahlt
und nicht zu zahlen gedenkt. tjber
die Einnahmen der Sieger im Preis-
rennen vgl. Friedl. S.-G. II 456 sq.
Sat. vm
Die achte Satire behandelt die
Fragf, worin der wahre Adel be-
stehe und welche Pflichten adelige
Abkunft auferlege. Die Epistel ist
an einen gewissen Valerius Ponti-
cus (vgl. Tac. XIV 41) gerichtet,
der uns ganzlich nnbekannt ist.
Bei Martial wird der Name Pon-
ticus ofter erwahnt.
1 — 38 Einleitung: Mit Ahnen-
bildern zn prunken und selbst
Bchlecht zu leben ist ebenso lacher-
lich als wenn ein Zwerg den Rie-
sennamen Atlas fvihrt.
1 In den Hausem der Nobilitat
gehorten die imagines zum schon-
sten Schmuck des Atriums. Es
waren dies bemalte oder kolorierte
Wachsmasken auf eineidazu passen-
den Biiste. Die Busten mit den
Portratmasken waren in kleinen
tempelartigen Schranken (armaria)
angebracht, unter der Maske waren
auf Inschriften {titidi) die Xaraen,
Wiirden und Thaten der Ahnen
verzeichnet. Diese tituli und ima-
gines waren so geordnet und durch
gemalte Linien verbunden, dafs sie
den ganzen Stammbaam (stemma)
der Familie darstellten, ahnlich
wie die stemmata der romischen
Juristen, womit diese die gradus
cognationum bezeichneten, Sen.
benef. III 28, 2 imagines in atriis
exponunt et nomina familiae suae
longo ordine ac multis stemmatum
iUigato flexuris in parte prima
aedium coUocant. [Tibull.] IV 1, 30
non tua maiorum contenta est gloria
fama, nec quaeris quid quaqiie
index sub imagine dicat, sed generis
priscos contendis vincere honores.
2 censeri nach etwas geschittzt
werden, durch eine Sache Ruhm
11*
164
IVVENALIS
maiorum et stantis in curribus Aemilianos
et Curios iam dimidios umerosque minorem
Corvinum et Galbam auriculis nasoque careutem,
quis fructus, generis tabula iactare capaci
Arvinam, post haec multa contingere virga
fumosos equitum cum dictatore magistros,
si coram Lepidis male vivitur? effigies quo
tot bellatorum, si luditur alea pernox
ante Numantinos, si dormire incipis ortu
10
5 sq. delebat Hermann
Corvinum F Fabricium ?
7 om. £0 damnavit lahn
postbac P(o
Arvinam W:
oder Glanz erhalten, vgl. 74. Mart.
I 61 Marone felix Mantua est,
censetur Apoyia Livio suo tellus,
IX 16 felix, quae tali censetur mu-
nere tellus, VIII 6 hi duo longaevo
censentur Nestore fundi. — longo san -
guine = longa serie generis.
3 sq. In die Triumphatoren setzte
die Familie ihren besonderen Stolz;
sie erbielten zuweilen im Vestibulum
Statuen (vgl. 7, 125) oder wurden
im Atrium auf dem Siegeswagen
stehend in ganzer Figur dargestellt,
Prud. Sym. II 556 currus summo
miramur in arcu quadriiugos stan-
tesque duces in curribus altis. Im
Laufe der Zeit mufsten solcbe Sta-
tuen und Bilder notwendig Schaden
leiden. Wenn daher der Dichter
einen Curius verstiimmelt nennt
(dimidios, wie 15, 5 dimidio Mem-
none), so will er ihn damit als
uralt bezeichnen.
6 quis fructus nimmt deu mit
quid 2irodest begonnenen Gedauken
wieder auf und setzt ihu, gewisser-
mafsen Atem holend, weiter fort.
Es entspricht dies ganz der Ge-
wohnheit des Dicbters in Aufziih-
lungen, vgl. 10, 220 ivomptius ex-
pediam und 225 percurram citius.
7 Ein Diktator A. Cornelius Ar-
vina wird Liv. VIII 38, 1 erwahnt,
mit dem magister equitum M. Fa-
hius Ambustus. — posthaec hierauf,
vgl. 14, 55 castigabis ac post haec
tabulas mutare parabis, dagegen
posthac fernerhin, 14, 158 tempora
vitae Jonga tibi posthac fato mcliore
dabuntur, 7, 18 nemo tamen studiis
indignum ferre laborem cogetur post-
hac. — multa eifrig, vgl. Nagels-
bach St. § 70, 2.
8 Auf dem titulus war immer
angegeben, welcbem Diktator der
magister equitum gedient batte, denn
er war von ihm personlicb ernannt.
9 coram Lepidis vor den Augen
der grofrsen Abnen (6, 265), Val.
Max. II 9 pr. quid enim prodest
foris esse strenuum, si domi male
vivitur? Der edle Mann dagegen
fiiblt sicb beim Anblick der iraagi-
nes seiner Abuen zum Eifer und
zur Tbatkraft {ad virtutem) an-
gespornt , Sall. lug. 4, 5. —
quo (wozu) verbindet sich ent-
weder mit dem Infinitiv, wie Hor.
s. I 6, 24 quo tibi, Tilli, sumere
depositum clavum fierique trihuno?
oder mit dem Accusativ eines No-
mens, vgl. 142 qim mihi tc solitum
falsas signare tabellas? 15, 61 quo
tot rixantis milia turbae, si vivunt
omnes? Statt quo findet sich unde
14, 56 unde tibi frontem Ubertutem-
que parentis, cum facias peiora
senex? wie Prop. II 7, 13 unde mihi
Parthis gnatos praebere triumphis?
Grammatisch ist nichts zu erganzen;
fiir uns ergiebt sich daber die pas-
scnde Ergiinzung immer aus dem
Zusammeuhang, z. B. unde tibi
frontem sumis, quo effigies habcs,
quo mihi te das, quo tot milia esse?
10 alea pcrnox, wie luna pernox.
Zur Sache vgl. 1, 88 aJea quando
Jios animos?
11 ante Ntimantinos, wie 144
statuamque parentis ante iriimpha-
lem , vgl. 22. — dormire incipis,
weil er die Nacht hindurch go-
LIBRl ni SATVRA VIII
165
luciferi, quo sigua duces et castra movebaut?
cur Allobrogicis et magua gaudeat ara
natus in Herculeo Fabius lare, si cupidus, si
vanus et Euganea quantumvis mollior agna,
si tenerum attritus Catinensi pumice lumbum
squaleutis traducit avos emptorque veueni
iVangenda miseram funestat imagine gentem?
tota licet veteres exornent undique cerae
atria, nobilitas sola est atque unica virtus.
Paulus vel Cossus vel Drusus moribus esto,
hos ante effigies maiorum pone tuorum,
praecedaut ipsas illi te cousule virgas,
prima mihi debes animi bona. sauctus haberi
15
20
16 attritis P larabus P 18 franprendam P
spielt und geschwelgt hat (alea
pertiox).
14 Die Fabier fuhrten ihren Ur-
sprung auf Herkules zuriick, der
mit der Tochter des Euander den
ersten Fabius erzeugt haben soll,
daher in lare Herculeo im Hause
des Herkules, unter Laren, zu denen
auchHerkules ziihlte. Die aramagna
oder maxima auf dem forumhoarium
hatte Euander • dem Herkules ge-
weiht, Tac. XV 41 magna ara fa-
numque, quae praesenti HercuJi Ar-
cas Kuander sacraverat, exusta. Zur
gens Fabia gehorte der Besieger
der Allobrogen (121 v. Chr.), AUo-
hrogicus genannt. Einen entarteten
Zeitgenossen aus der gens Fabia
erwahnt Mart. VIII 43 und 9, 9.
15 Die Euganeer (Liv. I 1, 3)
hatten gute Viehzucht; besonders
war die feine Wolle ihrer Schafe
beriihmt, Mart. XIV 155 vellcribus
primis Appulia, Parma secundis
nobilis, Altinum tertia laudat ovis.
16 Weichlinge belegten die Haut,
um die Haare zu beseitigen , mit
einem pechartigen Pflaster (114
und 9, 14), teilweise liefsen sie sich
auch die Haare ausziehen (11, 157
veUendas iam praebuit alas), dann
glattete man die Haut mit Bim-
stein (9, 95 jtumice letis). Dieser
Prozedur wnrden auch junge Skla-
ven unterworfen, denen man ein
jugendliches madchenhaftes Aus-
sehen erhalten woUte.
17 squalentis 'trauernd'; von kor-
perlicher Vernachlassigung steht
squalidus 9, 15 und 11, 80; squalor
rei 15, 135 vereinigt beides. Die
maiorcs waren nicht leves, sondern
squaUdi, aber den Nachkommen
gegeniiber erscheint ihr Aufseres
jetzt als Ausdruck schmerzlicher
Trauer. — traducit entehrt, ver-
hohnt, vgl. 2, 159. 7, 16. 11, 31.—
emptor veneni, wie Nero, vgl. 13, 154.
18 funestat schiindet, brandmarkt.
Das Recht die imagines aufzu-
stellen konnte durch richterliche
Verurteilung verloren gehen. Ver-
brecher durften nach ihrem Tode
nicht unter den Ahnen aufgefiihrt
werden, wie z. B. Brutus und Cas-
sius. Mitunter wurden die Ehren-
bilder gewaltsam zerbrochen, vgl.
10, 58 sq.
19 veteres cerae = expressi cera
vidtus, Wachsbilder.
21 morihus esto , daher 14, 52
noji corpore tantum nec vuUu si-
miUs, morum quoque fdius, Erbe
des Charakters.
22 Jws ante, sc. mores Patdi vel
Cossi, quos imitando refers.
23 ipjsas virgas unmittelbar vor
dem Fintenbiindel (136), dem in-
signe honoris et impjerii.
24 animi hona den Adel der
Seele, gute Charaktereigenschaften.
— sanctus, gewissenhaft, wie 127
sancta cohors comdum. Statt des
kondicionalen Vordersatzes steht
166
IVVENALIS
iustitiaeque tenax factis dictisque raereris?
agnosco procerem; salve Gaetulice, seu tu
Silanus, quocumque alio de sauguine rarus
civis et egregius patriae contingis ovanti,
exclamare libet, populus ciuod clamat Osiri
invento. quis enim generosum dixerit hunc, qui
indignus genere et praeclaro nomine tantum
insignis? nanum cuiusdam Atlanta vocamus,
Aethiopem Cycnum, pravam extortamque puellam
Europen-, canibus pigris scabieque vetusta
levibus et siccae lambentibus ora lucernae
nomen erit pardus tigris leo, seu quid adhuc est
quod fremat in terris violentius; ergo cavebis
et metues, ne tu sic Creticus aut Camerinus.
his ego quem monui? tecum est mihi sermo, Rubelli
25
30
35
33 pravam P ut videtur (adrasis ra) s; paivam co 34 caveque P
36 seu W: si P(o 38 sic H.Iunius: si P sis co 39 quae P
die Annahme des wirklichen Seins,
wie 3, 100. 13, 215. 227.
26 agnosco, dauu finde ich, er-
kenne ich in dir den Adeligen oder
den Adel. — Der Singular procerem
ist sehr selten, vgl. Ntue I 548. —
Cn. Corndius Lentulus Gaetulicus
war Sohn des Konsuls 1 v. Chr.,
des Lentulus Cossus, der die Ga-
tuler besiegte, die oruamenta trium-
phalia erhielt und das cognomentum
auf seinen Sohn vererbte. Dieser
war Dichter und wahrscheinlich
auch Historiker, Plin. ep. V 3, 5.
Mart. I pr. sic scrihit Cutullus, sic
Marsus, sic Pedo, sic Gaetulicus,
sic quicumque perlegitur, Suet. Cal.
8 Cn. Lentulus Gaetulicus Tihuri
genitum {Caliguhm) scrihit. Er war
auch fiir die Dichter ein Macen
seiner Zeit, vgl, 7, 95.
27 Die Silani gehorten zur gens
lunia, die durch Domitia Lepida
mit dem julischen Hause verschwa-
gert war. — Heil dir Gatulicus,
heil dir Silanus, von welcher Ab-
kuuft sonst du sein magst, bewahrst
du dich als tiichtigeu Mann dem
jubelnden Vaterlande, dann drangt
es das Hei z den Jubelruf erschallen
za lassen, den das Volk in Agypten
anstimmt, wenn es einen Osiris
gefunden hat. Es ist also exclamare
libet etc. nur eine Variation des
salve. Der Apis wurde als das Bild
der Seele des Osiris angesehen ;
fand man nach seinem Tode einen
neuen Apis, so rief das Volk allent-
halben freudig bewegt: eup/j/taftf j/,
GvyxccCQOnsv Diod. Sic. I 85.
32 Zwerge waren, wie es scheint,
seit Antonius eine Modesache in
den reichen Hausern Roms. Zum
Spott nannte man -/lar' dvricpQttCiv
einen solchen Zwerg eines Reichen
{cuiusdani) Atlas oder den Riesen.
Dafs nicht von einem wirklichen
Namen, sondern nur von witzelnden
und spottelnden Benennungen hier
die Rede ist, zeigt das Folgende.
33 pravus hat zum Gegensatz
rectus. — extortus,-in Prosa gew. dis-
tortus, Pliu. ep. VIII 18, 9 omnihus
membris extortus et fractus.
35 os, ora ist die TCille der Ol-
lampe {lucernae).
36 seu quid, wie 111 seu quis in
aedicula deus unicus, vgl. 11, 32.
— adJiuc dazu, aufserdem, wie 6,
502 tot premit ordinibus, tot adhuc
compagibus altum aedificat caput.
Mit viokntius adhuc zu verbinden
ware gegen deu Sprachgebrauch
Juvenals.
39—7.0 Apostropheandendiinkel-
hafteu, aber verkommenen Subel-
lius Blandus.
39 Die Tochter des iilteren Dru-
LIBRI III SATVRA VIII
167
Blaude. tumes alto Drusorum stemmate, tamquam
feceris ipse aliquid, propter quod uobilis esses
vel te eouciperet, quae sauguiue fulget luli,
uon quae ventoso couducta sub aggere texit.
Wos humiles' iuquis Wolgi pars ultima uostri,
quorum nemo queat patriam monstrare pareutis,
ast ego Cecropides.' vivas et originis liuius
gaudia longa feras. tamen ima plebe Quiritem
facundum invenies, solet hic defendere causas
40
45
40 Plaute Lipsius 42 ut Pw 44 inqnit P rasa t
8US, Livia oder Livilla, war mit
Drusus, dem Sohne des Tiberius,
verheiratet und hatte eine Tochter
Julia, die sich (34) mit Rubellius
Blandus vermahlte, cuiiis avum
Tihurtem, equitem Eomamim, jjhri-
que meminerant Tac. VI 27. Ru-
bellius Blandns und Julia hatten
zwei Sohne und eine Tochter. Von
dem einen Sohne wissen wir nur
durch eine Inschrift bei Orelli 678
Comm unio, venuiAntoniacAugustae,
v{ixit) a{nnoi>) II, mes{is) X, coJ-
lactius iJrusi, BJandi f. Der zweite
Sohn war Rubellius Plautus. Dicser
entfemte sich im J. 60 mit seiner
Gemahlin Antistia aus Rom und
lebte auf seinen Giitern in Klein-
asien, weil er im Gerede dos Volkes
vielfach zum Xachfolger Neros be-
stimmt wurJe, Tac. XIV 22. Den-
noch wurde er im J. 62 auf Neros
Befehlvon einem Centurio ermordet.
Plautus war durchaus Stoiker, beim
Volke beliebt, ein Opfer der Ty-
rannei Keros, und standhaft im
Tode, Tac. XIV 57 sq. Ihn kann
Juvenal nicht vor Augen haben.
Er mufs also entweder einen Brnder
des Plautus meinen, von dem wir
weiter nichts wissen, oder einen
Sohn des Plautus. Die erstere An-
nahme ist wahrscheinlicher. Im
k-tzteren Falle mufste V. 42 vel te
conciperet im uneigentlichen Sinne
von der Grofsmntter des jiingeren
Blandus verstanden werden , was
aberkaumzulassigerscheint. Jeden-
falls ist es nicht glaublich, dafs
Jnvenal in den Personalien geirrt
haben sollte. Unsere Kenntnis der
Peroonen ist eben mangelhaft, wie
obige Inschrift zeigt.
40 Drusorum, des alteren, des
Bruders vonTiberius, und des jiinge-
ren, des Sohnes von Tiberius.
41 propter qiiod, das verdiente,
dafs du adelig wurdest oder dafs
Julia dich gebar, vgl. 5, 19 habet
Trebius, propter quod rumpere som-
num debeat. Vgl. zu 10, 55.
42 sq. sayiguine,\g\.21. 11,62 con-
tingois sanguine caelum. — Der Wall
ist derselbe wie 5, 153. Er war
sehr hoch (Hor. s. I 8, 15) , daher
ventosus. Unten waren die Hiitten
armer Leute angebaut.
44 Juvenal liifst sich hier selbst
mit anrcderi, nicht etwa weil er
von besonders niederer Abkunft
war, sondern weil er nicht zur
Nobilitat zahlte.
46 Cecropides, denn die svyiviLa
Ki/.Qonog war sprichwortlich, Luc.
Tim. 23 BvysvBOTSQoq xov Kixgo-
nog T} Kodgov. Ahnlich ist die Be-
zeichnung Troiugena, vgl. 1, 100.
— vivas = ovDcio zrjg svysvfiag,
vgl. den Abschiedsgrufs vive valeque
Hor. s. II 5, 110 oder vive, vale
Hor. ep. I 6, 67. Es ist dieselbe
pragnante Bedeutung in vice wie
bei Lucil. V 41 (M.) in vivite, lur-
cones, comedones, vivite ventres.
47 ima plebe fiir ex {de) ima plebe
wie 13, 165 madido torquentem
cornua cirro. — Der Sing. Quiritem
ist ebenso wie 26 procerem nur
dichterisch. Die Advokatur war der
gewohnliche Weg des Emporkom-
mens fiir Leute des dritten Standes,
welche Kopf und Ehrgeiz besafsen,
Tac. XI 7 cogitaret plebem quae toga
(in der die Gerichtsredner auftraten)
enitesceret.
48 solet, ea ist bereits ganz ge-
168
IVVENALIS
nobilis indocti; veniet de plebe togata,
qui iuris nodos et legum aeuigmata solvat; 50
hinc petit Euphraten iuveuis domitique Batavi
custodes aquilas armis industrius. at tu
nil nisi Cecropides, trancoque similliraus hermae.
nullo quippe alio vincis discrimine, quam quod
illi marmoreum caput est, tua vivit imago. 55
dic mihi, Teucrorum proles, animalia muta
quis generosa putet nisi fortia. nempe volucrem
sic laudamus equumj facili cui plurima palma
fervet et exultat rauco victoria circo;
nobilis hic quocumque venit de gramine, cuius 60
clara fuga ante alios et primus in aequore pulvis.
sed venale pecus Coryphaei posteritas et
Hirpini, si rara iugo victoria sedit;
49 veniat P corr. p 51 hinc W: hic Pm batavi p erasum in P
54 vincit P 61 pulvis pco Servius: cuius P 62 coryte P
wohnlich geworden, dafs der Ple-
bejer die Verteidigung des adeligen
Ignoranten fuhrt.
49 plebs togata ist derjenige Teil
des Volks, der von der romischen
Hoheit nur die Toga besitzt, daher
togati die Klienten, vgl. 1, 96 turhae
rapienda togatae.
50 nodos ' die verschlungenen
Knoten', Gell. XIII 10 ea scientia
Laheo Antistius ad enodandos ple-
rosque iuris laqueos utehatur.
51 Mnc, ex plehe, denn von der
plehs togata gehen der causidicus
und iure consultus, aber auch der
miles, besonders der centurio, aus,
vgl. 14, 192 causas age, perlege
ruhras maiorum leges, aut vitem
posce lihello. Der Plebejer dient so-
gar an den am meisten gefahrdeten
Grenzen des Reichs gegen Parther
und Germanen am Niederrheiu, vgl.
169 sq. — Batavi custodes, die den
Bataver bewachen, wie 10, 144
tituli cupido liaesuri saxis cinerum
custodibus.
53 Jiermae, vgl. Nepos VII 3, 2.
Die Vergleichung lag sehr nahe,
da man in der Volkssprache einen
Dummkopf Zo/ns nannte, Plaut.
merc. 632 ego me credidi homini
docto rem mandare: is lapidi mando
maxumo.
54 vincis: superior es.
55 tua vivit imago wahrend du
eine lebende Bildsaule bist.
56 muta unverniinftig , wie Hor.
s. I 3, 100 mutum ac turpe. pecus,
denn in dem Mangel der Sprache
zeigt sich uach romischer Vorstel-
lung der Mangel an Vernunft.
57 nempe 'sicher, ja doch' ist
hier ein gesteigertes quidem, das
sonst zur Einfiihrung von Beispielen
gebraucht wird.
68 sic: lioc nomine, als generosus.
— facili cui dessen Behendigkeit
zu Ehren. — palma fervet die Hiinde
sich heifs klatschen, vgl. 13, 128
plana faciem contundere palma.
69 victoria ' Siegesruf ' ; raucus
circus ist das im Cirkus versammelte
schreiende Volk, wie 9, 144 cla-
mosus circus.
61 fuga Behendigkeit, Fliichtig-
keit, wie velocitas, vgl. Hor. III 30
fuga temporum. — et cuius pulvis
(der aufgewirbelte Staub) in aequore
(Rennbahn) primus est, vgl. ■hovlsl
71£8lOLO. '
62 posteritas = prolcs, Nachkom-
menschaft. Der Name Corypliaeus
{■aoQvcpciLoq) ist nicht weiter be-
kaunt, dagegen werden Kenner aus
der Landschaft der Hirpiner auch
Mart. III 63, 12 genannt: Hirpini
veteres qui hcne novit avos.
63 victoria der Siegeskranz. —
sedit, wie 1, 96.
LIBRI III SATVRA VIII
169
iiil ibi maiorum respectus, grutia uulla
umbrarum; domiuos protiis mutare iubeutur
exiguis, trito ilucunt epiraedia collo
seguipedes diguique molam versare nepotes.
ergo ut miremur te, non tua, privum aliquid da,
quod possim titulis incidere praeter lionores,
quos illis damus ac dedimus, quibus omnia debes.
haee satis ad iuveuem, quem nobis fama superbum
tradit et iutlatum pleuumque Neroue propinquo;
rarus enim ferme sensus communis in illa
fortuna. sed te censeri laude tuorum,
Pontice, noluerim sic ut nihil ipse futurae
laudis agas. miserum est aliorum incumbere famae,
ne conlapsa ruant subductis tecta cohimnis.
stratus humi palmes viduas desiderat ulmos.
esto bonus miles, tutor bonus, arbiter idem
65
70
75
66 et trito P 67 nepotis pco
78 in margine descinderet P
64 respectus bewundenide oder
ehrende Riicksicht. — gratia Ein-
flufs, Gunstwirkung.
65 sq. umhrarum der Toten. —
Zu iubenUcr uud ducunt ist nepotes,
signifikant am Ende der Periode,
Subjekt. — epimedia, die der raeda
(Reisewagen) mit dem Gepack fol-
genden Lastwagen, Quint. I 5, 68
cum sit praepositio graeca, raeda
gaUicum, neque Graecus tamen neque
GaUus utitur composito , Eomani
suum ex dlieno utroque fecerunt.
70 damus ac dedimus die Ehren-
amter, die wir jetzt wie friiher nur
den Ahnen, nicht dir, verleihen,
quia memoria bene de republica
meritorum valet etiam mortuorum
Cic. Sest. 21.
'71 — 145: Nur eigenes Verdienst
sichert den Adt-l, Charakterfestig-
keit im Privatleben, Ehrlichkeit
und Milde im Amte; Grausamkeit
in der Provinz und Ehrlosigrkeit
daheim macht den Hochadeligen
nur um so verachtlicher.
72 inflatum plmumque, aufge-
blasen und ganz erfiillt von seiner
Verwandtschaft mit Nero (propin-
quitate Neronis).
73 Der sensus communis ist der
Sinn fiir die biirgerliche Gleichheit
aller, riicksichtsvolle Bescheiden-
68 privum Salmasius: primnm Pay
heit (opp. Dberhebung), die Grund-
lage der Humanitat , Sen. ep.
5, 3 hoc primum philosophia pro-
mittit, sensum communem, humani-
tatem et congregationcm.
75 nihil futurae laudis keine des
Nachruhms sichere (wiirdige) That,
die selbst zum exemplum wird (vgl.
13, 1).
77 Vor ne ist nicht etwa ein
Verbum des Fiirchtens zu ergiinzen,
sondern es enthalt bereits wie fijj
oder oncog (irj den BegrifF der War-
nung in sich: ob nicht etwa, dafs
nur nicht, Cic. Verr. I 46 verbum
tamen facere non audebant, ne forte
ea res ad DolabeUam ipsum jjer-
tineret.
78 stratus humi, am Boden lie-
gend kann er sich nicht aus eigener
Kraft erheben, sondern wendet sich
der verwaisten Ulme zu. Wie reben-
umrankte Biiume maritatae (Hor.
epod. 2, 10 aUas maritat populos)
oder maritae heifsen (Cato 32 ar-
bores facito ut bene maritae sint),
so werden die weinleeren viduae
genannt, Hor. IV 5, 30 et vitem
viduas ducit ad arhores. Uber den
Zusatz des Epithetons vgl. zu 90
vacuis medidlis.
79 arbiter ist im Privatrecht =
iudex, daher der Ausdruck iudex
170
IVVENALIS
integer; ambiguae si quando eitabere testis
incertaeque rei, Phalaris licet imperet ut sis
falsus et admoto dietet periuria tauro,
summum crede nefas, animam praeferre pudori
et propter vitam vivendi perdere causas.
dignus morte perit, cenet licet ostrea centum
Gaurana et Cosmi toto mergatur abeno.
expectata diu tandem provincia cum te
rectorem accipiat, pone irae frena modumque,
pone et avaritiae, miserere inopum sociorum —
ossa vides rerum vacuis exucta meduUis —
80
85
90
86 cosmo P 88 accipiet co 90 medullas P
arbiterve Tab. Dnocl. IX 3, ibid.
XII 4 praetor arbitros tris duto,
Cic. legg. I 55 nec Mamilia lege
singuli, sed e XII {tabulis) tres
arhitri fines regemus.
81 Phalaris, zu 6, 4:8& praefectura
domus Sicula non mitior aula, Hor.
ep. I 2, 58 invidia Siculi non in-
venere tyranni maius tormentum,
war also sjirichwortlich.
82 fcdsus {testis) aktiv = Kigne-
risch oder heuchlerisch, Tac. I 7
quanto quis illustrior , tanto magis
fdlsi ae festinantes vuUuque com-
posito, III 3 ne falsi iniellegerentur,
wie wir auch das Wort 'falsch'
gebrauchen.
83 pudori der Ehre, 16, 34 citius
falsum producere testem contra pa-
ganum jwssis quam vera loquentem
contra fortunam armati contraque
pudorem. Lieber den Tod zu er-
leiden als etwas Unwiirdiges zu
thun, denn den Tod habe jeder in
seiner Macht, ist stoische Lehre,
Sen. provid. 6, 7 ante omnia cavi
(deus), ne ([uid vos teneret invitos:
patet exitus; si pugnare non vultis,
licet fugere, vgl. Hor.ep. 1 16,73—79.
84 Vgl. 11, 11 et cpiiihus in solo
vivendi causa palato est, die nur
uoch um des Geuusses willen leben,
sonst aber jeden Grund zum Leben
verloren haben. Plin ep. V 5, 4
qiii voluptatibus dediti quasi in
diem vivunt, vivendi causas cottidie
finiunt. — Causae vivendi hat, wer
sittlichePflichten fiir sich,dieScinen
und das Vaterlaud zu erfiillen be-
strebt ist, vgl. Pliu. ep. I 12, 3.
85 perit ist Perfekt, wie auch
Sen. ep. 93, 4 zeigt: alter (der
Thatige) post mortem quoque est,
cdter (der langlebende aber un-
thatige Mensch) ante mortem periit.
Sonst gebraucht Juv. die kontra-
hierte Perfektform nur vor Vokalen,
3, 174. 6, 128. 295. 559. 10, 118.
Vgl. Lachmann zu Lucret. lil 1042.
86 Gaurana = -Lucrina (4, 141),
nach dem mons Gaurus, vgl. 9, 57.
— Costuus, zur Zeit des Domitian
der bekannteste und beriihmteste
Parfiimerieen- und Essenzenhandler
Roms, wird auch von Martial I 87.
III 55. 82 und sonst haufig erwahnt.
Als unguentis affluentes und cala-
mistrata coma erscheinen die adeli-
geo Stutzer schon in Ciceros Zeit,
in der Kaiserzeit kamen noch die
Schoupflasterchen (splenia Mart. II
29) hinzu.
87 exspectata diu langersehnt;
die Zeit war eudlich gekommen,
dafs er die Verwaltung einer Pro-
vinz erhalten soUte, denn cum mit
Konjunktiv kann hier nur kausale
Bedeutung haben.
88 })one irae frena, nach Hor. ep.
I 2, 63 ira furor hrevis est, hunc
frenis, hune tu conipesee catena.
90 vacuis mcdidlis exucta = ohne
jegliches Mavk. Von Natur siud
Knochen und Mark verbunden; ist
das Mark ausgesogen, so ist dieses
selbst vereinsamt (blofsgelegt) oder
getrennt (^vacua), wie die Ulrae
ohne Weinrebe vidua ist (78), wiih-
rend aonst die Ulme den Begriff
der Rebe mit unifafst (6, 150 ulmos-
LIBRl III SATVRA VIII
171
respice, quid moueant leges, quid curia mandet,
praemid quanta bonos maueant, quam fulmiue iusto
et Capito et Numitor rueriut damnante seuatu
piratae Cilicum. sed quid damnatio coufert?
praeconem, Chaerippe, tuis circumspice pannis,
cum Pansa eripiat, quidquid tibi Natta reliquit,
iamque tace; furor est post omuia perdere naulum.
nou idem gemitus olim neque vulnus erat par
damuorum sociis florentibus et modo victis.
95
91 maudat P 93 et Tutor a , cf. Hosius 03 96 relinquid F
97 na*lu P naulon 5
qu€ Falernas poscit) ; iihnlich Hor.
III 25, 13 vacuum nemus der ein-
same Hain. Es scheint indessen,
als ob mcduUae unserem 'Gebein'
entspricht, das auch vertrocknen
kann, daher Prop. III 12, 17 qui tibi
(dem Amor) iucundum est siccis
habitare meduUisi' Von diciem Ge-
bein konnen die Knocben {ossa)
losgelost (exucta) gedacht werden,
80 dafs exucta die Bedeutung von
exempta oder privata enthtilt. End-
lich ist vacuis exucta meduUis denk-
bar = arida ct alba vacuefactis
(exhaustis) meduUis, wie Quint. XII
10, 14: aridi et exiuci et exsanfjues.
93 Xumitor ist sonst nicht be-
kannt, vgl. jedoch zu 7, 74. —
Cossutianus Capito wird von Tac.
XI 6 ala Delator gebrandmarkt;
spater war er legatus pro praetore
von Cilicien, das seit Tiberiua von
Syrien getrennt als besondere Pro-
vinz verwaltet wurde (Tac. II 42),
und wurde im J. 57 repetundarum
angeklagt, Tac. XIII 33 Cossutia-
num Capitonem Cilices detulerant,
maculosum foedumque et idem ius
audaciae in provincia ratum, quod
in urbe exercuerat; sed pervicaci
accusatione conjlictatus postremo de-
femionem omisit ac lege repetunda-
ru7n damnatus est. Schon im J. 61
war er wieder auf Betrieb seines
Schwiegervaters Tigellinus resti-
tuiert worden, Tac. XIV 48, und
setzte seine Tbatigkeit als Ankliiger
fort, Tac. XVI 21.
94 piratae Cilicum = piratae pi-
ratarum. Die Seerauber fruherer
Zeit, die in Cilicien ibre Schlupf-
winkel hatten, hiefsen gewohnlich
Cilices. Jetzt aber fauden die Ci-
lices in den romischen Statthaltern
nicht nur ihresgleiclien, sondern
noch grofsere Scburken , als je
unter ihnen selbst wareu. — con-
fert triigt ein, =prodest, vgl. 1, 106.
— Mit sed quid beginnt eine sati-
rische Digression bis 97: Capito
und Numitor sind freilich verurteilt,
aber den annen Ciliciern half dies
doch nicht.*, weil in unserem Adel
ein Schurke dem anderu folgt.
95 praeconem , um die panni zu
versteigem. — Chaerippjus war der
Fiihrer der Gesandtschaft, welche
in Rom die Klage gegen Cossu-
tianus erhoben hat; von ibm wahr-
scheinlich sagt Quint. VI 1, 14
egregie nobis adulescentibus dixisse
accusator Cossutiani Capitonis vide-
batur, graece quidem, sed in hunc
sensum: erubescis Caesarem timere.
Auch Tac. riibmt die Anklage als
pervicax.
96 Pansa erscheint in der gcns
Vibia, Natta in der gens Fulvia
und Pinaria. Beide Namen bezeich-
nen hier gewissenlose Riluber in
der Provinzialverwaltung.
97 iam mit Imperativ = endlich,
auf der Stelle. — nauhim {vuvlov)
scheint volkstiimlicher Ausdruck
gewesen zu sein, da er sich noch
in den romanisohen Sprachen wie-
derfindet, Weise 212.
98 sq. gemitus ist Plural. — vul-
nus damnorum ist die Wunde oder
der Schmerz, den die damna ver-
ursachen, die Empfindlichkeit des
Verlustes.
172
IVVENALIS
plena domus tunc omnis, et iugens stabat acervus
nummorum, Spartana chlamys, conchylia Coa,
et cum Parrhasii tabulis signisque Myronis
Phidiacum vivebat ebur, nec uon Polycliti
multus ubique labor, rarae sine Mentore mensae.
inde Dolabella hinc atque hinc Antonius, inde
sacrilegus Verres refer^bant navibus altis
100
105
104 multos P rarae om. P add. p 105 hinc atque hinc W:
atlque stinc cantonius P atque hinc antonius co
100 Cic. Verr. IV 46 credo tum,
cum Sicilia florebat opibus et copiis,
magna artificia (Kunstthatigkeit)
fuisse in ea insula. Nam domus
erat ante istum nulla paulo locu-
pletior, qua in domo haec non essent,
etiamsi praeterea nihil esset argenti,
patella grandis cum sigillis ac si-
mulacris deorum, patera, turibulum.
— acervus, nach Hor. ep. I 2 , 47
non domus et fundus, non aeris
acervus et auri.
101 Spartana, denn die Purpur-
muschel fand sich nachst der pho-
uikischen Kiiste am haufigsten in
der Nahe von Gythion, wo noch
jetzt Berge von alten Muschel-
schalenandenehemaligenFischerei-
betrieb erinnern, Hor. II 18, 7 nec
Laconicas mihi trahunt honestae
purpuras clientae. — conchylia Coa =
Coae purpurae Hor. IV 13, 13 aus
Kos, wo man aus dem Gespinst
einer Seidenraupe, bomhyx (6, 260),
besouders feine Purpurgewander
webte, die sich den Korperformen
leicht anschmiegteu, vgl. 2, 66.
3, 81. 7, 136.
102 Parrhasius aus Ephesus, aber
in Athen lebend, war der bedeutend-
ste Maler des vierten Jahrhunderts
vor Christus, Quint. XII 10, 4 post
(nach Polygnotus und Aglaophon)
Zeuxis atque Parrhasius non multum
aetate distantes circa peloponnesia
ambo tempora plurimum arti addi-
derunt. Von Parrhasius waren viele
Bilder in Rom, vgl. Hor. IV 8, 6.
— Myron , Schuler des Ageladas,
war wie Polyklet vorzugsweise Erz-
giefser und wiihlte sich am liebsten
kriiftige Athletengestalten {8ia%ocp6-
Qog, und der doXix^dQOfiog Ladas);
weltberiihmt und viel besungen war
seine Kuh, ex aere Myronis bucula
Cic.Verr. IV 135, vgl. GoethesAufs.
'Myrons Kuh' XXVII 216.
103 sq. vivebat, driickteLeben aus,
wie Verg. georg. IH 34 spirantid
signa, lebendige oder lebensvolle
Bilder, Aen. VI 848 vivos ducent
de marmore voltus. — labor als
Produkt der Arbeit = opus wie
Mart. IV 39, 5 solus Mentoreos habes
labores, XIV 95 nam Myos iste labor,
vgl. das ist eine Arbeit Diirers. —
Zu Polycliti vgl. 3, 217. — Mentor
war der beriihmteste Toreute {cae-
lutor argenti) des Altertums, in der
ersten Halfte des vierten Jahrhun-
derts V. Chr., Mart. III 41 inserta
phialae Mentoris manu ducta lacerta
vivit et timetur argentum.
105 sq. inde hierauf. — Dolabella
ist nicht der Konsul vom J. 81, der
wegen seiner Verwaltung von Mace-
donien im J. 77 von dem juugen
Julius Casar angeklagt, vom Ge-
richt aber fieigesprochen wurde,
sonderu der Prator vom J. 81, der
in den Jahren 80 und 79 Cilicien
verwaltete, und mit dem Quastor
C. Malleolus uud seinem Legaten
C. Verres im Bunde sich viele Ge-
waltthatigkeiteu erlaubte. Er wurde
wegen Erpressungen von M. Scaurus
angeklagt und verurteilt. — C. An-
tonius, der zweite Sohn des Red-
uers M. Antonius und Bruder des
M. Antonius Creticus, der spatere
Kollege Ciceros im Konsuhit, blieb
nach Sullas Kiickkehr im J. 83 in
Kleinasien zuriick uud pliinderte
die Proviuz. Nach SuUas Tod be-
langte ihn Julius Casar als Anwalt
der Griechen im J. 76 vor dem
Priitor M. Lucullus; ala dieser aber
zu Gunsten der Griechen cntschied,
LIBRI III SATVRA VIII
173
occulta spolia, et jilures de pace triumphos.
nunc sociis iuga pauca boum, grex parvus equarum,
et pater armeuti capto eripietur agello,
ipsi deinde Lares, si quod spectabile signum, lio
seu quis iu aedicula deus unicus; haec etenim sunt
pro summis, nam suut haec maxima. despicias tu
tbrsitau inbellis Rhodios uuctamque Coriuthon,
despicias merito; quid resinata iuventus
109 eripietur pco: eripi**** P eripiatur s 110 ipse P 111 seu
W: si Pco 112 iam coniecit B 113 victamque chorintho P
entzog er sich mit Hiilfe der Volks-
tribunen dem Gericht, er wurde
deshalb im J. 70 von den Censoren
aus dem Senat ansgestofsen, Ascon.
p. 88 sq. Dolabella pliinderte Klein-
asien mehr siidlich {hinc), Antonius
mebr nordlich und westlich {atque
hinc), auf der anderen Seite {inde)
iibte Verres seine Kunstriiubereien
nicht nur in Sicilien, sondere auch
in Kleinasieu und Griechenland. —
Er heifst sacrilegtis, weil er Tempel
und Gotterbilder nicht schonte.
107 occidta iiir occuUe ist anf-
fallend, denn die Positionslange des
schliefsenden a ist bei Juvenal das
einzige Beispiel'; ahnlich CatuU. 64,
186 nulla fugae ratio, nuUa spcs, vgl.
L. Miiller r. m. 320. — plures ist No-
minativ: sehr viele Beute fiihrten
Rauber wie Verres ans den Provinzen
nach Rom und noch viel mehr (als
diese Rauber) bracbten Triumphe
viber friedliche Bundesgenossen {de
pace = depacatis) nach Hause. Dafs
in diesen Triumphcn viele Kunst-
schiitze aufgefuhrt wurden, brauchte
fiir den R(3mer nicht besonders be-
merkt zu werden.
108 sq. grex parvus equarum ist
durch et inniger mit pater armenti
verbunden, weil der Besitz der equae
die Pferdezucht zum Ziel u. Zweck
hat. Dafs armenium wie von Rin-
dern, so auch von Pferden ge-
braucht wird, zeigt Verg. XI 494
qualis uhi abruptis fugit ^^fuesepna
vinclis tandem libtr cquus campoque
potitus aperto aut ille in pastus
armentaque tendit equarum aut ud-
stutus aquae perfundi flumine noto
emicat. — capito agello ist Abl. abs.
110 Lares, nicht im romischen
Sinne, vgl. Cic. Verr. IV 4 crat
apud Heium sacrarium magna cum
dignitate in aedihus a maioribus
traditum, in quo signa pulcherrima
qiiattuor etc.
111 seu quis, zu 36. — aedi-
cula, Tempel, denn das Deminutiv
scheint nur gewiiblt zu sein, um
dem Schmerz und dcr Teilnahme
des Dichters Ausdruck zu geben.
112 pro summis, die genannten
Kunstschatze schatzen sie als die
hochsten Kunstwerke, denn es sind
das die grofsten Kunstwerke, die
sie noch besitzen, alle anderen siud
ihnen geraubt.
113 imbeUis Ehodios, vgl. 6, 296.
— uncta, fett, genufssiichtig, von
der Stadt, die die Freuden des
Gaumens und die Pflege des Leibes
liebt, Plaut. pseud. WQO uncti senes,
Hor. ep. I 17, 12 accedes siccus ad
unctum, Sen. ep. 96, 24 magis di-
liges ex duohus aeque bonis viris
nitidum et unctum quam pulveru-
lentum et horrentem, Mart. V 44
unctiore viensa captus es. An die
Pflege der Paliistra allein ist hier
sicher nicht zu deuken.
114 resina (von qsco), Raumharz
(Terpentin) diente als Enthaarungs-
mittel, vgl. zu 16. — Es ist selbst-
verstiindlich, dafs die Verse 112 bis
115 nicht das Pliindern in solchen
Provinzen, welche von weicblicheu
Stiimmen bewohnt sind, empfehlen
oder entschuldigen wollen, diigegen
spricht die ganze Ausfiihrung von
V. 88 — 112. Der Potentialis kann
also nur ironisch gemeiat sein:
Ubrigens ist die Pliinderung der
Bnndesgenossen auch gefahTlich ;
verweicblichte Griechen mogen we-
174
IVVENALIS
cruraque totius facient tibi levia gentis? 115
liorrida vitanda est Hispania, Gallicus axis
Illyricumque latus. parce et messoribus illis,
qui saturant urbem circo scaenaeque vacantem;
quanta autem inde feres tam dirae praemia culpae,
cum tenuis nuper Marius discinxerit Afros? 120
curandum in primis, ne magna iniuria fiat.
fortibus et miseris tollas licet omne quod usquam est
auri atque argenti, scutum gladiumque relinques:
et iaculo et galea spoliatis arma supersunt.
quod modo proposui, uon est sententia: verum 125
credite me vobis folium recitare Sibyllae.
si tibi sancta cohors comitum, si nemo tribunal
vendit acersecomes, si nullum in coniuge crimen,
122 tollat P umquam P 123 relinqu*** P relinquas S 124
et iaculo et galea W: et iaculum et galeam Pm 125 verum Haecker-
mann: verum est Pai
niger zu fiircliten sein, aber von
Spanien, Gallien (Deutschland) und
Illyrien mufd sich ein Rauber und
Bedrucker doch sehr fern halten!
116 Gallicus axis, der Nordosten
mit Germania inferior, 6, 470 exiil
Hyperhorcum si dimittatur ad axem,
14, 42 quocumque sub axe.
118 saturant urbem, vgl. 5, 119
tibi habe frumentum o Libye, dum
tubera mittas, 14, 166 saturabat gle-
bula talis patrem ipsum turbamque
casae. — circo scaenaeque, 3, 223
si potes avelli circensibus, 10, 81
duas tantum res anxius optat, pa-
nem et circenses, 11, 53 ille dolor
solus patriam fugientibus, illa mae-
stitia est caruisse anno circensibus
tmo, vgl. zn 7, 174.
119 Und wenn du auch in Afrika
rauben woUtest, was ohne schwere
Versiindigung gegen Rom nicht
moglich ware, was hattest du denn
davon? Es ist ja dort nichts mehr
zu holen.
120 tcnues (vgl. zu 7, 80) ist pro-
leptisch, eine Folge des discinxerit
losgegiirtet und gepliindert, d. h.
ausgezogen hat, Mart. IX 101 pel-
tatam Scythico discinxit Amazona
nodo (i e. Hercules), XII 29, 13 me-
dios discingere lectos mensarimque
pedes non timte.
121 Die Bedriickung der Provin-
zen ist gefahrlich. Besonders mufs
man schwere Unbilden vernieiden.
Denn tapfere und gedriickteVolker
behalten immer Schild und Schwert.
Man kann ihnen Speer und Helm
nehmen, sie entwaffnen, dennoch
bleiben ihnen Waffen genug, wenn
die Gedriickten wirklich tapfer sind.
'Der Gott der Eisen wachsen liefs,
der wollte keine Knechte.' — in-
iuria fiat, den 116 — 117 genannten
Volkern.
123 scutum gladiumque, d. h» Eisen
und Holz zur Bewaffnung kannst
du ihnen doch nicht nehmen, wie
Gold und Silber.
125 sq. sententia, rhetorische De-
klamation, sententia communis. —
verum folium, ein wahrhaftiges und
uutriiglichesOrakel der cumanischen
Sihylla; es gab bereits seit dem
ersten Brand des Kapitols auch
sehr viele gefiilschte Spriiche.
128 acersecomes (axfpcf-/ofi//s) =
intonsus ist Epitheton des ApoUo
oder Dionysos, steht aber hier
(= Lockenkopf von einem schonen
jungen Sklaven des Herrn, einem
pucr delicatus oder a cyatho. — in
coniuge: in der Republik folgte die
Gattin dem Manne nicht selten in
dieProvinz; Augustusgestattete den
Legaten nur ungern ihren Frauen
wiihrend des Wiuters einen Besuch
LIBRI ni SATVRA Vlll
175
uec per con^entus et cuncta per oppida curvis
uuguibus ire parat nummos raptura Celaeno,
tu licet a Pieo uumeres genus, altaque si te
nomiua ilelectaut, omuem Titauida pugnam
inter maiores ipsumque Promethea ponas,
ile quocumque voles proavum tibi sumito libro.
quod si praecipitem rapit ambitio atque libido,
si fraugis virgas sociorum in sanguiue, si te
delectaut hebetes lasso lictore secures,
incipit ipsorum contra te stare parentum
nobilitas claramque facem praeferre pudendis.
omne animi vitium tauto conspectius in se
crimen habet, quauto maior qui peccat habetur.
quo mihi te solitum falsas signare tabellas
130
135
140
131 tum p tunc ca 139 puendis P 140 tanta P
zu maclien, Suet. 24 uxorem inter-
visere; ea war Sitte, dafs die Frau
die Grenze Italiens nicht verliefs
(cohibita intra JtaUam), aber diese
Sitte wurde nicht gewahrt und die
Statthalter nahmen ihre Frauen sehr
haufig zur Hofhaltuug mit in die
Provinz, Tac. III 33 sq.
129 Die Provinz war in Gerichts-
bezirke eingeteilt, von denen jeder
eine Gerichtshauptstadt besafs, wo
der Statthalter mit seinem consi-
lium von Zeit zu Zeit erschien, um
Beschwerden anzuhoren, Streitig-
keiten zu schlichten und Recht zu
sprechen {conve)ttus agere).
130 sq. Celaeno war die iilteste
der Harpyien, vgl. Verg. III 210.
curvis unguihus auch 13, 169. —
Ficus war der Sohn des .Saturnus
und Vater des Faunus, Verg. VII
48. 188. Er galt fiir den ersten
KSnig in Latium, Verg. VII 190.
— alta, weitzuriickgehende, uralte
Namen.
134 de quocumque libro, aus einer
Tragodie oder aus Theogonieen oder
au8 heroischen Dichtungen, welchen
Heroa immer er sich wlihlen mochte.
Daa Verlangen, einen uralten Ahn-
herrn aufweisen zu konnen, wnrde
besonders durch Vergils Aneis und
wohl auch durch die Origines dea
Cato Censoriua unterstutzt.
135 quod si ist adversativ: wenn
aber, wie Hor. ep. I 7, 25 quodai
me noles usquam discedere, reddes
forte latus. — ambitio Parteilich-
keit. — libido, Willkvir, d. h. Riick-
sichtslosigkeit gegen Recht und
Sitte; beide fiihren zur superbia
und crudelitas und diese steigert
sich zur immanitas, co_uot/js, vgl.
6, 484.
139 facem praeferre, die Fackel
vorhalten, beleuchten, Sall. lug.
85, 22 maiorum gloria posteris quasi
lumen est: neque bona neque mala
eorum in occuUo patitur.
140 sq. animi vitium, Schlechtig-
keit, als Ausfliifa des Charakters,
nicht des Irrtums. — conspectius,
bemerkbarer, mehr Aufsehen er-
regend (vgl. zu 2, 81). Der Kom-
parativ dieses verbalen Adjektivs
und in se neben Jiabet gehort erst
der silbernen Latinitiit an, vgl.
Niigelsbach Stil. § 110, 1. Juvenal
eiinnert an Casars Worte bei Sall.
Cat. 51: qui demissi in obscuro vi-
tam habent, si quid iracundia de-
liquere, pauci sciunt, qui magno
imperio praediti in excelso vitam
agunt, eorum facta cuncti mortales
novere: ita in maxuma fortuna mi-
numa licentia est.
142 quo mihi te, zu 9. — Testa-
mente und sonstige Urkunden wur-
den nicht selten in Tempdn nieder-
gelegt, 80 dafs daselbst anch die
feierliche Ceremonie der LTnter-
siegelnng stattfand. Vgl. 1, 67. Vor
176
IVVENALIS
in templis, quae fecit avus, statuamque pareiitis
ante triumphalem? quo, si nocturnus adulter
tempora Santonico velas adoperta cucullo? 145
praeter maiorum cineres atque ossa volucri
carpento raj)itur piuguis Lateranus, et ipse,
ipse rotam astringit sufflamine mulio consul,
nocte quidem, sed Luna videt, sed sidera testes
intendunt oculos. finitum tempus honoris 150
cum fuerit, clara Lateranus luce flagellum
sumet et occursum numquam trepidabit amici
iam senis ac virga prior annuet atque maniplos
148 sufflamine mulio S ad 157 florilegium S, Galli grammaticus
GLK. VI p. 331: multo sufflamine P {immo p) co
dem Tempel oder in der Nahe
konnte auch die Triumphalstatue
stehen, vgl. 1, 129.
145 tempora velas adoperta, zu
7, 84. Kapuzenmantel heferten die
gallischen Webereien, die grobe,
stavke, und zottige Tuche fertigten,
9, 30. Auch Mart. XIV 128 wird
der bardocucicllus Santonicus , da-
^egen 1, 53 Lingonicus genannt.
tJber die Benutzuug des cucullus
vgl. 3, 170 und dagegen 6, 118.
146—268: Beispiele unwurdiger
Mitglieder des Adels in neuerer
und friiherer Zeit.
a) 146 — 182: Das unwiirdige Be-
nehmen eines Lateranus.
146 T. Sextius Magius Latera-
nus war Konsul im J. 94 n. Chr.,
also imter dem Kaiser Domitianus.
Er ist nicht zu verwechseln mit
Plautius Lateranus, einem Mitver-
schworenen des Piso, Tac. XV 49.
Plautius wurde noch als consnl de-
signatus hingerichtet, Tac. XV 60.
Dafs hohe Geburt an sich nicht
den Wert des Menschen bestimmt,
wird an einzelnen charakteristischen
Beispielen ausgefiihrt. — cineres, an
der via Appia, Latina oder Fla-
minia, wo hauptsiichlich die sepul-
chra der Vornehmen errichtet waren.
147 carpentum (St. 1<arp , Jcrap,
HQatTivog, reifsend schnell) war ein
leichter zweiradriger Wagen, ur-
spriinglich fiir Frauen bestimmt,
dann vielfach von Stutzern benutzt,
vgl. 9, 132. — pinguis, von der
korperlichen Pflege, Hor. ep. I 4, 15
me xnnguem et nitidum bene curata
cute vises, Quint. I 5, 14 ille pexus
pinguisque doctor, wohlfrisiert und
wohlgenahrt. — ipse, zu 6, 166.
148 sufflamen, Hemmschuh, 16,
50 nec res atteritur longo sufflamine
litis. — mulio, denn der Wagen war
mit Maultieren bespannt, vgl. 7, 181,
mulio consul ist eine Verbindung,
die das Verachtliche des Menschen
zum scharfen Ausdruck bringt, wie
6, 118 meretrix Augusta, Prop. IV
11, 39 incesti meretrix regina Canopi.
149 nocte quidem, allerdings nur
im Duukel der Nacht. — testes ist
Nom. und zu sidera gehorig, 6, 311
luna teste moventur, Prop. Jl 9, 41
sidera sunt testes.
150 intendunt ocuJos, strengen die
Augen an, schauen erstaunt zu,
weil die Erscheinung kaum glaub-
lich ist, Plin. ep. II 20, 3 von Re-
gulus am Krankenbette derVerania:
ubi audiit, componit vuJtum, inten-
dit ocidos (wird aufmerksam), movet
Jabra, agitat digitos, computat.
152 trepidare mit Accusativ auch
10, 21 trepidabis Jtarundinis um-
bram, Senec. Herc. Oet. 1062 nec
damae trepidant Jupos, nach Ana-
logie von Jiorrere, wie tremisco bei
Verg. III 648 sonitumque pedum
vocumque tremisco, Hor, II 12, 8
unde pericuJum fuJgens contremuit
domus Saturni veteris.
153 virga annuct, wie der mulio
3, 317. Der Anstand erfordorte
wenigstens die Peitsche in die Unke
LIBRI III SATVRA VIII
177
solvet et infundet iumentis hordea lassis.
interea, duui lanatas robumque iuvencum 155
more Numae caedit, lovis aute altaria iurat
solam Eponam et facies olida ad praesepia pictas.
sed cum pervigiles placet instaurare popiuas,
obvius adsiduo Syrophoenix unctus amomo
currit, Idumaeae Syrophoenix incola portae 160
hospitis adfectu dominum regemque sahitat,
et cum veuali Cyane succincta higona.
defensor culpae dicet mihi '^fecimus et nos
haec iuvenes'. esto, desisti nempe nec ultra
155 robum S jlorilcgium: torvum pco erasum in P 159 adsiduu-
♦♦♦rophoenix P udus pco 162 cyanis P 163 dicet ^"b" dic*t P
dicat lahn
Hand zu nehmen und mit der rechten
Hand {exptdita dvxtra) zu grnfsen,
indem man den Wagen verliefs und
an den senex herantrat. Das letz-
tere scheint damals freilich ver-
alt^te Sitte gewesen zu sein.
Ibbinterea, mittlerweile, so lange
er noch Konsul ist. — lanatas, sc. oves
— robum gehorte, wie es scheint,
der PriesterBprache an, Paul. Diac.
p. 264 robutn rubro colore et quasi
rufum significari , ut bovem quocj[ue
rustici apiJtllant, manifestum est.
Hinc et homines valentes et boni
coloris robusti, aber das Wort be-
zeichnete urtpriinglich keine Farbe,
sondern nur das Vollkraftige und
Makellose. Denn am Feste des
Juppiter Latiaris opferten die Kon-
sulnauf dem mons AlbanusinGegen-
wart aller Magistrate urspriinglich
einen weifsen Stier, vgl. Weifsen-
bom zu Liv. XXXII 1, 9.
156 more Kumac, nach dem cere-
mouiellen Kitus, wie er angeblich
in den Commentarii des Konigs
Numa bestimmt war, Liv. I 20, 5.
157 Epjfjna war die Beschiitzerin
der Pferde und Maultiere, wie Bu-
bona die Gottin der Rindviehzucht.
In den italischen Dialekten findet
sich sehr oft p fiir qu oder c, z. B.
pjis = quis, Ep)idius = Equidius, wie
lupus = /luxog. Die Kiirze des o liifst
auf eine Adjektivform schliefsen,
wie tmtivrj. Xeben der Epona wur-
den noch andere gemalte Bilder von
Stallgottheiten an der Krippe an-
gebracht : facies ud praesepia pictas.
IWBSAXIS SaTVEAE.
158 pervigiJes popinas, wie 15, 43
pervigiU toro, die nachtschwarmende
Kneipe. — instaurarc, wiederauf-
nehmen, besuchen.
159 adsitluo udus amomo = Pers.
3, 104 crassisque lutatus amomis,
wo der Scholiast erklart: multis
oblitus ungttentis; iihnlich Prop. IV
11, 56 et adsiduo lingua sepulta
mero. — Syria Photnice war da-
mais noch keine besondere von
Syria Coele oder Magna abgetrennte
Provinz, die Phonizier wurden aber
von den iibrigen Syrern unter-
schieden.
160 Idumaea wurde damals von
den Dichtern geradezu fiir ludaea
gebraucht, Mart. II 2 frater (Titus)
Idumaeos meruit cum patre trium-
phos. Die Lage der porta Idumaea
ist unbekannt; incola deutet da-
rauf hin, dafs so eine Ortlichkeit
in Rom genannt wurde.
161 hospitis adfectu, mit Gast-
wirtsfreundlichkeit, mait die Ge-
schaftigkeit {obvius currit) und die
Biicklinge {dominum regemque, zu
5, 137) des Wirts.
162 Cyane, vgl. Ovid m. V 412
inter Sicelidas Cyane celeberrima
nymphas, d. h. die Dunkle, nach der
Farbe des Haares (und des Gesichts ?).
Sie ist leicht geschiirzt (succincta),
wie iiberhaupt die Bedienung bei
Tisch, Hor. s. II 8, 10 pucr alte
cinctus, ibid. 70 ut omnes praecincti
recte pueri ministrent; vgl. 4, 24.
12
178
IVVENALIS
fovisti errorein. breve sit, quod turpiter audes;
quaedam cum prima resecentur crimina barba.
indulge veniam pueris: Laterauus ad illos
tbermarum calices inscriptaque lintea vadit
maturus bello Armeniae Syriaeque tuendis
amnibus et Rbeno atque Histro. praestare Neronem
securum valet baec aetas. mitte Ostia, Caesar,
mitte, sed in magua legatum quaere popina:
invenies aliquo cum percussore iacentem,
permixtum nautis et furibus ac fugitivis,
inter carnifices et fabros sandapilarum
et resupinati cessantia tympana galli.
aequa ibi libertas, communia pocula, lectus
165
170
175
168 scriptaque P
165 quod — audes, vgl. zu 6, 97.
166 cum prima barba, tlenn nach
der depositio barbae (zu 3, 186) liefs
man doch nicht selten den Bart
wieder wachsen, nur Personen iiber
40 Jahre rasierten den ganzen Bart,
vgl. 6, 105 u. Marquardt Pr. II 200.
168 thermaruvi calices, denu mit
den Thermen waren in der Regel
Garkiichen verbunden, Quint. I 6, 44
in halneis perpotare, Mart. V 70
plenum centies Syriscus in sellari-
olis vagus popinis circa balnea quat-
tuor peregit. In den Thermopolien
wurde eine Mischung von Wein
und heifaem Wasser getrunken,
Plaut. tr. 1013. In diesen Kneipen
wareu in der Regel ceUae pueUa-
rum, deren Namen {tituli) auf einem
velum (lintcum), welches die ceUa
abschlofs, geschrieben stand, vgl.
zu 6, 123 und Wilmanns Ex. Inscr.
Lat. nr. 2717.
169 sq. Das Reich bedarf des
Schutzes im Osten gegen die Parther,
am Rhein gegen die Germanen, an
der Donau gegen die Dacier. Unter
Nero kann hier nur Domitian ver-
standen werden, wenn Laterauus
der Konsul des Jahres 94 ist, vgl.
4, 38 calvo Neroni, Mart. XI 33
vicit nimirum non Nero, sed pra-
sinus.
171 sq. Ostia als Neutrum vom
Hafen, als Femininum von der
Hafenstadt. Von dort gingen die
Befehlshaber ab in die iiberseeischen
Provinzen, vgl. 12, 75. Wenn der
Kaiser den Legaten in die Provinz
absenden will, mufs er ihn erst in
der magna popina (= fornix et
uncta popina Hor. ep. I 14, 21) auf-
suchen lassen.
173 invenies, vgl. 1, 155.
175 sq. carnifices — tortores 6, 480.
— - fabros sandapildrum, Bettelsarg-
schreiner, die wahrscheinlich auch
als Leichenbestatter, sandapilarii
oder vespiUones, sich dingen liefsen.
Der Wohlhabende wurde auf der
lectica zum Scheiterhaufen getragen,
arme Sklaven wurden in armseligen
Kasten {arca oder sandapila) zu
Grabe getragen, Hor. s. I 8, 9. Mart.
VIII 75 quattuor inscripti poftabant
vile cadaver, accipit infelix qudlia
miUe rogus. — gaUi, zu 6, 513. —
resupinati, plump ausgestreckt, auf
dem Riicken liegend, scheint eine
vox plebeja zu sein, vgl. 3, 112.
177 aequa Ubertas Freiheit und
Gleichheit. Die stadtischen Sklaveu
fiihrten ein freieres und angeneh-
meres Leben als die Arbeiter auf
dem Lande; daher sagt bei Plaut.
most. 13 Grumio zu Tranio: tit ur-
hamis vero scurra, deliciae popli,
rus niihi tu obiectas? sane credo,
Tranio, quod te in pistrinum scis
actutum tradier. Cis hercle paucas
tempestates , Tranio, augehis ruri
numerum, gcnus ferratile, die niim-
lich in Fiifsfesseln arbeiten mufsten.
Das genus ferratile ist das ergastu-
lum auf dem Lande, vgl. 14, 24.
LIBRI III SATVRA Vlll
179
nou alius cuiquam, nec niensa remotior ulli.
quid facias talem sortitus, Pontiee, servum?
nempe in Lucanos aut Tusea ergastula mittas.
at vos, Troiugenae, vobis iguoscitis, et quae
turpia cerdoni, Volesos Brutumque decebunt.
quid, si numquam adeo foedis adeoque pudendis
utimur exemplis, ut non peiora supersint?
consumptis opibus vocem, Damasippe, locasti
sipario. clamosum ageres ut Pliasma Catulli.
Laureolum velox etiam beue Lentulus egit,
iudice me dignus vera cruce. nec tamen ipsi
iguoscas populo; populi frons durior huius.
180
185
182 volsos rut*umque P 183 qnod P 187 etiam pco: iam P
180 In Lukanien und Etrurien
waren Latifundien undgrofse Weide-
platze, seitdem durch den zwei-
ten punischen unJ vollends durch
den Bundesgenossenkrieg der freie
Bauemstand vernichtet worden war,
Mart. IX 22 ut sonet innumera com-
pedc Tuscus ager.
181 Gegen andere seid ihr vor-
nehmen und adelsstolzen Romer
{Troiufjenae) zur Harte im Urteil
geneigt, aber gegen euch selbst
iibt ihr eine ganz unwiirdige und
unverantwortliche Nachsicht.
182 Volesos decebunt, abnlich
4, 13. Volesus Valesius war der
Ahnherr des patrizischen Geschlech-
tes der Valerii, Dion. Hal. II 46.
— cerdoni, 4, 153.
b) 183—210: Das unwurdige Be-
nehmen eines Damasippus, Lentn-
lus und Gracchus.
185 iJamasippus gehort der No-
bilitiit an. Wer damit gemeint ist,
ist unbekannt; eicher aber ist es,
dafs der Zusammenhang keine Ver-
anlassung giebt, ihn fiir einen do-
mitor eqiiorum (Sauuainnog) zn hal-
ten. denn mit Lateranus hat Dama-
sippus, wie die Cbergangsform
V. 183 sq. zeigt, weiter nichts ge-
mein, als dafs beide unwurdige
Glieder des hohen Adels gewesen
sind.
1868q. siparium, Deminutiv von
supparum oder siparum {oinaQog),
Toppsegel, ist der kleinere Theater-
vorhang bei den Zwischenscenen
der Komodie (im Gegensatz znm
aulaeum dem Hauptvorhang) , und
wird deshalb metonymisch auch zur
Bezeichnung der Komodie selbst
gebraucht, Sen. dial. IX 11, 8
Publilius, tragicis comicisque vehe-
mentior ingeniis, inter multa alia
cothurtio non tantum sipario forti-
ora et hoc ait: cuivis potest acci-
dere, quod cuiquam potest. — Der
Mimograph CatiiUus, der unter Cali-
gula Claudius und Nero lebte, war
der Verfasser sowohl des Phasma
(Gespenst) als des Laureolus, eines
durciitriebenen Sklaven, der sich
als Rauber beriichtigt machte, dann
aber ergriffen und gekreuzigt wurde,
Joseph. antiq. XIX 1, 13 uiuog sia-
dyETcci. (kurz vor Caligulas Ermor-
dung) %a&' ov atavQovzaL Xi]aza>v
riyiuav. Auch unter Domitianus
wurde dieses Stiick so aufgefiihrt,
dafs ein Verurteilter wirklich ge-
kreuzigt und am Kreuze hiingend
von wilden Tieren zerrissen wurde,
Mart. spect. 7. Darauf beziehen sich
die Worte dignus vera cruce (188),
wie ein Verbrecher. — Lentulus ist
nicht bekannt, dem Namen nach
gehorte er einer der vomehmstea
Familien an, vgl. 6, 80.
188 Freilich tragt das Volk nicht
die geringste Schuld, das solche
Scenen mannlicher Verkomraenheit
ruhig mit anzusehen vermag.
189 durior, verglichen mit der
Schamlosigkeit solcher Mtnschen
wie Lentulus.
12*
180
IVVENALIS
qui sedet et spectat triscurria patriciorum,
planipedes audit Fabios, ridere potest qui
Mamercorum alapas. quanti sua funera vendant,
quid refert? vendunt nuUo cogente Nerone,
nec dubitant celsi praetoris vendere ludis.
finge tamen gladios inde atque hinc pulpita poni,
quid satius? mortem sic quisquam exhorruit, ut sit
zelotypus Thymeles, stupidi collega Corinthi?
res haud mira tamen citharoedo principe mimus
nobilis. haec ultra quid erit,. nisi ludus? et illic
198 aut P
190
195
190 triscurria, 'Kiaftapafse', ein
von Juv. gebildetes oder der Vul-
garspiaclie entlebntes Wort; vgl.
triparcus, trifur, trijurcium.
191 ■planipedes = mimos, Don. de
com. p. 14 R. : planipedia dicta ob
humilitatem argumenti eius ac vili-
tatem actorum, qui non cothurno
aut socco nituntur in scaena aut
pulpito, sed plano pede, Diom. G. L.
I 490 quarta species {fahularum) est
planipedis, qui graece dicitur fitjuos ;
ideo autem latine planipes dictus,
quod actores pedihus planis, i. e.
nudis, proscenium introirent, non
ut tragici actores cum cothurnis
neque ut comici cum soccis; deutsch
etwa = PossenreiAer. Tac. h. III
62 Fahius Valens ludicro luvena-
Uum suh Nerone velut ex necessi-
tate, mox sponte mimos actitavit,
scite magis quam prohe.
192NebendemHauptschauspieler
gab es actores secundarum (Suct.
Cal. 57 sub fin.), die jenem unter-
geordnet waren, ihn iibereifrig nach-
ahmten und dafiir die Schlage von
ihm empfingeu; es v/ar dies beson-
ders die RoUe des stupidus, vgl. zu
5, 171. Mart. V 61, 11 o quain dignus
eras alapis, Mariam, Latini. Die
ilfamera vertreten hier den Patriziei'-
adel. — funera, ihren biirgerlichen
Tod, d. h. ihre Ehre, dtnn sie ver-
nichten sich moralisch, vgl. 84 sq.
193 sq. Suet. Ner. 4 praetarae
consulatusque honore equites M. ma-
tronasque ad agendum mimum pro-
duxit in scaenam, ib. 12 exhibuit
ad ferrum etiam quadringcntos sena-
tores sescentosque equites JR., et
quosdam fortunac atque existima-
tionis integrae. Indessen kann man
hier zugleich {nullo) auch an Do-
mitian denken, den alter Nero, vgl.
4, 99. Unter Trajan zwang solche
Menschen weder ein Nero nioch
ein Domitian, sie thaten es sponte,
wie Fabius Valens bei Tac. h. III 62,
ja sie thaten es um Geld, das sie
von dem auf ei-habenen Sitze {celsus)
zuschauenden Prator, dem Fest-
geber (10, 36), unbedenkLich an-
nahmen.
105 finge tamen, zu 5, 72. —
gladios, d. h. die Hinrichtung durch
Centurionen oder Soldaten, vgl. 4,
96. Sinn: aber gesetzt auch, dafs
ein Tyrann dich mit Bedrohung
des Lebens notigen wollte als Schau-
spieler aufzutreten, so ware doch
fiir den standhaften und charakter-
festen Manu der gewaltsame Tod
riihmlicher als der Ehrverlust auf
der Biihne. Xen. Mem. II 7, 10 at
^iv ULa^fQov Tt s^sXXov iQydaia&cci,
&dv(XTOV dvx' CCVXOl) TtQOCClQiXSOV TjV.
196 quid fiir utrum auch 10, 338.
197 zelotypus (5, 45 uud 6, 278),
der eifersiichtige Ehemann im Mi-
mus, der von dem Liebhaber der
Frau (Thymele zu 1, 36) geprellt
und mit Ohrfeigeu behandelt wird.
Der Liebhaber wg>r eine beliebte
RoUe des Latinus; Gorinthus war
der zelotypus, d. h. der stupidus
des Mimus, Mart. V 61, 11.
198 Wie der Fiirst, so der Adel;
wie der Adel, so das Volk. Der
princeps citharoedus war Nero, vgl.
Suet. 12. 20—24; er btarb mit dem
wiederholten Ausruf: qualis artifex
pereo!
199 ludus, sc. gladiatorius. Die
LIBRI III SATVRA Vni
181
dedecus urbis babes, nee murmillonis in armis
nec clipeo Graccbum pugnantem aut falce supiua —
damnat enim tales babitus, se damnat et odit,
nec galea faciem abscondit — movet ecce tridentem,
postquam vibrata pendentia retia dextra
nequiquam effudit. nudum ad spectacula vultum
erigit, et tota fugit agnosceudus harena.
credamus, tunicae de faucibus aurea cum se
porrigat et longo iactetur spira galero.
ergo ignominiam graviorem pertulit omni
vulnere cum Graccho iussus pugnare secutor.
libera si dentur populo suffragia, quis tam
perditus, ut dubitet Senecam praeferre Neroni,
200
205
210
202 se W: sed Pco 203 stridenti P 205 effundit P 208
iactetur*+*8pira P 212 perferre P
Gladiatorenschule ist das Vorspiel
und die Vorbereitung fur den Gla-
diatorenkampf, daher steht die
Schule fur die Arena, ja sogar fur
den Gladiator selbst, den Jiidius,
vgl. 6, 82 nupta senatori comitata
est Eppia ludum. — illic = in hac
ratione, in hoc genere; doch weist
derselbe Versschlufs 3, 187 et iUud
fermentum tibi habe auf et iUuc hin.
200sq. Der /7iurmi77o trat in voller
Rustung, mit Panzer, Helm und
Schild, auf. Den Rundschild und
das sichelartig gekriimmte Dolch-
messer {sica) trugen die Thraces.
Die sica wird hier falx supina {in-
curva, agnr}) genannt. — Gracchus
dagegen tritt als retiarius in kurzer
Tuuika. ohne Helm, nur mit dem
Dreizack {fuscina oder tridens) und
eiDemDolchmesserversehenauf. Der
Gegnerdes re/jariMS istdermitHelm,
Schild und Schwert bewaffnete Se-
cutor. Der Retiarius sucht liber
diesen das Xetz zu werfen und ihn
so zu umstricken, nm ihn zu gleicher
Zeit mit dem Dreizack angreifen
zu konnen.
202 se damnat, er verurteilt ent-
schieden ein verdecktes Auftreten,
damit aber auch sich selbst, d. h.
seine Ehre, Plin. ep. IV 25, 4 ne-
viinem veretur, se contemnit. Die
Verbiodung von damnat et odit
nach Ov. tr. III 1, 8 id quoque quod
tiridi quondam maie Jusit in aevo,
opusheu nimium scro damnat et odit.
204 pendentia retia, das schwe-
bende Fangnetz. Ist der Wurf mifs-
lungen, mufs er behend flieben, um
wieder Stellnng nehmen zu konnen.
205 Gracchus blickt frech {riudus
unverdeckt)zu den Zuschauern {spec-
tacula, die Zuschauersitze) auf und
eilt von allen erkannt clurch die
Arena dahin.
206 Zu agnoscendus vgl. TibuU.
I 2, 72 insideat celert conspiciendus
equo.
208 Die spira war ein raetallner
oder lederner Streifen, um allen-
falls darunter das Netz zu bergen
oder zuriickzuziehen. Diese spira
war am Ejragen der Tunika (fauces
tunicae) befestigt und wurde von
einem die Hohe der rechten Schulter
iiberragenden Schulterstiick (gale-
rus) infolge der Bewegung des
Pietiarius geschwungen.
210 Der Secuior hat so viel Ehr-
gefuhl, dafs er es als Schmach
empfindet, mit trinem ehrlosen und
schamlosen Gegner fechten zu miis-
sen, den nicht das Schicksal son-
dern nur die eigene Cbarakterlosig-
keit zum Gladiator gemacht hat,
vgl. 2, 16 sq.
c) 211—230: Die verbrecherische
Schlechtigkeit eines Nero.
212 Einem Manne wie Seneca
nicht den unbtdingten Vorzug vor
einem Nero geben zu wollen, ware
sittliche VerdorbeDh>,'it (perditus).
Tac. XV 65 fama fuit Subrium
182
IVVENALIS
cuius supplicio non debuit una parari
simia nec serpens unus nec culleus unus?
par Agamemnonidae crimen, sed causa facit rem
dissimilem. quippe ille deis auctoribus ultor
patris erat caesi media inter pocula, sed nec
Electrae iugulo se polluit aut Spartani
sanguiue coniugii, nullis aconita propinquis
miscuit, in scaena uumquam cantavit Oresten,
Troica non scripsit. quid enim Verginius armis
debuit ulcisci magis aut cum Vindice Galba,
215
220
220 Oresten W: Orestes Pco 221 virgilius P
Flavuvi cum centurionibus occulto
consilio destinavisse, ut post occisum
Neronem traderetur imperium Se-
necae, quasi nobilibus sontibus clari-
tudine virtutum ad summum fasti-
gium delecto.
214 Nero liefs nicht nur seine
Mutter Agrippina, sondern auch
seine Adoptivgeschwister Britanni-
cus und Octavia und aufserdem
noch andere Glieder der Julischen
Familie ermorden. Dig. XLVIII 9, 9
poena parricidae more maiorum
haec instituta est, ut parricida virgis
sanguineis verberatus deinde culleo
insuatur cum cane, gallo gallinaceo
et vipera et simia, deinde in mare
profundum iaciatur. Seneca selbst
schreibt an Nero de clem. I 23 pes-
simo vero loco pietas fuit (unter
Claudius), postquam saepius culleos
vidimus quam cruces.
215 Zwar hat auch Orestes einen
Muttermord begangen, aber das
Rechtsverhaltnis (res) ist ein ganz
anderes, weil die Veranlassung oder
das Motiv {causa) grundverschieden
war.
217 media inter pocula, Hom. Od.
XI 410 fxra (Agisthos) 6vv ovXo-
(livrj ccXoxcp oi%6vS£ Y.ciXi06cig, Ssi,-
nviaGccq. Sonst wird bei Homer
(IV 92) wohl der Rat der Klytam-
nestra, aber die That dem Agisthos
zugeschrieben. Die Tragiker da-
gegen suchten die Schuld der Kly-
tamnestra noch zu steigern.
218 iugulo se polluit, iihnlich
Verg. XII 358 mucronem extorquet
et alto fulgentem tinguit iugulo,
Prop. V 1, 111 idem Agamemnoniae
ferrum cervice puellae tinxit; der
Unterschied ist, dafs Juvenal nicht
ferrum, sondern se polluere sagt,
damit also an (iLaivco, (iiaGnu oder
jjiiccoTaQ erinnert. — Hermione,
Tochter des Menelaos und der He-
lena, wurde nach seiner Entsiihnung
Gattin des Orestes. Sie zahlte unter
die Schonen der Vorzeit, Prop. I 4, 6
licet formam Spartanae refefas laudi-
bus Hermionae.
220 Oresten, vgl. Suet. Nero 21
tragoedias quoque cantavit persona-
tus; inter cetera cantavit Ganacen
parturientem , Oresten matricidam,
Oedipodem excaecatum, Herculem
insanum, d. h. also er, der Mutter-
morder, spielte den Muttermorder.
221 Die Troica waren ein Epos
des Nero, dazu gehorte die' uXo^aiq
'IIlov als Episode, Dio C. 62 iv
Tiavdrjfia) zlvl ^sa ( den Quinqen-
nalia 65) aviyva TQOi'i%d ziva sav-
xov noLT^fiaza. Die Zusammenstel-
luug der verschiedenartigsten sce-
lera des Nero wirkt ebenso komisch
wie Aristoph. Ran. 146 iv ds xovxco
■nsifiivovg SL nov ^ivov XLg Tidi-ArjGS
nconoxs, ri natSa HLvmv xagyvQLOv
vcpsLlsxo , r/ iii]xbq' tjXorjasv, r] na-
xQOg yvd&ov sndxa^sv, rj 'niOQKOV
oQ^nov wfioasv, ?) MoQOLfiov xLg Qrjaiv
i^syQatpaxo.
221 sq. Verginius Mufus, legatus
pro praetore in Germauia superior
unterdriickte den gallischen Auf-
stand des Julius Vindex, lehnte
aber die ihm angebotene Ciisar-
wiirde ab (69 n. Chr.). Er starb
hochgeacbtet unter Nerva (97), vgl.
Plin. ep. 11 1, 1 u. 6. VI 10, 4.
LIBRI Ul SATVRA VIII
183
quod Nero tam saeva oriulaque tyraunide tecitV
haee opera atque hae suut geuerosi j)riucipis artes,
gaudentis foedo perejj^riua ad })ulpita cautu
prostitui Graiaeque apiuin meruisse corouae.
maiorum eftigies babeant insiguia vocis,
ante pedes Domiti longum tu pone Tbyestae
syrma vel Antigouae personam vel Melanippae,
et de marmoreo citbaram suspende colosso.
quid, Catilina, tuis natalibus atque Cetbegi
inveniet quisquam sublimius? arma tamen vos
nocturna et tlammas domibus templisque paratis,
ut bracatorum pueri Senonumque minores,
ausi quod liceat tunica punire molesta.
sed vigilat cousul vexillaque vestra coercet;
225
230
235
223 quod 3Iadvig: quid Pta 225 fin. vel saltu ^j 229 anti-
gouae personam menalippi P antigonaes p. menalippes /; antigones
tu personam menalippes (o. seu lalin aut Hermann ante personam, vel
post p. addidit B
223 Struktnr: Welche andere
That, die Xero wahrend seiner
Tyrannei veriibte, verdiente so sehr
geriicht zu werden, nihil quod fecit
magis dehuit tdcisci oder quid ex
oninibus eius factis magis uJcisci
dibuit Verginins.
225 peregrina ad puJpita, wahrend
seiner Kunstreise in Griechenland
(Achaiai, vgl. Suet. 22—24.
226 Graiae apium coronae, den
griechischen Eppichkranz, den er
in den Isthmien und Nemeen sich
erwarb.
229 Das syrma (von avgsa^^ai.,
ein grofses in der Tragodie ub-
liches Schleppkleid, vgl. 16, 30)um-
schreibt die tragische Rolle, die er
dichteteund spielte (also= jf:)ersona),
einen Thyestes, einen Oedipus, worin
Antigotie erschien, und eine Mela-
nippe. Vgl. Welcker, Gr. Tr. 840 sq.
— Cn. Domitius, der erste Gemahl
der Agrippina und Vater des Nero,
starb im J. 40. Im J. 54 Caesar
effigiem Cn. iJomitio patri petivit
a senatu, Tac. XIII 10. Der colos-
sus marmoreus war der Unterban
dieser Statue, oder der Kolofs des
Xero im Vestibulum oder dem Vor-
platz der aurea domus (Suet. 31).
Denn war auch die effigies des Nero
aus Erz, so war doch sicher der
Unterbau aus Marmor.
d) 231—268: Die Schlechtigkeit
der Catilinarier gegeniiber eiuem
Cicero, Marius und anderen Ple-
bejem.
231 Catilina gehorte zur patri-
zischen gem Sergia, die ihren Ur-
sprung von Sergestus (Verg. V 121),
einem Gefahrten des Aneas, ab-
leitete. Der Urgrofsvater Catilinas,
M. Sergius, war als Haudegen im
zweiten punischen Krieg beriihmt,
er ist der Gotz von Berlichingen
des Altertums: dextram sibi ferream
fecit eaque religata proeliatus Cre-
monam obsidione exemit, Placentiam
tutatus est, duodena castra hostium
in Gallia cepit Plin. h. VII 104 sq.
— Noch beriihmter waren die Ce-
thegi aus der gens Cornelia.
234 Bracatorum = Gallorum, Se-
nonumque und zwar Xachkommen
(minores) der Senonen, die einst
Rom zerstort haben, Liv. V 34.
235 tunica molesta, zu 1 , 155.
Es war die Strafe fiir Mordbrenner
oder Brandstifter.
236 sed vigilat consul, nach Cic.
Cat. I 8 iain inteUeges multo me
vigilare acrius ad salutem quam te
ad perniciem reipublicae. — vexilla
vestra, eure Rotten.
184
IVVENALIS
liic novus Arpinas, ignobilis et modo Romae
municipalis eques, galeatum ponit ubique
praesidium attonitis et inermi mente laborat.
tantum igitur muros intra toga contiilit illi
nominis ac tituli, quantum unda Leucade, quantum
Thessaliae campis Octavius abstulit udo
caedibus adsiduis gladio, sed Roma parentem,
Roma patrem patriae Ciceronem libera dixit.
Arpinas alius Yolscorum in monte solebat
poscere mercedes alieno lassus aratro,
nodosam post haec frangebat vertice vitem,
si lentus pigra muniret castra dolabra;
hic tamen et Cimbros et summa pericula rerum
excipit et solus trepidantem protegit urbem.
atque ideo, postquam ad Cimbros stragemque volabant
qui numquam attigerant maiora cadavera corvi,
nobilis ornatur lauru coUega secunda.
240
245
250
239 attoniti sed P inermi W: in omni Pca mente W: monte
et ponte S erasum in P gente pco 241 unda W: in P non pca
253 lauro pco
237 Cic. Mur. 17 non arbitrahar,
cwin ex familia vetere et illustri
consul designatus ab equitis Romani
filio corisule defenderetur, de generis
novitate accusatores esse dicturos.
238 galeatum, schlagfertig zu
1, 169.
239 inermi mente, mit geistiger
Kraft obne Waffengewalt.
240 toga, Anspielung auf Ciceros
W^orte: cedant arma togae, im drit-
ten Bucli seines Gedichtes de tem-
porihus suis, Off. I 77. Fam. XII 13.
Cicero wurde sofort als parens oder
pater patriae vom Volke begriifst,
wahrend Augustus erst 2 v. Chr.
den Titel pater patriae erhielt,
wiewohl er allerdings schon seit
28 V. Chr. nicht selten von Dich-
tern mit diesem Ehrentitel ausge-
zeichnet worden ist, z. B. Hor. I 2
hic ames dici pater atque princeps.
241 sq. unda Leucade (adj.) und
Thessaliae campis umschreibt den
Begriff im Kampf zur See und zu
Lande, wie Hor. epod. 7, 3 parumne
campis atque Neptuno super fusum
est Latini sanguinis?
243 Wenn Cicero den gleichen
Ehrentitel wie Augustns erhielt, so
ist seine Ehre grofser, denn er er-
hielt ihn von dem freien, Augustus
nur von dem geknechteten Kom.
245 Nach Tac. h. II 38 stammte
C. Marius wirklich e pJehe infima,
imd dafs er um Lohn arbeitete, be-
zeugt Plut. 3 yevoybBvoq ds yovetav
TiavTaiiciGLV a86i,03v , (xvtovQycov ds
Kal 7tsvi^rwv , oips noTS n6l.iv siSs
Kcci zwv sv noXsi SiatQi^av sysv-
aaro.
247 frangehat, liefs iiber sich er-
gehen, vgl. 6, 479 hic frangit feru-
las , rubet iUe flagello. — Der vitis
ist der Kommandostab des Centu-
rionen, vgl. 14, 193 aut vitem posce
libello.
248 lentus, zu gelassen, vgl. zu
13, 100.
249 rerum, des Reiches, vgl.
Nilgelsbach Stil. § 19, 1.
250 excipit, wie Geschosse mit
dem Schild: er trat ihuen entgegen.
251 strages, die das Schhxchtfeld
bedeckenden Leichen, strages equo-
rum hominumque.
252 Dre Umschreibuug durch den
Relativsatz ist humoristisch und
mildert das Pathos der Ausfiihrung.
253 So sehr auch Catulns und
LlBRl 111 SATVRA Vlll
185
plebeiae Deciorum animae, plebeia fuerunt
nomiuu; pro totis legiouibus lii tauien et pro
omuibus auxiliis atque omni pube Latina
suftioiuut dis inferuis Terraeque pareuti;
phiris enim Decii, quam quae servautur ab illis.
ancilla natus trabeam et diadema Quirini
et fasces meruit, reguui ultimus ille bonorum.
prodita laxabaut portarum claustra tyrannis
exulibus iuvenes ipsius consulis et quos
maguum aliquid dubia pro libertate deceret,
quod miraretur cum Coclite Mucius et quae
imperii fiues Tiberinum virgo natavit:
occulta ad patres produxit crimina servus
matronis lugendus; at illos verbera iustis
255
260
265
260 altissimus P rasis issi 2G6 occult* P 267 ad P
Sulla sich bemiiliten den Ruhm des
Marius herabzudriicken, die Volks-
meinuug liefs sich nicht bestechen:
Ov fifiv alXcc t(5 Mkquo TtQOOSti-
&SXO Gvfinav t6 BQyov tj rs tiqo-
XEQa viKT} y.al t6 TCQOGXTjfia xtjs
ceQxfjg (Marius war Konsul, Catuhis
nur Prokonsul) . . y.al MaQuo Ssinvov
■A.ai Xoi^rjg amfiQiovzo yiul d^Qiafi-
^sviiv fiovov rjt,iovv dii.(poxsQovg
xovg &Qidi.i^ovg. Plut. Mar. 27.
254 Vgl. 14, 239 divitiarum amor
in te, quantus erat patriae Decio-
rum in pectore. Der iiltere P. De-
cius opferte sich 340 v. Cbr. in der
Scblacht am Vesuv, Liv. VIII 9, der
Sohn in der Schlacht bei Sentinum
295 T. Chr., Liv. X 28. Cicero
lafst sogar noch den Enkel in der
Schlacht bei Asculum Apulum gegen
Pyrrbus sich dem Tode weihen,
vgl. Niebuhr R. G. III 592.
255 — 257 umschreibt die Weih-
formfl bei Liv. VIII 9, 8: pro re-
piibUca Quiritium, exercitu, legioni-
bus, auxiliis populi Bomani Quiri-
tium, legiones auxiliaque hostium
mecum dis Munihiis l^eUuriqw^ de-
voveo. Zugleich antwortet damit
Juvenal treffend auf die adelsstolze
Rede des Appins Claudius bei Liv.
VI 41, 4.
258 quae, wie so oft haec, das
ganze Reich, die Herrschaft und
Macht, der ganze Inhalt Roms, vgl.
Nagelsbach Stil. § 44, 2.
259 ancilla natus, Servius Tullius,
vgl. 7, 199. — Die trabea ist der
Konigsmantel, zu 10, 35.
260 uUimus bonorum nach der
Tradition dea Eunius u. Liv. I 48, 8
Servius Tullius regnavit annos XLIV
ita, ut bono etiam moderatoque suc-
cedcnte regi difficilis aemulatio esset;
ceterum id quoque ad gloriam ac-
cessit, quod cum illo simul iusta ae
legitima regna occidertmt.
261 prodita, dagegen verrieten
{cum prodidissent) und wollten schon
offnen (laxubant).
262 sq. iuvenes, die hochgebore-
nen, adeligen Sohno. — quos de-
ceret, geziemt hatte, wie Hor. I 2, 22
audiet civis acuisse ferrum, quo
graves Persae melius perirent, um-
gekommen waren.
265 imperii, sc. futuri: das Reich
(in Wahrheit nur das beengte Stadt-
gebiet) begrenzte damals noch die
Tiber, auch einc Art Oxymoron.
Vgl. 14, 160 si tantum culti soJus
possederis agri, quantum sub Tatio
populus Ixomanus arabat. — Tibe-
rinum natavit, wie Verg. georg.
III 260 von Leander: turbata pjro-
cellis nocte natut caeca serus freta.
266 servus steht signifikant am
Ende des Verses = is qui servus
tsset; Liv. II 5, 10 Vindicio ipsi
nomen fuisse.
267 lugendus, der es verdient
hatte, wie Brutus, von den Matro-
186
IVVENALIS
adficiunt ijoenis et legum prima securis.
malo pater tibi sit Thersites, dummodo tu sis
Aeacidae similis Vulcanique arma capessas,
quam te Thersitae similem producat Achilles.
et tamen, ut longe repetas longeque revolvas
nomen, ab infami gentem deducis asylo;
maiorum primus, quisquis fuit ille, tuorum
aut pastor fuit aut iUud quod dicere nolo.
270
275
269 thresites P 270 vulcaniaque 2^«»
nen betrauert zu werden. Naeh
Liv. II 7 legten die Matronen fur
Brutus ein Jahr lang Trauerkleider
an, quod tam acer ultor violatae
pudicitiae fuisset. Juv. dagegen
denkt an das Verdienst des Brutus
und Vindicius um die FreiheitRoms.
268 legum, der Republik, wo die
i^nperia legum potentiora quam ho-
minum, nach Liv. II 1, 1. Ibid.
3, 3 regem hominem esse, a quo im-
petres, uhi ius ubi iniuria opus sit;
leges rem surdam, inexorahilem esse,
saluhriorem melioremque inopi quavi
2)otenti.
Epilog, 269—275: Besser ist es
von geringer Herkunft und person-
lich tuchtig, als bei hoher Abkunft
schlecht zu sein, zumal die Stamm-
vilter Koms doch alle nur vou
zweifelhafter Herkunft waren.
269 Thersites, d. h. av^Q ovxi-
Savbg yml aval->iig nach Quint.
Smyrn. I 747.
270 arma capessas iibersetzt Hora.
II. XIX 18 regnsTO S' iv xBiQtcoiv
^%aiv %iov dylaa Saqa, wahrend
von den Myrmidonen es heifst: ndv-
xag 8liv zQOfiog ovSi rig fxlr] avxtjv
BiOtS£Si.v, dXX' ixQ£6av. — Die Vul-
cania arma sind alles bezwingende
Waffen, denen kein Gegner stand-
halten kann.
272 Sen. contr. I 6, 94 (B) quem-
cumque volueris revolvere nobilem,
ad humilitatem pervenies.
273 Liv. I 8, 5 locum qui nunc
saeptus descendentibus (vom Kapitol)
inter duos lucos est asylum aperit.
eo ex finitimis popidis turba omnis
sine discrimine, liber an servus
esset, avida novarum rerum perfugit,
und II 1, 4 illa pastorum (die mit
Romulus und Remus karnen) con-
vcnarumque plebs', transfuga ex suis
populis.
275 dicere, ein Spitzbube, ein
Rauber oder Morder, der sich zur
Freistatte gefliachtet hatte.
Beachtenswert ist es, wie Juve-
nal in dieser Satire von V. 211 an
durch scharfe Gegensatze zu wirken
sucht. Wie Nero und Seneca, Ci-
cero und Catilina, Marius Und Ca-
tulus, die Decier und Fatrizier, so
werden schliefslich die Sohne des
Brutus dem Sklaven Vindicius gegen-
iibergestellt. Auch in der ersten
Hiilfte der Satir^ folgen den An-
gaben iiber den sittlichen Wert
und die Aufgabe eines jungen ade-
ligen Romers sofort Beispiele des
Gegenteils: adelige Kutscher, Ko-
modianten und Gladiatoren.
LIBKI lll SATVRA IX
187
SATVliA IX
Scire veliin, iiiuire totiens mihi, Naevole, tristis
oecurras fronte obducta ceu Marsya victus.
quid tibi cum vultu, qualem deprensus habebat
Kavola, dum Rhodopes uda terit iuguiua barba,
nos colaphum incutimus Kimbeuti crustula servo?
uon erit hac lacie miserabilior Crepereius
Pollio, qui triplicem usuram praestare paratus
circuit et fatuos non invenit. uude repente
tot rugae? certe modico contentus agebas
5 dehhat Guiet 6 erat oj
Sat. IX.
I>ie Satire behandeit die un-
natiirliche Neigung der Manner
aufs eigene Gescblecbt. Sie schildert
zwar aucb die Verworfenheit des
passiven Schwachlings, ihre nachste
Aufgabe aber ist es, die Naivetat
des Lasters in der Person des Na-
volus zu brandmarken. Navolus soll
unbewufst sich selbst yerurteilen.
Daher wahlt der Dichter die Form
des Dialogs. Der Mitunterredner
ist ein unbekannter Vertrauter des
Navolus und behandelt diesen nicht
ohne bittere Ironie. Denn die boden-
Jose Gemeinheit der Gcsinnung, die
gar nicht mehr merkt, wie sie sich
der Verachtung preisgiebt, ist eben
unheilbar und kann nur auf andere
abschreckend wirken.
2 fronte obducta mit umwolkter
Stim, denn frons tamquam mibe
obducta est, nach Hor. epod. 13, 5
obducta sohatur fronte senectus,
und Ov. m. II 329 nam pater ob-
ductos, luctu miserabilis aegro, con-
diderat voltus, wo vielleicht an das
den Alten gelaufige iyv.a7.vnzf^G&ut
zu denken ist. — Marsya: 'dafs
die nicbt selten erwabnte Marsyas-
statne auf dem Forum einen so-
genannten Schlauch?ilen darstellt,
ist aufser Zweifel gesetzt durch
einen archaologiscben Fund im
.Jahre 1872, eine Reliefplatte aus
Trajans Zeit, auf welcher derselbe
neben anderen Lokalitaten des
Forums abgebildet ist. Damit fal-
len alle Erklarungen, welche von
der Annahme ausgehen, dafs die
Statue den besiegten und der Schin-
dung entgegensehenden Marsyas
dargestellt babe. Wohl aber hat
der romische Leser bei deni Namen
des Marsyas an den geschundenen
Marsyas gedacbt. Die Figur des
Silen wuide vom Volkswitz Mar-
syas getauft , weil das Gesicht
schlecht geraten war und ganz
gegen die Intention des Kiinstlers
aussah wie das eines besiegten
Marsyas, wie drei Tage Regen-
wetter.' 0. Jaeger zu Hor. I 6,
1-20 obeundus Marsya, qui se vtil-
tum ferre negat Noviorum posse
viinoris.
4 Als Bavola im Ehebruch mit
lihodope abgefafst wurde, natiirlich
von dem Herrn des Hauses, waren
Navolus und der gegenwiirtige Mit-
unterredner im Hause — vielleicht
bei einem Gelage — zugegen, und
liberrascbten ihrerseits den Sklaven
beim Nascben von Backwerk. Vgl.
Lucil. XIII 8 (M.): iucundasque
puer qui lamberat ore placentas,
wo vielleicht eine ahnlicheSituation
geschildert war.
6 sq. hac facie als dieses dein Ge-
sicht, das ich jetzt vor mir sehe.
Der leichtsinnige Schnldenmacher
Follio ist vielleicht derselbe mit
dem 11, 43 erwiibnten: et digito
mendicat Pollio nudo, und Crepe-
reius (von creper diimmerig, dunkel)
scheint ein Spitzname gewesen
zu sein.
9 Hor. II 14, 3 nec pietas moram
rugis et instanti senectae afferet.
Navolus erscheint vor den Jahren
188
IVVENALIS
vernam equitem, conviva ioco mordente facetus
et salibus vehemeus iutra pomeria natis.
omnia nunc contra: vultus gravis, horrida siccae
silva comae, nullus tota nitor in cute, qualem
Bruttia praestabat calidi tibi fascia visci,
sed fruticante pilo neglecta et squalida crura.
quid macies aegri veteris, quem tempore longo
torret quarta dies olimque domestica febris?
deprendas auimi tormenta latentis in aegro
corpore, deprendas et gaudia; sumit utrumque
inde habitum facies. igitur fiexisse videris
propositum et vitae contrarius ire priori.
nuper enim, ut repeto, fanum Isidis et Ganymedem
10
15
20
14 tibi ? Salmasius: circuin P
visci (o 15 fructificante P
alt und ernst. Docli vgl. 13, 215
ostendas welius, densissima ruga
cogitur in frontem, velut acri ducta
Falerno, vom Sauertopfgesicht. —
tjber certe mit dem Imperfekt vgl.
zu 6, 28.
10 verna eques ist der witzige
Hausgalan, d. h. scurra elegantior.
In anderem Siune findet sich der
Ausdruck bei Mart. I 84 futuit an-
ciUas domumque et agros implet
equitibus vernis, wo der futuens
selbst eques ist.
11 intra pomeria natis = urhanis,
im Gegensatz zu den sales provin-
ciales oder Italici.
12 sqq. silva 'Gestriipp'; horrida
''ruppig, verwahrlost'. Komisch ist
die Verbindung siha comae, denn
in der Natur selbst giebt es nur
comae silvarum. — Navolus' Haar ist
sicca, weil es uicht mit Salbe oder
Pomade gepflegt war, wie er sonst
als Galan es zu thun pflegte {pexo
capillo nitidus), vgl. 6, 26 und
11, 149.
14 fascia visci Leimbinde, d. i.
Pech- oder Harzpflaster, womit man
sich die Haare von der Haut ent-
fernte, vgl. 8, 114 resinata iuventus,
und 11, 157. — Bruttia pix wird
auch Calpurn. 5, 80 geriihmt.
15 fruticante pilo wilhrend das
Haar emporsprielst bleibt das Bein
veruachlassigt uud uiisauber (opp.
levia), wie zur Zeit der Trauer.
16 quid macies a. v. ist eine Bre-
praestabat calidi circumlita fascia
viloquenz fiir quid tua ista macies,
quae tamquam veteris aegri macies
est? Quid selbst ist admirativ:
Was besagt, was deutet an die
Magerkeit an dir, wie an einem
langen Fieberkranken = wie soU
ich es mir erklai-en, dafs du so
abgezehrt bist wie ein Kranker?
1 7 quarta dies = quartana febris,
die Malaria, die in dem Kranken
seit hinger Zeit (olim, zu 4, 96 und
6, 346) gewissermafsen heimisch
geworden ist.
18 latentis verbinden wir im
Deutschen mit tormenta, wie Hor.
HI 2, 26 Gereris sacrum velgarit
arcanae = Cereris arcanum sacrtim.
20 facies, das Gesicht nimmt den
freudigen oder schmerzhaften Aus-
druck {habitus) an, vgl. 3, 105 aliena
sumere vultum a facie. Xen. Mem.
III 10, 4 snl (i£v toig aya&oig cpat-
Sqoi, S7ti 8e TOts -iiaKorg CKvd^Qco-
Tiol yiyvovtai.
21 propositum = rrjv xov ^iov
TtQoatQBCiv, Beruf oder Lebensweise
(= 27 vitae genus) vgl. 5, 1. 10,
325 propositum grave quid profuit
Hippolyto. — contrarius ire = in
contrariam partem ire, den ge-
rade entgegengesetzten Weg ein-
schlagen.
22 sq. repeto,sc.memoria, erscheint
hiiufig iibsohit = recordor, z. B.
Ov. m. VI 491 at rex Odrysius rc-
petens faciem motusque manusque.
— Fiir verliebte Gecken boten
LIBRI III SATVRA IX
189
Pacis et advectae secreta Palatia matris
et Cererem — nam quo nou prostat femiua templo?
notior Aufidio moeehus seelerare solebas,
quodque taees, ipsos etiam incliuare maritos.
'utile et hoc multis vitae geuus, at mihi nullum
inde operae pretium. pingues aliquando hicernas,
munimenta togae, duri crassique coloris
et male pereussas textoris pectine Galli
accipimus, tenue argentum venaeque seeundae.
fata regunt homines, latum est et partibus illis,
quas siuus abscondit. uam si tibi sidera cessant,
nil faeiet longi mensura incognita nervi,
quamvis te nudum spumanti Virro labello
viderit et blandae adsiduae densaeque tabellac
sollieitent, avrog yccQ Ecpikxsrau avdga xtvaidog.
quod tamen ulterius monstrum, quam raollis avarus?
25
30
35
25 celebrare a 26 quod (quid p) taceo atque pco erasa in P
27 ad P nullo P 31 tenuem F 36 assidue co 37 e<l>€AKeTei
ANA rACINAIAOC P
sich Gelegenbeiten im Tempel der
Isis, 6, 489 apud Isiacae sacraria
lenae, der Pax am forum transito-
rium (Mart. I 2), in dessen Nilbe
wir uus eine Statue des Ganymedes
denken miissen., im Tempel der
Cybele, vgl. 2, 111 hic turpis Cy-
beles et fracta voce loquendi libertas,
und der Ceres auf dem Palatinus,
denn gerade mit dem Mysterien-
kultus verband sich in jener Zeit
nicht selten die Unsittlichkeit. —
advectae, vgl. 3, 137.
25 Aufidius ist nur aus dieser
Stelle als moecHus bekannt.
26 incJinare, vgl. 10, 224 (^uot
discipulos inclinet Jlamillus.
28 operae pretium liilst durcb
den Kontrast des erhabenen Aus-
drucks und der erbiirmlichen Tbiltig-
keit des Mannes den Spott des Dich-
ters durcbblicken.
29 munimenta togae, weil die la-
cerna iiber die Toga gezogen wurde,
vgl. Mart. XIV 137 cum teget al-
gentes alba lacerna togas. — durus
und crassus sind nicht eigentlicb
Beiworter der Farbe, sondern be-
zeichnen die Beschaffenheit des
Stotfes, vgi. 3, 170 veneto duroque
cucullo; es enthiilt demnach color
den Bejjriff" der Stotfart.
30 percutere vom Einfiigen des
Eiuschlages (subtemen), mittels des
pecten. Grobe und dicke Zeuge
wurden weniger gescblagen als
feine, daber male pcrcussae. Die
gallische Weberei lieferte meist
grobe Decken, cadurci, vgl. 7,221.
31 tenue argentum ein Geschirr
mit ddnnem Uberzug {crusta) von
Silber, ein iirmliches Silbergetafs.
Nach Analogie vou panis secundus
steht vena secunda, d. h. erzhaltiges
Silber, argentum aerosum.
32 Situation und Ausdruck stehen
.auch bier im Kontrast: der gemeine
Mensch entblodet sich nicht, das
Erhabene (fata regunt homines) auf
das Niedrigste anzuwenden.
33 cessant dein Thun nicht unter-
stiitzen, dir nicht willig entgegen-
kommen.
35 Virro ist mit seinem Namens-
vetter der 5. Satiie nicht identisch,
vgl. 5, 141.
37 Parodie von tlom. n 294 und
T 13 avzbg yug icpil^aszai avSga
GiSriQoq, was Tac. h. I 80 erklart:
visa inter temulentos arma cupidi-
nem sui movere.
38 quod tamen ulterius m. und
docb giebt es keine grofsere Un-
natur, keine unnatiirlichere Er-
190
IVVENALIS
"haec tribui, deinde illa dedi, mox plura tulisti"
eomputat et cevet. ponatur calculus, adsiut 40
cum tabula pueri; numeras sestertia quinque
omnibus in rebus, numerentur deinde labores.
an facile et pronum est agere intra viscera peneni
legitimum atque illic hesternae occurrere cenae?
servus erit minus ille miser, qui foderit agrum, 45
quam dominum; sed tu sane tenerum et puerum te
et pulchrum et dignum cyatho caeloque putabas.
vos humili adseculae, vos indulgebitis umquam
cultori, iam nec morbo donare parati?
en cui tu viridem umbellam, cui sucina mittas 50
grandia, natalis quotiens redit aut madidum ver
incipit et strata positus longaque cathedra
munera femineis tractat secreta kalendis.
dic, passer, cui tot montis, tot praedia servas
Apula, tot milvos intra tua pascua lassos? 55
40 cum putat P et s; atque cavet pm erasum in P ac laltn
cauculus P 41 numeia pco 45 cum foderit malim 50 in cultu P
53 tractat P Servius: tractas p<s 55 lassas Haupt
scheiuung. Vgl. 1, 147 nil erit iil-
terius quod nostris moribus addat
posteritas, 15, 118 ulterius nil aut
gravius.
40 cevet, vgl. 2, 21. — M.ii ponatur
calculus etc. erwidert der entriistete
Navolus seinem Patron, den er V. 39
sich selbst gegeniibergestellt hat.
41 numeras istthetischer Indikativ
fiir den Imperativ (= 7, 242): nimm
meinetwegen alles in allem 5000 Se-
sterze an, d. h. gelange in der Ad-
dition zu dieser Summe: wenn du
meineMiihe dagegen rechnest, so ist
die Summe aufserordentlich gering.
43 facile et pronim est, vgl. zu
13, 75 tam facile et pronum est
superos contemnere testes!
45 foderit — dominum, wie fossa
2, 10, vgl. Mart. I 92 non culum,
neque entm est, sed fodiam digito
qui superest oculum. Ganz unge-
wohnlich ist quam domihum fiir
quam (cliens) ille qui dominum.
Vielleicht ist qui aus quom eut-
standen und ille nur Epanalepsis
von servus. Am besten wiirde quam
dominum in dem Satze fehlen.
tjbrigens sagt schon Plaut. merc.
356 arare mavelim quam sic amare,
40 sed tu sane, ironisch: aber
freilich du hieltst dich inimer fiir
einen schonen puer a cyatho (vgl.
zu 5, 56. 11, 147), ja wohl gar fiir
den Ganymedes selbst {caeloque),
fiir dessen Gefalligkeit man sicli
noch bedanken miisse.
48 — 49 : Leute wie du, die bereits
ihrer Leidenschaft oder Schwache
nichts mehr opfern woUen, konnen
natiirlich einem armen Klienten
(adsecidae) uud Verehrer \cultori)
kein Geschenk (indulgere) machen,
im Gegenteil (en cui tu) ein solcher
Weichling erwartet von dir selbst
Geschenke, wie eine vornehme
Dame von ihreffl Galan!
50 sqq. sucina, zu 6, 573. Noch vor
Friihlingsanfang am 1. Marz (Kal.
femineae = Kal. Martiae) war das
Fest der Matronalien (Hor. III 8, 1),
an welchem die Matronen strenae
empfingen. In den Augen des sar-
kastischen Niivolus fiihlt sich der
nobilis avarus schon ganz als Weib,
wagt aber doch die munera nur im
Geheimen (secreta) anzunehmen.
54 passer, hohnisch, mit Erinne-
rung an Lesbias passer bei Catullus,
vgl. zu 6, 8.
55 ^^«/a erweckt die Vorstelhing
von Latifundien, vgl. zu 4, 27. —
LIBRI III SATVRA IX
191
te Trifoliuus ager fecundis vitibus iraplet
suspectumque iugum Cumis et Gaurus inanis,
nam quis plura liuit victuro dolia musto?
quantum erat exluiusti lumbos douare clieutis
iugeribus paucis'? meliusue liic rusticus iufaus
cum matre et casulis et conlusore catello
cymbala pulsautis legatum fiet amici?
"inprobus es, cum poscis" ait. sed pensio clamat
"posce", sed appellat puer uuicus ut Polyphemi
lata acies, per quam sollers evasit Vlixes;
alter emendus erit, namque hic non sufficit, ambo
pascendi. quid agam bruma spirante? quid, oro,
quid dicam scapulis puerorum aquilone Decembri
et pedibus? "durate atque expectate cicadas"?
61 casulis jpa»; catulis P 63 est P poscis P: poscit p
60
65
miluos, nach dem Sprichwort bei
Pers. 4, 26 dives arat Curibus quan-
tum no7i miluus errat. Schol. : vult
ostendere inagnitudinem possessio-
num, quam latae sint agris, qmniam
nec milui transvolare eas possunt.
56 Trifolinus ager in Kampanien,
nach dem Berge Trifolium bei
Neapel so benannt, daher Trifoli-
num (sc. vinum) bei Mart;. XIII 114:
non sutn de primp, fateor, trifolina
Lyaeo, inter vina tamtn septima
ritis ero. — imjjlet bereichert, eig.
sattiget, macht strotzend, vgl.
Colum. III 2, 14 vites se frequenter
implent, Verg. I 215 implentxir ve-
teris Baechi pinguisque ferinae.
hl suspectiim, weil man in Cuma
einenLavaausbruchfurchtete, tna»iis
im Innern zerkliiftet. Der Vesuv
war am 24. August 79 ausgebrochen,
seitdem mochte man vielfach auch
andere vulkanische Berge in jener
Gegend furchten.
58 victuro der erst spiit getruuken
werden soU, also guter und kost-
barer Wein.
60 sqq. rusticus infans, vgl. 11,
151 sqq. Sinn: denn schliefslich be-
kommt dasGiitchen doch einGallus-
prieoterjder beiihm in Gnaden steht
[amici), weniger als cinaedus, son-
dern weil der Herr nach der Sitte
der Zeit aberglaubisch {dsLOidai-
(KOV) ibt.
63 sed — sed erecheint beson-
dera haufig im Stil des Philosophen
Seneca, vgl. zu 5, 61. — pensio
Mietzins, der monatlich oder auch
jahrlich bezahlt wurde, vgl. 3, 225
quanti nunc tenebras unum conducis
in annum. Ahnlich wie Juv. fragt
Mart. III 30 sportula nulla datur;
gratis conviva recumbis: die mihi
quid Romae , Gargiliane , facis?
unde tibi togula est et fuscae pensio
cellae? 7, 92 pensio te coram pe-
titur clareque palamque: audis et
nescis, Baccara, quid sit opus.
64 Einen Bedieuten zu haben
ist so unnatfirlich und gefahrlich
wie nur ein Auge zu haben. Hatte
Polyphem zwei Augen gehabt, so
ware es Odysseus nicht so leicht
geworden ihm zu entrinnen. Vgl.
Cic. Rosc. 77 unus puer, victus co-
tidiani minister, ex tanta familia
Sex. Roscio relictus non est. —
appellat, tamquam debitorein, vgl.
7, 158 mercedem appellas'^
68 Sen. ep. 63, 11 si quis de-
spjoliatus amissa unica tunica com-
plorare se malit quam circumspicere,
quomodo frigus effagiat tt aliquid
inveniat, quo tegat scapulas, nonne
tibi videatur stultissimus ? 17, 19
ventri et scapulis suutn reddet, ira
III 12, 5 prynere tunicam et jjraebere
scapulas verberibus iussit, vit. beat.
25, 2 malo quid mihi animi sit
ostendere prattextatus et gausapatus
quam nudis scapulis aut semitectis.
69 cicadas, d. h. die Wiederkehr
der warmen Jahreszeit, wo die
192
IVVENALIS
verum, ut dissimules, ut mittas cetera, quanto
metiris pretio, quod ni tibi deditus essem
devotusque cliens, uxor tua virgo maneret?
scis certe, quibus ista modis, quam saepe rogaris
et quae pollicitus. fugientem saepe puellam
amplexu rapui; tabulas quoque ruperat et iam
signabat, tota vix lioc ego nocte redemi
te plorante foris; testis mihi lectulus et tu,
ad quem pervenit lecti sonus et dominae vox.
instabile ac dirimi coeptum et iam paene solutum
coniugium in multis domibus servavit adulter.
quo te circumagas? quae prima aut ultima ponas?
nullum ergo meritum est, ingrate ac perfide, nullum,
quod tibi filiolus vel filia nascitur ex me?
tollis enim et libris actorum spargere gaudes
argumenta viri. foribus suspende coronas:
iam pater es, dedimus quod famae opponere possis,
70
75
80
85
74 quam sollicitus.? 82 fin. nullum om. P add. p
actorum Servius (jeorg, II 502
84 titulis
Cikaden sich horen lassen. Wahr-
scheinlich benutzt Navolus eine
volkstiimliche Wendung.
70 Mit dissimules (vgl. 16, 9)
und mittas cetera (i. e. iucitnda)
wird der Patron, der avarus no-
hilis, wieder direkt von Navolus
angeredet.
73 quihus modis wie dringend,
wie flehentlich, onoioig axrtficcci
loyov XQOi^Bvoq.
74 puellam, vgl. zu 2, 59.
75 amplexu rapui hielt ich in
meinen Armen auf, vgl. 6, 64, und
amplexu tenere aJiquem bei Tac.
XII 68. — tahulas den Ehekontrakt
(10, 336), quoquc wie etiam stei-
gernd ist in der nachklassischen
Latinitat nicht selten.
76 signabat , die Trennungsur-
kunde, wozu sie der Zeugen be-
durfte.
78 dominae, zu 6, 30. — vox, der
Wollust, vgl. 6, 64 Appula gannit
sicut in amplexu subito.
79 Die Haufung der Ausdrucke
ist dem Stil Juvenals angemessen,
zumal hier jeder folgende Ausdruck
den vorangegangenen steigert.
80 in multis domihus in gar vie-
len grofsen Hausern. Navolus be-
rdhrt wie 48 sq.- allgemeine Mifs-
stande, um sein Thun damit zu
entschuldigen oder seine Aussage
glaubwiirdiger zu machen.
81 circumagas == vertas ist voll-
kommen rhetorisch, vgl. Aeschin.
III 209 710L %azacpvy(ii, ca avSQsg
'A&riVdLOi; nEQisyQCcipaxi fis' ovk
iOZLV OTCOL dvamijaofiaL. — DemAus-
druck prima aut ultima ponas liegt
das Bild des Bretspiels zu Grunde.
84 Es war Sitte vornehmer Fa-
milien, hausliche Ereignisse, dar-
unter auch Geburten in den seit
Casar iiblichen acta populi diurna
bekannt zu machen. Erst Mark
Aurel fiihrte amtliche Gebuitslisten
ein, um den status und das Alter
der Personen in vorkommenden
Fallen konstatieren zu konnen. Die
obige Haudlung war also rein pri-
vater Natur, dagegen war die Aus-
fiihrung der Anordnuug Mark Aurels
ein Rechtsakt. Auch spargere (ver-
breiten, bekannt machen) deutet
aaf einen Akt des freien Ent-
schlusses.
85 Die Bekranzung und Beleuch-
tung der Hausthiire erfolgte iiber-
haupt bei freudigen Ereignissen dea
Hauses, vgl. zu 6, 51.
LIBRI III SATVRA IX
193
iura parentis habes, propter me scriberis heres,
legatum omue capis, nec non et dulce caducum.
connnoda praeterea, iungentur raulta caducis,
.si nunierum, si tres implevero.' iusta doloris,
Naevole, causa tui; contra tameu ille quid adfert?
'neglegit atque alium bipedem sibi quaerit asellum.
haec soli commissa tibi celare memento,
et tacitus nostras intra te fige querellas.
nam res mortifera est inimicus pumice levis;
qui modo secretum commiserat, ardet et odit,
tamquam prodiderim, quidquid scio. sumere ferrum,
fuste aperire caput, candelam adponere valvis
non dubitat. nec contemnas aut despicias, quod
his opibus numquam cara est annona veneni.
ergo occulta teges, ut curia Martis Athenis.'
o Corydon, Corydon, secretum divitis ullum
90
95
100
97 ferrum om. P acld. p
P: careas puy
99 quod om. P add. p 100 cara+*+
87 sq. Der Mann, der wenigstens
ein eheUcbes Kind hatte, war nach
der lex Papia Poppaea (zu 6, 38)
vollkommen erbberechtigt. Wer
zwar verehelicht, aber kinderlos
war, verlor einen Teil des Geerbten
an das Arar, spater an den Fiskus.
Dies ist das caducum oder die portio
cadens.
89 Das ius trium liherorum ge-
wahrte viele Privilegien, z. B. I3e-
freiung von Tutel, vom Richter-
amte, Vorzug bei Amtsbewerbung
und Provinzialverwaltung. Der Kai-
ser konnte aber das ius trium libe-
rorum auch an verdiente Manner
verleihen , selbst wenn sie keine
Kinder hatten.
90 sq. iusta . . . a/^erf spricht kurz
und gemessen, aber mit leicht er-
kennbarerIronie,derMitunterredner.
93 haec das eben Gesagte, meine
Klagen. Navolus zeigt sich als ge-
meinen Menschen auch in seiner
feigen Angstlichkeit. Denn hinter
dem Riicken des Patrons gerat er
in Entriistung; sowie aber die Galle
ausgeschiittet ist und die Besin-
nung wiederkehrt, bemachtigt .sich
seiner bange Furcht.
94 tacitus ohne ein Wort zu
sagen. — fiye, vgl. 11, 28 e caelo
descendit yvw&i afavvov, figendum
IVVEXAI.IS SaTVRAK.
et memori tractandum pectore, und
zu 5, 12 primo fige loco.
96 ardet et oclit = ardens odit —
eius odio arclet. Dafs die Dichter
ardere auch mit Acc. der Person
oder Sache verbinden, ist aus Verg.
ecl. 2, 1 ardebut Alexin, und Hor.
IV 9, 13 non sola comptos arsit
adulteri crinis . . . Ilelene Lacaena
bekannt genug, ist aber verschie-
uen. Hier steht arclet et odit ab-
solut.
98 aperire caput, vgl. 4, 1 10 tenui
iugulos aperire susurro. — adponere
valvis, vgl. 13, 146 confer conductum
latronem, incendia sulpure coepta
atque dolo, primos cum ianua col-
ligit ignes.
99 nec contemnas und man darf
sich iiber solche Drohungen, iiber
den Zorn eines solchen Menschen
nicht leicht hinwegsetzen, denn
sein Reichtum und Einflufs geben
ihm immer eine Waffe in die Hand,
gegen die auch der Tapferste sich
nicht leicht verteidigen kann, niim-
lich das Gift, das fiir solche Men-
schen niemals zu teuer ist.
101 curia Martis = 17 ^ovXri rj
iv 'jQiia Ttccyw.
102 Anspielung auf Verg. ecl.
2, 69 a Corydon Corydon, quae te
dementia cepit! Denn Corydon ist
13
194
IVVENALIS
esse putas? servi ut taceant, iumenta loquentur
et canis et postes et marmora. claude fenestras,
vela tegant rimas, iunge ostia', tollite lumen,
e meclio fac eant omnes, prope nerao recumbat:
quod tamen ad cantum galli facit ille secundi,
proximus ante diem caupo sciet, audiet et quae
finxerunt pariter libarius archimagiri
carptores. quod enim dubitant compouere crimeu
in dominos, quotiens rumoribus ulciscuntur
baltea? nec derit, qui te per compita quaerat
nolentem et miseram vinosus inebriet aurem.
illos ergo roges, quidquid paulo ante petebas
a nobis, taceant illi. sed prodere malunt
arcanum, quam subrepti potare Falerni,
pro populo faciens quantum Saufeia bibebat.
vivendum recte, cum propter plurima, tunc et
idcirco ut possis linguam contemnere servi,
praecipue cave sis tu linguas mancipiorum
105
110
115
120
103 loquantur P 106 face eant Haupt: taceant /-' clament a
109 libarius 0. HirscJifeld: librarius Pco 118 recte W: recte est Pm
tunc et Lachmann: tunc est P tunc (vel tum) his pa tnm vel lahn
120 cave sis Lachmann: causis Pco tu Vahlen: ut Poa
nach V. 56 rusticus, vgl. zu 6, 66
Thrymele tunc rustica cliscit. — di-
viiis eines reichen grofsen Herrn,
der in einem grofsen Palaste wohnt
und von zahlreicher Sklavenschar
umgeben ist.
105 vela, welche im Innern des
Hauses als Portieren an den Thiiren
hingen. In der Regel hing das
velum vor dem Eingange des
Atriums, und wurde vom velarius
auseinandergeschlagen, wenn je-
mand zur Audienz zugelassen wer-
den sollte. — iunge ostia schliefse
die Thiiren , die verschiedenen
Ein- oder Zugange (aditus) des Ge-
maches.
107 galli secundi noch lange vor
Anbruch des Tages, vgl. Amm. Marc.
XXII 14, 4 unde secundis galliciniis
videtur primo solis exortus.
109 liharius der Konditor oder
Kuchenbacker, archimagirus der
Kuchenmeister des Hauses, alles
Personen,die iiberder gewcihnlichen
Dienerschaft stehen und daher nicht
ohnc Einflufs sind.
112 haltea sind cingula aus Leder,
dann synekdochisch die damit er-
teilten Hiebe.
113 miseram gequalt, ilngstlich,
vgl. Hor. s. I 9, 8 misere discedere
quaerens. — inebriare iiberschiitten
mit dem Klatsch trunkener Ge-
schwatzigkeit.
116 subrepti Falerni ist von
tantum abhangig, das zugleich in
quantum enthalten ist.
117 pro populo faciens, d. i. in
sacris imhlicis bonae deae. Diese
Feier war in ein weibliches Trink-
gelage ausgeavtet, der vormals ver-
hiillte Krater wurde nun cnthiillt
und ausgetrunken , vgl. 2, 87. —
Saufeia wurde auch 6, 320 gekenn-
zeichnet. AIs scortum wird eine
Saufeia verhohnt Mart. III 72.
119sq.sen'ineben?m<;Mfl>«braucht
nicht notwendig von einem be-
stimmten Sklaven oder Freigelasse-
nen des Hauses, etwa dem Haus-
verwalter(6, 146 //&f?-(ws), verstanden
zu werden; der Singular kann auch
genereile Bedeutung haben. Dann
aber ninfs niit dem Wort mancipia
di(! Masse der niedercn uud gc-
LlBRl 111 SATVRA IX
195
coutemuas. nuuc liugua mali pars pessima servi;
deterior tamcu hic, qui liber uou erit illis,
quorum auimas et farre suo custodit et aere.
^utile cousilium uiodo, sed comumue, dedisti.
uuuc mibi quid suades post damuum temporis et spes
deceptas? festiuat euim decurrere velox
fioscuhis augustae miseraeque brevissima vitae
portio; dum bibimus, dum serta uugueuta puellas
poscimus, obrepit uou iutellecta seuectus.'
ne trepida, uumquam pathicus tibi derit amicus
stautibus et salvis his coUibus. uudique ad illos
conveuieut et carpeutis et navibus omnes,
qui digito scalpuut uno caput. altera maior
spes superest. tu tantum erucis iuprime deutem.
125
130
121 nunc W: nec P nam i^to 122 illos P 134 inprima dente P
post 134 gratus eris, tu tautum faucis inprime dentem P del. p
wiihulicbon Sklaven anoredeutet sein,
ein Gegensatz, der nicht recht ein-
leuchten will. Jedonralls ist die
Uberlieferung noch nicht geheilt
121 sq. «Mnc: jetzt ist der Sklave
boshaft (malus), ganz besonders aber
seine Gesch wiitzigkeit. Ist aber auch
der Sklave schlecht, so ist doch
der Herr noch schlechter {cleterior),
dessen Leben und Ruf iiber solche
Sklaven nicht erhaben, sondern
vielmehr vou ihneu abhilngig ist.
124 Was du da sagst, hilft mir
personlich nichts, sondern enthillt
nur einen ganz allgemeinen {cotn-
mune) Rat, der ebenso gut meinem
Patron als mir selbst frommen kann.
Vgl. Cornif. 17, 11 item vitiosum
est illud exordium, quo nihilo ininus
adversarius potest uti, quod com-
mune appellatur, Cic. inv. 1 26 com-
mune est exordium, quod mihilo
miyius in hanc quam in contrariam
partem causae potcst convenire, vul-
gare esf, quod in plures causas pot-
est adcommodari.
126 Der Mann denkt zwar wie
der euripideische Herakles AIc. 782
^gozoig unuGi Kat&uvitv oqpftifrat
y.ov/. tczLV avTUiv, ooxiq i^tnCoTuzuL
XriV UVQLOV (ItXXoVGUV ti ^LUiOcXUL-
xuvx' OVV U-AOVGUg -HUL ILU^taV ifiov
nugu, tvffQuivt Guvxov, ni^vt, tov
■f.u%' rjUiQuv §L0v loyLl^ov Gov, xu
6' uD.u TiJ5 xvxrig' xluu dt y.al xr]v
nXtLGxov rjSLOxrjv &swv Kvngiv §qo-
xoLGiv, aber solchen Menschen uiufs
doch der Gedanke an die Hilfiosig-
keit des Alters Schauder erwecken,
vgl. 11, 45 sed mortc magis metuenda
senectus. In decurrere und decuvsns
liegt die Vorstellung von demDurch-
messen der einzelnen spatia der
Rennbahn, aber schon Verg. XII 523
decursu rapido de montibus altis
dant soyiitum spumosi amnes ge-
braucht decursus und ofter decur-
rere von der schnellen abwtlrts-
gehenden Bewegung. Konstruiere:
tamquam flosculus ita brevissima
vitae pars (d. h. die Bliite des Le-
bena) velox decurrere festinat.
129 non intellecta unvermerkt,
ahnungslos, Senec. dial. X 9, 4
subito in illam (i. e. sencctutem) in-
ciderunt: accedere eam cotidie non
sentiebant.
131 his collibus, die Stadt Rom,
wie vielleicht 6, 295, anders aber
14, 179.
132 carpentis, vgl. 8, 146 volucri
carpento rapitur pinguis Lateranus.
133 digito uno, d. h. weichliche
Stutzer, die ihre feine Frisur zu
verderben fiirchten, vgl. Licinius
Calvus frg. 18 (M.): Magnus, quem
metuunt omnes, digito caput uno
scalpit. Quid credas huncsibi velle':'
Virum.
134 spes superest, hier ist in der
13*
196
IVVENALIS
^haec exempla para felicibus. at mea Clotho
et Lachesis gaudent, si pascitur inguine venter.
o parvi nostrique Lares, quos ture minuto
aut farre et tenui soleo exorare corona,
quaudo ego figam aliquid, quo sit mihi tuta senectus
a tegete et baculo? viginti milia faenus
pigneribus positis, argenti vascula puri,
sed quae Fabricius censor notet, et duo fortes
de grege Moesorum, qui me cervice locata
securum iubeant clamoso insistere circo;
sit mihi praeterea curvus caelator, et alter
qui multas facies pingit cito; sufficiunt haec.
quando ego pauper ero? votum miserabile, nec spes
135
140
14f
139 fiam P
146 mnlta P
143 mosorum P
locata j9 00 ,• locatam P
tJberlieferung eine grofsere Liicke,
wie V. 135 zeigt (Jiaec exempla).
Im Pithoanus findet sicli: tu tan-
tum erucis imprime dentem, grattis
eris, tu tantum faucis inprimedentem.
Navolus wurde zwar auch auf den
Gebrauch von Starke- und Reiz-
mitteln (Aphrodisiaca) verwiesen,
vgl. Mart. III 75, aber es mufs ihm
doch auch eiue Aussicht entgegen-
gehalten sein, auf die er 135 sq.
fur sich verzichtet.
136 pascitur sich nur einfach
nahrt, erhalt, ohne grofsere An-
spruche ans Leben zu machen.
137 nostri 'mir gehorig'. Die
Stelle ist eine Parodie von Horat.
sat. II G, 65 0 noctes cenaeque deum,
quibus ipse meique atrte Jarem pro-
prium vescor vernasque procacis
piasco lihatis dapibus. — ture mi-
nuto, vgl. Horat. III 23, 15 parvos
coronantem marino rore deos fra-
gilique myrto , ferner si ture pla-
caris et horna fruge Lares, endlich
farre pio et saliente mica.
139 figam erjagen, mit Lanze
oder Pfeil erlegen.
140 a tegete et bacido, zu 5, 8.
141 pigneribus posHis auf sichercr
Ilypothek. — argenti vascula puri
= 10, 19.
142 sed quae: aber freilich, so
viel, dafs ein alter strenger Censor
wie C. Fabricius Luscinus (vgl. 2,
154) dariiber emport sein miifste.
Zur Sache bemerkt Gellius IV 8, 7 :
P. Cornelium Micfinum {hominetn
furacem et avarum) poslea bis con-
sulatu et dictatura functum censor
Fabricius senatu movit (ann. 276
a. Chr.) ob luxuriae-notam , quod de-
cem pondo libras argenti facti ha-
beret.
143 Der Besitz von zwei kraf-
tigen mosischen Sklaven als Sanften-
tragern, unter deren Schutz man
ungefahrdet im Cirkus einen guten
Platz erlangen konnte, gehorte in
Trajans Zeit zQ den Hauptwiinschen
der Armeren; vgl. 7. 132^ Die
Sanftentrager vermieten gewisser-
mafsen dem Benutzer der Sanfte
ihren Nacken, wie 8, 185 vocem
locare; doch erinnert locare zugleich
an den sachlichen Ausdruck in coUo
sibi coJlocare aliquem (Catull. 10,
23). Eine Anderung, z. B. cervicc
torosa (Cat. 63, 83), erscheint nicht
notwendig.
146 Er wiinscht sich nicht, wie es
scheint,KiinstlerzurAus£chmiicknng
seinerZimmermitWerkenderKunst,
sondern vielmehr Sklaven als Ar-
beiter (ojnfices), von deren Arbeit
er Gewinn haben kann.
147 Aber leider ist die Hofinung
gering, jemals auch nnr zu so be-
scheidenem Besitz {paupertas) zu
gelangen. — miserabiJe, wie 3, 27(>
ergo optes votumque ftras miserabiJc
tectim.
LlBKl IV SATVUA X
197
liis ^alteiu; iiaui cum pro me Fortuua ro^atur,
adtixit ceras illa de uave petitas,
quae Siculos cautus eflPugit remige surJo."
loO
IVVENALIS
S A T y R A R V M
LIBER QVARTVS
SATVRA X
Umuibus in terris, quae sunt a Gadibus usque
Auroram et Gaugeu, pauci diuoscere possunt
vera boua atque illis multum diversa, remota
eri'oris nebula. quid enim ratione timemus
148 togatur P 150 et fugit P
149 Satirisch-komischeUmschrei-
bung des einfachen Gedankens: das
Gliick ist gegen meine Wiinsche taub,
stopft sich die OhrQn zu, wie Hom.
Od.XII173sqq. OdysseusseinenGe-
tiihrten die Ohren mit "Wachs ver-
stopfte, damif sie nicht den ver-
fiihrerischen Gesang der Sirenen
(bei Sicilien) vernehmen sollten.
Sat. X.
Der Inhalt dieser Satire ist 'das
Gebet' oder 'Um was soll der
Mensch die Gotter anflehen?' Ab-
sicht und Zweck des Dichters wer-
den bereits 54 — 55 klar, finden sich
aber noch scharfer am Ende 346
—366 ausgesprochen. Der Mensch
spll sein Gliick nicht in aufseren
Gutem suchen und nicht nach der
Gunst der Fortuna ausscbauen, son-
dem sich mhig in den Willen
Gottes fiigen, der am besten fur
den Menschen sorgt, und an der
Kraftigung und Starkung seines
sittlichen Willens gewissenhaft ar-
beiten. Dasselbe Thema behandeln
Pers. 2 und [Plato] Alcibiades II.
1 — 55 Propositio: Die Menschen
wiinschen und erstreben nur auTsere
Guter, ohne an die Not und Ge-
fahren zu denken, denen sie sich
damit auasetzen. Daram erschien
das Leben der Menschen schon
einem Demokritos liicherlich, in
Rom aber ist es noch liicherlicher
geworden. Demokrit lachte und
trotzte der Fortuna, die fiir die
Menschen in der That uberfliissig
ist, denn die gewohnlichenWiiusche
und Bestrebungen fiihren nur ins
Ungliick und Verderben.
1 usque ohne ad als Priiposition
mit dem lokalen Accusativ ist sehr
selten und findet sich sonst uur bei
Stadtenamen, Cic. Pis. 51 a Brun-
disio usque Romam aymen lierpe-
tuum; ahnlich findet sich tenus mit
Accusativ, Val. Fl. I 538 Tanain
tenus, Auson. Parent. 3, 15 tenus
Europam fama crescente.
2 pauci nur wenige. Pers. 5, 105
tibi recto vivere tcdo ars dedit et
veri speciem dinoscere caUes.
3 illis ist Dativ: das Gegenteil
davon, Hor. s. I 3, 114 dividit ut
bona diversis, fugienda pttendis.
4 erroris nebula 'Nebelhiille des
Irrtnms', nach Hom. II. V 127.
XVII 643. Plato Alc. II 150d dUa
doy.st uoi, wGTtiQ Tw Jiour^SiL cprjoi
Tj]v Adr^vuv "OuTjoog unh tcav
ocp^aXumv clcpfJ.si^v rfjv ciyXvv , ovzco
v.al ool dsiv uno rf/s M^vx^? ■Jiowxov
xj-jV ax^vv acptXovxa y.xX. — ralionc
mit verniinftiger Berechnung, Plin.
198
IVVENALIS
aut cupimus? quid tam clextro pede concipis, ut te
conatus non paeniteat votique peracti?
evertere domos totas optantibus ipsis
di faciles. nocitura toga, nocitura petuntur
militia; torrens dicendi copia multis
et sua mortifera est facundia, viribus iile
confisus periit admirandisque lacertis.
sed plures nimia congesta pecunia cura
strangulat et cuncta exuperans patrimonia census,
quanto delphinis ballaena Britannica maior.
10
11 perit P
ep. IX 7, 1 aedifico cnim iam ra-
tione, planmafaig. Dafs Juv. an die
Lehre der Stoa denkt, zeigt die
Vergleichung seines Ausdrucks mit
Sen. ep. 82, 6 sciut quod illi bonum
quod malum sit, quid petat quid
evitet, quae sit illa ratio, quae ap-
petenda ac fiicjienda discernat, qua
cupiditatum mansuescit insania,
timorum saevitia compescitur.
5 dextro pede, denn in Rom rief
der ianitor dem Eintretenden ent
gegen: dextro pede! und ebenso bei
Kultushandlungeu, Verg. VIII 302
tua dexter adi pedc sacra secundo.
— concipis unternimmst oder er-
denkst du (sc. mente, votis), Hor. II
13, 9 ct quidquid usquam concipi-
tur nefas. Vgl. vota concipere. 'Dein
Beginnen mag von noch so gun-
stigen Umstanden oder Vorbedeu-
tungen begleitet sein, am Ende
mufst du doch den Versuch und
die Erfiilluug (Nep. XXV 22, 8
propositumpercgit) deines Wunsches
bereuen.'
7 domos Familien, Geschlechter,
Verg. I 284 clomus Assaraci. Zu
dvmos steht ipsis (die Inhaber oder
Besitzer) im Gegensatz.
8 faciJes willig, nachgiebig, Hor.
s. I 1, 22 neque se fore posthac tam
facilem, votis ut praebeat aurem.
Vgl. 12, 88. — nocitura was schaden
mufs, seiner Natur nach schadlich
ist, Sen. ep. 110,10 quidquid nobis
bonum fnturum erat, deus in pro-
ximo posuit, nocitura altissime pres-
sit. In 8 — 12 ist die propositio der
ganzen Satire entbalten : das Un-
heil der pecunia (divitiae) wird
15 — 27 ausgefiihrt, dann folgt 28
— 55 ein Exkurs iiber die Lacher-
lichkeit des menschlichen, beson-
ders romischen Ehrgeizes, daran
reiht sich 56 — 113 die Betrachtnng
iiber die Unbestlindigkeit grofser
Macht im Staat {nocitura toga),
ferner die Gefahren aufserordent-
licher Beredsamkeit (torrens dicendi
copia) 114 — 132, endlich der Nach-
teil kriegerischen Ruhms (nocitura
militia) 133—187. Die««VfsV. lOzer-
fallen a) in langesLeben 188—288,
b) in Schonheit 289—345. Darauf
folgt346— 366derEpilogdesGanzen.
9 torrens dicendi copia 'der hin-
i"eifsende Strom der Beredsamkeit'
= eloquentia, die nur durch Kunst
oder Bilduug erworben wird, vgl.
128 und 3, 74 Isaeo torrentior.
10 siia facimdia ihre, d. h. ibnen
eigentiimliche Redegabe , 'Talent,
Suet. Cal. 53 eloquentiae quam plu-
rimum attendit, quantumvis facundus
(begabt) et promptus (schlagfertig).
— ille ein anderer, mit Bezug auf
multis (9).
11 confisus vertraut hatte, stolz
war auf.
12 sed plures, aber freilich noch
mehr; denn der Hauptgegenstand
menschlicher Wiinsche und Be-
strebungen bleibt doch inimer das
Geld. Vgl. 14, 303 tantis parta
malis cura maiore metuque servati-
tur: misera est magni custodia census.
13 Zu exupcrans ist tanto (8,
140) aus dem folgenden quanto zu
erganzen, vgl. 14, 139 crescit amor
nummi', quantum ipsa pecunia crcvit.
14 Auf Eigentiimlichkeiten der
Natur Britanniens weist Juv. iifter
hin, vgl. 2, 160 sq. 15, 111 sq.
LIBRI IV SATVRA X
teuiporibus diris igitur iussuquo Neroni.s
Longiiuim et maguos iSeneciie praedivitis lu)rtos
elausit et egregias Lateranorum obsidet aecles
tota cohors: rarus venit in cenacula miles.
pauca licet portes argenti vascula puri,
nocte iter iugressus gladium contumque timebis
et motae ad lunam trepidabis haruudinis umbraui:
cautabit vacuus coram hitrone viator.
prima fere vota et cuuctis notissima templis
lUvitiae, crescant ut opes, ut maxima toto
uostra sit arca foro. sed nulla aconita bibuutur
190
15
20
25
21 umbvas 5
15 temporibus diris — 4, 80, eben-
fciUs am Anfang des Verses.
16 sq. C.CassinsLonginus ■wavKon-
sul und Priitor und al s J 11 list beriihmt,
Suet. Nero 37. Er wurde auf die
Insel Sardiuien verwiesen, qiiod
inter imagines maiorum etiam C.
Cassii effigiem cohiissct, in Wahr-
heit, quod opibus vetustis et gravi-
tate vioium praeceUebat , Tac. XVI
7 u. 9, unter Vespasian kehrte er
nach Rom zuriick, Pompon. Dig.
I 2, 2, 47. Komische Wirkuiig hat
die Verbindung Longinum chtusit
(umscblofs) neben Senecae liortos
clausit; von demLongiuus gilteben,
was Tac. sagt: senectus eius ex-
spectabatur , er wurde sicher ge-
stellt. — Plautius Lateranus nahm
an der Pisonischen Verschworung
teil, Tac. XV 49 Lateranum consu-
lem designatum nulla iniuria sed
amor reip. sociavit ; sein Tod ibid. 60.
Verschieden ist der 8, 147 genanute
Konsul des .Jahres 94. Aus den
aedes Laterani (Prud. Symm. I 585)
eirstand die spatere christliche Ba-
silika.
18 rarus nur selten, wie 8, 63
si rara ivgo tictoria sedit. — cena-
cula , vgl. 3, 201 quem tegula sola
tuetur u pluvia. Hor! ep. I 1, 91
pauper mutat cenacula. Die Miete
\pemio) wird 9, 63 erwahnt.
19 argentum purum ist reines,
glanzendes Silber, wie 9, 141 ar-
genti vascula puri und Pers. 3, 25
puruvi et sine ktbe sulinum, zu-
gleich im Gegensatz zu den kunst-
vollen Silberarbeiten jener Zeit,
wie Mart. IV 39, 10 zcigt. Vgl.
dazu 14, 62.
20 Suet. Caes. 31 dein post solis
occasum occultissimuvi iter modico
cnmitatu inuressus est. Man reiste
in dem heifsen Italien iiberhaupt
geru zur Nachtzeit, gewohnlich aber
in Begleitung von Facktltragern.
— contus {-novrog) Stange, Kniittel,
von der Watfe des Banditen ebenso
wie von der des Sarmaten (Claud.
Stil. I 111) iiblich. Nachahmung
der Stelle bei Boet. cons. II 5 t^i
igitur qui nunc contum gladmmque
sollicitus pertimescis, si vitae huius
callem vacuus viatw intrasses, coram
latrone cantares.
21 sq. ad lunam im Mondschein.
— vacuus 'ohne Last und ohne
Sorgen'. — trepidare wie horrerc
mit Accusativ, vgl. zu 8, 152.
23 prima am Anfang = und doch
ist es der erste, allen Tempeln nur
zu bekannte Wunsch. Dafs man im
Gebet solch unreine Wiinsche vor
den Gottern aussprach, zeigt Pers.
2, 38q'. u. 44 sq. Hor. ep. I 16, 60 sq.
24 opes sind gegeniiber dem all-
gemeinen Begviff divitiae die ein-
zelnen Teile des Besitzes, z. B.
Kapitalien , Grundstiicke , Vich-
stand etc, daher Pers. 2, 49 iam
crescit ager, iam crescit ovile, iam
dabitur, iam iam!
25 urca ''Geldkiste' steht wie
unser 'Kasse' oder 'Kapital' fiir
das Vermogen in Geld, vgl. 1, 90.
11, 26. 14, 259. Der Romer depo-
nierte sein bares Geld beim argen-
tarius, der dann auf Anweisung fiir
200
IVVENALIS
fictilibus: tunc illa time, cum pocula sumes
gemmata et lato Setinum ardebit in auro.
iamne igitur laudas, quod de sapientibus alter
ridebat, quotiens de limine moverat unum
protuleratque pedem, flebat contrarius auctor?
sed facilis cuivis rigidi censura cachinni:
mirandum est, unde ille oculis sufifecerit umor.
perpetuo risu pulmonem agitare solebat
30
31 cuius P
ihn aucli Zahlung ieistete. Die
Buden {tabemae) der Wechsler
waren auf dem Forum, daher foro
cedere oder abire = bankerott
werden.
26 fictiUbus, zu 12, 47.
27 gemmata mit Edelsteinen be-
setzt, vgl. 5, 43 nam Virro, ut multi,
(jemmas ad pocula transfert a di-
(jitis. Cic. Verr. IV 54 tum illa ex
patelUs et pateris et tiiribulis quae
evellerat, ita scite in aureis poculis
iUigabat, ut ea ad iUam rem nata
esse diceres. — lato in auro, wie der
5, 39 erwahnten phiala. — ardebit
funkelt, perlt: 'der feurige Setiner
funkelt im goldenen Pokal'. Der
Setinerwein (Setia = Sezza) wird
auch 13, 213 und 5, 34 als beson-
ders kostbare Sorte erwahnt.
28 — 53 Digression:DiesesTreiben
der Menschen ist zum Lachen oder
auch zum Weinen, nur dafs das
ewige Weinen kein Mensch aus-
hiilt. Demokrit lachte schon iiber
seine Zeit ! Wie wurde er erst lachen
miissen, wenn er die Eitelkeiten
im jetzigen Rom sehen wiirde! Er
war trotz Abdera ein kluger Mann,
den die Freuden und Sorgen, ja
selbst die Thranen der Menschen
nur zum Lachen reizten, weil er
selbst gewohnt war, unabhangig
und frei dem Schicksal Trotz zu
bieten. Mit ergo V. 54 kehrt der
Dichter zum eigentlichen Thema
zuriick.
28 iamne 'ja in der That', denn
die Frage setzt eine entschieden
bejahende Autwort voraus; Plin.
ep. III 21, 6 meritone (doch gewifs
mit voUem Recht) eum qui haec de
me scripsit et tunc dimisi amicis-
sime et nunc ut amicissimum de-
functum esse doleo? Die Umschrei-
bung des Namens der beiden Phi-
losophen entspricht dem komisch
gefarbten Stil der Satire, die mitten
im Ernst das Schalksgesicht liebt,
vgl. 171. 225. 8, 252. 15, 126. 14,
291. 5, 153. 6, 7 u. 160. Sen. ira II
10, 5 HeracUtus quotiens prodierat
et tantum circa se male viventium,
immo male pereuntium viderat, flebat
(war zu Thriinen geriihrt), misere-
batur omnium qui sibi laeti felices-
que occurrebant ; Democritum contra
aiunt numquam silie risu in pubUco
fuisse: adeo nihil iUi serium vide-
batur eorum, (piae serio gerebantur.
29 de Umine moverat , einfacher
Plaut. merc. 83 1 hunc hodie postre-
mum extoUo mea domo x>atria pedem.
— unum 'auch nur einen'.
30 auctor 'Meister', der Schopfer
und Vertreter einer Lehre, Hor. I
28, 14 non sordidus auctor naturae
vericjue. Der eine Meister steht dem
audern gerade gegenviber, ist daher
contrarius, d. h. contrariae rationis
auctor, vgl. 32 iUe umor und 9, 21.
31 censura cachinni 'die Riige
durch (strengrichtendes) Gelachter'.
Mit Vorliebe gebrauchte man ca-
chinnus vom Satiriker, dessen Vor-
bild hier Demokrit ist, Pers. 1, 12
sed sum petulanti splene cachinno
fLacher, wie erro gebildet), 3, 87
ingeminat tremulos naso crispante
cachinnos.
31—32 haben den Zweck es zu
motivieren, dafs der Dichter im
folgenden nur von Demokrit und
nicht auch von Heraklit spricht.
33sq.-Demokritlachte,und lachte,
ohne dafs er die lilcherlichen Prah-
lereien in Rom gesehen hatte =
pcrpetuo igitur risu etc.
LlBllI IV SATVllA X
201
Democritus, quamquam non essent urbibus illis
praetextae trabeae fasces lectica tribuual.
quid, si vidisset praetorem curribus altis
extantem et medii sublimem pulvere circi
in tunica lovis et pictae Sarrana fereutem
ex umeris aulaea togae magnaeque coronae
tantum orbem, quanto cervix uon sufficit ulla?
quippe tenet sudaus hanc publicus, et sibi cousul
35
40
36 praetexta et rabeae P praetexta trabeae florikgium S. Galli
praetexta et trabeae p 37 mediis sablimen F medio j^
34 quamquam gebraucht Juv. ent-
weder mit dem Konjunktiv , 2, 4
quaniquam plena omnia gypso in-
venias, 6, 88 qHamquam in magnis
opibus dorviisset, 11, 205 quamquam
solida hora supcrsit, 12, 25 quam-
quam siiit cttera sortis ciusdem,
13, 172 quamquam eadem assidue
spictentur proelia. 15,30 quamquam
vmnia syrmata volvas, oder mit
einem aus dem Vorhergehenden zu
erganzenden Konj., vgl. zu 6, 199
und 7, 15, oder mit der Ellipse von
sit 1 , 133 quamquam longissima
cenae spes homini , oder mit einem
Adjektiv und Partizip, 4, 79 quam-
quam tetnporibus diris, 4, 60 ubi
quamquam diruta servat ignem et
Vestam colit Alba.
35 Juv. findet nicht die Amts-
kleidung (vgl. 99) und die Insignieu
der Amtsgewalt an sich lacherlich,
wohl aber das Hasten und Jagen
und das Prunken und Prablen mit
der Amtsgewalt. Die trabea (mit
scharlachrotem horizontalen Streifen
und einem purpurnen Saum) war
urspriinglich der Konigsmantel (8,
259j , spater wurde sie die Tracht
der Ritter and der Auguru bei
feierlichen Gelegenheiten, z. B. Tac.
III 2 ziehon die equites der Leiche
des Germanicus in der Trabea {tra-
beati) entgegen. — Mit der lectiea
f.runkten die Reichen, vgl. 1, 65.
Man erwartet hier eher die sella
curulis genannt zu finden.
36 — 46 Beschreibung des Fest-
zags {pompa) vom Kapitol zutn
Cirkus bei Gelegenheit der ludi
Hoynani, wobei der stiidtische Prator,
welcher seit Angustu.s die Spiele
gab, im Triumphalornat erscheinen
mufste, vgl. 8, 194. 11, 195. 14, 257.
Der Festzug bewegte sich vom Ka-
pitol aus iiber das Forum, deu vicus
Tuscus und das Velabrum, und ge-
langte dann durch das forum bo-
arium in den Cirkus Maximus.
37 curribus exitare auf hohem
Wagen (der biga) stehen; er hebt
sich gewissermafsen iiber denWagen
hinaus und erscheint so nicht nur
als celsus, sondem formlich subU-
mis, fast in der Luft schwebend.
38 Es ist die tunica palmata
und die toga picta gemeint, die im
Tempel des Juppiter Capitolinus
aufljewahrt wurden. Die Insignien
des Triumphators nennt Liv. X
7, 10. — Zu Sarrana Prob. in Verg.
georg. n 506 Sarrano dormiut ostro:
Tyriam purpuram vult inteUegi Sar-
ranum ostrum. Tyron eniin Sarram
appeUatam Homerus docet, quem
etiam Ennius (ann. 330 V.) sequitur
auctarem cum dicit: Poenos Sarra
oriundos. Tyr oder Tyrus ist aus
dem aramilischen Sor oder Zor ent^
standen.
39 aulaea zur Bezeichnung der
aufserordentliehen Weite der falten-
reichen Toga, Cic. Cat. II 22 velis
amictos, non togis, Hor. epod. 4, 8
trium ulnarum toga die Sechsellen-
toga. — coronae, Plin. h. XXXIII 11
cutn corona ex auro Etrusca susti-
neretur a tergo, anulus tamen in
digito ferreus erat aeque triumphan-
tis et servi fortasse coronam susti-
nentis, Zonar. VII 21 OL-/.irr,g uivtoi
Srjuoaiog sn' avtov Trapwjrttro rov
uguurog tov otirfuvov twv J.i&cov
tdiv xQVOodiroiv vn^Quvix<ov aurou.
41 sq. publicus servm gehort zu-
sammen. Die servi publici unter-
202
IVVENALIS
ne placeat, curru servus portatur eodem.
da nunc et volucrem, sceptro quae surgit eburuo,
illinc cornicines, hinc praecedentia lougi
agminis officia et niveos ad frena Quirites,
defossa in loculos quos sportula fecit amicos.
tum quoque materiam risus invenit ad omnis
occursus hominum, cuius prudeutia monstrat
summos posse viros et magna exempla daturos
vervecum in patria crassoque sub aere nasci.
ridebat curas, nec non et gaudia vulgi,
interdum et lacrimas, cum Fortunae ipse minaci
mandaret laqueum mediumque ostenderet unguem.
45
50
4G loculos P: loculis
47 tum z: tunc P 50 verbaecum P
stiitzten bei hoheren Magistraten
cUe accensi und apparitores, beson-
clers wurden sie als Tempeldiener
und als Gehilfen bei den Opfern
verwandt. — sihi placere mit sich
zufrieden, stolz sein, sich iiber-
heben, 6, 276 tu tihi tunc, Vruca,
places, Mart. IV 59 ne tibi regali
2jlaceas, Cleopatra, sepulchro, vipera
si tumulo nohiliore iacet. Der Prator
wird hier consul genannt, weil ur-
spriinglich bei den circensischen
Spielen der Konsul prasidierte, Liv.
XLV, 1, 6.
43 da nimm noch , denke dir
noch, ahnlich wie cedo si 6, 504 und
13, 210. Prud. Symm. I 349 ehurna
aquila, i. e. scipio churneus cum
aquila insidente.
44 cornicines, auch Saitenspieler
und Pfeifer, Appian. Pun. 66.
45 officia die Beamten, welche
in bestimmter Eangordnung voran-
gehen, vgl. ministeria Diener, bene-
ficia Wohlthater, consilia Beisitzer
des Kriegsrats, coniugium etc.
Sonst ist officium bei Juv. immer
der Dienst oder die Dienstleistung
des Klienten, Advokaten, Sehers,
2, 132. 134 3, 239. 5, 13. 6, 203.
7,107. 11, 114. — Die Quirites sind
die togati, die Klieuten und Freunde
des Priitors, die dio sportula tllg-
lich von ihm empfangen, zu 1, 95.
Sie sind nivei., weil sie alle in neuer
oder doch neu zugerichteter Toga
erscheineu.
47 sq. Mit tum quoque (aber auch
schon damals) kehrt der Dichter zu
Demokrit zuriick. — ad omnis.occ.
hom. bei jeder Begegnung, jedem
Zusammentrefifen mitMenschen,d.h.
bei jedem Menschen , der ihm be-
gegnete. Das Subjekt in invenit
dient als Demonstrativ des folgen-
den cuius.
49 exempla daturos steht wie ein
Adjektiv dem summos parallel. Die-
ser Gebrauch des partic. fut. act.
beginnt bereits bei den augustei-
schen Dichtern und ist in der sil-
bernen Latinitat ganz gewohnlich,
vgl. 8. 4, 10. 14, 10.
50 verveces, cl. h. die Abderiten
oder Schoppenstadter. Plaut. merc.
567 itane vero, vervcx? intro eas?
— crasso suh acre unter bootischem
Himmel, Hor. ep. II 1, 244 Boeotum
in crasso aere natum.
51 nec non et auch 3, 204, schon
Verg. I 707 nec non et Tyrii per
limina laeta frequentes convenere,
I 748 nec non et vario noctem ser-
mone trahebat infdix Bido, III 352
nec non et Teucri socia simul urbe
fruuntur. — Stat. s. II 2, 132 hu-
manaque gaudia vides.
53 mandare laqueum = se laqueo
susj)endere iuhere, den Strang an-
befehlen, starker Ausdruck fiir das
horazische (ep. I 1, 68) Fortunae
te responsare superbae libcrum et
erectum. — medius digitus ist der
digitus infamis oder impudicus, wo-
mit man einen anderen verhohnt
oder seine Einwirkung abzuwehren
sucht, Pers. 2, 33 frontemque atquc
uda labella infami digito et lustra-
LIBRI IV SATVRA X
203
orgu supervacua est, aut perniciosa petmitur,
propter quae fas est geuua incerare deorum.
quosdam praecipitat subiecta potentia magiiae
invidiae, mergit longa atque insignis honoruni
pagina: descendunt statuae restemque sequuntur,
ipsas deinde rotas bigarum inpacta securis
caedit et inmeritis frangiintur crura caballis.
iam strident ignes, iam follibus atque caminis
ardet adoratum populo caput et crepat ingeus
Seianus, deinde ex facie toto orbe secunda
60
54 est addidi, aut vel Boederlein, aut ne p. petantur Lachmann
libus ante salivis expiat, urentis
ocitlos iuhiberc perita, Mart. II 28
rideto viultiim, qiti te, Sextille, cinac-
dum dixerit et digitum porrigito
medium.
54 Die Fortwna als^o ist iiber-
fliissig, oder (wenn sie nicht so
erscheint) man erbittet von ihr
solche Giiter, die die Veranlassung
werden {propter quae), dafs der
Mensch sich wieder vor den Gottern
demiitigen und sie um Abwehr des
Uuheils bitten mufs, das jene Giiter
der Fortuna i.m Gefolge haben.
Der Fortuna verdanken es die Men-
schen, wenn sie in Gefahr oder
Unolnck geraten.
55 fas est = ociov uv &ir], es ist
keine Siinde, ist natiirlich ('9'fV'S
tOTiv), vgl. 257. — genua incerare =
vota in cereis tabellis concepta deorum
yenihus adfigere, d. h. Geliibde, die
man den Gottern zu erfiillen ver-
sprach, wenn sie dem Menschen aus
der Not helfen wiirden, daher auch
soviel ale genibus deorum advolvi,
demiitig die Gotter um Hilfe in
der Not anrufen, vgl. Prud. Apoth.
457 soleas Junonis lamhtrc, ^jlantis
Herculis advolvi, genua incerare
iJianae. In den Knieen der Gotter
dachte man sich den Sitz des Mit-
leids derselben.
1) 56 — 113: Das Ungliick aufser-
ordentlicher Macht: Sejans Bei-
apiel; dann Crassus, Pompejus und
Casar.
56 sq. Die potentia ist, je grofser
sie ist, um 80 mehr der invidia aus-
gesetzt, darnm an sich schon ge-
fahrvoll. — honorum pagina, das
Ehrenregister, die tabula generis et
honorum, welche an der Wand auf-
gehilngt (vgl. 8, 69) zugleich die
Reihe der imagines der Vorfahren
zieren sollte; mitunter wurde das
stemma selbst titulus und tituli oder
auch pagina honorum genannt, denn
auf ihm standen nomina tituli ho-
nores geschrieben, vgl. Claud. Stil.
II 244 cur pagina tantum nescit
adhuc nomen, quod iam numerare
decebat. — mergit ideell, denn je
mehr Ehren, tanto maius invidiae
onus incumbit, zieht in den Ab-
grund, in die Tiefe herab.
58 descendunt (vgl. 14, 61) wer-
den herabgerissen und steigen so
von dem Unterbau herab, restem
sequuntur ahnlich wie 1, 164 mul-
ium quaesitus Hylas urnamque sc-
cutus. Die SchilderuDg hat das be-
kannte Schicksal des Sejanus vor
Augen, iiber ihn vgl. Tac. IV 1 — 3.
59 bigarum de.s Triumphwagens,
auf welchem die statua triumphalis
stebt (vgl. 7, 125) ; daher der Scherz :
cahallis (von Erz) immerilis fran-
gurdur crura. An den Bild.siiulen
voUzog man die aufserste Sklaven-
strafe, Sen. ira III 32 qtiid prope-
ramus verberare statim, crura pro-
tinus frangere?
6l8qq. i3ieehernenBiIdnisBekom-
men in den Schmelzofin. — toto
orbe secunda, Tac. IV 2 facili Ti-
berio atque ita prono, ut socium
laborum non modo in sermonibus,
sed apud patres et populum cele-
hraret colique per theatra et fora
effigies eius interque principia le-
giomm sineret, Dio C. LVII 4 xaiq
204
IVVENALIS
fient urceoli pelves sartago matellae.
pone domi laurus, cluc in Capitolia magnum
cretatumque bovem: Seiauus ducitur unco
spectandus, gaudent omnes. Vjuae labra, quis illi
vultus erat. numquam, si quid mihi credis, amavi
hunc hominem. sed quo cecidit sub criraine? quisnam
delator, quibus indicibus, quo teste probavit?'
nil horum; verbosa et grandis epistula venit
a Capreis. 'bene habet, nil plus interrogo. sed quid
turba Remi?' sequitur fortunam ut semper et odit
damnatos. idem popuhis, si Nortia Tusco
65
70
64 fient W: fiunt Poi
74 norsia p
67 oni. P supplevit p
70 indiciis s
SIV.061V CCVT.OV aOTteg v.ca taig tov
Tl^iQlOV iyVOV, 11 6v T£ TtQoas^nv-
vovv n XB mg &S(a s&vov.
64 jfient, nicht fiunt, denn wenn
iiuch Sejans Bildnisse sofort ein-
geschmolzen wurden, so findet doch
die Verwendung des Erzes erst
spater statt {cleinde, mit der Zeit,
bald). Tac. III 70 wird L. Ennius
desMajestatsverbrecheus angeklagt,
quod effigiem principis promiscum
ad usum argenti vertisset. — urceoli,
gehenkelte Schopfgefafse von ele-
ganter kannenahnlicher Gestalt, die
man bei Tische auch zur Mischung
der Getrilnke gebrauchte. — sar-
tago, Bratpfanne. — niatella {ma-
tula), Gefals fiir Fliissigkeiten, ins-
besondere der Nachttopf, Plaut.
most. 386 iam liercle ego vos pro
niatula habeho, nisi niihi matulam
datis.
65 Vgl. zu 6, 62.
66 sq. cretatus, schneeweifs, wie
12, 3 niveus. Wie man den nnter-
irdischen Gottern nur dunkle Opfer-
tiere darbrachte, so opferte man
den hinimlischen Gottern hellfar-
bige Tiere; die weifse Farbe war
Ausdruck grofser Freude, z. B. beim
Triumph wurden nur weifse (um-
brische) Stiere dargebracht. — duci-
tur spectandns, wir gerade um-
gekehrt: schaue und freue dich,
wie Sejan am Haken vom Henker
(vgl. 13, 245) geschleift wird, spec-
tari potest slKo^svog. — In der
folgenden Unterredung sind nur
zwei Personen sicher bemerkbar.
Sie vertreten die Stimmung des
Volkes (88—89).
68 si quid, 246 si quidquam cre-
dis Homero.
69 sub crimine, die Anschuldigung
wird als Belastung gedacht , unter
der sich Sejan nicht mehr aufrecht
erhalten kann, 4, 12 caderet sub
iudice niorum, V-erg. IV 560 naie
dea, potes hoc sub casu ducere
somnos ?
70 Die Anklage lafst einen An-
klager {delator) und Zeugen {indiccs
und tcstes), die Verurteilung Richter
erwarten. Vgl. 6, 220 quis testis adest?
quis detulit? 6, 562 faciet quod de-
ferat ipse. — probavit, sc. delator.
Die p)robutio cciusae vor den Richteni
bedarf der Beweismittel, daher quo
teste und quibus indicibus Verrater.
71 Dio C. LVIII 10 rjv 8s niaxpa
(17 sniGtoXrj) Kal ovSsv cc&qoov kccxcc
xov Zlrjiccvov six.sv, ccXXcc xcc fisv
ngcoxcc alXo xi, slxcc (]iS[iipiv xar'
avxoi} ^Qaxsi^av, Kal fisx' avxrjv
sxsQOV Ti, Kal %ax stisCvov allo'
v.al ini xsXsvx^g dvo xs l^ovXsvxag
xcov oj-KSicofisvcov ol Kolaa&fivai val
avxov sv cpQOVQcc ysvsad^ai dsiv
sXsysv.
73 turba llemi und JRomuli turba
wurde unterschiedslos gesagt; Prop.
II 1, 23 regnave prima Bemi, V 6,
80 reddat {Parthus) signa Benii.
Das Verilchtliche liegtniir im Worte
turba. .
74 Sejan stammte von Volsinii
in Etrurien. Liv. VIII 3, 7 Volsi-
niis quoque clavos indices numeri
LIBRI IV SATVRA X 205
favisset, si oppressa foret secura senectus 75
principis, liac ipsa Seianum diceret hora
Augustuni. iam priilem, ex quo suttVa<:fia nulli
veiulimus, ettudit curas; nam qui dabat olim
imperium fasces legiones omnia, nunc se
continet atque duas tantum res anxins optat, 80
panem et circenses, 'perituros audio multos.'
nil dubium, magna est fornacula. 'pallidulus mi
Hruttidius meus ad Martis fuit obvius aram;
quam timeo victis, ne poenas exigat Aiax
ut male defensus. curramus praecipites et 86
dum iacet in ripa, calcemus Caesaris hostem.
sed videant servi, ne quis neget et pavidum in ius
82 pallidus mihi brutidius P 84 victia W\- victus Pco
fixos in templo Kortiac, Etruseae
deae, comparere diUgcns taliuin mo-
numentorum auctor Cinciusadlirmat.
Es ist also Nortia die Fortuna oder
die Necessitas der Etrusker, vgl.
Hor. I 35, 17.
75 secura, Tac. IV 1 Tiherium
variis artibus devinxit adeo, ut ob-
scurum adversum alios sibi uni in-
cautum intectumque efftceret. Die
umschreibende Charakteristik der
Person wie 4, 81 Crisjn iucunda.
scnectus.
77 Die Wahl der Magistrate ging
14 n. Chr. an den Senat iiber, Vell.
II 124. 126. Tac. I 15.
78 e/fudit curas, hat alle Teil-
nahme, den Sinn fiir ofFentliche
Interessen, verloren, Sen. ira II 35, 3
omnem curam siii effundunt.
79 omnia, zu 3, 38.
81 Vgl. 7, 174. 8, 118 qui satu-
rant urbem circo scaenaeque vacan-
tem. — perituros, Tac. VI 19 irri-
tatusque suppliciis cunctos qui car-
cere attinebantur accusati societatis
cum Seiano necari iussit.
82 magna fornacula, mit Bezug
auf 61 sq. Den Spott steigert die
Verbindung des Attributs magna
mit dem Deminutiv. — mi, nur
hier, sonet gebraucht Juv. immer
mihi.
83 Brutttdius oder Bruttedius
Niger war im J. 22 Mitanklager
des C. Silanns, Tac. ill 60. Er war
Kedner, Sen. contr. IX 35, u. wahr-
scheinlich auch Geschichtschreiber,
Seii. suas. VI 20. 21. — Die ara
Martis war auf dem Marsfeld, nicht
weit vom Ovile, Liv. XL 45, 8 cen-
sores in Campo ad aram Martis
consederunt.
84 Aiax hatte in seiner Raserei
nicht nur gegen den vermeintlichen
Odysseus uud die Atriden, sondern
aAich gegen die Herde, d. h. gegen
das Heer der Achiier gewiitet. Mit
ihm wird Tiberius verglichen. Er
wutete gegen die Anhiinger Sejans
und den Senat {victi); es fiihlte
sich niemand mehr sicher, und es
war zu fiirchten, dafs er das ganze
Volk in seiner Raserei anfallen
wiirde. — Timere mit Dativ und
einemObjekti vsatz wie metuere Plaut.
Asin. 112 profecto nemost quem iam
deliinc metuam mihi, ne quid nocere
possit. — poenas exigat, wie 187.
85 ut malc defensus, vom Senat
{victis), der dem Sejan sich allzu
sehr ergeben gezeigt hatte.
86 Dio LVIII 11 y«i ovTCO Siyiaico-
&i:ig •AccTiK T£ zdiv ccvu^aGficov {scaJae
Gemoniae) fQQicpr] xat uvtov o o(ii-
Xog TQcalv dXaig rifi^Qaig fhmrjvaro
V.ul lllTCC tOVTO tig TOl' nOTUflOV
tvi^aXiv.
87 Bei Hochverratsprozes-senwurde
auch die Zeugenausaage der Sklaven
angt-nommen, die iiberhaupt dem
Tiberius als geeignetes Mittel er-
schion, hinter die Geheimnisse der
206
IVVENALIS
cervice obstricta dominum traliat/ lii sermones
tunc de Seiano, secreta haec murmura vulgi.
visne salutari sicut Seianus, liabere
tantundem atque illi summas donare curules,
illum exercitibus praeponere, tutor haberi
principis angusta Caprearum in rupe sedentis
cum grege Chaldaeo? vis certe pila cohortes
egregios equites et castra domestica, quidui
haec cupias? et qui nolunt occidere quemquam,
posse volunt, sed quae praeclara et prospera tanti,
ut rebus laetis par sifc mensura malorum?
huius, qui trahitur, praetextam sumere mavis,
an Fidenarura Gabiorumque esse potestas
90
95
100
93 angusta s: augiista Pa>
feindseligen Nobilitat zu kommen,
Tac. II 30.
88 cervice obstricta = obtorto
collo, Plaut. Poen. III 5, 45. Curc.
707 collum opstringe homini. Aul.
I 1, 39.
89 secreta murmura, 'Gefliister'.
90 sq. salutari, von den Morgen-
aufwartungen, die bei Sejan um so
grolsartiger waren, je hoher sein
Einflufs stieg. — hdbere tantundem,
sc. potentiae, also = tantundem va-
lere, Quint. I 5, 4 quae idem signi-
ficant ae tantundem valent. — sum-
mas curules, die hochsten curn-
lischen Amter und Wiirden (digni-
tates, sellas). So steht curulis ofter
absolut, vgh Heraus zu Tac. h. II
59, 15 und Mart. XI 98 sedeas in
alto tu licet tribunali et e curuli
iura gentibus reddas, Stat. s. III 3,
115 fasces summamque curulem tulit.
— illi . . illum, dem eiuen. . einen
anderen, wie 196. Vgl. 2, 93—99.
92 sq. tutor principis, "'Schirm-
vogt des Kaisers'. Die Insel Ca-
preii heifst angusta im Gegensatz
zur Ausdehuung des Reiches und
der weiten Macht des Kaisers, be-
zeichnet aber auch die stille Ein-
samkeit des Fiirsten, der sich mit
einem schmalen Streifen Landes
begniigt, ahnlich CatuU. 64, 80 quis
angusta malis cum moenia vexaren-
tur, Prop. I 8, 22 angusto mecum
requiescit lccto, Claud. III 203 ct
casa pugnaces Curios angusta tegebat.
94 Tac. VI 20 scientia Chaldaeo-
rum artis, cuius apiscendae otium
apud Bhodum, magistrum Tlirasyl-
lum habuit.
95 egregios equites = illustres
oder insignes equites, als Ordonnanz-
offizier. — castra domestica, Ehren-
und Schutzwachen im Hause, wie
sie Sejan hatte.
96 et qui — etiam ii qui; Teren-
tius bei Tac. VI 8 plurimam iu-
vandi nocendive potentiam Seiano
fuisse nemo negaverit.
97 sq. praeclara et prospera,
Glanz und Gliick haben keinen
Wert, wenn (ut) das Schlrmme da-
bei ebenso zahlreich ist wie das
Gute, wenn die Nachteile nicht
geringer sind als die Vorteile; denn
beides haftet am Gliick und am
Glanz; 14, 314 von Alexander: pas-
surus gestis aequanda pericula rebus.
Der Dichter erinnert dabei an Epi-
kurs Lehre von dem Verhaltnis der
voluptas zum dolor.
100 Fidenae und Gabii werden
auch 6, 56 als kleine Landstadte
genannt, vgl. zu 3, 192 und 7, 4.
— Der hochste Beamte {potestas,
vgl. 7, 200) einer solchen Stadt
war der Adil oder Duumvir, den
Hor. s. I 5, 34 verachtlich scriba
nennt. Zur Polizeigewalt des Adilen
gehorte die Aufsiclrt iiber Mais und
Gewicht. Die zu kleinen Mafse
wurden vernichtet, Pers. 1, 130 Italo
LlBRl IV SATVRA X
207
et de meusura ius dicere, vasa miuora
frangere panuosus vacuis aedilis Vlubris?
ergo quid optandum foret, ignorasse fateris
Seianum; nam cuni nimios optabat lionoros
et nimias poscebat opes, numerosa parabat
excelsae turris tabulata, unde altiur esset
casus et impulsae praeceps immaue ruiuae.
quid Crassos, quid Pompeios evertit et illuui,
ad sua qui domitos deduxit flagra QuiritesV
summus nomi)o locus uulla non arte petitus
magnaque uuminibus vota exaudita maliguis.
ad generum Cereris sine caede ac vulnere pauci
descendunt reges et sicca morte tyrauni.
eloquiura ac famam Demosthenis aut Ciceronis
incipit optare et totis quinquatribus optat,
105
110
115
104 cum W: qui Pw 114 ac jJco; aut P 115 quinqua**** P
quod honore supinus frcgerit hcmi-
nas Arreti aedilis iniquas.
102 pannosus, vgl. 3, 179. Hor.
ep. I 11, 7 scis Lehedus quid sit,
Gabiis desertior atque Fidenis vi-
cus, dann 30 quod petis hic est, est
Vlubris.
104 sq. cum . . optabat, parabat,
denn seine Wunsclie stiegen mit
der Zeit immer hoher; Sejan baute
ein Stockwerk (3, 199) iiber das
andere, um nach und nach einen
alle anderen iiberragenden Palast
(turris) zu gewinnen, bis am Ende
der muhevolle Bau zusammenbrach;
Hor. II 10, 10 cccelsae graviore casu
decidutit turres. — numerosa, wie
7, 151 classis 7iumerosa, an der-
selben Versstelle.
107 praeceps, ?ubst. der jiihe
Sturz, der Abgrund, vgl. 1, 149
omne in praecipiti vitium stetit. —
ruina ist der einstiirzende Gegen-
btand (der Bau), daher ruinam im-
jyellere: der Sturz des znsammen-
brechenden Baues ist oder geht
unermefslich tief, der Sturz in den
unermefslichen Abgrund.
109 domitos, wic wilde Tiere hat
er sie erst bezwungen und dann
mit der Peitsche dressiert.
110 nempe (aua nampe), offenbar,
ja ja, leitet die Antwort ein auf
die 108sq. gestellte Frage, vgl. 185.
326. 8, 57. 180. 13, 166. Ebenso
erfolgt damit 13, 181 die Beant-
wortung eines Einwurfs. Eiu Aus-
ruf geht 10, 160 voran. Irouisch
steht es 3, 95. — nulla non arte,
mit jedem Mittel; nach Suet. 30 soll
Casar denVers desEuripides^Phoen.
524) im Munde gefiibrt haben: nam
si violandum est ius, regnandi gra-
tia violandum est, aliis rebus pie-
tatem colas.
111 vota exaudita, die Erhorong
oder Erfiillung seines Wunsches;
dagegen verbal Verg. XI 157 nulH
exaudita deorum vota precesque
meae! Vgl. 178. 6. 12, 126. 14, 200.
112 (jfener Ce/e?is fiir Pluto klingt
spottisch, wie 13, 50 oder 3, 265.
Vgl. 2, 149 sq.
113 desccndunt, zu 6, 622: Da-
fiir Hor. IV 7, 14 nns ubi decidi-
mus quo pater Aeneas etc. — sicca
morte, unblutigen Todes, Prop. V
10, 12 hic spolia ex umeris ausus
sperare Quirini ipse dedit, sed non
sanguine sicca suo.
2) 114—132: Auch der Iluhm ge-
waltiger Beredsamkeit fiihrt ins
Ungliick.
115 Das Fest dor Minerva dauerte
fiinf Tage, vom 19. bis 23. Miirz. Je
nach der Machtfiillo der Minerva
und der Stellung der Menschen
waren die Geliibde, welche man
darbrachte, verscbieden; Ovid fant.
III 815 Pallada nunc pueri tene-
208
IVVENALIS
quisquis adhuc uno parcam colit asse Minervam,
quem sequitur custos angustae vernula capsae.
eloquio sed uterque perit orator, utrumque
largus et exundans leto dedit ingenii fons.
ingenio manus est et cervix caesa, nec umquam
sanguine causidici maduerunt rostra pusilli.
^o fortunatam natam me consule Eomam':
Antoni gladios potuit contemuere, si sic
omnia dixisset. ridenda poemata malo,
quam te, conspicuae divina Philippica famae,
volveris a prima quae proxima. saevus et ilhim
exitus eripuit, quem mirabantur Athenae
120
125
raeque orate puellae: qui bene fla-
earit Pallada, doctus erit. Es fin-
den sich fuu den Nanien des Festes
die Formen Quinquatrus, Quinqua-
tres und Quinquatria, Biicheler Lat.
Dekl. 19.
116 Der Vers umschreibt den
Begriff ABC-Schuler: der Knabe
pflegt die Minerva (= litteras), die
aber fiir ihn noch karg (parcd) ist,
wie sie ja auch fiir geriuges Geld
(rmo asse)erworbenwird. Das Schul-
geld wurde entweder monatlich (vgL
zu Hor. s. I 6, 75), oder jahrlich
bezahlt, Macrob. s. I 12, 7. Hier
ist an monathche Bezahlung zu
denken, wenn auch der Knabe noch
die Trivialschule des ludimagister
besucht, wo Lesen und Schreiben
und etwas Rechnen gelernt wurde.
117 Der Haussklave (vernula)
folgt dem Knaben als Trager (cu-
stos) der Mappe (capsa), worin das
Schreib- und Lehrmaterial sich be-
findet, Hor. s. I 6, 78 vesteni servos-
que sequentis si qui vidisset, CatulL
68, 36 huc una ex midtis capsula
me sequitur. Zu custos vgL 144.
118 perit ist Perf., vgL zu 6, 295.
Das in dem Vers beriihrte Thema
wird auch in Senecas Suasorien (6)
und in den Controversien (p. 196 B),
von Cornelius Severus sogar in
Versen (ibid. 37) behandelt.
119 exundans, infolge der uber-
tas ingenii, der Grundlage der copia
und vis dicendi. — ingenium ist die
ErfindungskraftjGedanken (bei Dich-
tern = Phantasie), daher oft =
Beredsamkeit iiberhaupt, vgL Cic.
Arch. 1 si quid est in me ingenii.
— leto dedit war der ubliche Aus-
druck zur Bezeichnung der Todes-
ursache, dafiir CatulL 68, 91 quae-
que etiam nostro letum miserabile
fratri attulit.
120 Liv. epit. 120 prominenti
(dem Cicero) ex lectica praebentique
immotam cervicem caput praeeisum
est; nec satis stolidae crudelitatis
fuit: manus quogtie, scripsisse in
Antonium Fhilippicas exprobrantes,
praeciderunt.
121 causidici pusilli eines zwerg-
haften Advokaten ohne gelehrte
und rednerische Bildung, den Cic.
or. ni 79 vulgaris orator nennt.
122 Der Vers, den auch Quint.
IX 4, 41 u. XI 1, 24 erwixhnt, ent-
halt den Ausruf : wie armselig oder
lacherlich war er doch als Dichter!
Mart. II 89 carmina quod scribis
Musis et Apolline nullo, laudari
debet: hoc Ciceronis habes.
123 spielt auf Ciceros eigene
VV^orte an in Phil. II 118 defendi
rem publicam adulescens, non de-
seram senex, contempsi Catilinae
gladios, non pertimescam tuos.
125 sq. conspicuae famae ist Gen.
der Eigensch. — a prima, von der
ersten aus berechnet, wie 247 vita a
cornice secunda. Dafs die zweite Rede
gegen Anlonius in den Rhetor-
schulen vielfach behandelt wurde,
zeigt die Nachahmung und die
Gegenrede des Dio Cassius, die
einem Freuude des Antonins in den
Mund gelegt wird.
126 Ubergang: nicht gliickliehcr
war dcs Demosthenes Schicksal.
LIBRI IV SATVRA X
209
torrentem et pleni moderantem frena theatri.
Jis ille adversis genitus fatoque sinistro,
quem pater anlentis massae tuligine lii»pus
a carbone et tbrcipibus glailiosque paranti
incude et luteo Vulcano ad rhetora misit.
bellorum exuviae, truncis adfixa tropaeis
lorica et fracta de casside buccula pendens
et curtum temone iugum victaeque triremis
aplustre et summo tristis captivus in arou
humanis maiora bonis creduntur. ad hoc se
Romanus Graiusque et barbarus induperator
erexit, causas discriminis atque laboris
130
135
134 casside p erasum in P 137 lios P
128 torrentem, 'weun der Strom
seiner Beredsamkeit sich ergofs'
Im Theater des Dionysos wurden
die meisteu VolksversammluDgen
abgehalten. — moderari frena =
frena tencre bei Claud. I 59 Italiae
latae cum frena teneret, dazu tritt
theatri (das im Theater versammelte
Volk) pleni als Gen. obiectivus oder
passivus. Ovid ex P. II 9, 33 Cae
sar ut imperii moderetur frena, pre-
camur.
129 Pers. 4,- 27 hunc ais, hunc
dis iratis genioque sinistro, d. h.
hunc infdicem oder miserum.
130 pater lippus, 'der kurzsich-
tige Vater', zugleich mit Riicksicht
auf das den Augen schildliche Ge-
schaft des Vaters, der eine Schwert-
fabrik besafs {(luxcctQonoiog). Da
der Vater starb, als der Sohn erst
sieben Jahre alt war, so ist der
Gedanke Juvenals ein MifsgriflF.
132 lHteus {lutum , Schmutz),
rufsig, ist ebenso von liitulentus, voll
Schmutz, als von luteus (von liitum,
Gilbkraut), 'goldgelb' verschieden.
— Isaeus war nicht der einzige und
nicht der erste Lehrer des Demo-
sthenes in der Rhetorik.
3) 133—187 : Ebenso ffihrt kriege-
rischer Ehrgeiz nur ins Ungliick, wie
das Schicksal sowohl des Hannibal
und Alexander als auch des Xerxes
beweist.
133 sq. exuviae bellorum, die der
Krieg gewiihrt, kriegerische, Tac.
III 72 hostiles exuvias ornatum ad
urbis conferrc. Die Beschreibung
IVVKKALIS SaTVKAK.
eines altromischen Siegesdenkmals
{tropaeum) giebt Verg. XI 15: in-
gentem quercum decisis undique ramis
constituit tumulo fulgentiaque in-
duit arma, Mezenti ducis exuvias,
tibi magne tropaeum Bellipotcns;
aptat rorantis sanguine cristas tcla-
que trunca viri. So heifst hier das
tropaeum selbst truncum, weil es
truncis armis telisque exstructum ist.
Juv. scheint an die Trajanssaule
zu erinnern , besonders mit buc-
cula pendcns, den herabhangenden
Backenstiicken am zerbrochenen
{fracta) Helm, und 136 captivus in
arcu.
135 curtum tcmone, 'um die
Deichsel zu kurz', denn an der Spitze
der Deichsel wurde das Joch be-
festigt, mit abgebrochener Deichsel.
136 aplustre aus ci(p}.acTov, der
mit Flaggen nnd Bilnderu gezierte
Spiegel des Schiffes, Sil. X 324 et
transtra et mali laceroque ax>lustria
velo. Der Triumphator zog durch
die porta triumpbalis auf dera Mars-
feld in die Stadt ein. In der Kaiser-
zeit errichtete man vielfach in der
Stadt dauernde Triumphbogen, vgl.
Prnd. Symm. II 556 sq.
137 humanis maiora, (iti^oi /J
y.ciz' avd^Qconov, iibermenschliches
Gliick.
138 induperator, sarkastisch wie
4, 29.
139 se erexit, fiihlt sich gegen-
iiber der Miihsal {si r^uo afflictus
casu concidit) bei der Aussicbt auf
Triumph immer wieder gehoben.
14
210
IVVENALIS
inde liabuit; tanto maior famae sitis est quam
virtutis. quis enim virtutem amplectitur ipsam,
praemia si toUas? patriam tamen obruit.olim
gloria paucorum et laudis titulique cupido
haesuri saxis cinerum custodibus, ad quae
discutieuda valent sterilis mala robora fici,
quandoquidem data sunt ipsis quoque fata sepulcris.
expeude Hannibalem: quot libras in duce summo
invenies? hic est, quem non capit Africa Mauro
percussa oceano Niloque admota tepenti
rursus ad Aethiopum populos aliosque elephantos?
additur imperiis Hispauia, Pyrenaeum
transilit. opposuit natura Alpemque nivemque:
diducit scopulos et montem rumpit aceto.
140
145
150
144 atque P 145
Priscianus: altosque P
robula P 147 quod P 150 aliosque co
140 maior famae sitis, wahrend
die Stoa lehrt, das Gute nur aus
Begeisternng fiir das Gute zu thun,
Hor. ep. I 16, 52 oderunt peccare
honi virtutis amore, Sen. b. v. 9 vir-
tus sui pretium est.
142 Ohne Ruhm {praemia) giebt
es leider keine virtiis. Die Ruhm-
sucht aber ist es, die den Ruin der
romischen Republik verursacht hat.
— olim, 'seiner Zeit', vgl. 14, 225
clices olim 'nec talia suasi\ 5, 110.
6, 42. 157. 281. 10, 78. 163. 14, 180;
dann 'vor Zeiten' 8, 98. 10, 173.
11, 77. 15, 93; endlich 'liingst' 3,
163. 4, 96. 6, 90. 346. 9, 17.
143 sq. tituU in den Fasten (Hor.
IV 14, 5 per titulos memoresque fa-
stus), an den imagines (Hor. s. 1 6,
17 populus stupet in tilulis et ima-
ginihus), auf den tropaea oder arcus
(Tac. 11 18), endlich auf den se-
pulchra, vgl. 6, 230 titulo res iligna
scpulehri, daher haesuri saxis, um
schliefslich in den Stein (Marmor
Hor. IV 8, 13) gegraben zu werden,
der die Asche umschliefst. Ov. m.
XIII 703 dantque sacerdoti custodem
turis acerram, vgl. zu 117.
145 mala rohora, v^eil der Baum
den sein Wachstum hindernden
Stein zersprengt, Mart. X 2 mar-
mora Messalae findit caprificiis,
Pers. 1, 25 nisi quae semcl intus in-
nata est rupto iecore exierit capri-
ficus.
146 Auson. epigr. 35, 9 monu-
menta fatiscunt, mors etiam saxis
nominihusque venit.
147 expende, 'lege auf die Wage.'
Vgl. Hor. II 16, 17 quid brevi for-
tes iacuJamur aevo multa? c(iikq6s
(ov (isycc cpQOvst.
149 Afrika wird im Westen vom
Ocean bespiilt, Hor. II 6, 3 iibi
Maura semper aestuat unda. Ver-
mittels des siidlichen {tepenii) Nils,
d. h. im Siiden ist es mit dem Nil
derEIefantenzone, d. h. derLinie, wo
grofsere Elefanten gedeihen, nahe-
gervickt. Afrika wird mit der kar-
thagischen Herrschaft identifiziert,
und die Ausdehnuug des Nillaufes
scheint die Ausdehnung Afrikas
zu vermitteln, daher Abl. instru-
mentalis.
152 opposuit, 'endlich atellt
ihm entgegen'.
153 diducit, 'aber er sprengt die
Felsen'. — Alpis (vom keltischeu
alp = Hochgebirg) ist im Singular
nur dichterisch, Ov. ars III 150
quot in Alpe ferae. Juv. gebraucht
sonst (1.66 u. 13, 162) den Plural.
Das Sprengen der Felsen erzilhlen
Liv. XXI 37 u. Plin. h. XXIII 57,
wiihrend Polybius davon schweigt.
LTBRI IV SATVRA X
211
iam tenet Italiam, tameu ultra pergere tendit.
'actum' inquit 'uiliil est, uisi Poeno milite portas
fraugimus et media vexillum pouo Subura.'
o qualis faeies et quali digna tabella,
cum Gaetula ducem portaret belua luscum.
exitus ergo quis est? o gloria, vincitur idem
uempe et in exilium praeceps fugit atque ibi magims
miraudusque cliens sedet ad praetoria regis,
donec Bitliyno libeat vigilare tyranno.
Hnem animae, quae res liumauas miscuit olim,
non gladii, nou saxa dabunt nec tela, sed illo
Cannarum vindex et tauti sanguinis ultor
anulus. i demens et saevas curre per Alpes,
ut pueris placeas et declamatio fias.
unus Pellaeo iuveni uon sufficit orbis,
aestuat iufelix angusto limite mundi
15t
100
165
166 i om. P
154 iain tenet , 'endlich hat er
erreicht'.
156 frangimus . . pono, ersteres
gemeinsam mit den Tiuppen, letzte-
res er als Fiihrer den Trujjpen
voran. Zur Sache vgl. 6, 291 pro-
.cumiis urhi Hannibal et stantes
Collina turre mariti. — Die Subura
war zwischen. dem Caelius und
Esquilinus, woran sich der Wall
des Servius und die porta CoUina
schlofs.
158 Die Giituler bewohnten an
den Grenzen Mauretaniens den nord-
westlichen Teil der Sahara, den
raittleren die Garamanten. Vgl.
5, 53 tibi p)OQula cursor Gaetulus
dabit. — luscus, vgl. Liv. XXII 2.
160 fugit, 196 oder 195 v. Chr ,
Nepos XXIII 7, 6. Liv. XXXIII 47.
Da die romischen Gesandten, um
seine Auslieferung zu verlangen, be-
reits in Karthago erschienen wareu,
mufste Hannibal in aller Eile {prae-
ceps) heimlich entfliehen.
161 cUens sedet, malerisch, ad
praetoria, vor dem Palaste, d. h. im
Empfangszimmer wie die Hoflinge
{purpurati) wartend, vgl. 1, 75.
162 Prusias war 236 — 186 v. Chr.
Konig von Bithynien. — vigilare,
'aufstehen'. Der ganzen Schilder-
ung liegt die Anschauung der salu-
tutio matutina der Klientenbei ihreni
Patron iu Rom zu Gruude.
163 miseere wie cvykvhuv, 'die
Welt in Unruhe und Verwirrung zn
setzen'.
164 Zu dem einen Glied non
gladii non saxa tritt nec tela als
zweites Glied hinzu; verschieden
ist 13, 121.
166 anulus, Nep. XXIII 12, 5
venenum quod semper secum habcre
consuerat sumpsit. — i et curre, d. h.
das ist der Miihe wert! Juvenal
verbindet so i mit dem folgenden
Imperativ nur durch ct, ilhnlich
2, 131 vade ergo et cede severi iugera
campi (aber dem Sinne nach ver-
schiedenl), Horaz gewohnlich ohne
et, nur ep. II 2, 76 i nunc et medi-
tare. Die Grundform dieser iro-
nischen Aufforderung giebt Ilom.
II. III 432 uXX' l&i vvv TCQOKaX^caai.
ixQrjLffiXov MsviXaov.
167 pueris placeas, als Lieblings-
thema fiir die tjbungsrede {decla-
matio) in der Rhetorschule, vgl. zu
7, 160.
168 non sufficit, wie 148 non
capit Africa (vgl. 11, 171), und ov
%(OQii Demosthenes von Philipp.
Pella und orbis treten dabei in
ironischen Gegensatz. Claud. VIII
374 fertur Pellaeus, eoum fjui do-
muit Porum, cum prosjjera saepe
Philippi audirct, laetos inter flevisse
sodales, nil sibi vincendum putris
virtute relinqui.
14*
212
IVVENALIS
ut Gyari clausus scopulis parvaque Seriplio;
cum taruen a ficfulis munitam intraverit urbem,
sarcopliago contentus erit. mors sola fatetur,
quantula sint hominum corpuscula. creditur olim
velificatus Athos et quidquid Graecia mendax
audet in liistoria, constratum classibus isdem
suppositumque rotis solidum mare, credimus altos
defecisse amnes epotaque fiumiua Medo
prandente et madidis cantat quae Sostratus alis.
ille tamen qualis rediit Salamine relicta,
in corum atque eurum solitus saevire fiagellis
barbarus Aeolio numquam hoc in carcere passos,
ipsum conpedibus qui vinxerat Ennosigaeum —
mitius id sane, quod non et stigmate dignum
credidit — huic quisquam vellet servire deorum?
sed qualis rediit? nempe una nave, crueutis
fiuctibus ac tarda per densa cadavera prora.
has totiens optata exegit gloria poenas.
170
175
180
.185
170 gyare P 175 constractam P rasa c altera ciim stratum ?
180 servire P 184 qxiid? et crediclit? Weber
170 Vgl. 1, 73 und 6, 564. Der
folgende Vers umsclireibt den Na-
men Babylon, Ov. m. IV 57 ubi
dicitur altam coctilibus muris (d. h.
coeto latere) cinxisse Semiramis
urbem.
173 quantula corpuscula, 'wie
erbarmlich klein der armseliche
Menschenleib ist.' Die Verbindung
des adjektivischen und substan-
tivischen Deminutivs ist im Latei-
nischenhaufigerals im Griechischen,
Aristoijh. Vesp. 511 Siv.iStov c(il-
v.q6v, Cic. Tusc. III 2 parvuU igni-
cuU, Plaut. epid. V 1, 33 mellum
aureohmi, pseud. 67 papillae horri-
dulae. Deutsche Beisp. bei Grimm
d. Gr. III 664.
174 Nach Herod. VII 21 sq. Tac.
V 10 von den Hellenen: promptis
Graeeorum animis ad nova et mira
fmgebant simul credcbantque.
177 sq. Herod. Tcoza^bg snBliTtE
7Civ6(i8vog. Dazu tritt humoristisch
Medo prandente, schon beim Friih-
stiick. — madidae alae sind das
Oegenteil von faciles alae bei Prop.
I 9, 23 nuUus Amor cuiquam faciles
ita jnacbuit alas, ut non alterna
presserit (niederdruckt) illc manu.
Die madidae alae heben nicht, son-
dern driicken nieder. Ein solcher
Dichter ist schwerfallig und frostig.
— Sostratus selbst ist unbekannt;
vielleicht hat er den Zug des Xerxes
nach Griechenland besungen.
181 Verg. I 56 celsa sedet Aeolus
arce sceptra tenens molUtque ani-
mos (den sturmischen Drang) et
temperat iras, und kurz vorher: hic
vasto rex Aeolus antro luctantis
ventos tempestatesque sonoras im-
perio premit ac vincUs et carcere
frenat.
183 stigmate dignum, ut fugiti-
vum stigmaticum, zu 14, 24. Herod.
VII 35 cog d' snv&£TO SsQ^rjg (dafs
der Sturnj. ihm seine Briicken zer-
rissen habe), Ssiva noLSVfisvog xov
^ EXXrjanovxov sv.sXsvgs rQLr]y.06iag
snLHsad^ai (idctiyL nlrjydg xort xar-
sivaL sg To nsXayog nsdsav ^svyog.
i]Sri Ss rjy.ov6a cog y.al ezLysag u(ia
T0VX016L dnsnsfiips exi^ovxag xbv
'EXXr'i6novxov. Die letztere Sage er-
scheint dem Dichter nicht glaublich.
185 s.ed qualis uimmt die Frage
von 179 wieder auf; vgl. 318.
187 has, quas modo demonstravi- '
nius: solche Verfifcltnng fordert dio
LIBRI IV SATVllA X 213
Ma spiitiuni vitae, multos da, luppiter, auuos'
hoe recto vultu, solum hoc et pallidus optas.
sed (juam contiuuis et quautis longa senectus utu
jtlena mali.s. deformem et taetrum ante omnia vultuni
dissimilemque sui, deiormem pro cute pellem
peudentisque geuas et auilis aspice rugas,
quales, umbriteros ubi paudit Thabraca saltus,
in vetula scalpit iam mater simia bucca. 195
phirima suut iuveuum discrimina, puldirior ille
hoc atque ille alio, multum hic robustior illo:
una senum facies. cuni voce trementia membra
et iam leve caput madidique iufantia uasi,
fraugendus misero giugiva panis inermi; 200
usque adeo gravis uxori natisque sibique,
ut captatori moveat fastidia Cosso.
uon eadem vini atque cibi torpente palato
•iaudia. nam coitus iam lonsca oblivio, vel si
coneris, iacet exiguus cum ramice nervus 205
et quamvis tota palpetur uocte, iacebit.
anne aliquid sperare putest haec inguinis aegri
189 hoc alto recto P 193 anilis Ueinsius: talis Pco, cf. Claudian.
Eut. I 39, PHn. ep. V IG 197 ille om. P 199 madidaque P 202
captori ruoveant P 205 coneris pw Priscianus: conversi P
KuhQisucht ein, wie ein exactor. — 197 muUiim mit dem Komparativ
e.iigerc, absolut wie 84. wie 12, 66 multum fortior und 14,
4) 188 — 288: Be.schwerden und 193 quantum pecunia crevit.
Leiden des so allgemein ersehnten 198 cum voce = vox tremens et
Alters. memhra trementia etc. ist Appo-
189 recto vultu im Gegensatz zn sition zu una senum facies. Verg.
^a?/tVZi/s (krank) bedeutet Kraft und 11509 von Priamus: arma diu se-
Gesundheit, vgl. 3, 26 dum prima idor desutta trementibus aevo cir-
tt recta scnectus, dagegen 6, 401 cumdat ncquiquam umeris.
recta facie siccisque mamiUis mit 199 infantia nasi = madidus
keckem Gesicht und kiihl bis ans nasus ut infantis. Vorbild war viel-
Ilerz. leicht Lucil. IX 72 (M.): quod de-
190 Der Rhetorik war ebenso formV senex, dg&QLriy.bg ac poda-
iiiirip6yoga.UinaivogyrjQagge\a.u&g. (frosus est, quod mancu' macerque,
-192(ijs5?nn7ew.sj<t, entstellt, kaum ej.ilis, ramice magno.
wieder zu erkennen. — cutis ist die 201 Nach Hor. s. I 1, 84 non uxor
glatte, feine Haut des Menschen, salv'imtevuU,nonfilius. DerAlters-
peUis das tierische Fell. schwache ist sich aber auch selbst
193 aniUi rugas , Claud. Eutr. {sihi) zur Last.
I 38 postquam deforme cadaver nac- 202 Der hier als Erbschleicher
tus et in rugas totus delluxit aniles. (captator) bezeichnete Cossus ist so
194 27ia6rrtca, numidischeKuBten- wenig als der 3, 184 genannte Cos-
stadt mit affenreich^.m Wiildern in sus irgendwie bekannt.
der Niihe, Plio. h. V 22 Tabraca 205 Vgl. 6, 325 sq.
oppidum civium Homanorum, Tusca 207 Juv. liebt die Verbindung
fluvius Numidiae finis, nec jnaetcr anne aliud, wie 4, 78 u. 7, 199 (15,
marmoris Numidici ferarumque pro- 122 anne cdiam), es scheint aber
ventum aUud imigne. aUquid zu dcn sexuellen Eupho-
214
IVVENALIS
canities? quid quod merito suspecta libido cst,
quae venerem adfectat sine viribus? aspice partis
nunc damnum alterius. nam quae cantante voluptas,
sit licet eximius, citharoedo sive Seleuco
et quibus aurata mos est fulgere lacerna?
qaid refert, magni sedeat qua parte theatri,
qui vix cornicines exaudiet atque tubarum
concentus? clamore opus est, ut sentiat auris,
quem dicat venisse puer, quot nuntiet horas.
praeterea minimus gelido iam in corpore sanguis
febre calet sola, circumsilit agmine facto
morborum omne genus, quorum si nomina quaeras,
promptius expediam, quot amaverit Oppia moechos.
210
215
220
211 sitve Seleucus a 217 in om. ?
iiiismen zu gehoren, vgl. Catull. 64,
145 quis (sc. viris) dum aliquid
cupiens animus praegestit apisei,
nil metuunt iurare, Prop. III 22, 11
qiiae si forte aliquid vultu*mihi
dura negarat.
208 suspecta, unnaturlicher Liiste,
der fellatio, verdachtig.
209 sq. partis alterius, stsQag
Tivog, eines anderen Sinnes, Suet.
Caes. 61 von Casars Pferd: nec
patientem sessoris alterius primus
ascendit.
211 sive Scleuco, sc. cantante, der
auch Anthol. Pal. VI 10 erwahnte
Seleucus war zwar auch Citharode,
begleitete aber seinen Gesang nicht
mit der Kithara, sondern mit einem
andern ahnlichen Instrument. Vgl.
6, 380 sqq. 8, 230. Wahrscheinlich
ist hier an den Vortrag mit der Lyra
zu denken, vgl. Anth. 1. 1. §co}i6v
xoi KSQaovxov iSeiuuro rovSs Es-
Airuy.og, ^oi^siav laxav (f^^syyo-
jiivov crofiarog, denn die ^SQara
waren Teile der Lyra. Der Citharo-
dus begleitete die Kithara oder die
Lyra mit Gesang.
212 Das Kostiim der Citharoden
war die palla, hier komisch lu-
cerna genannt, mit dem syrma
(Schleppkleid), Hor. ep. II 3, 216
tibicen traxit vagus per pulpita
vestem.
214 Der agon musicus wurde mit
dem Spiel der cornicines und tubi-
cines eroflfnet und beschlossen.
216 Erst zur Zeit des zweiten
punischen Krieges bekamen die
Romer Sonnenuhren (solaria). Da-
neben gab es zu Ciceros Zeit Wasser-
uhren {clepsydrae). Die Wasser-
uhren, welche um 159 v. Chr. nach
Rom kamen, wmden in der Stadt
auf offentliche Kosten unterhalten.
Man beauftragte deshalb in den
Privathausern einen bestimmtea
Sklaven, die offentliche Uhr zu be-
obachten und die Stunden ins Haus
zu melden, Mart. VIII 67 horas
quinque puer nondum tibi nuntiat,
et tu iam conviva mihi, Caeciliane,
venis.
217 minimus sanguis, vgl. zu 13,
179. Ovid m. VH 315 exiguo ma-
culavit sanguine ftrrum (sc. maxi-
mus aevo dux gregis), Verg. V 395
sed enim gelidus tardante senecta
sanguis habet frigentque effeiae in
corpore vires. Die Jugend besitzt
sanguinem integrum und calidum.
218 sq. circumsilit . . . morborum
omne genus ist eine Steigerung des
Horazischen (ep. II 3, 169) multa
senem circumveniunt incommoda^
und agiitine facto (in Scharen, in
Reih und Glied) erinnert an Hor.
1 3, 31 incubuit nova febrium co-
hors, vgl. 3, 162 agmine facto de-
buerant olim tcnucs migrasse Quiritcs.
220 Der Dichter iibertragt einen
rhetorischen roitog ins Satirischc,
vgl. 14, 25 sqq. — Oppia ist 322
geniigend charakterisiert.
LIBRI IV SATVRA X
215
quot Thomisou aegros autuiuno occitlerit uno,
quot Basilus socios, quot circumscripserit Hirrus
j.upillos, quot longa viros exorbeat uuo
Maura die, quot Jiscipulos inclinet Hamillus,
percurram citius, quot villas possideat nunc,
quo toiulente gravis iuveni mihi barba sonabat.
ille umero, bic lumbis, hic coxa debilis; ambos
perdidit ille oculos et luscis invidet; huius
pallida labra cibum accipiunt digitis alienis,
ipse ad conspectum cenae diducere rictum
suetus hiat tantum ceu pullus hiruudinis, ad quem
ore Yolat pleno mater ieiuna. sed omni
membrorum damno maior dementia, qua nec
nomina servorum nec vultum agnosit amici,
cum quo praeterita cenavit nocte, nec ipsos,
quos genuit, quos eduxit. nam codice saevo
heredes vetat esse suos, bona tota feruntur ^
ad Phialen; tantum artificis valet halitus oris,
221 uuo tator P {schoJio7i adiectum ad Hirrus)
quae Pta 235 ipsos W: iHos Pu
225
230
235
233 qua ir.
221 Der hier erwahnte Arzt The-
mison ist unbekannt. jedenfalls ist
es nicht der Stifter der metho-
dischen Schule, der um 63 v. Chr.
lebte.
222 Basilus kann der 7, 145 er-
wahnte causidicus sein, doch ist
dieldentifat beider Personen koinea-
wegs sicher. — IJLttrr den socii
sind wahrscheinlich Zollpachter, die
Mitglieder einer societas, zu ver-
stehen. — Hirrus ist ganz unbe-
kannt. — Gegen die circumscriptio
adulescentiuyn, d. h. gegen do-
losen Mifsbrauch jugendlicher Uner-
fahrenheit zum Vorteil des Mit-
kontrahenten war die lex Plaetoria
gerichtet, Rudorff R. R.-G. § 40.
224 Maura, vgL 6, 307. — m-
cUtiet, 'zur Unzucht verfuhrt', wie
9, 26 ipsos etiam incUnare maritos.
— Hamillus, als pedico beruchtigt,
ist wahrscbeinlich der von Mart.
Vn 62 erwiihnte AmiUus.
225 quot viUas, zu 14, 141 cut rus
nunc sufficit wnum.^ Der folgende
Vers ist eine Erinnerung an 1, 2b.
230 ad conspectum, wie 21 ad
lunam trepidahis, 13, 223 a<l omnia
fulgura paUent.
231 hiat, kann nur schnappen,
nicht eigentlich essen: er wird wie
ein junger Vogel geazt. — puUus
ist desselben Stammes wie puer
ipov-er), aus pov-lus, das Juoge.
Hom. II. IX 323 cos ^' oqvh uTiT^ai^
vBOGOOioi TtQOCpBQrjaiv aaGxav. iTt^l
y.i /.u§y,ai, y.av.ag 6' UQa oi ntUi
avzfi, und Achaus: ;uac-/.ovra liuco
iLOGxov mg x^^^-^ovog.
233 dementia, 'Schwachsinn', wie
Tac. XI 38 von Claudius.
236 codex (jnemhraneus) wird be-
sonders liauBg von der Testaments-
urkunde gebrancht, oder wie 7, 110
grandi cum codice venit von dem
Rechnungs- und Haushaltsbuch. Der
codex ist saevus, weil er die sacvitia,
die Herzlosigkeit des Alten euthiilt.
238 Phiale und 6, 491 Psecas
sind bei Ovid m. Ul 172 die Na-
men von Nymphen im Gefolge der
Diana. — iantum valet ist Epipho-
nem. — artifex haUtus (erbschlei-
cheriscb, pfiftig) wie artifex vuUus,
artifex sermo, artifex forma. Vom
ErbBchleicher tindet sich artifex
auch 4, 18. Phiale ist als feUatrix
zu denken.
216
IVVENALIS
quod steterat multis in carcere fornicis annis.
ut vigeant sensus animi, ducenda tamen sunt
funera natorum, rogiis aspiciendus amatae
coniugis et fratris plenaeque sororibus urnae.
haec data poena diu viventi est, ut renovata
semper clade domus multis in luctibus inque
perj)etuo maerore et nigra veste senescat.
rex Pylius, magno si quidquam credis Homero,
exemplum vitae fuit a cornice secundae.
felix nimirum, qui tot per saecula mortem
distulit atque suos iam dextra computat annos,
quique novum totiens mustum bibit. oro, parumper
attendas, quantum de legibus ipse queratur
fatorum et nimio de stamine, cum videt acris
Antilochi barbam ardentem, cum quaerit ab omni
quisquis adest socius, cur haec in tempora duret,
240
245
250
240 sint P 241 funeratorum P
245 senescant pa
239 in carccre fornicis, d. h. in
cella sua; sie war in der Gewalt
eines leno gewesen, vgl. 6, 127 mox
lcnone suas iani dimittente puellas.
240 Stat. s. II 6, 5 miserum est
primaeva parenti pignora surgentes-
que accendere natos, durum et de-
serti praerepta coniuge partem con-
clamare tori, maesta et lamenta
sororum et fratrum gemitus.
243 diu viventi, der generelle
Sing. wie Hor. s. 1 1 , 50 dic quid
referat intra naturae finis viventi.
246AlterundSchicksaldesNestor,
Priamus und der Hekuba gehorten
zu den gelaufigen Tonoi der Rheto-
rik, vgl. 6, 326. 12, 128. Claud.
XXXIX 15. XXI 98. Die Rhetorik
selbst war beeinflufst von der Tra-
•^odie. — si quidqiiam credis, vgl. 174.
247 Das Leben Nestors kommt
dem der Krahe nahe (vgl. 126), wie
Hor. s. 11 3, 193 Aiax heros ab
Acliille secundus, der unmittelbar
nach Achilles kommt, ihm am
niichsten steht. Vom Alter der
Krahe sagt Hesiod. frg. 163 (Gottl.) :
^vvia roi ^wsl yfvsag XccniQv^ci
KOQcavr} avdqav rj^wvzcov. Chateau-
briand Atala: je ne suis plus qu'un
vieux cerf hlanchi par les hiverf^,
mes atis le disputent d ceux de la
corneille.
249 Bis 100 ziihlte man mit der
243 viventibus Fco, correxit W
linken, von 100 — 1000 mit der
rechten Hand; vielleicht gehort
hierher Plaut. mil. 204 la^evo in
femine lidbet laevam manum, dex-
tera digitis rationem computat.
251 Hom. Od. IV 186 ovS' kqcc
NiaroQog viog ddcoiQVTco £%sv oaas'
avrjaaro yccQ ■hcctdc Q^v^ov anvyiovog
AvttXoxoLO, Tov q' 'Hovg ^'■htslvs
cpasLvrjg dylaog viog (Memnon), als
er seinem Vater beistehen wollte,
Pind. Pyth. VI 28 sqq. Juvenal
scheint nicht sowohl die Aiihiopis
des Arktinos als den Memnon des
Aschylos vor Augen zu haben, in
welcher Tragodie der Tod des Anti-
lochus, dann der Zweikampf des
Achilles und Memnon, endlich Mem-
nons Tod geschildert war, vgl.
Welcker Prom. 432. Dasselbe Mo-
tiv benutzt Prop. III 13 c, 49 non
ille Antiloclii vidisset corpus humari,
diceret aut 'o mors, cur milii sera
venis?''
254 socius: die Versetzung des
substantivischen Hauptbegriffs in
den Relativsatz mit Anschmieguug
an das Relativpronomen ist allen
Dichtern gelaufig, vgl. 272. 290.
14, 85. 3, 257. 5,81. 8, 252. 3,267.
13,94. 7,243. Dafs in solchen
Fililen diis Subst. nicht durch Inter-
punktion vom Relativ getrennt wor-
den darf, zeigen Beispiele wie Hor.
LIBRI IV SATVRA X
217
quod faciuus diguum tam lougo admiserit aevo.
liaec eadem Peleus, raptum cum luget Achillcm,
atque alius, cui fas Ithacum lugero nataiitem.
incolumi Troia Priamus veuisset ad umbras
Assaraci magnis sollemnibus, Hectore fiinus
portante ac reliquis fratrum cervicibus inter
Iliadum lacrimas, ut primos edere plauctus
Cassandra iuciperet scissaque Polyxena palla,
si foret exstinctus diverso tempore, quo uou
coeperat audaces Paris aedificare carinas.
longa dies igitur quid coutulit? omuia vidit
eversa et flammis Asiaui ferroque cadentem.
tunc miles tremuhis posita tulit arma tiara
et ruit ante aram summi lovis ut vetulus bos,
255
•200
265
257 fas sit ithacum P rasa voce iiUima
8. I 4, 2 atqiic alii quorum comoedia
prisca tirorum est, II 2, 159 vinum
ct cuius odorem ohi nequeas per-
ferre, I 10, 16 im scripta quibus
comoedin prisca virin est.
255 Der Gedanke ist nach Verg.
VIII 579 gebildet, wo Euander, und
IX 497, wo dieMutter des Eurj-alus
das Schicksal bittet crudelem db-
rumpcre vitam,
256 Auf Not und Verfolgnng des
Peleus in der Abwesenheit oder
nach dem Tode des Achilleus deu-
ten schon die jungeren Teile (XXIV
488) der Ilias hin. Euripides be-
handelte die cpvyr] des Peleus, und
aus dem Sophokleischen Peleus
wird der Vers citiert: to ut] yuQ
Bivai y.QtiGoov r/ t6 ^ijv Kay.wg.
257 alius. zu 10; fas, wie 55.
In der Od. XV 353 sagt der avpca-
tTjg: AaiQtr,g ^lv iti t^si, /Ju S'
Bvxitai ulii 9vuov ccno nilicov
cp&ic&ai oig sv usydooiGLV tKnuy-
Aojg yuQ natdog odvQitai oixo(ii-
voto y.tX.
259 Ilus, Ganrjmedes und Assa-
racus waren Sohne des Tros. Von
Ilu8 stammte Laomedon und Pria-
mug, von Assaracus Capus, Anchises
und Aneas. Den Romern war als
Urahn ihres Stammes Assaracus
am gelaufigsten.
260 Hom. II. XXIV 493 klagt
Priamus vor Achilles: avtuQ iyco
navccnotuog , intl tty.ov viag uq{-
Gtovg Tqoij] iv iVQtirj, tcav d' ov
tivd cpTj^i Itlii^rp&at,. mvt^y.ovtd
uoi r]Gav, ot' i^lv&ov vitg 'Axaiwv.
261 Hom. II. XXIV 723 sq. fiuden
wir den Wechselgesaug an der
Bahre des Hektor: Andromache,
Hekuba und Helena stimmen nach-
einander die Totenklage an, rjQx^
yooio, und am Schlufs heifst es
immer: inl Si Gtivdxovto yvvuLKtg.
Ahnlich denkt sich hier Juv. die
Kassandra als i^aQxovGa yooio.
264 Der Gedanke ist beeinflufst
von dem Prolog der Medea des
Euripides und des Ennius: utinam
ne in nemore Pelio securibus caesa
accidisset abiegna ad terram trabe»,
ne inde navis incohandae exoi'dium
coepisset, — nam numquam era er-
rans mea domo ecferret pedem Medea,
animo aegra, amore saevo saucia.
265 contulit, vgl. 302 und 1, 106.
— Nach Verg. II 505 und Enn.
Audrom. 86: haec omnia vidi in-
flaminari, Priamo vi vitam evitari,
lovis aram sanguine turpari.
207 7niks, nach Verg. II 507
arma diu scnior desueta tremcntibus
aevo circumdat nequiquam umeris
et inutile ferrum cingitur. Weil er
die Riistung anlegte, mufste er die
Tiara (zu 6, 516) absetzen. — Der
Ausgang vetulus bos ist Verg. V
481 exanimisque tremens procumbit
humi bos nachgebildet.
218
IVVENALIS
qui domini cultrivS tenue et miserabile collum
praebet, ab ingrato iam fastiditus aratro.
exitus ille utcumque hominis, sed torva caniuo
latravit rictu, quae post hunc vixerat uxor.
festino ad nostros et regem transeo Pouti
et Croesum, quem vox iusti facunda Solonis
respicere ad longae iussit spatia ultima vitae.
exilium et carcer Minturnarumque paludes
et mendicatus victa Carthagine panis
hinc causas habuere; quid illo cive tulisset
natura in terris, quid Roma beatius umquam,
si circumducto captivorum agmine et omni
bellorum pompa animam exhalasset opimam,
cum de Teutonico vellet descendere curru?
"^provida Pompeio dederat Campania febres
optaudas, sed multae urbes et publica vota
270
275
280
274 iustificanda soloni P 275 longa et P
269 sq. cdllum praebet, wie 345
von tler Hinricbtung praebeiida est
cervix gladio. Pflugtiere wurden in
der Regel niclit zum Opfer ge-
braucht.
271 exitus ille, utcumque fuit,
at liominis certe ftiit, Tac. Agr. 39
cetera utcumque facilius dissimulari.
tJber das Ende der Hekuba waren
die Nachrichten verschieden. Bei
Eurip. Hec. 1259 sqq. weissagt ihr
Polymestor, sie werde sich vom
Schiffe insMeer stiirzen, nach Hygin.
111 stiirzte sie sich in der Trauer
nm Polydorus' Tod ins Meer und
wurde in einen Hund verwandelt.
Juv. folgt Ov. met. XIII 567 at haec
missum rauco cum murmure saxum
morsibus insequitur rictuque in verba
parato latravit, conata loqui. Dieser
Mythos sollte denNamen desPlatzes
Ki^voarjfia am Hellespont erklaren.
273 Den Tod des Mithridates be-
schreibt Appian. Mithr. 111 sq.
274 Solon heifst iustus als Si'y.aiog
oder iiszQiog ccvrjQ, der die Gesetze
der ccocpQOGvvr] zu iiben versteht;
als solcher bewahrte er sich auch
Krosus gegeniiber.
275 spatia, denn der Cirkus, die
romische Rennbahn, enthielt sicben
aneinander gereihte Teile, Verg.
georg. I 513 ut cum carceribus sese
cffudere quadrigae, addunt in spatia
(d. h. dant spatium spatio), Seuec.
ep. 30 cum septimo spatio palmae
appropinquat.
276 Minturnae war romische Ko-
lonie im siidlichen Latium am
Liris; das Schicksal des Marius
behandeln Plut. Mar. 36 und Cic.
p. Sest. 50.
277 victa Carthagine ist lokativer
Ablativ.
280 In dem Elogium C. Marii
Arretinum bei Wilmanns nr. 632
heifst es: IVcos. Teutonorunj, exer-
citum delevit. V cos. Cimbros fudit.
ex illis et Teutonis iterum (das
erstemal iiber Jug.) triumphavit.
281 pompa: der Hiatus nach der
Penthemimeres noch 3, 70. 6, 468.
8, 105. 14, 49. 15, 126, dagegen ist
6, 274 und 12, 110 die Lesart un-
sicher. — animam opimam 'seiu
reiches Leben', mit Anspielung
auf gloria decus oder triumphus
opimus.
283 Cic. Tusc. 1 86 Fompeio cum
graviter aegrotaret Neapoli melius
est factum. Coronati Neapolitani
fuerunt, nimirum etiam Putcolani,
vulgo ex oppidis publice gratula-
bantur. Vtrum igitur, si tum esset
exstinctus, a bottis rebus an a malis
disccssissct? Es war im Jahr 50 v.
Chr. Den Tod dcs Pompejus schil-
deit lebhaft Lucau. VIII 662—690.
LIBRI IV SATVRA X
vicerunt, igitiir fortuua ipsius et urbis
scrvatum victo caput abstulit. hoc cruciatu
Lentulus, hac poena caruit ceciditque Cetliegus
integer, et iacuit Catiliua cadavere toto.
tbrmam optat modico pueris, maiore puellis
niurmure, cum Veneris fanum videt anxia matcr^
usque ad delicias votorum. *cur tamen' inquit
'corripias? pulchra gaudet Latona Diaua.'
sed vetat optari faciem Lucretia, qualem
ipsa habuit; cuperet Rutilae Vcrginia gibbum
accipere osque suum Rutilae dare.' filius ' autem
corporis egregii miseros trepidosque parentes
semper habet; rara est adeo concordia formae
219
ii86
290
295
293 optaris faciem lueret in P 294 virginea P 295 osque W:
atque (ad quae) Pw suutn P suam co
286 Konstruiere : caput (tum) ser-
vavit, sed victo abstulit. — Die
Fiihrer der Catilinarischen Yer-
schworung werden nor erwahnt,
um zu zeigen, dafs selbst gemeine
Verbrecher (vgl. 8, 231 sqq.) ein
besseres Endgeschick hatten als ein
Mann wie Pompejus.
287 Lentulus und Ccthegus wurden
imTuDianum-stranguliert, Sall. Cat.
65, Catilina fiel bei Pistoria: in
confertissimos Jtostes incurrit ibiqtie
pugnans confoditur, Sall. 60.
5) 289—345: Die Gefahren kor-
perlicher Schonheit.
290 an.Via???a#er. •ahnlicheWiinsche
jiufsert bei Hor. ep. I 4, 8 die nu-
trix, Pers. 2, 31 die matcrtera oder
ai/«, Senec. ep. 60, 1 etiamnunc
optas, quod tibi optavit nutrix tua
aut paedagogus aut matcr?
291 xisgue ad delicias votorum —
iisque ad vota, quae in deliciis no-
stris causam habent, AViinsche un-
sererLiebhabereienoderTandeleien,
Cic. or. III 81 pueriles deliciae.
Senec. benef. IV 5, 1 neque enim
nccessitatibus tantummodo nostris
provisum esi: usque in delicias (a
dis) amamur. Vgl. 6, 47 deUcias
Iwmitiis.' 6, 260 quarum delicias
(Verwohnung) ct panniculus bom-
bycinus urit, 13, 140 o delicins.
292 corripias, wie 14, 54 corri-
pies et catigubis {filium), nach Hor.
8. II 3, 257 pmtquam est inpransi
(niichtern) correptus voce magistri,
eig. aliquem tamquam reum corri-
jKre. — Hom. Od. VI 106 ysyrjds
Ss Tf cpQiva ArjTco , Verg. I 502
Latonae tacitum pertemptant gaudia
pectus, wie sie Diana unter ihrer
Begleitung stattlich hervorragen
sieht.
295 os suum ''ihr Gesicht'. Dor
Tod der Lucretia und der Verginia
war ein beliebtes Schultheraa der
Rhetoren. — Butila ist nicht weitcr
bekannt. Der Name Rutilus kommt
noch 11, 2 und 14, 18 vor.
296 sq. trepidos habct ' hiilt iu
standigerAngstundSorge',Nagcl8b.
Stil. § 110, 1. Plin. ep. III 3, 4
adcst adulesccnti nostro cum ceteris
nalurae fortunacque dotibus eximia
corporis pulchritudo, cui in hoc
lubrico actatis non praeceptor modo
sed custos etiam rectorque quaeren-
dus cst, und VII 24 sagt er vom
Enkel der Ummidia Quadratilla:
conspicuus forma omncs sermones
mcdignorum et puer et iuvenis evasit.
Vgl. 2, 168.
297 rara adeo 'ao gar selten ist
leider'. Dasselbe Epiphonem 3, 274
adeo tot fata, 12, 36 adco medica-
tum intcllegit inguen, 13, 59 tam
vcncrabilc erat, primaque par udeo
sacrac lanugo senectac. DerGedanko
selbbt schon bei Ov. her. 15, 288
lis est cum forma magna pudi-
citiae.
220
IVVENALIS
atque pudicitiae. sanctos licet horrida mores
tradiderit domus ac veteres imitata Sabiuos,
praeterea castum ingeniam vultumque modesto
sanguine ferventem tribuat natura benigna
larga manu — quid enim puero conferre potest plus
custode et cura natura potentior omni? —
non licet esse viro. nam prodiga corruptoris
inprobitas ipsos audet temptare parentes;
tanta in muneribus iiducia. nullus epbebum
deformem saeva castravit in arce tyrannus,
nec praetextatum rapuit Nero loripedem nec
strumosum atque utero pariter gibboque tumentem.
i nunc et iuvenis specie laetare tui, quem
maiora expectent discrimina. fiet adulter
publicus et poenas metuet quascumque mariti
300
305
310
304 viro Talin: viros P viris co 308 Nero loripedem nec in ra-
sura x>. vel <5 311 expectent F: exspectant co 312 metuet co:
metuit P maritis iratis Iligaltiiis mariti ira sibi Madvifj
298 Tiorrida domiis ist eine Stei-
gerung von antiqua domus, sitten-
streng, nocli nicht verwohnt, 6, 10
horridior iixor glandem ructante
marito, 8, 116 horrida Hispania.
299 Die Sabini sind die Vetreter
von Sittenstrenge und Eiufachheit,
wie 3, 85 nostra infantia baca nu-
trita Sdbina (im Gegensatz zum
griechischen Luxus), 3, 169 mensa
Sabella, 6, 164 intactior omni {ve-
tere) Sabina.
300 sq. vultus sanguine fervens,
die Glut bescheidener Rote im Ge-
sicht, ist Umschreibung des pudor
und rubor iuvenilis, "wie 11 , 154
ingenui vultus puer ingenuigue pu-
doris, quales esse decet quos ardens
purpura vestit. Calpurnius sagt stei-
gernd vultus sanguine timens.
302 conferre 'mitgeben', vgl. 265
uud 1, 106, wo conferrc 'einbringen,
niitzen' bedeutet.
305 improbitas ^ Schlechtigkeit,
Schamlosigkeit', die keine Schranke
der Sittlichkeit mehr kennt, vgl.
4, 106 improbior cinaedo. — temptare
^bestechen'. Der Dichter hat die
Zeit des Nero und des Domitian
vor Augen, Mart. VI 2 lusus erat
sacrae eonubia fallere taedae, lusus
et inmeritos execuisse mares.
307 arx von dem Fiirstenpalast,
wie etwa 4, 145 Albanam in arcem
von der villa Albana, dem Lust-
schlosse des Domitian; sonst von
Berghohen, 3, 192 aut proni Ti-
huris arce, 14, 87 summa nunc
Tiburis arce, oder vom Himmels-
gewolbe, 15, 146 a caeli demissum
arce (axpa).
308 loripes, v. lorum = vlorum,
ist volvere (W. var) verwandt, wie
vdrus ' krumm ' {praevaricari)^ von
der W. Icvar krumm sein, und be-
deutet ^krummfiifsig' oder 'krumm-
beinig', vgl. 2, 23. — Neros libido
schildert Suet. 28—29.
309 strumosus 'von Drusen ent-
stellt'; uterus wird vom Unterleib
der Tiere, des Mann es und des Weibes
gebraucht.
310 Die Schonheit wird aber auch
fiir den Charakter, die biirgerliche
Existenz und fiir das Leben des
Jiinglings gefilhrlich.
311 maiora noch grofsere.
312 publicus, wie Hor. IV 8, 8
iuvenumque proiis puhlica cura ;
vgL 7, 53 cui non sit p%Mica vena.
Die lex Ixdia de sttipris et adul-
teriis (18 v. Chr.), von Domitian
erneuert , ' erschwerte die althei"-
kommliclae Selbstrache des Vaters
oder Ehemannes und forderte eiu
LIBKl IV SATVliA X
221
irati: debet, nec erit felicior astro
Martis, ut iu laqueos uumquam iucidat. exigit autrm
iuterdum ille dolor plus, quam lex ulla dolori
concessit; necat hic ferro, secat ille cruentis
verberibus, quosdam moechos et mucrilis iutrat,
sed tuus Endymiou dilectae tiet adulter
matronae. mox cum dederit Servilia nummos,
fiet et illius, quam non amat, exuet omnem
corporis ornatum; quid enim ulla negaverit udis
inguiuibus? sive est haec Oppia sive Catulla
deterior, totos habet illic femina mores.
31:')
320
313 debent m
richterliches Verfahren. Die Strafe
war fur die Frau Verlnst der halben
(los und eines Dritteils des Ver-
mogens, fur den Ehebrecher Ver-
lust des halben Vermogens, und
fur beide zugleich Relegation auf
c-ine der ublichen Inseln. Daneben
kamen bei Verbrechem, welche auf
frischer Tbat ertappt wurden, per-
sonliche Mifshandlungen, wie sie
Horaz schildert, noch immer Tor.
— quicumque steht adjektivisch ge-
braucht gewohnlich vor seinem
Substantiv, 3., 156 quocumque ex
fornice nati, 6, 412 quocumque in
trivio, 14, 210 quemcumque paren-
tem, 3, 230 quocumque loco, quo-
cumque recessu, 14, 42 quocumque
in popitlo, quocumque sub axe , 10,
359 quoscumque labores, 13, 89 quae-
cumque altaria; nachgestellt ent
halt es eine Zusatibemerkung: wer
es auch sein mag, die ich nicht
naher bezeichnen will, 13, 56 et si
harbato cuicumque pwr, ahnlich
wie 14, 102 auch reiativ: metuunt
■ius , tradidit arcano quodcumque
vohimine JSIoyses.
313 debet (enim) = ocpXiGy.avit
yuQ tug ^rifiiag, wie 5, 171 omnia
ferre sipotes, et debes. Isur das Gliick
konnte ihm helfen, aber sein Stern,
d. h. sein Geschick [astrum, vgl.
6, 570) wird nicht besser sein als
das Geschick des Mars, der in das
Netz des Hephastos fiel, Hom. Od.
VHI 2G6— 30G.
315 ille dolor = mariti dolor in
deprehenso adulterio. Dem Zorn des
maritus riinmte selbst die lex Itilia
das Recht ein, den Ertappten unter
Zuziehung derNachbarn bis20Stun-
den im Hause festzuhalten , mit
unter {interdum) aber giug der Ehe-
mann iiber die Schranken des
Gesetzes hinaus und vibte an dem
Ehebrecher noch das alte Gewohn-
heitsrecht durch Mifshandlung oder
Verstummelung , vgl. Hor. s. I 2,
41—46.
316 sq. secare verheribus (mitdem
flagellum) ist ein gesteigertes cae-
dere oder lacerare verberibus, Ov.
am. n 7, 22 terga verbere secta,
Pers. 1, 114 secuit Lucilius urbem.
Die Haufigkeit nnd Gefahr solcher
Falle malt die Paronomasie necat
— secat, wahrend der folgende mit
intrat abschliefsende Chiasmus rait
den schweren spondeischen Rbyth-
men eine hohnischeWamunghinzu-
fiigt. Catull. 15, 17 a tum te tui-
Sirum inalique fati, quem cdtractis
pedibus patente porta percurrent
raphanique mugilesque!
318 Aber angenommen, dein
Prachtsohn {Endymion) wird nicht
adulter publicus, sondern dilectae
matronae adulter: er wird doch
bald Scham- und Ehrgefuhl ver-
lieren, da die gemeine Verfiihrung
sich ihm von selbst aufdriingen wird.
319 dederit Servilia {turpns et
nobilis matrona) nummos, vgl. 6,
355 .sq.
322 Oppia scheint eine als moecha
(220j verrufene matrona nobilis,
Catulla dagegen nach 2, 49 eine
meretrix gewesen zu sein.
323 dctcrior noch schlechter als
222
IVVENALIS
'sed casto quid forma nocet?' quid profuit immo
Hippolyto grave propositum, quid Belleroplionti?
erubuit nempe hac ceu fastidita repulsa,
nec Stheneboea minus quam Cressa excanduit, hac se
concussere ambae. mulier saevissima tunc est,
cum stimulos odio pudor admovet. elige, quidnam
suadendum esse putes, cui nubere Caesaris uxor
destinat. optimus hic et formosissimus idem
gentis patriciae rapitur miser extinguendus
Messalinae oculis; dudum sedet illa parato
flammeolo Tjriusque palam genialis in hortis
sternitur et ritu decies centena dabuntur
325
330
335
325 grave positum P 326 hac Haupt: haec Pco repulsa po)
Ilaupt: repulso P 327 excanduit res se P, he se ^, et se co, hac se W
CatuUa, quae fuit vilissima omnium,
zu 2, 49. Das einraal tiefer ge-
sunkene Weib ist bereit ihrer
Leidenschaft alles und jedes zu
opfern: nihil umquam negaverit, sie
sucht in ihr selbst ihren Ruhm und
ihreEhre; dieSinnlichkeitbestimmt
den ganzen Charakter, das ganze
Wesen des Weibes, Cornif. IV 23
mulieres ad omnia malcficia cupi-
ditas una ducit.
324 immo = im Gegenteil, viel-
mehr mufs man fragen: qicid pro-
fuit Hippolyto proposita vitae gra-
viias?
325 tJber Bellerophon vgl. Hom.
II. VI 152 sqq. Bei Homer ist die
Versucherin 6£' "Avisia, in der spa-
teren Sage Sthcnehoea und wurde
neben Phadra sprichwortlich, Ari-
stoph. ran. 1043 aXX' ov fia JC
ov ^aiSQccq aitoiovv itoQvag ovdl
2&8vf^0Lag (sagt Ascbylus zu Euri-
pides).
326 erubuit , die eine und die
anderederbeiden nachhergenannten
Frauen. — cen fastidita, wahrend
doch Hippolyt und Bellerophon
nicht ihre Schonheit verschmahten,
sondern einfach nach Pflicht und
Gewissen {grave propositum) han-
delten. — hac repulsa se concus-
sere, infolge dieser Zuriickweisung
versetzten sich beide in Wut, so
dafs sie ihrer Besinnung nicht mehr
milchtig waren. Doch ist die Lesart
von 326 und 327 unsicher.
329 pudor die Scham vor sich
selbst = sie will den Gegeustand
ihrer Liebe, jetzt der Scham und
Erbitterung, aus dem Wege geraumt
wissen. — quid{nam) fiir utrum,
auch 338 und 8, 196 quid satius? ,
ist auch in der fruheren Latinitat
nicht selten, vgI.Madvigop.il 184.
330 Messalina, d-ie Gemahlin des
Claudius, woUte den edlen und
schonen C. Silius ofiFentlich und mit
allen Formalitaten neben Claudius
sich zum Gemahl nehmen. Als der
Kaiser auf die famose Heirat auf-
merksam gemacht wurde, mufsten
Silius und Messalina sterben, Tac.
XI 26 sqq. Man eiferte damals die
Schrankeu der Natur zu durch-
brechen,vgl.2, 117sqq. Suet.Nero28.
332 gentis patriciae des ganzen
Patrizierstandes. Der Vater war der
bekannte Legat des Caesar Ger-
manicus. — oculis ist mit rapitur
zu verbinden. — extinguendus =
morti destinatus fur ad necem, tas
dno&avov^evog, moriturus, ahnlich
wie 12, 8 templis maturus et arae
spargendusque mero.
334 flammeolo, zu 2, 124. Das
Deminutiv ist hier spottisch. Zur
Hochzeit gehorten das flammeum,
die dos, der lectus oder torus ge-
nialis und die faces nuptiales, vgl.
Suet. Nero 28. — in hortis, des
LucuUus, die der Messalina zuge-
fallen wjireu, Tac. XI 1.
335 et und dazu. — ritu, nicht ex
ritu, dagegen more und de morc, ist
dichterischerGebrauch. EineMillion
LinRIrlV SATVRA X
223
antiquo, veiiiet eum signatoribns auspex.
haec tu sccreta et paucis commissa putabas?
iion nisi legitime vult nubere. quid placeat, dic.
ni parere velis, pereuudum erit ante lucernas;
si scelus admittas, dabitur mora parvula, dum res
nota urbi et populo coutingat })rincipis aurem.
dedecus ille domus sciet ultimus; interea tu
obsequere imperio, si tanti vita dierum
paucorura. quidquid melius leviusque putaris,
praebenda est gladio pulclira liaec et candida cervix.
nil ergo optabunt homines? si consilium vis,
permittes ipsis expendere numinibus, quid
conveniat nobis rebusque sit utile nostris.
nam pro iucundis aptissima quaeque dabunt di;
carior est illis homo, quam sibi. nos animorum
iupulsu et caeca magnaque cupidine ducti
340
Mh
350
344 melius om. P levius meliusque p 351 ducit P
Sesterzen war die iibliche Mitgift
der Senatorentochter (6, 137). Mit
dem Priisens versetzt uns der Dichter
in den Park des Luculhis: alle
Vorbereitungen treten vor Augen:
was wird nun weiter erfolgen ? Diese
ge.spannte ErwartungderUmgebung
raalt der Ubergang ins Futur.
336 auspex und augur waren ur-
spriinglich identisch ; allmilhlich
wurden die augures nur in politi-
schen, die auspices in privaten Ver-
haltnissen gebraueht. Der auspex
nuptiaruni war in iilterer Zeit der
pontifex maximus; er sprach die
Gebetformel, in welcher die Gotter
der Ehe (Juno, Tellus, Ceres) indi-
gitiert wui-den, worauf dieAnwesen-
den ihr feliciter anssprachen, vgl.
2, 119. — Die signatores sind die
Zeugen des Ehekontrakts, zu 9, 76.
337 putabas du warst wohl bis-
her der Meinung? Darin irrtest du
dich, mein lieber Silius! Jetzt giebt
es fur dich keinen Ausweg mehr.
VgL 9, 47. 11, 184.
340 m/yra parviila, eine armselige
Galgenfrist.
341 Scharf wird nota urhi et po-
pulo vorangestellt: die Sache mufs
erst Stadtgespriich werden, bis der
stumpfe Kaiser etwas davon er-
fiihrt; df-un allerdings die Schmach
seines Hauses erfabrt er zu allerletzt!
343 si tanti ist ironisch, denn
wie Juv. selbst denkt, zeigt 8, 195
u. 15, 106 melius nos Zenonis prae-
cepta monent, nec enim omnia qui-
dam pro vita facienda putant.
6) Epilog, 346—366, der genan
an den Schlufs des Prologes an-
kniipft.
347 Sinn : Ich will das Gebet
nicht verboten wissen, aber cs soll
den Gottern keine bestimmte Vor-
schrift gemacht werden. Der Mensch
Koll nicht auf einzelnen irdischen
Wiinschen bestehen, als ob davon
scin Lebensgliick bedingt sei. Es
stimmt diese Anschauung mit der
Lehre des Sokrates und Plato (Xen.
Mem. 1 1, 8), aber auch der Stoiker
iiberein. Dafs Juv. die Schrift des
Demokritos tcsqI av&vfiirjg gelesen
haben sollte, ist nicht wahrschein-
lich.
348 Nur dann ist uns etwas niitz-
lich, wenn es fiir uns passend ist.
Daher rebusque nostris utilc. Vgl.
Hor. ep. I 7, 98 metiri se quemque
suo modulo ac pede verum est.
350 sq. Hom. Od. I 32 m nonoi, oiov
di] vv &£Ovg ^Qorol alzLaovtaf t|
rjfiBoiv yccQ rpacl v-av.' fiiucvai, 61
dh v.ul avxol acpfjaiv araa&aXiyGiv
vntQ jiOQov aXys' ij^ovGiv. — ani-
morum impulsu nach plotzlichen
Eingebungen, Wallungen.
224
IVVENALIS
coniugium petimus partumque uxoris, at illis
iiotum, qui pueri qualisque futura sit uxor.
ut tamen et poscas aliquid voveasque saeellis
exta et candiduli divina tomacula porci,
orandum est, ut sit mens sana in corpore sano,
fortem posce animum mortis terrore carentem,
qui spatium vitae extremum inter munera pouat
naturae, qui ferre queat quoscumque labores,
nesciat irasci, cupiat nihil, et potiores
Herculis aerumnas credat saevosque labores
et venere et cenis et pluma Sardanapalli.
monstro, quod ipse tibi possis dare; semita certe
tranquillae per virtutem patet unica vitae.
nullum numen habes, si sit prudentia, nos te,
nos facimus, Fortuna, deam caeloque locamus.
355
360
365
359 dolores Leid. Hosii 92
te in rasura P
361 savusque P 365 abest p
355 tomacula Fleischstiicke, eine
Art von Wurst. Der Ausdruck ist
hier oflenbar komisch. Gebet und
Opfer waren bei den Alten untrenn-
bar verbunden, das Gebet war die
Erkliirung des Opfei-s.
356 Senec. ep. 10, 4 votorum tuo-
rum veterum licet cleis gratiam fa-
cias, alia de intecjro suscipe: roga
honam inentem , honam vcdetudinem
cinimi, deinde tunc corporis. — Unter
mens sana ist die Freiheit von den
fjewohnlichen Leidenschaften der
Menschen zu verstehen.
357 mortis terrore, denn der Stoiker
darf sich von dem Tode nicht
schrecken lassen , er mufs immer
stai-k genug sein, den Tod der
Schande vorzuzieheu, vgl. zu 343
und 8, 83.
358 Wie die Rennbahn, so hat
das Leben mehrere spatia. Mit dem
hochsten Alter erreicht der Mensch
das extremum spatium vitae.
360 d. h. frei von ira und cupido,
vgl. Hor. ep. I 2, 49—63.
362 Mart. XII 17 dormit et in
pluma purpureoque toro, vgl. 1, 159
und 6, 89.
363 monstro ' damit eroffne ich
dir', wie 14, 256 ' monstro volupta-
tem egregiam. So viel ist jedenfalls
sicher (certe), dafs, mag man von
dem Einflufs der Gotter denken
wie man will, ohne personliche
Charaktertuchtigkeit (virtus) ein
ruhiges und gliickliches Leben nicht
gewonnen werden kann.
365 sq. nullum numen hahes be-
zieht sich nur auf die FOHuna:
sie ist fiir den Stoiker kein gott-
liches Wesen, keine Macht melir,
denn seine Sittlichkeit hat sie iiber-
wunden, 13, 20 victrix fortunac
sapientia; nur die stulti, die von
den alltaglichen Wiinschen und
Neigungen befangenen Menschen,
verebren sie als Gottin, Lact. III 29
stultitia igitur et error et caecitas
ct, ut Cicero (Acad. I 29) ait, igno-
ratio rerum et causarum naturae ac
fortunae nomina incluxit. Hor. s.
II 7, 83 sapiens, sihi qui imperiosus,
in quo manca ruit semper fortuna.
Die beiden Schlufsverse kehren 14,
315 sq. wieder.
LIBia IV SATVRA XI
225
SATVRA XI
Atticus eximie si conat, lautus habetur:
si Kutilus, demeus. quid euim maiore caclunuo
excipitur vulgi, quam pauper Apicius? omnes
convictus thermae stationes, omne theatrum
de Kutilo. nam dum valida ac iuvenalia membra
sufficiuut galeae, dumque ardet sanguine, fertur
3 omnis P rasa i
leume florilcgium S. Galli
aident Barth
4 statione sell* tbeatru P statione so-
6 atdet Guiet: ardenti P ardens pa
Sat. XI.
Die Satire zerfallt in zwei Teile,
von denen der eine (1 — 55) einen
allgemeinen satirisehen Charakter
und zum Thema den Gedanken hat,
den Claudian. III 35 also ausdriickt:
luxus popuJator opum, quem semper
adhaereyis infelix humili [iressu co-
mitatur Egestas; der zweite da-
gegen enthalt in Form eines Briefes
die Einladung eiues gewissen Per-
sicus zu einer frugalen und lilnd-
lichen Mahlzeit des Dichters, welche
einen Gegensatz bilden soll zu der
im ersten Teilgeschilderten Genufs-
sucht und Uppigkeit selbst der
weniger Bemittelten. In diesem letz-
teren Gedanken treffen beide Ab-
schnitte zusammen.
1 Atticus ist wahrscheinlich Ti.
Claudins Atticus, Vater des beriihm-
ten Herodes Atticus, der unendlich
reich wurde durch Auffindung eines
Schatzes in einem seiner Hauser,
den ihm Nerva vollstandig zu be-
halten gestattete. Er war in Rom
zweimal Konsul und deshalb wohl
bekannt. — eximie (ausnehmend)
- cenare enthalt den Begrifi" von prae
aliis oder praeter ceteros laute ce-
nare, vgl. Liv. XXV 40, 2 templum
eximie ornare. — lautus ist 1, 67
durch atque mit heatus verbunclen,
Mart. IX 75 idem beatas lautus
extruit thermas.
2 sq. JSuiiYwSjVerschiedenvondem
14. 18 erwiihnten, war ein milfsig
bemittelter ipauper) aber doch ver-
schwenderi^cher Mensch, der sich
schliefslich dem lanista verkaufen
mufste; dadurch wurde er zum
Stadtgesprach. — maiore cachinno
IVVEKALIS SATVBAE.
am Versschlufs auch 3, 100. —
Apicius war der Typus eines feinen
raffinierten Schwelgers im Essen,
vgl. zu 4, 23. Die ars culinaria
war seit der Zeit des Horaz mehr
und mehr zu Ansehen gelangt.
4 convictus'Geselhcha.h\thermae,
zu 7, 233. .jEs sind grofse zu gymna-
stischen tjbungen bestimmte, mit
Badeeinrichtungen (halnea) ver-
sehene Anstalten. Am beriihmtesten
waren die drei Thermen {tripliccs
oder ternae th.) des Agrippa, Titns
und Nero. — stationes sind Plau-
dergelegenheiten auf offentlichen
Platzen, in den Spazierhallen, in
der taherna des tonsor u. s. w., Plin.
ep. I 13, 2 plerique in stationihus
sedent tempusgue audiendis fahulis
conterunt, ibid. II 9, 5 domos sta-
tionesque circumire.
5 de Rutilo: zur Ellipse Niigels-
bach Stil. § 183. Abnliche Ellipsen
finden sich 13, 181 und 14, 189. —
iuvenalis, im Gegensatz der Alters-
schwache, ist synonym mit validus;
iuvenilis, im Gegensatz zur Alters-
und Charakterreife , ist verwandt
mit levis oder temerarius.
6 Vgl. 7, 33 sed defluit aetas ct
pelagi x^atiens et cussidis at([ue ligo-
nis. — ardet sangxiine, von der
bliihenden, frischen Gesichtsfarbe,
wie 54 und 1, 42 accipiat mercedem
sanguinis et sic palleat, wiihrend
das Alter blutarm wird und frostelt,
10, 217 minimus gelido iam in cor-
pore sanguis. — fertur scripturus
(esse) ist eine sehr seltene Verbin-
dung, die vielleicht auch Sall. lug.
63, 7 gebraucht hat: novus nemo
tam clarus erat, quin is indignus
15
226
IVVENALIS
non cogente quidem, sed nec prohibente tribuno
scripturus leges et regia verba lanistae.
multos porro vides, quos saepe elusus ad ipsum
creditor introitum solet expectare macelli,
et quibus in solo vivendi causa palato est.
egregius cenat meliusque miserrimus horum
et cito casurus iam perlucente ruina.
interea gustus elementa per omnia quaerunt
numquam animo pretiis opstantibus; interius si
attendas, magis illa iuvant, quae pluris ementur.
ergo haud difficile est perituram arcessere summam
lancibus oppositis vel matris imagine fracta,
10
15
16 emuntur pco
illo honore et quasi polluturus {pol-
lutus Hdschr.) Jiaberetur.
7 Dem Volkstribun stancl nach
7,228 eine cognitio extraordiyiaria zu.
Hatte Rutilus leichtsinnigBankerott
gemacht, so konnten die Glaubiger,
wie es scheint, sich an die Volks-
tribunen wenden; ja es ist moglich,
dafs diese unter gewissen Bedin-
gungen liber die Freiheit eines civis
entscheiden konnten. Rutilus liefs
es auf eine solche Klage gar nicht
ankommen und konnte deshalb auch
vomTribunen uicht gezwungen wer-
den, sich seiner Freiheit zu begeben,
aber — setzt der Dichter spottisch
hinzu — der Tribun erhob auch
kein Veto gegen den freiwilligen
Selbstverkauf des Taugenichts.
8 Wahrend leges scribere von der
Abfassung des Kontrakts zu ver-
stehen ist, erinnert verba scribere
wie verba praeire an den Gladiatoren-
eid. Diese verba sind regia, denn
nach Senec. exD. 37, 1 auctoramenti
verba sunt: urivinciriferroquenecari.
10 viacelluni (5, 95) wurde der
ganze Komplex der Markte fiir
Lebensmittei genannt, das forum
hoarium, olitorium, piscarium, cupe-
dinis — haec omnia posteaquam con-
tracta in unum locum quae ad vic-
tum pertinebant, et aedificatus locus
appellatum Macellum. Varro 1. 1.
V 146.
11 Vgl. 8, 54. Plin. ep. V 5, 4
nam qui voluptatibus dediti quasi
in diem vivunt, vivcndi causas co-
tidie finiunt; vgl. 10, 203 non
eadem vini atque eibi torpente palato
gaudia.
12 egregius halt man gewohnlich
fiir den Komparativ des Adverbs,
vgl. Neue II 113; doch giebt es
ein gleiches Beispiel nicht, und es
hindert nichts in egregius auch
neben meliusque den Nom. des Ad-
jektivs zu hnden; hervorragend
speist und besser noch (als vorher)
ein solcher Mensch, wenn er dem
Bankerott bereits nahe ist.
14 interea — antequam ccciderit,
vor dem Zusammenbruch. — gustus
Acc. plur. = sapores.
16 ementur: das Futur in Neben-
satzen, wodurch der Gedanke als
eventuell, nicht immer und unbe-
dingt zutreffend dargestellt wird,
gebraiTcht die silberne Latinitat mit
Vorliebe, vgl. Quint. X 2, 9 sed
etiam qui summa non appetent, con-
tendere potius quam sequi debent.
Vgl. 36.
17 ergo: so wird es solchen Meu-
schen freilich nicht schwer, auch
das Letzte und Heiligste daranzu-
setzen, nur um den letzten Heller
in Annehmlichkeit zu verprassen.
ISsqq. opponere, sc. pignori, ver-
pfanden, Plaut. pseud. 87 vix hercle
opino, etsi me opponam pigmri.
Es scheint als ob Juv. den Begriff
lancinare umschreiben will , das
freilich nicht von lafix abzuleiten
ist, Catull. 29, 17 paterna prima
lancinatd simt bona. Die Biiste der
Mutter macht er zuerst unkennt-
lich {frangit) und verkauft dann
LIBRI IV SATVRA XI
227
et quadriDgeutis uummis coudire gulosum
lictile; sic veniunt ad miscillauea ludi.
refert ergo, quis liacc eadem paret; in Rutilo nam
luxuria est, iu Veutidio laudabile uomen
sumit et a censu famam trahit. illum ego iure
despiciam, qui scit, quanto sublimior Atlaus
omnibus in Libya sit montibus, hic tamen idem
ignoret, quantum ferrata distet ab arca
saccuhis. e caelo descendit yva&t Gbuvxov
figeudum et memori tractandum pectore, sive
coniugium quaeras vel sacri iu parte senatus
esse vehs — neque enim loricam poscit Achillis
Thersites, iu qua se traducebat YHxes —
20
25
30
24 scis F 26 ignorat ?
den Silberwert. — Das fictile (3,
168), denn etwas Besseres hat er
nicht mehr, ist gulosum, da er
selbst yaarQiiiaQyog ist, eine komi-
sche coutradictio in adiecto, denn
die gulosi speisten sonst anf Gold
und Silber. Ebenso ironisch wird
die sagina, die grobe nnd uahr-
hafte Kost der Gladiatorenschule
'hidi), miscillanea genaunt, was ein
au3 allerlei feinen Efswaren be-
reitetes Gericht war.
21 — 43: Hier wie in allen Dingen
kommt alles auf Selbsterkenntnis an.
21 sq. haec eadem kann nur das
neutrum plur. im Accusativ sein,
wie 177 Jiaec eadem illi omnia cum
faciant, hilares nitidique vocantur.
Rntilus z. B. iibt thatsachlich Ver-
Kchwendung, bei Ventidius dagegen
erhalt die Juxuria, der er ebenfalls
ergeben ist, eine ganz andere lob-
liche oder ruhmende Bezeichnung,
denn er hat das geniigende Ver-
mogen. — Ventidius ist unbekannt,
j»'denfall3 ist er nicht mit dem 7,
199 erwahnten Ventidius Bassus
identisch. — 7iam hat Juv. sonst
(vielleicht mit Ausnahme von 15,97)
immer an der Spitze des Satzes.
Die Inversion des iiam findet sich
auch bei Catull, Vergil und Horaz,
vgl. Lachmann zu Lucret. IV 604.
23 sumit, d. h. die luxuria legt
hier ihren Xamen ab und nimmt
einen anderen an, der etwas Ruhm-
liches bezeicbnet, et a censu famam
trahit = ja mit einer gewissen Ge-
walt, der man nicht widerstreben
kann, wird der Rut der Lebens-
weise von dem Vermogen des Man-
nes bestimmt.
24 despicimus res infra nos po-
sitas , im Gegensatz zu suspicere
oder admirari.
25 sq. /lictVZewbildetdenUbergang
von der relativen zur demonstra-
tiven Satzform (Gracismnsi, zugleich
aber auch wechselt der Indikativ
{scit) mit dem Potentialis (ignoref),
so dafs der Gedanke einer Bedin-
gung entspricht: si tamen idem
ignoret. — ferrata arca, zu 1, 90.
27 saccuJus, 14, 138 interea pJeno
dum turget saccuJus ore. — e caeJo,
ist als Offenbarung Apollos gott-
lichen Ursprungs.
28 tractandtim = agitandum 'zu
iiberdenken', vgl. zu 6, 550. —
memori pectore ist ein vertioftes
memori mente, Kopf und Herz soll
beteiligt sein, nach Hor. s. II 4, 90
quumvis memori referas mihi pectore
cuncta.
29 Dem sive korrespondiert veJ,
deim sive ist = vel si. Die Paren-
these 30 — 31 verursacht, dafs V. 32
seu adfectos zur selbstandigen Pro-
tasis v.ird und mit te consuJe eine
neue Apodosis erhalt. Das Ganze
bUdet einen Chiasmus. — sacri se-
natus, weil er unter dem beson-
deren Schutz der kapitolinischen
Gotter steht.
31 se traduc€l)at, vgl. zu 2, 159.
7, 16. 8, 17. ' Hixam iJlatn Aiacis
15*
228
IVVENALIS
ancipitem seu tu magno discrimine causam
protegere adfectas, te consule, dic tibi qui sis,
orator vehemens an Curtius et Matho buccae.
noscenda est mensura sui spectandaque rebus
in summis minimisque, etiam cum piscis emetur,
ne mullum cupias, cum sit tibi gobio tantum
in loculis. quis enim te deficiente crumina
et crescente gula manet exitus, aere paterno
ac rebus mersis in ventrem faenoris atque
argenti gravis et pecorum agrorumque capacem?
talibus a dominis post cuncta novissimus exit
anulus, et digito mendicat PoUio nudo.
non praematuri cineres nec funus acerbum
luxuriae, sed morte magis metueada senectus.
hi plerumque gradus: conducta pecunia Romae
et coram domiuis consumitur; iude ubi paulum
35
40
45
34 an Matho co
mena pco: culina s
35 suis P
41 pecoris P
38 te om. P c***ina P cru-
et Vlixis stultam nec tantis viris
clignam fuisse arhitratur pocta\
Kiaer 99.
32 aneipitem: oder wenn du eine
gefahrliche Rechtssache zu ver-
treten gedenkst.
33 te consule 'gehe mit dir zu
Rat', gewohnlich consulere aliquem
prudentem, vgl. 6, 574 quae nullum
consulit et iam consulitur , 14, 317
si quis me consulat. — Qui und
nicht quis sis, weil nach der Eigen-
schaft gefragt wird, vgl. zu 14, 178.
34 veJiemens = dsivog, wie ein
Demosthenes oder Cicero, die ani-
morum tractandorum artifices waren.
— Matho ist aus 1, 32 und 7, 129
bekannt. — Curtius ist sicher nicht
der Senator Curtius Montanus (4,
107), den Tac. XVI 28 und h. IV 2
orator vehemens nennt.
35 mensura sui, vgl. 6, 357 sed
nulla pudorem paupertatis habet nec
se metitur ad illum quem dedit haec
posuitque modum.
37 Plaut. Pers. 317 sagt Saga-
ristio: quia hoves hini hic sunt in
crumina, und in der Asinaria wer-
den die 20 Minen fiir verkaufte
Esel selbst asini genannt.
38 sq. deficiente crumina nach Hor.
ep. I 4, 11. Die viiterlichen Giiter
sind verprafst, Haus und Hof sind
versetzt, nun geht auch das da-
durch gewonnene, bare Geld aus,
wahrend das Verlangen nach Lecker-
bissen zunimmt. Eine Tautologie
neben aere paterno ist in crumina
nicht erkennbar.
41 argentum grave ist massives
Silber, wie Becher, Opferschalen,
Salzfafs etc. — faenoris angelegtes
Kapital.
42 sq. Mart. II 57 oppigneravitmodo
modo ad Cladi mensam vix octo
nummis anulum, unde cenaret. Mit
dem Verlust des Census erfolgt der
Verlust des Standes, den der anulus
bezeichnet, Mart. VIII 5 dum donas
Macer anulos pueTlis, desisti Macer
anulos hahere. Daher novissimus
exit a domino. — et digito und
wirklich, parataktisch fiir velut =
wie z. B. Juv. scheint den 9, 6
erwahnten Crepereius Pollio im
Sinne zu haben.
44—55: Schilderung des erwahn-
ten exitus der Verschwender.
45 hixuriae = luxuriosis. Vgl.
9, 126.
46 conducta, das auf den ererbten
Besitz aufgenommene Geld, daher
faenoris auctor, vgl. Hor. s. I 2, 9
omnia conductis coemens obsonia
LlBRl IV SATVRA XI
229
nescio quid superest et pallet faeuoris uuctor,
qui vertere solum, Baias et ad ostreii curriiiit.
cedere uamque foro iam uon est deterius, quam
Esquilias a ferveuti migrare Subura.
ille dolor solus patriam fugieutibus, illa
maestitia est, caruisse anno circeusibus uuo.
sanguinis iu facie non haeret gutta, morantur
pauci ridiculum et fugieutem ex urbe pudoreiu.
experiere hodie, numquid pulcherrima dictu,
Persice, non praestem vita nec moribus et re,
si laudem siliquas occultus ganeo, pultes
coram aliis dictem puero sed in aure placeutas.
uam cum sis conviva mihi promissus, habebis
Euandrum, venies Tirynthius aut minor illo
50
55
60
51 ferventis P 55 et fugientem ? Friscianus: effugientetu Pc
56 dictnm P 57 nec g; *** P vel pa 58 si P; sfd pca
49 ciui certere sdlum, denn nicht
alle gelangen dazu, nach dem
Ijankerott uoch das Vaterland mei-
den zu konnen, viele gehen sofort
zu Grunde, Petr. 81 conturbavit et
Ubidinis suae sohun vertit. Von frei-
\villigerVerbannung ist soZmwferiere
der iibliche Ausdruck, Liv. III 13
u. 58. — ad ostrea, vom Lucriner-
see, cf. 4, 141.
50 dtterius schlimmer, fallt nicht
schwerer.
51 fervere von dem Larm und
Gewuhl der verkehrreichen Subura,
Mart. II 64 fora litibus omnia fer-
vcnt, Claudian. XV 485 innumeris
fervebat vocibus Aulis.
53 caruisse circensihus ist sar-
kastisch wie 6, 87 utqiie magis
stupeas , ludos Paridemque reliquit,
10, 80 duas tantum res unxius optat,
Ijancm et circenses.
54 sanguis wie 10, 301, vgL 13,
242 eiectum scmel attrita de fronte
pudorem. Dennoch besitzt ein sol-
cher Mensch noch immer pudor,
denn er verlaist ja Rom; weil aber
diese Art von Scham des Herab-
gekommenen nicht auf wirklichem
Ehrgefuhl beruht, so erscheint sie
lacherlich, uiiJ kaum bemiiht sich
ein Mensch darum, einen so ver-
kommenen Menichen von seinem
Entschlufs Rom zu meiden (fug. ex
urbe pudorem) wieder abzubringen.
— AIso der exitus solcher Menschen
sind die Austern in Bajii? Natiir-
lich die weiteren Stadien von hier
zu Elend und Tod verstehen sich
von selbst; dem Dichter geniigt
es, den Verschwender uns gezeigt
zu haben auf dem Weg der Ehr-
losigkeit.
56—63 : Einladung des Freundes
zur einfachen altvaterlichen Mahl-
zeit. Die Schilderung eines lilnd-
lichen Mahles hatten bereits Luci-
lius im 14. Buch seicer Satiren
und Horaz in seinem Ofellus (II 2)
gegeben.
58 Hor. ep. I 7, 35 nec somnum
plebis laudo satur altilium.
59 dictare fiir impcrare gehort
der silbernen Latinitat an, vgl.Mart.
II 86 nec dictat mihi luculentus Attis
moUem debilitate galliambon 'das
Gedicht CatuUs fordert mich nicht
zur Nachahmung auf. — in aurc
'heimlich', wie Mart. III 63 inter
femineas tota qui luce cathedras de-
sideb alque aliqua semj)er in aure
sonat, dagegen Mart. III 44 sonas
ad aurem, I 89 garris in aurem
semper omnibus, Hor. s. I 9, 9 in
aurem dicere nescio quid puero.
61 Juv. erinnert an dje Worte,
mit denen Euander den Aneas be-
griifst: haec, inquit, limina victor
Alcides suhiit, haec iUum regia cepit:
aude, hospes, contemnere opes et te
230
IVVENALIS
liospes, et ipse tainen coutiugens sauguine caelum,
alter aquis, alter flammis ad sidera missus.
fercula nunc audi nullis ornata macellis.
de Tiburtino veniet pinguissimus agro
baedulus et toto grege mollior, inscius herbae
necdum ausus virgas humilis mordere salicti,
qui plus lactis habet quam sauguiuis, et montani
asparagi, posito quos legit vihca fuso.
grandia praeterea tortoque calentia faeno
ova adsunt ipsis cum matribus, et servatae
parte anni, quales fuerant in vitibus, uvae,
Signinum Syriumque pirum, de corbibus isdem
aemula Picenis et odoris mala recentis
nec metuenda tibi, siccanti frigore postquam
autumnum et crudi posuere pericula suci.
haec olim nostri iam hixuriosa senatus
cena fuit. Curius parvo quae legerat horto
65
70
75
63 missis P 68 quis P 75 siccanti W: siccatum Poj
quoque dignum finge deo rebusque
veni non asper egenisYerg.Ylll 360.
63 Aneas wurde in der Schlacht
gegen die Latiner an einem Fliifs-
chen tot gefunden und nach seinem
Tode als Gottheit verehrt, Liv. I 2
situs est super Numicium flumen,
TibulL II 5, 43 illie sanctus eris,
cum te, venerande, Niimici unda
deum caelo miserit Indigitem. Das
Wasser ist das reinigende, das
Feuer das lauternde Element.
64 — 76: Beschreibung der land-
lichen Mahlzeit.
64 sq. fercida am AnfangdesVerses
und der Beschreibung wird von
den schlichten Gerichten ironisch
gebraucht. — ornata macellis = ex
m. instructa, Mart. X 59 dives et
ex omni posita est instructa macello
cena tibi; wegen des Plurals vgl.
zu 10. — In der Gegend von Tibur
besafs der Dichter ein Landgut,
■wofiir auch V. 69 das Wort vilica
spricht. Zur Sache vgl. Hor. s. II
2, 120 bene erat non piscibus urbe
petitis sed pullo atque Jiaedo.
68 Spondeischer Versschkifs findet
sich noch 71. 138. 2, 145 (?). 3, 17.
120. 273. 4, 87. 6, 296. 8, 218. 10,
88. 13, 191. 14, 165. 5, 38.
70 torto faeno aus dem Nest, ca-
lentia, also ganz frische Eier. Die
grofsen Eier (grdndia) lassen auf
guteZucht und Fiitterung schliefsen.
72 parte anni wahrend der Halfte
des Jahres, ein halbes Jahr hin-
durch, Caes. b. c. I 47 pugnatum
est continenter lioris quinque fvinf
Stunden hindurch. Die Weinlese
fand im Spatherbst, die Mahlzeit
aber im Monat April (V. 193) statt.
Auch bei uns werden Weintraubeu
den Winter iiber frisch erhalten.
73 Die Birne von Signia in La-
tium war scherbenfarbig und nach
Cels. II 24 dem Magen zutraglich.
Die syrische Birne, eine Art Berga-
motte, wuchs besonders in der
Gegend von Tarent.
74 Hor. s. II 4, 70 Picenis ce-
dunt pomis Tiburtia suco. — Da
der frische Saft des Obstes , be-
sonders in heifsen Tagen, dem
Magen nachteilig ist, so liefsen die
Alten das Obst durch Lagerreit
{siccanti frigore) ausfrieren.
76 autumnum = autumni matu-
ritatem, womit eben die pericula
crudi suci verbunden sind.
7 7— 1 19: Geniigsamkeit und Gliick-
seligkeit der guten alten Romerzeit.
78 sq. Wie der av itus fimdu s die-
ser Miiuner noch kleiu war {parco
LIBRI IV SATVIiA XI
2:u
ipse focis brevibus pouebut holuscula, quae nunc
squalidus in magna fastidit eompede fossor, 80
qui meminit, calidae sapiat quid vulva popiuae.
sicci terga suis rara pendentia crate
moris erat quoudam festis servare diebus,
et natalicium cognatis ponere lardum
accedente nova, si quam dabat hostia, carne. 85
coguatorum aliquis, titulo ter consulis atque
castrorum imperiis et dictatoris honore
functus, ad has epulas solito maturius ibat
erectum domito referens a monte ligonem.
cum tremerent autem Fabios durumque Catonem yo
et Scauros et Fabricium, postremo severos
censoris mores etiam collega timeret,
nemo inter curas et seria duxit habendam
qualis in Oceauo fluctu testudo uataret,
81 sapiat qui P 91 Fabricios rigidique s. oj 93 habendaui P;
habendum pco 94 oceano ?: oceana P oceani pa
horto), so war auch Haus und Herd
uoch gering (foci ireves), Hor. I
12, 44 avitus arto cum Jare fundus,
sie besafsen noch keine Palaste in
der Stadt: a viUa in senatum ar-
cessehantur Cic. sen. 56.
80 fossor in compede ist ein ge-
fesselter Sklave aus dem ergastu-
lum, vgl. 6, 151, der zur Feld- oder
Winzerarbeit benatzt wird, Pers,
5, 122 cutn sis cetera fossor, Catull.
22, 10 hdlus ille et urbanus Suf-
fenus unus caprimulgus aut fossor
rursus videtur. Die Gebiirmutter
aus dem Leibe eines trachtigen
Mutterschweines galt fur eine De-
likatesse, und wurde in den vor-
stfidtischen Garkuchen {cdlida po-
pina) bereitet, vgL 8, 158 sq. Hor.
ep. I 15, 41 nil volva pulekrius
ampla, Mart. XIU 56 me materna
gravi de sue volca capit. Plin. ep.
I 15, 3 at tic apud neseio quern
ostrea, volvas, echinos, Gaditanas
(cf. 162) maluisti.
82 rara pendentia crate 'hangend
am luftigen Sparrwerk', nach Ovid.
met. VI G48 sordida terga suis nigro
pendentiu tijno.
83- qmndam 'vor Zeiten, sonst'.
84 natalicium 'nur an Geburts-
tagen', Salpicia bei Tib. IV 4, 11
qui mihi te, Cerinthe, dies dedit, hic
mihi sanctus atque inter festos sem-
per habendus erit.
88 solito maturius 'ausnahmsweise
friihzeitig' ; nur ein besonderes Fest
schien zu einer solchen Freiheit
gegeniiber der herrschenden Sitte
zu berechtigen.
89 a monte, vgl. 2, 74.
90 cum — autem als sie ferner
noch zitterten vor Mannern wie
Fabius Maximus, mit Furcht nnd
Zittern zu solchen Censoren auf-
blickten. — In cum verbindet sich
die Vorstellung der Zeit und der
Ursache (da).
92 Im J. 204 v. Chr. verfolgten
sich gegenseitig die Censoron C.
Clandius Xero und M. Livius Sali-
nator, Liv. XXIX 37; vgL ferner
zu 9, 142 argenti vascula puri, sed
quae Fabricius cemor notet.
93 Das zu habendam gehorige
Nomen (testudinem) ist, wie so oft,
in denRelativsatz (nicht etwaFrage-
satzl) geruckt und attrahiert.
94 tjber die testudo zu 6, 80. —
Oceano ist nicht Adjektiv, sondern
Oeeanus fluctus ist eine Verbindung
wie Caes. b. g. III 7, 2 und Tac. h.
IV 12 mare Oceanus, Tac. I 9 mari
Oceano aut amnibus saepticm im-
perium, Caes. b. g. I 30, 2 ez usu
232
IVVENALIS
clariim Troiugenis factura et nobile fulcruni,
scd nudo latere et parvis frous aerea lectis
vile coronati caput ostendebat aselli,
ad quod lascivi ludebant ruris alumni;
tales ergo cibi, talis domus atque supellex.
tunc rudis et Graias mirari nescius artes
urbibus eversis praedarum iu parte reperta
niagnorum artificum frangebat pocula miles,
ut phaleris gauderet equus caelataque cassis
Romuleae simulacra ferae mansuescere iussac
imperii fato, geminos sub rupe Quirinos,
ac uudam effigiem clipeo venientis et hasta
pendentisque dei perituro ostenderet hosti.
ponebant igitur Tusco farrata catino:
95
100
105
99 tales qualis Pco, corr. W
terrae GalUae, Liv. XXV 7, 4 terra
Italia.
96 sqq. nudo latere — frons aerea
ist eine kiihne Verbindang, insofern
latus und frons Teilbegriffe des
leetus sind , die einander gleich-
stehen, ohne doch^ grammatisch
koordiniert zu sein; fons aerea er-
scheint als Hauptbegriff, dagegen
bezeichnen die beiden Abl. Moda-
litatsverhaltnisse: abgesehen davon,
dafs die Seite des Bettes schmuck-
los, d. h. ohne Schnitzwerk, und
das Bett selbst nur klein war, hatte
das Bett vorn den armseligen Kopf
eines Esels. Der Esel wird mit
Weinlaub bekranzt, weil er durch
das Benagen der Schofslinge das
Schneiteln des Weinstocks gelehrt
haben soll, und er ist der Vesta,
der Gottiu des Hausstandes, heilig,
weil er diese einst durch sein Ge-
schrei vor dem Priapus gerettet
baben soll, vgl. Ovid. f. VI 319 sq.
Tm Atrium, wo das Ehebett stand,
spielten die mutwilligen Jungen des
Landes, d. h. die Kinder des Haus-
herrn und des Gesindes, vgl, 14, 168
infantes ludehant qiiattuor, umis
vermda, tres domini.
99 Der au sich aberfliissige Vers
gewahrt einen gewissen Ruhe-
punkt und verraittelt die sich an-
scbliefsende Fortsetzung der Schil-
derung antiker Einfachheit des
Lebeus.
100 Im Gegensatz zu den spa-
teren Kunstraubereien, wie sie 8,
100 sq. geschildert werden. Liv.
XXV 40, 2 inde primum initium
mirandi Graecarum artium . opera
licentiaeque Jiuic sacra profanaque
omnia spoliandi factum est. Be-
kanntlich umfafst mirari den Be-
griff der Begehrlichkeit.
103 Sie zerbrachen (vgl. 18) diu
Kunstwerke, um aus dem edleu
Metall in Rom sich pJialerae u. s. w.
verfertigen zu lassen.
105 Das fatum imperii war die
gottliche Verheifsung, weIche.Rom
die Weltherrschaft bestimmte. —
geminos Quirinos, d. h. Momulmi
et Eemum, wie ofters Castores =
Castor et Pollux. — suh rupe, Verg.
VIII. 630: feeerat (auf dem Schilde
des Aneas) et viridi fetam Mavortis
in antro procuhuisse lupam, geminos
liuic uhera circum ludere pendentis
pueros et lamhere matrem impavidos.
107 pendentis, weil er am Helm
angebracht ist. Der Gott erscheint,
um die Zwillinge zn belauschen,
wird aber dadurch zum Schutzhort
Roms und zum Schrecken seiner
Feinde. — perituro, denn in der
Vorstellung des romischen Soldaten
ist der Feind, einmal erblickt, auch
dem Tode geweiht.
108 Pers. 2, 60 aicrum vasa Numae
Saturniaque impulit (brachte zuni
Weichen) aera, Vestalisque urnus
LlbUl IV SATVRA XI
23B
argenti quod erat, solis fulgebat iu ariuis.
omnia tunc-, quibus iuvideas, si lividulus sis;
tomploruui quoque maiestas praesentior, et vox
nocte fere modia mediamque audita per urbem
litore ab Oceani Gallis venieutibus et dis
officium vatis perageutibus his uiouuit uos;
hanc rebus Latiis curam praestare solebat
tietilis et uullo viohitus luppiter auro.
ilia domi uatas uostraque ex arbore mensas
tempora viderimt; hos lignum stabat ad usus,
auuosam si forte uucem deiecerat eurus.
at nunc divitibus ceuandi uulla voluptas,
nil rhombus, nil damma sapit, putere videutur
uuguenta atque rosae, latos uisi sustiuet orbes
grande ebur et maguo sublimis pardus hiatu
dentibus ex illis, quos mittit porta Syenes
110
115
120
109 om. g
1-21 uihil P his
110 tunc in quibus P rasa in
123 ebenum laJin
118 iioc P hos
ct Tuscion fictile mutat. Etruvien,
besonders Arretium, versorgte Rom
bis in die Kaiserzeit uiit Thon-
waren fiir den hauslichen und
religiosen Gebrauch.
110 Der sehnsiichtige, dennoch
hier scherzhaft ausgesprochene
Wunsch ist nicht verschieden von
dem Ausruf bei Hor. s. II 2, 92
hos utinam inter heroas natum tellus
me prima tuUsset. Vgl. 3, 312 und
7, 207.
112 Liv. V 32 eoJein anno M.
Caedicius de plebe nuntiavit tribu-
nis, se in nova via, uhi nunc sacel-
Iiim est supra aedem Vestae, vocem
noctis silentio audisse clariorem
humana, quac magistratibus dici
iuleret, Gallos adventare.
114 his (Abl.) rekapituliert die
beiden Momente , dafs der Ruf
media nocfe und mcdiam ptr urbem
vemommen worden ist. — monuit
^warnte'.
116 Prop. V 1, 5 fictilibus cre-
vere deis haec aurea templa; auch
die thonernen Gotterbilder der alt-
romischen Zeit stammten aus Etru-
rien, Pers. 2, 60. — violare 'be-
eintrachtigen', wie 3, 20 si non
infjenuum violarent marmora tofum,
Lucan. IX 519 pauper adhuc deus
est, nullis violata per aevum divitiis
deluhra tencns.
117 nostra ex arhore, wahrend
man jetzt kostbare Tische von aus-
landischemHolz, besonders von dem
wohlriechenden Holze des Citrus-
baumes in Afrika vorzogr
1 18 lignum stahat, das Holz stand
aufgeschichtet zum Hausgebrauch
{ad tisus) im Hof. Das Holz Qignum)
wurde aus dem zerschnittenen Baum
gewonnen.
120—129: Der Luxns der Gegen-
wart bringt keine Befriedignng.
121 damma ''GazeUe'. Das Reh
heifst 142 und 14, 81 caprea. —
Hor. 3. n 2, 42 putet aper rhom-
busque.
122 sq. svstinet, Mart. H 43 tu Li-
hycos Indis suspendis dentihus orbes,
vgl. zu 1, 137. Die Tischplatte von
afrikanischem Citrusholz wurde von
elfenbeinernen Fiifsen getragen.
Von diesen aus erhob sich {subli-
mis) nicht selten die Gestalt eines
Panthers , der ebenfalls aus Elfen-
bein gearbeitet war.
124 Syene, Halbinsel und Stadt
am Nil , an der Grenze von
Athiopien und Agypten. Da sich in
jener Gegend das Nilthal verengert
und bei der Insel Elephantine sich
der zweite Katarakt befindet, ist
234
IVVENALIS
et Mauri celeres et Mauro obscurior Indus,
et quos deposuit Nabataeo belua saltu
iani nimios capitique graves. hinc surgit orexis,
liinc stomacho vires; nam pes argenteus illis,
auulus in digito quod ferreus. ergo superbum
convivam caveo, qui me sibi comparat et res
despicit exiguas. adeo nulla uncia nobis
est eboris, nec tessellae nec calcuhis ex hac
materia, quin ipsa manubria cultellorum
ossea. non tamen his ulla uraquam obsonia fiunt
rancidula, aut ideo peior gallina secatur,
si nec structor erit, cui cedere debeat omnis
pergula, discipulus Trypheri doctoris — apud quem
125
130
135
130 compaiet P 132 tesserulae ? 136 si W: sed P
der Ausdruck ijorta Syenes ge-
wahlt. 'Da die Katarakten des
oberen Nils den unmittelbaren
Wasserweg sperrten, hat sich der
Verkehr zwischen dem innern Afrika
und Agypten, namentlich der Elfen-
beinhandel iu romischer Zeit mehr
iiber die abessinischeu Hiifen als
am Nil hin bewegt; aber gefehlt
hat er auch in dieser Richtung
nicht'. Mommsen R. G. V 596.
126 sq. Die Resideuz 'des Konigs
von Kabat'' war Petra, eine zwischen
dem Toten Meere und der nord-
ostlichen Spitze des Arabischen
Meerbusens gelegene Felsenbui-g,
von jeher ein Stapelplatz fiir den
Verkehr Indieus und Arabiens mit
dem Mittelmeergebiet. Mommsen
R. G. V 476. Nach Petra zogen
die Karawanen von Leuke Kome
im Lande der Nabataer, Strabo
p. 780. Im J. 106 wurde das Reich
der Konige von Nabat aufgelost
und aus dem grofseren Teil die
romische Provinz Arabia gebildet
mit der Hauptstadt Bostra, von wo
aus eine romische Strafse zum Per-
sischen Meerbusen fiihrte. Jenes
Land hatte freilich keine Elefanten,
wohl aber kamen auf jener Kara-
wanenstrafse indische Elefanteu an
das Mittelmeer. — deposuit — graves
ist oii^enbar ein Scherz. Juv. wufste,
dafs die Elefanten ihre Ztihne wech-
sehi und dafiir grofsere bekommen.
Mit den grofsen Stofsziihnen, die
das Elfenbein liefern, geschieht dies
nur einmal. — hinc, der aufseren
Pracht und Kostbarkeit. — orexis,
vgl. 6, 428 rahidam facturus orexim.
128 Der silberne Tafelfufs ist
jetzt ebenso mifsachtet wie der
eiserne Ring am Finger, wie ihn
die alten Romer trugen. Jetzt hat
man goldene Ringe, wie die Fiifse
der Tische aus kiinstlicher Elfen-
beinarbeit bestehen, vgl. Plin. h. n.
XXXIII 9.
129—161: Tischgeriit und Bedie-
nung im Gegensatz zur Sitte der Zeit.
135 sqq. rancidula, weil sie reinlich
gehalten sind. Das Huhn ist darum
nicht schlechter, dafs (si) es nicht
schul- und kunstgemiifs 'zerlegt
(136) und nicht von einem fein ge-
putzten Aufwiirter serviert wird
(142). Es korrespondiert nec in
V. 136 dem nec in V. 142. Die da-
zwischen liegende Ausfiihrung (136
— 141) ist Parenthese, d.h. satirische
Ironie. — Das secare bezeichnet die
Thatigkeit des structor (5, 120), vgl.
5, 124, denn eineu structor hat Juv.
iu seinem Sklaven auch, nur nicht
einen besonders kunstgerechten,
ciii cedcre debeat omnis pergula.
Letzteres ist eigentlich derVorbau
an einem Hause oder einer Taberne :
in solchen Buden wurden oft sehr
verschiedcnartigea?tfsgelehrt, Suet.
gr. 18. Dier ist an die Vorschneide-
kunst zu denken, und ein Doktor
derselbenwarTryphcrus {zQvcpsgoc;),
der seine Kunst an holzerneu Mo-
dellen lehrte. Der nvyaQyog (Weifs-
LIBUI IV SATV1.'A XI
2.35
!<umiiie cum maguo lepus utquc aper et pygargus
et Scythicae volucres et phoL-nicopterus ingens
et Gaetulus oryx hebeti hiutissima ferro
caeditur et tota sonat ulmea cena Subura — ,
nec frustum capreae subducere nec latus Afrae
novit avis noster, tirunculus ac rudis omui
tempore et exiguae furtis iubutus ofellae.
jilebeios calices et paucis assibus emptos
porriget incultus puer atque a frigore tutus.
non Phryx aut Lycius, non a mangone petitus
quisquam erit Armenio: cum posces, posce latine.
idem habitus cunctis, tonsi rectique capilli
atque hodie tautum propter couvivia pexi.
pastoris duri hic est filius; ille bubulci
suspirat longo uon visam tempore matrem,
et casulam et notos tristis desiderat haedos,
ingenui vultus puer ingeuuique pudoris,
quales esse decet quos ardens purpura vestit,
140
14i
150
155
141 tota om. P add. p 142 caprae P
148 Armenio 11'; ia magno P et magno ca
est hic ca
146 ](orfigit P a am. P
151 bic om. P add. p
steifs) war eine aus Afrika einge-
fulirteAntiIope,Herod.IV 192. Plin.
VIll 214. — Die Scythicae oder Pha-
sianae volucns, vom Flufs Phasis
oder dem alten Skytliensitze so be-
nannt, kamen unter Augustns nacb
Rom, Petron. 93. — Der phoenico-
pterus, Purpurfliigler, d. b.Flamingo,
Ton seinen glanzroten Schwiugen
80 benannt, war ein afrikaniacher
Wasservogel, dessen Zunge Apicius
besonders fein fand, Plin. h. n. X
133. Er wurde auch auf den Villen
Latiums gemiistet.
- 140 orijx war die isabellfarbene
Gazelle in Afrika {Gaetulus), Mart.
XIII 95.
141 Subiira, denn in diesem fre-
quenten Stadtteil war die Schule
des Trypherus.
142 sq. avis Africa, Numidica odev
Libyca, auch gallina Africana, ist
das afrikanische Perlhuhn. — noster,
sc. structor, ironisch. — rudis omni
tempore, 'von jeher ganz unschul-
dig', er bleibt immer rudis.
145 plebeios calices, im Gegen-
satz zn den 5, 38 sq. geschilderten
Bechern.
146 incuUm, nicht fein heraus-
geputzt wie die asiatischen Gany-
mede, 5, 56 ilos Asiae, aber auch
vor Kalte sicher, d. h. warm ge-
kleidet, vgl. 1, 93 u. 9, 68.
148 mawjone Armenio, wie Mart.
VII 80 Mjtilenaei roseus mangonis
ephebus.
149 idem habitus, wahrend sonst
die Vornehmen auf verschiedenes
Kostiim wie auf verschiedene Her-
kanft Gewicht legten, vgl. Hor. s.
11 8 14 fuscus Uydaspes, daneben
Alcon maris expers. — recti, 'natiir-
lich, ungekrauselt,' und nur wegen
der festlichen Gelegenheit frisiert
{pexus, vgl. 6, 26), wahrend der
Stutzer immer pexo capillo nitidus
erscheint.
151 hic, der eine Diener, welcher
die Speisen auftriigt; der andere
[ille) verrichtet die Dienste des
Mundschenk-jn , des puer a cyatho,
vgl. 159.
155 quos . . vestit = praetextatos,
die Sohne der freien Biirger, denen
nur allzu oft der jugendliche pudor
fehlt, vgl. 1, 78.'
236
IVVENALIS
nec pupillares defert in balnea raucus
testiculos, nec vellendas iam praebuit alas,
crassa nec opposito pavidus tegit inguina guto.
liic tibi vina dabit diflfusa in montibus illis,
a quibus ipse venit, quorum sub vertice lusit;
numque una atque eadem est viui palria atque ministri.
forsitan expectes, ut Gaditana canoro
incipiant prurire choro, plausuque probatae
ad terram tremulo descendant clune puellae —
et spectant nuptae iuxta recubante marito,
quod pudeat narrare aliquem praesentibus ipsis —
inritamentum veneris languentis et acres
divitis urticae, maior tamen ista voluptas
alterius sexus; magis ille extenditur, et mox
auribus atque oculis concepta urina movetur.
non capit bas nugas humilis domus. audiat ille
testarum crepitus cum verbis, nudum olido stans
fornice mancipium quibus abstinet, ille fruatur
160
165
170'
159 hinc P 163 incipiat co incipia** P
160 vel 162 vel 171 vcl 202 ponunt aut om. ?
co/T. W 166 aliquid P
165 166 post 159 vel
165 exspectant lioc P
156 jmpillares, 'minoreune', die
ruan nicht znr Entwicklung kommen
lafst, vgl. 6, 371, weshalb ein solcher
raucus ist, d. h. eine hohe Diskant-
stimme hat. Das Folgende erlautert
Mart. XIV 205 sit nohis aetate puer,
non pmmice levis.
158 nec pavidus tegit, weil er
anstiindig gekleidet ist, wahrend
die feinen Prachtsklaven in durch-
sichtiger Gaze auftraten, die die
Blofse nicht verhiillte. Dagegen
emporte sich doch mitunter das
natiirliche Schamgeffihl.
159 diffusa, vgl. 5, 30 ipse capil-
lato diffusum consule potat. Juv.
verspvichtcinfache Landweine, nicht
etwa kostbare Weine aus Suditalien
odor Griechenland, vgl. 5, 33. 13, 214.
162—182: Gegensatz der Sitten-
reinheit eines so einfach biirger-
lichen Mahles gegeniiber der Sitten-
losigkeit der vornehmen Sympoaien.
162 sq. Hamerling Ahasvor I 22:
''s ist eine junge Gaditanerin, ja
ein hesperischFriichtchenaus Hispa-
nien, das Jahr um Jahr dem kunsiver-
stand'gen Rom die fenrigschonsten
der Sylphiden sendet.' Sie leiteten
ibre Tanze mit Kisternen Gesangen
(172) ein, uud begleiteten sie mit
Kastagnetten, crusmata bei Mart.
VI 71. Gaditana (Acc.) prurire,
wie ludere convicia Mart. VII 8,
von obsconen Tanzen und Gesangen
nach Art der Gaditanerinnen, vgl.
Mart. I 35 carmina (Nom.) ^jm-
riunt, ni 63 cantica qui Nill, qui
Gaditana susurrat, VI 71 edere la-
seivos ad Baetica crusmata gestus et
Gaditanis ludere docta modis.
164 tremulus, oft von schmachten-
den, liebezartlichen Worten oder
Bewegungen, Mart. XIV 203 von
der puella Gaditana: tam tremulum
crissat, tam hlandum prurit, ut
ipsum masturhatorem fecerit Hippo-
lytum, Pers. 1, 21 tremulo scalpun-
tur intima versu.
165 u. 166 bilden eine satirische
Digressiou, in der hoc (solche Dinge)
aus quod zn erganzen ist, nnd V. 147
enthalt eineApposition zu 163—164.
— et = und in der That.
168 sq. divitis ist wahrscheinlich
verschrieben. Der Zusammenhang
erfordert einen Gegensatz zu alte-
rius sexus.
170 Vgl. 6, 63sqq. 313.
LIBKI IV SATVRA XI
237
vocibus obscaenis omnique libidiuis arte,
qui Lacedaemonium pytismate lubricat orbem;
uamque ibi fortunae veuiam damus. alea turpis,
turpe et adulterium mediocribus: liaec eadem illi
omuia cum faciaut, hilares uitidique vocautur.
uostra dabuut alios hodie couvivia ludos,
couditor lliados cantabitur atque Marouis
altisoui dubiam facientia carmiua palmam,
quid refert, tales versus qua voce legautur?
sed uuuc dilatis averte uegotia curis
et gratam requiem doua tibi: quando licebat
per totum cessare diem? uon faenoris ulla
meutio, nec prima si luce egressa reverti
uocte solet, tacito bilem tibi coutrahat uxor,
umida suspectis referens multicia rugis
vexatasque comas et vultum auremque calentem.
protinus ante meum quidquid dolet exue limen,
pone domum et servos et quidquid frangitur illis
175
180
185
190
178 faciunt 5
191 domant** P
180 coiidi***tur P condBcitur S 184 licebit pa
175 pytissare, pytisma, nvti^iiv
vom Ausspritzen des Weines durcli
die Lippen, um so seinen Geschmack
zu priifen, das Ausgespritzte selbst
hiefs pytisma, vvricfia, Vitruv. VII
4, 5 ita conviviis eonan quod pocu-
lis et pytismatis effunditur, simul-
atqiie cadit, siccescit. — Der orbis
Laced. ist das pavimentum aus ova-
len Stucken lakonischen Marmors.
176 fortunae, ''dem Reichtum.'
Selbstverstandlich ist des Dichters
Urteil bittere Ironie, wie 8, 121.
178 cum faciant: sie thun es,
heifsen aber frohliche, zierliche
Leute.
180 Zur cena -wTirde oft ein dva-
Yvc6aTT]g hinzugezogen, Kepos XXV
14 nemo in convivio (Pomponii
Attici) aliud acroama audivit quam
anagnosten, neque umquam sine ali-
qua lectione apud eum cenatum
est. Plin. ep. I 15, 2 audisses co-
moedos vel lectorem vel lyristen vel,
quae mea liberalitas, omnes. Vgl.
zu 6, 433.
181 Ebenso urteilt Quint. X 1, 85
Vergilius omnium eius generis poe-
tarum graecorum nostrorumque haud
duhie Ilomero proximus, ja Domi-
tina Afer erkliirte aaf die Frage, wer
dem Homer am nachsten komme:
secundus est Vergilius, propior tamen
primo quam tertio. Vgl. zu 6, 435.
183—208: Aufforderung an den
Freund, sich aller Sorgen zu ent-
schlagen und die bevorstehende
Festzeit dem Freunde zu widmen.
184 sqq. quando licebat: so ein
ruhiger Ferientag ist dir doch bis-
her nur selten zu teil geworden. —
Zur Sorglosigkeit gehort, dafs er
beim Dichter keine Unterhaltung
iiber Kapitalien (faenoris) u. keinen
Frauenarger finden wird, weil der
Dichter keine Frau hat. Wie solche
Frauen die Gaste qualten, schildert
6, 433. An die uxor des Persicus
zu denken ist unmoglich, selbst
wenn dieser nur ein fingierter Adres-
sat sein sollte, da ja doch der Dich-
ter sich im Kreise der Wahrschein-
lichkeit und Moglichkeit bewegen
mufs.
188 multicia, zu 2, 76. — umida,
von der Glut der Erregung.
190 protinus, 'sofort'. — Das
exuere quidquid dolet wiire nicht
moglich, wenn er nicht im Hause
des Dichters selbst Ruhe und Fric-
den finden wiirde.
238
IVVENALIS
aut perit, ingratos ante omnia pone sodales.
interea Megalesiacae spectacula mappae
Idaeum sollemne cnlunt, similisque Triumpho
praeda caballorum praetor sedet, ac mihi pace
immensae nimiaeque licet si dicere plebis,
totam hodie Romam circus capit, et fragor aurem
percutit, eventum viridis quo colligo panni.
nam si deficeret, maestam attonitamque videres
hauc urbem veluti Cannarum in pulvere victis
consulibus. spectent iuvenes, quos clamor et audax
sponsio, quos cultae decet adsedisse puellae:
nostra bibat veruum contracta cuticula solem
195
200
199 videret P 200 victi P corr. p 202 ac sedisse P
193 sq. spectacula sind die Schau-
pliitze im Cirkus, dann das in diesen
befindliche Publikum. Dieses ge-
hort der megalesischen Fahne an,
ist durch diese herbeigezogen und
versammelt oder auch ihr ergeben,
auf sie gespannt. Denn wenn das
Rennen beginnen sollte, so gab der
vorsitzende Prator das Zeichen, in-
dem er ein weifses Tuch {mappa)
von seinem Balkon, oberhalb des
Hauptportals , in die Bahn hinab-
warf. — Die Megalesia (6, 69), zu
Ehreu der Mayna Mater oder Idaea
Mater, wurden im April gefeiert,
anfangs pridie Idus (12. April),
spater jiridie Nonas {A. A\n-i\), dauer-
ten aber mehrere Tage nachein-
ander. Es fanden ludi scaenici und
circenses statt. Die Wagenrennen
bildeten den Schlufs. tJber den
Triumphalornat des Prator vgl. zu
10, 36. — Der xnaetor ist praeda
(Paronomasie) caballoriim , weil er
genotigt ist, fiir die Preise der
siegenden Rosse zu den Staats-
spenden so viel zuzuschiefsen, dafs
er dadurch ruiuiert wird, Mart. IV
67 praetor ait 'scis me Scorpo
(Wagenlenker) Thalloque daturum,
atqiie utinam centum milia sola da-
rem.^ Die abgehetzten Pferde der
Sieger nennt auch Martialis cahalli.
196 Rom war damals eiue so
aufserordentlich ausgedehnte und
volkreiche Stadt, dafs es vermessen
erscheiuen mufste zu sagen, ganz
Rom umschliefse der Cu-kus oder
die ganze Stadt sitze im Cirkus.
Er fafste zu Casars Zeit 150 000
Menschen, und unter Vespasian
werden 250 000 Sitzplatze ange-
geben. Domitian begann einen Neu-
bau, der unter Trajan beendet wurde,
vgl. Friedlander S.-G. IT 284.
198 colligo, denu das Haus des
Dichters war noch in der Stadt.
Der Siegeslarm durchhallte dieStadt
und mochte auch in der Umgebung
Roms weithinvernehmbar sein. Uber
die Fraktionen und Farben des Cir-
kus vgl. 7, 114.
199 erinnert an die Worte des
Livius XXH 54, 8 numquam salva
urbe tantum pavoris tumuUusque
intra moenia Romana fuit.
202 Ovid am. HI, 2 iu cursus
spectas, ego te; spectemus 'utcrque
quod iuvat, atqiie oculos pascat
uterqice suos. tu tamen a dextra,
quicumque es, parce puellae: con-
tactu lateris laeditur ista tui. tu
quoque, qui spectas post nos, tua
contrahe crura, si pudor est, rigido
nec preme terga genu. trist. II 284
tollatur circus! non tuta licentia
circi est: hic sedet ignoto iuncta
puella viro.
203 contracta cutis von der be-
reits alteren, nicht mehr jugendlich
elastischen Haut. Altere sonnten
sich gern, Pers. 4, 18 quae tibi
summa boni est? uncta vixisse pa-
tella semper ct adsiduo curata cuti-
cula sole, Hor. ep. I 20, 24 solibus
aptus. — Bei den Spielen durften
die Zuschauer nur in der Toga er-
scheinen, vgl. 3, 171.
1
A
LIBRI IV SATVRA XU
2?,n
eftugiatque togam. iam nunc in balnea salva
fronte lieet vadas, quamquam solida hora supersit
ad sextam. facere hoc non possis quinque diebus
continuis, quia sunt talis quoque taedia vitae
magna; voluptates commendat rarior usus.
SATVRA XII
Natali, Corvine, die mihi dulcior haec lux,
qua festus promissa deis animalia caespes
expeetat niveam reginae ducimus agnam,
par vellus dabitur puguanti Gorgone Maura,
sed procul extensum petulans quatit hostia funem
Tarpeio servata lovi froutemque coruscat,
205
205 quam quod P 208 parior 19
XII 2 diis P 4 purante P rasa
204 salca fronte, 'ungeocheut'.
205 Hier darfst du schon in der
funft^n Stunde (11—12 Uhr) baden,
wiihrend es sonst erst nach der
achten Stunde (uru 2—3 Uhr) iib-
lich war. Frennde pflegten vor dem
gemeinsamen Essen auch mitein-
ander zu baden.
Sat. XII.
Die Satire enthalt einen Brief des
Dichters an seinen, uns sonst nicht
bekannten Freund Corvinus. Er
beschreibt das Opferfest, das er au.s
Freude iiber die wunderbare Er-
rettung seines Freundes Catullus
aus einem Schiffbruch gelobt und
veranstaltet habe. Aber sein Fest
und sein Opfer diirfe nicht den Arg-
wohn der Erbschleicherei erregen,
denn Catullus habe drei natiirliche
Erben. Damit wird die Epistel
eine Satire gegen die damals noch
immer herrschende Unsitte der Erb-
schleicherei.
1 Klarer ist derselbe Gedanke
bei Horat IV 11, 17 iure sollemnis
mihi sanctiorque paene natali pro-
prio, quod ex hac luce Maecenas
meus affluentis ordinat annos und
in dem schonen Gedicht der Sul-
picia bei Tibull. IV 5, 1 ausgedriickt :
qui mihi te, Cerinth^, dies dedit,
hic mihi sanctus atque inter festos
seinper hnhendus erif. Boi .Jnv. ver-
milat man die sofortige Angabe,
warum dieser Tag fiir ihn noch
wertvoller sei als selbst der eigene
Geburtstag. V. 2 besagt nur, dafs
er voti damnatus sei; also ist der
Gedanke: Der heutige Tag, an dem
ich den Gottern fiir Erfiillung mei-
nes Gebetes danke, ist mir noch
lieber als selbst mein Geburtstag.
2 Das Opfer wird den drei kapito-
linischen Gottheiten im Freien (85sq.)
dargebracht, daher der Opferaltar
aus Rasenstiicken {caespes), wie bei
Hor. I 19, 3 u. II l 8, 4 positusque
carbo in caespite vivo.
3 niveam, weil man den himm-
lischen Gottern weilse, den unter-
irdischen schwarze Tiere zu opfern
pflegte, luyio Begina war der Knltus-
name der kapitolinischen .luno.
4 par vellus gehort dem niederen
Stile an, ebenso Gorgone Maura
(abl. instrum.) fiir aegide, Prop. V
9, 58 magno Tiresias aspexit Pal-
lada vates, fortia dum posita Gor-
gone membra lavat, was schon edler
klingt, weil Maura fehlt.
6 Da mons Tarpeius der iiltere
Name fiir mons Capitolinus war,
so gebrauchen die Dichter mit Vor-
liebe {luppiter) Tarpeius fiir Capito-
Unus, Prop. V 1, 7 Tarpciusqus
pater, V 4, 1 Tarpeium neums, IV
11, 45 Tarpeio saxo. Juv. G, 47 Tar-
peium limen adora. — coruscare
(von coi'uscus, zuckend, blitzond),
intr. zucken, blitzen, trans. heftig
240
IVVENALIS
quippe ferox vitulus templis maturus et arae
spargendusque mero, quem iam pudet ubera matris
ducere, qui vexat nascenti robora cornu.
si res ampla domi similisque affectibus esset,
pinguior Hispulla traberetur taurus et ipsa
mole piger nec finitima nutritus in berba,
laeta sed ostendens Clitumni pascua sacri
Vmber et a grandi cervix ferienda ministro,
ob reditum trepidantis adhuc horrendaque passi
nuper et incolumem sese mirantis amici.
nam praeter pelagi casus et fulmiuis ictus
evasit. densae caelum abscondere tenebrae
nube una subitusque antemnas inpulit ignis,
cum se quisque illo percussum crederet et mox
attonitus nuUum conferri posse putaret
uaufragium velis ardentibus. omnia fiunt
10
15
20
8 ubera matris om. P add. p
Vmber W: iret Pw a om. P
13 sacri W sanguis Pa 14
bewegen, ziickeu, z. B. ignem, lia-
stam, mucronem, aber nur von
schimmernden, blitzenden Dingen,
wozu aucli die frons des jungen
Tieres gehort. Die Kleinmalerei ist
ilhnlich wie bei Hor. III 13, 4—8
u. IV, 2, 55.
8 spargendus, zu 10, 331. Verg.
IV 61 candentis vaccae media inter
cornua fundit pateram, Ov. m. VII
594 in der Schilderung der Pest:
admoti quotiens tempilis, dum vota
sacerdos concipit ct fundit purum
inter cornua vinum, liaud expectato
ceciderunt vulnere tauri.
9 qui, ^md das', dem vorherr-
schenden Sprachgebrauch gemiifs
fiir et qui.
10 sq. affcctus = amor (G, 214)
erst in der silbernen Latinitiit; der
intensive Plural bezeichnet die
starke, innige Liebe. — Hor. IV 2,
53 te decem tauri totidemque vac-
cae, me tener solvet viiulus, II 17,
30 nos humilem feriemus agnam.
13 Die vom Clitumnus durch-
stromten Triften Umbriens waren
durch die Herden grofser und weifser
Stiere beriihmt, Claud. XXVIII 506
quin et Clitrimni sacras victoribus
undas, candida quae Latiis prachcrit
armenta triumphis (vgl. 10, 66);,
visere cura fuit. Der Flufsgott Cli-
tumnus hatte auch seine Kapelle,
Plin. ep. VIII 8, 5 adiQcet tem-
])lum priscum et religiosum: stat
Clitumnus ipse amicius ornatusque
praetexta, praesens numen atque
etiam fatidicum indicant sories.
14 Vmher, Prop. IV 22, 23 hic
Anio Tiburne fluis, Clitumnus ab
Vmbro tramite. Der Umber an sich
war stark und kriiftig {varicus),
daher a grandi cervix ferienda
magisiro.
17 et fulminis ictus, 'auch dem
heftigen Blitzschlag'. Die ictns
wiederholen sich in der Nahe und
Ferne, daher der Plural.
19 nube una, Verg. I 88 eripiunt
subito nubes caelumque diemque Teu-
crorum ex oculis, ponto nox incu-
bat atra, III 198 involvere diem
nimbi et nox umida caelum abstulit,
ingeminant abruptis nubibus ignes.
20 et mox, als sie sich von dem
Schrecken erholt hatten.
22 omnia fiunt, iiberhaupt ge-
schieht alles, qualia wie es eben
der Fall zu sein ptlegt, wenn in so
ernster Weise (wie in diesem wirk-
lichen Unfall) ein poetisches (bei
Dichtern) Unwetter sich erhebt, d. h.
alle Uinstiinde erfolgten in iiufser-
ster, nur deukbann- Weise. Die
Einfiihrunsr einer Vergleichung mit
LI15R1 IV SATVKA XII
241
qualiii tam graviter si quaiulo poetica surgit
tempestas. geuus ecce aliud discrimiuis audi
et miserere iterum, quamcjuam siut cetera sortis 25
eiusdem pars dira quidem, sed coguita multis
et quam votiva testautur laua tabella
l)lurima; piotores quis uescit ab Iside pasciV
accidit et similis uostro fortuua Catullo.
cum pleuus iluctu medius foret alveus et iaui 30
alteruum puppis latus everteutibus uudis
arboris iucertae uutu prudeutia caui
rectoris uou ferret opem, decidere iactu
eoepit cum veutis, imitatus castora, qui se
euuuclium ipse facit cupieus evadere damuo 35
23 talia Ptu corr. W quam quando Schurtzfleisclt 24 tempe-
statis P rasa idtima si/llaba 29 nos nostiorf similis P 32 aiboris
incerto ? uutu W nuUam Fw 33 non ferret ]\': conferet 1' cum
ferret w
qualis, auch ohne Verb, ist bei Vergil
sehr haufig, vgl. U 223 clamores
tuUit, qualis mujitus, fugit cum
sauciu6 taurus, 111 67y qxdules, cum
vertice cclso acriae queixus consti-
terwnt, silva alta lovis lucusve iJia-
nae, Lucil. Vll 16 (M.) qiieis oculi
non sunt neque nasura et qualia
sanis.
24 sq. Sturm,- Blitz und Feuer
waren iiberstanden: da {eccc) kam
noch eine andere {aliud) Gefahr,
die besouderer miseratio {miserere
iterum) wert ist. Mit ecce alius (5,
67) wu-d wie sonst mit nam (1,
30. 6, 487) ein neues Moment der-
selben Sache eingefiihrt. Indessen,
weun ich auch wiederholt iniseratio
fjrdere, was in dieser Lage {sortis
eiusdem) sonst noch erfolgte {cetera),
ist zwar an sich sehr traurig, aber
es sind das doch nur Kalamitaten,
wie sie viele erfahren haben. Eine
solche Kalamitat erlitt auch CatuU,
uamlich den Verlust seiner Giiter
und die momentane Angst, dennoch
in den Wellen das Leben zu ver-
lieren. L)ie llauptsache bleibt dem
Dichter das Einschlagen des Blitzes
und der Braud der Segel. Das
iibrige, waa noch folgte, verdient
zwar auch alle Teilnahme, es ist
aber doch nicht von dem Mils-
geschick verschieden, das gar viele
erduldet haben. Es enthillt dem-
nach quamquam eine Correctio, die
lV"VIi.-.AI-lb SAIVltAE.
das genus ecce aliud und miserere
iterum ihrerseits mildert.
30 sqq. et iam ist mit non ferrct
opem, mit aUcrnum (bald rechts bald
links) evertentibus (iiberwaltigen)
undis zu verbinden: Folge der eversio
lateris ist das Hin- und Herschwan-
ken des Mastbaumes {arboris nutus),
und dieses ist wieder der Grund,
weshalb eine Wirkung des Steuer-
ruders unmoglich wird, das Schiff
erscheint schwerlallig und uobe-
weglich fiir die Leukung. Man
sucht daher, um das Sinken zu ver-
meiden, es durch Abwerfen {iactus)
des Ballastes zu erleichtern. Da-
durch aber wird das Schwanken
nicht beseitigt. Man schritt des-
halb, um auch dieses Hindernis des
Vorwartskommens zu beseitigen, zu-
letzt zum Kappen des Mastes, 53
bis 54.
33 decidere, ''sich vergleichen, ab-
finden', urspr. mit dem Gliiubiger,
Senec. dial. XI 12, 1 pro omniuvi
horuvi salute hac tecum poitione
(Abfindungssumme) fortuna dccidit,
Mart. IX 3 et non erit uncia tota,
deculat tecum qua pater ipse deum.
35 'Was Juv. vom Biber erzlihlt,
ist eine Fabel, wurde aber noch
im 17. Jahrhundert geglaubt. Dazu
kommt, dafs nicht einmal die
testes Sitz des Bibergeils siud, son-
dern dasselbe bei beiden Geschlech-
tern in besonderen Sacken, aller-
16
242
IVVENALTS
testiculi; adeo niedicatum intellegit inguen.
^fuudite quae mea sunt' dicebat '^cuncta' Catullus
praecipitare volens etiara pulclierrima, vestem
purpuream teneris quoque Maecenatibus aptam,
atque alias, quarum generosi graminis ipsum
infecit natura pecus, sed et egregius fons
viribus occultis et Baeticus adiuvat aer.
ille nec argentum dubitabat mittere, lances
Parthenio factas, uruae cratera capacem
et dignum sitiente Pholo vel coniuge Fusci;
adde et bascaudas et mille escaria, multum
caelati, biberat quo callidus emptor Olynthi.
40
45
36 testiculi ? Servius: testicul P testiculorum co 37 catullis P
38 volens om. P add. p 42 adiuvabit P rasa syllaba ultima 4.3
dubitat P 44 parthenios P 46 mascaudas P 47 quod P
pallidus P
dings neben den Gesclilecbtsteilen
liegend^ abgesondert ist.' Siebold.
36 testiculi: der Hiatus an dieser
Stelle nur hier. Vgl. 110. — Sub-
jelit zu intellegit ist castor; medi-
catum von medicare, 'mit Heilkraft
versehen', Verg. XH 418 hoc fusum
Jahris splendentibus (der Venus)
amnem inficit occulte medicans.
37 dicebat: Das Imperfekt ver-
setzt uns in die Situation, wie
CatuU fort und fort drangt, ein
Stiick um das andere abzuwerfen.
CatuU selbst ist nicht weiter be-
kannt, vgl. 93 sq.
39 Vgl. zu 1, 66.
40 sq. atque alias, sc. vestes. —
Generosi graminis ist Qualitatsgene-
tiv zu pecus, vgl. Hor. s. II 4, 31
non omne mare cst generosae fertile
testae. — Pecus fiir vellus (Vliefs) ist
kiihn, aber nicht auffallender als
4 par vellus fiir agna. Beides ge-
hiirt zur humoristischen Maske des
Satirikers. — Das edle oder viel-
mehr edelgenahrte Tier hat an sich
von Natur seine glanzende gelb-
braune Farbe (Mart. IX 61 von Cor-
duba: vellera nativo pallent ubi flava
metdllo , XII 98 aurca qui {Baetis)
nitidis vellera tinguis aquis), d. h.
erhiVlt die Farbe mit der Nahrung,
ist mit der Farbe geschaften, aber
diese natiirliche Farbe wird doch
auch dnrch Luft und Wasser der
Gegend des Guadalquivir (Baetis)
bedeutend gehoben.
43 sq. lances — factas, silberne
Schiisseln mit erhabener Arbeit,
denn von Parthenius bemerkt der
Scholiast, dafs er- caelator gewesen
sei. Oder sollte der prunkliebende
Giinstling und Kammerer des Do-
mitian (Mart. IV 45) gemeint und
Parthenio 'iiiv einen Parthenius' zu
erklaren sein?
44 urnae capacem, wie 6, 426
oenophorum sitiens, plena quod ten-
ditur urna. — Verg. georg. il 455
Bacchus et ad culpam causas dedit;
ille furentis Centauros leto domuit,
Phoetumque Pholumque et magno
Hylaeum Lapithis cratere minantem.
Darstellungen aus diesem Sageo-
kreis waren auf deu Giebelfeldern
antiker Tempel nicht selten, und
so waren auch die einzelnen Ge-
stalten der Lapithen- und Cen-
taurenschlacht wohl bekannt.
45 coniuge Fusci, vielleicht die
6, 320 u. 9, 117 erwahnte Saufeia.
46 hascaudas, Schol. vasa ubi ca-
lices lavantur, wiihrend der Zusatz
et caccabos das Wort escaria (sc.
vasa) zu erklilren scheint. Zur ba-
scauda bemerkt Mart. XIV 99 bar-
bara de pictis veni bascauda Bri-
tannis, ^sed me iam mavult dicere
Poma suo.m.
47 Cic. Att. I 16, 12 Philipjms
omnia castella expiignari p)0sse dice-
LIBRI IV SATVRA XII
243
sed quis nuuc alius, qua muuili parte quis audet
argento praeierre caput rebusque salutemV
nou propter vitam iaeiuut patrimonia quidaui,
sed vitio caeci propter patrimouia vivunt.
iactatur rerum utilium pars maxima, sed uec
damna levaut. tuuc adversis urguentibus illuc
reccidit, ut malum ferro summitteret, ac se
explicat augustum: discriminis ultima, quando
praesidia adferimus navem factura minorem.
i uuuc et ventis animaui committe dolato
coufisus ligno, digitis a morte remotus
quattuor aut septem, si sit latissima taeda;
50
55
54 recidit P hac ?
bat, in qnac modo aseUus onustus
auro posstt cscetidcrc, und Hor. III
16, 13 auro diffidit urlium portas
vir Macedo. Die Namen Lasthenes
und Eutbykrates waren aus der
Rhetorschale wohl bekannt.
48 — 51: sed bricht ab und fiihrt
in schrotfer Weise zu einer sati-
rischen Digression iiber. — rebus,
Mem Eigentum'. — facere patri-
monium , 'ein Vermogen schaffen',
das den Erben hinterlassen wird,
wie rein facere .bei Boraz oder 14,
326 sume duos equites, fac tertia
ciuadringenta. — vitio caeci = cupn-
ditatc adquirendi caeci. — quidam,
wie das homerische zig neben eiaer
iterativen Verbalform, gar manche,
recht viele, vgl. 3, 281 quibusdam
somnum rixa facit. Wenn aufser
CatuU kaum einer es wagt, das
Geld btatt das Leben wegzuwerfen,
so geht daraus nicht hervor, dafs
alle Vermogen erwerben oder dafs
alle nui um des Vermogens willen
leben. Die Zahl solcher avari ist
immer geringer, aber doch zahl-
reicher als Manner wie CatuUus.
Das Vermogen erworben zu haben,
um es kalten Blutes ins Meer zu
werfen, ist doch etwas anderes.
52 res utiles, nicht blofs utensilia,
d. h. allerleiVerbrauchsgegenbtiinde
desLebens, sondernviberhauptpreis-
wurdige und wertvoUe Dinge.
54 reccidit: schon vor dem Ab-
werfen des Ballastes lag es wegen
•der SchwankungendesSchiffesnahe,
den Mast abzohauen, man that es
aber nicht, weil man doch mit dem
Mast sicherer den Hafen erreichen
zu konnen glaubte. Jetzt da das
andere Mittel nichts half, kam man
doch, ohne es zu wollen, wieder
auf die erste Frage zuriick, ob man
nicht den Mast abhauen sollte.
55 angustum, 'in der Enge, in
der Not befindlich'. Der Ausdruck
ist entlehnt von Trnppen, die in
einer Enge oder im Kampfe ein-
geschlossen sich nicht mehr frei
machen konnen, oder deren Be-
wegung gehindert ist, vgl. Ruhn-
ken ad Terent. heaut. IV 2, 2. —
Auch se explicare ist entsprechen-
der Militiirausdruck vgl. Caes. civ.
III 93, 3 equites Jiostis acrius itistare
et se turmatim explicare acicmque
noiitram a latere circumire coeperunt.
56 factura, 'machen sollen', not-
wendig machen, wie 1, 18 periturae
cliaitae, zu 10, 8 u. 49. 9, 58 vic-
turo musto, der erst spiit getrunken
werden soll. Das Versmafs be-
gunstigte den Gebrauch des parti-
cipialen Futurs statt des Prasens
oder eines Adjektivs.
58 confisus: Der Vokativ ware
hier unmoglich; er wiirde bcdeuten:
du, der du vertraust, wie 6, 277
quae scripta et quot lecture tabellas.
59 Bekanntes Sprichwort des
Ana^charsis bei Diog. Laert. 1 8, 5
(lud^cov TitzaQug duvirvXovg sivai xo
nuxog T^s vtcog, togovzov ifpr^ rov
&uvurov rovg JiXtovrag unif^iiv.
Vgl. 14, 289. — taeda, 'Holz'.
16=^
244
IVVENALIS
mox ciim reticulis et paue et ventre lagonae 60
respice sumeudas iu tempestate secures.
sed postquam iacuit plauum mare, tempora postquara
prospera vectoris fatumque valentius euro
et pelago, postquam Parcae meliora benigna
peusa mauu ducunt liilares et staminis albi 65
lanificae, modica nec multum fortior aura
ventus adest, inopi miserabilis arte cucurrit
vestibus extentis et quod superaverat unum,
velo prora suo. iam deficientibus austris
spes vitae cuni sole redit. tunc gratus lulo 70
atque novercali sedes praelata Lavino
conspicitur sublimis apex, cui candida nomen
61 respice lahn aspice Pa 71 Lavinio A. de Rooy
61 respicere (nicht aspicere) steht
oft im Sinne von circumspicere oder
providerc aliqtiid.
62 — 67: Der einfache Gedanke,
^nach dem das Unwetter sich ge-
legt hatte' wird weit und breit
ausgefiihrt, um kund zu thun, dafs,
was Menschenkunst und Menschen-
weisheit vergebens erstrebte, der
Schiffer durch ein plotzliches, guu-
stigeres Geschick erreichte. Wie
das Meer vorher wild aufgeregt
war, ist es jetzt plotzlich eben und
ruhig {iacuit planum) ; wie die Lage
{tempora) des Schiffers vorher ge-
triibt und gefahrdet war, ist sie
jetzt gluckverheifsend ( prospera )
und iiber die Elemente erhaben {va-
lentius), und je feindseliger vorher
Sturm und Wellen erschienen, um
so fi-eundlicher zeigen sich jetzt
die freundlichen Parzen: der Wind
ist jetzt eine angenehme Luftbe-
wegung {aura) gegeniiber dem iiber-
standenen Ungewitter. Ubrigens
liebt Juv. eine rhetorische Haufung
der Vordersatze, vgl. 3, 26—28. 7,
53—56. 13, 38—52.
64 sq. meliora pensa ducunt, spin-
ncn ein besseres, gliicklicheres Ge-
schick zu, vgl. 3, 27 dum Lachcsi
superest quod torqueat. lanificae
staminis albi entspncht dem hilares
als zweites Attribnt der Farcae:
heiter und einen gliickverheifseu-
den Faden an der SjDindel drehend
= hciter und Gliick bereitend ; denn
stamcn ist der Lebeusfadeu und dann
das Leben selbst, vgl. 10, 252 nimio
de stamine (eigentlich Aufzug, von
dem immer noch ' superest quod
torqueaf).
68 Tac. II 24 vom Schiffbruch
des Germanikus: tandem secundante
vento claudae naves raro . remigio
aut intentis vestibzis revertere.
69 velo prora suo: das kleinste
Segel auf dem Vorderteile {dolon)
war noch geblieben, die Segel am
Mast waren verbrannt (22). — iam
ist eng mit deficientibus austris zu
verbinden, weil wegen V. 66 der
Satz keineu Fortschritt, sondern
nur einen Kiickblick auf das Er-
ziihlte enthalten kann.
71 sq. sedes, 'als Wohnstatte' wird
der mons Albanus {sicblimis apex)
von Iidus dem stiefmiitterlichen
Lavinium, das in der Ebene lag,
vcrgezogen, eben weil er sublimis
ist. Es verbindet atque die beiden
Adjektiva gratus und subtimis, wah-
rend sedes — praelata subordinierte
Nebenbemerkung ist. Die Form
Lavinum fiir Lavinium kommt nur
hier vor, Lavinus dagegeu ist auch
fiu- Verg. I 2 bezeugt und wahr-
scheinlich auch Prop. III 34, 64 in
iactaque Lavinis moenia litoribus.
— candida, d. h. atba , vgi. Verg.
VIII 81 ecce autem subitum atque
oculis mirabile monstrum, candida
per silvam cum feta concolor albo
procubuii viridique in litore con-
spicittir sus; qium pius Aencas tibi
cnim {aoiys Sij), tibi, maxima luno,
LlDRl IV SATVRA XII
'245
scrofii dodit, laetis riirygibus uiiserabile sumen,
et nuinquam visis triginta clara mamillis.
tandem intrat positas inclusa per aeqora moles
Tyrrhenamque pbaron porrectaque braccbiu rursuni,
quae pelago occurrunt medio longeque relinquunt
Italiam; non sic igitur mirabere portus,
quos natura dedit. sed trunca puppe magister
interiora petit Baianae pervia cumbae
tuti stagna sinus. gaudent ibi vertice raso
garrula securi narrare pericula nautae.
80
73 miserabile PS: mirabile <oS
Scrvius relinqu*t P 81 ubi co
77 curruiit P: occurunl itiain
mactat sacra fercns et ciim grcge
sistit ad aram.
73 Die scrofa gewahrt ein sumen,
weil sie ereopferl wurde; fiir die
erfrenten Troor war das siimen frei-
lich nur 'klaglich^
74 numqnam visis, i. e. mc antea
neqxie postea, bildet elne ironische
Begrundung des clara. In Wahr-
heit hatte der mons Albanus seinen
Namen von den schimmernden
Kreidefelsen, und nach ihm wurde
die Stadt Alba Longa benannt.
75 Weil die Munducg des Tiber
im Laufe der Zeit versandet war,
so dafs die Schiffe in Ostia nicht
mehreinlaufen konnten und meistens
auf der See vor Anker gehen mufs-
ten, 80 liefs Claadius vom rechten
Ufer des Flusses aus, ein wenig
oberhalb des verlassenen Hafens,
ein neues Bett graben und mit
Hulfe zweier weit hinaus in die
See gefuhrten Damme einen kiinst-
Ijchen Hafen bauen. Die Einfahrt
wurde durch einen Leuchtturm er-
hellt, 30 dafs die Schiffe Tag und
Nacht einen bequemen Ankerplatz
fanden. Das Unternehmen hatte
bereits Julius Casar geplant, aber
wegen seiner Schwierigkeit wieder
aufgegeben.
76 porrecta rurstim, 'die ruck-
warts laufenden Arme', Snet. 20 cir-
cumducto dextra sinistraque hrachio
et ad introitum mole ohiecta pro-
fundo iam salo.
78 Dafs mens;hliche Kunst die
Schopfungen der Natur noch uber-
treffe, ist ein ekstatisches Urteil
der Bewunderung, wie Anson. epigr.
64 (Weber) beim Anblick der Kuh
des Myron ausruft: nec sunt facta
dei mira sed artificis, oder: fingerc
nam similem vivae quam vivere
plus est.
80 interiora stagna, wahrschein-
lich ein Werk des Trajan, vgl.
Schiller K.-G. I 567. — cionbae, denn
in den Tiber aufwarts konnten nur
kleinere Fahrzeuge gelangen, die
von ^Menschen oder Pferden den
Strom hinauf gezogen wurden. Das
Schiff des Catull war jetzt so leicht
wie die Luxusbarken von Bajae im
Lucrinersee.
81 vertice raso, denn es war Sitte,
dafs die aus einem Schiffbruch Ge-
retteten, wenn sie ans Land kamen,
sich das Haar abnehmen liefsen,
um ihr Ungliick jedermann sichtbar
zu machen. Neugierige oder Teil-
nehmende traten dann zu ihnen
und liefsen sich ihre Abenteuer er-
ziihlen, Lucian merc. cond. 1 oloi
slaiv 01 TtQog rotg legorg £t,voTj-
lifvoL Tug KSfulug, cvvduu noV.ol
rag XQLV.vutug ■kul ^ulug y.ul uy.QCo-
TiqQia v.ul iv.^oXug v.ul LCtoi v.XuCcLg
v.ttl TtrjdaXLcav UTtoy.uvXLCsig Sit^i-
ovrsg.
82 garrula pericula, 'die ge-
Bchwatzigen Abenteuer', die uner-
schopflichen Stoff der Schwatzhaf-
tigkeit bieten, wie 13, 93 irato
feriat mea htmina sistro, 13, 229
vigili cum febre, 14, 10 cana mon-
strante gula, 15, 51 ieiunum odium.
246
IVVENALIS
ite igitur, pueri, linguis animisque faveutes,
sertaque delubris et farra inponite eultris
ac mollis ornate focos glaebamque virentem.
iam sequar et sacro, quocl praestat, rite peracto
iude domum repetam, graciles ubi parva coronas
accipiunt fragili simulacra nitentia cera.
hic nostrum placabo lovem Laribusque paternis
tura dabo atque omnis violae iactabo colores.
cuncta nitent, longos erexit ianua ramos
et matutinis operatur festa lucernis.
00
86 peracto pco; peractum P 92 operantur P
83 — 92: Die Aufforderung an die
Dienerscbaft und die Bereitwillig-
keit des Herrn zur Ausfiihrang des
Opfers kniipft nur lose an den An-
fang der Epistel an, und fiigt sich
in ihrer dramatischeu Form nicht
recht der Anrede des Corvinus im
ersten und letzten .Teil.
83 Um das Opfer nicht zu storcn,
sollen die Anwesenden sich vor
Ungliick bedeutenden Worten und
Gedanken wahren, d. h. andach-
tige Stille beobachten. Gewohnlich
wird svqirjfislv mit linguis favere
wiedergegeben. Der Zusatz von
animisque ist Ovid m; XV 677 nach-
geahmt: deus en, deus en! animis
Hnguisque favete, wo die Voran-
stellung von animis durch deus cn
motiviert ist.
84 serta imponere = sertis ali-
quid velare. Beim Opfer pflegten
die Teilnehmenden sich und das
Opfergerate mit Blumen, frischen
Zweigen und wollenen Binden zu
bekranzen, vgl. 6, 391 vclare caput,
und 6, 50 Cercris vittas contingere.
— farra, d. h. molam salsam, womit
die Opfermesser und Opfertiere be-
streut wurden.
85 mollis, weil mit den vittac
umwunden (also proleptisch) , vgl.
Verg. ecl. Vni 64 et molli cinge
haee altaria vitta. Prop. V 6, 6 tcr-
que focum cirea laneus orbis (Guir-
lande) eat.
86 sacro quocl praestat, das Haupt-
opfer, welches den kapitolinischen
Gottheiten dargebracht wird, 3—9.
87 graciles coronas, wie 9, 137
0 parvi nostriquc Larcs, quos ture
minuto aut farre et tenui soleo ex-
orare corona. Blutige Opfer wur-
den den Laren nicht dargebracht.
88 nitentia cera, denn die Laren-
bilder wurden zum Feste gereinigt
imd mit Wachsfirnis glanzend ge-
macht. — facili, 'geschmeidig'.
89 Jiic, im Hause. — noster lup-
2nter ist der vornehmste lar fami-
liaris, der Stiftet und Patriarch des
Hauses, wie der Juppiter Capito-
linus zugleich der hochste Lar des
Staates war, vgl. Rubino, Vor--
geschichte Italiens 197 sq.
90 omnis violae, Schol.: violae
multorum colorum sunt, purpureae
cdbae aureae {luteae).
91 Vgl. 10, 65 pone domi laurus,
und zu 6, 51. 79. 227. 9, '85. Bei
jedem Freude- und Opferfest war
es Sitte die Thiiren mit Blumen-
gewinden zu zieren.
92 Bei grofseren Festen wurdc
die Thtir des Hauses schon vor
Tagesanbruch erleuchtet, Tertnll.
apol. 35 cu,r die lacto non laurcis
postes obumhramus ncc lucernis
dieni infringimus? Lucernis ist Ab-
lativ und von festa abhangig, da-
gegen steht der sakrale Ausdruck
opercdur absolut, Non. p. 523: ope-
rari est deos religiose [colere) ct
cum summa veneratione sacrificiis
litare, hier also: bezeugt ihre Ehr-
furcht (Freude) im festlichen Friih-
schrauck der Lampen.
93 ---130: Aber meine Freude
und mein Aufwand ist nicht etwa
bei-echnende Erbschleicherei, dic
leidereinederverachtlichstenKrank-
LlBKl IV SATVUA Xll
247
no suspecta tibi siut luioe, Corviue, Catullus,
pro cuius reditu tot pouo altaria, parvos
tres habet heredes. libet expectare, quis aegraiu
ot claudeutem oculos gallinaui iupeudat amico
tam sterili, verum haec uimia est iupeusa, coturuix
uuUa umquam pro patre cadet. sentire calorem
si coepit locuples Gallitta et Pacius orbi,
logitime fixis vestitur tota libellis
porticus, existuut qui promittant hecatombeu,
quatenus hic uou suut uec veualos elejihanti,
nec Latio aut usquam sub nostro sidore talis
belua concipitur, sed furva gente petita
arboribus Rutulis et Turni pascitur agro,
Caesaris armentum, nulli servire paratum
])rivato, siquidem Tyrio parere solebant
Hannibali et uostris ducibus regique Molosso
horum maiores ac dorso ferre cohortes.
05
100
105
93 ucc P(o corr. Lachmann 104 fulva P lOi) cohortis P
heiten unserer Zeit ist, sondern
interesselose Freundesliebe.
93 Zu dem Finalsatz ist im
Deutschen der eigentliche Haupt-
satz (scito, dico tibi) zu ergiinzen,
wie Hor. ep. I 12, 24 ne tamcn
ifinores, qiw sit Pomana loco res:
Cantaber Agrippae, Claudi virtute
Ncronis Armen ius cecidit, vgl. Kr iiger
L. Gr § 596 n. 3. Der hier abge-
wehrte Argwohn war in jener Zeit
leider nur gar zu natiirlich.
95 tres heredes, zu 9, 90.
96 VgL 13, 233 laribus cristam
]/romi(tere (lalli non axident, Luc.
lupp. trag. 15 klagt Zeus iiber einen
aus dem Sturm gerettetenvarux^Tjpos'
t'ii-iiaidiKcc Q^iovg tcriav aXfntQvovK
(iovov y.uzi&vas , ysgovru v.uy.iCvov
tjdr] y.al y.oov^covra (rotzig). — clau-
dentem oculos, 'blind'.
97 verum: aber nein, das ware
noch ein zu grofses Opfer; denn
verum bedeutet urspriinglich: 'abcr
in Wahrheit', vgL Hor. s. H 3, 205.
98 pro patre, fiir einen der Kin-
der hat (14, 45 limina intra quae
pater est), den man also nicht be-
erben kann.
99 Gallitta nnd Pacius sind nicht
weiter bekannt.
100 libellis = votorum tdbulis,
Suet. Aug. 97 vota, quae iyi jjroxi-
mum lustrwn suscipi mos est, col-
lcgam suum J^ibcrium. nuncupare
iussit: nam se, quamquam conscriptis
p)aratisque ium tabuUs, negavit sus-
cepturum quac non esset soluturus.
Es ist wahrscheinlich eine der viel-
besuchten Portiken oder Spazier-
hallen des Marsfeldes, d. h. der
Tempel im Marsfelde, zu verstehen.
101 hecatomben von Stieren (Hor.
III 14, 7 non si trecenis places Plu-
tona tauris), ja wenn es moglich
wLire, von Elefanten.
104 Der Abl. bezeichnet den Ort,
von dem her etwas koninit, Verg.
georg. II 130 auxilium venit «c
membris agit atra venena, Hor. s.
II 2, 120 2)iscibus urbe xtctitis, Verg.
XII 516 fratrcs Lycia missos ct
Apollinis arvis.
106 Das Jagdrecht war im romi-
schen Reiche unbeschrlinkt, nur
der Besitz von Elefanten war ein
ausschliefslich kaiserliches Vorrecht
(armentum Caesaris), Vopisc. Aurel.
5, 6 donatus eidem {a rege Persa-
rum) elephantus praecipuus , quem
ille imperatori obtulit, sohi^que om-
nium privatus Aurelianus clepjhanti
dominus fuit.
108 regi Molosso, 14, 162 Pyr-
rum immanem gladiosque Molossos.
24R
IVVENALIS
partem aliquam belli et eimtem iu proelia turrem.
nulla igitur mora per Novium, mora nulla per Histrum
Pacuvium, quin illud ebur ducatur ad aras
et cadat ante Lares Gallittae, victima sola
tantis digna deis et captatoribus borum.
alter enim, si eoncedas, mactare vovebit
de grege servorum magna aut pulcherrima quaeque
corpora, vel pueris et frontibus ancillarum
inponet vittas, et si qua est nubilis illi
Iphigenia domi, dabit hanc altaribus, etsi
non sperat tragicae furtiva piacula cervae.
laudo meum civem, nec comparo testamento
mille rates; nam si Libitinam evaserit aeger,
delebit tabulas inclusus carcere nassae
post meritum sane mirandum atque omnia soli
forsan Pacuvio breviter dabit, ille superbus
incedet victis rivalibus. ergo vides, quam
grande operae pretium faciat iugulata Mycenis.
110
115
120
125
110 bellique et g, aliarave duelli.? 111 nulla per Histrum om. P
add. p (istram) 116 aut ?: iit P ei pco quamque P
110 Elefatiten trugen auf ihrem
Riicken ganze Kompagnieen (coh.
ist hyperbolisch ), irgend einen
Kriegshelden (Verg. X 427 Lau-
sus pars inf/etis belli) oder anch
einen Angriffs- oder Schutzturm,
weshalb sie auch turrigeri genannt
werden.
111 sq. Beachte deu poetischen
Chiasmus in der repetitio: nuUa
mora, mora nulla. — Novius und
Pacuvius Hister sind unbekannt.
— per, 'soweit es auf sie ankommt'.
— Statt quin findet sich 6, 334 qiio
minus nach mora nulla per ipsam.
— chur fiir elephantus wie 12, 4
par vellus fiir agna.
116 magna et pulcherrima, nicht
maxima et pulcherrima , denn zum
Begriff der Schonheit gehort nach
antiker Vorstellung wohl cine ge-
wisae Grofse, aber darum ist es
nicht notwendig, dafs was forma
pulcherrimum ist auch corporc maxi-
nmm sein mufs.
121 laudo meum civem, wic 4, 18
consiliwn laudo artificis. — nec
comparo: eine Erbschaft ist natiir-
lich ein besserer Preis als eine
Flotte von 1000 Schiffen. Vgl. Hor.
s. II 3, 199 tu cum 2>i'0 vitula sta-
tuis didccm Aulide natam ante aras
spargisque molacaput, improbe, salsa,
rectum animi servas {sig 6q&6v cpQo-
vsr?) ?
122 aeger ^der Kranke'. ,
123 Fest. 169 (M.): nassa est vox
piscatoria, vasi genus, quo cum in-
travit piscis, exire non potest. In
ubertragenerBedeutungschonPlaut.
mil. 581 numquam hercle ex ista
nassa ego hodie escam petam, und
Cic. Att. XV 20, 2 ex hac nassa
exire constitui, non ad fugam scd
ad spem^ mortis melioris.
126breviter, 'kurzweg', wieCicero
summatim breviterque. Das Testa-
ment wird kiiirzer und einfacher,
wenn alles nur einem Erben ver-
macht ist.
127 iugulata Mycenis, 'das Ab-
schlachten einer Tochter'. Der Erb-
schleicher wvirde wie Agamemnon
seine Tochter leichten Herzens hin-
geben: die Erbschaft ware ihm
reicher Ersatz fiir ihr Leben!
LlBKl V ^ATVKA XIU
240
vivat Pacuvius, quaeso, vel Nestura tutum,
possideat quantum rapuit Nero, montibus aurum
exaequet, uec amet quemquam nec ametur ab ullo-
130
TVVENALIS
SATVRAKVM
LIBER QVINTVS
SATVRA Xra
Exemplo quodcumqiie malo coramittitur, ipsi
displicet auctori. prima est haec ultio, quod se
iudice nemo noceus absolvitur, inproba quaravis
gratia fallaci praetoris vicerit urna.
quid sentire putas homines, Calviue, recenti
de scelere et fidei violatae crimiue? sed nec
128 tantum florileqium S. GalU ?
XTII 5 homines Bihleck: omnes Pco
128 vivat Nestora metonymisch
fiir vitam vivat Kestoream, Mart.
IV 1 Pvlioquc veni numerosior aevo,
aber X 24, 12 post hunc Nestora
nec diim roqnbo.
129 Uber die RaubereiendesNero,
besonders nach dem Brande Roms,
vgl. Tac. Agr. 6, ann. XV 45.
Suet. 32.
130 Der Schlufs erinnert an Hor.
s. I 1, 86 mir.aris, cnm tu arrjento
post omnia ponas, si nemo praestet,
quem non merearis amorem?
Sat. XIII.
" Die Satire entwickelt .Juvenals
Lehre von der strafenden ■\Iacht
des bSsen Gewissens, anknupfend
an den Verlust, welchen sein Freund
Calvinus dadurch erlitten hatte, dafs
ihm ein Kapital von 10 000 Sester-
zen (71), das er einem Freunde ge-
liehen hatte, von diesem abgeleug-
net worden war.
1 exemplo malo, 'in verbreche-
rischer Weise', eigentl. quod ita
commiititur ut mnlo sit exemplo,
vgl. Nagelsbach Stil. § 9, 1.
3 improha, vgl. zu 10, 30.5.
4 gratia, 'Einfluls, Macht'. Der
Einflufs des Verbrechers erstreckt
sich auf die Stimmurne des Richters
{praetoris), die, weil sie vom iiufsern
Einflnfsbestimmtwird, darum fnllnx,
'triigerisch' genannt wird. Da der
Betriiger auch die Stimme oder die
Entscheidung des Gerichtes _be-
stimmt, so kann unter urna nicht
die sitella, aus der die Namen der
Geschworenen ansgelost wurden,
sondem nur die Stimmurne ver-
standen werden, aus der das schliefs-
liche Urteil oder Verdikt hervor-
ging. Die gratia ist deshalb = Be-
stechnng.
5 homines, 'das Publikum in Roro,
die Welt', 243 quisnam hominum
est , quem tu contenhim videris xtno
flagitio? 15, 103 quisnam hominum.
veniam dare ahnueret, wo freilich
hominum schon = moi-talitim ist.
6 scelere, 'Ruchlosigkeit', die
durch ftdei violaiae crimine wie
sonst durch einen Relativsatz naher
bestimmt wird. — sed: der Ver-
brecher triigt die Strafe in sich,
du aber kannst den Verlust leicht
tragen, teils materiell , teils mora-
250
IVVENALIS
tam teuuis census tibi coutigit, ut mediocris
iacturae te mergat ouus, nec rara videmus
quae pateris; casus multis liic cognitus ac iam
tritus et e medio fortunae ductus acervo.
ponamus nimios gemitus. flagrantior aequo
uon debet dolor esse viri nec vulnere maior.
tu quamvis levium minimam exiguamque malorum
particulam vix ferre potes, spumantibus ardeus
visceribus, sacrum tibi quod non reddat amicus
depositum? stupet baec, qui iam post terga reliquit
sexaginta annos, Fonteio consule natus?
an nihil in melius tot rerum proficit usu?
magna quidem, sacris quae dat praecepta libellis,
10
15
18 ac ? proficis ^jco usus lahn ex S
liscb, da der^leichen Verbrechen
in unserer Zeit ganz gewohnlicli
geworden sind, also nichts Uner-
bortes mehr sind.
7 tenuis, zu 3, 163.
8 sq. mergat, zu 10, 57. — vide-
mus, 'wir erleben'. Das Asyndeton
{casus) entbalt den Begrift' von immo
vero oder (isv ovv. — multis cogni-
tus = 12, 26 cognita multis, dort
durcb eiuen Relativsatz, bier durcb
einen participialen Zusatz erweitert.
10 fortunae accrvus, wie Cic. SuII.
76 gwas vos in his libidines, quae
flagitia, quantas audacias, quam in-
credibiles f^irores, quae indicia parri-
cidiorum, quantos acervos scelerum
reperietis! Juv. war, wie es scheint,
von dem caeciis acervus (Cbaos) bei
Ov. m. I 24 beeinflufst, oder von
Formeln wie Plaut. merc. 618 mon-
tis mali in me ardcntis iacis.
11 ponamus, folgerndes Asyn-
deton. Im selben Sinne findet sicb
11, 191 ^wne domum ct servos ct
quidquid frangitur illis aut perit,
ingratos ante omnia pone sodalcs.
12 vulnere, ^Verlust'.
13 minimam exiguanique, vgl. 190,
einen so kleinen und armseligen
Teil, denn exigiius bat einen ver-
acbtlicbeu Nebenbegriff, Doderlein
Syn. V 28.
14 sq. ardens, 'grollend im wut-
schaumeuden Herzen'. — Viscera
spimant sc. felle, Sen. Oed. 358
felle nigro spumcd iecur, vgl. 6, 648
rabie iccur ineendente (= ira fer-
vida) praecipites feruntur, 1, 45
quanta siccum iecur ardeat ira, so
ist bier spumantibus visceribus ==
fervidd ira. — sacrum, weil unter
dem Scbutze des Eides oder der
Gotter stebend, vgl. 107, Hor. III
3, 52 omne sacrxtm rapiente dextra
= omnem rem dis consecratam.
16 stiqKt, Hor. epod. 7, 15 tacent,
et cdbus ora pallor inficit metitesque
percuhae stupent.
17 Einfacber Mart. I 15 bis iam
paene tibi consul tricesimus instat.
— Fonteius Capito war Konsul 820
(= 67 n. Cbr.); denn nur -dieser
Fonteius kann gemeint sein, da nur
er in den Konsularfasten die erste
Stelle einnimmt, Borgbesi V 74 sq.
18 profieit, gewinnt (ein sechzig-
jabriger) durcb eine so reicbe Er-
fabrung, lernt aus ihr, Hor. ep. II
2, 23 quid tum p^rofeci, mecum fa-
cientia iura si tamen attentas? sat.
I 3, 6 Caesar non quicquam pro-
/ycerei.NachabmungbeiPrud. Symm.
II 315 tardis processibus aucta cre-
scit vita hominis et longo jnoficit usu.
19 Sinn : Eine grofse Macbt {magna)
bat zwar die Pbilosopbie , insofern
sie fortunae te responsare sujyerhae
Nbcrum et erectum praesens horta-
tur et aptat (Hor. ep. I 1, 68); aber
gliicklicb ist auch, wer sicb ohne
Widerstreben in die Wccbselfalle
dcs Lebcns mit praktischer Ver-
nunft zu finden weifs. — sacris,
I
I
LTBRl V SATVRA Xllt
251
vietrix fortunae sapientia, clncimus autoui 20
lios quoque felices, qui ferre incomnioda vitae
nec iactare iuguui vita didicere nmgistra.
quae tam festa dies, ut cesset prodere furem,
perfidiam, fraudes atque omni ex crimine lucrum
quaesitum et partos gladio vel pyxide numraos? 25
rari quippe boni, numero vix suut totidem qnot
Tliebarum portae vel divitis ostia Nili.
nunc aetas gravior peioraque saecnla ferri
temporibus, quorum sceleri non invenit ipsa
nomen et a nullo posuit natura metallo. .30
nos hominum divumque fidem clamore ciemus,
quanto Faesidium laudat vocalis agentem
sportula? dic, senior bulla dignissime, nescis,
quas babeat veneres aliena pecuuia? nescis,
26 sic pco: numerum si* totidem P. numeres Schurzfleisch 28
nona aetas pco gravior W: agitur Pa
gegenuber den profanen Schriften;
schon Hor. ep. I 1, .36 sagt svnt certa
piacula qiiae te ter ptire lecto po-
tcrunt recreare liheJIo.
20 victrix forttmae, zn 10, 36.5.
22 iactare iuqum, wie das wider-
strebende Zugtier, im Gegensatz zu
■cervice paratd ferre iugum 6, 207.
— vita magistra, im Gegensatz zu
den magistri oder doctores philo-
sophiae.
23 cessare, saumen, nnterlassen,
mit Infin. wie Hor. III 27, 58 quid
mori cessas? ep. I 19, 10 non ces-
savere poetae nocturno certare mero,
putere diurno: Sonst gebraucht .Tuv.
cessare nur absolut.
24 sq. omni ex crimine quaesitum,
vgl. Nagelsbach Stil. 30, 2.
_ 26 quippe (aus qui-pe, denn ja):
es giebt eben in der Welt nur wenig
redliche Leute, das ist einmal nicht
zn andern.
27 Das Komische der Umschrei-
bnng der Siebenzahl mildert zu-
gleich das Ungeheuerliche der Hy-
perbel.
28 gravis neben peior auch 6, 270
tum gravis illa viro, tunc orha ti-
gride peior. Hesiod. ioya 109 ?q.
nennt das goldene, silbeme, eheme
und eiseme Zeitalter, aber da die
jetzige Zeit noch schlimmer ist als
das eiserne Zeitalter Hesiods, so
mufste ein Name nocb dafiir ge-
funden werden; aber es giebt kein
geringeres nnd zugleich die Sache
bezeichnendes Metall mehr.
29 sq. sceleri, 'Kuchlosigkeit'. —
ipsa — natura, ahnlicb ist die Stel-
kmg des Subjekts 187 felix —
sapieyitia, oder 10, 41 puhlicus et
— servus, vgl. 14, 3. 12, 91. 4, 00.
31 sq. nos = ghcc rKifig, Aus-
druck der Indignation. — clamore
(tanto) quanto, wie 3, 225 quanti,
10, 13 quanto; im Griechischen ist
diese Ellipse vorherrschend. — Fae-
siditis war ein reicher Sachwalter,
dem, wcnn er plaidierte, seine Kli-
enten (sportula, vgl. 10, 46 und 1,
95) bei wirksamen Stellen Bravo
zuriefen, vgl. Mart. II 27 effecte!
graviter! cito! nequiter! euge! heate!
IToc vohii. Facta cst iam tihi cena,
tace. VI 48 quod tam grande sophos
clamat tihi turha togata, non tu,
Pomponi, cena diserta tua est. Eine
solche Scene vor Gericbt schildert
Plin. ep. II 14. — vocalis wird die
sportula genannt, wie Hor. I 12, 7
Orpheus, nur war die vox beider
verschieden.
33 hulla, zu 5, 164, 14, 5 ludit
et heres hullatus. — scnior, 'guter
Alter'. Er eracheint fast zu alt,
um eine so einfache Wahrnehmung
machen zu konnen.
252
IVVENALIS
quem tiia simplicitas risum vulgo moveat, cum
exigis a quoquam, ne peieret et putet ullis
esse aliquod numen templis araeque rubenti?
quondam hoc indigenae vivebant more, priusquara
sumeret agrestem posito diademate falcem
Saturnus fugiens, tunc cum virguncula luno
et privatus adhuc Idaeis luppiter antris,
nulla super nubes convivia caelicolarum,
nec puer Iliacus formonsa nec Herculis uxor
ad cyathos, et iam siccato nectare tergens
bracchia Vulcanus Liparaea nigra taberna,
prandebat sibi quisque deus, nec turba deorum
talis ut est hodie, contentaque sidera paucis
nurainibus miserum urguebant Atlanta minori
pondere, nondum aliquis sortitus triste profundi
35
40
45
49 aliqiiis om. P adcl. p alius laJin, cf. 1, 10. 10, 257.
35 sinipUcitas, naive Dummheit,
denn eine solclie antiqua simplici-
tas (Unschuld) pafst nicht in die
jetzige Welt und dient ihr nur
zum Spotte.
37 Vgl. 91. numen, 'Macht'. —
rtihenti, dem blutgeroteten Altar,
wie dextera riibente bei Horaz die
blitzflammende, feuergerotete Hand.
Man opfert noch in unserer Zeit
aus Sitte oder Gewohnheit, aber
man glaubt darum doch nicht mehr
an eine Macht der Gotter. ,
38 indigenae = Aborigines, die
Altvordern der Urzeit.
40 sq. fugiens= cpsvycov. — virgun-
ciila 'Backfisch', also noch vor der
Herrschaft des Zeus, 6, 16 sq. —
Zu virguncula, zu privatus (im
Gegensatz zu rex dcorum), zu con-
vivia etc. ist erat oder erant zu er-
ganzen, wie V. 46 prandebat zeigt.
Die Ellipse erscheint teilweise hart,
weil die Darstellung des einzelnen
Bildes nicht gleichmafsig gestal-
tet ist, leichter 12, 62 sq.
44 et, sc. ad cyathos erat, denn
Hehe und Vulcanus bilden als Mnnd-
schenke eine komische Einheit. Der-
selbe Humor schon bei Catull. 68,
115 pluribrts ut caeli tereretur ianua
divis, Ilehe nec longa virginitate
forct. — siccare leeren, wie 5, 47
caliccm und Mart. VI 89 spolctina
data est, scd quam siccavcrat ipse.
Ubrigens verbindet Juv. die home-
rische Sitnation von S 414 und
A 584. 600.
45 nigra geschwarzt, rufsig. —
taherna 'Werkstatte', wie in Rom;
Hor. I 4, 8 Cyclopum officinae ist
ernster.
46 sibi quisque, im Gegensatz
zu convivia. Der Dativ ist der des
Interesses, wie Sen. ep. 63, 2 nemo
tristis sihi est, Quiut. VI 3, 16 quae
nunc iuvenum vel sibi ludentium
exercitatio est.
47 talis ut fiir talis qualis oder
richtiger tanta quanta, denn talis
erhalt den Sinn von isto modo, dem
ut haufig korrespondiert. Verschie-
den sind Beispiele wie Liv. XLII
42, 7 ego haec, quae aut a vobis
ohiecta aut purgata a me sunt, talia
csse scio, ut aures ut animi audien-
tium sint, nec tam refcrre quid ego
fecerim, quam quomodo id vos fac-
tum accipiatis. — sidera 'der Him-
mel', wie 11, 63 alter flammis ad
sidera missus.
48 Im Laufe der Zeit mehrten
sich die Familienverbindungen dcr
Gotter. Dazu kam der dem Alter-
tum, besonders aber den Romern
gelaufige Deifikationsprozefs, vgl.
Augustin.- civ. dei IV 8.
40 Als es auch noch keine Herr-
schaft in der Unterwelt gab und
Pluton noch nicht die Proserpina
LlBRl V SATVRA XIII
imperium aut Sicula torvus cum couiuge Plutou,
uec rota nec Furiae uec saxum aut vulturis atri
poeua, sed iufernis hilares sine regibus umbrae.
iuprobitas illo tuit admirabilis aevo,
credebant quo grande uefas et morte piandum,
si iuveuis vetulo non adsurrexerat et si
barbato cuicumque puer, licet ipse videret
plura domi fraga et maiores glandis acervos:
tam venorabile erat praecedere quattuor auuis,
primaque par adeo sacrae lauugo seuectae.
nuuc si depositum nou iniitietur amicus,
si reddat veterem cum tota aerugine follem,
prodigiosa tides et Tuscis digua libellis
quaeque coronata lustrari debeat agua.
egregium sanctumque virum si ceruo, bimembri
253
50
55
60
52 sed om. tum add. P 58 tum laJm malim cam 59 cara deo P
geraubt und gefreit hatte, denn
das letztere Ereignis ist spiiter als
das erstere. — aliquis, schon vor
Pluton. — triste 'das schauerliche,
ode Keich der Tiefe', der Hades
oder Urkus.
50 torvus, wie Schiller: 'wo sie
mit dem linstern Gatten etc' Es
ist der finsterej strenge Blick des
unerbittlichen Gottes.
51 sq. Als es auch noch keine
Strafen in der Unterwelt gab, wie
sie das XI. Buch der Odyssee und
vollends die romischen Uichter bis
zum UberdruTs ausmalen: das Kad
des Ixion, der Fels des Sisyphos,
der Geier des Tityos.
53 admirabilis ' auf fallend ' , er-
schien wie ein Wunder.
55 si . . tion adsurrexerat, wenn
einmal. Wie der iuvenis vor dem
senex, so erhob sich respektvoli
selbst vor dem iuvenis barbatus der
2)uer imberhis, vgl. Tac. 111 31 me-
morabantur exempla maiorum, qui
luventutis irreverentiam gravibus
dtcretis notavissent.
56 licet nur hier mit dem Imper-
fekt des Konjunktivs; sonst ver-
bindet es auch Juv. entweder mit
Prasens oder Perfekt des Kon-
junktivs oder mit dem lufinitiv,
niemals aber wie quamvis mit dem
Indikativ, vgl. Drager Iliat. Syntax
II 771.
57 fraga und glandcs waren fiir
die Urzeit, was jetzt Gold und
Latifundien sind. Es ist eine.Ironi-
siemng des Keichtums, der nur
relativ sein kann.
59 sq. In jener Zeit als es schon
Ehrfurcht abnotigte, wenn einer
vier Jahre alter war, die senecta
heilig und unverletzlich war, da
war die improbitas etwas Seitenes:
jetzt wird es wie ein Wunder an-
gestaunt, wenn einer die eiufachste
ir*flicht biirgerLicher Ehrlichkeit er-
fiiilt. — nunc bezieht sich auf 53
zuriick, das in 58 — 59 enthaltene
Epiphonem enthiilt einen Zwischen-
gedanken als Ausdruck der Ver-
wunderung, der ebenso gut fehleu
konnte.
61 Kupferrost (aerugo) steht ver-
achtlich fiir das Metall (aes), da=
an der Seele frifst, Horat. ep. II
3, 330 haec animos aerugo et cura
jjeculi cum semel imbuerit, speramus
curmina fingi posse';'
62 Die Tusci libelli gehorten zur
Litteratur der etruskischen isgo-
onoTtLcc und pjrocuratio. Die procu-
ratio pjrodigiorum war zwar Sache
der pontifices, aber gelehrte Haru-
spices wurden immer hinzugezogen.
Marquardt St.-V. III 252.
63 coronata, wie jedes Opfertier,
vgl. 12, 118.
64 sqq. egregium sunctumg^ue ist 'tv
254
IVVENALIS
lioc monstruin puero vel miraudis sub aratro
piscibus inveutis et fetae comparo mulae,
sollicitus, tamquam lapides eftuderit imber
examenque apium longa consederit uva
culmine delubri, tamquam in mare fluxerit amnis
o-urgitibus miris et lactis vertice torreus.
intercepta decem quereris sestertia fraude
sacrilega. quid, si bis centum perdidit alter
hoc arcana modo? maiorem tertius illa
summam, quam patulae vix ceperat angulus arcae?
tam facile et pronum est superos contemnere testes,
si mortalis idem nemo sciat. aspice, quanta
voce neget, quae sit ficti constantia vultus.
per Solis radios Tarpeiaque fulmina iurat
et Martis frameam et Cirrhaei spicula vatis,
per calamos venatricis pharetramque pueliae
65
70
80
65 vel p: et P aut s miranti pg mirautis ? 69 ainnis om. P add.p
Sia SvoLV, einen so auffallend ge-
wissenhaften Mann. — bimembri
pucro, wie Liv. XLI 21, 12, piscibus
Liv. XLII 2, fetae mulae Liv.
XXXVII 3, 3.
68 longa uva ''iui langen trauben-
formigen Gehange', ^otqvSvv. Liv.
XXI 46, 2 et exainen ap)um (ublichere
Uenetivform) in arbore pjraetorio
immineiite consederat. Dasselbe /jro-
dicjium beschreibt Verg. VII 58 — 67
pedibus per mutua nexis examen
subitum ramo frondente pependit.
69 sq. amnis cler Flufs = Tiberis;
clazu gehort torrens. — Die gurgites
miri (uunatiiiiich, wie Hor. epod.
16, 31 nova monstra iunxerit libi-
dine mirus amor) werden durch
laclis vertice niiher bestimmt.
71 decem sestertia = 10 000 Se-
sterze, etwa 1500 Mark, so dafs
also uiclit so sehr das Objekt des
Betrugs (13 minima exiguaque par-
ticula), sondern die Niedertrachtig-
keit des Betriigers verletzen muiste
(15 quod non reddat amicus).
72 Du hast keinen Grund zu
besonderer Klage, da andere noch
viel groisere Verluste erlitteu haben.
Das Ableugnen ist jetzt leicht, da
die Ileiligkeit des Eides nichts
mehr gilt. — sacrilega 'gottlos',
deuu uach 15 ist das depositum
sucrum.
73 arcana ''auf Treu und Glau-
ben', ohne Zeugen, wie Ovid. am.
II 15, 15 arcanas signare tabellas.
74 angulus arcae ''der Verschlufs
des geraumigen Kastens' ; es ist der
angulus reconditus, in dem das Geld
sich gewissermafsen versteckt halt.
75 facile et pronum cst == 9, 43,
leicht und verfiihrerisch, denn pro-
nus bezeichnet in ethischer Bedeu-
tung die Neiguug zu etwas iiber-
haupt, Doderlein Syn. ^''I 287. Das
eutsprechende Substantiv iiit pro-
clivitas, der Hang, oder lapsio, die
Neigung zum Fall , sviiLnzcooCa,
uach Cic. Tusc. IV 28. — superos
contemnere testes, vgl. 3, 145 con-
temnere fulmina pauper creditur
atque deos dis ignoscentibus ipsis.
78 Tarpeius synekdochisch fiir
Capitolinus gehort zur gewohnlichen
Phraseologie derDichter, vgl. 12, 6.
79 Martis frameam, vgl. 2, 130.
11, 106. — Cirrha war die alte
Hafenstadt von Delphi, 1 ^.^ Stunden
siidlich vom alten KQiacc, am Aus-
llusse des Pleistos, Aeschines III
107. Die uvd^aaig vou KiQQa bis
JsXcpol betrug uach Strabo p. 418
uur 80 Stadien. Da zb KiQQaiov
TtsSiov dem ApoUo geweiht war,
BO hiels dieser selbst 6 KiQQaCog
^sog, vgl. 7, 64 dominus Cirrhac.
80 vcnutrix pucUa vou Diana,
LIBRl V SATVRA Xlll
255
perque tuiim, pater Aegaei Neptuue, trideutem,
ailclit et llerculeos arcus hastamque Miuervae,
quidquid habeut telorum armameutaria caeli.
si vero et pater est, ^comedam' iuquit 'flebile uati
siuciput elixi Pharioque madeutis aceto'.
suut iu fortunae qui casibus omuia ponaut
et nullo credaut muudum rectore moveri,
natura volveute vices et lucis et anni,
atque ideo intrepidi quaecumque altaria tangunt.
ast alius metuens, ue crimen poeua sequatur,
et putat esse deos et peierat, atque ita secuui:
'decernat quodcumque volet de corpore nostro
Isis et irato feriat mea lumina sistro.
S5
90
86 in am. tum add.
hic putat Po)
90 ast W: est Pw 91 et putat W
wie Horat. I 12, 22 saecis inimica
virgo beluis, "j^Qxsiiig &r]Qocp6vog.
81 patcr = dominus 7, 64, oder
Verg. georg. IL 7 huc pater o Lenaee
vcni. — Aegaei, absolut = Verg.
XII 366.
82 arcus ist der beriilimte Bogeu,
den er dem Philoktetes hinterlas-
sen hat.
83 qxddquid abschliefsend : und
was alles u. s. w., wie 15, 99 quid-
quid cogehat vacui ventris furor.
84 Bei feierlicheu Eiden pflegteu
die Griechen sich die Kinder zur
Seite zu stellen {naQaczrjadusvot.)
und ihnen die Hiinde auf tlen Kopf
zu legen, um anzudeuten, dafs im
Falle des Meineides die Strafe auch
die Kinder treflFen soUte, daher
vQKog ■KUTU zav TcaiScov, vgl. Ly-
sias 32, 13 ovx ovzcog iyca iiyn
a&lia, cocr iniOQy.rjCacu -/.aTU xcov
neeidcov z^v iuuvzfig zbv ^iov iv.li-
nai^v, Antiphon 5, 11 SiOftocac&UL
OQTiov zov uiytCTOv xai lcxvqozuzov,
i^coXsiav oavzo} Y.al yivBi y.al oi/.iu
zij G^ inuQco^ivov. Auch 6, 16 tadelt
diese Sitte Juv. als Leichtfertigkeit
der Griechen. — fkbile nicht nur
weinend, sondern auch bejam-
raernswert.
85 Dem Meineidigen wird das
caput nati zum sinciput, d. b. es
wird ihm wie cin geriiucherter, mit
iig^ijtischem {Phurius) Essig be-
reit^ter Schweiuskopf sogar zuui
Genufs. Er liberbietet also die Un-
geheuer der Tragodie.
86 — 119: Woher diese geringe
Scheu vor dem Meineid?
86 omnia p)onant, die alles nur
auf dem blinden Zufall beruhen
lassen wollen. Diese Klasse von
Menschen schildert Mart. IV 21
nullos esse deos, inane caelum affir-
mat Segius,probatque, quod se facium,
dum negat lioc, videt beatum.
88 natura volvit viees anni die
Natur bringt den Wechsel der
Jahreszeiteu, lucis von Tag und
Nacht hervor, vgl. Prud. S. II 318
sic variat natura vices schafft deu
mannigfaltigen Wechsel, Propert. ]
15, 30 nulla prius vasto labentur
flumina ponto, annus et inversas
duxerit ante vices, quam tua suh
nostro mutetur pectore cura.
89 altaria tangunt, fassen an den
Altar und schworen, Liv. XXI 1, 4
tactis sacris iure iurando adactum
se, Kepos XXIII 2, 4 simul me ad
aram adduxit, apud quam sacrifi-
care instituerat, eamcjue tenentem
iurare iussit, vgl. 14, 219.
90 ast alius, vgl. zu 6, 67.
91 et j)eierat, zu 1, 74 probitas
laudatur et algct.
93 Jsicht ohne Absicht wird ge-
rade die Furcht vor der fremden,
iigyptischen Gottiu hervorgehoben,
wilhrend die Nationalgotthoiten in
Mifsachtimg gekommen waren, vgl.
12, 28. Der Isiskultua war in der
25G
IVVENALIS
dummodo vel caecus teneam quos abnego nummos.
et phthisis et vomicae putres et dimidium crus
sunt tanti. pauper locupletem optare podagram
nec dubitet Ladas, si non eget Anticyra nec
Archigene; quid enim velocis gloria plantae
praestat et esuriens Pisaeae ramus olivae?
ut sit magna tamen, certe lenta ira deorum est;
si curant igitur cunctos punire nocentes,
quaudo ad me venient? sed et exorabile numen
tortasse experiar, solet his ignoscere. multi
committunt eadem diverso crimina fato:
ille crucem sceleris pretium tulit, hic diadema.'
sic animum dirae trepidum formidine culpae
confirmat, tunc te sacra ad delubra vocautem
praecedit, trahere immo ultro ac vexare paratus.
nam cum magna malae superest audacia causae,
95
100
105
107 confirmat S in cod. Sangallensi: confirmant Pco ac delubra P
Kaiserzeit geduldet. — Das sistrum
{aeiaxqov), die Isisklapper, war ein
Musikinstrument von der Gestalt
eiues verlilngerten Hufeisens mit
lose eingefiigten Querstaben, die
bei jeder Bewegnng zu klappern
und zu klingelu pflegteu, daher bei
Stat. s. 111 2, 103 excipe muHisono
puppcm Mareotida sistro. Der Zorn
dei- Gottm driickt sich im sistrum
aus, daher irato sistro, vgl. 96. 99.
12, 82 garrula pericula nautae.
96 sunt tanti siud der Miihe des
Ertragens wert, sind kein zu teurer
l'reis, vgl. Ovid. m. II 424 aut si
rescierit, sunt o sunt iurgia (der
Juno) tanti, Cic. Cat. 11 15 est milii
tanti, Quirites, huius invidiae tempe-
statem subire, dummodo a vobis belli
periculum depellatur.
97 nec Ladas = ne Ladas quidem
(sc. (ov). Der Name des Olympio-
uiken Ladas war den Rdmern durch
die bekannte Siegesstatue des Myron
geliiufig, die sich in Kom betand.
iSie stelite deu Moment dar, wie
der Agonist mit krampfhaft einge-
zogenen Weichen den entschweben-
den Atem noch auf den Lippen
festzuhaiteu schieu. Mit podayra
wird der Gegensatz zu der iSclmell-
fiifsigkeit des beriihmteu doXixo-
d()6fAos trefiend bezeichuet; schon
Catull. 55 (58), 25 non Ludas eyo
pinnipesve Perseus. Vgl. Pausan.
111 21, 1. — si non eget 'er miifste
denn nicht recht bei Vernunft seiu'.
Von Archigenes (zu 6, 236) citiert
Galenus eiue Schrift tisqI trjg doaicog
Tov ilXe^oQOv. Zur Ablativform vgl.
Lachmanu zu Lucret. I 739.
100 sq. Die vorhin erwahntenUbel
erscheiuen dem Meineidigen nicht
eben grofs. Aber, fahrt er fort, mag
der Zorn der Gotter selbst gewaltig
{magna) sein, so ist er sicher nicht
rasch, uicht iibereilig (lenta)'. Folg-
lich (igitur) kann mich die Strafe
erst spat ereilen, wenu Gott alle
tjbelthater (dereu es doch so viele
giebt) strafen will. Aber die Gott-
heit ist ja auch {sed et wie 12, 41)
erbittlich.
103 his solchen Vergehungen, die
in den Augen des Memeidigen nur
Kleinigkeiteu sind.
104 diverso fato mit gerade ent-
gegengesetztem Erfolg, denn das
Schicksal ist als Erfolg der Hand-
luug gedacht.
107 sacra ad delubra vocantem,
iihulich ist der Versausgang 15, 135
pupillum ad iura vocantem.
108 trahere, vexare 'ziehen und
zerreu'.' Die Frechheit ergreift die
Otfeusive.
109 sup)erest, wie 237 cum scelus
admitlunt, superest constantia. llier
LIBRI V SATVRA Xlll 257
creditur a multis fiducia. mimum agit ille, iio
urbani qualem fugitivus scurra Catulli:
tu miser exclamas, ut Stentora viucere pos.sis,
vel potius quautum Gradivus Homericus: 'audis,
luppiter, liaec, uec labra moves, cum mittere vocem
debueris vel marmoreus vel alieneus? aut cur 115
in carbone tuo cbarta pia tura soluta
ponimus et sectum vituli iecur albaque porci
omenta? ut video, nullum discrimen babendnm est
effigies inter vestras statuamque Vagelli.'
accipe, quae contra valeat solacia ferre 120
et qui nec cynicos nec stoica dogmata legit
a cynicis tunica distantia, non Epicurum
suspicit exigui laetum plantaribus borti.
curentur dubii medicis maioribus aegri:
119 agelli P
mit Dativ, wie Mart. IV 35 cultro
nil supcresse suo.
110 fiducia, gutes Gewissen.
111 Der fugitivus scurra des
witzigen (urhani) Catullus ist der
zii 8, 186 besprochene Lauieolus.
113 Gradivus, eig. Beiname des
Mars, dann fiir Mars selbst, scheint
aus gravidivus' zusammengezogen
zu sein und den gewaltigen, furcht-
baren Gott zu bezeichnen. Die Ab-
leitung von gradior gestattet nicht
die Liinge der ersten Silbe von
Gradivus, vgl. Haupt zu Ovid. m.
VI 395. Juv. spielt hier auf Hom.
E 859 an: 6 S' f^pajja 3;a/l-/.£os
'AQTjg, oaaov t' ivvsdxi-^oi intwj^ov
>J Ss-KuxiXoL uviQis iv noXificp,
iQida ^vvuyovtss "AQTjog, wo freilich
dieAnnahme, dafi i^gccxs 'schreien'
bedeuten soll, nichts als ein be-
harrlicher Irrtum ist.
115 marmoreus, vgl. 8, 55. —
aut 'wenn du das nicht thust,
warum', oder 'wo nicht, warum'.
Vgl. Niigelsbach Stil. § 194.
116 charta soluta 'aus geoffneter
Diite', ist im Geiste des schlichten
Mannes gesprochen und dient der
humoristischen Kleinmalerei. Vgl.
zum Ausdruck Horat. ep. II 1, 270
quidquid charlis amieitur ineptis.
117 seetum fiir exsectum, wie im
Deutschen: ''auf ihn mein Herz soll
lassen sich'.
IS-VESALIS SaTVEAE.
118 ut video, dafiir 6, 395 im
selben Gedanken: non est, quod
video, non est quod ngatur apud vos.
119 Wie derdummdreisteSchreier
VageUius (16, 23 dignum erit de-
clamatoris mulino corde Vagelli)
alles, auch Schlage und Mifshand-
lung, iiber sich ergehen lafst (vgl.
16, 24 cum duo crura habeas, offen-
dere tot caligas), so bleibt auch ihr
Gotter stumpf und unempfindlich
bei dem Mifsbraiich eures ^Siamens.
120—249: Trost des veruunftigen
Menschen in dieser Welt der Schlech-
tigkeit und des Meineides.
120 accipe, wie 7, 36 accipe nunc
artes, und mit indirektem Frage-
satz 15, 31.
121 nec — nec, der weder die
Schriften der ungelehrten (extre-
men) noch die der gelehrten Stoiker
gelesen hat, die vibrigens nicht viel
verniinftiger als jene sind, der also
nicht Philosoph von Fach, sondera
nur abnormis sapiens ist, wie der
Ofellus des Horatius. Die Cyniker
trugen anter dem Pallium keine
Tunika, sondern nur ein Stiick
Leinen.
123 exigui horti, vgl. 14, 155
e.xigui ruris paucissima farra se-
cantem, und 319 quantum Epicure
tibi parvis suffecit in hortis. Diog.
Laert. X 10.
124 medicis ist wahrscheinlich
17
258
IVVENALIS
tu venam vel discipnlo committe Philippi.
si nullum in terris tam cletestabile factum
ostendis, taceo, nec pugnis caedere pectus
te veto nec plana faciem contundere palma,
quandoquidem accepto claudenda est ianua damno,
et maiore domus gemitu, maiore tumultu
j)languntur nummi quam funera; nemo dolorem
fingit in hoc casu, vestem diducere summam
contentus, vexare oculos umore coacto:
ploratur lacrimis amissa pecunia veris.
sed si cuncta vides simili fora plena querella,
si deciens lectis diversa parte tabellis
vana supervacui dicunt chirographa ligni,
arguit ipsorum quos littera gemmaque princeps
sardonychum, loculis quae custoditur eburnis,
ten — o delicias — extra communia censes
125
130
135
140
132 deducere oo 139 post 140 positum habet P
Abl., wie 11,191 et quidquid frangi-
tur illis aut perit, dort = medico-
rum cura, hier = illorum culpa.
— aegri subst. mit Attribut, wie 8, 49
nohilis indocti.
125 venam committe, vgl. 6, 46
0 medici, nimiam pertundite venam!
Der Name des Leibarztes Alexan-
ders des Grofsen wird typiscli ge-
braucht ftir einen grofsen Arzt, den
mau in besonders gefahrlichen und
entscheidenden Krisen konsultiert.
129 quandoquidem , fast = si
quidem 6, 621 und 12, 107, findet
sich noch 10, 146 und 1, 112. —
Das claudere ianuam geschah als
Zeichen der Trauer, der privaten
sowohl wie der offentlichen. Bei
einer elades puhlica mufsten sogar
die tahernae der Handwerker ge-
schlossen werden, Liv. III 27, 2.
Tac. II ,82 ut ante edictum magi-
stratuum sumpto iustitio desererentur
fora, clauderentur domus.
132 Wer von Schmerz wii'klich
ergriffen war, zerrifs sein Gewand
von oben bis unten hindurch (Ov.
met. V 398 summa vestem laniarat
ah ora)-^ wer aber nur aufserlichen
Anteil nahm, begnugte sich mit
einera Rifs an dem oberen Saum
{summam vestem diducere), ja zerrte
wohl auch nur am Gewand herum
(diduccre). Man denke an die klassi-
sche Stelle in Jean Pauls Flegel-
jahren, ferner an 6, 273 oder Mart.
I 33 amissum non^ flet cum sola est
Gellia patrem, si quis adest, iussae
prosiliunt lacrimae.
135 fora, deren es mehrere gab,
wie das forum Romanum, boarium,
Caesaris, Augusti, Nervae, Traiani.
AUe waren teils Geschafts- teils
Gerichtsstatten.
136 sqq. tabellae (ceratae) smd pu-
gillares, die chirographa oder sijn-
grapha, d. i. eine Schuldverschi-ei-
bung enthalten. — Zu dicunt ist
als Subjekt 'die Menschen', d. h.
infitiatores ^Ableugner' zu erganzen.
Sie geben sich, wenn ihnen die
Schuldverschreibungvorgelegtwird,
den Schein der Gewissenhaftigkeit;
sie studieren die Schrift zehnmal
von oben und unten {diversa parte)
und erklaren dann die Urkunde fiir
unecht, obwohl die Handschrift
(littera) und der auffallend kost-
bare Edelstein (7, 144) des Siegel-
rings sie uberfiihrt. Madvig erkliirt
(11 195) diversa parte = a parte
contraria adversarii, wie 7, 156 quae
veniant diversa parte sagittae oder
cx diverso 'bei der Gegenpartei'
Tac, h. 11 75. — V. 137 ist 16, 41
wiederholt, vgl. dort die Bemerkiing.
140 0 delicias 'o Einbildung', die
Eigenschaft eines Menschen , dor
LIBRI V SATVRA ^^ITI
259
pouendum, quia tu gallinae filius albae,
uos viles pulli uati infelicibus ovis?
rem pateris modieam et mediocri bile ferendam,
si flectas oculos maiora ad crimiua. couter
couductum latrouem, iuceudia sulpure coepta
atque dolo, primos cum iauua coUigit igues;
confer et hos, veteris qui tolluut graudia temjdi
pocula adoraudae robiginis et populorum
dona vel antiquo positas a rege corouas;
haec ibi si nou suut, miuor extat sacrilegus, qui
radat iuaurati femur Herculis et faciem ipsam
Neptuni, qui bratteolam de Castore ducat —
au dubitet solitus totum conflare Tonautem? —
confer et artificem mercatoremque veueui
145
150
141 quid? Utinrich 154 artifices Pco corr. LHB Hosii
glaubt in allem eine Ansnahme
machen zu miissen, vgl. zu 10, 291
deliciae votorum, 6, 47 delicias ho-
minis als Ausruf, wie Hor. s. II
8, 18 divitias miseras!
141 gallina alha war rara aris
(0, 165), und die weifse Farbe bedeu-
tete Gluck, Cic. fam.VII 28,2 quod
quasi avem albam videntur bene
aeutientem civem videre, es ist also
gallinae fdius albae ein ungewohn-
lichesGliickskind. Nach Suet. Galb. 1
war der Livia rine gallina alba
in den Schofs gefallen. Die Henne
brachte viele Junge zur Welt, aber
bei dem Tode Neros: quidquid ibi
gaUinarum crat interiit. So erschien
jeder aus dem Julischen Hause ge-
wissermafsen als filius galUnac albae.
142 infelicibus ovis, zu 187.
144 si flectas = si modo flectas,
vgl. 14, 258.
146 ianua colligit igncs, vgl. 9, 98
candelam ailponere vulvis non du-
hitat, und 3, 200.
147 Die Schilderung des sacri-
lcgus pafst in auffallender Weise
auf Nero, vgl. Suet. 32 templis
compluribus dona dctraxit simula-
craqiie ex auro vel argento fabricala
conflavit , Tac. XV 45 spoliatis in
urbe tcmpJis cgestoque auro, quod
trinmijhis, quod votis omnis popuU
Romani aetus prospere aut in mctu
sacraverat, Agr. 6 tum electus a
Galbn ad dona templorum recogno-
seenda effecit, ne cuius alterius sa-
crilegium respubUca quam Neronis
sensisset.
149 coronas sc. aurcas, wie sie
z. B. Masinissa geschickt hatte.
150 extat macht sich bemerkbar,
hier fast = cxistit, womit minor
als Pradikat zu verbinden ist: der
grofse sacrilegus begniigt sich auch
mit kleineremRaub,wo eingrofserer
nicht zu haben ist. Hermathena
ni 196.
152 brattcola ''diinnes Goldblech',
wie tcnuis brattea bei Ovid. ars
III 232 aurca quae pcndent ornato
signa thcatro, inspice, quam tenuis
brattea Ugna tcgat.
153 an duhitet soUtus oder sollte
er dies zu thun Bedenken tragen,
da er ja gewohnt ist (Nero?) den
ganzen luppiter Tonans einzu-
schmelzen? Es ist derselbe vorher
erwiihnte sacrilegus.
154 Der Giftmischer und Gift-
kiiufer in einer Person {que), der
zugleich iet) die Strafe des cullcus
(zu 8, 214) verdient, kann nur Nero
sein, in dem der Dichter uns das
Beispiel eines ganz aufserordent-
lichen Verbrechers vorfiihrt. Bei
der hdschr. Lesart artifices begreift
man nicht, warum daneben merca-
torcm statt mcrcatorcs stehen soll ;
auch bleibt dabei que und dcihiccn-
dum (ohne substantivische Stiitze)
unerklart.
17*
260
IVVENALTS
et dedueeiidum corio bovis in mare, cum quo
clauditur adversis inuoxia simia fatis.
haec quota pars scelerum, quae custos Gallicus urbis
usque a lucifero, donec lux occidat, audit?
liumani generis mores tibi nosse volenti
sufficit una domus; paucos consume dies et
dicere te miserum, postquam illinc veneris, aude.
quis tumidum guttur miratur in Alpibus, aut quis
in Meroe crasso maiorem infante mamillam?
caerula quis stupet in Germanis lumina, flavam
caesariem et madido torquentem cornua cirro?
nempe quod haec illis uatura est omnibus una.
ad subitas Thracum volucres nubemque sonoram
164 qui P stupuit Germani Fco, corr. W
155
160
165
156 innoxia ist Ausdruck der
Teilnahme fur das unschuldige Tier,
wie 10, 60 immeritis franguntur
crura cabalNs. — aversis fatis feind-
seliges, ungiinstiges Geschick, fiir
die simia.
157 custos Gallicus urhis ist der
Stadtprafekt C. Rutilius Gallicus,
an den das Gedicht des Statius I 4
gerichtet ist. Stadtprafekt war er,
vielleicht nach Pegasus (4, 77), im
im J. 89— 91 unter Domitianus, vgl.
Friedlaender Sittengeschichte III
455 sq. Unter dem Stadtprafekten
stand die Feuer- und Sicherheits-
polizei in Rom und ein Teil der
Kriminaljustiz.
161 Betrug und Verbrechen sind
in Rom an der Tagesordnung und
konneu hier ebenso wenig aoffallend
sein -wie ein Kropf unter den Alpen-
bewohnern oder blaue Augen in
Germanien.
162 sq. tumidum guttur 'Kropf,
durch Bergsteigen und Lasttragen
ira Gebirg veranlafst. — Msqot},
siidlich von Agypten, in Athiopien,
eine von den Fliissen Astapus und
Astaboras umschlossene Insel des
Binnenlandes, war eiu machtiger
theokratischer, zugleich auch be-
deutender Handelsstaat. Zu Neros
Zeiteu war die grofse und reiche
Stadt Meroe zerstort.
164 in Germanis unter den Ger-
manen, in Germanien.
165 caesaries torquet corniia cirro
das Haar bringt gedreht vermittels
des nassen Biischels, der durch
Drehen entsteht, wie Horner aus-
sehende Spitzen (cornua) hervor.
Was die Menschen thun {torquent
cornua) mit dem Haare, wird auf
das Haar selbst ubertragen. Sie
winden das Haar zu Biischeln {cir-
rus) und am Biischel zeigt sich die
Spitze {cornii). Vgl. Tac. Germ. 38
insigne gentis ohliquare crinem nodo-
que suhstringere , und J. Grimm
Rechtsaltertiimer 234.
166 wafMra natiirlicheBeschaifen-
heit, Aussehen. Der Vers schliefst
die Reihe der Beispiele ab^ denn
mit dem folgenden Beispiel (167—
173) sucht der Dichter nicht mehr
zu erklaren und zu belehren, son-
dern zu erheitern und den Ernst
der Betrachtung herabzustimmen.
167 sq. Das fabelhafte Zwergvolk
der Pygmaen dachte man sich in
Indien oder im mittleren Afrika an
den Quellen des Xils. Mit ihnen
fiihren die Kraniche des Nordens
{Thracum) Krieg, iudem sie ihre
Saatfelder durchwiihlea. Juv. er-
innert hier an eine Notiz des He-
katiius in den Schol. ad Hom. F 6:
qpjjct 8' ccvxovq 'Excirato? snl 6xr}-
^dtcov {oxr^tiuTCov?) iiQi,dv i^Lovtag
ccXe^aa&uL avzug (i. e. tag ysQd-
vovg), Tccg ds yiazcecpQOVovcag xov
ariv,ovg noXsfiSLV TiQog avxovg. —
ad, bei dem Erscheinen der Kra-
niche im Lande der Pygmaen, wie
TiQog, vgl. 223.
LIBRI Y SATVRA XIII 2i;i
Pyginaeus parvis currit bellator in armis,
mox impar hosti raptusque per aera curvis
uuguibus a saeva fertur grue. si videas hoc 170
geutibus in nostris, risu quatiare; sed illic,
quamquam eadem adsidue spectentur proelia, ridt-t
uemo, ubi tota cohors pede non est altior uno.
'nullaue peiuri capitis fraudisque nefandae
poena erit?' abreptum crede hunc graviore catena 17.5
protinus et nostro — quid plus velit ira? — necari
arbitrio: manet illa tamen iactura, nec umquam
depositum tibi sospes erit, si corpore trauco
invidiosa dabit minimus solacia sanguis.
'at vindicta bonum vita iucundius ipsa/ 180
uempe hoc indocti, quorum praecordia nullis
interdum aut levibus videas flagrantia causis,
quautulacumque adeo est occasio sufficit irae:
Chrysippus non dicet idem nec mite Thaletis
ingeuium dulcique senex vicinus Hymetto, lab
qui partem acceptae saeva inter vincla cicutae
accusatori nollet dare. plurima felix
paulatim vitia atque errores eruit, omnes
prima docet rectum sapientia. quippe minuti
176 qui P 178 si W: sed Pcu 182 fraglantia P
168 Der komische Kontrast von Menschen' stehen im Gegensatz zn
parcis neben currit und hellator den 184 genannten CJtrt/sippus,
neben in armis wird durch die Thales, Socrates. Vgl. 15, 106 sq.
Wortstellung gehoben. 182 flagrantia 'in Aufregung'.
172 speetentur, zu 10, 34 187 noUetdare 'nichtha.tte gehen
174 Die Frage enthalt eine vno- wollen', wie es Theramenes nacb
qpooK, einen Einwurf, wie 10, 346; Xenoph. Hell. II 3, 56 wirklich gc-
vgl. Seneca de ira III 26, 2 ' quid than hat. Vielleicht dachte Juv.
ergo\ inquis, ' impune illi erit?'' an die "Worte des Sokrates im
Puta te velle, tamen non erit. Phaed. 117B: ti Xiysu; tcbqI rovdi
177 sq. nec . . SOSpes erit 'und es tov ncoaaTog TiQog zb unoonhtaui
wird dir darum nicht das Geld er- xlvl; fgcGtiv ., /j ov; und als der
setzt, wenn das Blut fliefst. Dieses vmqQEzrig antwortete togovtov zql-
gewahrt Befriedigung (solacia), die §ouav ogov olous^u uizQLov blvul
aber doch nur gehassig erscheint Trtgrv, fahrt Sokrates fort: ucy-S^ava),
(invidiosa). — minimus im Ver- uV.' ev^iG&uL ya nov Toi^g d^ioCg
haltnis zur Grofse des Verlustes. tgeGTL zs -/.ul XQV- — fdix, frucht-
Der Grund und folglich die Be- bar,begluckend, gehortzusa/>?e«im.-
deutung von minimus sanguis ist sie lebrt schon in ihren Anfangen
ganz verschieden 10, 217. — cor- (prima), a.Tichohne perfecta zu sein,
pore trunco = corpore truncato,\g\. den Menschen, was recht und gut
Tac. I 17 stipendia senes et piUrique ist, vgl. Hor. ep. I 1, 41 et sapientia
truncato ex vulneribus corpore to- prirna, stuUitia caruisse.
lerant. 189 sq. minutus 'kleinlich' hat
181 nempe hoc iyidocti, sc. dicunt, zum Gegensatz grandis, exiguus
Tgl. 26. Die indocti 'ungebildeten 'engherzig' hat zum Gegensatz
2G2
IVVENALIS
semper et infirmi est animi exiguique voluptas
ultio. coutiuuo sic collige, quod viudicta
nemo luagis gaudet quam femina. cur tamen lios tu
evasisse putes, quos diri couscia facti
mens liabet attouitos et surdo verbere caedit
occultum quatiente auimo tortore flagellum?
poena autem vehemeus ac multo saevior illis,
quas et Caedicius gravis inveuit et Rhadamauthus,
nocte dieque suum gestare in pectore testem.
Spartano cuidam respondit Pythia vates
haud iupunitum quoudam fore, quod dubitaret
depositum retinere et fraudem iure tueri
iurando. quaerebat enim, quae uuminis esset
meus, et au hoc illi faciuus suaderet Apollo.
reddidit ergo metu, uon moribus, et tameu omnem
vocem adyti diguam templo veraraque probavit
extinctus tota pariter cum prole domoque
et quumvis longa deductis gente propinquis.
190
195
200
205
190 et om. P 205 probabit P
amplus Vgl. zu 13. Die Haufung
der Atljektiva auch 15, 47.
191 continuo sic collige 'schliefse
dies mit mir unmittelbar (ohne
weitereUntersnchung) aus derXhat-
sache'. Bei Horatius (s. II 1, 51.
ep. II 1, 119) wird die Thatsache
ohne quod asyndetisch angereiht.
192 Hier beginnt die Schilderung
des bosen Gewissens nnd damit
die eigentliche Antwort auf die
174 aufgeworfene Frage.
194 habet aitonitos' ha,\tin grofster
Angst', vgl. 12, 21. 4, 77 attonitae
urhi, ebenso 11, 199, und 15, 13
attonito (verbliifft) narrarct Alcinoo.
— surdo 'unhorbar', vgl. 7, 71 surda
bucina.
195 aninio tortore das folternde
Gewissen schwingt (wie ein Folter-
knecht, 6, 480 und 14, 21) die un-
sichtbare Peitsche.
196 vehemens 'streng' hat zum
Gegensatz lenis, saevus 'grausam'
ist dem mitis cntgegengesetzt.
197 Caedicius gravis war wahr-
scheinlich ein strenger Richter, der
mit dem 16, 46 erwiihnten causi-
dicus nichts gcmein hat. Schol. :
Caedicium aulicum Neronis crude-
lissimum fuisse vuHt intellegi, doch
ist dariiber nichts bekannt.
199 Die Geschichte des Glaukus,
die Herodot. VI 86 erzahlt, lehrt,
dafs schon die verbrecherische Ab-
sicbt zur Vernichtung fiihrt und
von den Gottern schwer gestraft
wird, um wie viel schwerer mufs
das bose Gewissen auf dem V^er-
brecber lasten, der die Tbat zur
Ausfiihrung gebracht hat (210 sq.)
204 moribus 'aus sittlichem Ge-
fiihl', vgl. Cic. or. II 182 vakt
multum ad vincendum probari mores,
instituta et facta et vitam eorum
qui agant causas, der sittliche Cha-
rakter. Vgl. 10, 323. 3, 140. —
omnem, in seinem ganzen Umfang,
in jeder Hinsicht.
206 Herod. riccvytov vvv ovtb xi
(XTtvyovov iazi, ordiv ovts lazir}
(Mausstand) ovdsfiLa voni^ofiivr}
SIVOII riaVKOV, imSTQtTlTCiL Tg TCQOQ-
Qi^os £x HnuQTriq. Denn im Orakel
hiefs es: tiQctiTcvoq Sh ('Oqhos) (ist-
iQXBzcci, siq 0 Hf naaav 6Vi.ifidQ\pag
oXscrj ysvsrjv yial ofnov anavTa.
207 longa gente in lauger Linie:
die Verwandten, die iu lauger Reihe
davon stammten (dcducti), ihr Ge-
schlecht von ihm ableiteten.
LIBUl V SATVRA XI II
263
lias patitur poeiias peccandi laeva voluntas.
nam scelus intra se tacituoi qui cogitat ullum,
facti crimen liabet., cedo, si conata peregit.
perpetua auxietas, uec mensae tempore cessat
faucibus ut morbo siccis interque molares
clifHcili creseente cibo, Setina misellus
expuit, Albani veteris pretiosa senectus
displicet; ostendas melius, deusissima ruga
coffitur iu frontem velut acri ducta Falerno.
uocte brevem si forte indulsit cura sojiorem
et toto versata toro iam membra quiescunt,
continuo templum et violati numinis aras,
et quod praecipuis mentem sudoribus urguet,
te videt in somnis; tua sacra et maior imago
liuniana turbat pavidum cogitque fateri.
hi suut, qui trepidant et ad omnia fulgura pallent,
cum tonat, exauimes primo quoque murmure caeli,
non quasi fortuitus nec ventorum rabie, sed
210
215
220
225
208 laeva W: saeva P sola co voluptas F
213 Setina Hereh sed vina Pco 224 exanimis P
210 cosfnata P
208 laeva voluntas 'die veikehite,
siiudhafte Absicht', 14, 228 laevo
monitii pueros producit avaros, Pers.
2, 54 pectore laevo, Veig. II 54
si mens non lae-va fuisset.
209 Herod. rj dl UvQ^iri icpr] xo
TTfiQrj&rivcci tov Q^sov Kal zb noirJGcct
iaov dvvccG9ai.
210 cedo si vollends erst wenn,
wie 6, 504. Damit wird der Uber-
gang zur Fortsetznng der Schil-
derung von der Macht des bosen
Gewissens gegeben.
211 nec mensae tempore, wie 2,
182 nee pueri credunt, 9, 49 iam
nec morbo donarc parati.
212 ut morho 'krankhaft'.
'213 crescente cibo, so dafs der
Eiasen im Munde quillt. Senec. ep.
82, 22 non in ore crevit cibus, non
haesit in faucibus. — Setina, sc.
vinu. Dafs man beim Plural an
die verschiedenen pocula desselben
Weines dachte, zeigt Hor. epod.
9, 34 capaciores adfer huc, pucr,
scyphos: aut Chia vina aut Lesbia,
vel quod flucntem nauseamcoerceat,
metire nobis Caecubum. Ubor den
Setiner zu 5, 34 und 10, 27, den
Albaner 5, 33.
215 sq. melius, sc. vinum , einen
noch besseren. — ruga cogitur in
frontem, wie 14, 325 haec quoqtie
si rugam trahit extenditqne labcllum
(zum fcpottischen Lacheln). Der
Falerner wird auch 5, 59 und 4, 138
erwahnt.
218 iam ''endlich', wie 7, 170
et quae iam veteres sanant mortaria
caecos, i]dr] odor St] im Griechischen.
220 sudoribus ''Angstschweifs',
vgl. 1, 167 tacita sudant praecordia
culpa. Aeschyl. Agam. 166 Gzd^si
S' 8v &' vnvoj nQO xapdtag [ivriai,-
nr'ificov novog, und die Parodos der
Choeph. 31 sqq.
221 Die Gottererscheinungen sind
ubernatiirlich grofs, vgl. zu Verg.
II 773. Was den Gottern gehort
oder unter ihrem Schutze steht, ist
sacrum, daher auch das Bild sacra
imago, erhaben.
222 turbat pavidum lufst dem
Geangsteten keine Ruhe.
223 sq. ad, zu 167. — exanimes
'leichenblafs', vgl. trepidant et pal-
lcnt zittern und beben (werden
blafs). Sonst nach Verg. IV 160
viugno misceri murmure caclum in-
cipit.
225 Die Alten glaubten, dafo
Donner und Blitz aus starker Rei-
264
IVVENALIS
iratus cadat in terras et iudicet ignis.
illa nihil nocuit, cura graviore timetur
proxima tempestas velut lioc dilata sereno.
praeterea lateris vigili cum febre dolorem
si coepere pati, missum ad sua corpora morbum
infesto credunt a numine, saxa deorum
haec et tela putant. pecudem spondere sacello
balantem et Laribus cristam promittere galli
non audent; quid enim sperare nocentibus aegris
concessum? vel quae non dignior hostia vita?
mobilis et varia est ferme natura malorum;
cum scelus admittunt, superest constantia: cum fas
atque uefas tandem incipiunt sentire peractis
criminibus, tamen ad mores natura recurrit
damnatos fixa et mutari nescia. nam quis
peccandi fiuem posuit sibi? quando recepit
230
235
240
226 terra sed P vinclicet g 236 damnavit lulm
tatura P 237 cum fas W: quod fas Pco
bung der Wolken entstehen, Senec.
nat. quaest. I 1, 6 und 14, 5.
226 iratus ignis , wie 93 irato
sistro ferire, oder iracunda ftilmina
Hor. I 3, 40, maestum ebur inlacri-
mat bei Verg. georg. I 480. —
iudicct und die Aufgabe des Richters
ubernimmt. Der Begriff des iudcx
scKLiefst den des vindex mit ein,
nichtumgekehrt. Der strafende Gott
ist mit iratus eadat in terras be-
zeichnet, wesentlich ist aber auch,
dafs der Gott zu urteilen und zu
imterscheiden, d. h. den Frevler zu
finden weifs. Der Frevler sucht und
fiirchtet den Richter aufser sich,
den er bereits in seinem Innern
triigt, vgl. 2—3.
227 sq. Ist daa erste Ungewittcr
gliicklich voriiber, so fiirchtet der
Schuldige noch mehr das nachste
Gewitter, weil sein angstlicher Aber-
glaube es ihn so ansehen liifst, als
ob mit dem augenblicklich (hoc)
eingetretenen heiteren Wetter (se-
reno) das Gewitter und die Strafe
nur aufgeschoben seien.
229 vigili cum febre unter schlaf-
loser (unruhiger) Fieberglut, vgl.
3, 232. 7, 42. 10, 162. 3, 275.
232 Suhnmittel wagen solche
Verbrccher nicht anzuwenden, da
zum Opfer reines Herz und reine
Hande notig waren.
233 Larihus, zu 12, 113. — cristam
galli, vgl. 12, 96.
235 concessum, wie Hor. ep. I 5,
12 quo mihi fortunam, si non con-
ceditur uti? — Mit vel quae^ non
dignior hostia vita wird der Uber-
gang zum folgenden Satz angebabnt,
dafs der Bosen Charakter vej-ander-
lich und wandelbar sei, so dafs sie
nicht zur Besserung gelangen kon-
nen und immer wieder der Schuld
und endlich dem Arm der welt-
lichen Gerechtigkeit verfallen.
237 sqq. Wenn siedenFrevel be-
gehen, sind sie ausschliefslich von
Frechheit beherrscht; wenn sie aber
nach vollbrachter That {peractis
criminibus) endlich zum Ijesseren
Gefiihl und zur sittlichen Einsicht
kommen, halt diese doch nicht an,
sondern die schlechte Natur (die
Gewohnheit und der Reiz des Bosen)
gewinnt bald wieder die Oberhand,
weil sie als Anlage unveriinderlich
ist (male pertinax iugum incon-
stantiae. iudiciiquc levitatis depellerc
non potest), und gestattet dem Ver-
brecher nicht von der Siinde zu
hissen. — Zu natura s. zu 14, 44.
LIBRl V SATVRA XIV
265
eiectum semel attrita de froute ruborem?
quisnam liominum est, quem tu coutentum videris uuo
flajjcitio? dabit in laqueura vestigia uoster
perfidus et nigri patietur carceris uncum
aut maris Aegaei rupem scopulosque frequentes
exulibus maguis. poena gaudebis amara
uominis invisi, tandemque fatebere laetus
uec surdum uec Tiresian quemquam esse deorum.
SATVRA XIV
Plurima sunt, Fuscine, et fama digna sinistra
et nitidis maculam liaesuram figentia rebus,
quae moustrant ipsi pueris traduntque parentes.
si damnosa senem iuvat alea, ludit et heres
245
242 attrita de fronte, denn in
tler Stirn plaubten die Alten den
Sitz des Ehi- und Schamoefuhls
zu finden. Uarum wiid von Persius
(5, 104) fiir pudor geradezu froiis
pebraucht : exclamat Melicerta perisse
frontem de rehus. Die Stim ist bald
heiter bald finster, und ebenso auch
frech.
244 gq. in laqiieum, zum Erdros-
seln im Kerker, Sall. Cat. 55 laqiceo
gulam fregere. — Mit dem uncus
wird der Leichnam aus dem Kerker
geschleppt, vgl. 10, 66.
246 Oder er wird auf eine ode
Felsinsel de? Agaischen Meeres ver-
wiesen, erleidet die Strafe der De-
portation, vgl. zu 1, IZ^ aude dli-
quid brevibus Gyaris et carcere
dignum.
248 nominis invisi des verhafsten
Verbrechers, dessen Name schon
Widerwillen erregt.
249 Tiresian = caecum ; einfacher
Mart. IX 25 si non vis teneros spectet
conviva ministros, Phineas invites,
Afer , et Oedipodas, wofiir in dem
griechischen Original steht: Kdy.iL
TfiQSGirjv ;} TdvtuXov i? norov
fly.s, zov ufr in' ovdlv lSblv, xbv
d' ini u,or}vov iSti^v.
Sat. XIV.
Die Satire ist ein Brief an einen
nns unbekanntfn Fnscinus und be-
handelt den Grund des sittlichen
Niedergangs in liom, der in der
tJberschatzung des krassen Mate-
rialismus, der Gennfsaucht und der
Erwerbssucbt gefunden wird. Inter-
essante Nachbildung ist 'die dritte
Satyra oder die Kinderzucht' vou
Joachim Rachel (f 1669).
1 — 58: DieVerdorbenheit der Ju-
gend hat ihren Clrund in der Un-
sittlichkeit der Eltern, denu das
Laster reizt zur Nachahmung.
1 fama sinistra, wie Tac. VI 32
eo de liomine haud sum ignarus
sinistram in urbe famam, pleraque
foeda memorari (vgl. unten 152),
h. I 51 undique airoces (schreck-
haft) nuntii, sinistra ex urbe fama,
XI 19 ut laeta apud plerosque, iia
apud quosdam sinistra fama, es ist
also ein Lieblingswort des Tacitus
und seiner Zeit, denn auch Juv.
10, 129 hat noch sinistro fato ge-
nitus, 2, 87 more sinistro.
2 haesuram '^einen dauemden
Flecken', vgl. zu 10, 8. Die "Um-
schreibung einfacher Adjektiva
durch verbale Wendungen hat etwas
Schwerfalliges, findet sich aber z B.
schon bei Lysias 14, 2 ov yuQ ULy,oa
xu. au.ccgxrjuaza ovdl Gvyyvcourjg
u^La, ov6' iXiiiSu Ttuoixovzu ag
iOxuL xov lomov ^c/.xlwv, dll ovxco
TiiTiouyuiva y.ul ft? zoaovxo y.ay.iug
3 ^ '/' f/ 5 j j 7 / r r
aqpf/uera, coffT iTi iVLOig cov ovxog
rf.Lf.oziusLzuL [xcfl] zovg ix^QOvg
aiGxvvsa9ui.
3 monsirant lassen sehen, tradunt
uberliefera, zwingen es der Jugend
durch ihr Beispiel auf, so dafs sie
fortsetzt, was die Vater begonnen
haben.
4 damnosa ist das charakteristi-
266
IVVENALIS
buUatus parvoque eadem movet arma fritillo.
nee melius de se cuiquam sperare propinquo
eoncedet iuveuisj qui radere tubera terrae,
boletum condire et eodem iure natantis
mergere ficedulas didicit nebulone parente
et cana monstrante gula; cum septimus annus
transierit puerum, nondum omui dente renato,
barbatos licet admoveas mille inde magistros,
Linc totidem, cupiet lauto cenare paratu
semper et a magna non degenerare culina.
mitem animum et mores modicis erroribus aequos
percijjit atque animas servorum et corpora nostra
materia constare putat paribusque elementis,
JO
15
9 ficellas Lachmann
cipit W: praecipit Pco
11 puero w 13 cupient P 16 per-
sche Attribut der alea, weshalb
Mart. XIV 18 vom Nufsspiel sagt:
alea parva nuces et non danmosa
videtur. Vgl. 1, 88 und 11, 176 alea
turpis. — liercs bullatus, wie 1, 78
X)raetextatus adulter. Uber die bidJa
zu 5, 164.
5 movet arma, vgl. 1, 91 proelia
quanta illic dispensatore vidchis
armigero! — parvo fritillo 'in dem
kleinen Wiirfelbecher'. Mart. IV 14
dum hlanda vacjus alea Decemhcr
incertis sonat hinc et hinc fritillis,
denn das Wiirfelspiel um Geld war
nur wahrend der Saturnalien erlaubt.
7 tubera terrae TriifFel, vgl. 5, 116.
8 boJetus Champignon, vgl. 5, 147.
9 ficella oder ficeduJa Feigen-
drossel, ein kleiner delikater Vogel.
Die ficellae schwimmen (Hor. s. II
8, 42) in derselben Sauce wie die
tubera und der boletus. — viergere,
sc. ventre oder gula, vgl. 11, 40
aere paterno ac rebus mersis in
ventrem. — nebulone parente, wie
Hor. ep. I 2, 28 sponsi Fenelopae
nebulones, die verschwenderischen
Freier.
10 Zu cana gula vgl. 12, 82
ferner 1, 140 quanta est gula, quae
sibi totos ponit apros, 5, 158 mimus
quis meJior plorante gula?
11 transierit puerum 'an dem
Knaben voriibergegangen ist'. Nach
dem siebenten Jahre begann der
Elementarunterricht, vgl. Quint. I
1, 15—16.
12 sq. indc — liinc, zu 1, 65. —
Der magistcr heifst barbatus als
sapiens, Hor. s. II 3, 35 iussit sa-
pientem pascere barbam {jccoyovotQo-
(pstv). Es waren vorziiglich Stoiker
oder Cyniker, die als barbati schon
im Aufseren (2, 11) Einfachheit und
Sittenstrenge kundgeben (Hor. s. I
3, 133). Beachte die exakte Periode
cum . . transierit, licet . . admoveas,
cupiet cenare, vgl. zu 1, 85. — Jauto
(vgl. 11, 1) paratu 'glauzende
Tafel', Val. Fl. II 652 stant gem-
mis auroque tori mensaeque p)aratu
regifico. Hor. I 38, 1 Persicos odi,
puer, apparatus.
16 sqq. percipit,putat, an . . docet:
Wer an grausamer Bestrafung seine
Freude hat, ist nicht nur selbst
gegen alle Milde und Menschlich-
keit abgestumpft {non percipit) oder
verschlossen {non putut), sondern
loitet die Seinigen auch zur Grau-
samkeit an (docet) : non modo mitem
animum non percipit, sed saevitiam
idtro docet. — mitis ist dem ferus
entgegengesetzt; mores bilden die
Lebenshaltuug oder das Verfahren
des Herrn, der gegen kleine Fehler
des Sklaven billig gesinnt, d. b.
nachsichtig sein soll, im Gegensatz
zur scvcritas oder saevitia. — per-
cipit uimmt in sich auf, erschliefst
sich der.Milde und Nachsicht, vgl.
Nep. XXV 17, 3 philosophorum ita
percepta habuit praeccpta hatte er
so in sein Herz (niclit allcin in
LIBRI V SATVRA XIV
2G7
au suevire docet Rutilus, qui gaudet acerbo
plagarum strepitu et nullam Sirena flagellis
comparat, Antipliates trepidi laris ac Polypheunis,
tuuc felix, quotiens aliquis tortore vocato
uritur ardenti duo propter lintea ferro?
quid suadet iuveni laetus stridore cateuae,
quem mire adficiuut iuscripti, ergastula, carcer?
rusticus espectas, ut non sit adultera Largae
lilia, quae numquam maternos dicere mocchos
tam cito nec tanto poterit coutexere cursu,
ut uou ter deciens respiret? conscia matri
virgo fuit, ceras nuuc hac dictaute pusillas
implet et ad moeehum dat eisdem ferre cinaedis.
sic natura iubet: velocius et citius nos
corrumpunt vitiorum exempla domestica, magnis
25
30
24 sciipta P inscripta w, carr. W 30 moecbos a Priscianus
den Kopf) aufgenoDimen, VIII 2, 3
qiio magis perceptum iUiid omnium
in aniinis esse dehet als feste Uber-
zeugiing. Eine humane f3ehandlung
der Sklaven setzt ferner die An-
schauung voraus, dafs der Sklave
ebenso gut wie der Herr Mensch
ibt, dafs Seele und Leib vom glei-
chen Stoffe {nostra materiu) ge-
bildet sind, vgl. 6, 221 sq. und
Macrob. sat. I 11, 6 ex isdem tibi
clementis et constant servi et aluntur.
18 Butilus, ver.-:chieden von dera
11, 2 genannten. Fiir ibn ist der
Knall oder das Pfeifen der Peitsche,
des horrihile flugellum, einer mit
Stacheln besetzten Knute, welche
das Fleisch zerrifs (6, 479 ruhet
flagcllo, 10, 180 saevire flageUis)
die wohllautendste Melodie, be-
zaubernder als jeder Sirenengesang;
er" ist in seinem Hause ein wahrer
Antipbates, wie der grausame Konig
der Lastrygonen, Hom. y. 112 — 116,
d. h. ein wabrer Menschenfresser.
21 tortore vocato, zu 6, 480. Juv.
scheint hier, ebento wie Hor. s. I
:i, 82, auf einen zum Stadtgesprach
gewordenen Vorfall anzuspielen.
22 Die ardentcs laminae gehorten
zu den Folterwerkzcugen {crucia-
tus), Cic. Verr. V 163 nnd Plaut.
asin. .549 stimulos laminas cruccsque
cotxjjedisque nervos catenas carceres
numellos (Block) pcdicas hoias.
24 Die fugitivi pflegte man zu
brandmarken (inscriijtio frcmtis, in-
scripti vultus Plin. h. n. XVIIl 21)
oder in einen Halsring eiuzuschmie-
den, der mit einer Inschrift ver-
sehen war. Der Anblick solcber
inscripti oder stigmatiac ist dem
Herrn ebenso wie der Anblick des
ergastulum oder des carcer eine Wol-
lust, vgl. Mart. VIII 75 quattuor
inscripti portahant vile cadaver.
25 rusticus 'Tolpel', mit Anspie-
lung auf Hor. ep. I 2, 42 rusticus
expectat dum defluat amnis. Vgl.
6, C6 Thymele tunc rustica discit.
Die Breviloquenz ersetzt den Ge-
danken: bist du so naiv zu er-
warten etc. — ut nach expcctare
wie 6, 75 und 11, 162. — Die Ehe-
brecherin Larga ist weiter nicht
bekannt.
27 contexcre wie Blumen zu einem
Kranz. Man denke an Mozarts Don
Juan. Dasselbe Motiv ist schon 10,
220 sq. benutzt.
29 hae, i. e. matre. — ceras im-
plere die Wachstafeln beschreiben.
Konstruiere: eisdem cinaedis (zu 4,
106), h. e. eisdem ministris nequitiae,
quibus antea dederat mater, ipsa
iam dat filia ceras ad moechos fc-
rendas (= ferre).
32 exempla vitiorum bemerkbare
Laster, auffallende Laster, vgl. 13, 1.
268
IVVENALIS
cum subeunt animos auctoribus. unus et alter
forsitan liaec spernaut iuvenes, quibus arte benigna
et meliore luto finxit praecordia Titan,
sed reliquos fugienda patrum vestigia ducunt
et monstrata diu veteris trahit orbita culpae.
abstiueas jgitur damnandis. huius enim vel
una potens ratio est, ne crimina nostra sequantur
ex nobis geniti, quoniam dociles imitandis
turpibus ac pravis omnes sumus, et Catilinam
quocumque in populo videas, quocumque sub axe,
sed nec Brutus erit, Bruti nec avunculus umquam.
nil dictu foedum visuque haec limina taugat,
intra quae pater est; procul, a procul inde puellae
lenonum et cantus pernoctantis parasiti.
maxima debetur puero reverentia, siquid
turpe paras, nec tu pueri contempseris annos,
sed peccaturo obstet tibi filius infans.
nam si quid dignum censoris fecerit ira
35
40
45
50
33 subeant co animis P 31 sperant P
quam P.- nsquam pa 45 puer ? es S?
48 ne 5
39 nec P 43 um-
a Camer : ac Fa
33 cum . . subeunt = eo quod
subeunt. — unus et alter mit fol-
genclem Plural des Pradikats, wie
Curt. V 7, 4 unus et alter, et ijjsi
mero onerati, adsentiuntur.
35 meliore Juto, zu 4, 133.
36 fugienda ducunt ziehen an
statt abzustofsen.
37 orbita culpae, die eingedriickte
Spnr, das BeispJel der Siinde.
38 damnandis , die Substantivie-
rung des Gerundivum ist selten,
kommt aber von Livius an in der
Kaiserzeit haufiger vor, vgl. Nagels-
bach StiL 28, 2. — huius ist Gen.
neutr., wie eius bei Liv. II 47, 12
neque immemor eius, quod initio
consulatus imbiberat, aber hier durch
den Relativ.-^atz gestiitzt.
40 Hor. ep. I 19, 17 decipit exem-
jjilar vitiis imitabile, dazu kommt
die natvirliche Neigung des Men-
schen zum Schlechten und Verkehr-
ten, ad dcteriora faciJes sumus Sen.
ep. 97, 10.
43 Manil. IV 86 Quod Decios non
omne tulit, non omne Camillos tem-
jms, Senec. ep. 97, 10 otnne tempus
Clodios, non omne Catones feret. —
Catos Schwester Servilia war die
Mutter des Brutus.
44 [Tac.] dial. 28 eligebatur etiam
maior aliqua natu propinqua, coram
qua neque dicere fas erat qiiod turpe
dictu, neque facere quod inhonestum
factii videretur. Quint. 12,8 ncc
mirum: nos docuimus , ex nobis
audiunt, nostras amicas, nostros con-
cubinos vident, omne convivium ob-
scaenis canticis strepit,pudenda dictu
spectantur. fit ex Ms consuetudo,
inde natura. discunt haee miseri,
antequam sciant vitia esse: inde so-
luti ac fluentes non accij)iunt ex
scholis mala ista, sed in scholas ad-
ferunt.
45 Ovid. met. XV 587 'procul, a
procid omina' dixit, Verg. VI 258
'procxd 0 procul este profani' con-
clamat vates, wie man im griechi-
schen Kultus ausrief: Ixorj byiccg
oarig dXiTQog (Kallim. in ApoU. 2)
oder iv.ag fxag §8§rjXoi, Stat. s.
III 3, 13 procul hinc procul ite no-
centes. .
48 Das imperative tu gebraucht
Juv. sehr gem, vgl. 2, 61. 8, 228.
9, 134. 10, 342.
LIBRI V SATVRA XIV
260
quandoque et similem tibi se non corpore tantum
nec vultu dederit, morum quoque filius et qui
omnia deterius tua per vestigia peccet,
corripies nimirum et castigabis acerbo
claraore ac post haec tabulas mutare parabis?
unde tibi frontem libertatemque parentis,
cum facias peiora senex vacuumque cerebro
iam pridem caput hoc ventosa cucurbita quaerat?
hospite venturo cessabit nemo tuorum.
S^erre pavimentum, nitidas ostende columnas,
arida cum tota descendat aranea tela;
hic leve argentum, vasa aspera tergeat alter'
vox domini furit instautis virgamque tenentis.
ergo miser trepidas, ne stercore foeda canino
atria displiceaut oculis venientis amici,
ne perfusa luto sit porticus, et tamen uno
semodio scobis haec emendat servulus unus:
illud non agitas, ut sanctam filius omni
aspiciat sine labe domum vitioque carentem?
gratum est, quod patriae civem populoque dedisti,
55
60
65
70
59 cessavit P 63 fremit atit fremat a 67 emundat s
51 quayidoque wannimmer, irgend
einmal, vgl. 2, 82 tind 5, 172.
54 nimirum ironiscb, zu 7, 78.
55 post liaec nach solchen Erfah-
nmgen, zu 8, 7. — tabulas das Testa-
ment, vgl. 12, 123 dehbit tahnlas.
56 unde tibi frontem, sc. parahis.
Vgl. zu 8, 142.
57 senex als Graukopf, bei Plant.
asin. 863 wird er in ahnlicher Si-
tnation decrepitUs senex genannt.
58 ventosa = vento referta. Den
Schropfkopf (cwCM>^i7a)gebrauchten
die Alten nicht selten auch zu dem
Zweck, nm den Wahnsinn zn schwa-
chen oder zu heilen.
59 — 69: Es ist aber unnaturlich,
in sittlicher Beziehung dem Sohne
gegeniiber zu unterlassen, was man
zur Wahrnng des Anstandes dem
Fremden gegeniiber mit Eifer und
Sorgfalt beobacht€t.
59 Wird ein Gast erwartet (Plaut.
Stich. 357 si hospites venturi sunt),
dann darf sicher keiner in deinem
Hause saumen; denn cessabit ist
h}-pothetisches Futur.
61 descendat, wie 10, 58 descen-
dunt statuae.
63 Plaut. asin. 423 clamore ac
stomacho (iam) non queo labori sup-
peditare. lussin, sceleste, ab ianua
hoc stercus hinc auferri? lussin
columnis deieier operas araneorumi^
lussine in spAendorem dari has
bullas foribus nostris? Nihil est:
tamquam si claudus sim, cum fustist
ambulandum.
64 miser = uQ^Xioq, nicht etwa
wegen seiner Angst und Unruhe,
sondern weil er iu minder wich-
tiger Sache sich qualt, dagegen in
der wichtigsten Angelegenheit gar
nicht daran denkt (68) sich zu er-
eifern. Die griechischen Redner
nennen eine solche Inkonsequenz
bald a.tOTi6v XL bald diivov.
68 sq. omni sine labe fiir sine ulla
labe ist archaisch, vgl. Plaut. trin.
338. 621. aul. 213. 598. Terent.
Andria 391.
70 — 85: Xur wenn du den Sohn
gut erziehst, machst du dich um
das Vaterland verdient. Ein gutes
Eesultat ist aber nur durch Selbst-
beherrschung moglich. Denn wie
die Alten sungen, so zwitscherten
die Jungen.
270
IVVENALIS
si facis ut patriae sit idoneus, utilis agris,
utilis et bellorum et pacis rebus ageuclis.
plurimum enim intererit, quibus artibus et quibus hunc tu
moribus iustituas. serpente ciconia pullos
nutrit et inventa per clevia rura lacerta: 75
illi eaclem sumptis quaerunt animalia pinnis.
vultur lumento et canibus crucibusque relictis
ad fetus properat partemque cadaveris adfert:
hic est ergo cibus magui quoque vulturis et se
pascentis, propria cum iam facit arbore nidos. 80
sed leporem aut capream famulae lovis et generosae
in saltu venantur aves, hinc praeda cubili
ponitur: inde autem culn se matura levavit
progenies, stimulante fame festinat ad illam
quam primum praedam rupto gustaverat ovo. 85
aedificator erat Caetronius et modo curvo
litore Caietae, summa nunc Tiburis arce,
nunc Praenestinis in montibus alta parabat
culmina villarum graecis longeque petitis
82 haec LacJmann 83 levavit Fiiseianus: levabit s levaret P
86 cretonius P cetronius pco Critonius aut Caetronius'J5
71 sqq. si facis, denn auf die Er-
ziehung kommt alles an, von hier
hangtdic Brauchbarkeit, die Geistes-
richtung des Juuglings ab. Die
artes uud morcs bilden die Grand-
siltze und Lebensweise des Vaters
und werden dio des Sohnes: der
AbL euthalt also die Kraft von:
qiiibus ipse artibus moribusquc usus
iuvenem instituas. Nur so werden
die folgendenGleichnisse zutreffend.
— idoneus brauchbar, Quint. II
3, 1 etiam cum idoneos rhetori pueros
putaverimt. Der echte Romersohn
soll brauchbar sein fur das Vater-
land, tiichtig im Landbau, tuchtig
als Held in den Werken des Kriegs
und des Friedens.
75 devia rura einsame Flur,
Ovid.her. 2, 118 pronuba Tisiplione
thalamis ululavit in illis, et cecinit
maestum devia carmen avis. Vgl.
3, 231.
77 erucibus verurteilter Sklaven,
Hor. ep. I 16, 46 'nec furtum feci
nec fugi' si mihi dicat servus:
Itabes pretium, loris nonureris'' aio.
'non hominem occidi' : ^7ion pasccs
in cruce corvos\
80 arbore, gewohnlich nistet
der Geier aaf hohen Felsen. —
se pascentis wenn er sich selbst
oder wenn er sich selbstandig er-
hiilt.
81 generosae: olwvmv ^aatXsvg
Aeschyl. Ag. 112, deun 6 ^sXaivoi;
6 x' i^oTCLV txQyag, TtafiTiQSitToig sv
tdQaiaiv, §06>i.6(isvoi. ?.ayivav sqi-
y.v[iaTa cpsQfiari ysvvav. Hor. IV
4, 1 ministrum fulminis alitem.
86—95: Erstes Beispiel aus der
Erfahrung: der Vater bausiichtig,
der Sohn bautoll.
86 aedificator ein leidenschaft-
licher Baulicbhaber, Nep. XXV 13, 1
nam cum esset pccuniosus, nemo illo
minus fuit emax, nemo minus acdi-
ficator, Cic. Tusc. IV 27 aliud cst
amatorem esse, aliud amantcm. Vgl
Nilgelsbach Stil. .54. — modo . .
nunc, Ovid. tr. I 2, 27 nam modo
purpureo vires capit curus ab ortu,
nunc zephyrus scro vcspere missus
adest. Die Liebhaberei wendet sich
bald zur Meereskiiste, bald wieder
auf hohe Bergriicken, wie Ilor. ep.
I 1, 85.
LIBRI V SATVRA XIV 271
marmoribus vincens Fortunae atque Herculis aedem, 90
ut spado viucebat Capitolia nostra Posides.
dum sic aedificat Gaetrouius, imminuit rem,
frogit opes, nec parva tameu mensura relictae
partis erat. totam hanc turbavit tilius ameus,
dum meliore novas attollit marmore villas. 95
quidam sortiti metuentem sabbata patrem
nil praeter nubes et caeli numeu adorant,
nec distare putant humana carne suillam,
qua pater abstiuuit, mox et praeputia ponunt;
Romanas autem soliti contemnere leges 100
ludaicum ediscunt et servant ac metuunt ius,
tradidit arcauo quodcumque volumine Moyses,
91 possideus P 92 aedificat W: ergo habitat Pco cetouias P
cretonius pco 102 tradit P
90 Den reichen Tempel der For-
tuna in PrLineste und den des Her-
kules in Tibur, wie der Freigelassene
Posides, der Gunstling des Claudius
(Suet. 28) in Rom sogar das miich-
tige Kapitol {CapitoUa) zu viber-
bieten suchte {vincebat). — Die
aquae Posidianac, prachtvolles Bad
am Strande von Bajae, erwiihnt
Plinins.
92 sic aedificat, nicht hahitat:
mc enim habitando sed aedificando
ctiam divitis res familiaris immi-
nuebatur. Mit aedificat ist eng zu
verbinden das Priisens (nicht Per-
fekt!) imminuit rem.
93 mensura = portio: der Rest
des Vermogens war verhiiltnis-
mafsig noch grofs genug, vgl. zu
4, 72.
94 totam hanc = at enim vero
hanc totam. — turhavit, zu 7, 129.
96 — 106: Zweites Beispiel: wie
der alte Jude, so der junge Jude.
96 metuentem sahbata, i. e. pere-
grinac ludaeorum superstitioni de-
ditum; vgl. Ovid. ars I 76 euUaque
ludaeo septima sacra Syro, und
I 416 culta Palaestino septima festa
Syro, d. h. den Festtag, der auf
den siebenten Wochentag fiillt.
97 Sinn : eie verehren einen
einigen und unBichtbaren, iiber dcn
Wolken thronenden Gott; etwas be-
stimmter Tac. h. V 5 Itidaei mente
sola unumque numen intellegunt:
profanos (esse), qui deum imagines
mortalibus matcriis in sjyecies ho-
minum effingant, summum illud et
aeternum neque imitabile neque in-
teriturum.
98 Sinn: siescheuendasSchweine-
fleisch ebenso sehr wie Menschen-
fleisch; man diirfe jenes so wenig
wie dieses essen, vgl. 6, 160 et vetus
indulget senibus clementia porcis.
99 praeputia 'Vorhaut', cf. ^^''^SS.
Tac. h. V 5 circumcidere genitalia
instituerunt, ut diversitate noscantur,
und knrz vorher: proiectissima ad
libidinem gens alienarum concubitu
abstinent.
100 leges 'Satzungen', d. h. Sitten
und Gebrauche, Tac. nec quicquam
pritis (die Proselyten) inbuuntur
quam contemnere deos, exuere pa-
triam, parentes liberos fratres vilia
hahere.
101 ediscunt lernen griindlich.
Der Ausdruck an sich enthiilt den
BegrifF des Memorierens nicht, vgl.
124 cogit minimas edisccre sordes,
eher weist er auf das Einleben in
das Gesetz hin.
102 quodcumque, auf ius bezogen :
was es auch immer fiir eine Be-
wandnis haben mag mit dem Ge-
setz, das Moses in eincni geheimnis-
voUen Bnche, demPentateuch, iiber-
liefert hat. Der Zusatz quodcumquc
. . tradidit scheint etwas Veracht-
272
IVVENALIS
non monstrare vias eaclem nisi sacra colenti,
quaesitum ad fontem solos deducere verpos.
sed pater in causa, cui septima quaeque fuit lux
ignava et partem vitae non attigit ullam,
sponte tamen iuvenes imitantur cetera, solam
inviti quoque avaritiam exercere iubentur.
fallit enim vitium specie virtutis et umbra,
cum sit triste habitu vultuque et veste severum,
nec dubie tamquam frugi laudetur avarus,
tamquam parcus homo et rerum tutela suarum
certa magis, quam si fortunas servet easdem
Hesperidum serpeus aut Ponticus. adde quod hunc, de
113 quasi P 114 de om. P add. p
105
110
liches anszudrucken, nicht einen
Zweifel iiber Wert oder Unwert
des mosaischen Gesetzes.
103 sq. non monatrare vias und
deducere ist Apposition zu ludai-
cum ediscunt ius: nilinlich das und
das nicht zu thun, oder das und
das zu thun. Dergleichen Ansichten
sind aus dem exklusiven Zusammen-
halten und der Abgeschloseenheit
der j iidischen Glaubensgenossen ent-
standen. Auch das im Verhaltnis
zur griechiscli-romischen Gottesver-
ehrung finstere und strenge Ritual
des jiidischen Gottesdienstes mochte
jene Anschauuug bestarken, vgl.
Tac. h. V 5 quix^pe Liber festos
laetosque ritus posuit, ludaeorum
mos absurdus sordidusque Evang.
Joh. 4, 9 Xsyat ovv avza fj yvvrj
rj UajiaQtzig 'ncog av 'lovSatog lov
tcuq' ifiov Ttistv atvsig, ovarjg yv-
vaiKog 2Ja(iaQCTi8og^ ov yaQ avy-
XQmvraL 'lovdatoi UafiaQtzaig.'
106 partemvilac, eine Verrichfcung,
Obliegenheit oder Aufgabe des
Lebens. Gewolinlicher ist in dieser
Bedeutung der Plural partes; at-
tigit sc. pater.
107—209 : Wider ihren Willen und
wider ihre Neigung wird die Jugend
jetzt zur avaritia erzogen, die doch
dem altromischen Wesen so fremd
war und nunraehr die Quelle alles
Ubels geworden ist.
108 inviti quoque — vel inviti,
vgl. 7, 202 felix ille tamen corvo
quoque rorior albo. Der cllsurlose
Vers mit seinen schwerlalligen V^er-
schleifungen ist vielleicht ebenso
wie 10, 358 nicht absichtlos. Den
iuvenis charakterisiert Hor. ars 164
richtig als uiilium tardus provisor,
prodigus aeris.
109 Hor. ars 25 decipimur specie
recti, Cornif. IV 15 specie gravitatis
falluntur; umbra^hi das Schatten-
bild im Gegensatz zur Wirklichkeit,
Ovid. m. IX 460 mendacique diu pie-
tatis fallitur umbra, den trugerischen
Schein der Schwesterliebe {pietatis)\
folglich ist specie virtutis et umbra
dasselbe wie speciosa virtutis umbra,
der verfiihrerische , lockende oder
glanzende Tugendschein.
110 In Haltung uud Gebarde, so
wie {et) in der Kleidung, denn auf
die avaritia, das vitium, wird iiber-
tragen, was von dem avarus oder
vitiosus gilt. — Hor. ep. II 2, 193
scire volam, quantum simplex hilaris-
que nepoti discrepet et quantum dis-
cordet parcus avaro.
112 rerum tutela, metonymisch
fiir die schiitzende Person (Hiiter),
nach Hor. ep. I 1, 103 rerum tuteJa
mearum cum sis, carm. IV 14, 43
0 ttitela praesens Italiae.
114 Hesperidum serpens {= draco)
ist der Drache, welcher mit der
Priesterin {custos) die goldenen
Apfel im Hain der Hesperiden (5,
152) bewachte, Verg. IV 484 Ilespe-
ridum templi custos epulasquc dra-
coni qUae dabat et sacros servabat
in arbore ramos; der pontische oder
kolchische Draclie ist der Wachtor
des goldenen Vliefses. — adde quod.
LIBRI V SATVRA XIV
273
quo loqnor, egregiiim populus putat adquireudi
artificem; quippe his creseuut patrimonia fabris,
liis crescuut quocumque modo maioraque fiuiit
incude adsidua semperque ardeute camino.
et pater ergo animi felices credit avaros;
cum miratur opes, cum nulla exempla beati
pauperis esse putat, iuvenes hortatur, ut illa
ire via peragant et eidem incumbere sectae.
sunt quaedam vitiorum elementa, his protinus ille
inbuit et cogit miuimas ediscere sordes;
mox adquirendi docet iusatiabile votum.
servorum ventres modio castigat iniquo
ipse quoque esuriens, neque enim omnia sustinet umquam
11.'")
120
125
117 his W: sed Pa maiora sine que P 119 felicis w 120
cura — cum IT.- qui — qui Pco 121 illam w Piiscianus 122
viam co Priscianus peragaut P: pergant co Priseianus 123 ille W:
illis P illos co
wie 15, 47 oder adde mit substan-
tivischem Objekt 12, 46, entspricht
der rhetorischen Prosa.
116 sqq. his fabris ist Dativ und
zu his crcseunt "^ehort 118 der Abl.
inciide und camino. Die Anaphora
{his) steigert das Pathos: solchen
Schmieden wilchst das Vermogen,
ja solchen wiichst und mehrt es
sich auf irgend eine ehrliche oder
unehrliche Weise, in rastloser Tha-
tigkeit {incude assidua). Juv. spielt
an auf Hor. ep. I 1, 65 isne tibi
melius suadet, qui rem facias, rem,
si possis, recte, si non, quocumque
modo rem.
119 sqq. Weil die grofse Menge
ipopulus) so hastige Erwerbsmen-
schen {avaros) riihmt, so hiilt denn
auch der Vater sie fiir innerlich
glCicklich, und wer einmal (als
Vater) nur den Reichtum bewundert
und nur in ihm die Moglichkeit
des Gliickes findet, der driingt und
treibt seine edlen Sohne {iuvenes,
zu 235) auf dieser abschiissigen
Bahn der Habgier immer weiter
und weiter.
122 secta, (Verfolg) Richtung,
vgl. Cic. Cael. 40 haec genera vir-
tutum non solum in moribus nostris,
sed vix iam in libris reperiuntur ;
(hartae quoque, quae illam pristi-
nam severitatem cordinebant, obsole-
verunt, neque solum apud nos, qui
IVVE.NALIS SaTVKAF.
hanc sectam rationcmque vi-
tae re magis quam vcrbis secuti
sumus, sed cticvm apud Graecos alia
quacdam mutatis temporibus prae-
cepta exstiterunt.
123—125: Wie auf dem Wege
zur Tugend und Weisheit (Hor. ep.
I 1, 27) , so giebt es auch auf der
Bahn der Siinde {virtutis, vitiorum)
gewisse Anfangsgriinde {elementa);
in diese weiht der Vater den Sohn
sofort ein dadurch, dafs er ihn an
schmutzige Knickerei im Kleinen
gewohnt, allmiihlich {mox) lehrt er
ihm dann auch des Erwerbens uu-
gestilltes und unbegrenztes Ver-
langen. Die folgende Ausfiihrung
entwickelt zuerst die elementa ava-
ritiae (126 — 134), dann folgt das
stiidium adquircndi (138 — 155).
126 Zur Bekostigung erhielt der
Sklave seine monatliche {mcnstrua)
oder tiigliche {diaria) Ration au Brot
oder Getreide. Der filzige Herr aber
giebt dem Sklaven nicht das volle
Mafs {iustum oder plenum modium,
' g des medimnus oder des preufsi-
schen Scheffels), sondern ein zu
knappes Mafs, denn iniquus ist vox
propria vom falschen Mafs und Ge-
wicht, vgl. 10, 101. Ebenso am
Anfang des Verses findet sich scr-
vorum ventres noch 3, 167.
127 sq. Er hat nur schlechtes,
schimmeliges Brot (caerulei panis),
18
274
IVVENALIS
mucida caerulei panis consumere frusta,
hesternum solitus medio servare minutal
Septembri nec non differre in tempora cenae
alterius conchem aestivam cum parte lacerti
signatam vel dimidio putrique siluro,
filaque sectivi numerata includere porri;
invitatus ad haec aliquis de ponte negabit.
sed quo divitias haec per tormenta coactas,
cum furor haud dubius, cum sit manifesta phrenesis,
ut locuples moriaris, egentis vivere fato?
interea pleno dum turget sacculus ore,
crescit amor nummi, quantum ipsa pecunia crevit,
et minus hanc optat qui non habet. ergo paratur
altera villa tibi — cui rus nunc sufficit unum? —
et proferre libet fines maiorque videtur
130
135
140
131 aestivi pco 138 dam W: cum Pco, cf. 8, 155
cum Pco nuac W: noa Pco
141 cui W:
dennoch kann er es nicbt iiber sich
bringeu {sustinet wie 15, 88) die
kahuigen {mueida) Stiicke alle auf-
zuzehren.
129 sq. medio Septembri, zur Zeit
wo alles, besonders in Italien, so
leicht verdirbt, vgl. 4, 56. — mi-
nutal = edulium ex cibis minuta-
tim concisis, Ragout, aus Resten
vom gestrigen Mahle.
ISlsq. concliem, ''gemeinesBohnen-
gericht', vgl. 3, 293 euius concJie
tumes? — lacerti, einer Makrele.
— siluro, zu 4, 33. Verbinde: cum
parte lacerti vel eum dimidio siluro
signatam (sTtiarKiaivofisvog) concliem,
vgl. Plaut. Pers. 267 rpbi salinum
servo obsignant cum sale.
133 fila porri sectivi, er zahlt die
einzelnen Stengel Schnittlauch nnd
nimmt sie in Verschlufs. Das por-
rum sectile heifst sectivum (Mart.
XIII 18) upd tonsile (Mart. X 48),
daueben gab es porrum cupitatum,
vgl. Mart. III 47 et utrumque porrum.
134 de ponte, ''Bettler', vgl. zu
5, 8.
135—137 Mit sed kniipft der Dich-
ter eine Frage der Indignation an
die bisherige Schilderung veracht-
hcher Knickerei. — quo divitias,
zu 8, 9 u. 142. — phrenesis (qpps-
vrjoig), Hirnwut, Wahnwitz, davou
plirencticus, von dem so verriickten
Menschen, vgl. Hor. ep. I 5, 13 ^jar-
cus ob heredis euram nimiumque
severus adsidet insano, sat. II 3,
108. Phaedr. IV 19 quem fructum
eapis hoc cx labore, quodve, tantum,
est praemium, ut.eareas somno et
aevum in tenebris exigas?
138 dum turget, wie 8, 155 *«-
terea dum lanatas eaedit, iurat so
lam Eponam.
139 Hor. III 16, 17 erescentem
sequitur cura peeuniam maiorumque
fames, Solon 13, 71 (Bgk) nlovxov
d' ovSbv T8Qfia Tiscpaafisvov dvdQccGi-
v.sirai' ctl yaQ vvv rjfiscov Ttl.Bi6xov
iXovoi §iov, dmXaaicog GJisvdovai'
rig av v.oqbgbisv anavTag;
140 paratur, vgl. zu 3, 224 und
14, 200.
141 rus unum, vgl. 10, 225. Dei
Stolz des vornehmen Romers war
in Rom einen Palast {domus) mit
stattlichen Parkanlagen und Spazier-
hallen, aufserhalb der Stadt eine
villa suhurbana und eine villa mari-
tima, dazu aber auch in Italien
mehrere praedia rustica zu besitzen,
vgl. Nep. XXV 14, 3. Ein Gutchen
zu besitzen, zeigte von paupertas,
wie aus Horatius und MartiaHs be-
kannt ist. Dieselbe parenthetische
Frage 9, 24.
142 ct libet, dazu kommt das
Verlangen, dio libido, die an sich
infinita ist, uud daher zur ingens
cupido agros continuandi wird, Hor.
LIBRI V SATVRA XIV
275
et moHor vicina seges: morcaris et haiic et
arbusta et densa montem qui canet oliva.
quorum si pretio domiuus non vincitur ullo,
nocte boves macri lassoque famelica collo
iumenta ad virides huius mittentur aristas,
nec prius inde domum, quam tota novalia saevos
in ventres abeant, ut credas falcibus actum.
dicere vix possis, quam multi talia plorent,
et quot venales iniuria fecerit agros.
sed qui sermones, quam foedae buciua famae.
'quid nocet haec?' inquit Huuicam mihi malo lupini,
quam si me toto laudet vicinia pago
exigui ruris paucissima farra secantem.'
scilicet et morbis et debilitate carebis,
et luctum et curam effugies, et tempora vitae
longa tibi posthac fato meliore dabuntur,
si tantum culti solus possederis agri,
145
150
155
149 habeant P 152 quid P foede P 153 lupina P
II 18, 23 quid quod usque proxi-
mos rcvellis agri terminos et tdtra
Umites dientiuin salis avarus?
144 den^a wird durch die Ciisur
des Verses hervorgehoben und da-
durch leicht mit oliva verbunden;
iiberhaupt umschreibt der Relativ-
satz nur ein zu montem geboriges
Attribut; umgekehrt Hor. ep. 2, 37
quis non malarum quas amor curas
habet haec inter obliviscitur? = ma-
larum amoris curarum.
147 huius, sc. domini qui nullo
pretio vincitur. Plin. XVIII 12 (XII
Tab. VIII 8 Scholl): frugem aratro
quaesitam furtim noctu pavisse ac
secuisse puberi XII tabulis capital
erat suspensumque Cereri necari iube-
bant gravius quam in homicidio
convictum, impuhem praetoris arbi-
tratu verberari twxiamve duplio-
nemve decerni.
148 saevus, gierig, ist eigentlich
Epitheton der cupido, dann des
vetiter, vgl. 175, ahnlich 15, 17
saeva dignum veraque Cliaryhdi.
152 quam foedae famae bucina,
wie schmiihlich der Ruf, den ein
solches Verfahren wie eine Posaune
verbreitet! Cic. fam. XVl21,2 quod
poUiceris te bucinatorem forc existi-
mationis meae.
153 inquit, zur Einfiihrung der
Antwort auf einen Einwurf, ohne
Riicksicht auf einen bestimmten
Gegner, ist in der silbernen Lati-
nitat sehr haufig, vgl. zu 7, 242 u. 10,
291. — Bo\inenh\ihen{tunieae hipini)
wurden oft als Marken verabreicht
oder bei den Spielen unter die Zu-
schaueransgestreut, welcheden Vor-
zeiger zum Empfang eines grofseren
oder kleineren Geschenkes berech-
tigten, vgl. Hor. s. II 3, 182 u. ep.
I 7, 23 quid distent aera lupinis,
d. h. Spielpfennige im Gegensatz
zum wahren Gelde. Dem Filz des
Juv. ist eine Marke, die etwas ein-
bringt, lieber ala die Anerkennung
und das Lob seiuer Nachbarn, wenn
er dabei doch nur arm bleibt.
156 seilicet, ironisch wie 2, 122:
naturlich du glaubst gesund und
gliicklich zu sein, wenn dein Besitz
so grofs ist, wie unter Tatius der
des ganzen romiachen Volkes, ver-
gissest aber des Horazischen Satzes,
ep. I 2, 47 non domus et fundus,
non aeris acervus et auri aegroto
domini deduxit corpore febris, non
animo curas, valeat possessor oportef,
si comportatis rebus bene cogitat tcti.
158 posthac, weiterhin, in Zu-
kunft, vgl. zu 8, 7.
18*
276
IVVENALIS
quantum sub Tatio populus Romanus arabat.
mox etiam fractis aetate ac Punica passis
proelia vel Pyrrhum immanem gladiosque Molossos
tandem pro multis vix iugera biua dabautur
vulneribus, merces haec sanguinis atque laboris
nullis visa umquam meritis minor aut ingratae
curta fides patriae; saturabat glaebula talis
patrem ipsum turbamque casae, qua feta iacebat
uxor et infantes ludebant quattuor, unus
vernula, tres domini, sed magnis fratribus horuni
a scrobe vel sulco redeuntibus altera cena
amplior et grandes furaabant pultibus ollae :
nunc modus hic agri nostro non sufficit horto.
inde fere scelerum causae, nec plura venena
miscuit aut ferro grassatur saepius ullum
160
165
170
168 quattuor et unus P
161—189: Mit 159—160 ist der
tjbergang bereitet zur Betrachtung
cler Einfachheit des altromischen
Lebens und der Gesinnung, welche
die Milnner jener Zeit erfiiUte. Da
durch wird die Wirkung des Kon-
trastes erreicht.
162 sq. Molossos, zu 12, 108. —
Das iugerum hatte 240 Fufs Lange
und 120 Fufs Breite. Dafs zwei
iugera urspriinglich der Besitz einer
(nichtpatrizischen) Familie an Pri-
vatland waren, wird auch sonst be-
zeugt. Zwei iugera erhalten in der
Regel die Bilrger in den Kolonieen,
etwas mehr bei Landverteilungen.
Die zwei iugera waren, wie es
scheint, nur Ackerland, daneben
konnte die Gemeindetrift als W^eide
fiir das Vieh benutzt werden. Naheres
bei Weifsenborn zu Liv. IV 47, 6:
coloni ab urbe (im J. 417) mille et
quingenti missi hina iuqera acce-
perunt, aber schon im J. 369 fragen
Licinius und Sextius die Patrizier:
auderentne postulare, ut, cum hina
iugera agri plehi dividerentur, i^osis
plus quingenta iugera hahere liceret,
ut singtili prope trecentorum civium
possiderent agros, pleheio homini vix
ad tectum necessarium aut locum se-
^mlturae suus paterct ager?
165 sq. Dem Komparativ minor
'zu geiing' entspricht im folgen-
den curta, Werkiirzt, zu knapp',
fides, 'der Dank' des Vaterlandes.
167 turha casae, Familie u. Skla-
ven. — feta, wilhrend in der Kaiser-
zeit Kinderlosigkert ihr Ziel war.
169 vernula, vgl. 10, 117. — tres
domini (Nom., nicht etwa Gen.!),
vgl. [Tac.] dial. 29 nec quisquam
pensi hdbet, quicl coram infante do-
mino aut dicat aut faciat, Liv. X
23, 12 simulacra infantium condi-
torum urhis. — magnis fratrihus
horum, der Freien uud Sklaven.
170 altera cena, denn da die Ar-
beiter vom Felde erst spat heim-
kehrten, hat unterdessen zu Hause
die kleine Gesellschaft ihre Abend-
mahlzeit schou eingenommen.
171 pultihus, vgl. 11, 58 u. 108.
172 horto, vgl. 1, 75.
174 sq. Der BegrifiF venenum mi-
scere steht parallel der Verbindung
ferro grassari (3, 305 ferro subitus
grassator agit rem). Das Perfekt
der Erfahrung verbindet sich sehr
leicht mit dem Prasens der Gewohn-
heit, wie 13, 29 temporihus quorum
sceleri non invenit ipsa nomen et a
nullo posuit natura metallo, 7, 18
nectit quieumque canoris eloquium
vocale modis lauriimqiie momordit,
10, 9 tor-rens dicendi copia multis
et sua mortifera cst facundia, viri-
bus ille confisus periit admircmdis-
quelnccrtis, vgl. 3, 160. 15, 110. 2, 84.
LIBRI V SATVRA XIV
277
luimanae meutis vitium, quam saeva eupido
immodici ceiisus. uam dives qui fieri vult,
et cito vult fieri; sed quae reverentia legum,
qui metus aut pudor est umquam properantis avari?
Vivite conteuti casulis et coUibus istis,
o pueri' Marsus dicebat et Hernicus olim
Vestiuusque senex 'pauem quaeramus aratro,
qui satis est mensis; laudant hoc numina raris,
quorum ope et auxilio gratae post munus aristae
eontinguut liomini veteris fastidia quercus.
uil vetitum fecisse volet, quem uou pudet alto
per glaciem perone tegi, qui summovet euros
pellibus inversis: peregrina iguotaque nobis
ad scelus atque nefas, quaecumque est, purpura ducit.'
haec illi veteres praecepta miuoribus, at uunc
post finem autumui media de nocte supinum
178 qui II': quis Pco 182 quis P
175
180
185
190
178 qiii metus, vgl. 6, 571 qui
mensis damnis, quae dentur tempora
lucro, 11, 33 te consule, dic tihi
qui sis, dagegen 7, 155 quis color
et quod sit causae genus, nosse vo-
lunt otnnes, weil nach einem be-
btimmten rhetorischen Terminus ge-
fragt wird. — pudor 'Ehr- und
Schamgefiihr.
179 istis, wo ihr jetzt lebt. Die
Stadt der Herniker war Anagnia
in Latium, Liv. IX 42, 11, als caput
der Marser nennt Sil. VIII 505 Mar-
ruvium, ostlich vom lacus Fucinus.
Daran grenzen die Paeligni, Mar-
rucini und Vestini, letztere mit der
Hauptstadt Aufinum. Vgl. 3, 169.
18-2 qui satis est, denn dies ge-
niigt unserem Tisch, unserem Be-
diirfnis. — hoc, das panem quaerere
aratro.
184 contingunt fastidia, nicht als
Zufall, wasaccuZMwierfordern wiirde,
sondem als Folge von Einsicht und
Bestrebung (Wunsch) : sie begriffen
bofort den Wert des vnmus aristae.
Vgl. Doderlein, Syn. V 339.
185 Der Inf. Perf. mit velle ist
der rSmischen Gesetzessprache ent-
lehnt; ebenso bei licet und decet,
6, 456 soloccismwn liceat fecisse
mnriio, 11, 202 quos cultae dccet
adsedisse piuellae. — Verg. VII 688
sagt von den Hernikern aus Anagnia:
fulvosque lupi de pelle galeros teg-
men habent capiti, vestigia nuda
sinistri instituere pedis, crudus tegit
altera pero (rauhlederner Sliefel).
186 Senec. dial. XII 10, 2 cor-
poris exigua dcsideria sunt: frigus
summovwi vult, alimcntis famem ac
sitim extinguere; quidquid extra
concupiscitur, vitiis, non usibus labo-
ratur.
187 pcllibus inversis, d. h. Wolf-,
Schaf- oder Ziegenpelz.
188 quaecumque est: 'er spricbt
als einer der noch keinen Purpur
gesehen, und nur im allgemeinen
als von einer neuen und besonderen
Herrlichkeit davon hatredeu horen.'
W. Weber. Vgl. 102.
189 minoribus, zu 1, 148. 2, 146.
8, 234. Die Ellipse des verhum di-
cendi entspricht der lateinischen
Sprachgewohnheit, vgl. Nagelsbach
Stil. 183, 1 u. 5.
190 Hor. s. I 5, 19 stertitque su-
pinus, vom gesunden und festen
Schlaf. — Der romische Herbst
dauerte bis Mitte November. Wah-
rend des Herbstes (August bis Okto-
ber) stockte das Leben iu Rom,
da man der Gesundheit halber {au-
tumnus gravis) den Aufenthalt auf
dem Lande oder im Siiden Italiens
vorzog. Mit Ende des Herbstes
begann die Zeit der ernsten Arbeit
wieder und dazu dje lucuhratio
morgens und abends, vgl. Plin. ep.
278
IVVENALIS
clamosus iuvenem pater excitat: ^ccipe ceras,
scribe, puer, vigila, causas age, perlege rubras
maiorum leges. aut vitem posce libello,
sed caput intactum buxo naresque pilosas
adnotet et grandes miretur Laelius alas;
dirue Maurorum attegias, castella Brigantum,
ut locupletem aquilam tibi sexagesimus annus
adferat. aut longos castrorum ferre labores
si piget et trepidum solvunt tibi cornua ventrem
cum lituis audita, pares quod vendere possis
pluris dimidio, nec te fastidia mercis
ullius subeant ablegandae Tiberim ultra,
neu credas ponendum aliquid discriminis inter
195
200
199 trepido pco
III 6, 8 lucubrare Vulcanalibus in-
cipiebat, non auspicandi causa sed
studcndi statini a nocte mxdta, hieme
vero ob liora scptima, vel cum tar-
dissime, octava, suepe sexta.
192 causas age, jiicht wirkliche
Prozesrse, soudern tJbungen in den
juristischen und rbetorischen Scbu-
len {controversiae). — Die Titel und
Anfauge der Gesetze waren mit
Zinnoberrot oder Mennig ausge-
zeicbnet. Diese Sitte hat sich in
vielen alten Handschriften erhalten.
193 vitem = ceniurionatum, deun
aus Weinrebe bestand der Stab der
Centurionen, womit sie die Soldaten
ziichtigten, vgl. 8, 247. — libello,
Bittschrift, Bewerbung, denn in der
Kaiserzeit erforderte der Gescbilfts-
gang bereits schriftliche Eingaben.
196 Aber wenn du die Eingabe
machst, dann zeige dich auch im
Aufseren recbt mannlich. Dazu ge-
bort, dafs das Haupt vom Kamme
{buxo) unberiihrt geblieben ist, dafs
er das Gegenbild der resinata iu-
ventus (8, 114) darstelle, vgl. 2, 12
liispida membra et durae per brachia
setae promittunt atrocem animum.
— Laelius steht hier vielleicht in
Erinnerung an Lucan. I 356 summi
tum munera pili Laelius emeritique
gerens insignia doni exclamat.
196 attegias 'Erdbiitten', tuguria
oder mapalia, vgl. P. Schroder pho-
nizische Spr. 104. Die hier ange-
deuteten Kampfe bezieheu sich auf
die Zeit von Hadrians Regierungs-
antritt, Ael. Spart. Hadr. 5 nam
deficientibus eis nationibus quas Tra-
ianus subegerat Blauri lacessebant,
Sarmatae bellum inferebant, Brit-
tanni teneri sub Homana dicione
non poterant, ibid. 12 motus Mauro-
rum compressit et a senatu suppli-
cationcs emeruit, iTaid. 11 conversis
/regio more militibus Brittanniam
petit, in qua multa correxit murumque
2:>er LXXX milia passuum pritnus
duxit, qui barbaros Bomanosque di-
videret. Die Brigantes waren ein
kriegerischer Volksstamm im Nor-
den Britanniens gegeniiber von Ir-
land, Tac. Agr, 17. h. III 45.
197 Der silberne oder gbldene
Arller, das signum legionis , stand
in der Schlacht in der ersten Linie
unter Aufsicbt des primipilus , des
ersten Centurio der ersten Kohorte,
Veget. II 8 centurio primipili, qui
aquilue praeerat. — locupletem, denn
der primipilus erhielt die dignitas
und den census equester, Mart. VI
58 sospite me sospes Latias reveheris
ad urbes et referes pili praemia
clarus eques.
200 pares . . possis, so magst du
kaufen, um wieder zu verkaufen,
d. h. Handelsmann werden.
202 In der regio transtiherina
wohnten aufser den Kleinkramern
und Schacherjuden besonders auch
viele Gerber, weil der iible Geruch
des roben Leders in keinem andern
Stadttcil geduldet wurde, Mart. VI
93 detructa cani transtiberina cutis.
LIBRI V SATVRA XIV
279
ungiienta et corium; lucri bonus est odor ex re
qualibet. illa tiio sententia semper in ore
versetur dis atque ipso love digna poeta:
"uude habeas, quaerit uemo, sed oportet babere".
hoc monstraut vetulae pueris repentibus assae,
hoc discunt omues ante alpha et beta puellae.'
talibus instautem monitis quemcumque parentem
sic possem adfari: 'dic, o vanissime, quis te
festiuare iubet? meliorem praesto magistro
discipulum. securus abi: viuceris, ut Aiax
praeteriit Telamonem, ut Pelea vicit Achilles.
parcendum est teneris, nondum implevere medullas:
naturae mala uequitia est. cum pectere barbam
coeperit et longi mucrouem admittere cultri,
205
210
215
216 ruatnrae g
longi ^co.- loDge P
nequitiae cum pw nequitiae ast cum ? 217
204 enthalt eine Anspielung auf
Suet. Vesp. 23 reprehendenti filio
Tito, quod etiam urinae vectigal
commentus esset, pecvniam ex lyrima
pensione admovit ad nares, scisei-
tans 'mim odore offi:nderctur\ et illo
negante 'atcpiin'' inquii 'elotio est\
207 Die Sentenz ist einem griechi-
scben Tragiker entlehnt, die Senec.
ep. XIX 6, 4 nbersetzt hat: Sine me
vocari pcssimum, ut dives vocer. An
dives, ODiyics quacrimus, nemo, an
bonus. Kon qua re et unde, quid
habeas tantum rogant. Vbique tanti
quisque, cpiantum habuit, fuit. Die
Sentenz stimmt iiberein mit 3, 14.S,
wo sie auf Lucilius inc. 23 (M.)
zuruckgefiihrt wird: 2Ma«iM?H habeas,
tantum ipse sics tantique hubearis.
208 assae, die nicht mehr nahrten,
sondern nur die Pflege und Auf-
fiicht iiber die Kinder hatten. Wie
tief die Habgier im Volke safs,
zeigt die Thatsache, dafs schon die
Warterinnen solche Anschauungen
ihren Kleinen beibrachten, ja dafs
auch die Madchn, nicht nur die
Knaben, solche Grundsatze eher
lernten als das ABC. Unmoglich
konnen 208 und 209 zur sententia
des unbekannten Dichters (Lucilius ?)
selbst gehoren.
210 — 314 : Die nngliickseligen Fol-
gen der Habgier und des Reichtums.
211 vanissimus = d&?.icaTarog,
dv6X§iog.
212 praesto, ich stehe dafiir, dafs
schon an und fiir sich der Sohu den
Vater iibertrefien wird, auch ohne
dafs dieser in der Erziehung zum
Geiz allzu grofsen Eifer anwendet,
uach dem Erfahrungssatz bei Hor.
III 6, 47 actas parentum, peior avis,
tulit nos necj[uiores, mox daturos
progeniem vitiosiorem.
213 Die Beispiele sind bitterer
Hohn: so viel als Ajax und Achilles
ihre Vater in der Tapferkeit uber-
trafen, wird dich dein Sohn in der
Schlechtigkeit iibertreffen. Ovid ex
Ponto IV 7, 51 sed tantum virtus
alios tiia praeterit (iiberholt) omnes,
ante citos quantum Pegasus ibat equos.
215 Das Zarte mufs man schonen
(Verg. georg. II 362 chtm prima
novis adolescit frondibus aetas, par-
cendum teneris), das Herz fafst noch
nicht das Gift ausgereifter Schlech-
tigkeit, aber diese bleibt nicht aus,
denn sie ist anerzogen und ange-
wohnt (naturae est).
216 sq. Bart und Haupthaar liefs
der Jiingling bis etwa ins20. Lebens-
jahr foitwachsen; dann erfolgte
unter feierlichen Ceremonieen das
erste Abnehmen. Von dieser Zeit
an blieben in der Regel Bart und
Haar gestutzt. Das erste Haar wurde
in kostbarem Gefiifs verwahrt und
den Laren geweiht, vgl. zu 3, 186.
— longi cultri = novaculae oder
cultri tonsorii Petron. 108.
280
IVVENALIS
falsus erit testis, vendet periuria summa
exigua et Cereris tangeus aramque pedemque.
elatam iam crede nurum, si limina vestra 220
mortifera cum dote subit. quibus illa premetur
per somnum digitis. uam quae terraque marique
adquirenda j)utas, brevior via conferet illi;
nullus enim magni sceleris labor. "haec ego numquam
mandavi" dices olim "nec talia suasi." 225
mentis causa malae tamen est et origo penes te.
nam quisquis magni census praecepit amorem,
et laevo monitu pueros producit avaros,
et qui per fraudes patrimonia conduplicandi
dat libertatem, totas eiiundit habenas 230
curriculo, quem si revoces, subsistere nescit
et te coutempto rapitur metisque relictis.
nemo satis credit, tantum delinquere, quantum
permittas; adeo indulgent sibi latius ipsi.
^^O' om. s conduplicari P, corr. W 230 totas W: et totas Pm
218 sq. summa exigua = pretiis
exiguis (erharmlich) 8, 165. — tangens
aram , zu 13, 89 u. 3, 144. Beiru
Schwur fafste man mit einer Hand
oft auch die Bildsaule einer Gott-
heit an (contingere simulacra) , ut
deus aliquem adrogaret (Plaut. Rud.
1332). Da das Gotterbild aber nicht
selten auf hohem Untersatz stand,
so konnte man mit der Hand oft
nicht mehr als den Fufs erreichen.
Unter dem Schutz der Ceres stand
der Rechtsverkehr und der Kredit.
220 sq. elatam, 'so gat wie be-
graben, d. h. zum Scheiterhaufcn
durch dic Diener des dissignator
(Hor. ep. I 7, 6) getragen'. — Die dos
ist fiir sie mortifera, weil sie grols
ist (cf. 10, 10). Der Frevler will die
dos gewinnen und zugleich sich die
Moglichkeit verschaffen, noch eine
neue dos zu erwerben.
224 Die Miihe, die ein schweres
Verbrechen erfordert, ist gering,
d. h. je ruchloser das Verbrechen,
desto geringer ist die damit ver-
kniipfte Miihe.
225 olim, 'eines Tages', zu 10, 142.
228 laevo, vgl. zu 13, 208. — pro-
ducit avaros, wie 6, 241 flUolam
producere turpem, vgl. 8, 271.
229 per fraudes, vgl. 218. Phaedr.
IV 19, 23 qui dum quadrantes ad-
geras patrimonio, caelum fatigas
sordido periurio.
231 sq. Das Bild, vom V^Tettrennen
im Cirkus entlehnt, erinnert an
Hor. s. I 1, 114 u. Verg. georg. I
511 ut cum carceribus sese effudere
quadrigae, dant spatium spatio et
frustra retinacula tendens fertur
equis auriga neque audit currus
liabenas. — suhsistere nescit,' kann
nicht zum Stillstehen gelangen, also
auch dem Ziigel des Vaters nicht
mehr gehorchen. — Die metae be-
zeichnen die einzelnen spatia der
Rennbahn, die nacheinander durch-
messen werden.
234 Senec. ira I 8, 1 optimum est
primum irritamcntum irae protinus
spernere ipsisque repugnare semini'
bus; nam si coepit ferre transversos,
difficilis ad salutem recursus est,
quoniam, uhi ius illi aliquod volun-
tate nostra datum est, facict quan-
tum volet, non quantum permiseris,
wie iiberhaupt jede Leidenschaft.
— indulgere sihi latius, wie Hor.
s. II 2, 113 integris opibus non lu-
tius iisum quam nunc accisis, 'sich
mehr gehen lassen', 'sichausgedehn-
tere Freibeit nehuien', im Gegen-
satz zur Einschriinkuug, demangustc
LIBRI V SATVRA XIV
281
cum ilieis iiiveni stultum, qui doiiet amico,
cjui paupertiitem levet attollatc][ue propiuqui,
et spoliare doees et circumscribere et ouini
crimiue divitias adciuirere, quarum amor iu te,
(|uantus erat patriae Deciorum iu pectore, quautum
clilexit Tbebas, si Graecia vera, Menoeceus,
in quorum sulcis legiones deutibus anguis
cum clipeis nascuutur et borrida bella capessuut
continuo, tamquam et tubiceu surrexerit uua.
ergo ignem, cuius sciutillas ipse dedisti,
llagrantem late et rapientem cuncta videbis.
nec tibi parcetur misero, trepidumque magistrum
in cavea maguo fremitu leo tollet alumuus.
nota matbematicis genesis tua, sed grave tardas
expectare colus; morieris stamine nondum
abrupto. iam nunc obstas et vota moraris,
iam torquet iuvenem longa et cervina senectus.
235
240
245
250
240 veraque moenoceus P 241 quaruiii s 250 voto P
uti, z. B. Caes. b. c. TII 16 re fru-
mentaria avguste nti, 1, 59 anguste
pabidari, b. g. V 24 frumentum per
siccitatcs atigustius provencrat.
2.35 iuveni , vom erwachsenen
Sobne wie 23. 251, oder 121 iuvenes,
von den Sohnen.
236 aftoUcre ist Steigerung von
lcvare oder erigere (vgl. 95 mit 1,
94), {opihus) attollcre aliqucm wie
bei Tac. h. IV 52 rcmpuhUcam hcllo
armisque attoUere.
237 circumscrihere , vgl. 15, 136
pupiUum ad iura vocantem circum-
sc) iptorem.
239 Decioriim, vgl. 8, 254 plcheiae
Deciorum animae, pleheia fuerunt
nomina.
-240 si Graecia vera, zu 10, 174.
Menoikeus' Opfertod fiir Thebon
wahrend der Belagerung des Adra-
stos und Polyneikes gehort zum
thebanischcn Sagenkreis undwurde
auch in der Tragodie vielfach ge-
feiert: er versohnte den Ares und
retteti- die Stadt, vgl. Eurip. Phoen.
913. 936. 1009.
241 DasRelativumgMorMmistnicht
anf TJuhas, sondern auf Graecia zu
beziehen : miruhilia cnim vcro Graeci
cmentiuntur, (juorum in sulcis legi-
ones scilicet nascuntur! Die Sage
schildei-t Ovid. m. III 104-130.
243 tuhicen, vgl. 1, 169.
244 ergo {ut dixi) fiihrt zum
unterbrocheuen Thema zuriick.
247 magno frcmitu 'unter lauteni
Gebriill', wie der Lowe im Kafig,
der sich gegen seinen eigenen Wiir-
ter erhebt. Die Vergleichspartikel
fehlt wie 8, 130 unguibus ire parut
nummos raptura Celaeno; vgL aucli
9, 61 u. 15, 22. Als solch ein ver-
zogener leo alicnmus des Demos zu
Athen wird in der Platonischen
Republik Alkibiades geschildert.
248 gcnesis — genitura, 'Natali-
tilt', mit der das ganze Lebens-
schicksal verkniipft ist, vgl. 6, 579.
Zu den Merkmalen der ferrea uctas
zahlt schon Ovid. m. I 146 imminet
exitio vir coniugis, illa mariti; lurida
terrihilcs miscent aconita novercae,
filius antc diem patrios incjuirit in
annos.
250 sq. Ovid. m. VII I 71 sohis (ge-
nitor) mea vota moratur. — Wegen
cervina senectus vgl. Plin. h. n. VIII
119 vita cervis in confesso longa,
post centum annos a (juibusdam cap-
tis cum torquihus aurcii, quos Ale-
xundcr 31. addiderat, adopcrtis iam
cute in magna ohesitate; ein alter
Volksfflaube dichtete dem Hirsche
eine Lebensdauer von 36 Menschen-
282
IVVENALIS
ocius Archigenen quaere atque eme, quod Mithridates
composuit; si vis aliam decerpere ficum
atque alias tractare rosas, medicamen liabendum est,
sorbere ante cibum quod debeat et pater et rex.'
monstro voluptatem egregiam, cui nulla theatra,
nulla aequare queas praetoris pulpita lauti,
si spectes, quanto capitis discrimine coustent
incrementa domus, aerata multus in arca
fiscus et ad vigilem ponendi Castora nummi,
ex quo Mars Vltor galeam quoque perdidit et res
non potuit servare suas. ergo omnia Florae
et Cereris licet et Cybeles aulaea relinquas;
tanto maiores humana negotia ludi.
au magis oblectant auimum iactata petauro
corpora quique solet rectum descendere funem,
quam tu, Corycia semper qui puppe moraris
255
260
265
255 sorbere et aute P
altern an. In einem Hesiodischcn
Brucbstiicke ivvsa xoi ^cosi ysvsocs
Xciy,iQV^a KOQcovrj (xvSqcov rj^oivtcov,
tXacpos ds T£ TsrQOiy.6QCOvog.
252 Arehigenen, zu 6, 236 u. 13,
98. — Mithridates, zu 6, 661.
253 sq. aliam ficum, alias rosas,
einen weiteren Herbst, einen wei-
teren Sommer erleben, vgl. 10, 150.
— tradare, 'in die Hand nehmen',
Cic. Tusc. V 111 ea non versari in
ulJa ociilorum iucunditate, ut ca,
quae gustemus, olfaciamus, tractcmus,
audiamus, in ea ipsa, ubi sentimus,
parte versentur.
256 monstro, wie 10, 363.
257 Der Prator prasidierte in der
Kaiserzeit bei den ludi scaenici
und circenses, vgl. 10, 36 und 11,
193. Er heilst laiitus wegen des
Aufwandes, den er auf die Spiele
verwendet.
259 aerata, zu 1, 90.
260 sq. fiscus, nicht selten vom
privaten Vermogen, urspriinglich
Geldkorb oder Geldsack. Am Tem-
pel des Castor und Pollux auf deni
forum Romanum befanden sich die
Wechslerbuden, wo auch Geschilfts-
leute und Private ihr Geld depo-
nierten, vgl. zu 10, 25. Zum Depot
ihrer Kassen benutzten dieWechsler
den Tempel des Castor und wohl
auch die benachbarten Tempel, wie
den des Mars Ultor, den Augustus
zur Erinnerung an den Sieg bei
Philippi auf dem -forum Augusti er-
baut hatte. In Domitians oder Tra-
jans Zeit scheint dieser Tempel be-
stohlen worden zu sein, wobei nicht
nnr Privatvermogen (res suas), son-
dern auch der goldene Helm des
Gottes (vgl. 13, 147) geraubt wurde.
262 sq. Also, wie gesagt, alh; Schau-
spiele (aulaea) an den Cerealien(Mitte
April), Floralien (vom 28. April bis
zum 3. Mai) und Megalesien (im
April) sind unbedeutend gegeniiber
den Schauspielen, die das tagliche
Leben uns vorfiihrt, nach Hor. ep.
II 1, 198 spectaret (Democritus) po-
imlum ludis attentius ipsis, iit sihi
praebentem nimio spectacula pJwa.
265 Der Seiltanzer, welcher fiir
Gekl sein Leben wagt, ist noch
verniinftiger als der Habgierige, der
um des Geldes willen sich der Ge-
fahr aussetzt. Auf dem petaurum,
einem ziemlich hohen Schaukel-
geriiste oder einer Flugmaschine,
fiihrten die Equilibristen ( pelau-
ristae) ihre Kunststiicke aus, vgl.
Weise 301. Auf dem gespaunten
Seile, von der Orchestra bis zu den
hochsten Punkten des Theaters, be-
wegte sich der schoenobates oder
catadronius.
267 Corycus, Stadt und Vorge-
I
LIBRI V SATVRA XIV
283
atque babitas coro semper tolleutlus et austro,
perditus ac vilis sacci mercator olentis,
qui gauiles piugue autiquae Je litore Cretae '270
imssum et municipes lovis advexisse lagonas?
liie tameu ancipiti figens vestigia planta
victum illa mercede parat, brumamque famemque
illa reste cavet: tu propter mille talenta
et ceutum villas temerarius. aspice portus 275
et pleuum magnis trabibus mare: plus hominum est iam
in pelago. veniet classis, quocumque vocarit
spes lucri, uec Carpathium Gaetulaque tautum
aequora transiliet, sed longe Calpe relicta
audiet Herculeo strideutem gurgite solem. 280
grande operae pretium est, ut tenso folle reverti
inde domum possis tumidaque superbus akita,
Oceani monstra et iuvenes vidisse marinos.
birge gleiches Namens in Cilicien,
war durcli seinen Krlinterbau be-
riihmt, vgl. Plin. h. n. XXI Sl prima
nobilitas Cilicio {croco) et ihi in
Cortjco monte.
269 'Perditus ac vilis dicitur navi-
gator, quia magnas miscrias et multa
pericula suhit et propter divitiarum
conquirendarum studium avaritiam-
que inde ortam contemptus est. '
E. Weber. — olentis 'iibelriechend',
weil die verschiedenen Gewiirze und
Droguerieen unter einander einen
scharfen und widerlichen Misch-
geruch geben. W. E. Weber.
271 passum (von pandere, auf die
Darre legen') ist Wein aus getrock-
neten Trauben (ura pa.ssa), dicker
Rosinenwein, vgl. Plaut. Pseud. 720
(740 R.) murrinam, passum, defru-
tum,meUinam quiuismodi. — DerBe-
griff Creticae wird komisch mit
munieipes lovis umschrieben, vg].
4, 33 vendere municipes fracta de
m^rce siluros.
272 vestigia figere (= ponere), auf-
treten, eiuherschreiten, vom schor-
nohates. — ancipiti planta , un-
sicheren, gefahrdeten Fufses.
273 sq. hrimam cavet, nach Hor,
8. I 2, 6 inoiji dare nolit amico,
frigus quo duramque famem pro-
petlere possit.
275 temerarius ' unverniinftiger
Wagehals', denn er erwirbt nur,
um zu erwerben, nicht um zu ge-
niefsen.
278 Carpathium mare, zwischcn
Rhodus und Kreta, Hor. IV 5, 10,
KccQTia&og rivfuosaaa schon Hym.
in Apoll. 43, war die Handels-
strafse nach Kloinasien, Hor. I 35, 7
quicumque Bithyna laccssit Carpa-
thium pelagus carina. Dagegen be-
zeichnet Gaetula aequora die Han-
deisstrafse nach dem westlichen
Afrika.
279 sq. transiUet nach Hor. I 3,
24 non tangenda rates transiliunt
vada. — KaXnri war ein Ort boi
Gibraltar, wo man sich die Saulen
des Horkules dachte; xo KdXnrj OQog,
der Folsen Gibraltar, wurde selbst
als eine der Silulen des Herkulcs
gedacht. Der kiihne Seefahrer wagt
sich noch weit iiber dieses Ende
der bekannten Welt hinaus (longe
relicta) auf das Fabelmeer des Her-
kules, den Atlantischen Ocean, wo
die gliibende Sonnenmasse {uvdgog
diuTtvQog) zischendimWasser unter-
taucht, stridens = t^cov.
281 tenso foJle, vgl. 13, 61.
282 aluta, metonymisch fiir pa-
sceo7ws,GeIdbeuteI,Lucil.XI!I14(M.)
adde Syracusis sola pasceolumque
et alutam.
283 iuvenes marinos, vgl. Plin. h.
n. IX 10 auctores habeo in equestri
ordine splendentis visum ah eis in
Gaditano oceano marinum hominevi
284
IVVENALIS
iiOD uiius mentes agitat furor. ille sororis
in manibus vultu Eumenidum terretur et igui,
hic bove percusso mugire Agamemnona credit
aut Ithacum: parcat tunicis licet atque laceruis,
curatoris eget, qui navem mercibus implet
ad summum latus et tabula distinguitur unda,
cum sit causa mali tanti et discriminis huius
concisum argentum in titulos faciesque minutas.
occurrunt nubes et fulgura: ''solvite funem'
frumenti dominus clamat piperisve coempti
^nil color hic caeli, nil fascia nigra minatur;
aestivum tonat'. iufelix hac forsitan ipsa
nocte cadet fractis trabibus fiuctuque premetur
obrutus et zonam laeva morsuque tenebit.
sed cuius votis modo non suffecerat aurum,
quod Tagus et rutila volvit Pactolus harena,
285
290
295
289 u*da P 296 cadit P
toto corpore absolufa simiUtudine.
Sehr haufig glaubte man Seejung-
fern, die Nereiden uud den Triton,
7A\ sehen, Plin. ibid. 9 et Nereidum
{forma) falsa non est, squamis modo
hispido corpore etiam qua humanam
effigiem hahent.
284 Scene aus dem Orestes des
Euripides : Orestes sieht im Wahn-
sinn die Furien mit grafslichen
Gesichtern und brennenden Fackeln
auf sich einsturmen, Elektra, die
treue Schwester, halt ihn in ihren
Armen fest, um das wilde Unge-
tiim der Raserei zuriickzuhalten
(Eur. 260 sq.).
286 Scene aus dem rasenden Aias
des Sophokles.
287 Erscheint der Habgierige,
der um des nichtswiirdigen Geldes
willen sich in Lebensgefahr begiebt,
auch iiufserlich verniinftig, insofern
er nicht wie ein Rasender sich die
Kleider zerreifst, so ist er doch
nicht weniger toll und verdientdcs-
wegen unter Kuratel gestellt zu
werden. Die XII tabulae (5, 7) be-
stimmten: si furiosus escit, ast ei
custos nec escit, adgnatum genti-
liumque in eo pccuniaque eius po-
testas esto. Es wurde deranach dem
furiosus (und excmplo furiosi dem
prodigus) durch magistratische Ver-
ordnung {interdicto) die freie Ver-
fiigung iiber sein Vermogen ent-
zogen und ihm aus der Zahl der
Agnaten ein Kurator bestellt, vgl.
Hor. ep. I 1, 102'.
289 tabula dist. unda, sich nur
mittels einer zerbrechlichen Plauke
ilber dem Wasser erhalt, vgL 12, 59.
291 Die Miinzen trugen das IBild
des Kaisers, nicht selten auch seine
Ehrentitel, vgl. 6, 205 scripto radiat
Germanicus auro.
292 Ebenso steht occurrit 1, 09
asyndetisch zur Fortfiihrung der
begonnenen Schildernng am Anfang
des Verses. — Verg. V 773 agnam
caedcre deinde iubet solvique ex
ordine funem, d. h. XveaaQ^ai xa nfi-
cfiKta, ib. III 639 fugite atque a litore
funcm rumpite, i. e. retinaculum.
294 fascia, ein Wolkenstreifen
am Himmel.
295 aestivum tonat, wie 3, 107
rectum minxit amicus, 1, 16 aUum
dormire, 6, 485 horrendum intonarc,
517 grande sonat. — forsitan, 'mog-
licherweise', verbindet sich leicht
mit dem eventuellen Futur, vgl. zu
1, 150.
297 Er schwimmt mit der Rech-
ten; mit der Linken halt er die
Geldkatze, und weil sie zu schwer
ist, fafst er sie zugleich mit den
Ziibnen.
299 Claudian. I 51 quantumstagna
LIBRI V SATVRA XIV 285
frig-ida siifficieiit velautes inguiua pauui 300
oxiguusque cibus, mersa rate uaufragus assem
(lum rogat et pieta. se tempestate tuetur.
tautis parta malis cura maiore metuque
servautur, misera est magui custotlia ceusus.
(lispositis praetlives amis vigilare cohortem 305
servorum uoctu Liciuus iubet, attouitus pro
electro signisque suis Phrygiaque cohimna
atque ebore et hita testuthue. dolia uutli
uou artleut cyuici; si fregeris, altera fiet
cras ilomus, atque eatlem plumbo commissa mauebit. 310
seusit Alexautler, testa cum vitlit in illa
maguum habitatorem, quauto felicior hic qui
uil cuperet, quam qui totum sibi posceret orbem
300 velantis P 305 prodives P
Tagi rudibus stillantia venis efflii-
xere dccus , quanto pretiosa metallo
llcrmi ripa micat, qunntas per
Lydia culta despumat rutilas dives
Pactolus harenas. Das Gold des
Tagus uod Paktolus gehoit zur
dichterischen Phraseologie der Kai-
serzeit.
302 Verungliickte Schiffer liefsen
ihren Unfall von einem gewohn-
lichen Maler darstellen und be-
nutzten daun das Gemiilde zur Er-
reguDg des Mitleids und der Barm-
herzigkeit, Hor. ep. II 3, 21 dum
fractis enatat exspes navibus, aere
dato fiui pingitur, Pers. 1, 88 q^uippe
et cantet si naufragus , assem pro-
tulerim; cantas, cum fracta te in
trabe pictum ex umcro portes? Nicht
selten wurde die tabula votiva einem
Tempel (besonders der Isis) geweiht
oder an ein Gotterbild gehiingt,
w(j der Bettler sich niederliefs und
die Voriibergehenden um ein Al-
mosen anflehte, vgl. 12, 27.
303 Xoch schlimmer ist es, den
im gliicklichen Falle en-ungenen
Reichtum zu beschutzen und zu
erbalten, wobei man freilich an die
vielgrolsereUnaicherheitdesPrivat-
eigentums imAltertumdenken raufs.
305 sq. Wie die vigiles in verschie-
denen Kegion&n Roms die Nacht-
und Feu<;rwache versahen, so unter-
bielt der reiche Licinus (1, 109)
in seinen Besitzungen eine ganze
Sklavenschar nur zu dem Zwecke,
um mit dem Wasser- und Feuer-
eimer (amis) seine Kostbarkeiteu
zu schiitzen. — attonitus, 'iingstlich
besorgt', ein Lieblingswortdes Juve-
nal, vgl. 4, 77. 7, 66. 8, 238. 11,
199. 15, 13.
307 clectrum, 'Bernstein', damals
ein Luxusgegenstand , vgl. 5, 38;
schwerlich ist hier unter electrum
die uralte Mischung von % Gold
und Ys Silber zu verstehen. —
Plmjgia = marmore Phrygio , von
Synnada, der eine rotlichblaulich
gefleckte Farbe hatte, vgl. Plin. h.
n. XXXVI 102.
308 Zu ebore vgl. 11, 123, zu lata
testudine 11, 94. — Das dolium {ni-
Q^oq), ein Stiickfufs von Thon, war
so grofs und geriiumig, dafs schon
im peloponnesischen Kriege armc
Leute darin ein Unterkomraen fan-
den, Aristoph. eq. 792 os xovtov
OQUiv otyiovvx iv xaig Tzi&dyivcciai
(= nid^oig) x«t yvTiccQiot.g ■nal nvq-
yiSioig txog oySoov ov-k iXsaiQSig;
Marquardt V 2, 242.
309 sq. Cato r. r. 39 dolia plumbo
vincito. Statt atque eadem konnte
man eher atque adeo erwarten. —
Das Zusammentreffen Alexanders
mit Diogenes erziihlt Plut. Alex.
14, wo es vom Diogenes heifst:
txv%i 8\ KKXCitiSL^svog iv TjXlO}.
313 Cic. Tusc. V 92 et hic quidem
disputare solebat, quanto regem Per-
286
IVVENALIS
passurus gestis aequanda pericula rebus.
nullum numeu habes, si sit prudentia, nos te,
nos facimus, Fortuua, deam. mensura tamen quae
sufficiat census, si quis me consulat, edam:
in quantum sitis atque fames et frigora poscuut,
quantum, Epicure, tibi parvis suffecit in hortis,
quautum Socratici ceperunt ante penates;
numquam aliud natura, aliud sapientia dicit.
acribus exemplis videor te cludere? misce
ergo aliquid nostris de moribus, effice summam,
bis septem ordinibus quam lex dignatur Othonis.
haec quoque si rugam trahit extenditque labellum,
sume duos equites, fac tertia quadringenta.
si nondum implevi gremium, si panditur ultra.
315
320
325
319 sufficit P 322 videar p
sarum vita fortunaque superaret:
sibi nihil deesse, illi nihil sutis um-
qiiam fore; se eius voluptates non
desiderare, quibus numquam satiari
ille posset, suas eum consequi nullo
modo posse. — totum orbem, vgl.
10, 168.
314 aequanda, vgl. 10, 97—98.
315 — 316 finden sich bereits 10,
365—366. Offeubar verweist hier
der Dichter auf seineu schon friiher
ausgesprochenen Satz, denn der
Zusammenhang ist nicht so natiir-
iich als in der zehnten Satire. Er
will also sagen: doch um hier
nicht weiter vou den Qualen und
Martern des Reichtums zu sprechen,
so erinnere ich hier nur kurz an
die zehnte Satire, in der gezeigt
ist, wie wir durch das Streben nach
Reichtum ebenso sehr wie durch
das Verlangen nach Macht und
Ruhm unsere Selbstandigkeit ver-
lieren uud Sklaven der wechseln-
den Fortuna werden.
B18 in quantmn, hochsteus so viel
als die Natur, d. h. sitis und fames
uud frigora, fordert, und auch in
der That Philosopheu wie Epikuros
und Sokrates geniigt hat. Denn
Natur und Philosophie stimmeu
immer iiberein. Die Verbindnng in
quantum fiir quantum ist selten und
dichterisch, bei Juv. nur hicr. Den
Gedanken Juveuals entwickelt Sen.
ep. 4, 10 lex naturae scis quos no-
his terminos statuat: non esurire,
non sitire, non algere. ut famem
sitimque depellas, non est necesse
superbis adsidere liminibus nec super-
cilium grave et contumeliosam etiam
humilitatem perpeti, non est neccsse
maria temptare nec sequi castra:
parabile est quod natura desiderat,
et adpositum. ad supervacua su-
datur ; ibid. 18, 9 Epicurus quidem
gloriatur non toto asse pasci, Metro-
dorum, qui nondum tantum pro-
fecerit, toto.
319 hortis, vgl. 13, 123.
322 Du meinst, so strerfge Bei-
spiele wie die Geniigsamkeit eines
Epikuros oder Sokrates passen nicht
mehr fiir unsere Zeit.
324 Umschreibung des Ritter-
census; L. Roscius Otho tr. pL (im
Jahre 65) legem tulit ut equitibus
Bomanis in theatro XIV ordincs
proximi, d. h. der Orchestra und
den Senatoren, assignarentur Liv.
per. 99. Vgl. zu 3, 159. — dignari
aliquid aliqiia re ist dichterisch.
325 Der Affekt des spottischen
Liichelns oder Widerwillens offnet
unwillkiirlich die Lippen und zieht
eine Falte auf dem Gesicht, vgl.
13, 265 densissima ruga cogitur in
frontem.
326 duodecies sestertium betriigt
der census senatorius, Suet. Aug. 41.
327 grcmium (zu 7, 215) ist sym-
LIBRI V SATVRA XV
287
nec Croesi fortnna nmqnam nec Persica regna
snfficieut auimo nec divitiae Narcissi,
iudulsit Caesar cui Claudius omnia, cuius
paruit imperiis nxorem occidere inssus.
330
SATVRA XV
Quis nescit, Yolusi Bitliynice, qualia demeus
Aegyptos portenta colat? crocodilon adorat
pars haee, illa pavet saturam serpentibus ibin.
effigies sacri uitet aurea cercopitheci,
dimidio magicae resouant ubi Memnone chordae
bolischer Ausdruck der Begehrlich-
keit {cota).
331 Vgl. zu 10, 330. Tac. 11,
30 und 33.
Sat. XV.
Die Satire hat zum Inhalt die
Erzahlung einer That von ganz
unmenschlicher Eoheit, die unter
dem Kaiser Hadrian im J. 127 n. Chr.
ip Oberilgypten begangen wurde.
Ahnliche Vorgange, meist Aufse-
rungen des religiosen Fanatismus,
werden auch sonst erwiihnt, vgl.
Mommsen R. O. V 581. Ort der
Handlung war Tentyra, dessen Be-
wohner von den Ombiten iiberfallen
wnrden. Das bekannte Omboi liegt
aber viel zu weit siidlich von Ten-
tyra, als dafs es vom Dichter als
Nachbargemeinde hatte bezeichnet
werden konnen. Nachbai-ofadte von
Tentyra waren ■ im Siiden Koptos,
im Norden Ptolemais und Chem-
mis. Man hat deshalb V. 35 ardet
adhuc Coptos et Tentyra korrigieren
woUen. Da indessen auch die Liste
des Ravennaten (nach Mommsen
R. G. V 580 n.) Tentyra und Ombi
zusammen nennt, so ist die Mog-
lichkeit nicht ausgeschlossen', daJs
es damals in der Nahe von Ten-
tyra ein zweites Ombi gegeben hat.
1 Volusius Bithynicus ist sonst
nicht bekannt; iiber das Geschlecht
selbst vgl Nipperdey zu Tac. III 30.
2 portenta, Wundergestalten. —
colat, als Gotter.
3 pavct ist eine Steigerung von
reveretur et colit. Der Tievdienst
war an den einzelnen Orten ver-
schieden, z. B. waven die Ombiteu
Verehrer des Krokodils, wahrend
die Tentyriten ea jagten und tote-
ten, vgL Plut. Os. 72. Diod. II 4.
5 magicae chordae, geheimnis-
voUe Klange. — Die Granitstatue
dcs Memnon, des vor Troja ge-
fallenen Sohnes des Tithonos und
der Aurora, war in der Niihe von
Theben in Oberagypten. Noch jetzt
befinden sich dort zwei sitzende
Kolosse, welche beide den Konig
Amenophis IIL aus der 18. Dynastie
daistellen. In dem nordlichen Ko-
lofs glaubten die Griechen den
Memnon zu finden. Auf seinen Bei-
nen befinden sich zablreiche grie-
chische und lateinische Inschrifteti
aus der Zeit von Nero bis Septi-
mius Severus von solchen, welche
das Tonen des Kolosses gehort haben,
vgl. Ilenzen Inscr. 5304 sqq. Des
Morgens bei Sonnenaufgang glaubte
man musikalische Tone aus dem
Kolofs zu vernehmen. Der Kolofs
war 27 v. Chr. durch eiu Erdbeben
zerbrochen {dimidius) und ist von
Septimius Severus restauriert wor-
den. Strabo XVil 1, 46 bezeichnet
den Ton als xpocpog wg dv nXr]yrjg
ov \i£ydlrig, imd fiigt hinzu: v.dya}
St nccQcov inl t(ov roncov nsQi coquv
nQWtrjV r]'/.ovGcc rov ipocpov Hts d'
ccno Tr,g ^doscog, sit' dnh xov -/.o-
XoGGOv , ii'z tnLtrjScg tcav v.vtiXco
•nal nsQi triv ^doiv t^QVfifvcov tivog
notTjGavtog tbv ipocpov , ovv. i'xco
dLiaxvQiaaoQai. Vgl. Nii^perdey zu
Tac. II 61.
288
IVVENALIS
atque vetus Thebe ceutum iacet obruta portis.
illic aeluros, hic piscem fluminis, illic
ojjpida tota canem veuerautur, nemo Dianam.
porrum et caepe nefas violare et fraugere morsu:
o sanctas gentes, quibus haec nascuntur in hortis
numina. lauatis animalibus abstinet omnis
mensa, nefas illis fetum iugulare capellae:
carnibus humanis vesci licet. attonito cum
tale super cenam facinus narraret Vlixes
Alcinoo, bilem aut risum fortasse quibusdam
moverat ut mendax aretalogus. 'iu mare nemo
10
15
6 obrupta P
in ma**que nemo P
7 aeluros Brodaeus: aeruleos P caeruleos co
IG
6. Hom. II. IX 383 nennt daa
agyptische Theben iiiccto^nvXot.
Tac. n 60 niox visit {Germanicus)
veterum Theharum viagna vestigia.
7 aeluros, der Katzen- und Hunde-
dienst der Agypter ist aus Herod.
n 66 bekannt; die Verehrung vou
Nilfischen (piscem fluminis) erwahnt
auch Plut. Os. 72.
8 nemo Dianam, d. h. eine men-
schenabnliche, idealschone Gottei'-
gestait. Denn eine Gottheit, welche
Herodot Artemis nennt, hatten die
Agypter, vgl. Stein zu Herod. H 60.
155 (Leto — Mut), ebenso den Apollo,
d. h. einen Sohn des Osiris, vgl.
Herod. H 144.
9 Plin. h. n. XIX 101 aUium ee-
j)asqiie inter deos in iureirando habet.
Von den Bohnen bemerkt Herod.
11 37 Kvccfiovg ds ovts zi iiccla ansi-
Qovai sv xri xcoqtj ovts aipovxES
nccxiovrcci' ot S\ drj iQ^g ovdh
OQSOvtig ccvBxovxai, voiii'C,ovT.£g ov
■ncc&aQOv fiiv slvai oanQiov. Da-
gegen II 125 asarjfiavzai Sicc yQafi-
fiuTcav iv zfj ■KVQafibiSi oaa f? rs
cvQfiairjv (Rettig?) 7to:t ■nqofifiva yial
aKOQoSa dvai.aifioo&r} roiai sQya^o-
fiivoiai. Die Gebrauche waren eben
lokal verschieden.
11 Des Schafs und der Kuh ent-
hielt sich ganz Agypten als der
besten Helfer der menschlichen
Existenz und von den Gottern be-
sonders geliebter, ja sie repriisen-
tierender Tiere. Die Geis oder das
Bockgeschlecht war vorzugsweise
den Bewohnern von Mendes heilig.
Weber.
14—32 Sinn : Menschenfresserei
ist so widernatiirlich, dafs manschon
iu don Zeiten des Alkinous, als
Odysseus Beisi^iele erziihlte, dem
Erzahler mit Unwillen und Un-
glauben begegnete, da er fiir seine
Berichte keine Ze-ugen hatte. Den-
noch kommen Thaten solch un-
menschlicher Barbarei auch noch
iu unserer Zeit vor, ja ich erzilhle
aus jiingster Zeit eine solche That,
die sogar ein ganzes Volk veriibt
hat und darum alle Greuel der
Tragodie Gberragt.
13 Der rhetorische Eifer lafst
den Dichter uber das Unwahise seines
Kontrastes hinwegsehen, denn der
Tierdienst oder die Schonung niitz-
licher Tiere war allgemein, der
Kanuibalismus war dies nicht, son-
dern nur momentaner Ausbruch ge-
steigerter Wut oder des religioseu
Fanatismus. — attonito, zu 13, 194.
15 fortasse quihusdam, gewifs bei
vielen, gehort nicht allein zu atit
risum, sondern auch zu hilcm mo-
rcrat: einzelnen mochten solche
Dinge dennoch als Wahrheit er-
scheinen.
16 Suet. Aug. 74 (wahrend des
Gastgelages) aut acroamata et hi-
strioncs aut etiam triviales ex circo
ludios interponehat ac frequentius
aretalogos. Solche aretalogi warcn
zuni Teil verkommene Philosoijhen,
die sich in voruehraen Hiiusern
nicht seltcn zur Klasse der scurrac,
LIBRI V SATVRA XV
289
luuic abicit, saeva diguum veraque Cliarybcli,
tingeutem immaues Laestr^-gouas atque Cyclopas?
uam citius Scyllam vel coucurreutia saxa
Cyaueis, pleuos et tempestatibus utres
crediderim, aut teuui percussum verbere Circes,
et cum remigibus gruuuisse Elpeuora porcis.
tam vacui capitis populum Phaeaca putavit?'
sic aliquis merito uoudum ebrius et miuimum qui
de Corcyraea temetum duxerat urna;
solus enim baec Ithacus uullo sub teste cauebat.
nos mirauda quidem, sed nuper consule lunco
gesta super calidae referemus moenia Copti,
nos vulgi scelus et cuuctis graviora cothuruis;
20
25
•23 sic vacuum cerebri Priscianus GLK. III p. 21S 26 hic P
der fitjuo^ '^^^ yfAcoroTroiot erniedrig-
ten und dann als ala^ovsq (= men-
ilaces) ersrhienen. Verwandt sind
die rj9oX6yot, die niit Sittenspriiclien
um sich warfen, wie im 17. und
18. Jahrhundert die Hofaarren.
17 saevaCharybdi, zu 14, 148. Die
mayxrat Homers (Od. XII 59)
dachte sich das Altertum in der
Nahe Siciliens, dagegen die Zv[i-
nXrjydSfg (ApoH. Rhod. II 318 ns-
zQug Kvavsug) versetzte die Argo-
uautensage an den Eingang des
Pontos Euxeinos {ini tov Ilovzi-noi}
Gzofiazog rjaav v.ai Kvavsai B-na-
lovvzo Sia zo XQ^f^^, Schol. ApoII.
II 317). Cyaneis ex niea sententia
{non dativus sed) ablativus est et
indicat regiotiein (Lokalis), in qua
saxa iUa concurrunt, E. Weber 375.
20 titres, des Aolus, Od. X 1—75.
22 remigibus porcis, wie 6, 118
meretrix Augusta, 8, 148 mulio
consul, 9, 61 collusore cateUo, 14,
247 leo alumnus. — Elpenor konnte
zu den 22 Gefahrten des Eury-
lochos gehoren (Od. X 208), die
Kirke in Schweine, dann aber von
Od. gezwungen , wieder in Men-
schen verwandelte. Beim Abzug
des Od. fiel Elpenor trunken vom
Dach (X 552 sq.) und tand so
den Tod.
23 vacui capitis, wie 14, 57 va-
cuum cerebro caput. Vgl. Lncian
V. hist. I 3 agxVV^? ^' (^vroig -nal
IvvENALis Satviiai;.
SiSdaKalog tjJ? zoiavzrjg ^aifioXo-
%Cag 0 zov 'O(ir'iQ0v 'OSvaaBvg, xoig
m-QL zov 'AX%ivovv Sirjyovnfvog avi-
ficov z£ SovXsCav v.al fiovocp&dlfiovg
Kai c6ixo(pdyovg nai dyQiovg zivdg
dv&Qcanovg, izi Sh nolvABcpaXa ^caa
xat zdg vjio cpaQ^dY.cov zdiv izaiQcov
(iizapoldg, ola 7^0^« ty.stvog d>g
nQog iSicazag dv&Q(6novg szsQazsv-
aazo zovg ^aiayiag. Die Uberein-
stimmung mit Juv. zeigt, dafs diese
Anschauung auf eine gemeinsame
philosophische, wahrscheinlich sto-
ische Quelle zuriickgeht. — popu-
Imn Phaeaca, wie 4, 99 ursos Nu-
midas, 8, 132 Titanida pugnam,
11, 94 in Oceano fluctu.
25 temetum, von der Wurzel tatn
umdiistert oder dunkel sein, be-
deutet den starken, betiiubenden
Wein, vgl. temulentus, bei Plaut.
Aul. II 6, 6, wie hier, vielleicht
nur den Festwein. — urna, wie
12, 44 urnae cratera capacem.
26 canebat = szsQazsvszo, vgl.
2, 64 fugerunt trepidi vera ac mani-
festa canentem Stoicidae. — sub
teste, wie 7, 13 sub iudice.
27 luncus war nach Borghesi
(Opp. V 509) Konsul des Jahres
127 n. Chr. Auf den Fasti consu-
lares findet er sich unter den Epo-
nymi nicht verzeichnet, vgl. zu 13, 17.
28 calidae, vgl. 6, 527 calidaque
petitas a Meroe portabit aquas.
29 graviora schlimmer, wie 119
19
290
IVVENALIS
nam scelus, a Pyrrha quamquam omnia syrmata volvas, 30
nullus apud tragicos populus facit. accipe, nostro
dira quod exemplum feritas produxerit aevo.
inter finitimos vetus atque antiqua simultas,
immortale odium et numquam sanabile vulnus
ardet adhuc Ombos et Tentyra. summus utrimque
inde furor vulgo, quod numina vicinorum
odit uterque locus, cum solos credat hahendos
esse deos, quos ipse colit. sed tempore festo
alterius populi rapienda occasio cunctis
visa inimicorum primoribus ac ducibus, ne
laetum hilaremque diem, ne magnae gaudia cenae
sentireut positis ad templa et compita mensis
pervigilique toro, quem uocte ac luce iacentem
septimus interdum sol invenit*. horrida sane
35
40
35 Coptos Pauw
summa est ?
44 horrida (horridi p) et sane P horrida
ulterius nil aiit gravius cuJtro timet.
Die Vergleichung eines auffallenden
Vorfalles mit den Greueln der Tra-
godie findet sich auch 6, 636. 644.
30 syrma (zu 8, 229) dient zur
Bezeichnung der Tragodie oder viel-
mehr des tragisch - schauerlichen
Stoffes auch Mart. IV 49, 9 a nostris
procul est omnis vesica lihellis, musa
nec insano syrmate nostra tumet.
— a Pyrrha, vgl. 1, 81, seit Adam
und Eva. — volvas, ahnlich 8, 272
tit longe repetas longeque revolvas
nomen.
31 accipe mit nachfolgendem
Fragesatz zur Einfiihrung einer Er-
zahlungoderAusfuhrung,wie 13,120.
33 vetus atque antiqua, zu 6, 21.
Die Folge der simultas ist odium,
woraus sich ein dauemdes vulnus
entwickelt hat.
37 Athan. c. gentes 23 oXcog
ty.dazr} noXLg kocl xcofirj, rcug sk
yfizovcov ovv. ilSvLa ^'sovg, zovg
tKvzfjg ■JiQov.QLVSL %ccl [lovovg eivai
rovzovg vojj.l^sl Q^sovg. Rom da-
gegen war auch inseiner religiosen
Anschauung und Ubung universell
und kosmopolitisch.
39 alterius populi lafst unent-
schieden, welches Volk das Fest
feierte und welches den tjberfall
wagte. Die Entscheidung hangt ab
von der Feststellung der Lesart 75,
die leider ebenfalls unsicher ist.
Es lafst sich durchfuhlen, dafs der
Dichter das Lumpengesindel gar
nicht unterscheidren mag, da die
einen so nichtswiirdig sind wie die
andern.
40 primorihus ac ducihus, den
Fiirsten und Ratgebern, ist offen-
bar eine komische Verbindung,
denn solches Volk kann zwar duces,
nicht aber im eigentlichen Sinne
primores haben.
42 Herod. II 35 scQ-lovgl'8s s^oj
sv ziJGi oSolgl, Mela I 57 cibos
IJalam et extra tecta sua capiunt;
hier um so mehr wegen des offent-
lichen Festes.
43 pervigili toro, denn das Polster
bleibt Tag und Nacht die ganze
Woche liegen, solange das Volks-
fest dauert; zugleich aber bleibt
auch das feiemde Volk die Nachte
hindurch wach, vgl. 8, 158 per-
vigiles popinas, 3, 275 patent vigiles
fenestrae.
44 sol invenit, wie 9, 33 si tihi
sidera cessant, 8, 149 nocte qiiidem,
sed luna videt, sed sidera testes in-
tendunt oculos, 6, 407 instantem
regi Armenio Parthoque cometen,
wo iiberall die Gestirne belebt er-
scheinen. — TiOJTtWa ist gesteigerter
Ansdruck {iii- harbara: Agyptcn ist
allerdings i'echt barbarisch (un-
LIBRI V SATVRA XV
291
AegyptoS; sed luxuria, quantum ipse notavi,
barbara famoso nou eedit turba Canopo.
adde quod et facilis victoria de madidis et
blaesis atque mero titubautibus. iude virorum
saltatus nigro tibicine, qualiacumque
unguenta et iiores multaeque in fronte coronae:
liiuc ieiunum odium. sed iurgia prima sonare
incipiuut, auimis ardentibus haec tuba rixae.
deiu clamore pari concurritur, et vice teli
saevit nuda manus. paucae sine vuluere malae,
vix cuiquam aut nulli toto certamine nasus
integer. aspiceres iam cuncta per agmina vultns
dimidios, alias facies et hiantia ruptis
ossa genis, plenos oculorum sanguine pugnos.
ludere se credunt ipsi tamen et puerilis
exercere acies, quod nulla cadavera calcent.
ct sane quo tot rixantis milia turbae,
si vivunt omnes? ergo acrior impetus, et iam
saxa inclinatis per humum quaesita lacertis
incipiunt torquere, domestica seditioni
45
55
60
56 acrmine P 64 seditioni S: seditione Pco
kultiviert), soweit es aber auf
Schlemmerei ankommt, giebt die
barbariscbe Volksmenge dem grie-
chisch gebildeten, aber verrufenen
Kanobus-AIexandria nichts nach.
Denn Kanobus ist nur Teilbegriff
fvir daa damit verbundene Alexan-
dreia, der zweiten Hauptstadt der
damaligen Welt, die wegen ihres
internationalen Charakters nicht
eigentUch zu Agypten gerechnet
werden konnte, wie ja auch das
agyptische und alexandreische Biir-
gerrecht schroff geschieden war.
Kdvco^og galt fiir das deverticulum
iitiorum, vgl. zu 6, 84.
45 notavi, vgl. Stat. s. II 6, 21
vidi ipse animosque notavi te tan-
tum cupientis erum.
47 adde quod (vgl. 14, 114) fiihrt
nach der langeren Expektoratiou
des Dichters wieder zur Erzahlung
zuriick. Die Hilufung der Ausdriicke
zur Bezeichnung des allgemeinen
Taumels der Trnnkenheit, vgl. zu
1.3, 189. 12, 15. 8, 71.
49 sqq. qualiacumque alle mog-
licheu, wenn auch natiirlich nicht
die feinsten. — Nur weil der ardor
animorum (vino et furore ardent)
vorhanden war, wurden die iurgia
zur tuba (vgl. zu 1, 169; 3, 288
prooemia) rixae. Es ist deshalb
nach incipiunt, nicht nach ardenti-
hus zu interpungieren.
53 vice teli = in Ermanglung des
Schwertes blitzt die rohe Faust.
55 vix cuiquam aiit nuUi so gut
wie keinem, eig. kaum einem oder
richtiger keinem, wie tj rtg ij ovdBig
in Platos Apologie.
57 alias facies, verhiebene oder
entstellte Gesichter, Gesichtsfratzen,
vgl. 3, 268 alia ac diversa.
61 quo mit Acc. des Ausrufs ist
echt juvenalisch, vgl. zu 8, 90. —
Konstruiere lacertis inclinatis quae-
runt per humum saxa eaque inci-
X>iunt torquere (komischer Ausdruck
gegeniiber der Kleinigkeit der
Sache!).
64 domestica seditioni, vgl. Verg.
I 184: ac veluti magno in populo
cum saepe cooi'ta est seditio saevit-
que animis ignohile vulgus, iamque
faces et saxa volant, furor arma
ministrat.
19*
292
IVVENALIS
tela, nec liunc lapidem, qualis et Turnus et Aiax,
vel quo Tydides percussit pondere coxam
Aeneae, sed quem valeant emittere dextrae
illis dissimiles et nostro tempore natae.
nam genus hoc vivo iam decrescebat Homero,
terra malos homines nunc educat atque pusillos;
ergo deus, quicumque aspexit, ridet et odit.
a deverticulo repetatur fabula. postquam
subsidiis aucti, pars altera promere ferrum
audet et infestis pugnam instaurare sagittis,
terga fuga celeri praestantibus hostibus instant
qui vicina colunt umbrosae Tentyra palmae.
labitur hic quidam nimia formidine cursum
praecipitans capiturque. ast illum in plurima sectum
frusta et particulas, ut multis mortaus unus
65
70
75
66 quali vel ? 75 fugat celeri P fuga sceleri p praestantibus
omuibus instans ^g p. o. instant co praestan cnm spatio quindecim aut
duodeviyinti litterarum P, corr. W, praestant instantibus Ombis Mercer
77 hinc P 78 in om. P 79 particula**=f: multis P
65 hunc solchen, derartigen, wie
6, 157. Wegen dieser generellen
Bedeutung ist die Korrelatiou mit
dem Plural qualis moglich. — Tur-
nus bei Verg. XII 896, Aiax gegen
Hector^ II. VII 268, Tydides II. V
302: o Ss j^sq^kSlov Xa^s ;^fipt
Tv8sLdr]s, fisycc tqyov, o ov 8vo y
OCVdQS CpSQOLSV, olOL VVV ^QOTOL sio' '
o ds (iiv Qsa naXXs %(x.l olog.
69 sq. Unser Geschlecht (genus
Jioc) war schon zu Homers Zeiten
im Abnehmen, jetzt sind es vollends
Zwerge (pusilli), aber feige und
boshafte Zwerge {malos homines).
71 aspeajii den Blick darauf wirft.
— ridet et odit ist ein naQuvoov-
(isvov, er lacht und hafst es, denn
das Benehmeu der zwerghaften
Menschen hat wohl etwas Lacher-
liches {magna pusilli moliuntur),
aber es ist doch auch nicht ohne
ernste Bedeutung, dafs sie als mali
mdla schaffen.
72 deverticulum die kleine Ab-
schweifung vom Laufe der Erziih-
lung, vgl. Quint. X 1, 29 quodpoetica
depulsa recta via necessario ad elo-
quendi quaedam devertieula con-
fugiat.
75 Der Ausdruck terga praestare
ist gesichert durch Tac. Agr. 37
iam hostium catervae armatorum
paueioribus terga praestare. — Die
hostes miissen die Eindringlinge
oder Angreifer sein. Da nun die
Tentyriten diese verfolgen, so feier-
ten das Fest nicht die Ombiten,
sondern die Tentyriten. Unbedenk-
lich ist daneben vicina, womit
nur die Beziehung zu hostibus be-
zeichnet wird: die Feinde werden
verfolgt von den Teutyriten, die in
ihrer Nachbarschaft wohnten.
77 hinc hierauf; doch ist wahr-
scheinlich hic richtiger.
79 Die Verbindung von frusta
und particulas dieut der Ausmalerei
des Grafslichen Ein Beispiel ahn-
licher Bestialitat meldet Xiphihn.
68, 32 aus dem Jahre 116: sv
tovx(p 01 %axcc KvQrjVTjv 'lovSaiOL
Tovg TS "^PafiaLOvg nai Tovg "EXXr}-
«'«s ^(f&SLQOv, Kai xdg ts auQKag
avTmv sGLTOVVTO Kai Ta svtsqu
dvsSovvTO Tcp TS aifiaTL rjXsLcpovTO
■Kai xa dnoXsnfiaTa svsSvovto, noX-
Xovg Ss y,ai (isGovg dno KOQVcprig
SLsnQLOV, — wGTS Tag ndaag Svo
Tiai siKOVL (ivQLdSag dnoXsad^ai. t'v
t' AlyvnTcp noXXd iSQaaav ofioia
Kai sv TJJ KvnQco. — mortuus unus,
da sie doch nicht mehr hatten er-
LIBRI V SATVRA XV
293
sufficeret, totum corrosis ossibus edit
victrix turba. nec ardouti decoxit aheno
aut veribus — lougum usque adeo tardumquc putavit
expectare focos — contenta cadavere crudo.
liic gaudere libet, quod uon violaverit ignem,
quem summa caeli raptum de parte Prometheus
donavit terris; elemeuto gratulor, en et
exultare reor. sed qui mordere cadaver
sustiuuit, nil umquam liac carne libentius edit;
nam scelere iu tauto ne quaeras et dubites, an
prima voluptatem gula senserit; ultimus autem
qui stetit, absumpto iam toto corpore, ductis
per terram digitis aliquid de sanguine gustat.
Vascones, baec fama est, alimentis talibus olim
produxere animas. sed res diversa, sed illic
fortunae iuvidia est bellorumque ultima, casus
80
85
90
95
85 prometbea P 86 en et W: et te Pc
93 elementis P
legen konnen, jeder aber nacb
Menscbenblut diirstete.
82 iisque adeo, so gar sebr, zur
Einfubrung des Ejjipbonems fiir
das gewobnlicbere adeo longum
tardumque putavit.
84 DergottljcbeFunkejjraiTejjvov
nvQog ailag, den Prometheus vom
Himmel bracbte, wiirde im Dienste
Bolcber Bestialitat scbmiiblicb ent-
weibt worden sein. Vgl. den rbe-
toriscben locus communis bei Cic.
Rosc. Am. 71.
86 sq. en et exultare: icb driicke
dem Feuer meine Freude aus, ja
fiirwabr icb glaube, dafs es selbst
jubelnd emporzvingelt; iihnlicb Stat.
8. IV 3, 121 vates sanctior incipit,
tacendum est. En et cella rotat
novisque late hacchatur spatiis viam-
que replet. Verwandt ist der Ge-
braucb von et certe bei Stat. s. II
6, 84 non secius atros nigrasset
pJanctu genetrix sibi sacva lacertos,
nec pater; et certe qui vidit funera
frater erubuit vinci.
88 Sinn: Wer einen rohen Leich-
nam {cadaver fiir corpus ist Aus-
druck der Indignation) aufzehren
kann, legt an den Tag, dafs er
nicht von augenblicklicber Wut
fortgeriasen ist, sondem dafs er
vollendeter Menecbenfresser ist,
Penn bei diesem so grofsen Ver-
brecben darf man nicbt erat fragen
(vgl. 3, 135), ob der erste an dem
Fleiscb Woblgescbmack fand: bat
ja doch selbst noch der letzte, der
dazu kam, vom Blute den Rest
aufzulecken sicb bemiibt.
93 Vascones, wie 124 Brittones,
vgl. Neue Lat. Formenl. P 315 sq.
— Die Basken waren ein spani-
scber Volksstamm am oberen Ebro.
An diesem Flufs lag Calagurris
(= Calaborra). Vou den Einwoh-
nern dieser Stadt erziihlt Val. Max.
VII 6 ext. 2 : qui quo perseverantius
interempti Sertorii cineribus, obsi-
dionem Cn. Pompei frustrantes, fidem
praestarent, quia nullum iam aliud
in urbe eorum supererat animal,
uxores suas natosque ad usum
nefariae dapis verterunt, quoque
diutius armata iuventus viscera sua
visceribus aleret, infelices cadaverum
reliquias sallire non dubitavit. Das
gescbah 682 a. u., 72 v. Cbr. Abn-
licbes hatte sich friiber im Kampf
gegen die Romer in Numantia er-
eignet.
95 fortunae invidia est das Ge-
hassige, die Schuld trifft dort die
Notlage, vgl. 123. — bellorum
ultima, wie 12, 65 discriminis ultima,
Tor taxaTd t(Sv ■nccra noXe^iov. — •
casus extrcmi die bitterste, ilufserste
Notlage.
294
IVVENALIS
extremi, longae dira obsidionis egestas.
cuivis nam, quod nunc agitur, miserabile debet
exemplum esse cibi, sicut modo dicta milii gens
post omnis herbas, post cuncta animalia, quidquid
cogebat vacui ventris furor, hostibus ipsis
pallorem ac maciem et teuues miserantibus artus,
membra aliena fame lacerabant, esse parati
et sua. quisnam homiuum veniam dare quisve deorum
urbibus abnueret dira atque immania passis
et quibus ipsorum poterant ignoscere manes,
quorujn corporibus vescebantur? melius nos
Zenonis praecepta monent, nec' enim omnia quidam
pro vita facienda putaut, sed Cantaber unde
stoicus antiqui praesertim aetate Metelli?
nunc totus Graias nostrasque habet orbis Athenas,
Gallia causidicos docuit facunda Britannos,
100
105
110
97 cuivis nam W: huius enim Pco, fort. h. e. qno non ^ravins,
ef. 119 100 vacuis P 104 urbibus Pg.- viribus 'pm ventribus H.
Valesius 105 illorum Pco corr. W 107 omnia, quaedam pco
97 cuivis nam (wie 11, 21 in
Butilo nam) bereitet die Frage von
V. 103 vor. — quod nunc agitur
das vorliegende Beispiel der Ver-
teidiger von Calagurris. — misera-
bile esse, Mitleid, Teilnahme er-
wecken, wahrend der Kannibalismus
der Tentyriten Abscheu verursacht.
— sicut = siqiiidem, wie 6, 107
sicut attritus galca.
99 tjber das abschliefsende quid-
quid vgl. zu 13, 82.
101 tenues artus die infolge
Mangels an Nahrnng abgezehrten,
kraftlosen Glieder, von Menschen,
die wie Schatten schwankten; wiih-
rend paUor und macies mehr das
Aussehen als dieKrafterkennen lafst.
103 et sua, vgl. Ovid. met. VIII
877 yjse suos artus lacero divellere
morsu coepit et infelix minuendo
corpus alebat.
107 Zeno wird als Schopfer
der damals giiltigen Sittlichkeits-
lehre genannt, wie nachher der
bewufst Sittliche stoicus heifst. Da-
neben kann quidam (gar mancher)
recht gut bestehen, insofern der
aufgestellte Lehrsatz nicht aus-
schliefslich dem Zeno und den
Stoikern, sondern ebenso gut be-
reita Sokrates angehort, vgl. Plat.
Apol. 39 ovTS yccQ iv Styirj ovz' iv
Ttolifia» ovx' ifis ovx' ocXXov ovSiva
8st xovxo firjxavcca&ai, oncog ano-
cpsv^sxat Ttav noLcov &dvaxov. Doch
ist moglicherweise quidam ein Ver-
derbnis aus cuiquam. Derselbo
Gedanke ist 8, 83 entwickelt.
108 Cantaber, denn Calagurris
war dem Stamme der Cantabri be-
nachbart und an kriegerischem Mut
ebenbiirtig.
109 stoicus, wie 13, 121 et qui ncc
cynicos nec stoica dogmata legit. — Q.
Metellus fuhrte den sertorianischen
Krieg gemeinsam mit Cn. Pompejus.
Da zwischen dem Ende des Krieges
und der Abfassung unserer Satire
200 Jahre liegen, konnte Metellus
recht gut antiqmisgeua.Ta.nt werden.
110 Atlienae = geistige Bildnng,
ist doch kiihner als macello 5, 95
oder umgekehrt siimmus honor 1,
117; am kiihnsten aber ist die Ver-
bindung nostras Atlienas, mit Riick-
sicht auf das Athenaeum Hadriani,
cf. Aurel. Vict. 14. Athen war das
KOLvbv TtaidsvTrjQiov ndvxav dv&Qco-
Ttcav, und Rom iiberkam und pflegte
die Erbschaft, vgl. Claud. XVII 94
in Latium spretis academia migrat
Athenis.
111 Tac. Agr. 21 iam vero prin-
LIBRI V SATVRA XV
295
de couduceudo loquitur iam rlietore Tbyle.
uobilis ille tameu populus, quem diximus, et par
virtute atque lide sed maior chade Zacjntbos
tale quid excusat: Maeotide saevior ara
Aegyptos. quippe illa uefaudi Taurica sacri
iuveutrix bomines — ut iam quae carmina tradunt;
digua fide credas — tantuui immolat, ulterius nil
aut gravius cultro timet bostia. quis modo casus
inpulit bos? quae tanta fames infestaque vallo
arma coegerunt tam detestabile moustrum
audere? anne aiiam terra Mempbitide sicca
invidiam facerent nolenti surgere Nilo?
qua uec terribiles Cimbri nec Brittones umquam
Sauromataeque truces aut immanes Agatbyrsi,
bac saevit rabie iubelle et inutile vulgus,
115
120
125
112 iam oni. P 114 zacynthos P (g pro c p): saguntus a
cipumfilios libcralibus artibus erudire
et ingenia Britannorum studiis Gal-
lorum anteferre, ut qui inodo lin-
guam Bomanam abnuehant, eloqiicn-
tiam eoncupisccrent.
112 Thyle galt fiir den aufsersten
Norden; vielfach erkannte man
darin eine der Shetlands-Inseln,
Mainland, die noch vor 2 Jahr-
hunderten den Namen Thyl gefiihrt
haben soll.
113 sq. nobilis ille popuJus ist Ca-
lagurris; gleich heroisch (^jar vir-
tute) war die Verteidigung von
Sagunt gegen Hannibal, Liv. XXI 8,
aber wahrend Sagunt vollig zer-
stort wurde, blieben die Mauern
von Calagurris verschont.
1153q. Steigerung: dieMenschen-
fresserei in Agypten ist noch grau-
siger als selbst die Menschenopfer
unter den Tauriem. — Die Meto-
nymie in Aeggptos ist dieselbe wie
in 6, 295 hinc fluxit ad istos et
Syharis collcs, hinc et Bhodos et
Mildos.
117 sq. Zu ut iam digna fide credas
vgl. zu 14, 240. 10, 174. 6, 643. —
gravius (zu 29) neben uUerius (1,
147) ist hier tautologisch. — quis
modo casus = qiiis autem est qid
modo casus cogitari iwssit? Cic.
Tusc. V 66 quis est omnium, qui
modo cum Musis haheat aliquod
commercium ? Doch druckt an un-
serer Stelle modo mehr die Ver-
wunderung aus, wie sonst autem,
vero, tandem.
120 infesta vallo die Stadt be-
drohend oder umschliefsend, so dafs
Lebensmittel nicht eingefiihrt wer-
den konnen.
123 invidiam Nilo facerent, dem
Stromgott Hafs zuziehen durch eine
That (hier durch Menschenopfer),
deren Schuld auf ihn filllt, weil er
nicht, wie sonst, zur Befruchtung
des Landes sich iiber die Ufer er-
hebt (nolenti = si nollet). Vgl. zu 95.
124 Hor. III 4, 33 visam Bri-
tannos hospitihus feros, denn sie
galten fiir wilder als die Kelten,
die Bewohner von Irland sogar fiir
Menschenfresser, Strabo IV 201.
Die Druiden brachten Menschen-
opfer dar, Tac. XIV 30 cruore captivo
adolere aras fas habehant. — Zu
Cimhri vgl. 8, 249.
125 In Sauromataeque setzt cpce
die vorangehende Negation fort
(vgl. 13, 44), weshalb auch aut,
nicht et Agathyrsi folgt. Diese
waren ein Volksstamm im europiii-
schen Sarmatia, und daher den
Sauromatae verwandt, Verg. IV 146
pictique Agathyrsi, sc. fremunt.
126 inhelle et inutile, zu keinem
Werk des Krieges und des Frie-
dens brauchbar. Die Umschreibung
des Namens durch Aufzahlung her-
296
IVVENALIS
parvula fictilibus solitum dare vela phaselis
et brevibus pictae remis incumbere testae.
nec poenam sceleri invenies, nee digna parabis
supplicia his populis, in quorum mente pares suut
et similes ira atque fames. mollissima corda
liumano generi dare se natura fatetur,
quae lacrimas dedit; haec nostri pars optima sensus.
plorare ergo iubet casum lugentis amici
squaloremque rei, pupillum ad iura vocantem
circumscriptorem, cuius manantia fletu
ora puellares faciunt incerta capilli.
naturae imperio gemimus, cum funus adultae
virginis occurrit vel terra clauditur infans
et minor igne rogi. quis enim bonus et face dignus
130
135
140
134 casum lugentis <;: causam dicentis Pco 136 fletus p
vorstechenderEigenschaften ist echt
juvenalisch, vgl. 6, 7. 160. 5, 153.
10, 225. 14, 291, und zu 10, 28.
— Von den thonernen Kiihnen der
Agypter spiicht auch Strabo p. 788
at (i. e. dLCOQvxsg) kutcc QaCTcovriv
nXsOVTCCL TOOaVTTJV C06TS Kal 66TQCC-
■nivcc iviotg sivuL noQ&^eicc , Verg.
georg. IV 289 et circum inctis ve-
liitur sua rura pliaselis, d. h. wah-
rend der tJberschwemmung des
Mls. Man denke an unsere Gron-
lander. — Jeder Ausdruck ist be-
rechnet, das Lacherliche der Sache
hervorzuheben , incumbere neben
brevibus remis, dann testae und
pictae !
131 ira atque fames, die in der
Wut dasselbe thun, wozu sonst nur
die aufserste Not den Menschen
drangen kann.
131—174: Die Natur selbst, die
unter allen Geschoijfen allein dem
Menschen die Thrane gegeben hat,
weist uns hin zur Teilnahme, zuiji
Mitleid, zur Geselligkeit, zur gegen-
seitigen Hiilfeleistung. In unserer
Zeit aber ist die concordia ver-
schwunden, schlimmer als wilde
Tiere wiiten die Menschen gegen
sich und kehren das Eisen, das
urspriinglich zur Kultur bestimmt
war, gegen sich zum Mord; ja wir
sehen jetzt Volker, die den Men-
schen gliedweise zerreifsen und auf-
fressen. Wie hoch steht iiber sol-
chen Bestien ein Pythagoras, dessen
Leben doch einer grauen Vorzeit
angehOrt! So scheint die Mensch-
lichkeit nicht vorwarts, sondern
riickwarts zu gehen.
131 mollissima warm fuhlend,
vgl. 1, 83 anima caluerunt mollia
saxa, 12, 85 ac mollis ornate focos
(aus Rasenstiicken).
132 fatetur, wie 10, 172 mors
sola fatetur, quantula sint hominum
corpuscula.
134 Mit casiis ist vielleicht dio
Ungnade angedeutet, in die der
Freund plotzlich bei seiuem' Kaiser
gefallen ist. Er ist reus und des-
halb im Zustand des luctus, der
sich aufserlich als squalor kund-
giebt. — Hor. ep. 11 1, 122 vom
Dichter: vatis avarus non temere
est animus, non fraudem socio
puerove incogitat ullam pupillo.
136 sq. Der circumscriptor (14,
237) ist der tutor des Knaben. Die-
ser erscheint durch die ]iuellares
capilli (zu 3, 186) ganz madchenhaft.
140 minor, vgl. 3, 160 censu
minor, wo sarcinulis impar damit
verbundeu ist. Kinder, die gestorben
waren, ehe sie noch einen Zahn
hatten, wurden nie verbraunt, son-
dern begraben. Man scheute wohl
auch die Kosten des rogus. Plin.
h. n. 7, 72 hominem prius quam
genito dente cremari mos gentium
non est. — face arcana der eleu-
LIBRI V SATVRA XV
297
arcana, qualem Cereris vult ess^ sacerdos,
ulla alieua sibi credit mala? separat hoc uos
a grege mutorum, atque ideo venerabile soli
sortiti ingenium diviuorumque capaces
atque exercendis tradendisque artibus apti
sensum a caelesti demissum traximus arce,
cuius egeut prona et terram spectantia. mundi
priucipio iudulsit communis conditor illis
tantum animas, nobis animum quoque, mutuus ut nos
adfectus petere auxilium et praestare iuberet,
dispersos tahere in populum, migrare vetusto
de nemore et proavis habitatas linquere silvas,
aedificare domos, laribus couiungere nostris
tectum aliud, tutos vicino limine somnos
ut collata daret fiducia, protegere armis
lapsum aut ingenti nutantem volnere civem,
communi dare signa tuba, defendier isdem
turribus atque una portarum clave teneri.
sed iam serpentum maior concordia, parcit
145
150
155
145 tradendis Tr,- capiendis supplevit p ♦♦*endis F 155 colata P
157 defendi** P
sinischen Weihe, dem Ideal sitt-
licher Reinheit. Wer zur Weihe
oder zum Fackelzug der Mysten
{SaSovx^tv) Znlafs begehrte, von
dem verlangt der Hierophant Sitten-
reinheit und fromme Gesinnung.
Diese Mysterien verbreitete in Rom
nach einem Versuch des Claudins
(Suet. 25) besonders Hadrian, vgl.
Ael. Lampr. Alex. Sev. 18 quem-
admodum in Eleusinis sacris dici-
tur , ut nemo ingrediatur nisi qui
se innccentem novit. Aur. Vict. 14.
143 a grege mntorum, wie 8, 56
animalia muta quis generosa putet
nisi forlia?
144 ingenium Vemunft. — Der
Mensch vermag Kunst und Wissen-
schaft {artes) zu uben (exercere)
und zu lehren (tradere), d. h. auf
andere zu ubertragen.
146 sensum Gefiihl. — Zu demis-
sum trciximus vgl. die Bemerkung
7, 84.
147 Ovid. met. I 84 pronaque
cum spectent animaJia cetera terram,
os homini suliUme dcdit, caelumqtie
tueri iussit et erectos ad sidera
tollere tultus.
149 animas . . animum, Cic. Tusc.
I 65 ergo animus divinus est, et
quidem, si deus aut anima aut ignis
est, idem est animus hominis. Senec.
ep. 95, 52 natura nobis amorem in-
didit mutuum et sociahiles (Jc5a
TtoXixiv.d) fecit.
151 Es war dies seit Aristoteles
ein locus communis der Rhetoren,
vgl. Cic. inv. I 1 sq.
155 Das Vertrauen des einen auf
den andern {coUata fiducia) ver-
ursacht Ruhe und Sorglosigkeit,
die sich gnindet auf den Schutz
des Nachbarhauses. Vgl. zu 7, 84.
157 defendier, vgl. Pers. 1, 28
digito monstrari et dicier 'hic esf ,
3, 50 non fallier.
159 'Die ganze Stelle hat den
Ausdruck gemafsigter Indignation,
und es ist die wichtige Betrach-
tung, die fast unwillkiirlich darauf
fiihrt, dafs es iu der Welt nicht
immer kann so gewesen sein, dafs
die Menschheit einst einen besscrn,
ihrer moralischen Natnr gemafsern
Zustand gehabt haben mufs, uud
der jetzige Zustand der Unnatnr,
der Zwietracht, Verfolgxmg und
298
IVVENALIS
cognatis maculis similis feraj quando leoui
fortior eripuit vitam leo? quo nemore umquam
expiravit aper maioris dentibus apri?
Indica tigris agit rabida cum tigride pacem
perpetuam, saevis inter se convenit ursis.
ast homini ferrum letale iucude nefauda
produxisse parum est, cum rastra et sarcula tantum
adsueti coquere et marris ac vomere lassi
nescierint primi gladios extendere fabri.
aspicimus populos, quorum non sufficit irae
occidisse aliquem, sed pectora bracchia vultum
crediderint genus esse cibi. quid diceret ergo,
vel quo non fugeret, si nunc haec monstra videret
Pj^thagoras, cuuctis animalibus abstinuit qui
tamquam homine et ventri indulsit non omne legumeu?
160
165
170
168 excudere <s Scrvius georg. II 539 170 voltu* P 171 cre-
cliderant florilegmm 174 homini P omnes P omisso extremo verbo
Zerstorung nur Verfall der Mensch-
heit und Abfall von Gott und der
Natur ibt. Dahin deuten die alten
Sagen, die schone sinnvolle Dich-
tung vom Paradies und dem Siin-
denfall, und derMythus der Griechen
vom goldenen Weltalter und den
darauf folgenden immer schlechte-
ren Zeitaltern.' Heinrich.
160 maculis als Abl. mit similis
zu verbinden ware prosaisch; es
gehort zu dem attributiven cognatis,
wodurch auch similis fera = cognata
fera wohl eine signifikante Bedeu-
tung erhalt. Zum Folgenden vgl.
Hor. epod. 7, 11 neque liic lupis
mos nec fuit leonibus, numquam nisi
in dispar feris.
163 tigride, wie 6, 270 orha ti-
gride peior.
166 produxisse, wie ferrum ex-
tendere, vgl. zu 7, 54. — cum wah-
rend doch. Zur Sache Verg. georg.
H 539 necdum ctiam audierant in-
flari classica, necdmn inpositos duris
crepitare incudibus enses.
171 Wie sonst zu dem Attributiv
eines Substantivs ein zweit.es ge-
fiigt wird in einem konjunktivischen
Relativsatz {qui, et qui, sed qui mit
Konjunktiv), so steht hier statt
des ersten Attributs ein Relativsatz
im Indikativ, dem ein zweiter
(gegensatzlicher) Attributivsatz im
Konjunktiv angereiht wird. Ein
Indic. Perf. crediderunt ware hier
unmoglich.
172 fugeret, vgl. 2, 1 ultra Sauro-
matas fugere hinc libet.
173 Allerdings geht die Satzung
des Pythagoras selbst auf agypti-
schen Brauch zuruck. Aber darauf
kommt es hier nicht an. Pythagoras
handelte aus Scheu vor dem mensch-
lichen Geist, den er in diesen Dingen
zu erkennen glaubte. Von den
Xgyptern konute Juvenal ein sol-
ches Motiv nicht annehmen, da sie
eben ein so grafsliches Beispiel
unmeuschlicher Barbarei gegeben
hatten.
LIBRl V SATVRA XVI
299
SATVRA XVI
Quis numerare queat felicis praemia, Galli,
militiae? nam si subeuntur prospera castra,
me pavidum excipiat tironem porta secuudo
sidere. plus etenim fati valet hora benigni,
quam si nos Yeneris commendet epistula Marti
et Samia genetrix quae delectatur harena.
commoda tractemus primum communia, quorum
1 galle poa ante 3 lacunam statuerat lahn
Sat. XVI.
Die Satire behandelt die allge-
meinen und besonderen Vorteile
des Militarstandes, ist uns aber
nicht mehr voUstandig uberliefert.
V. 60 bricbt plotzlich ab, ohne
dafs der angefangene Gedanke zu
Ende gefuhrt ist. Da nun im Pi-
thoeanus V. 60 der letzte Vers auf
der letzten Seite eines Quaternio
ist, 80 ist damit auch der aufsere
Beweis geliefert, dafs die Satire
nicht etwa vom Dichter unvoll-
endet hinterlassen , sondern durch
den Verlust eines oder mehrerer
Blatter im cbdex archetypus ver-
stiimmelt worden ist. Auch fehlt
in P jede subscriptio, sogar ein
einfaches explicit, wahrend am Ende
der ubrigen Biicher die subscriptio
vorhanden ist. Bedeutungslos ist
die Notiz in den Scholien: ista
(satura) a plerisque exploditur et
dicitur non esse luvenalis , denn
gie ist wahrscheinlich erst ent-
standen, als die Satire bereits ver-
stummelt war. Fur Juvenals Autor-
.schaft sprechen die hlstorischen
Beziehungen und die Ausdrucks-
weise. Die Satire ist an einen ge-
wissen GaJlius gerichtet, den wir
nicht weiter kennen. Der Name
Gallius kommt aber auch sonst
ofters bei Cicero und Suetonius vor.
1 Der Anfang hat Ahnlichkeit
mit 15, 1, ja selbst mit 8, 1 und
1, 1. — felicis (verwandt mit fe-
cundus) fruchtbar, ergiebig, ahn-
lich wie 59 feUcissimus = begliickt,
mit Vorteilen iiberhauft, vielleicht
anch 4, 8 rumo mdlus felix, 6, 258
tu felix ocreas vendente pjuella, 13,
187 felix sapientia, umgekehrt 13.
142 nati infelicibus ovis.
2 subeuntur castra, wie 6, 419
lahiea notte subit, 14, 220 limina
vestra subit, 3, 28 dextram subeunte
baciUo, 4, 10 terram subitura sacer-
(los. — prospera glanzend, durcVi
Erfolge ausgezeichnet, wie 10, 97
sed quae praeclara et prospera tanti,
ahnlich 12, 63 tempora prospera
giinstiges Wetter.
3 Bedingung des Erfolges ist,
dafs das Regiment {castra) an sich
angeseheh und ruhmreich {prospera)
ist, dann aber auch, dafs dera Neu-
ling bei seinem Eintritt die ge-
heimnisvoUe Sternenmacht (7, 200
sidus et occidti miranda potentia
fati) nicht abhold ist, denn ohne
ihre Gunst ist im Leben nun ein-
mal kein Erfolg moglich, vgl. 7,
195 distat enim quae sidera te ex-
cipiant modo primos incipientem
edere vagitus, 9, 33 nam si tibi
sidera cessant, nil facies.
4 hora, vgl. 6, 577 hora sumitur
ex libro, 6, 581 capiendo nuTla vi-
detur aptior hora cibo , nisi quam
dederit Petosiris. — Auch bmignus
ist ein Lieblingswort des Dichters,
vgL 10, 301. 12, 64. 14, 34. ^
6 Die Umschreibung dea Namens
luno, der Mutter {genetrix) des Mars
(Hom. E 892), ist echt juvenalisch,
vgl. zu 15, 126.
7 Zuerst soU von den allgemeinen
Vorteilen, welche Offiziere und Ge-
meine gemeinsam haben,gesprochen
werden, dann von den besonderen
Vorteilen der Offiziere und viel-
leicht auch der Soldaten. Aber der
erste Abschnitt ist zum Teil, der
300
IVVENALIS
haud minimum illud erit, ne te pulsare togatus
audeat, immo etsi pulsetur, dissimulet uec
audeat excussos praetori ostendere dentes
et nigram in facie tumidis livoribus offam
atque oculum medico nil promittente relictum.
Bardaicus iudex datur liaec punire volenti
calceus et grandes magna ad subsellia surae
legibus antiquis castrorum et more Camilli
servato, miles ne vallum litiget extra
10
15
12 oculos oj relictum om. P relictos pco
zweite ganz verloren gegangen. —
commoda steht an derselben Vers-
stelle 9, 89, und communia 13, 140.
— Das Verb tractare gebraucht
sonst Juv. nirgends im Sinne von
exponere, explicare oder persequi,
vgl. 11, 28 und 9, 53.
8 Das prosaische haud minimum
gebraucht sonst Juv. nicht. Im
Effektivsatz steht hi^ ne wie in:
vos adepti estis, ne qiiem civem
metueretis. — togatus Civilist; ist
er Provinziale und nicht zugleich
civis Momanus, so heifst er, wie
V. 33, paganus, vgl. 8, 240 toga
als Friedens- oder Biirgerkleid (opp.
sagum), 10, 8 nocitura toga, nocitura
petuntur miUtia.
9 dissimiilet , vgl. 9, 70 ut dissi-
mules, ut mittas cetera.
10 Die Wiederholung von audeat
ist satirisch: dafs der Civilist dich
nicht zu schlagen wagt, ja, wenn
etwa er geschlageu wird, es ver-
heimlicht und es nicht einmal wagt
mit den deutlichsten Spuren der
Mifshandlung vor den Prator zu
treten. Der beleidigte Biirger wen-
det sich an den stildtischen Prator,
dieser aber mufs, weil der Beklagte
Soldat ist, die Klage der MilitS,r-
behorde, in Rom dem praefectus
praetorio, uberweisen, worauf dann
ein Militargericht (iudices castrenses)
zur Vei'handlung eingesetzt wird.
11 Die Geschwulst oder Beule
{offa, vgl. 2, 33) wird gebildet durch
aufgeschwollene blaue Stellen {tu-
midis livoribus) und ist mit Blut
uuterlaufen {nigram).
12 Er hat zwar noch sein Auge
{relictum), aber in einem solchea
Zustande, dafs der Arzt die Heilung
und Erhaltung desselben nicht sicher
versprechen kann.
13 sq. Bardaictis calceus metony-
niisch fiir miles hoc calceo indutus,
d. h., wie die Scholien richtig er-
klaren, ein Centurio. Er wiid iudex,
d. h. Vorsitzender der Verhaiidlung,
dem ein consilium vou grandes
surae, von altgedienten Soldaten
und vielleicht auch Centurionen
(17) beigegeben ist. 'AqSlk hiefs
eine Landschaft Illyriens am Adria-
tischen Meer, die Einwohner 'Aq-
diatoiy spater OvaQdaLot, die man
im Lateinischen bald Bardaei bald
Vardaei nannte. NachdiesemVolks-
stamm nannte man einen derben
Lederstiefel calceus Bardaicus oder
nur Bardaicus (vgl. 16 gallica, sc.
solea), Mart. IV 4, 5 lassi vardaicus
cvocati der auf langem Marscbe
durchgeschwitzte Soldatenstiefel. —
ad subsellia ist mit datur zu ver-
binden: die grandes surae bilden
die Geschwornenbank. Weil die
milites {evocati?) grandes oder magni
sind (Hor. sat. I 6, 73 magni cen-
turiones), so miissen die subsellia
ebenfalls magna sein, beides nicht
ohne Ironie.
15 sq. Auf Camillus wurden alle
alteren militarischen Institutionen
Roms zuriickgefiihrt. — Durch dic
Einfiihrung des stehenden Lagers
derPratol'ianerunterTiberius(hinter
dem Servianischen Wall) wurde
der Satz miles ne vallum litiget
extra fiir die Romer empfindlicher.
LIBRI V SATVRA XVI
301
et procul a signis. iustissima centurionum
cognitio est. igitur de milite nec mihi derit
ultio, si iustae defertur causa querellae.
tota tamen cliors est inimica, omnesc|ue manipli
consensu magno efticiunt, curabilis ut sit
vindicta et gravior quam iniuria. dignum erit ergo
declamatoris mulino corde Vagelli,
cum duo crura habeas, offendere tot caligas, tot
milia clavorum. quis tam procul absit ab urbe
praeterea, quis tam Pylades, molem aggeris ultra
20
2.5
18 cognitio est igitur continuahatur 20 tamen cohors P eorr. B.
cohors tamen (o 23 mutiuensi S^ 24 caligatos P<s
18 Der Dichter identifiziert sich
mit dem kUigeriachen Civilisten:
Ich wili es gerne zugestehen oder
annehmen (denn est ist thetischer
Indikativ wie 7, 242 und 9, 41),
das Verfahren der Centurionen ist
der Gerechtigkeit vollkommen ent-
sprechend: es wird folglich in
der Sache gegen den Soldaten
{de viilite) die gehorige Satisfaktion
{uUio) auch mir nicht {nec mihi)
vorenthalten werden, wenn meine
Klage gerechtfertigt ist, aber dann
habe ich die ganze Kohorte zum
Feind! — igitur steht im Satze an
erster Stelle noch 6, 210. 9, 20. 10, 285,
sonst immer an zweiter, mitunter
auch an dritter, niemals aber an
vierter Stelle, wie man bisher hier
angenommen hat: iustissima cen-
turionum cognitio est igitur de mi-
lite, nee mihi derit ultio.
19 querellae von der gerichtlichen
Klage wie 13, 135 sed si ciincta
vides simili fora plena querella.
. 20 chors verachtUch fiir eohors,
die ganze Rotte, denn chors wurde
ganz gewobnlich fiir stabulum ge-
braucht, vgl. Mart. III 58, 12 va-
gatur omnis turba sordidae chortis,
Cic. or. II 263 sagt Glaucia zu
MeteUus: villam in Tiburte habes,
chortem in Palatio , ebeufalls =
Bande oder wilde Rotte {&riqiu).
21 consen.su magno durch ihre
miichtige, gewaltige Verschworung.
Die Kohorte enthielt drei Manipel
oder sechs Centurien.
22 vindicta ist die Strafe oder
die Bufse, die der verurteilte Soldat
erlitten hat, vgl. 13, 180 u. 191.
Seine Kameraden sorgen dafiir, dafs
er die Strafe nicht fiihlt, hau))t-
siichUch durch Kriinkung uud Mifs-
handluDg des Klagcrs und seiner
Partei, so dafs die Bestrafung nicht
nur leicht geheilt oder gut ge-
macht wird, sondern ftir den Kliiger
viel hiirter und empfindlicher als
die friiher erlittene Insolenz {in-
iuria) wird, d. h. fiir die Bestrafung
des Soldaten schliefslich der Kliiger
biifsen mufs, und zwar schwerer
als die vorher erlittene Injurie war.
23 mulino corde Dummheit, Catull.
83, 3 mule, nihil sentis, Plaut. cist.
IV 2, 12 mulo inscitior , es ist der
D. des VagelUus (zu 13, 119) ent-
sprechend {dignum), es mufs einer
schon gar so dumm wie Vagellius
sein.
24 Vgl. 3, 248 et in digito clavus
mihi militis haeret.
25 Es mufs einer schon recht
entfernt von Rom wohnen und ihm
darum das Leben in Rom schon
sehr unbekannt sein, wenn er es
wagt als Beistand eines Civilisten
vor dem Militiirgeiicht im Lager
der Pratorianer {iiltra^^ violem ag-
geris) zu erscheinen. Ahnlich sagt
Prop. ni 32, 48 qui quaerit Tatios
veteres durosque Sabinos, hic posuit
nostra nuper in urbe pedem, ist
sicher ein Neuling oder Fremdling
in der Stadt. Vgl. 13, 160 paueos
eonsume dies et dicere te miserum
aude.
26 Ein solcher Zeuge miifste ein
zweiter Pylades sein, der fiir seinen
302
IVVENALIS
ut veniat? lacrimae siccentur protinus, et se
excusaturos non sollicitemus amicos.
Ma testem' iudex cum dixerit, audeat ille
nescio quis, pugnos qui vidit, dicere Vidi',
et credam dignum barba dignumque capillis
maiorum. citius falsum producere testem
contra paganum possis, quam vera loquentem
contra fortunam armati contraque pudorem.
praemia nunc alia atque alia emolumenta notemus
sacramentorum. convallem ruris aviti
improbus aut campum mihi si vicinus ademit
et sacrum elfodit medio de limite saxum.
30
35 adquemolumenta P aliae add. p 38 effodi P
Freund die anfsersten Gefahren, ja
selbst den Tod nicht furchtet.
27 Verniinftiger istesdenSchmerz
und Unwillen iiber die erlittenen
Unbilden zu bemeistern und die
Freunde gar nicht zum Beistand
aufzufordern, da sie ja doch sicher
unter allen nur moglichen Aus-
fliichten ablehnen werden (se ex-
cusaturos). — lacrimae siccentur, wie
Prop. I 19, 23 quam vereor ne te
contempto, Cynthia, iusto ahstraliat
a nostro pulvere iniquus Amor, cogat
et invitam lacrimas siccare cadentes.
28 Zu sollicitemus vgl. 9, 37
quamvis te blandae tabellae solli-
citent.
29 da testem, vgl. 3, 137 da testem
Bomae tam sanctum etc.
30 nescio quis auch 1, 130, nescio
quid 11, 48. — pugnos, vgl. 15, 58
plenos oculorum sangiiine pugnos,
3, 300 pulsatus rogat et pugnis cun-
cisus adorat, ut liceat paucis cum
dentibus inde rcverti. — vidi, wie
7, 13. Hier enthalt vidi neben vidit
einen bitteren Sarkasmus.
31 et credam, wie 13, 161 con-
sume et aude dicere. Ein solcher
Zeuge wiire ein vir barbatus (4,»
103) oder capillatus (5, 30), d. h.
ein homo antiquus et sanctus, wie
etwa 3, 137 der hospes nuviinis
Idaei, wie Numa oder Metellus
Caecus.
32 citius steht dem alteren klassi-
schen Sprachgebrauch entsprechend
hier wie 15, 19 und ahnlich wie
10, 225.
33 Tac. h. I 53 inter paganos
corruptior miles, Suet. Aug. 27 ad-
missa turba paganorum apud mi-
lites, Tac. h. II 14 mixtis paganis,
immer im Gegensatz zum Kriegs-
volk.
34 fortunam, denn die Verurtei-
lung konnte die Beforderuhg des
viiles hemmen, die' Bestrafung sein
Ehrgefuhl {pudorem, zu 8, 83) ver-
letzen, die Sache selbst ihm Schande
machen.
35 alia atque alia bei Juv. nur
hier, doch ist 3, 268 ahnlich: re-
spice nunc alia atque diversa peri-
cula noctis. — emolumenta auch
3, 22.
36 sq. sacramentorum fiir militiae,
da der Soldat unter Ableistung des
Fahneneides auf den Namen des
Impeiators in die Armee eintritt.
Daher schon Caes. VI 1 consulis
sacramento, Tac. h. I 5 miles longo
Caesarum sacramento imbutus. —
convallis ist das von Bergen um-
schlossene, campus das im weiten
Thal liegende Grundstiick.
38 sacrum saxum, den Terminus,
der bei dem landlichen Flurfeste
am 23. Februar mit unblutigen
Opfern, wie Kuchen und Spelt,
nach alter Sitte verehrt wurde,
Ovid. f. II 639 Termine, sive lapis,
sive es defossus in agro stij^es ab
antiquis, sic quoque numen habes.
Te duo iliversa domini pro parte
(denn er steht auf der Mitte des
Rains, des limen) coronant, binaqiie
serta tibi binaque liba ferunt. Die
LIBRI V SAIVriA XVI
303
quod mea cum patulo coluit puls annua libo,
Jebitor aut sumptos pergit uou reddere uummos
vana supervacui dicens chirograplia ligui,
expectandus erit qui lites inchoet auuus
totius populi. sed tuuc quoque mille fereuda
taedia, mille morae; totiens subsellia tantum
sternuntur, iam facundo ponente lacernas
Caedicio et Fusco iam micturiente parati
digredimur, leutaque fori pugnamus harena.
40
45
Verschiebung des Kainsteins ge-
wahrte eine actio termini moti.
Daran reiht der Dichter das Bei-
spiel einer actio depositi, vgl. Walter,
Romische Rechtsgeschichte I § 249.
II 736.
39 patulo erinnert an Verg. VII
115 patulis nec parcere quadris,
vgl. 13, 74 patulae vix ceperat
angulus arcae, 3, 277 patulas de-
fundere pelves.
40 pergit non reddere heharrlich
verweigert. Sonst hat Juv. 10, 154
tamen ultra pergere tendit, und 14,
122 ire peragant, beides gewohn-
licher.
41 ist wiederholt aus 13, 137.
Das chirographum ist ein eimeitiges
Bekenntnis (iber eine aus einem
Darlehen herriihrende Sehnld. Eine
solche Handverschreibung galt als
Verbalobligation. Daher konnte die
Verbindlichkeit der Urkunde leicht
bestritten werden {vanum), unter
dem Vorwande, dafs dem Ver-
sprechen nicht die notige und
ubliche Frage vorangegangen oder
dafs die Paneien einander gar nicht
gegenwartig gewesen seien. Vgl.
Walter, R.-R. II § 574.
42 qui lites inchoet annus, der
Konjunktiv steht wie in exspectan-
dum est, dum annus inchoet lites,
denn ist das Abwarten auch durch
die Verhaltnisse gegeben, so hangt
es doch immer von dem Willen
und den Zweckmafsigkeitsgriinden
des Klager.^ ab. Die Annahme von
Prozessen erfolgte in der Regel nur
bis znm 1. September, da in die
letzten vier Monate des Jahres za
viele Judi und darum auch Gerichts-
ferien fielen, vgl. zu 6, 69 und Halms
Einl. zu Cic. Verr. § 17. Da ferner
Verjahrung der Prozesse eintrat,
wenn sie innerhalb eines Jahres
unter dem Magistratua, bei dem sie
eingebracht waren, nicht zu Ende
gefShrt wurden , so mufste der
Kliiger, woUte er sich gegen Ver-
jahrung schiitzen, den Ajitritt eines
neuen Magistrats abwarten , damit
ibm die langste Frist, die Zeit einer
ganzen Magistratur, zu gute kam.
43 totius populi im Gegensatz zu
einem einzeliien Stande, demMDitar.
44 taedia Verdriefslichkeiten, vgl.
11, 207 und 7, 34.
45 sq. Denn wenn endlich (lam) es
so weit ist, dafs der Rechtsanwalt
ifacurulo) Caedicius (vgl. 13, 197)
bereits den t^^berwurf der Toga (zu
9, 29) ablegt und der beriichtigte
Trinker Fuscus (vgl. 12, 45) in einen
angstlichen Notzustand gerat (mic-
turiente), da gehen wir, zum Kampf
bereit, wieder auseinander, ziehen ab.
Plin. ep. V 9, 1 descenderam in
basiUcam luliam audittirus quibus
proxima comperendinatioyie respon-
dere debebam. sedebant iudices, de-
cemviri venerant, obversabantur ad-
vocati, silentium longum, tandem a
praetore nuntius: dimittuntur cen-
tumviri , eximitur dies. — Die Be-
ziehung von micturiente erlautert
bei Macrob. III 16, 15 C. Titius,
vir aetatis Lucilianae, in oratione
qua legem Fanniam suasit descri-
bens homines prodigos in forum ad
iudicandum ebrios commeantes sic
ait: veniunt in comitium: tristcs
(verstimmt) iubent dicere, quorum
negotium est narrant, iudex testes
poscit, ipsus it mictum, ubi rediit,
ait se omnia audivisse, tabulas
poscit, Utteras inspicit, vix prae
vino sustinet palpebras.
47 pugnwnus wir fiihren den
Kampf, aber nicht mit Worten und
304
IVVENALIS
ast illis, quos arma tegunt et balteus ambit,
quod placitum est ipsis praestatur tempus agendi,
nec res atteritur longo sufflamine litis.
solis praeterea testandi militibus ius
vivo patre datur. nam quae sunt parta labore
militiae, placuit non esse in corpore census,
omne tenet cuius regimen pater. ergo Coranum
siguorum comitem castrorumque aera merentem
quamvis iam tremulus captat pater; bunc favor aequus
50
48 illi P
labor pm
52 lavare P 53 esset P 56 favor JRuperti.
Rechtsmitteln, sondern mittels des
Schneckengangs nnserer Gerichts-
verhandlungen (fori). Denn zur Ent-
scheidung kommt auf diese Weise
der Kampf, d. h. der Prozefs, auch,
aber freilich durch Verjiihrung oder
Erschopfuug der Parteien. — ha-
rena, vom Ampbitheater iiber-
tragen, ist, ■wie sonst sehr oft, der
Kampf, die Kampfesart, ja sogar
der Kreis der Thatigkeit eines Man-
nes, z. B. Plin. ep. VI 12, 2 itaque
Vettio Prisco quantum plurimum
potuero praestabo, praesertim in
harena mea, hoc est apud centum-
viros, d. h. auf meinem Felde, wo
ich zu verkehren und zu haudehi
gewohnt bin.
48 ast illis, zu 6, 67. — balteus,
viber der Schulter, Verg. XII 941
umero cum apparuit alto balteus.
49 Den Soldaten wird in foro
militari ein Termin leicht und
schnell bewilligt. Die Worte quod
placitum est sind eine Hj-perbel
gegeniiber den morae, die der Biir-
ger sich gefallen lassen mufs.
50 res das streitige Objekt, selbst
z. B. eine Injurie. — sufflamen ist
in iibertragener Bedeutung sonst
nicht nachweisbar, wohl aber sagte
Caes. Aug. bei Senec. contr. exc. 4
praef. 7 p. 414 (Bip.) Aterius noster
sufflaminandus est, wegen seiner zu
grofsen velocitas orationis.
52 Solange der Sohn in der
manus des Vatera ist, kann er kein
Testament machen, weil er eigenes
Vermogen nicht besitzt; denn was
or erwirbt, erwirbt er dem Vater.
Der Soldat dagegen hat das 2^cm-
litim castrense. Was er ira Dienste
oder sonst durch Geschenke er-
worben hat, dariiber kann der filius
familias miles als iiber sein Eigenr
tum frei verfiigen, also auch testie-
ren. Vgl. lustinian. instit. II 11 — 12.
53 in corpore census in der Masse
des vaterlichen Vermogens. Denn
nur dieses ist dem Census unter-
worfen. Sehr gelaufig war corpus
imperii im Gegensatz zu seinen
partes oder provinciae , z. B. Ovid.
tr. II 232 denique ut in tanto, quan-
tum non exstitit unquam, corpore
pars nulla est, quae labet, imperii,
man sagte aber auch corpus patri-
monii in den Rechtsbiichern.
54 omne regimen unumschrankte
Gewalt. Das Relativum an dritter
Stelle im Satze findet sich auch
14, 143 und 10, 46 defossa in lo-
culos quos sportula fecit amicos,
denn clie Praposition zahlt nieht
als selbstandiges Wort', an fiinfter
Stelle 2, 41 hirsuto spirant opobal-
samacollo || quaetibi? ja au sechster
Stelle 11, 172 nudum olido stans \\
fornice mancipium quibus abstinet.
Ahnlich verfahrt der Dichter mit
den relativen Konjunktionen, z. B.
8, 207. — Der Name Coranus ist
aus Hor. s. II 5, 55 sqq. entlehnt,
denn wie dort der scriba Coranus
von dem gierigen Schwiogervater
Nasica, so ist hier der miles Co-
ranus von seinem eigenen Vater
umworben, der wohl auch die Er-
fahrung machen mufs: nil sibi le-
(jatum practer ptlorare (= oijid^siv).
56 favor aequus die verdiente
Gunst, wie er sie nach seinen Ver-
diensten erwarten darf, Anerken-
nung, Hor. ep. II 1, 9 ploravere
LIBRI V SATVRA XYI
305
provebit et pulcliro reddit sua doua labori.
ipsius certe ducis lioc referre videtur,
ut qui fortis erit, sit felicissiuius idem,
ut laeti phaleris omnes et torquibus, omnes
60
60 in P (xtremi quaternionis extremae paginae versus extremus.
cetera desunt
suis non respondere favorem spera-
tum merHis.
57 sua dona die gebfihrenden Ge-
schenke. — lahor ist hauptsachlich
voui Kampf zu verstehen.
58 ducis des Kaisers, zu 4, 145.
7, 21 ducis indulgentia.
60 Der letzte Gedanke ist offenbar
nicht vollstaudig erhalten. — plia-
hrae sind aus edleni MetaU ge-
arbeitete Schildchen oder Medail-
lons, welche an den Randern mit
Locheru versehen waren, und auf
Riemen befestigt wurden. Mit sol-
chen phalerae verzierte man ur-
sprunglich das Riemenzeug der
Pferde, die als donum militaie ver-
liehenen phalerae wurden aber auf
einer zitterformig zusammengefiig-
ten Riemenunterlage iiber der gan-
zen Breite des Panzers getragen.
Marquardt III 2, 440, wo auch Ab-
bildungen zu finden sind. — Die
torques sind silberne oder goldene
um den Hals zu tragende Ketten,
vgl. Horat. III 6, 12 et adieeisse
praedam torquibus exiguis renidet.
IvVF.SALIa SaTVEAE.
20
EIGEmAMEN.
Accius Vr 70
Acestes VII 235
Achaei III 61
Achilles 1 163 VII 210 VITI 271 X
256 XI 30 XIV 214
Acilius Glabrio IV 94
Actiaca carina II 109
Actor Auruncus II 100
Aeacus I 10
Aeacides VIII 270
Aegaeum XIII 81 246
Aegyptus VI 527 XV 2 45 116
Aegyjjtius nescio quis I 130
Aelia pauper VI 72
Aemiliani VIII 3
Aemilius pons VI 32 Aemilius VII
124
Aeneas I 162 V 139 XV 67
Aeoliae rupes I 8 X 181
Aethiops II 23 VIII 33 X 150
Afri V 152 VIII 120 XI 142
Africa VII 149 X 148
Agamemnon XIV 286
Agamemnonides VIII 215
Aganippe VII 6
Agathyrsi XV 125
Agaue VII 87
Agrippa VI 158
Agrippinae boletus VI 620
Aiax VII 115 X 84 XIV 213 XV 65
Alabanda III 70
Alba IV 61 Albana arx IV 145 100
V 33 Albanum vetus XIII 214
Albina III 130
Alcestis VI 653
Alcinous XV 15
Alcithoe Pacci VII 12
Alexander XIV 311
Alledius V 118
Allobrox Cicero VII 214
Allobrogici VIII 13
Alpes X 166 XIII 162
Ambrosius choraules YI 77
Amphion VI 174
Amydon III 69
Anchemoli noverca VII 235
Anchisae nutrix VII 234
Ancon IV 40
Ancus V 57
Andromache VI 503
Andros III 70
Antaeus III 89
Auticatones Caesaris VI 338
Anticyra XIII 97
Antigonae persona VIII 229
Antilochus X 253
Antiochus III 98
Autiphates XIV 20
Antonius VIII 105 X 123
Anubis derisor VI 534
Aonides VII 59
Apicius IV 23 XI 3
Apollo I 128 VII 37 XIII 203
Appi nominis VI 385
Appula VI 64
Apulia IV 27 praedia Appula IX 55
Aquinum III 319
Arabarches I 130
Arachne II 56
Arcadicus iuvenis VII 160
Archigenes VI 236 XIII 98 XIV 252
Aricini axes IV 117
Aristoteles II 6
Armenia VIII 169 Armenius II 164
VI 407 550 XI 148.
Armillatus IV 53.
Arpinates VIII 237 245
Artaxata II 170
Artorius III 29
Arvina VIII 7
Arviragus IV 127
Asia V 56 X 266 Asiani di III 218
equites VII 14
Assaracus X 259
Assyrius orbis II 108
Astraea VI 19
Asturici magna domus III 212
Asylus VI 267
EIGENNAMEN
:307
Athenae III 80 VII 205 IX 101 X
127 XV 110 (= Athenaeum)
Athos X 174
Atlas VIll 32 XIII 48 XI 24
Atreus VII 73
Atrides IV G5 VI 660
Atticus lautus XI 1
Aventiuus III 85
Aufidius moechus IX 25
Augustus mensis III 9 ijrinceps X
77 VI 118
Aurelia V 98
Aurora X 2
Auruncae alumnus I 20
Auruncus Actor II 100
Automedon I 61
Autonoes gestibus VI 72
Bacchanalia III 3
Baeticus aer XII 42
Baiae III 4 XI 49 Baiana cumba
XII 80
Baptae II 92
Bardaicus calceus XVI 13
Barea Soranus III 116 VII 91
Basilus VII 145 X 222
Batavi VHI 51
Bathyllus VI 63
Bedi-iaci campi II 106
Belides multae VI 655
Bellerophon X 325
Bellona IV 1^4 VI 512
BeneTentanus sutor V 46
Beronice VI 156
Bibula VI 142
Bithyni VII 15 X 162
Bithynicas Volusins XV 1
Blandus Rubellius VIII 40
Boccar V 90
bona dea 11 86 VI 314
Bootes V 23
Brigantes XIV 196
Britanni II 161 XV 111 IV 126 bal-
laena Britannica X 14
Britannicus VI 124
Brittones XV 124
Bromius VI 378
Bruti IV 103 VIII 182 V 37 XIV 43
Bruttia fascia visci IX 14
Bruttidius X 83
CacuB V 125
Caedicius gravis XIII 197 facundus
XVI 46
Caesar princeps IV 51 135 VII 1
VIII 171 X 86 330 XII 106 XIV
330 C. lulius Caesar V 4 VI 338
Caesennia VI 136
Caesonia VI 616
Caetronia^^ XIV 86 92
Caieta XIV 87
Calenum vinum 1 69
Calliope IV 34
Calpe XIV 279
Calvina III 133
Calvinus XIII 5
Camenae III 16 VII 2
Camerini VII 90 VIII 38
Camillus II 154 XVI 15
Campania X 283
Cannae II 155 VII 163 X 165 XI
200
Canopus I 26 VI 84 XV 46
Cantaber XV 108
Canusina ovis VI 150
Capena porta III 11
Capito Vm 93
Capitolia X 65 XIV 91 Capitolina
quercus VI 387
Capitoliui II 145
Cappadoces equitt s VII 15
Capreae X 72 93
Carfinia III 69
Carpathium aequor XIV 278
Garpophorus VI 199
Carrinas Secnndus VII 205
Carthago VI 171 X 277
Carus Mettius I 36
Cassandra X 262
Cassius et Bruti V 37
Castor XIII 152 XIV 260
Catiena III 133
Catilinan27 VIII 231 X 288 XIV 41
Catineusis pumex VIII 16
Cato tertiua II 40 duras XI 90
Catulla II 49 X 322
CatuUus Messalinus IV 113 mimo-
graphus VIII 186 XIII 111 amicus
poetae XII 29 37 93
Catulus aliquis III 30 Catuli mino-
ribus II 146
Cecropides VIII 46 53
Cecropis VI 187 Cecropia Cotyto
n 92
Celadus VII 215
Celaeno VIII 130
Celsus Cornelius VI 245
fCensennia] VI 136
Ceres III 320 VI 50 IX 24 X 112
XrV 219 263 XV 141
Cethegus II 27 VIII 231 X 287
Chaerippus VIII 95
Chaldaei VI 553 X 94
Charybdis V 102 XV 17
Chatti IV 147
Chione III 136
Chiro III 205
20*
308
EIGENNAMEN
Chiysippus 11 5 XIII 184
Chrysocconus VI 74 VII 176
Cicero VII 139 214 VIII 244 X 114
Cilix IV 121 piratae Cilicum VIII 94
Cimbri VIII 249 XV 124
Circe XV 21
Circeis ostrea IV 140
Cirrha VII 64 Cirrhaeus vates XIII 79
Claudius Caesar V 147 VI 115 XIV
330
Cleanthas archetypos II 7
Cleopatra II 109
Clio VII 7
Clitumni pascua XII 13
Clodius II 27 VI 345
Clotho IX 135
Cluvia II 49
Cluvienus I 80
Clytaemnestra VI 656
Cocles VIII 264
Codrus III 203
Colchis Medea VI 643
Collina turria VI 291
Commagenus haruspex VI 550
Concordia I 116
Coptus calida XV 28
Coranus XVI 54
Corbulo ni 251
Corcyraea XV 25
Cordi Theseis I 2
Corinthos uncta VIII 113
Corinthus stupidus VIII 197
Cornelia mater Gracchorum VI 167
Corsica mullnm misit V 92
Corvinus I 108 VIII 5 amicus poctae
XII 1 93
Coi-ybanta videbis V 25
Corycia puppis XIV 267
Corydon IX 102
Coryphaeus VIII 62
Cosmi ahenum VIII 86
Cossus III 184 VIII 21 captator X
202
Cotta V 109 VII 95
Cotyto II 92
Coa conchylia VIII 101
Crassus X 108
Cremera II 155
Crepereius Pollio IX 6
Cressa Phaedra X 327
Cretae de litore passum XIV 270
Creticus II 67 78 VIII 38
[Cretonius] aedificator XIV 86 92
Crispinus I 27 IV 1 14 24 108
Crispus Vibius IV 81
Croesus X 274 XIV 328
Cumae III 2 321 IX 57
Curii n 3 153 VIII 4 XI 78
Curtius bacca XI 34
Cyane VIII 162
Cyaneae XV 20
Cybele II 111 XIV 263
Cyclas VI 563
Cyclopes XV 18
cynici XI il 121 XIV 309
Cynthia VI 7
Daci IV 111
Dacicus VI 205
Daedalus III 25
Damasippus VIII 185
December VII 97 aquilo IX 68
Decii VIII 254 XIV 239
Delphis oracula VI 555
Demetrius III 99
Democritus X 34
Demosthenes X 114
Deucalion I 81
Diana III 320 X 292 XV 8
Diomedeae I 53
Diphilus aliquis III 120
Dolabella VIII 105
Domitius VIII 228
Dorica Ancon IV 40
Doris III 94
Drusus VIII 21 40 III 238
Echion citharoedus VI 76
Egeriae vallis III 17
Electra VIII 218
Elissa VI 435
Elpenor XV 22
Endymion tuus X 318
Ennosigaeus X 182
Epicuri horti XIII 122 XIV 319
Epona VIII 157
Eppia nupta senatori VI 82 104 114
Erinys VII 68
Eriphylae multae VI 655
Esquiliae III 71 V 78 XI 51
Etruscum aurum V 164
Euander XI 61
Euganea agna VIII 15
Eumenides XIV 285
Euphranor III 217
Euphrates I 104 VIII 57
Europe VIII 34
Euryalus VI 81
Fabii II 146 VIII 14 191 XI 90 Fa-
bius Gurges Vi 266 VII 95
Fabrateria III 224
Fabricius censor II 154 IX 142 XI
91 Veiento IV 129
Fabulla II 68
FaesidiuB III 32
EIGENNAMEX
301)
Falernum vimim IV 138 VI 303
430 IX 116 XIU 216 ulmi Faler-
nae VI 150
Fausti poemata VII 12
Fidenae VI 57 X 100
FlaccuB Horatius VII 227
Flaminia ria I 61 171
Flavius ultimus IV 37
Flora liea XIV 262 meretrix II 49
Fonteius consul Xlll 17
Frontonis domus I 12
Frusino III 224
Furiae XIII 51
Fuscinus XIV 1
Fuscus Coryielius IV 112 XVI 46 si-
tiens couiux Fusci XII 45
Gabba V 4
Gabii III 192 VI 56 VII 4 X 100
Gades X 1 Gaditana XI 162
Gaetulice seu tu Silanus VIII 26
Gaetuli V 53 59 X 158 XI 140 XIV
278
Galba VIH 5 II 104 VIII 222
Galla I 125
Galli XI 113 Gallus textor IX 30
Gallia VII 148 XV 111 Gallicaaltera
VII 16 Gallicus axis VIII 116
Gallicus XIII 157
Gallitta locuples orba XII 99 113
GalHus XVI- 1
Gallus VII 144
Ganges X 2
Ganymedes Pacis IX 12. V 59
GaurusIX57 Gauranaostrea VIII86
Germani XIII 164
Germanicus VI 205
Geticae pruinae V 50
Gillo I 40
Glaphyrus citharoedus VI 77
Gorgo XII 4 Gorgoneus caballus III
118
Gracchi II 24 VI 168 Gracchus sa-
lius II 117 143 VIII 201 210
Gradivus II 128 XII 113
Grai VIII 226 X 138 XI 100 XV
110 Graeci UI 61 114 VI 16 XiV
89 Graeculus III 78 VI 186 Grae-
cia X 174 XIV 240
Gnrges Fabius VI 266
Gyara I 73 X 170
Uaemus III 99 VI 198
Hamillus X 224
Uammonis fons VI 555
Uannibal VI 170 291 VII 161 X
147 XII 108
Hector X 259
Uedymeles VI 383
Ueliadum crnstae V 38
Ueliodorus Vi 373
Uelvidius l'rif>cus V 36
Uelvina Ctres III 320
Ueracleae I 52
Uercules II 20 III 89 V 1-25 X 361
XIII 43 151 XIV 90 Uerculeus
VIII 14 XIII 82 XIV 280
Hermarchus aliqnis III 120
Uernicus XIV 180
Uesperidum serpens XIV 114
Hiberina VI 53
Hippolytus X 325
Uirpinus VIII 63
Uirrus X 222
Hispania VIII 116 X 151
Uispo II 50
Uispulla VI 74 XII 11
Uister amnis VIU 170
Uister II 58 Pacuvius XII 111
Homerus VI 437 VII 38 X 246 XV
69 Uomericus Gradivus XIII 113
Horatius Flaceus VII 62
Hyacinthi VI 110
Uylas urnam secutus I 164
Hymetto vicinus XIII 185
Hyperboreus axis VI 470
lanus VI 386 394
larbas V 45
lason mercator VI 153
Idaea antra XIII 41 Idaeum numen
HI 138 XI 194
Idumaea porta VIII 160
Uias X 261 XI 180 Iliacus puer
Xin 43
Illyricum latus VIII 117
Indi VI 337 466 XI 125 Indica tigris
XV 163
lo si iusserit VI 526
lonium late sonantem VI 93
Ipbigenia XII 119
Isaeus III 74
Isis VI 529 IX 22 XII 28 XIII 93
Isiaca lena VI 489
Ister vide Uister
Italia III 171 X 154 XII 78
Ithacus Vlixes X 257 XIV 287 XV 26
ludaei III 14 VI 543 547 ludaicum
ius XIV 101
lulia II 32
lulins mensis II 70 lex lulia II 37
VI 38
lulus VIII 42 XII 70
luncus consul XV 27
luno II 98 VI 48 619 VII 32 XIII 40
luppiter V 79 VI 15 59 VIII 156
310
EIGENNAMEN
X 38 188 268 XI 116 XII 6 89
XIII 41 114 XIV 81 206 271
luvernae litora II 160
labyrintlii mugitus I 53
Lacedaemonius orbis XI 175
Lacerta russatus VII 114
Lachesis III 27 IX 136
Ladas XEI 97
Laelius XIV 195
Laenas captator V 98
Laestrygones XV 18
Lagi moenia VI 83
Lamiae IV 154 VI 385
Laomedontiades VI 326
Lapjja Ptubrenus VII 72
Larga adultera XIV 25
Laronia II 36 65
Lateranus VIII 147 151 167 Late-
rani X 17
Latinae viae monumenta I 171 V 55
Latina pubes VI 2B7 637 VIII 256
Latinus I 36 VI 44
Latium XII 103 rebus Latiis XI 1 15
Latonae gens VI 176 X 292
Lavina sedes luU XII 71
Laurenti in agro I 107
Laureolus VIII 187
Leda VI 63
Lentulus Catilinarius X 287 poe-
taruni patronus VII 95 ■mirnum
agens VIII 187 vir adulterae VI 80
Lepidi VI 265 VIII 9
Leucade unda VIII 241
Libitiuam evaserit aeger XII 122
Liburnus ingens III 240 IV 75 VI 477
Libye V 119 XI 25
Licinus praedives I 109 XIV 306
Ligustica saxa III 257
Liparaea XIII 45
Longinus X 16
Lucani VIII 180
Lucanus poeta VII 79
Lucilius I 165
Lucretia X 293
Lucrinum saxum IV 141
Lucusta I 71
Lugudunensis ara I 44
Lycisca VI 123
Lycius puer XI 147
Lyde II 141, cf. VI 595
Machaera VII 9
Maculonis aedes VII 40
Maecenas I 66 VII 94 XII 39
Maedi VII 132
Maeotis ara XV 115 glacics Maeo-
tica IV 42
Mamerci VIII 192
Manilia accusat VI 243
Marcelli 11,145
Marius Priscus I 49 VIII 120
Maro Vergilius VI 436 VII 227 XI
180
Mars I 8 II 31 VI 59 IX 101 X 83
814 XIII 79 XIV 261 XVI 5
Marsi III 169 XIV 180
Marsya victus IX 2
Massa Baebius I 35
Matho causidicus I 32 VII 129 XI 34
Maura VI 307 X 224
Mauri III 79 V 53 VI 308 337 VII
120 X 148 XI 125 XIV 196
Media 11 49
MeduUina crisans VI 322
Medus Xerxes X 177
Megalesia VI 69 XI 193
Melanippae persoua VIII 229
Meleagri aper V 115
Memnon XV 5
Memphitide terra XV 122
Menoeceus Thebas dilexit XIV 240
Mentor VIII 104
Meroe VI 528 XIII 163
MessaUna X 333 '
Metellus caecus VI 265 dux belli
Sertoriani XV 109
Mevia I 22
Micipsae V 89
Miletos VI 296
Milo et Clodius II 26
Minerva III 139 219 X 116 XIII 82
Minturnarum paludes X 276
Mithridates XIV 252
Modia III 130
Moesi fortes IX 143
Molossus Pyrrhus XII 108 XIV 162
Montanus f. lunius IV 107 131
Monychus ornos iaculatur I 11
Moyses XIV 102
Mucius cum Coclite VIII 264 Luci-
lianus I 154
Musarum aedis VII 37
Mycale V 141
Mycenis iugulata Iphigenia XII 127
Myronis signa VIII 102
Nabataeus saltus XI 126
Naevolus IX 1 91
Narcissus XIV 329
Natta XIII 96
Neptunus .XIII 81 152
Nero IV 137 VI 615 VIII 72 170
193 212 223 X 15 308 Xli 129
calvus Nero Domitianus IV 38
Nestor IV 326 XII 128
EIGENNAMEN
111
Nilus VI 83 X 149 XIII 27 XV 123
Xiliacae plebis I 26
Niphates VI 409
Nortia dea X 74
Novius XII 111
Numa III 16 138 VI 343 VHI 156
Numantini Scipiones VIII 11
Numidae IV 100 Vil 1«2
Numitor V U 74 pirata Cilicum VIII 93
Nysa VII 04
Oceanus II 2 X 149 XI 94 113 XIV
283
Octavius Vm 242
Ogulnia ludos spectat VI 352
Olynthi callidus emptor XII 47
Ombi XV 35
Oppia X 220 322
Orcades II 161
Orestes tragoedia I 6 VIII 220
Orontes Syrus III 62
Osirie VI 541 VIII 29
Ostia VIII 171
Othonis lex iheatralis III 159 XIV
324 Otho Aug. 11 99 VI 559
Pacci Alcithoe VII 12
Pacius orbus XII 99
Pactolus XIV 299
Pacuvius Hister XII 112 125 128
Paean parce VI 172
Palaemon VI 452 VII 215
Palatium II 106 IV 31 Palatinum
cubile VI 116
Palfurius Sura IV 53
Pallas I 109
Pansa VHI 96
Parcae XII 64
Paris Troianus X 264 pantomimus
VI 87 VII 87
Parrhasii tabulae VIII 102
Parthenii lances XII 44
Parthus VI 407
Paulus U 146 VIII 21 causidicus
Vn 143
Pax I 115 IX 23
Pedo VII 129
Pegasus IV 77
Peleus X 256 XIV 214
Pelides III 280
Pellaeus AJexa^ider X 168
Pelopea VII 92
Penates XIV 320
Penelope II 56
Peribomius II 16
Persicus orborum lantissimns III 221
poetae amictis XI 57
Persica regna XIV 328
Petosiris VI 581
Phaeaces V 151 XV 23
Phalaris admoto tauio VIII 81
Paros VI 83 Pharium acetum XIII
85 Tyrrhena pharos XII 76
Phiale X 238
Phidiacum ebur VIII 103
Philippica Ciceronis X 125
Philippus XIII 125
Philomela VII 92
Phoebi balnea VII 233
Pholus sitiens XII 45
Phryges VI 585 VII 236 XI 147
Xn 73
Picens IV 65 Picena mala XI 74
Picus VIII 131
Pierides IV 36 Pieria umbra VII 8 60
Pisaea oliva XIII 99
Piso V 109
Pittacos II 6
Pluton torvus XIII 50
Poenus miles X 155 Punica proelia
XIV 161
Polio VI 387 VII 176 Crepereius
Pollio IX 7 XI 43
PoDittae II 68
Polycliti signa III 217 VIII 103
Polyphemus IX 64 XIV 20
Polyxena X 262
Pompeius Magyms X 108 283 co-
mes Domitiani IV 110
Pomptina palus III 307
Pontia VI 638
Ponticus poetae amicus VIII 1 75
179
Pontus IV 43 X 273 Pontica raedi-
camina Vi 661 serpens XIV 114
Posides XIV 91
Postumus VI 21 28 377
Praeneste III 190 XIV 88
Priamus X 258
Priapus II 95 VI 316
Prochyta III 5
Procne VI 644
Proculae II 68 lectus Procula minor
Ul 203
Proculeius Horatianus VII 94 ve-
tulae cultor I 40
Prometheus IV 133 VIII 133 XV 85
Protogenes aliquis III 120
Psecas VI 491
Pudicitiae ara VI 1 308
Pygmaei VI 506 XIII 168
Pylades XVI 26
Pylius Nestor X 246
Pyrenaeum transilit Ilannibul X 151
Pyrrha I 84 XV 30
PyiThus XIV 162
312
EIGENNAMEN
Pythagoras XV 173 Pytliagorei III
229
Pythia vates XIII 199
Quintilianus de rhetore consul "VI
75 280 VII 186 189
Quiutilla VII 75
QuiriuusI1133 III 67 VIII 259 gemini
Quirini XI 105
Quirites III 60 163 VII 47 X 45 109
Ravola IX 4
Remi turba X 73
Rhadamanthus XIII 197
Rhenus VIII 170
Rhodope IX 4
Rhodos VI 296 imbellis Rhodios
Vlli 113
Roma II 39 III 41 83 137 165 183
314 319 IV 38 V 90 VII 4 138
VIII 237 243 X 122 279 XI 46
197
Romani III 119 V 58 X 138 XIV
100 160
Romuleae simulacra ferae XI 104
Rubellius Blandus VIII 39
Rubrenus Lappa VII 72
Rubrius Gallus IV 105
Rufus Allobros Cicero VII 213 214
Rutilae gibbus X 294
Rutilus XI 2 XIV 18
Rutulus Tunius I 162 VII 68 Ru-
tuli montes VI 637 XII 105
Rutupinus fundus IV 141
Sabini III 85 X 299 Sabina bellum
dirimens VI 164 mensa Sabella
III 169
Saguntos XV 114 Saguntina lagona
V 29
Salamine rediit Xerxes X 179
Saleius Bassus VII 80
Samiramis II 108
Samos III 70 Samia harena lunonis
XVI 6
Samothracum arae III 144
Santonicus cucullus VIII 145
Sardanapalli cenae X 362
Sarmata III 79
Sarmentus V 3
Sarrana aulaea togae X 38
Saturnus VI 1 570 XIII 40
Saufeia pro populo faciens VI 320
IX 117
Sauromatae II 1 XV 125
Scantinia lex II 44
Scauri II 35 VI 604 XI 91
Scipiadae II 154
Scylla XV 19
Scythicae volucres XI 139
Secundus Carrinas VII 204
Seianus X 63 ss.
Seius Titiusque IV 13
Seleucus citharoedus X 211
Semiramis vide Samiramis
Seneca V 109 VIII 212 X 16
Senones VIII 234
September VI 617 XIV 130
Seres quid agant VI 403
Sergius VI 112 279 Sergiolus VI
105
Seriphos VI 564 X 170
Serranus VII 80
Sertorius Bibula ardet VI 142
Servilia X 319
Setinum vinumY 3i X 27 XIII 213
Sextus cevens II 21
Sibylla VIII 126 III 3
Siculi V 100 VI 486 VII 236 IX
150 XIII 50
Sicyon III 69
Signinum pirum XI 73
Silanus VIII 27
[Silius] X 330 sqq.
Silvanus VI 447
Siren XIV 19
Socratici II 10 XIV 320
Solon X 274
Solymae leges VI 544
Sophocleus cothurnus VI 636
Sora III 223
Sostratua X 178
Spartana chlamys VIII 101 218
XIII 199
Statii Thebais VII 83
Stentora vincere XIII 112
Stheneboea X 327
stoici III 116 XIII 121 XV 109
Stoicidae II 65
Stratocles III 99
Stygius gurges II 150
Subura III 5 V 106 X 150 XI 51 141
SuIIa I 16 II 28
Sulmonensis VI 187
Superbus rex VI 524
Sybaris VI 296
Sycambri torvi IV 147
Syenes porta XI 124
Syphacis castra VI 170
Syria VIII 169 Syri III 62 VI 351
Syrium pirum XI 73
Syrophoenix VIII 159
Tagus III 55 XIV 299
Tanaquil tua VI 566
Tarentum petulans VI 297
EIGENNAMEN
313
Tarpeiuslnppitei- YI -17 XII G XIII 78
Tatius XIV 160
Tauiica ara XV 116
Tauromenitanae rupes V 93
Telamon XIV 214
Telephus I 5
Telesinus VII 25
Teutyra XV 35 76
Tereus Fausti VII 12
Terpsichoren suam oclit VII 35
Teucrorum proles VIII 56
Teutonicus currus Slarii X 282
Thabraca X 104
Thais III 93
Thaletis mite ingenium XIII 184
Thehae XIII 27 XIV 240 Thebae
Fausti VII 12
Thebais Statii VII 83
Thebe XV 6
Themison X 221
Theodori ars VII 177
Thersites VIII 269 XI 31
Theseis Cordi I 2
Thessaliae campi VIII 242
Thraces III 79 VI 403 XIII 167
Thrasea Paetns V 36
Thrasyllus VI 576
Thrasymachi exitus VII 204
Thyestae syrma VIII 228
Thvle XV 112
Thymele I 36 VIII 197 tunc rustica
VI 66
Tiberinus piscis V 104 ainnis VIII
265
Tiberis III 62 VI 522 VII 121 XIV
202
Tibur III 192 XIV 87 de Tiburtino
agro haedulus XI 65
Tigellinus Sofonius I 155
Tiresias XIII 2'49
Tirynthius Hercules XI 61
Tisiphone qua exagitaris VI 29
Titan Frometheus XIV 35 Titanida
-pugnam VIII 132
Titius Seiusque IV 13
Tongilius VII 130
Tralles III 70
Trebius V 19 135
Trifolinus ager IX 56
Troia Priamus X 258 Troianum
ignem Alba servat IV 61
Troica Neronis VIII 221
Troiugenae I 100 VIII 181 XI 95
Trypherus XI 137
Tuccia VI 64
Tullia VI 307
Tullius Servius VII 199
Tullus Hostilius V 57
Tnrnus XII 105 XV 65
Tuscus Sciamis X 74 de Tusca
Graecula VI 186 Tasci libelli
XIII 62 I 22 VI 289 VIII 180
XI 108
Tydides XV 66
Tyndaris Clytaemnestra VI 657
Tyriae lacernae I 27 VI 256 VII 134
X 334 Tyrius Hannibal XII 107
Tyrrhena pharos XII 76 V 96 VI 92
Vagellius declamator XIII 119
XVI 23
Varillus iufamis II 22
Vascones XV 93
Vcalegon III 199
Veiento Fabricius lll 185 IV 113
123 VI 113
Venafrannm oleum V 86
Ventidius Bassus VII 199 lautus
XI 22
Venus II 31 IV 40 VI 138 300 570
VII 25 X 209 290 362 Xt 167
XVI 5
Venusina lucerna Horati I 51
Venustilla VI 167
Vergilius Maro VI 435 VII 69
Verginia X 294
Vergiuins Bufus VIII 221
Verres II 26 III 53 VIII 106
Vesta VI 386 minor Albae IV 61
Vestinus senex XIV 181 Vestinum
scortum III 135
Vettius VII 150
Victoria I 115
Vindex Inlius VIII 222
Virro V 39 43 99 12S 134 149 156
IX 35
Vlixes IX 65 XI 31 XV 14
ultor Mars XIV 261
Vlnbris vacuis aedilis X 102
Vmber XII 14
Vmbricius III 21
Volesi VIII 182
Volscorum ArfAnates VIII 245
Volsinii III 191
Volusius Bithynicus XV 1
Vrbicus VI 71
Vrsidius moechorum notissimus VI
38 42
Vulcanua I 9 X 132 XIII 45
Zacynthos XV 114
Zalaces Armenius II 164
Zeno XV 107
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